a a Nh A Tl le lal HARVARD UNIVERSIDY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. cape ) CUNY ‘jo ae a ( Uebeber 4 [goa Yaa 31903 i) cs Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Siebenunddreissigster Band. Neue Folge, Dreissigster Band. Mit 33 Tafeln und 67 Abbildungen im Texte. - Jena, Verlag von Gustav Fischer 1903. Uebersetzungsrecht vorbehalten. T nthalt: Mannicu, Hermann, Beitrage zur Entwickelung der Wirbel- siule von Eudyptes chrysocome. Mit Tafel a Lewin, Max, Ueber die Entwickelung des Schnabels von He dyptes chrysocome. Mit Tafel II und IIT und 5 tage im Text : Bonnevin, Kristine, Abnormitaten i in der Furchung von Ascaris lumbricoides. Mit TafelIV—VI und 1 Figur im Text Trrcmann, Ernst, Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier ohne Bereilieanp des Spermakerns. Mit Tafel” VII—X Tuomh, RicHarp, Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. I. Das Reticulum der Lymphknoten. Mit Tafel XI Jahresbericht der medizinisch - - naturwissenschaftlichen Gesell- schaft zu Jena fiir das Jahr 1901 erstattet von CurisTIAN GAnasr, d. Z. I. Vorsitzenden Mier, Ernst, Zur Statistik der Aneurysmen ‘Luzoson, Winarcar, Ueber die Nukleolarsubstanz des peitonden Tritoneneies weet Betrachtungen tiber das Wesen der Eireifung. Mit Tafel “XII—XVI . Hacker, Vauentin, Ueber das Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. Morphologische Beitrage zum Ausbau der Vererbungslehre. Mit Tafel “XVII—XX und 16 Figuren im Text ; Boveri, Marcexxa, Ueber Mitosen bei einscitipor Chromosomen- bindung. Mit Tafel XXI—XXIII und 25 Figuren im Text Cunnineton, Wiui1am A., Studien an einer Daphnide, Simo- cephalus sima, Beitrage zur Kenntnis des Centralnerven- systems und der feineren Anatomie der Daphniden. Mit Tafel ‘XXIV—XXVI und 6 Figuren im Text Bacumutsew, P., Biologische Analogien bei schwimmenden p- -Nitrotoluol- Kiigelchen : Maxcinowsx1, K., Das untere Schlundganglion von “Distoma hepaticum. "Mit Tafel ‘XXVIL . Laasur, Pau, Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. Mit Tafel’ XXVIII und 13 Figuren im Text Lonsky, F., Beitrage zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Darmrohres und des Urogenitalsystems von Hyrax. Mit Tafel” XXIX Nevuavs, Cart, Die postembryonale Entwickelung der Rhabditis nigrovenosa. Mit Tafel XXX—X XXII und 1 Figur im Text Fiscurr, Ericu, Bau und Entwickelung des Carpus und Tarsus vom Hyrax, Mit Tafel” XX XIII . Jahresbericht der medizinisch - naturwissenschaftlichen Gesell- schaft zu Jena fiir das Jahr 1902 erstattet von WiLHELM Brepermany, d. Z. I. Vorsitzenden Seite 105 133 691 127 ny . I -" > : vy By ) } vag seti bie, Ta eay Fi oe Lr Tae a pelle sigdntae 7 a Be ate ee ee tg ani qwrt: Ne . Gta'Te Whe q eit i hte Sica RIKI ESA Kii9 at a igh ae Gameiome ix we Hey) wr iby ites beet 7%: fray it we i en sh; ne iiste4 gtiihe fae : CS tee hurieieciacht Peds “ fei «i Latorent eg i) ik wae Ce es Gr. Ege coke) oe pat? is Ladies net Oia ol filaei athe even” Una ite Pedi ATL : F > as ee is = Ure Cn og ok ee : ret. inhi ee f a a ) Jkay id CTE i) Ae aE Cae sb Ae Sh re te Papen), toy eae vil Fj aif sarlaniok ) an iain he. Alita tie , (eee ws cahe bs vast Byte eh STi TE f eM efix Pe me eee fey. an % Nits Se TSiAuaee, Gs Lees es af Ree ete Ae is Tua I : ‘ad whee bin Oreos igs es a Be |e es Te sabe eeze ee Ju 2th Z a oP igi ost Se a ee in Fe ute i tte } Hii) Ke tt ij wee - ate RAL 2 eae RAE Chen i. rir. O77 4 Seren ¥en {Paha sy a ce Ge ‘s a hr on * a bs cS F ee ii asia Laue lesnciy oat Vet Ridee a /o7. ac lata) bo ope) eee ales “hatin Be ; : : , - eee a m2. Lakes | * aMAADE 4 vil ws ald ARR Ronin Shou a tule | itaspR ae COE; adits Pal) ahd FeAl. Y: eo wat dadale'‘o ee OCT 4 1582 q LY | Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Siebenunddreissigster Band. Neue Folge, Dreissigster Band. Erstes Heft. Mit 11 Tafeln und 6 Abbildungen im Text. Neneh aol. MANNICH, HERMANN, Beitrage zur Entwickelung der Wirbelsdule von Eudyptes chrysocome. Hierzu Tafel I. LEWIN, MAX, Ueber die Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chryso- come. Hierzu Tafel II und III und 5 Figuren im Text. BONNEVIE, KRISTINE, Abnormitaéten in der Furchung von Ascaris lum- TEICHMANN, ERNST, Ueber Furchung betruchteter Seeigeleier ohne Beteiligung des Spermakerns. Hierzu Tafel VII—X. THOME, RICHARD, Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymph- knoten. I. Das Reticulum der Lymphknoten.. Hierzu Tafel XI. Jahresbericht der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena fiir das Jahr 1901 erstattet von CHRISTIAN GANGE, d. Z. I. Vorsitzenden. op Preis: 20 Mark. “Sena, Verlag von Gustav Fischer. _ bricoides. Hierzu Tafel IV—VI und 1 Figur im Text. | Znsendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. : Ausgegeben am 24. Juni 1902. — von 100 versch. 6 6 Arten, vornehmlich Vorkommen Thiirin- gens, im Format 9:12 em, aus frischem Material formatisiert (typisch), systematisch geordnet, fir nur 35 Mark zu verkaufen bei H. Braun, Mineraloge in Bad-Thal in Thiringen. == = = SS SS Verlag von Gustav Fischer in Jena. Dr. Emil, a. 0. Professor der Anatomie an der Universitit Greifswald, Ballowit2, pas “eicktrische Organ” des_afrikanischen Zitter: welses (Malopterurus electricus Lacépéde), Mit 7 lithographischen Tafeln und 3 Holzschnitten im Text. 1899. Preis: 24 Mark. Blochmann Dr. Friedrich, Professor an der Universitat Tiibingen, Unter- ’ suchungen iiber den Bau der Brachiopoden. Erster Teil, Mit 7 Tateln und 7 Blatt Erklarungen. 1892, Preis: 25 Mark. Zweiter Teil. Die Anatomie von Discinisea Lamellosa (Broderip) und Lingula Anatina Bruguiére. Mit einem Atlas von 12 lithographischen Tafeln und 14 Abbildungen im Text. 1900. Preis: 30 Mark. Preis: fiir das vollstiindige Werk: 55 Mark. Boveri, Dr, Theodor, Professor an der Universitaét Wiirzburg, Zellen-Studien. Heft I. Die Bildung der Richtungskérper bei Ascaris megalocephala und Ascaris lumbricoides, (Aus dem Zoologischen Institut zu Miinchen.) 1887. Mit 4 lithographischen Tafeln, Preis: 4 Mark 50 Pf. — Heft II. Die Befruchtung und Teilung des Lies von Ascaris megalocephala. (Aus dem Zoologischen Institut zu Miinchen,) 1888, Mit 5 lithographischen Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf, — Heft III, Ueber das Verhalten der chromatischen Kernsubstanz bei der Bildung SS ee und bei der Befruchtung. 1890. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis: 4 Mark. — Heft IV. Ueber die Natur der Centrosomen. 1901. Mit 8 lithographischen Tafeln und 3 Textfiguren. Preis: 15 Mark. Das Problem der Befruchtung. Mit 19 Abbildungen im Text. 1902. Preis: 1 Mark 80 Pf. Hacker Dr. Valentin, a. o. Professor in Freiburg i. Br., Der Gesang der } Vogel, seine anatomischen und biologischen Grundlagen. Mit 13 Ab- bildungen im Text. 1900, Preis: 3 Mark. Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre. Mit 187 Abbildungen im Text. 1899. Preis: brosch. 7 Mark, geb. 8 Mark. Handbuch der_vergleichenden _und_experimentellen Ent- wickelungslehre der Wirbeltiere. Bearbeitet von Professor Dr. BARFURTH in Rostock, Professor Dr. BRAUS in Heidelberg, Privatdocent Dr. BUnLER, Ziirich, Professor Dr. Rup. BURCKHARDT, Basel, Professor Dr, FELIX, Ziirich, Professor Dr, FLEMMING, Kiel, Professor Dr, FRoRIEP, Tiibingen, Professor Dr. Gaupp, Freiburg i. Br., Professor Dr. GoEPPERT, Heidelberg, Professor Dr. Oscar HERTWIG, Berlin, Professor:Dr. RicHARD HERTWIG, Miinchen, Professor Dr. Hocu- STETTER, Innsbruck, Professor Dr. F, Krrpet, Freiburg i. Br., Privatdocent Dr. Rup. KRavse, Berlin, Professor Dr. WiLH. KRAvsE, Berlin, Prof. Dr. v. KUPFFER, Miinchen, Professor Dr, MAURER, Jena, Professor Dr. MoLu1ER, Miinchen, Privatdocent Dr. PETER, Breslau, Dr. H. Pott, Berlin, Professor Dr, RosENBERG, Utrecht, Professor Dr, RUcKERT, Miinchen, Professor Dr. ScHAUINSLAND, Bremen, Professor Dr, STRAHL, Giessen, Professor Dr. WALDEYER, Berlin, Professor Dr. ZIEHEN, Utrecht. Heraus- gegeben von Dr. Oscar Hertwig, o. 6. Professor, Direktor des anatom.-biol, Ine stituts in Berlin. Vollstindig in etwa 20 Lieferungen zu 4 Mark 50 Pf., die in rascher Folge erscheinen sollen. Bisher erschien Lieferung 1—5. OCI 4 02 Beitrage zur Entwickelung der Wirbelsaule von Eudyptes chrysocome. Von Hermann Minnich. (Aus dem Zoologischen Institute zu Leipzig.) Hierzu Tafel I. Gelegentlich des Aufenthaltes, den die deutsche Tiefsee- Expedition im Dezember des Jahres 1898 auf den Kerguelen nahm, wurde auch eine grofSe Anzahl von Embryonen des auf diesen Inseln in gewaltigen Scharen lebenden Eudyptes chryso- come gesammelt. Es waren dies, wie ich bei der Durcharbeitung der diesbeziiglichen Litteratur gefunden habe, wohl die ersten wirklich gut konservierten Embryonen des Eudyptes, welche zur Untersuchung gelangten, denn die von StupER auf der Ex- pedition der Gazelle gesammelten Embryonen waren mifig kon- vseriert worden, so daf sie sich zu eingehenderen, spateren Untersuchungen als untauglich erwiesen. Zu um so griéferem Danke bin ich daher Herrn Professor Cuun verpflichtet, da’ er mir die Anregung zu den vorliegenden Untersuchungen tiber die Entwickelung der Wirbelsiule gab und mir zu diesem Zwecke das kostbare Material in uneingeschrinktem Mafe zur Ver- fiigung stellte. I. Methode. Die Konservierung der Embryonen hatte teils mittelst einer 5-proz. Formaldehydlésung, teils mittelst 80-proz. Sublimat- alkohols stattgefunden ; beide Methoden haben gleich befriedigende Resultate geliefert. Die Gesamtzah] der konservierten Embryonen betrug etwa 30—35 Exemplare, die sich auf sehr verschiedenen, zum Teil weit auseinanderliegenden Entwickelungsstufen befanden. Der kleinste Embryo hatte nur eine Lange von 3,5 cm erreicht, Bd. XXXVII. N. F. XXX. 1 2 Hermann Mannich, wihrend die Linge des gréften nahezu 12 cm betrug. Die meisten Embryonen befanden sich schon in einem vorgeschrittenen Entwickelungsstadium und bewegten sich in den GréfSenverhialt- nissen von 6—12 cm Linge. Nur 4 Embryonen hatten noch nicht die Gré&e von 6 cm erreicht und gewihrten mir daher die wert- vollsten Aufschliisse. Leider bildeten die mir zur Verfiigung stehenden Embryonen keine Entwickelungsreihe, welche auf grofe Vollstandigkeit An- spruch machen konnte, denn wenn auch die Stadien innerhalb der GréSenverhaltnisse von 3,5 bis 12 em vollzihlig vorhanden waren, so fehlten doch bei der weit vorgeschrittenen Brutzeit jiingere Stadien, was ich 6fters unangenehm empfunden habe, vor allem bei der Untersuchung der Halsregion. Nur mit Hilfe der ausgezeichneten Abhandlung von FRoRIEP tiber die gleichen — Verhiltnisse bei Hiihnerembryonen konnte ich hier zu einem einigermafgen befriedigenden Resultat gelangen. Das Fehlen alterer Embryonen resp. schon ausgeschliipfter Tiere war insofern unangenehm, weil meine Untersuchungen mitunter dadurch einen unerwiinschten, jihen Abschluf’ fanden, wie dies namentlich bei der Untersuchung tiber die Verknéche- rung des Sternums der Fall war. Die jiingsten Embryonen besafen noch kein Federkleid, waren aber sonst éuferlich véllig ausgebildet. Die Lage des Kérpers war bei den kleinsten Embryonen eine sehr stark ge- kriimmte, bei den gréferen dagegen eine mehr gestreckte ge- worden. Aus dem mir zur Verfiigung stehenden Material stellte ich mir mit Hilfe von genauen Messungen eine fortlaufende Ent- wickelungsreihe zusammen, die folgende Gré8en umfakte: I. Stadium 3,5 cm Linge (A) i. 7S (ae i GB) le " Dor 45 ers, a) LY: 5 Cou Ee V. us G9) ae emma 02) Val: % fh Deees - VE: , oH Obes epiciee (109) Viti. -, tales e 5) ot) Die eingeklammerten Buchstaben A—F beziehen sich auf die Benennungen, welche Lewin (1901) fiir die betreffenden Stadien anwendete. Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 3 Zwischen die Stadien VII und VIII noch ein Zwischen- stadium einzuschieben, erwies sich als nicht notwendig. Die Entwickelung, welche namentlich von dem IJ.—VI. Stadium einen etwas rapiden Verlauf aufwies, verlangsamte sich bei den erdferen Stadien, so da daher wesentliche Unterschiede mit Ausnahme der Ossifikation sich zwischen den beiden letzten Stadien nicht konstatieren liefen. Die Messung geschah mittelst eines biegsamen Mefbandes, welches an der Schnabelwurzel angelegt und iiber die Kriimmung des Halses und Riickens hinweg bis zur dufersten Schwanzspitze eefiihrt wurde. Alsdann wurden die ausgewihlten Embryonen teils einzeln, teils in Gruppen von 2 oder 3 Exemplaren photographiert. Um nun spiter mit Hilfe der Photographie die urspriinglichen GréSen- verhiltnisse der einzelnen Tiere wiederherstellen zu kénnen, wurde gleichzeitig mit jedem Embryo ein Stiicken Me8band mit- photographiert. Die Photographien der wichtigsten hier in Betracht kommen- den Embryonen habe ich dieser Abhandlung beigefiigt. Da die Embryonen nun ihrer meist sehr betrachtlichen Gré8e halber unmdglich in unzerteiltem Zustande in Schnittserien zer- legt werden konnten, so trennte ich dieselben zunachst den ver- schiedenen Regionen der Wirbelsiule entsprechend in 3—5 Teile, die ich in Paraffin iiberfiihrte. Ich fertigte hauptsachlich Sagittal- schnitte an, die fiir meine besonderen Zwecke am instruktivsten waren; daneben natiirlich auch Quer- und Frontalschnittserien. Die Dicke der Schnitte betrug gleichmifig 10 w. Die Schnitte wurden mittelst Himalaun gefirbt und in Balsam aufgestellt. Il. Litteratur. Die Litteratur iiber die Osteologie der Pinguine ist wenig umfangreich und bezieht sich noch dazu ausschlieBlich auf die Osteologie der ausgewachsenen Pinguine. Etwas Entwickelungs- geschichtliches ist kaum vorhanden. Die erste Arbeit iiber die Anatomie der Pinguine hat REID in den Proceed. Royal Soc. 1835 verdéffentlicht unter dem Titel ,Anatomical Description of the Patagonian Penguin“. Leider war es mir nicht méglich, dieses Werk in den hie- sigen Bibliotheken erhalten zu kénnen, doch aus den Angaben if * 4 Hermann Mannich, der spiiteren Forscher ersah ich, da8 es sich nicht um eine Dar- stellung der Entwickelung handelt, sondern um eine rein ana- tomische Beschreibung, die fiir meine Untersuchungen keine allzugroke Bedeutung haben diirfte. Eine Ergiinzung dieser Abhandlung waren die von BRANDT in Mémoires de |’Académie des Sciences de St. Pétersbourg unter dem Titel ,,Beitrige zur Kenntnis der Naturgeschichte der Végel“ herausgegebenen Untersuchungen. Eine etwas spiter erschienene Schrift von Hyat, betitelt Catalogue of the Ornithological Collection of the Boston Society of Natural History“, 1871, befafte sich hauptséchlich mit der systematischen Stellung der verschiedenen Pinguinarten zu einander. Kurz nach dem Erscheinen dieses Werkes veréffentlichte Covues in Proc. Acad. Natur. Sci. Philad. 1872 unter dem Titel ,Material for a Monograph of the Spheniscidae“ eine Arbeit, in der er sich zwar sehr eingehend mit der Osteologie der aus- gewachsenen Pinguine befaft, dagegen die embryonale Ent- wickelung ganz unbesprochen 1a&t. Die 5 Jahre spiter im Journal de Zoologie, T. VI, 1877, unter dem Titel ,Ostéologie et myologie des manchots ou Sphéniscidés“ erschienene Schrift von GERVAIS und ALrIx enthalt eine Be- schreibung der osteologischen und myologischen Verhiltnisse bei Eudyptes chrysolopha. Die Osteologie ist etwas oberflachlich behandelt, dagegen befassen sich die Autoren eingehender mit der Myologie. Sie erwahnen das Auftreten opisthocéler Brust- wirbel und ferner das Vorhandensein rudimentirer zweiteiliger Hypapophysen in der Schwanzregion. GERVAIS und ALIx haben auch Untersuchungen an Embryonen des Eudyptes vorge- nommen. Es mitissen ihnen aber nur sehr wenige und noch dazu grofe Exemplare zur Verfiigung gestanden haben, da die - Untersuchung eine Verwachsung der Schwanzwirbel ergab, ein Verhalten, das nur fiir die altesten Stadien zutrifft. Die erste eingehende Beschreibung des anatomischen Baues der Pinguine erschien im Jahre 1883 in den Berichten iiber die Ergebnisse der Challenger-Expedition. Der Untersucher, Watson, beschiftigte sich aufs eingehendste mit der Anatomie der ver- schiedensten Pinguinarten. Seine Hauptuntersuchungen nahm er an dem Skelet des Eudyptes chrysocome vor, und er benutzte die hierbei gewonnenen Resultate als Ausgangspunkt einer Ver- gleichung der verschiedensten Pinguinarten, deren er habhaft Entwickelung der Wirbelsiiule von Eudyptes chrysocome. 5 werden konnte. Leider stammten simtliche von ihm _ unter- suchten Skelete von ausgewachsenen Pinguinen, embryonale Stadien scheint er dagegen gar nicht in die Hinde bekommen zu haben, da er ihrer nirgends Erwihnung thut. Die ganze Beschreibung ist in duferst erschépfender und gewissenhafter Weise verfa8t. In dem Bericht tiber die Expedition der Gazelle macht STUDER einige Angaben tiber die Entwickelung von Eudyptes chrysocome. Mit Ausnahme seiner Schilderung der Entwickelung der Federn ist aber das Ergebnis wegen der nur liickenhaft vor- handenen Stadienreihe und vor allem wegen des durch mangel- hafte Konservierung unbrauchbar gewordenen Materiales als ein wenig befriedigendes zu bezeichnen. 4 Jahre nach dem Erscheinen des Werkes von Watson ver6ffentlichte v. MENZBIER eine Abhandlung, die den Titel fiihrt . Vergleichende Osteologie der Pinguine in Anwendung zur Haupteinteilung der Végel“. Das Werkchen blieb liangere Zeit auferhalb der russischen Sprachgrenze unbekannt, und erst nach einer — freilich mangelhaften — Uebersetzung in die deutsche Sprache fand es die gebiihrende Beachtung. Es ist wohl niichst der Arbeit Watson’s die eingehendste Beschreibung dieses bis- her so wenig erschlossenen Gebietes. v. MENZBIER stellte zu- nichst an dem Skelet des Eudyptes chrysocome Untersuchungen an, deren Befund sich im wesentlichen mit den Angaben WatTson’s deckt. Der Hauptzweck seiner Abhandlung gilt nun aber nicht dieser Untersuchung, sondern er bemiiht sich, auf Grund seiner und Watson’s Untersuchungen der verschiedensten Arten von Pinguinen der eigenartigen Stellung der letzteren im System eine neue Beleuchtung zu geben, und man darf wohl sagen, daf er dies Ziel in ansprechender Weise zu erreichen sucht. Am Beginn seiner Arbeit giebt v. MENZBIER zunichst eine ausfiihrliche Zusammenstellung einer Anzahl die Pinguine be- treffender Abhandlungen, der ich manchen Hinweis verdanke. Diesen Litteraturangaben lift v. MENZBIER eine sehr ein- gehende Beschreibung der osteologischen Verhiltnisse sowohl bei dem erwachsenen Pinguin als auch bei dem jugendlichen folgen, die sich, wie ich schon oben erwihnt habe, fast ganz mit den Angaben Watson's deckt. Hauptsachlich untersuchte er Skelete von Eudyptes chryso- come und kniipfte daran, dhnlich wie Watson es gethan hat, Vergleiche mit den Skeleten einer ganzen Anzahl von anderen 6 Hermann Mannich, Pinguinarten. Am Schlusse seiner Ausfiihrungen streift er noch mit kurzen Worten das Gebiet der fossilen Pinguine und schildert alsdann in scharfsinniger Weise die eigenartige Sonderstellung, welche die Pinguine im System der V6gel einnehmen. Hin- weisend auf einige noch bei dem ausgewachsenen Pinguin vorhandene Ziige, die eine Anna&herung an die Charakter- eigentiimlichkeiten des Skelets fossiler und recenter Reptilien zeigen, stellt er die Pinguine als eine ganz gesonderte Unter- klasse der Végel hin, die sich schon zu einem sehr weit zuriick- liegenden Zeitpunkte von dem allgemeinen Vogelstamme losgelést haben muf und durch die vdllig isolierte Entwickelung einige von den Vorfahren ererbte Sonderheiten und Uebergiinge im Bau ihres Skeletsystemes bis jetzt noch sich bewahrt hat. LEin- fiigen will ich hier, da ich bei der Untersuchung der Em- bryonen eine noch gréfere Anzahl von Eigenheiten des Skelets gefunden habe, die ich auf Grund der Arbeiten von MarsuH, RATHKE, GEGENBAUR und Bronn als reptilienéhnliche Cha- raktere bezeichnen muf. Ich werde im Texte auf jeden solchen Fall speciell hinweisen und am Schlusse dieser Abhandlung diesen interessanten Punkt noch einmal kurz beriihren. Von den anderen, von mir beniitzten Werken sind nament- lich hervorzuheben GEGENBAUR’s ,,Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere*, Bronn’s ,,.Klassen und Ordnungen des Tierreiches, Band Vogel“, von Gapow bearbeitet, und ferner noch ,,Die Ent- wickelungsgeschichte der Wirbelsiule bei Hiihnerembryonen* von FRORIEP. Diese letztere Abhandlung konnte ich leider nicht in dem ausgedehnten Mafe zu meinen Untersuchungen heranziehen, wie ich gehofft hatte, da FRoriEP nur ganz friihe Stadien be- schreibt und das letzte von ihm beschriebene Stadium ungefahr mit meinem jiingsten Stadium in eine gleiche Entwickelungsperiode fallt. Trotzdem hat mir gerade diese Arbeit ganz auSerordentliche - Dienste geleistet, namentlich gab sie mir einen interessanten Aufschlu8 betreffs der Stellung, den die Hypochordalspange den knorpeligen Halswirbeln gegentiber einnimmt. Ich werde auf diese Verhiltnisse bei Besprechung der Halsregion wieder zuriick- kommen. Die anderen in dem Litteraturverzeichnis aufgefiihrten Ar- beiten sind von mir meist zur Erginzung der oben erwadhnten Werke und der allgemeinen Uebersicht halber durchgearbeitet worden, und es eriibrigt sich daher eine eingehende Besprechung derselben an dieser Stelle, da sie spiter im Text erwahnt werden sollen. Entwickelung der Wirbelsaule von Hudyptes chrysocome. Ill. Eigene Ergebnisse. Was die von mir selbst angestellten, speciellen Untersuchungen betrifft, so teilte ich mir das ganze zu bearbeitende Gebiet in vier Abschnitte ein. Ich begann mit der Untersuchung der Halsregion, an welche sich dann die der Brustregion einschlieflich der Rippen anschlof. Der Entwickelung des Sternums konnte ich nur geringe Aufmerk- samnkeit zuwenden, da seine Entwickelung im Zusammenhang mit der des Schultergiirtels und der Vorderextremititen von anderer Seite dargestellt werden soll und ich daher den gréften Teil des vorhandenen Materials an embryonalen Brustbeinen in andere Hinde geben mufte. Obwohl das Sternum ein costales Gebilde ist, welches durch die Verbreiterung und Verschmelzung der ven- tralen Rippenenden entsteht, so ist doch der Einflu8, den Schulter- giirtel und Sternum sowohl wahrend der Entwickelung als auch spiter aufeinander austiben, ein so bedeutungsvoller, daf beide besser gemeinsam untersucht werden miissen. Nach der Untersuchung der Brustregion folgte die der Beckenregion, die sich nicht allein auf die Untersuchung der Beckenwirbel beschrainkte, sondern sich natiirlich auch auf die den Beckengiirtel bildenden Knochen, die Ossa ilei, ischii und pubis ausdehnte. Die Untersuchung der Schwanzregion machte den Beschlu&, und ihrer Untersuchung verdanke ich wohl die wertvollsten Re- sultate. Zum Schluf will ich noch hinzufiigen, daf ich innerhalb eines jeden der eben angefiihrten vier Abschnitte die Ergebnisse der Untersuchungen nach den einzelnen Stadien, wie ich sie in der oben zusammengestellten Stadienreihe dargestellt habe, ordnete. 1. Halsregion. Wihrend bei dem jiingsten Stadium des Eudyptes chrysocome Kopf und Extremititen bereits véllig die spiaitere Gestaltung auf- wiesen, konnte ich bei der Untersuchung der sagittalen Schnitt- serie konstatieren, da die Wirbelsiule noch lange nicht einen der iuferen Ausbildung entsprechenden Grad der Entwickelung erreicht hatte. Die einzelnen Wirbel hatten sich zwar schon vollig in dem sie umgebenden Bindegewebe knorpelig differenziert, 8 Hermann Mannich, aber ihre definitive Gestaltung war damit noch lange nicht ab- geschlossen. Das Entstehen und die Vereinigung des primaren Bogen- knorpels und des sekundar sich bildenden Wirbelkérperknorpels, wie es FrorieEpP an Hiihnerembryonen verfolgt und anschaulich geschildert hat, konnte ich hier nicht mehr beobachten, da beide bereits verschmolzen waren. Die beiden Bogenhalften des Atlas haben sich dorsal noch nicht vereinigt, wihrend diese Ver- schmelzung bei allen folgenden Wirbeln bereits eingetreten ist. Ich kann mir dies eigentiimliche Verhalten des Atlas nicht er- kliren und habe auch nirgends in der Litteratur eine Angabe iiber diesen Gegenstand gefunden. Geméaf der cranial-caudal- wirts fortschreitenden Entwickelung miifte diese Verschmelzung mindestens mit der Vereinigung der beiden Bogenhilften des 2. Halswirbels zeitlich zusammenfallen, was, wie gesagt, hier keineswegs der Fall ist. Es ist leicht, méglich, da die tief eingreifende Stérung in der Entwickelung, welche durch die Um- bildung des eigentlichen Kérpers des Atlas zu dem Processus odontoideus des 2. Halswirbels bewirkt wird, an der oben be- schriebenen Verzégerung des Verschmelzungsprozesses bedeu- tenden Anteil hat. Die Chorda nimmt bei dem jiingsten Stadium noch den erdkten Teil des Wirbelkérpers ein und wird intervertebral nur sehr wenig eingeschniirt. Sie tritt ventralwarts der Spitze des Processus odontoideus aus, erstreckt sich tief ins Os occipitale hinein und endigt dort mit einer stumpfen Spitze. Die Verschmelzung des Processus odontoideus mit dem Kérper des 2. Wirbels ist noch nicht vollig vollzogen:; ich konnte deutlich die Trennungslinie zwischen den beiden Ké6rper- knorpeln durch mehrere Stadien hindurch verfolgen. Sie markiert sich bei dem jiingsten Stadium besonders stark durch eine dorsal — sich einsenkende tiefe Sutur, von deren Grund aus die Trennungs- linie zunichst ventralwarts verliuft, dann, etwas bogenformig cranialwirts umbiegend, in der Mitte des cranialen Endes des Wirbels endigt, und zwar etwas dorsal von der Artikulationsstelle des unteren Atlasbogens mit dem spiiter noch zu erwaéhnenden Intercentrum. Die Verschmelzung schreitet dann spiter ziemlich rasch vorwirts, und auf dem gréf8ten Stadium sind nur durch die eigentiimliche, konzentrische Anordnung der Knorpelzellen innerhalb der beiden Kérperknorpel diese als urspriinglich nicht zu einander gehérende Elemente zu erkennen. Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 9 Beide haben bekanntlich auch eigene Verknécherungscentra, wie ich ebenfalls konstatiert habe. Bevor ich nun zur Beschreibung des von mir gefundenen Intercentrums des 2. Halswirbels tibergehe, will ich erst kurz rekapitulieren, was FRORIEP (1883) und Gapow iiber diesen Punkt berichten. Letzterer beschrinkt sich (p. 943) bei seiner Schilderung nur auf verhiltnismikig wenige Bemerkungen und hat anscheinend wenig oder gar keine eigenen Untersuchungen angestellt, denn er citiert nur PARKER’s Bemerkungen, der aber ebenfalls keine umfassenden Untersuchungen an embryonalen Stadien beziiglich dieses Punktes angestellt hat, sondern sich mit der Aufzihlung einiger weniger Végel begniigt, bei denen er rudimentire Intercentra gefunden hat. Ueber die Entstehung derselben schreibt er tiberhaupt nichts, und was er itiber ihre Verschmelzung mit dem dazu gehorigen Wirbelkérper berichtet, ist falsch. Nach seiner Darstellung (p. 943) verknéchern die Intercentra zunachst, und erst nach beendetem Ossifikations- proze& verschmelzen sie mit dem Wirbelkérper. Wie GAapow zu diesen Behauptungen kommt, ist mir unversténdlich, da ge- rade das gegenteilige Verhalten, wie ich noch darlegen werde, Platz greift. Anders lauten die Angaben von FroriEp. Nach seiner Dar- stellung besteht das erste Zeichen der Bildung eines jeden Wirbels zunichst in dem Auftreten eines Bogenknorpels (83, p. 220). Derselbe ist hufeisenformig und wird von zwei symmetrischen Bogenstiicken gebildet, welche Chorda und Riickenmark lateral umspannen, dorsal aber noch nicht geschlossen sind. Ventral- warts stehen sie durch eine unter der Chorda verlaufende Spange in Verbindung, welcher FrRor1EP den Namen _ ,hypochordale Spange“ gegeben hat. Wir werden sehen, welche wichtige Rolle sie bei der Entstehung der Intercentra spielt. Kurze Zeit nach der Bildung dieses Bogenknorpels tritt auch die Anlage des Wirbelkérpers hervor. Er stellt einen unpaaren Herd von chon- drogenem Gewebe dar, welcher cranialwirts bis nahe an die hypochordale Spange des Bogenknorpels heranreicht. Seine Ent- stehung vermochte FroriEpP nicht aufzukliren; er hilt indessen die Anlage des Wirbelkérpers nicht fiir eine sekundir von der hypochordalen Spange ausgehende Bildung, sondern glaubt eine selbstindige Differenzierung im perichordalen Gewebe annehmen zu diirfen. Das Wachstum der beiden Bestandteile des spiaiteren Wirbels 10 Hermann Mannich, geht nun in normaler Weise vor sich. Die hypochordale Spange bleibt nur an den beiden ersten Halswirbeln in voller Ausdehnung bestehen, wihrend sie an allen anderen Halswirbeln nach und nach wieder vollig schwindet (p. 221). Der Kérperknorpel ist kréftig weiter gewachsen und verschmilzt nunmehr mit dem cranialwirts gelegenen Bogenknorpel, so daf sich jetzt der Wirbel in seiner spiteren Gestalt prasentiert. Was geschieht nun mit den beiden hypochordalen Spangen, die sich am 1. und 2. Halswirbel erhalten haben? Auch diese Frage beantwortet FRORIEP in eingehender Weise. Die hypo- chordale Spange des 1. Bogenknopels bildet den unteren Bogen des Atlas. RaTHKE (48, p. 78) nennt diesen Teil des Atlas das ventrale Schlug&stiick. Gapow bezeichnet ihn als das Inter- centrum des Atlas (p. 944) und laft dasselbe mit einem selb- stindigen Kern ossifizieren. Was die hypochordale Spange des 2. Halswirbels_ betrifft, so wandert sie nach FRORIEP, wihrend der Bogenknorpel caudal- wirts dem K6rperknorpel entgegenwiichst, ein wenig cranial- wiirts und wird zum Intercentrum des 2. Halswirbels. FRORIEP wendet zwar den von vielen anderen Forschern oft gebrauchten Ausdruck Intercentrum nirgends an, aber aus seinen Be- schreibungen und Abbildungen geht klar hervor, da’ er nur eine andere Bezeichnung braucht. Als erster hat JAGER (p. 537) darauf hingewiesen, daf der vordere, ventrale Abschnitt des 2. Wirbels, auf dem der Atlas artikuliert, nicht ein Bestandteil des Kérpers des 2. Wirbels ist, sondern ein besonderes Element darstellt. Er kommt zu diesem Schluf& auf Grund des Vorhandenseins eines von ihm gefundenen Verknécherungsherdes in dem geschilderten vorderen Abschnitt des 2. Wirbels. Den unteren Bogen des Atlas hilt RATHKE (48, p. 78) fiir — einen modifizierten, unteren Dornfortsatz, fiir das Rudiment eines Himalbogens, in welcher Deutung ihm JAGER beistimmt. Was nun das Ergebnis meiner Untersuchungen betrifft, so kann ich fiir den 2. Halswirbel die Angaben FRORIEP’s be- stitigen, vermag aber fiir den Atlas keinen Entscheid zu fallen, denn einerseits war die Verschmelzung des ventralen Atlasbogens mit den lateralen Bégen bereits erfolgt, so da nicht einmal eine schwache Trennungslinie auf das urspriingliche, gesonderte Ver- halten der drei Knorpelstiicke hinwies, andererseits fallt der Beginn der Ossifikation des Atlas in eine so spite Periode der Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 11 embryonalen Entwickelung, dai meine dltesten Stadien nicht mehr ausreichten, das Auftreten eines gesonderten Verknéche- rungspunktes in dem ventralen Bogen des Atlas zu konstatieren. Wahrend auf dem iltesten von mir untersuchten Stadium von 11,8 em Linge die Verknécherung der Wirbelkérper vom 2. Halswirbel ab bis zum letzten Schwanzwirbel schon grofe Fortschritte gemacht hat, ist der Atlas noch vollkommen frei von Ossifikation geblieben. Es ist dies kein abweichendes Ver- halten, denn bekanntlich verknéchern die Neuralbogen erst sehr spit und somit auch der Atlas, der ja nur aus den Bogenknorpeln und der hypochordalen Spange besteht. Daf die Verknécherung dieser letzteren nicht gleichzeitig mit der Verknécherung der iibrigen Wirbel stattfindet, ist auch ein normales Verhalten, da die Intercentra an und fiir sich spiter verknéchern als die dazu gehérigen Wirbelkérper, wie ich an dem Intercentrum des 2. Halswirbels sowie an denen der Schwanzregion konstatieren konnte. Bei diesen konnte ich nur geringe Spuren der beginnenden Ossifikation wahrnehmen, wihrend die Verknécherung der Wirbelkérper in vollem Gange ist, und auch an dem Processus odontoideus geringe Spuren einer Verknécherung auftreten. Ich will nun zur Beschreibung des von mir am 2. Hals- wirbel gefundenen Intercentrums tibergehen, indem ich auf Fig. 1 verweise, die nach einem Sagittalschnitt der Halsregion des jiingsten Stadiums gefertigt ist. Wie ich schon oben er- wihnte, ist die Verschmelzung des 2. Wirbels mit seinem Pro- cessus odontoideus noch keine voéllige. Die noch deutlich sicht- bare Trennungslinie verliuft zunichst in ventraler Richtung ab- wirts, um dann in leichter Kriimmung cranialwarts gegen den ventralen Atlasbogen umzubiegen. Zwischen den letzteren und den 2. Wirbelkérper schiebt sich ein dreieckiges Knorpel- stiick ein, welches durch eine deutliche, schrég caudalwarts gerichtete Sutur von dem Epistropheus getrennt ist. Der eréRkte Teil seiner cranialwirts gelegenen Flache bildet sich allmahlich zur Artikulationsstelle mit dem ventralen Altlas- bogen aus. Schon bei Beginn meiner Untersuchungen erregte dieses eigentiimliche Knorpelstiick meine Aufmersamkeit, ohne dai ich freilich iiber seine Bedeutung mir klar geworden wire. Erst durch die Untersuchung der bei dem gleichen Stadium in der Schwanzregion vorhandenen Intercentra oder Hypapophysen fiel 12 Hermann Mannich, mir ihre Aehnlichkeit mit dem von mir nunmehr als ein Inter- centrum erkannten vorderen, ventralen Knorpelstiick des 2. Halswirbels auf. Da nach GEGENBAUR bekanntlich die Ent- wickelung der Wirbel cranial-caudalwirts erfolgt, so war das Intercentrum in der Halsregion viel weiter entwickelt als die Hypapophysen in der Schwanzregion des gleichen Stadiums. Hitte ich nur einige um 1—3 Tage jiingere Stadien zur Ver- fiigung gehabt, so wiirde ich auch hier ohne Zweifel an dem 2. und jedenfalls auch an dem 1. Halswirbel die Entwickelung der Intercentra so haben verfolgen kénnen, wie mir dies bei denen der Schwanzregion gelungen ist. Ueber das Schicksal der hypochordalen Spange bei den anderen Halswirbeln schreibt FRoRIEP (p. 221), da’ sie sich allmahlich zuriickbildet und schlieBlich véllig verschwindet. Ich kann dies bestiitigen, da ich an keinem der folgenden Wirbel mit Ausnahme der spéter noch zu schildernden Schwanzwirbel auch nur die geringsten Spuren einer Anlage von Hypapophysen gefunden habe. Wie oberflichlich GADow gerade diese Verhiltnisse unter- sucht hat, geht aus einer kurzen Bemerkung hervor, die er p. 944 macht. Er sagt, PARKER habe bei Casuarius, Apteryx und verschiedenen jungen Carinaten auch Intercentra an den beiden Halswirbeln gefunden. Ware ihm die Arbeit FRORIEP’s bekannt gewesen, oder hatte er eigene embryologische Unter- suchungen tiber diesen Gegenstand angestellt, so wiirde er wohl diese Bemerkung PARKER’s erginzt und berichtigt haben. PaRKER’s Aeuferungen scheinen darauf hinzudeuten, da’ die Intercentra an den beiden ersten Halswirbeln nur einer ver- haltnismaifig sehr geringen Anzahl von Végeln zukommen, der Mehrzahl derselben jedoch fehlen. Vergegenwirtigt man sich nun an der Hand der Untersuchungen FRorIEpP’s die Bildung der Intercentra aus der hypochordalen Spange, so miif{ten bei einem Fehlen der Intercentra auch die beiden hypochordalen Spangen das gleiche Schicksal erlitten haben wie die der anderen Wirbel. Bei dem 2. Wirbel wiirde nun zwar das Fehlen des Intercentrums von keinem allzugrofen Einflu& auf die weitere Ausbildung des Wirbels sein, da die Funktion einer Artiku- lationsfliche fiir den unteren Bogen des Atlas auch von dem vorderen ventralen Teil des K6rpers oder auch von dem sich ventral ausdehnenden Processus odontoideus versehen werden kénnte. Entwickelung der Wirbelsaule von Kudyptes chrysocome. 13 Dies letztere hat FRORIEP an Rindsembryonen festgestellt (Beobachtungen an Siugetierembryonen, p. 143). Ganz anders verhilt es sich mit dem Atlas. Bei der Re- duktion seiner hypochordalen Spange wiirden die beiden Bogen- knorpel ihrer Verbindungsbriicke beraubt sein, und der ganze Apparat wiirde seine Festigkeit verlieren, gleichzeitig wiirde auch dadurch seine Gelenkfunktion eine illusorische sein. Da nun aber bei jedem Vogel die Atlasbogen ventral ge- schlossen sind und es nicht anzunehmen ist, da’ zur Erzielung des gleichen Zweckes bei einem Teil der Végel die hypochordale Spange erhalten bleibt und den Atlasbogen ventral schlie&t, wihrend sie bei einem anderen Teil der Végel durch ein an ihre Stelle tretendes sekundiires Knorpelgewebe ersetzt werden miifte, so vermute ich, daf bei allen Végeln an den beiden ersten Hals- wirbeln Intercentra ausgebildet werden und die geschilderten Funktionen tibernehmen. Bevor ich die Darstellung der Intercentra beendige, will ich noch auf eine frithere Bemerkung zuriickkommen, welche die abweichenden Angaben Gapow’s iiber die Verknécherung der Intercentra betrifft. Derselbe erklirt p. 943, da& die Intercentra zunachst ganz verknéchern und dann erst mit den inzwischen gleichfalls verknécherten Wirbelkérpern verschmelzen. Ich bin zu einem ganz entgegengesetzten Resultate gelanet, insofern ich die Intercentra des 2. Halswirbels und der Schwanzregion auch dann noch knorpelig fand, als die Wirbelkérper bereits zu ver- knéchern begannen. Erst auf dem Stadium VIII, dessen Wirbel- kérper schon reichlich zur Hialfte verknéchert sind, zeigen die Intercentra die ersten Anfinge einer Ossifikation, die mit der spater noch zu erwahnenden Einwucherung yon Blutgefifen Hand in Hand geht. Inzwischen ist aber die Verschmelzung der Intercentra mit den Wirbelkérpern erfolgt, so dak auf den dlteren Stadien eine Trennungslinie oder auch nur eine An- deutung einer solcher nicht mehr vorhanden ist. Entgegen der Ansicht Gapow’s erfolgt also die Ossifikation der Intercentra erst nach ihrer Verschmelzung mit dem Wirbel. Ueber die morphologische Bedeutung ist noch nichts Sicheres bekannt. Gapow giebt an (p. 944), daf& es ihm nicht bekannt ist, ob Intercentra auch an anderen Wirbeln als an den beiden Hals- wirbeln und einigen Schwanzwirbeln vorkommen. Ich konnte, wie gesagt, bei Eudyptes chrysocome auch nur an den oben 14 Hermann Mannich, erwihnten Wirbeln Intercentra konstatieren, an den Schwanz- wirbeln freilich in ganz auferordentlich grofer Zahl, wie ich spater zeigen werde. Ueber die weitere Entwickelung der Halswirbel ist nicht mehr viel hinzuzufiigen. Es treten nur noch ganz unbedeutende Verinderungen ein, die sich hauptsachlich auf die Bildung der Superficies articulares beziehen. Diese legen sich bei dem jiingsten Stadium noch vollig plan gegeneinander, und erst all- mihlich entsteht die Artikulation, indem die caudal gerichteten Superficies articulares eine seichte Konkavitit bilden, in welcher der nachfolgende Wirbel mit schwach konvexer Gelenkfliche artikuliert. Es bleibt nun nur noch itibrig, betreffs des Verhaltens der Chorda einiges hinzuzufiigen, sowie das Eintreten und den Ver- lauf der Verknécherungen zu verfolgen. Bekanntlich bi£t die Chorda von dem ersten Auftreten einer gegliederten Wirbelsidule ab allmahlich ihre Funktion als ein sttitzender Stab ein und geht schlieflich in ihrer ganzen Ausdehnung zu Grunde. FRORIEP hat nun bei seinen Untersuchungen von Hiihnerembryonen (p. 222) im Gegensatz zu den Angaben JAGER’s gefunden, daf das Liga- mentum suspensorium nicht einer Umwandlung der centralen Chordazellen sein Dasein verdankt, sondern dal der aus dem primitiven Wirbelbogen abgesonderte, perichordale Faserring sich zu einem der Chordascheide innig anlegenden, straff von Kérper zu Kérper gespannten Ligamentum suspensorium dif- ferenziert hat. Diese Frage ist auferordentlich schwer zu entscheiden, wie ich mich durch eigene Beobachtung tiberzeugt habe. An einem Teil der Halswirbelsiule des Stadiums VIII, welches in Frontal- schnitte zerlegt wurde, beobachtete ich folgendes Verhalten der Chorda und des Ligamentum suspensorium. Erstere besteht, da sie von beiden Seiten her schon auferordentlich stark der Reduktion anheimgefallen war, aus einem schmalen Band. Sie bildet auch keinen fortlaufenden Strang mehr, sondern ist an vielen Stellen intervertebral abgeschniirt. Diese Trennung der Kontinuitét des Chordagewebes ist auch bei den beiden Wirbel- kérpern eingetreten, nach welchen die in Fig. 3 dargestellte Zeichnung eines Frontalschnittes angefertigt ist. Beziiglich des Verlaufes resp. der Entstehung des Ligamentum suspensorium habe ich hier folgende Beobachtungen gemacht. In dem centralen Teil der Artikulation beider Wirbel sind diese Entwickelung der Wirbelsaule von Eudyptes chrysocome. 15 durch eine Briicke verbunden, welche von langgestreckten Zellen gebildet wird und den Raum zwischen den beiden reduzierten Enden der Chorda vdllig ausfiillt. Besonders fiel mir die Ge- stalt und die eigentiimliche Anordnung dieser Zellen auf. Sie besitzen einen langen, spindelférmigen Kern, der nur selten etwas gekriimmt ist. Durch diese Merkmale unterscheiden sie sich bedeutend von den neben ihnen liegenden Knorpelzellen mit ihren kleinen rundlichen Kernen. Sie liegen ebenso wie diese in einer homogenen, sich durch Himalaun nur ganz schwach firbenden Grundsubstanz. Was nun ihre Lagerung betrifft, so kénnte man diese am besten mit einem Kegel vergleichen, dessen Spitze das Ende der Chorda beriihrt, wahrend seine breite Fliche der Gelenkfliche des dazu gehérigen Wirbels zugekehrt ist und mit der ihm gleichfalls zugewendeten, breiten Fliche des dem benachbarten Wirbel angehérenden Kegels verschmilzt. Die Zellen verlaufen nun nicht in gerader, der Achse der Chorda entsprechender Richtung, sondern sie sind in Reihen faicherformig angeordnet, verlaufen in leichter Kriimmung nach den Gelenk- flichen hin und verlieren sich dort in dem die letzteren be- kleidenden Bindegewebe. Dies letztere ist nicht mit dem Liga- mentum intervertebrale zu verwechseln, welches auf der Zeich- nung ebenfalls dargestellt und deutlich von dem oben er- wihnten Bindegewebe noch getrennt ist. Ich kann auf Grund dieser Untersuchungen nicht die Auffassung JAGER’s von der Abstammung des Lig. suspensorium aus den umgewandelten Chordazellen teilen. Auferdem scheint mir auch die Degeneration der letzteren eine derartige zu sein, da ich sie einer solchen Umwandlung gar nicht mehr fahig halte. Ich neige mich viel- mehr der Ansicht FRORIEP’s zu und meine, daf das Ligamentum suspensorium aus dem centralen Teil des auf friihen Stadien zwischen je zwei Kérperknorpeln vorhandenen perichordalen Faserringes sich bildet. Was nun die Entstehung des Ligamentum intervertebrale anlangt, so ist es mir ebensowenig wie FRORIEP gelungen, einen scharfen Entscheid zu fallen. Man kénnte annehmen, daf das Ligamentum intervertebrale aus dem peripheren Teil des peri- chordalen Faserringes seine Entstehung genommen hitte und mithin den gleichen Ursprung aufwiese wie das Lig. suspen- sorium. Gegen eine solche Annahme spricht jedoch meines Er- achtens die Anordnung und Gestalt der Zellen, welche bei beiden Bildungen verschieden sind. Die Zellen des Ligamentum 16 Hermann Mannich, suspensorium ihneln den Bindegewebszellen des Perichondriums. Nach meinem Befunde glaube ich mich der Auffassung von FRORIEP (83, p. 211) anschlieSen zu kénnen, daf der Meniscus durch eine Wucherung von Bindegewebszellen an der cranialen Oberfliiche eines jeden Wirbels zu stande kommt. Auf demselben Frontalschnitt, an dem ich diese Unter- suchungen der Ligamenta vorgenommen habe, konnte ich auch die von GEGENBAUR (62, p. 54) zuerst beschriebenen, drei ver- tebralen Erweiterungen der Chorda wahrnehmen. Sie kommuni- zieren miteinander, die mittlere ist die gré’te und wird von zahlreichen Knochenzellen eingefafit, wihrend die seitlich ge- legenen Erweiterungen an den nach den Gelenkenden hin ge- richteten Enden kappenf6rmig von den oben beschriebenen Zellen des Lig. suspensorium umfaf8t werden, nach dem Centrum des Wirbelkérpers hin dagegen von Knorpelzellen umgeben sind. GApDow’s Vermutung (p. 944), da& diese drei Erweiterungen dem Centrum, Intercentrum und dem Meniscus entsprechen, kann ich nicht teilen, nachdem ich aus den Beobachtungen FRORIEP’s entnommen habe, dafi der Meniscus genetisch nicht als ein Ab- kémmling des Kérperknorpels oder der hypochordalen Spange zu betrachten ist, sondern héchstwahrscheinlich eine selbstandige Verdichtung darstellt, die sich erst spit dem cranialen Endteil eines jeden Wirbels mittels Synchondrose anschlie8t. Meines Er- achtens entsprechen diese drei Erweiterungen der Chorda eher dem Intercentrum, dem Bogenknorpel und dem Korper- knorpel, und zwar in der angefiihrten Reihenfolge cranial-caudal- warts. Es entspricht also die ansehnlichste, mittlere Erweiterung dem Bogenknorpel, der histologisch am Altesten ist und ferner auch infolge seiner Funktion als schtitzende Umfassung des Nerven- rohres als die wichtigste der drei genannten, priméren Bildungen bezeichnet werden muB. ; Nach diesen Darlegungen tiber die Entstehung des Lig. intervertebrale und suspensorium sei nur noch kurz des Ver- haltens der Chorda bei ihrem allméhlichen Schwund gedacht. Bei dem jiingsten Stadium von 3,5 cm Linge verlauft die Chorda noch als ein gleichmafiger, intervertebral kaum merklich eingeschniirter Strang durch siémtliche Wirbelkérper hindurch. In der Hals- und Brustregion sind diese Einschniirungen natur- gemaf etwas deutlicher als in der Becken- und Schwanzregion. Die Chorda nimmt den gré&ten Teil des Wirbelkérpers ein und besitzt im Querschnitt eine rundliche bis ovale Form. Wahrend Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 17 ihr Gewebe aber auch hier schon jenen bienenwabenartigen Charakter zeigt, der dann bei dem allmahlichen Untergang mehr und mehr hervortritt, sind die rundlichen Kerne der Chordazellen, die sich auferordentlich intensiv fiirben lassen, noch in ganz bedeutender Anzahl vorhanden. Von der Elastica interna ist keine Spur mehr zu entdecken. Die Chorda hat sich ferner, namentlich in der Hals- und Brustregion, betrichtlich durch Schrumpfung von dem sie umgebenden Knorpelgewebe zuriick- gezogen; ob dies etwa eine Folge der Konservierung ist, wage ich nicht zu entscheiden. Von einem Auftreten von Knochen- zellen in dem centralen, perichordalen Teil des Wirbelkérpers ist noch keine Spur zu bemerken. Bei dem folgenden Stadium von 4,7 cm Linge hat die Chorda nur in der Hals- und Brustregion eine, wenn auch nicht allzu auffallende Reduktion erfahren. Die intervertebralen Ein- schniirungen in der Halsregion sind bedeutend gréfer geworden. Die Zahl der Kerne hat sich verringert, und die Zellen machen einen zerkliifteten Eindruck. Von einer Verkalkung resp. Ver- knécherung ist nichts zu bemerken. Dagegen fand ich hier zum erstenmal in einer flachen, muldenférmigen Aushéhlung an den Halswirbeln, der dorsalen und ventralen Fliche eines jeden Wirbels aufliegend, jene kleinen Blutgefafschlingen, tiber welche ich spater noch niher berichten werde. Die ventrale Kante des unteren Atlasbogens hat sich stumpf- winklig ein wenig caudalwirts geneigt, greift aber noch nicht tiber die ihm zugewendete untere Kante des Intercentrums am 2. Halswirbel hinweg. Das Stadium von 6,3 cm Linge weist beziiglich des Unter- ganges der Chorda grofe Fortschritte auf. An einem annahernd gleichgrof8en Stadium, welches ich in Querschnitte zerlegt hatte, konnte ich die von GADow (p. 941) erwiahnte, seitlich sich voll- ziehende Zerstérung beobachten. Die seitlich komprimierte Chorda bildet hier ein schmales Band. Es ist dies dasselbe Stadium, an dem ich die kurz vorher erwihnten drei Erweiterungen der Chorda fand. Die Kerne der Chordazellen sind hier kaum mehr nachweis- bar, und das Gewebe selbst nimmt allméhlich eine hollundermark- ihnliche Beschaffenheit an. ‘Die bei dem vorigen Stadium bereits erwahnten und dort nur schwach angelegten Einbuchtungen mit darin eingebetteten Bd. XXXVI. N. F. XXX. 2 18 Hermann Mannich, Gefi8schlingen haben sich ganz bedeutend vertieft und be- schrinken sich auch nicht mehr auf die Halsregion, sondern werden auch in Brust- und Beckenregion angelegt. Bei diesem Stadium ist zum erstenmal das Auftreten von Verknécherungen in dem 2. und einem grofen Teil der folgenden Halswirbel zu konstatieren. Zahlreiche Knochenzellen sind im Centrum des Wirbelkérpers perichordal eingelagert, andere Knochenzellen stellen dorsal und ventral die Verbindung mit den ihnen ent- gegenwuchernden Blutgefaé8en her. Auf diese speciellen Verknécherungsvorgiinge werde ich spiter noch ausfiihrlicher zuriickkommen. An dem Processus odontoideus ist ebensowenig, wie an dem Intercentrum des 2. Halswirbels und dem ventralen Schlub- stiick des Atlas das Eintreten einer Ossifikation zu bemerken. Ich konnte an ihnen noch nicht einmal eine Einlagerung von Blutgefiien finden, welche mit der Ossifikation Hand in Hand geht. Auch in simtlichen Neuralbogen und den iibrigen Fortsatzen waren Knochenzellen noch nicht zu bemerken. Bei dem nun folgenden Stadium von 7,5 em Lange hat die Vernichtung der Chorda ihren langsamen Fortgang genommen. Dieselbe prisentiert sich jetzt als ein ganz diinnes, meist schon intervertebral unterbrochenes Band. Die Knochenzellen haben sich nach den Gelenkenden hin nicht merklich vermehrt. Wéahrend die dorsale Einbuchtung im Vergleich mit der des vorigen Stadiums bedeutend nach dem Centrum des Wirbelkérpers hin vertieft ist, hat dagegen die Vertiefung der ventralen Einbuchtung keine Fortschritte gemacht. Der Processus odontoideus, das Intercentrum des 2. Wirbels und das des 1. Wirbels sind auch im Begriff zu ossifizieren, denn ich konnte bei der Untersuchung aller drei Knorpel ver- einzelte nicht unbetriichtliche Blutgefiige bis tief in das Innere des Knorpelgewebes hinein verfolgen. Das Bild, welches die Chorda auf Sagittalschnitten des gré8ten Stadiums von 11,8 cm Linge zeigt, ist im Vergleich mit dem des vorigen Stadiums ein wesentlich anderes geworden. Die Ver- nichtung der Chorda ist rapide fortgeschritten. Es sind von ihr nur noch inmitten des Wirbelkérpers sparliche Reste vorhanden, intervertebral ist sie iiberall zu Grunde gegangen. Die Verknécherung hat einige Fortschritte gemacht. Zum besseren Verstindnis der sich hierbei abspielenden Vorgange habe Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 19 ich in Fig. 2 eine Zeichnung eines Sagittalschnittes angefertigt, welche den Koérper des 2. Halswirbels und den ventralen Atlas- bogen im Medianschnitt darstellt. Im Atlas sind noch keine Ein- lagerungen von Knochenzellen vorhanden, doch durchziehen die schon oben erwihnten Blutgefife den Knorpel in verschiedenen Richtungen. An den Processus odontoideus, welcher mit dem Epistropheus voéllig verschmolzen ist, kann man den Beginn der Verknéche- rung verfolgen. Dorsal hat eine Bildung von Knochenzellen stattgefunden, welche sich anschicken, allmahlich in die Tiefe des Knorpelgewebes zu wandern. Viel intensiver ist die Verknécherung des eigentlichen Wirbel- kérpers vor sich gegangen, wie aus der Abbildung ersichtlich ist. Die Einbuchtungen an der dorsalen und ventralen Flaiche des Wirbels haben ein grofe Ausdehnung erreicht. Sie besitzen eine trichterformige Gestalt und werden von einem anscheinend binde- gewebigen Maschenwerk ausgekleidet, in welchem zahlreiche Blut- gefife schlingenférmig verlaufen. Die Knochenzellen liegen den Wandungen der Blutgefife dicht an und fiillen auch den centralen Raum zwischen beiden Einbuchtungen ginzlich aus, haben sich aber noch nicht nach den Gelenkflichen hin ausgedehnt. In gleicher Weise ossifizieren auch simtliche anderen Wirbel. 2, Brustregion. Was die Brustregion anbetrifft, so habe ich an ihr nur wenige, aber immerhin charakteristische Abweichungen von dem all- gemeinen Typus der Vogel gefunden. Ein Teil der Brustwirbel ist opisthocél, und zwar sind dies nach den Angaben v. MENz- BIER’s der 2.—6. einschlieflich. _Das Auftreten opisthocéler Brustwirbel ist schon friiheren Untersuchern bekannt gewesen. Watson z. B. erwahnt dies auf p. 14 seines Berichtes, spricht aber dort nur tiber den opisthocélen Charakter eines oder zweier Brustwirbel. v. MENz- BIER dagegen fand (p. 21) bei Eudyptes chrysocome 5 opistho- céle Brustwirbel. Ich kann diese letzteren Angaben bestatigen, da ich an Frontalschnitten gleichfalls nicht weniger als 5 Brust- wirbel nachweisen konnte, welche einen mehr oder weniger aus- geprigten opisthocélen Charakter besafen. An dem Skelet des erwachsenen Eudyptes tritt die opisthocéle Gelenkform bei der Mehrzahl der erwihnten Brustwirbel nicht mehr sehr ausgepriagt 9 * 20 Hermann Mannich, hervor, sondern sie beschrainkt sich auf eine ganz flache Aus- héhlung der caudalwiirts gerichteten Wirbelflache, in welcher die craniale Wirbelfliiche des nachfolgenden Wirbels mit einem ent- sprechend gering gewOlbten Gelenkkopf artikuliert. Bei den iibrigen mit heterocédlen Gelenkflichen ausgestatteten Wirbeln ist die Bildung der Gelenkpfannen und der dazu gehérigen Gelenkképfe viel schirfer ausgepragt. Man kann daraus erkennen, daf die wenigen opisthocélen Wirbel noch einen primaren Zu- stand darstellen und im Begriff sind, zu der Form der heterocélen Gelenkfliche iiberzugehen. Diese opisthocéle Gelenkform halte ich, gleich Watson und v. MENzBIER, fiir einen ausgepragt reptilienihnlichen Charakter, ftir eine aus uralter Zeit durch Vererbung noch erhaltene Stammeseigentiimlichkeit. Die Bewegung der Brustwirbel gegeneinander ist eine ganz bedeutende, wie sie bisher bei den Végeln noch nirgends ge- funden worden ist. GaApow schreibt (p. 47), da bei den von ihm untersuchten Végeln die Processus spinosi posteriores stark entwickelt sind und lange, vorstehende Leisten bilden, welche teils untereinander verwachsen, teils durch Bandmasse unbeweg- lich verbunden sind. Das Verhalten der Processus transversi ist genau dasselbe, indem sie verwachsen oder durch Binder unbeweglich aneinander befestigt werden. Nichts von alledem habe ich bei Eudyptes chrysocome ge- funden. Der Pinguin braucht bekanntlich seine zu einer Art von Flossen umgewandelten Vorderextremititen in ganz hervorragender Weise als Ruder, um mit ihrer Hilfe sein Element, das Wasser, gleichsam zu durchfliegen, wihrend seine Hinterextremititen sich bei der Fortbewegung passiv verhalten, obwohl sie mit Schwimm- hauten versehen sind, und nur als Steuer funktionieren. Als eine Folge dieser Art der Fortbewegung sind auch die am meisten’ in Anspruch genommenen Musculi pectorales majores et minores ganz auferordentlich stark entwickelt. Da nun diese starken Muskeln auch kraftige Insertionspunkte brauchen, so ist die Crista sterni ebenfalls stark entwickelt, sowie tiberhaupt auch das Sternum selbst und in Folge davon auch die Knochen des Schultergiirtels. Wire die Freibeweglichkeit der Brustwirbel bei Eudyptes chrysocome nicht ein primirer Zustand, sondern wiirde sie sich aus dem fiir alle anderen Vé6gel zutreffenden, sekundiren (un- beweglichen) Verhalten entwickelt haben, also eine Riickbildung Entwickelung der Wirbelsaule yon Eudyptes chrysocome. 21 darstellen, so wiirde man dies fiir eine Anpassung an die durch den Aufenthalt im Wasser hervorgerufenen, verinderten Lebens- bedingungen halten kénnen, insofern dem Pinguin diese Frei- beweglichkeit der Brustwirbelsiule beim Erbeuten der Nahrung in hohem Mafe zu statten kommt. Sie erméglicht es ihm, mit auSerordentlicher Schnelligkeit seinen Oberkérper nach der Seite zu werfen, um vorbeischwimmende Beutetiere zu erhaschen. Eine feste Brustwirbelsiule wiirde eine solche Bewegung gar nicht gestatten. Trotzdem bin ich iiberzeugt, daf hier nicht eine aus dem sekundaren Zustand entstandene Riickbildung vor- liegt, da sich in diesem Falle schwerlich der Typus der opistho- célen Wirbel so ausgepriigt erhalten hitte, wie es hier der Fall ist. Die sonstige Entwickelung der Brustwirbel zeigt keine be- sonderen Abweichungen von dem fiir Vogel giltigen Typus. Die vorderen Brustwirbel sind lainglich, wahrend die hinteren allmahlich kiirzer werden, je mehr sie sich der Beckenregion nahern. Das Riickenmark weist in der Gegend des 2.—6. Brust- wirbels eine allmahlich anschwellende starke Verdickung auf, welche im 4. Brustwirbel ihren gré8ten Durchmesser erreicht und ebenso allmahlich sich caudalwirts wieder verliert. Sie lift sich auf allen Entwickelungsstadien nachweisen und wird hdochst wahrscheinlich durch die kraftige Ausbildung der die Vorder- extremitéten innervierenden Spinalnerven bedingt. Ich konnte iibrigens nirgends in der Litteratur eine Andeutung dieses Ver- haltens entdecken. Intercentra habe ich an den Brustwirbeln des Eudyptes ebenso- wenig gefunden wie GADOw an denen der anderen Vogel. Jeder Brustwirbel besitzt zwar einen vorderen, ventralen, teilweise sehr stark entwickelten Fortsatz, doch ist dieser, wie ich mich durch die Untersuchung tiberzeugt habe, nicht als ein Intercentrum zu bezeichnen, da keine Spuren einer gesonderten Anlage und Ver- knécherung, analog dem Intercentrum des 2. Halswirbels -und denen der Schwanzregion, zu entdecken ist. Auch die An- ordnung der Knorpelzellen in dem Fortsatz spricht gegen eine getrennte Anlage. In letzterem Falle wiirde die Gruppierung der Knorpelzellen eine um den Mittelpunkt des Fortsatzes kon- zentrische sein. Auch nach dem Wirbelkérper hin wiirde sich durch eine beiderseitige halbkreisfo6rmige Anordnung der Zellen deutlich eine Abgrenzung markiert haben. 22 Hermann Mannich, Ueber das Verhalten der Chorda ist nichts Neues zu_be- richten. Bei dem Stadium von 3,5 cm Linge besitzt sie infolge der cranial-caudalwirts fortschreitenden Entwickelung noch einen eréBeren Umfang als in der Halsregion des gleichen Stadiums. Die Neuralbogen sind schon auf dem jiingsten Stadium véllig sowohl miteinander, als auch mit den Wirbelkérpern verschmolzen, so daf keine Trennungslinie mehr sichtbar ist. Selbst bei dem weitest vorgeschrittenen Stadium zeigen weder die Neuralbogen noch die Processus transversi irgend welche Spuren von _ be- ginnender Verknécherung. Die Rippen sind bei dem jiingsten Stadium schon in ihrem volligen Umfange angelegt. Ihre Verknécherung beginnt sehr zeitig. Das erste Auftreten von Knochenzellen stimmt zeitlich mit dem ersten Auftreten der Verknécherung in den Halswirbeln iiberein. Die ersten Knochenzellen treten in der Mitte der Rippe auf, von wo sie sich rasch sternal- und vertebralwaérts ausdehnen. In ersterer Richtung schreitet die Verknécherung etwas rascher fort als in der letzteren. Bei dem Stadium VIII ist die Ver- knécherung noch nicht bis an die dufersten Enden der Rippe vorgedrungen. Ganz eigenartige Verhaltnisse, die auch zum Teil schon von Watson und v. MENZBIER kurz besprochen sind, fand ich bei der Untersuchung der Processus uncinati. Sie haben eine selb- staindige, knorpelige Anlage wie bei allen anderen Végeln und vereinigen sich sekundir mit den knorpeligen Rippen. Wiahrend nun bei allen anderen Végeln dieser Synchondrose die Synostose folgt, findet dies hier nicht statt. Die Processus uncinati verlieren ihre knorpelige Beschaffenheit auch in der postembryonalen Periode nicht, sondern behalten sie wihrend der ganzen Lebensdauer des Tieres bei. Meiner Ueberzeugung nach kann man auch hierin eine An- niherung an die Urform des Reptiliencharakters erblicken. Aus den Untersuchungen von MarsH und anderen Paliontologen ist zur Geniige bekannt, dai die Vorfahren der recenten Vogel glatte Rippen besaSen. Erst in spiteren Zeiten der phyletischen Entwickelung bildeten sich die Processus uncinati aus, um zur Festigung des Brustkorbes ganz erheblich beizutragen. Da nun bei allen Végeln mit Ausnahme der Pinguine diese Processus uncinati vollkommen yerknéchert sind, so bin ich tiberzeugt, daB ihre knorpelige Beschaffenheit ebenso wie die Freibeweglichkeit Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 23 und die opisthocéle Form der Brustwirbel auf ein primitives Verhalten hindeutet. Ueber die Entwickelung des Sternums werde ich mich kiirzer fassen, da dasselbe von anderer Seite niher untersucht werden soll. Nach Gapow (p. 951) scheidet man das Sternum in ein primares oder costales und ein sekundires oder Metasternum. Dies letztere umfaft den mittleren, caudalen Teil, den gréften Teil der beiden Processus laterales anteriores und die von den letzteren seitlich entspringenden Processus obliqui. Alle diese Teile entstehen als zuerst knorpelige, spaiter verknéchernde Aus- wiichse des primiren Brustbeines. Bei dem jiingsten Stadium sind, wie ich schon oben erwihnt habe, die Rippen vollig angelegt. Ihr Sternalteil biegt unter scharfem Winkel nach dem Kopfe und der Mittellinie des Kérpers hin um. Hier vereinigen sie sich auf jeder Seite zur Bildung einer rechten und linken Sternalplatte. Median sind beide Platten noch nicht vereinigt, doch haben beide schon je zwei caudalwirts gerichtete Fortsitze entwickelt, die durch einen tiefen Einschnitt vyoneinander getrennt sind. Die der Mittellinie niher liegenden Fortsatze bilden spater durch ihre Verwachsung den mittleren, caudalen Teil des Metasternums, die seitlich liegenden Fortsitze sind die Processus laterales posteriores. Die Ausschnitte zwischen den Fortsitzen bleiben auch im postembryonalen Leben bestehen und werden durch eine diinne Membran ausgefiillt. Die 1. Rippe beteiligt sich an der Bildung einer Grube fiir die Aufnahme des sternalen Gelenkes des Os coracoideum. Die Verschmelzung der beiden Sternalhalften geht rasch vor sich. Bei dem Stadium von 6,3 cm ist sie schon beendigt. Auch die Entwickelung der Crista sterni, die man auch als eine Apophyse des Sternums bezeichnet, ist schon eingetreten. Processus obliqui, wie sie GADOow (p. 953) bei den Rasores gefunden hat, konnte ich bei Eudyptes nicht entdecken. Die ersten Verknécherungen treten zu beiden Seiten der Crista in dem costalen Teil der Sternalplatte auf, jedoch erst auferordentlich spat, wenn die Verknécherung der Rippen nahezu vollendet ist. Es ist dies auch leicht erklirlich, da ja das Sternum sich spiter entwickelt als die Rippen. Ich konnte daher aus Mangel an ilteren Stadien keine eingehenderen Studien iiber die Lage und Anordnung der einzelnen Verknécherungscentra machen. 24 Hermann Mannich, 3. Beckenregion. Die der Beckenregion angehérenden Wirbel sind schon bei dem jiingsten Stadium in knorpeliger Verschmelzung begriffen. Der grékte Teil des Wirbelkérpers wird von der Chorda ein- genommen, welche hier noch machtiger entwickelt ist als in der Brust- und Halsregion. Sie wird nur intervertebral ein wenig eingeschniirt. Trotz der schon eingetretenen knorpeligen Verschmelzung ist die Grenze der einzelnen Wirbelkérper noch deutlich sicht- bar. Ventralwirts geschieht dies durch eine tiefe, senkrecht zur Achsenrichtung der Wirbelsiule verlaufende Sutur, zu deren beiden Seiten zahlreiche Zellen angehiuft sind, die sich tber dem Grunde der Sutur vereinigen und bis zur Chorda hinziehen. Dorsal kennzeichnet sich die Grenze je zweier Wirbelkérper im Gegensatz zu der ventralen Sutur durch eine intervertebrale Erhéhung. Von dieser aus verliuft das nur durch sehr wenige, in regelmifigen Reihen geordnete Zellen gekennzeichnete Inter- vertebralstiick ventralwairts gegen die Chorda hin und bildet hier eleichfalls durch eine Erhebung, die mit der ventralen Erhéhung korrespondiert, eine Einschniirungsstelle. Die Einschniirung voll- zieht sich natiirlich ringférmig. . Dieser Vorgang wiederholt sich bei allen Wirbeln der Beckenregion. Die Wirbelkérper der Beckenregion des jiingsten Stadiums sind ebenso lang wie die Brustwirbel, aber in dorso-ventraler Richtung bedeutend mehr komprimiert. Die Trennung der Beckenregion von der Brust- und Schwanz- region ist noch nicht sehr ausgepragt, infolge des noch nicht vollig beendeten Verschmelzungsprozesses an den Beckenwirbeln. Dieser erstreckt sich nur auf die Wirbelkérper, nicht aber auf die Neuralbogen. Ich konnte hier in der Beckenregion gleichfalls eine Ver- dickung des Riickenmarkes konstatieren, ahnlich der oben be- schriebenen Verdickung in der Brustregion. Auch hier erstreckt sich dieselbe tiber einen grofen Teil der Beckenwirbel und diirfte wohl aus den gleichen Ursachen herzuleiten sein. Das nachstgrékere Stadium von 4,7 cm zeigt schon einige Abweichungen von dem oben angegebenen Verhalten. Die Chorda hat nicht merklich an Umfang eingebiift, die Verschmelzung der Wirbelkérper ist dagegen eine innigere ge- Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 25 worden. Infolgedessen ist auch die Abgrenzung der Becken- region von der Brust- und Schwanzregion deutlicher zu erkennen. Auch bei diesem Stadium ist noch keine Verschmelzung der Neuralbogen eingetreten, doch zeigen sie teilweise durch eine Annaherung deutlich ihre Neigung zur Vereinigung. Diese erfolgt bei dem Stadium von 6,3 em. Auch treten hier zum ersten Mal Knochenzellen auf, und zwar in der gleichen Weise, wie ich dies bei Besprechung der Halswirbel hervorhob. Vorlaufig bilden die oben erwihnten dorsalen und ventralen Ein- buchtungen nur ganz flache Griibchen, die von wenigen Blut- gefiiken ausgefiillt werden. Bei dem Stadium von 7,5 cm sind die Kérper der Becken- wirbel zu einer kompakten Masse verschmolzen. Nur die im centralen Teil der einzelnen Wirbelkérper vorhandenen Ver- knécherungsherde deuten noch die urspriingliche Trennung an. Die Verschmelzung der Neuralbogen hat gleichfalls — nament- lich in cranialer Richtung — einige Fortschritte gemacht. Die oben erwéhnten Einbuchtungen haben sich auch ein wenig ver- tieft und die perichordale, centrale Ansammlung von Knochen- zellen ist etwas stirker geworden. Bei dem gréften Stadium von 11,8 cm Linge ist das Bild kein wesentlich anderes. Die Verschmelzung der Neuralbogen ist weiter gediehen, doch will ich hier gleich einfiigen, daf sie, als eine Eigentiimlichkeit der Pinguine im allgemeinen, auch im postembryonalen Leben keine vollstindige wird, wie bei den anderen V6geln. Die Processus spinosi superiores, die aller- dings nur schwach entwickelt sind, bleiben wihrend der ganzen Lebensdauer .des Tieres durch Suturen deutlich getrennt. Bei allen anderen Vogeln, soweit mir ihre osteologischen Verhiltnisse bekannt sind, verwachsen dagegen die Processus spinosi superi- ores zu einer kompakten Masse, an der nur in vereinzelten Fallen Spuren von Trennungslinien wahrzunehmen sind. Ob hierin bei Eudyptes chrysocome wiederum ein Zeichen eines primitiven Verhaltens zu erblicken ist, wage ich nicht mit Be- stimmtheit zu behaupten, halte es aber im Hinblick auf die vielen anderen embryonalen Ziige des Skelets fiir héchst wahr- scheinlich. Auch das Fehlen einer Synchondrose oder Synostose der Ossa ilei mit den von ihnen eingeschlossenen Wirbeln bestiirkt mich in meiner Vermutung. Dies eigentiimliche Verhalten der Ossa ilei, welches Watson (p. 17) und v. MENZBIER (p. 35) 26 Hermann Mannich, schon erwihnten, ist bisher bei keinem anderen Vogel nachge- wiesen. Die Ossa ilei legen sich zwar innig an die Processus transversi an, gehen aber mit ihnen keinerlei Verschmelzung, selbst nicht im héheren Lebensalter, ein. Im embryonalen Leben tritt nattirlich, wie ich auf Querschnitten beobachten konnte, die Trennung deutlicher hervor. Eine weitere Anniherung an den Charakter fossiler und recenter Reptilien bietet die Stellung der das Acetabulum bilden- den Knochen. Wiahrend bei den meisten Végeln nur die Ossa ilei et ischii an der Bildung des Acetabulums teilnehmen, dagegen das Pubis durch einen Ausliufer des Os ischii hieran entweder giinzlich gehindert oder doch wenigstens seine Teilnahme sehr beschriinkt wird, trigt bei Eudyptes das Pubis in bedeutendem Umfange zur Bildung des Acetabulums bei, indem es den ganzen ventralen Rand desselben bildet. Dies Verhalten ist dem der Reptilien auferordentlich ahnlich, denn bei diesen nimmt das Pubis gleichfalls in bedeutendem Umfange an der Entstehung des Acetabulums teil. v. MENZBIER, dem diese Thatsache zuerst aufgefallen ist (p. 34), weist ganz besonders auf diese Aehnlich- keit hin. Alle drei Beckenknochen haben eine selbstindige knorpelige Anlage und besitzen auch gesonderte Verknécherungscentra, doch tritt die Verknécherung sehr spat ein und wird erst in der post- embryonalen Zeit beendet. Bei der Untersuchung des Beckengiirtels bin ich auch aut eine bei den Végeln sehr weit verbreitete Bildung gesto8en, nimlich auf den von GEGENBAUR (98, p. 558) Spina iliaca oder Processus pectineus genannten und von WIEDERSHEIM (p. 178) als Pars acetabularis bezeichneten, nach vorn gerichteten, ven- tralen Fortsatz, der sich als eine leichte Erhebung an der Stelle zeigt, an welcher das Os ilei mit dem acetabularen Teil des Pubis sich vereinigt. Die beigefiigte, nach einem Sagittalschnitt des jiingsten Stadiums angefertigte Abbildung (Fig. 4) wird wohl am besten die Lage dieses Fortsatzes charakterisieren. Ueber seine Zugehérigkeit zum Ileum oder zum Pubis ist schon viel gestritten worden, doch ist eine definitive Entscheidung bisher noch nicht méglich gewesen. Ich will zunichst versuchen, die Ansichten der einzelnen Forscher kurz darzustellen. Den ersten Ansto&8 hat MarsH durch seine Untersuchungen iiber den Beckengiirtel der Dino- saurier, speciell des Laosaurus, gegeben. Auf einer Abbildung, Entwickelung der Wirbelsaule von Eudyptes chrysocome. 27 welche er von dem Becken des letzteren giebt, sieht man neben den ihre gewohnliche Lage einnehmenden Ossa ilei et ischii einen langen, diinnen, nach hinten gerichteten Knochen, welcher dem Ischium parallel verliuft und von Marsu als Postpubis be- zeichnet wird. Dieses letztere bildet an seinem cranialen Ende den ganzen, unteren Rand des Acetabulums und sendet nach vorn ventralwairts einen Fortsatz aus, welcher ein wenig kiirzer und dicker ist als das Postpubis und von MarsH als das eigentliche Pubis bezeichnet wird. Die ganze Anlage gleicht der bei recenten Reptilien, z. B. dem Krokodil, sich zeigenden Stellung des Pubis und Postpubis. MarsH stellt nun (p. 415) Vergleiche an zwischen dem Becken des Laosaurus und dem recenter Végel und kommt zu der Ueberzeugung, daf das Pubis der Végel dem Postpubis der Dinosaurier homolog sei, wahrend das eigentliche Pubis all- mahlich zu einem schwachen Vorsprung am acetabularen Teil des Postpubis riickgebildet wird. Kurze Zeit nach der Ver6ffentlichung der Arbeit von MarsH traten aber mehrere Untersucher seinen Ausfiihrungen entgegen. BunGE behauptete, dafi der Processus pectineus nicht dem Pubis der Dinosaurier homolog sein kénne, weil er dem Ileum ange- hére. Das Pubis besitzt nach seinen Untersuchungen zunichst eine zum Ileum senkrechte Stellung und nimmt erst allmahlich durch eine ontogenetisch erfolgende Drehung des Beckens die caudalwarts gerichtete, typische Stellung ein. Baur bestitigte einige Jahre spiter die Angaben BUNGE’s nach den Untersuchungen, die er an Wachteln, Enten und Hiihnern angestellt hatte. Er sttitzte seine Angaben tiber die Zugehérig- keit des Processus pectineus zum [eum hauptsachlich auf das schwankende Verhalten dieses Fortsatzes. Bei manchen Végeln gehort er voéllig dem Ileum an, bei anderen wiederum dem Pubis, bei einigen geht sogar die Trennungslinie zwischen Pubis und Ileum mitten durch den Processus pectineus hindurch (85, p. 613 f.). Zu einem ganz entgegengesetzten Resultat fiihrten die Unter- suchungen JOHNSON’s iiber die Entwickelung des Beckens beim Hiihnchen. Er stellt sich véllig auf die Seite von MArsH und gab nachfolgende Beschreibung (p. 401). Das Pubis hat eine doppelte Natur. Aus einem basalen Teil entspringen zwei Arme. Der hintere verliuft parallel dem Ischium in ventraler Richtung, der vordere nach vorn in horizontaler Richtung. Im Laufe der Entwickelung nimmt der hintere Arm ebenso wie das Ischium 28 Hermann Mannich, nun allmihlich mehr und mehr eine caudale Richtung, wahrend der vordere Arm sein Wachstum nicht nur nicht fortsetzt, sondern im Gegenteil an Gréfe abnimmt und als ein vorwarts gerichteter Anhang des Pubis erscheint. JOHNSON stellt nun auf Grund dieser Untersuchungen eine Reihe von Sitzen auf, die ich hier kurz wiederholen will. Das Pubis besteht wie bei den Reptilien aus einem gemein- samen basalen Teil mit zwei divergierenden Armen. Der vordere Arm des embryonalen Vogelschambeines wird zum Processus pectineus und entspricht dem als Pubis bekannten Knochen der Eidechsen und Schildkréten sowie dem Pubis der Dinosaurier nach MarsH. Der hintere Teil, das Pubis der Vogel, entspricht dem Processus lateralis pubis der Eidechsen und Schildkréten und dem Postpubis der Dinosaurier. Diesen Untersuchungen JOHNSON’s und seinen Schluffolge- rungen wurde nun von WIEDERSHEIM und GEGENBAUR ent- gegengetreten. Ersterer beschrinkt sich allerdings nur auf einige ganz kurze Bemerkungen. Nach seinen Untersuchungen (p. 178) gehért die Spina iliaca dem Ileum an und ossifiziert auch von letzterem aus. Ein Postpubis im Sinne von MarsH komme bei Voégeln nicht zur Entwickelung. 5 Viel eingehender behandelt GEGENBAUR diesen Gegenstand. Seine Ausfiihrungen stehen im direkten Gegensatz mit den An- sichten von MarsH und JoHNSON. Er weist nach (98, p. 558), da’ der Processus pectineus keine Beziehungen zu einem Prae- pubis haben kann, da er bei den Carinaten gar nicht dem Scham- bein angehért, sondern dem Ileum, und daf ihm daher richtiger der Name Spina iliaca gebtihrt. Es kann sich zwar auch das Pubis an der Bildung dieser Spina iliaca beteiligen, und dann hat es allerdings den Anschein, als ob jener Teil einem rudi- mentir gewordenen Pubis der Dinosaurier entspriche und das Pubis also dem Postpubis der letzteren homolog sei. GEGEN- BAUR konnte aber in der Ontogenese des Vogelbeckens kein Stadium finden, in welchem sich die Andeutung eines Postpubis kundgiibe, und bestaétigte im Gegenteil die Untersuchungen Bunee’s itiber die ontogenetisch erfolgende Drehung des Pubis nach hinten, wodurch es dem Postpubis der Dinosaurier sich homomorph darstellt. Was nun die Untersuchungen betrifft, die ich beziiglich der Spina iliaca an Eudyptes vorgenommen habe, so stelle ich mich auf Grund der Ergebnisse derselben vollig auf die Seite GEGEN- Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 29 BAUR’s. Wie aus der beigefiigten Figur 4 ersichtlich ist, besteht bei Eudyptes absolut kein Zusammenhang zwischen der Spina iliaca und dem Pubis. Die Bildung gehdrt ausschlieflich dem Ileum an und ist deutlich von dem Pubis getrennt, wihrend sie nach dem Ileum hin keine Spur von Trennung zeigt. Dadurch erweist sie sich eben nur als ein einfacher Fortsatz des [leums, dem meiner Ansicht nach keinerlei phylogenetische Bedeutung zuzusprechen ist. Auf Sagittalschnitten des jiingsten Stadiums ist diese Spina iliaca als eine nicht unbetrichtliche Erhéhung bemerkbar, welche aber allmiahlich kleiner wird, so daf sie auf den altesten Stadien sehlieflich nur als eine ganz flache Erhebung sichtbar bleibt und an dem Ileum des erwachsenen Tieres giinzlich verschwunden ist. Das Pubis, dessen basaler Teil, wie schon oben erwihnt ist, den ventralen Rand des Acetabulums bildet, hat auf dem jiingsten Stadium schon seine definitive, dem Ischium und Ileum parallele oder nahezu parallele caudale Richtung eingenommen. 4. Schwanzregion, Die interessantesten Aufschliisse hat mir nachst der Unter- suchung der Halsregion die der Schwanzregion gegeben. Wahrend die Wirbel der Brust- und Halsregion schon fast vollig ihre definitive Gestalt aufwiesen, befanden sich dagegen die Schwanz- wirbel des jiingsten Embryos noch auf einer sehr friihen Ent- wickelungsstufe. Bei dem jiingsten Stadium von 3,5 cm Linge sind die Wirbel schon deutlich knorpelig in dem sie umgebenden Bindegewebe angelegt, nur die letzten Wirbel heben sich nur ganz wenig aus der Masse des Bindegewebes ab. Die Chorda besitzt einen be- deutenden Umfang und erstreckt sich in fast gleichbleibender Stiirke bis in den Kérper des letzten erkennbaren Schwanzwirbels hinein. Sie nimmt erst im Bereiche des vorletzten Wirbels ganz unvermittelt an Umfang ab und endigt als ein diinner, stumpfer Faden. Etwas anders yerhilt sich dagegen das Riickenmark. Wahrend es noch in der Beckenregion einen betrichtlichen Umfang besitzt, der durch die schon friiher erwihnte Verdickung bedingt ist, wird es im Bereich der Neuralbogen der ersten Schwanzwirbel plétzlich betrachtlich diinner und erstreckt sich gleichfalls bis in den letzten Wirbel hinein, wo es mit einer stumpfen, ein wenig O Hermann Mannich, > kolbenférmig verdickten Spitze endigt. Ein Sagittalschnitt, Fig. 5. aus der Schwanzregion zeigt dies Verhalten der Chorda und des Riickenmarkes. Die urspriinglich angelegten Schwanzwirbel sind hier in der verhiltnismikig groRen Anzahl von 13 Wirbeln vorhanden. Ich bezeichne hier als Schwanzwirbel alle caudalwirts von den Becken- wirbeln gelegenen Wirbel, die mit den letzteren keine knorpelige Verschmelzung eingegangen sind. Die Wirbelbogen sind dorsal vollig geschlossen, eine Trennung der Wirbelbogen von den Wirbelkérpern lift sich nicht mehr wahrnehmen. Wahrend die Wirbelkérper der beiden letzten Schwanzwirbel sich kaum von dem sie einschlieRenden Bindegewebe unterscheiden lassen, zeigen die dazugehérigen, viel deutlicher differenzierten Bogen schon eine Neigung zur Verschmelzung, indem sie sich dicht aneinander schlieSen und nur durch ganz schmale Streifen von Bindegewebe getrennt werden. Die Wirbelkérper sind in der Achsenrichtung stark komprimiert, die vorderen besitzen aber in dorso-ventraler Richtung eine viel bedeutendere Ausdehnung als die Becken- wirbel. Auf dem folgenden Stadium von 4,7 cm Linge ist die schon oben angedeutete Verschmelzung der beiden letzten Schwanz- wirbel eingetreten, und zwar erstreckt sie sich auf die Wirbel- kérper und auf die Neuralbogen. Die Verschmelzung ist im Bereiche der Wirbelkérper dorsal durch eine intervertebrale Erhéhung, ventral durch eine korrespondierende Sutur — wenn auch nicht sehr deutlich — gekennzeichnet. Chorda und Riicken- mark haben noch keine wahrnehmbaren Verinderungen ihrer Linge und Dicke erfahren. Beide erstrecken sich noch bis in die diu8erste Spitze der letzten oder vielmehr der beiden letzten, nunmehr verschmolzenen Wirbel. Die Zahl der Schwanzwirbel ist also bei diesem Stadium nur noch 12. Bei dem Stadium von 6,3 cm Linge hat wiederum eine Ver- schmelzung zweier Wirbel mit den nunmehr als Pygostyl zu be- zeichnenden friiher verschmolzenen Wirbeln stattgefunden, so daf auf diesem Stadium auer dem aus 4 verschmolzenen Wirbeln bestehenden Pygostyl noch 9 freie Schwanzwirbel vorhanden sind. Bei diesem Stadium ist auch die Trennung der Schwanz- region von den inzwischen verschmolzenen Beckenwirbeln eine schirfere geworden. Die Verschmelzung der den caudalen Teil des Pygostyls Entwickelung der Wirbelsaule von Eudyptes chrysocome. 31 pildenden Wirbel ist inzwischen inniger geworden, so daf die Grenzen der einzelnen Wirbelkérper kaum mehr zu unterscheiden sind. Die Verschmelzung der vorhergehenden Wirbel des Pygostyls ist natiirlich noch keine so innige, sie prigt sich deutlich noch teils durch das Vorhandensein geringer Reste der Intervertebral- stiicke, teils dadurch aus, da die spiter noch zu besprechenden Intercentra sich von der Ventralseite zwischen die Wirbelkérper dringen und noch nicht zur Verschmelzung gelangt sind. Chorda und Riickenmark haben hier etwas an Linge eingebti£t und er- strecken sich nur bis in den vorletzten Wirbel. Das Rtickenmark hat bis in sein Endteil hinein betrachtlich an Umfang zugenommen, die Chorda dagegen ebenso betrachtlich abgenommen. Bei dem Stadium von 7,5 cm Linge hat wieder eine Ver- schmelzung zweier Schwanzwirbel mit dem aus 4 Wirbeln ge- bildeten Pygostyl stattgefunden, so dai nur noch 7 freie Schwanz- wirbel vorhanden sind. In diesem Stadium treten die ersten Verknécherungen auf und zwar in der schon friiher geschilderten Weise. Nennenswerte Verinderungen sind sonst nicht zu konstatieren. Nur die Resorption der Chorda ist auch in dorsaler und ventraler Richtung fortgeschritten, wihrend das Riickenmark aufer einer unerheblichen Zunahme seines Durchmessers keine auffallenden Verainderungen zeigt. Bei dem gré8ten Stadium von 11,4 cm Linge konnte ich noch eine Verschmelzung eines Wirbels mit dem Pygostyl kon- statieren. Es ist dies die letzte Verschmelzung. Der Pygostyl hat damit seine definitive Ausbildung erhalten und besteht aus 7 Wirbeln. Die Zahl der aufSer dem Pygostyl noch vorhandenen, freien Schwanzwirbel betrigt mithin nur noch 6. Die genaue Festlegung der Zahl der Wirbel, aus denen sich der Pygostyl zusammensetzt, diirfte insofern Interesse beanspruchen, als die Angaben friiherer Forscher auseinandergehen. GERVAIS und ALIx geben p. 428, allerdings nicht von Eudyptes chrysocome sondern yon Eudyptes chrysolopha, an, da er 7 Schwanzwirbel besitze. Diese beiden Arten, Eudyptes chrysocome und chryso- lopha unterscheiden sich aber nur in ganz unwesentlichen Dingen von einander. MENZBIER giebt bei Eudyptes chrysocome sowohl die Zahl der Schwanzwirbel im allgemeinen als auch die Zahl der den Pygostyl bildenden Wirbel nicht richtig an. Er schreibt (p. 23), daf’ seiner Schitzung nach der Pygostyl aus 6 verwachsenen 32 Hermann Mannich, Wirbeln besteht, und da aufer dem Pygostyl noch 7 freie Schwanzwirbel vorhanden sind. Watson (p. 18) zahlt 8 Schwanzwirbel, tiber die Zahl der den Pygostyl bildenden Wirbel macht er keine eigenen An- gaben, sondern bezieht sich auf die Untersuchungen von GERVAIS und ALIX. Alle diese Angaben sind nicht zutreffend, insofern, wie ich darzulegen versuchte, der Pygostyl von 7 Wirbeln gebildet wird und auger diesem nur noch 6 freie Schwanzwirbel vor- handen sind. Die genaue Festlegung der Anzahl der Schwanzwirbel ist meines Erachtens nur auf dem Wege der embryonalen Unter- suchung méglich, da bei dem erwachsenen Tier infolge der Einwirkung des Os ilei die Verhiltnisse nicht mehr klar hervor- treten. Es ist daher leicht méglich, da’ WatTson und MENZBIER insofern irrten, als sie einen der Beckenregion angehérenden Wirbel den Caudalwirbeln zuzéhliten. Was ihre Angaben iiber die Zahl der den Pygostyl bildenden Wirbel betrifft, so beruhen sie auf Zihlungen an dem Pygostyl des ausgewachsenen Eudyptes. Dieses Verfahren kann natiirlich nie ein sicheres Resultat geben, da durch die Verschmelzung die Trennungslinien der einzelnen Wirbel — wenn auch nicht in dem Mafe, wie bei den meisten anderen Végeln — undeutlich werden resp. verschwinden. Bei Eudyptes chrysocome erhalten sich wenigstens die Grenzen der den vorderen Teil des Pygostyls bildenden Wirbel als deutliche Suturen. Diese unvollkommene Verwachsung ist meines Erachtens eleichfalls als ein Verharren auf den primitiven Verhaltnissen aufzufassen und sie wird noch dadurch unterstiitzt, dak der Schwanz keine Funktion als Steuer besitzt, sondern diese den Fien tiberlakt. Am Schlusse meiner Untersuchungen tiber die Entwickelung - der Schwanzwirbelsiule bleibt nur noch die Beschreibung der schon 6fters erwiihnten Intercentra tibrig. PARKER’s Untersuchungen auf diesem Gebiet sind nicht sehr erfolgreich gewesen. Er hat zuerst die Intercentra in der Schwanz- region einiger Végel beschrieben. Seine Angaben iiber das Ein- treten der Verknécherung und der Verschmelzung habe ich schon bei Besprechung des Intercentrum am zweiten Halswirbel be- richtigt, so da ich hierauf nicht noch einmal zuriickzukommen brauche. Auch iiber den Zusammenhang der Intercentra mit Entwickelung der Wirbelsaule von EKudyptes chrysocome, 33 den hypochordalen Spangen habe ich mich oben geniigend aus- gelassen, so daf eine nochmalige Besprechung dieser Vorginge nur eine Wiederholung des oben Gesagten enthalten wiirde. Bei den mir vorliegenden Stadien hatte ich Gelegenheit, die Entwickelung der Intercentra von ihrem ersten Auftreten an bis zur volligen Verschmelzung mit dem Wirbelkérper und _ ihrer beginnenden Verknécherung in ganz ausgezeichneter Weise zu beobachten. Von den beigefiigten Abbildungen zeigt zunichst Fig. 5 deutlich die Stellung der einzelnen Intercentra zwischen den Wirbelkérpern. Die anderen hierher gehérenden kleineren Abbildungen zeigen die Entwickelung eines einzelnen Intercentrums bis zum Beginn seiner Verknécherung (Fig. 6—10). Mit Hilfe von Sagittalschnitten der Schwanzregion des jiingsten Stadiums konnte ich das Vorhandensein von 12 Intercentra konstatieren, die an der vorderen, ventralen Seite der ersten 12 Schwanzwirbel als kleine Knorpelpunkte auftreten. Ueberrascht hat mich das Auftreten einer so grofen Anzahl von Intercentra bei Eudyptes. PARKER hat bei seinen Untersuchungen des jungen Schwanes nur 8 rudimentire Intercentra, beim Cormoran deren nur 4 ge- funden. Um so auffallender ist die grofe Zahl der von mir festgestellten Intercentra, die keineswegs einen rudimentiren Eimdruck machen und an allen Schwanzwirbeln ausgebildet werden, mit Ausnahme des letzten, der aber auch schon an und fiir sich rudimentir angelegt wird und nicht zur vélligen Aus- bildung gelangt. Da sich die Anlage der Intercentra nicht mehr bis in die Beckenregion erstreckt, so bildet die Festlegung ihrer Zahl zu- gleich auch eine solche der zur Schwanzregion gehérigen Wirbel. Ich erhielt dadurch eine Kontrolle meiner Beobachtungen tiber die Verschmelzungen im Bereiche des Pygostyls und fand meinen Befund beziiglich des Vorhandenseins von nur 7 definitiven Wirbeln einschlieflich des Pygostyls vdllig bestitigt. Die Anlage der ersten 6 Intercentra ist eine gabelige, und sie bilden einen halbrunden Himalkanal. Die 6 folgenden Inter- centra sind dagegen nur einfach angelegt. PARKER schreibt auch, da’ bei manchen Végeln diese Inter- centra sich gabelig teilen und einen mehr oder weniger geschlosse- nen Kanal bilden. Bd. XXXVII. N. F. XXX. 8 34 Hermann Mannich, RATHKE hat diese Verhiltnisse bei Coluber natrix eingehend untersucht und schreibt (39, p. 187), da& die in der Schwanz- region der Natter vorhandenen Intercentra zum Teil gabelig an- geleet werden, mit Ausnahme der 2 oder 3 vordersten, deren Anlage eine einfache ist. Auf dem jiingsten Stadium, Fig. 6, ist jedes Intercentrum noch durch Bindegewebe von den Wirbelkérpern getrennt. Seine Lage ist genau intervertebral, und es zeigt noch keine besondere Neigung, nach dem vorderen oder hinteren Wirbelkérper hinzu- wandern. Die Knorpelzellen sind ebenso, wie auf den spateren Stadien, konzentrisch angeordnet. Bei dem nachsten Stadium, Fig. 7, ist jedes Intercentrum ein wenig gré&er geworden und beginnt in dorsaler, intervertebraler Richtung zu wachsen und sich zwischen die Wirbel hineinzu- dringen, doch wird es von diesen immer noch deutlich durch Bindegewebe getrennt. Deutlich zeigt aber jedes Intercentrum schon seine Zugehoérigkeit zu dem caudalwirts liegenden Wirbel- kérper, indem sein Abstand von diesem ein viel geringerer ge- worden ist als von dem cranialwirts liegenden. Wie auf der Fig. 8, der Abbildung des 3. Stadiums ersicht- lich ist, hat die Entwickelung einen grof’en Fortschritt gemacht, und das Bild ist. ein wesentlich anderes geworden. Das Inter- centrum hat sich an den vorderen, ventralen Intervertebralteil des zugehérigen Wirbelkérpers angelegt und ist teilweise schon mit dem letzteren verschmolzen, doch ist noch eine Trennung durch eine von der intervertebralen Flaiche schrag caudal-ventral- wirts verlaufende, tiefe Sutur deutlich wahrnehmbar. Die kon- zentrische Anordnung der Knorpelzellen ist durch den Beginn der Verwachsung keineswegs gestért worden. Auf dem niachsten Stadium, Fig. 9, hat die Entwickelung wieder einen betrachtlichen Fortschritt gemacht. Das Intercentrum ist ganz bedeutend gewachsen und hat sich direkt zwischen beide Wirbelkérper keilférmig hineingeschoben, so daf es mit seiner dorsalen Kante bis in die Nihe der Chorda reicht. Ein Teil seiner cranialen Flaiche vermittelt jetzt die Artikulation mit der caudalen Fliiche des vorhergehenden Wirbels. Die Verschmelzung halt mit dem Gréenwachstum nicht gleichen Schritt, insofern die Sutur noch deutlich hervortritt. Die konzentrische Anord- nung der Knorpelzellen ist auch hier noch vorhanden. Wahrend bei diesem Stadium inmitten des Wirbelkérpers Entwickelung der Wirbelsaéule von Eudyptes chrysocome. 35 die ersten Knochenzellen sich finden, ist von einer beginnenden Ossifikation des Intercentrums noch nichts zu bemerken. Diese Verknécherung beginnt erst auf dem 5. Stadium, Fig. 10. Hier ist jetzt die Verschmelzung eine vollendete ge- worden. Von der intervertebralen Sutur ist nur noch ein ge- ringer Rest in Gestalt einer schwachen, intervertebralen Ein- buchtung des Wirbelkérpers in der Nihe der Chorda zu bemerken. Die bisher vorhandene, konzentrische Anordnung der Knorpel- zellen des Intercentrums ist gegen den Wirbelkérper hin ge- schwunden. Dort bilden dieselben mit den Knorpelzellen des Wirbelkérpers eine regellos angeordnete Masse. Nur in dem centralen Teile des Intercentrums konnte ich noch eine geringe, konzentrische Schichtung der Knorpelzellen konstatieren, in deren Mitte aber schon vereinzelte Knochenzellen auftreten. Ueber die morphologische Bedeutung dieser Intercentra ist man bis jetzt noch sehr im Unklaren. PARKER meint, daf sie zur ausgiebigeren Insertion der ventralen Schwanzmuskeln dienen. Dies mag in allen den Fallen zutreffen, in denen das Flugver- mégen der Végel wohl entwickelt ist und der Schwanz als Steuer dient. Fir Eudyptes chrysocome trifft aber diese Erkliérung schwerlich zu, da hier der Schwanz nicht als Steuer in Betracht kommt. Da trotzdem die Entwickelung der Intercentra auf einer sehr hohen Stufe steht, so diirfte es sich, wie ich schon oben erwihnte, um einen Anklang an das Verhalten bei recenten Reptilien handeln, bei denen ja auch zumeist gabelige Inter- centra angeleet werden, wie RATHKE und andere Untersucher nachgewiesen haben. Auch eine Aeuferung Gapow’s bestiitigt meine Behauptung. Er schreibt (p. 943), dal die Intercentra mancher Végel durch ihre intervertebrale Lage und ihre gablige Teilung eine grofe Aehnlichkeit mit den spiefartig ausgezogenen, sub- und intervertebralen, beweglichen Knochenspangen der Kroko- dile besitzen. Auch das Persistieren der Trennungslinie zwischen den einzelnen Wirbeln, aus denen der Pygostyl besteht, wihrend der Dauer des postembryonalen Lebens spricht fiir ein primitives Verhalten. Am Schlusse meiner Untersuchungen bleibt mir nur noch iibrig, die Verknécherung der einzelnen Wirbel noch einmal in zusammen- fassender Weise zu beschreiben, obwohl ich hier damit teilweise eine Wiederholung der bei der Untersuchung der Halswirbel- siule beschriebenen Verhiltnisse bringen muf. Zur Erliuterung 3 * 36 Hermann Mannich, diene eine Zeichnung, Fig. 2, nach einem Sagittalschnitt aus der Mitte der Halswirbelsiiule des gréSten Stadiums. Bei dem Stadium von 6,3 cm beginnt die Verknécherung. Die ersten Knochenzellen treten im 2. Halswirbel perichordal in dem Kérper dieses Wirbels auf, dessen Processus odontoideus und Intercentrum erst viel spater zur Verknécherung schreiten. Den Beginn der Ossifikation der Neuralbogen konnte ich nicht mehr verfolgen, bei dem gré8ten Embryo war in den Bogen keine Spur einer Ossifikation zu entdecken. Die Vorgiinge bei der Ossifikation des 2. Wirbels, welche fiir alle anderen Wirbel, den Atlas ausgenommen, typisch sind, will ich hier auch noch einmal im Zusammenhang wiedergeben. An dem Wirbelkérper entstehen an der dorsalen, der Unter- seite des Riickenmarkes anliegenden Fliche und ebenso an der ventralen Seite flache Gritibchen, in welche sich Blutgefaife ein- lagern. Allmahlich werden diese Griibchen tiefer, nehmen trichter- formige Gestalt an und werden von den Blutgefa8schlingen vollig ausgefillt, wie dies in Fig. 2 sichtbar ist. Wahrend dieses Prozesses lagern sich perichordal im Centrum des Wirbelkoérpers Knochenzellen ab, welche durch die erwihnten BlutgefiSe er- nihrt werden. Die trichterférmigen Aushéhlungen dringen schlief- lich beiderseits so weit in das Knorpelgewebe resp. die jungen Knochenzellen ein, dai ihre Spitzen bis fast an die Ueberreste der Chorda heranreichen. Die Verknécherung schreitet nun auch rasch nach dem cranialen und caudalen Teil des Wirbels fort. Ueber den weiteren Verlauf des Verknécherungsprozesses konnte ich mich nicht mehr orientieren, da mir gréfere Stadien fehlten. SchluBbemerkungen. Um zum Schlu& meiner Abhandlung noch einmal auf die schon so oft erwihnten, reptilienéhnlichen Charaktere zuriick- zukommen, so diirfte ich wohl zur Geniige gezeigt haben, daf Eudyptes chrysocome im speciellen und damit ohne Zweifel die Pinguine im allgemeinen eine viel gréfere Anzahl dieser Kigen- heiten des Skelets besitzen, durch welche sie das Zuriickbleiben in der Entwickelung allen anderen Végeln gegentiber doku- mentieren. Diese primitiven Merkmale, deren Auftreten in solcher Zahl Gapow noch sehr in Frage stellte, haben sich nur Entwickelung der Wirbelsaéule von Eudyptes chrysocome. 37 durch die einseitige, véllig isolierte Entwickelung der Pinguine als Zeugen einer weit zurtickliegenden Vorzeit erhalten kénnen. Was nun die Stellung der Pinguine im System betrifft, so verweise ich hier auf die Arbeit v. MENZBIER’s, welche mit dieser Frage eingehend sich beschiftigt, so daf ich ihr nichts Neues hinzuzufiigen habe. Zum Schlusse sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Cuun, fiir die Anregung zu dieser Arbeit und fiir das mir giitigst zur Verfiigung gestellte Material, wie fiir die liebenswiirdige Unterstiitzung bei Durchfiihrung der Arbeit, ebenso seinen Assistenten, den Herren Professor Dr. zur STRASSEN und Dr. WOLTERECK, meinen aufrichtigsten Dank aus- zusprechen. 38 Hermann Mannich Litteratur. Baur, 1884, Note on the pelvis in birds and Dinosaurs. Americ. Naturalist, Vol. XVIII. — 1885, Dinosaurier und Vogel. Morphologisches Jahrb., Bd. X. — 1885, Zur Vogel-Dinosaurierfrage. Zoolog. Anz. Bd. VIII. — 1886, Parxur’s Bemerkungen tiber Archaeopteryx und eine Zu- sammenstellung der hauptsachlichsten Litteratur. Zoolog. Anz., Basix. — 1886/87, Osteologische Notizen iiber Reptilien. Zoolog. Anz., Ba wLX unde. Brnrens, 1880, Untersuchungen iiber den Processus uncinatus der Vogel und Krokodile. Branpt, 1840, Beitrage zur Kenntnis der Naturgeschichte der Vogel. Abschnitt V. Mém. de l’Acad. Imp. des Sciences de St. Péters- bours, 0> Lin: Bunexn, 1880, Untersuchungen zur Entwickelungsgeschichte des Beckengiirtels der Amphibien, Reptilien und Végel. Couns, 1872, Material for a Monograph of the Spheniscidae. Pro- ceed. Acad. Nat. Sci. Philad. Dames, 1884, Ueber Archaeopteryx. Palaiontologische Abhandlungen von Dames und Kayser, Bd. II, Heft 3. FRORIEP, Entwickelungsgeschichte der Wirbelsaule, insbesondere des Atlas und Epistropheus. — 1883, I. Beobachtungen an Hiihnerembryonen. Archiv fiir Ana- tomie und Physiologie. — 1886, II. Beobachtungen an Saugetierembryonen. Archiv fir Anatomie und Physiologie. Gapow, Bronny’s Klassen und Ordnungen des Tierreiches, Band Vogel. GrGENBAUR, 1862, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsaule bei Amphibien und Reptilien. — 1864/65, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere. — 1871, Beitrige zur Kenntnis des Beckens der Vogel. Jenaische Zeitschrift, Bd. VI. — 1898, Anatomie der Wirbeltiere, Bd. I. Gurvais et Anrx, 1877, Ostéologie et myologie des manchots ou Sphéniscidés. Journal de Zoologie, T. VI. GiEBeL, 1856, Der letzte Wirbel des Vogelschwanzes. Zeitschrift der gesamten Naturwissenschaften, Bd. VI. Gorrrn, 1877, Beitrage zur vergleichenden Morphologie des Skelet- systems der Wirbeltiere. Archiv fiir mikr. Anatomie, Bd. XIV. — 1899, Ueber die Entwickelung des knéchernen Riickenschildes (Carapax) der Schildkréten. Zeitschrift fiir wissenschaftliche Zoologie, Bd. LXVI, 3. Entwickelung der Wirbelsiule von Eudyptes chrysocome. 39 Hertwie, 1890, Entwickelungsgeschichte. Hyat, Catalogue of the Ornithological Collection of the Boston Society of Natural History, Vol. XIV. JAgprR, 1858, Das Wirbelkérpergelenk der Végel. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. XX XIII. Jounson, 1883, On the development of the pelvic girdle and skeleton of the hind-limb in the Chick. Quart. Journ. Micr. Sci., Vol. XXIII. MarsHatt, 1872, Untersuchungen iiber den Vogelschwanz. Niederl. Archiv fiir Zool., Bd. I. Mars, 1878/79, Principal characters of American Jurassic Dino- saurs. Americ. Journ. of Sci. and Arts, Vol. XVI and XVII. — 1879, The vertebrae of recent birds. Amer. Journ. of Sc., Vol. XVII. — 1884, Jurassic birds and their allies. Amer. Journ. of Sci. and Arts, Vol. XXII. Mexnert, Ueber die Entwickelung des Os pelvis der Végel. Mor- phologisches Jahrbuch, Bd. XIII. vy. Menzpipr, 1887, Vergleichende Osteologie der Pinguine in An- wendung zur Haupteinteilung der Végel. Bull. Soc. Imp. des Naturalistes de Moscou, No. 2. Miter, 1853, Zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsiule. Archiv fiir Anatomie und Physiologie. Owen, 1863, Archaeopteryx. Phil. Transact. of the Royal Society, London. Parker, On the vertebral chain of birds. Proc. Roy. Soc., Vol. XLITI. RatuxKe, 1839, Entwickelungsgeschichte der Natter. — 1848, Ueber die Entwickelung der Schildkréten. Reip, 1835, Anatomical description of the Patagonian Penguin. Proc. Zool. Soc. Scuwarcx, 1873, Beitrage zur Entwickelung der Wirbelsiaule bei den Végeln. Anatomische Studien von Hassz, Bd. I. Srannius, 1846, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbel- tiere. Sruper, Bericht iiber die Expedition der Gazelle. Watson, Report on the anatomy of the Spheniscidae. Challenger Reports, Zool., Vol. VII. WieversHem, 1893, Grundrif der vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere. Zirter, Ueber Flugsaurier aus dem lithographischen Schiefer Bayerns. Palaeontographica, Bd. XXIX. 40 Mannich, Entw. d. Wirbelsiule v. Eudyptes chrysocome. Erklirung der Abbildungen. Patel: Fig. 1. Sagittalschnitt durch den Kérper des 2. Halswirbels bei dem Stadium I (3,5 cm Lange). a Atlas, ep Epistropheus, e Processus odontoideus, 7 Intercentrum, 0 Os occipitale, ch Chorda. Fig. 2. Sagittalschnitt durch den Kérper des 2. Halswirbels bei dem Stadium VIII (11,8 cm Lange). a@ Atlas, 6 Blutgefafe, o Os occipitale, ch Chorda. Fig. 8. Frontalschnitt durch den 7. und 8. Halswirbel des Stadium VIII. 2 Ligamentum intervertebrale, s Ligamentum suspen- sorium, ch Chorda. Fig. 4. Sagittalschnitt durch das Becken von Stadium I. al Ileum, is Ischium, p Pubis, s Spina iliaca. Fig. 5. Sagittalschnitt durch die Schwanzwirbelsaiule des Sta- dium I, die Lage der Intercentra darstellend. Fig. 6—10. Sagittalschnitte durch die Schwanzregion der Stadien I (3,5 cm), II (4,7 cm), IV (6,3 cm), VI (7,5 em), VIII (11,8 em). 7 Intercentrum, ch Chorda. Erklirung der Photographien. a. Rechts unten das Stadium I (3,5 cm), dariiber links das Stadium IT (4,7 cm), rechts das Stadium III (5,8 cm). b. Stadium IV (6,3 cm). c. Stadium VI (7,5 cm). d. Stadium VIII (11,8 cm). v Ueber die Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. Von Dr. Max Lewin. (Aus dem Zoologischen Institute zu Leipzig.) Hierzu Tafel II u. III und 5 Figuren im Text. Die folgende Arbeit gehért zu einer Reihe von Untersuchun- gen iiber die Entwickelungsgeschichte der Pinguine, die unter der Leitung des Herrn Prof. Dr. Caun im Leipziger Zoologischen Institut ausgefiihrt worden sind. Ueber die Beschaffenheit, Her- kunft und Konservierung des Materiales hat MAnnicu (1901) in der Einleitung zu seiner Arbeit tiber die Wirbelsaiule von Eudyptes ausfiihrliche Mitteilungen gemacht, worauf ich beziiglich dieser Dinge verweise. Hier sei noch hinzugefiigt, da ich die Schnabel der Eudyptes- Embryonen in Schnitte (hauptsichlich Querschnitte) von 5—10 u Dicke zerlegt und teils Himalaunfairbung, teils Doppelfarbung mit Boraxkarmin und Hiimalaun angewendet habe. Die gréferen Em- bryonen muf8ten zuvor entkalkt werden. Dies geschah mit Hilfe von alkoholischer Pikrinsiurelésung und dauerte je nach dem Alter des Objektes einige Tage bis 3 Wochen. Wenn schon die Entwickelung des Vogelschnabels im_all- gemeinen wegen einiger schwebender Streitfragen in Bezug anf Epitrichium und Hornbildung immer noch grofes Interesse bietet, so gilt dies in ganz besonderem Mafe von der Entwickelung des Pinguinschnabels; und zwar einerseits wegen der Seltenheit des Materiales, andererseits wegen der eigentiimlichen Beschaffenheit dieser Vogelgruppe und ihrer isolierten, noch keineswegs vollig aufgeklarten Stellung im System. Beziiglich dieser letzteren Frage hat MAnnicu (1901) in seiner oben erwahnten Arbeit einige Erérterungen angestellt. Zu welchen Resultaten ich selbst gelangt bin, will ich am Schlusse meiner Abhandlung auseinandersetzen. 42 Max Lewin, Zusammenstellung der Litteratur. Ueber die Entwickelung des Vogelschnabels im allgemeinen sind schon eine grofe Zahl von Arbeiten erschienen, die jedoch meist specielle Gebiete, wie die Entwickelung der Knochen, des Hornes, der Nasenhéhlen, Thranengiange etc., behandelten. Es ist hier nicht am Platze, alle diese Schriften aufzuzihlen; ich mu8 mich darauf beschrainken, soweit es angiangig, auf bereits vor- handene Litteraturverzeichnisse hinzuweisen, und will in meinen spaiteren Ausfiihrungen tiber diejenigen Werke genauer sprechen, welche fiir meine specielle Arbeit in Betracht kommen. — (zapow (1891) giebt auf p. 934—940 ausfiihrliche Litteratur- angaben tiber die Entwickelung des Vogelschidels und auf p. 449 solche iiber die Entwickelung des Geruchsorgans inkl. der Thranen- wege und Nasendriise. Hinzufiigen méchte ich die Schrift SemMER’s (1872) tiber die Entwickelung des Unterkiefers und von B. Hormann (1882) tiber die Thranenwege der Végel. Zahlreich sind die Arbeiten tiber die Entwickelung der Vogel- epidermis, die jedoch zumeist die Federentwickelung betreffen. Die bei meiner Arbeit in Betracht kommende Frage tiber Hornbildung und Epitrichium am Vogelschnabel behandeln die Schriften von ZABDULOWSKY (1880, p. 65ff.), JEFFRIES (1883), GARDINER (1884) und RosensrapT (1897, p. 561 ff.). Ueber Mundhohle und Verdauungstractus der Wirbeltiere, speciell auch der Vogel, bietet der jiingst erschienene Band von OppPEL (1900) ganz ausfiihrliche Litteraturangaben. Endlich giebt HrrpecKE (1897) auf p. 45—-48 die vorhandenen Schriften iiber diffuse Sinnesorgane und deren Entwickelung im Bereiche des Vogelschnabels an. Speciell iiber die Entwickelungsgeschichte der Pinguine — existieren nur wenige Schriften, da die Beschaffung des Materiales stets mit grofen Schwierigkeiten verkniipft ist. So berichtet STUDER (1877 u. 78) tiber die Federentwickelung, und SCHAUINS- LAND (1890, p. 135) giebt kurze Notizen iiber die Entwickelung der Chorda dorsalis, der Biirzeldriise und Allantois beim Pinguin. GrofSer ist der speciell anatomische Teil, von dem MENzBIER (1887, p. 3—7) die erschienenen osteologischen Werke aufzahlt. Die ganze Anatomie des erwachsenen Pinguins fand eine vortreffliche Darstellung von Watson (1883), der zahlreiche Exemplare aller Pinguingattungen, namlich von Aptenodytes, Pygosceles, Spheniscus, EEE ED ITS Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 43 Eudyptes und Eudyptila, die bei der Challenger-Expedition ge- sammelt worden waren, zur Verfiigung hatte. Die Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. In meiner Darstellung will ich fiir jedes einzelne Stadium die Entwickelung der Epidermis, des Skelets, der Gange des Oberschnabels und der Mundhohle im Zusammenhange beschreiben und darauf den erwachsenen Pinguin mit den gefundenen embryo- nalen Merkmalen vergleichen. Alsdann soll auch auf die Frage der Hornbildung am Vogelschnabel im allgemeinen eingegangen werden. Es standen mir zu meiner Arbeit Embryonen folgender GréSe zur Verfiigung: Embryo A = 3,5 cm ) 9 B Tar 4,7 oP) “4 Ci bone | vom Scheitel bis zur 5 D =, 6.9) = | Biirzeldriise gemessen. ” k= 8,6 ” | ” r= 11,8 ” Leider war es nicht méglich, die Schnabelentwickelung von den friihesten Anfingen zu untersuchen, da der jiingste Embryo schon auf einem verhaltnismafig hohen Entwickelungsstadium stand. Embryo A. Bei dem 3,5 cm grofen Embryo A betrug die Linge des Oberschnabels, wozu Praemaxillare, Maxillare und Nasale gerechnet werden, 0,5 cm, die des Unterschnabels bis zum Porus acusticus externus 0,9 cm. 1. Die Epidermis. Als Ausgangspunkt meiner Betrachtungen tiber die Epidermis will ich jedesmal die des Unterschnabels wahlen, da dort die Horn- bildung spater eintritt, und daher stets primitivere Verhaltnisse vorhanden sind als am Oberschnabel. Der Unterschnabel des Embryo A ist fast in {seiner ganzen Ausdehnung noch von einem zweischichtigen Epithel bedeckt, und nur an seiner Spitze sind, wie Fig. 1 zeigt, aus den tieferen Cylinderzellen durch Teilung derselben einige Lagen kubischer 44 Max Lewin, Zellen entstanden. Am Oberschnabel dagegen hat das sonst am Kopfe aus 2 Zellenlagen bestehende Epithel an der Schnabelspitze (cf. Fig. 5 und 6) eine wesentliche Veranderung erfahren, indem sich hier zwei aus mehreren Lagen bestehende Zellenschichten herausgebildet haben, die scharf voneinander getrennt sind, und von denen die obere eine gréSere Flachenausdehnung hat als die untere. Ich bezeichne vorlaiufig die obere derselben mit Ep, die untere mit H, da tiber die Benennung dieser Schichten Streitig- keiten bestehen und ich dem Leser ein von jeder Deutung un- abhaingiges Bild von der Epidermisentwickelung vor Augen fiihren will. Erst spater bei dem Kapitel tiber die Hornbildung will ich mich tiber die Benennung der Schichten unter Anfiihrung der Griinde, die mich dazu bestimmen, entscheiden. Es bedeckt die obere Schicht Ep 0,77 mm des Oberschnabels, von der Spitze an gerechnet; die darunter liegende Schicht H breitet sich nur 0,4 mm auf dem Oberschnabel aus. Die Schicht A treibt, wie Fig. 5 zeigt, Papillen in die Schicht Ep hinein, eine Er- scheinung, welche uns die erste Entstehung des Eizahnes reprasen- tiert. Die Schicht Hp ist am starksten an der Schnabelspitze, wo ihre Dicke 0,5 mm betragt, am diinnsten tiber der Kizahnanlage, wo sie meist nur 0,025 mm dick ist, sie ist hinter der Eizahn- anlage wieder stirker, wird jedoch nach der Schnabelwurzel zu allmihlich dinner und geht schlieflich in die Plattenepithelien der Kopfepidermis iiber. Die Zellen dieser, meist aus 6—8 Zellen- lagen bestehenden Schicht Ep sind von auffallender GréSe, und zwar 0,014 mm grof; sie zeigen sonst das normale Verhalten des Epithels, indem die tiefer gelegenen Zellen mehr polygonal, die oberflachlichen abgeplattet sind. Sie besitzen noch einen deut- lichen Kern, um den sich einige durch Hamalaun stark gefarbte Kérnchen gruppieren, die von WALDEYER (1882) mit dem Namen ~ ,Keratohyalin“ belegt worden sind. — Naheres iiber Natur uud Bedeutung dieser Keratohyalinkérner will ich ebenfalls spater bei der Schilderung von der Hornbildung erwahnen. Die unter Hp liegende Schicht H ist nicht so stark durch Hamalaun gefarbt worden wie die obere Zone. Ihre Zellen sind von lianglich-ovaler, oft birnenférmiger Gestalt, die, wie in Fig. 6 gezeigt ist und wie auch GARDINER (1884, p. 38) erwahnt, meist senkrecht zur Oberfliche stehen. Sie besitzen grofe, blaschen- formige Kerne, in denen man haufig Mitosen wahrnehmen kann; das Protoplasma der Zellen erscheint fein granuliert. Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 45 2. Das Skelet. Im Oberschnabel nimmt beim Embryo A noch den groften Raum der Ethmoidalabschnitt des Primordialschadels ein, welcher zum Septum nasale (cf. Fig. 5 s) wird und an der Schnabelspitze einen elliptischen Querschnitt hat. — Die untere Muschel, d. i. die gréfere vordere Muschel der Végel, welche nach G&EGEN- BAUR (1873, p. 18) der einzigen Muschel der Reptilien und der unteren Muschel des Saugetierschadels entspricht, ist erst durch starke Wucherung des embryonalen Bindegewebes angedeutet, wahrend die obere, die Riechhéhle einschliefende Muschel bereits aus hyaliner Knorpelmasse besteht und deutlich gegen das Binde- gewebe abgegrenzt ist. An der Stelle der spateren Ossa praemaxillaria, nasalia und palatina bemerkt man erst eine Wucherung der Zellen des embryo- nalen Bindegewebes, wihrend das Os maxillare bereits einige Knochenzellen besitzt. Die Hauptstiitze des Unterschnabels bildet der MEcKEL’sche Knorpel. Die beiderseitigen Knorpel sind an der Spitze noch durch einen breiten Bindegewebszug von einander getrennt; der Querschnitt des Knorpels ist nur an der Spitze des Schnabels elliptisch, weiter nach hinten ist er kreisrund, sodafi der Knorpel den Unterschnabel als ein cylindrischer Stab durchzieht. Dieser wird von Deckknochen belegt, von denen an der lateralen Seite des Knorpels in dessen vorderer Halfte jederseits das Dentale durch Zellwucherung im Bindegewebe angedeutet ist, wahrend im hinteren Unterkieferdrittel das unter dem Knorpel liegende Angulare und das lateral und tiber ihm liegende Supraangulare schon einige Knochenzellen aufweisen. 3. Die Gange des Oberschnabels. Die Nasenginge zunichst sind hier bereits so weit ausgebildet, daf sie, wie Fig. 15 A, von einem spateren Stadium zeigt, jederseits mit einem dauferen Nasenloche beginnen und sich als geschlossene Kanale, die Vorhéhlen a, die wie der ganze Nasen- gang durch das Septum nasale voneinander vollstandig getrennt sind, in den Schnabel hinein erstrecken. Durch die Choanen ? kommunizieren sie mit der Mundhéhle und verlaufen schlieBlich als zwei Blindsicke, die Riechhéhlen y, welche in die oberen Muscheln eingeschlossen sind, nach oben und hinten. Die Vorhéhlen o@ besitzen bereits ein mehrschichtiges Epithel, 46 Max Lewin, indem aus den Cylinderzellen durch Teilung einige Lagen kubischer Zellen entstanden sind; der Teil @ ist mit einfacher Mucosa, die Riechhohle y mit einem mehrschichtigen Cylinderepithel ausgekleidet. Die Thranenkanalanlage (cf. Fig. 15 B,), welche nach Born (1879, p. 420) aus einer von der Epidermis sich abschniirenden und in das Bindegewebe einwachsenden Epithelleiste entsteht, er- streckt sich bereits als solider Epithelstrang vom vorderen Augen- winkel bis in die Mundhéhle und ist auch schon am Auge in zwei kleinere Strange geteilt, welche den spateren Thranenréhrchen ent- sprechen, und von denen der obere nach Born erst sekundaér aus dem unteren hervorsprossen soll. 4. Die Mundhodhle. Schon beim jiingsten vorhandenen Embryo sieht man, daf die Mundhohle durch wallartige Erhebungen, an denen das embryonale Bindegewebe und die Mucosa beteiligt sind, charakterisiert ist Derartige Wille finden sich zunachst nur am Dache der Mund- hohle, wo sich an der Schnabelspitze in der Mitte eine gréfere Ausstiilpung herausgebildet hat, welche eine Flachenausdehnung von 1 mm besitzt (cf. av Textfigur I). Hinter dieser Erhebung Fig. I. Fig. II. Fig. I und II. s Septum, ch Choane, p und ar Ausstiilpungen am Dache der Mundhohle. (Querschnitte.) ist die Mundhéhle in der Mittellinie zu einer langen Rinne ein- — geschniirt, welche, nach hinten tiefer werdend, bis zum Choanen- spalte fiihrt und kurz vorher die Thranenkanalanlage aufnimmt (cf. Fig. 15). Zu beiden Seiten dieser Rinne ist, wie die Textfigur II an einem Schrigschnitt am’ Beginn des Choanenspaltes ch zeigt, ebenfalls eine stirkere Hervorwélbung des Mundhohlendaches, », vorhanden. Embryo B. Bei dem 4,7 cm grofen Embryo B betrug die Lange des Oberschnabels 0,7 cm, die des Unterschnabels 1,3 cm. Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 47 1. Die Epidermis. Leider war infolge einer geringen Lision am Embryo B die Epidermis des Oberschnabels nicht mehr vorhanden; am Unter- schnabel dagegen war sie teilweise noch ganz unversehrt. Fig. 2 zeigt uns das Epithel des Unterschnabels bei 420-facher Ver- gréBerung. Hier sind die in Fig. 1 gezeichneten kubischen Zellen, die auf den Cylinderzellen lagen, bedeutend gréfer und mehr polygonal geworden. Es hat in ihnen, von der Peripherie nach der Schleimschicht fortschreitend, eine Ausscheidung von Kerato- hyalinkérnern, die ebenfalls zumeist um den Kern gruppiert sind, begonnen. Diese Keratohyalin enthaltenden Zellenreihen bedecken 0,6 mm des Unterschnabels, von der Spitze an gerechnet; die Zahl der Zellenlagen ist an den Seitenteilen des Unterkiefers gréSer als in der Mitte. 2. Das Skelet. Die vordere Muschel besteht jetzt bereits in ihrem oberen Bogen aus hyalinem Knorpel und ist dort schon deutlich gegen das umgebende Bindegewebe abgegrenzt. Der Kérper des Praemaxillare ist zu beiden Seiten des Septums als eine paarige Knochenlamelle vorhanden ; seine Processus nasales und maxillares sind eben erst im Entstehen begriffen, der Processus palatinus fehlt noch ganzlich. Der Kérper des paarigen Maxillare hat sich wesentlich ver- erdkert und eine rhombische Form angenommen; seine beiden nach hinten gerichteten Fortsatze, der Processus palatinus und zygomaticus, sind schon diinne Knochenbalkchen. Das paarige Nasale weist nun auch Knochensubstanz auf, sein Processus praemaxillaris ist eben angelegt, seine anderen Fortsatze fehlen noch. Die Palatina, welche die Choane lateral begrenzen, sind nun schon ziemlich kraftig entwickelt und reichen weit nach hinten bis zum Rostrum sphenoidale, sind jedoch an ihren hintersten Enden, mit denen sie spiter zusammenstoBen und schlieflich verwachsen, noch weit von einander getrennt. Als mediale Grenze der Choane ist jetzt der Vomer als ein paariges Knochenbalkchen zu beiden Seiten des Septums aus- gebildet; er entsendet zwei diinne Fortsatze bis unter die hintersten Enden der Palatina. Im Unterschnabel hat sich der Mrckert’sche Knorpel nach 48 Max Lewin, der Spitze zu noch verlangert. Das paarige Dentale umgiebt ihn schon als eine diinne Knochenspange, doch sind die beiderseitigen Knochenstiicke noch weit von einander getrennt. Angulare und Supraangulare haben an Dicke, das letztere namentlich an Flachen- ausdehnung zugenommen. An der medialen Seite des Knorpels ist im zweiten Unterkieferdrittel eine diinne paarige Knochenspange entstanden, welche beim Embryo A noch nicht einmal angelegt war. Sie entspricht dem Operculare, wie es von CuvIER, STANNIUS, GEGENBAUR und MAGnus genannt wurde, wahrend es OwEN (1866) als Spleniale bezeichnet hat. 3. Die Gange des Oberschnabels. Die Nasengiéinge, deren einzelne Abschnitte mit der Ver- grékerung des ganzen Schnabels auch an Flachenausdehnung zu- nehmen, die aber in ihrer Formgestaltung sich nur wenig durch Faltungen verindern, zeigen bei den Embryonen verschiedenen Alters nur in ihrer Epithelauskleidung einen wesentlichen Unter- schied, der namentlich die Vorhéhlen betrifft. Beim Embryo B sind hier in den obersten der aus der Schleimschicht stammenden Zellen, die beim Embryo A schon vorhanden waren und die jetzt mehr abgeplattet sind, in der Gegend des auferen Nasenloches einige Keratohyalinkérner entstanden, wahrend solche in dem hinteren Teil der Vorhéhlen nach den Choanen zu noch fehlen. Die Thranenkanalanlage hat vorlaufig keine Veranderung er- fahren. Vor ihrem medialen Ende hat sich jetzt von der lateralen Wand der Vorhéhlen des Nasenganges ein solider Epithelstrang abgezweigt (cf. D, in Fig. 15), welcher spater zum Ausfiihrungs- gang der Nasendriise umgebildet wird. Zum ersten Male treten beim Embryo B im Oberschnabel auch Luftriume auf, die mit Plattenepithel ausgekleidet sind. Ihr Ver- lauf ist durch die punktierte Linie (cf. jC, in Fig. 15) angegeben. Sie ziehen vom vorderen Abschnitt der Riechhéhlen hier noch als ziemlich enge Blindsacke nach riickwarts und abwirts bis zu der Stelle, wo die hinteren Enden der Palatina sich gegenseitig nahern. 4, Die Mundhohle. Die nahe der Spitze des Oberschnabels gelegene Ausstiilpung am Mundhoéhlendache hat sich beim Embryo B noch starker aus- gepragt; ebenso auch die wallartigen Erhebungen zu beiden Seiten von der zum Choanenspalt fiihrenden Rinne. Die Mucosa ist jetzt an einigen Stellen mit Schleimzellen bedeckt. Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 49 Embryo C. Bei dem 5,6 cm grofen Embryo C betrug die Lange des Ober- schnabels 0,9 cm, die des Unterschnabels bis zum Porus acusticus externus 1,6 cm. Der Embryo muSte vor der Einbettung in Paraffin schon ent- kalkt werden. 1. Die Epidermis. An dem Epithel des Unterschnabels haben sich jetzt die auBersten Keratohyalin enthaltenden Zellen der Epidermis mehr abgeplattet; auferdem ist die Keratohyalinausscheidung in den Zellen noch weiter gegen das Stratum cylindricum vorgedrungen. Es hat ferner die Flachenausdehnung der gekérnten Schicht be- deutend zugenommen, indem hier 1,6 mm des Unterschnabels, an dessen SeitenteiJen, wo auch die Menge der Zellenlagen am gréBten ist, sogar 2,5 mm, von der Spitze an gerechnet, gegen 0,6 mm beim Embryo B von ihr bedeckt sind. — Am Oberschnabel ist die Sonderung der Epidermis in die schon beim Embryo A mit Ep und H bezeichneten Schichten noch durchgreifender. Die dem Stratum cylindricum direkt aufliegende untere Schicht H hat nicht nur relativ, sondern auch absolut an Flaichenausdehnung zu- genommen, indem sie jetzt, gegen 0,4’mm beim Embryo A, 4,5 mm vom Oberschnabel des Embryo C tiberzieht. Es findet sich daher die Schicht H nicht nur an der Stelle des Kizahnes, sondern auch an den diesem angrenzenden Teilen des Oberschnabels, wo jedoch die Zellen nicht wie in der Eizahnanlage senkrecht zur Oberflache stehen, sondern abgeplattet sind. Die Partie, welche den Eizahn bilden wird, ist infolge der bei der Entkalkung verwendeten Pikrin- saure an meinen Schnitten stark gelb gefairbt, waihrend die an den Eizahn grenzenden Teile der Schicht H die gelbe Farbe noch nicht angenommen haben. Die tiber H liegende Schicht Ep hat eine Flachenausdehnung von 4,7 mm gegen 0,77 mm beim Embryo A erreicht. Sie ist auch in die Dicke gewachsen, obgleich sich die Zahl ihrer Zellen- lagen nicht mehr vergréfert hat. Dieses Wachstum wurde dadurch bedingt, daf die Zellen selbst an Volumen zunahmen, indem ihr Durchmesser jetzt 0,026 mm gegen 0,014 mm beim Embryo A betragt. Das Innere der Zellen ist jetzt weit mehr mit Keratohyalin- kérnern vollgepfropft, die namentlich in den auf8ersten abgeplatteten Bd, XXXVII. N, F. XXX. 4. 5O Max Lewin, Zellen, wo der Kern schon zu degenerieren beginnt, sich zu gréferen Kérnern vereinigt haben. 2. Das Skelet. Die unteren Muscheln sind jetzt vollkommen ausgebildet. Sie bestehen aus hyalinem Knorpel und umfassen die Nasengange bis zu den Riechhéhlen, welche in den viel kleineren oberen Muscheln liegen. Was die Knochen des Oberschnabels betrifft, so haben sich die beiden Halften des Praimaxillarkérpers vorn zu einem un- paaren dreieckigen Knochenstiick, das von vielen BlutgefaSkanalchen durchzogen ist, vereinigt. Von seinen noch getrennten Fortsatzen sind die Processus nasales und maxillares bereits zarte Knochen- spangen, die Processus palatini legen sich gerade an. Der Kérper des Maxillare und seine Fortsitze sind bedeutend stirker geworden; auch die Fortsatze der Nasalia erscheinen jetzt bereits als diinne Knochenbalkchen. Der vorher paarig angelegte Vomer schlieSlich ist unterhalb des Septums verschmolzen und stellt nun einen unpaaren Knochen dar, der nach hinten zwei schwache Fortsatze entsendet. Im Unterschnabel hat sich der MecKEL’sche Knorpel an seinem vorderen Ende noch verlingert, sodaS der Raum zwischen beiden Knorpeln nur noch sehr gering ist. Ebenso stofen die Dentalia an der Unterschnabelspitze fast an einander. Operculare, Angulare und Supraangulare haben sich unwesent- lich vergréfert; es sind die betreffenden Teile noch durch breite Bindegewebsztige voneinander getrennt. 3. Die Gange des Oberschnabels. Der Nasengang und der Ausfiihrungsgang der Nasendriise haben sich nicht verandert; die Thranenkanalanlage ist gréSer ge- worden und hat eine mehr dreizipflige Form angenommen. Der beim Embryo B erwahnte Luftraum hat sich bedeutend erweitert und durchsetzt den Oberschnabel, nach vorn fast bis zu dem Kérper des Maxillare reichend. 4, Die Mundhdbhle. Die Erhebung ar (cf. Fig. 15) an der Spitze des Oberschnabels hat sich jetzt bereits zu einer ansehnlichen Platte herausgebildet, welche eine Flachenausdehnung von 0,3 cm besitzt. Auf den Aus- stiilpungen zu beiden Seiten der zum Choanenspalt fiihrenden Rinne, Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 51 die sich nun auch auf die Seiten der Choanen ausdehnen, haben sich 3 flache Leisten hervorgewoélbt, zu denen vom Mundwinkel aus noch eine vierte entstanden ist. Auch der Mundboden zeigt jetzt auf jeder Seite 2 Ausstiilpungen, wahrend die Zunge noch eine ziemlich glatte Oberfliiche aufweist. — Zahlreiche, in mehreren Reihen angeordnete Schleimzellen, die in Fig. 11 abgebildet sind, haben sich hier sowohl in der ganzen Mundhohle als auch in den Choanen auf der Mucosa entwickelt. Embryo D. Bei dem 6,9 cm messenden Embryo D betrug die Lange des Oberschnabels 1,2 cm, die des Unterschnabels bis zum Porus acusticus externus 1,9 cm. 1. Die Epidermis. Fig. 3 giebt uns ein Bild von der Epidermis des Unterschnabels an der Schnabelspitze. Zum ersten Male hat sich nun auch hier eine Sonderung in 2 getrennte Epithelschichten vollzogen. Die obere derselben, Ep, die beim Embryo B und C direkt tiber den Cylinderzellen der Schleimschicht lag, hat jetzt zwar nicht mehr an Zellenlagen, wohl aber an Flachenausdehnung zugenommen, da sie tiber 3 mm den Unterschnabel von der Spitze an bedeckt. Es haben sich hier die Keratohyalinkérner vergréfert, die obersten Zellenlagen sind noch mehr abgeplattet. Zwischen diese Schicht Ep und die Cylinderzellen ist nun auch hier eine Schicht H getreten, deren Zellen abgeplattet sind und wie in der Schicht H am Ober- schnabel grofe, ganz intakte, blaschenformige Kerne besitzen, wahrend die Kerne in der oberflachlichen Schicht Ep namentlich in den aufersten Zellenreihen meist degeneriert sind. Fig. 7 und 8 sind Bilder aus den Epithelschichten des Ober- schnabels vom Embryo D. Die untere der bereits besprochenen Zellenschichten, H, hat noch mehr an Flaichenausdehnung zuge- nommen. Es haben sich die obersten Lagen dieser Schicht, wie schon beim Embryo C, ebenfalls durch Pikrinsiure stark gelb ge- farbt, doch beschrankt sich diese gelbe Zone nun nicht allein auf die Stelle des Eizahnes, der nicht mehr papillenartig wie in Fig. 5, sondern turmférmig, wie es Fig. 7 zeigt, emporragt. Es sind nun auch die obersten Lagen der an den Eizahn angrenzenden Schicht H, welche sich ja schon beim Embryo C auf die Schnabelscheiden aus- gedehnt hatte, gelb tingiert worden, doch hat sich, wie Fig. 8 bei 4* BZ). Max Lewin, 420-facher VergréBerung zeigt, nur das Protoplasma der Zellen gelb gefarbt, wihrend die Kerne die blaue Farbe des Hamalauns angenommen haben. Die tiber H liegende Schicht Ep ist mit der fortschreitenden Entwickelung von H dinner geworden; sie besitzt nicht mehr die gleiche Dicke wie beim Embryo C, trotzdem ihre polygonalen Zellen noch gréfer geworden sind. Die oberflachlichsten Zellen sind gré8tenteils gelockert, teils auch ganz abgehoben. In den Zellen zeigen die kleineren Keratohyalinkérner noch mehr die Neigung, miteinander zu verschmelzen; einige Stellen machen, wie Fig. 8 Ep zeigt, den Hindruck, als ob das Keratohyalin sich bereits verfliissigen wiirde. 2. Das Skelet. Der Ké6rper des Praemaxillare ist jetzt ein ziemlich fester unpaarer Knochen, der an der Spitze des Schnabels nicht mehr seine Entstehung aus zwei Teilen erkennen lait. Seine Nasenfort- siitze, die noch von einander getrennt sind, sowie die Processus maxillares sind bedeutend stairker geworden, der Processus palatinus weist jetzt auch schon einige Knochenzellen auf. Alle anderen Knochen des Oberschnabels haben sich wesentlich vergréBert, ohne jedoch sich gegenseitig zu beriithren. Im Unterschnabel zeigt der MeckeEw’sche Knorpel, der an seinem hinteren Ende als Articulare rinnenformig zur Aufnahme des Quadratum ausgehéhlt ist, an seinem anderen Ende eine solch enge Anlehnung beiderseitiger Knorpelstiicke, daB es fast scheint, als waren beide Teile an der Unterschnabelspitze vereinigt; es ist jedoch noch eine geringe Spur feinen Bindegewebes zwischen den beiden vorderen Enden. Von den Belegknochen hat nun besonders das erst spater ent- standene Operculare an Knochensubstanz zugenommen; die anderen Deckknochen des Unterkiefers haben alle wesentlich an Flachen- . ausdehnung gewonnen. 3. Die Gange des Oberschnabels. In Figur 15 habe ich diese Ginge aus den vom Embryo D gefertigten Schnittserien rekonstruiert. Der Nasengang A, hat sich gegen die vorher geschilderten Stadien nicht wesentlich verandert. Es haben sich in der Vor- héhle « die Keratohyalinkérner, in der Choane ( die in Fig. 11 abgebildeten Schleimzellen vermehrt, in der Riechhohle y sind jetzt Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 53 in das hohe Epithel einige Driisenschlauche eingebettet, welche spaiter zur Feuchthaltung dieses Teiles dienen sollen. Die Thrainenkanalanlage 6, stellt immer noch einen soliden Kpithelstrang dar. Ebenso der Ausfiihrungsgang der Nasendriise D,. Der Luftraum C, hat hier seinen Héhepunkt erlangt, indem er noch bedeutend weiter geworden ist und auch eine noch gréfere Flachenausdehnung erreicht hat; er erstreckt sich jetzt, iiber den Palatina verlaufend, nach vorn fast bis zum Ko6rper des Maxillare und nach hinten bis an die hinterste Grenze der Palatina. 4. Die Mundhodhle. Die Platte an der Spitze des Oberschnabels, ar in Fig. 15, die sich noch ansehnlicher entwickelt hat, ist jetzt in der Mittel- linie nach innen gefaltet. An den Leisten, welche sich auf den wallartigen Erhebungen des Oberschnabels zu beiden Seiten der zur Choane fiihrenden Rinne und des Choanenspaltes hervorgewélbt hatten, ist hier in kurzen Abstanden eine stirkere Zellwucherung des embryonalen Bindegewebes wahrnehmbar, eine Erscheinung, welche uns die erste Entstehung der spater die Mundhoéhle bedeckenden Papillen- reihen reprasentiert. Derselbe Vorgang ist jetzt auch auf den leistenformigen Erhebungen am Mundboden und auf der Zunge zu konstatieren. — In der ganzen Mundhéhle haben sich die auf der Mucosa liegenden Schleimzellen, die vom Embryo C in Fig. 11 abgebildet sind, noch wesentlich vermehrt. Embryo E. Der nachstgré8te Embryo E, welcher vom Scheitel bis zur Biirzeldriise 8,6 cm maf, zeigt von dem vorher beschriebenenen Stadium D keine besonderen Abweichungen. An dem KEpithel hat zwar die Schicht H an Hohe und Flachenausdehnung zuge- nommen, die dariiber liegende Schicht Ep an Dicke noch mehr abgenommen. Ich kann deshalb dieses Zwischenstadium iibergehen und zur Beschreibung des altesten der vorhandenen Embryonen iibergehen. Das Ausschliipfen aus dem Ei soll nach SrupEr (1878, p. 424) in einer Gréfe von ca. 15 cm erfolgen, der gréfte mir zur Ver- figung stehende Embryo maf ca. 12 cm. Es scheint jedoch STUDER, nach seiner Abbildung zu urteilen, von der Schnabel- spitze bis zur Biirzeldriise gemessen zu haben, so daf der von 54 Max Lewin, ihm gezeichnete Embryo von dem gréften unserer Sammlung, der vom Scheitel bis zur Biirzeldriise gemessen wurde, nur un- wesentlich abweichen wiirde. Embryo F. Die Linge des Oberschnabels betrug 1,8 cm, die des Unter- kiefers von der Spitze bis zum Porus acusticus externus 2,7 cm. Ich brauchte tiber 3 Wochen zur Entkalkung dieses Objektes ; auch war die Hornbildung namentlich an der Oberschnabelspitze bereits so weit vorgeschritten, daf das Praparat dort nur mit erofer Miihe durch das Mikrotommesser in Serienschnitte zerlegt werden konnte. — Das makroskopische Aussehen dieses Schnabels unterschied sich bereits auferlich wesentlich von den itbrigen vorher untersuchten Embryonen; denn bei diesen hatte der Schnabel eine weifliche Farbe, der Schnabel des Embryo F aber war durch jetzt auftretendes Pigment in der Schleimschicht an der Basis schwarzlich gefarbt und hatte eine fleischfarbene Spitze, die mit einer sehr scharfen Hornkuppe, dem sog. Eizahn, ver- sehen war. 1. Das Epithel. Ein Bild von dem Epithel des Unterschnabels nahe der Spitze giebt Fig. 4. Beim Embryo F hat die Schicht H im Vergleich zu den vorhergehenden Stadien bedeutend sowohl an Dicke als auch an Flachenausdehnung zugenommen. Ihre obersten Zellen- lagen, die sich unter Schrumpfung des Kernes stark abgeplattet haben, sind teils gar nicht, an manchen Stellen leicht gelblich gefarbt worden; doch beschrankt sich die gelbe Zone nur auf die Schnabelspitze, wahrend der hintere Teil der Schicht H voll- kommen der in Fig. 3 vom Embryo D mit H bezeichneten gleicht. . Die tiber H liegende Schicht Hp hat nun auch noch mehr an Dicke abgenommen; die Keratohyalinkérner sind hier tiber die ganze Zelle bis auf eine freie Randzone verteilt. Ein Querschnitt durch das Epithel des Oberschnabels dicht hinter dem Eizahn ist in Fig. 9 bei 25-facher Vergré8erung wieder- gegeben. Der dort zwischen a und 0 liegende Teil wurde bei 420-facher Vergréferung in Fig. 10 abgebildet. — Es zeigt Fig. 9 ganz deutlich, dafi die Schicht H sich nicht allein tber die ganze Cirkumferenz des Oberschnabels ausgebreitet hat, sondern da die obersten Zellenlagen der Schicht H sogar jetzt tiberall, und nicht Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 55 wie friiher nur in der Gegend des EKizahnes an meinen Schnitten sich durch Pikrinsaure gelb gefarbt haben. Die Zellen dieser gelben Zone, deren Kerne meist ganz geschrumpft sind, zeigen eine starke Abplattung; ihre Zellgrenzen sind oft schon ziemlich undeutlich geworden. Durch das enorme Dickenwachstum der Schicht H ist das dariiberliegende stratum Hp jetzt sehr stark reduziert. Es besteht nur noch aus wenigen Lagen abgeplatteter Zellen, deren Kerne voll- stindig degeneriert, und die mit Keratohyalinkérnern ganz voll gefiillt sind. Die ganze Schicht ist, wie dies Fig. 9 zeigt, an meinen Schnitten von der darunter liegenden gelben Zone meist abgehoben, so daf es den Anschein hat, als ob dieses schmale, noch tibrig gebliebene Band beim Auskriechen in toto abgeworfen wiirde. — Ich will jedoch noch spiter bei dem Kapitel tiber die Hornbildung am Vogelschnabel dariiber sprechen. 2. Das Skelet. Beim Embryo F will ich neben den Veranderungen, welche sich an dem Skelet im Vergleich zu dem Embyro D vollzogen haben, vor allem die Lagebeziehungen der einzelnen Skeletstiicke etwas ausfiihrlicher behandeln, da die verschiedenen Teile meist schon fertig ausgebildet, aber noch vollkommen von einander ge- trennt und daher leichter zu beschreiben sind als die teilweise verschmolzenen Knochenstiicke des erwachsenen Pinguins. Ab- bildungen der einzelnen Skeletteile sind in den Textfiguren III und IV wiedergegeben. Im Oberschnabel ist das Septum nasale s, das die beiden Nasengange vollstandig trennt und aus hyaliner Korpelmasse be- steht, riickgebildet ; es ist jedoch nicht so sehr komprimiert, daf es zu zu einer senkrechten Platte geworden ist, sondern hat immer noch seinen elliptischen Querschnitt beibehalten. Nach hinten wird die Nasenscheidewand durch das Septum interorbitale, das durch starke Entwickelung der Augen aus den Keilbeinfliigeln zu einer diinnen Knorpelplatte umgebildet ist, fortgesetzt. Die Muscheln c¢ sind hier ebenfalls knorplig. Es ist beim Pinguin je eine untere gréfere, welche den in Fig. 15 mit a und @ bezeichneten Teil des Nasenganges A! umfaft, und je eine kleinere obere, in welche die Riechhéhle y eingeschlossen ist, vorhanden. Das Praemaxillare ist ein kraftiger, unpaarer, dreieckiger Knochen, welcher die Spitze des Oberschnabels bildet, von zahl- 56 Max Lewin, reichen Blutgefaifkanalchen durchsetzt ist und 3 gut entwickelte paarige Fortsaitze entsendet. Die Processus nasales pm, bilden das Dach der Nasenhohle und sind noch durch einen schmalen Spalt getrennt; die Processus maxillares pm, legen sich lateral an das Maxillare und stellen einen Teil des unteren Schnabelrandes dar; die Processus palatini ym, beteiligen sich an der Bildung Fig. IV. Fig. III und IV s Septum, ¢ Concha, pm, Processus nasalis prae- maxillae, pm, Processus maxillaris praemaxillae, pm, Processus palatinus praemaxillae, mx Maxilla, maz, Proc. palatinus maxillae; mx, Proc. zygomaticus maxillae, p Palatinum, p, Proc. maxillaris palatinus, Os zygomaticum, / Os lacrymale, » Vomer, », Proc. praemaxillaris ossis nasalis. (Querschnitte.) des Gaumendaches an der Schnabelspitze und legen sich mit den vordersten Enden der Gaumenbeine an die mediale Seite des Maxillare. Das paarige Maxillare mz ist jetzt ein ansehnlich ent- wickelter, sich lang hinziehender, rhombisch gestalteter Knochen, der an der Bildung des seitlichen Schnabelrandes und des Mund- héhlendaches beteiligt ist und sich vorn keilférmig zwischen Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 57 Maxillarfortsatz des Zwischenkiefers pm, einerseits und die Gaumenfortsitze des Praemaxillare pm, und Palatinums p, anderer- seits schiebt. Kr entsendet nach der Schnabelwurzel zu 2 Fort- sitze, von denen der starkere innere der Processus palatinus, mz, in Textfigur IV, tiber dem vorderen Teile des Palatinums verlauft, yon diesem aber durch eine breite Bindegewebsbriicke getrennt bleibt. Der auBere schwichere Fortsatz, der Processus zygomaticus mx,, legt sich an den unteren Rand des Jochbeins. Das paarige Palatinum p, das vorn bis an das Praemaxillare reicht und mit seinem Maxillarfortsatz, p, in Textfigur III, das Maxillare medial begrenzt, verliuft in seinem vorderen Teile unter dem Processus palatinus des Maxillare und wird in seiner weiteren Ausdehnung zu einer breiten Platte, welche den gré8ten Teil des knéchernen Gaumendaches bildet. Die beiderseitigen Knochen bleiben jedoch bis auf ihre hintersten Enden, mit denen sie zu- sammenstoBen, weit von einander durch die Choanen getrennt. Der Vomer v, der unter dem Septum nasale liegt, ist ein unpaarer Knochen, dessen 2 nach hinten gerichtete Fortsatze sich unter die hintersten Enden der zusammenstofenden Palatina legen. Er bildet die mediale Grenze der Choanen; die latervle Grenze wird durch den Palatinfortsatz des Maxillare mz, und durch das Palatinum p dargestellt. — Von den Knochen des Ober- schnabels sind schliefSlich noch die Nasalia zu erwahnen, welche in Form diinner Knochenplatten das Dach des Schnabels an der Schnabelwurzel bilden, vorn durch die Pramaxillarfortsitze getrennt sind, weiter nach hinten aber mit ihren inneren Randern sich fast beriihren; mit den dauferen Randern stofen sie an das Thranen- bein 1. Sie besitzen 3 paarige Fortsaitze, von welchen die Processus praemaxillares ~, sich zum Teil unter die Nasenfortsatze des Zwischenkiefers schieben und die innere obere Begrenzung der Apertura narium externa formieren. Die aufere obere Begrenzung der Apertura bildet der stirkere Processus maxillaris des Nasen- beines, wihrend der dritte Fortsatz, der Processus frontalis, sich uber das Stirnbein schiebt. Im Unterschnabel des Embryo F hat der Mecke.’sche Knorpel seinen Héhepunkt schon iiberschritten. Er reicht nicht mehr bis zur Symphyse, die von den beiden Dentalien vollstindig ausgefiillt wird, und beginnt bereits zu atrophieren. Im hinteren Abschnitt hat sich sein Umfang unwesentlich verkleinert, ohne dal histo- logische Merkmale der Atrophie nachzuweisen waren; weiter nach vorn ist seine Verjiingung schon bedeutender, und im vordersten 58 Max Lewin, Abschnitt ist von dem Knorpel tiberhaupt nichts mehr aufzufinden. Die Atrophie beginnt also an der Unterschnabelspitze und setzt sich von dort aus nach hinten fort. — Der Knorpel ist in seiner ganzen Ausdehnung von den ansehnlich entwickelten Belegknochen des Unterkiefers vollstandig bedeckt. Die Dentalien bilden die Symphyse, stofen aber nur an der aufersten Spitze zusammen, ohne ganz miteinander zu verwachsen, und formieren die aufere und obere Seite der ersten Unterkieferhalfte. Ungefahr in der Mitte besitzen sie an ihrer auferen Seite fiir den Durchbruch der Gefafe des Unterkiefers eine Oeffnung, die sich nach vorn zu in eine lange Rinne auszieht. Das paarige Operculare, das an der medialen Seite des MeEcKEL’schen Knorpels liegt, st68t an den unteren Rand des Dentale und bildet fast die ganze mediale Wand des Unterkiefers. — Das paarige Angulare liegt am hinteren unteren Unterkieferrande. Es schiebt sich bis tiber die innere Flache des Dentale; iiber ihm liegt das Supraangulare und das noch knorplige Articulare. Das paarige Supraangulare schlieBlich hildet die Hauptmasse des hinteren oberen Teiles des Unterkiefers; es reicht vorn bis an das Dentale, st68t unten an das Angulare und legt sich an die laterale Seite des Articulare. ) Alle diese erwahnten Unterkieferknochen sind, trotzdem sie sich innig beriihren, ebenfalls noch nicht miteinander verwachsen ; die Verschmelzung findet erst in noch spiateren Stadien, wahr- scheinlich erst nach dem Auskriechen statt, doch bleiben auch dann noch Nahtspuren zuriick. 3. Die Gange des Oberschnabels. Hier zeigt sich die vorgeschrittene Entwickelung des Embryo F recht deutlich. Der Nasengang hat zwar seine einmal angenommene Form-- gestaltung beibehalten; doch nur in dem Epithel der Vorhéhlen ist eine Verainderung eingetreten, indem sich jetzt auch hier eine Sonderung in zwei getrennte Schichten vollzogen hat. Unter den schon vorhandenen, Keratohyalin enthaltenden Zellreihen ist nun eine neue Schicht entstanden, welche in ihrem Aussehen der in Fig. 3 mit H bezeichneten Zone gleicht, nur daf hier die be- trefienden Zellen noch mehr abgeplattet sind. — In dem Epithel der Riechhohle hat sich die Zahl der beim Embryo D entstande- nen flaschenformigen Driisenschliuche noch bedeutend vermebhrt, — doch waren auch hier wie in den vorher geschilderten Stadien Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 59 die Endausbreitungen des Riechnerven nicht wahrnehmbar; M. ScuuttTze (1863, p. 48) glaubt, daf dieselben infolge der fiir unsere Schnittserien notwendigen starken Erhartung der Objekte meist unkenntlich sind. Die Thranenkanalanlage (cf. B, in Fig. 15), die in den friiheren Stadien durch einen soliden Epithelstrang dargestellt wurde, weist jetzt bereits ein weites Lumen auf, was nach Born (1879, p. 420) nicht auf einer Aufliésung der Epithelzellen, sondern auf einem Auseinanderweichen derselben beruhen soll. Der Kanal beginnt mit 2 Thranenroéhrchen, von denen das untere gréSer ist als das obere, am vorderen Augenwinkel und zieht alsdann nach der Vereinigung der beiden Thranenréhrchen, die noch in der Augengegend erfolgt, als ein dreizipflig gestalteter Kanal dicht unter der duferen Haut schrag nach innen und abwarts, ohne jedoch mit den Knochen des Gesichts in nahere Bertihrung zu treten. Er lauft nahe dem unteren Rande des Processus maxillaris des Nasenbeines in die Nasenhéhle und miindet tiber dem Processus palatinus des Maxillare ganz kurz vor der Choane in die Mund- héhle, und zwar in die erwahnte Rinne in der Mittellinie. Der Ausfiihrungsgang der Nasendriise (cf. D, in Fig. 15) weist nun ebenfalls ein Lumen auf. Er fiihrt von der ziemlich erofen Nasendriise, welche auf der Oberflache der Stirn- und Nasenbeine nahe dem Orbitalrande gelegen ist, nach abwarts, biegt dann in die Nasenhéhle, wo er lateral von der inneren Flache des Lacrymale, oben von dem Kéorper des Nasale und medial von der oberen Muschel begrenzt wird, und miindet, nach unten sich mehr der Mittellinie zuneigend, kurz vor der Choane unter der vorderen Muschel in die Vorhéhle des Nasenganges, und zwar noch vor der Thranenkanalmiindung. Der beim Embryo D sehr grofSe Luftraum schlieBlich hat wieder bedeutend an Ausdehnung verloren (cf. jC, in Fig. 15), indem er von seiner Abzweigungsstelle, dem vorderen Teile der Riechhéhlen, nur noch als ein enger Blindsack jederseits schrag nach riickwirts und abwarts bis zu den hintersten Enden der Palatina zieht. Er gleicht so wieder dem erst im Entstehen be- griffenen Luftraum beim Embryo B. 4. Die Mundhohle. Wie zuerst an der Epidermis des Ober- und Unterschnabels und alsdann in den Vorhéhlen der Nasengange, so sind nun auch hier in dem Bereiche der Mundhéhle (cf. Fig. 12) in den aufersten 60 Max Lewin, aus der Schleimschicht stammenden Zellen Keratohyalinkérner auf- getreten. Solche Keratohyalin enthaltenden Zellen sieht man am Dache der Mundhohle sowohl auf der hervorgewoélbten Platte an der Spitze des Schnabels, als auch auf den Leisten zu beiden Seiten der Mittellinie, auf denen sich bereits einige Papillen starker herausgebildet haben, ferner auf den Papillen der Zunge und des Mundbodens. Die Keratohyalinkérner erfiillen, wie Fig. 12 zeigt, auch das Protoplasma der Schleimzellen, deren Kerne meist degeneriert sind. Die Speicheldriisen, die nach Oppen (1900, p. 557) bei den meisten Sumpf- und Wasservégeln iuferst spérlich ausgebildet sind, entwickeln sich bei Eudyptes chrysocome sehr spat, da erst bei den altesten Embryonen wenige tubulése Driisen am Dache der Rachenhéhle hinter den Choanen wahrnehmbar sind. Der erwachsene Pinguin. Nachdem ich tiber den gré8ten mir zur Verfiigung stehenden Embryo F ziemlich ausfiihrlich berichtet, kann ich mich bei der Schilderung des Schnabels vom erwachsenen Pinguin — denn ein Zwischenstadium war leider nicht vorhanden — kurz fassen, in- dem ich nur das hervorhebe, was von den vorher geschilderten Stadien abweicht. Der von mir untersuchte erwachsene Pinguin hatte eine Lange von 38 cm, die Lange des Oberschnabels betrug 8 cm, die des Unterschnabels 91/, cm. — Die Farbe des Schnabels, der eine dicke Hornbekleidung sowohl am Ober- als am Unterkiefer auf- weist, soll am lebenden Exemplar ziegelrot sein, sie ist aber bei den konservierten Exemplaren wahrscheinlich infolge der Behand- lung mit Formol und Alkohol gelbbraun geworden. — Die Horn- scheiden des Oberschnabels setzen sich aus drei Teilen zusammen und bleiben durch deutliche Rinnen von einander getrennt. Die Hornbekleidung des Praemaxillare, welche sich am friihesten ent- wickelt, hat eine Flachenausdehnung von 5'/, cm, die seitlichen Hornscheiden, die tiber den Maxillen liegen, sind ca. 4 cm lang. An den hintersten Enden sind die Hornscheiden von einander durch die zwischen sie sich einschiebende Kopfhaut, die mit Federn dicht besetzt ist, getrennt. — Die Hornbekleidung des Unterkiefers, die aus zwei Teilen besteht, hat in der Mitte nur eine Flachenaus- dehnung von 1,5 cm, wahrend die Hauptmasse wie beim Embryo so auch hier sich auf die Seiten verteilt, wo das Horn eine Lange von 5 cm, von der Spitze an gerechnet, besitzt. Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 61] 1. Das Skelet. Die am embryonalen Oberschnabel knorpelig ausgebildeten Teile, namlich das Septum nasale und die Muscheln, haben sich auch hier knorpelig erhalten. Der Kérper des Praemaxillare ist ein fester unpaarer Knochen, seine Processus nasales jedoch sind von einander durch eine deut- liche Naht getrennt, ebenso wie die Nasalia. Das Praemaxillare ist mit dem paarigen Maxillare und Nasale zwar verwachsen, doch sind iiberall noch deutliche Spuren der Verwachsungslinie hinter- lassen. Die Palatina bleiben, da Eudyptes chrysocome zu der Gruppe der Schizognathen gehért, durch die Choanen auch hier weit von einander getrennt. Sie stofen nur mit ihren hintersten Enden zusammen, wo sie mit den Fortsaitzen des unpaaren Vomers und dem Rostrum sphenoidale verschmelzen. Die vordersten Enden der beiden Palatina verwachsen mit den Palatinfortsaitzen des Praemaxillare. Im Unterschnabel ist der Mreckev’sche Knorpel vollstandig geschwunden; das Articulare, sein hinterstes Ende, ist verknéchert und mit dem Supraangulare, Angulare und Operculare verschmolzen, wihrend dieser zusammengewachsene Teil des Unterkiefers von dem Dentale durch eine deutliche Naht getrennt bleibt. Die beiderseitigen Dentalia selbst sind nur an der aufersten Spitze mit einander verwachsen. 2. Die Gange des Oberschnabels. Diese haben hier die schon beim altesten Embryo ange- nommene Gestaltung beibehalten. Die Vorhéhlen der Nasenginge sind nun bis zur Choane vollstaéndig mit einer diinnen Hornschale ausgekleidet, wahrend hier wie an dem aéuSeren Epithel und an dem Epithel der Mundhohle eine Keratohyalin enthaltende Zellen- schicht fehlt. —- Vollstandig verschwunden ist jetzt der schon beim altesten Embryo F stark riickgebildete Luftraum im Ober- schnabel. 3. Die Mundhdble. Die Anatomie der Mundhéhle beim Pinguin hat Warrson (1883, p. 170 u. 171) bereits eingehend geschildert. Er spricht p. 171 von ,,two elongated hardened plates‘, welche sich am vordersten Teile des Gaumens befinden. Ein Bild von diesen ist in Fig. 13 ar gegeben. Sie entsprechen der Ausstiilpung, die sich schon wahrend 62 Max Lewin, des Embryonallebens am Dache der Mundhohle gebildet hatte. In der That sieht es diuBerlich aus, als wenn hier 2 Platten vor- handen waren. Doch eine Untersuchung, sowie auch die Ent- wickelung derselben lehrt uns, da hier eine einzige Platte vor- liegt, welche sich schon wahrend der Embryonalzeit in der Mittel- linie nach innen gefaltet hat. Eine mikroskopische Untersuchung, die Watson nicht gemacht hat, giebt ein tiberraschendes Bild von der Menge der Herpsr’schen Kérperchen, welche in diese Platte eingebettet sind. Fig. 14, ein Stiick eines Horizontalschnittes durch diese ,,hardened plates‘t, bei 6-facher VergréSerung ge- zeichnet, zeigt uns die Anordnung dieser Koérperchen, die in eréBeren Haufen nicht zu nahe der Oberfliche meist parallel zu derselben liegen. Die K6rperchen selbst gleichen den VATER- Pacrni’schen; im Vogelschnabel wurden diese zuerst von HERBST (1848, p. 162—164) entdeckt und daher dort allgemein ,,HERBsST’sche Korperchen“ genannt. Bereits eine grofe Litteratur ist tiber diese seitdem erschienen; man findet die Angaben der einzelnen Forscher ausfiihrlich von HrmDEcKE (1897, p. 13—22) wiedergegeben. Die im Pinguinschnabel gefundenen Koérperchen sind ovoide Gebilde, die in ihrer Gestalt den von HrmEcKE (1897, p. 23—30) be- schriebenen vom Schnabelwulst des Sperlings gleichen. Die Herest’schen Kérperchen im Entenschnabel wurden von Scy- MoNOwIcz (1897, p. 347ff.) ausfiihrlich geschildert. Der Langs- durchmesser eines beim Pinguin gefundenen Ké6rperchens betragt 0,132—0,189 mm, die gré8te Breite 0,082—0,101 mm, die Dicke des Kérperchens betrug im allgemeinen 0,09 mm. HEIDECKE (1897, p. 22) fand die Herpst’schen Koérperchen im Schnabelwulst des Sperlings 0,088 mm lang und 0,05 mm breit, Scymonowicz (1897, p. 347) die im Entenschnabel 0,120—0,160 mm lang und 0,070 bis 0,095 mm breit, so daf die Hersst’schen Kérperchen beim Pinguin noch etwas gréfer sind als die im Entenschnabel. Be- merkenswert ist, daf ich nur diese eine Art von Endkérperchen, die stets nur auf die Platte am Eingang der Mundhohle konzen- triert waren, fand, so dafs diese Area allein als Tastapparat fiir die eingenommene Nahrung zu wirken scheint. Sie ist wie die ganze Mundhdohle (cf. Fig. 14) mit einer diinnen Hornschale be- kleidet. Hinter dieser Platte haben sich, wie Fig. 13 zeigt, nun am Dache der Mundhdéhle zu beiden Seiten der Choane je 3 Reihen stark verhornter, nach riickwarts gebogener Papillen herausge- bildet, denen sich von dem Mundwinkel an je eine 4. Reihe hinzu- Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 63 gesellt. Die Zunge ist mit 9 Reihen, der Unterkiefer mit je 2 Reihen solcher Papillen zu beiden Seiten der Mittellinie bedeckt. — Von den Speicheldriisen, die auch beim erwachsenen Pinguin _auBerst sparlich entwickelt sind, erwihnt bereits Watson (1883, p. 371) drei kleine Driisengruppen, die Parotis-, Gaumen- und Zungengruppe. Hiermit hatte ich nun den ersten Teil meiner Arbeit erledigt. Ich will nun in dem zweiten besonders die Bildung des Hornes am Vogelschnabel besprechen und alsdann noch einige zusammen- fassende Betrachtungen anstellen tiber die Entstehungsweise der einzelnen Organe bei Eudyptes chrysocome im Vergleich zu den Angaben, welche tiber andere Vogel bereits in der Litteratur vor- handen sind. Die Beziehungen der Epidermis zur Hornbildung am Schnabel von Eudyptes chrysocome. Bei der Entwickelung der Epidermis am Schnabel war vor allem das massenhafte Auftreten von Kérnchen in der von mir mit Hp bezeichneten auferen Epithelschicht besonders auffallig. AUFHAMMER (1869, p. 192) wies das Auftreten solcher K6rnchen zuerst in der menschlichen Hohlhand nach. thm folgte LANGERHANS (1873, p. 737), welcher behauptete, daf diese Kérnchen sich in der gesamten Epidermis vorfinden; er nannte die mit denselben erfiillte Schicht ,,Kérnerschicht,“ die UNnna (1876, p. 688) als ,,Stratum granulosum‘: bezeichnete. Die Kérnchen selbst wurden von Ranvier (1879, p. 89) als Fliissig- keitstropfen erklart und mit dem Namen ,,Eleidin‘s belegt. Wat- DEYER (1882, p. 161) dagegen hat ihre mehr feste, gallertartige Konsistenz festgestellt und sie wegen ihres Verhaltens gegen chemische Reagentien ,,Keratohyalin‘’ genannt, eine Bezeichnung, welche jetzt allgemein tiblich ist. — Rapin (1897, p. 468) ver- sucht nachzuweisen, da’ beide Namen mit Recht bestehen, daf sich das fliissige Eleidin, welches er mit dem Namen ,,Kerato- eleidin“ belegte, aus dem festen Keratohyalin entwickle, und daf die festen K6rnchen, nachdem sie verschiedene Veranderungen durchgemacht, schwinden, um einer fliissigen Masse, dem Eleidin, Platz zu machen; diese fliissige Masse solle in den wichtigsten Reaktionen mit den Kérnchen iibereinstimmen. — Wie ich be- reits erwihnte, haben einzelne in Fig. 8 in der Schicht Ep vor- 64 Max Lewin, kommende Kérnchen in der That den Anschein, als ob sie bereits zu einer mehr fliissigen Masse umgewandelt worden waren. — Viel ist dariiber gestritten worden, woher das Keratohyalin iiberhaupt stammt. — MERTSCHING (1889, p. 501), Posnmr (1889) und SeLHorst (1890, p. 7) halten es fiir ein Zerfallsprodukt des Kernes, p’Urso, Ernst (1892) und TeTrENHAMMER (1893, p. 228) glauben, daf es aus dem Chromatin entstanden, Rast (1897, p. 482) ist der Ansicht, daf es ein Umwandlungsprodukt eines nicht naher bekannten Kernbestandteiles sei, Kromayer (1890) halt es fiir ein Zerfallsprodukt des Protoplasma, RosenstaptT (1897, p. 576) und SPRENGER (1898, p. 110) vermuten, daf sowohl Kern als Protoplasma an der Bildung des Keratohyalins beteiligt seien; WEIDENREICH (1900, p. 196) endlich behauptet, daf das Kerato- hyalin ein Zerfallsprodukt der Interfibrillarsubstanz ist. Ich selbst habe das Keratohyalin stets zuerst um den Kern herum auftreten, alsdann aber schnell in der ganzen Zelle bis auf eine feine Randzone verteilt gesehen und kann mich der An- sicht RosENSTADT’s und SPRENGER’S anschlieBen, indem ich glaube, daf Kern und Protoplasma bei dem Auftreten des Keratohyalins einer Degeneration unterliegen. Es fragt sich nun, in welcher Beziehung das Auftreten des Keratohyalins zum Hornbildungsprozef steht. . WALDEYER (1882, p. 149) sagt wortlich: ,,Der chemische Vorgang der Hornsubstanzbildung findet in dem Auftreten des Keratohyalins auch einen mikroskopisch sichtbaren Ausdruck*“; dieses bestreitet jedoch Unna (1883), welcher behauptet, da8 das Auftreten des Keratohyalins nur eine Begleiterscheinung bei der Verhornung sei, aber stofflich nichts zum Keratin beitrage. Ihm schlieft sich Rapti (1897, p. 444) an. J. Renaut (1887) ist der Ansicht, daf das Fehlen des Keratohyalins direkt das Zeichen der echten Hornbildung sei. RosenstaptT (1897, p. 581) halt sein Keratohyalin enthaltendes Epitrichium fiir ,,ein phylogene- tisches Organ, welches eine morphologische Vorstufe des Stratum corneum darstellt, wahrend ‘das Keratohyalin als solche der Hornsubstanz anzusehen ist‘. THoms (1896, p. 72) glaubt, daf das Auftreten des Keratohyalins nur das Anzeichen einer mangelhaften Ernahrung und dadurch bedingter Degeneration der Zelle sei. Als Beweis fiir diese Degeneration sieht er die auch von mir konstatierte Volumenzunahme der Keratohyalin enthaltenden Zellen an. Diese kann nach seiner Ansicht um so weniger von der Matrix stammen, als die Zellen sich um so Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 65 machtiger vergréfern, je weiter sie von der Cutis sich entfernen. Dieses Gréferwerden kénne, wie auch GARDINER (1884, p. 32) beweisen will, nur durch die den Embryo umspiilende Amnios- fliissigkeit erfolgen. Daher miisse die Zelle nur noch geringe Vitalenergie besitzen, um das EKindringen des Liquor amnii még- lich zu machen. Er fiihrt als Beweis heran, daf, ,,solange der von der lebenden Zelle ausgehende osmotische Druck ihres fliissigen Inhaltes stairker ist als der Druck des Amnioswassers, letzteres natiirlich nicht in die Zelle eindringen kénne“. — Als weiteres Anzeichen des Zelltodes sieht er die Degeneration des Kernes und des Protoplasma an. Ob sich nun die Volumenzunahme der Zellen auf ein Quellen oder doch noch auf eine Wachstumserscheinung zuriickfiihren ]aBt, méchte ich nicht entscheiden. Daf es sich aber hier um nicht mehr lebensfaihige Zellen handeln miisse, beweisen sowohl die Degenerationserscheinungen am Zellkern, als auch der Um- stand, daf nach dem Auftreten der bisher mit H bezeichneten Schicht die iiber ihr lagernde Schicht Kp ihre auBersten Zellen- reihen allmahlich verliert und der Rest der Schicht vermutlich in toto abgeworfen wird. — Dennoch aber glaube ich, da8 das Keratohyalin, wie UNnNA behauptet, eine notwendige Begleit- erscheinung bei der Hornbildung sei, da jedesmal, wenn sich die Epidermis zur Bildung der in meinen Figuren mit A bezeichneten Schicht anschickte, erst vorher eine Zone Keratohyalin enthaltender Zellen, in Form der Schicht Ep, aufgetreten war, sowohl an der Oberflache des Ober- und Unterschnabels als auch in den Vor- hohlen der Nasengange und in der Mundhohle. Nachdem ich in meinen bisherigen Ausfiihrungen immer nur von einer Schicht H und einer Schicht Ep gesprochen, méchte ich mich nun, bevor ich tiber die Hornbildung speciell schreibe, erst tiber die Benennung der einzelnen Schichten entscheiden. KO6OLLIKER (1861, p. 377) bezeichnet die auf erste Schicht der embryonalen Epidermis als ,,Hornschicht’“. Er berichtet von ihr, daf sie beim Menschen im 2. bis 4. Monat abgestoBen werde. — Dieses hat auch WeLKer (1864, p. 24) beobachtet, der nach- weist, da die betretfende Schicht aus mehreren Lagen bestehen kann und bei manchen Tieren, z. B. Bradypus, eine zusammen- hangende Hiille darstellt, die bis zur Geburt besteht. Er nannte diese Schicht als erster ,,Epitrichium’, da sich unter ihr die emporwachsenden Haare befanden. KERBERT (1877, p. 232) spricht von einer ,,Epitrichialschicht‘, Bd, XXXVII, N, F, XXX, 5 66 Max Lewin, welche ,,entweder allmahlich und teilweise vor der Geburt oder auch nach der Geburt des Tieres verloren geht‘. Ihm folgten mit dieser Bezeichnung BaTELLI (1880) und JEFFRIES (1883). KerpBert bezeichnete aber nur die aufersten Lagen der Epidermis, die eine starke Abplattung erfahren haben, als Epitrichialschicht, wihrend er die unter dieser liegenden polygonalen Zellen als »Kornerschicht zusammenfaft. Dasselbe thut Hausmann (1899, p. 69), indem er von einer ,,Begrenzungsschicht* und einer ,Kérnerschicht spricht. Schon Garpiner (1884, p. 14) ist der von KERBERT vorgeschlagenen Scheidung ein und derselben Schicht durch zwei verschiedene Namen entgegengetreten, doch kann auch seine Bezeichnung zu Irrtiimern Anlaf geben. Er schreibt auf p. 17: ,,Es ist in einem bestimmten Entwickelungsstadium geradezu unmoglich, zu unterscheiden, ob die aus der Schleim- schicht entstandenen Zellen sich in Hornzellen verwandeln oder ob sie unverhornt bleiben und die Hornschicht bekleiden werden. Deshalb erlaube ich mir, den ganzen die Schleimschicht be- deckenden Teil so lange als Hornschicht zu bezeichnen, bis ein histologischer Unterschied zwischen der eigentlichen Hornschicht und dem Teil, welcher das Horn umhiillen wird, aufgetreten ist. Die letztere Schicht nennt er dann nach dem Auftreten der »eigentlichen Hornschicht“ ,,Epitrichium“. Die Benennung der tiber dem Stratum cylindricum liegenden Epidermis in den ersten Entwickelungsstadien als ,,Hornschicht* GARDINER’S hat RosgenstTaptT (1897, p. 578) verworfen, indem er betont, daf man von Anfang an bestimmt wissen mu, welche Zellen verhornen und welche abgestoBen werden, da eben alle Keratohyalin enthaltenden Zellen abgeworfen werden. Er sagt dann (1897, p. 579): ,,Ich fasse also sémtliche Zellenlagen, die Keratohyalin enthalten, als Epitrichium zusammen, da sie voll- stindig homolog sind denjenigen, die man bei héheren Wirbel- tieren mit diesem Namen belegt.“’ — GARDINER hat nach meiner Ansicht nicht unrecht, wenn er sagt, dafi man in einem bestimmten Entwickelungsstadium nicht erkennen kann, ob die aus der Schleimschicht entstehenden Zellen zu Epitrichial- oder zu Hornzellen werden. Denn alle tiber dem stratum cylindricum liegenden Zellen haben, wie Fig. 1 und 2 zeigen, noch nicht Keratohyalinkérner ausgeschieden, sodaf der Protest RosensTapt’s, da man von Anfang an durch das Vor- handensein der Keratohyalinkérner bestimmt wissen mul, welche Zellen abgestoBen werden, nicht begriindet ist. Trotzdem aber ist die Bezeichnung GarpriNEr’s als ,,Hornschicht“ vor der Sonde- Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 67 rung des Epithels in 2 histologisch verschiedene Schichten nicht zulassig, da hierdurch leicht Verwechselungen stattfinden kiénnen. Ich selbst méchte bei der Hornentwickelung am Vogelschnabel zwischen einem ,,Epitrichium und einer ,Hornbildungs- zone unterscheiden, indem ich unter ,,Epitrichium“ alles das ver- stehe, was zum Teil wahrend, zum Teil am Ende des Embryonallebens abgeworfen wird, und unter ,,Hornbildungszone“ diejenige Schicht, welche sich spdter in echtes Horn umwandelt. Von einer ,,Ver- hornung und einer ,,Hornschicht‘‘ zu sprechen, halte ich deshalb nicht fiir geeignet, weil diese Ausdriicke fiir die obersten Lagen der normalen Epidermis angewendet werden, ein Verhornungs- prozef, welcher nicht mit der Hornbildung am Vogelschnabel identisch ist. Denn, wie z. B. eine Abbildung von Sréur (1898, p. 296) von der Verhornnng der Fufsohle zeigt, liegt dort das Keratohyalin enthaltende Stratum granulosum direkt der Schleim- schicht auf und wird von einem Stratum lucidum und einem noch iiber diesem liegenden Stratum corneum bedeckt; am embryonalen Vogelschnabel dagegen bildet das Keratohyalin enthaltende Stratum granulosum die auferste Bes ueoe elit, und unter HEHE ent- wickelt sich erst ein Stratum corneum. Als ,,Epitrichium“ bezeichne ich nun am Schnabel von Eudyptes chrysocome schon alle diejenigen Zellenlagen, welche der Schleim- schicht aufliegen, bevor eine Sonderung in 2 histologisch ver- schiedene Schichten eingetreten ist, ob die Zellen nun bereits Keratohyalin enthalten oder nicht; denn in allen diesen Zellen findet vor der Sonderung in 2 Schichten thatsiachlich noch eine Keratohyalinausscheidung statt. Nach der Scheidung des Epithels in 2 gesonderte Schichten bezeichne ich nun die untere, welche sich bedeutend heller gefarbt hat als die friiher entstandenen Zellen, als ,,Hornbildungszone“‘, da sich aus ihr das spatere Horn entwickeln wird. Diese Schicht hat mit Ausnahme des Eizahnes, wo die Zellen senkrecht zur Oberflaiche stehen, plattere Zellen als der dariiber liegende Zellkomplex; sie enthalt keine Spur von Keratohyalin, behalt lange ihre grofen, blaschenfoérmigen Kerne und hat sich wihrend ihrer weiteren Entwickelung in den obersten Lagen durch Pikrinsiure gelb gefarbt, eine Erscheinung, die, wie FRAISsE, (1881 p. 311) sagt, ,,als klare Demonstration der Horn- metamorphose“ angesehen werden kann. Die oberflachliche Schicht, die sich nicht durch Pikrinsiure gelb farben laft, ist dort das Epitrichium. Dieses enthalt nach der Sonderung der Epithelschichten in allen seinen Zellen Keratohyalin; es wichst zwar anfangs durch durch Volumenzunahme seiner Zellen, verliert aber, nachdem sich 5* 68 Max Lewin, die Hornbildungszone zu entwickeln begonnen, allmahlich an Zellen- lagen, waihrend der Rest vermutlich in toto abgeworfen wird. Wende ich nun diese Bezeichnungen auf die in dem ersten Teile meiner Arbeit vorkommende Beschreibung an, so sind alle in Fig. 1 und 2 auf der Schleimschicht liegenden Zellenlagen, und nach der eingetretenen Sonderung in 2 histologisch verschiedene Schichten alle mit Ep bezeichneten, stets Keratohyalin enthaltenden Lagen ,Epitrichium“, da diese nicht bei der Horn- bildung verwendet, sondern abgeworfen werden, die unter Hp liegende mit A bezeichnete Schicht ist dort die ,Hornbildungszone". Wenn ich nun an der Hand dieser Benennungen die in den einzelnen Entwickelungsphasen konstatierten Erscheinungen an der Epidermis von Eudyptes chrysocome rekapituliere, so entrollt sich uns folgendes Bild der Epidermisentwickelung am Schnabel: Bei dem vorhandenen jiingsten Stadium von Eudyptes ist die Epidermis fast an der ganzen Koérperoberflache zweischichtig, und nur auf den Kiefern hat eine schnellere Zellwucherung stattgefunden. Es sind dort, wie man dies nahe an der Spitze des Unterschnabels in Fig. 1 sieht, aus den Cylinderzellen durch Teilung kubische Zellen entstanden, so da wir jetzt ein mehrschichtiges Epithel vor uns haben, das nach aufen durch die urspriingliche oberflachliche Lage aus platten Zellen abgeschlossen wird. Durch die Entstehung von neuen Zellen aus der Schleimschicht riicken die alteren immer mehr von der sie ernahrenden Matrix ab, und deshalb tritt in ihnen eine Degeneration ein. Die Zellen werden zwar noch gré8er und nehmen eine mehr polygonale Form an, doch bald sehen wir in ihnen einen Zerfall des Kernes, und mit diesem Hand in Hand gehend das Auftreten des Keratohyalins, das sich erst um den Zellkern gruppiert, dann aber fast den ganzen Zellleib bis auf eine. feine Randzone zu erfiillen beginnt. Diese Degeneration der von der Schleimschicht gebildeten Zellen, die mit dem Auftreten des Keratohyalins verkniipft ist, erreicht eine gewisse Grenze, bis zu welcher ich die gesamte tiber der Schleimhaut liegende Zone »Hpitrichium“ nenne. Nachdem diese Grenze erreicht ist, entstehen, wie Fig. 3 zeigt, aus der Schleimschicht Zellen, welche nicht denen des Epitrichiums gleichen, da sie die Farbfliissigkeit weniger angenommen haben als die des Epitrichiums, platter sind und viel gréfere Kerne besitzen als diese, und da man in ihnen niemals auch nur eine Spur von Keratohyalinkérnern nachweisen Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 69 kann. Aus dieser Schicht wird sich das spaitere Horn entwickeln, und sie bezeichne ich deshalb als ,,Hornbildungszone“. Das Epitrichium nimmt nun an den Stellen, wo sich bereits eine Hornbildungszone entwickelt hat, trotzdem es anfanglich durch Volumenzunahme seiner Zellen noch dicker wird, an Zellenlagen ab. Es werden die obersten Zellen allmahlich abgestofen, weshalb auch von diesem Zeitpunkt an die aufersten Lagen an meinen Schnitten meist gelockert und abgerissen sind. Bei dem dltesten Stadium iiberzieht denn auch das Epitrichium, wie Fig. 9 zeigt, die Hornbildungszone nur noch als ein schmales, aus wenigen Zellenreihen zusammengesetztes Band, welches an meinen Pra- paraten von der darunter liegenden Zone meist ganz abgehoben ist, so da ich, wie bereits erwihnt, vermute, dafi dieser Rest des Epitrichiums bei dem Auskriechen in toto abgeworfen wird. Die Hornbildungszone nimmt mit dem Wachstum des Embryos auch eine immer machtiger werdende Dicke an, ihre Zellen, die lange ihre grofen, blaschenférmigen Kerne behalten, platten sich, wie Fig. 4 zeigt, allmahlich ab, bis auch ihre Kerne eintrocknen. Als sichtbares Zeichen fiir die bereits eingetretene Hornbildung ist die Gelbfairbung der Schicht durch Pikrinsiure anzusehen, die stets in den obersten Lagen zuerst bemerkbar wird. — Die Entstehung einer Hornbildungszone beginnt am Ober- schnabel, und zwar zunichst an der Stelle des Eizahnes, alsdann erst an dem Unterschnabel, darauf in den Vorhéhlen der Nasen- giinge und zuletzt in der Mundhohle. In gleichem Schritt mit dem Wachstum der Hornbildungszone nimmt auch das iiber ihr liegende Epitrichium an Dicke ab; es ist daher, wie Fig. 5, 6 und 7 zeigen, jedesmal am diinnsten tiber der Hizahnanlage, wo die Hornbildung stets am weitesten vor- geschritten war. Der Eizahn bei Eudyptes chrysocome. Der Eizahn der Vogel wurde zuerst von YARELL (1826) er- wahnt als ein Organ, welches den Zweck hat, die Eischale zu durchbrechen. Mayer (1841) fand sogar ,,zwei konische, an der Basis und Mitte rundliche, am Ende zugespitzte, hellgelbliche Krystalle oder Zaihne“’. GARDINER (1884) glaubt, da’ es sich bei den Unter- suchungen MAYER’s um einen anormalen Embryo gehandelt habe, da er stets nur einen einzigen Eizahn vorfand, der sich aus echten Hornzellen zusammensetzt. Trotzdem wird der Eizahn noch von 70 Max Lewin, Gapow (1891, p. 501) als ,,ein kleines weies Héckerchen, welches aus Kalksalzen besteht‘‘, beschrieben. — Aus den yorhergehenden Schilderungen der einzelnen Stadien ist ersichtlich, daf sich der Eizahn bei Eudyptes genau in der- selben Weise entwickelt wie das tbrige, den fertigen Schnabel auskleidende Horn, und daf er bis zum Ausschliipfen des Embryos mit dem Horn der Schnabelscheiden in inniger Verbindung steht. Ein Unterschied zwischen der Entwickelung des Eizahnes und der Schnabelscheiden besteht nur darin, daf die Zellen des ersteren nicht abgeplattet sind, sondern daf sie, wie aus Fig. 6 ersichtlich ist, und was auch GarRprINER (1884, p. 38) erwahnt, hier senk- recht zur Oberflache auswachsen. Sie entstehen und verhornen, wie schon erwahnt, friher als die tibrigen Zellen der Hornbildungs- zone am Schnabel; bei ihnen stellt sich auch daher die Gelb- farbung durch Pikrinsiure am friihesten ein. — Bei den alteren Embryonen stellt der EKizahn ein schon aufer- lich deutlich erkennbares, scharfes Héckerchen dar; um eine An- wesenheit von Kalk zu erproben, habe ich die Schnitte durch den Eizahn auch mit Salzsiure behandelt, bin jedoch zu keinem positiven Resultate gelangt. Zusammenfassende Betrachtungen. 1, Ueber die Entwickelung des Skelets am Schnabel von Eudyptes chrysocome,. Die Knochen des Schnabels von Eudyptes entstehen zumeist auf bindegewebiger Grundlage. Knorpelig angelegt sind am em- bryonalen Schnabel nur das Septum nasale, die Muscheln und als hinterstes Ende des MrckeEw’schen Knorpels das Articulare, von denen die beiden ersteren Teile stets knorpelig bleiben, wahrend das Articulare primar verknochert. ; Am friihesten haben sich das paarige Maxillare, Supraangulare und Angulare entwickelt, da diese Teile schon bei unserem jiingsten Stadium Knochenzellen aufwiesen. Ihnen folgten in der Entwicke- lung das anfangs paarige, spater unpaar werdende Praemaxillare, das paarige Nasale, Palatinum und Dentale, von denen das letztere erst beim ausgewachsenen Vogel zu einem unpaaren Knochenstiick wird. Am spatesten entwickelten sich das paarige Operculare und der Vomer, welcher zu beiden Seiten des Septums paarig ange- legt wird, bald aber zu einem unpaaren Knochen verwachst. Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 71 Der Meckev’sche Knorpel, welcher den Rest des ersten Visceralbogens reprasentiert und anfangs nicht bis zu der Spitze des Unterschnabels reicht, verlingert sich noch im Laufe der Ent- wickelung nach vorn, doch bleiben seine beiden vorderen Enden immer noch durch eine geringe Spur von Bindegewebe getrennt. Dort setzt auch gegen Ende der Embryonalzeit die Atrophie des Knorpels ein; das hinterste Ende verknéchert, wie bereits erwahnt, und wird zum Articulare. MENZBIER (1887, p. 42) sagt, daf eine merkwiirdige Er- scheinung der Pinguine in ihrer auSerst langsamen Entwickelung bestehe. Diese Bemerkung ist sehr zutreffend, da beim altesten von mir untersuchten Embryo aufer den beiden paarig angelegten Teilen des Pramaxillarkérpers und des Vomer noch keine Ver- schmelzung benachbarter Knochenstiicke eingetreten war und selbst beim erwachsenen Pinguin fast tiberall noch deutliche Nahtspuren zwischen den zusammengewachsenen Knochenteilen vorhanden sind; nur das erst im ausgebildeten Zustande unpaare Dentale zeigt an seiner vordersten Spitze die Nahtspur nicht mehr. — Vergleichen wir nun noch die Angaben iiber die Entwickelung der Skeletteile des Pinguinschnabels mit denen, die bereits tiber andere Vogel in der Litteratur vorhanden sind, so ergeben sich, abgesehen von der definitiven Formgestaltung in den verschiedenen Vogelklassen, nur geringe Abweichungen. Gapow (1891, p. 984) glaubt, da’ die Palatina ,,auf oder vielleicht aus knorpeliger Grundlage“ entstanden sein werden, ,,da sie als dorsale Halfte des Palato- Pterygo- Quadrat- + Mandi- bularbogens zum Visceralskelet gehéren‘.. W. K. Parker (1870) hat jedoch bereits nachgewiesen, da’ die Gaumenbeine nicht mehr knorpelig angelegt werden, sondern daf dieselben aus dem in- differenten Bindegewebe entstehen, womit sich auch meine An- gabe deckt. Das Dentale soll nach den Angaben von NirzscH (1815) sich nur aus einem Knochenkern entwickeln; dieser Ansicht schlieSt sich Macnus (1871, p. 98) an. A. Semmer (1872, p. 43) jedoch fand bei Sperlingen die Entstehung des Dentale aus zwei Teilen. — Nach Gapow (1891, p. 993) ,,entwickelt sich das Dentale bei den jetzigen Végeln unpaar. Sein Knochenkern entsteht gerade dort, wo die beiden Halften bei anderen Wirbeltieren die Symphyse bilden. Bei Hesperornis, Ichthyornis und Gastornis hat dagegen eine solche Verwachsung nicht stattgefunden“. — Auf Eudyptes chrysocome jedenfalls stimmt diese Behauptung nicht, da seine 72 Max Lewin, Dentalia selbst beim altesten Embryo noch aus 2 getrennten Stiicken bestehen. Schlieflich soll nach OwEn (1866, p. 56) im Unterkiefer der Vogel, der von 9 Punkten aus verknéchert, das Dentale sich zu- erst entwickeln. — Bei Eudyptes treten jedoch im Unterkiefer Supraangulare und Angulare vor dem Dentale auf; der ganze Unterkiefer verknéchert bei ihm von 10 Punkten aus, namlich vom paarigen Dentale, Angulare, Supraangulare, Operculare und Articulare; ein Complementare fehlt hier ganzlich. — — Ebenso wie iiber Epidermis und Skelet, so méchte ich am Ende meiner Arbeit noch einige zusammenfassende Betrachtungen iiber die Entwickelung der Gange des Oberschnabels und iiber die Mundhohle anstellen. 2. Die Gainge des Oberschnabels bei EKudyptes chrysocome. Wie aus dem ersten Teil meiner Ausfiihrungen ersichtlich ist, wird der embryonale Oberschnabel von mehreren Gangen durch- zogen, welche den Querschnitten durch den Schnabel ein ziemlich kompliziertes Aussehen geben. Es sind dies die Nasenginge, die Thranenkanale, die Ausfiihrungsginge der Nasendriisen und end- lich zwei Luftraume, die alle in Fig. 15 von einem mittelgrofen Embryo rekonstruiert worden sind. Ein Querschnitt durch die Linie a—wz ist in der Textfigur V (S. 75) wiedergegeben. I. Die Nasengange. Die Nasengange (cf. A, in Fig. 15), welche nach KOLLIKER (1860, p. 435) als zwei grubenférmige Vertiefungen des auferen Keimblattes entstehen und erst durch Vereinigung des hautigen Stirn-Nasenfortsatzes und der Oberkieferfortsitze zu geschlossenen Gangen umgewandelt werden, sind bei unserem jiingsten Embryo. bereits so weit ausgebildet, dafi sie als die Vorhéhlen (@ in Fig. 15) in den Schnabel hineintreten, durch die Choanen ? mit der Mund- héhle kommunizieren und als die Riechhéhlen y blind nach oben und hinten endigen. In ihrem ganzen Verlauf sind sie durch das Septum nasale vollstindig von einander getrennt. Im Laufe der Entwickelung werden die Vorhéhlen @ auch von dem Hornbildungsproze8 betroffen, indem sich hier ebenfalls genau wie an der Oberflache des Schnabels ein Keratohyalin ent- haltendes Epitrichium bildet, unter dem spater eine Hornbildungs- zone entsteht, soda8 die Vorhéhlen des erwachsenen Pinguins, in Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 73 denen dann ein ,,Stratum granulosum“ fehlt, von einer diinnen Hornschale iiberzogen sind. In den Choanen /? findet eine Hornbildung nicht statt. Hier wird die Mucosa allmahlich mit einer Menge von Schleimzellen, wie sie in Fig. 11 abgebildet worden sind, bedeckt. In den Riechhéhlen endlich entstehen in dem hohen Cylinder- epithel bei alteren Stadien zahlreiche birnenformige Driisenschlauche, welche zur Feuchthaltung dieses Abschnittes bestimmt sind. II. Die Thranenkanile. Die Entwickelung der Thranenkanaéle wurde von K6OLLIKER (1861, p. 299) beim Hiihnchen, wie folgt, beschrieben: ,,Der Thranen- kanal ist keine Aussttilpung der Mundrachenhohle, wie von BAER seiner Zeit angenommen hat, sondern anfanglich eine Furche zwischen dem auferen Nasenfortsatze und dem Oberkieferfortsatze, die in zweiter Linie zu einem Kanal sich schlieBt, eine Angabe, die CosTE zuerst gemacht hat und die ich vollkommen bestatigen kann. Wie die Thranenkanalchen sich bilden, ist bis jetzt noch nicht erforscht.“ Born (1879, p. 401—429), der weit eingehender sich mit diesem Gegenstande befaft und auch den Thranenkanal beim Hithnchen von der ersten Anlage bis zur vollstandigen Entwickelung verfolgt hat, faBt seine Ergebnisse p. 420 folgendermafen zusammen: ,,Beim Huhn tritt die Thranenkanalanlage in Form einer soliden, von der Epidermis ins Bindegewebe eingewucherten Leiste auf, die sich bis an das laterale Ende am Auge von der Epidermis abschniirt und sich mit dem medialen mit der Nasenhohle in Verbindung setzt (6.—7. Tag). Der abgeléste solide Epithelstrang reprasentiert den Spateren einfachen Thranennasengang und das untere Thriinen- rohrchen; das obere Thranenréhrchen sproft aus diesem Strange erst sekundir hervor. Die Lumenbildung beginnt am Nasenende und beruht auf einem Auseinanderweichen, nicht auf einer Auf- lésung der Epithelzellen.“* — Es war mir nicht méglich, die Entwickelung der Thraénenkanal- anlage bei Eudyptes von den ersten Anfangen an zu verfolgen, da ja bei dem jiingsten vorhandenen Stadium schon ein solider Epithelstrang existierte, der sich sogar am lateralen Ende am Auge bereits in einen unteren gréferen und einen oberen viel kleineren Strang geteilt hatte. Das mediale Ende setzte sich aber nicht, wie Born (1879, p. 420) vom Hiihnchen angiebt, mit der Nasenhéhle, sondern, wie Fig. 15 B, zeigt, unweit der Choanen 74 Max Lewin, mit der Mundhoéhle in Verbindung und zwar mit der Rinne, welche in der Mittellinie sich am Dache der Mundhohle gebildet hat. Hormann (1882, p. 67) berichtet, da’ der Thranenkanal bei Végeln und Krokodilen in die Nasenhdhle, bei den Schlangen am Dache der Rachenhéhle und bei den Sauriern teils in die Choane, teils in eine Rinne am Dache der Gaumenhoéhle miindet. Es ware also hier eine den Sauriern ahnliche Bildungsweise zu verzeichnen. Die Lumenbildung des Ganges begann bei Eudyptes chryso- come erst bei den altesten der besprochenen Stadien. Ueber die Lagebeziehungen des fertigen Thranenkanals zu den Knochen des Kopfes und iiber den Bau des Ganges selbst hat B. Hormann (1882, p. 30—42) umfassende Angaben bei ver- schiedenen Végeln gemacht. Die Verhiltnisse sind bei Eudyptes aiuferst einfach, indem der dreizipflig gestaltete Gang zu keinem der Knochen der Oberschnabels in nahere Beziehungen tritt, sondern von dem Augenlide aus dicht unter der Haut schrag nach unten verlauft, nahe dem unteren Rande des Processus maxillaris des Nasenbeines durch die Apertura narium externa in die Nasenhdéhle tritt und oberhalb des Palatinfortsatzes des Maxillare in die Mund- héhle mtindet. — Watson (1883, p. 168) schildert den Thranen- gang beim Pinguin ebenfalls als ,,single throughout“. Ill. Die Ausfihrungsgange der Nasendrisen. Born (1879, p. 423) beschreibt die Entwickelung dieses Aus- fiihrungsganges beim Hiihnchen, wo der Gang am 8. Tage der Bebriitung als solider Auswuchs des Epithels von der Innenwand des Vorhofes nahe am hinteren Rande desselben entstehen und am 14. Tage mit der Lumenbildung beginnen soll; am 10. Tage soll sich der solide Epithelstrang in 2—3 Aeste teilen. — OWEN (1866, p. 144) erwihnt, dafi der Ausfiihrungsgang der Nasendriise bei Albatros und dem Pinguin sich ebenfalls in 3 Aeste spaltet; doch wies Watson (1883, p. 169) darauf hin, daf er bei jeder Pinguingattung stets nur einen Ausfthrungsgang der Nasendrtise entdecken konnte. Damit stimmt nun auch meine Wahrnehmung bei Eudyptes chrysocome iiberein. Meine Beobachtungen tiber die Entwickelung dieses Ganges gehen dahin, daf sich derselbe ziemlich spat anlegt, da er erst bei dem 4,7 cm grofen Embryo nachzuweisen ist. Er ist dort bereits ein solider Epithelstrang, der sich nicht, wie Born augiebt, von der Innenwand der Vorhéhlen, sondern bei Eudyptes von der Aufenwand derselben, kurz vor den Choanen abzweigt. (cf. D, in Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 75 Fig. 15). — Seine Lumenbildung beginnt zu gleicher Zeit mit der des Thranenkanals, mit dem der Gang auch kurz vor seiner Aus- miindung parallel lauft; seine Miindung liegt noch vor der des Thrianenkanals. KOLLIKER (1877, p. 10) hat auf die Aehnlichkeit dieses Ganges mit dem JAcopson’schen Organ beim Séuger resp. beim Menschen hingewiesen. Es ist dies jedoch schon von Born (1879, p. 424) widerlegt worden, indem Born ausfiihrt, da& die Entstehungsweise des JAcoBson’schen Organes ganz verschieden sei von dem der Nasendrtise. Jenes sei schon friihzeitig als hohle Ausstiilpung der Riechgrube angelegt und von Anfang an mit hohem Sinnesepithel ausgekleidet; der Gang der Nasendriise dagegen ist auch bei Eudyptes anfangs ein solider Epithelstrang, der erst ziemlich spat entsteht und auch anderen Driisengiingen in seiner Entstehungs- weise gleichkommt. IV. Die Luftriume des Oberschnabels. Die Luftriume, welche den embyronalen Oberschnabel durch- ziehen, kénnen vielleicht systematisch von einigem Interesse sein. — Sie sind bei unserem jiingsten Embryo tiberhaupt noch nicht vor- handen, zweigen sich erst spater vom vordersten Teile der Riech- Fig. V. Bezeichnungen wie in Fig. 15. A, Nasenginge, B, Thrinen- kanile, C, Luftraume, D, Ausfihrungsginge der Nasendrtsen. (Querschnitt durch den Schnabel des Embryo D>; ef. Fig. 15.) héhlen nahe den Choanen ab und ziehen als schmale Blindsi&cke, wie dies die punktierte Linie jC, in Fig. 15 angiebt, bis zu den hintersten Enden der Palatina schrag nach riickwarts und abwarts. Im Laufe der Entwickelung vergréfern sich diese Raiume, die mit Plattenepithelien ausgekleidet sind, wesentlich, indem sie sich, wie 76 Max Lewin, Fig. 15 lehrt, namentlich nach vorn gegen die Schnabelspitze zu ausdehnen und dort, tiber dem Palatinum verlaufend, bis an den K6rper des Maxillare heranreichen. Sie werden jedoch bald wieder reduziert, erstrecken sich bei unserem altesten Embryo nur noch wie am Anfang bis an die hintersten Enden der Palatina (cf. 7 C, in Fig. 15) und sind beim erwachsenen Pinguin ganz verschwunden. Inwiefern diese Luftraume ein systematisches Interesse be- anspruchen kénnen, will ich in meiner SchlufSbetrachtung erwahnen. Was nun noch die Lagebeziehungen der einzelnen Gange betrifft, so sieht man auf einem Querschnitt, der durch die Linie X—X in Fig. 15 gefiihrt ist, cf. Textfigur V, dicht unter der Haut die beiden Thranenréhrchen B, und von aufen nach innen fort- schreitend die Luftraume C,, die auf diesem Schnitt zweimal ge- troffen sind, alsdann die Ausfiihrungsginge der Nasendriisen D, und der Mittellinie am nachsten die Nasengange A,. 3. Die Mundhohle. Durch meine ersten Untersuchungen in der Mundhohle des embryonalen Pinguinschnabels wollte ich erforschen, ob hier nicht wenigstens rudimentaére Anlagen einer Zahnentwickelung nachzu- weisen waren. JBestirkt wurde ich in dieser Hoffnung durch die Vermutung Owen’s, dafi der Pinguin eine Uebergangsstufe vom Reptil zum Vogel darstellen kénne; auSerdem auch durch ver- schiedene Angaben in der Litteratur tiber embryonale Zahn- bildungen anderer Végel. Bekannt ist, daB die fossilen Végel Ziahne besessen haben, pie auch von MaArsH bei Hesperornis, Ichthyornis, von Owsn und Dames bei Archaeopteryx thatsachlich nachgewiesen wurden. ETIENNE GEOFFROY ST. HILAIRE hat im Jahre 1821 bei Embryonen von Palaeornis torquatus an Nerven und Gefafen reiche Papillen gefunden, die er mit den Zahnkeimen eines ca. 3 Monate alten menschlichen Embryos vergleicht. Cuvier (1821) bestatigt diese Angabe Sr. Himarre’s, die der Akademie der Wissenschaften in Paris mitgeteilt worden war, und bemerkt noch, daf sich die Hornschicht tiber diese Papillen in derselben Art ausbreite, wie der Schmelz iiber die Zahne. BLANCHARD (1860, p. 540) geht sogar so weit, da er bei den von ihm untersuchten Embryonen von Cacatua und Melo- psittacus Papillen, die aus wirklichem Dentin bestanden, nachzu- Entwickeluug des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 77 weisen versucht und diesen sogar echte Alveolen zuschreibt. Es giebt also nach ihm bei den erwahnten Gattungen ,,un véritable systeme dentaire présentant par la structure et par l’enchassement dans les os maxillaires les caractéres ordinaires de dents‘. — FRAISSE (1879) jedoch verwirft vollstandig BLANCHARD’s Theorie, indem er behauptet, daS bei dem von ihm untersuchten Embryo von Melopsittacus keine Spur von Dentin in den erwahnten Papillen vorhanden sei, sondern daf es sich nur ,uum sehr merk- wiirdig umgewandelte Hornzellen‘t handle. Von wirklichen Zahnen kénne daher absolut keine Rede sein.. ROésE (1892, p. 748) will bei Embryonen von Sterna Wilsoni eine Zahnleiste gefunden haben, die aber spater an der Ver- hornung der itibrigen Kieferschleimhaut teilnimmt. SchlieBlich hat ALBERTINA CARLSSON (1896, p. 72) bei Embryonen von Sterna hirundo an der Spitze des Oberschnabels eine Ektodermleiste ge- sehen, die jedoch tiber das Epithel nicht hervorragt und bei dem Beginn der Verhornung der Mundschleimhaut eine Riickbildung erleidet ; dasselbe sah CARLSSON im Unterkiefer. Leider war in dem Schnabel von Eudyptes chrysocome von einer auch nur rudimentiren Zahnanlage nicht eine Spur nach- zuweisen. Schon beim jiingsten Embryo sind hier am Dache der Mund- héhle wallartige Erhebungen vorhanden, aus denen die eine an der Schnabelspitze (cf. ar in Textfigur I und ar in Fig. 15) sich zu einer Tastplatte entwickelt, wahrend auf den hinter dieser Platte zu beiden Seiten der MitteJlinie liegenden Hervorwélbungen durch Wucherung des embryonalen Bindegewebes je 4 Reihen von Papillen entstehen, welche bei dem erwachsenen Pinguin stark verhornt und nach riickwiirts gebogen sind; auf der Zunge bilden sich 9 Reihen und am Mundboden zu beiden Seiten der Mittel- Jinie je 2 Reihen solcher Papillen. Diese Papillen sind, wie auch FRAISSE (1881, p. 310) schon betont hat, ihrer Funktion nach mit den nach hinten gerichteten Zihnen der Schlangen und Fische wohl vergleichbar, indem sie sicherlich zur Festhaltung der ein- mal in den Schnabel gelangten Nahrung dienen, nicht aber in ihrer Entstehungsweise. Auf die geringe Entwickelung der Speicheldriisen habe ich bereits hingewiesen. — Erwihnen méchte ich noch, da ich embryonale Federanlagen, die FratssE (1881, p. 311) im Schnabel der Ente gesehen haben will, in der Mundhéhle von Eudyptes nicht vorfand. 78 Max Lewin, Ebenso konnte ich die Anwesenheit eines JACOBSON’schen Organs nicht konstatieren. Schlussbetrachtung. Zum SchluS meiner Abhandlung méchte ich noch diejenigen Merkmale hervorheben, welche fiir die Systematik von Eudyptes chrysocome in Betracht kommen kénnten. Die Auffassung OweEn’s (1866, p. 270), da’ sich die Pinguine direkt aus den Reptilien entwickelten und eine Uebergangsstufe von den Reptilien zu den Végeln reprasentieren, wird heute all- gemein nicht anerkannt. Die herrschende Ansicht ist die, dah die jetzt lebenden Pinguine direkt von Flugvégeln abstammen, wofiir unter anderem die Anwesenheit einer Carina, sowie der Befund Watson’s (1883) angefiihrt wird, daf Arm- und Hand- skelet nebst den Muskeln der Brust und des Fliigels nach dem- selben Typus gebaut sind wie bei flugfihigen Carinaten. Diese Annahme der Abstammung von Flugvégeln wird wohl auch dadurch unterstiitzt, daf sich bei den Embryonen von Eudyptes chrysocome von der Nasenhéhle aus in den Schnabel Luftriiume abzweigen, welche sich bis in die Mitte des Embryonal- lebens vergréfern, dann aber allmahlich wieder riickgebildet werden und beim erwachsenen Pinguin ganz geschwunden sind. — Daf die Trennung der Pinguine von dem Stamme der Flug- vogel aber ziemlich friihzeitig erfolgen mute, beweist die That- sache, daf sich mehrere embryonale Eigentiimlichkeiten hier er- halten haben, welche den heutigen Végeln abgehen und eine naihere Beziehung zu den Reptilien verraten. Solche sind unter anderem auch darin zu erblicken, daf die Knochen des Schadels sehr lange getrennt bleiben, und daf sich selbst beim erwachsenen Pinguin dort fast tiberall noch Nahtspuren nachweisen lassen. Eine den Sauriern ahnliche Bildung zeigt sich vielleicht auch in der Ausmiindung des Thranenkanals. Es sei mir noch gestattet, fiir die giitige Ueberlassung des so kostbaren Materials meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Cuun, herzlichst zu danken. Diesem, sowie Herrn Prof. Dr. zuR SrTRAssEN bin ich auch fir die freundlichen Beratungen, die mir waihrend meiner Arbeit zu teil wurden, zu gré8tem Danke verpflichtet. Entwickelung des Schnabels von Eudyptes chrysocome. 79 Litteraturverzeiehnis. AurnamMer, 1869, Kritisierende Bemerkungen zu Scuroy’s Satz: Lo strato corneo trae la sua origine dalle ghiandole sudorifere. Verhandlungen der Physik.-med. Ges. zu Wiirzburg, Bd. I. Batre, 1880, Beitrage zur Kenntnis des Baues der Reptilienhaut. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XVII. 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XXX. 6 82 Lewin, Entwickelung d. Schnabels v. Eudyptes chrysocome. Erklirung der Abbildungen. Ep = Epitrichium, H = Hornbildungszone. TRatted Ta Fig. 1. Die Epidermis der Unterschnabelspitze eines 3,5 cm grofen Embryos von Eudyptes chrysocome bei 420-facher Ver- gréferung. Fig. 2. Dasselbe von einem 4,7 cm grofen Embryo bei 420- facher Vergréferung. Fig. 3. Dasselbe von einem 6,9 cm grofen Embryo bei 420- facher Vergréferung. Fig. 4. Dasselbe von einem 11,8 cm grofen Embryo bei 420- facher Vergréferung. Fig. 5. Querschnitt durch die Oberschnabelspitze eines 3,5 cm grofen Embryos (die EHizahnanlage) bei 50-facher Vergréferung. s = Septum nasale. Fig. 6. Der zwischen a—b liegende Teil der Fig. 5 bei 420- . facher Vergréferung. Fig. 7. Querschnitt durch die Oberschnabelspitze eines 6,9 cm grofen Embryos in der Gegend des Eizahnes bei 50-facher Ver- groferung. Fig. 8. Ein aus dem Bezirk @ der Fig. 7 stammendes Stiick bei 420-facher Vergréferung. Fig. 9. Querschnitt durch die Epidermis des Oberschnabels von einem 11,8 cm grofen Embryo (hinter dem EHizahne) bei 25- facher Vergréferung. Fig. 10. Ein zwischen a—b der Fig. 9 liegender Teil der Epidermis bei 420-facher Vergréferung. Fig. 11. Das Epithel der Mundhéhle von einem 5,6 em grofen Embryo bei 420-facher Vergréferung. Met @,leel Tae Fig. 12. Dasselbe von einem 11,8 cm grofen Embryo eben- falls bei 420-facher VergréBerung. Fig. 13. Die plattenférmige Erhebung ar und die Papillen vom erwachsenen Pinguin. Natiirliche Gréfe. Kopie nach Watson. Fig. 14. Horizontalschnitt durch die Platte ar der Fig. 13 nahe der Oberfliiche bei 6-facher Vergréferung. Fig. 15. Rekonstruktion der Ginge des Oberschnabels von einem 6,9 cm grofen Embryo bei 12-facher Vergréferung. A, Nasengang. dehnung des Luftraumes a Vorhéhle. bei dem 4,7 und 11,8 cm 8 Die Choane. groben Embryo). y Die Riechhéhle. D, Ausfiithrungsgang der Nasen- B, Thrinenkanal mit Thranen- driise. rohrchen. ar Plattenformige Erhebung in C, Luftraum (die punktierte der Mundhohle ,an der Linie jC, zeigt die Aus- Spitze des Oberschnabels. Abnormitaten in der Furchung von Ascaris lumbricoides. Von Kristine Bonnevie, Konservator an der Universitat Kristiania. (Aus dem zoologischen Institute zu Wiirzburg.) Hierzu Tafel IV—VI und 1 Figur im Text. Wahrend ich im zoologischen Laboratorium in Wirzburg mit einer Untersuchung tiber die Chromatindiminution bei Ascaris lumbricoides (1) beschaftigt war, sind mir zwei Zuchten von Ascariseiern auffallend gewesen durch das haufige Vorkommen gewisser Abnormititen unter den jiingeren Furchungsstadien. — Spater habe ich diese Zuchten einer genauen Untersuchung unter- worfen. Obwohl meine Resultate kein véllig abgeschlossenes Ganzes bilden, enthalten sie doch Punkte von allgemeinerem In- teresse; und da das Eintreten dieser abnormen Bildungen mehr auf Zufall als auf einer bestimmten Behandlungsweise') beruht, glaube ich ‘schon jetzt meine bisherigen Befunde verdéffentlichen zu diirfen in der Hoffnung, bei einer spiteren Gelegenheit die Liicken ausfiillen zu kénnen. Die abnorme Entwickelung geht in den beiden erwaihnten Zuchten in verschiedenen Richtungen, und zwar ist sie in der einen durch ein haufiges Auftreten von ab- normen Teilungsfiguren charakterisiert (Taf. IV und V), wahrend sich in der anderen (Taf. VI) eine Neigung zeigt zu einer doppelten Einschniirung einzelner Zellen. 1) Die Zuchten waren in derselben Weise behandelt wie viele andere in meinem Material (feuchte Kammer, Pepsinlésung, Alk.-Hisessig [1]) und auch unter sich ganz gleich; die abnorme Entwickelung der Eier beruht wahrscheinlich auf individuellen Unterschieden der Muttertiere. G* 84 Kristine Bonnevie, ‘Ich fange mit einer Beschreibung der ersteren an, da hier das Material am reichsten vorhanden war, und ich werde dann spiter zu zeigen versuchen, daf diese beiden abnormen Ent- wickelungsrichtungen wahrscheinlich auf eine und dieselbe Kigen- tiimlichkeit der betreffenden Zellen zuriickzufiihren sind. Das abnorme Verhalten dieser Zucht pragte sich nicht nur in dem Vorkommen mehrpoliger Teilungsfiguren aus, sondern auch viele zweipolige Spindeln zeigten eine véllig abnorme Entwickelung. — Ich werde zuerst eine kurze Beschreibung der einzelnen ab- normen Bildungen meines Materiales vorausschicken, indem ich sie in der Reihenfolge, in welcher sie in der Entwickelung des Embryos vorkommen, bespreche, um dann spater auf eine Deutung derselben zuriickzukommen. Die befruchteten Eier zeigten in tiberwiegender Zahl ein ganz normales Aussehen. Doch fanden sich unter ihnen einzelne, in denen die Teilungsfiguren eine auffallende Form und Lage auf- weisen, so wie in Taf. IV, Fig. 1 und 2 gezeigt ist. Charakte- ristisch fiir diese ist, da die Spindel immer peripher in der Zelle liegt, mit beiden Polen die Oberflache derselben beriihrend. Die Chromosomen beider Vorkerne waren in allen diesen Fallen den Spindelstrahlen zerstreut angelagert, ohne eine Aequatorialplatte gebildet zu haben. Auferdem fanden sich unter den ungeteilten Eiern eine kleine Anzahl, in welchen vierpolige Teilungsfiguren zu sehen waren. Fig. 3 und 4 stellen solche vor; in Fig. 3 liegen im Inneren des Eies 4 Centrosomen, in Form eines Tetraeders an- geordnet, und durch Spindelstrahlen unter sich verbunden (2 Pole decken sich auf der Figur, und die sie verbindende Spindel steht senkrecht auf dem Plan der Tafel). Die Chromosomen sind auf alle Spindeln verteilt auf einem Stadium nahe vor der Aequatorial- plattenbildung. In Fig. 4 dagegen liegen alle Centrosomen ober- flachlich in der Zelle, sind nicht unter sich durch Spindeln ver- bunden, und an ihren Strablen sind die Chromosomen angeheftet, ohne irgend eine regelmafige Anordnung zu zeigen. Viel haufiger als im ungeteilten Ei kommen Abnormitaten vor in Furchungsstadien, wo schon 2 oder 3 Zellen vorhanden sind; Fig. 5—22 (9 und 14 ausgenommen) zeigen verschiedene Beispiele von solchen. In Stadien, wo zwei Blastomeren vorhanden sind, habe ich nie mehrpolige Teilungsfiguren gesehen; dagegen zeigten die 2-poligen Spindeln sehr hiufig einen abnormen Bau, wie dies in Fig. 5—8 und in Fig. 10 abgebildet ist. Abnormititen in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 85 In allen diesen Fallen liegen, ihnlich wie in Fig. 1 und 2 fir das ungeteilte Ei gezeigt wurde, die Polstrahlungen ganz ober- flachlich in den Zellen, und der Verlauf der Spindelstrahlen ist dadurch stark beeinflu&t. Am 6ftesten sind Bildungen wie Fig. 5 und 6 zu finden, in welchen die beiden Pole einander sehr nahe liegen, und wo daher die dieselben verbindenden Spindeln eine eigentiimliche Knickung zeigen. — In Fig. 7 ist ein Fall abge- bildet, in welchem alle Chromosomen nach dem einen Pol hinge- zogen werden, wahrend die andere Strahlung auf der entgegen- gesetzten Seite der Zelle zu sehen ist, ohne daf eine Spindel- bildung zwischen beiden iiberhaupt zustande gekommen ist. — In Fig. 8 sieht man auch eine eigentiimlich gebogene Spindel, deren einer Pol die freie Zellenoberfliche beriihrt, wahrend der andere der Wand zwischen beiden Zellen angelagert ist. Die Chromo- somen sind hier schon in zwei Gruppen getrennt, und die Spindel- fasern sind iiberall deutlich zu verfolgen, obwohl sie in einem groken Bogen im Inneren der Zelle verlaufen, so da8 sie nur bei verschiedener Einstellung des Mikroskopes in ihrer ganzen Lange sichtbar werden. In Fig. 10 endlich ist ein Fall abgebildet, wo beide Blastomeren abnorme Verhaltnisse zeigen, indem die eine 2 ruhende Kerne enthalt, waihrend in der anderen wieder eine ge- bogene Spindel zum Vorschein kommt; beide Pole liegen auch hier oberflachlich, indem der eine die Wand gegen die Nachbar- zelle beriihrt, der andere auf der freien Oberflache unweit des ersteren zu sehen ist. Fig. 11—13 und 15—22 zeigen Stadien, in welchen 3 Blasto- meren vorhanden sind. — In Fig. 11 findet man in 2 Zellen junge ruhende Kerne, in der dritten aber wird eine abnorme Spindelbildung eben eingeleitet. Man sieht die beiden Centren ganz oberflichlich und einander sehr nahe gelegen von deutlichen Strahlungen umgeben, wiahrend die Chromosomen nach eben er- folgter Auflésung der Kernmembran einen Haufen im Inneren der Zelle bilden. — Fig. 12 und 13 stimmen in ihrer Ausbildung sehr tiberein; in beiden sieht man 2 Zellen von normalem Aussehen und eine dritte, die 2 groBe ruhende Kerne enthalt und auch 2 schwach sichtbare Strahlungen. Sehr haufig waren in diesen Furchungsstadien Bildungen, wo in einer Zelle mehrpolige Teilungsfiguren vorkommen, und tiberall ergab sich die Zahl der Pole als vier. — In Fig 15 und 16 haben die 4 Centrosomen ihre kinetische Wirksamkeit vor kurzem_ be- gonnen; die Strahlungen sind klein und die Pole noch nicht durch 86 Kristine Bonnevie, Spindeln verbunden. Die Lage derselben ist hier tiberall so ober- flachlich, da8 sie mit ihren Strahlungen als kleine Hécker aufen an der Zelle wahrzunehmen sind. In betreff der Chromosomen ist es deutlich, da’ dieselben in beiden Fallen aus 2 Kernen stammen. Fig. 17 zeigt ahnliche Verhaltnisse, nur auf einem etwas spaiteren Stadium. Hier sind je 2 von den 4 Centrosomen unter sich durch Spindeln verbunden, und da die Pole noch oberflachlich liegen, zeigen beide Spindeln einen Verlauf ahnlich wie in den friiher beschriebenen zweipoligen Zellen (s. Fig. 5 und 6). In Fig. 18 und 19 liegen die 4 Pole weit voneinander ent- fernt, und auch hier alle oberflaichlich. Die Chromosomen sind anscheinend ganz willkirlich auf die Sphiren verteilt, und keine Spindelbildung ist zu sehen. Fig. 20 und 21 zeigen wieder vierpolige Teilungsfiguren. Hier liegen aber alle Centren im Inneren der Zellen, und sie sind unter sich durch wohl entwickelte Spindeln verbunden. Charakteristisch ist es auch fiir beide Falle, da in allen Spindeln eine Chromatin- diminution zu erkennen ist. In Fig. 22 ist ein Furchungsstadium abgebildet, das gleich- falls aus 3 Zellen besteht. 2 von diesen haben normale Teilungs- figuren mit Chromatindiminution, wahrend die dritte, die im Ruhe- stadium ist, eine ganze Menge kleiner Kerne enthalt. Endlich sind in Fig. 23 und 24 ein paar spaitere Furchungs- stadien abgebildet, in welchen dieselben abnormen Bildungen vor- kommen, die schon oben fiir jiingere Stadien beschrieben sind. — In Fig. 23 sind 2 der 4 Zellen im Ruhezustande, wahrend in den 2 anderen die charakteristisch geknickten Spindeln mit oberflich- lich gelegenen Polen wieder zum Vorschein kommen. — In Fig. 24 sind 5 Zellen vorhanden, von denen 2 ganz junge Kerne ent- halten, die dritte eine Gruppe von kleinen Kernen, wahrend die zwei letzten, die in Vorbereitung zur Teilung stehen, je 4 Centro- somen haben, zwischen denen die Chromosomen verteilt sind. In der Zelle B liegen alle 4 Centrosomen oberflichlich (2 decken sich beinahe auf der Zeichnung) und keine Spindeln sind vorhanden, wahrend in A 3 Centrosomen oberflachlich liegen, das vierte im Inneren der Zelle!), und eine Spindel zwischen dem letzteren und einem der oberflichlich gelegenen zu sehen ist. 1) Ist auf der Figur von einer der oberflichlichen Strahlungen gedeckt. Abnormititen in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 87 Durch die obigen Erérterungen habe ich die verschiedenen Erscheinungen kurz charakterisiert, in welchen die Abnormitit dieser Zucht zum Vorschein kommt, und ich gehe jetzt zu einer Deutung der einzelnen Falle tiber, um dann erst den Gesichts- punkt festzustellen, worunter diese verschiedenartigen abnormen Bildungen zu betrachten sind. Die grofe Menge von mehrpoligen Teilungsfiguren dieser Zucht kénnte ihren Grund entweder in einer weit verbreiteten Poly- spermie haben, oder in einer Neigung zu Unterdriickung der Zellteilung. — Kine eingehende Betrachtung des ganzen Materiales ergiebt als unzweifelhaft, daf das letztere der Fall ist, und zwar aus folgenden Griinden: 1) In den multipolaren Teilungsfiguren ist die Zahl der Pole immer 41); sie waren also, — wenn nicht auf Unterdriickung einer Zellteilung, — alle auf Dispermie zuriickzufiihren; und da eine so weit verbreitete Dispermie stattfinden sollte, ohne da ein einziger Fall von wirklicher Polyspermie vorkommt, ist nicht wahrscheinlich. 2) Eine Betrachtung der befruchteten Eier auf Vorkern- Stadium zeigt nichts Abnormes *), und wenn Dispermie die Ursache ware, miiSten beinahe die Halfte der Eier 3 Vorkerne haben. 3) Die multipolaren Teilungsfiguren kommen im Ei aufer- ordentlich viel seltener vor als in den spiateren (8—4-zelligen) Furchungsstadien, was mit der Annahme einer dispermen Be- fruchtung nicht zu vereinigen wire. Die hier erwihnten Thatsachen, von denen vielleicht jede einzelne fiir sich keine absolute Beweiskraft beanspruchen kann, sprechen, alle zusammengenommen, sehr entschieden gegen eine Annahme von Polyspermie, ebenso wie eine Betrachtung der ganzen Reihe von abnormen Fallen stark zu Gunsten einer Deutung der- selben als Unterdriickung einer Zellteilung spricht. 1) Einmal habe ich in einer Zelle eines 3-zelligen Keimes eine 6-polige Figur wahrgenommen, aber diesem ganz allein stehenden Falle kann keine Bedeutung zugelegt werden, und er ist wohl auf eine abnorme Dreiteilung eines Centrosoma zuriickzufiihren. 2) In einzelnen Fallen habe ich Eier mit 3 Kernen gesehen, doch nicht éfter, als sie auch unter ganz normalen Eiern vor- kommen; sie haben hier kaum ihren Grund in Polyspermie, sondern darin, daS nach der Richtungskérperbildung 2 EHikerne sich ge- bildet haben. 88 Kristine Bonnevie, Es zeigt sich auch durch eine solche Betrachtung, daf die abnormen zweipoligen Spindeln Vorstufen sind vor den vierpoligen, und weiter, daf die Ursache aller dieser Bildungen in einem eigentiimlichen Verhalten der Centrosomen der betretfenden Zellen zu suchen ist. Ein Riickblick auf die Beschreibuung der einzelnen Falle er- giebt als gemeinsam fiir alle abnormen zweipoligen Teilungsfiguren, dafi die Centrosomen eine ganz oberflachliche Lage ein- nehmen. — Dies ist bei den normalen Teilungen bei A. Jumbri- coides auf dem Spindelstadium nicht der Fall; nach jeder Zell- teilung riicken zwar beide Centrosomen normal ganz an die Ober- flache der Zellen hinaus, wo sie wihrend der allmahlichen Riick- bildung der Polstrahlung eine Zeitlang verbleiben. Vor der nichsten Teilung wandert aber das Centrosoma oder seine beiden Abkémmlinge ins Zelleninnere hinein; noch vor der Auflésung der Kernmembran sieht man, wie auf Fig. 14 abgebildet, die beiden Tochtercentrosomen dem Kern dicht angelagert, und von dieser Stelle aus fangen sie normal ihr Mitwirken bei der Spindelbildung an. In den hier betrachteten Fallen ist es nun augenscheinlich, daf diese Wanderung der Centrosomen ins Zelleninnere hinein unterblieben ist. In seiner oberflichlichen Lage teilt sich das Centrosoma; die beiden Tochtercentrosomen wandern, indem sie sich voneinander entfernen, noch immer der Zellenoberfliche ent- lang, und von dieser Stelle aus vermitteln sie die nachstfolgende Spindelbildung. Dies wire die erste unserer Beobachtung zu- gangliche Ursache der spateren abnormen Bildungen. Geht man noch weiter zurtick, dann stellt sich die Frage, worin dieses eigentiimliche Benehmen der Centrosomen seinen Grund hat, ob dieser in den Centrosomen selbst zu suchen ist, oder vielleicht im Protoplasma der betreffenden Zelle. Auf diese Frage geben meine Befunde keine Antwort; nur so viel geht daraus. deutlich hervor, daf die Thiatigkeit der Centrosomen wahrend der Kern- und Zellteilung eine geringere ist als sonst, aber nicht, ob dies auf eine Abschwaéchung der Centrosomen oder auf einen ge- steigerten Widerstand des Protoplasmas zuriickzufiihren ist. Werfen wir jetzt wieder einen Blick auf die verschiedenen Folgen dieser abnormen Neigung. Fig. 1 und 2 reprasentieren beide die Teilung des befruch- teten Eies; man sieht da noch die Chromosomen der beiden Vor- kerne in zwei Gruppen getrennt. Eine periphere Lage der Vor- kerne, wie sie die beiden Figuren voraussetzen, ist nichts Au8er- Abnormitaten in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 89 gewohnliches, aber peripher gelegene Spindeln, wie diese, kommen doch normal nicht vor, da die Centrosomen selbstandig ihre richtige Lage in der Zelle einnehmen und dann die Chromosomen zwischen sich einordnen. Hier scheint es, dafi das Centrosoma zuerst — wie das bei einer so peripheren Lage der Vorkerne leicht denk- bar ist — zufallig ganz oberflichlich in der Zelle gelegen war, und spiter sozusagen an die Oberfliche gebunden geblieben ist, so da die Tochtercentrosomen von dieser Stelle aus die Kern- teilung dirigieren miissen. In Fig. 1 scheint es, daf der Trieb zu einem Eindringen ins Innere der Zelle sich an den Centro- somen noch geltend gemacht hat, und daf dadurch ein Zug auf die Oberflache ausgetibt und die beiden Einbuchtungen derselben bewirkt worden sind. Eine Folge der peripheren Lage der Spindel — in erster Linie also der Abschwachung der Centrosomenthitigkeit — wire es dann, wenn in diesen Kiern keine Durchschniirung des Zellleibes erfolgen wiirde, was durch einen Vergleich mit den spiteren Sta- dien unbedingt anzunehmen ist. In Fig. 3 und 4 ist in dieser Weise eine Teilung unterdriickt; diese Figuren reprasentieren also in Wirklichkeit das zweizellige Stadium mit den beiden Zellen P! und S!. — Sie sind unter sich verschieden in betreff des Verhaltens der Centrosomen'). In Fig. 3 sind die 2 Centrosomen, die sich nach Unterdriickung der Teilung in der Zelle befanden, vor der nachsten Teilung in die Zelle hineingewandert, und die 4 Tochtercentrosomen haben eine regelmafige Anordnung der Chromosomen der beiden Kerne_ be- wirkt. In Fig. 4 dagegen haben sich die Centrosomen noch nicht von der Zellenoberflache getrennt; die 4 Tochtercentrosomen sind, weit voneinander entfernt, von deutlichen Polstrahlungen umgeben, aber nicht durch Spindeln unter sich verbunden. Die Chromo- somen sind auf die 4 Strahlungen verteilt, wie es scheint ganz regellos. Ein Vergleich zwischen dem normalen Zweizellenstadium der A. lumbricoides und diesen abnormen, wo die Teilung des Proto- plasmas unterdriickt ist, ergiebt in betreff des Verhaltens der Centrosomen eine Thatsache von Interesse. Normal unterscheiden sich die 2 ersten Zellen P! und S! auBerlich sehr wenig von- einander, so lange sie in Ruhe sind. Aber die Vorbereitung zur 1) Auf eine Deutung dieses Unterschiedes komme ich spiater (p. 92) aurick. 90 Kristine Bonnevie, naichsten Teilung tritt in der Zelle S' immer zuerst auf und erst, wenn diese schon geteilt ist, findet man eine Spindelbildung in P?. — Hier dagegen, wo die Centrosomen und die Kerne sich normal geteilt haben, wihrend das Protoplasma beider Zellen noch ge- mischt ist, fingt die Wirksamkeit beider Centrosomen gleichzeitig an, — eine Thatsache, die dafiir spricht, da’ der normale Unter- schied im Teilungsrhythmus der Zellen auf einer Verschiedenheit der Protoplasmabeschaffenheit beruht, wahrend die Centrosomen beider Schwesterzellen unter sich gleichwertig sind. Zwischen den beiden Stadien, die in Fig. 1 u. 2 und 3 u. 4 abgebildet sind, ware ein ungeteiltes Ei mit 2 Kernen einzuschalten, dem normalen Ruhestadium nach der ersten Teilung entsprechend. — Daf ich solche Bildungen gesehen habe, ist sehr wahrschein- lich; da sie sich aber in nichts von dem Vorkernstadium des be- fruchteten Kies unterscheiden wiirden, konnte ich nie mit Sicherheit behaupten, ein solches Zwischenstadium vor mir zu haben. Wahrend im ungeteilten Ei die in Rede stehenden abnormen Bildungen verhaltnismafig sehr selten vorkommen, sind sie in Furchungsstadien mit 2—3 Blastomeren auferordentlich haufig. Dieser Unterschied lat sich durch das Verhalten der Centro- somen vor dem Eintritt ihrer kinetischen Wirksamkeit bei den betreffenden Teilungen erklaren. — Wenn namlich die Ursache der abnormen Teilungen in einer oberflichlichen Lage der Centro- somen wahrend des ganzen Teilungsvorganges zu suchen ist, so ist es klar, daf die Méglichkeit fiir das Eintreten einer solchen eine weit gréBere ist zwischen der ersten und zweiten Teilung des Kies, wo das Centrosoma auch normal zu einer gewissen Zeit die Zellenoberflache beriihrt, als vor der ersten, da hier eine Beriihrung zwischen beiden wohl nur zufallig durch eine ganz periphere Lage der Vorkerne bewirkt werden kann. — Man kénnte dann hieraus schliefen, da’ das abnorme Verhalten der Centrosomen nicht auf - einem aktiven Trieb in diesen selbst beruht, sondern darauf, daf sie, wenn sie erst mit der Zellenoberfliche in Beriihrung geraten sind, abnorme Schwierigkeiten haben, von derselben loszukommen. Wahrend in Fig. 3 und 4 die ungeteilte, mit 4 Centren aus- gestattete Zelle dem normalen zweizelligen Zustand entspricht, ist dieser in Fig. 5—8 wirklich eingetreten. Hier ist tberall die Ursomazelle I (S!) in Vorbereitung zur Teilung, wahrend die Propagationszelle (P!) immer noch in Ruhe ist. In Fig. 10 und 11 sieht man den Teilungsvorgang in der Zelle P' eingeleitet, wihrend in S* die Teilung vollendet ist (in Fig. 10 ist nur der Kern geteilt). Abnormitaten in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 91 Kin Blick auf diese Figuren gentigt, um zu zeigen, wie das Aussehen der Teilungsfiguren von Zufalligkeiten bestimmt wird, sobald die regulire Wirksamkeit der Centrosomen in irgend einer Weise gehemmt ist. Wo das Centrosoma nach der vorigen Teilung liegen geblieben ist, da teilt es sich wieder; und die Form der Spindeln ist abhaingig von dem Zeitpunkt, zu welchem die Tochter- strahlungen stark genug sind, um die Chromosomen an sich heran- zuziehen, oder mit anderen Worten: von den zufilligen Lage- beziehungen zwischen Kern und Centrosoma; und so kann auch der Fall eintreten, daf alles Chromatin an die eine Sphare an- gezogen wird, ohne daf eine Spindel tiberhaupt zustande kommt. (Fig. 7). Wahrend man fiir die erwaihnten Figuren in den meisten Fallen voraussetzen darf, daf die erste Teilung des Kies normal verlaufen ist, ist dies bei Bildungen, wie der in Fig. 10 dargestellten, kaum méglich; die Lage der Tochtercentrosomen lat sich hier kaum auf eine normale Spindelbildung in der vorigen Zellen- generation zuriickfiihren. Nur so Jaft sich diese Bildung erklaren, daf nach einer Teilungsfigur, wie den in Fig. 1 und 2 abgebildeten, eine Durchschniirung der Eizelle doch ausnahmsweise erfolgt ist und daf das Centrosoma seinen Platz nahe an der Zellengrenze waihrend des darauf folgenden Ruhestadiums behalten hat. Die Annahme, dali die hier besprochenen Stadien mit ab- normen Teilungsfiguren Vorliufer einer Unterdriickung der Zell- teilung sind, hat eine direkte Stiitze in Bildungen, wie der in Fig. 8 dargestellten. Hier sind die Chromosomen in Tochtergruppen ge- trennt, und diese sind schon nahe an den Spindelpolen gelegen, ohne daf man auch die geringste Andeutung zu einer Einschniirung des Zellkérpers sehen kann, wahrend normal zu dieser Zeit eine deutliche Furche nachweisbar ist (siehe Fig. 9). Auffallend ist es bei einer Betrachtung aller dieser abnormen zweipoligen Spindeln, da8 nie eine wirkliche Aequatorialplatte zur Ausbildung kommt. Ueberall liegen die Chromosomen in ginzlich ungeordneten Gruppen zwischen beiden Spindelpolen, and es ist kaum wahrscheinlich, daf fiir die Tochterkernbildung eine normale Trennung der beiden Spalthalften der einzelnen Chromosomen be- werkstelligt wird. — Man kénnte einwenden, daf Bildungen, wie Fig. 5, 6 und 10, vielleicht nur kurze Uebergangsstadien reprasen- tieren, und daf durch das weitere Entfernen der beiden Centro- somen zuletzt eine normal aussehende Spindel mit Aequatorial- platte hergestellt werden kénnte. Aber erstens zeigt Fig. 8, daf 92 Kristine Bonnevie, auch auf so vorgeschrittenen Stadien die Chromosomen keine normale Anordnung haben; sie bilden keine Tochterplatten, nur eben zwei Gruppen — und zweitens sieht man aus haufig vor- kommenden Bildungen, wie den in Fig. 12 und 13 dargestellten, da die Lageverhaltnisse der Centrosomen in der Zelle nach vollendeter Kernteilung ganz regellos und abnorm sind, was darauf hindeutet, dafi auch die vorhergehenden Teilungsfiguren keine normale Form und Lage gehabt haben. Diese beiden Figuren stellen Stadien vor, dem normalen vierzelligen Keim entsprechend ;. nur ist in der Zelle S! die Zellteilung unterdriickt. Alle Kerne sind in Ruhestadium und in der Doppelzelle A—B sieht man noch 2 sehr schwache Polstrahlungen. Wenn man annehmen darf, dafi die Centrosomen wihrend der Ruhepause ihre bei der vorigen Kernteilung eingenommene Lage beibehalten haben — was durch die gegenseitige Lage der Kerne und Centrosomen der ganzen Reihe abnormer Bildungen dieser Zucht fast sicher scheint — so ist Fig. 12 direkt von Fig. 5 abzuleiten, wie Fig. 13 von Fig. 6. In Fig. 15 und 16 sind Stadien abgebildet, die sich wieder direkt an Fig. 12 und 13 anschlieBen. Die beiden Muttercentro- somen der Zelle A—B haben sich geteilt, und die Kerne sind in Auflésung begritfen. Fig. 7 reprasentiert noch eine weitere Ent- wickelungsstufe, indem hier eine Spindelbildung eingeleitet ist. Auch in den in Fig. 18—21 abgebildeten Stadien ist die Zelle P* normal geteilt (P? und S?), wihrend die erste Teilung in S? unterdriickt ist, und die vierpoligen Teilungsfiguren der nachsten Teilungsschritte in voller Ausbildung zu sehen sind. Eine Be- trachtung dieser 4 Figuren ergiebt, daf jetzt zwei verschiedene Entwickelungsrichtungen sich geltend machen, indem die Centro- somen entweder zum zweiten Mal ihre oberflichliche Lage be- halten (Fig. 18 und 19), oder wie bei der normalen Entwickelung ins Zelleninnere hineinwandern und eine regelmabige vierpolige Spindelbildung erfolgt (Fig. 20 u. 21). Ein Vergleich zwischen Fig. 3 und 4 zeigte fiir das ungeteilte Ei ganz ahnliche Ver- haltnisse. In den in Fig. 18 und 19 dargestellten Fallen liegen, wie schon gesagt, alle 4 Tochtercentrosomen ganz oberflachlich. Solche Stadien sind mir sehr oft begegnet, und meistens zeigt es sich, da$ eine Spindelbildung unter diesen Umstinden nicht zustande gekommen ist. Dies laft sich so erkliren, daf die Wirkung der Sphiren tiber eine gewisse Entfernung hinaus zu schwach ist, um sich geltend zu machen. Abnormitaten in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 93 Wo namlich, wie in Fig. 15—17 abgebildet, die beiden Kerne urspriinglich sehr nahe an den Muttercentrosomen gelegen waren, so da’ die Tochterstrahlungen bald nach der Teilung der Centro- somen mit den Chromosomen in Verbindung treten kénnen — da, und nur da — werden die Tochtercentrosomen unter sich durch Spindeln verbunden, zu zweien, wie in Fig. 17, oder es bilden sich vierpolige, oberflachlich gelegene Teilungsfiguren. Wenn aber die Tochtercentrosomen schon relativ weit voneinander entfernt sind, ehe sie auf ihrer oberflaichlichen Wanderung den Kernen nahe genug kommen, um durch die Polstrahlen die Chromosomen beein- flussen zu kénnen, dann kommt kein Zusammenwirken zwischen den Spharen mehr zustande. Die Verteilung der Chromosomen wird dann eine ganz zufiallige, die Spalthalften derselben werden nicht voneinander getrennt, sondern jeder Pol zieht an sich hin alle Chromosomen, die zufallig in seinem Bereiche liegen. — Daf dies so ist, tritt durch eine nahere Betrachtung von Fig. 18 her- vor. Hier ist alles Chromatin der beiden Kerne zwischen 2 ein- ander gegentiberliegenden Polstrahlungen verteilt, waihrend die 2 anderen ganz chromatinfrei sind. Die beiden ersten sind sehr grof, und es scheint auf den ersten Blick, als waren sie durch eine Spindel verbunden. Doch deutet die Lage der Chromatin- teile darauf hin, da’ doch kein Zusammenwirken zwischen ihnen stattgefunden hat. Bei dieser Karyokinese der oberen Zelle, welche die vereinigten Blastomeren A und B reprasentiert, wire eine Chromatindiminution zu erwarten (1), und damit als Einleitung zu derselben ein Zerfall aller Chromosomen je in 3 Stiicke, von denen die 2 Endstiicke spater abgeworfen werden. Betrachtet man nun die Chromatinteilchen an jeder der beiden grofen Polstrahlungen in Fig. 18, so ist es auffallend, wie die kleinen Kérnchen immer in Reihen zu dreien oder zu zweien angeordnet sind, und man darf wohl annehmen, dal jede Reihe ein ganzes Chromosoma re- prasentiert, das zum Zweck der Diminution in Zerfall begriffen ist. Die einzelnen Kérnchen, die in der Mitte zwischen beiden Strahlungen liegen, sind vermutlich schon abgeworfene Endstiicke einzelner Chromosomen. Méglich haben die beiden Strahlungen hier je einen Kern fiir sich in Anspruch genommen, —— jedenfalls haben sie die ganzen ungespaltenen Chromosomen, die in ihrem Bereiche lagen, an sich gezogen und nicht, wie normal, nur die eine Halfte derselben. In voller Deutlichkeit zeigt sich die Chromatindiminution nur, wenn die Spindeln normal entwickelt sind, wie dies in Fig. 20 94 Kristine Bonnevie, und 21 der Fall ist. Nachdem die Centrosomen wahrend der ersten Karyokinese der Zelle S‘ ihre Lage an der Oberflache der- selben beibehalten und dadurch eine Unterdriickung der Zell- teilung eingetreten ist, sind sie hier vor der Teilung der Doppel- zelle A—B wieder wie normal ins Zelleninnere hineingewandert, und sind auch durch ganz normale Spindeln unter sich ver- bunden; ein Abwerfen von Chromatinteilchen li8t sich in allen Spindeln deutlich erkennen ‘). In Fig. 21 ist eine beginnende Einschniirung des Zellleibes sichtbar, und tiberhaupt ist durch das Einwandern der Centro- somen in die Zelle auf diesem Stadium die Méglichkeit gegeben fiir eine Rekonstruktion der normalen Verhaltnisse, wenn sich nimlich die durch Unterdriickung einer Zellteilung entstandene Doppelzelle jetzt auf einmal in 4 teilen wiirde. Um eine solche Vierteilung zu erméglichen, geniigt jedoch, nach Bovert (2), nicht die Anwesenheit von 4 Centrosomen in der betreffenden Zelle; es ist auch die Anordnung des Chromatins von Bedeutung, indem keine Zellteilung zu erwarten ist zwischen 2 Centrosomen, die nicht durch Chromatin verbunden sind. Dies stimmt vollkommen mit den Erscheinungen in Fig. 21; die Kinschniirung der Doppelzelle deutet darauf hin, da8 dieselbe sich nicht in 4, sondern in 2 ungleich grof’e Tochterzellen teilen wird, und zwar so, daf die 3 Centrosomen, die unter sich nicht durch Spindeln verbunden sind, in einer Zelle liegen bleiben, wah- rend die 3 Spindeln, die alle zu dem vierten Centrosoma hinfiihren, durch die Zellteilung halbiert werden. — In der Zelle A-B der Fig. 20 dagegen wiirde wahrscheinlich eine Vierteilung erfolgen; und eine normale Weiterentwickelung des Embryos wire damit vielleicht erméglicht. Fig. 22 reprasentiert einen Fall, in welchem sich die Zelle S' normal geteilt hat (ihre Tochterzellen, A und 3B, sind schon wieder in Teilung begriffen), waihrend in P'! die Zellteilung unter- driickt ist. Die Doppelzelle, P?-S?, enthalt hier eine ganze Menge kleiner Kerne, und diese Bildung ist wohl auf eine Chro- matinverteilung, ahnlich wie in Fig. 18—19, zurickzufiihren. Fig. 23 und 24 zeigen in den Ektodermzellen A und B die- selben abnormen Verhiltnisse, die auch in ihrer Mutterzelle S1 so haufig getroffen wurden. Ich gehe daher nicht naher auf diese 1) Ein Stadium, ahnlich denjenigen in Fig. 20 und 21 darge- stellten, und zwar derselben Zucht entnommen, ist schon in meiner Abhandlung iiber Chromatindiminution (Fig. 8, Taf. XVI) abgebildet. Abnormititen in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 95 Abnormitaten ein. — Fig. 24 entspricht mit ihren 5 Zellen dem normalen achtzelligen Stadium, indem eine Zellteilung unterdriickt ist nicht nur in den beiden Ektodermzellen A und B, sondern auch in der Zelle P?, die jetzt eine Ansammlung kleiner Kerne enthalt. In betreff des weiteren Schicksales der abnorm entwickelten Zellen habe ich nicht viel zu sagen. Wie oben erwahnt, ist eine Moelichkeit fiir eine normale Weiterentwickelung vielleicht noch in dem Falle vorhanden, dafi die Centrosomen, nachdem eine Zell- teilung unterdriickt ist, wieder in die Zelle hineinwandern. Aber auch diese Méglichkeit wird durch die verschiedenartige Anordnung der Chromosomen stark begrenzt, und die grofe Haufigkeit von Mifbildungen in spiteren Furchungsstadien laft darauf schliefen, da’, wenn iiberhaupt, nur selten eine Riickkehr zu normalen Ver- haltnissen vor sich geht. — In den vielen Fallen, wo die Centro- somen noch bei dem zweiten Teilungsvorgang einer Zelle ihre oberflachliche Lage behalten (Fig. 4, 18 u. 19), habe ich nie irgend eine Einschniirung der Zelle gesehen, und ich wiirde es fiir wahrscheinlich halten, da8 hier zum zweiten Mal die Zellteilung unterdriickt werden wiirde. Dann miiften aber bei der nachsten Teilung 8 Centrosomen in einer Zelle vorkommen, und obwohl ich genug Material auch von spateren Furchungsstadien durchgesehen habe, habe ich nie mehr als 4 gefunden. Dies liefe sich in zweierlei Weise erkliren; entweder wire auch in diesen Zellen mit 4 oberflichlich gelegenen Centrosomen zuletzt eine Zellteilung erfolgt, oder die Centrosomen waren von ihrer dauernden ober- flichlichen Lage in der Weise beeinfluft, daf sie sich nicht weiter zu teilen vermégen. Aus den obigen Erérterungen geht hervor, dal’ die Ursache der vielen Abnormititen in dieser Zucht von Ascaris-Eiern in einer Abschwachung der Centrosomenthatigkeit zu suchen ist; diese Abschwichung aufert sich darin, da die Centrosomen, wenn sie einmal mit der Zellenoberfliche in Beriihrung gekommen sind, abnorme Schwierigkeiten haben, dieselbe wieder zu verlassen, und daf sie daher genétigt sind, von dieser Stelle aus ihre Rolle im Teilungsmechanismus der Zelle zu spielen. — Als allgemeine Wirkungen davon haben wir gefunden, erstens daf} die Spindel- bildung abnorm verlauft; es werden keine Aequatorialplatten ge- bildet, und die Verteilung der Chromosomen wird von Zufalligkeiten stark beeinfluft, —- zweitens daf die Teilung der betreffenden Zelle unterdriickt wird. 96 Kristine Bonnevie, Ich gehe jetzt zu der anderen Zucht tiber, in welcher Abnor- mitaéten héufig zu finden waren, die, wie ich im Anfang erwahnt habe, durch eine doppelte EKinschniirung der Zellen charakterisiert waren (s. Taf. VI). So verschieden auch die AeuSerungen der Abnormitit beider Zuchten sind, so glaube ich doch, da sie sich auf eine und die- selbe Eigentiimlichkeit der Zellen zuriickfiihren lassen, die hier wie dort in einer oberflachlichen Lage der Centrosomen zum Aus- druck kommt. Die Mifbildungen kommen auch in dieser Zucht meistens unter den friihesten Teilungsstadien vor, und zwar findet man sie sehr haufig in Stadien, wo die Zelle S! in Teilung begriffen ist; Bildungen wie Fig. 28 kommen hier oft vor. Doch habe ich sie auch nicht selten bei der ersten Teilung des Eies gesehen (Fig. 29—31) und auch zuweilen auf Stadien, wie sie in Fig. 32 und 33 ab- gebildet sind, wo die beiden ersten Ektodermzellen (A und B) in Teilung begriffen sind. In Fig. 32 sieht man die vordere Ekto- dermzelle normalerweise geteilt, wahrend die hintere die charakte- ristische abnorme doppelte Einschntirung zeigt, und in Fig. 33 ist ein Fall abgebildet, wo diese beiden Zellen in drei durch enge Briicken in Zusammenhang stehende Abschnitte geteilt sind. Es ist nicht wahrscheinlich, daf auf diese Zustinde jemals eine vollige Trennung in 3 Tochterzellen folgt. Erstens habe ich auf spateren Stadien keine abnormen Bildungen gefunden, die auf eine friihere Dreiteilung einer Zelle zuriickweisen kénnten. Solche miften leicht erkennbar sein, da wenigstens eine der 3 Tochterzellen kernlos sein wiirde; und bei der relativ grofen Haufigkeit der Abnormitaét auf den ersten Furchungsstadien kann dieser negative Befund entschiedenes Gewicht beanspruchen. — Zweitens habe ich auch mehrmals Bildungen gesehen, die darauf hindeuten, daf spiater eine Regulierung der Teilung stattfindet ; Fig. 29—31 zeigen eine Reihe solcher Falle; man findet hier das Ei in 2 Zellen geteilt, obwohl auch hier augenscheinlich eine Dreiteilung eingeleitet war. Diese Regulierung kann durch eine neue Einschniirung in der Mitte zwischen den zwei urspriinglichen be- werkstelligt werden (Fig. 29, 31), oder die definitive Durchtrennung folgt annahernd der einen der beiden urspriinglichen Furchen, und die Tochterzellen werden von ungleicher Gréfe (Fig. 30). — Eine dritte Méglichkeit einer Regulierung wird durch den in Fig. 33 abgebildeten Fall reprasentiert; hier sind die mittleren Sticke beider Ektodermzellen sehr klein im Vergleich mit den auferen, Abnormititen in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 97 und es ist wohl kaum wahrscheinlich, daf die beiden Furchen von Anfang an so nahe aneinander gelegen waren, wie es nach den Groéfenverhiltnissen jetzt scheint. Wahrscheinlich waren die mittleren, kernlosen Teile urspriinglich ungefihr so grof wie die fuBeren und nehmen jetzt immer mehr an GréSe ab, indem ihr Inhalt durch die noch vorhandenen Verbindungsbriicken in die beiden kernhaltigen Teile hineingezogen wird, bis sich die normalen Verhaltnisse wiederhergestellt haben. Ich méchte noch mit einigen Worten das Verhalten der Kerne und Centrosomen in den von mir beobachteten Fallen beriihren, insoweit als ihnen eine aktive Rolle bei den Einschniirungsvor- gaingen beigelegt werden kénnte. In betreff der Kerne ist nicht viel zu sagen. In den meisten Fallen waren die Tochterkerne schon in Bildung begriffen, und allen Merkmalen nach ist deren Teilung ganz regelrecht vor sich gegangen;, die Schwesterkerne scheinen immer unter sich gleich eroS zu sein und symmetrisch gelagert mit Riicksicht auf den Aequator der Zelle; in Stadien, wo eine Chromatindiminution zu erwarten wire (Fig. 32 u. 33), findet man die abgestofenen Chro- matinkérnchen — kurz alles, was die Kernteilung anbelangt, ist véllig normal. Auch die Lage des Kernes scheint keine Be- deutung fiir das Auftreten der Einschniirungen zu haben; gewéhn- lich ist ein Tochterkern in jedem der auSeren Teile der Zelle zu finden, waihrend der mittlere Teil kernlos ist; aber es kénnen auch beide Tochterplatten im centralen Abschnitt liegen (Fig. 32). Polstrahlungen waren in diesen doppelt eingeschniirten Zellen tiberall deutlich zu sehen, immer eine in jedem der auBeren Abschnitte, und zwar ganz oberflichlich gelegen. Wie schon oben erwihnt, ist eine solche oberflachliche Lage der Centrosomen zur Zeit der fertig gebildeten Tochterplatten bei A. lumbricoides das normale Verhalten, und insofern ware daraus nichts zu schliefen, wenn nicht in derselben Zucht auch Bildungen, wie die in Fig. 25 und 26, vorhanden waren. Diese Figuren +) zeigen, daf auch hier eine Teilung der Centrosomen und ein Auseinander- weichen ihrer Halften zuweilen vor sich geht, noch ehe dieselben die Zellenoberfliche verlassen haben; und ein Vergleich mit den 1) Auf die Form der Zellen in diesen Figuren ist kein Gewicht zu legen. In Fig. 25 ist die eigentiimliche, ringformige Furche um die Sphairen herum wohl sicher eine Schrumpfungserscheinung ; ob dasselbe mit der Furche in Fig. 26 der Fall ist, konnte ich nicht mit Sicherheit entscheiden. Ba, XXXVI. N. F. XXX. a 98 Kristine Bonnevie, Anfangsstadien der friiher beschriebenen abnormen Bildungen (Fig. 5, 6 und 11) legt den Gedanken nahe, daf auch Fig. 25 und 26 Vorstadien reprasentieren zu den so hiufig vorkommenden Abnormititen dieser Zucht, oder mit anderen Worten, daf die doppelte Einschutirung der Zellen, ebenso wie die Unterdriickung der Zellteilung in der anderen Zucht, auf eine Abschwachung der Centrosomenthatigkeit zurtickzufiibren sei, die darin zum Ausdruck kommt, daf die Centrosomen ihre Lage an der Zellenoberflache waihrend eines ganzen Teilungsvorganges nicht verlassen. Leider sind die Anfangsstadien der abnormen Bildungen dieser Zucht sehr sparsam vertreten; und speciell in Bezug auf das Spindelstadium ist eine grofe Liicke vorhanden. Diese Liicke wird um so mehr fiihlbar, als man, ehe sie ausgefiillt ist, nicht mit voller Sicherheit einen genetischen Zusammenhang behaupten kann zwischen den eben erwahnten, in Fig. 25 und 26 abgebildeten Stadien vor der Spindelbildung und den vielen anderen, wo die Tochterplatten schon weit voneinander entfernt sind. Immerhin darf man aus den vollig normal aussehenden, héchst regelmabig gebildeten Tochterplatten auf eine ebenso normal ausgebildete Aequatorialplatte zuriickschlieSen, und ein Vergleich mit den peripher gelegenen Spindeln in der zuerst beschriebenen Zucht ergiebt es als wahrscheinlich, daf die Kernteilung auch hier in iihnlicher Weise vor sich gegangen ist. Da8 die Einschniirungen des Zellkérpers von der Lage der Centrosomen abhangig sind, ergiebt sich durch eine Betrachtung simtlicher Figuren als zweifellos; tiberall sieht man die Furchen in gewissem, rings gleichem Abstand von den Centren einschneiden und immer genau symmetrisch in Verhaltnis zu diesen. Nur in dem einen Falle, der in Fig. 29a und b abgebildet ist, habe ich eine Ausnahme von dieser Regel gesehen; diesem Falle kann aber keine Bedeutung zugelegt werden, da die betreffende Teilung, bei welcher die doppelte Einschniirung sich zeigte, schon vollendet ist — die Tochterkerne sind véllig ausgewachsen, und auch die Zelle ist durch eine definitive Furche in 2 Tochterzellen zerlegt; eine Lageverainderung der Centrosomen mit den immer mehr ver- schwindenden Sphiren ist dann wahrscheinlich nach der voll- endeten Teilung eingetreten, so wie sie zUR STRaASSEN fiir alle Ruhestadien zwischen den Zellteilungen bei Ascaris beschrieben hat (6). — Sonst geht es aus allen abnormen Bildungen hervor, daf ein ursichlicher Zusammenhang zwischen Einschniirungen und Spharen vorhanden ist; und die fiir diese Zucht charakteristischen Abnormitaten in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 99 doppelten Einschniirungen liefen sich vielleicht in der Weisc auf die periphere Lage der Centrosomen zuriickfiihren, wie es in den schematischen Abbildungen (Fig. A) dargestellt ist. Nach der Teilung des oberflaichlch gelegenen Centrosomas entfernen sich die Tochtercentrosomen voneinander, wobei sie der Zellenoberflache entlang gleiten. Von dieser Stelle iiben sie ihre Wirkung bei der Kern- und Zellteilung aus, und die erste Folge ihrer abnormen Lage wire dann die Bildung von peripher gelegenen Spindeln (Fig. A 1), wie sie in der zuerst beschriebenen Zucht hiufig vorkamen, und in Fig. 1, 2, 5, 6 etc. abgebildet sind. Fig. A 2 stellt die beginnenden Einschniirungen des Zellkérpers dar (vergl. Fig. 27, 30 und 31, Taf. VI); sie sind im ganzen Umkreis der beiden Strahlungsbereiche deutlich sichtbar, und es mufi angenommen werden, daS jede Sphiire fiir sich einen kontra- hierenden Einfluf auf das Protoplasma tibt bis zu einer gewissen Entfernung von ihrem Centrum; die beiden Furchen wiirden dann die auSeren Grenzen derjenigen Bereiche bezeichnen, innerhalb welcher dieser Einfluf sich geltend machen kann. 7 100 Kristine Bonnevie, In dieser Weise wire die doppelte Einschniirnng der Zellen in einfacher Weise auf die abnorme Lage der Centrosomen zuriick- zufiihren. Bei der normalen Lage derselben zur Zeit der be- ginnenden Einschniirung — im Inneren der Zelle und einander diametral entgegengesetzt (Fig. A 4) — wiirde die Einzelwirkung jeder Sphire in einer auf die Verbindungslinie der beiden Centren senkrechten Furche zum Ausdruck kommen; und falls der Wirkungs- kreis auf beiden Seiten grof genug ist, mu in Kombination der beiderseitigen Wirkungen eine einfache Furche im Aequator resul- tieren, waihrend bei einer oberflichlichen und einseitigen Lage der Strahlungscentren, wie sie hier vorausgesetzt ist, ein Zusammen- fallen der Einwirkungen nur teilweise (Fig. A 2) oder gar nicht (Fig. A 3) eintreten kénnte. Allerdings wiirde dabei, angesichts solcher Bilder, wie Fig. 28, noch weiter anzunehmen sein, dab in unserem abnormen Falle der Wirkungsbereich der Spharen wesentlich kleiner ist als normalerweise; allein dies kénnte un- gezwungen aus der oberflachlichen Lage der Centren erklart werden, besonders nachdem wir aus der anderen Serie wissen, wie bei dieser Lage unter Umstanden jede Wirkung auf das Protoplasma fehlt. Damit lassen sich Bildungen verstehen, wo eine Zelle schein- bar im Begriff ist, sich durch zwei parallele Furchen in drei Stiicke zu teilen (Fig. 32). Zuerst méchte ich beziiglich dieser Falle bemerken, daf die zwei Einscbniirungen einer Zelle in Wirklichkeit nie ganz parallel waren, und auch dement- sprechend eine durch die Mitte aller drei Abschnitte gelegte Linie einen Bogen bilden wiirde. Selbst in dem in Fig. 32a abgebildete Falle, wo, in Dorsalansicht gesehen, die drei Ab- schnitte in einer Ebene zu liegen scheinen, ergiebt sich doch durch Drehung des Embryos, (Fig. 32 b zeigt denselben in seit- licher Ansicht), da der mittlere Teil bedeutend hohber steht als die duferen, die véllig symmetrisch auf beiden Seiten des Embryos gelegen sind. Die gegenseitige Lage der drei Abschnitte der abnormen Zellen laft sich fiir die eben besprochenen Falle durch die schematische Darstellung in Fig. A 3 charkterisieren ; und diese lieSe sich in der Weise von Fig. A 2 ableiten, da8 sich die Tochtercentrosomen, noch immer oberflaichlich, weiter vonein- ander entfernt, und dadurch auch eine Verschiebung der beiden um die Sphiren abgegrenzten Protoplasmabereiche bewirkt hatten. Ich méchte in dieser Verbindung auf die grofe Aehnlichkeit aufmerksam machen, die zwischen diesen bei Ascaris abnormen Abnormititen in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 101 Bildungen und den normalen Furchungsvorgingen bei Myzostoma (DriescH, 5; WHEELER 7), vorhanden ist. — Ein Blick auf WHEELER’s Fig. 46 und 47 ergiebt, dafi bei Myzostoma die Sphiren mit der Spindel excentrisch in der Zelle liegen, und daf die Furchen, wie in meinem Falle, in rings gleichem Abstand um die beiden Centren auftreten. In beiden Fallen reguliert sich spater die Teilung, bei Myzostoma stets in der Weise, dafi eine der zwei Furchen zur Hauptfurche wird. Wenn nach dem oben Erérterten die Abnormitaten beider Zuchten auf eine und dieselbe Ursache zuriickzufiihren sind, nam- lich auf eine Abschwichung der Centrosomenthatigkeit, die sich zuerst in einer oberflachlichen Lage derselben auspragt, dann bleibt noch iibrig, zu untersuchen, wodurch die ganze Verschiedenheit in der weiteren Ausbildung der Abnormititen beider Zuchten be- wirkt ist. Ein Vergleich zwischen beiden Reihen von abnormen Bildungen ergiebt als gemeinsam fiir beide eine oberflachliche Lage der Centro- somen, aber wihrend in der ersten die Spindelbildung eine vdllig regellose war, ohne Aequatorialplatten und mit einer ganz zufalligen Verteilung des Chromatins auf die Tochterkerne, und die Zellteilung unterdriickt wurde, findet man in der letzteren die Kernteilung ganz regular verlaufend und eine, wenn auch auf Umwegen durch- gefiihrte, Zerlegung des Zellkérpers in 2 Tochterzellen. Dieser Unterschied deutet darauf hin, daf die Abschwachung der Centrosomenthitigkeit in der ersteren Zucht eine gréfere war als in der letzteren, was in den Kernteilungsvorgangen beider Zuchten direkt zum Ausdruck kommt. Was den Unterschied in der Teilung des Zellkérpers betrifft, so miissen hier wohl zwei Punkte auseinandergehalten werden, entsprechend den zwei ver- schiedenen Vorgaéngen, die bei der Protoplasmazerlegung der zweiten Serie eine Rolle spielen. Wir finden zuerst je eine in gewissem Abstand von jedem Centrosoma auftretende Furche, und spiter eine von diesen Furchen mehr oder weniger unabhangige einfache Durchtrennung des Protoplasmas zu 2 Tochterzellen. — In der ersten Serie fehlen beide Erscheinungen. Das Fehlen der Einfurchung darf wohl direkt aus einer noch geringeren Wirk- samkeit der Centren (oder Sphiren) als derjenigen, die in der zweiten Serie zu beobachten ist, erklart werden; fiir das ganzliche Fehlen der Protoplasmadurchtrennung kénnte aber weiterhin noch 102 Kristine Bonnevie, ein indirekter Faktor in Betracht kommen, namlich eine Abhangig- keit von den Verhaltnissen bei der Kernteilung. Wie erwahnt, besteht ein Hauptunterschied in der Karyokinese beider Zuchten darin, daf in der ersten keine Aequatorialplatten gebildet werden, wihrend sie in der letzteren als ganz normal angenommen werden miissen; und es ware, nach den Beobachtungen Boverr’s (2) an Seeigeleiern, denkbar, da eben in diesem Mangel der typischen Verbindung beider Sphiaren die Ursache der Unterdriickung der Zellteilung in der ersten Zucht zu suchen sei. Die doppelten Kin- schniirungen der zweiten Zucht waren dagegen, — wie oben aus- einandergesetzt — nur auf die abnorme, oberflichliche Lage der Centrosomen zuriickzufiihren. Ich moéchte, ehe ich diesen Aufsatz beendige, meinen herz- lichsten Dank Herrn Prof. Dr. Boverr fiir sein anregendes Interesse wihrend meiner Arbeit, sowie fiir seine wertvollen Bemerkungen beim Durchlesen meines Manuskriptes aussprechen. Wirzburg, Juli 1901. Litteraturverzeichnis. 1) Bonnevre, K., Ueber Chromatindiminution bei Nematoden. Jen. Zeitschr., 1901. 2) Boveri, Tu., Zur Physiologie der Kern- und Zellteilung. Sitz.- Ber. d. Phys.-med. Ges. zu Wiirzburg, 1896. 3) — Die Entwickelung von Ascaris megalocephala mit besonderer Riicksicht auf die Kernverhiltnisse. Festschr. zum 70. Geburts- tage v. Kuprrer, 1899. 4) — Ueber die Natur der Centrosomen. Zellenstudien, Heft 4, 1901. 5) Drinscu, H., Betrachtungen iiber die Organisation des Eies und ihre Genese. Anhang III. Arch. f. Entw.-Mech., Bd. IV, 1897. 6) zuR Srrassen, O., Ueber die Lage der Centrosomen in ruhenden Zellen. Arch. f. Entw.-Mech., Bd. XII, 1901. ) Wuereter, W. M., The Maturation, Fecundation and Harly Cleavage of Myzostoma glabrum Leucxart. Arch. de Biol., T. XV, 1897. Abnormitaten in der Furchung von Ascaris lumbricoides. 103 Tafelerklirung. Alle Abbildungen sind bei Anwendung von Zeif, Apochr. Immers. (Brennweite 2 mm) gezeichnet; Kompens.-Okular 6 ist zu den Figg. auf Taf. IV und V benutzt, wahrend alle Figuren auf Taf. VI mit Ok. 4 ausgefiihrt sind. Bezeichnung der Zellen nach Boveri (3). Mafel IV. Fig. 1 u. 2. Befruchtete Eier mit peripher gelegenen Spindeln. Fig. 3 u, 4. Ungeteilte Eier mit vierpoligen Teilungsfiguren, dem normalen Zweizellenstadium entsprechend. Fig. 5—8. Stadien von 2 Zellen. In der Zelle S! abnorme Spindeln mit oberflichlich gelegenen Polen. Fig. 9. Normales Zweizellenstadium mit beginnender Teilung der Zelle $1. Fig. 10. 2 Blastomeren, dem normalen Dreizellenstadium ent- sprechend. In S! (A—B) ist die Teilung unterdriickt, in P! eine abnorme Spindelbildung. Fig. 11. Stadium von 3 Zellen. In P! wird abnorme Spindel- bildung eingeleitet. Fig. 12 u. 13. 3 Blastomeren, dem normalen Vierzellenstadium entsprechend. In §! (A—B) eine Teilung unterdriickt. Fig. 14. Schnitt durch eine normale Zelle vor der Spindel- bildung. Tafel V. Fig. 15—21. 3 Blastomeren, dem normalen Vierzellenstadium entsprechend. In §! (A—B) ist eine Teilung unterdriickt, und vierpolige Teilungsfiguren sind iiberall vorhanden oder in Bildung (Fig. 15—16). In Fig. 15—19 liegen alle Strahlungscentren ganz oberflachlich, in Fig. 20 u. 21 dagegen im Inneren der Zellen. In den letzteren Figuren Chromatindiminution in allen Spindeln. Fig. 22. 3 Blastomeren, dem normalen Vierzellenstadium ent- sprechend. Eine Teilung ist in P1! (P?—S?) unterdriickt, waihrend die Tochterzellen von S$! (A und B) schon wieder in Teilung be- griffen sind. Fig. 23. Stadium von 4 Zellen. In A und B abnorme Spindeln. Fig. 24. 5 Blastomeren, dem normalen Achtzellenstadium ent- sprechend. In A (a-—a), B (b—() und P? (P8—S§?) Unter- driickung einer Zellteilung. 104. Bonnevyie, Abnormitat. in d. Furchung v. Ascaris lumbricoid. Tato Paved: Fig. 25—28. Stadien von 2 Zellen. In §! die Strahlungs- centren oberflichlich gelegen. In Fig. 25 u. 26 ist die Form dieser Zelle wahrscheinlich als eine Schrumpfungserscheinung zu betrachten. Fig. 27 u. 28 zeigen in §! doppelte Einschniirung des Protoplasmas. RK. Richtungskorper. Fig. 29a—b. Stadium von 2 Zellen, von verschiedenen Seiten gesehen. Bei der ersten Teilung des Hies sind 2 Furchen angelegt, wahrend eine dritte zwischen ihnen zuletzt zur Teilung gefiihrt hat. Fig. 80 u. 31. Stadien von 2 Zellen, die durch abnorme Tei- lung des Eies entstanden sind. In Fig. 30 ist eine der ersten Furchen zur Hauptfurche geworden; in Fig. 31 ist das Ei durch eine neue Furche geteilt. R.K. Richtungskorper. Fig. 32a—b. Stadium mit 5 Zellen, a in dorsaler Ansicht, b von der Seite gesehen. In der Zelle B abnorme Teilung mit doppelter Hinschniirung. Fig. 33. Stadium ahnlich wie Fig. 32. Beide Ektodermzellen, A und JB, sind durch doppelte Furchen eingeschnirt und an- scheinend je in drei Teile geteilt, die doch unter sich in Ver- bindung stehen. \ ; : : ’ i me te Sa NN ee = Ee eee sere Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier ohne Beteiligung des Spermakerns. Von Ernst Teiehmann. Hierzu Tafel VII—X. Durch die Arbeiten von RicHarp Hertwie (10), T. H. Morgan (14, 15) und J. Lors (11, 12, 13) schien eine abermalige Unter- suchung der Befunde erwiinscht, von denen Bovertr (1) im Jahre 1888 unter dem Titel Ueber partielle Befruchtung Mit- teilung gemacht hat. Es sei zunichst daran erinnert, um was es sich handet: Als bei Eiern von Echinus microtuberculatus, die 14 Stunden in nicht erneutem Seewasser gelegen hatten, kiinst- liche Besamung mit Spermatozoen vorgenommen wurde, die so lange mit 0,05 Proz. Kalilauge behandelt worden waren, bis nur noch ein kleiner Teil von ihnen beweglich war, zeigte es sich, daf nur ganz wenig Kier normal befruchtet waren; in etwa die Halfte waren mehrere Spermatozoen eingedrungen; die wtbrigen waren zwar monosperm befruchtet, aber der Spermakern verhielt sich in einer von der normalen abweichenden Weise. Er vereinigte sich némlich nicht mit dem Eikern. ,,Dieser teilt sich vielmebr allein, und das Ei furcht sich in der normalen Weise; der Sperma- kern gelangt in eine der beiden Furchungszellen. Diese teilen sich abermals .... es entstehen 4 vollkommen regular gebildete Blastomeren, und der Spermakern findet sich jetzt in einer von diesen Zellen. In der Mehrzahl der Praparate tritt er jetzt in die Entwickelung ein. Er ist wahrend der bisherigen Furchung allmihlich gréBer geworden und besitzt auf dem erreichten Sta- dium den Bau eines typischen ruhenden Kerns. In diesem Zu- stande legt er sich an den Kern seiner Furchungszelle an und verschmilzt mit diesem, worauf die in normaler Weise auftretende aiquatoriale Furche die 4 Blastomeren in 8 zerlegt“ (a. a. O., 8. 65f.). Weiter als bis zu diesem Stadium sind die Einzelheiten der Ent- wickelung nicht mit Sicherheit verfolgt worden. Doch konnte kon- statiert werden, da’ sich solche Eier bis zum Blastulastadium normal weiter entwickeln. 106 Ernst Teichmann, Es war also eine Laihmung des Spermakerns eingetreten, ohne daf dadurch die Entwickelung des Eies irgendwie gestért worden wire. Aber die Laihmung erstreckte sich nur auf gewisse Teile des Spermatozoons; dieses ,,greift trotz seiner scheinbaren Inaktivitat schon im ungefurchten Ei in den Entwickelungsgang ein“. Die Pole der entstehenden karyokinetischen Figur stammen namlich in ihrem ,Wwesentlich aktiven* Teil vom Spermatozoon ab. Die Strahlung, die bald nach dem Eindringen um den Spermakopf entsteht und die normaler Weise mit dem Spermakern zusammen gegen den Eikern riickt, léste sich bei den mit Kalilauge behandelten Spermatozoon vom Kerne los und legte sich, wahrend jener zuriickblieb, allein an den Eikern an, um hier die Pole der Furchungsspindel zu erzeugen. Hiermit schien eine Bestitigung dessen gegeben zu sein, was Boveri schon friiher ausgesprochen hatte, daf namlich ,,die be- fruchtende Wirkung des Spermatozoons héchst wahrscheinlich auf nichts anderem beruhe, als auf der Einfiihrung dieses achroma- tischen Bestandteils (Centrosoma), daf dagegen die Vereinigung, ja selbst die gleichzeitige Anwesenheit der beiden Geschlechts- kerne fiir die Erreichung der Teilungsfahigkeit ohne Belang sei‘ (a. a. O., p. 69). Es war zwar in diesen Eiern auch ein Sperma- kern vorhanden, aber da er alle bei der normalen Entwickelung bethatigten Eigenschaften vermissen lief, so durfte gesagt werden, ,daBb dieser gelihmte Kern auf die im Ei sich abspielenden Vor- ginge ohne Einfluf ist. Und wenn wir dann weiterhin sehen, daf auch jene Furchungszellen, welche nicht den geringsten Teil der vaterlichen Kernsubstanz erhalten haben, sich dennoch ganz ebenso zu teilen vermégen wie jene, welche den ganzen Spermakern oder dessen Derivate in sich bergen, so scheint mir damit ein fast voll- giltiger Beweis fiir die Entbehrlichkeit des Spermakerns erbracht und der Schluf gerechtfertigt zu sein, daf’ dieser Kern schon im Ei fehlen kénnte, ohne daS die durch die Einfiihrung des Sperma- centrosoma bedingte Teilungsfahigkeit durch diesen Mangel beein- trichtigt wiirde. Jedenfalls ist so viel gewif, daf die beschrie- benen Eier nicht als partiell befruchtete bezeichnet werden diirfen, sondern daf sie ebenso total befruchtet sind, wie die normalen‘ (a.4a;07 ep; 469/48). Angesichts der anfangs erwahnten Arbeiten mufSte sich nun aber die Frage erheben, ob nicht doch vielleicht der eben be- schriebene Vorgang durch die Wirkung eines Ovocentrums bedingt sei, wie solches bei den R. HErTwia’schen und zum Teil wenigstens auch bei MorGan’s Versuchen eine Rolle spielt und dessen Auf- Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 107 ‘treten in den ohne Befruchtung sich zu Plutei entwickelnden Seeigeleiern Lorp’s a priori anzunehmen ist (Bovert 5, p. 15; ders. 7, p. 11). Da namlich der Spermakern durch die ihm zu teil gewordene chemische Behandlung so stark angegriffen worden ist, da er unter Umstinden erst im Achtzellenstadium aus seinem passiven Verhalten heraustritt, so ware es an sich nicht unméglich, daf es nur des Eindringens des Spermakopfes in das Ki bedurft hatte, um durch diesen Reiz Strahlungen aus- zulésen, die im iibrigen ihren Grund in dem Vorhandensein eines Eicentrosoms hatten. Es lage dann eine ahnliche Erscheinung vor, wie sie H. E. Zrecier (16) beschrieben hat: das befruchtete Seeigelei wurde durch einen Wasserstrom so gegen einen Baum- wollenfaden gedrangt, daS es durch ihn in zwei Stiicke geteilt wurde. Diese standen zunachst noch in Verbindung miteinander; das eine enthielt den Eikern, das andere den Spermakern. Dem eingedrungenen Spermatozoon war aber durch den Faden der Weg zum Eikern versperrt. Trotzdem trat auch am Eikern eine Strahlung auf. Da nun die Spermacentrosomen in dem Stiick, das den Spermakern enthielt, mit diesem eine karyokinetische Figur bildeten, so laft sich jene als das durch den Reiz des einge- drungenen Spermatozoons zur Aktivitait gebrachte Ovocentrum be- trachten. Allerdings hatte diese Strahlung nicht die Kraft, einen wirklichen Furchungsproze8 zum Ablauf zu bringen; der Kern wurde zwar mehreremale aufgelést und neugebildet, der Zell- kérper rundete sich auch in der Umgebung der Centren ab, aber die Bildung einer zweipoligen Figur und die Teilung unterblieb. — Diese Beobachtung ZreGuer’s wurde durch einen von BOovERI (6, p. 5) angestellten Versuch bestitigt: frisch befruchtete See- igeleier wurden durch Schiitteln fragmentiert. Dabei erreignete es sich haufig, daf eines der Bruchstiicke lediglich den Kikern enthielt. Oft drang in solche Stiicke nochmals ein Spermatozoon ein. Geschah dies nicht, so vergréferte sich der Hikern, léste sich auf und erschien wieder. Er verhielt sich also ahnlich wie bei dem ZrEGLER’schen Versuch, und es muf angenommen werden, da8 er durch das eingedrungene, aber gleich darauf wieder von ihm getrennte Spermatozoon zu diesem Verhalten veranlaft worden ist. Aber auch diese Eibruchstiicke furchten sich nicht’). 1) Neuerdings hat Boveri mitgeteilt, da8 sich solche Eibruch- stiicke sogar teilen kénnen. Er beobachtete eines, welches es bis zum Vierzellenstadium brachte. (Das Problem der Befruchtung. Jena, G. Fischer, 1902, p. 45.) 108 Ernst Teichmann, Dennoch ist es sehr wohl méglich, da auch wirkliche Tei- lungen mit Hilfe des Ovocentrums zustande kommen. RICHARD Hertwic hat solche bei unbefruchteten Seeigeleiern, die er mit 0,1 Proz. Strychnin behandelt hatte, wenn auch selten beobachtet (10, p. 44) und sie als echte Zellteilungen, die durch typische Karyokinese des Kerns eingeleitet werden, erkannt (10, p. 62). Wenn man hiermit die Lorp’schen Versuche zusammenhalt, die einen normalen Ablauf der ohne Spermacentrosomen eingeleiteten Teilung voraussetzen, so ergiebt sich eine Stufenfolge des Wirkungs- grades der Ovocentren, die immerhin an die Méglichkeit denken aft, es méchten die im Anfang geschilderten Vorgainge auf die gleiche Ursache zurtickzufiihren sein‘). Natiirlich kann dieser Kinwand gegentiber den Beobachtungen an lebenden Eiern, wie sie der eingangs erwahnten Mitteilung Boveri’s zu Grunde lagen, nicht erhoben werden. Ueber die Herkunft der Strahlungen vom Spermatozoon konnte dabei kein Zweifel obwalten. Da jedoch nach den besprochenen neuen Er- gebnissen ein dokumentarischer Beweis fiir die Richtigkeit des Beobachteten durch eine Serie von Abbildungen wiinschenswert schien, hat mich Herr Professor Bovert aufgefordert, sein kon- serviertes Material einer genaueren Durchsicht zu unterziehen. Aus den vorhandenen Praparaten, die zur Erginzung der Beob- achtungen am lebenden Objekt angefertigt worden waren, hatte Bovert nur 2 Abbildungen veréffentlicht zu dem Zwecke, die Zahl der Chromosomen des Eikerns zu bestimmen. Nun aber sollte eine Rekonstruktion des ganzen Vorganges versucht werden. Leider stellte sich dabei heraus, daf gerade die friihesten Stadien in den Praiparaten auBerst selten sind. Die Zustinde der Strahlungen, die bei diesen zu beobachten waren, entsprachen zwar so voll- kommen denen der normalen Befruchtung, da, wie meine Ab- bildungen lehren werden, schon danach an einer vollen Ueberein- stimmung der Vorginge kein Zweifel bestehen konnte. Line liickenlose Folge von Stadien war aus dem vorhandenen Material aber nicht zu gewinnen. Um diesen Mangel auszugleichen, wurden 1) Diese Abhandlung war schon in Druck gegeben, als die Experimental Studies in Cytology von E. B. Winson (Arch. f. Ent- wickelungsmechanik, XII, 4 und XIII, 3) erschienen. Ich muf es mir daher leider versagen, auf die dort mitgeteilten wichtigen Beobachtungen einzugehen, kann das aber um so eher thun, als ich eben jetzt mit Untersuchungen beschaftigt bin, die mich ver- anlassen werden, Wutson’s Arbeit eingehend zu beriicksichtigen. Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 109 Dyspermien mit in die Untersuchung gezogen. In ihnen bot sich ein einfaches Kriterium fiir die Herkunft der Strahlungen dar: finden sich in dysperm befruchteten Eiern regelmabig zwei Doppel- strahlungen, so mu angenommen werden, da sie auf die beiden eingedrungenen Spermatozoen zuriickgehen. Und wenn die Strah- lungen dyspermer Kier von Spermacentrosomen herrtihren, so ist nicht einzusehen, warum sich die Strahlungen monospermer Eier anders verhalten sollten. Eine andere Eigenschaft der Praparate hat eine Beeintrach- tigung der Abbildungen zur Folge gehabt: die Kier sind in toto mit Boraxkarmin gefarbt und in Kanadabalsam eingebettet. Da- durch ist es natiirlich unmoéglich geworden, sie zu drehen. Sie imuBten also in der Lage, in der sie nun einmal waren, gezeichnet werden, selbst wenn die so gewonnenen Bilder nicht in jeder Be- ziehung die wiinschenswerte Deutlichkeit und Klarheit zeigten. — Ferner sei erwaihnt, dafi die Farbung nicht immer gestattete, die chromatischen Verhaltnisse mit voller Sicherheit festzustellen ; daher ist nicht versucht worden, die Chromosomen ihrer Zahl] nach in jedem einzelnen Falle genau wiederzugeben. — Schlieflich mu8 darauf hingewiesen werden, daf die Eier in ihrem Umfange nicht unerhebliche Unterschiede aufweisen. Das erklart sich daraus, daf manche von ihnen durch das lange Liegen im Kanadabalsam unter dem Deckglas — die Praparate entstammen dem Winter 1887 auf 1888 — stark gepreft worden sind. — Auf Besonder- heiten der zu dem Experiment benutzten Geschlechtsprodukte wird im Laufe der Untersuchung noch einzugehen sein. Specieller Teil. Es soll nun zunaichst beschrieben werden, was sich tiber die Vorginge bei monospermer Befruchtung hat ermitteln lassen; daran sei eine Schilderung dessen angeschlossen, was sich aus der Untersuchung von Dyspermien ergeben hat; schlieflich sollen noch einige besondere Falle einer Betrachtung unterzogen werden. I. Monosperme Befruchtung. So friihe Stadien wie das in Fig. 1 abgebildete sind in den vorhandenen Praparaten duferst selten'). Meistens findet sich 1) In dieser und anderen Figuren finden sich mehrere Kerne. Dieselben stammen vom Eikern ab. Auf diese Erscheinung wird an anderer Stelle ausfiihrlicher eingegangen werden. 110 Ernst Teichmann, die Strahlung am Eikern, und auch der Spermakern liegt in gréferer oder geringerer Nahe desselben. Nicht selten aber kommt es vor, daf der Spermakern mehr in der Peripherie zuriickbleibt (Fig. 2, 4—6). Er ist dann meistens um weniges gréfer ge- worden und es hat sich ein heller Hof um ihn gebildet (Fig. 4, 5, 6). In anderen Fallen wiederum behalt er sein urspriingliches Aussehen fast ganz und nimmt nur etwas an Grofe zu (Fig. 2, 3). Bedeutungsvoll ist dabei zweierlei: zuerst das Verhaltnis des Spermakerns zu den Strahlungen; es ist sozusagen lockerer ge- worden, als es normalerweise sein miifte; aber ganz gelést ist es nie. Denn die Strahlungen entfernen sich zwar vom Spermakern, meistens lange bevor sie am Eikern ankommen, teilen sich unter- wees und riicken unter Umstainden schon ein gutes Stiick aus- einander (Fig. 3), aber sie geben ihre Beziehung zum Spermakern nie ganz auf, im ungiinstigsten Faile liegt er im Bereiche ihrer Auslaufer (Fig. 6). Sodann zweitens: fiir das weitere Geschick des Spermakerns ist seine Lage zur kiinftigen Furche entscheidend. Er kann entweder in deren Ebene hineingeraten: das wiirde vor- — aussichtlich eintreten, wenn er wie in Fig. 3 zwischen den Tochter- strahlungen mitten inne liegt; riicken diese bis zur Gegentiber- stellung am Eikern auseinander, so wird der Spermakern diesem noch etwas genihert.. Lést sich nun der Eikern auf und _ bildet sich die Aequatorialplatte, so wird der Spermakern in deren Ebene seinen Platz finden (Fig. 7, 12, 13). Oder aber der Spermakern befindet sich auferhalb der Ebene der kiinftigen Furche, so da er mit deren Mittelpunkt einen Winkel bildet, der sich einem Rechten nahert. Wiirden sich z. B. die Tochterstrahlungen der Fig. 6 voneinander bis zur Opposition entfernt haben, so wiirde der Spermakern im Bereiche der ihm nachsten Strahlung liegen und sich etwa so zur Aequatorialplatte einstellen wie in der Ab- bildung, die Bovertr (3, Fig. 53 a) gegeben hat oder wie es Fig. 10 dieser Abhandlung zeigt. Inzwischen hat sich der Eikern mit den beiden Tochter- strahlungen zur ersten Furchungsspindel umgebildet. Die Aequa- torialplatte besteht lediglich aus den chromatischen Elementen des Eikerns (vgl. a. a. O., Fig. 53a und b). Sie verhalt sich ganz normal: die Chromosomen teilen sich der Lange nach, die Teil- stiicke, an ihren Enden von Spindelfasern besetzt, riicken, den sich voneinander entfernenden Polen der Spindel folgend, auseinander. Die Tochterchromosomen nehmen im weiteren Verlaufe Blaschen- form an, das Ei furcht sich, die Blaschen vereinigen sich, jede Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 111 Blastomere hat einen Kern erhalten, der nur vom Eikern her- stammt, also nur miitterliches Chromatin enthalt. Der Spermakern beteiligt sich nicht an diesen Vorgangen. Liegt er auferhalb der Aequatorialplatte, so veraindert er sein Aussehen tiberhaupt nicht. Er wird einfach von den Bewegungen der Strahlung, in deren Bereich er sich befindet, mitgenommen. So gelangt er in eine der beiden Blastomeren, ohne daf er eine auffallende Wandlung durchgemacht hatte (Fig. 10, 11, 17 und 18). Etwas anders verhalt er sich, wenn er in den Bereich der ersten Furchungsspindel zu liegen kommt. Zwar vereinigt er sich auch in diesem Falle in der Regel nicht mit dem Eikern, er geht ganz in die eine der beiden Blastomeren iiber‘). Allein sein Chromatin erfahrt doch eine merkliche Auflockerung (Fig. 12 und 13). Wie grof aber der Widerstand ist, den er allen Ein- fliissen entgegensetzt, zeigen Fig. 13, 19 und 20: hier ist das Chromatin des Spermakerns weit auseinander gezogen, ja in mehrere Fetzen gerissen; es ist, als ob der Gegenpol sich mit aller Gewalt eines Stiickes von ihm habe bemiichtigen wollen; dennoch geht er ungeteilt in die eine Blastomere tiber. Daran kann nach Fig. 13 kein Zweifel sein. Denn die Pole sind hier schon weit auseinander geriickt, die Chromosomen sind im Blaschenzustand und die Zelle ist deutlich gestreckt. Das Auftreten der Furche steht also unmittelbar bevor; vom Spermakern ist aber auch nicht das kleinste Chromatinteilchen am Gegenpol zu bemerken. — Uebrigens konnte mehrfach beobachtet werden, daf ein Zerreifen des Spermakerns in zwei Halften thatsichlich vorkommt. Es kann das natiirlich nur dann eintreten, wenn die Wirkung der beiden Pole auf den Spermakern annahernd gleich ist. Wie ge- waltsam dieser Prozef verliuft, zeigt die beigegebene Abbildung (Fig. 45). Der Spermakern ist stark zerfetzt, und vielleicht hat die einschneidende Furche mitgeholfen, die Zerteilung zu vollenden. Der ganz analoge Vorgang wurde auch im Vierzellenstadium gesehen. Immerhin scheint die Auflockerung, die das Chromatin des Spermakerns in der ersten Furchungsspindel erfahren hat, seine 1) Es kommt allerdings vor, da’ sich das Chromatin des Spermakerns mit dem des Hikerns in der ersten Furchungsspindel vereinigt, ohne dali eine vorherige Verschmelzung der beiden Kerne stattgefunden hitte. Obgleich ungewoéhnlich, hat doch dieses Ver- halten denselben Effekt wie das normale. MHierauf wird an anderer Stelle zuriickzukommen sein. 112 Ernst Teichmann, Widerstandskraft gebrochen zu haben. In der neugebildeten Blastomere miissen Hikernderivat und Spermakern in nahe Be- riihrung miteinander kommen. Ohne dal gerade eine Ver- schmelzung einzutreten braucht, wird doch das Chromatin beider Kerne bei der Vorbereitung zu der niachsten Teilung in der Aequatorialplatte vereinigt und gleichmafig auf die beiden neuen Zellen verteilt werden. Das ergiebt sich ungezwungen aus den 3 Stadien, die in Fig. 14—16 abgebildet sind. In Fig. 14 legen Eikernderivat und Spermakern in der linken Zelle noch deutlich unterscheidbar dicht nebeneinander; auf jedem der beiden Kerne ist, naher ihrem breiteren Ende, eine kleine Strahlung vorhanden die nicht gezeichnet worden ist, um dem Bilde seine Deutlichkeit zu erhalten. Riicken diese Strahlungen noch ein wenig weiter auseinander, so haben sie die beiden Kerne zwischen sich gefalt. Der Schritt bis zum Stadium der Fig. 15 ist nicht sehr grof: in beiden Blastomeren liegt die zweite Furchungsspindel mit eben sich bildenden Tochterplatten in Polansicht vor. Aber wahrend die Pole der rechten Zelle nur sparlich Chromatin zwischen sich — begreifen — offenbar nur die Halfte der ihnen normalerweise zu- kommenden Chromosomen — ist solches in der linken Zelle sehr reichlich vorhanden. Leider war es nicht méglich, in diesem und ahnlichen Fallen eine sichere Bestimmung der Chromosomenzahl auszufiihren. Es laBt sich nur Folgendes sagen: zu erwarten waren 18 Chromosomen, 9 vom Eikernderivat und 9 vom Sperma- kern. Nun scheint es aber, als ob diese Zahl manchmal nicht unerheblich iiberschritten wiirde. Vielleicht darf wenigstens ver- mutungsweise ausgesprochen werden, dafi die Chromosomen des Spermakerns die einmal unterdriickte Teilung nachtraglich voll- ziehen. Dann miifiten sich in der zweiten Furchungsspindel 27 Chromosomen finden lassen, vorausgesetzt, da die Normal- chromosomenzahl der Geschlechtskerne 9 ist (BOVERI 3, p. 32). — Fig. 16 bedarf kaum einer weiteren Erklarung. Die Blastomere, deren Kern nur miitterliches Chromatin besitzt, hat sich geteilt ; in der anderen sind die Tochterchromosomengruppen ziemlich weit auseinander geriickt. Hier scheint allerdings die Zahl der Chromo- somen nicht iiber 18 in jeder Gruppe hinauszugeben. Vielleicht da8 die unterdriickte Chromosomenteilung nicht in jedem Falle nachgeholt werden kann ? Nicht immer tritt der Spermakern schon im Zweizellenstadium in die Entwickelung ein. Es kommt vor, daf dies erst im Vier- zellenstadium geschieht. Sein weiteres Verhalten ist dann dem Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 113 beschriebenen ganz analog. Wiederum ist es durch seine Lage zur Ebene der Furche bedingt, ob er fiir sich bleiben oder aber mit dem Eikernderivat vereinigt werden wird. Aus dem in Fig. 17 abgebildeten Falle wird er wahrscheinlich nicht nur in das Vier- zellenstadium iibergehen, sondern auch dieses noch itberdauern, da er voraussichtlich auch dann noch nicht in der Furchungs- spindel liegen und mit dem Eikernderivat in Bertihrung gekommen sein wird (Fig. 21). In der That hat Bovert Falle im Leben beobachtet, wo der Spermakern noch im Achtzellenstadium selb- stindig geblieben war (1, p. 66). — Wo dagegen der Spermakern beim Uebergang aus dem zweizelligen zum vierzelligen Stadium in die Furchungsspindel hineingezogen ist (Fig. 19 und 20), wird sein Chromatin aller Voraussicht nach bei der Vorbereitung zur folgenden Teilung in der Aequatorialplatte mit dem des Eikern- derivats vereinigt. Fig. 22 schlieBt sich etwa an Fig. 19 und 20 an: der Spermakern ist zwar noch ganz in eine der 4 Zellen tiber- getreten, allein er ist in offenbarer Umwandlung begriffen; nicht nur hat er bedeutend an Umfang zugenommen, auch sein Chro- matin ist schon stark aufgelockert, soda es bei der nachsten, bereits eingeleiteten Teilung zweifellos mit dem des Eikern- derivats auf die beiden entstehenden Zellen verteilt werden wird. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daf in den Pra- paraten die ersten Stadien nach dem Eindringen des Sperma- tozoons selten sind. Waren solche Faille, wie die in Fig. 1 und 3 abgebildeten haufiger, so wiirde es gentigen, die am Spermakopf auftretende Strahlung als Beweis dafiir anzufiihren, daf die sich spater am Kikern findende von jener herstammt, vorausgesetzt, da sich auch der Weg, den sie von ihrem ersten Auftreten bis zum Ejintreffen am Eikern zuriicklegt, und ihr Verhalten auf dem- selben verfolgen lieBe. Da dies jedoch nur teilweise gelingt, sei hier eine Beschreibung des Verlaufes dyspermer Befruchtung an- geschlossen, zumal da diese auch sonst noch einiges bietet, was von Interesse ist. II. Dysperme Befruchtung. Zwei Spermatozoen, die ungefahr gleichzeitig in das Ki ein- gedrungen sind, verhalten sich im allgemeinen ebenso wie das Spermatozoon der monospermen Befruchtung. Auch hier liegen die Spermakerne immer im Bereiche einer Strahlung, bald naher ihrem Mittelpunkte, bald ferner von ihm. Bd. XXXKVII. N. F, XXX. 8 114 Ernst Teichmann, Von Bedeutung ist die Beziehung der Strahlungen zum Eikern. Nicht selten kommt es vor, daf an ihm 4 Strahlungen auftreten. Sie sind auf 2 zuriickzufiihren, die ungefahr gleichzeitig am Ei- kern eingetrofien sind. Fig. 23 und 24 machen das deutlich: in Fig. 23 sind die beiden Mutterstrahlungen in die unmittelbare Nahe des Eikerns gelangt; die eine zeigt schon eine geringe Ab- flachung; sie ist auf der zweiten Abbildung am einen Pol weiter fortgeschritten, am anderen sind die beiden Tochterstrahlungen bereits deutlich unterscheidbar. Im weiteren Verlaufe wiirden also 4 Strahlungen entstehen und sich etwa in der Weise um den Kikern gruppieren, wie es Fig. 25 zeigt. Die beiden Spermakerne kénnen in der verschiedensten Weise zwischen den 4 Polen ihren Platz finden. Kommt einer nahe genug an den Eikern heran, so wird er unter Umstanden mit diesem vereinigt (Fig. 26 und 27). Der so entstandene Furchungs- kern unterscheidet sich in seinem Verhalten nicht von einem normalen. Fig. 37 und 38 zeigen, wie sein Chromatin ganz regular — geteilt wird. Daf beide Spermakerne mit dem Eikern verschmelzen, ist nicht beobachtet worden. In den meisten Fallen bleiben beide Spermakerne selbstiindig. Dann ordnen sich die 4 Strahlungen so, dai 2 der Tochtercentrosomen zum Eikern in Beziehung treten, wihrend die beiden anderen etwas entfernt im Protoplasma liegen. Sind also urspriinglich 2 Strahlungen a und 6 am Eikern vor- handen gewesen und hat sich a in a, und a,, 6 in 5, und Bb, geteilt, so nehmen nun z. B. a, und 0, die Chromosomen des Kikerns zwischen sich, @, und 6, bleiben dagegen unbeteiligt. Doch kénnen auch 3 Pole zu dem Chromatin in Beziehung treten. Es wird das auSer von der Lage der Centrosomen auch von der Menge des zur Verteilung gelangenden Chromatins abhingen (vg). auch Boveri 6, S. 8). In Fig. 22 ist das Chromatin des einen Spermakerns mit dem des Eikerns vereinigt worden. Die Chromo- somen werden nun ganz unregelmibig an 3 Pole verteilt und zwar so, dali die eine Halfte derselben vollstaindig an den einen Pol gelangt, wahrend die beiden anderen mit ungleichen Teilen der anderen Halfte sich begniigen miissen. Die zuletzt erwahnten Pole stammen offenbar von demselben Centrosoma ab, da zwischen ihnen noch deutlich sichtbare Verbindungsfiden verlaufen. Da- gegen scheint es nicht zur Bildung eines Astrospharenquadrates zu kommen, wie dies bei Dyspermie gewohnlich auftritt. Wenig- stens sind Figuren von der Regelmafigkeit, wie sie H. Fou und O. und R. Herrwia gegeben haben, nicht gefunden worden (vergl. &, Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 115 Tafel IV, Fig. 3a und 9, Tafel I, Fig. 6—8). Dementsprechend teilt sich auch das Ei nicht simultan in 4 Zellen, sondern nur in 2 (Boverr 6, p. 17). Die Teilungsebene geht dabei durch die Aequatorialplatte des Eikerns, und es hiangt von der Lage der Spermakerne ab, ob jede Blastomere aufSer dem Eikernderivat auch einen Spermakern erhalt, oder ob beide Spermakerne in dieselbe Blastomere geraten, wihrend die andere leer ausgeht. Des Naheren sei auf die Figg. 28. 29 und 30 verwiesen. Fig. 28 zeigt die typische Anordnung; Fig. 29 ein fortgeschritteneres Stadium, bei dem nur der Ort der Spermakerne ein anderer ist; in Fig. 30 endlich liegen beide Spermakerne nahe an der Aequa- torialplatte des Eikerns. Tritt nun die Teilung ein, so wird im Falle der Fig. 28 und 29 jede Blastomere 1 Ejikernderivat, 1 Spermakern und 2 Strahlungen erhalten. Diese letzteren miissen sich bei der Vorbereitung zur nachsten Teilung verdoppeln: in jeder Blastomere erscheinen 4 Strahlungen. Nehmen 2 das Deri- vat des Eikerns, die beiden anderen den Spermakern zwischen sich, so ergiebt sich das Bild, welches durch Kombination der Fig. 32a und b entsteht. Dieses Bild ist in zwei zerlegt worden, weil sich die gegen das Innere hin liegenden Strahlungen zum Teil zudecken wiirden. Fig. 33 zeigt im wesentlichen dasselbe wie Fig. 32, nur ist in der unteren Blastomere das Chromatin des Spermakerns mit dem des Eikerns vereinigt worden; infolgedessen sind hier 2 leere Strahlungen vorhanden. Auch hier laft die groBe Zahl der Chromosomen — es sind sicher mehr als 18 an jedem Pol — wenigstens daran denken, daf sich die Chromosomen des Spermakerns gerade so oft geteilt haben wie die des Eikerns, so daf also bei dieser Kernteilung jeder Kern 18 vom Spermakern und 9 vom Eikern stammende Chromosomen enthielte. In der unteren Blastomere ist die Unterscheidung zwischen Eikernderivat und Spermakern noch méglich: bei ersterem sind die Gruppen der Tochterchromosomen schon weit auseinander gertickt; hinter ihm ist der Spermakern erheblich in der Entwickelung zurtick. — Dachte man sich das Fig. 30 abgebildete Ei bis zur Furchung fortgeschritten, so wiirde jede Blastomere 2 Strahlungen und 1 Ei- kernderivat erhalten, die Spermakerne wiirden aber vermutlich beide in die untere Blastomere gelangen. Nicht immer treffen die Strahlungen der beiden Spermatozoen gleichzeitig am Kikern ein. Dann bildet die, welche den Eikern infolge seiner giinstigeren Lage zuerst erreicht, mit ihm eine karyokinetische Figur, zu der sich der zugehérige Spermakern in 8 * 116 Ernst Teichmann, derselben Weise verhalt, wie es oben bei der monospermen Be- fruchtung erértert worden ist. Die zweite Strahlung gelangt itiber- haupt nicht bis an den Eikern: sie teilt sich unterwegs und bildet eine Spindel, in die der zugehérige Spermakern jedoch erst spat hineingezogen zu werden scheint. Das Verhalten der beiden Strahlungen in solchen Fallen ergiebt sich aus Fig. 34—37. Ob die Vereinigung des Chromatins der beiden Kerne in der nachsten Teilung erfolgt oder nicht, wird auch hier wieder von der Lage des Spermakerns zum Eikern abhangen. — Fir die Furchung der Zelle ist die Verteilung der Kernsubstanz ausschlaggebend. Denn nur zwischen Polen, die eine Spindel zwischen sich haben, tritt eine Furche auf. Nun sind in diesen Eiern stets 2 Spindeln vorhanden, sodaf man erwarten kénnte, es wiirden 2 Furchen zu gleicher Zeit auftreten. Das ist aber nach allem, was sich iiber das Verhalten der Spermakerne hat feststellen lassen, ausgeschlossen. Das Chromatin der Spermakernspindel ist in allen Fallen in der Entwickelung be- deutend hinter dem des Eikerns zuriick (Fig. 35—37). Die Beziehung zwischen den Polen und dem Chromatin des isolierten Spermakerns, die fiir die Teilung unerlaBlich ist, unterbleibt vorliufig. Erst dann, wenn sich der isolierte Spermakern aufgelést hat, kann diese Beziehung hergestellt werden, und damit die Bedingung fiir das Auftreten einer Furche zwischen seinen Polen geschaffen werden. Zu einer simultanen Vierteilung kann es also nicht kommen. Vielmehr wird die erste Furche durch die Aequatorialplatte des Eikerns, mag sich mit diesem ein Spermakern vereinigt haben oder nicht, hindurch gehen und das Ei in 2 Blastomeren zerteilen. Im Falle der Fig. 37 z. B. wirde die erste Furchungsebene senk- recht durch die Spindel gehen, in der die Chromosomen des Ei- kerns mit denen des einen Spermakerns vereint liegen. Die Folge wiirde sein, da’ die eine Zelle ein Centrosoma mit dem Derivat eines normalen Furchungskernes erhielte, die andere auSerdem noch die Spermakernspindel. Ueber den weiteren Verlauf Jat sich nichts mit Sicherheit angeben. Einen eigentiimlichen Fall stellt Fig. 44 dar. Der Kikern befindet sich bereits in der Anaphase, die Chromosomen sind weit auseinandergeriickt. Obgleich nun das Auftreten der Furche nicht mehr lange auf sich warten lassen kann, sind doch die Centro- somen offenbar erst vor kurzem mit ihrer Teilung fertig geworden. Am unteren Pol liegen sie noch ganz dicht zusammen, und auch am oberen haben sich die beiden Tochtercentrosomen noch nicht soweit voneinander entfernt, daf die zwischen ihnen verlaufenden Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 117 Fibrillen schon gestreckt wiren. — Das Pendant hierzu in der monospermen Serie bildet der Fall Fig. 9. Der Eikern ist schon vollig aufgelést, seine Chromosomen deutlich zu unterscheiden. Die Centrosomen dagegen sind erst auf dem Wege zur Oppo- sitionsstellung, sie haben das Chromatin des Eikerns noch nicht in ihre Mitte genommen. — Mit dem normalen Verhalten ver- glichen, macht sich in beiden Fallen eine auffallende Beschleunigung der Metamorphose des Eikerns geltend: ohne daf die Centro- somen ihre endgiltige Stellung eingenommen haben, beginnt jener sich umzuwandeln. — An Fig. 44 ist auch zu sehen, wie die Chromatinverteilung zwischen mehreren Polen zustande kommen kann. Denkt man sich namlich die beiden oberen Strahlungen noch naiher aneinander geriickt, so wiirden sich die Fibrillen der bauchigen Spindel zwischen ihnen noch weiter nach unten, der Stelle zu, wo friiher die Aequatorialplatte lag, ausbuchten. Dabei kommen sie mit den Chromosomen in Beriihrung und heften sich an ihnen fest. Wenn die Fibrillen dann selbstandig werden und sich strecken, so liegen die Chromosomen derselben Seite teils im Bereiche der einen, teils in dem der anderen Strahlungen, wie es die Figur zeigt. Ill. Besondere Fille. Eine Reihe von Abbildungen zeigt Eier mit mehreren Ei- kernen (Fig. 1, 26, 38—40). Wie diese Kerne aus dem urspriing- lichen Eikern hervorgegangen sind, dariiber geben die Praparate keinerlei Aufschluf. Sie liegen manchmal weit auseinander (Fig. 26, 39), Ofters zu Gruppen vereinigt (Fig. 1, 38). Den Strahlungen gegentiber verhalten sie sich genau so wie der normale Eikern. So zeigt Fig. 42 2 karyokinetische Figuren im ungefurchten Ki, jede mit einem Spermakern. Das Zustandekommen dieser Kom- bination erklirt sich durch die Annahme, da8 2 Ejikerne vor- handen waren, auf deren jeden die Strahlung je eines der beiden eingedrungenen Spermatozoen traf. Denkt man sich in Fig. 39 den dritten Spermakern mit seiner Strahlung weg, so entsteht ein Bild, aus dem Fig. 42 direkt ableitbar ist. Man nehme nur an, da sich jedes der beiden Centrosomen teilt und das Eikern- derivat, an dem es liegt, zwischen seine Tochtercentrosomen nimmt. Es waren dann je 2 Pole mit einem Eikernderivat und einem Spermakern vorhanden, wie Fig. 42 zeigt. Fig. 43 giebt ein etwas fortgeschritteneres Stadium. Wenn es aus einer der vorigen 118 Ernst Teichmann, ahnlichen Kombination hervorgegangen ist, so muf die Anzahl der Chromosomen, die an je 2, bei derselben Spindel beteiligt ge- wesenen Polen liegen, gleich sein. Das ist nach der Abbildung scheinbar nicht der Fall. Allein die Chromosomen sind, wenn sie Blaschenform angenommen haben, sehr schwer zu sehen; sie konnten daher nicht alle eingezeichnet werden. Man wird sich aber die fehlenden so erganzen diirfen, daf die angegebene Be- dingung erfiillt wird. Will man das nicht, so miikte man das Bild als aus einem Astrosphaérenquadrat hervorgegangen betrachten. Da aber das Vorkommen eines solchen am Eikern sonst nicht konstatiert werden konnte und die Ableitung der Fig. 43 aus Fig. 42 nichts Gewaltsames hat, méchte diese vorzuziehen sein. — Ziemlich eng gehéren wohl auch Fig. 38 und 41 zusammen. An- genommen, die beiden gréferen Kerne in Fig. 38 wiirden von 2 Tochterstrahlungen verschiedener Abstammung in die Mitte ge- nommen; die beiden kleineren Kerne gerieten dagegen zwischen je 2 Schwesterstrahlungen, so wiirde eine dhnliche Chromatin- verteilung zustande kommen, wie sie in Fig. 41 abgebildet ist. — Auffallend ist auch die verschiedene Groéfe der Kerne, so be- sonders in Fig. 26 und 40. R. Herrwie (10, p. 54) hat eine Erscheinung beschrieben, die eine gewisse Parallele zu der obigen bildet. Er fand bei Seeigeleiern, die 5 Stunden nach 3stiindiger Strychninbehandlung abgetétet worden waren, zahlreiche homogene achromatische Kugeln von verschiedener Gréfe, denen Chromosomen ange- klebt waren, den kleineren nur ein Chromosom, den groéferen deren mehrere (vgl. R. Herrwie’s Fig. 57 und 58). Diese Kugeln konnten zu einer oder zwei Gruppen zusammengedrangt sein (Hertwia’s Fig. 58) und Hertwic nimmt an, dafi aus ihnen 1, 2 oder wenige achromatische Kugeln hervorgegangen sein kénnten, in denen Chromosomen eingebettet sind (HerTwie’s Fig. 59 und 60). An einer anderen Stelle (10, p. 56) berichtet der Forscher, da’ er die gleichen Umwandlungen, die durch Strychnisierung erzielt wurden, auch bei Eiern fand, die lange im Wasser gelegen hatten. Ein Spharechinus granularis hatte wahrend des Transportes ab- gelaicht, und an diesen EKiern fanden sich dieselben Verandeérungen, die an solchen beobachtet worden waren, welche 30 Minuten mit Strychnin behandelt und nach 50 Minuten abgetétet worden waren. Vergleicht man damit die oben mitgeteilten Befunde, so liegt es nahe, die Mehrkernigkeit hier auf abnliche Ursachen wie dort zuriickzufiihren. Die Eicr hatten 14 Stunden in nicht erneutew Ueber Farchung befruchicier Secigeleier. 119 Seewasser gelegen. Nun ware allerdimgs nach der Berechnung Heerwic’s eine viel langere Zeit ndtig, um Veranderungen an den Eiern hervorzurufen. Allein es ist zm beriicksichtigen, da hier die verschiedensiten Zufalligkeiten cine Rolle spielen kinnen. Es sei nur auf Folgendes hingewiesen: Verdunsiung und dadurch be- wirkie grifere Konzeniraiion des Seewassers wirde den ProzeS beschieunigen; friihes Ablaichen, wie «es im Heerwie’schen Fall wabrscheilich ist (10, p. 56), wirde offenbar eme Verzégerung bedingen. Es ist daher immerhin miglich, dai die Heerwie’schen Befunde einen Weg weisen, auf dem man zur Erklarung der Mehbr- Kernigkeit der oben beschriebenen Hier gelangen konnie. Freilich wich der Zusiand, in dem sich die Kerne des vorliegenden Falles befanden, wesenilich von dem der Heerwie’schen ab. Enrsiere unierschieden sich im nichis auSer in ihrer Grofe von dem einfach gebliebenen Eikern desselben Stadiums; von Chromosomen war michis im ihnen zu sehen. Allgemeiner Teil. Was immer an_Sirahlungen bei den beschriebenen Vorgangen zu sehen isi, mui auf Spermacentrosomen zurickgefihri werden. Wenn die Praparate bei monospermer Befruchtumg emen Zweifel hieriber iberhaupt zulicben, so ist er durch das Verhalten der Centro- somen bei Dyspermie yollig ausgeschlossen. Wo sollten die beiden Doppelstrahlungen herkommen, wenn nicht von den Centrosomen der beiden eingedrumgenen Spermaiozoen? Und wenn sich bei Trispermie (Fig. 39) 3 und bei Polyspermie iiberhaupt immer cine der Anzahl der eingedrungenen Spermaiozeen proportionale Zahl yon Sirahlungen nachweisen Lift, so dirfie es kaum angangig sein, nach einer anderen Ursache fir ihre Herkunft mm suchen. Es muf also auch als sicher angesehen werden, da8 die Strahlun- gen in den monosperm befruchicten Eiern vom Spermacentrosoma hersiammen. Als Bestaitigung mag der Umsiand gelien, da8 sich im den seltenen Stadien unmitielbar nach dem Eimdringen des Spermatozoons an diesem die enistehende, noch schwach aus- gebildete Strahlung nachweisen lel. Es kann freilich anffallend erscheinen, da$ sich zwischen dem Verhalten des Spermakerns und des Spermacentrosoms eine Dis- krepanz ergiebi, obgleich doch beide denselben Bedingungen unier- 120 Ernst Teichmann, worfen waren. Ohne an dieser Stelle auf eine Erklairung des Verhaltens des Spermakerns einzugehen, sei nur darauf hinge- wiesen, dafi die Widerstandskraft des Centrosoms gegen chemische Kinfliisse bedeutend sein muf. Das hat sich auch sonst gezeigt. O. und R. Herrwic (9, p. 85 f.) haben befruchtete Seeigeleier mit 0,05-proz. Chininlésung bebandelt und in verschiedenen Stadien abgetétet. Dabei ergab sich folgendes: hatte der Furchungskern schon die Form der Spindel angenommen, wenn er der Chinin- behandlung unterworfen wurde, so ging er in einen Haufen von Blaschen tiber, die dann untereinander zu einem einheitlichen Kern verschmolzen, der wesentlich gréfer war als der Furchungskern. Wenn sich die Eizelle nach einiger Zeit erholt hatte, so begann auch die unterbrochene Kernteilung wieder; nur entstanden jetzt an 4 ungefihr gleich weit voneinander entfernten Punkten an der Oberfliche Strahlungen und im weiteren Verlaufe 4 Spindeln (9, p. 152 und Tafel III, Fig. 1—5). Dies wird so gedeutet, dal durch die Chininbehandlung die Karyokinese gestért werde, wah- rend sich die Substanzaufnahme seitens des Kernes ungehindert. - volizieht. Fiir die hier in Betracht kommende Frage ist es von Wichtigkeit, da8 die Strahlungen in doppelter Anzahl wieder er- scheinen. Die Behandlung mit Chinin hatte offenbar im Verhalten der Centrosomen keine Aenderung hervorgerufen. Sie hatten sich ganz unabhingig von Kern- und Zellteilung verdoppelt und keinerlei Einbufe in ihrer Teilungsfihigkeit erlitten, wahrend Protoplasma sowohl wie Kern von ihrem normalen Verhalten ab- wichen (vgl. hierzu Bovert 2, p. 187 und 6, p. 11). Es sei im Anschlu8 hieran wenigstens die Vermutung ausgesprochen, auch die bei Choralbehandlung befruchteter Kier auftretenden Strahlungs- figuren méchten sich im allgemeinen ahnlich erklairen lassen. O. und R. Herrwic unterscheiden solche Strahlungen, die sich im Anschluf an die Kernpole entwickelt haben und solche, die schein- bar unabhaingig vom Kern frei im Protoplasma liegen (9, 8. 57). Wer Spermakern hat z. B. anfinglich nur 2 Strahlungen; dann findet man zweistrahlige Kerne, in deren Umkreis ferner noch eine Protoplasmastrahlung liegt, weiterhin dreistrahlige Kerne mit einer im Protoplasma liegenden vierten Strahlung (Tafel HI, Fig. 19), endlich vierstrahlige Kerne“ (9, p. 58). Alle diese Strahlungen diirften sich unter den Gesichtspunkt bringen lassen, dal’ sie aus der Teilung der beiden urspriinglichen Centrosomen hervor- gegangen sind. Diese muf durchaus nicht gleichen Schritt bei beiden halten: das eine Centrosom kann noch ganz einfach er- Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 121 scheinen, wahrend sich das andere schon geteilt hat (vgl. Fig. 27 und 43). Auch die beschriebene Loslésung einer Strahlung von dem zugehérigen Kern ist durchaus nichts Ungewohnliches; es kommt vor, daf Strahlungen weitab von ihrem Kern im Proto- plasma liegen, ja daf sie tiberhaupt nicht zu ihm in Beziehung treten. So hat Bovert von einem Fall berichtet, wo die gesamte Kernsubstanz in die eine Tochterzelle gelangt, wahrend die andere nichts als ein Centrosom erhielt (6, p. 1, vgl. auch S. 8, Fig. 1; ferner Fig. 33 dieser Schrift). — Nach alledem lassen sich viel- leicht jene von den Briidern Hertwica beschriebenen zwei-, drei- und vierstrahligen Figuren als verschiedene Momente des Teilungs- prozesses der Centrosomen ansprechen. MorGan (15, p. 522) hat zwar gemeint, diese multipolaren Figuren kénnten auf kiinstliche Strahlungen zuriickgefiihrt werden, die dann im weiteren Verlauf an der Entwickelung teilgenommen hiitten. Allein das Verhalten der Centrosomen gegen Kalilauge lat es wahrscheinlich erscheinen, da8 die dabei gezeigte Widerstandsfaihigkeit auch anderen Chemi- kalien gegeniiber vorhalt, dafi also die oben versuchte Erklarung mehr fiir sich hat als die von MorGAN vermutungsweise aus- gesprochene. Ueberhaupt diirfte es richtig sein, Strahlungen in befruchteten Eiern zunaichst immer als Abkémmlinge der Spermo- centrosomen zu betrachten. Denn die bisher bekannt gewordenen Versuche, die diesen Punkt beriihren, scheinen dafiir zu sprechen, da die anderen Zellteilungsorgane in ihren Funktionen weit ’ leichter alteriert werden kénnen als gerade die Centrosomen. Insbesondere gelingt es verhaltnismafig leicht, Furchungen und Kernteilungen zu unterdriicken, ohne dafi dabei auch die Teilungs- fahigkeit der Centrosomen eine Einbufe erlitte, womit das Ent- stehen multipolarer Figuren unmittelbar gegeben ist (vgl. Bovert 6, p. 46 f.). Erst wenn es nicht mehr méglich ist, Strahlungen auf Spermacentrosomen zuriickzufiihren, wird es angangig sein, auf Ovocentren und, wenn auch diese versagen, auf artifizielle Strahlungen zuriickzugreifen. Fiir die ganze Frage aber wire es von Wichtigkeit, festzustellen, wie sich Ovocentren und kiinstliche Strahlungen verhalten, wenn sie mit Spermacentrosomen in direkte Konkurrenz zu treten gezwungen wiirden. Ein erster Versuch in dieser Richtung ist von Mora@an (14) gemacht worden. Doch lat sich aus dem, was er mitteilt, zu diesem Punkte nicht viel entnehmen. Kann es mithin nicht auffallen, daf das Centrosoma des Spermatozoons trotz der Kalilaugenbehandlung aktionsfahig bleibt, 122 Ernst Teichmann, so ist nichts vorhanden, was seiner normalen Wirkungsweise entgegenstiinde. Eiprotoplasma wie Eikern sind seinem KEinfluf durchaus zuginglich. So sehen wir denn auch, wie das Centro- soma eine Thatigkeit entfaltet, die in nichts von der abzuweichen scheint, die zu erwarten war: es tritt an den Eikern heran, teilt sich, die Schwestercentrosomen stellen sich einander gegeniiber, es entsteht eine karyokinetische Figur, die sich nur dadurch von der gewohnlichen unterscheidet, daf ihre Aequatorialplatte einzig aus miitterlichen Chromosomen gebildet wird. Es ist ganz offen- bar, dafS’ mit der Einftihrung des teilungsfahigen Spermacentro- somas die einzige Bedingung erfillt ist, die dem Ei zur Farchung noch fehlte. Das geteilte Centrosoma liefert die beiden Pole, die fiir den normalen Ablauf der Furchung nétig sind. Der passive Spermakern bildet hierftir kein Hindernis, und auch das scheint von keiner Bedeutung zu sein, ob er friiher oder spater mit einem Abkémmling des Eikerns vereinigt wird. Haben wir also unter Befruchtung diejenige gegenseitige Er- ganzung von Ei- und Samenzelle zu verstehen, durch welche die. Teilungsfahigkeit der ersten Embryonalzelle und ihrer Abkémm- linge hergestellt wird (4, p. 416), so mu dem Boverr’schen Experiment die Bedeutung zukommen, die sein Urheber ihm bei- gelegt hat. Das Befruchtende am Spermatozoon ist das Centro- soma, der Spermakern dagegen kénnte im Ei fehlen, ohne daf dadurch der normale Ablauf seiner Entwickelung irgendwie gestért wiirde (4, p. 428 f.). Worin besteht nun der eigentliche Unterschied zwischen der beschriebenen und der normalen Entwickelung? Im _ normalen Verlauf der Befruchtung verschmelzen Ei- und Samenzelle, ihr Chromatin macht gemeinsam seine Umwandlung durch, es wird gemeinsam und zu gleichen Teilen auf die entstehenden Blastomeren verteilt. Hier aber kommt der Spermakern oft tiberhaupt nicht so weit, daf er mit dem Eikern verschmelzen kénnte: er bleibt weitab von ihm liegen. Aber selbst wenn er in die Nahe des Eikerns gelangt, metamorphosiert er sich nicht und wird von der Karyokinese ausgeschlossen. Dies ist offenbar der springende Punkt: der Spermakern nimmt keinen Anteil an der Karyokinese der Embryonalzelle. Worin kann das seinen Grund haben ? Wir gehen von der Betrachtung derjenigen Falle aus, wo der Spermakern in der Nihe des Eikerns liegt. Warum vollzieht sich die Verschmelzung der beiden Kerne nicht? Und ist das Unter- Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 123 bleiben derselben der Grund fiir den Ausschluf des Spermakerns von der Karyokinese? Man kann daran denken, dafi der Sperma- kern verspatet am Kikern eingetroffen und deshalb von der Ver- einigung mit ihm ausgeschlossen worden sei. Es ist in der That auch sonst fiir Echinus microtuberculatus beobachtet worden, daf die Geschlechtskerne getrennt bleiben. So hat Bovertr bei Eiern, die unter vollig normalen Verhiltnissen besamt worden waren, stets einen geringen Prozentsatz gefunden, bei dem sich die beiden Geschlechtskerne selbstindig umwandelten, ohne miteinander in Beriihrung zu treten (3, p. 33 f. und 54f., Tafel III, Fig. 54 und 55). Allein diese Kerne verhielten sich im weiteren Verlauf nicht anders als ein normaler Furchungskern: es ging eine Aequatorial- platte aus ihnen hervor, und es ist nicht einzusehen, warum die weitere Entwickelung von der gewohnlichen hatte abweichen sollen. Offenbar ist zwischen dieser Modalitét und dem normalen Vor- gang kein prinzipieller Unterschied. Sie beruht auf einer durch irgend welche Zufalligkeiten eingetretenen Verzégerung des Zu- sammentreffens der beiden Kerne: sie hatten den Zeitpunkt ver- siumt, in dem ihre Verschmelzung erfolgt ware, daher blieben sie dauernd getrennt. Fiir den weiteren Verlauf der Entwickelung jedoch war dieses Verhalten von keiner Bedeutung. Zweifellos kommt es nun auch in unserem Falle zu einer Verzégerung des Zusammentreffens von Ei- und Spermakern. In deren Folge unterbleibt die Verschmelzung. Aber dieser Umstand erweist sich hier von ebenso geringer Bedeutung wie bei dem normalen Eikern: auch hier kann der Spermakern trotz unter- bliebener Verschmelzung unter Umstinden noch in die erste Fur- chungsspindel hineingezogen und sein Chromatin metamorphosiert werden. Thatsichlich ist die Boveri’sche Figur 54, auf die oben verwiesen wurde, einer Serie ,,partiell‘t befruchteter Eier ent- nommen, und es kann kaum zweifelhaft sein, daf die Chromosomen des schon in Auflésung begriffenen Spermakerns in der Aequa- torialplatte mit denen des Eikerns vereinigt werden wiirden. Die Verzégerung an sich modifiziert auch hier den Ablauf des Be- fruchtungsprozesses nicht wesentlich: sie verhindert zwar die Ver- schmelzung der beiden Geschlechtskerne; das bildet aber kein Hindernis dafiir, da’ sich ihr Chromatin selbstindig metamorpho- siert und dann zu regularer Verteilung gelangt. Es geniigt offen- bar, dafi der Spermakern in die Nahe des Eikerns kommt, um den normalen Verlauf der Befruchtung herbeizufihren. Da’ es wirklich die Nahe des Eikerns ist, die auf den Sperma- 124 Ernst Teichmann, kern einen so bedeutenden Einflu8 ausiibt, geht aus folgender Betrachtung hervor: Bei Spermakernen, die keinerlei chemische Behandlung durchgemacht haben, lauft der karyokinetische Prozef langsamer ab, wenn sie fir sich bleiben und nicht mit dem Eikern in Beriihrung kommen. Es sei zum Beweise hierfiir auf die Ab- bildungen verwiesen, die O. und R. Hertrwia auf Tafel I, Fig. 17 und 18 geben. In beiden Fallen sind 3 Spermatozoen in das Ki gedrungen; in Fig. 17 sind alle 3 Spermakerne fiir sich geblieben, in Fig. 18 ist einer mit dem Eikern verschmolzen. Es ist nun auffallig, zu sehen, da8 das Chromatin samtlicher Spermaspindeln im Vergleich zu dem des Eikerns weit zuriick ist. Und nicht nur im Vergleich zu dem des Kikerns: da, wo ein Spermakern mit dem Eikern in Beriihrung gekommen ist, wird dessen Chromatin zwar dieselbe Beschleunigung erteilt wie dem des Eikerns, die selb- stiindigen Spermakerne dagegen bleiben auch hier zurtick. Man wird hieraus den Schluf ziehen kénnen, daf dieses Zuriickbleiben. nicht sowohl durch eine Abnormitait bedingt ist, die im Sperma- kern selbst liegt, als vielmehr darin, daf gewisse Umstande aus- bleiben, die der Entfaltung seines Chromatins giinstig sind: die fehlende Beriihrung mit dem Eikern verursacht jenes Zuriick- bleiben. Und man darf noch einen Schritt weitergehen und sagen,, dafi hier wiederum in der Eikernfliissigkeit das ausschlaggebende Moment zu suchen ist. Sie ist es, die dem Chromatin des Sperma- kerns zur rascheren Entfaltung verhilft. Gelangt also der Sperma- kern nur so nahe an den Eikern heran, daf er an dessen Kern- saft Anteil erhalt, so wird sein Chromatin regular verteilt, auch wenn eine Verschmelzung der beiden Kerne nicht stattgefun- den hat. Eine wertvolle Bestatigung erhalt diese Auffassung durch eine mir gemachte, persénliche Mitteilung Professor Bovert’s: der karyo- kinetische Prozef in Eibruchstiicken, die nichts vom Eikern, wohl aber einen Spermakern enthielten, zeigte gleichfalls eine auffallige Ver- zogerung. Hier liegen die Verhiltnisse fast noch klarer als in dem Hertwia’schen Falle. Denn wahrend die Eier bei den Hertwic- schen Versuchen 15 Minuten in 0,25-proz. Nikotinlésung gelegen hatten, sind hier sowohl Spermatozoon wie Protoplasma des Ei- bruchstiickes chemisch durchaus unbeeinflu8t geblieben. Man wird auch hier den Grund dafiir, dafi der karyokinetische Prozef bei reinen Spermakernspindeln langsamer verlauft als bei Ei- und Fur- chungskernspindeln, darin suchen diirfen, da’ bei jenen der be- schleunigende Einfluf der Eikernfliissigkeit in Wegfall kommt. ee a ae Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. £25 Die eben beschriebenen Erscheinungen haben ihr Analogon in den Fallen von Dyspermie, wo es zur Bildung einer gesonderten Spermakernspindel kommt (Fig. 35—37). Der karyokinetische Prozef ist da, wo der Eikern an ihm teilnimmt, immer weit vor dem des selbstaindigen Spermakerns voraus. Allein es ist doch ein héchst bemerkenswerter Unterschied vorhanden. Man ziehe einmal die Figg. 32a und b und 33 mit in die Betrachtung! Die Kikernderivate sind hier offenbar zum zweiten Male in die Karyo- kinese eingetreten. Die Spermakerne dagegen erleiden die erste Umwandlung. In Fig. 32a und b sind alle 4 Kerne etwa im gleichen Zustand, so dafS es kaum zu entscheiden ist, welches die Eikernderivate und welches die Spermakerne sind. In diesem Falle sind die Spermakerne also um eine ganze Karyokinese hinter den Abkémmlingen des Eikerns zuriick! In Fig. 33 vollends ist der Unterschied noch gréfer, wenn man die untere Blastomere ins Auge fa8t: das Derivat des Eikerns befindet sich schon wieder in der Anaphase, der Spermakern aber hat noch nicht einmal eine Aequatorialplatte gebildet. Eine so bedeutende Verzégerung kann nicht einzig und allein darin begriindet sein, da’ jenen Sperma- kernen der beschleunigende Einfluf der Eikernfliissigkeit nicht zu gute gekommen ist. Hier mu8 ein Faktor mitgewirkt haben, der in den Spermakernen selbst liegt. Man wird angesichts dieser Thatsachen zu der Meinung kommen, dal die Spermakerne selbst eine Verainderung erfahren haben, die sie noch schwerfalliger macht, als sie normalerweise sind. Es laft sich kaum umgehen, eine Art Lahmung derselben anzunehmen, die je nach der Ein- wirkung der Kalilauge langer oder kiirzer anhalt. Durch diese Annahme wird es nun auch verstandlich, da8 der Spermakern bei monospermer Befruchtung unter Umstinden so auferordentlich lange von der Karyokinese ausgeschlossen bleibt, trotzdem seiner Lage nach zu erwarten wire, daf sein Chromatin mit dem des Eikerns vereinigt wiirde. So sehen wir ihn in Fig. 12, 13, 19 und 20 mitten in der Furchungsspindel liegen, und doch metamorphosiert er sich nicht, gelangt vielmehr ungeteilt in eine der entstehenden Blastomeren. Hier ist eben ein Hindernis vor- handen, das durch den Eikern bezw. dessen Kernsaft nicht ge- hoben werden kann. Wir werden es in einer ,,Lahmung‘ des Spermachromatins zu erblicken haben. Und diese Lahmnng scheint in einzelnen Fallen besonders hochgradig gewesen zu sein. Denn wenn man Spermakerne, wie die in Fig. 18 und 21 abgebildeten, betrachtet, so ist an ihnen ein duferst geringer Unterschied gegen- 126 Ernst Teichmann, iiber so friihen Stadien zu bemerken, wie sie etwa Fig. 5 und 6 darstellen. Die Zeit, welche zur Ausbildung der beiden ersten Furchen notig ist, hat nicht gentigt, um den Spermakern seine Betiubung iiberwinden zu lassen. Neben dieser durch den gréferen oder geringeren Grad der chemischen Beeinflussung bedingten Laihmung des Spermakerns wird aber noch ein anderes Moment zu dem anormalen Verlauf des Befruchtungsvorganges beigetragen haben. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daf die Eier selbst Erscheinungen zeigen, die auf eine nicht geringe Veriinderung derselben hindeuten. Einmal ist es die oft hochgradige Polyspermie, die einen abnormen Zu- stand der Eier voraussetzt; dann aber lat die beschriebene Mehr- kernigkeit vermuten, da die Kier vor der Besamung erhebliche Wandlungen durchgemacht haben. Was die Polyspermie betrifft, so kann gesagt werden, daf’ weitaus der gré’te Teil der Eier mehrfach befruchtet war. Unter 518 Hiern, die daraufhin unter- sucht wurden, fanden sich nur 1386, d. i. 26,25 Proz., monosperme. Ueber den Grund der Entstehung mehrerer Eikerne ist eine Ver- mutung bereits ausgesprochen worden. Mag dieselbe zutreffen oder nicht, jedenfalls weisen beide Erscheinungen darauf hin, dal der Zustand der Eier im Augenblick der Besamung von dem ge- wohnlichen abwich. Wenn sich nun auch nicht mit Sicherheit sagen laBt, wodurch die Verinderung der Kier hervorgerufen ist, so kann doch die Art, wie sie auf den Verlauf der Karyokinese eingewirkt haben kénnte, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bestimmt werden. Eine Handhabe dazu bieten Fig. 9 und 44. An beiden Bildern mu8 es auffallen, wie weit der Kern vor den Centrosomen voraus ist. Wabrend jener bereits in seiner Meta- morphose weit fortgeschritten ist, sind die Centrosomen mit ihrer Teilung und Bewegung noch erheblich im Riickstande: ihre Stellung entspricht durchaus nicht der, die man nach dem Zustande des Chromatins erwarten sollte. Man vergleiche damit das Verhalten normaler Eier: wenn bei Dyspermie 2 Centrosomen gleichzeitig an das Ei gelangen, so entsteht ein Astrosphirenquadrat; die Gentrosomen teilen sich zunichst, und erst wenn sie an den 4 Ecken des Quadrates angekommen sind, bildet sich der Furchungskern zur Aequatorialplatte um, an der nun jeder der Pole seinen Anteil erhalt (9, Tafel I, Fig. 6—8). Hier aber ist die Chromatin- verteilung schon vollendet, wihrend sich die Schwestercentrosomen erst wenig voneinander entfernt haben. Es ist ersichtlich, daf der Eikern im Augenblick des Eintreffens der Centrosomen schon Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 127 derartig zur Teilung vorbereitet gewesen sein muf, da sie sofort beginnen und ablaufen konnte. Ganz ahnliche Betrachtungen lassen sich fiir Fig. 9 durchfiihren: dem normalen Verhalten hatte es entsprochen, wenn das Chromatin des Kikerns mitten zwischen den Polen lige, und diese selbst etwa so weit voneinander abgeriickt waren, wie es in Fig. 28 geschehen ist. Auch hier schickt sich der Eikern auffallend friih zur Teilung an. Man wird diese Er- scheinung als Ueberreife der Eier bezeichnen diirfen und in ihr ein zweites Moment zu erblicken haben, das zu dem abnormen Verlauf des Befruchtungsvorganges beigetragen hat. Denn es ist klar, daS dem Spermakern um so weniger Zeit zur Metamorphose bleibt, je weiter sich der Eikern umgewandelt hat. Ist dieser beim Eintreffen des Spermakerns schon weit vorgeschritten, so kann der Spermakern dadurch recht wohl von der Karyokinese ausgeschlossen werden. So scheint es dem lang ausgezogenen Spermakern in Fig. 44 in der That ergangen zu sein. Es macht ganz den Eindruck, als ob er, an sich zwar zur Metamorphose bereit, infolge des schnellen Verlaufes der Umwandlung des Ei- kerns nicht mehr mitgekommen ware. Man wird in der grofSen Bereitschaft des Kikerns zur Teilung vielleicht die Erklirung dafiir finden diirfen, daf es so wenigen Spermakernen gelingt, in die erste Furchungsspindel einbezogen zu werden. Unter 136 monosperm befruchteten Eiern war es bei nur 15, d. i. etwa 11 Proz., sicher, daf8 das Chromatin des Sperma- kerns durch die Furchungsspindel auf die beiden ersten Blasto- meren gleichmafig verteilt wurde. Allein die extremen Fille, wo der Spermakern auch das Zwei- und Vierzellenstadium tiberdauert, sind durch dieses Moment allein unméglich erklarbar. Es sei hier die Besprechung der auffallenden Erscheinung angeschlossen, daf die Blastomere, in der sich der Spermakern befindet, fast immer etwas in der Entwickelung hinter denen zurtick ist, die nur Eikernderivate enthalten. In Fig. 14 sehen wir in der linken Blastomere Eikernderivat und Spermakern im Ruhezustand dicht nebeneinander liegen, wahrend in der rechten Zelle die neue Teilung bereits in vollem Gange ist. Aehnlich ist es in Fig. 16: die untere Blastomere hat sich schon wieder geteilt; die obere dagegen, in der Eikernderivat und Spermakern vereinigt worden sind, ist noch weit zuriick. Beide Male ist also die Blastomere, die nur chromatische Substanz vom Ejikern besitzt, vor der anderen voraus. Vielleicht erfordert die Vereinigung der beiden Kerne eine gewisse Zeit, so dafi sich 128 Ernst Teichmann, die Zelle, in der keine Kernverschmelzung vor sich geht, infolge- dessen schneller teilen kann. Doch ware damit keine geniigende Erklarung fiir die Verzégerung gegeben. Denn auch da, wo keine Verschmelzung des Spermakerns mit dem Eikernderivat eintritt, ist die Zelle mit Spermakern hinter der anderen zuriick (Fig. 17 bis 20). Mag sein, daf’ ein gewisser zeitlicher Spielraum vor- handen ist, wihrend dessen der Eikern oder sein Derivat auf die Vereinigung mit dem Spermakern warten kann. Ist diese Zeit verstrichen, ohne daf die Vereinigung stattgefunden hat, so miifte sich der Eikern oder sein Derivat allein teilen. Da fiir die Blastomere ohne Spermakern kein Grund zum Warten vorhanden ware, so wirde der Teilungsprozef in ihr naturgema friiher beginnen, sie wurde ihrer Schwesterzelle einen Vorsprung abgewinnen. Einer anderen Méglichkeit soll wenigstens gedacht werden. Wenn in der Blastomere mit Spermakern der Teilungsvorgang regelmabig hinter dem der Blastomere ohne Spermakern zuritick- bleibt, so kénnte man dies auch so deuten, als ob die gréfere Menge Chromatin in der einen Zelle eine Verlangsamung der Karyokinese selbst herbeifiihrte. An sich sind die beiden Kerne, die aus der ersten Teilung hervorgehen, vollig gleichwertig: jeder ist ein Derivat des Eikerns, und es lieBe sich erwarten, da sie sich auch gleichartig verhalten, also im selben Rhythmus teilen wiirden. Trotzdem bleibt die Zelle mit dem Spermakern stets hinter der anderen zuriick: sie hat bei gleich grofen vorhandenen Kraften eine gréBere Masse zu bewegen, infolgedessen vollziehen sich die Bewegungen langsamer. Der Unterschied zwischen dieser und der vorher angedeuteten Auffassung wiirde in folgendem liegen: bei der letzteren handelt es sich um eine Verzégerung des Be- ginns, bei ersterer um eine Verlangsamung des Verlaufes der Karyokinese in der Zelle, in welcher der Spermakern liegt. Eine kurze Bemerkung verdient auch eine Erscheinung, die schon durch die Regelmafigkeit, mit der sie auftritt, Beach- tung heischt. In allen beschriebenen Fallen bewegt sich das Centrosoma viel weiter von seinem Spermakern fort, als dies sonst vorkommt. Nimmt man an, daf der Spermakern durch sein Centrosoma gegen den Eikern hin bewegt wird, so wiirde die Er- scheipung vielleicht so zu deuten sein, dafS der Zusammenhang zwischen Centrosoma und Spermakern durch die chemische Be- handlung gelockert worden ist. Will man aber dem Spermakern eine Kigenbewegung zuschreiben, so wiirde sich das Zuriickbleiben desselben aus der namlichen Ursache herleiten lassen, die sich Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. 129 auch sonst fiir die Erklirung dieser Vorginge dienlich erwiesen hat: der Spermakern wiirde durch seine Liaihmung gehindert worden sein, mit dem vorauseilenden Centrosoma gleichen Schritt zu halten. Natiirlich ist damit nicht ausgeschlossen, daf neben der Eigenbewegung des Spermakerns auch Bewegungs- vorginge an diesem sich abspielen, die durch die Centrosomen bedingt sind. e Was sich zur Erklarung des Unterschiedes zwischen dem hier beschriebenen und dem normalen Verlauf des Befruchtungs- vorganges im Ei von Echinus microtuberculatus hat sagen lassen, trigt zum guten Teil den Charakter von Vermutungen. Es liegt dies einerseits daran, dafi unsere Kenntnisse iiber die hier in Betracht kommenden normalen Verhaltnisse in wesentlichen Punkten mangelhaft sind, andererseits aber miiSte das Experiment unter verschiedenen Modifikationen angestellt werden, um iiber die trei- benden Krafte gréfere Gewifheit zu gewinnen. Einstweilen muf es daher dabei bleiben, die méglicherweise beteiligten Faktoren zu nennen und ihr gegenseitiges Verhaltnis abzuschatzen. Zwei Um- stiinde sind es im wesentlichen, aus denen die Abnormitat des beschriebenen Vorganges abzuleiten versucht worden ist: 1) aus dem eigentiimlichen Zustande der Kier, der als Ueberreife be- zeichnet wurde und der sich in der grofen Bereitschaft des Ki- kerns zeigte, in die Karyokinese einzutreten, und 2) aus dem Ver- halten des Spermakerns, das sich am anschaulichsten als Lahmung desselben betrachten lief. Dem zuletzt genannten Faktor scheint die gréfere Bedeutung zuzukommen. Denn die Ueberreife der Kier allein wiirde nicht ausreichen, um den Vorgang zu erkliren, wahrend man ohne sie, nur mit der Annahme eines in seinen Funktionen gehinderten Spermakerns auskommen kann. Vielleicht darf daher dem zuerst genannten Faktor eine mehr accessorische Bedeutung beigelegt werden. Bd, XXXVII. N. F. XXX. 9 130 1) 2) 3) 4) 10) 11) Hrnst Teichmann, Litteraturverzeiehnis. Boveri, Tu., Ueber partielle Befruchtung. Sitzungsberichte der Gesellschaft fiir Morphologie u. Physiologie in Miinchen, Bd. IV, Heft 2, 1888. — Zellenstudien, Heft 2, Jena 1888. — Zellenstudien, Heft 3, Jena 1890. ) — Befruchtung. Merrxent und Bonnet’s Ergebnisse der Ana- tomie und Entwickelungsgeschichte, Bd. I, Wiesbaden 1892. — Ueber das Verhalten der Centrosomen bei der Befruchtung des Seeigeleies, Wiirzburg 1895. — Zur Physiologie der Kern- und Zellteilung. Sitzungsberichte der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Wiirzburg, 1896. — Zellenstudien, Heft 4, Jena 1900. Fou, H., Recherches sur la fécondation et le commencement de Vhénogénie chez divers animaux, Genéve-Bale-Lyon 1879. ) Hertwic, Oscar und Ricwarp, Ueber den Befruchtungs- und Teilungsvorgang des tierischen Eies unter dem Einfluf auferer Agentien, Jena 1887. — RicHarp, Ueber die Entwickelung des unbefruchteten See- igeleies, Leipzig 1896. Lozp, J., On the Nature of the Process of Fertilization and the Artificial Production of Normal Larvae (Plutei) from the Unfertilized Eggs of the Sea-Urchin. 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Spermakern bald nach dem Kindringen. Beginnende Strahlung. 3 Hikerne. Fig. 2. Einfache Strahlung am Eikern. Der Spermakern liegt in einiger Entfernung vom Hikern. Fig. 3. Die Strahlung hat sich vor Erreichung des Hikerns geteilt. Fig. 4—6. Doppelstrahlung am Eikern. Der Spermakern in einiger Entfernung vom Eikern. Fig. 7 u. 8. Auseinanderriicken der Tochterstrahlungen zur Oppo- sition. Der Spermakern liegt unverindert in der Nahe des Eikerns. Fig. 9. Auflésung des Eikerns. Die Tochterstrahlungen sind noch nicht in die Gegeniiberstellung gelangt. Der Spermakern liegt unverandert unter dem Centrum der einen Strahlung. Fig. 10. Metaphase. Der Spermakern unverandert in der Peripherie der oberen Strahlung. Fig. 11. Fortgeschritteneres Stadium. Fig. 12. Der Spermakern liegt ungeteilt in der Ebene der kiinftigeu Furche. Datei, ViL IL. Fig. 13—22. Monosperme Befruchtung. Fig. 13. Der ungeteilte Spermakern im Begriff, in die eine der entstehenden Blastomeren iiberzugehen. Fig. 14—16. Der Spermakern vereinigt sem Chromatin mit dem des Eikernderivats. Fig. 14. Der Spermakern in unmittelbarer Nihe des Eikern- derivats. Abnorme Gréfenzunahme des Spermakerns. Fig. 15. In der linken Blastomere ist das Chromatin des Spermakerns mit dem des Eikernderivats vereinigt. Fig. 16. In der oberen Blastomere Chromosomen des Sperma- kerns und Eikernderivats in der Anaphase. Die untere Blastomere hat sich bereits in 2 Zellen mit ruhenden Kernen geteilt. Fig. 17—20. Die Vereinigung von Spermakern und Likern- derivat unterbleibt. Fig. 17. Der Spermakern in betrachtlicher Entfernung von der Furchungsspindel. Fig. 18. In der linken Blastomere liegt der unverianderte Spermakern iiber der Furchungsspindel. Die rechte Blastomere ist bereits wieder geteilt. QG* 1382 Teichmann, Ueber Furchung befruchteter Seeigeleier. Fig. 19 u. 20. Der Spermakern liegt in der Furchungsspindel, ist stark in die Linge gezogen, ist aber ungeteilt. Fig. 21 u. 22. Der Spermakern in einer der Blastomeren des Vierzellenstadiums. Fig. 21. Unveranderter Spermakern. Fig. 22. Der Spermakern ist stark gelockert. a tel 1 Fig. 23—34. Dysperme Befruchtung. Fig. 23—31. Jeder der beiden Pole der Teilungsfigur stammt von einem der beiden eingedrungenen Spermatozoen. Fig. 23. Die Centrosomen ungeteilt am Eikern. Fig. 24. Die Centrosomen in Teilung. Fig. 25. Die Centrosomen sind geteilt. Fig. 26. Ein Spermakern mit einem der 3 Eikerne vereinigt. Fig. 27. Ein Spermakern im Begriff, sich mit dem Eikern zu — vereinigen. Fig. 28. Stadium vor der Aequatorialplatte. Nur 2 der 4 Pole an der karyokinetischen Figur beteiligt. Fig. 29 u. 30. Spitere Stadien. Verschiedene Lagen der beiden Spermakerne. Fig. 31. Beteiligung dreier Pole an der Karyokinese. Un- gleichmafige Chromatinverteilung. Fig. 32 u. 33. Zweizelliges Stadium. Fig. 32a u. b. Zwei Ebenen desselben Hies. In jeder Zelle eine Spermaspindel und eine Spindel des Kikernderivats. Fig. 33. In der oberen Blastomere hat sich das Chromatin des einen Spermakerns mit dem des Eikerns vereinigt; 2 leere Strah- lungen. In der unteren Blastomere ist der Spermakern in seiner Metamorphose hinter dem Kikernderivat zuriick. Odeon aXe Fig. 34—37. Dyspermien. Die Pole am Eikern stammen von demselben Spermatozoon. Fig. 34. Beginnende Karyokinese. Gesonderte Spermaspindel im Entstehen. Fig. 35. Eikern in Auflisung. Die Spermaspindel bleibt hinter der des Eikerns zuriick. Fig. 36 u. 37. Ein Spermakern ist mit dem Eikern ver- schmolzen. Spermaspindel wie in Fig. 35. Fig. 38—43. Eier mit mehreren Eikernen in verschiedenen Stadien und Kombinationen. Fig. 44. Dysperm befruchtetes Ei. Die Centrosomen im Ver- gleich zum Eikern in der Entwickelung zuriick. Fig. 45. Monosperm befruchtetes Ei. Der Spermakern ist in zwei Teile zerrissen. Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. l. Das Reticulum der Lymphknoten. Von Dr. Richard Thomé, Assistent der anatomischen Anstalt zu Jena. Hierzu Tafel XI, A. Litteraturiibersicht. B. Eigene Untersuchungen. I. Untersuchungsmethoden. II. Bau des einzelnen Balkchens des Reticulum und seine Be- ziehungen zu den Reticulum- bezw. Endothelzellen. III. Anordnung der Reticulumfasern in verschiedenen Abschnitten der Lymphknoten. IV. Die elastischen Fasern des Reticulum. V. Bau des Trabekularsystems und des Reticulum in den Lymphknoten verschiedener Tiere. C. Vergleichung der Befunde mit denen friiherer Untersucher. Vor einiger Zeit war es v. SCHUMACHER (1897) und mir (1898) gegliickt, in den normalen Lymphknoten von Aften (Macacus rhesus und cynomolgus) Zellen aufzufinden, denen unzweifelhaft phago- cytare Eigenschaften zukamen. Speciell schien sich ihre Thatig- keit auf die Zerstérung von roten Blutkérperchen zu erstrecken. Diese sonst tibereinstimmend beschriebenen Zellen waren von v. SCHUMACHER als Zellen des Reticulum der Lymphknoten, von mir als Endothelien angesprochen worden. Letzteres war wesent- lich deshalb geschehen, weil diese Phagocyten in Verbindung mit den gewoéhnlich so genannten Endothelien die Auskleidung der Lymphbahnen und -sinus in den Lymphknoten bildeten. Indessen hatte ich immerhin die Frage offen gelassen, ob tiberhaupt ein Unterschied zwischen Reticulumzellen und Endothelien zu machen sei, besonders weil es mir nicht gelungen war, eine deutliche Ab- 134 Richard Thomé, grenzung der Endothelien gegen die Balkchen des Reticulum auf- zufinden. Untersuchungen, die ich mittlerweile an den Lymph- knoten verschiedener Tiere angestellt habe, zeigten mir, daf ahnliche blutkérperchenhaltige Zellen fast in jedem Lymphknoten anzutreffen seien, eine Beobachtung, die ich in einer ganzen Reihe allerdings wesentlich pathologisch-anatomischer Arbeiten bestatigt fand. In vielen Fallen schienen mir diese Zellen ebenfalls den fixen Zellen anzugehéren, in anderen war ich mehr geneigt, sie fiir Wanderzellen anzusprechen. Meist war aber eine Entscheidung kaum zu treffen. Ehe ich nun naher auf diese Frage einging, schien es mir zweckmiafig, zunichst einmal zu versuchen, iiber den Bau des Reticulum der Lymphknoten mir Klarkeit zu ver- schatfen. Denn tiber dieses Gewebe gehen die Ansichten der ver- schiedenen Untersucher noch weit auseinander, ganz besonders auch tiber den Punkt, welche Rolle den Reticulumzellen angewiesen werden soll. A. Litteraturiibersicht. Die Litteratur tiber das von His als adenoides, von KOLLIKER als retikulires bezeichnete Gewebe ist sehr umfangreich, zumal nicht nur in den Lymphknoten, in der Milz und verwandten Organen ein netzformiges Gewebe erkannt worden ist, sondern auch vielfach in anderen Organen, Leber, Niere, Schleimhauten u.s. w. ein solches gefunden wurde. Da indessen Unterschiede zwischen den Netzgeweben der einzelnen Organe zu bestehen scheinen, werde ich mich im folgenden wesentlich auf die Arbeiten be- schranken, die sich mit dem Reticulum der Lymphknoten und verwandten Organe beschaftigen. Die erste ausfiihrliche Beschreibung des Reticulum und seiner Bestandteile stammt wohl von Bricks (1854). Dieser untersuchte es an Schnitten durch Lymphknoten, die in sehr verdiinnter Schwefelséure gekocht, getrocknet und dann in Wasser wieder auf- geweicht worden waren. Dem Lauf der Blutgefahe folgend, findet er, da’ ihre anfanglich dichte Adventitia in der Marksubstanz immer lockerer und reicher an Kernen wird. ,,Die ausgebildeten Binde- gewebsfasern verschwinden immer mehr, und an ihre Stelle treten Kytoblasten mit eng anschlieBender Zellmembran, die in 2 oder 3 diinne, zugespitzte, bisweilen abgeplattete, meist fadenformige Fort- sitze ausgeht, die zu einem weichen Gewebe verfilzt sind.‘‘ Dies Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 135 Gewebe ist von einer Unzahl feinster Gange durchzogen, in denen der Chylus sich fortbewegt. Diese Ginge sind nicht vom Gefal- endothel ausgekleidet, besitzen tiberhaupt keine besondere Wand, sondern sind eben von den _ verzweigten Kytoblasten gebildet. Wenn auch diese Befunde an jedenfalls nach heutigen Begriffen auferordentlich dicken Schnitten gewonnen wurden, so geht doch unzweifelhaft hervor, daf Bricke das jetzt Reticulum genannte Gewebe deutlich erkannt hat. Ebenso ergiebt sich aus der Be- schreibung, daf Bricke das Reticulum fiir ein zelliges Gewebe halt, welches aber kontinuierlich in das faserige Bindegewebe der GefaifSadventitia tibergeht. Sehr eingehend hat sich ferner BILLRoTH mit dem retikulaéren Gewebe beschiftigt. Zunaichst hat er den Bau des Reticulum in der Milz aller Wirbeltierklassen untersucht (1857). Beim Frosch besteht die Milzpulpa aus einem feinen Netzwerk, in dessen Maschen vorwiegend rote Blutkérperchen liegen, die sich aber relativ leicht daraus verdrangen lassen. Die einzelnen Faden sind teils fein und rundlich, teils etwas abgeflacht wie feinste Membranen. In den dickeren Knotenpunkten des Netzwerks legen gewohnlich ovale Kerne. Nach Maceration mit sehr verdiinnter Essigsaure gelinet es durch sanften Druck, das ganze Netzwerk in einzelne sternformig verzweigte Zellen aufzulésen. In den MApicui’schen K6rperchen ist das Netzwerk ganz ahnlich, nur sind die Maschen etwas enger als in der Pulpa. Die feinen Fadchen des Netzes stehen mit der Gefai&membran in unmittelbarem Zusammenhang. Aehnlich leicht und noch schéner lat sich dieses Netz beim Salamander dar- stellen. Schwieriger als bei Amphibien und Reptilien waren die Verhaltnisse bei den Fischen und Végeln zu erkennen, am schwie- rigsten bei den Saugetieren. Indessen gelang schlieflich doch bei allen Tierklassen der Nachweis eines ahnlich gebauten Netzes. Ferner hat BILLRorH, wesentlich allerdings von pathologischen Gesichtspunkten aus, auch bei Lymphknoten den Bau des reti- culiren Gewebes untersucht, indem er sich dabei der His’schen Pinselmethode bediente (1860 und 1862). Bei jungen Tieren ist das Faserwerk der Lymphknoten aus sternférmigen, anastomo- sierenden Zellen zusammengesetzt, bei erwachsenen Tieren dagegen findet man nur selten Kerne in den Knotenpunkten des Netzes. In der zweiten Mitteilung bemerkt er noch, daf das Netz in der ganzen Alveole (Rindenknoten) vorhanden sei. In den peripheren Teilen derselben ist es enger als im Centrum, in diesem auSerdem weich, so dal} es beim Pinseln zuweilen ausfallt. 136 Richard Thomé, Ebenfalls ein wesentlich aus verzweigten und anastomosierenden Zellen gebildetes Netzwerk hat ferner R. HemenHAIN (1859) in den Pryer’schen Plaques von Kaninchen und Hund nach aus- gepinselten Praparaten beschrieben. In der Mitte sind die Maschen des Netzwerks breit, werden nach aufen hin immer enger, bis sie schlieSlich. fast spaltformig werden. An der Peripherie der Follikel gehen die Balkchen dieses Netzwerks in das Bindegewebs- stroma der Follikelwand tiber. In den Balkchen liegen zwei Arten von Kernen, grofe, ovale und kleinere, rundliche; letztere sehen in ihrem Habitus denen der Lymphkérperchen ahnlich und kommen weniger in den Knotenpunkten des Netzes als im Verlauf von langeren Balkchen vor. Einer sehr ausfiihrlichen Untersuchung ist das fragliche Gewebe von W. His gewiirdigt worden (1860 und 1862). His hat zuerst entdeckt, dafi sich das Netzwerk der Lymphknoten sehr leicht und schon darstellen la8t, wenn man an diinnen Schnitten die in den Maschen des Netzes liegenden Lymphkérperchen durch wieder- holtes Betupfen mit einem feinen Haarpinselchen entfernt. Es — gelingt dies sowohl an frischen Schnitten als auch noch leichter an solchen, die einem in Spiritus oder doppeltchromsaurem Kali geharteten Lymphknoten entnommen sind. Auer bei den Lymph- knoten lat sich diese Methode auch bei den anderen zum Lymph- gefaisystem gehérenden Organen anwenden. In allen untersuchten Organen: Lymphknoten, Milz, Darm- follikeln u.s. w. als auch in der ganzen Schleimhaut des Darmes hat His das Stiitzgewebe fast tibereinstimmend gebaut gefunden. Im allgemeinen sind zwei Arten von Netzwerken vorhanden. Erstens ein solches, das aus anastomosierenden Zellen gebildet wird. Die betreffenden Zellen haben einen ovalen, seltener rundlichen Kern und relativ wenig Protoplasma, von dem nach allen Seiten hin Ausliufer ausstrahlen. Diese sind meist sehr fein, teilen sich dichotomisch und verbinden sich untereinander sowohl wie mit denen anderer Zellen. Gelegentlich gelingt es auch, derartige Zellen mit ihren Ausliaufern isoliert zu erhalten. Die Zellfortsitze sind sehr leicht durch Faulnis und verdiinnte Alkalien, sowie durch verdiinnte Essigsiure zu zerstéren. Ein anderes Netz unterscheidet sich von dem beschriebenen dadurch, da’ seine Balkchen breiter sind als die Zellauslaufer, daf keine bestimmt abgrenzbaren Zell- kérper und Kerne zu sehen sind, und da8 die Balkchen gegen Reagentien etwas widerstandsfihiger sind. Sie werden z. B. in verdiinnten Alkalien zwar bla’, aber lésen sich nicht. Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten, 137 Dann findet His noch besondere langgestreckte Faden, die vorzugsweise zwischen benachbarten GefaiBen oder zwischen Gefafen und den bindegewebigen Septen oft auf langere Strecken hin aus- gespannt sind. Sie sind im allgemeinen wenig verzweigt und gegen Reagentien ebenfalls ziemlich widerstandsfaihig. Haufig findet man in einer kegelf6rmigen Verbreiterung, mit der sie sich an die Gefae ansetzen, oder in einer inmitten ihres Verlaufes gelegenen Anschwellung einen Kern. Mit Entschiedenheit tritt His dafiir ein, da’ samtliche Arten von Netzen zum Bindegewebe gerechnet werden miiften. Die einzelnen Systeme sind keineswegs scharf voneinander geschieden, sondern gehen ineinander sowohl als auch in das faserige Binde- gewebe der gréberen Septen kontinuierlich tiber. Ebenso stehen sie zu der Adventitia der Gefafe in Beziehung, indem den gréferen Gefafen anastomosierende Zellen direkt aufliegen, wahrend die Kapillaren wesentlich von Zellausliufern umsponnen werden. Gegentiber dem Einwurf, da’ Bindegewebe ohne Intercellular- substanz nicht vorkiime, nimmt His als wahrscheinlich an, daf eine anfanglich in den Maschen des Netzes vorhandene schleimige Zwischensubstanz spaiter von den Lymphkérperchen verdrangt worden sei. Die Zellnetze sollen iiberall das Primiare sein. Spaterhin kénnen sie sich dann mit einer Substanz umlagern, die entweder zu elastischem oder fibrillarem Bindegewebe sich aushildet, worauf dann in der weiteren Entwickelung die Zelle mit ihren Auslaufern atrophiert. Deshalb treten die Fasernetze auch bei alteren Individuen sehr viel reichlicher gegentiber den Zellnetzen auf als bei jungen. Ueber die Verteilung der Netzwerke in den Lymphknoten giebt His an, dafi die Zellnetze sich hauptsaichlich in den Lymphsinus finden, waihrend im Bereich der eigentlichen Driisensubstanz das Netz meist aus kernlosen Fasern besteht. Dieses Fasernetz zeigt in den einzelnen Abschnitten des Parenchyms eine etwas verschiedene Anordnung. Am dichtesten ist es einmal an der Begrenzung des Parenchyms gegen die Sinus, dann in der Umgebung der ,, Vakuolen“ (Keimcentren). In den Vakuolen selbst ist es weitmaschig und scheint im Innern derselben ganz zu fehlen. Die scharfe Ab- erenzung des Parenchyms gegen die Lymphsinus wird durch dieses besonders dichte Fasernetz gebildet, nicht von einer eigentlichen Grenzmembran. Auch tiberzeugte sich His davon, daf in dieser Grenzschicht unzweifelhaft Zellen mit Ausliufern vorhanden sind, die einerseits eine Verbindung mit den Fasern des Parenchyms, 138 Richard Thomé, andererseits mit den Ausliufern des Zellnetzes in den Lymphsinus herstellen. In den Lymphknoten unterscheidet His drei Abschnitte, die allerdings nicht scharf voneinander geschieden sind, Rinde, Mark und Hilusstroma. Das letztere ist sehr reich an Bindegewebe, daher sehr derb, soweit nicht gréfere Mengen von Fett eingelagert sind. Auf Querschnitten findet man in ihm eine Anzahl weiter Lympb- und BlutgefafSdffnungen. Die Marksubstanz hingegen ist weich und enthalt meist nur feinere Blutgefife. Wo starkere Gefafe in sie hineinziehen, sind sie von Auslaufern des Hilus- stromas begleitet. Das Verhaltnis zwischen Marksubstanz und Hilusstroma ist wechselnd, indem z. B. bei den menschlichen In- guinal- und Axillardriisen das Hilusstroma weit in das Innere zieht und Auslaufer bis zur Peripherie sendet, waihrend die Mark- substanz ganz schmal ist. In den entsprechenden Lymphknoten beim Rind, in den Mesenteriallymphknoten der tbrigen unter- suchten Tiere, sowie auch in einem, allerdings pathologisch ver- anderten Mesenteriallymphknoten des Menschen findet das entgegen- gesetzte Verhalten statt. In der Rinde wie im Mark der Lymphdriisen unterscheidet His nun weiterhin drei Formationen: 1) das trabekulare Geriist. 2) die Bahnen fiir die durchstromende Lymphe oder die Lymphsinus, 3) die eigentliche Driisensubstanz. i Die Anordnung des feineren Netzwerks nach der Hrs’schen Darstellung ist bereits angegeben worden. fiir das grébere Trabekelsystem giebt His, wesentlich nach Befunden an Rinds- lymphknoten, folgendes an. Die von der Kapsel ausgehenden, prismatischen oder runden Balken spalten sich und vereinigen sich wieder untereinander, so dafi ein Maschenwerk entsteht, das, in der Rindensubstanz weit, nach der Marksubstanz zu immer enger wird. Die Entwickelung dieses Trabekulargeriistes ist bei den einzelnen Tierspecies verschieden stark, besonders betrachtlich ist das Balkennetz in der Marksubstanz der menschlichen Lymphknoten ausgebildet. Die eigentliche Driisensubstanz nimmt tberall den mittleren Raum der Trabekelmaschen ein, indem sie von diesen durch die Lymphsinus getrennt ist. Dabei bildet sie ebenso wie die Trabekel ein durch den ganzen Lymphknoten hin zusammen- hingendes Parenchymnetz, das sich nur je nach dem ihm zur Verfiigung stehenden Raum verschieden stark ausbildet. Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 139 Es finden sich also nach His in den Lymphknoten zwei sich gegenseitig durchflechtende Maschenwerke, das der Driisensubstanz und das des Trabekelsystems, die tiberall voneinander durch die Lymphsinus getrennt sind. Man findet also auf Durchschnitten in den Maschen des Parenchymnetzes je einen Trabekel bezw. in den Trabekelmaschen Driisensubstanz. Weiterhin hat Frey die Lymphknoten und das _ retikulierte Gewebe einer genauen Untersuchung unterworfen. Seine Haupt- arbeit tiber die Lymphdriisen konnte ich mir leider nicht zugang- lich machen, doch gentigen die Aufsitze (1863 u. 1873), die ich eingesehen habe, um seine Ansicht vom Bau des retikulierten Gewebes kennen zu lernen. Auch Frey hat wesentlich an aus- gepinselten Schnitten gearbeitet; dabei aber auch noch eine Karminfarbung angewandt. Er spricht das Netzwerk sowohl der Pryer’schen Plaques wie der Lymphknoten als unzweifelhaft zellig an, denn in den Knotenpunkten des Netzes finden sich, besonders deutlich bei jiingeren Tieren, Kerne eingelagert. Die Farbung mit Karmin schiitzt auch vor einer etwaigen Verwechslung von Quer- schnitten aufsteigender Fasern mit diesen Kernen (s. u. HENLE). Bei alteren Tieren allerdings kénnen auf langere Strecken hin die Kerne vollstaindig fehlen. Als Altersmetamorphose der Lymph- knoten sieht Frey das Auftreten von Fett an, das vermutlich in den Bindegewebskérperchen ausgebildet werde. Ferner soll im Alter eine Umwandlung der Netzsubstanz in fibrillares Binde- gewebe eintreten, sowie auch eine reichliche Pigmentierung, die an allen Stellen der Lymphknoten ihren Sitz haben kann. Fiir zellig erklirt auch F. Tu. Scumipt (1863) das retikulare Gewebe, da er die Kerne deutlich in den Balkchen liegen sieht. Besonders bemerkenswert ist eine Angabe, dal dickere, leicht ge- wundene Balkchen haufig von einer membranartigen Scheide um- geben seien. Von einem derartigen Balkchen giebt ScumipT auf seiner Tafel 15 No. 10 eine Abbildung, wo innerhalb der mem- branartigen Scheide auch noch ein Kern liegt. Die Aehnlichkeit mit den von mir erhaltenen Bildern ist geradezu tiberraschend. Die Abgrenzung der Follikel gegen die Lymphsinus wird nach Scumipt durch eine feinkérnige Haut gebildet, in der blasse lang- liche Kerne in grofer Zahl auftreten. Diese Haut steht mit dem Reticulum sowohl der Driisensubstanz als auch der Sinus in direktem Zusammenhang. Scumipr halt daher diese Haut nur fir eine Modifikation des Reticulum, besonders da auch an anderen Stellen dieses oft membranartige Ausbreitungen bildet. 140 Richard Thomé, Zu ahnlichen Ergebnissen gelangte auch W. MULiER (1863) nach Untersuchungen an wesentlich menschlichem Material. MULLER hat ebenfalls an ausgepinselten Schnitten, wie an solchen, die mit Karmin gefairbt waren, gearbeitet. Linerseits findet er ein proto- plasmatisches Netzwerk mit eingestreuten, teils rundlichen, teils elliptischen Kernen, andererseits ein unzweifelhaft aus Fasern be- stehendes Netz, dem deutliche Zellen anliegen. Beide Arten hangen kontinuierlich zusammen und gehen ohne scharfe Grenze ineinander iiber. Betreffs der Abgrenzung des Parenchyms gegen die Lymphbahnen tritt MULLER entschieden dafiir ein, da8 diese nur durch ein besonders engmaschiges Netzwerk nie durch eine homogene Membran gebildet werde. Auch y. KOuurker schlieft sich in seinem Handbuch der Gewebelehre (1863) in Bezug auf den Bau des Reticulum den bisher Genannten an. Er ist der Ansicht, da& das Reticulum ur- spriinglich sicher ein Zellnetz sei; jedoch beim ausgewachsenen Tier fanden sich nur noch hie und da Kerne und Zellreste, das Netz selbst bestehe wesentlich aus einem dichten Gewirre feinster Fasern. Diese Fasern sind indessen nicht identisch mit denen des fibrillaren Bindegewebes, da sie sich zum Unterschied von diesen beim Kochen in Wasser nicht lésen. Ein entschiedener Gegner der von den bisher angefiihrten Autoren vertretenen Ansicht, dafi das Reticulum ganz oder teil- weise aus Zellen bestehe, war inzwischen in HENLE (1860) er- standen. HENLE hatte ein anderes Verfahren ersonnen, um das Netzwerk deutlich zu machen. Zunachst lieS er kleine Stiicke der betreffenden Organe eintrocknen, bis sie vollstandig hart geworden waren. Feinste Spainchen davon wurden dann in destilliertem Wasser wieder aufgeweicht. Durch dies einfache Verfahren trat bei den meisten Organen das Netzwerk deutlich hervor. Nur bei der Milz und den Lymphdriisen geniigte das Aufweichen in Wasser nicht, um die Lymphkérperchen vollkommen aufzuhellen. Um dies zu erreichen, wurden die Schnitte auf kurze Zeit in ganz ver- diinnte Kalilauge iibertragen (1—2 Tropfen konz. Kalilauge auf ein Uhrglas voll Wasser), bis sie gallertartig durchscheinend ge- worden waren, und dann in destilliertem Wasser untersucht. Alsdann trat auch bei diesen Organen das Netzwerk deutlich hervor. Die Differenz zwischen HENLE und den anderen Autoren beruht nun wesentlich darauf, da8 Henue bei den so behandelten Schnitten niemals irgend welche Zellen an der Reticulumbildung beteiligt fand, sondern stets ein reines Fasernetz erhielt. HENLE Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 141 spricht sich deshalb sehr entschieden dahin aus, daf in keinem Stadium das Reticulum von Zellen, sondern stets nur von Fasern gebildet sei. Die vermeintlich in den Balkchen liegenden Kerne fiihrt er auf Querschnitte von senkrecht zur Schnittrichtung auf- steigenden Balkchen zuriick, zumal sie nie in derselben optischen Ebene liegen sollen wie das Netzwerk. Ueber die Anordnung des Reticulum herrscht sonst keine Meinungsverschiedenheit. Auch Hente findet keine Membran, sondern nur ein besonders eng- maschiges Netzwerk als Abgrenzung des Parenchyms gegen die Lymphbahnen; ebenso fehlt nach ihm im Centrum der Follikel das Netzwerk meist ganz. Auger diesem gewohnlichen Reticulum findet HENLE aber noch ein zweites Fasernetz, das nach Zerstérung des zuerst sichtbaren durch stirkere Laugen zurickbleibt. Es ist feiner und weit- maschiger, und wird von HENLE eben wegen seiner Widerstands- fihigkeit gegen starke Alkalien dem elastischen Gewebe zuge- rechnet. Wahrend so die allgemeine Formation des Reticulum in den Lymphknoten von den verschiedenen Untersuchern in nicht wesent- lich verschiedener Weise beschrieben worden ist, und auch spatere Untersuchungen hiertiber wesentlich Neues nicht gebracht haben, dauerte der Streit tiber die Natur des Reticulum, ob zellig, ob faserig, weiter fort. Obwohl seit der damaligen Zeit die mikro- skopische Technik ganz ungeahnte Fortschritte gemacht hat, obwohl eine grofe Zahl von Forschern sich mit dieser Frage beschaftigt haben, kann sie doch immer noch nicht als entschieden gelten. Von den spateren Untersuchungen seien hier zunachst die Angaben Rouuet’s (1871) und v. RECKLINGHAUSEN’s (1871) er- wihnt. Rouuer spricht sich fiir ein urspriinglich aus anastomo- sierenden Zellen bestehendes Reticulum aus, das allerdings im Lauf der Entwickelung spater in ein Netz meist kernloser Balken tibergehe. v. RECKLINGHAUSEN lat es unentschieden, ob die an den Knotenpunkten des Netzes vorhandenen Kerne in den homogenen Balkchen liegen oder ihnen nur angeheftet sind. Die Innenseite der Kapsel der Lymphknoten sowie die Trabekel sind nach ihm von einem platten Epithel tiberzogen, dessen Zellgrenzen sich durch Silbernitrat schwarzen lassen. Haufig ist es deutlich zu sehen, wie Epithelzellen von der Oberfliche eines Trabekels auf dickere Faserchen sich fortschieben. Doch lift v. Reckiine- HAUSEN noch unentschieden, ob alle Fasern, sowie die Markstrange einen epithelialen Ueberzug besitzen. 142 Richard Thomé, Diese Beobachtung eines epithelartigen Ueberzugs der Trabekel und eines Teiles der Faserchen des Reticulum leitet iiber zu den Untersuchungen B1zzozeERo’s und RANviER’s, mit denen eine neue Periode in der Erforschung des retikulierten Gewebes beginnt. BizzozeRO hat speciell den Bau der Lymphknoten beim Menschen, wie bei verschiedenen Tieren untersucht, und zwar, indem er diinne Schnitte von Organen, die in Alkohol oder 0,1—0,2 proz. Chromsaure gehartet waren, durch Schiitteln in Wasser moéglichst von Lymphkérperchen zu befreien suchte. Er kam zu dem Ergebnis, daS das Reticulum ein Netzwerk homogener oder zart langsgestreifter Fasern sei. In den Lymphbahnen um- kleiden Zellen entweder die Fasern, die Fasern sind gewissermafen in ein Protoplasmarohr eingeschlossen, oder aber die Zellen sind in einer Masche des Reticulum schleierartig ausgespannt. Das Protoplasma der Zellen ist kérnig, und es gelinet oft, durch das- selbe hindurch den Verlauf der Faser verfolgen zu kénnen. Je nach der Verzweigung der Fasern sind auch die Zellen mehr oder weniger reichlich mit Auslaufern versehen. Bei lingerem Schiitteln — der Schnitte in Wasser gelingt es oft, die Zellen ginzlich zu ent- fernen, ohne dali die Maschen des Fasernetzes beschaidigt werden. Etwas anders liegen die Verhiltnisse in der eigentlichen Driisen- substanz, indem hier meist nur wenig protoplasmareiche Zellen an den etwas verbreiterten Knotenpunkten des Netzes liegen. Die Abgrenzung der Drtisensubstanz gegen die Lymphbahnen soll nach BizzozERo durch ein Endothel geschehen. Er stellt es dar als diinne, kérnige, mit regelmaSig eingestreuten ovalen oder abge- platteten Kernen versehene Protoplasmamembran. Zu ganz ahnlichen Ergebnissen gelangte RANVIER (1888). An fixierten und dann ausgepinselten Schnitten von Lymphknoten bleiben aufer der Kapsel und den Trabekeln nur die Balkchen des Reticulum iibrig. Kerne und Zellreste findet man nur noch dann, wenn nicht energisch genug ausgepinselt worden ist. Will man dagegen siimtliche Kerne der fixen Gewebszellen erhalten, so ist es zweckmiafig, durch Einstich in die Kapsel 1-proz. Os- miumséure in den Lymphknoten zu injizieren. Hierdurch werden die lymphatischen Elemente wenigstens teilweise ausgetrieben, die Reticulumzellen dagegen fixiert. RANvieR spricht diese fiir Endo- thelzellen an, die sich in ihrer Form den Fasern des Reticulum genau anschmiegen. Fiir diese Ansicht spricht auch der Um- stand, da} er nach Injektion von Silbernitratlisung auf den Tra- bekeln und der Oberfliche der Driisensubstanz, sowie hier und Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 143 da auf dickeren Balkchen die bekannte Endothel-Kittlinienzeichnung fand, die, wenn auch nicht ganz regelmafig, so doch vollstandig beweisend sei. Die einzelnen Fasern sind nach RANVIER bei jeder Art der Priparation fibrillar, bestehen auch in der That aus Bindegewebsfibrillen, die bei den Anastomosen nicht miteinander verschmelzen, sondern nur verkleben. Beide Autoren halten also gleich HENLE an der faserigen Struktur des Reticulum fest; sie sind der Ansicht, daf es sich um eine besondere Anordnung des fibrillairen Bindegewebes handle, dessen einzelne Fasern von Endothelzellen ganz oder teilweise umkleidet seien. Als Anhinger der faserigen Struktur des Reticulum traten dann spater noch eine gréfere Anzahl von Forschern auf. Renaut (1888) bekennt sich im allgemeinen zur Ansicht seines Lehrers RANVIER, wesentlich auch auf Grund der mittelst der Silbernitrat- methode erhaltenen Resultate. Hoyer (1889) gelangte dadurch zu der Ueberzeugung von der faserigen Struktur des Reticulum, da& es ihm gelang, an Schnitten durch Lymphknoten, die er der Trypsinverdauung nach KUuHNE unterworfen hatte, ein von Kernen und Zellresten vollig freies Fasernetz zu erhalten. Sréur fand bei der Untersuchung der Entwickelung der Zungenbalge, dal’ Leukocyten sich zwischen die Biindel des vor- handenen faserigen Bindegewebes einlagern und diese aufsplittern. Erst bei sehr starker Einlagerung von Leukocyten treten jene feinen, homogen glanzenden, netzformig verbundenen Balkchen auf, wie sie im allgemeinen im Reticulum des adenoiden Gewebes be- schrieben werden. Stets finden sich Uebergiinge zwischen beiden Faserarten. Ein wesentlicher Einwand gegen eine zellige Natur des Reticulum ist nach Sr6HR auch in dem Umstande zu finden, daf sich selbst beim Erwachsenen noch fibrillares Bindegewebe in adenoides umwandeln k6nne. CARLIER (1893) ist es bei den Lymphknoten des Igels leicht gelungen, durch Ausschiitteln der Schnitte in Wasser oder durch Auspinseln ein zellfreies Netzwerk zu erhalten. Bei der Katze konnte er an diinnen Schnitten ohne weiteres feststellen, daf die diinnen Reticulumfasern mit den faserigen Trabekeln direkt zu- sammenhiangen. GULLAND (1894) hat bei der Untersuchung der Lymphknoten- entwickelung ebenfalls gefunden, daf die Leukocyten das fibrillare 144 Richard Thomé, Bindegewebe auffasern, so daf auch er das retikulare Gewebe nur fiir eine besonders feinmaschige Form des Bindegewebes erklart. Mau (1891) hat sich ebenfalls fiir die faserige Natur des Reticulum ausgesprochen, zum Unterschied indessen von den anderen Verfechtern dieser Ansicht das retikulaire Gewebe als eine besondere, vom faserigen oder, wie er es nennt, ,weien“ Binde- gewebe vollstindig verschiedene Gewebsart hingestellt. Mau be- diente sich zur Darstellung der Fasernetze ebenfalls der Pankreatin- verdauung der Schnitte, lief diese alsdann auf dem Objekttrager antrocknen und farbte sie mit Pikrinsiure und Saurefuchsin. Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem fibrillaren Bindegewebe und dem retikulierten sind nach ihm, dal ersteres beim Kochen Leim giebt, letzteres nicht, ferner dafs die Fasern des retikulierten Gewebes ebenso wie die des elastischen im Laufe der Entwickelung allmahlich an Dicke zunehmen, wiihrend die ,,weifen fibrésen“ Fasern nur in die Lange wachsen. In einer grofen Reihe von Organen hat Manu das retikulierte Gewebe gefunden und be- schrieben. Speciell bei den Lymphknoten stellt er fest, daf Kapsel und Trabekel zum weitaus gréften Teil aus retikuliertem Gewebe bestehen, in das nur einzelne elastische und weile Fasern eingestreut sind. Sonst findet sich im allgemeinen iiber- haupt kein fibrillares Bindegewebe in den Lymphknoten, weshalb diese auch nach Entfernung der Kapsel beim Kochen keine Ge- latine geben. Die von BrzzozeRo an bisher angefiihrten Autoren halten also die fixen Zellen des Reticulum fiir eine Art Endothelien, die einem reinen Fasernetz, sei es fibrillir-bindegewebiger, sei es be- sonderer Natur, nur angelagert seien. Demgegentiber erklart eine Gruppe von Forschern zwar auch den gréften Teil der fixen Gewebszellen fiir angelagerte Endothelien, halt aber daran fest, daf aufer diesen noch Zellen vorkommen, die mit den Fasern in direkter Verbindung stehen. Der MHauptvertreter dieser An- sicht ist Rippert (1889). Die Kerne der eigentlichen Reticulumzellen sind nach ihm eckige oder spindelige, mit Safranin intensiv sich firbende, meist in den Knotenpunkten des Netzwerks liegende, kleine Gebilde. Der zugehérige Zellieib ist nur von geringem Umfang, und von ihm gehen die das Netzwerk bildenden zarten Fasern aus, die nur bei genauem Zusehen als unabhangig von dem Protoplasma der Endothelien erkannt werden kénnen. Die letz- Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 145 teren sind platte, nach den Seiten sich verjiingende Gebilde, die den Lymphraum teils glatt begrenzen, teils etwas nach innen vor- springen. Ihre grofSen, hellen Kerne sind rundlich oder oval. Ueber die Verteilung des Reticulum in den Lymphknoten giebt RiBBERT an, daf es in den Rindenknoten und Markstrangen sehr eng, in den Lymphbahnen weitmaschiger sei, auferst gering ent- wickelt dagegen in den Keimcentren. Aehnlich spricht sich HANSEMANN (1891) tiber den Bau des Reticulum aus. Nur ]aBt er auBer den Endothelien noch eine zweite Art von Zellen, ,,Lymphoblasten“, den Fasern des Reti- culum anliegen, die, den Endothelien sonst ahnlich, sich wesent- lich durch die Art ihrer Mitosen unterscheiden. Unentschieden lat es LOwir (1891), ob aufer den thatsich- lich vorhandenen Endothelien auch zugleich Reticulumzellen im Sinne RrBpert’s vorhanden sind. Aber auch die alteste Ansicht, daf das Reticulum ganz oder zum Teil aus verzweigten Zellen bestehe oder wenigstens aus solchen hervorgehe, hat noch eine grofe Zahl von Vertretern ge- funden. Zunachst ist hier Curevirz (1881) zu erwadhnen. Seine Untersuchungen beschranken sich auf die Inguinallymphknoten des Menschen und die Mesenteriallymphknoten des Schweines in er- wachsenem und fétalem Zustande. Bei den betreffenden Lymph- knoten wurde zumeist eine Injektion der BlutgefaBe vorausgeschickt, und die alsdann angefertigten Schnitte ausgepinselt. Beim aus- gewachsenen Individuum findet Cutevirz das Reticulum allerdings nur aus Fasern bestehend. Bei jungen Embryonen aber wird es gréfktenteils von verzweigten Zellen gebildet, die indessen mit zu- nehmendem Wachstum mehr und mehr durch Fasern ersetzt werden. Doch noch beim Neugeborenen ist ein Teil des Netz- werks sicher zellig. Da die Zellen vielfach in Kontinuitaét mit den Fasern stehen, glaubt Curevirz, daf die letzteren durch teilweise oder vollstandige Umbildung der Zellen und ihrer Auslaufer ge- bildet seien. In Bezug auf den allgemeinen Bau der Lymph- knoten stellt sich nun aber CuIEviTz in einen gewissen Gegensatz zu His. Zwar unterscheidet auch er 3 Schichten, Rinde, Mark und Hilusstroma, doch liegen beim Menschen die Verhaltnisse des Trabekularsystems anders, als His angegeben. Nur wenige der von der Kapsel ausgehenden gréberen Septen gelangen tiberhaupt bis zum Hilusstroma, und gerade diese geben keine seitlichen Aeste ab. Die meisten dagegen lésen sich nach Abgabe von viel- Bd. XXXVII. N. F. XXX. 10 146 Richard Thome, leicht einigen Zweigen in feine Fadchen auf, die eben das Reti- culum mit bilden helfen. Daher finden sich, speciell in der Mark- substanz, sehr viele Sinus, die rings vom Parenchym umschlossen sind, ohne einen Trabekel zu enthalten. Die Angabe von His, da die Lymphsinus beim Menschen ebenso wie beim Rind stets Trabekel enthielten, glaubt Curevirz damit erkléaren zu k6nnen, da’ die lymphoide Infiltration sich haufig auf das Hilusstroma fortsetze. Dabei bleibe die nichste Umgebung der Gefafe ge- wohnlich davon frei und sei durch Lymphspalten von den in- filtrierten Partien geschieden. Daf His einen derartig veranderten Lymphknoten vor sich gehabt habe, scheint Cutevirz wahrschein- lich, erstens, da er von einem am Typhus Verstorbenen her- stammte, zweitens, da nach His die gréferen Gefafe gerade in den Trabekeln lagen, was in der Marksubstanz im allgemeinen nicht zutreffe. His habe also in diesem Falle das_infiltrierte Hilusstroma als Marksubstanz angesprochen. In den Mesenterial- lymphknoten des Schweines dagegen fand auch Cuievirz ein voll- stindiges Trabekelsystem, wie es von His als Regel aufgestellt worden ist. Ebenso spricht sich OrTH (1884) fiir eine urspriinglich zellige Natur des Reticulum aus. Bei alteren Individuen schwinde indes der eigentliche Zellleib und der Kern mehr und mehr, so daf nur die Ausliufer als verschieden dicke Balkchen iibrig bleiben. Es sei dies ein Umstand, der gegen die Gleichstellung der Balk- chen des Reticulum mit den Fasern des fibrillaren Bindegewebes spriiche, da letzteres aus der Intercellularsubstanz entstiinde. Auch verschwiinden die Reticulumfasern nicht bei Behandlung mit Essig- siiure, wie die Bindegewebsfasern. Totptr (1888) findet gleichfalls beim Erwachsenen in den homogenen Balkchen nur selten einen Kern, halt aber daran fest, dass die Grundlage des Reticulum ein Netz von Bindegewebszellen sei. Zur Feststellung der protoplasmatischen Beschaffenheit der Balkchen injizierte er Hunden Anilinblau und fand, dal die Reti- culumbialkchen ebenso wie die lymphoiden Zellen den Farbstoft aufgespeichert hatten. SCHIEFFERDECKER und KossEL (1891), sowie CzERMAK (1893) lassen ebenfalls das Reticulum aus einem Zellnetz hervorgehen, wenn auch in spaterem Alter nach Schwund des Kernes und eines Teiles des Protoplasmas die urspriingliche zellige Beschaffenheit nicht mehr erkannt werden kénne. Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 147 Zu etwas anderen Ergebnissen gelangte Demoor (1895) auf Grund einer sebr eingehenden Untersuchung des _ retikulierten Gewebes in verschiedenen Organen und bei verschiedenen Tieren. Untersucht wurde wesentlich an sehr feinen Schnitten der in FLEMMING’scher oder HERMANN’scher Fliissigkeit fixierten Organe, die mit Safranin oder Hamatoxylin-Eosin gefarbt wurden. DEmMoor findet zu allen Zeiten des Lebens das Reticulum aus _ vielfach verzweigten anastomosierenden Zellen bestehend, die einen grofen hellen Kern und granuliertes Protoplasma besitzen. Niemals gelang ihm der Nachweis, daf bei alteren Individuen etwa die Zellen den Balkchen nur anliigen, wahrend bei der gewahlten Methode der Epitheliiberzug von Kapsel, Trabekeln und Follikeln leicht nachzuweisen war. Die dickeren Ausliufer zeigten hie und da eine feine fibrillire Streifung, die meisten aber erschienen vollig homogen. Da Demoor nie Mitosen der Reticulumzellen beobachten konnte, wohl aber haufig bei jiingeren Tieren in den Knoten des Netzwerks gréfere Mengen von Protoplasma mit mehreren Kernen angehauft waren, nimmt er fiir die Vermehrung derselben die direkte Kernteilung an. Selbst bei sehr alten Tieren fand er tibrigens die Zahl der Reticulumkerne nicht vermindert. Diese Befunde von DEmMoor werden yon Saxer (1896) im groBen ganzen bestitigt. Da Saxer Auspinseln oder Verdauen der Schnitte fiir zu eingreifende Operationen halt, um die feinen Verhialtnisse dieses Gewebes richtig erkennen zu lassen, hat er nur an feinen Paraffinschnitten gearbeitet. Beim Rindsembryo von 26 cm Lange, bei dem die Lymphknoten bereits ausgebildet, aber noch sehr zellarm sind, findet er, ,,da8 das feine Netzwerk in der That durch Anastomosen der verastelten Auslaufer der Bindegewebszellen entsteht, wahrend die gréberen Septen einen faserigen Grundstock mit zwischen und auf den Fasern liegenden Zellen darstellen“. Auch beim Erwachsenen wird das feine Reti- culum zweifellos durch wahre Zellen und ihre Auslaufer gebildet, die aber in gewisser Weise modifiziert sind. Sie hangen direkt zusammen mit den Endothelien, welche die Lymphriume aus- kleiden. Da Saxer diese sog. Endothelien nur fiir plattgedriickte Bindegewebs- bezw. Reticulumzellen halt, so wiirde also auch beim Erwachsenen der Zusammenhang der Balkchen mit den Zellen noch leicht zu sehen sein. Auch das intrafollikulare Reticulum besteht nach SaxeEr stets aus anastomosierenden Zellen. Die oft geringe Anzahl von Kernen, die aber keineswegs die Regel 10* 148 Richard Thomé, sei, wire leicht damit erklart, da’ ein sehr ausgedehntes Netz von relativ wenig Zellen gebildet werden kénne. Ein neuer Verfechter der Ansicht B1izzozmrRo’s und RANVIER’s ist neuerdings in H6nw (1897) entstanden. Zunichst stellte er durch Maceration der Schnitte in Drittelalkohol und nachheriges Aus- schiitteln, sowie durch Pankreatinverdauung ein zellfreies Faser- netz dar. Ferner aber gelang es ihm auch, durch Doppelfirbung mit Pikrokarmin oder Pikrinsdéure-Saurefuchsin nach VAN GIESON die Fasern von dem Zellprotoplasma zu differenzieren. Die Fasern erschienen rot, wahrend das Zellprotoplasma einen gelblichen Ton erhielt. ,,An den Balkchen des Reticulum, am deutlichsten in den Lymphsinus erkennbar, sieht man Zellen mit grofem Kern und feingranuliertem Protoplasma liegen. Sie umkleiden die Balk- chen vollstaéndig und ziehen, wie sich Brzzozero treffend ausdriickt, schleierartig tiber deren Teilungen hinweg. Ueberall verlaufen diese Fasern glatt durch ihre bisweilen auferordentlich zarte Hiille.“* Den Einwand, da wenn die Fasern rings von Protoplasma umgeben seien, sie doch auch einen Teil der Zellen bildeten, sucht Hout damit zu entkraften, da’ in den nicht zum Lymphsystem gehérigen Organen, z. B. in der Leber, das Fasernetz sicher nicht an die Existenz von Zellen gebunden sei. Die einzelnen Fasern selbst zeigen nach HOw einen deutlich fibrillaren Bau. Ferner wies HOuL noch mittelst einer gleichzeitigen Elastinfarbung +) nach, da8 mit den Balkchen des Reticulum hie und da feinste elastische Faserchen verlaufen. Diese elastischen Faserchen ziehen im Innern oder an der Oberfliche der Trabekel hin und setzen sich auf die Reticulum- balkchen fort, indem sie sich an sie anschmiegen oder meist sie spiralig umranken. Oder aber sie lésen sich von den Balkchen los und ziehen geradewegs nach den Markstrangen und Follikeln in deren Peripherie sie vielfach Netzwerke bilden. Hout hat seine Untersuchungen an Material von erwachsenen Tieren vorgenommen. Er glaubt, daf die Ansicht derjenigen, die das Reticulum fiir zellig halten, dadurch hervorgerufen sei, daf 1) Zur Farbung des elastischen Gewebes benutzte Hour aufer saurem Orcein nach Unna noch eine ,SpauTeHouz-Farbstoff V“ genannte Farbe. Eine genauere Angabe ist nicht vorhanden, und in einer spiteren Mitteilung (1900) giebt Honn an, daf der betr. Farbstoff von der Fabrik nicht mehr in derselben Zusammen- setzung geliefert werde. mmm aM i i i i le ae, eee ee. eee Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 149 sie wesentlich embryonales oder ganz jugendliches Gewebe zur Untersuchung benutzt hatten. Im jugendlichen Gewebe aber sei das Reticulum nur erst auferst spirlich entwickelt, wie ja die Gewebe ganz allgemein Wachstumsverinderungen unterlagen. Da es ihm gegliickt ist, auch mit Hilfe der tiblichen Farbemethoden ein Netzwerk von Fasern darzustellen, wie es sich nach dem Aus- pinseln der Schnitte oder nach der Trypsinverdauung zeigt, halt er es fiir bewiesen, daS die genannten Methoden keine Kunst- produkte liefern. vy. SCHUHMACHER (1897) schlieSlich wurde durch seine Unter- suchungen dahin gefihrt, fiir das Reticulum der Lymphbahnen zwei Typen aufzustellen, indem in dem einen Fall, z. B. bei den Wiederkauern, das Reticulum faserig, von Endothelzellen bedeckt sei, im anderen, z. B. beim Affen, dasselbe aus Zellen bestande. Beim Affen speciell, aber auch bei anderen Tieren, kénnen die Reticulumzellen derartig zahlreich werden, da8 sie tiberhaupt kein Netz mehr bilden, sondern sich epithelartig eng aneinander legen, so daf sie teilweise die Lymphsinus zwischen den Rindenknoten vollstandig verlegen kénnen. Diese Form des Gewebes, die ja kein Netz, kein Reticulum mehr darstellt, hat vy. ScHUHMACHER noch besonders als ,,Zwischengewebe“ bezeichnet, da diese Zell- massen einerseits in direktem Zusammenhang mit den Trabekeln, andererseits mit dem eigentlichen Reticulum stehen. Auch das Trabekelsystem hat v. ScHUHMACHER bei den einzelnen Tieren in verschiedener Weise entwickelt gefunden. Wahrend es bei den Wiederkauern gut ausgebildet ist, sollen eigentliche Trabekel beim Menschen, Affen, Katze u. s. w. fast ganz fehlen. Das Reticulum soll auch je nach dem Thatigkeitszustand der Lymphknoten sein Aussehen verindern. Bei derselben Species findet es v. ScouHMACHER in dem einen Lymphknoten aus grofen, protoplasmareichen Zellen bestehend, in anderen feinfaserig, proto- plasmaarm, in den dritten schlieflich wesentlich aus spindelférmigen Zellen bestehend. Zugleich konnten Unterschiede in der Zah] der Mitosen, sowie der Weite und dem Zellreichtum der Lymphbahnen festgestellt werden. In der vorliegenden Litteraturiibersicht sind, um nicht zu ausfiihrlich zu werden, die Arbeiten, die sich mit dem Reticulum anderer als der lymphoiden Organe beschaftigen, im allgemeinen nicht beriicksichtigt worden. Eine bis 1897 reichende Uebersicht auch dariiber findet sich bei Disse (1898). 150 Richard Thomé, B. Eigene Untersuchungen. I. Untersuchungsmethoden. Als Untersuchungsmaterial wurden wesentlich die Lymph- knoten von Hund, Katze, Kaninchen und Igel benutzt, die mir in eréBerer Menge zu Gebote standen. Zur Fixation wurden bei diesen so ziemlich alle gebrauchlichen Flissigkeiten angewandt. Ferner wurden Lymphknoten von Rind, Schwein, Meerschweinchen, Ratte, Maus, Vespertilio murinus und Plecotes auritus untersucht. Auch vom Menschen konnte ich einiges Material erhalten, und zwar einmal die vorziiglich in Sublimat und ZenKer’scher Fliissig- keit konservierten Lymphknoten eines jugendlichen Hingerichteten, und ferner die eines Neugeborenen, die allerdings erst einige Stunden p. m. eingelegt werden konnten. Auferdem konnte ich noch je einen Lymphknoten von Orang-Utang, Schimpanse, Cyno- cephalus rufescens, Cercopithecus albigularis und Macacus rhesus untersuchen, die ich der Liebenswiirdigkeit des Herrn Prosector Dr. R. Krause in Berlin verdanke. Zunichst verwandte ich ausschlieflich feine Paraffinschnitte, die den verschiedensten Firbemethoden unterzogen wurden, da ebenso wie SAXER auch mir das Auspinseln oder Verdauen der Schnitte als zu eingreifende MaBnahmen erschienen, als daf sie die genaue Kenntnis eines, wie aus der Litteratur hervorgeht, so aufverordentlich schwierig zu erkennenden Gewebes zu vermitteln verméchten. Durch die Ergebnisse der Untersuchungen ist dies Bedenken auch bestiatigt worden. Andererseits war es mir doch durch die mit den erwaihnten Methoden von friiheren Untersuchern erhaltenen Ergebnisse wahrscheinlich geworden, dafi ein wie immer geartetes Fasernetz vorhanden sein miiSte, das eben diesen Pro- zeduren Widerstand leisten konnte. Aber die wichtige Frage der Beziehung dieses Netzes zu den Zellen des Reticulum konnte auf diese Weise nicht gelést werden, da ja die Zellen in mehr oder minder grofer Ausdehnung zerstért oder entfernt werden. Die Zellen aber nach dem Vorgange Brzzozero’s und RANvIER’s als Endothelzellen aufzufassen, die das Fasernetz nur umkleideten, dazu konnte ich mich nach den Befunden, die ich bei Macacus cynomolgus erhalten hatte, ohne weiteres nicht entschliefen. In den Lymphknoten dieses Affen hatte ich grofe Zellen mit deutlich ausgepragtem Exoplasma gefunden. Dieses Exoplasma ging ohne Grenze in die Balkchen des Reticulum iiber, die bei der damals Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 151 hauptsachlich angewandten Enriicu-Bironpr’schen Firbung stets denselben Farbenton wie jenes annahmen. Dabei war aber diese Exoplasmaschicht keineswegs selbst starr, sondern beteiligte sich gerade in hervorragender Weise an den amédboiden Bewegungen, deren diese Zellen jedenfalls fahig waren. Meine Ansicht ging damals dahin, daf’ die Balkchen urspriinglich Zellauslaufer gewesen seien, aber im Laufe der Entwickelung eine tiefgreifende Umwand- lung erfahren hatten, so dafi man sie nicht mehr als solche be- trachten kénne, wenn sie auch noch mit der Grenzschicht der Zellen in direktem Zusammenhange sténden. Wenn man weiterhin annimmt, daf auch der Teil des Exoplasmas, der den Fasern zu- gewandt ist, dieselbe Umwandlung erfahren habe, so wiirde sich auf diese Weise erklaren lassen, warum auch nach Zerstérung der Zellen ein vollstiindiges Fasernetz tibrig bleibt. Wenn diese An- sicht richtig war, dann war es von vornherein nicht unwahrscheinlich, da es mit der einen oder anderen Farbemethode gelingen muBte, diese umgewandelten Teile bezw. die Fasern in einer anderen Farbe zu erhalten, wie das nicht umgewandelte Zellprotoplasma. Zur Entscheidung dieser Frage suchte ich zunachst nach einem Objekt, das starke Reticulumbalkchen an méglichst von Lympho- cyten freien Stellen aufwies. Ganz vorziiglich geeignet fand ich die Randsinus in den Lymphknoten des Igels, wo vielfach stirkere, 6—8 uw und dariiber breite Balkchen von der Kapsel zu den Rindenknoten hinziehen. Schnitte, die mit Himalaun und einer beliebigen Protoplasmafarbe tingiert sind, zeigen im allgemeinen folgendes Verhalten. Die Zahl der Lymphocyten ist, wie iiber- haupt meist in den Randsinus, recht gering, so daf selbst an dickeren, bis 10 « starken Schnitten die Reticulumbilkchen deut- lich zu sehen sind. Hie und da finden sich auch vergréSerte, rote Blutkérperchen oder Pigment enthaltende fixe Zellen in den Rand- sinus. Die Balkchen selbst ziehen meist auf dem kiirzesten Wege von der Kapsel nach der Rindensubstanz, wo sie scheinbar mit der Endothellage verschmelzen, die den Rindenknoten gegen die Sinus hin abgrenzt. Verzweigungen der Randsinusbalkchen sind im ganzen nicht haufig, doch kommen sowohl schrage wie quere vor. Sehr selten ist ein vollstandiges Netzwerk in den Randsinus, wie es Fig. 1 zeigt, wo die Ausliufer mehrerer Zellen miteinander anastomosieren. Irgend welche Abgrenzung der Balkchen, weder von der vergréferten pigmenthaltigen Zelle noch von dem Proto- plasma der gewoéhnlichen platten Zelle, ist in dem _ betretienden Praparat nicht zu erkennen. 152 Richard Thomé, Diese Randsinusbilkchen und ihre Beziehungen zu den fixen Gewebszellen wurden zunachst untersucht. Eine irgendwie geartete Abgrenzung der Balkchen gegen das Zellprotoplasma gelang nun zunichst weder bei der angegebenen einfachen Farbung, noch bei Anwendung irgend einer anderen der gebrauchlichen Tinktionen, noch auch endlich an ungefairbten Praparaten. Zunidchst wurde natiirlich die fiir Darstellung von Bindegewebe lang erprobte Farbung nach VAN GIESON angewandt. Hie und da waren auch wirklich die Balkchen in einem mehr rotlichen Ton gefarbt als das Zell- protoplasma, aber irgendwelche klaren Bilder waren nicht zu er- halten. Die HempENHAIN’sche Eisenalaun-Hamatoxylinfarbung, sonst fiir die Darstellung von Faserstrukturen so hervorragend geeignet, lieS ebenfalls keine Differenz im Farbenton oder eine deutliche Abgrenzung zwischen Balkchen und Zellprotoplasma erkennen. Die Weicert’sche Methode zur Farbung der Neuroglia, in mannig- fachen Variationén angewandt, erwies sich als ungeeignet, irgend etwas deutlich zu machen. Ebensowenig wurden mit der KUPFFER’schen Formol-Goldchloridmethode noch mit der Opprt’schen Chromsilber- methode zur Darstellung der Gitterfasern in der Leber Erfolge erzielt. An Praparaten, die langere Zeit in Chrom-Osmium-Essig- siure gelegen hatten, wurde auch die FLEmmina’sche Dreifach- farbung (Safranin-Orange-Gentianaviolett) erprobt, mittels deren es FLEMMING so schén gelungen war, die Bindegewebsfibrillen bei Salamanderlarven darzustellen. Aber auch hier farbten sich Balkchen und Zellprotoplasma annahernd im selben Ton. Aller- dings traten die Fasern der Kapsel und der etwa vorhandenen Trabekel deutlich rot gegeniiber dem mehr orange gefarbten Proto- plasma hervor. Andererseits fanden sich in den Lymphsinus sowie auch in den zellarmeren Teilen der Markstrainge und Rindenknoten viele Bilder, die sich kaum anders deuten liefen, als da’ Zellen durch ihre Auslaufer in Verbindung miteinander standen. Auch in den Lymphknoten anderer Tiere fand sich dasselbe. So zeigt z. B. Fig. 2 einige derartige Zellen aus einem Marksinus von Cerco- pithecus albigularis. (Der betreffende Lymphknoten war in ZENKER- scher Fliissigkeit fixiert und der Schnitt mit Hamalaun und einer Saurefuchsin-Orangemischung nach Squire, s. Lee u. MAYER [1888], gefarbt. Diese Farbung ist fiir gewisse Zwecke wohl im stande, die viel kompliziertere Emruicu-Bionpi’sche Farbung zu ersetzen. Speciell hebt sie bei geeigneter Farbedauer die roten Blutkérperchen auSerordentlich schén hervor.) Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 153 Nach diesen Erfolgen war ich naturgemaS zu dem Schluf ge- kommen, dafi in der That das Reticulum der Lymphknoten lediglich durch anastomosierende Zellen gebildet werde. Das beim Macerieren bezw. Verdauen der Schnitte zuriickbleibende Fasernetz konnte ich mir nur durch eine besondere Widerstandsfahigkeit gewisser Teile des Protoplasmas erklaren. Da fand ich in der neuesten Auflage von Sréur’s Lehrbuch der Histologie (1901) fiir die Farbung der Bindegewebsfibrillen Mattory’s phosphormolybdainsaures Hama- toxylin nach vorheriger Beize mit Phosphormolybdansaure empfohlen. Diese mir bis dahin unbekannte Methode habe ich seitdem mehr- fach erprobt und kann sie ebenso wie STour fiir die Darstellung des Bindegewebes an den verschiedensten Stellen nur loben. Da sie im allgemeinen noch unbekannt zu sein scheint, und die An- gaben von Sréur sich auf freie Schnitte beziehen, so ist es wohl erlaubt, die von mir angewandte Methode etwas genauer zu be- schreiben. Die Objekte kénnen beliebig fixiert sein, doch sind die Erfolge nicht gleich gut. Sr6uRr empfiehlt als bestes Fixationsmittel Alkohol. Da dieser bei Lymphknoten wegen der Schrumpfung, die er speciell in den auferen Schichten leicht verursacht, nicht be- sonders brauchbar ist, habe ich nur wenig Erfahrung damit; in den wenigen Fallen, in denen er angewandt wurde, ist auch die Farbung gut gelungen. Von den tibrigen Fixationsmitteln bewahrt sich fiir die MALiory-ST6nr’sche Farbung am_ besten die ZENKER’sche Fliissigkeit, alsdann Sublimat und Formol. Wenig zu empfehlen sind MULLER’sche und FLemMina’sche Fliissigkeit. Die mit Wasser auf dem Objekttraiger befestigten Schnitte in der Dicke von 2—10 w werden in der tiblichen Weise in Wasser gebracht und dann,in eine 10 proz. Phosphormolybdansaure (von GRUBLER bezogen) tibertragen. Nach 5—10 Minuten werden sie kurz mit Wasser abgespiilt, dann auf 5—20 Minuten in folgende Hamato- xylinlésung gebracht : . kryst. Hamatoxylin 1,75 Aqua dest. 200,00 Phosphormolybdansaiure 10-proz. 10,00 kryst. Karbolsaiure 5,00 Alsdann werden die Schnitte wiederum in Wasser abgespiilt und durch Alkohohl und Xylol in Kanadabalsam gebracht. Ge- nauere Zeitangaben lassen sich nicht machen, da das Optimum der Farbung je nach dem Objekt, der Fixationsfliissigkeit, der Dicke des Schnittes und dem Alter der Himatoxylinlésung wechselt. Bei 154 Richard DPhomie, gelungener Firbung ist alles Bindegewebe tief dunkelblau gefarbt, wihrend das iibrige Gewebe blaf’-graublau erscheint. Die Kerne sind meist etwas dunkler als das Protoplasma, so da’ sie deut- lich hervortreten. Doch kann man sie vorher mit Karmin farben, ebenso wie das Protoplasma mit Orange, von besonderem Wert ist dies aber in den meisten Fallen nicht. Bei Praparaten aus Sub- limat, besonders aber bei solchen aus MULuer’scher Fliissigkeit, ebenso bei frischen Gefrierschnitten farben sich gelegentlich alle Kerne ebenfalls intensiv blau, so dafiSi der Zweck der deutlichen Hervorhebung des Bindegewebes vereitelt wird. Bei Praparaten aus ZENKER’scher Fliissigkeit hat sich dies nie ereignet. Niitzlich scheint es zu sein, wenn die Hamatoxylinlésung einige Wochen reift; wenigstens bei den zuerst hergestellten Praparaten fand sich nur in einem Teil der Reticulumbalkchen das spater zu_be- schreibende Bild. Ob die Farbung auf die Dauer haltbar ist, kann ich zur Zeit noch nicht entscheiden, da ich die ersten Praparate dieser Art erst im November vorigen Jahres angefertigt habe. Bisher haben sie freilich noch nicht gelitten, wie ja Hamatoxylin- farbungen im allgemeinen dauerhaft zu sein pflegen. Diese Farbung nach MALLoryY-STOHR wandte ich spaterhin auch bei Priparaten an, welche in einer besonderen Weise vorbereitet waren, die mir auch bei der Darstellung der kapillaren Venen der Milz gute Dienste geleistet hat. Dicke Gefrierschnitte (25—50 ww) méglichst frischer Lymphknoten wurden soregfaltig auf dem Objekt- triger ausgebreitet und ausgetrocknet. Sie halten denn ebenso gut oder noch besser als angetrocknete Paraffinschnitte eine Reihe von Prozeduren aus, ohne sich abzulésen. Meist wurden sie in Annaherung an die Methode von Henie zur Darstellung des Reticulum mit 1—2-proz. Kalilauge 10—30 Minuten lang be- handelt, dann bis zu einer Stunde in flieBendem Wasser ausge- waschen und spater gefarbt. Es treten so die spater zu _be- schreibenden Fasern des Reticulum deutlich hervor, da die Zellen zerstért oder vielleicht auch nur gelockert und durch das nach- herige Auswaschen entfernt worden sind. Il. Bau der einzelnen Balkchen des Reticulum und ihre Beziehung zu den Reticulum- bezw. Endothel- Ze lien. Zunachst wurde diese Farbung wiederum bei Lymphknoten- schnitten des Igels angewandt. Intensiv blau gefirbt waren die Kapseln (Trabekel waren in den untersuchten Lymphknoten nicht Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 155 vorhanden) sowie das adventitielle Gewebe der gréferen Gefaibe schon bei schwacher Vergréferung zu erkennen. Ebenso erschienen die dickeren Reticulumbilkchen tief blau gefairbt. Bei genauerer Untersuchung mit Immersion aber konnte zunaichst bei den Rand- sinusbalkchen deutlich erkannt werden, da die dunkelblau ge- farbten Fasern noch von einem mehr oder minder breiten blab- blaulichen Saum begrenzt waren. Wenn Zellen an den Balkchen vorhanden waren, lief’ sich ohne Miihe feststellen, daf dieser blasse Saum in das ebenso gefarbte Protoplasma der Zelle tiber- ging. Vielfach war die blaue Faser stark geschlangelt, wahrend der blassere Saum eine geradlinige Kontur hatte. In den zuerst angefertigten Praparaten fand sich dies Bild, wie gesagt, nur bei einem Teil der Balkchen, wahrend in den nach griindlicher Reifung der Hamatoxylinlésung gefarbten Schnitten die blauen Fasern bei allen Randsinusbalkchen deutlich zu sehen waren. Weiterhin konnten dann solche blau gefarbten Fasern an fast allen Ver- bindungsbriicken zwischen den Zellen in den Lymphsinus nach- gewiesen werden. Auch im Parenchym waren sie deutlich zu sehen; und tiberall, wo ein Balkchen hinreichend isoliert war, er- schienen die Fasern stets von einem blassen Saum umgeben. Fast zu gleicher Zeit gelang es mir zufallig, auch noch auf eine andere Weise diese Fasern zu farben. Ein Praparat war versehentlich etwa 24 Stunden in der Hansen’schen Pikro-Fuchsin- mischung verblieben (s. BOHM und OppeL 1900 p. 100). Wahrend ich mit dieser Mischung verschiedentlich 20—30 Minuten ohne besonderes Ergebnis gefarbt hatte, zeigten sich in diesem Priparat | annihernd in derselben Ausdehnung wie in den nach MALLory- STo6uR gefairbten intensiv rote Fasern auf sonst hellgelbem Grund. Auch hier war es an vielen Stellen leicht, einen gelben Saum um die rote Faser zu sehen, der ebenfalls ohne Grenze in das Zell- protoplasma tiberging. Bilder indessen, so klar und deutlich, wie sie eine wohlgelungene Farbung nach Matuory-Srour zeigt, wurden mit der HANnsen’schen Mischung nicht erzielt. Speciell traten die feineren Faserchen oft nur wenig oder gar nicht hervor, oder aber sie zeigten, wie oft auch die dickeren in ihren Rand- partien, Ueberginge in das Gelb des Protoplasmas. Mit diesen beiden Farbemethoden wurden nun die Lymph- knoten samtlicher Tiere untersucht, die mir zu Gebote standen. Bei allen lief sich leicht das blaue bezw. rote Fasernetz nach- weisen, wenn auch Anordnung und Menge der Fasern nicht un- betrachtliche Verschiedenheiten darboten. In den meisten Fallen, 156 Richard Thomé, wenn nur die Reticulumbalkchen gentigend frei von anliegenden Lymphocyten waren, gelang es, den anders gefairbten Saum um die Fasern nachzuweisen; selten nur konnte eine Entscheidung nicht getroffen werden. Die Dicke der einzelnen Fasern, je nach der Species wechselnd, war auch in den einzelnen Schnitten durchaus ungleich. Sie schwankte meist zwischen 1 und 4 w, doch kamen sowohl dickere als auch noch feinere vor. Eine Zusammensetzung der Fasern aus Fibrillen, wie sie besonders von RANVIER und Hou beobachtet worden ist, konnte bei den gewahlten Methoden nicht festgestellt werden. Sowohl in der Liangsansicht wie auch auf den gleich zu erwahnenden Querschnittsbildern erscheinen die Fasern meist durchaus homogen, nur selten la8t sich eine undeut- liche Langsstreifung erkennen. Zunichst erhebt sich nun die Frage, in welcher Beziehung diese Fasern zu den Zellen bezw. Zellnetzen stehen, die bei anderen Farbungen allein sich zeigen. Der anders gefarbte Saum, der die Fasern umgiebt und ohne irgendwelche Abgrenzung in das ebenso gefirbte Zellprotoplasma iibergeht, ist wohl als Zellaus-— laufer aufzufassen. Es bleibt aber noch zu entscheiden, ob er den Fasern nur anliegt oder aber sie umgiebt, so daf die Faser in ihrem ganzen Verlauf von Protoplasma umgeben ist. Langs- ansichten sind zur Entscheidung dieser Frage natiirlich ungeeignet, wenn auch der Umstand, daf fast stets zu beiden Seiten der Faser der Saum zu finden ist, mehr fiir die zweite Ansicht stimmen wiirde. Aber ein Beweis lat sich doch nur aus der Untersuchung von Querschnittsbildern erbringen. Querschnitte, besonders etwas dickerer Fasern, sind ziemlich leicht zu finden, und in der That kann man sich in vielen Fallen deutlich davon iiberzeugen, dafS} auch die Querschnitte der Fasern rings von einer Protoplasmahitille umgeben sind. Besonders tiberzeugend fand ich das Bild, das ich in Fig. 5 wiederzugeben versucht habe. Es stammt aus dem Randsinus einer menschlichen Inguinaldriise. Man sieht zwei Faserquerschnitte, einen gréferen und einen kleineren, von einer relativ machtigen Protoplasmahiille umgeben. Daf die beiden intensiv dunkelblauen Stellen wirklich Faserquer- schnitte und nicht zufallige Verunreinigungen sind, dariiber kann man hier besonders leicht Gewikheit erlangen, da der Schnitt 8 u dick ist. Der kleinere Querschnitt verschwindet bei keiner Ein- stellung der Mikrometerschraube, indem er dabei nur wenig seinen Platz wechselt. Es handelt sich also um den Querschnitt einer fast genau senkrecht zur Schnittrichtung verlaufenden Faser. | | | Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 157 Direkt aber ist der gréfere als Faserquerschnitt zu erkennen, in- dem er bei einer etwas anderen Einstellung in eine langsver- laufende Faser tibergeht. Es handelt sich also um eine stark ge- schliingelte Faser, die teils parallel, teils senkrecht zur Schnitt- richtung verlauft. So gut es anging, ist dies in der Figur wieder- gegeben. Wihrend in den Lymphsinus solche Bilder haufig zu finden sind, gelingt es im Parenchym nicht so leicht, die Um- kleidung der Fasern mit einer Protoplasmahiille festzustellen, da die dichtgedrangten Lymphocyten das Bild undeutlich machen. Hie und da in weniger zellreichen Abschnitten ist es doch méglich, wie ja von vornherein eine Differenz zwischen dem Reticulum der Lymphbahnen und des Parenchyms nicht zu erwarten ist. Ebenso ist es auch wahrscheinlich, daf, wenn die Fasern durch die Zellauslaiufer hindurchziehen, sie auch innerhalb des eigent- lichen Zellkérpers liegen. Bei den gewohnlichen, platten Reticulum- zellen ist dies indes schwer festzustellen, da die Fasern den Raum zwischen Kern und Zellwand meist vollstandig ausfiillen, so daf die zarte Zellkontur gerade an dieser Stelle undeutlich wird. Auch die vergréferten fixen Zellen, wie sie besonders schén beim Menschen und Affen zu finden sind, zeigen sich meist nicht sehr geeignet zur Entscheidung dieser Frage. Denn hier liegen die Fasern meist ganz am Rande der Zelle, so da’ vielfach die Annahme nicht aus- geschlossen ist, daf die Zellen den Fasern nur anlaigen. Indessen wurden schlieflich doch eine ganze Reihe von Bildern gefunden, die es auBer Zweifel stellen, da’ hier die Fasern durch den Zell- kérper hindurchziehen. Sehr schén zeigt dies z. B. Fig. 6, wo man auBer dem Querschnitt ebenfalls noch einen Lingsschnitt der be- treffenden Faser sieht. Aehnliche Bilder wurden auch mit der Pikrofuchsinfarbung vielfach erhalten. Aehnlich liegen die Verhaltnisse bei dem sog. Endothel, das die Lymphsinus auskleidet. An giinstigen Stellen sieht man an der Abgrenzung des Parenchyms eine scheinbar zusammenhangende Protoplasmamasse mit ziemlich regelmafig eingestreuten elliptischen Kernen. In diesem Protoplasma liegen dann die, vermutlich je nach der Spannung, der sie ausgesetzt sind, mehr oder weniger stark geschlingelten Fasern. Sie zeigen keinerlei Ditferenzen gegeniiber den Fasern in den Sinus; an dickeren Schnitten kann man sehen, wie sie Netze mit engen, langgezogenen Maschen bilden. Vielfach stehen sie in Verbindung mit den Fasern sowohl der Lymphbahnen wie des Parenchyms, wie man ja auch an anders 158 3 Richard Thomé, gefiirbten Schnitten einen direkten Zusammenhang der sog. Endo- thelien mit dem Reticulum sehen kann. Ebenso stehen die Fasern der Lymphbahnen auch in direkter Verbindung mit den Fasern der Kapsel und Trabekel, wahrend ihr Protoplasmatiberzug sich scheinbar mit dem Protoplasma der Endothelzellen verbindet. Ob auch innerhalb der Kapsel und Trabekel die Fasern noch eine Protoplasmahiille haben, konnte leider nicht festgestellt werden, da die Fasern sowie die anderen Bestandteile der Kapsel, als glatte Muskelzellen und elastisches Gewebe, zu sehr zusammengedrangt sind. Ganz unwahrscheinlich ist es nicht, da die Zahl der fixen Gewebszellen in der Kapsel und den Trabekeln meist eine recht reichliche ist. Il. Anordnung der Reticulumfasern in verschiedenen Abschnitten der Lymphknoten. Die Verteilung der Fasern, von denen in diesem Abschnitt ohne besondere Riicksicht auf die Reticulumzellen und ihre Aus- - laufer gesprochen werden soll, sowie die Weite des Maschenwerks wechselt nicht nur bei verschiedenen, sondern auch bei derselben Art nicht unbetrachtlich. Im letzteren Falle ist es wohl wahr- scheinlich, daf’ dieses verschiedene Verhalten auf einen wechselnden Fiillungs- resp. Thatigkeitszustand der betreffenden Lymphknoten zuriickzufiihren ist. So erscheinen in dem einen Falle die Faser- maschen in den Lymphbahnen weit, es hat den Anschein, als ob relativ wenig Fasern vorhanden waren; in einem anderen Falle ist das Maschenwerk sehr eng, und demgemaf erscheint auch die Menge der Fasern betrachtlicher. Zugleich pflegen sich dann auch die Fasern durch eine starkere Schlangelung auszuzeichnen. Der- selbe Wechsel findet sich auch in den Markstringen und Rinden- knoten. Héaufig, wenn auch keineswegs regelmafig, scheint sich dieses Verhalten gegenseitig zu entsprechen, da bei weitem Maschenwerk in den Lymphbahnen das der Markstrange eng ist und umgekehrt. Die Maschenweite wechselt also auch innerhalb desselben Schnittes recht erheblich. Finden sich einerseits Fasermaschen von knapp 6 « Durchmesser, so sind sie an anderer Stelle so weit, daf an diinnen Schnitten tiberhaupt keine eigentlichen Maschen, sondern nur zerstreute Faserchen zu sehen sind. Andererseits zeigt an gewissen Abschnitten der Lymphknoten das Faserwerk ziemlich regelmaSig dieselbe Anordnung. So ist Beitraige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 159 an der Grenze zwischen Parenchym und Lymphbahn das Faser- werk meist aus engen, langgezogenen Maschen aufgebaut. Aller- dings pflegt sich dies selten auf den ganzen Umfang des Parenchyms zu erstrecken, sondern dazwischen finden sich fast immer Stellen, an denen das Netzwerk weitere, regelmaifige Maschen aufweist. Dagegen findet sich speciell an den Rindenknoten haufig nicht nur die auferste Schicht des Reticulum in dieser Weise angeordnet, sondern es sind zwei oder mehr Lagen solch engmaschigen Netz- werks konzentrisch hintereinander angeordnet, und zwar meist so dicht, da’ gerade je eine Lymphocytenreihe dazwischen Platz hat. Dieselbe konzentrische Anordnung der Fasern findet sich auch sehr haufig an den Keimcentren, doch pflegt sie meist dasselbe nicht vollstandig, sondern nur zur Halfte oder zu Dreiviertel zu umfassen. In den Keimcentren selbst finden sich nur auferst sparlich feinste Faserchen, sehr haufig sogar tiberhaupt keine, mit Ausnahme etwa der die kleinsten Gefaife begleitenden. Die Fasern umspinnen namlich nicht nur die kleinsten Arterien und Venen, sondern auch -haufig echte Kapillaren, bilden also gewissermaBen eine Adventitia derselben. Ebenso gehen sie, wie in das Fasersystem der Kapsel, so auch in das der Adventitia der gréferen GefaBe tiber. Besonders zu erwahnen ist noch ein Teil der von der Kapsel oder den gréferen Trabekeln direkt ausgehenden Fasern. Wahrend die meisten derselben mit der Grenzschicht des Reticulum im Parenchym anastomosieren, ziehen andere durch dieselbe hindurch bis tief in das Innere des Rindenknotens hinein, um dort erst mit dem eigentlichen Fasernetz in Verbindung zu treten. Wenn auch mehr oder weniger geschlangelt, pflegen diese Fasern doch im allgemeinen ziemlich direkt zu verlaufen und unterwegs keine oder nur sehr spérliche feine Anastomosen einzugehen. Aehnliche, meist ziemlich dicke Fasern ziehen haufig nicht in den Rindenknoten hinein, sondern in den Lymphsinus zwischen ihnen hindurch bis tief in die Marksubstanz, wo sie sich erst mit dem allgemeinen Reticulum verbinden. Sie vertreten gewissermafen die bei vielen Tieren fehlenden oder doch nur spiarlich vorhandenen Trabekel. Die nicht selten speciell in den Randsinus sich findende starke Schlapgelung der Fasern ist wohl auf eine, durch die an- gewandten Methoden bedingte Verengerung der Randsinus zuriick- zufiihren. Erstens wird beim Zerschneiden der Lymphknoten die Lymphe aus den Randsinus am leichtesten und schnellsten ab- flieBen, da das Reticulum in ihnen relativ wenig entwickelt ist. Dafiir spricht auch der meist deutliche Mangel an Lymphocyten 160 Richard Thomé, in ihnen. Zweitens wirken auch die Fixationsmittel, die meist eine gewisse Schrumpfung der Gewebe herbeifiihren, in den Rand- partien zunaichst und am energischsten ein. Drittens kime noch hinzu, daB, wo in der Kapsel und in den Trabekeln glatte Muskel- zellen vorhanden sind, diese durch ihre Kontraktion, die bei den vorbereitenden Manipulationen wohl ziemlich sicher eintritt, eben- falls auf eine Verengerung wesentlich der Randsinus hinwirken. Die Zellauslaufer mit ihrem beweglichen Protoplasma werden sich hierbei einfach verdicken, wahrend die starreren, im Netzwerk der Rindensubstanz Widerhalt findenden Fasern die Differenz zwischen dem ihnen noch zu Gebote stehenden Raum und ihrer Lange durch Schlingelung ausgleichen miissen. Die bisher angefiihrten Ergebnisse sind im wesentlichen an diinnen Paraffinschnitten gewonnen worden. Wenn diese auch den Bau des einzelnen Balkchens und im allgemeinen die Anordnung der Reticulumfasern gut erkennen lassen, so sind sie doch wua- geeignet, die Menge der Fasern und die Dichtigkeit des ganzen Gewebes einigermaBen zu veranschaulichen. Hierzu sind dickere © ausgepinselte oder verdaute, aber auch Gefrierschnitte ungleich geeigneter. Letztere sind allerdings nicht ohne weiteres zu ver- wenden, da sich bei ihnen bei der Farbung nach MaLLory-Srour die Kerne ganz intensiv mitfarben, so daf ein deutliches Erkennen der Fasern unméglich ist. Fiir diesen Zweck ist eine vorher- gehende Behandlung des Schnittes mit verdiinnter Kalilauge, wie oben beschrieben, von hervorragendem Nutzen. Protoplasma und Kerne werden entfernt, waihrend das Fasernetz, wie es scheint, volistindig erhalten bleibt. Die so behandelten Praparate zeigen dasselbe wie gute Verdauungspraparate. Man sieht selbst im Rand- sinus, der doch im allgemeinen ein ziemlich weitmaschiges Netz- werk aufweist, die Fasern auferordentlich dicht zusammenliegen, wahrend in der Rindensubstanz kaum noch Platz fiir Lymph- kérperchen vorhanden zu sein scheint. Berticksichtigt muf aller- dings werden, dafi infolge der Entfernung der Zellen das Netzwerk oder besser Schwammegeriist des dicken Schnittes zusammengefallen ist, so daf Fasern in eine Ebene des Gesichtsfeldes zu liegen kommen, die verschiedenen Durchschnitten angehéren. Bedenkt man aber andererseits, dal alle diese Fasern noch von Zellen und deren Ausliufern umgeben gewesen sind, so erkennt man, wie auSerordentlich wenig Raum dem Lymphstrom in den Lymphknoten verbleibt. alton! —— ae a Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 161 Besonders auffallig ist an diesen dickeren Schnitten der haufig vollstandige Mangel von Fasern in den Keimcentren. Sie erscheinen als ziemlich kreisrunde, helle Stellen in dem sonst blau gefarbten Praparat, nur die sie durchziehenden Kapillaren sind bla’ blau gefarbt.. Nur selten finden sich auch feinste Faserchen. Es wird leicht verstaindlich, warum die ersten Untersucher sie mit dem Namen ,,Vakuolen“ belegten. IV. Die elastischen Fasern des Reticulum. AuBer den bisher beschriebenen Fasern enthalten viele der bei gewohnlichen Protoplasmafarbungen homogen erscheinenden oder héchstens andeutungsweise eine zarte Langsstreifung zeigenden Reticulumbalkchen bezw. Zellausliufer auch noch Fasern elastischer Natur. Aufer HentE hat meines Wissens bisher nur Hout auf die elastischen Fasern im Innern der Lymphknoten hingewiesen, wenn auch ihr Vorkommen in der Kapsel und in den Trabekeln allgemein anerkannt ist. Man kann sich von ihrem Vorhandensein aber leicht an Praéparaten tiberzeugen, die nach UNNA-TANZER mit saurem Orcein oder besser noch nach WericgeRT mit Resorcin- Fuchsin gefarbt sind. Ihre Starke und Zahl ist bei den einzelnen Tieren sehr verschieden. Schén ausgebildet sind sie u. a. wiederum beim Igel und zwar speziell in den Randsinusbalkchen. Nicht in allen, aber doch in den meisten von ihnen findet man bei gelungener Farbung eins oder mehrere, gewohnlich auferst feine, aber durch den tief dunkeln Farbton sich sehr deutlich abhebende Faserchen, die zumeist einen geraden Verlauf nehmen. Manche von diesen kann man noch weit in das Innere der Rindensubstanz hinein verfolgen. Es hat den Anschein, als ob sie hier ein Netzwerk bildeten, das allerdings erheblieh weitmaschiger ist als das der eigentlichen Reticulumfasern. Wo sie in erheblicher Menge vor- kommen, sind sie um die Keimcentren haufig cirkulaér angeordnet, ebenso zeigen sie manchmal an der Grenze des Parenchyms gegen die Lymphbahnen hin parallele Anordnung. Auch in den Balkchen der Marklymphsinus finden sich bald mehr, bald weniger feinste elastische Fasern, selten scheinen sie ganz zu fehlen. Die Frage nach der Lagebeziehung der elastischen Fasern zu den Reticulumbalkchen war sehr viel schwieriger zu beantworten als die nach der Lage der Reticulumfasern. Denn in den meisten Fallen sind sie so fein, daf’ Querschnitte von ihnen kaum zu sehen sind. Da sie auferdem fast nie geschlangelt verlaufen, gelingt es Bd. XXXVII. N. F. XXX, ‘A 162 Richard Thomé, kaum, Lings- und Querschnittsbilder derselben Faser zu erhalten. Indessen spricht auch hier der Umstand, dafi bei Langsansichten die elastischen Fasern stets annahernd in der Mitte der Balkchen verlaufen, sehr zu Gunsten der Annahme, daf auch sie im Innern der protoplasmatischen Zellauslaufer sich befinden. In einer Reihe von Fallen ist es dann auch schlieflich gegliickt, unzweifelhafte Querschnitte elastischer Fasern aufzufinden, die rings von einer Protoplasmahiille umgeben waren. Noch schwieriger war die Lagebeziechung der elastischen zu den Reticulumfasern zu erkennen, da in den meisten Fallen eine Kombination von Elastin- und Bindegewebsfairbung keine guten Ergebnisse hatte. An den wenigen gelungenen Praparaten, die ich erhielt, liegen die elastischen Fasern den Bindegewebsfasern dicht an. Kin leidlich gutes Bild der beiderseitigen Lagebeziehungen bietet Fig. 11, die ein Randsinusbalkchen von Igellymphknoten darstellt. Ueber die Zahl der elastischen Fasern und die Dichtigkeit ihres Netzwerkes kann man ebenfalls an Gefrierschnitten, die mit. Kalilauge, eventuell 10-proz., behandelt und dann nach WEIGERT gefarbt worden sind, leicht ins klare kommen. Doch kann man hierzu auch dicke Paraffin- oder Celloidinschnitte benutzen, da das Resorcin-Fuchsin Kerne und Protoplasma so wenig farbt, da selbst die feinsten elastischen Fasern deutlich hervortreten. Die vorliegenden Bilder bieten tibrigens zugleich einen ge- wissen Beweis fiir die elastische Natur der mit den angegebenen Methoden gefarbten Fasern. Denn selbst in den Randsinusbalkchen verlaufen sie stets gerade oder in flachen Bogen, niemals ge- schlangelt, wie die Reticulumfasern. Dies riihrt doch wohl daher, daf bei der Verengerung des Randsinus durch die Prozeduren beim Einlegen in die Fixationsfliissigkeiten die vorher gedehnten elastischen Fasern sich eben vermége ihrer Elastizitat wieder zu- sammenziehen. V. Bau des Trabekularsystems und des Reticulum in den Lymphknoten verschiedener Tiere. Im Vorhergehenden ist der allgemeine Bau des Reticulum ohne genaueres Eingehen auf die einzelnen Tierarten geschildert worden. Fir diese aber ergeben sich doch im ganzen Bau der Lymphknoten fiir Kapsel und Trabekel, fiir Anordnung und Menge der retikulierten wie elastischen Fasern eine ganze Reihe von Unterschieden, die es nahe legen, sie hier kurz auseinanderzusetzen. Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 163 Auch fiir die Reticulumzellen, Phagocyten, Pigmentzellen u. s. w. bestehen derartige Unterschiede, doch soll hier wesentlich auf die Fasersysteme eingegangen werden. Da die Bezeichnungen fiir die einzelnen Abschnitte der Lymph- knoten nicht ganz tibereinstimmend gebraucht werden, méchte ich zunachst angeben, wie ich sie auch bisher, soweit wie méglich, angewandt habe. Mit Parenchym ist der meist mit Lymphocyten vollstiindig erfillte Teil der Lymphknoten im Gegensatz zu den Lymphbahnen bezw. -Sinus bezeichnet. Die Ausdriicke Rinden- und Marksubstanz, sowie Rindenknoten, Keimcentren und Mark- striinge unterliegen wohl kaum einer Mifdeutung. Dagegen soll mit dem Namen Reticulum das von Zellen und ihren Auslaufern gebildete Netzwerk bezeichnet werden, wie man es in diinnen Schnitten mit den gebrauchlichen Kern- und Protoplasmafairbungen zu Gesicht bekommt. Demgemaf werden unter Reticulumbalkchen die Zellauslaufer verstanden, mit Reticulumfasern die durch die Methoden von Matiory-Sr6ur oder HANSEN sichtbar gemachten Fasern bezeichnet. Alle Zellen, die an der Bildung des Reticulum beteiligt sind, bezw. mit den Fasern in Verbindung stehen, sollen als Reticulumzellen bezeichnet werden, also auch die sogenannten Endothelien. Von menschlichem Material standen mir vorziiglich konser- vierte Inguinal- und Halslymphknoten eines 22-jihrigen Hinge- richteten zur Verfiigung, die 1—2 Stunden p. m. in konz. Sublimat- lésung und ZeNKeER’sche Flissigkeit eingelegt waren. Wie sich bei der Untersuchung zeigte, war es trotz der spéten Fixation noch nicht merklich verandert, selbst sparliche Mitosen waren noch vorhanden. Bei den Lymphknoten des Erwachsenen waren Parenchym und Lymphbahnen deutlich von einander geschieden. Die Kapsel war von mittlerer Dicke, 40—80 «w stark. Gréfere Trabekel waren selten und splitterten sich bald auf. Die einzelnen Rindenknoten waren deutlich von einander abgegrenzt und enthielten meist Keim- centren mit teilweise schénen Mitosen. Das Reticulum war an diinnen Schnitten ohne Miihe zu erkennen. In fast allen Balkchen waren nach beiden angewandten Methoden Reticulumfasern sicher vorhanden. Die Fasern waren sowohl um die Keimcentren in mehreren Lagen konzentrisch angeordnet, als auch bildeten sie eine deutliche Abgrenzung des Parenchyms gegen die Lymphbahnen. Das elastische Gewebe war im ganzen spirlich. Selbst in der Kapsel und den Trabekeln war nur wenig vorhanden, im Innern tele 164 Richard Thomé, der Lymphknoten hatte man Miihe, tiberhaupt eine elastische Faser zu finden. Dagegen waren in fast allen untersuchten Lymph- knoten Fettzellen vorhanden, teils einzeln, teils zu gréferen oder kleinere Fetttraubchen vereinigt. Glatte Muskelzellen konnten nicht sicher nachgewiesen werden. An dem kindlichen Lymphknoten fiel vor allem der grobe Gefabreichtum und infolgedessen die Menge von Bindegewebe auf. Verstirkt wurde dieser Eindruck noch dadurch, da von der Kapsel reichliche Trabekel in das Innere des Lymphknotens sich erstreckten. Keimzentren waren nicht vorhanden, tiberhaupt war das Aussehen des Lymphknotens ziemlich gleichformig. Differenzen zwischen Mark- und Rindensubstanz oder eine scharfe Abgrenzung der Markstrange gegen die Lymphbahnen war nicht vorhanden. In den meisten Reticulumbalkchen waren schén ausgebildete Fasern enthalten, doch fanden sich nicht selten Balkchen, in denen sie sicher fehlten. Bei vielen war eine Entscheidung nicht méglich, indem sie zwar in der Mitte etwas blau gefarbt waren, aber doch | keine deutlich konturierte Faser enthielten. Es ware méglich, da8 es sich hier um den Anfang der Faserbildung handelte, andererseits ist aber auch die Annahme postmortaler Veranderungen nicht von der Hand zu weisen. Elastisches Gewebe war dagegen in noch geringerem Mafe vorhanden als beim Erwachsenen. Nur in der Umgebung der Gefafe, doch auch hier nur sparlich, waren regelmafig elastische Fasern zu entdecken. Sonst gelang es selbst beim genauesten Durchmustern der Praparate auch in der Kapsel und den Trabekeln kaum ein elastisches Faserchen aufzufinden. Der untersuchte Lymphknoten vom Orang-Utang war ziemlich gro’. Von der bis 100 w starken Kapsel zogen reichlich dickere und diinnere Trabekel in das Innere. Die Schnitte, die durch den Hilus gefiihrt waren, zeigten eine gréBere Anzahl relativ weiter BlutgefaBe, die von einer sehr starken Adventitia umgeben waren. Dieser Bindegewebsreichtum verhinderte die Anfertigung feinster Schnitte, doch da der Lymphknoten ziemlich zellarm war, liefen sich die Verhaltnisse des Reticulum ganz gut iiber- sehen. In allen Balkchen waren Bindegewebsfasern zu sehen. Auch elastisches Gewebe war in ziemlicher Menge vorhanden. Besonders reichlich fand es sich um die Gefafe, doch war es in dem ganzen Lymphknoten verbreitet. Entsprechend der Dicke vieler Reticulumbalkchen waren in ihnen entweder eine gréfere Zahl yon elastischen Fasern vorhanden oder diese waren, be- sonders in den Randsinusbalkchen, auffallend dick (2—4 «). ee EE ——— Se =~ Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 165 Aehnlich lagen die Verhaltnisse beim Schimpansen. Reich- liche dicke Trabekel fanden sich im ganzen Lymphknoten. Fasern waren fast in jedem Reticulumbailkchen zu finden. Das elastische Gewebe war in der Kapsel und in den Trabekeln sowie um die Gefife reichlich vorhanden. In der Kapsel zeigte es eine be- sondere Anordnung, indem es wesentlich im inneren Teil der- selben angehiuft war. Sonst fanden sich elastische Fasern in den Randsinusbalkchen, hier haufig zu kleinen Biindelchen vereinigt, sowie im Parenchym, wiihrend sie im Reticulum der Lymphsinus weniger verbreitet waren. Nicht so stark entwickelt war das Bindegewebe in den Lymph- knoten von Cynocephalus. Die Reticulumfasern zeigten sich zwar in derselben Ausdehnung gefarbt wie bei den vorigen, aber die Kapsel war diinn, Trabekel und GefaiSadventitia sparlich ent- wickelt. Ebenso war auch das elastische Gewebe weniger reich- lich vorhanden. Die Lymphknoten von Cercopithecus und Macacus zeigten grofe Aehnlichkeit miteinander. Bei beiden war die Kapsel mittel- stark, die Trabekel nicht zahlreich und kurz. Wenn auch in den meisten Reticulumbilkchen Fasern nachzuweisen waren, so kamen doch speziell in den Lymphbahnen der Marksubstanz nicht selten Balkchen vor, in denen sich keine Fasern fanden. Um die Gefile herum, auch um die kleinsten, war fast stets ein Fasernetz nach- zuweisen, wenn auch haufig nur von einer einzigen Faserlage ge- bildet. Elastisches Gewebe war in mittlerer Menge vorhanden. In der Kapsel fand es sich wie beim Schimpansen wesentlich im inneren Abschnitte, wo es ebenso wie in den Trabekeln reichlich vorhanden war. Im Reticulum kamen elastische Fasern haupt- sichlich nur in den Randsinusbaélkchen sowie in den Rinden- knoten vor, wihrend sie in der Marksubstanz selten waren. Von Raubtieren wurden die Lymphknoten von Hund und Katze untersucht, und zwar wurden, wie von allen Tieren, die in gréRerer Zahl beschafft werden konnten, die Mesenterial- und Hals- resp. Inguinallymphknoten von verschiedenen Individuen auf die mannigfachsten Arten behandelt. Ein durchgreifender Unter- schied ist zwischen den mesenterialen und subkutanen Lymph- knoten nicht zu machen. Im allgemeinen pflegen die mesenterialen etwas weitere Sinus und geringere Entwickelung der Rinden- substanz aufzuweisen. Doch das Verhalten der Lymphknoten in dieser Beziehung ist so wechselnd, daf eine Entscheidung, ob es sich um einen mesenterialen oder subkutanen Lymphknoten handelt, 166 Richard Thomé, im einzelnen Falle nach dem mikroskopischen Bilde nicht getroffen werden kann. Die Lymphknoten der Hunde hatten trotz ihrer teilweise recht betriichtlichen GréBe durchweg eine relativ diinne Kapsel, deren Starke durchschnittlich etwa 20 x betrug, selten bis auf 40 w oder dariiber anstieg. Trabekel waren nicht zahlreich und meist schwach. Gewohnlich splitterten sie sich schon nach ganz kurzem Verlauf in das Reticulum auf. In vielen Fallen waren sie ersetzt durch eine mehr oder minder groBe Zahl von Reticulumfasern, die an- nihernd parallel verlaufend von der Kapsel aus zwischen die Rindenknoten eindrangen, dabei aber immer durch Lymphkérper- chen voneinander getrennt blieben, bis sie schlieBlich in das Faser- netz der Marksubstanz tibergingen. Das Faserwerk war_ tiber- haupt stark entwickelt, die einzelnen Fasern vielfach 3—4 w dick. Die Maschenweite betrug haufig nur 5—6 uw, besonders in dem Sinus der Marksubstanz. Im Parenchym waren die Fasern meist feiner, die Maschen weiter als in den Lymphsinus. Sehr deutlich trat in allen untersuchten Lymphknoten das dichte, die Grenze— des Parenchyms gegen die Lymphsinus bildende Netzwerk hervor, sowie die konzentrische Anordnung der Reticulumfasern um die Keimcentren herum. In den Keimcentren selbst war dagegen kaum je eine Faser vorhanden. Das elastische Gewebe war im allgemeinen sparsam vertreten, reichlicher nur in der Kapsel, den etwa vorhandenen Trabekeln und in den Gefifadventitien. Sonst war es ziemlich gleichmiafig, aber sparsam im ganzen Reticulum verteilt, etwas reichlicher wiederum in den Randsinusbalkchen. In manchen Fallen machte sich auch eine Differenz in der Verteilung desselben innerhalb der Kapsel bemerkbar, nur war hier nicht wie bei den Affen die innere, sondern die aufere Schicht der Kapsel der bevorzugte Sitz des elastischen Gewebes. Bei einer ausgewachsenen, wie bei einer etwa 4—5 Monate alten Katze lagen die Verhialtnisse annihernd ebenso wie bei den Hunden. Die Kapsel war durchschnittlich noch etwas diinner, Trabekel ebenfalls sparlich und schwach. Dagegen war auch hier fast in jedem Reticulumbalkchen eine meist ziemlich starke Faser zu sehen. Eine Ausnahme bildete wiederum das Reticulum der Keimcentren, in dessen Balkchen die Fasern sparlich, und wenn vorhanden, sehr fein waren. In vielen Schnitten war in den Keim- centren iiberhaupt keine Faser zu erkennen, wahrend die Reti- culumbilkchen deutlich hervortraten. Sonst kamen selten faser- lose Balkehen zu Gesicht, nur hier und da in dem Randsinus der Beitrage zar mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 167 halbwiichsigen Katze. Stets waren dies solche, die annahernd ‘parallel zur Kapsel verliefen, nie diejenigen, die direkt von der Kapsel bezw. Trabekeln nach dem Parenchym hinzogen. Das elastische Gewebe war noch schwiacher entwickelt als beim Hunde, indem es sich nur in der Kapsel, den Trabekeln, der Umgebung der Gefaife sowie in den Randsinusbilkchen vorfand, wihrend sonst im Reticulum elastische Fasern nur selten zu sehen waren. Bei einem 10—12-tagigen Katzchen war das Fasernetz eben- falls schon vollkommen ausgebildet. Selten nur fanden sich Balk- chen, in denen keine Fasern wahrzunehmen waren. Dagegen waren die Fasern im allgemeinen sehr fein, 1/,—1 w dick, wah- rend die Reticulumbailkchen eher noch dicker waren wie bei den ausgewachsenen Tieren. Daher war es hier sehr leicht, vielfach an Querschnitten die Lage der Fasern innerhalb der Balkchen festzustellen. In den Keimcentren waren Fasern nur in der Um- gebung der Kapillaren gelegentlich zu sehen, wahrend die Cirku- larfasern iiberall bereits deutlich ausgebildet waren. Die dinne Kapsel sowie die Trabekeln waren sehr zellreich, enthielten aber nur eine sparliche Menge ebenfalls meist feiner Fasern. Elastisches Gewebe war nur in der Kapsel und den Trabekeln in minimaler Menge vorhanden, auch kamen hier und da in dickeren Randsinus- balkchen einzelne elastische Fasern vor. Sonst war weder im Reticulum der Sinus noch des Parenchyms elastisches Gewebe zu finden. In dem der Kapsel anhaftenden lockeren Bindegewebe da- gegen waren elastische Fasern reichlich und deutlich gefarbt. Vom Rind wurden ebenfalls mesenteriale und Halslymph- knoten untersucht. Entsprechend ihrer sehr betrichtlichen GréBe war auch die Kapsel 100 « und dariiber dick. Trabekel waren reichlich vorhanden, sie fanden sich fast in jedem Lymphsinus. In fast allen Reticulumbalkchen fanden sich wohlausgebildete, ziemlich starke Fasern, nur in den Keimcentren waren wiederum keine vorhanden. Die Fasermaschen waren vielfach sehr eng. Das elastische Gewebe war in der Kapsel und den Trabekeln reichlich ausgebildet, ebenso in den Balkchen, die mit diesen in direktem Zusammenhange standen, waihrend es sonst nur sparlich vertreten war. In der Kapsel und den Trabekeln fanden sich reichliche Mengen von glatten Muskelzellen, die in den Trabekeln sogar die Hauptmasse ausmachten. In den letzteren war es be- sonders schén zu sehen, wie die Bindegewebsfasern stark ge- schlangelt, die elastischen Fasern dagegen fast vollkommen ge- rade verliefen. Fettzellen, einzeln sowohl wie zu kleinen Traub- 168 Richard Thomé, chen vereinigt, waren in allen untersuchten Lymphknoten vor- handen, wenn auch nicht in grofen Mengen. Sehr reichlich fanden sie sich dagegen in den Lymphknoten des Schweines. In diesen waren tberhaupt grofe Abschnitte nicht mehr als lymphatisches Gewebe zu erkennen, indem Lympho- cyten fast ganz fehlten und aufer den Fettzellen nur ein sehr feinmaschiges Faserwerk mit duferst sparlichen Zellen vorhanden war. An diesen Stellen war ein protoplasmatischer Ueberzug der Fasern nicht nachzuweisen. An den Stellen aber, die unver- iindertes Lymphknotengewebe zeigten, war keine Abweichung von den bei anderen Tieren beschriebenen Bildern zu finden. Von Nagetieren wurden Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte und Maus untersucht. Sie zeigten im allgemeinen keine wesent- lichen Unterschiede. Beim Kaninchen war die Kapsel meist sehr diinn, etwa 10—15 w stark, Trabekel fehlten entweder voll- stindig oder es waren nur wenige, feine und kurze vorhanden. Auch sonst fanden sich Bindegewebsanhaufungen nur sparlich um die gréferen Gefife. Dagegen waren in fast allen Reticulum- — balkchen mitteldicke Fasern vorhanden. Da die Balkchen_ teil- weise ziemlich dick waren, gelang es auch im Parenchym nicht selten, die Protoplasmahiille der Fasern zu sehen. Das Fasernetz war im allgemeinen sehr dicht, auch in den Keimcentren fanden sich ziemlich regelmafig, wenn auch spdarlich, Reticulumfasern. Elastisches Gewebe fand sich in der Kapsel, in der Umgebung der GefaSe und in den Randsinusbilkchen in geringer Menge, im iibrigen Reticulum war fast nichts aufzufinden. Bei fast allen untersuchten Lymphknoten war die Marksubstanz gegeniiber der Rinde stark ausgebildet, die Sinus im allgemeinen weit, wenn auch teilweise sehr zellreich. In der Rindensubstanz waren fast immer deutliche Keimcentren vorhanden, um welche die Fasern schén konzentrisch angeordnet waren. Auch die Abgrenzung des Paren- chyms gegen die Sinus durch ein dichtmaschigeres Faserwerk war meist deutlich ausgesprochen. In einzelnen Lymphknoten gerade des Kaninchens war die Lymphe in feinen Balkchen geronnen, die vielleicht Reticulum- bailkchen hiatten vortauschen kénnen. Indessen lieBen sie sich leicht einerseits von den Zellen und Reticulumbalkchen abgrenzen, andererseits auch leicht durch die Farbung unterscheiden. Bei der Farbung nach MALLORY-STOuR blieben sie giinzlich farblos, wahrend das Protoplasma und damit auch die Umhiillung der Reticulum- fasern stets einen blaSblauen Ton annahmen. Ebenso wurden sie Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 169 bei Farbung mit Rubin-Orange goldgelb, wihrend das Protoplasma sich orange bis rot farbte. Beim Meerschweinchen war die Kapsel durchschnittlich um ein weniges dicker als beim Kaninchen, indem vielfach kleine Fetttriubchen in sie eingelagert waren. Trabekel fehlten meist voll- stindig. Die Reticulumfasern waren zumeist feiner als beim Kanin- chen, in vielen Reticulumbaikchen fehlten sie ganz. Dagegen war das elastische Gewebe in gréSerer Menge vertreten; in fast allen Rand- sinusbilkchen, sowie in einem grofen Teil der iibrigen Reticulum- balkchen fanden sich eine oder mehrere elastische Fasern. Im iibrigen war der Bau der Lymphknoten ganz ahnlich wie beim Kaninchen. Auch bei Ratte und Maus lagen die Verhaltnisse nicht wesentlich verschieden. Die Kapsel war sehr diinn, eigentliche Trabekel sowie sonstige gréfere Bindegewebsanhaiufungen fehlten. Fasern sind ebenfalls nicht in allen Reticulumbalkchen vorhanden. Stark dagegen ist das elastische Gewebe entwickelt, noch etwas mehr wie beim Meerschweinchen. Nicht nur, daf in der Kapsel und den staérkeren Reticulumbalkchen zahlreiche elastische Fasern vorkommen und teilweise zierliche Netzchen bilden, sind sie an manchen Stellen so entwickelt, dafi sie einmal die Abgrenzung des Parenchyms gegen die Sinus mit bilden helfen, andererseits an- nahernd parallel zwischen den einzelnen Rindenknoten hinziehend die fehlenden Trabekel bis zu einem gewissen Grad ersetzen. Vom Igel konnten ebenfalls die Lymphknoten verschiedener Exemplare untersucht werden. Die Kapsel war meist von mittlerer Starke, Trabekel fehlten fast immer. Die Fasern waren in den meisten Balkchen des Reticulum gut entwickelt, doch fanden sich immerhin eine ganze Reihe von Balkchen, in denen keine wahr- genommen werden konnten. Das elastische Gewebe war in den meisten Lymphknoten reichlich vorhanden, vor allem fanden sich gréBere Mengen in der Kapsel und den Adventitien der gréSeren Gefife. Auch waren elastische Fasern in vielen Reticulumbalkchen, einzeln oder zu mehreren, stets zu finden. In verschiedenen Lymph- knoten fanden sich auch vereinzelte Fettzellen. SchlieBlich hatte ich noch einige Lymphknoten von Vesper- tilio murinus und Plecites auritus zur Verfiigung. Bei den ersteren war die Kapsel relativ dick, 20—30 wu, wahrend sie bei den Mesenteriallymphknoten der letzteren dinner war und nur aus 1—2, selten mehr, mittelstarken Bindegewebsfasern bestand. Zwischen den einzelnen Rindenknoten fehlten sowohl Trabekel, als auch die an ihrer Stelle sonst wohl vorhandenen, von der Kapsel 170 Richard Thomé, aus bis tief in die Marksubstanz hineinziehenden starkeren Reticulumfasern. Die Rindenknoten waren lediglich durch das Reticulum der Lymphsinus von einander getrennt. In vielen Reticulumbalkchen waren, wenn auch feine, Fasern nachzuweisen, in einer grofen Zahl dagegen fehlten sie. Um so starker war das elastische Gewebe entwickelt. Bei Vespertilio fanden sich in der Kapsel eine so reichliche Menge teilweise sehr starker elastischer Fasern, da beinahe der Anschein erweckt wurde, als ob die Kapsel nur aus elastischem Gewebe bestande. Auch in den Reticulumbalkchen waren elastische Fasern reichlich vorhanden. Ebenso war bei Plecotes fast die ganze Kapsel von hier allerdings sehr feinen elastischen Fasern eingenommen. Auch in fast allen Reticulumbalkchen fanden sich feinste elastische Faserchen, jeden- falls in viel gréferer Zahl als Bindegewebsfasern. C. Vergleichung der Befunde mit denen friiherer Untersucher. Ks fragt sich nun, wie wir uns nach den angefiihrten Befunden den Bau des Reticulum zu denken haben. Unzweifelhaft scheint mir zunaichst bewiesen, daf’ ein mehr oder minder vollstandiges Netz von Fasern in den Lymphknoten, und zwar sowohl in den Lymphsinus wie im Parenchym, vorhanden ist. Ks muf also den Forschern, die das Vorhandensein eines solchen behaupteten, von HENLE an bis auf HOut vollstandig recht gegeben werden. Hine andere Frage aber ist es, ob man dieses Fasernetz als das Wesentliche des retikulierten Gewebes ansehen muf und ob man die Deutung, die Ranvier u. A. den fixen Gewebszellen gegeben haben, annehmen mu, daf nimlich die Zellen die Fasern nur nach Art eines Endothels umkleideten. Die andere Deutung, die von den Betreffenden bekimpft wird, wire die, daf die Fasern, da sie stets von Protoplasma umgeben seien, als Bestandteile der anastomosierenden Zellen zu betrachten sind. Auch H6ut hat diese Frage bereits aufgeworfen. Er kommt aber zu dem Schlul, die RANnvier’sche Auffassung als zu Recht bestehend anzusehen, da zwar in den Lymphknoten die Fasern stets von Protoplasma eingehiillt seien, in anderen Organen aber, z. B. in der Leber, das Fasernetz keineswegs an eine Zellhiille gebunden sei. Demgegeniiber sind nun doch verschiedene Einwiirfe mdglich. Zunichst liegt der Gedanke nicht fern, da’, wie schon oben be- Beitrige zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 171 merkt, es durchaus noch nicht feststeht, da8 die Fasersysteme in den verschiedenen Organen wirklich itibereinstimmende Gebilde sind. Wie lange ist z. b. nicht die Neuroglia als ebenfalls Netze bildendes Gewebe dem Reticulum der lymphoiden Organe homolog gesetzt worden, ganz besonders auch wegen ihrer Zusammen- setzung aus Zellen und Fasern. Andererseits ist es mir auch noch nicht gelungen, mit den fiir das Reticulum brauchbaren Farbemethoden die Gitterfasern der Leber darzustellen. Wenn aber wirklich einmal eine distinkte Farbung der Gitterfasern sich erméglichen laft, so ist es nicht ausgeschlossen, daf auch an ihnen sich eine Protoplasmahiille findet, zu deren Darstellung die Metall- impragnationen nicht verwertbar sind. Auch ein Teil meiner Befunde spricht gegen die Richtigkeit der Ranvier’schen Ansicht. Zunachst findet man fast in jedem Lymphknoten Reticulumbalkchen, in dem einen mehr, in dem anderen weniger, in denen sich keine Fasern farberisch differenzieren lassen. Daf es sich in diesen Fallen nicht um Farbefehler handelt, geht wohl daraus hervor, daf} erstens solche Balkchen in fast allen Schnitten gefunden werden kénnen, zweitens, daf vielfach in direkt anstofenden Bilkchen die Fasern deutlich gefarbt erscheinen. Ferner ist es auffallend, daf es weder nach MALLORY-STOHR noch nach HANSEN gelingt, in den Keimcentren eine gréfere Zahl von Fasern sichtbar zu machen. Und doch besteht auch in diesen ein Netz von anastomosierenden Zellen, wie vielfach beschrieben worden ist und ohne grofe Miihe an hinreichend feinen Schnitten gesehen werden kann. Meiner Ansicht nach handelt es sich um neugebildete Balkchen, in denen es noch nicht zur Faserbildung gekommen ist. Datfiir, daS die Ausbildung der Balkchen der Faserbildung vorangeht, sprechen unter anderen die Befunde beim Kind und beim jungen Katzchen. Beim ersteren war unzweifelhaft ein weit gréBerer Prozentsatz der Reticulumbalkchen faserfrei oder doch jedenfalls nicht deutlich faserhaltig als beim Erwachsenen. Bei der jungen Katze war ja allerdings das Fasernetz schon ungefahr in derselben Ausdehnung gebildet wie bei der ausgewachsenen, aber die Fasern waren durchschnittlich sehr erheblich feiner. Sicher tritt die Bildung der elastischen Fasern sehr viel spater ein wie die Balkchenbildung, denn in den erwahnten Praparaten war noch so gut wie nichts von elastischem Gewebe zu sehen, wahrend es sich doch sowohl beim Menschen wie bei der Katze in ausgebildeten Lymphknoten vorfindet, wenn auch nicht gerade reichlich, 172 Richard Thomé, Vor allem aber, wenn man erwagt, wie das retikulierte Gewebe - entsteht, wird es sehr wenig wahrscheinlich, daS die fixen Zellen des Reticulum als Endothelien aufzufassen sind. Selbst von Autoren, die bei ausgewachsenen Tieren einen faserigen Aufbau des Reti- culum annehmen, wird zugegeben, daf es beim Embryo ganz oder teilweise aus anastomosierenden Zellen besteht. Leider konnte ich mir selbst keine passenden Siugetierembryonen verschaffen. Doch untersuchte ich die Milz einer etwa 8 cm langen Axolotllarve. In dieser fand sich ein wohl ausgebildetes, aus anastomosierenden Zellen aufgebautes Reticulum, in dem es auf keine Weise gelang, irgend welche Fasern darzustellen. Andererseits gelang es in der Milz eines ausgewachsenen Salamanders leicht, starke Fasern zu farben, die von einer hier sehr leicht sichtbaren, dicken Proto- plasmahiille umgeben waren. Ein wesentlicher Unterschied ist nun zwischen den Geweben von Axolotl und Salamander kaum anzu- nehmen. Wie soll man sich aber den Uebergang eines proto- plasmatischen Zellnetzes in ein Fasernetz mit angelagerten Endo- thelien vorstellen? Nach der einen Ansicht sollen die Binde- gewebsfasern extracellulir in der Grundsubstanz entstehen. Soll alsdann das urspriinglich vorhandene Zellnetz sich auflésen und seine Zellen, zu Endothelien umgewandelt, die Fasern umfassen ? Nach der anderen Ansicht. die wesentlich durch die Untersuchungen FLEMMING’s (1897) und SpuLeR’s (1896) gestiitzt wird, sollen die Bindegewebsfibrillen innerhalb der Zellen und Zellauslaufer, wenn auch vielleicht nur in bestimmten Abschnitten derselben entstehen. Bei Annahme dieser Entstehungsweise der Reticulumfasern kénnte das urspriinglich vorhandene Zellnetz auch weiterhin die Fasern umkleiden. Dann aber diirfte man doch auch berechtigt sein, die Fasern als Bestandteile der Zellen anzusprechen. Mdéglich ware immer noch, dafi im Alter oder in pathologischen Fallen das Proto- plasma der Zellausliufer teilweise zu Grunde ginge, so daf auch nackte Fasern vorhanden waren. Dem aber steht gegeniiber, daf fast stets ein wenn auch nur kleiner Teil der Reticulumbalkchen faserfrei bleibt, so da jedenfalls nicht das ganze Reticulum von Fasern gebildet wird; da aber Zellen, die anastomosieren, Netze bilden, zu den Endothelien gerechnet werden, diirfte wohl kaum allseitige Zustimmung finden. Auch die Thatsache, daf sich in den Keimcentren nur selten und spirlich Fasern finden, diirfte sich damit erklaren lassen, dal das Reticulum derselben wesentlich aus neugebildeten Balkchen besteht. Wie von vielen Seiten angegeben ist, finden sich ja in den Keimcentren unzweifelhaft Mitosen der Reticulumzellen. Ja Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 173 nach Ansicht mancher Autoren waren die Lymphocyten Abkémm- linge dieser in lebhafter Teilung begriffenen fixen Gewebszellen. Aber selbst wenn man diese bisher noch keineswegs allseitig an- erkannte Ansicht fiir richtig halten will, so ist es doch sehr wahrscheinlich, da8 in den Keimcentren auch fixe Zellen neu- gebildet werden und daf demgemaf das Reticulum hier aus jungen Elementen zusammengesetzt ist, in deren Bialkchen sich noch keine Fasern differenziert haben. Durch eine starke Neubildung von Reticulumelementen lat sich auch die konzentrische Schichtung der bereits vorhandenen Fasern um die Keimcentren leicht er- klaren. Denn sonst wiirde die verhaltnismaBig geringe Vergrékerung der Maschen eines von vornherein vorhandenen Reticulum kaum hinreichen, um eine solche Anordnung der umgebenden Reticulum- schichten zu bedingen. Eine weitere Schwierigkeit fiir die Auffassung der fixen Reti- culumzellen als Endothelien ergiebt sich noch aus dem Vorhanden- sein der elastischen Fasern innerhalb der Zellauslaufer, und zwar ebenfalls, ob man die Entstehung derselben in die Intercellular- substanz verlegt oder in die Zellen selbst. Fiir letzteres tritt vor allem GARDNER (1896) ein. Das elastische Gewebe bildet sich nach ihm ebenfalls in anastomosierenden Zellen und tritt wahrend des Wachstums nicht in die extraprotoplasmatische Substanz heraus. Spater allerdings gehen die Bildungszellen zu Grunde, so da8 die elastischen Fasern frei werden, ahnlich wie die fibrillaren Bindegewebsfasern. Die letztere Angabe scheint allerdings mehr fir eine nachtrigliche Umkleidung der elastischen Fasern in den Lymph- knoten durch Endothelien zu sprechen. Indessen sind die Befunde GARDNER’s im Unterhautbindegewebe u. s. w. gemacht worden, wo allerdings bisher keine Hiille um die elastischen Fasern nachge- wiesen ist, ebensowenig wie um die Bindegewebsfasern, und wo das elastische Gewebe schon im embryonalen Stadium auftritt. In den Lympbknoten aber liegen die Verhaltnisse doch insofern anders, als selbst beim Neugeborenen, wie schon oben gesagt, das elastische Gewebe noch so gut wie gar nicht entwickelt ist, wihrend es bei ausgewachsenen Individuen derselben Art stets, wenn auch in verschiedener Machtigkeit, vorhanden ist. Man mite dann also noch ein zweites Netz von anastomosierenden Zellen an- nehmen, das nach Ausbildung der elastischen Fasern zu Grunde ginge, wahrend diese dann von den Endothelien umlagert wiirden. Von einem derartigen zweiten Netzwerk ist aber in den Lymph- knoten nichts zu finden. Sehr viel einfacher ist nach allem wohl die Annahme, dal die elastischen Fasern ebenso wie die Binde- 174 Richard Thomé, gewebsfasern innerhalb des einmal vorhandenen Zellnetzwerkes gebildet werden, und daf in den Lymphknoten die Bildungszellen auch fernerhin erhalten bleiben, nicht wie an anderen Stellen zu- riickgedriingt werden bezw. vollstandig schwinden. Nach allem betrachte ich das Reticulum der Lymphknoten als ein Netzwerk von verzweigten, anastomosierenden Zellen. In den weitaus meisten Zellen bezw. Zellauslaufern diffenziert sich ein Teil des Protoplasmas zu Fasern, die denen des fibrillaren Bindegewebes nahe stehen'). Spaterhin werden auch in dem Zellprotoplasma in mehr oder minder groBer Ausdehnung elastische Fasern aus- gebildet. Den Reticulumzellen miissen auch die speciell als Endothelien bezeichneten Gebilde zugerechnet werden, die in Form meist platter, langlicher Zellen mit ovalem Kern die Lymphsinus aus- kleiden. Ihr ganzes Aussehen sowie ihre Lagebeziehung zu den . Fasern unterscheidet sie in nichts von den tibrigen Reticulumzellen. Auch ist es vielfach nicht schwer, sich von dem direkten Zusammen- hang der fixen Zellen sowohl der Lymphbahnen wie des Parenchyms mit den sogenannten Endothelien zu tiberzeugen. Schon His, Tu. Scumipt u. A. haben auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Von neueren Untersuchern ist es vor allem Saxer, der auf Grund entwickelungsgeschichtlicher Thatsachen dafiir eintritt, da diese Endothelien genetisch nur platte Bindegewebs- bezw. Reticulum- zellen darstellen. Der wichtigste Grund fiir die Auffassung dieser Zellen als Endothelien ist der Umstand gewesen, dafi es nach von ReEck- LINGHAUSEN und RANVIER gelingt, an den Trabekeln und der Innenflaiche der Kapsel, sowie an der Oberflaiche der Rindenknoten die Grenzen dieser Zellen mit Silbernitrat zu schwarzen. Diese Schwarzung der Zellgrenzen fiihrte man frither auf eine besondere Kittsubstanz zuriick, die besonders die Fahigkeit haben sollte, das Silber festzuhalten. Neuerdings ist man aber doch mehr und mehr von der Annahme einer derartigen Kittsubstanz zurtickge- kommen. Man nimmt vielmehr an, daf die Endothelien oder 1) Zu derselben Ansicht iiber den Bau des Reticulum ist Wer- DENREICH (1901) bei seinen Untersuchungen iiber die Blutlymph- driisen gekommen. Er sagt: ,,Die Reticulumzellen besitzen namlich die Fahigkeit, in ihrem Protoplasma feinste Fibrillen zu differen- zieren, ohne aber von dieser Eigenschaft in allen Fallen Gebrauch zu machen.“ (Im Original gesperrt gedruckt.) ae ae oe Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 175 besser platten Epithelien durch feinste, mit Gewebsfliissigkeit ge- fiillte Spalten getrennt seien und nur durch Intercellularbriicken mit einander in Verbindung stinden. In den feinen Spaltraiumen wiirde nun das Silber mechanisch am energischsten zuriickgehalten. Ganz ahnlich liegen aber auch die Verhaltnisse bei den Reticulum- zellen, welche die Trabekel, Kapsel und das Parenchym von den Lymphbahnen abgrenzen, da sie hier sehr zahlreich sind, wie ja auch das dichte Faserwerk an diesen Stellen zeigt, so daf auch zwischen ihnen nur feinste Spalten iibrig bleiben. Diese sind nur an den Stellen unterbrochen, wo die Ausliufer benachbarter Zellen mit einander in Verbindung treten. In diesen Spaltriumen kann aber das Silber ebensogut mechanisch festgehalten werden wie in denen zwischen platten Epithelien. Eine Unterstiitzung findet diese Erklarung der Silberzeichnung an den genannten Stellen noch durch eine Angabe RANviErR’s selbst, daf namlich die Endothel- zeichnung nicht ganz vollstandig sei. Auch in der dazugehérigen Zeichnung finden sich hier und da Stellen, wo die schwarzen Linien unterbrochen sind. Es wiirden dies eben die Stellen sein, wo zwel Zellen mit einander in Verbindung stehen. Es fragt sich nun, ob die entwickelte Ansicht vom Bau des reticulierten Gewebes in den Lymphknoten sich mit den Befunden friiherer Untersucher in Einklang bringen lat, bezw. wie sich die abweichenden Ansichten erkliren lassen. Zunachst ware zu bemerken, da& die Befunde von BizzozEro, RANVIER und HOuL mit den meinigen fast voéllig tibereinstimmen. Eine Ditferenz besteht wesentlich, wie vorher ausgefiihrt, nur iiber die Natur der die Faser einschliefenden Zellen. Am _ weitesten diirfte die Beschreibung, die Héut vom Reticulum giebt, der meinigen entsprechen, auch insofern, als H6nt ebenfalls die elastischen Fasern desselben beschreibt. Ferner laft Hout es unentschieden, ob die fixen Zellen des retikulierten Gewebes wirklich als Endothelien aufzufassen seien. Dali HOnt diejenigen Reticulumbalkchen entgangen sind, die keine F'asern enthalten, ist leicht erklarlich, da er zumeist an Praparaten gearbeitet hat, die der Trypsinverdauung unterworfen waren, wahrend die Unter- suchung gewohnlicher Paraffinschnitte nur zu dem Zwecke angestellt wurde, nachzuweisen, daf das durch Verdauung dargestellte Faser- netz kein Kunstprodukt, sondern von vornherein vorhanden sei. Aber auch zwischen den Befunden der tibrigen Autoren und den hier dargestellten lift sich eine Uebereinstimmung erzielen, obwohl doch die einen das Reticulum als zellig, die anderen als faserig angesprochen haben. Diese Differenzen lassen sich namlich 176 Richard Thomé, durchweg auf die angewandten Untersuchungsmethoden zuriick- fiihren. Schon H6nt hat darauf hingewiesen, daf es z. B. E. Demoor bei den angewandten Farbungen, Safranin und Hama- toxylin-Eosin nicht gelingen konnte, die Fasern des reticulierten Gewebes sichtbar zu machen. Ebenso 1laSt sich bei allen anderen, die an feinen Schnitten und mit den itiblichen Farbemethoden arbeiteten, leicht erklaren, daf sie zu der Ansicht eines rein zelligen Reticulum kommen muften. Ueberdies verwandten die meisten, die in dieser Weise untersuchten, ganz Junge Tiere oder gar Embryonen, und so muften ihnen die Fasern um so eher ent- gehen, als bei jungen Individuen, wie ich wenigstens bei der Katze gefunden habe, die Reticulumfasern durchschnittlich auSerordentlich fein und auferdem sparlicher wie beim ausgewachsenen Tiere sind. Umgekehrt muften diejenigen Untersucher, die mit Hilfe der Verdauungsmethoden oder wie HENLE mit verdiinnter Kalilauge den Bau des Reticulum erforschen wollten, zu der Ansicht ge- langen, daf dasselbe sich aus Fasern zusammensetze. Denn auf . beide Weisen wird das Zellprotoplasma zerstért, wahrend die Fasern sich resistent erweisen. Da nun die Anzahl der faser- losen Balkchen relativ gering ist, die Fasern andererseits unter- einander zusammenhangen, so erhilt man mit diesen Methoden ein Netzwerk, das vollkommen ausreichend erscheint, das eigent- liche Grundgewebe, das Reticulum der Lymphknoten darzustellen. Durch die angewandten Methoden erklirt sich auch die Angabe HeNLE’s u. a., da in dem Centrum der Follikel das Netzwerk meist fehle, da ja in den Keimcentren Fasern nur selten auf- treten. Das hier rein zellige Reticulum wird eben durch die Kalilauge vollstandig zerstért. Auch giebt z. B. Tx. Scumipr, der die Pinselmethode angewandt hat, an, daf die von Fasern durchzogenen Teile des Reticulum gegen den Pinsel wiederstands- fahiger sind wie die rein zelligen Abschnitte desselben. Gewissermafen eine Mittelstellung nimmt das Ausschiitteln der Schnitte in Fliissigkeiten sowie die Hrs’sche Pinselmethode ein. Je nach der Intensitaét der Anwendung sowie auch nach dem jeweiligen Zustand des Lymphknotens, wohl auch nach dem Alter des betreffenden Individuums wird man alle Ueberginge vom zelligen zum rein faserigen Reticulum erhalten kénnen. Und in der That ist von denjenigen, die diese Methoden angewandt haben, das reticulierte Gewebe in der verschiedensten Weise beschrieben worden. Selbst in Schnitten desselben Lymphknotens soll es teils faserig, teils zellig sein. So giebt z. B. His an, da8 in dem Lymph- sinus wesentlich Zellnetze, im Parenchym wesentlich Fasernetze ; : ¥ > \ ; | Y Se os Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 177 vorhanden waren. Dies ist leicht dadurch erkliarlich, da& zur Darstellung des Reticulum im Parenchym bei der grofen Menge von Lymphocyten ein energischeres Auspinseln notwendig ist wie in den meist relativ zellarmen Lymphsinus. Auch die haufig wieder- kehrende Angabe, daf im jugendlichen Reticulum sich reichlich Kerne in den Balckchen fanden, wahrend sie im Alter mehr und mehr schwanden, ist nicht schwer zu deuten. Da die Fasern in der Jugend fein sind, tritt bei vorsichtigem Auspinseln der zellige Charakter des Reticulum in den Vordergrund. Im Alter nehmen dagegen die Fasern meist fast die ganze Dicke des Reticulum- balkchens ein, die zarte Protoplasmahiille wird leicht abgestreift oder auch iibersehen und die Kerne liegen dann den Fasern nur noch an oder werden gleichfalls mit abgepinselt. Nur an besonders giinstigen Stellen, wo ein Kern zwischen mehreren Fasern liegt, von diesen gewissermaBen festgehalten wird, bleibt er auch bei kraftigem Auspinseln erhalten und scheint dann in einem etwas verbreiterten Knotenpunkte des Netzwerks zu liegen. Bei jugend- lichen Individuen wiirde demnach das ganze Balkchen, bei alteren nur die eigentliche Faser als Bestandteil des Reticulum ange- sehen worden sein. Auf diese Weise fallt auch der Widerspruch dieser Angaben gegen die Befunde von Demoor, der eine merkbare Abnahme der Zahl der Reticulumzellen selbst bei sehr alten Individuen (12-jahrige Katze) entschieden in Abrede stellt. Am schwierigsten 1]ai8t sich die Beschreibung, die RiBBERT u. a. vom Bau des Reticulum geben, mit meinen Befunden in Kinklang bringen. Rissperr halt zwar auch das Reticulum fiir zellig; die in den Knotenpunkten des Netzes liegenden Kerne sind klein, eckig oder spindelig und farben sich intensiv, wahrend die sehr zarten Zellfortsatze von grofkernigen Endothelien um- geben sind, die sich oft nur schwer von den ersteren abgrenzen lassen. Derartige kleinere, stark farbbare Kerne habe ich zwar auch nicht selten in den Reticulumzellen gefunden, sie aber fiir Funktions- bezw. Degenerationserscheinungen gehalten. Stets habe ich in solchen Fallen aber auch den direkten Zusammenhang mit den gréferen, von Rippert als Endothelien angesprochenen Zellen zu sehen geglaubt. Méglich ware es, da’ die von RIBBERT an- gewandte Farbung mit konz. Vesuvin hier und da, ebenso wie auch z. B. die Rubin-Orangefarbung die Fasern in etwas anderem Farbton hervortreten lift wie das Protoplasma, und daf dabei eine Abgrenzung derselben gegen kleine, protoplasmaarme Reti- culumzellen nicht erfolgen kann, wihrend sie gegen die groéferen, protoplasmareichen sich erméglichen 1]aBt. Bd, XXXVI. N. F. XXX, 119 178 Richard Thomé, SchlieBlich wiirde noch die Frage zu erértern sein, in welcher Beziehung die Fasern des Reticulum zu den Bindegewebsfasern stehen. Sie einfach dem fibrillaren Bindegewebe zuzurechnen, wie es von vielen Seiten geschehen ist, scheint aus verschiedenen Griinden nicht angingig. Einmal ist es mir nicht gelungen, eine wirklich fibrillaire Struktur selbst der dicksten Reticulumfasern nach- zuweisen. Dieselben sehen sowohl auf dem Querschnitt wie in der Lingsansicht durchweg homogen aus. Nur selten lait sich eine undeutliche Liangsstreifung wahrnehmen. Es kann dies nicht ohne weiteres auf die Fixationsfliissigkeiten geschoben werden. Denn auch an Alkoholpraparaten sowie an frischen oder eingetrockneten Gefrierschnitten lief sich eine Zusammensetzung aus Fibrillen nicht erkennen. Andererseits konnte an einem Schnitte durch mensch- liches Bindegewebe, das in ZENKER’scher Filiissigkeit fixiert und nach MaLnLory-Srésr gefarbt worden war, die fibrillare Struktur der Fasern deutlich wahrgenommen werden. Auf das meist homo- gene Aussehen der Reticulumfasern ist auch von vielen anderen Untersuchern aufmerksam gemacht worden, wahrend nur wenige, wie HOHL, die Zusammensetzung der Fasern aus Fibrillen erkennen konnten. Wenn also auch, was keineswegs bestritten werden soll, die Reticulumfasern Fibrillenbiindel darstellen, so miissen diese doch in anderer Weise und viel inniger miteinander verbunden sein, als es bei denen des fibrilliiren Bindegewebes der Fall ist. Auger dieser morphologischen sind auch noch von verschiedenen Seiten Angaben tiber eine erhebliche chemische Verschiedenheit zwischen beiden Faserarten gemacht worden. Schon v. KOLLIKER und nach ihm viele andere haben darauf hingewiesen, daf das retikulierte Gewebe beim Kochen keinen Leim giebt. Sehr genau hat sich Mati mit dem chemischen Verhalten der Bindegewebs- arten beschaftigt und dabei nachgewiesen, daf’ sowohl im Verhalten Sauren wie Alkalien gegentiber Differenzen zwischen dem reti- kulierten und fibrillaren Bindegewebe bestehen, das erstere sogar hier und da ahnliche Reaktionen aufweist wie das elastische Gewebe. Wenn also demnach eine Gleichstellung des fibrilliren und retikulierten Gewebes nicht angingig erscheint, so kann doch andererseits kein allzugroBer Gegensatz zwischen den beiden Faser- arten bestehen. So hat SréHR nachgewiesen, daf bei der Ent- wickelung der Tonsillen fibrillares Bindegewebe durch eindringende Lymphocyten in seine Fibrillen aufgesplittert wird und so den Grundstock fiir Lymphgewebe abgiebt, indem erst spater die homogen glinzenden Balkchen auftreten. Die fixen Zellen des Bindegewebes scheinen demnach imstande zu sein, zunachst Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 179 fibrillires und unter verdnderten Bedingungen spater retikulires Bindegewebe zu liefern. Andererseits stehen die Fasern des Reticulum nicht nur in ihrem chemischen, sondern auch in ihrem morphologischen. Verhalten den elastischen Fasern nahe. Sie treten ebenso wie diese in den verschiedensten Stirken auf und ver- schmelzen, Netze bildend, miteinander. Auch in Bezug auf die Tinktionsfahigkeit kann das retikulierte Gewebe unter Umstianden sich dem elastischen nihern. Die Kreisfasern der kapillaren Venen der Milz, die wohl als besonders angeordnete Reticulumfasern auf- gefaft werden miissen,. lassen sich auch mit den iiblichen Elastin- farbungen, wenn auch nur bei etwas protahiertem LEinwirken, deutlich farben. Fiir eine derartige Verwandtschaft spricht meines Erachtens auch das gleichzeitige Vorkommen von elastischen und retikularen Fasern in den Reticulumbalkchen der Lymphknoten, vor allem wenn man annimmt, da& beide Faserarten in den Zellen selbst gebildet werden. Ferner aber sind z. B. bei den Chiropteren, bei denen die Reticulumfasern relativ spérlich sind, die elastischen Fasern um so reichlicher entwickelt, so daf es fast den Anschein hat, als ob die beiden Faserarten sich im retikuliren Gewebe bis zu einem gewissen Grade ersetzen kénnten. Die vorstehende Auseinandersetzung zeigt, daf die von mir entwickelte Ansicht iiber den Bau des Reticulum in den Lymph- knoten sich im allgemeinen mit den scheinbar vielfach abweichenden Befunden der anderen Untersucher doch wohl in Kinklang bringen laBt. Dagegen lassen meine Befunde es nicht zu, daf das von Hs fiir die Rindslymphknoten aufgestellte Bauschema ohne weiteres auf alle Siugetiere iibertragen wird. Kurz zusammengefalt labt sich das His’sche Schema dahin formulieren, dafi das Parenchym und die Trabekel je ein vollstiéndiges Maschenwerk bildeten, die sie gegenseitig durchfléchten und dabei tiberall durch die Lymph- sinus voneinander getrennt seien. DemgemaS miifte man, wie es His auch beim Rind gefunden hat, in den Schnitten in den meisten Marksinus den Quer- oder Langsschnitt eines Trabekels finden, mit Ausnahme der Falle, in denen ein Sinus zufallig parallel dem Trabekel angeschnitten ist. Ebenso miiSten zwischen den Rinden- knoten haufig Trabekel angetroffen werden. Vollstandig diesem Schema entsprechend habe ich indessen nur die Lymphknoten eben des Rindes angetrofien, ebenso waren dies die einzigen, in deren Kapsel und Trabekeln ich mit Sicherheit glatte Muskelzellen nachweisen konnte. Aehnlich lagen die Ver- haltnisse noch beim Menschen, den Affen und den Raubtieren, doch fehlten bei diesen vielfach eigentliche Trabekel, die durch mehrere 1p 180 Richard Thomé, stirkere, parallel zichende Reticulumbilkchen ersetzt waren. Auch ~ waren Teilungen der Trabekel und Anastomosen seltener, vielfach splitterten sie sich einfach in das Reticulum auf, so daf in den Marksinus relativ haufig nur Reticulumbalkchen vorhanden waren. Noch weniger ausgebildet war das Trabekularsystem bei den Nagern, sowie beim Igel. Relativ selten fanden sich tiberhaupt Trabekel und diese verloren sich meist nach ganz kurzem Verlauf im allgemeinen Reticulum. Meist verliefen nur mehrere starkere Reticulumbalkchen von der Kapsel aus zwischen die einzelnen Rindenknoten, um dann in der Marksubstanz mit dem Reticulum der Sinus in Verbindung zu treten. Gar keine Trabekel, ja auch keine Andeutung derselben durch die parallel verlaufenden Reti- culumbailkchen waren bei den Chiropteren vorhanden. Bei diesen waren Rindenknoten wie Markstrange nur durch das Reticulum der Sinus voneinander getrennt. Da indessen nur wenige Lymph- knoten ‘untersucht wurden, soll nicht in Abrede gestellt werden, da doch bei anderen auch Trabekel vorkommen kénnten, wie tiber- haupt die Lymphknoten selbst desselben Tieres keineswegs immer vollig tibereinstimmend gebaut sind. In der Litteratur finden sich nur wenige Angaben, nach denen das His’sche Schema nicht als durchweg giiltig anerkannt wird. So zuerst die von CuizvitTz, der speziell beim Menschen ebenfalls gefunden hat, daf kein allgemeines Trabekelnetzwerk besteht, sondern daf vor allem in der Marksubstanz viele Sinus keine Trabekel beherbergen. Ferner aft auch v. SCHUMACHER das His’sche Schema nur fiir die Lymphknoten der Wiederkauer gelten. Fiir Mensch, Affe, Katze u.s. w. stellt er es dagegen folgender- mafen dar: ,,Zwischen den Rindenknoten keine Lymphsinuse, der diesen entsprechende Raum ausgefiillt durch ein Zwischengewebe, eigentliche Trabekel fehlen fast ganz.“ Dieses Zwischengewebe, das aus grofen, protoplasmareichen, eng zusammenliegenden Zellen besteht, hangt einerseits mit dem Trabekulargewebe, andererseits mit dem Reticulum der Lymphbahnen zusammen. v. SCHUMACHER halt diese Zellmassen fiir ein besonderes Gewebe. Diese Annahme ist indessen wohl nicht notwendig, sondern es handelt sich wohl nur um sehr zahlreiche, vergréferte und deshalb eng zusammen- liegende Reticulumzellen. Dafiir spricht vor allem die Angabe, da8 sie mit den Trabekeln wie mit dem Reticulum in Zusammen- hang stehen. Ferner schreibt ihnen v. SCHUMACHER einen grofen, hellen Kern zu und hat auch in den Zellen Pigment und Lympho- cyten gefunden. Die Eigenschaft der Phagocytose kommt aber nach vy. SCHUMACHER selbst sehr wesentlich den Reticulumzellen Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 181 zu. Daf v. ScHumAcHER die Zellen nicht in Kontinuitat fand, diirfte sich leicht dadurch erklairen lassen, da bei VergréSerung der Zellen nicht auch die Verbindungsbriicken breiter werden miissen, und in dem Falle diirfte es schwer sein, den vorhandenen Zusammenhang der Zellen auf dem Schnitt gerade zu Gesicht zu bekommen. Wenn also auch in der Auffassung dieser Zellmassen, die auch in meinen Praparaten verschiedentlich zu sehen waren, eine Differenz zwischen v. SCHUMACHER und mir besteht, so ist doch eine Uebereinstimmung gerade dahin vorhanden, daf ein voll- standiges Trabekularmaschenwerk nur den Wiederkauern zukommt. Dagegen ware noch die Frage offen, ob trotz der Unterschiede im einzelnen nicht doch ein allgemeiner Bauplan der Lymphknoten aufgestellt werden kann. Es scheint dies wohl moéglich zu sein, nur muf dann zunachst mit der Ansicht gebrochen werden, als ob Reticulum und Trabekel wesentlich verschiedene Gebilde seien, als ob die Trabekel dem fibrillaren Bindegewebe zuzurechnen seien. Nun ergiebt sich aus den Untersuchungen von Mau, daf die Trabekel unméglich dem ,,collagenen“ Gewebe angehéren kénnen, da nach Entfernung der Kapsel, die ebenfalls nur minimale Spuren vou fibrillarem Bindegewebe enthalt, die Lymphknoten beim Kochen keinen Leim mehr liefern. Auch nach den eigenen Untersuchungen muB8 ich die in den Trabekeln und der Kapsel vorhandenen Fasern mit den Reticulumfasern identifizieren, da sie mit letzteren in direktem Zusammenhang stehen und mit den angewandten Methoden keine fibrillare Struktur in ihnen erkannt werden konnte. Als einfachste Form der Lymphknoten wiirde dann die zu gelten haben, die bei den Chiropteren gefunden wurde. Das ganze Geriist derselben besteht aus einem annahernd gleichmafig ver- teilten Reticulum, das nach aufen hin etwas dichter die Kapsel bildet. Im Innern der Lymphknoten nimmt es je nach der Menge der eingelagerten Lymphocyten oder aus anderen Griinden gewisse Formationen an, wie die konzentrische Schichtung um die Keim- centren oder die Verdichtung an der Abgrenzung des Parenchyms gegen die Sinus. In einem fortgeschritteneren Stadium wie beim Igel oder den Nagern ordnet sich das retikulierte Gewebe zwischen den Rindenknoten in parallelen Ziigen an, die zunachst noch durch Lymphocyten voneinander getrennt sind und in den Sinus der Marksubstanz in das Reticulum derselben tibergehen. Ein weiterer Schritt ist dann der, daf die parallel gerichteten Reticulumziige vermehrt werden, die zwischen ihnen befindlichen Lymphocyten verschwinden, kurz, ein eigentlicher Trabekel entsteht, der rings von Lymphsinus umgeben nach der Marksubstanz zieht und sich 182 Richard Thomé, dort aufsplittert. Fiir eine derartige Entstehung der Trabekel kénnte auch die oft noch sehr reichliche Einlagerung von Lympho- cyten in dieselben sprechen. Wenn schlieSlich in allen Sinus eine derartige enge Zusammenlagerung der Reticulumbalkchen auftritt, so erhalten wir das Bild, das sich in den Lymphknoten des Rindes zeigt. Ob etwa diese Unterschiede im Aufbau der Lymphknoten im Zusammenhang mit der Gréfe des Tieres bezw. der Lymphknoten stehen, kann nach dem unvollstiindigen Material nicht entschieden werden. Ganz unwahrscheinlich ist es nicht, denn die einfachste Struktur findet sich bei den Chiropteren, die ausgebildetste beim Rind, wihrend die tibrigen sich annaihernd der Gréfe nach da- zwischen einreihen lassen. Wenn man schliefSlich noch nach der Bedeutung der Faser- bildung in dem Zellnetz des Reticulum fragt, so steht wohl aufer Zweifel, da8 die Reticulumfasern wesentlich den Zweck haben, dem Gewebe ‘eine erhéhte Resistenz zu verleihen. Einen 4hnlichen Zweck mag die Bildung der elastischen Fasern haben, zugleich aber wire es méglich, daf sie auf den Lymphstrom einen gewissen Einflu8 haben, indem sie vermége ihrer Elastizitat den Randsinus, in dessen Reticulum sie ja wesentlich vorkommen, standig zu ver- kleinern versuchen. Ergebnisse. 1) Das Reticulum der Lymphknoten, sowohl in dem Sinus wie im Parenchym, besteht aus anasto- mosierenden Zellen. 2) In den bei weitem meisten Zellen bezw. Zell- auslaufern ist ein Teil des Protoplasmas zu Fasern differenziert, die denen des fibrillaren Bindege- webes nahe stehen, aber nicht identisch mit ihm sind. Die Fasern liegen stets innerhalb des Proto- plasmas und bilden ebenso wie dieses Netze von gréferer oder geringerer Maschenweite. 3) In fast allen Schnitten durch Lymphknoten finden sich Reticulumbalkchen, die keine Fasern enthalten. Beijungen Individuen ist dies haufiger wie bei ausgewachsenen, auch sind bei ersteren die Fasern meist feiner. Beitrage zur mikroskopischen Anatomie der Lymphknoten. 183 4) In dem Reticulum der Keimcentren sind nur selten Fasern ausgebildet. 5) AuBer diesen Reticulumfasern finden sich in den Zellausliufern elastische Fasern, die ebenfalls Netze bilden. Beim Neugeborenen fehlen sie noch fast vollstandig. IhreMenge und ihrVerhalten ist bei den einzelnen Tierarten noch gré8eren Verschieden- heit unterworfen als das der retikularen Fasern. 6) Die sogenannten Endothelzellen sind nur als plattgedriickte Reticulumzellen aufzufassen. Ebenso bestehen Kapsel und Trabekel gréfStenteils aus reticularem Gewebe. Doch mu8 es vorlaufig unent- schieden bleiben, ob die Fasern in denselben auch noch von einer Protoplasmahiille umgeben sind oder ob diese verloren geht. 7) Das von His fir Lymphknoten des Rindes auf- gestellte Schema des Trabekulargertistes hat nur fir wenige Tiere Geltung. Es finden sich alle Uebergange von einem durch den ganzen Lymph- knoten hin zusammenhangenden Trabekelnetzwerk bis zu solchen Lymphknoten, in denen die Rinden- knoten und Markstrange durch Lymphsinus von ein- ander getrennt sind, ohne daf in diesen auch nur eine Andeutung von Trabekelbildung vorhanden ist. Litteratur. 1) Brttrors, Tu., Beitrage zur vergleichenden Histologie der Milz. Arch. f. Anat. u. Physiol. 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Tu., Das follikulare Driisengewebe der Schleimhaut der Mundhéhle und des Schlundes bei den Menschen und den Saugetieren. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1863, Bd. XIII, 8. 221—302. 39) ScnunmacuER, Stscmunp, Ueber die Lymphdriisen des Macacus rhesus. Arch. f. mikrosk. Anat., 1897, Bd. XLVIII, S. 145—168. 40) Spunmr, A., Beitrage zur Histologie und Histogenese der Binde- und Stiitzsubstanz. Anat. Hefte, 1896, 1. Abt., H. 21 (Bd. VII, 151Gb) tea Ee 41) Sronr, Puinier, Die Entwickelung des adenoiden Gewebes der Zungenbalge und der Mandeln des Menschen. Festschrift fiir NAgeti und Kouurker. Ziirich 1891. 42) — Lehrbuch der Histologie, 9. Aufl. Jena 1901. 43) Tuoms, Ricuarp, Endothelien als Phagocyten. (Aus den Lymph- driisen von Macacus cynomolgus.) Arch. f. mikr. Anat., 1898, Bd. LI, 8. 820—842. 44) Tonpt, C., Lehrbuch der Gewebelehre, 3. Aufl. Stuttgart 1888. 45) WerenreicH, Franz, Ueber Blutlymphdriisen. Anat. Anz., 1901, Bd. XX, 8. 188—204. oT 186 Thomé, Mikroskopische Anatomie der Lymphknoten. Figurenerklirung. Tafel XI. Alle Abbildungen wurden mit Hilfe des Apse’schen Zeichen- apparates mit Zeif Apochromat 2, Kompensationsokular 6 unter Projektion auf den Arbeitstisch gezeichnet, so daf sie etwa einer 1200-fachen Vergréferung entsprechen. Fig. 1. Zwei vergréferte, Pigment enthaltende, und eine kleine Reticulumzelle aus dem Randsinus eines Igellymphknotens unmittel- bar an der Kapsel (a). Bei b liegt ein kleiner Lymphocyt auf einem Reticulumbalkchen. Fixation in Zunxer’scher Flissigkeit, Firbung mit Hamalaun-Rubin-Orange. Fig. 2. Reticulumzellen von Cercopithecus aus einem Mark- sinus. Fixation in Zenxer’scher Fliissigkeit, Farbung mit Hamalaun Rubin-Orange. Fig. 3. Reticulumzellen von jungem Kiatzchen mit Fasern. Fixation in Zenxer’scher Flissigkeit, Farbung nach Matiory- STOHR. Fig. 4. Reticulumbalkchen aus dem Randsinus vom Igel. In Balkchen a undeutliche Blaufarbung, in Bilkchen § keine Spur von Faserbildung. Fixation in Zenxer’scher Flissigkeit, Farbung nach Maniory-Sréur mit voraufgeschickter Orangefarbung. Fig. 5. Reticulumbalkchen vom Menschen mit 2 Faserquer- schnitten, von denen der eine den Zusammenhang mit einer in Langsansicht vorhandenen Faser erkennen aft. Fixation in ZENKER- scher Flissigkeit, Farbung nach Mauiory-Srour. Fig. 6. Zelle mit Reticulumfasern in Quer- und Langsansicht vom Menschen. Fixation in Zenxer’scher Fliissigkeit, Farbung nach Matbory-Srour. Fig. 7. Abgrenzung eines Markstranges @ gegen den Sinus 5 durch Reticulumzellen mit eingelagerter Faser. Aus dem Lymph- knoten von Cercopithecus. Fixation in Zenxer’scher Fliissigkeit, Farbung nach Matiory-Srour. Fig. 8. Reticulumzelle und -bilkchen mit Fasern in Quer- und Liingsansicht vom Menschen. Fixation in Zenxer’scher Fliissig- keit, Farbung nach Hansen, ohne besondere Kernfarbung. Fig. 9. Elastisches Fasernetz in Randsinusbalkchen vom Igel. Fixation in Zenxer’scher Flissigkeit, Farbung mit WeicErT’s Resorcin-Fuchsin. Fig. 10. Reticulumzelle mit elastischer Faser, die bei @ im Querschnitt getroffen ist. Aus demselben Stiick wie Fig. 9. Fig. 11.. Randsinusbalkchen vom selben Stiick, 1 Stunde in Weicert’s Resorcin-Fuchsin, 12 Stunden in der Hansen’schen Pikro- Fuchsinmischung gefarbt. Zeigt die Lagebeziehung der elastischen (blauen) Fasern zu den eigentlichen (roten) Reticulum fasern. Jahresbericht der Medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft m Jena fiir das Jahr 1901 erstattet von Christian Giinge, d. Z. I. Vorsitzenden. I, Sitzungen. Im Jahre 1901 fanden 12 Gesamtsitzungen mit 13 Vortragen und 8 Sitzungen der Sektion fiir Heilkunde mit 22 Vortragen und Demonstrationen statt. A. Gesamtsitzungen. tl. Satzune jam 11. Januar, Herr Aversacu: Ueber Sandfiguren. 2.1 t Zn eam 1. be brua x: Herr ZreateR: Ueber Sporozoén und die Malaria. 38. Sitzung am 15. Februar. Herr F. Scuuutz: Ueber Stoffwechsel bei unzureichender Er- nahrung. 4. Sitzung am 3. Mai. Herr Wautuer: Ueber das Vorkommen des Mastodon in Thii- ringen und Franken. OAS lozume am 17. :>Mat. Herr Winketmann: 1) Ueber die Diffusion des Wasserstoffes durch Palladium. 2) Ueber den sprechenden elektrischen Lichtbogen. 188 Jahresbericht. 6. Sitzung am 7%. Juni. Herr Breprrmann: Ueber den Zustand des Kalkes in gewissen tierischen Geweben und Fliissigkeiten. 7. Sit aumo ame D: -Jai 1. Herr SrrauseL: Ueber Erdbeben. 8. Sitzunge am 19, Juli. Herr M. Marrues: Statistisches tiber die Syphilis. 9. Sitzung am 1. November. Herr Harcxet: Ueber Natur und Bedeutung der niedersten Organismen. 10. Sitzung am 15. November. Herr Putrricu: Ueber stereoskopisches Sehen, insonderheit zum Zweck astrophysikalischer Beobachtungen. 11. Sitzung am 29. November. Herr Brepermann: Ueber die Bedeutung von Krystallisations- vorgangen bei der Bildung der Skelette wirbelloser Tiere. 12. Sitzung am 13. Dezember. Herr Koutrer: Ueber die Steigerung der Leistungsfahigkeit des Mikroskops durch Verwendung kurzwelligen Lichtes. B. Sitzungen der Sektion fiir Heilkunde (Bericht erstattet von Herrn Privatdozent Dr. E. HERreEt). 1. Sitzung am 25. Januar. 1) Herr Gross: Ueber luétische Stenosen des Intestinaltraktus. 2), Ruirpex: Demonstrationen. 3) , Herren: Eine neue Farbung der Hornhautkorperchen. 2. Sitzung am 7. Februar. Herr Riepev: Ueber Sanduhrmagen. 3. Sitzune am 21. Februar. 1) Herr Grout: Ueber Metatarsalfrakturen. 2) ,, Srirzinc: Neurologische Demonstrationen. 3), Bryswancer: Ueber Hysterie mit Demonstrationen. 4) Riepet: Demonstrationen. ” 4. Sitzung am 7. Marz. 1) Herr Bryswancer: Demonstration hysterischer Aniasthesien. 2), Wacrenmann: Ueber hysterische einseitige Amaurose. 3) , Bereer: Ueber Gesichtshallucinationen Erblindeter (Demonstration und Experiment). Jahresbericht. 189 5. Sitzung am 13. Juni. 1) Herr Riepev: Demonstration eines Falles von Gelenkneuralgie. 2) ,, Groper: Ueber Tetanus chronicus mit Demonstration. 3) , Wacenmann: a) Exophthalmus pulsans. b) Noma der Thranensackgegend und des Lides. c) 3 Falle von Doppelperforation des Auges durch Schu8verletzungen. Gr pi tzu neem: Idee) ails: 1) Herr Riepen: a) Ueber operative Behandlung des Magen- geschwiires. b) Osteochondritis dissecans. c) Aneurysma arteriae popliteae. 2) , Srinrzinc: Ueber Lirrue’sche Erkrankung. 7. Sitzung am 5. December. 1) Herr Brnswancrer: Ueber hysterische Skoliose mit Demon- stration. 2) , Brreer: Ueber Hirntumoren mit Demonstration. 3) , SrromayEer: Ueber subcorticale illusorische Aphasie. 4) , Sommer: Ueber Nervenzelldegeneration bei Viraemie. 8. Sitzung am 19. December. 1) Herr Gross: Ueber Lymphadénocéle indigéne mit Demon- stration, 2) ,, Scuurrze: Fall von Achsendrehung des Uterus durch einen Ovarialtumor mit Demonstration. 3) ,, Riepen: Demonstration von Achsendrehung a) bei einem Netztumor, b) bei einem Mecxet’schen Divertikel. II. Bibliothekarischer Bericht, erstattet vom Bibliothekar K. K. Minumr. Zu den Gesellschaften, Redaktionen u. s. w., mit denen die Gesellschaft im Jahre 1900 Tauschverkehr unterhielt, kamen im Jahre 1901 keine neuen hinzu. Der Tauschverkehr umfaft also gegenwiartig 96 Gesellschaften und Redaktionen. Auferdem ging eine Anzahl von periodischen Veréffentlichungen und einzelnen Schriften teils als Geschenk, teils mit der Bitte um Tausch ein, ohne da auf letztere eingegangen werden konnte. Die Gesellschaft spricht fiir alle Schenkungen ihren Dank aus. Die Eingange wurden, den Satzungen entsprechend, der Universitats- bibliothek iiberwiesen. Es stellte sich demnach im Jahre 1901 die Liste der Gesell- schaften und Redaktionen, deren Veréffentlichungen die Medizinisch- naturwissenschaftliche Gesellschaft teils im Tauschverkehr, teils als Geschenk erhielt, folgendermafen: 190 Berlin rh) Bonn 9 Breslau Danzig Frankfurt a. M. Freiburg i. B. Giefen Halle Hamburg Heidelberg Helgoland Kiel Kassel Kénigsberg i. P. Miinchen Niirnberg Wirzburg ” Budapest Graz Krakau Prag ” Triest Jahresbericht. Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: Deutsches Reich. Deutsche Chemische Gesellschaft Centralblatt. Gesellschaft naturforsch. Freunde Sitzungsberichte. Naturhistor. Verein d. Rheinlande Verhandlungen. Niederrhein. Gesellschaft f. Natur- u. Heilkunde Sitzungsberichte. Schlesische Gesellschaft f. vater- landische Kultur Jahresberichte. Naturforschende Gesellschaft Schriften. Senckenberg. naturf. Gesellsch. Abhandlungen. . & % Berichte. Naturforschende Gesellschaft Berichte. Zoologische Jahrbiicher, Abt. fiir Systematik ete. Abt. fiir Ontogenie ete. Kaiserl. Leopold Carol. Akademie der Naturforscher Verhandlungen. Naturforschende Gesellschaft Abhandlungen. Thiiringisch - Sachsischer Natur- wissenschaftlicher Verein Zeitschrift. of Bericht. Naturwissenschaftlicher Verein Abhandlungen. Verhandlungen. ” Mor phologisches Jahrbuch. Biologische Anstalt : Wiss. Kommission z. Untemach Veréffentlichun- d. deutschen Meere ee Botanisches Centralblatt. Physikal.-dkonomische Gesellsch. Schriften. K. B. Akademie d. Wissensch., Math.-physik. Klasse ” +P] Abhandlungen. Sitzungsberichte. Festreden. Festschrift z. F.d. 50j. Bestehens. ” Aerztlicher Verein Physikalisch-mediz. Gesellschaft Sitzungsberichte. ” of Es Verhandlungen. Oesterreich-Ungarn. Ungar. Naturw. Gesellschaft Math.- nat. Be- richte. Naturw. Verein f. Steiermark Mitteilungen. Akademie der Wissenschaften Anzeiger. K. Béhmische Gesellschaft der Wissenschaften Sitzungsberichte. Jahresberichte. Societa Maration di Seine Natur. Bullettino. Bologna Florenz Mailand Neapel Caen Marueille Jahresbericht. 191 Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: Kais. Akad. der Wissenschaften, Math.-naturw. Klasse Denkschriften. is “ Sitzungsberichte. . zs Anzeiger. K. K. Geologische Reichsanstalt Jahrbuch. i. a Verhandlungen. - ms Abhandlungen. K. K. Zoolog.-botan. Gesellsch. Verhandlungen. Schweiz. Schweizer. Naturf. Gesellsch. Denkschriften. Verhandlungen. ” » ” Compte Rendu. Naturforschende Gesellschaft Mitteilungen. ” ” ” Institut National Genevois Balletin. e * _ Mémoires. Société de Physique et d’Histoire naturelle Mémoires. Italien. Accademia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna Memorie. s aa Rendiconti. Societa Botanica Italiana Nuovo Giornale. “ a 2 Bullettino. Societa Italiana di Scienze Naturali Atti. a " * m Memorie. R. Accademia delle Scienze Fisiche e Matematiche Atti. " i Rendiconti. Zoologische Station Mitteilungen. Societa Toscana diScienze Naturali Atti: 1) Memorie. B 7 vs - 2) Processi verbali. Laboratorio di Anatomia normale Ricerche. Archivio per le Scienze Mediche. R. Accademia delle Scienze Memorie. Atti. Osservazioni me- teorologiche. Ph 7 ” rh] Frankreich. Société Linnéenne de Normandie Bulletin. - - 2 Mémoires. Musée d’Histoire natur. (Zoologie) Annales. Faculté des Sciences Annales. Annales de l|’Institut Colonial. 192 Ort: Paris Briissel ” Léwen Liittich Amsterdam Nae ” ’s Gravenhage Haarlem Leiden Cambridge Edinburgh 95) 4 ” London Jahresbericht. Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: Musée d’Histoire naturelle Archives. Bulletins. ” ” L’Année Biologique. Société de Biologie Comptes Rendus. Société zoologique de France Mémoires. x Ke Bulletin. Archives de Zoologie expérimentale. 7 Belgien. Académie R. des Sciences, des Lettres et des Beaux Arts Bulletins. _ E Mémoires. a 3 Mém. couronnés (8°). i a Mém. cour. (4°). : . Annuaire. Société entomologique Annales. Mémoires. ” La Cellule. Archives de Biologie. Holland. K. Akademie van Wetenschapen, Wis- en natuurkundige Afdeel. Verhandelingen. - “ » Verslagen. e . » Jaarboek. K. Natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch-Indie Tijdschrift. Musée Teyler Archives. Nederlandsche Dierkundige Ver- eeniging Tijdschrift. Grofbritannien. Philosophical Society Transactions. x ” Proceedings. Royal Society Transactions. ‘ z Proceedings. R. Physical Society Proceedings. Linnean Society Transactions. * a Journal. x " Proceedings. R. Microscopical Society Journal. Royal Society Philosoph. Trans- actions. 2 x Proceedings. Ort: London Oxford Kopenhagen ” Christiania ” Stockholm Helsingfors ” Bd, XXXVI, N. F, XXIX, Jahresbericht. 193 Name der Gesellschaft oder der Redaktion: Royal Society Schriften: List of Members. Year Book. Reports to the Ma- laria Committee. Transactions. Proceedings. List of Fellows. "Annals and Magazine of Natural History. Quarterly Journal of Microscopical Science. Zoélogical Society ” ” Danemark. K. Danske Videnskab. Selskab Skrifter. Oversigt. Tycho “Brahe, De Nova Stella. ” ” ” ” ” ” Norwegen. Norske Medicinske Selskab ” n ” Forhandlinger. Norsk Magazin. Schweden. Nordiskt Medicinskt Arkiv. Svenska Likare Sallskap Hygiea. Forhandlingar. Handlingar. Bihang. Ofversigt. Lefnadstecknin- gar. Nova Acta. Bulletin of the Geolog. Instit. rm Lakare Forenings Forhandlingar. ” ” ” K. Svenska Vetenskaps-Akademie ” ” ” ” ” ” Kongl. Vetenskapssocietet Universitat Rufland. Finska Vetenskaps Societet Acta. Ofversigt. Bidrag till Kan- nedom of Finn- lands Natur och Folk. 4 Observations mé- téorolog. Exploration inter- nat. d. régions polaires. 13 ” ” ” DI ” ” 194 131) 132) 133) 134) 135) 136) 137) 138) Ort: Moskau ” St. Petersburg Jassy Halifax Montreal Ottawa Baltimore ” Boston > ” Cambridge ” n Chicago Granville (Ohio) St. Louis Jahresbericht. Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: Société Impériale des Naturalistes Bulletin. Nouveaux moires. Mémoires. Bulletin. Bibliotheque géo- log. de la Russie. Mé- ”) ” ub) Comité géologique ” 7 ” ” Akademie der Wissenschaften Bulletin. Institut Impér. de Médecine ex- périmentale Archives. Rumanien. Société des Médecins et des Na- turalistes Bulletin. Nordamerika. I. Canada. Nova Scotian Instit. of Science Proceedings and Transactions. Royal Society of Canada Proceedings and Transactions. Geolog. and Nat. History Survey of Canada Reports. si 5 Catalogue of Ca- nad. birds. II. Vereinigte Staaten. Johns Hopkins University Circulars. ” ” ” Bio- logical Laboratory Memoirs. Society of Natural History Memoirs. Ps : ss . Proceedings. i +: 3 Occasional Pa- pers. Mus, of Comparative Zodlogy Memoirs. ll oe 2 ‘4 - Annual Report. Bulletins. ” ” ” ” The American Naturalist. Academy of Sciences Bulletin of the Geol. and. Nat. Hist. Survey. Scientific Laboratories of Denison University Missouri Botanical Garden Bulletin. Annual Report. Ort: New Haven Philadelphia ) Washington Mexiko Santiago Cordoba S. Paulo Melbourne Sydney Tokio ” Jahresbericht. Name der Gesellschaft oder der Redaktion: Connecticut Academy of Arts and Sciences 195 Schriften: Transactions. The American Journal of Science. Journal of Comparative Medicine. Academy of Natural Sciences U. S. National Museum n ” ” ” ” ” Smithsonian Institution U. 8. Geological Survey ” ” ” ” ” +) III. Mexiko. Instituto geologico Stiidamerika. Ene bale; Deutscher wissensch, Verein Société scientifique du Chili Instituto de Hijiene Il. Argentinien. Academia Nacional de Ciencias Ill. Brasilien. Museu Paulista Australien. Royal Society of Victoria ” ” ” ” Royal Society of New South Wales ” ” 7 7 ” rh Linnean Soc. , , - = Australasian Association Japan. College of Science, Imperial Uni- versity Medicinische Universitat Fakultat der K. Proceedings. Bulletins. Special Bulletins. Proceedings. Report, Bulletins. Annual Reports. Monographs. Boletin. Verhandlungen. Actes. Revista. Boletin. Boletin. Revista. Proceedings. Transactions. Journal and Pro- ceedings. Abstracts of Pro- ceedings. Proceedings. Report. Journal. Mitteilungen. bo 196 Jahresbericht. Von den Schriften der Gesellschaft erschienen im Jahre 1901: 1) Jenaische Zeitschrift, Bd. XXXV oder N. F. Bd. XXVIII Heft 1/3 u. 4 und Bd. XXXVI oder N. F. Bd. XXIX Heft 1/2. 2) Denkschriften: Szmon, Forschungsreisen, Heft 19 u. 20, oder Denkschriften, Bd. VII, 3 und VI, 4. III. Kassenbericht. Der zweite Vorsitzende, Herr Watrner, legt den von Herrn THomAe gepriften Jahreskassenbericht vor. Durch die im vergangenen Jahre veréffentlichten Schriften ist der vorhandene Fehlbetrag wesentlich gewachsen. Der Bericht- erstatter hat gemeinsam mit den Mitgliedern der Tauschkommission und Herrn Harcxent Schritte gethan, um das Budget der Gesell- schaft zu ordnen. Nachdem Herr Verlagsbuchhandler Dr. Fiscnpr in hochherziger Weise die durch den Druck der letzten Hefte der Jenaischen Zeit- schrift fiir Naturwissenschaft entstandene Schuld yon 1288 Mk. annulliert hat und von anderer Seite ein gréferer Zuschuf8 in Aus- sicht steht, laft sich hoffen, da’ die Gesellschaft in der Lage ist, ihre Publikationen und ihren Tauschverkehr in der bisher geiibten Weise weiter fortzusetzen. In einer Sitzung des kommenden Jahres wird iiber den weiteren Gang der Verhandlungen Bericht abgelegt werden. IV. Vorstand, Tauschkommission, Mitglieder. Den Vorstand der Gesellschaft bildeten im Jahre 1901: Curist1AN GAnas, I. Vorsitzender, Jonannes Watrtuer, II. Vorsitzender u. Kassenwart, vom 1. Januar (Max FUrRBRINGER, ) , 1. April 4(JoHannes Wattuer,; Herausgeber der Zeitschrift, 82) dunt Frieprich Maurer, | Karu Konrap Miuuer, Bibliothekar. Die Tauschkommission bestand aus dem Vorstand und den Herren Gustav Fiscuer, Ernst Srauy, Apotr WINKELMANN. Die Wahl eines I. Vorsitzenden fiir das Jahr 1902 in der Schlufsitzung am 13. Dezember fiel auf Herrn BirpERMANN. Die anderen Mitglieder des Vorstandes wurden durch Zuruf wieder- gewihlt. Der Vorstand des Geschiaftsjahres 1902 hat demnach folgende Zusammensetzung : WitHeLtm Brepermany, I. Vorsitzender, JOHANNES Wauruer, II. Vorsitzender und Kassenwart, Frreprich Maursr, Herausgeber der Zeitschrift, Kart Konrap Miurr, Bibliothekar. Jahresbericht. 197 Tauschkommission: der Vorstand und die Herren Gustav Fiscupr, Ernst Srant, Apotr WINKELMANN. Im Jahre 1901 verlor die Gesellschaft durch den Tod zwei Mitglieder: Frieprich WirGmann, Apotheker und Rentier, Henry SeTteGAsT, o. Professor und Direktor der landwirtschaftlichen Lehranstalt. Augerdem schieden folgende Mitglieder aus: Herr Ftrperincer, » GRoss, » HILLMANN, » KUNNEMANN, » WERWORN. Neu aufgenommen wurden die Herren: Prof. Dr. Epusr, Dr. HerscukowitTscu, Prof. Dr. Immenporrr, Prof. Dr. Kionxa, Prof. Dr. Lerrzmany, Prof. Dr. Maurer, Dr. Nott, Prof. Dr. Scumipr. Die Gesamtzahl der Ehrenmitgleder und ordentlichen Mit- gheder betragt am Jahresschluf 1901 101. Mitgliederverzeichnis. Friihere Ehrenmitglieder waren: Jahr der Ernennung Karu Scuimeer (7 1867) 1855 Disrrich Gore Kisser (7 1862) 1857 Louis Sorer (f 1890) 1864 ALBERT VON Brzoup (7 1868) 1866 Tuomas Houxury (ft 1895) 1867 Marruias Jacosp ScHLEIDEN (7 1881) 1878 Oskar Scumipt (7 1886) 1875 CuarLes Darwin (7 1882) 1878 Franz von Riep (7 1895) 1892 I. Ehrenmitglieder. 1) Cart Grcensavr, Heidelberg 1873 2) Orromar Domricu, Meiningen 1892 3) Ernst Harcxen, Jena (1861) 1894 4) Bernuarp Sigismund Scuuutze (1858) 1897 198 Jahresbericht. II. Ordentliche Mitglieder. Jahr der Aufnahme 1) Prof. Dr. Ernst ABBE Jena 1863 2) Prof. Dr. Hermann AMBRONN +5 by wee 3) Prof. Dr. Fretix AUERBACH a 1889 4) Prof. Dr. Karu von Barpetesen, Hofrat a 1873 5) Dr. med. Hans Bereer, Privatdozent » 1898 6) Prof. Dr. Witnuetm Brepermann, Geh. Hofrat 5 1888 7) Dr. med. G. Binder, prakt. Arzt ».: 1800 8) Prof. Dr. Orro Biyswancer, Hofrat » 882 9) Dr. med. Fritz Bockr_Mann, Sanitaétsrat Rudolstadt 1875 10) Oberlandesgerichtsrat V. Bornern Jena 1900 11) Institutsdirektor BrauckMann Wenigenjena 1900 12) WitHetm Burz, Realschuldirektor a. D. Jena 1892 13) Dr. phil. Strcrrimp Czapsxt, Fabrikleiter a 1885 14) Prof. Dr. BrertHuotp DELBRtcK . 1885 15) Prof. Dr. WitHELM DetTMER 3 1875 16) Prot. Dr Carn’ Dova = 1899 17) Prone PAaun Dupen 1894 18) Prof. Dr. Witnetm Ener - 1901 19) Dr. Heinrich Eaeerine, Geh. Staatsrat, Uni- versitats-Kurator bs 1887 20) Dr. med. Gustav Ercuuorn, prakt. Arzt a) Lo 21) Prof. Dr. Hermann Enceiuarpt, Med.-Rat FS 1888 22) Dr. med. Frrpie, Oberstabsarzt 3 806 23) Dr. Gustav FiscuEr, Verlagsbuchhindler » uses 24) Prof. Dr. Fraisse 2 1899 25) Heinricw Frirss, Privatgelehrter 1900 26) Prof. Dr. Gorrtop Frcs a 1874 27) Dr. Curistian GAnexr, Privatdozent +3 1875 28) Prof. Dr. Aucust GArtnrer, Geh. Hofrat 3; L886 29) Dr. Ernst Gissez, prakt. Arzt, Privatdozent . 1893 30) Prof. Dr. Grore Goérz, Geh. Hofrat 5 8ss 31) Dr. Karu Grar, prakt. Arat ‘ 1898 32) Dr. med. Grosper, Privatdozent » 1899 33) Dr. med. Grom, Privatdozent g 1899 34) Prof. Dr. Ferprnanp Gumprecut, Med.-Rat Weimar 1892 35) Prof. Dr. August GuTzMER Jena 1899 36) Dr. med. Ernst Herren, Privatdozent - 1898 37) Dr. HerscukowiTscu i 1901 38) Prof. Dr. Hersricn IMMENDORFF > Od 39) Prof. Dr. Jonannes Kesseu - 1886 10) Prof. Dr. Heinricny Kionxa < 1901 41) Prof. Dr. Orro Knorr = 1889 42) Prof. Dr. Lupwia Knorr, Geh. Hofrat z 1889 43) Rupo.try Kocu, Bankier 1893 44) Witnetm Kocu, Bankier » ), Love 45) Dr. phil. Kouner » _ 1900: 46) 47) 48) 49) 50) 51) 52) 53) 54) 5D) 56) 74) 75) 76) 77) 78) 79) 80) 81) 82) 83) 84) 85) 86) 87) 88) 89) 90) Jahresbericht. Dr. Kart Korescu, Gymnasiallehrer Dr. phil. Orro Lemmrermann. Privatdozent Prof. Dr. AtBrerT LEITZMANN Prof. Dr. Gorritop Linck Hermann Maser, Rechtsanwalt C. Marrues, Apotheker, Rentier Dr. phil. Hermann Marrues, Privatdozent Prof. Dr. Max Martrues Prof. Dr. Frreprich Maurer Prof. Dr. Wituetm Mitiurr, Geh. Hofrat Dr. phil. Kart Konrap Mi.uer, Direktor der Univ.-Bibliothek Dr. med. Atrrep Nou, Privatdozent Dr. phil. Max Pavry, Fabrikdirektor a. D. Ernst Preirrer, Institutsdirektor Ernst Pixrz, Institutslehrer Gorru. Prissine, Fabrikdirektor Dr. phil. Kart Pourricu Dr. phil. Paut Rags, Privatdozent Prof. Dr. Bernnarp Rinper, Geh. Med.-Rat Dr. phil. Pau, Rrepen Prof. Dr. Epuarp RosentTHAL Dr. phil. Lro Sacusz, Gymnasiallehrer a. D. Prof. Dr. Scumipt Dr. phil. Orro Scuorr, Fabrikleiter Dr. med. Morirz Scuutrsss, Stabsarzt Pavut Scuurrze, Oberinspektor Dr. phil. Leo Scuutrzr, Privatdozent Prof. Dr. Frispricn ScHuiz Prof. Dr. Morirz Sume., Geh. Med.-Rat Dr. med. Lucas Sizpert, prakt. Arzt, Med.-Rat Dr. Srepentorr Prof. Dr. Fenix Skutscu Prof. Dr. Ernst Sranu Prof. Dr. Roprericu Stinrzine, Hofrat Dr. phil. Heryricu Sroy, Privatdozent, Instituts- direktor Prof. Dr. Rupotr SrrauBeL Dr. R. Teuscuer, Arzt, Privatgelehrter Prof. Dr. Jouannes THoman, Geh. Hofrat Dr. med. RicHarp THom# Prof. Dr. Aucust THon, Geh. Justizrat Dr: phil, H.. Torcx Aveust Voer, Landkammerrat Prof. Dr. August WaGENMANN Prof. Dr. JoHannES WaLTHER Dr. med. Weinert, prakt. Arzt 199 Jahr der Aufnahme Jena 1891 1900 1901 1894 1895 1896 1900 1891 1901 1865 1891 1901 1897 1887 1893 1890 1891 1899 1889 1893 1897 1876 1901 1882 1896 1879 1899 1898 1864 1881 1900 1884 1881 1830 1877 1894 1873 1879 1900 1896 1900 1897 1892 1886 1897 200 Jahresbericht. Jahr der Aufnahme 91) Prof. Dr. Aponr Winkenmann, Geh. Hofrat - Jena 1886 92) WitHeLm Winger, Privatgelehrter i LSS 93) Prof. Dr. Apoue WirzEL » 1893 94) Prof. Dr. Lupwig Wo.rr » 1892 95) Prof Dr. Hetnrtch Ernst Z1eGLEer a See 96) Dr. ZscHImMER ft SL SOO 97) Dr. Ricnarp ZsigGMONDy » |) 2887 Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2315 Verlag von Gustav Fiseher in Jena. Soeben erschienen : Korschelt, E., Prof. in Marburg und Heider, K., Prof. in Innsbruck, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der SOOO ST wirbellosen Tiere. Allgemeiner Teil. Erste Lieferung. Erste und zweite Auflage. Mit 318 extabbildungen, 1902. Preis: 14 Mark, , 5 ee e h Kurzes Lehrbuch der Gynikologie, (args Prof. Dr. Kiistner in Breslau, bearbeitet von Prof. Bumm in Basel, Prof, Déder- lein in Tibingen, Prof. Gebhard in Berlin, Prof. von Rosthorn in Graz und dem Herausgeber. Mit 260 Abbildungen im Text, 1901. Preis: brosch, 6 Mark, elegant gebunden 7 Mark 50 PY. Deutsche med. Wochenschrift v. 26./IX, 1901: Hin solches Lehrbuch war thatsichlich ein Bediirfnis, Dass ein Buch, welches von fiinf Klinikern mit so hervorragenden Erfolgen als Schriftsteller, Lehrer und Praktiker bearbeitet und herausgegeben ist, allen Anforderungen entspricht, ist selbstver- stindlich, Sehr zweckmiassig gerade fiir den Studenten sind die einge- streuten, kurz abgefassten Krankengeschichten. Die Ausstattung des Buches ist eine sehr gute, die Abbildungen vorziiglich, grossenteils original, der Preis ein sehr miassiger. Lehrbuch‘ der inneren Medizin. set, 2%, ? 83 Prof. Dr. Gumprecht, Weimar; Prof. Dr. W., His jun., Leipzig; Prof. Dr. Klemperer, Berlin; Prof. Dr. Kraus, Graz; Prof. Dr. Krehl, Greifswald; Prof, Dr. Matthes, Jena; Prof. Dr. v. Mering, Halle a. S.; Prof. Dr. Minkowski, Koln; Prof. Dr. Moritz, Miinchen; Prof. Dr. Miller, Basel; Prof. Dr. Romberg, Marburg; Prof. Dr, Stern, Breslau; Prof. Dr. Vierordt, Heidelberg, herausgegeben von Prof, Dr. von Mering, Halle a. S. Mit 207 Abbildungen im Text. Preis: brosch. 12 Mark, gebunden 14 Mark. New-Yorker Medic, Monatsschrift. v, November 1901: Vie einzeinen Abscbnitte sind klar und erschdéptend behandelt, die Einteilung des Gesamtstoffes ist eine sehr iibersichtliche, wozu besonders der verschiedenartige Druck bei- iragt. Die zahlreichen Abbildungen sind durchweg vorziiglich ausgefuhrt und erleichtern in hohem Grade das Verstandnis des ‘lextes, Auch die sonstige Ausstattung von seiten des Veriegers ist als eme vorzigliche zu bezeichnen, ee ee ee Das v. Mering’sche Lehrbuch der inneren Medicin ist ein vorziigliches Werk und daher sehr emptehlenswert; es wird ohne Gweifel in kirzester Zeit eime grosse Ausbreitung erlangen und sich viele Freunde erwerben. Centralbl], f. d. Grenzgeb. Bd. IV, H. 20 v. 31. X. 1901: Kin durchaus originelles Werk, welches in gleicher Form und Darstellung noch nicht existiert. Ich habe mit grossem Vergniigen das Buch durechgegangen und bin von der Dar- stellung des Stoffes, welche in erster Linie fiir den Studenten und Praktiker berechnet ist, in hohem Grade befriedigt. Es ladsst sich das fiir den Studierenden Notwendige kaum mehr in einem Lehrbuche zusammendringen, ohne dass die Kiirze unangenehm auffallen wiirde, Durch reichliche Beniitzung kleinen Druckes wird die Uebersichtlichkeit sehr gefordert. Zahlreiche schéne Abbildungen werden dem Leser sehr willkommen sein. Der unverhiltnismissig niedrige Preis des Werkes (12 Mark!) diirfte mit dazu bei- tragen, dasselbe zu einem beliebten Lehrbuche zu machen. Die Ausstattung ist tadellos. Skutsch Dr. Felix, Professor an der Universitit Jena, Geburtshilfliche ? Operationslehre. it 145 Abbildungen im Text. 1901. Preis: brosch. 8 Mark, geb. 9 Mark. Deutsche med. Wochenschrift, 1901, No. 38: : kts war ein direktes Bediirfuis, die neueren und neuesten Methoden nach Indikationen und Technik zusammenfassend und ausfiihrlicher, als dies in einem Lehrbuch der gesamten Geburtshilfe méglich ist, behandelt zu sehen, Diese Aufgabe ist in Skutsch’s Werk in der dem Autor eigentiimlichen ruhigen, klaren und griindlichen Darstellungsweise erfolgreich geldst. Das durch Inhalt und Ausstattung gleich empfehlenswerte Werk sollte in der Bibliothek SL SY jedes Praktikers seinen standigen Platz neben dem Lehrbuch der Geburtshilte haben, een aes Verlag von Gustav Fiseher in Jena. Ver orn Max, Dr. med. et phil., 0. Professor der Physiologie aq der Universitat W ) Gottingen, Allgemeine Physiologie. Ein Grundriss der Lehre vom Leben. Dritte neu bearbeitete Auflage. Mit 295 Abbildungen. 1901. Preis: brosch. 15 Mark, gebunden 17 Mark. Soeben erschien : Weismann, Prof. August, Vortriige iiber Descendenztheorie, ge- halten an der Universitit Freiburg i. B. Mut 3 farbigen Tafein und 131 Textfiguren. 2 Bande. Preis: 20 Mark, elegant geb, 22 Mark 50 Pf. Inhalt: Allgemeine und historische Einleitung. — Das Prinzip der Naturziichtung. — Die Farbungen der Tiere und ihre Beziehungen auf Selektionsvorginge. — Eigentliche Mimiery. — Schutzvorrichtungen bei Pflanzen. — Fleischfressende Pflanzen, — Die In- stinkte der Tiere. — Lebensgemeinschaften oder Symbiosen. — Die Entstehung der Blumen, — Sexuelle Selektion. — Intraselektion oder Historalselektion. — Die Fortpflanzung der Einzelligen, — Die Fortpflanzung durch Keimzellen. — Der Befruchtungsvorgang bei Pflanzen und Einzelligen. — Die Keimplasmatheorie. — Regeneration. — Anteil der Eltern am Aufbau des Kindes. — Priifung. der Hypothese einer Vererbung funktioneller Abanderungen. — Einwiirfe gegen die Nichtvererbung funktioneller Abainderungen. — Germinalselektion. — Biogenetisches Gesetz, — Allgemeine Bedeutung der Amphimixis, — Inzucht, Zwittertum, Parthenogenese und asexuelle Fortpflanzung und ihr Hinfluss auf das Keimplasma, — Mee dium-Einfliisse. — Wirkungen der Isolierung. — Bildung abgegrenzter Arteo, — Arien- entstehung und Artentod. — Urzeugung und Schluss, 1 | Dr. Heinrich Ernst, Professor an der Universitit Jena, Ueber den Lieg er, derzeitigen Stand der Descendenzlechre in der Zoologie. Vortrag gehalten in der gemeiuschattlichen Sitzung der naturwissenschaftlichen Haupt- gruppe der 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg am 26. September 1901, mit Anmerkungen und Zusitzen herausgegeben. Preis: 1M. 50Pf. Soeben erschien: Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgesehichte der niederen Wirbeltiere in systematischer Reihenfolge und mit Be- ricksichtigung der experimentellen Embryologie. Mit 327 Abbildungen im Text und einer farbigen Tafel. Preis: 10 Mark. - x Verlag von Gustav Fischer in. in Jena 3 eo, . [] aturwissenschattliche Wochenschriif + +> - Berausgegeben von Prof. Dr. . Potonié und Oberlehrer Dr. F. Koerber in Grossliciterfelde-W. b. Berlin == Preis vierteljdhrlici 1 Mark 50 Pig. == (m= Trotz des reichen Inhalts der Zeitschrift ist der Preis so billig angesetzt worden, um jedem zu ermoglichen, seine =—% Taturwissenscialflicie Zeitsciriit sict selbst zu halfen. Probenummern durct jede Buchhandlung oder von der Verlagsbuchhandlung unentgeltlidi zu beziehen. ~ Diesem Hefte liegt ein Prospekt der Verlagsbuchhandlung Wilhelm Engel- mann, Leipzig, betr. * Ostwald’ Klassiker der exakten Wissenschaften* und der Verlagsbuchhandlung Gustay Fischer, Jena iiber ,,Archiv fiir Protistenkunde“ bei, welche geneigter Beachtung empfohlen werden. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2515 Sa a Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAET Hone medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Siebenunddreissigster Band. Neue Folge, Dreissigster Band. Zweites Heft. Mit 9 Tafeln und 16 Abbildungen im Text. Taveheauliti: MULLER, ERNST, Zur Statistik der Aneurysmen. LUBOSCH, WILHELM, Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritonen- | eies nebst Betrachtungen iiber das Wesen der Eireifung. Hierzu Tafel” XII—XVI. HACKER, VALENTIN, Ueber das Schicksal der elterlichen und grosselter- lichen Kernanteile. Morphol. Beitrage zum Ausbau der Vererbungs- lehre. Hierzu Tafel’ XVII—XX und 16 Figuren im Text. Preis: 18 Mark. iN /' Jena, j | | Verlag von Gustav Fischer. } | 1902. | : _ =e an die Redaktion erbittet man durch die ee ee ee end lune, Ausgegeben am 31. Oktober 1902. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: | Auerbach, Dr. Felix, Prof. an der Universitat Jena, Die Weltherrin und ihr Schatten. kin Vortrag iiber Energie und Entropie. Preis: 1 Mark 20 Pf. Dr. Emil, a. o. Professor der Anatomie an der Universitat Greifswald, Ballowitz, Das elektrische Organ des afrikanischen Zitter- welses (Malopterurus electricus Lacépéde), Mit 7 lithographischen Tafeln und 3 Holzschuitten im Text. 1899. Preis: 24 Mark. Benedikt, Ft Ds =, Win, Das blomechanisehe (net aa aameaes Denken in der Medizin und Biologie. Preis: 1 Mark 50 Pf. Blochmann, Dr. Friedrich, Professor an der Universitat Tiibingen, Unter- suchungen tiber den Bau der Brachiopoden. Erster Teil, Mit 7 ‘ateln und 7 Blatt Erklarungen. 1892. Preis: 25 Mark. Zweiter Teil. Die Anatomie von Discinisca Lamellosa (Broderip) und Lingula Anatina Bruguiére. Mit einem Atlas von 12 lithographischen Tafeln und 14 Abbildungen im Text. 1900. Prais: 30 Mark. Preis fiir das vollstiindige Werk: 55 Mark. Boveri, Dr, Theodor, Professor an der Universitat Wiirzburg, Zellen-Studien. Heft I. Die Bildung der Richtungskérper bei Ascaris megalocephala und Ascaris lumbricoides, (Aus dem Zoologischen Institut zu Miinchen,) 1887, Mit 4 lithographischen Tafeln, Preis: 4 Mark 50 Pf. — Heft II. Die Befruchtung und Teilung des LEies von Ascaris megalocephala. (Aus dem Zoologischen Institut zu Miinchen,) 1888, Mit 5 lithographischen Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. — Heft Ill, Ueber das Verhalten der chromatischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungskérper und bei der Befruchtung. 1890. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis: 4 Mark, — Heft IV. Ueber die Natur der Centrosomen, 1901. Mit 8 lithographischen Tafelu und 3 Textfiguren, Preis: 15 Mark, Das Problem der Befruechtung. Mit 19 Abbildungen im Text. 1902. Preis: 1 Mark 80 Pf. Soeben begann 3u erjceinen: Chun Gort, Aus dew Tiefen des Weltmeeres. Sailoerungen von ver Y deutfcjen Sieffee- Expedition. Wit 6 Chromolithographien, 8 Heliograviiren, 32 al Tafeln gedructter Vollbildern, 2 Karten und eta 400 Abbildungen im Lert. Bweite, dure) nene Ubbildungen und neuen Text vermehrte Wuflage. Preis des vollftindigen WerfeS brofdiert 18 Mtarf, elegant gebunden 20 Mart. Das Wert erfcjeint zundchft im 12 Gieferumgen im PBreife von 1 Ptarf 50 Pf. und wird im Oftober d. S. fertig vorliegen. WAusfithrlide Profpette durch jede Suchhandlung zu erhalten. Soeben erschienen : Dr. Emil Freiherr, Privatdozent an der Univ. Freiburg i. B., von Dungern, Die Antikérper. Resultate friiherer Forschungen und neue Versuche. Mit 2 Abbildungen und 8 Kurven, Preis: 2 Mark 50 Pf, von Furth, Dr. Otto, Privatdozent an der Universitit Strassburg i. E., Ver- gleichende chemische Physiologie der niederen Tiere. Preis: 16 Mark. Hacker Dr. Valentin, a. o. Professor in Freiburg i. Br., Der Gesang der } Vogel, seine anatomischen und biologischen Grundlagen. Mit 18 Ab- bildungen im Text. 1900. Preis: 3 Mark. Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre. Mit 187 Abbildungen im ext. 1899, Preis: brosch. 7 Mark, geb. 8 Mark. rar 1903 Zur Statistik der Aneurysmen. Von Ernst Miiller. Die altere Litteratur tiber die Aneurysmen ist wesentlich kasuistischer Natur und findet sich in den Sammelwerken von Bonet, MorGaGnt und namentlich in der deutschen Bearbeitung von ScaRPA’s Pulsadergeschwiilsten durch HAartes. Hatte der Einzelne eine groéfere Zahl von eigenen Beobachtungen, so lag es nahe, sie in statistischer Richtung zu verwerten, allerdings auf die Gefahr hin, da die Statistik, je nachdem die Unterlage auf einer vor- wiegend inneren oder vorwiegend chirurgischen Praxis beruhte, der Einseitigkeit verfiel. Ein gutes Beispiel hierfiir liefert die an sich zuverlassige Statistik von Hopgson, in welcher 29 Aorten- aneurysmen 27 Aneurysmen der Schenkel- und Knie- und 7 der Carotis- und Achselarterien gegentiberstehen, wihrend die tbrigen Arterien leer ausgehen. Ein richtiges Bild der thatsachlichen Verhaltnisse kann die Benutzung der Litteratur gewihren, voraus- gesetzt, da alle beobachteten Aneurysmen auch zur Verdffent- lichung gelangen. Aber schon diese Voraussetzung trifft nicht zu. Dazu kommt, daf ein grofer Teil der inneren Aneurysmen der Diagnose waihrend des Lebens sich entzieht, welcher die auSeren Aneurysmen verhialtnismabig leicht zuginglich sind. Ferner hat fiir die Chirurgen die Frage nach dem Erfolg der Heilmethode ein unmittelbares Interesse, infolge davon ist die Zahl der von ihnen ver6ffentlichten Falle von jeher unverhaltnismafig grof. Eine Statistik, welche sich lediglich oder doch vorwiegend auf die Litteratur stiitzt, lauft unter diesen Umstinden Gefahr, daB sie den Aneurysmen duferer Arterien eine Haufigkeit zuschreibt, welche ihnen in Wirklichkeit nicht zukommt. Vollends ein Spiel des Zufalls wird eine Statistik, welche auf die in den Sammlungen vorhandenen Praparate sich beruft. Dieser Art ist die an sich sehr sorgfaltige, der englischen Litteratur und den englischen Museen entnommene Statistlk von Crisp. Auf Grund von 551 Beobachtungen giebt er folgende Haufigkeitsskala der Aneurysmen: Bd. XXXVII. N. F, XXX, 14. 202 Ernst Miller, Aorta thorac. 175 Cerebralis 2 Poplitea 134 Pulmonalis 2 Femoralis 66 Anon. iliaca 2 Aorta abd. 59 Glutaea Pp Carotis 25 Tibialis post. 2 Subclavia 23 Temporalis 1 Anonyma 20 Ophthalmica 1 Axillaris 18 Subscapularis 1 Tliaca femor. 9 Brachialis 1 Basilaris 5 Von 46 Fallen waren Altersangaben nicht vorhanden. Die iibrig bleibenden 505 Falle verteilen sich auf die einzelnen Alters- stufen, wie folgt: 1 1Or Sahel 51.—60. Jahr 65 11,20; »::,, a 61.—70._ ,, 25 21.—30._ ,, vial 71.—80. _, 8 381.—40. , 198 - .tuber’ 80 ,.. 3 41.—50. , 129 Den 234 Aortenaneurysmen stehen auch bei Crisp 203 Aneu- rysmen der Schenkel- und Kniearterien gegentiber, wahrend die Gehirnarterien nur mit 7, die Lungenarterien mit 2 Beobachtungen registriert sind. Auffallend ist die Ungleichheit der Beteiligung der beiden Geschlechter an den Aneurysmen der einzelnen Arterien. Wahrend von den 234 Aneurysmen der Aorta, der Lungen- und Gehirnarterien 1/,, von den 3808 auferen Arterien rund 1/, auf das weibliche Geschlecht entfallen, ist fiir die Carotis das Ver- haltnis nahezu gleich. Die amtliche Registrierung der Todesursachen haben SouLe fiir St. Franzisco und Lipexu fiir New York zu einer Haufigkeits- statistik der Aneurysmen benutzt, beide mit dem gleichen Resultat einer gréferen Haufigkeit bei der eingewanderten Bevélkerung. Daf den amtlichen Veréffentlichungen der Todesursachen genauere An- gaben nicht entnommen werden kénnen, folgt ohne weiteres aus der Art, wie sie zu stande kommen. Zuverlissigere Resultate, die aber nur fiir die betrefiende Volksklasse gelten, geben die Erkrankungs- und Sterblichkeitslisten des Militairs. Sie haben namentlich in England in mehrfacher Hinsicht Verwertung gefunden. Myers und Lawson haben die unverhaltnismafige Haufigkeit von Aneurysmen in der englischen Armee betont. WerxtcH hat 34 Falle von Aortenaneurysmen mit einem Durchschnittsalter von 32 Jahren, wobei die Extreme nur zwischen 26 und 42 Jahren schwanken und die mittlere Dauer Zur Statistik der Aneurysmen. 203 der Erkrankung 1 Jahr 1 Monat betragen hat, dazu beniitzt, um der Frage des Einflusses der Syphilis auf die Bildung von Aneu- rysmen naher zu treten. In 65 Proz. der Falle betrafen die Aneurysmen mit Syphilis Behaftete. Den durchschnittlichen Verlust an Tod und Invaliditat durch Aortenaneurysmen berechnet er fiir die englischen Garnisonen zu 5,5, fiir die Mittelmeergarnisonen zu 5,0, fir Indien zu 4,7 auf 100000 Mann pro Jahr. Die Frage nach der Haufigkeit der Aneurysmen bei der an Zahl weit tiberwiegenden Civilbevélkerung, welche itiberdies aufer den mittleren auch die jiingeren und hoéheren Altersstufen und die beiden Geschlechter in sich begreift, bleibt dabei offen. Ihrer Lésung ist, auf Veranlassung BoLLINGER’s, Orto EMMeE- ricH fiir die Stadt Miinchen naher getreten. Mit Recht macht er darauf aufmerksam, da den Statistiken, wie sie von Crisp, Bizort, LEBERT u. a. veréffentlicht worden sind, die einheitliche Basis fehlt, auf welche die mitgeteilten Zahlen zuriickbezogen werden kénnen. Dem Einwand, daf ein grofer Teil der inneren Aneu- rysmen der Beobachtung wahrend des Lebens sich entzieht, be- gegnet er durch Bentitzung des Sektionsmaterials des Miinchner pathologischen Institutes. Nur die inneren Aneurysmen sind berticksichtigt. Unter 8669 Sektionen fanden sich im Zeitraum von 181/, Jahren 58 Aneurysmen. Rechnet man die von EMMERICH in Prozenten angegebenen Zahlen auf absolute Zahlen um, so ergeben 5182 Manner 39, 3486 Frauen 19 Aneurysmen. Fiir das Gesamtmaterial giebt dies ein Prozentverhaltnis von 0,67, fiir das mannliche Geschlecht von 0,75, fiir das weibliche von 0,54. Die Aorta stellte 84, der Truncus anonymus 3, die tibrigen Arterien (vertebralis, carotis interna, communicans posterior, lienalis, mes- enterica superior, renalis dextra, intercostalis dextra) 13 Proz. aller Aneurysmen. Die Verteilung auf Alter und Geschlecht war folgende: Alter Zahl der M. W. Aneurysmen =O — — on 10—20 — — — 20—30 il 1 — SO) ri 6 1 A0—50 16 14 2 5O—60 16 10 6 60—70 1 5 6 7O—80 5 3 yy iiber 80 2 — 2 58 39 NY) 14* 904 Ernst Miller, Das fiihrt zu folgender prozentischer Beteiligung der beiden Geschlechter: M. 67,2 Proz., W. 32,8 Proz. EmmeEricn findet die erdBte Haufigkeit der Aneurysmen in dem Alter von 40—60 Jahren. Das weibliche Geschlecht findet er stirker beteiligt als in allen friiheren Statistiken und schreibt dies dem Umstand zu, da8 die Frauen in Miinchen zu anstrengenderen Arbeiten herangezogen werden als anderwirts. Der Wert der Emmericnu’schen Statistik wiirde noch gewonnen haben, wenn die Verteilung des gesamten Beobachtungsmaterials, nicht nur die der Aneurysmen auf Alter und Geschlecht ersicht- lich gemacht worden ware. Die Tabelle giebt nur Aufschluf iiber die Beteiligung der beiden Geschlechter nach den einzelnen Jahren ohne Riicksicht auf das Alter. Die Resultate geben zu dem Zweifel Anlaf, ob sie ein rich- tiger Ausdruck der thatsachlich in der Gesamtbevélkerung be- stehenden Verhiiltnisse sind. Daf den 58 inneren Aneurysmen keine iiuferen zur Seite stehen, laft sich am Ende daraus erkliaren, da8 nur die ersteren beriicksichtigt werden sollten. Aber auch dies zugegeben, bleiben die fiir die inneren Aneurysmen gefundenen Verhaltniszahlen auffallend, und namentlich die unverhaltnismafig geringe Zahl von intracraniellen und von Lungenarterien-A neurysmen legt das Bedenken nahe, ob nicht das wesentlich aus Kranken- haiusern kommende Beobachtungsmaterial ein einseitiges Bild ge- liefert hat. Die Bedenken werden verstirkt, wenn man beriick- sichtigt, da, worauf schon bei einer anderen Gelegenheit*) hin- gewiesen worden ist, fiir den auch hier in Frage kommenden Zeitraum die Sektionen des Miinchener pathologischen Institutes nur etwa 9 Proz. der tiberhaupt in Miinchen Verstorbenen um- fassen. Auf HeLLEerR’s Veranlassung hat Ernst Bosporrr eine Sta- tistik der Aneurysmen ver6ffentlicht, welche wihrend der 16 1873—1888 umfassenden Jahre von dem pathologischen Institut der Universitat Kiel beobachtet worden sind. Die Zahl der Sek- tionen betriigt 5353, darunter 959 Sauglinge und 1286 Personen bis zum 20. Lebensjahr. Da erfahrungsgeméf Aneurysmen vor 1) W. Méttier, Zur normalen und pathologischen Anatomie des menschlichen Wurmfortsatzes. Jenaische Zeitschrift, N, F. Bd. 24, 1897. Zur Statistik der Aneurysmen. 205 dem 20. Jahr auferst selten vorkommen (unter den 5353 Sek- tionen nur 1 Fall von 18 Jahren), zieht Bosporrr letztere von der Gesamtzahl ab und erhalt so 3108 Personen iiber 20 Jahre, darunter 93 mit Aneurysmen = 3 Proz. Von den Sezierten waren 59 Proz. M., 41 Proz. W., von den mit Aneurysmen Behafteten 55 Proz. M. und 44,5 Proz. W. Rechnet man die Prozentzahlen in absolute Zahlen um, so erhalt man 1834 M. mit 52 und 1274 W. mit 41 Aneurysmen, fiir das mannliche Geschlecht einen Prozent- satz von 2,8, fiir das weibliche von 3,2. Von den Leichen kamen auf das Alter von 20—-30 Jahren 11 Proz. mit 6 Aneur. — 6,7 Proz. 31—40 eds | So anes =H NY res 41 — 50 ” 11 ” ” 8 ” ac 8,9 ” 51—60 B Si, Sel Gs We esd 61—70 . oe eee ee, 71—80 ; De ag RH ae == 00) tiber 80 _ Pe er —— eh, eee Die Verteilung auf die einzelnen Arterien war folgende: Kleine Gehirnart. 35 Art. cerebri post. 1 Aorta 28 » gastroepipl. 1 Art. cerebr. med. 9) » hepatica 1 » lienalis a » epigastr. 1 » vertebr. 4 » circumflexa ilei 1 » earotis int. 3 » pulmon. 1 >) basilar. 2 Ductus arter. 1 » anonyma 2 Art. femoralis 1 » mesenter. 2 » poplitea 1 yt cerebri ant: 1 Die Ergebnisse seiner Statistik fait Bosporrr dahin zu- sammen, dali Aneurysmen vor dem 20. Lebensjahr auferst selten sind, bei 3 Proz. aller tiber 20 Jahre Alten in geringer und in den verschiedenen Altersklassen annihernd gleicher Haufigkeit bis zum 50. Lebensjahr sich finden, worauf die Zahl progressiv steigt und nach dem 70. Lebensjahr ihren Hohepunkt erreicht. Am hanfigsten finden sich Aneurysmen an den Arterien des Schadelinhaltes. Die Bedenken, welche einer Uebertragung der EMMEriIcnH’schen Statistik auf die Gesamtbevélkerung von Miinchen entgegenstehen, gelten auch fiir die Uebertragung der Bosporrr’schen Statistik auf die Bevélkerung der Stadt Kiel. Die Stadt Kiel hat wahrend der 16-jahrigen Beobachtungszeit ihre Bevélkerung von rund 206 Ernst Miller, 30000 auf rund 50000 Einwohner vermehrt. Dieser Einwohner- zahl steht eine durchschnittliche Sektionszahl von 334 gegeniiber. Die Gefahr liegt unter diesen Umstinden nahe, daf die Statistik, weil der Ausgleich durch die auSerhalb der Spitaéler und Pfriindner- anstalten Verstorbenen ungentigend ist, eine einseitige wird. Zu ferneren Bedenken giebt die Art der Verwertung der erhobenen Thatsachen Anlaf. Die Elimination des bei einem 18-jihrigen Zimmerlehrling beobachteten Falles ist wohl kaum zulassig. Falle von Aneurysmen in jimgeren Jahren sind in der Litteratur zur Gentige verzeichnet ; wer sie nicht beriicksichtigt, lauft Gefahr, da’ er die Willkiir an Stelle der Wissenschaft setzt. Vergleicht man die Angaben auf S. 6 und 7 der Abhandlung mit den Angaben der auf S. 12 beginnenden Liste der einzelnen Falle und sucht man auf deren Grund zuverlassige Verhaltniszahlen zu gewinnen, so stellt sich heraus, daf die auf S. 6 und 7 befindlichen Zahlenangaben wenig- stens zum Teil falsch sind. Auf Anregung meines Vaters, Direktors des pathologischen Institutes der Universitat Jena, habe ich die Haufigkeit der An- eurysmen, ihre Verteilung auf die verschiedenen Lebensalter, die beiden Geschlechter und die einzelnen Arterien festzustellen ge- sucht, wie sie aus den Protokollen der vom Jahre 1865 bis zum Jahre 1900 in Jena vorgenommenen Sektionen sich ergiebt. Zur Orientierung schicke ich der Mitteilung der Thatsachen folgende Bemerkungen voraus. Alle, auch die privaten Sektionen werden von dem patho- logischen Institut der Universitat Jena grundsitzlich unentgeltlich vorgenommen. Dadurch ist es gelungen, die auferhalb der Kli- niken Verstorbenen in gréferem Makstabe zu den Sektionen heran- zuziehen, so daf das Verhaltnis der in Jena Verstorbenen, welche seziert werden, zu den tiberhaupt Verstorbenen rund 80 Proz. betragt. Unter Aneurysmen sind alle die normalen Schwankungen augenfallig iiberschreitenden lokalen Erweiterungen der Arterien verstanden, gleichviel ob eine Unterbrechung der Elastica sich hat nachweisen lassen oder nicht. Die Statistik umfaBt demnach sowohl Dilatations- als Rupturaneurysmen. Nicht inbegriffen sind die seit LAENNEC als dissezierende bezeichneten Aneurysmen. Das Beobachtungsmaterial umfaft 10360 Sektionen, sie ver- teilen sich auf Alter und Geschlecht in folgender Weise: Zur Statistik der Aneurysmen. 207 Alter M. W. O 462 409 oi 871 675 2-—10 523 515 20 266 214 21—30 491 360 31—40 bial 417 41—50O 152 487 51—60 679 524 61—70 682 497 71—80 391 378 iiber SO 79 AZ 5767 4593 10 360 Von den 10360 Leichen boten 183 Aneurysmen, 108 Manner, 75 Frauen. Sie verteilen sich nach dem Alter, wie folgt: Alter M. W. Summa 0 = 3 3 1—10 wy 2 4. 11—20 2 3 5 21—30 ( 4 1 S40) 3) 4 13 41—50 23 7 30 51—60 26 18 44 61> 20 22. 16 38 71—80 14 13 7 iiber 80 3 5 8 108 75 183 Im ganzen giebt dies ein Prozentverhiltnis von 1,76, fiir das mannliche Geschlecht von 1,87, fiir das weibliche von 1,63. Labkt man die Totgeborenen unberiicksichtigt, welche auch in der amt- lichen Statistik in einer besonderen Rubrik gefihrt werden, so verwandeln sich die drei Zahlen in 1,89 Proz. aller Leichen, in 2,0 Proz. der Manner, in 1,7 Proz. der Frauen. Von den mit Aneurysmen behafteten Leichen gehéren 59 Proz. dem mannlichen, 41 Proz. dem weiblichen Geschlecht an. Reduziert man die Zahlen fiir die einzelnen Altersstufen auf die Zahl der iiberhaupt der Altersstufe angehérenden Personen des Beobachtungsmaterials, so erhailt man folgende Tabelle: Alter M. W. Alter M. W. O 0,00 0,73 41—50 3,06 1,43 1—10 0,14 0,14 51—60 3,84 3,43 20) O:%5 1,40 61—70 3,23 8,22 21=—30 1,40 1 71—80 3,58 3,44 31—40 1,53 0,96 iiber 80 3,79 427 208 Ernst Miller, d. h. soweit das Jenaer Material einen Schluf& gestattet: Bei beiden Geschlechtern ist die Hiaufigkeit der Aneurysmen in den jiingeren Jahren gering und betragt rund 1 Proz. Bei dem Manne vom Ende des 4., bei der Frau vom Ende des 5. Lebensdecenniums an erhéht sich die Haufigkeit und bleibt von da an fiir beide Geschlechter mit rund 3,5 Proz. annihernd gleich. Das gleichformige Verhalten wird sofort zu einem ungleich- formigen, wenn statt der Aneurysmen iiberhaupt die der einzelnen Arterien in Betracht gezogen werden. Ich beginne deren Be- sprechung mit der Aorta. AOT ta. Alter | Ascendens | Arcus | Thoracica | Abdominalis | Summa Mew. (mM wilmM w.| ™ w. 11—20| — — 1 =| —. =< aS if 21—30, — — |— —| ~— — —_—_ — — 31—40 3) it ie = i —_- — 6 41—50 7 — 4 — 2 1 1 1 16 51—60 9 — 2 2 3 2 1 19 Gie—70) 2 3 3 1 2 2 j 14 71—80| — 1 3 ih 2 3 —_ — 10 tiber. iSO |) 9 = | he 1° 2 = 3) 21) (OA 7 8 5 104 ne nn a at 69 26 18 19 Da die 69 Falle von Aortenaneurysmen sich auf 51 Manner und 18 Frauen verteilen, so erhalt man das Verhaltnis der beiden Geschlechter von 8,8 Proz. zu 3,9 Proz. Reduziert man aber die Faille auf die Zahl der iiberhaupt zur Untersuchung gelangten Personen der beiden Geschlechter und der einzelnen Altersstufen, so erhalt die Tabelle folgende Form: Alter M. W. M. W. 11-20 266 ih — O34 _— ro fees) 571 5 417 1 0,87 0,24 41—50 152 14 487 2 1,86 0.41 51—60 679 15 524 4 2,21 0,76 61—70 682 8 497 6 1,17 1,21 TsO 391 5 378 5 1,28 1,32 tiber 80 79 3 — 3,79 — 3420 51 2303 18 Der Prozentsatz von Aortenaneurysmen iiberhaupt ergiebt sich bei dieser richtigeren Berechnungsweise fiir die Manner zu Zur Statistik der Aneurysmen. 209 1,49 Proz., fiir die Frauen zu 0,79 Proz., beide Berechnungsweisen fiihren zu demselben Schlu&: die Aortenaneurysmen sind bei dem mannlichen Geschlecht annihernd doppelt so haufig als bei dem weiblichen. Die Verteilung auf die einzelnen Altersstufen ergiebt fiir beide Geschlechter ein Ansteigen der Hiufigkeit mit dem Alter. Das Ansteigen ist bei dem weiblichen Geschlecht ein viel regelmafigeres als bei dem miannlichen. Ich schlieBe daraus: Die Haufigkeit der Aortenaneurysmen hingt ab von regel- mafig wirkenden Ursachen, deren Folgen im Lauf des Lebens sich steigern, hier steht der ProzeS der Endarteriitis in erster Linie, und von zufallig wirkenden Ursachen, hier ist es die mit dem Beruf zusammenhingende gréfere Zahl von Traumen und die mit den sozialen Verhaltnissen zusammenhangende grifere Ver- breitung der Syphilis, was die gréfere Haufigkeit und die gréfere Unregelmafigkeit in der Altersverteilung bei dem minnlichen Ge- schlecht vorliufig am besten erklart. Gehirn- und Riickenmarksarterien. Rice A. A. | A, AC? a |Ascom-| 2Ae A. len-|A. mili- vert. | spin. | basil. |cerebel| mun. |cerebri| ticul. | aria. 17, 0 ee ne ae ee ee PaO | fd fF gS ee oe ey) ef | be (ce et ei i Pee LES Por, AN |=) |e iN Fe ee eee ene eg Meee Pe sal Cy Ue) et ee ee ely au as 8} ETP) ie || | aa | =i oie 6 TU Sf) | | ee) a ee a=) | tS 8 ST ei PSK | Pa ef ce 9 | a ea a Ga a | | al ee rr Si) 2) 87 a ee aes ie Die Arterien des Centralnervensystems sind mit 62 Aneu- rysmen vertreten, wovon 29 auf das miannliche, 335 auf das weib- liche Geschlecht entfallen. Nach der iiblichen Berechnung giebt dies eine Beteiligung der Manner mit 47, der Frauen mit 53 Proz. Reduziert man auf die Gesamtheit der betreffenden Alters- stufen, und sieht man die Aneurysmen der einzelnen Arterien nur als Lokalisationen innerhalb desselben Stromgebietes an, so erhalt man folgende Uebersicht: 210 Ernst Miller, ¥M. ba ME TV iy ans Alter Zahl |Aneur.| Proz. | Zahl | Aneur. | Proz. 11—90| =. | Sar) 21—30| 491 2 0,40 | 360 | 2 0,55 31 240i ait i Onupane in. | 2 0,48 41—50| 752 3 0,39 | 487 5 1,03 51—60| 679 7 1,03 | 524 8 1,52 61—70| 682 8 1,17 | 497 8 1,61 71—80| 391 8 2.05 | 378 6 1,59 uber SO) sae nia sae? “)) Sees 3566 Manner mit 29 Aneurysmen der Gehirn- und Riicken- marksarterien geben bei dieser Berechnung einen Prozentsatz von 0,81, 3104 Frauen mit 33 Aneurysmen einen solchen yon 1,03. Auch hier bleibt das Ueberwiegen des weiblichen Geschlechts be- stehen, nur ist es wesentlich geringer, als es v. HOFFMANN in seinen Fallen gefunden hat, die freilich ein mehr dem Zufall unterworfenes Beobachtungsmaterial darstellen. Die Zunahme der Haufigkeit mit dem Alter ist zweifellos, weiter gehende Schliisse zu ziehen, verbietet vorlaiufig die zu geringe Zahl der Beobachtungen. Lungenarterie. Von den 22 Fallen von Aneurysmen der Lungenarterie, welche zur Beobachtung gekommen sind, stehen 20 im Anschlu8 an ulce- rose Lungentuberkulose. Ich bespreche sie fiir sich, weil sie eine einheitliche Gruppe von Arrosionsaneurysmen bilden. Ihre Ver- teilung auf Alter und Geschlecht ist folgende: Alter M. W. Summa 110 1 — 1 hi—=—20 =s 2 2 21—30 4 if 5 al=240 4 — 4. 41—50 5 — 5 51—60 2 — 2 6170 — 1 1 1-30 — — — iiber 80 =- — — 16 4 20 Nach der iiblichen Methode berechnet, wiirde dies eine viermal stirkere Beteiligung des mannlichen Geschlechts gegeniiber dem weiblichen ergeben. Bei der geringen Zahl der Falle halte ich Zur Statistik der Aneurysmen. 211 aber Vorsicht in den SchluSfolgerungen fiir geboten, um so mehr, als die Verteilung der Fille eine sehr ungleichférmige ist. Die Gruppe eignet sich geradezu zur Fiihrung des Beweises, daf die- selben Unterlagen je nach ihrer Benutzung wesentlich verschiedene Resultate ergeben. Zieht man alle zwischen dem 1. und 7. Lebens- decennium Verstorbenen auf beiden Seiten in Betracht, so erhalt man auf 4835 M. 16, auf 3749 W. 4 Falle, fiir erstere einen Prozentsatz von 0,331, fiir letztere von 0,107. Beriicksichtigt man aber nur die Lebensdecennien, in welchen Lungenarterienaneurysmen thatsichlich beobachtet worden sind, so entsprechen die 16 bei Mannern beobachteten Faille einer Gesamtzahl von 3887, die 4 weiblichen einer solchen von 1071, fiir das mannliche Geschlecht ergiebt sich alsdann ein Prozentsatz von 0,41, fiir das weibliche von 0,37, d. h. die Differenz wird minimal. Die Altersverteilung gestattet den von vornherein wahrschein- lichen SchluS: die Haufigkeit der Arrosionsaneurysmen der Lungenarterie richtet sich nach der Haufigkeit der ulcerésen Lungentuberkulose. Die auf den ersten Blick tiberraschend groBe Zahl von Aneu- rysmen der Lungenarterie steht gut im Einklang mit den Re- sultaten, welche FrANTzEL fiir die Berliner Charité erhoben hat, sie ist wohl lediglich die Frucht der Sorgfalt, welche der Durch- musterung der tuberkulésen Eiterhéhlen zugewandt worden ist. Als Beweis fiihre ich die dem 1. Lebensdecennium angehérende Beobachtung an. Sie betraf einen 3-jaéhrigen rhachitischen Knaben, zu keiner Zeit des Lebens hatte eine Blutung stattgefunden. Die Sektion ergab neben verbreiteter Tuberkulose eine gro8e Eiterhohle im oberen Drittel und eine etwas kleinere im basalen Drittel des Unterlappens der rechten Lunge und in letzterer ein erbsengrofes, mit diinner, unversehrter Wand versehenes Aneurysma eines Lungenarterienastes. Den 20 Fallen, welche im Anschluf an Lungentuberkulose entstanden sind, reihen sich 2 weitere an. Bei einer 51-jahrigen Frau fand sich ein Arrosionsaneurysma im Anschlu8 an eine gréBere Bronchiektasie. Bei einer 71-jaihrigen Frau fand sich ein walnufgroBes, ge- schichtete Thromben enthaltendes Aneurysma des unteren Zweiges des rechten Lungenarterienastes, das sich wahrend des Lebens durch keinerlei Erscheinungen verraten hatte. Im ganzen hat die Lungenarterie 12 Proz. der iiberhaupt beobachteten Aneurysmen geliefert. 212 Ernst Miller, Nabelarterien und Ductus arteriosus. Die 6 Falle von Aneurysmen der Nabelarterien scheiden sich in zwei Gruppen. Die eine Gruppe umfaft die embryonalen Falle, 3 an Zahl. In allen 3 waren die Nabelarterien sowohl in der Bauchhoéhle als in der Nabelschnur mit einer Anzahl, teils gleich- formiger, teils hernidser Erweiterungen versehen. 1 Fall betraf eine hochgradige MiSbildung, Syphilis war bei ihm nicht in charak- teristischen Befunden nachweisbar, tiber das Verhalten der Mutter nichts zu erfahren. Bei den 2 anderen Fallen war Syphilis der Mutter festgestellt, in dem einen Fall fand sich auber dem Befunde der Nabelarterien Vergréferung des Herzens, Lebertumor und Hydramnios, in dem anderen Milztumor und ein trocken verkaster Knoten in der Placenta. Die 3 anderen Falle gehéren Sauglingen an und wurden am 13., 14. und 17. Tage durch Verblutung tédlich. In allen 5 Fallen lag Eiterung der Nabelwunde vor. Die wahrscheinlichste Annahme ist, dafS Arrosionsaneurysmen vorlagen, deren Bildung wenigstens in 2 von den 3 Fallen durch die bei ihnen konstatierte Syphilis gefordert worden sein diirfte. Der Fall von Aneurysma des Ductus arteriosus betraf ein 1 Monat altes weibliches Kind. Die embryonalen Falle von Aneurysmen der Nabelarterie stellen 0,34 Proz. der untersuchten Embryonen, die an den 3 Sauglingen beobachteten Falle 0,19 Proz. der untersuchten Sauglinge. Die tibrigen inneren Arterien. ° | wm | . | = Oe ee = im ae = 8 ra aea|ds Alter | BE | 22) 28 |Col| & | 2 | Ee iLin) 2 | S| § | Be) os | Set ian ae x a |OF = 2) a Each ___|[M.w.[M. w.|m. w.|M. w.|M. W.|M. W.|M. W.|M. W.|M. W.[ML W.|M. W.|M. W.|M. W.|M. ai—4o|—__|__]|__ |_|) ee Ss es a eS 4150| — ee ae ea a ee pI— 60) — 1)" — | 1) ee ee eae — ee aS a 61—70) -—| ——}1 —l1 —|— 1]1 —J}——]1 1}/——]——]——|}—— 2—|—— c1—90| ——} 4 —| ~~ | — | So es a eee ber 80) —— | — —| —— | — | 22 Se eS | Se) S| SS | Se eee J— 1]1 —[3 —|— 1]1 2/1 —|— 1]2 7/1 —|1 —a 2/1 1/2 Die inneren Aneurysmen verteilen sich ziemlich gleichformig auf die einzelnen Arteriengebiete, eine Ausnahme macht die Milz- arterie, welche bei 9 von den 183 Tragern von Aneurysmen be- Zur Statistik der Aneurysmen. 213 teiligt gefunden worden ist. Das stimmt ‘mit den Beobachtungen HELLEr’s in Kiel gut tiberein, wenn auch der hiesige Prozentsatz mit 4,9 gegen den 10 betragenden Kieler erheblich zuriicksteht. In der Miinchener Statistik kommt die Milzarterie nur mit 1 Fall unter 62 Fallen von Aneurysmen = 1,6 Proz. vor. Die Falle verteilen sich auf beide Geschlechter genau zur Halfte, indem 16 Fallen bei Mannern 16 Fille bei Frauen gegen- tberstehen. Reduziert man die Zahl der inneren Aneurysmen auf die Gesamtzahl der untersuchten Personen der zutreffenden Alters- klassen, so erhalt man, da 16 innere Aneurysmen je 3154 M. und 2420 W. gegeniiberstehen, fiir das miéinnliche Geschlecht einen Prozentsatz von 0,507, fiir das weibliche von 0,660, das letztere ist mithin etwas starker beteiligt. Um eine annaihernde Vorstellung von der Altershaufigkeit zu gewinnen, empfiehlt es sich bei der Kleinheit des Beobachtungs- materials, siimtliche Falle nach den Altersstufen zu vereinigen. Man erhalt dann: Alter Gesamtzahl ALINE Aneurysmen Prozentsatz 31—40 988 1 0,10 41 —50 1239 6 0,48 51—60 12038 7 0,58 61—70 1179 8 0,68 71—80 769 fl 0,91 iiber 80 196 3 1,53 Das ergiebt, soweit die kleinen Zahlen einen Schluf tiberhaupt zulassen, ein sehr regelmafiges Ansteigen der Haufigkeit mit dem Alter. AeuSere Aneurysmen. Den in Vorstehendem iiber die Hiufigkeit der Aneurysmen der Aorta, der Lungenarterie und der inneren Arterien mitgeteilten Resultaten diirfte, da sie 80 Proz. der tiberhaupt in Jena Ver- storbenen und einen Zeitraum von 35 Jahren umfassen, ein héherer Grad von Wahrscheinlichkeit zukommen als den bisherigen Sta- tistiken. Fiir die auferen Arterien liegen die Verhaltnisse nicht so giinstig. Daf eine Statistik der Aneurysmen sie nicht tiber- gehen kann, ist selbstverstaindlich, aber einer so methodischen Untersuchung, wie die Statistik sie verlangt, sind sie nicht unter- zogen worden; die Zahlen, welche fiir sie im Nachstehenden mit- geteilt werden, haben mehr die Bedeutung von Minimalzahlen. 214 Ernst Miller, Ihre Verteilung auf Ort, Alter und Geschlecht lehrt folgende Uebersicht: Carot.| Tem- rs Sara S Artic.| [3 Alter | oom. pass Axill & a & & Popl. genu = M. W.] M. W.| M. W.| M. W.| M. W.| M. W,] M. W,] M. W.| M. W. 1490) ay | 91 230|= =a) a | ee oi || Sih AQ) os sl ele ee 41—50|— =| SS ee 51 60\— lo eee ee eee 61—70|—2 | Be Se oe 71-280 | | | ee) 4) fiber’ GO| —- d=) ae ee ee ee jg] ot | oF) | 2 1) 1 Die geringe Zahl von 13 Fallen kann ihre Erklarung in zwei Griinden finden. Des einen wurde schon gedacht: die duferen Arterien sind nicht bei jeder Leiche eingehend genug untersucht worden. Der andere Grund kann darin liegen, daf Aneurysmen der duferen Arterien thatsachlich viel seltener sind, als die zum eroBen Teil auf die Beobachtungen der Chirurgen sich stiitzenden und infolge davon einseitigen friiheren Statistiken vermuten lassen, eine Ansicht, welcher auch VON SCHROTTER sich zuneigt, dem ein grokes Beobachtungsmaterial zu Gebote steht. Fiir diesen Grund aft sich anfiihren, dafi das Jenaer Beob- achtungsmaterial nicht so grof ist, daf nicht fiir die tiberwiegende Mehrzahl der Leichen die Vorgeschichte bei Vornahme der Sektion bekannt wire. Aneurysmen der auferen Arterien sind sowohl der Wahrnehmung seitens des Kranken als auch der Diagnose des Arztes verhaltnismaBig leicht zuginglich. Das pathologische In- stitut wiirde wohl Kenntnis erhalten haben, wenn ein solches bei Lebzeiten vermutet oder diagnostiziert worden wire. Die Ver- teilung der 13 Falle auf die einzelnen Arterien ist eine ziemlich gleichmifige, nicht so die Verteilung auf Alter und Geschlecht. Die Manner haben mit 10 Fallen ein viel gréferes Kontingent gestellt als die nur mit 3 Fallen beteiligten Frauen. Wenn man unter Weglassung der jiingeren Lebensalter auf die Gesamtzahl der vom 11. Lebensjahr an Verstorbenen bezieht, erhilt man auf 3911 M. 10, auf 2994 W. 3 Fille, fiir erstere einen Prozentsatz von 0,256, fiir letztere von 0,100. Beriicksichtigt man aber, wie Zur Statistik der Aneurysmen. 215 oben bei den Arrosionsaneurysmen der Lungenarterie, nur die Altersstufen, welche tiberhaupt Aneurysmen auferer Arterien ge- liefert haben, so stehen 3261 M. 10, 1001 W. 3 Aneurysmen gegen- iiber, das giebt fiir die Miinner einen Prozentsatz von 0,307, fir die Frauen von 0,299, d. h. die Differenz wird minimal. Viel zahlreichere Beobachtungen sind erforderlich, um eine ziffermafige Entscheidung zu erhalten. Die UnregelmaBigkeit in der Ver- teilung auf die einzelnen Altersstufen — das 4. Lebensdecennium ist unbetéiligt, wahrend das 3. 4 Fille aufzuweisen hat — laBt schlieBen, da8 zufallige Einwirkungen in Form von Traumen unter den Ursachen eine besondere Rolle spielen. Da solche bei Mainnern infolge des Berufes erfahrungsgemaéf viel haufiger sind als bei Frauen, wird die gréf%ere Wahrscheinlichkeit der Annahme zu- kommen, daf an den Aneurysmen der auferen Arterien das mann- liche Geschlecht in héherem Grade beteiligt ist. Zu demselben Resultat fiihrt die Statistik der Chirurgen, welche auf diesem Gebiete eine willkommene Erganzung der Statistik der patho- logischen Institute bildet. Da8 die 205 Falle umfassende Zahl von Aneurysmen der einzelnen Arterien um 22 gréfer ist als die 183 betragende Zahl von mit Aneurysmen behafteten Personen, erklirt sich daraus, daf bei 11 Personen mehrfache Aneurysmen vorgelegen haben. 216 Ernst Miller, Zur Statistik der Aneurysmen. Litteratur. 1) Turorniti1 Bonetr Sepulchretum, Lugd. 1700. 2) Jo. Bart. Moreaani, De sedibus et causis morborum, Ebrod. 172: 3) Anron Scarpa, Ueber die Pulsadergeschwiilste. Uebersetzt von Cu. Fr. Haruss, Ziirich 1808. 4) JosspH Honeson, Diseases of arteries and veins. Uebersetzt von KoprermMann, Hannover 1817. 5) Epuarp Crisp, A treatise on the structure, diseases and injuries of the blood vessels, London 1847. 6) Lawson, British army Reports for the year 1866. 7) Lipert, American Journal of med. Sc., 1867. 8) Sours, Pacific med. Journal, 1867, 1868. 9) Framnrzen, Charité-Annalen, II. Jahrgang 1875. Berlin 1877 10) Wetcu, Medico-chir. Transactions, 1888. 11) Orro Emmericu, Ueber die Haufigkeit der inneren Aneurysmen in Minchen. Diss., Miinchen, 1888. 12) Ernst Bosporrr, Ueber Haufigkeit und Vorkommen der An- eurysmen. Diss. Kiel, 1889. 13) E. von Hormann, Wien. klin. Wochenschr., 1894, No. 44. 14) von Scurirrer, Erkrankungen der Gefafe, Wien 1900. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies nebst Betrachtungen iiber das Wesen der Eireifung. (Aus dem Kgl. anatom. Institut der Universitat Breslau.) Von Dr. Wilhelm Lubosch, Assistenten am Anatomischen Institut der Universitit Jena. Hierzu Tafel XII—XVI. Hinleitung. Aufgaben und Ergebnisse. — Anordnung des Stoffes. Hiermit veréffentliche ich das Ergebnis von Untersuchungen, die ich 2 Jahre hindurch im Breslauer anatomischen Institut an- gestellt habe. Es kam mir darauf an, durch eigene Anschauung ein Urteil dariiber zu gewinnen, ob jene im Jahre 1897 von CaRNoy und Lesrun beschriebenen, so iiberaus wunderbaren Vor- ginge im Keimblaschen des reifenden Tritoneneies wirklich vor- kamen, ob sich nachweisen lieSe, daf sich in der That Nukleolar- substanz in Chromatinfaden umbilde und neue Nukleolen sich aus den Triimmern von Chromosomen aufbauten. Meine Untersuchungen haben mich gelehrt, diese Fragen mit gewissen Einschrankungen zu bejahen. Es wird daher zunachst darauf ankommen, meine Beobachtungen iiberzeugend darzustellen und gegen solche kritischen Einwainde zu sichern, denen gerade cytologische Studien leicht ausgesetzt sind, die selbst gegen Carnoy’s Arbeit erhoben werden konnten. Sodann aber wird es notwendig sein, sich iiber die biologische Bedeutung jener absonderlichen Erscheinungen klar zu werden, die man, wie ich glaube, von ganz anderen Gesichtspunkten zu erfassen bestrebt sein miissen wird, als bisher geschehen ist. Namentlich werden wir uns unmoéglich mit jenen Ausfiihrungen zufrieden geben diirfen, durch die CARNoY versucht hat, alle biologischen Theorien zu Bd, XXXVI. N. F. XXX, 15 218 Wilhelm Lubosch, stiirzen, die auf die Konstanz oder Kontinuitat der chro- matischen Substanz gegriindet sind. Diese doppelte Aufgabe ist durch den Titel meiner Arbeit ausgedriickt. Nicht von Anfang an hatte ich das Ziel meiner Untersuchungen so weit gesteckt, vielmehr hat sich das gegen- wirtige Ergebnis von dem damaligen Ziel so wesentlich entfernt, daf mir einige Angaben tiber die Entstehung meiner Arbeit ge- boten erscheinen, wodurch sich zugleich auch die Anordnung meiner jetzigen Darstellung ergeben wird. Born hat, was ich hier mit dankbarer Erinnerung hervor- heben méchte, mich zuerst, Ende des Jahres 1898, zu einer Be- schiftigung mit dem reifenden Tritonenei angeregt. Er hatte 4 Jahre vorher seine grofe Untersuchung tiber die Struktur des Keim- blaschens im Ovarialei von Triton taeniatus veréffentlicht (Archiv fiir mikrosk. Anatomie, 1894, Bd. 43) und wurde spater durch die 1897 erscheinende Arbeit von Carnoy und LeEprun vielleicht mehr als mancher andere Forscher in Erstaunen gesetzt. Denn er sah nicht nur an dem Objekt, das auch ihm vorgelegen hatte, voéllig neue Ercheinungen beschrieben, sondern es wurde hiermit sogar die Zuverliassigkeit seiner eigenen Angaben in Frage ge- stellt. Born legte mir damals eine Priifung der Cornoy’schen Untersuchungen nahe, indem er richtig erkannte, da, wenn irgend- wo eine Quelle fiir Fehler bestiinde, sie in dem Einfluf der Technik zu finden sein miiSte. Diese Priifung wurde dringend notwendig, als im Friihjahr 1899 auf dem Anatomen- tage in Tiibingen Frcx, der selbst friiher die Hireifung bei Amphibien untersucht hatte, die neuen Angaben ohne Einschrankung bestatigte 1). Born hielt die Bilder von Nukleolenauflésungen etc., die Carnoy seiner Abhandlung beigefiigt hatte, fir Sublimat- niederschlige, weil er vermutete, daf die in Sublimat fixierten Kier von Carnoy der Jodierung nicht unterworfen worden waren. Diese Annahme kénnte den Leser zunichst verbliiffen; indes konnte Born sie immerhin motivieren. Der belgische Forscher widmet seiner Technik ein ganzes, héchst umfangreiches Kapitel, in dem er tiber sein Fixierungsgemisch, die Dauer seiner Kin- wirkung, die Zeit des Ausspiilens, den Prozentgehalt der Alkohole ganz exakte Angaben macht und das Verfahren von der Fixierung 1) Allerdings scheinbar nur auf Grund von Originalpraparaten Carnoy’s. Vergl. dariiber spiter in Kapitel IV, Abschnitt 1. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 219 des Eies bis zur Einbettung in allen Phasen beschreibt. In diesem ganzen Kapitel erwahnt er die Jodierung der Eier mit keinem Worte. Der Plan meiner auf gar keine langere Zeit berechneten Unter- suchungen war zunachst also, festzustellen, ob die Bilder, die man nach der Born’schen Technik erhalt, sich von den nach den tech- nischen Angaben Carnoy’s entstandenen unterscheiden und weiter, ob Sublimatpraparate ohne Jodierung, falls sie die Carnoy’schen Bilder bestatigten, dies nicht mehr thaten, wenn sie sorgfaltiger Jodierung unterworfen wiirden. Dies laft sich in der Weise priifen, daf man von einem und demselben Ovarium ein Praparat in heifer Chromsiaure fixiert (Born), ein zweites in Guinson’schem Gemisch (Carnoy) und von diesem wiederum ein Portion jodiert, die andere nicht. Es zeigte sich nun im Verlaufe dieser Untersuchungen, da die Jodierung, wenngleich sie natiirlich auf das Aussehen des Keimblaschens nicht ohne Einfluf bleibt, dennoch zu den merk- wiirdigen Formen der Nukleolen in gar keiner Beziehung steht. Sodann aber konnten solche Bilder zugleich auch an Chrompraiparaten beobachtet werden, nur betraich- lich seltener. Zugleich konnte nachgewiesen werden, daf Chrom und Sublimat das Aussehen des Keimblischens tiberhaupt derartig verschieden gestalten, daf je nach dem Fixierungsmittel Karyoplasma, Nukleolen und Chromatinfiden einen véllig anderen Anblick gewahren. Hierin allein schon schien mir eine Méglichkeit vorhanden zu sein, die Gegensitze zwischen den erwahnten Darstellungen zu erklaren: es kam indes hierzu ein anderer von Born nicht in Rechnung gezogener Einflu8, nimlich der der Firbung. Wahrend Born gerade in den fiir die Nukleolenauflésung wichtigsten Stadien der Kireifung eine sehr kraftige Differenzierung tiberfarbter Eier vornahm (1. c., p. 9/10), farbte Carnoy absolut progressiv. Fiir den Nachweis von Dingen, deren Formen man kennt, ist regressive Farbung natiirlich gefahrlos; um aber Gebilde, die man kennen lernen will, darzustellen, ist sie eine bedenkliche Ursache von Fehlern. Am allerwenigsten kann man bei dieser Methodik erwarten, Dinge mit Sicherheit nachzuweisen, die man weder kennt, noch kennen lernen will; denn in dieser Lage befand sich Born damals. Im Zusammenhange mit diesen Beobachtungen erschien es mir notwendig, Fixierung und Farbung weiter zu variieren. So nahm ich, um einen dritten Typus der Fixation zu erhalten, die FLemmina’sche (schwache) Flissigkeit hinzu, in einem Falle auch iy 220 Wilhelm Lubosch, die ZeNKER’sche Lésung. Von Farbungen wurden progressiv die mit DrLAFIELD’schem und Hansen’schem Himatoxylin an- gewendet; regressiv wurde mit BOuMeErR’schem Héimatoxylin nach Born’s Angaben, mit Saffranin, Boraxkarmin und mit Himatoxylin nach HempENHAIN gefirbt. Durch verschiedene Kom- bination dieser Fixierungen und Farbungen sind wir im stande, zu unterscheiden, inwieweit die Struktur des Keimbliaschens eine Funktion der technischen Einfliisse ist. Die Darstellung dieser Erfahrungen werde ich im ersten Kapitel geben und durch geeignete Abbildungen meiner Praparate erliutern. Dies erste Kapitel schliekt also mein engeres, urspriingliches Thema ein. So trocken dieses Kapitel erscheinen mag: es ist notwendig, um die spatere Schilderung gegen den Einwand zu sichern, es handle sich da um Kunstprodukte. Diejenigen Beobachtungen, die bei jeder Fixierung und Farbung, allerdings bei der einen schéner als bei der anderen, an den Nukleolen gemacht werden konnten, habe ich zunachst kasuistisch im zweiten Kapitel geschildert. Sie sind dort durch eine gréfere Anzahl von Text- figuren auch dem Beschauer vorgefiihrt. Da indes aufer den Carnoy’schen Originalzeichnungen kein weiterer Beleg der héchst merkwiirdigen Formen vorhanden ist, so hielt ich es nicht ftir iiberfliissig, auch eine Reihe instruktiver Photogramme davon zu verOéffentlichen. In dem dann folgenden dritten Kapitel findet sich eine zusammenfassende Darstellung von dem Verlaufe der im zweiten Kapitel geschilderten Nukleolenauflésung. Es lag, wie ich hierzu ausdriicklich bemerken mu, nicht im Plane meiner Untersuchungen, eine abermalige Darstellung von dem Verlaufe der Eireifung selbst zu geben. Soweit hier die gréberen Verhaltnisse der Eier in Betracht kommen, be- steht keinerlei Unterschied zwischen Born und Carnoy. Die Dinge, auf die es hier ankommt, und in denen die Abweichung liegt, sind selbst bei starken Trockensystemen erst dann zu sehen, wenn man laingere Zeit hindurch seinen Blick an diese Formen durch die Betrachtung mit Oelimmersion und starken Okularen ge- wohnt hat. Ich gebe also keine Beschreibung von Stadien, sondern schildere, was sich bei verschiedener Reife des Eies an den Nukleolen feststellen abt. Hieran schlieSen sich zwei Kapitel, von denen das erste notwendigerweise die kritische Besprechung der Carnoy’schen Arbeit bringt, sodann aber zur Gewinnung einer umfangreicheren Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 221 Grundlage fiir theoretische Betrachtungen dasjenige berichtet, was gegenwirtig tiber die Kireifung der Metazoen bekannt ist. Es besteht kein Zwang fiir den Leser, mir sodann in das fiinfte Kapitel hinein zu folgen, obgleich ich selbst es als organisch mit den vorhergehenden verbunden betrachte, da fiir mich die um- fassende Behandlung der ratselhaften Erscheinungen als Bediirfnis vorlag. Fiir manchen wird dies Bediirfnis nicht bestehen, und ihm werden die objektiven Darstellungen der vier ersten Kapitel genligen. Eines sei hier zum Abschlusse noch bemerkt. Es _ liegen meiner Beschreibung 14 Ovarien zu Grunde, von denen in jedem Falle viele Hunderte von Eiern untersucht wurden. Diese Zahl von Ovarien ist hinreichend, um das zu entscheiden, was ich wollte; sie ist aber verschwindend klein gegen das ungeheure Material, auf das sich Carnoy stiitzen konnte. Carnoy und Lesprun haben sich nach ihren eigenen Worten 10 Jahre ,,wie Galeerenstraflinge“ ihren Untersuchungen gewidmet. Da es nicht im Plane meiner Arbeiten lag, eine ahnliche Zeit unter ahnlichen Umstiinden zu verbringen, so kann ich meine positiven Erfahrungen wohl als eine Bestatigung, negative indes nicht als eine Wider- legung der Carnoy’schen Befunde auffassen. Erstes Kapitel. Das Keimblischen des Tritoneneies in Abhingigkeit von Fixierung und Firbung. HeiBe Chromsaéure und ihre Wirkung auf Erhaltung und Farb- barkeit des Eies. — Beschaffenheit des Kernes auf verschiedenen Stadien der Reifung. — Giuson’sches Gemisch: Erhaltungszustand und Farbbarkeit. — Beschaffenheit des Kernes. — Progressive und regressive Farbung. — Jo- dierte und nicht jodierte Priiparate. — FLEMMING’sches Gemisch. Vergleich mit Born’s und CAaRNoy’s Bildern. — Unterschiede auf die Fixierung zuriickzufiihren. — Nachweise aus der Litteratur. — Kunstprodukte und Kunstdefekte. — Einschriinkung dieser Begriffe durch Experiment und Vergleichung. — Ergebnisse des ersten Kapitels. Nicht allein der Erhaltungszustand eines Objektes, sondern auch seine spatere Fahigkeit, Farbstoffe anzunehmen, muf zur Beurteilung der Giite eines Fixierungsmittels in Betracht gezogen werden. Die drei im wesentlichen von mir angewendeten Fliissig- keiten lassen sich in eine Reihe ordnen, die von der heifen Chromsiure iiber das Sublimatgemisch zur FLEmMine’schen Fliissig- 222 Wilhelm Lubosch, keit hinfiihrt. Fiir das unreife Tritonenei!) liefert die Chrom- siure die beste Konservierung und die schlechteste Farbbarkeit, das FLemmina’sche Gemisch die am wenigsten zuverlassige Kon- servierung und die beste Farbbarkeit. Die Grson’sche Flissigkeit steht in der Mitte und giebt, vorsichtig angewendet bei guter Farb- barkeit auch die Formen der Eier gut wieder. Die heifi (80°) angewendete Chromsiure — ob !/,-proz. oder 1/,-proz., ist belanglos — erhalt die auferen Formen der Eier auf allen Stadien bewunderungswitirdig gut. Es pressen sich héchstens durch die Schnelligkeit der Fixierung die Eier gegen- einander. Das Keimblaschen hegt dem Cytoplasma enge an. In 4lteren Eiern findet sich neben dem Kern, oder auch um ihn herum, oft eine feinstreifige Masse, die bereits friihere Untersucher als Kunst - produkt gekennzeichnet haben (Scnutrze, Hout, Frcx, Jorpam, Kine, 13, 17, 24, 23, 79). Selbst wenn, wie oft in meinen Praparaten, diese Masse ohne Spur eines Spaltes dem Kern und dem Eileib anliegt, kann sie nicht als normale Bildung bezeichnet werden, weil keinerlei Bilder zwischen ihr und etwaigen kleineren analogen Bildungen aut friiheren Stadien vermitteln. Je jiinger das Ei ist, um so glatter ist die Peripherie eines Kernes; auf alteren Stadien zeigt das Keimbliaschen fast stets bucklige Auswiichse, die auf dem Schnitt eine Wellenlinie darstellen. Pseudopodienartige Fortsatze treten ohne gleichzeitig zu beobachtende grébere Schrumpfungan niemals auf. In diesem Sinne haben Hout, Herrwic u. a. gegen SCHULTZE derartige Vorspriinge des Kernes fiir Kunstprodukte gehalten. Er- wahnungswert ist die Vermutung von Jorpan (23, p. 294/5), der volliig glatte Kernwande selbst bei guter Fixierung neben un- regelmafig eingezogenen fand, woraus er schlof, daf die Fixierungs- mittel, bevor sie den Kern téteten, ihn erst reizten und zu Bewegungen veranlahten. Bevor ich mich nun zur Beschaffenheit des Kernes selbst wende, méchte ich fiir Leser, denen die Born’schen Untersuchungen nicht gegenwartig sind, kurz eine Schilderung der Geschicke des Keimblaschens und der chromatischen Substanz wahrend der Reifung vorausschicken, wie sie nach Born sich im wesentlichen gestalten. Das in den Ureiern vorhandene primitive Kerngeriist lost sich auf, indem seine einzelnen Stiicke sich verbreitern und | in immer feinere Fadchen und Ké6rnchen zerfallen. So entstehen statt der Fadenstiicke grébere und spater feinere ,,Wolken‘ (Stadium 2). Dies fiihrt zu einem Stadium (3), in dem das 1) Mittlerweile habe ich dieselben Erfahrungen fiir das Neun- augenei gemacht. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 223 Keimblaschen blafi und kaum gefirbt erscheint; die chromatische Substanz befindet sich hier in so feiner Verteilung, da ihr Nach- weis nicht gelingt. Spiter konzentriert sich das Chromatin wieder, indem eigentiimliche moosartige!) Figuren auftreten. Hierbei tritt ein sich allmahlich verbreiternder, peripherischer, chromatin- freier Raum auf (,,perimitotischer Raum‘‘ — Stadium 4), wahrend die Fadengeriiststrange sich central lagern (,,Centralkérper“ — Stadium 5). Allméhlich unter immer engerer Konzentration bilden sich aus den Moosfiguren wieder dickere Faden, die dann spater in die Chromosomen der Spindel tibergehen. Diese gréberen Veraénderungen lassen sich in Chrompriparaten leicht erkenuen. Die Objekte sind schwer farbbar und eigent- lich nur dem BOumer’schen Himatoxylin und dem HemeEnnain- schen Verfahren zugingig. Beide Farbungen liefern nur gering- fiigige Unterschiede. Im Stadium 1 erscheint das primire Geriist aus einheitlichen Faden zusammengesetzt, die in fast homogenem, farblosem Karyoplasma gelagert sind. Die Auflésung des Fadens erfolgt so, daf er dicht nebeneinander stehende Seitenprossen treibt (Fig. la), die nach der dem Faden angewendeten Seite hin in immer zarter werdende Kérnchen zerfallen. Es 1a8t sich spiter in den Stadien 2 und 3 an Chrompriaparaten die Existenz einzelner Fadenstiicke zwar noch nachweisen, indes erscheinen sie nur als dunklere, quer- oder langsgetroffene Centren, umgeben von blasseren Zonen (Fig. 4a). Auf der Hohe des Stadiums 3 bietet das Keim- blaschen ein glasiges, verschwommenes, filziges Aussehen (Fig. 5a). Bei der gleichzeitig immer mehr herabgesetzten Farbbarkeit ist hier eigentlich nichts in scharfen Umrissen erkennbar; nur ver- einzelt gelingt es durch Einstellung der Mikrometerschraube, kurze, glasige Chromosomen zu entdecken. In diesem Stadium bewahrt sich die Herprennatn’sche Methode gar nicht, da man entweder keine scharfe Differenzierung oder sehr bald vollige Entfarbung erhalt. Die spater auftretenden Moosfiguren erscheinen zunichst als lange axiale Faden, mit wirtelartig um diese Achsen angeordneten Seitenfadchen (Fig. 7a u. Phot. 4). Ein solches Gebilde ist an- fanglich breit und verwaschen, wird aber immer schmaler und scharfer, je weiter die Konzentration des ,,Centralkérpers‘t vor- schreitet. Spater vermag man dann in ihnen lingliche Stiickchen 1) Moosartige Figuren, Moose nenne ich in meiner Arbeit diejenigen Gebilde, die man sonst als_,,Lampencylinderbiirsten“ (Rtcxerr) oder ,,Chromatinfadengeriiststringe“ (Born) bezeichnet hat. 224 Wilhelm Lubosch, eines schirfer farbbaren Achsenfadens zu erkennen (Fig. 16a), waihrend die Seitensprossen in ihrer urspriinglichen Deutlichkeit nicht mehr nachweisbar sind. Es findet Aufspeicherung des Chro- matins riickliufig in eben jene Faden statt. HrtmeENHAIN-Pra- parate liefern deutlich davon abweichende Bilder; denn der dickere, den Seitensprossen tibergeordnete, stark gefairbte Achsenfaden ist hierbei bereits zu einer Zeit sichtbar, wo BOHmMeER-Praparate noch in allen Teilen gleichartig differenzierte Moosfiguren zeigen. In dem spiteren Stadium, in dem die BOumEr’sche Farbung jenen Achsenfaden zuerst hervortreten laft, liefert die HrrpENHAIN’sche Farbung langliche, dicke, aus einzelnen Strichen, wie Morse-Schrift, zusammengesetzte Faden (Fig. 15a). Diesen haften seitlich senk- recht zur Achse des Hauptfadens dicht bei einander feinere Fadchen an, die weiterhin durch Kérnchen sich ins Karyoplasma auflésen. So tritt bei Anwendung der Hemernnain’schen Farbung eine Uebereinstimmung zwischen der Auflésung des primaren Geriistes (Fig. 2a) und der Konzentration des Chromatins in die Moos- figuren hervor, die das BOHMmErR’sche Hamatoxylin nicht so deut- lich zeigt. In vieler Hinsicht anders gestaltet sich das Bild des Keim- blaschens, wenn die Eier mit dem Ginson’schen Gemisch fixiert werden. Das Sublimatgemisch erhalt die Hier nicht so gut wie die heife Chromsaure. Hiufig, namentlich bei dotterreichen Hiern, ent- stehen Spaltraume zwischen Zellleib und Kern; ausnahmslos gut werden eigentlich nur junge und mittlere Stadien erhalten. Gute Resultate lieferte gelegentlich die Anwendung der ZenKer’schen Fliissigkeit und des auf 40° erwarmten Ginson’schen Gemisches. — Die Farbbarkeit der Kier ist vortrefflich. Ich gehe bei der Beschreibung zunachst von Praparaten aus, die nach Carnoy’s Vorschrift mit Hématoxylin gefarbt worden waren. Das Wesen dieser Vorschrift besteht darin, daf Carnoy nach kurzer Farbung auf dem Objekttriger die Praparate ohne jegliche Differenzierung so schnell wie méglich in Balsam bringt. Auf diese Weise wird jede, auch die geringste Extraktion vermieden, und es findet gleichsam eine reine Chro- matinreaktion statt. Carnoy wiinscht DeLarieLp’sches Hamatoxylin angewendet; ich habe daneben auch eine 3 Jahre alte Lésung von Hansen’schem Hamatoxylin gebraucht. Beide Farbungen weichen nur im Ton ein wenig voneinander ab, unterscheiden sich sonst aber nicht von- einander. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 225 Abweichungen von Chrompraparaten entstehen bereits bei der Auflésung des primitiven Geriistes. Hier sind keine ins Karyo- plasma zerflieBenden Seitensprossen zu treffen, vielmehr nehmen die Fadenstiicke das Aussehen eines Filigranwerkes an, durch dessen feinste Auslaiufer anscheinend Anastomosen her- gestellt werden?). Indem die Hauptfiden immer zarter werden, verlieren sie schlieBlich ihren Wert als Achsenfaden, und das ganze Keimblaschen erscheint erfiillt von einem allerfeinsten Faden- gewirr. Aber selbst hier ist es unter allen Umstaénden méglich, scharf begrenzte, deutlich gefarbte Chromosomen zu erkennen. Ein Stadium der Wolkenbildung und ein weiteres, in dem das Chromatin unsichtbar fein verteilt ist, existiert bei progressiv gefairbten Sublimatpra- paraten demnach nicht (Fig. 6a, Photogr. 16 u. 18). Zur Zeit der ersten Dotterbildung und der beginnenden Kon- zentration (vergl. oben Stadium 4) macht sich nun hier eine eigen- tiimliche Veranderung an den Fiden bemerkbar. Sie scheinen wieder dicker, dunkler, ferner aber sind sie langer und oft sonderbar geformt. Ich bilde einige solche Faden ab (Fig. 11a), um zu zeigen, wie sie schlangenartig oder in Achtertouren in mannigfaltigen Abwandelungen auftreten. Das Verstandnis dieser Dinge wird dadurch nun ungemein erschwert, daf hier mit Sicherheit dazwischen andere, dickere Faden und Strange zu beobachten sind, die nachweislich, wie das in Kapitel II des niheren gezeigt werden wird, Abkémmlinge von Nukleolen sind; da ferner jene zuerst erwahnten feineren Fadchen fast immer in Verbindung mit gréberen Kiigelchen stehen, und da von ihnen bis zu den dickeren, nukleolen- entsprossenen Faden alle méglichen Uebergange bestehen, so wird die Ableitung des Zustandes, in dem sich zu Beginn des Stadiums 4 das Chromatin befindet, in Sublimatpraparaten zweifel- haft. — Es kann, wie es nach Chrompraparaten der Fall zu sein scheint, aus einer Umlagerung des primitiven Gertistes ent- Standen sein, es kann aber auch seinen Ursprung in um- gewandelter Nukleolarsubstanz besitzen; zum Teil ist dies letztere sogar sicher der Fall. Bei weiter fortschreitender Konzentration (Fig. 8a, 9a) werden auch hier die Faden schirfer; es bildet sich der Centralkérper und eine um diesen gelagerte chromatinfreie Zone. Jene Mvos- 1) cf. p. 228, Anm. 2. 226 Wilhelm Lubosch, figuren treten aber hier meist nicht mit solcher Deutlichkeit her- vor, wie bei Chrompraparaten. Wohl sieht man bei schwachen Vergréferungen jetzt bereits oft dunklere Ziige auftreten; die aber entstehen so, dai die kurzen Fadchen sich regelmabig zu lagern beginnen, mit ihren dunkelsten Stellen, den Kiigel- chen oder den Umbiegungsstellen, hintereinander (Fig. 10a). So entstehen scheinbar Moosfiguren mit einer centralen Kérnchenachse und seitlich von diesen Kérnchen ausstrahlenden Fadchen. Dabei bleiben aber in Wahrheit die einzelnen Fadchen immer noch isoliert, und selbst in spiteren Phasen des Central- kérpers sind allermeist noch isolierte Faden der beschriebenen Art zu finden (z. B. Photogr. 15). Daneben treten dann zweitens, namentlich in spateren Stadien, echte Moosfiguren vor, die indes von denen in Chrompraparaten in ihrer Gestalt abweichen. Bei Auflésung durch starkste Ver- erdferungen zeigen sie eine Achse aus hintereinander gereihten Kérnchen und Fadenstiicken, die jedes einzeln fadige Seiten- sprossen treiben. Bei weiterer Veranderung werden dann die Achsenstiicke immer schirfer, die Seitenfiden immer feiner und kiirzer (Fig. 14a). Endlich kommen drittens nun auch solche Moosfiguren vor, die direkt mit den von Born beschriebenen verglichen werden kénnen, und zwar habe ich diese in Sublimatpraparaten seltener und schon auf friiheren Stadien beobachtet, wo noch keine Dotter- bildung im Ei stattgefunden hatte (Fig. 12a u. 13a). Zu den regressiven Farbungen wire die Durchfarbung ganzer Eier mit Boraxkarmin zu rechnen. Diese fiir Wirbellose und gelegentlich fiir Selachiereier empfohlene und gelobte Farbung be- friedigt beim Tritonenei wenig!). Junge, dotterlose Eier farben sich gut; das primaire Kerngeriist und seine Auflésung erscheint ahnlich wie bei Hamatoxylinfarbung. Abweichend zeigen sich die Moosfiguren des Centralkérpers. Offenbar weil die Farbung weniger distinkt ausfallt, sind die isolierten Achsenstiickchen und die zarten Seitensprossen nicht so differenziert wie bei Himatoxylinfarbungen. Sie unterscheiden sich hier eigentlich nicht wesentlich von dem Filigranwerk des primaren Kerngeriistes. Prinzipiellen Unterschieden begegnen wir nun bei der Fairbung nach HemennHAIn. Diese Unterschiede werden, wie 1) Récxkerr (19) hatte allerdings bei gréferen Eiern das isolierte Keimblaschen gefiarbt. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 227 sich erwarten lat, auf Entfairbung der feinsten Elemente zuriickzufiihren sein. So unscheinbar dies diinkt, so auffallig sind die dadurch hervorgerufenen Abweichungen. Die Zustinde bei der Verdiinnung des Chromatins kénnen nicht mit Sicherheit zur Darstellung gebracht werden, weil der Mafstab fiir den Grad der Differenzierung fehlt. Entweder bleibt zuviel Farbe im Schnitt, oder der Untergrund wird bla’. In jedem Falle falschen wir das Bild der ersten Stadien. Dem steht als Vorzug entgegen, daf die stirkeren Elemente viel deutlicher zur Erscheinung gelangen, was namentlich fiir das dritte Stadium, die schlangenlinigen Faden und deren Ableitung, sehr wertvoll ist. Prachtig treten die — fiir Sublimatpraparate oben an dritter Stelle — beschriebenen, seltenen echten Moosfiguren hervor. Besonders schén lassen die spateren Moose des Centralkérpers ihre Zusammensetzung aus centralen Kérnchen und Fadchen erkennen (Fig. 10a). Es ist nun der Frage zu gedenken, deren Entscheidung meine Untersuchungen im Anfange gegolten haben, ob nimlich die Jo- dierung irgendwie wesentlich das mikroskopische Bild be- einflult. Es diirfte von Interesse sein, die Behandlung dieser Praparate kennen zu lernen. Hierzu folgende Angaben: Fixation im Guitson- schen Gemisch verschieden lange, von 10 bis zu 30 Minuten, je nach der Gréfe der Hier. — 4 bis 24 Stunden Spiilung in fliekendem Leitungswasser. — 7O-proz. Alkohol. — Im 80-proz. Alkohol Jo- dierung einer Portion der Ovarialstiickchen 3 bis 5 Tage, bis die neu aufgefiillte alkoholische Jodtinktur ihren braunen Ton Villig behielt. Zum Teil wurden die Praparate einzeln untersucht, zum Teil indes auch auf demselben Objekttrager jodierte und nicht jodierte Eier behandelt. Als einzigen Unterschied zwischen beiderlei Praparaten konnte ich feststellen, daf jodierte Praparate eine zartere Farbung geben, sowohl ein feiner abgeténtes und ditferenziertes Cytoplasma bei dotterlosen Eiern, als auch vornehmlich einen helleren Untergrund fiir das Chromatin im Kern. Jodierte Praiparate farben sich ferner mit Haimatoxylin progressiv schwerer und differenzieren sich nach HEIpENHAIN leichter, so daf auf demselben Objekt- trager von den verschieden behandelten Praparaten meist eine Reihe iiberfarbt bleibt, oder die andere zu stark extrahiert ist. Ich glaube also, da’ im Kern selbst allerdings Niederschlige vorkommen, daf sie aber nur in Form feinster Kérnchen das Karyoplasma und die Chromosomen verunreinigen. An _ nicht jodierten Sublimatpraparaten Beobachtungen an Mikrosomen vor- 228 Wilhelm Lubosch, zunehmen, wire demnach natiirlich unstatthaft. Dagegen habe ich die gréferen, bei einiger Uebung schon mit schwacheren VergréSerungen sichtbaren Gebilde, die im nachsten Kapitel — oft in Uebereinstimmung mit CArNoy und LeBruN — geschildert werden-sollen, bei jeder Art Praparaten gefunden, bei den zarteren, jodierten oft gerade besonders schén. Diese Gebilde sind un- abhingig von Jod und Nicht-jod, zumal sie auch bei Chrom- praparaten und solchen aus FLemmine’scher Fliissigkeit vor- kommen. Man wird sicherlich auch nach der Lektiire des zweiten Kapitels zu der Ueberzeugung kommen, da’ Schmutz nicht im stande sein kann, derartige Gebilde nachzuahmen, wie sie die sich umgestaltende Nukleolensubstanz bei aller Regel- losigkeit doch immerhin nicht gesetzlos hervorbringt. Es bleibt mir nach diesem Exkurs noch tibrig, einige Angaben tiber die in schwachem FLEemMMiInG’schen Gemisch fixierten Eier zu machen. Dies Gemisch konserviert allerdings nun die Hier gar nicht gut, namentlich nicht in alteren Stadien. Oft ist das Keimblaschen ringsum vom Ki geldst; die ,,Héfe“, die sich haufig auch bei anderer Fixation um die Nukleolen herum finden, sind bei der Fixation nach Fremmine auferordentlich gro’. Oft ziehen sich Fadchen von dem geschrumpften Nucleolus durch den Hof radien- formig zum Karyoplasma hin. Auch Verunstaltungen des Kernes sind nicht selten. Gleichwohl halte ich diese Fixation fiir un- umgiainglich wegen der herrlichen Farbungen, die sie zulaft. Unter Kontrolle durch anders fixierte Praparate kénnen die mit Saffranin oder nach Humennain gefirbten Schnitte sehr wohl verwendet werden 1). Im histologischen Bilde weichen FLEMMING-Praparate nicht wesentlich von Sublimatpraparaten ab (Fig. 3a)?), unterscheiden sich indes scharf von Chrompraparaten. Auch bei ihnen kommt weder ein ,,Wolkenstadium‘,: noch ein Stadium unsichtbar feiner Verteilung des Chromatins je zur Erscheinung. Die Moos- figuren zeigen ebenfalls, wie bei Sublimat, die verschiedenen 1) Kouteruece (80) hat seine Hier in Pikrinschwefelsiure fixiert und bei der Hinbettung 4—5 (!) Tage in Paraffin gelassen. Kontrollpraparate nach anderer Fixation wendet er nicht an. Ich méchte bereits hier, wo ich den Hinfluf der Technik erértere, aus- driicklich darauf hinweisen, daf ich die Abbildungen, die Kout- BRUGGE giebt, fiir diejenigen schwer geschadigter Eier, und die Ergebnisse, zu denen er durch diese Praparate gelangt, demnach zum Teil fiir falsch halten mug. Niaheres hieriiber im Kapitel IV. 2) Fig. 3a gilt auch annihernd fiir das gleiche Stadium der in Sublimat fixierten Eier, Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 229 Formen, entweder die Zusammensetzung aus centralen Kérnchen mit seitlichen Faden oder seltener eine centrale Achse mit Seiten- sprossen. Die letztgenannte Modifikation sieht bei FLEMMING- Praparaten der Auflésung des primaren Geriistes (Fig. 3a) so ahnlich, daS man beide Zustinde in ihrem Wesen nicht so scharf zu scheiden geneigt ist wie bei anderen Fixationen. Ks ist aus dieser Beschreibung und meinen Abbildungen, die zum Teil denen Born’s, zum Teil denen Carnoy’s gleichen, er- sichtlich, daf die Abweichungen zwischen den Ergebnissen beider Arbeiten zum Teil sicherlich auf die Behandlung der Objekte zuriickzufihren sind. Die Behandlung mit Chrom liefert eher und deutlicher Abweichungen von Sublimatpriparaten, als die an Subli- matpraparaten selbst vorgenommene oder unterlassene Jodierung Verschiedenheiten mit sich bringt. Es folgt somit weiterhin, dak die Resultate beider Arbeiten bis zu einem gewissen Grade inkommensurabel sind. Das gilt aber auch fiir die Be- nutzung sdmtlicher Litteraturangaben iiberhaupt, die nie ohne sorgfaltige Erwigung der durch Fixation und Farbung ausgeiibten Einfliisse erfolgten sollte. Wie viele Widerspriiche mégen durch sie hervorgerufen worden sein! Born selbst hat diese Kritik vielleicht am strengsten geiibt, indem er die Arbeiten seiner Vorginger stets auf die Fixierung und Farbung der untersuchten Objekte hin priift und Abweichungen hierauf zurtickzufiihren sucht (vergl. p. 47, 53 u. 57 seiner Arbeit). Aber mehr noch: Born giebt p. 6 an, daf er nach Fixation mit Sublimateisessig zwar in den Anfangs- und Endstadien gute Bilder erhalten habe. ,,Fiir die dazwischen liegenden Stadien aber ist der Sublimateisessig vollkommen unbrauchbar. Man mag farben, wie man will, von dem, was ich als Chromatinfaden- stringe beschrieben habe (— Moosfiguren —), sind nur Andeutungen zu sehen“!). Da er dann sogar einige Ab- weichungen in der Rickertr’schen (19) Beschreibung auf diese Sublimateisessigfixation zuriickfiihrt (p. 53), da er ferner zugiebt, dafi in Bezug auf feinste histologische Details die Be- schreibung der Chromatinfadenstrange (Moosfiguren) bei FLEMMING, RasL, ScuutrTze etc., die anders fixiert hatten, mit seiner Beschreibung nicht tibereinstimme — da all dies sogar geschieht, so ist es um so wunderbarer, daf er nur seiner Beschreibung 1) Bei Born nicht gesperrt. 230 Wilhelm Lubosch, nicht eben jenen Einwand zu machen sich veranlaft fiihlte. Es ist anzunehmen, dal er zu dieser einseitigen Bevorzugung der heifen Chromsiaure durch die bestechende Konservierung der auferen Formen der Eier veranlaft worden ist. Eine Reihe von Beispielen aus alteren und neueren Arbeiten soll zundichst darthun, daf die oben erérterten Abweichungen wahrscheinlich typische Funktionen der jeweils be- nutzten Fixierungsmitte] sind. Jorpan z. B. (23), der mit heifem Wasser fixierte und in steigendem Alkohol hartete, bildet beim Wassermolch Dinge ab, die noch lange nicht auf der Héhe der Born’schen Abbildungen stehen, Gronroos (49) fixierte mit Sublimat und bildet auf Fig. 2 ein bereits ziemlich reifes Ki des Stadiums 5 von Born ab. Trotz- dem keine Spur von Moosgebilden, nur zerstreute fadenahnliche Gebilde. Eine sehr interessante Angabe finde ich bei Rickert (19, p. 45/46). Wahrend auf dem Stadium feinster Verteilung an Sublimatpriparaten feinste Faserchen und Kérnchen zu sehen sind, zeigen Praparate aus Fremmine’scher Liésung auch in dieser Periode die typischen Chromosomen. — CunnincHam (58, p. 145) zeichnet auf Fig. 27, Taf. IV, ein mit Pikrinschwefelsiure fixiertes Keimbliischen, das Carnoy’s Bildern auffallig gleicht. Andererseits eine Reihe von Stadien der Kier von Trigla gurnardus, die er mit !/,-proz. Chromsaure fixiert hatte. Deren reifstes Stadium zeigt die Nukleolen an der Kern- membran und innennichtsals blasse, kérnige Substanz!! Fuuton (60) hat Hier von Knochenfischen mit Prrenyr’scher und Fiemmine’scher Flissigkeit fixiert. Seine Abbildungen auf Taf. III deuten auf tadellose Konservierung. Die Bilder, die den Carnoy- schen fast véllig gleichen, sind sehr auffillig. Auch die Ab- bildungen, die Miss Kine (79) auf p. 304/5 von Bufo beschreibt, wurden vorzugsweise durch Sublimateisessig gewonnen. Sie wiederum zeigen die Moosfiguren aus centralen Kérnchen zusammengesetzt, deren jedes einen einzelnen Ausliufer besitzt. All diese Beispiele und meine eigenen Nachweise lassen fol- gende drei Schliisse zu: 1) Die Reifungserscheinungen im ganzen bestehen in Auf- lésung, Verdiinnung und Konzentration des chromatischen Geriistes. So sind jetzt an so vielen Objekten bestitigt worden, daB sie als sichere Erwerbung der Wissenschaft gelten miissen. 2) Die feineren Vorginge bei der Auflésung, Verdichtung und Konzentration sind keineswegs sicher bekannt. Ihre mikro- skopischen Bilder sind bis zu einem gewissen Grade Kunst- produkte. 3) Diese Kunstprodukte erscheinen als Kunstprodukte im engeren Sinne, wo etwas auftritt, was normal nicht vorhanden ist, Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 231 oder als Kunstdefekte, wo normal vorhandene Strukturen nicht enthiillt werden. Wenn es nun als eine Aufgabe der Forschung bezeichnet werden mui, den Umfang des Begriffes ,,Kunstprodukt nach Moglichkeit zu verengern, so ist uns das, da wir ja auf die Fixa- tion angewiesen sind, nur durch Denkprozesse mdglich, die auf Grund des Experimentes durch Vergleichung festzustellen suchen, welche Fixierung der lebenden Substanz am _ nachsten kommt und welche Bilder bei verschiedenen Fixationen am hau- figsten sind. Die Mehrzahl aller experimentellen Untersuchungen beschaftigt sich mit der Frage, welche Einwirkung ein Reagens auf die Zelle und die Gewebe besitze. Hier werden dann verschiedene Objekte ein und demselben Reagens unterworfen!). — Eine ganz andere Aufgabe ist es, zu entscheiden, wie ein und das- selbe Objekt von verschiedenen Reagentien gestaltet wird. Sie 1) Burcnarp (La Cellule, Tome XII, 1897) bespricht p. 362/3 den Kinflu$ von Bichromatsalzen auf den Zellkern; bei einer Mischung von Kal. bichr. und Sublimat sollen die Chromosomen im Gegensatz zu anderen Fixationsmitteln verzerrte Formen haben. JORDAN (23) sagt tiber die Pikrinschwefelsiéure (p. 271), daf sie die Kernstrukturen der Ovarialeier vernichte. Kaispruinc und GERMER (80) geben an, dai Osmiumsiiure zu 1 Proz. im Gegensatz zum Fiemmine’schen Gemisch nur geringe Quellung hervorrufe. Durch die Wirkung der Chromsiure im Friemmina’schen Gemisch komme eine Struktur in das Hi hinein, die vorher nicht darin gewesen sei. »Die Osmiumsiaure ist iiberhaupt als Fixationsmittel fiir zarte Ob- jekte am meisten geeignet und zu empfehlen. Neben geringfiigigen Gréfenveranderungen bleiben die Konturen und Formen mit grofer Scharfe erhalten. Auferdem ist die schnelle Wirkung, welche an der Schwarzung der Dotterkugeln leicht zu kontrollieren ist, ein Vorteil.“ Fremmine (37) hat indes der Osmiumsaure in seinem Gemisch andere Wirkungen zugeschrieben. Sie bringt lediglich die Nukleolen scharf hervor. ,Im Innern giebt sie Kernsaft und Ge- riistwerk gleichen Index und lat sie gleichférmig kérnig erscheinen“ ey oe An der Peripherie der Objekte kommen nur die Nukleolen zur Darstellung, reine Osmiumwirkung. Durch die gehirtete Zone tritt wenig Osmiumséiure hindurch, weshalb im Innern wesentlich die beiden Siéuren wirken, die aufer Osmium im Gemisch sind. — Sogorra teilt mit, daf Fremurne’sche Fliissigkeit mit starkem Os- miumgehalt Tritoneneier sehr gut fixiere, Ovarialeier dagegen mit wenig Osmium fixiert werden miiften. Aus CunnineHan’s Arbeit (58) geht hervor, daf an der Peripherie der Stiicke, wo das Fiemuine’sche Gemisch stirker gewirkt habe, die Chromatinfaden schwiaicher und weniger scharf gefirbt seien als im Innern. 232 Wilhelm Lubosch, muf eigentlich, wenn auch nicht fiir jedes Objekt, so doch fir groéfere Gruppen von Objekten, jedesmal ad hoc gelést werden, sobald es an die feinsten histologischen Details geht. Was ich iiber diese Verhiltnisse am Tritonenei ermitteln konnte, méchte ich in folgende Saitze zusammenfassen, denen zugleich auch die Erfahrungen anderer Autoren an diesem und verwandten Objekten zu Grunde gelegt sind: 1) Die Chromsiure verdeckt einen Teil der feineren Struktur des Kernes. Sie macht ihn glasig und opak, hebt aber gleich- zeitig die Stellen, an denen das Chromatin dichter liegt, stirker hervor, so da der Gegensatz zwischen dichteren und mehr diffusen Ansammlungen unberechtigt stark erscheint. — Dagegen sind die Schrumpfungen am allergeringsten; die duferen Formen der Gebilde im Kern — z. B. der Nukleolen — kénnen mit Ver- trauen betrachtet werden. 2) Das Giuson’sche Gemisch fallt den Kerninhalt ganz anders als Chromsiure, und zwar in allen seinen Teilen mehr gleich- mafig. Es bringt da distinkte Chromosomen hervor, wo die Chromséure nur verquollene Wolken zeigt. Der Gegensatz zwischen den dichteren Ansammlungen, wie sie in den Moosfiguren der Chrompraparate erscheinen, und der lockeren Verteilung der Chromosomen geht zum Teil dadurch verloren. Die Chromatin- fadenstrange von Born sind wahrscheinlich nur ein spe- cieller Fall der Konzentration, der einzige, der in dem glasigen Karyoplasma sich deutlich ausdriickt. Und auch dieser eine Fall enthalt offenbar noch die beiden Unterabteilungen der Sublimat- praiparate, namlich die mit centraler Kérnchenmasse und die mit einheitlicher Achse. Es gelang ja bei geeigneter Farbung, auch an Chrompraparaten Verschiedenheiten darzu- stellen (p. 223/224). Die Schrumpfungen bei Sublimatpraparaten sind bei kleineren und mittleren Eiern nicht starker als bei Chrompriparaten, hingegen bei alteren Stadien oft recht betrachtlich. 3) Die FLemmine’sche Fliissigkeit liefert Bilder, die denen unter 2. auffaillig stark gleichen, doch bringt sie starke Schrumpfungen mit sich. Diese Schliisse, die nur fiir das Tritonenei mit absoluter Sicherheit gelten, gestatten nun wobl, die Bilder, die mit Sublimat und FLEemMina’scher Fliissigkeit auftreten, als mindestens ebenso nahe, wenn nicht niher, dem lebenden Zustande stehend zu be- trachten als die allein durch heiffe Chromsiaure erhaltenen. Ge- bilde endlich, die bei allen Fixationen erscheinen, werden mit Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 233 grofer Wahrscheinlichkeit als eine treue Wiedergabe oder auch als ein typisches Aequivalent des lebenden Kernes_ betrachtet werden kénnen. Ich habe in dieser Zusammenfassung des ersten Kapitels der Farbung und deren Variation nicht mehr gedacht. Das Wesent- lichste ist daritiber oben bemerkt worden. Ich wiederhole lediglich, daf — mag man die Farbung der feinsten Elemente fiir einen chemischen oder physikalischen Vorgang halten — auf alle Fille diejenige Farbung das meiste Vertrauen besitzt, bei der jede Differenzierung ausgeschlossen ist. Dem entspricht fiir den vorliegenden Fall die Anwendung des Himatoxylins nach CARNoy’s Vorschrift. Die Darstellung kompakterer Elemente gelingt sodann am schirfsten durch die Anwendung des HripenHaArN’schen Ver- fahrens, dessen Resultate allerdings durch die progressiven Far- bungen zu kontrollen sind. Zweites Kapitel. Die Erscheinungen der Nukleolenauflésung unabhingig von Fixierung und Farbung. Allgemeines. — 1. Ruhende Nukleolen — 2. Nukleolen in Bewegung. Gang der Auflésung: a) Nukleolen mit v ae Form, Vakuolisierung, Zerklaftune —hb) Nukleolarsubstanz in Auflésung — c) Chromosomenihnliche Gebilde aus Nukleolarsubstanz: «) Filamente aus gréberen Faden — 8) Fila- mente aus Kérnchen — y) isolierte Filamente. — Anhang: Auflésung ins Karyoplasma — abgeblaBbte Formen. Ich wende mich nunmehr den Verhaltnissen der Nukleolen im besonderen zu. Bei erster Bekanntschaft mit dem vorliegenden Objekte fallen uns lediglich solche Gebilde in die Augen, die unter den morphologischen Begriff eines Nucleolus gehoéren, d. h. eines allseitig scharf begrenzten, runden Kérperchens im Kerne. Diese Kérper kénnen in Lage, GroéfSe und Farbbarkeit varileren (ruhende Nukleolen). Bei weiterer Vertiefung in das Objekt zeigt es sich indes, daf auch ihre Form keineswegs unveranderlich ist. Es kommen Kérper vor, die nicht mehr rund und auch nicht mehr kompakt sind, sondern in mannigfacher Art Ausliufer, Buckel, Einziehungen, Zerschniirungen und Vakuolisierungen zeigen. Bei einem grofen Teil dieser Formen kann man nicht zweifelhaft sein, daf es sich hier noch um Nukleolen handelt, da sich alle nur wiinschens- Bd. XXXVII. N. F. XXX. 16 234 Wilhelm Lubosch, werten Uebergiinge zwischen den Nukleolen und den Umbildungen finden (a). Man trifft dann aber weiterhin auf Gebilde, deren Bedeutung wir kaum erfassen kénnten, wenn nicht die nétigen Ueberginge auch hier schlieSlich gegeben waren. Wunderlich geformte Massen, kompakt oder vakuolisiert, zeigen bandartige oder fadige Aus- laufer, oder es ziehen breite Bander durch den Kern, in Ver- bindung mit feinen und feinsten Fadchen. Dies sind Auflésungs- erscheinungen der Nukleolarsubstanz zat’ 2697 aks 1 ,, unten (Anmerkung) 21 statt 22. 8. Ss oneuwes fg Santen@eoe.: y 10: S. 241 in der Klammer unterhalb c) 20 statt 21. S. 242 Zeile 5 von oben 17 und 18 statt 17—19. DS: 242 gee a F 1% statt 18. SiQeariee Gis Ss Ores 00.20: Seer: os ee LY uy 2Oe t,o. 8. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 291 Erklirung der beigegebenen Figuren und Photogramme. Die angewendeten apochromatischen Objektive und Kompen- sationsokulare des Zeif’schen Mikroskopes (Tubuslange 160 mm) sind in nachstehender Erklarung angegeben, die lineare VergréSe- rung bei der betreffenden Abbildung selbst. Tafel XII, Figur la—17a. Diese Figuren dienen zur Erlaiuterung der wichtigsten An- gaben von Kapitel I. Fig. la. Keimblaschen eines Kies des ersten Stadiums. Heife Chromsaure, Boumur’s Hamatoxylin; Obj. 4, Ok. 4. Fig. 2a. Keimblaschen eines Eies des ersten Stadiums. Heife Chromsiure, Hemppnuain’s Hisenoxydammonium-Himatoxylin; Obj. 4, Ok. 4. Fig. 3a. Keimblaschen eines Kies des ersten Stadiums. FrEem- min@’sche Fliissigkeit, BoHmEeR; Obj. 4, Ok. 4. Fig. 4a. Keimblaschen eines Kies des zweiten Stadiums, Wol- kenbildung. Heife Chromsiure, Boumer; Obj. 4, Ok. 4. Fig. 5a. Keimblaschen eines Hies des dritten Stadiums, feinste Verteilung des Chromatins. Heife Chromsaure, Boumpr; Obj. 4, Ok. 4. Fig. 6a. Keimblaschen eines Eies desselben Stadiums nach Fixation in Gitson’scher Fliissigkeit, ohne Jod, Hrerennarn; hom. Imm. 2 mm, Ok. 4. — Deutlich sichtbare Fadchen und Koérnchen, die bei verschiedener Einstellung nach Méglichkeit genau wieder- gegeben worden sind. Fig. 7a. Keimblaschen eines Eies des vierten Stadiums Be- giun der Konzentration, Bildung der perimitotischen Zone, Auftreten der Moosfiguren. Heife Chromsaure, BOumER; Obj. 4, Ok. 4. Fig. 8a. Keimblaischen eines Eies desselben Stadiums nach Fixation mit Gunson’scher Fliissigkeit, Jodierung, Hansxrn’sches Hamatoxylin ohne Differenzierung, 5 Minuten; Obj. 4, Ok, 2. Keine Moosfiguren. Fig. 9a. Eine Stelle aus der Mitte desselben Kies, mit hom. Imm. 2 mm, Ok. 12 genau wiedergegeben. Fig. 10a. Eine Stelle aus dem Keimblischen eines Hies des- selben Stadiums aus demselben Ovarium wie Fig. 8a und Qa. Behandelt wie 9a, gefarbt nach Hermernnain, hom. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 4. Zusammensetzung der Moose aus Kérnchen. 292 Wilhelm Lubosch, Fig. lla. Dieselbe Stelle wie 10a, starker vergréfert, hom. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 12. Formen einzelner Chromosomen. Fig. 12a. Keimblaischen eines Hies desselben Stadiums wie Fig. 7a—1la. Konzentration mit Moosfiguren, die denen nach Chromfixation gleichen; Obj. 4, Ok. 4. Ginson’sche Fliissigkeit, ohne Jod, HEImDENHAIN. Fig. 13a. Eine Moosfigur dieses Keimblaschens, mit hom. Imm., Ok. 12. Fig. 14a. Aus einem Keimblischen eines Hies desselben Sta- diums, gleiche Behandlung, anderes Ovarium, in dem die Moose abweichend gestaltet sind. Imm., Ok. 12. Fig. 15a, Keimblaschen eines Eies des Stadiums 5. Heife Chromsaure, HEIDENHAIN. Fig. 16a. Dasselbe Stadium. MHeife Chromsaure, Boummr. Fig. 17a. Dasselbe Stadium. Guson’sche Fliissigkeit, Jo - dierung, Hansen’s Ham. ohne Differenzierung, 5 Minuten. Keine Moosfiguren. Tafel XIII und Tafel XIV, Figur 1—70. Beispiele zu Kapitel 2 und Kapitel 3. Siamtliche Figuren sind mit hom. Imm. 2 mm gezeichnet, Tubusliange 160 mm. Die angewendeten Komp.-Okulare sind jedesmal dabei vermerkt. Die lineare Vergréferung findet sich neben den Figuren selbst. Naheres im Text. Schnittdicke 10 u, falls nicht eine andere angegeben ist. Fig. 1. Ok. 6, Chrom Boéumer; Stadium 3, mittelgrofes Hi. Fig. 2. Ok. 12, Gimson, jodiert, Hrrprenuain; Stadium 3, mittelgrofes Ei. Fig. 38. Ok. 6, desgl., Stadium 3, mittelgrofes Ki. Fig. 4. Ok. 4, Chrom, Boumer. Fig. 5. Ok. 6, Ginson, jodiert, HansEn’sches Hamatoxylin. Fig. 6. Ok. 6, Ginson, ohne Jod, Hemernnain. Fig. %7. Ok. 12, Gitson, ohne Jod, Hansen. Fig. 8. Ok. 6, Heife Chromsiure, Hermunnatn. Fig. 9. Ok. 4, Grtson, ohne Jod, Boraxkarmin, Methylgrin. Fig. 10. Ok. 6, Gitson, jodiert, Hansen. Fig. 11. Ok. 6, Gitson, jodiert, Hansrn. Fig. 12. Ok. 6, desgl. Fig. 13. Ok. 4, desgl. Fig. 14. Ok. 6, desgl. Fig. 15. Ok. 6, Gitson, ohne Jod, Heimpennain. Fig. 16. Ok. 6, Giuson, jodiert, Hansen. a und b zwei Teile desselben Kérpers aus zwei aufeinander folgenden Schnitten. Fig. 17. Ok. 6, desgl. Fig. 18. Ok. 6, Ginson, ohne Jod, Boraxkarmin, Methylgriin. Fig. 19. Ok. 6, Fuemmine schwach, Saffranin, Solidgriin. Fig. 20. Ok. 12, Zenxmr, Bionp1. Fig. 21. Ok. 12, 5 w, Giuson, ohne Jod, Bordeaux, HemEnHAIN. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 293 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Nukleolen bei Fig. Fig. stellung. Fig. oben sind bei Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. ie Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 44, 45, 46. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. 6, Giuson, ohne Jod, Devarrexp. 6, ebenso, Hurpennarn. 4, heie Chromsiure, BoumeEr. 6, desgl. 6, Fiemmine, Saffranin, Solidgriin. 4, Fuemmine, Herpenuatn.. 4, Gitson, jodiert, HrmpENnHArn. 6, desgl., ohne Jod, Hansen, 12, desgl. 4, heife Chromsaure, Boumer. 6, Giuson, jodiert, HerEnnarn. 4, Fremmine, Hempenuain. 12, wie No. 32. 6, Gitson, ohne Jod, Hansen. desg]., HeripEnnHAIN. 6, desgl., jodiert, Hansxun. 4, heife Chroms., Boumer. 4, FtemMinc, Heipennatrn. 4, Gitson, jodiert, Hnrpennatn. 4, desgl Hansen. 1, 2 u. 3 drei verschiedene verschiedener Einstellung. Ok. Ok. Ok. 4, desgl. 4, desgl. Drei Nukleolen bei verschiedener Ein- 4, desgl. Die beiden Teile des Nucleolus links verschiedener Einstellung sichtbar. Ok. 6, Ginson, jodiert, HansEn. Desgl., Chrom, Boummr. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. 6, 5 uw, Gitson, ohne Jod, Bordeaux, Heipmennain. 6, 5 w, Gitson, ohne Jod, Herpennain. 6, Gixson, jodiert, HemEnHAIn. 12, Fremmine, HempENHAIN. 12, desgl. 6, wie 51. 6, 5 u, Girson, ohne Jod, HerpEnwarn. Ginson, jodiert, Hansen. 6, desgl. 6, desgl., HripenHAIn. 12, 5 wu, Girson, ohne Jod, Bordeaux, Heipennain. Dieselbe Stelle mit Ok. 4. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. Ok. 12, 5 uw, wie 59. 6, Fremine, Saffranin, Solidgriin. 12, 5 wu, wie 59. 6, Ginson, ohne Jod, HEmENHAIN. 12, wie 56. 6, heife Chroms., BoumeEr. 4, wie 51. 294 Wilhelm Lubosch, Fig. 68. Ok. 6, Zenxer, Bionnt. Fig. 69. Ok. 12, Chrom., Herpmnwatn. Fig. 70. Ok. 6, wie 51. Tafel XV und XVI, Photogramme 1—21b (hergestellt mit den Hilfsmitteln des Ateliers der Breslauer Anatomie !), No. 1. Aus einem dotterlosen Ei des Stadiums 2. Fixiert mit Gitson’scher Fliissigkeit, jodiert, gefarbt 5 Min. ohne Differen- zierung in Hanspn’schem Hiamatoxylin. Balglinge 35 cm, Eosinsilber- platte. Hom. Imm. 2mm. Proj.-Ok. 4. Tubusl. 160 mm. Lichtfilter. No. 2. Aus einem Ei Ende des Stadiums 3. ZrnKeR’sche Fliissigkeit, Bronpi’sche Lisung. Balglinge 28 cm, sonst wie No. 1. No. 3. Aus einem Hi zu Beginn des Stadiums 3. Gutson, ohne Jod, Herpennain. Aufnahme wie No. 1. No. 4. Ei Beginn von Stadium 4. Vergl. Fig. 8. Heike Chromsiure, Boumer. Aufnahme wie No. 1. No. 5. Stadium feinster Verteilung (3). Vergl. Fig. 10. Gitson, jodiert, Heippnuarn. Aufnahme wie No. 1. No. 6. Stadium 8. Vergl. Fig. 16. Gttsoy, jodiert, HemeEn- HAIN. Aufnahme wie No. 1. No. 7. Beginn von Stadium 4. Vergl Fig. 21. Gunson, ohne Jod, Bordeaux, Hrerpennain, 5 uw. Aufnahme wie No. 1. No. 8. Junges Ei aus Stadium 2. Gunson, jodiert, HrrpEn- Hain. Vergl. Fig. 22. Balglinge 18 cm, Proj.-Ok. 4, sonst wie Now: No. 9. Ei Ende des Stadium 2. Vergl. Fig. 24. Heike Chromsiure, Béumer. Aufnahme wie No. 1. No. 10. Junges Ei, zwischen Stadium 1 und 2. FrLemmine, Hemenuwain. Vergl. Fig. 27. Balglinge 35 cm, Proj.-Ok. 2, sonst wie No. 1. No. 11. Ei im Stadium 4, Bildung der Moosfiguren. Vergl. Fig. 31. Heife Chromsaiure, Hemennarn. Balglange 28 cm, sonst wie No. 1. No. 12. Ei des Stadiums 3. Verg]. Fig. 33. FLEemmine, HEIDENHAIN. Balglainge 37 cm. sonst wie No. 1. No. 13. Junges Ei, Stadium 2. Grison, ohne Jod, Hrmen- HAIN, Proj.-Ok. 2, sonst wie No. 1. No. 14. Junges- Ei, Stadium 2. Gtson, jodiert, Detarm.p’- sches Himatoxylin. Proj.-Ok. 2, sonst wie No. 1. 1) Eine Reihe von Aufnahmen, auf die nachstehend ausdriick- lich verwiesen wird, sind mit mehr Details bereits oben auf Tafel XIII und XIV in Zeichnungen wiedergegeben. Ueber die Nukleolarsubstanz des reifenden Tritoneneies. 295 No. 15. Centralkérper. Perimitotische Nukleolen in Auflésung. Vergl. Fig. 43—46. Guuson, jodiert, Hansen’sches Himotoxylin, ohne Differenzierung. Balglinge 28 cm, Proj.-Ok. 2, sonst wie Nos. No. 16. Ei des Stadiums 3. Vergl. Fig. 49. Gutson, ohne Jod, Herpennain, Bordeaux, 5 u, wie No. 1. No. 17. Hi des Stadiums 3. Guuson, jodiert, Hansmn’sches Hamatoxlin 15 Minuten. Aufnahme wie No. 1. No. 18. Ei des Stadium 3. Vergl. Fig. 57. Guzson, jodiert, Hansen; Kompens.-Ok. 12, Balglinge 18 cm, sonst wie No. 1. No. 19. Hi desselben Stadiums, 5 uw. Gitson ohne Jod, Bordeaux, Hempennain, Aufnahme wie No. 19. No. 20. Ei desselben Stadiums, 10 uw. Guuson, jodiert, Han- sEN 15 Minuten. Aufnahme wie No. 19. No. 21a und b. Zwei aufeinander folgende Schnitte eines Kies von Petromyzon Planeri. Junges dotterloses Ei eines 11 cm langen Ammocoetes. Sublimat-Hisessig, 6 a, Herpennary, Picrorubin. 296 Wilh. Lubosch, Nukleolarsubstanz des reifend. Tritoneneies. Inhalt. Einleitung: Aufgaben und Ergebnisse. — Anordnung des Stoffes 1 lean y sh ee pS. ss) oe. a I. Kapitel: Das Keimblaschen des Tritoneneies in Ab- LAL, hangigkeit von Fixierung und Farbung Kapitel: Die Erscheinungen der Nukleolenauflosung unabhangig von Fixierung und Farbung . . Kapitel: Zusammenfassende Darstellung der Nukleolen- auflésung . 7. Kapitel: Grundlagen © einer Theorie der Bireifung . . Kapitel: Theorie der Hireifung 1. Funktionelle Theorien der Bireifung oder die Be- ziehungen zwischen dem Keimblaschen und der Ki- zelle. 2. Morphologische Theorie der Eireifung. Verzeichnis der Litteratur . Erklarung der Abbildungen und der Photogramme Seite 217 221 233 244 250 271 286 291 Ueber das Schicksal der elterlichen und grosselterlichen Kernanteile. Morphologische Beitrage zum Ausbau der Vererbungslehre. Von Valentin Hicker, Technische Hochschule, Stuttgart. Hierzu Tafel XVII—XX und 16 Figuren im Text. Vor einer Reihe von Jahren haben Rickert und ich’) bei verschiedenen Copepoden festgestellt, daf die Furchungskerne nicht bloB8 im Ruhezustand, sondern auch wihrend der Mitose aus zwei vom KEi- und Samenkern abstammenden Halften zusammen- gesetzt sind, und da8 dieser Doppelbau der Kerne sich am langsten in der Keimbahn, und zwar bis zu den Urgenitalzellen ver- folgen Jakt. Obgleich diese Befunde, denen bald ahnliche in anderen Tier- gruppen folgten, bis zu einem gewissen Grade den tblichen Vor- stellungen iiber die Folgen des Befruchtungsprozesses im Wege standen, so muSte doch von einer weitergehenden theoretischen Verwertung derselben abgesehen werden, solange sie nicht in drei Richtungen eine Vervollstandigung erfuhren. Es mufSte zunachst gepriift werden, ob die von Rickert ausgesprochene Vermutung, da die Doppelkernigkeit bis ins Keimblaschenstadium fortdauere, richtig sei, sodann mute das specielle Verhalten der elterlichen 1) V. Hicker, Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus, Zool. Jahrb. (Anat. Abt.), Bd. V, 1892, p. 244, Fig. 29; J. Rucxerr, Ueber das Selbstindigbleiben der vaterlichen und miitterlichen Kernsubstanz wiahrend der ersten Entwickelung des befruchteten Cyclopseies, Arch. mikr. Anat., Bd. XLV, 1895; V. Hacxur, Ueber die Selbstiindigkeit der vaterlichen und miitterlichen Kernbestand- teile wihrend der Embryonalentwickelung von Cyclops, Arch. mikr. Anat., Bd. XLVI, 1896. Bd. XXXVII. N. F. XXX. 20 298 Valentin Hacker, Kernanteile unmittelbar vor dem folgenden BefruchtungsprozeB, also zwischen der zweiten und dritten Generation, untersucht werden, und schliefSlich galt es, zu ermitteln, ob es sich nicht blof um sporadische Vorkommnisse, sondern um eine allgemeine Er- scheinung im Tier- und Pflanzenreich handle. In der erstgenannten Richtung bewegten sich die Unter- suchungen, tiber deren Ergebnisse ich im Frihjahr 1901 im Anatomischen Anzeiger eine kurze Mitteilung') machen konnte. Seither habe ich unter Wiederaufnahme und Vervollstindigung meines alten Cyclopsmaterials auch den zweiten und mittelst Heran- ziehung anderer Objekte und méglichst vollstindiger Beriicksichti- gung der Litteratur den dritten Punkt in Angriff genommen. Die Resultate aller dieser morphologischen Vorarbeiten sind es, welche in der vorliegenden Schrift zusammengefaft und der experimentellen Forschung nutzbar gemacht werden sollen. 1. Kapitel. Biologische Vorbemerkungen. Da mein friiheres Material, Cyclops brevicornis, eine weitere Verfolgung der Autonomie der Kernhalften tiber das Stadium der Urgenitalzellen hinaus nicht gestattete, weil keine gentigende An- zahl von jiingeren Larven beschafft werden konnte, versuchte ich, mit Hilfe pelagischer, in unbegrenzter Menge zu_ erlangender Formen weiter zu kommen. Auf diese Weise kam ich dazu, die pelagischen (,,limnetischen) Copepoden des Titisees zu unter- suchen. Wie bereits an anderer Stelle?) mitgeteilt wurde, habe ich im Titisee, einem im Hoch-Schwarzwald am Fue des Feldberges in der Hohe von 848 m gelegenen Seebecken, die verhaltnismabig groBe Anzahl von vier limnetischen Copepodenarten vorgefunden, nimlich Cyclops strenuus Fiscu., Heterocope saliens Litus., Dia- ptomus laciniatus Linus. und D. denticornis Wirerz. In diesem Jahre 1) V. Hicker, Ueber die Autonomie der viterlichen und miitter- lichen Kernsubstanz vom Ei bis zu den Fortpflanzungszellen. Anat. Anz., Bd: XX, 1902. 2) V. Hacker, Ueber die Fortpflanzung der limnetischen Copepoden des Titisees. Ber. Naturf. Ges. Freiburg, Bd. XII, 1901. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 299 (Juni 1902) hat Herr stud. E. Wor noch die eisacktragenden Weib- chen einer fiinften limnetischen Art, Cyclops oithonoides Sars, im Titisee angetroffen, so daf also dieser an Zahl der limnetischen Copepodenarten alle grofen Schweizer Seebecken iibertrifft. Die 4 erstgenannten Arten, von denen Cyclops strenuus zur Familie der Cyclopiden, die 3 tbrigen zu den Centropagiden (Calaniden der alteren Autoren) gehéren, sind entsprechend dem postglacialen Charakter des Titisees sog. subglaciale Formen, d. h. solche, welche einerseits im Norden der alten Welt, in skandinavischen, finnischen und sibirischen Wasserbecken, andererseits im Giirtel der mitteleuropaischen Hochgebirge (Pyreniien, Alpen, Tatra, Kaukasus) vorkommen. Alle 4 erstgenannten Copepoden sind wenigstens im Titisee monocyklische Formen, d. h. Formen, welche nur einmal im Jahr wahrend einer kiirzeren oder laingeren Periode in Fort- pflanzung stehen und zu ihrer Entwickelung annaihernd 12 Monate bediirfen. Ich gebe im folgenden eine kurze Zusammenstellung der beziiglichen Daten und zum Vergleich einige Angaben der Schweizer Autoren. Fiir Cyclops strenuus liegen eine Reihe von gut tiberein- stimmenden Daten vor. Ich habe ihn in dem von Ende De- zember bis Anfang April eisbedeckten Titisee (848 m) im Mai in Fortpflanzung angetroffen, nach ZscHoKKE!‘) beginnt im oberen See von Arosa (1740 m) seine Hauptvermehrungszeit im Mai und Juni, in sehr hoch gelegenen kalten Gebirgsseen dagegen, z. B. in den Seen des Rhatikons (1874—2313 m), erst im Juli und August. In dem nur sehr selten von ausgedehnten Kisdecken be- deckten Vierwaldstatter See scheint Cyclops strenuus nach G. BurckHarptT ”) dicyklisch zu sein, indem die erste Generation von Januar bis Marz, die zweite von Juli bis August sich in Fort- pflanzung befindet. Heterocope saliens habe ich im Titisee von der zweiten Halfte des Juni bis in die erste Halfte des Oktober in Fort- pflanzung angetroffen. Wahrend dieser ganzen Zeit trugen viele Weibchen die Samenballen am Abdomen angeheftet, und die Ei- leiter strotzten von zahlreichen, auf verschiedener Entwickelungs- 1) F. Zscuoxxe, Die Tierwelt der Hochgebirgsseen, Basel, Genf und Lyon 1900, p. 150. 2) G. Burckuarpt, Quantitative Studien tiber das Zooplankton des Vierwaldstatter Sees, Luzern 1900, p. 168. 20* 300 Valentin Hacker, stufe stehenden Eizellen, was auf eine sehr lebhafte und im Gegensatz von Diaptomus nicht schub- oder satzweise, sondern kontinuierlich erfolgende Eiproduktion schlieBen l4Bt. Den Vor- gang der Eiablage habe ich so wenig wie meine Vorginger (GRUBER, Norpquist u. A.) verfolgen kénnen, zweiffellos werden aber die Kier, wie bei vielen marinen Verwandten (Cetochilus u. a.) einzeln abgesetzt. Diaptomus laciniatus beginnt im Titisee die Bildung von Kisickchen schon im Marz, noch unter der Eisdecke. Die Ver- mehrung erreicht ihr Maximum im Mai, also etwa 3 Monate spiter als in dem eisfreien Vierwaldstitter See, wo G. BurcK- HARDT!) das Maximum der Kier tragenden Weibchen im Mittel um den 15. Januar fand. Diaptomus denticornis produziert im Titisee von Ende Juni bis Anfang Oktober Eiersicke. Das Maximum der Fortpflanzungs- thatigkeit fallt jedoch in den August, also in den namlichen Monat, in dem diese Art auch in den Hochgebirgsseen in die Geschlechtsreife eintritt. Es ist bemerkenswert, da’ der nach ZSCHOKKE als hochalpin und hochnordisch zu bezeichnende, den hochalpinen, subglacialen Verhaltnissen streng angepabte D. denticormis auch im Titisee jenen Termin eingehalten hat, trotz- dem dieser See schon im Anfang April, also 2—3 Monate friiher als die Hochgebirgsseen, aufzufrieren pflegt. Wihrend also im Titisee die Hauptvermehrung des D. laci- niatus in die Friihlingsmonate fallt, ist diejenige von D. denticornis auf den Hochsommer konzentriert. Es mag vielleicht mit diesem, im wesentlichen auch fiir die Alpenseen geltenden Verhaltnis zu- sammenhingen, daf beide Arten in demselben Seebecken zu- sammen vorkommen, wahrend sich z. B. D. denticornis und bacil- lifer, welche die gleiche Fortpflanzungszeit besitzen, wenigstens in den Alpen in einem und demselben See ausschlie& en’). Im Anschluf an diese Bemerkungen iiber die jahrliche Periodi- citét der 4 Arten sollen noch einige Worte iiber das zeitliche Auftreten der beiden Geschlechter der 2 Diaptomus- arten hinzugefiigt werden. Bei Diaptomus denticornis und noch mehr bei D. laciniatus trat mir die Erscheinung entgegen, dal die Geschlechter in den Stadien vor Erlangung der vollen Geschlechts- reife in den Oberflachenschichten des Sees sehr ungleichmaSig gemischt sind. Wahrend an den klaren heifen Sommertagen, an 1) G. BurcxHarpt, 1. c. p. 164. 2) HW, Zschoxxsn, 1. c. p. 127; Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 301 welchen wir unsere meisten Fiange ausgefiihrt haben, in den Ober- flichenschichten (0O—2 m) die jungen Weibchen ganz auferordentlich tiberwogen, fanden sich im Winter in den beiden unter der Eis- decke gemachten Fangen die Mannchen in groBer Majoritat vor. Kine genauere Betrachtung der Zahlenverhaltnisse fiihrte mich zu der Auffassung, daf die Weibchen mehr gleichmafiger in den verschiedenen tiberhaupt bewohnten Schichten verteilt sind, wihrend , die Mannchen, als die sensitiveren, speciell wohl auch gegen Licht und Warme empfindlicheren Individuen mehr eine bestimmte, je nach den Licht- und Warmeverhiltnissen tiefere oder hédhere Schicht, cin bestimmtes Optimum, einhalten‘ und also an klaren Sommertagen sich mehr in die tieferen Schichten hinabsenken, unter der wenig transparenten Schee- und Kisdecke dagegen nach der Hohe streben. Diese am Titisee-Material gewonnenen Ergebnisse stehen in bestem Einklang mit denjenigen von G. BuRCKHARDT!), welcher die limnetische Fauna des Vierwaldstitter-Sees zum Gegenstand einer auferordentlich umfassenden und erschépfenden Untersuchung gemacht hat. So sagt BurRcKHARDT?) von Diaptomus gracilis, da8 die Mannchen eine sehr deutlich ausgepragte tagliche Wande- rung zeigen, die sich strikte nach der Intensitat der Beleuchtung und nach der Klarheit des Wassers richtet, und daf die Weibchen nicht ganz so stark und bedeutend weniger schnell auf die Licht- unterschiede reagieren. Ein noch prompteres Reagieren auf die Lichtveranderungen fand BurckHARDT bei D. laciniatus. Die Mannchen dieser Form dringen bei Nacht sehr stark gegen die Oberflache an und konzentrieren sich hier in der obersten 1 Meter- Schicht, wihrend die Weibchen nachts immer noch auf die 20—50 obersten Meter verteilt sind. Ein Unterschied zwischen den Verhaltnissen in den beiden Seen besteht nur darin, daf in dem infolge seines Reichtums an gelésten organischen Substanzen tiefbraun gefarbten Titisee die Copepoden an und fiir sich mehr in den Oberflichenschichten konzentriert sind als in dem transparenten, gewohnlich blau-griinen Vierwaldstatter-See. 1) Die schéne Arbeit G. Burckuarpt’s ist mir erst nach Ver- offentlichung meiner ersten Mitteilung in die Hande gelangt. So sehr ich auch auf der einen Seite bedauert habe, ihr Erscheinen iibersehen zu haben, so erfreulich erscheint es mir andererseits, daf wir unabhangig voneinander zu den gleichen Ergebnissen gelangt sind. PLC» pr 2200 te 302 Valentin Hacker, 2. Kapitel: Zur Entwickelungsgeschichte der Centropagiden. Von den 5 limnetischen Titisee-Copepoden haben mir nur die 3 Centropagiden als Material fiir die eigentliche Unter- suchung gedient. Von diesen 3 Formen sind die beiden Dia- ptomusarten, insbesondere D. denticornis, sowohl fiir die embryo- nalen, als fiir die larvalen Stadien, Heterocope der oben be- sprochenen Verhiltnisse halber nur fiir die letzteren in Betracht gekommen. Die Entwickelung der Eier von Diaptomus denticornis schlieBt sich sowohl in ihrem auBeren Verlauf, als in Bezug auf die kern- teilungsgeschichtlichen Verhaltnisse durchaus an diejenige des Cyclopseies an. Ich will daher nur auf zwei Punkte genauer ein- gehen, beziiglich welcher ich einige neue Thatsachen von all- gemeinerem Interesse dem bisher Bekannten hinzufiigen kann, nimlich auf die Bildung von Dauereiern und auf die histologische Differenzierung der Keimbahnzellen. Ueberdie Bildung von Dauereiern bei Diaptomus. Bei der Feststellung des Fortpflanzungscyklus der beiden Diaptomus- arten des Titisees war mir aufgefallen, daf dieselben beziiglich der Geschwindigkeit der Entwickelung einen weseptlichen Unter- schied zeigen. Wie wir gesehen haben, fallt im Titisee die Fort- pfianzung des Diaptomus laciniatus in die Monate Marz bis Mai. Schon Ende Juli, also nur zwei bis drei Monate nach der Hauptvermehrung, wimmeln die Oberflichenschichten des Sees von geschlechtlich differenzierten, mit allen sekundéren Geschlechts- charakteren ausgestatteten Laciniatus-Jungen, welche dann ganz langsam waihrend des Herbstes und Winters, also im Verlauf von 8 Monaten, zur vollen Reife heranwachsen. Im Gegensatz dazu treten bei Diaptomus denticornis, dessen Hauptvermehrung in den August fallt, geschlechtlich differenzierte Jugendformen erst im folgenden Juni, also zehn Monate spiter auf, wahrend die Weiterentwickelung zur vollen Geschlechtsreife auferordentlich rasch, in dem kurzen Zeitraum von etwa zwei Monaten, vor sich geht. Diese merkwiirdige Verschiedenheit fiihrte mich vor die Frage, in welchem Stadium die Denticornis-Brut tiberwintert. Um diese Frage zu beantworten, untersuchte ich zunichst, bis zu welchem Stadium die Embryonen von D. denticornis in den Eisacken der Miitter herumgetragen werden. Da ergab sich denn, wie ich zur EOE Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 303 Vervollstandigung der in der friiheren Mitteilung gemachten An- gaben kurz ausfiihren mochte, folgende Sachlage. Untersucht man zu Anfang der Vermehrungszeit von Dia- ptomus denticornis, also in den ersten Augusttagen, den Inhalt der Kisicke, so ergeben sich im wesentlichen die nimlichen Verhalt- nisse, wie bei den tiimpelbewohnenden Copepoden, bei Cyclops und Canthocamptus: es kommen relativ selten die Befruchtung, die friiheren Furchungsstadien, die Blastula und Gastrula, dagegen in tberwiegender Anzahl die alteren Embryonalphasen, namentlich das Naupliusstadium zu Gesicht. Selbstverstandlich hangt dieses Verhaltnis mit der relativen Dauer der einzelnen Phasen zusammen. Beispielsweise wiesen 30 auf Schnitten untersuchte Eisécke von Diaptomus denticornis aus einem Fange vom 6. August (1900) folgende Zahlenverhaltnisse aut: I. Richtungskérperbildung, Befruchtung O—= O °%/, II. Furchung bis zur Blastula 6 = 20 %/, ae III. Gastrulation und vollendetes Gastrula- 56,66 °/o stadium (,,Dauerstadium‘) 11) —36,66' IV. Spatere Embryonalstadien bis zum Nauplius 13 = 43,33 °/, 43,33 % Nur wenige Wochen spater ist aber die Sachlage eine ganz andere. Man findet nunmehr fast ausschlieflich die Furchungs- stadien und die einzelnen Phasen der Gastrulation, dagegen nur sehr spirlich die spéteren Embryonalstadien. So enthielten 20 auf Schnitten untersuchte Eisécke aus einem am 19. August des nimlichen Jahres (1900) gemachten Fange folgende Stadien: I. Richtungskérperbildung, Befruchtung 3 — Omg II. Furchung bis zur Blastula T= 35 % III. Gastrulation und vollendetes Gastrula- 90 "lo stadium (,,Dauerstadium‘‘) 8 == 40 %, IV. Spaitere Embryonalstadien bis zum Nauplius 2—=10% 10 %, Diese betrachtliche Verschiedenheit zwischen dem friiheren und dem spateren Fange findet ihre Erklarung in dem Umstande, daS Diaptomus denticornis zweierlei Eier produziert, und zwar im ersten Teil seiner Vermehrungsperiode ,,Subitaneier“, welche sich innerhalb des Eisackes kontinuierlich bis zum Naupliusstadium weiterentwickeln, im zweiten Teil vorwiegend ,,Dauereier, welche zunachst nur bis zu einem bestimmten, im folgenden genauer zu bezeichnenden Stadium gelangen. 304 Valentin Hicker, Die beiden Arten von Kiern sind von Beginn des Gastrulations- prozesses an sofort an der verschiedenen Umhillung zu erkennen: die Subitaneier sind bis zum Naupliusstadium — auffer von der ge- meinschaftlichen Eisackhiille — nur von einer diinnen, als Dotter - membran zu bezeichnenden Special-EKihaut, die Dauereier da- gegen von einer doppelwandigen, chitindsen Kapsel umschlossen. Es mége zunachst die Beschaffenheit und Entstehungsweise dieser Kapsel an der Hand der Figuren 11—14 besprochen werden. Die Fig. 11 zeigt die letzten Mitosen des achten Teilungs- schrittes der Blastodermzellen. Die grofkernigen Entodermzellen (E), von denen 3 im Schnitte liegen, zeigen noch kein Anzeichen der achten Teilung und nehmen, wie dies auch bei den Cyclops- eiern im entsprechenden Stadium‘) der Fall ist, infolge der Ex- pansion der sich teilenden Blastodermzellen eine palisadenartige Gestalt an. Auf der Kuppe der von ihnen gebildeten pfropfartig in die Furchungshohle hineinragenden Masse liegt die primare Urgenitalzelle (A-Zelle). In diesem Stadium sieht ‘man, wie unter- halb der diinnen Dottermembran?) (Dm) die aubere chitinédse Kapsel (Ch,) zur Abscheidung gelangt. In Fig. 12 haben die Blastodermzellen gréftenteils den neunten, die Entodermelemente den achten Teilungsschritt vollendet, und ebenso hat die primaire Urgenitalzelle durch Teilung die beiden se- kundiren oder definitiven Urgenitalzellen geliefert. In diesem Sta- dium erfolgt die Bildung der inneren Chitinkapsel (Ch,), welche, was ihre Dicke und sonstige Beschaffenheit anbelangt, der auBeren vollkommen gleicht und auf den Schnitten gewohnlich durch einen schmalen Spalt von ihr getrennt erscheint. In den folgenden Stadien zeigten sich die beiden Kapseln hiiufig vom Embryo abgehoben, was midglicherweise auf eine Wirkung der Reagenzien zuriickzufiihren ist. In solchen Fallen (Fig. 14) lieB sich innerhalb der inneren Kapsel noch eine weitere, sehr diinne Membran erkennen. Es lie8 sich nun weiterhin durch einen Vergleich zahlreicher Kisacke aus verschiedenen Fangen der Nachweis fiihren, daf nur 1) Das hier abgebildete Stadium von Diaptomus entspricht der in Taf. V, Fig. 29 meiner letzten Cyclops-Arbeit (Die Keimbahn von Cyclops, 1897) abgebildeten Phase. 2) Auf den vorhergehenden Figuren und ebenso in Fig. 13 u. 14 ist die Dottermembran nicht eingezeichnet. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 305 die diinnhautigen ,,Subitaneier“ sich innerhalb des Eisackes bis zum Naupliusstadium weiter entwickeln, waihrend die dickschaligen »Dauereier“ nur bis zu einem bestimmten, wohl charakterisierten Stadium gelangen. Dieses Stadium wird dadurch erreicht, daf zunachst die beiden Urgenitalzellen und die samtlichen, in den vorhergehenden Stadien durch ihre grofen Kerne gekennzeichneten Entodermzellen in das Innere der Furchungshéhle hineingeschoben werden. Sie bilden miteinander ein rundliches Paket von Zellen, dessen Umrifi in Fig. 13 durch einen dunklen Kontur hervorgehoben ist. Wahrend nun die Entodermzellen die dem neunten Teilungs- schritt entsprechende Teilung ausfiihren (Fig. 13), stilpen sich vom Blastoporus aus zahlreiche kleinzellige Elemente in das Innere des Embryos ein und schieben sich in den Spalt zwischen dem centralen Zellpaket und der Innenflache des Entoderms. Inwieweit es sich hierbei um entodermale oder mesodermale Klemente handelt, habe ich nicht weiter verfolgt. Hier sei nur erwahnt, dafi die betretfenden Bilder vollkommen den bei Cyclops gefundenen entsprechen!) und daS auch ein Vergleich mit den von PEDASCHENKO ?) bei Lernaea beobachteten Verhaltnissen keine Schwierigkeiten bietet. In dem nunmehr erreichten Stadium (Fig. 14) bildet der Embryo eine ovoide, vollstindig kompakte Zellenmasse, in welcher die Reste der Furchungshéhle und des Blastoporus (vergl. Fig. 13) vollstandig verschwunden sind. Die Kerne des Blastoderms sind, wie ich dies auch bei den Dauereiern von Cladoceren (Sida cry- stallina) gefunden habe, von der Peripherie des Eies weg in die Tiefe ihrer Zellterritorien geriickt. Es wurden bereits oben, im Gegensatz zu den sich konti- nuierlich weiterentwickelnden ,,Subitaneiern“, die Bezeichnungen ,»Dauereier, bezw. ,,Dauerstadium“ gebraucht. Dafiir, daf das in Fig. 14 abgebildete Stadium thatsiachlich den Beginn einer angeren Entwickelungsruhe bezeichnet, scheinen mir, wie ich hier kurz zusammenfassen will, folgende Verhiltnisse beweisend zu sein: die Thatsache, dafi sich bei Diaptomus denticornis tberhaupt zweierlei Eier vorfinden, ferner die Beschatfenheit der dicken, mehr- schichtigen Chitinkapsel und das auffallige Fehlen der bei anderen 1) Vergl. Die Keimbahn von Cyclops, Taf. V, Fig. 34. 2) D. Pepascuenxo, Embryonalentwickelung uad Metamorphose von Lernaea branchialis L. Trav. Soc. Imp. Natur. St. Pétersb., TeV 1.898. 306 Valentin Hacker, Copepoden so zahlreich sich findenden alteren Embryonalstadien, und schlieflich die Aehnlichkeit des fraglichen Stadiums mit dem Ruhestadium der Wintereier der Daphniden '). Ich glaube es demnach als feststehend betrachten zu diirfen, daf Diaptomus denticornis im zweiten Abschnitt der Fortpflanzungs- periode ,,Dauereier“ erzeugt, womit meines Wissens erstmals fir einen Copepoden die Existenz von zweierlei Kiern nachgewiesen sein wide. Mein konserviertes Material erlaubt es nicht, die weiteren, sich daran anreihenden Fragen zu beantworten: ob die vom Weibchen abgestreiften Eier in flottierendem Zustand oder auf dem Seegrund die Ruhezeit verbringen, wie lange diese Ruhezeit dauert, ob speciell die Embryonen wihrend des ganzen Winters auf diesem Dauerstadium stehen bleiben und in welchem Verhiltnis die beiden Entwickelungsweisen zu einander stehen? Die Klarlegung aller dieser Punkte wiirde nur an Ort und Stelle méglich sein. Erwahnen muf ich noch, da’ ich auch von Diaptomus lacinia- tus am Schlu8 der Fortpflanzungsperiode, im Juni und Juli, ver- einzelte Weibchen gefunden habe, welche in ihrem Eisack an Stelle der 6 rasch zu Nauplien sich entwickelnden Eier nur ein oder zwei von einer dicken Hiille umschlossene, auf friiheren Ent- wickelungsstadien befindliche Eier mit sich fihrten. Histologische Differenzierung der Keimbahnzellen. Ehe ich auf den eigentlichen Gegenstand, die Autonomie der elterlichen Kernhalften, eingehe, soll noch eine kurze Beschreibung der Keimbahn unserer Objekte, d. h. der vom befruchteten Ei zur Gonadenanlage fiihrenden Zellenfolge, vorausgeschickt werden. Fiir Cyclops brevicornis habe ich in friiheren Arbeiten an- gegeben, dafi die Keimbahn durch eine Reihe von besonderen Merkmalen gekennzeichnet ist: nicht nur, da8 die auch bei den iibrigen Furchungszellen zu beobachtenden Erscheinungen, namlich die Autonomie der elterlichen Kernhalften und die Heterotypie des Kernteilungsverlaufes, sich in dieser Zellenfolge am langsten und ausgepragtesten forterhalten, sondern es kommen noch zwei weitere Merkmale hinzu, welche in jedem einzelnen Furchungsstadium die Keimbahnzellen ohne weiteres charakterisieren, namlich die zu- 1) Vergl. V. Hicxpr, Die Entwickelung der Wintereier der Daphniden. Ber. Nat. Ges. Freiburg, Bd. VIII, 1894, Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 307 nehmende Verlangsamung der Teilungsgeschwindigkeit (zunehmende Phasendifferenz) und das Auftreten einer besonderen morpho- logischen Differenzierung, der AuSenkérnchen oder Ektosomen. Die namlichen vier Merkmale finden sich auch bei den Hiern von Diaptomus denticornis wieder, wie unter Hinweis auf die bei- gegebenen Figuren, in welchen die Keimbahnzellen durch einen roten Ton gekennzeichnet sind, in kurzem gezeigt werden soll. Das erste Merkmal, die Autonomie der Kernhalften, bildet den eigentlichen Gegenstand unserer Untersuchung und kann daher bei diesen Vorbemerkungen iibergangen werden. Die beiden folgenden, die Heterotypie des Kernteilungsverlaufes und die zu- nehmende Phasendifferenz, werden beispielsweise durch die Figur 4, welche den Uebergang vom Vier- zum Achtzellenstadium dar- stellt, veranschaulicht. Die 3 im Schnitte getroffenen Kern- teilungsfiguren zeigen alle einzelnen Unterphasen der Metakinese, d. h. das Auseinanderweichen der Spalthalften, also Bilder, welche bekanntlich gerade beim heterotypischen Kernteilungsmodus be- sonders haufig und in besonders charakteristischer Weise zur Anschauung kommen. Die Figur lat ferner deutlich erkennen, da8 die Kernteilung der Keimbahnzelle bemerklich hinter den iibrigen Kernteilungen zuriickgeblieben ist, eine Differenz der Phase, welche in den nachsten Furchungsstadien sich stufen- weise groéfer gestaltet und z. B. schon beim Uebergang vom 16- zum 32-Zellenstadium fast die ganze Spanne eines Kernteilungs- aktes umfaft, insofern hier die Keimbahnzelle erst die Pro- phasen und zwar die Diakinese aufweist, wahrend ein Teil der iibrigen Zellen den betreffenden Teilungsschritt bereits vollendet hat (Fig. 5 u. 6). Auf das vierte Merkmal, das Auftreten der Aufenkérnchen, muf etwas genauer eingegangen werden. Bei Cyclops brevicornis gestaltet sich dieser Vorgang in der Weise, dal jeweils bei der Teilung der Keimbahnzelle und nur bei dieser im Umkreis des einen Poles rundliche, verschieden grofe Kérnchen auftreten, welche sich ihnlich wie die Nukleolen farben, wihrend der Neu- bildung der Tochterkerne anscheinend zu gréferen Brocken zu- sammenfliefen und im Verlauf der eigentlichen ,,Kernruhe“ wieder vollstindig verschwinden. Beziiglich dieser Kérnchen, fiir welche ich den physiologisch indifferenten Namen ,,AuSenkérnchen* (Ekto- somen) vorgeschlagen habe, blieben eine ganze Reihe von Punkten dunkel: was ihre Herkunft anbelangt, so konnte nur ganz ver- mutungsweise an einen Zusammenhang mit den Nukleolen gedacht 308 Valentin Hacker, werden‘); ferner muSte dahingestellt bleiben, ob bei der Teilung der Keimbahnzelle das kérnchenfiihrende oder das kérnchenfreie Produkt zur neuen Keimbahnzelle wird?); und endlich war es trotz vielfacher Uebereinstimmung der Bilder zuniachst vollkommen ausgeschlossen, Beziehungen zu der Chromatindiminution bei Ascaris aufzufinden *). In allen diesen drei Punkten glaube ich nun infolge der Be- funde bei Diaptomus denticornis um einige Schritte weitergekommen zu sein. Was zunachst das Thatsachliche anbelangt, so sei nur kurz erwihnt, da’ die AuSenkérnchensubstanz in der Keimbahn- zelle sich erstmals in der Phase des segmentierten Knauels (Dia- kinese) als eine einseitig dem einen Kernpol angelagerte Masse bemerklich macht (Fig. 5), da sie dann allmahlich in die Um- gebung des betreffenden Spindelpols riickt und jetzt mehr in Gestalt kleiner Kérnchen erscheint (Fig. 6, 4, 3, 2, 1) und schlief- lich zu Beginn des Ruhestadiums vor ihrem vollstandigen Schwunde wieder in Form einer kuchen- oder wurstahnlichen Masse dem Kern anliegt (Fig. 7—10). Um nun auf die Herkunft der AuSenkérnchen zu sprechen zu kommen, so zeigen die Bilder bei Diaptomus jedenfalls so viel mit Sicherheit, da% diese Gebilde nicht einfach die direkten Um- wandlungsprodukte der Nukleolen des Mutterkerns sein kénnen. Denn wenn auch bei Diaptomus, ebenso wie bei Cyclops das erste Auftreten annihernd mit dem Schwunde der Nukleolen zusammen- fallt (Fig. 5 und 6), so ist doch die Masse der AuSenkérnchen- substanz zweifellos viel gréfer als die der gesamten, vor Beginn der Kernteilung vorhandenen Nukleolarsubstanz und zweitens habe ich den entschiedenen Eindruck gewonnen, daf die Masse der — Aufenkérnchensubstanz auch in der Zeit zwischen dem Spirem- stadium und dem Tochterkernstadium noch in fortgesetzter Zu- nahme begriffen ist (vergl. Fig. 5 und 6 einerseits mit Fig. 7 und 8 andererseits). Angesichts dieses Verhaltens méchte ich, ohne mich auf den Gegenstand weiter einzulassen oder ein abschliefendes Urteil abgeben zu wollen, meine auf den Erfahrungen bei Cyclops und Diaptomus beruhende Auffassung dahin kurz zusammenfassen, daf ich die AuSenkérnchen, ahnlich wie die Nukleolen, fiir tem- porire, nicht-strukturierte Abscheidungen oder e c. p. 74. c Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 309 Zwischenprodukte des Kern-Zelle-Stoffwechsels halte, welche in ganz bestimmten Zustinden der Zelle zur Ab- scheidung gelangen bezw. wieder aufgelést werden. Eine mehr befriedigende Antwort vermag ich auf die Frage zu geben, ob die kérnchenfiihrende oder die kérnchenfreie Zell- halfte zur neuen Keimbahnzelle (,,Stammzelle Bovert’s) wird. Die Figuren 7-10, welche drei verschiedenen Eisicken entnommen sind, geben eine Reihe von Phasen des sechsten Teilungsschrittes wieder. Von den nach Ablauf des fiinften Teilungsschrittes vor- handenen 32 Zellen sind in Fig. 7 dreifig somatische Zellen in abermaliger Teilung begriffen, in Fig. 8 ist diese sechste Teilung beinahe, in Fig. 9 und 10 bereits ganz abgelaufen. Die beiden iibrigen Zellen, namlich die (rot gezeichnete) Keimbahnzelle (A-Zelle) und ihre Schwesterzelle (B-Zelle) machen in Fig. 7 und 8 noch keine Miene zur Ausfiihrung des sechsten Teilungsschrittes, in Fig. 9 ist die Keimbahnzelle in das Stadium des Spirems, in Fig. 10 in das der Diakinese eingetreten. Dak, nebenbei bemerkt, in den spateren Phasen (Fig. 9 und 10) die Keimbahnzelle weniger weit in die Furchungshéhle eingedrungen erscheint als in den friiheren (Fig. 7 und 8), ist, wie ich glaube, nicht als individuelle Variation aufzufassen, sondern als eine normale Folge der Zustinde: ich denke mir, da die wahrend der Teilung der somatischen Zellen passiv in die Furchungshéhle hereingepreSte Keimbahnzelle (Fig. 7 und 8) zu Beginn der eigenen Teilung sich in ihnlicher Weise, wie dies fiir jingere Furchungszellen und Epithelzellen genugsam bekannt ist, abzurunden bemiiht ist und sich dabei teilweise wieder aus der Furchungshéhle zurickzieht (Fig. 9 und 10). In dieser Folge von Figuren ist nun deutlich zu erkennen, ’ da& die Auffenkérnchensubstanz, welche wihrend des fiinften Tei- lungsschrittes gebildet worden war, nicht in der grofen, durch den Umfang ihres Kernes gekennzeichneten Keimbahnzelle, sondern in dem kleinen, vielfach geradezu rudimentir erscheinenden und héchstwahrscheinlich tiberhaupt nicht mehr sich teilenden Schwester- element gelegen ist. Wenn dies aber fiir den fiinften Teilungsschritt Geltung hat, so ist der Schluf kaum abzuweisen, daf auch bei den vorher- gehenden Furchungen die in der Keimbahnzelle gebildete AufSen- kérnchensubstanz nicht der neuen Keimbahnzelle, sondern jeweils ihrer Schwesterzelle als Mitgift tiberliefert wird, um_ hier waihrend des Kernruhestadiums der Auflésung anheimzufallen. 310 Valentin Hacker, Von diesem Standpunkte aus glaube ich nun auch der Be- antwortung der dritten Frage na&her treten zu kénnen, namlich der Frage, welche Beziehungen zwischen der Bildung der AufSen- kérnchen der Copepoden und der Chromatindiminution bei Ascaris bestehen. Jedenfalls kann darauf hingewiesen werden, daf es bei Ascaris stets, bei den Copepoden mindestens bei einem Teilungs- schritte die Schwesterzelle der Keimbahn- oder Stammzelle ist, in welcher die Ab- oder Ausscheidung erfolgt. Es besteht also wenigstens hinsichtlich der Zelle, in welcher sich die Vor- giinge abspielen, eine gewisse Uebereinstimmung, und wir kénnten sagen, da& sich in der Schwesterzelle der Keimbahn- zelle bei den Copepoden gleich bei ihrer Entstehung, bei Ascaris erst bei ihrer Teilung ein Differenzierungsvorgang abspielt, der durch das Auftreten gewisser cellularer bezw. nukleérer Abschei- dungen charakterisiert ist. Ob die Uebereinstinmung weitergeht, ob etwa auch die Abscheidungen bei den Copepoden dem Chromatin entstammen*), und ob tiberhaupt die physiologische Wurzel in beiden Fallen die namliche ist, dariiber méchte ich keine weiteren Vermutungen aufstellen. Immerhin scheint Aussicht vorhanden zu sein, daf wir auf diesem Gebiete nicht lange auf ein gréferes Vergleichsmaterial zu warten haben werden. Jetzt schon tauchen da und dort Beob- achtungen auf, welche sicherlich bei eingehenderer Weiterverfolgung Ankniipfungspunkte bieten werden: so hat, wie ich schon in meiner friiheren Arbeit im Nachtrag anfiihren konnte, JENNINGS ?) in den Entodermzellen eines Riadertieres (Asplanchna) vom vierten Tei- lungsschritte an einseitige Kérnchenansammlungen gefunden, die auBerordentlich an die Aufenkérnchen der Copepoden erinnern, und andererseits hat ganz neuerdings GrarDINA *) bei der Oogo- nienbildung des Schwimmkifers (Dytiscus) gewisse Differenzierun- gen festgestellt, bei denen man lebhaft an die Bovert’schen Be- funde bei Ascaris erinnert wird. 1) Vergl. hierzu die Bemerkungen am Schlu8 des Abschnittes , ndividualitatshypothese der Chromosomen’*. 2) H. S. Jennines, The early development of Asplanchna Herrickii p—E Gurrne. Bull. Mus. Comp. Zool. Harv. Coll., Vol. XXX, 1896, Fig. 16, 38, 48—52, 64 u. a. 3) A. Grarpina, Origine dell’ oocite e delle cellule nutrici nel Dytiscus. Intern. Monatsschr. Anat. u. Phys., Bd. XVIII, 1901. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 311 3. Kapitel. Die Autonomie der Kernhilften wihrend der Furechung und Gastrulation. Die Selbstindigkeit oder, wie ich das Verhaltnis in meiner friiheren Mitteilung genannt habe, die Autonomie der Kernhalften, tritt im Ei von Diaptomus denticornis in mancher Hinsicht deut- licher, in anderer wieder weniger ausgeprigt als bei Cyclops hervor. Wie sich der Leser vielleicht erinnert, laft sich bei der Furchung des Cyclopseies die Trennung der Kernhalften nicht blof im Ruhe- stadium, sondern auch wahrend der Tecilung selbst und zwar nament- lich im Knauelstadium, im Dyaster und wihrend der Rekonstitution der Tochterkerne beobachten. Die beiden letztgenannten Phasen liefern auch bei Diaptomus ganz analoge Bilder, wie aus Fig. 7 (Dyaster) und 8 (Telophasen) ohne weiteres zu ersehen ist. Frei- lich lassen nicht alle Teilungsfiguren, sondern immer nur ein Teil derselben den Doppelbau deutlich hervortreten, aber der Grund ist, wie schon Rickert fiir Cyclops strenuus angegeben hat, nicht in einer bereits stattgefundenen ,,Vermengung“ der vaterlichen und miitterlichen Kernsubstanzen, sondern, namentlich in den spateren Furchungsstadien, in einer innigeren Aneinanderlagerung der Kern- halften, vielfach wohl auch in der verschiedenen Seitenansicht der Figuren zu suchen. Einen Punkt méchte ich tibrigens noch besonders hervorheben, der bei den bisher beschriebenen Objekten noch keine Erwahnung gefunden hat. Bei den in reiner Polansicht sich darbietenden Asteren, z. B. des 4—8-Zellen-Stadiums (Fig. 28 und 29), tritt. eine regelmifige Anordnung der 32 Chromosomen in der Weise hervor, da8 sich durch die kreisférmige Aequatorialplatte jeweils ein Durchmesser legen laft, welcher die Chromosomen in zwei Gruppen zu je 16 trennt, ohne eines der Chromosomen zu schneiden. Es zieht sich lings diesem (auf den Figuren durch die gestrichelte Linie angedeuteten) Durchmesser gleichsam ein schmaler Spalt durch die Aequatorialplatte und die Zweiteilig- keit der letzteren tritt um so deutlicher hervor, als zu beiden Seiten dieses scheinbaren Spaltes die Chromosomen grofSenteils der Linge nach ausgestreckt sind, wahrend in den tibrigen Teilen der Figur mehr die Winkel- und Hakenform der Elemente vorherrscht. Es darf wohl aus den Bildern der Schluf gezogen werden, daf irgend eine, bei der angewandten Konservierung unsichtbar bleibende 312 Valentin Hacker, Trennungsvorrichtung vorhanden ist, durch welche auch im Asterstadium die Chromosomen in zwei Gruppen geschieden werden und da, wie die Figur 4 zeigt, in den betreffenden Furchungsstadien mindestens bis zur Metakinese die ganze citronen- formige Teilungsfigur von einer Kernmembran umschlossen ist, so ist wohl anzunehmen, daf jene Trennungsvorrichtung in einer un- sichtbaren, membranartigen, die ganze Kernteilungsfigur durch- setzenden Scheidewand besteht. Ich gehe jetzt zu demjenigen Gegenstande tiber, welcher in morphologischer Hinsicht den Angelpunkt der vorliegenden Unter- suchung bildet, naémlich zu dem Verhalten der Kerne wahrend des eigentlichen Ruhestadiums. Der Uebergang zu demselben er- folgt in den friihen Furchungsstadien von Diaptomus in der Weise, daf die an die Pole geriickten Chromosomen sich zunachst zu chromosomalen Teilblaischen oder, wie ich dieselben nennen will, zu Idiomeren!) umbilden (Fig. 1 u 3), in ahnlicher Weise, wie dies von R&ckerT und mir fiir Cyclops und von anderen Autoren fiir eine Reihe verschiedener Objekte beschrieben worden ist ”). Die Zahl dieser Idiomeren entspricht tibrigens auf keinem meiner Diaptomus-Praparate der vollen Normalzahl der Chromo- somen (32), vielmehr finden offenbar schon wahrend der Telophasen Verschmelzungen der Chromosomen und ihrer Abkémmlinge statt, so daf héchstens 8 solcher Teilblaschen zur Anschauung kommen. Dieselben sind, wie sowohl Seitenansicht (Fig. 1) als Polansicht (Fig. 7 und 24) erkennen lassen, ann&hernd in einer Ebene und zwar in Form eines Ringes oder Kranzes angeordnet, zeigen also nicht die fiir andere Objekte beschriebene maulbeerférmige Grup- plerung. Sehr rasch erfolgt nunmehr die Verschmelzung der Idiomeren zu zwei gleich grofSen und dicht nebeneinander geschmiegten Blaschen, welche zweifellos der viterlichen und miitterlichen Kern- halfte entsprechen und fiir welche ich die Bezeichnung Gonomeren vorschlagen méchte (Fig. 5 rechts und Fig. 8 oben). Wahrend nun die Idiomeren sich als helle Blischen darstellen, deren farb- bare Substanz in Form von gréferen und kleineren Brocken der 1) Die niachstliegenden Bezeichnungen ,Chromomeren“ und ,.Karyomeren“ haben bereits anderweitige Verwendung gefunden. 2) Hin Teil der Alteren Angaben findet sich bei Ricxerr (I. c. p- 348) citiert. Neuerdings haben namentlich Soporra (1897) bei Amphioxus, Mrap (1898) bei dem Annelid Chaetopterus und Bovrri (1901) bei Echinus das Auftreten solcher Teilblischen beschrieben. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 313 Innenflache der Blischenwand angelagert ist (Fig. 1 u. a.), ist in den Gonomeren ein fadenformiges Geriistwerk zu erkennen, in welchem sich keine deutlichen nukleoliren oder chromosomalen Differenzierungen unterscheiden lassen (Fig. 5 und 8). Bei der Furchung des Cyclopseies pflegt, wie wir gesehen haben, der Doppelbau oder die Gonomerie der Kerne wahrend des Ruhestadiums zu persistieren. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Diaptomus nur um eine kurz dauernde Uebergangsphase. Die beiden Gonomeren verschmelzen sehr rasch miteinander, und es kommt zur Bildung eines ungeteilten, zunachst ovoiden, spater kugeligen oder kurz-ellipsoidischen Kernes, an welchem nur in sehr seltenen Fallen zwei zipfel- oder lappenférmige Fortsatze auf die urspriingliche Zusammensetzung hinweisen. Demnach wiirde also im eigentlichen Ruhestadium jede An- deutung eines Doppelbaues der Kerne verschwunden sein, wenn nicht die Nukleolarsubstanz in ihrem Auftreten eine auffallige Symmetrie zeigen wiirde. Wir finden namlich speciell in den jiingeren Furchupgsstadien folgendes: unmittelbar nachdem die Verschmelzung der Gonomeren stattgefunden und der Kern eine ovoide Gestalt an- genommen hat, kommen an dem dem Spindelreste zunichst gelegenen Pole mit vollstaindiger RegelmaSigkeit zwei sym- metrisch gelegene, anfanglich gleich grofe Nukleolen zur Ab- scheidung (Fig. 6a, 8a). Allmahlich riicken dieselben ins Kern- Innere herein (Fig. 6b), sie legen sich aneinander (Fig. 6c) und kénnen schliefSlich miteinander ganz verschmelzen. In A4lteren Furchungsstadien, z. B. im Stadium 32—62, habe ich ein etwas verschiedenes Verhalten gefunden: die Entstehungsweise der beiden Nukleolen ist hier die namliche, wie in friiheren Stadien (vergl. Fig. 8a), dagegen sieht man, wie in den sich allmahlich abrun- denden Kernen die ins Innere riickenden Nukleolen voriibergehend eine erhebliche Verschiedenheit in ihrer Gréfe zeigen (Fig. 9). Ehe aber ihre Verschmelzung zu einen grofen Nucleolus erfolgt, gleicht sich diese GréSenverschiedenheit wieder aus: wenigstens fand ich in einem und demselben Eisack in denjenigen FEiern, welche mit Riicksicht auf das Verhalten der Stammzelle als die jiingeren zu betrachten sind (Fig. 9), ungleiche, dagegen in den etwas dlteren Eiern (Fig. 10) gleich grofe Nukleolen, bezw. einen einzigen grofen, durch Verschmelzung der beiden urspriing- lichen Nukleolen entstandenen Kernkorper. Ich halte es fiir das Nachstliegende, diese voriibergehende GréBenverschiedenheit der Nukleolen, der wir auch bei der Bd, XXXVII. N. F. XXX. 91 314 Valentin Hicker, Gonadenbildung begegnen werden, auf ein ungleiches Wachs- tum der beiden Kérper zuriickzufiihren, médchte es aber auch nicht fiir ausgeschlossen halten, daf die Gréfkenverschiedenheit ‘auf einer periodischen, beide Nukleolen betreffenden und vielleicht mit Vakuolenbildung zusammenhingenden Vergréferung und Ver- kleinerung beruht, wie ich eine solche friiher am Hauptnucleolus des Seeigel-Keimblischens im Leben beobachtet habe. In besonders schéner Weise zeigen die Stammzellen und ihre Schwesterzellen, sowie spiter die sekundaren Ur- genitalzellen in ihren Kernen das Nukleolenpaar (Fig. 7, 8, 9, 11, 12, 13), und das Namliche ist der Fall bei den grofSen centralen Entodermzellen, welche spater bei der Gastrulation als ein solider Pfropf in die Tiefe geschoben werden (Fig. 11 und 12 E£). Im Gegensatz zu den friiher besprochenen Kernen habe ich bei allen hier genannten Zellen niemals eine Ungleichheit der Nukleolen wahrgenommen, vielmehr fanden sich immer entweder zwei gleich grofe ,,primare“ oder ein einziger, viel gréferer »sekundarer Nucleolus. Daf auch hier der sekundare Nucleolus durch Verschmelzung der priméren seine Entstehung nimmt, dafiir sprechen zahlreiche, in beinahe allen Zellgattungen und Ent- wickelungsstadien beobachtete Bilder, in welchen sich zwei dicht nebeneinander gelagerte Nukleolen oder ein einziger bisquitférmiger vorfand. Es bleibt zu erwahnen tibrig, dafi sich nach erfolgter Gastrula- tion auch noch im Ektoderm (Fig. 11 und 12) regelmakig entweder zwei kleinere oder ein gréferer Nucleolus vorfanden, und wenn sich auch das relative Alter der einzelnen Kerne nicht immer so genau feststellen lie’, wie bei der Furchung, so darf doch wohl ohne weiteres angenommen werden, daf auch hier zuniichst zwei primaire Nukleolen ihre Entstehung nehmen, durch deren Ver- schmelzung der grofe, sekundire zustande kommt. Was bedeutet nun das symmetrische Auftreten zweier Nukleolen in den jungen Furchungskernen ? Wenn wir es hier iiberall mit cinem ausgesprochen ellip- soidischen Kernbau zu thun hatten und wenn die beiden Nukleolen etwa in der Nihe der Brennpunkte des Ellipsoids zur Ausbildung kimen, so kénnte man vielleicht an einen einfachen Zusammen- hang mit der Gestalt des Kerns, an geometrische oder Gleich- gewichtsbeziehungen denken. Nun sehen wir aber (Fig. 6) die Nukleolen nebeneinander am spitzigen Pol eines eif6rmigen Kernes ihre Entstehung nehmen, eine Anordnungsweise, fiir welche, wenig- Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 315 stens nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse, eine rein mechanische Erklarung nicht gegeben werden kann, und dasselbe gilt fir das Auftreten zweier symmetrisch gelegener Nukleolen in kugelformigen Kernen (z. B. Fig. 13, Urgenitalzellen). Das Nachstliegende ist jedenfalls anzunehmen, daf die in dem Auftreten der Nukleolarsubstanz hervortretende Symmetrie mit der in den vorangehenden mitotischen Phasen bestehenden Symmetrie, d. h. mit der Selbstaindigkeit oder Autonomie der elterlichen Kern- halften im Zusammenhang steht, dafi also in dem Vorhandensein zweier symmetrischer Nukleolen das Fortbestehen des Doppel- baues der Kerne zum Ausdruck kommt. Einen absolut strengen Beweis fiir die Richtigkeit dieser An- nahme vermag ich allerdings fiir Diaptomus selber nicht zu geben, da in denjenigen rasch vortibergehenden Phasen, in welchen der Kern eine deutliche Zusammensetzung aus zwei Gonomeren erkennen lakt (Fig. 5 u. a.), die Nukleolen noch nicht zum Vorschein kommen oder wenigstens nicht mit Sicherheit als solche von den Verdickungen des Kerngeriistes unterschieden werden kénnen. Allein ich glaube, daf der hier angenommene Zusammenhang mit Riicksicht auf die gleich zu besprechenden Beobachtungen an anderen Formen nicht bezweifelt werden kann und daf wir also sagen diirfen, daf in den Embryonalkernen von Diaptomus die Autonomie derelterlichenKernhalften nach Ablauf der Mitose indem symmetrischen Auftreten zweier Nukleolen zum Ausdruck kommt, dag aber bei langerer Kern- ruhe diese Symmetrie dadurch wieder verwischt zu werden pflegt, da& die beiden primairen Nukleolen zueinem grofensekundairen Nucleolus verschmelzen. Eine vollstandige Erganzung, durch welche der eben aus- gesprochene Satz eine sichere Stiitze gewinnt, erhalten namlich die Befunde bei Diaptomus durch Beobachtungen an Cyclops brevi- cornis und durch Mitteilungen, welche ConKLIN tiber das Ei eines Gastropoden, Crepidula plana, gemacht hat. Ich muf auf diese Verhialtnisse etwas genauer eingehen, da es darauf ankommt, gerade in diesem Punkte die empirische Grundlage so sicher und so unanfechtbar als nur irgend méglich zu gestalten. Was zuniichst Cyclops anbelangt, so habe ich schon friiher, ohne diesem Verhalten eine weitere Beachtung zu schenken, in den spiiteren Furchungsstadien von Cyclops brevicornis Doppel- kerne mit je einem Nucleolus in jeder Kernhalfte 2 316 Valentin Hacker, gefunden und auf Abbildungen wiedergegeben!). Hier kann kein Zweifel dariiber bestehen, da& das Auftreten zweier symmetrischer Nukleolen mit dem Doppelbau der Kerne in ursichlichem Zusammen- hang steht, daf’ wir es also gewissermafen mit einem vaterlichen und miitterlichen Nucleolus zu than haben. Im einzelnen verhalt sich bei Cyclops brevicornis die Nukleolen- substanz bei der Rekonstitution und im Ruhezustand der Kerne folgendermaBen. In den friitheren Furchungsstadien bis herauf zum 8-Zellenstadium (Textfig. Aa und b) sieht man schon in jedem der maulbeerférmig gruppierten Idiomeren, je nach deren Gro8e, eine oder mehrere kleine Nukleolen auftreten (Textfig. Aa rechts). Wahrend die Idiomeren, deren Zahl auch bei Cyclops niemals der vollen Zahl der Chromosomen [12?)] entspricht, unter starker Ver- gréerung und Abblassung miteinander verschmelzen, nimmt die Zahl der Nukleolen und ihre Ungleichheit zu (Fig. Aa links), und wenn sich schlieSlich ein Doppelkern gebildet hat, befindet sich in jedem Gonomer eine gréfere Anzahl von Nukleolen, von denen keiner durch Groéfe gegentiber den anderen besonders hervortritt (Textfig. Ab). Schon im 16-Zellenstadium (Texfig. Ac) finden wir ein etwas abweichendes Verhalten. Noch wahrend hier die Idiomeren zu den Gonomeren verschmelzen, nimmt in jeder der beiden, durch tiefe Einkerbungen voneinander getrennten Kernhalften einer der Nukleolen bedeutend an Gréfe zu und tiberwiegt nunmehr ganz erheblich gegeniiber den itibrigen, an verschiedenen Stellen des Kernraumes anschiefenden nukleoliren Trépfchen. Haufig sieht man auch dicht neben den grofen Nukleolen einen oder mehrere kleinere gelagert, was auf eine successive Verschmelzung der letzteren mit den groBen Kérpern schlieBen laft. Jedenfalls kann aber so viel gesagt werden, da8 sich bereits in diesem Stadium in der Anordnung der nukleoliren Substanz eine ausgepragte, dem Doppelbau der Kerne entsprechende und zweifellos mit diesem in einem ur- siichlichen Zusammenhang stehende Sy m metrie bemerklich macht. In noch spateren Furchungsstadien, etwa vom 64-Zellenstadium an (Textfig. Ad), finden sich die bereits oben beschriebenen Bilder: in den fertigen Doppelkernen, deren Gonomeren mehr oder 1) Die Keimbahn von Cyclops. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XLIX, 1897, Fig. 16, 24, 26, 27. — Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre. Jena 1899, Fig. 136f. 2) Bei Cyclops brevicornis finden sich in den Keimbahnelementen und in den Furchungskernen 12 bivalente Chromosomen. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 317 Fig. Aa Fig. A,a—f. Furchungs- kerne yon Cyclops bre- vicornis. a Maulbeer- formige Kerne des 8-Zellen- stadiums. b Doppel- kerne des 8-Zellen- stadiums. ce Gonomerer Kernzustand im 16-Zellen- stadium. d Gonomerer Kernzustand im 64-Zellen- stadium. e Friihe Kndauel- phasen der gonomeren Kerne. f Go- nomerer Kernzustand in spiteren Furchungs- stadien. Fig. Ab Fig. Ac Fig. Ad Fig. Ae Fig. Af 318 Valentin Hacker, weniger deutlich durch eine Scheidewand getrennt sind, zeigt jede Kernhalfte einen grofen Nucleolus, welchem nur selten (Textfig. Ad links) noch ein kleinerer, gewissermafen ver- spiteter zugesellt ist.. Noch beim Uebergang zur Knauelbildung, einer Phase, welche den Doppelbau ganz besonders deutlich er- kennen laft (Textfig. Ae), zeigt jedes Gonomer einen einzigen Nucleolus. Neben den Eisicken, welche die eben beschriebenen Bilder (Textfig. Ad und e) aufweisen, finden sich nun auch solche (Text- fig. Af), in welchen die Kerne weder durch das Vorhandensein von Scheidewainden noch durch den Besitz von Einkerbungen die Go- nomerie hervortreten lassen, dagegen durchweg zwei gleich grofe Nukleolen beherbergen, also Bilder, welche den bei Diaptomus beobachteten (Fig. 10 u. a.) vollkommen entsprechen. Dieses Nebeneinandervorkommen der beiden Bilder la8t es als unzweifelhaft erscheinen, daf bei Cyclops auch im zweiten Falle das regelmaBige Auftreten von zwei Nukleolen auf einen fort- bestehenden autonomen Zustand der beiden Kernhalften zuriick- zufiihren ist, wenn auch ein solcher bei unseren jetzigen Hilfs- mitteln sich in keiner anderen Weise zu erkennen giebt. Diese zunachst fiir Cyclops gezogene Folgerung ist aber, wie ich glaube, ohne weiteres auf Diaptomus tibertragbar. Aehnlich wie die Kerne der spiteren Furchungsstadien von Cyclops verhalten sich nach den Untersuchungen von CoNnKLIN 4) die Furchungkerne von Crepidula. Was diese Beobachtungen fir mich besonders wertvoll macht, das ist ihre bis in kleinste Einzel- heiten gehende Uebereinstimmung mit den Befunden bei Diaptomus. Aus der Verschmelzung der Idiomeren gehen bei Crepidula Doppelkerne hervor, deren eng aneinander gedriickte Kernhalften zunachst noch durch eine Scheidewand voneinander getrennt sind. Diese Scheidewand, welche allmahlich verschwindet, erhalt sich am langsten an der centrosomalen Seite des Kernes und zwar in Gestalt einer in den Kern einschneidenden Furche (Textfig. Ba). In einzelnen Zellen l48t sich diese Furche wahrend des gréften Teils der Ruhestadiums verfolgen, in anderen verschwindet sie 1) Conxuin, E. G., The individuality of the germ nuclei during the cleavage of the egg of Crepidula. Biol. Bull., V. 2, Boston 1901. Die hier beigegebenen Skizzen (Textfig. Ba und Bb) sind einer anderen Schrift Conkuin’s entnommen: Protoplasmic movement as afactor of differentiation. Biol. Lect. Marine Biol. Labor. (1898). Boston 1899. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 319 friiher, kann aber in den Prophasen des folgenden Teilungsschrittes wieder erscheinen. Der hier be- schriebene Doppelbau der Kerne lift sich bis zum 19-Zellen- stadium in den Telophasen aller Furchungskerne und weiterhin bis zum 60-Zelleustadium wenigstens in einigen Kernen verfolgen. Fig. Ba. Fig. Bb. _ Fig. B, a—b. Zweizellenstadium yon Crepidula. a Friihere Phase in Seitenansicht. b Spiitere Phase in Polansicht (nach CONKLIN). 320 Valentin Hacker, Was nun das Verhalten der Nukleolen anbelangt, so findet sich gewohnlich auf jeder Seite der Scheidewand ein einziger kleiner Nucleolus (Textfig. Ba). Diese beiden Nucleoli persistieren noch lange nach dem Schwund der Scheidewand, haufig sogar wihrend der ganzen Ruhephase (Textfig. Bb). Bei den meisten, wenn nicht bei allen Teilungen der friiheren Furchungsstadien finden sich in den Telophasen zwei, und nur zwei Nukleolen. Wenn jedoch die Teilung von einer sehr langen Ruheperiode gefolgt ist, kannihre Zahl auf mehr als zwei anwachsen oder aber sie kénnen alle miteinander zu einem ausnehmend grofen (enormously large) verschmelzen. Wenn nun auch bei Crepidula die Autonomie der elterlichen Kernhalften wihrend der Teilung seJber nicht wahrnehmbar ist, so diirfen wir doch sicherlich mit ConkLIn annehmen, daf der in den Telophasen immer wieder auftretende Doppelbau der Kerne und das symmetrische Auftreten der Nukleolarsubstanz mit einer Fortdauer der Selbstandigkeit der Kernhalften in Zusammenhang zu bringen ist. Auf die Befunde bei Diaptomus speciell werfen die Angaben Conkuin’s deshalb ein Licht, weil bei Crepidula die beiden Nukleolen auch nach dem Unsichtbarwerden des Doppelbaues persistieren und weil sie, wie bei Diaptomus, unter Umstanden miteinander zu einem grofen sekundaren Nukleolus verschmelzen. Bei Crepidula lassen sich also, wie bei Cyclops brevicornis, im ganzen drei Phasen der Nukleolenbildung (Auftreten je eines primaren Nucleolus in den getrennten Gonomeren, Persistieren im scheinbar einheitlichen Kernraum, Verschmelzung zu einem grofen sekundaren Nucleolus) verfolgen, waihrend bei Diaptomus die erste und zweite Phase gewissermafen zusammenfallt, indem hier die primairen Nukleolen symmetrisch in dem scheinbar einheitlichen Kernraum ihre Entstehung nehmen. Ich habe bereits in der vor- laufigen Mitteilung diese Verschiedenheiten in einer Reihe dar- gestellt und will dieselbe hier in teilweise verinderter Ausdrucks- weise wiederholen: I. Cyclops, jingste Furchungsstadien: In den Idiomeren treten noch vor ihrer Vereinigung zu den Gonomeren zahlreiche kleine Nukleolen auf (Textfig. A a—b). II. Cyclops, mittlereFurchungsstadien: In den Idio- meren treten zahlreiche kleine Nukleolen auf. Nach der Bildung des gonomeren Kernzustandes beginnt in jeden Gonomer ein Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 321 Nucleolus an Gréfe bedeutend zu iiberwiegen. Diesem schliefen sich mehr und mehr die friiher und teilweise wohl auch die spiter gebildeten (,,adventiven“) Nukleolen an (Textfig. Ac). Ill. Cyclops, spatere Furchungsstadien und Cre- pidula: Erst nach dem Eintreten des gonomeren Kernzustandes erfolgt die Bildung der Nukleolarsubstanz und zwar von vornherein in Form je eines primaren Nucleolus in jeder Kern- halfte (Textfig. A,d—e; B,a—b). Es kénnen noch nachtriglich gebildete, ,,adventive‘ Nukleolen hinzukommen, oder es kann eine Verschmelzung der beiden primaren zu einem sekundaren erfolgen. IV. Diaptomus: Erst nach Verschmelzung der Gonomeren zu einem einheitlichen Kerne treten die beiden primaren Nukleolen hervor. Kein Hinzutreten adventiver Nukleolen, jedoch vielfach Verschmelzung der primaren zu einem grofen sekundaren Nucleolus (Fig. 8—10). Es kann nicht entgehen, daf sich in dieser Reihe die Symmetrie im Auftreten der Nukleolarsubstanz von Stufe zu Stufe scharfer geltend macht, so daf schlie£lich bei Diaptomus diese Symmetrie noch hervortritt, trotzdem schon bei der Entstehung der Nukleolen von einem Doppelbau der Kerne nichts mehr zu erkennen ist. Jedenfalls diirfte aber im Hinblick auf diese Zusammenstellung der Befunde bei Diaptomus, Cyclops und Crepidula kaum bezweifelt werden kénnen, daSB auch bei Diaptomus dasregelmafige Auftreten zweier Nukleolen im Kernruhestadium bedingt ist durch den Fortbestand der Autonomie der elterlichen Kernhalften. 4. Kapitel. Die Autonomie der Kernhilften bis zur Bildung der Keimmutterzellen. Nachdem wir bei Diaptomus die Autonomie der elterlichen Kernhalften bis zu dem Punkte verfolgt haben, bis zu welchem die Untersuchung schon bei Cyclops gelangt war, namlich bis zur Bildung der beiden sekundaren Urgeschlechtszellen, handelt es sich um die Beantwortung der ersten der in der Einleitung aufgeworfenen Fragen, ob eine Weiterverfoleung bis zur Bildung der Fort- pflanzungszellen méglich ist, ob also eine Kontinuitaét der Auto- 322 Valentin Hicker, nomie von den Grofeltern bis zur Enkelgeneration nachweis- bar ist. ; Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, daf schon wahrend der Furchung und Gastrulation gerade die Zellen der Keimbahn die Symmetrie der Nukleolarsubstanz und damit also auch den Doppelbau der Kerne in besonders typischer Weise erkennen lassen. So zeigt im Stadium 32—62 (Fig. 7 und 8) die (rosa gehaltene) Stammzelle das Nukleolenpaar in charakteristischer Weise und auch in den Prophasen der folgenden Teilung (Fig. 9) ist noch keine Verschmelzung der Nukleolen eingetreten. Auch die neue, als primaire Urgenitalzelle zu be- zeichnende Stammzelle (Fig. 11) zeigt das namliche Verhalten, und, nachdem sich die (auf meinen Diaptomus-Praparaten leider nicht vorhandene) letzte Teilung vollzogen hat, bringen auch die Kerne der beiden sekundaren (definitiven) Urgenitalzellen (Fig. 12 und 13) die Symmetrie der Nukleolen in ausgepragter Weise zur Ansicht. Spater verschwindet freilich diese letzte Spur des Doppelbaus der Kerne und nachdem die beiden Urgenitalzellen zusammen mit dem Pfropf der Entodermzellen in die Tiefe gedrangt worden sind (Fig. 13), sieht man in dem darauffolgenden Dauer- stadium (Fig. 14), beziehungsweise in der gleichaltrigen Phase der Subitaneier in den Kernen nur noch einen grofen, durch Ver- schmelzung entstandenen Nucleolus. Nach dem, was bisher iiber das Verhalten der Nukleolarsubstanz mitgeteilt worden ist, kann es nicht Wunder nehmen, wenn in den Urgenitalzellen wihrend der ganzen folgenden Ruhe- periode, welche erst im Larvenstadium mit drei Schwimmfuf- paaren ihr Ende nimmt, sich stets nur je ein groBer Nucleolus vorfindet (Fig. 16) und wenn erst bei der folgenden, die Gonaden- bildung einleitenden Teilung die Symmetrie der Nukleolarsubstanz wieder zum Vorschein kommt. Denn wenn schon in den kurzen Kernruhestadien der Furchungsperiode jene Verschmelzung mehr und mehr zur Regel wird, so ist von vornherein zu erwarten, dah auch in den Kernen der Urgenitalzellen dieser Fall eintritt und daf der so geschaffene Zustand wihrend der langen Ruhezeit, in welcher die Aktivitat der Kerne jedenfalls auf ein Minimum herab- gesetzt ist, keine Aenderung erleidet. Wenn also auch wahrend einer ziemlich langen (bei den Dauereiern vielleicht durch Monate sich hinziehenden) Ruhezeit die Spuren des Doppelbaues der Kerne vollkommen verwischt bleiben, so wird uns diese Thatsache nicht davon abhalten kénnen, die spiter bei der Gonadenbildung Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 323 auftretenden Bilder mit den bei der Furchung beobachteten in Zusammenhang zu bringen und gleiche Erscheinungen auf gleiche Ursachen zuriickzufihren. In den jungen Diaptomus-Larven liegt, wie die Fig. 15 zeigt, die Gonadenanlage (g) zwischen Herz (h) und Verdauungstractus (m) und zwar an der Stelle, wo der magenartig erweiterte Ab- schnitt des letzteren in den diinnen Mitteldarm tibergeht. Hier sieht man bei Larven mit 2 SchwimmfuSpaaren die 2 sekun- dairen Urgenitalzellen symmetrisch neben einander gelagert und zwar in ahnlicher Weise gegeneinander gepreSt, wie die Blasto- meren eines Eies im Zweizellenstadium (vergl. das Querschnitts- bild Fig. 16). Ihrer AufSenflaiche sitzen einzelne peritoneale, linsen- formig gestaltete Zellen auf und im Zellkérper finden sich, der Kernmembran angelagert, Brocken einer anscheinend amorphen Substanz, welche sich sowohl bei Hamatoxylin- als bei Saffranin- farbung schwacher als die Nukleorlarsubstanz tingiert. Die grofen Kerne enthalten ein blasses Kernfadenwerk, welches mir schon in diesem Stadium den Eindruck eines lockeren Kniuels machte, und je einen grofen, unregelmabig gelagerten Nucleolus. Wie schon erwahnt, macht sich der Beginn der Gonaden- bildung im Stadium mit drei SchwimmfuSpaaren (Fig. 15) be- merklich. Ganz regelmabig teilt sich zunaichst nur die eine der beiden Zellen, so daf ein sehr charakteristisches Dreizellen- stadium hervorgeht. So zeigt Fig. 17 auf 2 benachbarten Schnitten die eine Zelle noch in Ruhe, die andere im Beginn der Teilung, in Fig. 15, sowie in Fig. 18, welch’ letztere 2 hintereinander ge- legene Querschnitte durch die Gonadenanlage darstellt, sind bereits 3 Zellen zu sehen und in Fig. 19 (Dorsalansicht) macht die eine der beiden neugebildeten Zellen schon wieder Anstalt, sich aufs Neue zu teilen. Wahrend der Teilung der einen Zelle findet eine Verlagerung der Elemente der Gonadenanlage statt in der Weise, da8 sich entweder beide neue Tochterzellen (Fig. 15) oder wenig- stens eine derselben (Querschnitte Fig. 18 und Frontalschnitt Fig. 19) vor die ungeteilte Zelle setzen. In zellteilungsgeschicht- licher Hinsicht ist zu bemerken, daf bei der Teilung wieder die von der Furchung her bekannte Chromosomenzahl (32) zum Vor- schein kommt (Fig. 17b), daf in den neugebildeten Tochterzellen die Masse der farbbaren, extranuklearen Abscheidungen entschieden gréBer ist, als in den schon langere Zeit im Ruhezustand befind- lichen Zellen (Fig. 18a und b) und vor allem, daf in den jungen, eben rekonstituierten, gewohnlich kugeligen Tochterkernen aber- 324 Valentin Hacker, mals zwei gleich grofe und symmetrisch gelagerte Nukleolen auftreten (Fig. 18a und b). Bei der vollkommenen Uebereinstimmung, welche die betreffenden Bilder mit den bei der Furchung beobachteten zeigen (vergl. z. B. Fig. 18 mit Fig. 7 ff.), scheint mir jeder Zweifel dariiber auszuschlieBen sein, daf auch hier das gleichzeitige, symmetrische Auftreten der beiden Nukleolen in den neugebildeten, kugeligen Tochterkernen auf einen Fortbestand des Doppelbaues der Kerne zuriickzufiihren ist. Auch die folgenden Stadien zeigen mit Regelmafigkeit die namliche Erscheinung: junge Kerne enthalten 2 kleinere Nucleolen, altere, schon langere Zeit in Ruhezustand befindliche einen einzigen grofen Kernkérper. In besonders drastischer Weise kommt dieses Verhiltnis natiirlich dann zum Vorschein, wenn zufilliger Weise keiner der Kerne durch das Messer getroffen ist. So sieht man z. B. in Fig. 20, welche 2 Querschnitte durch die noch undifferenzierte, 12-zellige Gonadenanlage einer Larve mit 3 Schwimmfufpaaren darstellt, deutlich den Gegensatz zwischen den beiden Kernformen hervor- treten: einerseits altere, gréfere Kerne mit blassem Fadenwerk und einem einzigen, groBen Nucleolus, andererseits jiingere, kleinere Kerne mit dichteren, knauelig oder schleifenférmig sich darstellen- den Kernfaiden und paarigen Nukleolen. Dieselben Erscheinungen kehren auch nach erfolgter geschlecht- licher Differenzierung wieder. Wie ich an anderer Stelle+) naher ausgeftihrt habe, fallt bei Diaptomus die histologische Differenzierung der Hoden und Ovarien und die Ausbildung der Geschlechtswege zeitlich zusammen mit dem Hervorwachsen der GenitalfiiBe und der Entfaltung der tibrigen sekundiren Geschlechtscharaktere. Wahrend also in den Stadien mit 3 und 4 SchwimmfuSpaaren die Gonaden- anlage wenigstens fiir unser Auge noch indifferent erscheint, machen sich gleich zu Beginn des ,,Differenzierungsstadiums* Verschieden- heiten bemerklich: die mannliche Gonade charakterisiert sich durch die gréfere Zahl und die gleichmafigere Beschaffenheit der Keim- zellen (Fig. 22), die weibliche durch das friihzeitige Auftreten typischer Keimblischen (Fig. 25 und 26, kb). Einen sicheren An- haltspunkt zur Unterscheidung der Geschlechter bietet auf Schnitt- priiparaten auch die einseitige, bezw. paarige Anordnung und der Bau der Geschlechtswege. Wahrend der unpaare Samenleiter in 1) Ueber die Fortpflanzung der limnetischen Copepoden des Titisees, S. 24. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 325 diesen friiheren Stadien mit einem zunichst kolbenférmigen (Fig. 21a), spiter blaschen- oder trichterférmig erweiterten (Fig. 22) Anfangsteil am Vorderende des Hodens beginnt und sich als ein gestreckter Zellenstrang von gleichmafigem Kaliber nach hinten zieht, sind die beiden Eileiter schon bei ganz jungen Weibchen mit einigen EKimutterzellen gefiillt und zeigen dementsprechende Ausbuchtungen und Einschniirungen. Die geschilderten, in mehrfacher Hinsicht instruktiven ,, Differen- zierungsstadien“ finden sich bei den beiden Diaptomus-Arten des Titisees in den Sommermonaten Juli bis August. Wahrend sich aber bei Diaptomus denticornis die Entwickelung zum geschlechts- reifen Tier sehr rasch vollzieht und bis Anfang August vollendet ist, tritt wenigstens bei den mannlichen Individuen von D. laciniatus etwa um die gleiche Zeit, namlich von Ende Juli an, eine Ent- wickelungspause ein, welche wahrend des ganzen Herbstes anhalt und erst im Januar von der mit lebhafter Zellvermehrung ver- bundenen Ausreifung der Gonaden unterbrochen wird. Unter Beriicksichtigung dieser Verhaltnisse sollen, zunachst von Diaptomus laciniatus, einige Stadien der spiteren Gonaden- entwickelung in Bezug auf das Verhalten der Kerne beschrieben werden. Die Fig. 21 zeigt 3 Querschnitte durch eine ganz junge Hoden- anlage. In 2 Alteren, blasseren Kernen (Fig. 21b) ist ein grofer Nucleolus zu erkennen, in den tibrigen, jiingeren Kernen treten 2 kleinere auf und zwar zeigen diese letzteren auf den hier wieder- gegebenen Bildern eine allerdings nicht sehr erhebliche Gréfen- differenz, in abnlicher Weise, wie wir eine solche in gewissen Furchungsstadien beobachtet haben (Fig. 9). Ob es sich dabei um ein ungleiches Wachstum der beiden gleichzeitig gebildeten Nukleolen handelt oder ob die Bilder so zu erklaren sind, daf sich die einzelnen Nukleolen periodisch vergréfern und verkleinern, das méchte ich auch hier dahingestellt sein lassen. Bemerkens- wert ist im Uebrigen, dal bereits hier wieder zu der Duplicitat der Nukleolen weitere Spuren des Doppelbaues der jungen Kerne hinzukommen, wie denn tiberhaupt bei fortschreitender Go- nadenentwickelung, offenbar im Zusammenhang mit dem Grofer- werden der Elemente, auch die Zeichen des Doppelbaues wieder zunehmen. So zeigen auf den vorliegenden Bildern mehrere der jiingeren Kerne (Fig. 21c) eine unverkennbare Biskuitform und er- innern dadurch an gewisse, bei der Furchung des Cyclops-EKies auftretende Kerntypen (Textfig. A, d u. f). Daf in dieser be- 526 Valentin Hacker, sonderen Gestalt der Kerne wirklich eine Andeutung ihres Doppel- baues zu sehen ist, wird auch dadurch wahrscheinlich gemacht, daf die beiden Nukleolen in ausgepragter Weise auf die beiden Halften des Biskuits verteilt zu sein pflegen. Ein etwas alteres Stadium der Hodenentwickelung zeigt der in Fig. 22 abgebildete Frontalschnitt. Da hier nahezu derjenige Entwickelungsgrad erreicht ist, auf welchem die Hoden wahrend des Herbstes und eines Teils des Winters stehen bleiben und die Zellenvermehrung demnach eine sehr langsame wird, so kann es nicht Wunder nehmen, wenn (auch auf den tibrigen, nicht ab- gebildeten Schnitten) die Zahl der mit nur einem Nucleolus aus- gestatteten Kerne eine etwas gréfere, als in den vorhergehenden Stadien ist. Untersucht man dann weiterhin die Laciniatus-Mannchen wah- rend der Entwickelungspause selber, also z. B. im Anfang Oktober, so findet man fast ausschlieBlich Kerne mit einem Nucleolus, und umgekehrt wird, sobald im Anfang des Januar, noch unter der Kisdecke, die Ausreifung der Hoden und die Bildung der Sperma- tozoen ihren Anfang nimmt, das Vorkommen von zwei gleich grofen Nukleolen in den rasch sich vermehrenden Ursamen- zellen zur allgemeinen Regel. Ich will, um die Zahl der Bilder nicht zu sehr zu vermehren, darauf verzichten, fiir jedes einzelne Stadium Belege zu bringen. Ich beschranke mich hier darauf, von einem anderen Centro- pagiden, von Heterocope saliens, ein Bild vorzufiihren, welches in besonders instruktiver Weise die auch bei Diaptomus gefundenen Verhaltnisse zusammenfaft. Ich glaube sagen zu diirfen, dal die im Beginn der Fortpflanzung stehenden Heterocope- Miannchen, wie sie im Titisee hauptsachlich im Juni erbeutet werden, nur hinter wenigen anderen Objekten zuriickstehen diirften, was den einfachen und iibersichtlichen Bau der Hoden, die geradezu schematische Aufeinanderfolge der Stadien und die Gréfe und Schénheit der Kernteilungsbilder anbelangt. Ich verweise auf das in Fig. 23 wiedergegebene Bild, welches nur insofern dem be- treffenden Praparate nicht ganz entspricht, als die ,,Synapsis“- Zone (syn) etwas verktirzt worden ist. In der Keimzone (kz) sind die Ursamenzellen in lebhafter Teilung begriffen. Man sieht zwischen den ruhenden Kernen Tei- lungsfiguren aller Phasen eingesprengt. Im Knauelstadium 1abt sich sehr hiufig eine Zusammensetzung des Knauels aus zwei gleich groBen Portionen beobachten: diese Doppelknéuel (dk) er- Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 327 innhern ungemein an manche Phasen der Urgenitalzellen von Cyclops und es diirften die Bilder wohl so zu erklaren sein, da in den beiden Halften des durch eine unsichtbare Scheidewand ge- kammerten Kernes jede Knaiuelhalfte fiir sich durch die Wirkung der Reagenzien kontrahiert worden ist. Im Anfangsteil des Hodens zeigen manche ruhende Kerne eine ausgepragte Bis- kuit- oder Nierenform, was nach friiheren Erfahrungen gleichfalls als eine Andeutung des Doppelbaues zu betrachten ist. Besonders instruktiv ist aber bei diesen in lebhaftester Teilung befindlichen Kernen der fast allgemeine Besitz von zwei gleich grofen Nukleolen. Nur ganz wenige Zellen génnen sich namlich zwischen den Teilungen so viel Ruhe, dafi schon wahrend des Kern- gertiststadiums eine Verschmelzung der beiden primaren Nukleolen stattfindet (Fig. 23, Mitte). In der Regel findet diese Verschmelzung erst bei der Vorbereitung zur folgenden Teilung statt, weshalb man im Stadium der ,,Diakinese“ vielfach einen einzigen biskuitformigen oder bereits kugeligen Nucleolus beobachtet (Fig. 23, Spitze des Hodens). Die paarige Anordnung der Nukleolarsubstanz ist auch dann noch die Regel, wenn in den Ursamenzellen der letzten Generation, d. h. in den jungen Samenmutterzellen, die Chromatinsubstanz die Knauelbildung wieder aufnimmt und in den als_,,Synapsis‘‘ bekannten Kontraktionszustand eintritt. Noch wahrend dieser Phase geht indessen allgemein die Verschmelzung der beiden pri- maren Nukleolen vor sich (Fig. 29 syn) und, wenn der Knauel sich wieder lockert und die fiir die Keimmutterzellen gleichfalls charakteristische ,,Diakinese“ (d. h. die lockere Verteilung der lingsgespaltenen, zunichst faden-, spaiter stabchenférmigen Ele- mente im Kernraum) eintritt, ist allgemein zwischen den Faden- segmenten nur ein einziger gréferer Nucleolus wahrzunehmen (Fig. 29 diak). Wir haben also gesehen, daf bei den mannlichen Centropagiden die Spuren des Doppelbaues, also der Autonomie der vaterlichen und miitterlichen Kernhalften, mindestens noch in den jungen Samenmutterzellen wahrzunehmen sind. Die Zweiteiligkeit der Knéauelfiguren, die vielfach biskuitartige oder zweilappige Form der ruhenden Kerne, vor allem aber die regelmifige Bildung zweier primarer Nukleolen in den jungen Tochterkernen, also lauter Er- scheinungen, welche wahrend der Furchung und in den friheren Stadien der Gonadenbildung als Anzeichen des Doppelbaues an- erkannt werden muSten, treten, wie gezeigt wurde, mit wieder 328 Valentin Hacker, zunehmender Deutlichkeit auch noch im Hoden der jungen Minn- chen auf und lassen nur die eine Deutung zu, daf mindestens bis zur Bildung der jungen Samenmutterzellen der Doppelbau der Kerne durch die Teilungen hindurch von Zell- generation zu Zellgeneration tibertragen wird. Etwas anders verhalten sich die Hoden ilterer, mitten in der Fortpflanzungsthatigkeit stehender Mainnchen. Hier sind die verschiedenen genannten Erscheinungen, insbesondere die Bildung zweier primirer Nukleolen, weniger regelmabig zu beobachten und es hangt dies zweifellos damit zusammen, daf hier die Ver- mehrung der Ursamenzellen in einem viel langsameren Tempo vor sich geht, so daf natiirlich die Zahl der in Teilung begritfenen, bezw. eben in den Ruhezustand eingetretenen Kerne bedeutend zuriicktritt gegentiber der Zahl der schon langere Zeit in Ruhe befindlichen und daher mit einem einzigen sekundaéren Nucleolus ausgestatteten Elemente. Ganz das nimliche, was fiir die Samenbildung der <eren Mannchen gilt, ist naturgemaf bei der ebenfalls mehr kontinuierlich erfolgenden Eibildung zu beobachten. Allerdings gelangen speciell bei Diaptomus die Eier schubweise zur Reife und zur Ablage, aber die ersten Vorgiinge im Ovarium, speziell die Teilungen der Ureizellen, finden doch nicht so simultan statt, wie die Teilungs- prozesse in den jungen Hoden, und iiberdies bedingt schon die wesentlich geringere Zahl der Elemente, da8 neugebildete Tochter- kerne verhaltnismafig seltener zur Anschauung kommen. Trotz- dem habe ich spezie!l bei jungen, im Sommer gefangenen Laciniatus- Weibchen eine ganze Reihe von Bildern gefunden, welche ebenfalls das Auftreten zweier primarer Nukleolen in den jungen Tochter- kernen und ihre Verschmelzung in den alteren Phasen in typischer Weise hervortreten lieBen. Die Figg. 25 und 26 geben z. B. Schnitte durch ganz junge Ovarien wieder, in welchen nicht nur in den jungen Ureizellen (Fig. 25 unten), sondern zum Teil noch in den Keimblaschen (Fig. 26 rechts oben) die betreffenden Ver- haltnisse wahrgenommen werden kénnen. Im Hinblick auf diese Bilder unterliegt es fiir mich keinem Zweifel, dafi auch bei der Eibildung der Doppelbau der Kerne mindestens bis zu den jungen Eimutterzellen forterhalten wird, und daf der Umstand, daf& bei alteren Weibchen die Spuren dieses Doppelbaues zuriicktreten, mit dem langsameren Tempo der Teilungsprozesse zusammenhangt. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 329 5 Kapitel. Das Verhalten der elterlichen Kernbestandteile wihrend der Reifungsteilungen. Nachdem der Doppelbau der Kerne in beiden Geschlechtern bis zu den Keimmutterzellen verfolet worden war, mufte versucht werden, das Schicksal der vaterlichen und miitterlichen Kern- bestandteile wahrend der Reifungsteilungen festzustellen. Es ist dabei von vornherein an drei Méglichkeiten zu denken. Entweder — und auf diese Moglichkeit weisen einige von bo- tanischer Seite ausgefiihrte Bastardierungsversuche hin — findet im Verlauf der Keimzellenreifung eine vollkommene Tren- nung der elterlichen Kernhalften statt, so da’ die reife Fort- pflanzungszelle entweder nur vaterliche oder nur miitterliche Kern- bestandteile enthalt, oder es erfolgt eine gleichmafige oder aber eine ungleichmafige Mischung der Kernbestandteile. Ich habe mich bemiiht, ohne jede Voreingenommenheit meine Praparate auf diesen Punkt hin zu priifen, und ich bin wenigstens in einem Fall zu Ergebnissen gelangt, welche einen Schritt zur weiteren Klairung des Gegenstandes ausmachen diirften. Es sollen auch hier zunichst die Verhaltnisse im minnlichen Geschlecht besprochen werden und zwar unter Bezugnahme auf die Bilder, welche sich bei jiingeren Heterocopen vorfinden. Man findet hier hinter der Zone der Reifungsteilungen (Fig. 23 rz) eine Anzahl jugendlicher Samenzellen (Fig. 23 sp), deren Zell- plasma bei Osmium-Saffraninbehandlung bereits den dunkleren Ton der fertigen Samenzellen (sp‘) aufweist, bei denen jedoch die Kerne noch nicht gleichmaBig tingiert erscheinen und daher noch einen Einblick in ihre Struktur gewahren. In Fig. 24a und b sind samt- liche Samenzellen dieses Stadiums, welche sich in einem jungen Hoden auf 2 aufeinanderfolgenden Schnitten vorfanden, abgebildet (sp), in der oberen Reihe der Fig. 24a findet sich auferdem eine Anzahl beinahe reifer Samenzellen (sp'). Wie die Figur zeigt, weisen die ganz jungen, aus der zweiten Reifungsteilung hervor- gegangenen Samenzellen aufer dem faidigen Kerngeriist eine An- zahl gewohnlich verschieden grofer Nukleolen auf. Man kann sich nun dem Eindruck nicht entziehen, da’ auch hier eine gewisse Tendenz der Nukleolarsubstanz zur Ansammlung an zwei Punkten des Kernraumes besteht. Wenigstens lassen sich die simtlichen verschiedenen Bilder, welche diese schmale Uebergangszone des Bd. XXXVII. N. F. XXX. 99 330 Valentin Hicker, Hodens lieferte, sehr gut von der Annahme aus verstehen, dab die kleineren, an verschiedenen Punkten des Kernraumes an- schieSenden Nukleolen sich nacheinander an zwei den beiden Kern- halften entsprechenden Herden sammeln und hier zu je einem eréBeren Kernkérper verschmelzen, etwa in der Art, wie wir es in friiheren Furchungsstadien von Cyclops gefunden haben (p. 317, Textfig. Ac). In etwas alteren Samenzellen (Fig. 24a sp‘) sieht man in dem kleiner werdenden Kernraum vielfach zwei dicht nebeneinander ge- lagerte gleich grofe Nukleolen, die dann schlieSlich zu einem einzigen, den Kernraum nahezu ausfiillenden Kernkérper ver- schmelzen. Allerdings treten in diesen etwas ilteren Elementen auch UnregelmaBigkeiten verschiedener Art auf: so kénnen sich, wie Fig. 24a zeigt, in dem sich verkleinernden Kernraum zwei eréBere und ein kleinerer oder aber ein gréSerer und zwei kleinere Kernkérper vorfinden. Indessen wiirden, wie ich nicht naher aus- fiihren will, solche Vorkommnisse sehr leicht durch die ungleich- zeitige Bildung der beiden primaren Nukleolen, durch das Hinzu- treten verspiteter oder adventiver Nukleolen u. s. w. erklart werden kénnen, so da dadurch der Gesamteindruck, den die ganz jungen Samenzellen (sp) darbieten, nicht weiter alteriert wird. Ich will zum Verstaindnis der Fig. 23 nur noch hinzufiigen, da8 in den alteren Samenzellen, nachdem der Kernraum durch einen einzigen, durch Verschmelzung entstandenen Kernkérper volistaindig ausgefiillt ist, auch in dem Zellplasma kleinere Kérper von gleichem Farbungsvermégen auftauchen. Die reife Samen- zelle von Heterocope stellt sich also bei Osmium-Saffraninbehand- lung als eine rundliche, rétlichgrau gefarbte Zelle dar, welche im Innern des Kernes einen lebhaft rot gefarbten, kugeligen, als sekundairen Nucleolus zu deutenden Substanztropfen und im Um- kreis desselben einen Kranz kleinerer, ebenso gefirbter, im Zell- plasma gelegener Kiigelchen enthalt. Es wurde gesagt, daf in den ganz jungen, aus der zweiten Reifungsteilung hervorgegangenen Samenzellen sich eine ahnliche symmetrische Anordnung der Nukleolarsubstanz verfolgen laft, wie bei der Furchung und Gonadenbildung. Ob nun wirklich darin eine Andeutung des Doppelbaues der Kerne zu sehen ist, méchte ich deswegen mit weniger Sicherheit behaupten, weil die Nukleolen wegen ihrer gréBeren Zahl doch nicht ganz genau die naimlichen Verhiltnisse darbieten, wie in den friiheren Stadien der Keim- bahn, und vor allem deswegen, weil bei Heterocope und Diaptomus Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 331 die Reifungsteilungen selber wegen der verhaltnismafig grofen Zahl und der Kleinheit der Chromatinelemente keine Anhaltspunkte zu einer solchen Deutung gewahren. Zu bestimmteren und in der Hauptsache abweichenden Re- sultaten bin ich nun bei der Eibildung gelangt. Auch hier haben mir allerdings weder Diaptomus noch Heterocope ein brauch- bares Material geliefert, da die vorliegenden Bilder wegen der Kleinheit der Elemente keine genaue Analyse gestatten. Dagegen moéchte ich auch hier wieder auf mein altes Objekt, Cyclops brevicornis, zuriickgreifen, da hier eine Reihe besonders giinstiger Faktoren, die geringe Zahl und Gréfe der Chromatinelemente, sowie die Méglichkeit, ein beliebig grofes Material zu beschaften, zusammentrefien. Bereits in einer friiheren Arbeit!) habe ich tiber den Verlauf der Reifungsteilungen von Cyclops brevicornis ausfiihrlich Mitteilung gemacht und dabei festgestellt, da8 die erste Teilung eine Aequa- tions-, die zweite eine Reduktionsteilung ist. Bei der Verfolgung dieser Verhaltnisse war mir aufgefallen, daf’ gewissermafen nicht der geradeste und einfachste Weg zur Halbierung der Chromo- somenzahl eingeschlagen wird, sondern daf} eine Reihe von Kompli- kationen, hauptsachlich verschiedene héchst auffallige Umordnungen der Chromatinelemente eingeschaltet werden. Beziiglich der Be- deutung dieser letzteren Vorginge wagte ich keine Vermutungen aufzustellen und ich muSte mich im wesentlichen damit begniigen, die Thatsachen aufzuzeichnen. Von dem inzwischen gewonnenen neuen Standpunkt aus er- halten nun aber, so viel ich sehe, die geschilderten Vorginge eine vollkommen andere Beleuchtung und die einzelnen Phasen der be- treffenden Periode finden gewissermafen ganz von selber ihre Deutung. Bei der Besprechung dieser Verhaltnisse kénnte ich mich einfach auf die friiher gegebenen Figuren beziehen, welche (mit einer Ausnahme)?) die samtlichen Phasen in richtiger Reihenfolge zur Darstellung bringen. Ich glaube jedoch, nochmals eine ganze Serie von Figuren und zwar unter besonderer Beriicksichtigung einiger fiir unsere Frage wesentlicher Einzelheiten wiedergeben 1) Ueber die Selbstandigkeit der vaterlichen und miitterlichen Kernbestandteile u. s. w. Taf. XXVIII. 2) Die Fig. 35 auf Taf. XXVIII der friiheren Arbeit bezieht sich nicht, wie ich angenommen hatte, auf die zweite, sondern auf die erste Richtungsteilung. 22% 332 Valentin Hacker, zu sollen, um damit die Abbildungen dieser Arbeit zu einem volistindigen Kreis zusammenzuschliefen. Im Interesse einer besseren Uebersicht werde ich die Be- schreibung der Vorginge und ihre Deutung auseinanderhalten und will auBerdem von vornherein vier Hauptphasen unterscheiden, von denen zwei dem ersten, zwei dem zweiten Teilungsakt zugehoren. 1. Richtungsteilung. 1. Hauptphase: Gegeniiberstellung der Vierer- gruppen. Wenn man die Ovidukteier von Cyclops brevicornis unmittel- bar vor ihrem Austritt untersucht (Fig. 30), so stéSt man auf eine in der Mitte der Zelle gelegene Figur, die ich als ,,provisorische Teilungsfigur“ bezeichnen méchte. Die zwélf, von hellen Héfen umgebenen chromatischen Elemente sind zu je sechsen in zwei einander parallelen Ebenen angeordnet und zwar ist immer ein Ele- ment der einen Gruppe einem solchen der anderen genau opponiert. In Polansicht sind daher bei einer Einstellung immer nur 6 Ele- mente zu zahlen (Fig. 30b), in Seitenansicht stellen sich dagegen die Chromosomen in der bekannten biserialen Anordnung dar, welche von RUckrerT, voM Ratu und mir bei den verschiedensten Copepoden aufgefunden wurde (Fig. 50a). Auer den Chromo- somen fand ich in diesem Stadium stets ein abseits gelegenes Doppelpiinktchen (Fig. 30a), welches sich in Polansicht (Fig. 30b links) als ein einfacher Punkt darstellte. Ueber die Bedeutung dieses Gebildes wage ich keine Vermutung auszusprechen. Welche Valenz haben nun die 12 Chromatinelemente ? Wie erinnerlich sein diirfte, entsteht bei der Eibildung der Copepoden durch unvollstandige Querteilung des lingsgespaltenen Kernfadens gbee ad. /. ee Ges 3. eine bei den einzelnen Formen verschieden grofe Anzahl von ab cd , Vierergruppen‘ ( -), welche aus zwei durch einen ab’ cd Lingsspalt voneinander getrennten und durch eine Querkerbe in der Mitte geteilten Staébchen zusammengesetzt sind (vergl. die schema- tische Textfig. Ca, p. 342). RUckERT, vom Ratu und ich haben nun im allgemeinen angenommen, daf in den central gelegenen Spindel- anlagen der altesten Ovidukteier, welche die Chromatinelemente in zwei parallelen Ebenen angeordnet zeigen und daher scheinbar Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 333 die metakinetische Phase aufweisen, die einzelnen Elemente den Wert von Spalthalften, also von halben Vierergruppen, reprasentieren, da8 also die chromatische Figur folgende Zusammensetzung habe: ADE COS ue Bei Cyclops brevicornis ist dies indessen jedenfalls nicht der Fall. Denn wenn auch vor der Ablage der Eizellen eine sichere Entscheidung beziiglich des Baues der Chromatin- elemente wegen ihrer voriibergehenden starken Verkleinerung nicht getroffen werden kann, so zeigen doch die unmittelbar nach der Eiablage sich darbietenden Figuren, wie wir sehen werden, in un- zweideutiger Weise, da8 jedes der 12 Chromatinelemente den Wert einer ganzen Vierergruppe hat, dai} also auch in den central gelegenen Spindelanlagen der Altesten Ovidukteier (Fig. 30) die zwolf Vierergruppen in zwei Niveaus zu je sechsen geschichtet sind: ab cd ef gh ik Im ab ed ef gh ik Im no pq rs tu vw xy < no pq rs tu vw xy Dieses fiir Cyclops brevicornis unzweifelhafte Ergebnis diirfte, wie ich glaube, auch auf manche andere Bilder ein Licht werfen. Ich moéchte aber, um nicht zu weit vom Gegenstand abzukommen, vorlaufig darauf verzichten, ein gréferes Vergleichsmaterial heran- zuziehen und nur auf einige von RickKERT gegebene, auf Cyclops strenuus beziigliche Figuren‘), sowie auf meine alten, die Eibildung von Canthocamptus betretfenden Bilder?) verweisen. Ich wende mich nun zu den eben aus den Ovidukten ge- tretenen und besamten Eiern (Fig. 31 und 32). An Stelle der central gelegenen, eines deutlichen Konturs entbehrenden ,,provi- sorischen Teilungsfigur“ gewahrt man jetzt dicht an der Eioberflache ein linsenfoérmiges, von einer scharf hervortretenden Membran umschlossenes Blaschen, mit seiner gréf’ten Durchmesser- ebene parallel zur Eioberflache eingestellt (Fig. 31a). In diesem 1) J. Ricxerr, Zur Eireifung bei Copepoden. Anat. Hefte, 1894, Taf. XXI—XXII, Fig. 19b und 20. 2) V. Hacker, Die Vorstadien der Eireifung. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XLV, 1895, Fig. 35a und 36. 334 Valentin Hacker, »sekundaren Keimblaischen* finden sich immer noch, durch eine in der gréf’ten Durchmesserebene gelegene Scheidewand von- einander getrennt, jene zwei Gruppen von je 6 Chromatin- elementen vor. Was zunachst die letzteren anbelangt, so setzen sie sich, wie in diesem Stadium in unzweideutiger Weise zu erkennen ist, aus zwei dicht nebeneinander gelagerten, durch eine Querkerbe halbier- ten und durch einen Langsspalt voneinander getrennten Stabchen zusammen. Namentlich in der Polansicht (Fig. 31b) tritt der Lingsspalt deutlich hervor, woraus sich ergiebt, daf in diesem Stadium, wenn man von der iiblichen Orientierung der Kernteilungs- figuren ausgeht, die Spalthalften der Elemente nicht iiber- einander, sondern nebeneinander gelagert sind. Die Chromosomen der beiden Gruppen sind in Bezug auf die Scheidewand spiegel- bildlich angeordnet, so da je einem Elemente der einen Gruppe ein solches der anderen genau opponiert ist, und zwar wenden sich die beiden einander gegentiberliegenden Elemente im all- gemeinen ihre konkaven Seiten zu, so dafi man an die metakine- tische Phase erinnert wird. Wahrend nun in den provisorischen Kernteilungsfiguren der Ovarialeier, abgesehen von den hellen Héfen, von einer Streifung oder von sonstigen Strukturen des Kernplasmas nichts zu erkennen ist, zeigt das an die Peripherie geriickte, sekundaére Keimblaschen eine Reihe von Differenzierungen, durch welche der Eindruck er- weckt wird, als sei der Kern in eine der Chromosomenzahl ent- sprechende Anzahl von Abteilungen gekammert. Zunichst ist zu erwihnen, daf auch hier die einzelnen Chromatinelemente durch einen hellen, scharf begrenzten Hof von dem tbrigen schwach firbbaren Kernplasma abgegrenzt sind. Ich bezweifle nicht, da es sich sowohl in den Ovarialeiern als auch hier in den sekundaren Keimblaischen, wie bei vielen ahnlichen Bildungen, um Schrumpf- ungsprodukte handelt. Was dann die oben erwahnte Scheidewand anbelangt, so ergiebt sich aus einer Zusammenstellung der ver- schiedenseitigen Ansichten mit Bestimmtheit, daf hier eine wirk- lich wandartige, die ganze Durchmesserebene umfassende Bildung vorliegt!), Sa&mtliche Praparate zeigen ferner, daB die Wand jeweils zwischen zwei einander opponierten Chromatinelementen in zwei Lamellen gespalten ist, welche einen linsenférmigen, der 1) In der friitheren Arbeit lief ich es dahingestellt, ob es sich hier um einen Plasmastrang oder um eine das Keimbliaschen in zwei Halften kammernde Scheidewand handelt. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 335 Form der Chromatinelemente entsprechenden Raum zwischen sich einschliefen. Ich muf es unentschieden lassen, ob die Entstehung dieses klaffenden Spaltraumes, ebenso wie die der hellen Héfe, auf eine Wirkung der Reagentien zuriickzufiihren ist. Auger der Scheidewand sind bei Seitenansichten gut tingier- bare, von Pol zu Pol ziehende Streifen und Linien zu bemerken. Gewohnlich sind die Pole mit der eingekerbten Mitte der Chromatin- elemente durch einfache Linien verbunden, wahrend in den Zwischenriumen zwischen den benachbarten Chromosomen Doppel- linien auftreten, welche durch die Scheidewand hindurch un- unterbrochen von Pol zu Pol ziehen (Fig. 32a). Auf den ersten Anblick scheinen diese Linien und Streifen den ,,Spindelfasern“ zu entsprechen. ‘Trotzdem nun aber in spiteren Stadien, wie wir sehen werden, die Streifung dichter wird und dann mit den ge- wohnlichen Spindelfasern durchaus tibereinstimmt (Fig. 33 u. 34), méchte ich doch bezweifeln, ob auf den zunachst beschriebenen Bildern diese Bildungen so zu deuten und ob sie nicht vielmehr mit den gefirbten, feinkérnig oder filzig erscheinenden Plasma- bandern und -briicken in Zusammenhang zu bringen sind, welche bei Polansicht zwischen den hellen Héfen der Chromosomen wahrzunehmen sind (Fig. 31b und 32b). Zu dieser Ansicht fiihrte mich vor allem das Bild, welches die Linien und Linienpaare in Seitenansicht wahrend der Hebung und Senkung des Tubus ge- wahren. Im ganzen erhailt man also den Eindruck, als sei das sekun- dare Keimblischen in diesen friihen Stadien in eine der Chromo- somenzahl entsprechende Anzahl von Keilen oder Segmenten zer- legt, welche in zwei tibereinander liegenden Kranzen angeordnet sind. Das Bild erinnert so, abgesehen von der Zahl der Segmente, an die friiheren Furchungsstadien gewisser Kier, namentlich an das von F. E. Scuuuze beschriebene Sechzehnzellenstadium von Sycandra, und diese Aehnlichkeit wird dadurch noch verstarkt, da8 man in Seitenansicht sehr haufig an den Enden der Doppel- linien Einschniirungen der Kernwand wahrnimmt (Fig. 32a). Ver- mutlich gehéren diese Verhialtnisse in die gleiche Kategorie von Erscheinungen, wie die ,Garbenformen“ der ersten Richtungsspindel von Ascaris und die vielpoligen Spindeln in den pflanzlichen Pollen- und Sporenmutterzellen ‘). 1) Vergl. Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungs- lehre. Jena 1899, p. 126 u. 130. 336 Valentin Hicker, In etwas spiteren Stadien (Fig. 33 und 34) geht das sekun- dire Keimblaschen unter Verlangerung seiner Achse in eine nuf- und schlieflich helmférmige Spindelanlage iiber, die Streifung wird allmahlich dichter und gleichmafiger, die Scheidewand wird undeut- lich und die Chromatinelemente stellen sich so ein, daf ihr Langs- spalt nach den Seiten der Spindeln und die Spalthalften gegen die Pole gerichtet sind. 2. Hauptphase: Dicentrische Wanderung und Paarung der Spalthalften. Unmittelbar auf das eben beschriebene Stadium und offenbar, ohne da die langsgespaltenen Chromatinelemente sich vorher in einer Ebene zusammenordnen, erfolgt die Wanderung der Spalt- halften an die Pole und die Bildung des ersten Richtungskérpers (Fig. 35). In keinem der sehr zahlreichen Eisicke, welche die betreffenden Phasen zur Anschauung bringen, habe ich die Me- takinese, d. h. die Voneinanderlésung der Spalthalften, beobachtet und ich muf daher annehmen, daf hier, wie bei so vielen anderen Zellformen, diese Phase sehr rasch abliuft. Sehr haufig findet sich dagegen das Dyasterstadium: man sieht in dem, einem Bliiten- képfehen ahnlichen Richtungskérper und in der Kuppe des Eikerns die Chromatinelemente in zwei kranzformigen Gruppen angeordnet (Fig. 35a), und gliicklich getroffene Querschnitte zeigen aufs deut- lichste, daf in den Richtungskérper und Eikern je zw6lf ein- fache Schleifen eingegangen sind (Fig. 35b). Wenn also auch die Metakinese selber nicht zur Ansicht kam, so zeigen doch diese unmittelbar folgenden Phasen in unwiderleglicher Weise, dal von den 12 im sekundiren Keimblaschen vorgefundenen ,, Vierergruppen* je eine Spalthalfte in den Richtungskérper, die andere in den Ki- kern eingetreten ist, dai also die erste Richtungsteilung eine ,Aequationsteilung ist. In nur wenig Alteren Phasen (Fig. 36) nehmen die anfangs U-formig gebogenen Schleifen unter voriibergehender Verkiirzung und Verdickung die Gestalt von Winkeln mit dicht aneinander gelagerten Schenkeln an und beginnen sich paarweise zusammen- zulegen (Fig. 36a und b). Anfanglich ist die gegenseitige Anord- nung der Paarlinge keine regelmafige, und man sieht vielfach, namentlich in Polansicht (Fig. 36b), T-formige Figuren, deren beide Arme durch je einen Paarling gebildet werden. Allmablich treten aber bei gleichzeitiger Verlingerung und Verdiinnung der Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 337 Elemente, bestimmtere Verhaltnisse ein, indem die beiden nun- mehr wieder hufeisenférmigen Schleifen sich mit ihren Umbiegungs- stellen aneinanderlegen und so das Bild eines H oder X gewahren (Fig. 37a und b). Wahrend der anfangs rundliche Eikern (Fig. 36a) sich mehr und mehr senkrecht zur Ejioberfliche streckt und eine kugel- formige Gestalt annimmt (Fig. 37a), macht sich aufs neue eine Streifung bemerklich, welche vollkommen derjenigen des sekun- diren Keimblaschens entspricht. Zunichst erscheint bei Seiten- ansicht der Kern durch doppelte Linien in eine Anzahl von Fachern gesondert, deren jedes eines der Chromosomenpaare be- herberet (Fig. 36a), spiter kommen einfache Linien hinzu, welche die Beriihrungsstelle der Paarlinge, also die Mitte der H- und T-Figuren schneiden (Fig. 37a). Gleichzeitig nehmen die Paar- linge mehr und mehr eine zur Streifung senkrechte, also in Bezug auf die Spindelanlage aquatoriale Lage an. Es wurde oben darauf hingewiesen, dafi das sekundare Keimblaschen durch die Streifung in 12 keilf6rmige Segmente oder besser Halbkeile zerlegt erscheint, welche in zwei spiegel- bildlich sich entsprechenden Kranzen von je 6 angeordnet sind und deren jeder eine der Vierergruppen beherbergt (Fig. 31). Bei der dicentrischen Wanderung der Spalthalften verschwindet die Scheide- wand zwischen den beiden Kranzen und es sind also, wenn wir von den inzwischen auftretenden feinen Spindelfasern absehen, nur noch 6 von Pol zu Pol sich erstreckende Keile vorhanden (Fig. 39). Ein Vergleich dieses Zustandes mit den bei Abschluf der ersten Teilung sich anbahnenden Verhiltnissen la8t es als nahezu sicher erscheinen, dafidie im Eikern sich paarenden Spalthalften je zwei im sekun- diren Keimblaschen einander opponierten Vierer- gruppen angehéren. Wenn z. B. im sekundiren Keimblaschen die Vierergruppen ae und —— in zwei sich entsprechenden Halb- keilen einander opponiert gewesen sind, so werden sich im Kikern nach Ablauf der ersten Teilung eben die beiden Spalthalften ab und no miteinander paaren. Man kénnte, um eine Erscheinung aus einem anderen Gebiet heranzuziehen, sagen, daf in je zwei tiber- einander liegenden Halbkeilen die Spalthalften ausgetauscht und wechselseitig gepaart werden, so wie zwischen zwei konjugierten In- fusorien die Wanderkerne ausgetauscht und mit den zurtick- gebliebenen stationaren Kernen vereinigt werden. 338 Valentin Hacker, 2. Richtungsteilung. 3. Hauptphase: Umordnung der Einzelchromo- somen. Es konnte im bisherigen unberiicksichtigt bleiben, daB die miteinander gepaarten Spalthalften ab und no ihrem Aussehen und ihrer Entstehung nach sich je aus zwei miteinander im Zu- sammenhang gebliebenen Einzelchromosomen a und b, bezw. n und o zusammensetzen, also bivalent sind. Dieses Verhaltnis macht sich bei den jetzt zu besprechenden Vorgingen in einer von vornherein nicht zu erwartenden Weise geltend. Wir haben gesehen, daf sich die X-formigen Chromosomen- paare in der Anlage der zweiten Richtungsspindel allmahlich senk- recht zur Streifung einstellen (Fig. 37a). Sie nehmen dabei eine zur Aequatorebene der Spindelanlage symmetrische Orientierung an, in der Weise, daf von jedem hufeisenférmigen Paarling der eine Schenkel oberhalb, der andere unterhalb der Aequator- ebene zu liegen kommt. Wahrend sich diese Einstellung voll- zieht, brechen aber die bivalenten Paarlinge in der Mitte durch und zerlegen sich so in ihre Einzel- chromosomen (Fig. 38a und b, Fig. 39). Es entstehen also a, Dl aus den H-férmigen Figuren 10 Vierergruppen-ahnliche Formen: tN as ies alent tae es oder , in welchen je ein Einzelchromosom (z. B. a) des einen Paarlings mit der auf der gleichen Seite des Aequators gelegenen Halfte (z. B. n) des anderen in nahere Beziehung tritt. Zunichst tritt allerdings noch keine Verschmelzung der beiden benachbarten Elemente ein, wir werden aber sehen, da eine solche wihrend der Metakinese zustande kommt und daf dem- nach eine vollstindige Umgruppierung oder Auswechselung der Einzelchromosomen stattfindet. 4, Hauptphase: Dicentrische Wanderung der neu- formierten Elemente. Wahrend bei der ersten Teilung die Metakinese wegen ihres offenbar sehr raschen Verlaufes nicht zur Beobachtung gelangte, liegen mir zahlreiche Bilder vor, welche die entsprechende Phase des zweiten Teilungsschrittes vorfiihren. Man sieht, daf die neben- einander gelegenen Einzelchromosomen sich enger zusammen- schliefen und beim allmaéhlichen Auseinanderriicken die von anderen Objekten her bekannten Doppel-V bilden (Fig. 40): Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 339 rat Was a Dane a b > Oder 5, De S77 Im Dyasterstadium, also zur Zeit, wenn sich unter gleichzeitiger Ab- hebung einer Dottermembran der zweite Richtungskérper abschniirt (Fig. 41a), sind aus den V-ern vollstaindig zusammenhingende, huf- eisenformige Schleifen entstanden, es hat also eine vollkommene Verschmelzung der heterogenen Halften stattgefunden. Giinstig getroffene Querschnitte durch die Schleifengruppen des zweiten Richtungskérpers und LEikerns (Fig. 41b) lassen mit wiinschenswertester Deutlichkeit in jedem derselben 6 Schleifen, also die reduzierte Chromosomenzahl erkennen. Ich vervollstaindige die gegebene Reihe von Stadien durch zwei Bilder, welche sich auf die erste Furchungsteilung beziehen. Das eine (Fig. 42) giebt die Polansicht des Asterstadiums wieder und laft zwei Gruppen von je 6 Chromosomen erkennen. Unverkennbar ist in der einen (oberen) elterlichen Gruppe die Isolierung der einzelnen Schleifen weiter vorgeschritten, als in der anderen, eine Verschiedenheit der Phasen, welche die elterlichen Kernhalften vielfach auch noch in spateren Furchungsstadien und sogar noch in den Urgenitalzellen zeigen!). Fig. 43 giebt einen Querschnitt durch die eine Spalthalftengruppe des Dyasterstadiums. Auch hier ist die den elterlichen Kernhalften entsprechende Gruppierung der im Querschnitte als Doppelpunkte sich darstellenden Chromatin- schleifen deutlich zu erkennen. Entsprechend der Sechszahl von (bivalenten) Chromosomen, welche der Eikern bei der zweiten Richtungsteilung erhalt, betragt;jbei der ersten Furchungsteilung die Zahl der Elemente in jeder der elter- lichen Gruppen wiederum 6, wobei jedoch nach dem Vorhergehen- den gleichfalls eine latente Bivalenz der Chromosomen anzu- nehmen ist. Es wurde bereits erwahnt, da iiber die hier geschilderten Vorgiinge bereits vor 6 Jahren in allen EHinzelheiten berichtet werden konnte. Einige Unsicherheiten, infolge deren die end- giltige Entscheidung gewisser Punkte vorbehalten werden mufte, habe ich inzwischen mit Hilfe des von Jahr zu Jahr vermehrten Materials beseitigen kénnen und ich darf wohl annehmen, dak 1) Vergl.: Ueber die Selbstandigkeit u. s. w., p. 598 ff. 340 Valentin Hacker, die nunmehr gegebene Darstellung in keinem wesentlichen Punkte einer Erginzung oder Verbesserung bediirftig ist. Die Grofe und geringe Zahl der Elemente und vor allem auch ihre lockere An- ordnung erleichtern bei Cyclops brevicornis die Untersuchung dieser bei manchen anderen Objekten so subtilen Verhaltnisse auferordentlich und schlieSen einen Irrtum namentlich in den Zahlenverhiltnissen vollkommen aus. Eine Deutung der verschiedenen Neugruppierungen habe ich in meiner ersten Arbeit nicht versucht, und ich glaube auch, daf auf dem Boden unserer damaligen Kenntnisse eine solche nicht angingig gewesen ist. Es schien vor allem unméglich zu sein, die beobachteten Komplikationen in direkte Beziehung zum Re- duktionsvorgang zu setzen und es war mir daher, wie ich gestehen mug, die Auffindung dieser Dinge eine nicht ganz er- freuliche Ueberraschung. Hatte ich doch gehofit, in den Eiern von Cyclops mit ihren grofen Chromatinelementen in jener Rich- tung besonders einfache und durchsichtige Verhaltnisse vorzufinden ! In ein ganz neues Licht werden nun diese Vorginge gestellt, wenn man die, wie ich glaube, gut zu begriindende Annahme macht, daB zwischen den geschilderten Komplikationen des Reduktions- vorganges und dem in der ganzen Keimbahn beobachteten autonomen Zustand der elterlichen Kernhaften ein Zusammenhang besteht. Es wurde in den vorhergehenden Kapiteln der Nachweis erbracht, dai sich der Doppelbau der Kerne von der befruchteten Eizelle bis zu den minnlichen und weiblichen Keimmutterzellen mit Zahig- keit forterhalt und sich nicht nur im Verhalten der chromatischen, sondern auch, wo dieses versagt, in dem der nukleolaren Substanz zu erkennen giebt und endlich, dal die beziiglichen Bilder gerade am Ende der Keimbahn, bei der Bildung der Ursamen- und Samenmutterzellen, wieder besonders deutlich und regelmabig werden. Nun sehen wir, wenigstens bei Cyclops, im ,,sekundaren Keimblaschen‘S aufs neue das Bild eines aus zwei Halften zu- sammengesetzten Kernes vor uns, und zwar wird hier der Doppel- bau um so augenfalliger, als hier nicht nur die beiden Kernhalften durch eine deutliche, offenbar zweiblaitterige Scheidewand gegen- einander abgegrenzt sind, sondern auch, weil der Inhalt der Kern- halften, die Chromatinelemente, eine ganz besonders ausgesprochene Symmetrie zeigen. Es scheint mir nun die Annahme nicht zu umgehen zu sein, daf der im ,,sekundiren Keimblaschen zu Tage tretende Doppelbau die Fortsetzung der bei der Furchung und Gonadenbildung beobachteten Anordnungsverhiltnisse bildet, Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 341 also gleichfalls durch die Fortdauer der Autonomie der elterlichen Kernhalften bedingt ist. Es lieSe sich allerdings dagegen ein- wenden, dafi ja die Form des Doppelbaues im sekundiren Keim- blaschens eine etwas andere ist als in den vorhergehenden Stadien. Aber einerseits ist auf die bekannte Thatsache hinzuweisen, dal tiberhaupt die betreffende Phase, die Diakinese, im Keimblaschen eigentiimliche Verhaltnisse darbietet, wie sie sich in anderen Kern- formen nur andeutungsweise vorfinden, andererseits kénnen wir die Besonderheiten, welche der Doppelbau des sekundiren Keim- blaschens, speciell die spiegelbildliche Gruppierung der Chromo- somen aufweist, zu den spiter erfolgenden Umordnungsvorgangen in Beziehung setzen und also fiir die hier auftretenden Ver- schiedenheiten eine bestimmte Erklirung geben. Wenn nun wirklich die oben gemachte Voraussetzung zutrifft, da’ auch der Doppelbau des sekundiren Keimblischens durch die Fortdauer des autonomen Zustandes der Kernhaften bedingt ist, so ergiebt sich als notwendige Folgerung, daf{ die Vierer- gruppen aufdereinen Seite der Scheidewand viater- lichen, auf der anderen mitterlichen Ursprungs sind. Sobald aber dieser eine Punkt feststeht, wird auch ohne weiteres die Bedeutung der sich auschlieBenden Umordnungs- vorgange klar: Dieselbe liegt darin, da8 bei Cyclops die reife HKizelle in gleichmaSiger Mischung zur Halfte grofvaterliche, zur Halfte grofmitterliche Chromatinelemente tibernimmt. Verfolgen wir zunaichst nochmals die einzelnen Vorginge an der Hand der schematischen Figuren (Textfig. C) und erinnern uns daran, daf die Zahl der Vierergruppen in Wirklichkeit zwdlf, also das Dreifache der hier abgebildeten Elemente betragt. Bei der ersten Richtungsteilung gelangen, wie bei jeder anderen Kernteilung, je 6 vaterliche und 6 miitterliche Elemente in die Tochterkerne, jedoch erfolgt die dicentrische Wanderung nicht in zwei gesonderten, den elterlichen Anteilen entsprechenden Gruppen, sondern die viterlichen und miitterlichen Elemente miissen, ihrer Aufstellung in den zwei Fronten entsprechend, zwischen einander durchtreten und sind also vollkommen durcheinander gemischt, wahrend sie an die Pole wanden (Textfig. Cb). Diese Mischung ist jedoch, wie wir gesehen haben, keine unregelmabige. Denn es lieS sich mit gréfter Wabrscheinlichkeit zeigen, da8 bei der unmittelbar folgenden Paarung der Spalthalften die Paarlinge jeweils zwei im sekundéren Keimbliischen einander opponierten 342 Valentin Hacker, Vierergruppen angehéren. Es muf sich alsoschon die dicen- trische Wanderung in einer ganz gesetzmafigen, Quadrillen- ahnlichen Ordnung vollziehen, mégen dabei regulierende, von den Chromatinelementen selbst ausgehende Reize oder irgend welche als Leitbahnen dienenden Kernstrukturen eine Rolle spielen. Bei der Paarung der Spalthalften erfolgt die Vereinigung je einer viterlichen und einer miitterlichen Spalthalfte. Von den beiden | MMU OR / N\ 0 Oe or Oe Fig. C, a—d. Verlauf der Reifungsteilungen bei Cyclops brevicornis. a Gegeniiberstellung der Vierergruppen. b pica dee ersten Richtungskorpers: im Eikern Paarung der Spalthalften. ¢ Zweite Richtungsspindel: Auswechse- lung der Einzelchromosomen. d Bildung des zweiten Richtungsk6rpers. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 343 : 3 ab no ‘ einander opponierten Vierergruppen aa und 5 werden sich z. B. jeweils zwei Spalthalften ab und no miteinander verbinden und das Gesamtresultat des ersten Teilungsschrittes ist demnach eine gleichmaSige Durchmischung der vaterlichen und miitterlichen Anteile (Textfig. Cb unten). Wahrend also in der ganzen Keimbahn, von befruchteten Ei bis zu den Keimmutter- zellen die riumliche Trennung der elterlichen Anteile fortbesteht, wird erstmals im Verlauf des ersten Teilungsschrittes dieser Zu- stand aufgegeben. Man kénnte also sagen, daS bei Cyclops die erste Richtungsteilung die Aufgabe tibernimmt, die Durchmischung der elterlichen Anteile einzuleiten. Die Durchfiihrung dieses Prozesses erfolgt erst wahrend des zweiten Teilungsschrittes. Im Verlauf desselben findet eine Aus- wechselung der Einzelchromosomen je zweier miteinander ge- paarter Spalthalften in der Weise statt, daS je ein vaterliches und ein miitterliches Einzelchromosom zusammentreten (Textfig. Cc). Die 12 neuformierten bivalenten Elemente, welche demnach je aus einer vaterlichen und einer miitterlichen Halfte bestehen, werden durch den Reduktionsakt auf den zweiten Richtungskérper und Eikern verteilt und letzterer enthailt demnach 6 Mischlinge, welche sich je aus einer vaterlichen und miitterlichen oder, da die reife Kizelle bereits eine neue Generation reprasentiert, besser gesagt, aus einer gro&vaterlichen und grofmitter- lichen Halfte zusammensetzen (Textfig. Cd). Wir sehen also, daf die ganze Reihe von Umordnungen, welche die Chromatinelemente im Verlauf der beiden Reifungsteilungen erfahren, zu einem einfachen, gesetzmafigen und auch theoretisch verstindlichen Resultate fiihrt, nimlich zur gleichmafigen Durchmischung der gro8vaterlichen und grokmitter- lichen Chromatinelemente in den weiblichen Fort- pflanzungszellen. Nehmen wir einmal, ohne Riicksicht auf die speciell bei Cyclops vorliegenden Verhiltnisse, ganz allgemein an, es solle ‘das eben erwabnte Ziel wirklich erreicht werden. Wir kénnen uns dann fragen, welche Wege in diesem Fall tiberhaupt theoretisch denkbar sind. Sehr einfach wiirde die Sache liegen, wenn die zweite Richtungs- teilung keine Reduktions-, sondern, wie die erste, eine Aequations- teilung sein wiirde. Dann wire es moglich, daf die raumliche Trennung der elterlichen Kernhalften, ebenso wie bei der Furchung 344 Valentin Hacker, und Gonadenbildung, so auch noch wihrend der beiden Reifungs- teilungen fortbestinde und daf demnach der Kikern die grofvater- lichen und grofmiitterlichen Elemente in zwei getrennten Gruppen erhielte. Der Eikern wiirde dann die beiderseitigen Chromosomen in gleicher Anzahl iibernehmen, aber die Mischung wiirde offenbar keine so innige sein, wie bei der Paarung je eines vaterlichen und eines miitterlichen Elementes. Ganz ahnlich wiirden sich die Vorginge gestalten, wenn die erste Teilung eine gewoéhnliche Aequationsteilung mit gonomerer Anordnung der auseinanderriickenden Spalthalften, der zweite Tei- lunesschritt eine Reduktionsteilung wire. Auch in diesem Fall wiirde der Eikern nach Ablauf des ersten Teilungsprozesses zwei getrennte Gruppen von Elementen enthalten (Textfig. D) und bei der zweiten Teilung kénnte, wie dies fiir verschiedene Objekte thatsichlich angegeben wird, eine gleich- maBige Verteilung der elterlichen Anteile auf zweiten Richtungs- kérper und Eikern in der Weise statt- finden, dal sich die bivalenten Ele- mente unter Durchfiihrung der Quer- teilung in ihre beiden Einzelchromo- somen zerlegen. Man kénnte geradezu mit RickerT annehmen, daf die Biva- lenz der Elemente, d. h. die anfangliche Fig. D. Gruppenweise Unterdriickung der Querteilung, fiir den Trennung der _ elterlichen . ; . . Cliromosomen. Mechanismus der zweiten Teilung des- halb von grofer Bedeutung ist, weil die gewoéhnliche Methode, eine zweireihige Anordnung der Elemente im Aequator herzustellen, infolge des Ausfalls der Langsspaltung nicht zur Anwendung kommen kann. Wir sehen also, daf auch in dem zweiten hier angenommenen Falle eine gleichmifige Verteilung der elterlichen Anteile auf Richtungskérper und Eikern sehr wohl stattfinden kénnte, dal aber auch hier die viterlichen und miitterlichen Elemente, zunachst wenigstens, in getrennten Gruppen liegen und demnach ihre Durch- mischung keine gleichmafige und vollstaindige sein wiirde. Um eine solche wirklich zu erreichen, miissen offenbar be- sondere Einrichtungen getroffen sein und wenn wir natiirlich auch nicht sagen kénnen, daf der bei Cyclops brevicornis eingeschlagene Weg der einzig mogliche oder einfachste sei, so kénnen wir doch wenigstens so viel behaupten, da die Mittel, welche zur Erreichung des Zieles angewandt werden, wirklich auch direkt zu demselben Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 345 hinfiihren. Die Gegeniiberstellung der vaterlichen und miitter- lichen Elemente, die Paarung der Spalthalften und die Auswechse- lung der Einzelchromosomen stellen die drei wichtigsten Etappen auf diesem Wege dar und in der Ejinfiigung dieser Phasen sind auch die Hauptunterschiede begriindet, welche zwischen dem bei Cyclops bestehenden Reduktionsmodus und dem theoretisch ein- fachsten, WEISMANN’schen Modus bestehen. Es kann noch die Frage erhoben werden, ob das Verhalten der Kernelemente auf besondere physiologische Eigenschaften der- selben schliefen laBkt, welche wir bei anderen Kernteilungsprozessen vermissen. Ohne mich hier auf die Frage nach dem Mechanismus der Teilung einzulassen, méchte ich nur auf den Vorgang der Paarung der Spalthalften hinweisen. Derselbe beweist, dal zwischen den vaterlichen und mitterlichen Ele- menten Affinitaiten bestehen miissen, welche zwischen gleichsinnigen Elementen nicht vorhanden sind, Denn es ist noch nirgends beobachtet worden, daf} etwa die an die Pole tretenden Tochterchromosomen sich mit ihren Umbiegungsstellen aneinander- legen. Ich werde auf diesen Punkt im allgemeinen Teil nochmals zuriickkommen und will nur noch die Frage streifen, ob wir es hier mit Dingen zu thun haben, welche nur fiir Cyclops oder allenfalls fiir die Copepoden iiberhaupt Geltung haben, oder ob die im Vorstehenden beschriebenen Umordnungen der chroma- tischen Elemente und ein Zusammenhang dieser Vorgange mit dem Doppelbau der Kerne auch bei anderen Formen angenommen werden kénnen. Es ist bekannt, da wir leider noch weit davon entfernt sind, die bei den verschiedenen Objekten beobachteten, auf die Reifungs- teilungen beziiglichen Bilder mit Sicherheit aufeinander beziehen zu kénnen. Ich glaube jedoch, daf es zu pessimistisch ware, wenn man heute von einem Zustand griindlicher Zerfahrenheit oder, wie Carnoy es gethan hat, von einem Tohu-bohu sprechen wollte. Im Gegenteil, die neueren, tiberaus griindlichen und ge- wissenhaften Arbeiten, mit welchen in den letzten Jahren be- sonders die amerikanischen und belgischen Forscher erfolgreich in den Wettkampf eingetreten sind, lassen immer mehr hervor- treten, wie fast jede Phase und Unterphase, welche bei irgend einem Objekt vielleicht in besonders augenfalliger Weise hervor- tritt, sich schlieBlich bei genauem und wiederholtem Suchen auch bei andern Objekten nachweisen lait. Wer die letzten Unter- Bd, XXXVI. N. F. XXX. 23 346 Valentin Hacker, suchungen iiber die Liliaceen, die Urodelen, die Seeplanarien genau verfolgt hat, wird sich dem Kindruck nicht entziehen kénnen, daf jede neue Arbeit uns speciell in dieser Richtung vorwirts bringt, mégen auch die Deutungen der Autoren vorlaufig in scheinbar unversdhnlicher Weise auseinandergehen. So scheint es mir denn, da’, was die thatsachlichen Befunde anbelangt, die einzelnen Objekte einander immer naher geriickt werden, und bei dieser Sachlage halte ich es fir wahrscheinlich, da8 auch hier, wie in so manchen ahnlichen Fallen, diese gegen- seitige Anniherung der Befunde um einen weiteren Schritt ge- férdert werden kénnte, wenn auch die theoretischen Anschauungen, unter deren Einfluf die bisherigen Untersuchungen bewuSter oder unbewufterweise gestanden sind, durch Gewinnung eines neuen Ge- sichtspunktes eine Verschiebung oder Erweiterung erfahren wiirden. Es muf dahingestellt bleiben, ob die bei der Untersuchung der Copepoden neu gewonnenen Anschauungen in dieser Richtung dienlich sein kénnen und ob von ihnen aus ganz im allgemeinen eine bessere Deutung und Vereinigung des allmahlich zu ungeheuren Dimensionen angeschwollenen Thatsachenmaterials erméglicht wer- den kann. Jedenfalls verdient aber der eine Umstand Beachtung, daf eine ganze Reihe von speciellen Bildern, welche bei Cyclops in einen direkten Zusammenhang mit der Fortdauer der Autonomie der elterlichen Kernteile gebracht werden konnten, sich auch bei anderen Objekten wihrend der Reifungsteilungen wiederfinden, so daf& immerhin die Méglichkeit besteht, daf bei weiterer Unter- suchung gewisse specielle Verhiltnisse durch die Ergebnisse bei Cyclops in eine neue Beleuchtung geriickt werden. Ich will hier nur auf zwei Punkte mit einigen Worten eingehen. In neuerer Zeit ist wiederholt die Angabe gemacht worden, dal in den Vorphasen der ersten Reifungsteilung eine nachtragliche Paarung oder Konjugation je zweier urspriinglich selbstandiger Chromosomen stattfindet. So hat namentlich Monrcomery ') bei der Spermatogenese von Peripatus sowie von einigen Hemipteren eine wihrend der ,,Synapsis‘ vor sich gehende, paarweise Ver- einigung univalenter Chromosomen zu bivalenten beschrieben und 1) Tu. H. Monrcomury, The spermatogenesis of Peripatus (Peripatopsis) balfouri up to the formation of the spermatid. Zool. Jahrb. (Anat. Abt.), Bd. XIV, 1900. -- A study of the chromo- somes of the germ-cells of Metazoa. Transact. Amer. Phil. Soc., Vol. XX, 1901. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 347 ist, wie ich dem Referat im Zoologischen Centralblatt entnehme, wenigstens bei den Hemipteren zu der Ansicht gelangte, daf es sich um die Vereinigung eines viterlichen und eines miitterlichen Elementes handle. Leider ist mir die betreffende Arbeit nicht zu- ganglich gewesen, so da ich nicht beurteilen kann, inwieweit ein Vergleich der betreffenden Beobachtungen mit den Verhiltnissen bei Cyclops angangig ist. Auf den zweiten Punkt habe ich schon bei friiherer Gelegen- heit hingewiesen!). Wie wir oben gesehen haben, schlieSen sich bei Cyclops die gepaarten Chromatinelemente zwischen der ersten und zweiten Teilung zu X- und H-formigen Figuren zusammen. Genau an derselben Stelle, namlich zwischen der ersten und zweiten Richtungsteilung und, mit einer Ausnahme?), nur an dieser Stelle, sind auch bei einer Reihe von anderen Objekten, ganz ahnliche X-f6rmige Elemente gefunden und in der ver- schiedensten Weise gedeutet werden. Schon friiher konnte ich die von KLINcKOwsTROM im Ei einer Seeplanarie (Prostheceraeus) und die von JurL und BeLAvyerr bei der Pollenbildung einiger Lilien (Hemerocallis, Iris) gemachten Beobachtungen heranziehen. Neuerdings hat nun ScHocKaERT®) die betreffenden Bilder bei Prostheceraeus wieder gefunden und ausfiihrlich beschrieben, Gri- GOIRE*) hat derartige Figuren in den Telophasen der ersten Tei- lung von Lilium speciosum beobachtet, und auf ahnliche Dinge sind Carnoy und Leprun bei der Eireifung, JANssens bei der Samenbildung der Tritonen®) gestoBen. 1) Vergl. V. HAcxrr, Ueber vorbereitende Teilungsvorgange bei Tieren und Pflanzen. Verh. deutsch. Zool. Ges., 1898, p. 108. — Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre, p. 171. 2) Carnoy und Lesrun (La vésicule germinative et les globules polaires chez les Batraciens. Cellule, T. XVI, 1899, tab. 11, fig. 102) haben solche Bilder bei der ersten Reifungsteilung des Tritoneies gesehen. Ich habe indessen schon an anderer Stelle und aus anderen Griinden (Ref.: die Reifungserscheinungen. Erg. An. u. Entw., Bd. VIII: 1898, 1899) Zweifel dariiber geaufert, ob die von den beiden Autoren angenommene Reihenfolge der Stadien als eine definitive betrachtet werden diirfe. 3) R. ScuockaErt, L’ovogénése chez le Thysanozoon Brocchi. (Deuxiéme partie.) Cellule, T. XX, 1902, Tab. 3, Fig. 34—4O0. 4) Grucorrn, V., Les cinéses polliniques chez les Liliacées. Cellule, T. XVI, 1899, Tab. 1, Fig. 26. 5) Carnoy und Lesrvy, |. c., Tab. 12, Fig. 119 A; F. A. Janssens, La spermatogénése chez les tritons. Cellule, T. XIX, 1901, Tab. 1, Fig. 41. 23 * 348 Valentin Hacker, Es scheint mir bemerkenswert zu sein, daf es auch in diesem Punkte gerade die am Oftesten untersuchten und in vieler Hin- sicht fiir die Untersuchung besonders giinstigen Formen (Cope- poden, Seeplanarien, Tritonen, Lilien) sind, bei welchen sich mehr und mehr eine morphologische Uebereinstimmung herausstellt, so dafi die Wahrscheinlichkeit besteht, daf die betreffenden Er- scheinungen eine noch weitere Verbreitung besitzen. Nun wird freilich fiir die meisten der hier genannten Objekte eine ganz andere Entstehungsweise der X-formigen Figuren an- gegeben, insofern die Mehrzahl der Autoren, so auch neuerdings wieder SCHOCKAERT, die Zusammensetzung dieser zweiteiligen Elemente mit der in den Anaphasen der ersten Teilung be- obachteten Lingsspaltung in Verbindung gebracht haben. Ks ist daher vorderhand nicht erlaubt, weiter zu gehen, als die dufer- liche Aehnlichkeit festzustellen, und es ist abzuwarten, ob spatere Untersuchungen fiir diese so verbreiteten Vorkommnisse auch eine genetische und physiologische Uebereinstimmung zum Vorschein bringen werden. 6. Kapitel. Ueber die Verbreitung des gonomeren Kernzustandes im Tier- und Pfianzenreich. Die Feststellung der Autonomie der Kernhalften oder, wie wir auch sagen kénnen, des gonomeren Zustandes der Keimbahn- kerne, wird fiir die Vererbungslehre von wesentlich gréferem In- teresse sein, wenn es sich hier nicht um ein vereinzeltes, den Copepoden eigentiimliches Vorkommnis, sondern um eine Er- scheinung von allgemeinerer Verbreitung handelt. Ich habe mich daher nach Abschlu8 der an den Copepoden ausgefiihrten Unter- suchungen bemiiht, teils an meinen eigenen Praparaten, teils in der Litteratur mich dariiber zu orientieren, ob sich entsprechende Dinge auch bei anderen Objekten vorfinden, und ich war in der That iiberrascht, nicht nur auf Schritt und Tritt auf ahnliche, offenbar hierher gehérige Verhaltnisse zu stofen, sondern auch, was fiir mich noch wertvoller war, zu sehen, daf bereits mehreren Autoren die Eigentiimlichkeiten der betreffenden Bilder aufgefallen waren. Es war dabei nétig sich an bestimmte Kriterien des gono- meren Zustandes zu halten. Nach dem vorlaufigen Stand unserer Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 349 Kenntnisse sind wir allerdings noch nicht berechtigt, irgend eines derselben als ein absolutes, fiir sich allein und unter allen Ver- haltnissen entscheidendes Charakteristikum zu betrachten, aber wir sind doch in der Lage, bald aus dem kombinierten Auftreten solcher Merkmale, bald unter Beriicksichtigung auSerer Momente, vor allem der Zugehorigkeit der betreffenden Elemente zur Keim- bahn, Analogieschliisse von einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad zu ziehen. Die Kriterien des gonomeren Zustandes sind nach dem Bisherigen folgende: 1) Doppelte Knauelfiguren: Furchung von Cyclops strenuus (RUcKERT, 1. c., Fig. 10 u. 11); Urgenitalzellen von C. brevicornis (HAcKkER, 1896, Fig. 75—78); Ursamenzellen von Heterocope (Fig. 23, dk). 2) Doppelasterenin Polansicht: Furchung von Cyclops brevicornis (Fig. 42); Furchung von Diaptomus (Fig. 28 und 29). 3) Doppeldyasteren im Querschnitt: Furchung von Cyclops strenuus (Rickert, 1. ¢c., Fig. 3 u.a) und brevicornis (Hacker, 1896, Fig. 52—53; diese Arbeit, Fig. 43). 4) Doppeldyasterenin Seitenansicht: Furchung von Cyclops strenuus (RicKERT, |. c., Fig. 2 und 6), C. brevicornis (Hacker, 1896, Fig. 50) und Diaptomus (Fig. 7). 5) Ruhende Doppelkerne mit zahlreichen Nukle- olen: Furchung von Cyclops strenuus (Rickert), friihere Furch- ungsstadien von Cyclops brevicornis (Textfig. A b). 6) Ruhende Doppelkerne mit je einem Nucleolus in jeder Kernhalfte: spatere Furchungsstadien von Cyclops brevicornis (Textfig, Ad und Ae), Furchung von Crepidula (CONKLIN, siehe Textfig. Ba), 7) Junge, kugelige oder scheibenférmige Tochter- kerne mit zwei symmetrisch gelagerten Nukleolen: Furchung von Cyclops brevicornis (Textfig. Af); Furchung und Gonadenbildung von Diaptomus und Heterocope; Furchung von Crepidula (CONKLIN, siehe Textfig. Bb). 8) Zweiteilige Keimblaschen mit symmetrisch gelagerten Chromosomen: Cyclops brevicornis (Fig. 3la und 32a). | In den meisten der im folgenden zusammengestellten, aus einer grofen Zahl ausgewihlten Beispiele ist das unter 7) auf- gefiihrte Kriterium fiir die Heranziehung bestimmend gewesen. Auf den ersten Anblick mag vielleicht dieses Kriterium zu den 350 Valentin Hacker, an und fiir sich weniger entscheidenden gehéren, aber sein Ge- wicht wird wesentlich erhént durch die Regelmafigkeit und Aus- schlieBlichkeit, mit welcher die betreffenden Bilder vielfach auf- treten, und wir werden speciell bei den parthenogenetisch sich vermehrenden Pflanzen eine wertvolle Stiitze fiir die Sicherheit dieses Kriteriums kennen lernen. Conjugaten. In den durch Conjugation entstandenen Dauersporen oder Zy- goten mancher conjugaten Algen bleiben nach KLEBAHN die beiden Geschlechtskerne geraume Zeit unverschmolzen, bei Spirogyra jugalis Fig. E,a—d. Zygotenbildung bei den Conju- gaten (nach KLEBAHN). a Zygote von Spirogyra jugalis. b Doppelkern einer jungen Zygote von Sp. orthospira. c Reife Zygote von Closterium. d Keimungsstadium von Closterium: gt GroBkern, k& Kleinkern. (Textfig. Ea) wer- den sie mehrere Wochen lang (Juni bis Juli) dicht aneinander geschmiegt an- getrotfen und bei Closterium (Text- fig. Ec) bleiben sie sogar wahrend des ganzen Win- ters getrennt voneinander zwischen den beiden Chromato- phorenballen liegen. Bei den mei- sten Spirogyra- arten enthalt jede der nebeneinan- der gelagerten Kernhalften einen Nucleolus (Textfig. Ea) und nur bei Spirogyra orthospira sind es zwei, namlich je ein gréferer und ein kleinerer Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 351 (Textfig. Eb). Da nun bei Spirogyra im Gegensatz zu anderen Conjugaten keine Richtungsteilungen vorkommen (OvERTON) und somit, nach unseren Erfahrungen bei Cyclops, eine Durch- einandermischung der Kernteile vor der Befruchtung weniger wahrscheinlich ist, so kénnte man daran denken, daf bei Spiro- gyra orthospira das Auftreten zweier Nukleolen in jeder elterlichen Kernhalfte mit einem Fortbestand auch der grofelterlichen Kernanteile zusammenhanet. Auch bei der im Frihjahr erfolgenden Keimung von Closterium (Textfig. Ed) und Cosmarium enthalten die ,,Grofikerne“ (gk) vielfach zwei Nukleolen, und man wird um so mehr geneigt sein, bei diesen mit der Furchung der Metazoeneier zu vergleichenden Entwicke- lungsvorgangen an einen gonomeren Zustand der Kerne zu denken, als bei der Keimung der Parthenosporen von Cosmarium in den Grofkernen immer nur ein Nucleolus aufzutreten scheint. Auch bei der Teilung der Spirogyrafaden scheinen in den jungen Tochterkernen grofenteils zwei Nukleolen aufzutreten | GERASSIMOFF] 4). Fucus. Diejenigen Verhaltnisse, welche auf botanischem Gebiet sich am nachsten mit den Beobachtungen bei der Furchung der Cope- poden beriihren und thatsichlich auch von einem ihren Unter- sucher (STRASBURGER) in gleichem Sinne gedeutet worden sind, finden sich bei der Keimung von Fucus. STRASBURGER 2) und ebenso Farmer und WrtiaMs*) be- obachteten bei Fucus, daf’ geraume Zeit nach der Vereinigung des zuniachst linsenformigen, auf Praparaten dunkel tingierten Sperma- kernes (Fig. F,asp) mit dem Eikern sich in dem vom Spermakern 1) Vergl. zum Vorstehenden: C. E. Overron, Ueber den Con- jugationsvorgang bei Spirogyra. Ber. d. bot. Ges. Bd. VI, 1888, p. 68; H. Ktepaun, Ueber die Zygosporen einiger Conjugaten. Ebenda, p. 160. — Studien tiber Zygoten I. Die Keimung von Closterium uud Cosmarium. Jahrb. wiss. Bot., Bd. XXII, 1891; J. Grrassimorr, Ueber die kernlosen Zellen bei einigen Conjugaten. Bull. Soc. Nat. Moscou, No. 1, 1892, p. 18 und 19. 2) E. Srrassurcer, Kernteilung und Befruchtung bei Fucus. Jahrb. wiss. Bot., Bd. XXX, 1897 (Cytol. Studien Bonner bot. Inst.), p- 210 und 218, Taf. XVIII, Fig. 25—33. 3) J. B. Farmer, und J. Ly. Wiiiiams, Contributions to our knowledge of the Fucaceae: their life-history and cytology. Phil. Trans. Roy. Soc. Lond., Ser. B, Vol. CXC, 1898. 352 Valentin Hacker, stammenden Abschnitt des Furchungskernes (Textfig. F,b sp) ein Kernkérperchen ausbildet, welches an Gréfe, an Scharfe des Um- risses und an Intensitét der Fairbung dem Kernkérperchen des Eikernes nachzustehen pflegt. Nun fand aber STRASBURGER, da auch die Kerne der Keimanlagen vielfach zwei Kernkorper- chen fiihren (Textfig. Fc), ,,die “dumenh diese ihre Zahl an die beiden Kernkd6r- perchen \erinnieany die man so haufig im Keimkern an- trifft’. Nachdem nun bei anderen Objekten ein derartiger Zusammenhang 3 nachgewiesen werden 3 Tips = konnte, wird man auch vise die von STRASBURGER Fig. F, a—ec. Keimung von Fucus. angedeutete Anschauung a Kernkopulation: sp Spermakern. b Erster fiir eine durchaus_ be- Furchungskern. c Kern der Keimanlage (nach A = STRASBURGER). eriindete erklaren diirfen. Gefasskryptogamen. Vielleicht lohnt es sich, auch die Sporenbildung der Gefab- kryptogamen mit Bezug auf das Verhalten der Nukleolen einer Revision zu unterziehen. Wenigstens bildet CALKINS!) eine Junge Spore von Pteris mit zwei symmetrisch gelegenen Nukleolen ab, und ebenso lassen verschiedene Bilder von GuiGNARD?), welche die Sporenbildung eines Béirlapps (Psilotum) darstellen, eine paarige Anordnung der Nukleolen erkennen. Allerdings miifte hier, wie auch bei den Phanerogamen mit plurinukleolaren Kernen, speciell darauf geachtet werden, wie sich ganz junge, eben gebildete Kerne in diesem Punkte verhalten,. da selbstverstand- lich beim spiteren Hinzutreten von adventiven Nukleolen etwa vor- handene Symmetrieverhiltnisse vielfache Stérungen erleiden kénnen. 1) G. N. Carxins, Chromatin-reduction and tetrad-formation in Pteridophytes. Bull. Torrey Bot. Club, Vol. 24, 1897, Tab. 296, Fig. 16. 2) L. Guranarp, L’origine des sphéres directrices. Journ. de Bot., 1894, Tab. 2, Fig. 1, 2, 6, 7. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 353 Gymnospermen. STRASBURGER*) giebt einige Figuren, welche die erste Tei- lung der Pollenmutterzelle von Larix darstellen und in den eben gebildeten Tochterkernen deutlich die Symmetrie der Nu- kleolarsubstanz erkennen lassen (Textfig. G), und ebenso stellt IkENo ”) Archegoniumanlagen von Cycas dar, deren Kerne ,,wahrend der ganzen Wachstumsperiode einen, selten zwei, sehr vakuolen- See Ree ' reiche Nukleolen“ fiihren. salle acer CEA eet | Angiospermen Sowohl bei der Pollen-, als bei der Embryosackbildung der Angiospermen sind in jungen, eben gebildeten Tochterkernen viel- fach 2 symmetrisch gelagerte Nukleolen beobachtet worden. Ich verweise auf Abbildungen bei Isarkawa*) (Pollenbildung von Allium), Guiagnarp*) (Pollenbildung von Magnolia), Morrier®) (Embryosackbildung von Lilium Martagon und candidum), SCHNIE- winp-Tuiss °) (Embryosackbildung von Scilla) und Jue *) (Embryo- sackbildung von Antennaria). 1) E. Srrassureer, Karyokinetische Probleme. Jahrb. wiss. Bot., Bd. XXVIII, 1895, Taf. III, Fig. 27—28. 2) S. Ikeno, Untersuchungen iiber die Entwickelung der Ge- schlechtsorgane und den Vorgang der Befruchtung bei Cycas revo- lutea. “Jahrb: wiss. Bot. Bd) XXXII, 1898, Taf. VIEL’ Figs tou.) 2. 3) C. IsHikawa, Studies of reproductive elements. III. Die Entwickelung der Pollenkérner von Allium fistulosam L. J. Coll. Sc. Tokyo, Vol. X, 1897. 4) L. Guranarp, Les centres cinétiques chez les végétaux. Ann; Se. nat. Bot., Sér. 8, T. V, 1898, Tab. XI, Fig. 21, 28. 5) D. M. Mortimer, Ueber das Verhalten der Kerne bei der Entwickelung des Embryosacks und die Vorgange bei der Be- fruchtung. Jahrb. wiss. Bot., Bd. XXXI, 1897, Taf. II, Fig. 1—2. 6) J. Scuytewinn-Tutes, Die Reduktion der Chromosomenzah1 und die ihr folgenden Kernteilungen in den Embryosackmutterzellen der Angiospermen, Jena 1901, Taf. II, Fig. 65—66. 7) H. O. Jur, Vergleichende Untersuchungen iiber typische und parthenogenetische Fortpflanzung bei der Gattung Antennaria. Sv. Ak. Handl., Bd. XXXIII, 1900, Textfig. IITb. 354 Valentin Hacker, Von besonderem Interesse sind die Bilder von IsHikKAwa (Textfig. H), weil hier die Verinderungen der Nukleolarsubstanz (Auftreten zweier pri- marer Nukleolen, un- gleich rasches Wachs- tum derselben, An- einanderlagerung und schlieSliche Ver- schmelzung) vollkom- men parallel laufen den aufeinander folgenden Umwandlungen des Chromatins (Kniiuel- bildung, Langsspal- tung, Diakinese) und weil wir hier also die Fig. H, a—d. Pollenbildung von Allium Bei : (nach ISHIKAWA). zeitliche Aufeinander- folge der ersteren in ahnlicher Weise kontrollieren kénnen, wie dies z. B. im Hoden von Heterocope der Fall war. Beziiglich der Embryosackbildung sei auf eine Figur von JUEL (Fig. J, a) hingewiesen, welche den Embryosack einer amphigon sich fortpflanzenden Antennaria-Art (A. dioica) dar- stellt. Man sieht zu oberst die beiden Synergiden (sy), darunter einen zweizelligen Embryo (em), noch weiter unten die ersten Teilungsprodukte des Centralkerns, des ,,sekundiren Embryosack- kerns“ (en), und am unteren Ende das durch Vermehrung der Antipodenzellen entstandene Antipodengewebe (an). Sowohl in den eben gebildeten Kernen des Embryos als in den durch Teilung des Centralkerns entstandenen ersten Endospermkernen ist die charakteristische Anordnung der Nukleolarsubstanz zu _ er- kennen. Die hier wiedergegebenen Verhiltnisse finden ein sehr be- merkenswertes Gegenstiick in den Bildern, welche Murseck }) von der parthenogenetischen Embryobildung von Alchemilla ge- geben hat (Fig. J, b). Wahrend hier die Kerne des Embryos selber (em) stets nur einen Nucleolus zeigen, lassen zahlreiche Kerne der Endospermanlage (en) eine symmetrische Anordnung der Nuk- 1) Sv. Mureeck, Parthenogenetische Embryobildung in der Gattung Alchemilla. Lunds Univ. Arsskr., Bd. XXXVI, 1901. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 355 leolarsubstanz erkennen. Dieser Gegensatz wiirde so zu erklaren sein, daf bei den parthenogenetischen Formen die Embryonal- kerne monogonen, dagegen die Endospermkerne amphigonen Ur- sprunges sind, insofern letztere dem durch Verschmelzung zweier Polkerne entstandenen Centralkern ihre Entstehung verdanken. Eine schematische Reinheit zeigen aller- dings die Verhiltnisse @ bei Alchemilla des- wegen nicht, weil durch das Auftreten von ad- ventiven Nukleolen die Symmetrie vielfach ver- wischt erscheint. Ganz ihnliche Ver- haltnisse fand Ernst‘) im Embryosack von Paris quadrifolia (Kin- beere). ,,Kin sicheres Erkennungszeichen“ der Keimkerne sind hier die zwei vom Ei- und Spermakern herstammenden Nu- kleolen, ,,deren Ver- -@n einigung gar nie zu erfolgen scheint“, und on dem von Ernst ab- Fig. J. a Embryosack von Antennaria dioica gebildeten Endosperm- (amphigon), b von Alchemilla acutangula (parthe- Kem sind, in’ Ueber-” nogeneisc): ey Byoerein, om muy 95 Ba elnstimmung mit sel- b nach Murseck). Um den Vergleich zu er- nem dreikernigen Ur- leichtern, ist die Figur von JUEL entgegen ihrer Beats natiirlichen (anatropen) Anordnung orientiert sprung, drei Nukleo- worden. len zu sehen. Auch in vegetativen pflanzlichen Geweben scheint sich nicht selten in jungen Kernen die auf einen Doppelbau hinweisende Symmetrie der Nukleolarsubstanz zu finden. So giebt ZmmMeEr- 1) A. Ernst, Chromosomenreduktion, Entwickelung des Embryo- sacks und Befruchtung bei Paris quadrifolia L. und Trillium grandi- florum Sauiss. Flora, Erganzungsband 1902, Fig. 108 u. 120. 356 Valentin Hacker, MANN!) zwei eben gebildete Tochterkerne aus einem jungen Blattstiel von Calla wieder, welche im Gegensatz zu den ruhenden Kernen zwei Nukleolen enthalten. Noch eine Erscheinung ist hier zu besprechen, welche mit Riicksicht auf gewisse bei tierischen Objekten vorkommenden Ver- haltnisse von Interesse ist. Die Nihrzellenschicht (Tapetenschicht, assise nourriciére) der Pollensicke ist nach GuIGNARD?) charak- terisiert durch die Zweikernigkeit ihrer Elemente. Wahrend nun gewohnlich die beiden Kerne keine weitere Teilung eingehen, kénnen sich dieselben nach GuiagNarD bei Magnolia gleichzeitig mit den Pollenmutterzellen teilen. Jeder der Kerne bildet eine zunichst pluripolare, dann bipolare Teilungsfigur, aber die beiden Figuren verschmelzen dann miteinander, und zwar so vollkommen, daf8 keine Spur von dem doppelten Ursprung zuriickbleibt. Man wird schon durch dieses Verhalten bei der Teilung zu der Ver- mutung gefiihrt, daf derartige Falle von regelmafiger Zwei- kernigkeit, wie sie namentlich in epithelialen Geweben haufiger vorkommen, eine besondere Form des gonomeren Zustandes dar- stellen. Plathelminthen. Es wurde bereits oben erwahnt, da’ nach den Untersuchungen von KLINCKOWSTROM, VAN DER STRICHT, FRANCOTTE, GERARD und ScHOCKAERT die Reifungserscheinungen des Polycladeneies manche auffallende Aehnlichkeit mit derjenigen des Copepodeneies zeigen. Es wire daher sehr erwiinscht, das kerngeschichtliche Ver- halten der Polycladeneier der ganzen Keimbahn entlang kennen zu lernen. Vorderhand kann nur auf eine Beobachtung von ScHOCKAERT *) hingewiesen werden, welcher in einer Eimutterzelle von Thysanozoon den Chromatinfaden in zwei getrennten Portionen angeordnet gefunden hat, sowie auf eine Mitteilung von VAN DER StricHT*), derzufolge der in Bildung begriffene weibliche Ge- 1) A. Zimmermann, Ueber die chemische Zusammensetzung des Zellkerns, I. Zeitschr. wissenschaftl. Zool., Bd. XII, 1896, Taf. II, Fig. 25 u. 26. 2) L. Guianarp, Les centres cinétiques chez les végétaux. Ann. Sc. nat., Bot., Sér. 8, T. V, 1898, p. 200. 3) ScuocKauRe, lic. pipl22, Tab.. 1, Hig. 2. 4) O. van pER Srricut, Les ovocentres et les spermocentres de Vovule de Thysanozoon Brocchi. Verh. Anat. Ges. 1897. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 357 schlechtskern in auffalliger Weise die Zusammensetzung aus zahl- reichen selbstaindig gebildeten Idiomeren erkennen aft. Verhiltnisse, welche wieder sehr an die Verainderungen der Nukleolen im Hoden von Diaptomus und Heterocope erinnern, hat Monrcomery?) bei der Eibildung einer Nemertine, Lineus gesserensis, aufgefunden. MonrTcomery giebt in der That auch fiir die betreffenden Bilder die, wie mir scheint, einzig mégliche Erklarung, daf ,,two nucleoli of nearly equal size are produced, either simultaneously or in succession, and these afterwards fuse together“. Ascaris. Die Befunde bei den Copepoden stehen, wie dem Leser nicht entgangen sein wird, in engster Beziehung zu den Ergebnissen am Ascarisei und zu der Hypothese von der Individualitat der Chromosomen. Ich darf wohl die Geschichte dieser Hypo- these, ihre erste Aufstellung durch Rasu und ibre definitive Begriindung und Formulierung durch Boverr als bekannt vor- aussetzen und will nur, indem ich auf die meisterhafte Darstel- lung bei WrLson?) verweise, einige wesentliche Punkte aus dem Thatsachlichen und Theoretischen kurz zusammenfassen. Bovert*) hatte bei den beiden Varietaéten von Ascaris megalo- cephala, A. m. bivalens mit der Normalzah] von 4 und A. m. univalens mit der Normalzahl von 2 (Keimbahn-)Chromosomen, gewisse Unregelmafigkeiten bei der Richtungskérperbildung ge- funden, insbesondere solche Falle, in denen nur ein einziger Richtungskérper gebildet wurde und infolgedessen im befruch- tungsbereiten Eikern bei A. bivalens 4 (statt 2), bei univalens 2 (statt 1) Chromosomen auftreten. Die Thatsache nun, daf bei A. bivalens die ttberzahligen Chromosomen auch bei der Furchung wiederkehren, diente zusammen mit anderen Be- 1) Tu. G. Montgomery, Comparative cytological studies with especial regard to the morphology of the nucleolus. Journ. Morph., Vol. XV, 1898, p. 450, Tab. XXIV, Fig. 163—172. 2) E. B. Witson, The cell in development and inheritance, 2. Aufl, Newyork 1900, p. 294 ff. 3) Vergl. u. a. Tu. Bovert, Die Entwickelung von Ascaris megalocephala mit besonderer Riicksicht auf die Kernverhiltnisse, Festschr, f. Kuprrer, Jena 1899, p. 426, und: Merogonie (Y. Devacr) und Ephebogenesis (B. Rawirz), neue Namen fir eine alte Sache, Anat. Anz, Bd. XIX, 1901, -p. 171. 308 Valentin Hicker, obachtungen als Stiitze fir die Hypothese von der Individualitat der Chromosomen, durch welche ein genetischer Zusammenhang zwischen je einem der aus dem ruhenden Kern hervorgehenden mit einem bestimmten der in die Bildung des Kernes einge- gangenen gefordert wird. Die Hypothese von der Individualitét der Chromosomen schlieBt selbstverstindlich die Annahme einer fortdauernden Autonomie der viterlichen und miitterlichen Kernteile ein, und so hat denn schon Boveri in seinem Referat iiber Befruchtung (1891) den Schluf gezogen, daf in allen vom befruchteten Ki abstammenden Zellen die Halfte der Chromosomen vaterlichen, die andere miitterlichen Ursprunges sei. Diese Folgerung hat, speciell fiir die Furchungs- zellen von Ascaris, eine Bestatigung erhalten durch den von HERLA *) und Zoya 2) gefiihrten Nachweis, da8 bei Bastardbefruchtung zwischen A. bivalens (2) und univalens (¢) die Keimbahnkerne 3 Chromo- somen enthalten, von welchen sich das eine auch noch in spateren Furchungsstadien durch seine geringere GréfSe und starkere Kriim- mung als das viaterliche ausweist. Es ergiebt sich aus dem Vorstehenden, daf hinsichtlich der Furchung ein enger Parallelismus zwischen den Befunden bei Ascaris und bei den Copepoden besteht, und dieser Parallelismus tritt um so mehr hervor, als nach Heria*) wenigstens im Beginn des Zweizellenstadiums von Ascaris die Kerne aus 2 nahezu gesonderten Blaschen sich zusammensetzen kénnen und nach Carnoy und Lresrun‘) die ruhenden Kerne desselben Stadiums offenbar sehr haufig je zwei Nukleolen enthalten. Wenigstens zeigt die ganze Figurenreihe Taf. Ii, Fig. 13—17 bei Carnoy und LeBrRuN ausnahmslos dieses Verhiltnis. Auch auferhalb der Furchungsperiode scheinen in der Keim- bahn von Ascaris die Zeichen des gonomeren Zustandes hervor- zutreten. Wenigstens enthalt auf einer die Keimzone des Ascaris- hodens darstellenden Figur von O. Hrerrwia®) etwa ein Drittel 1) V. Herua, Etude des variations de la mitose chez l’Ascaride mégalocéphale. Arch. Biol., T. XIII, 1894, Fig. 16, 17, p. 455, 460. 2) R. Zosa, Untersuchungen iiber die Entwickelung der Ascaris megalocephala. Arch. mikr. Anat., Bd. XLVII, 1896, Fig. 22 u. 32. 3) Herua, |. c. p. 446, Taf. XVI, Fig. 28—29. 4) J. B. Carnoy und H. Leprun, La fécondation chez |’Ascaris megalocephala. La Cellule, T. XIII, 1897. 5) O. Herrwic, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei Nematoden. Arch. mikr. Anat., Bd. XXXVI, 1890, Taf. IV, Fig. 8. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 359 der Kerne 2 Nukleolen. Die Untersuchung des Hodens von jugend- lichen Individuen wird leicht ergeben, ob hier Ahnliche Regel- mifigkeiten vorliegen, wie bei Heterocope und anderen Objekten. Anneliden. In den Ektodermkernen des Ophryotrocha-Embryos habe ich!) ,,mehrere, sehr haiufig zwei Nukleolen‘‘ vorgefunden, und KorScHELT?) hat im Mitteldarm von Ophryotrocha Doppelkerne und Kerne mit 2 Nukleolen gesehen, die indessen, nach der Ansicht dieses Forschers, nur als Stadien einer amitotischen Teilung aufzufassen waren. Auch Monraomery®) beschreibt fiir die Ovogonien eines anderen Annelids, Polydora, einen eigentiim- lichen Teilungsprozef, welcher mit einer Teilung des Nucleolus und der Bildung doppelkerniger Zellen verbunden sein soll. Aus seinen Figuren*) geht jedenfalls so viel hervor, daf& die Kerne der Ovogonien haufig 2 symmetrisch gelagerte Nukleolen aufweisen. Zu erwahnen ist noch in diesem Zusammenhang der aus- gesprochen idiomere Zustand, welchen nach MreAp®) der weibliche Geschlechtskern und die Furchungskerne des Zweizellenstadiums von Chaetopterus bei ihrer Bildung aufweisen. Echinodermen. Bei der Furchung eines Seeigels (Toxopneustes lividus) hat bereits Fou®) idiomere und gonomere Kernzustinde aufgefunden, und neuerdings hat Bovert’) von Echinus microtuberculatus eine 1) V. Hacker, Pelagische Polychitenlarven. Zur Kenntnis des Neapler Frihjahrs-Auftriebs. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LXII, 1896, Tate lV Bic. 17 und 17a. 2) E. Korscuext, Ueber Kernteilung, Eireifung und Befruchtung bei Ophryotrocha puerilis. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LX, 1895, Taf. XXVIII, Fig. 10—18. 3) Monteomery, |. c. p. 457. 4) l. «, Tab. XXVIII, Fig. 257—260, 5) A. D. Muap, The origin and behaviour of the centrosomes in the Annelid egg. J. Morph., Vol. XIV, 1898, Taf. XVIII, Fig. 36 bis 38, Taf. XIX, Fig. 49. 6) H. Fou, Recherches sur la fécondation et le commencement de lhénogénie chez divers animaux. Mém. Soc. Phys. et Hist. nat. Genéve, T. XXVI, 1879, Tab. VI, Fig. 15—17 (Idiomerie) und Tab. 7, Fig. VII (Gonomerie). 7) Tu. Bovert, Zellenstudien. Heft 4: Ueber die Natur der Centrosomen, Jena 1901. 360 Valentin Hacker, Anzahl yon Bildern gegeben, auf welchen die aus den Chromosomen entstandenen Gruppen von Kernblaschen zu ‘sehen sind. Arthopoden. Sehr zahlreich sind bei den Arthropoden die Falle, in denen wir auf die Anzeichen des gonomeren Zustandes der embryonalen und Keimbahnkerne stofen. Hierher gehéren die Genitalanlage eines parasitischen Copepoden, Lernaea branchialis [PEDASCHENKO ‘], der Keimstreif von Oniscus und Mysis [R. S. Bereu]?), die Keimzone im Hoden der Maulwurfsgrille, Gryllotalpa [vom Rats), Fig. M], und des Brombeerspinners, Gastropacha rubi (VON LA VALETTE St. GEORGE‘) |, die Endkammern der Eiréhren der Bienen- kénigin [PAuLcKE].°) die Genitalanlage des Skorpions [BRAUER] °), Bei allen diesen Objekten zeigen die Kerne mit gréBerer oder ge- ringerer Regelmabigkeit zwei Nukleolen, und es ist nicht daran zu zweifeln, daf die Regelmafigkeit in Wirklichkeit eine noch voll- standigere ist als auf den meistens nach Schnitten wiedergegebenen Bildern. Mit dem gonomeren Zustand der Keimbahnkerne ist auch der Doppelbau zu vergleichen, welchen nach PETRUNKEWITSCH‘) im unbefruchteten Bienenei (Drohnenei) die Abkémmlinge des ,,Rich- tungskopulationskerns“ zeigen, d. h. des durch Verschmelzung der 2 inneren Richtungskérper entstandenen Gebildes. 1) D. Pepascuenxo, Embryonalentwickelung und Metamorphose von Lernaea branchialis L. Trav. Soc. Imp. Natur. St. Pétersb., T. XXVI, 1898, Tab. I, Fig. 34, D—F. 2) R. 8S. Bereu, Ueber die relativen Teilungspotenzen einiger Embryonalzellen. Arch. Entw.-Mech., Bd. I, 1895, Taf. IXX, Fig. 4 u. 6. 3) O. vom Ratu, Zur Kenntnis der Spermatogenese von Gryllo- talpa vulgaris Larr. Arch. mikr. Anat., Bd. XL, 1892, Taf. V, Fig. 9. 4) von ta Vaterry Str. Georcr, Zur Samen- und LEibildung beim Seidenspinner (Bombyx mori). Arch. mikr. Anat. Bd. UL, 1897, “Tat XX Vile io ar, XT Wigs tae. 5) W. Pautcxn, Ueber die Differenzierung der Zellelemente im Ovarium der Bienenkénigin. Zool. Jahrb. (Anat.), Bd. XIV, 1890. 6) A. Bravusr, Beitrage zur Entwickelungsgeschichte des Skor- pions. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LVII, 1894, Taf. XX, Fig. 33. 7) A. Perrunkewitscu, Die Richtungskérper und ihr Schicksal im befruchteten und unbefruchteten Bienenei. Zool. Jahrb. (Anat.), Bd. XIV, 1901, Taf. IV, Fig. 23. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 361 SchlieSlich sind hier gewisse Erscheinungen zu erwahnen, welche allerdings mit den in Frage stehenden Verhaltnissen nicht direkt zu vergleichen, aber doch héchst wahrscheinlich in einen engeren Zusammenhang zu bringen sind, namlich die viel be- sprochenen Doppelkerne im Ovarium der Hemipteren. Cl)‘ ex 80% Oo SW c) S905 Kee ‘s 8 2290049 SSO oy G Go G4 090 5g eon Sh CO” Sogs = ° ° oO Co O00 0 SOLES oo oO Are) feo O00 — be S26 299 0 co & Se BS ont, * = etk | £2 oo.” °o 20 oF oO ° Sent 5 BOPP Pa Fo? ms SM OER —_—_ 9709990 92 O18 Fig. K. Ovarium eines Hemipterons (nach Gross). ef Endfaden, ek Endkammer (iz Zone der indifferenten Zellen, ni Naihrkammer, &/ Keimlager), etk Eikammer (fz Follikelzellen). Fig. L. Doppelkerne aus dem Epithel eines alteren Kifaches eines Hemi- pterons (nach PREUSSE). Fig. M. Rosette von Samenmutterzellen von Gryllotalpa (nach vom RATH). Schon Paut Mayer (1874), E. VAN Brenepen (1876) und KoRSCHELT (1887) hatten im Follikelepithel des Hemipteren-Ova- riums doppelte Kerne aufgefunden, und von letzterem ist bereits Bd, XXXVII. N, F. XXX, 94. 362 Valentin Hicker, die Vermutung ausgesprochen worden, da8 dieses Vorkommen auf Teilungszustainde der Zelle hindeute. In letzter Zeit ist dann von drei verschiedenen Seiten, von PreussE!), einem Schiller KorscHELT’s, von DE BruYNE?) und von Gross®), einem Schiler H. E. Zrecuer’s, der Gegenstand wieder aufgenommen worden, und zwar haben die genannten Forscher, ausgehend von der Voraussetzung, daf es sich hier um amitotische Kernteilungen handle, saimtlich die Frage nach der physiologischen Bedeutung der Amitose im Auge gehabt. Es soll hier zunichst an der Hand einer von Gross gegebenen Figur (Fig. K) einiges tiber den Bau des Hemipteren-Ovariums vorausgeschickt werden. Die einzelne Eirdhre der Hemipteren gliedert sich in den Endfaden (ef), die Endkammern (ek), und die Eikammern (ek). In der vom Endfaden scharf ab- gesetzten Endkammmer lassen sich wieder drei aufeinander folgende Bezirke unterscheiden. Der erste wird gebildet von einer Zone von gleichartigen, indifferenten Zellen (¢z). Im mittleren, als Nihrkammer (nk) bezeichneten Abschnitt findet man zu auferst eine epithelartig angeordnete Schicht von Zellen, welche wohl als Matrix der Tunica propria zu betrachten ist (Gross), weiter nach innen folgen die Nahrzellen, und im Centrum der Nahrkammer befindet sich ein von einer amorphen Masse erfillter Raum, dessen Inhalt durch Auflésung der zer- fallenden Nahrzellen seine Entstehung nimmt und den jungen Eiern als Nahrmaterial dient. Im dritten Bezirk der Endkammer, dem Keimlager (Kl), finden sich abermals kleinzellige Elemente und dazwischen die jungen Kier, welche durch ,,Dotterstrange* mit dem centralen Raum der Nahrkammer in Verbindung stehen. Beziiglich des genetischen Zusammenhanges der verschiedenen Elemente stimmen die neueren Autoren darin iiberein, daf von den indifferenten Zellen (iz) des Anfangsabschnittes der Endkammer sowohl die Matrixzellen und Niaihrzellen, als auch die Eizellen abstammen. Dagegen gehen aus den kleinzelligen Elementen des Keimlagers, welche nach KorscHELT, PREUSSE und DE BRUYNE 1) F. Prevusse, Ueber die amitotische Kernteilung in den Ovarien der Hemipteren. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LIX, 1895. 2) C. pe Bruyne, Contribution a l'étude physiologique de Yamitose. Livre jubil. dédié & Cu. Van Bampexn, Brux. 1899. 3) J. Gross, Untersuchungen iiber das Ovarium der Hemipteren. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LXIX, 1900. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 363 (I. c.) ebenfalls von den indifferenten Zellen des Anfangsabschnittes herstammen, die Follikelzellen (fz) hervor. Diese letzteren liefern, ehe sie ihre eigentliche Thitigkeit, die Bildung der Ei- schale beginnen, gleichfalls Dottersubstanz fiir die wachsenden Hier, aber nicht durch Auflésung, sondern durch Sekretion, wobei die Zelle in ihrem Bestande erhalten bleibt (Gross). Wie gestaltet sich nun in den verschiedenen Abschnitten der Eirdhre die Verteilung einerseits der Mitosen, andererseits der von den Autoren mit amitotischen Vorgingen in Zusammenhang gebrachten Doppelkerne ? Wenn gemaf den Anschauungen von FLEMMING, H. E. ZreEGLER und vom Ratu den Amitosen wirklich nur ein degenerativer Charakter zukommt, so werden im Hemipteren-Ovarium von vorn- herein nur in den Nahrzellen und in den Follikelzellen Amitosen zu erwarten sein. Dagegen miiften sich speciell die indifferenten Zellen im Anfangsabschnitt der Endkammer nur auf mitotischem Wege teilen. Ebenso wiirde zu erwarten sein, dal die kleinzelligen Elemente des ,,Keimlagers“ sich nur mitotisch vermehren, da ihnen als Mutterzellen des Follikelepithels ein regenerativer Charakter zukommt. Nach den Ergebnissen von DE BrUYNE und Gross wiirde sich die Sache thatsachlich so verhalten. Dagegen hatte PREUSSE im Anfangsabschnitt der Eikammern ungefahr gleich viel Amitosen und Mitosen und im Keimlager fast ausschlieSlich Amitosen vor- gefunden. Preusse war denn auch zu dem Schluf gekommen, daf die Amitose im Ovarium der von ihm untersuchten Hemipteren eine wichtige funktionelle Bedeutung habe, indem sicherlich eine gréBere Anzahl von Generationen nacheinander auf diese Weise gebildet werde. Es kann hier davon ganz abgesehen werden, wer von den genannten Autoren bezitiglich der Verteilung und Bedeutung der Amitosen im Hemipteren-Ovarium im Recht ist. Dagegen laBt sich die Frage aufwerfen, ob die geschilderten Amitosen wirkliche direkte Teilungen im Remaxk’schen und FLemmina’schen Sinne darstellen und ob sie nicht gewisse Beziehungen zur Gonomerie der Kerne haben. Ks ist zunichst zu sagen, daf keiner der drei neueren Auto- ren mit Sicherheit feststellen konnte, da der Kerndurch- schniirung auch eine Zellteilung folge. be BruyNe und Gross bestreiten sogar das Vorkommen einer solchen aufs entschiedenste. Es diirfte demnach auch die Ansicht DE Bruyne’s richtig sein, wonach die Bedeutung dieser Kernverdoppelung in einer Ver- 24 * 364 Valentin Hacker, eréRerung der Beriihrungsflache zwischen Kernsubstanz und Cyto- plasma liege. | In zweiter Hinsicht ist zunachst auf die ganz auferordent- liche Aehnlichkeit der ,,amitotischen“ Bilder des Hemipteren- Ovariums (Textfig. L) mit den gonomeren Kernen von Cyclops, Diaptomus und Crepidula hinzuweisen, namentlich auf die Ueber- einstimmung in der Anordnung der nukleoléren Substanz. Aller- dings geben in letzterer Beziehung die Untersucher des Hemi- pteren-Ovariums tibereinstimmend an, dafi die verschiedenen Bilder in der Weise miteinander zusammenhingen, daf die Teilung der Kerne genau im Sinne des Remax’schen Schemas mit einer Durchschniirung des Kernkérpers beginne, dal} dann die beiden Tochternukleolen auseinanderrticken, der Kern sich seinerseits durchschniire und schliefSlich in zwei mit je einem Kernkérper ausgestattete Halften zerfalle. Ich méchte nun auch keineswegs, vor einer erneuten Unter- suchung des Gegenstandes, es als ausgeschlossen betrachten, dal der Vorgang den hier geschilderten Verlauf nimmt, sowenig mir auch die Durchschniirung eines Kernkérpers, also einer nach meiner Ansicht unorganisierten Substanzmasse, einleuchtend ist und sowenig mich die gegebenen Situationsbilder (vgl. DE BRUYNE, l. c., Taf. Il, Fig. 9) davon tiberzeugen, dafi die oben aufgezahlten Phasen der Kerndurchschniirung sich wirklich auch mit den hintereinander folgenden Zonen der Endkammer decken. Vielmehr méchte ich hier nur so viel sagen: welches auch die Entstehung der Doppelkerne des Hemipteren-Ovariums sei — mégen dieselben primar, d. h. in den Telophasen der Kern- teilung, oder erst nachtraglich, auf Grund der Durch- schniirung eines zunachst einheitlichen Kernes ihre Entstehung nehmen — jedenfalls kénnte die Frage erwogen werden, ob nicht die beiden Halbkerne den Gonomeren der Keimbahnkerne anderer Formen entsprechen. Es wiirde dabei ins Gewicht fallen, daf ja die Doppelkerne des Hemipteren-Ovariums gleichfalls von Keim- bahnkernen ihre Abstammung herleiten und also sozusagen ein besonderes Anrecht auf den gonomeren Zustand haben. Wie dem auch sein mag, jedenfalls scheint es mir von grofem historischen Interesse zu sein, da’ heute noch, 50 Jahre nach der Aufstellung des Remax’schen Schemas, die Wirkung desselben eine so nachhaltige ist, daf{ keiner der Untersucher des Hemipteren- Ovariums tiberhaupt mit der Méglichkeit rechnete, es kénnten die verschiedenen Phasen der Doppelkerne (vergl. Textfig. L) nicht Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 365 im Sinne einer Kernzerlegung, sondern in dem einer allmahlichen Verschmelzung aneinander zu fiigen sein. Mollusca. Der gonomere Zustand der Furchungskerne des Crepidula-Eies, insbesondere das Verhalten der Nukleolen, wurde bereits friiher ausfiihrlich besprochen und durch Wiedergabe von ConKLiINn’s Ab- bildungen illustriert. Auch in den jungen Eimutterzellen mancher Pulmonaten und Lamellibranchier scheint, wie aus der Darstellung von List'), Opst?) und Linvitie*) ersichtlich ist, haufig eine symmetrische Anordnung der Nukleolarsubstanz zu Tage zu treten. Tunicata. Fir das Ei von Cionia intestinalis hat GOusK1*) neuerdings einen gonomeren Zustand der Kerne des Zweizellenstadiums be- schrieben. Selachier. Rickert ®) fand bei der Furchung von Torpedo die Kerne vielfach aus zwei Unterabteilungen zusammengesetzt, ,,die ihrem ganzen Verhalten nach sehr wohl als die vaterliche und miitter- liche Halfte des Kernes angesprochen werden kénnen‘. Freilich besitzen auch einige Merocytenkerne, die nach RGcKERT von iiber- zihligen Spermakernen abstammen und demnach nur vaterliche Kernsubstanz enthalten, einen solchen Doppelbau. Indessen wiirde derselbe nach RUckKErT auf nachtragliche Verschmelzung zweier Schwesterkerne zuriickzufiihren sein. 1) Tu. List, Beitrage zur Chemie der Zelle und der Gewebe. I. Ueber die Farbung tierischer Gewebe mit Berlinerblau. Mitt. Zool. Stat. Neap., Bd. XII, 1896, Taf. XXII, Fig. 4, 6, 19. 2) P. Oxsst, Untersuchungen iiber das Verhalten der Nukleolen bei der Eibildung einiger Mollusken und Arachnoiden. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LXVI, 1899, Taf. XII, Fig. 11. 3) H. R. Linvicte, Maturation and fertilization in Pulmonate Gastropods. Bull. Mus. Comp. Zoél. Harv. Coll., Vol. XX XV, 1900, DafehV< Wigs) 25: 4) Sr. Gousxi, Reifung und Befruchtung der Hier von Cionia intestinalis F. Bull. Ac. Sci. Crac., 1899. Die ausfiihrliche Arbeit ist polnisch geschrieben. 5) J. Rtcxert, Die erste Entwickelung der Hier der Elasmo- branchier. TFestschr. fiir Kurrrer, Jena 1899, p. 619, 651, Tab. LV, Fig. 31. 366 Valentin Hacker, BeArD !) hat sodann in den ,,germ-cells‘‘ von Raja auch noch nach dem Ablauf der Furchung und selbst noch in jungen Em- bryonen ,,a bilobed or twin nature“ der Kerne beobachtet, so da also hier, gerade so wie bei den Copepoden, der Doppelbau der Kerne sich nach der Furchung vorzugsweise auf die Keim- bahn beschrinken wiirde. Auch die Abbildungen, welche A. H. Scumipt”) von den Ei- und Follikelzellen der Embryonen und Jungen verschiedener Selachier (Torpedo, Raja, Acanthias) gegeben hat, weisen vielfach 2 Nukleolen in der fiir den gonomeren Zu- stand typischen Anordnung auf. Amphibien. Die Furchungskerne der Urodelen (Siredon, Triton) passieren, wie aus den Darstellungen von BELLONCI, KOLLIKER und VAN DER Srricut *) hervorgeht, einen ausgesprochen idiomeren und viel- fach wohl auch einen gonomeren, zweiblasigen Zustand, und ebenso sind auf den tbrigen Strecken der Keimbahn hierher gehdrige Dinge zu beobachten. Es ist bekannt, daf von einer Reihe von Autoren (VON LA VALETTE St. GEORGE, NusspAuM, FLEMMING, C. K. HOFFMANN, HERMANN, MEvES, vom RATH u. a.) sowohl in den jiingsten, nicht differenzierten Genitalanlagen der Urodelen, als auch im Hoden und Ovarium der erwachsenen Urodelen und Anuren mit Regel- miigkeit sehr verschieden geformte Kerne gefunden worden sind: maulbeerformige, polymorph-gelappte, zweilappige, hantelformige, Loch- und Doppelkerne‘) (vergl. Textfig. N—P). Die Deutung, welche den betreffenden Bildern gegeben wurde, war eine sehr ver- schiedene, und es hat sich dariiber eine hartnackige Diskussion entsponnen. Mit grofer Entschiedenheit hat insbesondere vom 1) J. Bearp, The morphological continued of the germ-cells in Raja batis. Anat. Anz. Bd. XVIII, 1900, p. 467, 469. 2) A. H. Scumipr, Onderzoekingen betreffende het ovarium der Selachii, Leiden 1898, Fig. 14, 21, 36, 65—67. 3) Vergl. insbesondere O. VAN DER Srricut, Contribution a l'étude de la sphére attractive. Bull. Ac. R. Belg., 3. Sér., T. XXIII, 1892, Wie Lbs02 eo: 4) Vergl. die Zusammenstellung der Litteratur bei O. vom Ratu, Beitrage zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LVII, 1893, p. 159 ff. — Ueber den feineren Bau der Driisenzellen des Kopfes von Anilocra ete. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LX, 1895. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 367 Ratu den Satz verfochten, da’ die maulbeerférmigen und poly- morphen Kerne, welche sich im Sexualapparat der Amphibien finden, nicht in den Entwickelungscyklus der Samen- und Eizellen sehéren, sondern degenerierende Elemente darstellen, bei welchen von einem spiteren Ausglitten der Einbuchtungen und einem Uebergang zur Mitose nicht die Rede sein kénne. Auch die Ent- stehung der Ring- oder Lochkerne wurde auf abnorme Vorgainge zuriickgefiihrt und das Auftreten der Hantel- und Doppelkerne mit amitotischen Vorgangen in Zusammenhang gebracht. Fig. N. “bil Fig. N. Querschnitt durch die Genitalanlage einer Salamanderlarve (nach vom Ratu). K Kern mit 2 Nukleolen, bi zweilappiger Kern, dk Doppelkern. Fig. O. Ringkern aus dem Regenerationsfeld des Salamanderhodens (nach vom RATH). Fig. P. ,,Vielkernige’ Sexualzelle aus dem Hoden von Bufo vulgaris (nach yom RATH). 368 Valentin Hacker, Wenn nun schon durch das Auftreten aller dieser Kernformen in ganz jungen, noch nicht differenzierten Genital- anlagen die Annahme sehr unwahrscheinlich gemacht wird, da® wir es hier mit Degenerationserscheinungen zu thun haben, so sprechen noch verschiedene andere Beobachtungen direkt gegen die Auffassung vom Ratu’s. Insbesondere konnten BELLoNcI und Meves') fiir die Spermatogonien der Urodelen den Nachweis fiihren, daf die Ring- oder Lochkerne normalerweise auf dem Wege der Mitose entstehen, indem an den Tochterkernen die Membranbildung sehr friih und zwar nicht blof am auBeren Kern- umfang, sondern auch im Umkreis des von der Centralspindel eingenommenen Kernbinnenraumes beginnt, und auch fiir die maul- beerformigen Kerne machen die bei der Furchung der Urodelen- Eier sich vorfindenden analogen Bilder einen Zusammenhang mit normalen, mitotischen Prozessen wahrscheinlich. Wenn aus diesen und verschiedenen anderen Griinden an degenerative Vorgange und amitotische Teilungen wohl nicht zu denken ist, so fragt es sich, wie dieses regelmaSige Nebeneinander- vorkommen so verschiedenartiger, abweichender Kernformen zu erklaren ist, und ob wir es hier mit besonderen, auf die Am- phibien beschrankten Erscheinungen zu thun haben. Eine Durch- sicht der von den verschiedenen Autoren gegebenen Bilder lehrt nun ohne weiteres, da’ in den Sexualzellen der Amphibien keine einzige Kernform auftritt, welche nicht auch bei der nor- mal verlaufenden Furchung der Copepoden und anderer Tiere wiederkehren wiirde. So sind die ,,Maulbeerformen“, wie sie sich namentlich ausgepragt im Hoden der Kriéte (Bufo vul- garis) finden (Textfig. P), sowie ein Teil der ,,Ring- und Loch- kerne‘ (Textfig. O) als idiomere Kernzustiande zu deuten, andere »Ring- und Lochkerne“ und ebenso die polymorph gelappten und zerkliifteten Kerne zeigen die allmahliche Verschmelzung der Idiomeren, wihrend die hantelférmigen, zweilappigen (Textfig. N bil) und Doppelkerne (Textfig. N dk) den reinen gonomeren Zu- stand repréiisentieren. Auch abgerundete Kerne mit 2 Nukleolen finden sich speciell auf den Abbildungen vom Rarn’s zahlreich vor und sind von dem Verfasser ausdriicklich vermerkt worden (Textfig. N K). 1) Vergl. insbesondere F. Mrvus, Ueber die Entwickelung der mannlichen Geschlechtszellen von Salamandra maculosa. Arch. mikr, Anat., Bd. XLVIII, 1896, Taf. I, Fig. 14 u. a. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 369 Auch in den Epidermiszellen der Urodelenlarven treten polymorphe Kerne in regelmaBiger Weise auf, und schon VAN DER Srricut!) hat, wie mir scheint, mit vollem Recht hervorgehoben, da% diese gelappten Kernformen im letzten Stadium der Mitose entstehen, und daf die lappigen Vorspriinge den einzelnen Chromo- somen entsprechen, die Chromosomen also wihrend der Ruheperiode ihre Individualitat bewahren. Auch hier kommen tibrigens die Grenzzustinde der Idiomerie und Gonomerie, namlich abge- rundete Kernformen mit regelmaig 2 Nukleolen, zur Beobachtung. Der Giite von Herrn Dr. PETRUNKEWITSCH vVer- danke ich einige Praparate von der Cornea der Siredon-Larve, welche besonders instruktive Verhaltnisse darbieten (Taf. XX, Fig. 44). In der beigegebenen Fig. 44 ist die Einstellung auf die kleineren, dunkleren Kerne und die Zellgrenzen der ob éren Schicht erfolet, wahrend die grofen, hellen Kerne der unteren Schicht als durchschimmernd zu denken sind. Zu der letzteren gehort auch der in der Mitte der Figur gelegene Knauel. Im unteren Teil der Figur ist ein Leukocyt zu sehen, der sich zwischen den beiden Zellschichten hindurchdrangt und dabei einen Kern der oberen Schicht tief einfurcht, so daf derselbe in zwei durch die diinne, gestreifte Membran getrennte Stiicke zerlegt erscheint. Die Kerne der oberen Schicht sind haufig gelocht, die der unteren zweilappig, herzformig oder nierenformig. Nahezu samtliche Kerne enthalten 2 Nukleolen, nur in einigen besonders grofen, vielleicht durch Verschmelzung entstandenen Kernen der unteren Schicht (Fig. 44a) sind vier gleich groBe Nukleolen und in einigen wenigen Kernen ein einziger, dann besonders grofer Kernkérper zu beobachten. In der Mehrzahl der Fille sind die beiden Nukleolen symmetrisch auf den Kernraum verteilt (b), doch sieht man in den grofen blassen Kernen der unteren Schicht nicht selten, daf sich die beiden Nukleolen innerhalb der einen Kernhalfte einander mehr oder weniger genahert haben (c, qd). Ich glaube, da’ die betreffenden Bilder nicht anders gedeutet werden kénnen, als daf hier ein gonomerer Kernzustand vorliegt. DaB es sich speciell bei den eingeschniirten Kernen (0, c) nicht um amitotische Zustande handelt, geht daraus hervor, dal sich die betreffenden Kerne noch in diesem eingeschniirten Zustand zur Mitose vorbereiten, wie der in der Mitte der Figur gelegene Knauel zeigt. Im iibrigen geht aus der Thatsache, daf sich aufer zahl- 1) l. c. p. 44 und 49. 370 Valentin Hacker, reichen Mitosen und den erwahnten Riesenkernen tiberhaupt nur binukleolare Kerne vorfinden, mit Sicherheit hervor, daf hier der so gekennzeichnete gonomere Zustand wahrend der ganzen, zwischen zwei Teilungsschritten liegenden Ruhephase aufrechterhalten wird. Nach allem Bisherigen glaube ich, daf die Ansicht derjenigen Autoren, welche in den abweichenden Kernformen der Sexual- und Epidermiszellen der Amphibien keine Degenerationsformen sehen (HERMANN, Meves, VAN DER Srricut), vollkommen richtig ist und daf wir es hier mit idiomeren und gonomeren Kernphasen zu thun haben. Inwieweit das Auftreten derartiger Kernformen durch die Wirkung déuSerer Faktoren begiinstigt wird und inwie- weit hier vielleicht Verhaltnisse, die gerade noch auf der Grenze zwischen physiologischen und pathologischen Zusténden schwanken, in Betracht kommen, dariiber méchte ich mich in keine weiteren Erérterungen einlassen. Ich moéchte nur bemerken, daf ich auch bei meinen an Cyclops-Eiern angestellten Aetherisierungsversuchen 4) thatsichlich eine Wirkung auferer Bedingungen auf die Dauer und das stiirkere Hervortreten des idiomeren und gonomeren Kern- zustandes feststellen konnte. Sauger (Mensch). Es sei hier zum Schluf einer Arbeit von WINIWARTER ?) ge- dacht, welche in erster Linie eine auSerordentlich sorgfaltige Dar- stellung der embryonalen und postembryonalen Entwickelung des Kaninchen-Ovariums mit besonderer Beriicksichtigung der kern- geschichtlichen Verhaltnisse giebt. Es ist von grofem Interesse, zu sehen, wie ganz allgemein schon die Verainderungen der Kern- struktur beim Uebergang zum Keimbliaschenstadium mit den ent- sprechenden Vorgaingen bei Wirbellosen, speciell bei den Copepoden, iibereinstimmen, wie insbesondere auch die Synapsisphase mit allen ihren Eigentiimlichkeiten durchlaufen wird und die zuerst fiir die Copepoden festgestellte friihzeitige Lingsspaltung hervortritt. Soweit nun aus dem Text und aus den Schnittbildern ersicht- lich ist, zeigen auch beim Kaninchen die Kerne der Eimutterzellen mindestens sehr hiaufig zwei symmetrisch gelagerte Anhaufungen 1) V. Hicker, Mitosen im Gefolge amitosenaihnlicher Vorgange. Anat. Anz., Bd. XVI 1900: 2) H. v. Wrxrwarter, Recherches sur lovogénése et lorgano- génése de VTovaire des mammiféres (lapin et homme). Arch. Biol. > VEE L900: Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 371 von Nukleolarsubstanz. Im speciellen weisen die Kerne unmittel- bar vor und nach der Synapsis, wie auch im Text ausdriicklich hervorgehoben wird, zwei voluminése Nukleolen auf!) und ebenso scheint auch noch nach der Synapsis die Nukleolarsubstanz hiufig an zwei opponierten Stellen des kugeligen Kernraumes angeordnet zu sein?) (Text- fig. Q, a). Ganz analoge Bilder erhielt Wunt- WARTER bei einem 7 Monate alten mensch- lichen Foetus, der durch Operation exci- diert worden war und dessen Ovarien mit FLemmina’scher Loésung und Sublimat tadellos konserviert werden konnten. Auch hier scheinen sich die Nukleolen bei den aus der Synapsisphase hervorgegangenen Kernen an zwei opponierten Punkten des Kernraumes zu bilden und dann mit- einander zu verschmelzen*) (Textfig. Q, b und ¢). Werfen wir einen Riickblick auf das hier zusammengestellte Vergleichsmaterial. Ich glaube soviel sagen zu kénnen, da auch dann, wenn einzelne der herange- zogenen Beispiele auf Grund einer Nach- priifung in Wegfall kommen miissen, die Gesamtheit der Beobachtungen mit Be- stimmtheit darauf hinweist, dafi der go- nomere Kernzustand der sexua- len und epithelialen Zellen im Tier- und Pflanzenreich eine ite Oa ae susverordentlich weite Verbrei- piischan aus dem Ovarium tung besitzt. des Kaninchens, b aus dem : ea ‘ : eines menschlichen Foetus Es ist richtig, daB sich dieser Satz (ach v. WoxtwaRter). nur zum ‘Teil auf das Vorkommen von wirklich zweiteiligen Kernen und zu einem noch kleineren Teile auf einen nachweisbaren genetischen Zusammenhang dieser Kernbeschaffenheit mit dem Befruchtungsvorgang stiitzen 1) 1. c p. 87, Taf. IV, Fig. 12c, Taf. VI, Fig. 21—23. 2) 1. e¢. Taf. VI, Fig. 40—41. ais Vath Vii hie. 89, Sv u. a: 312 Valentin Hicker, laBt. Aber nachdem bei einer Reihe von Objekten (Diaptomus, Cyclops, Crepidula) das Auftreten von zwei Nukleolen in jungen, kugeligen oder scheibenférmigen Kernen als sicheres Kriterium fiir den Doppelbau nachgewiesen werden konnte, diirften die Bilder mit binukleoliren Kernen kaum minder entscheidend sein als das Vorkommen von eigentlichen Doppelkernen, und gerade sie sind es ja, die durchihre charakteristischeGleich- artigkeit und ihr regelma8iges Auftreten sich be- sonders auffaillig machen und den friiheren Untersuchern auch sicher aufgefallen waren, wenn nicht deren Aufmerksamkeit sich auf andere Kern- und Zellgebilde konzentriert hatte. Ich méchte gleich hier betonen, da’ der Wert des fraglichen Kriteriums vollkommen unabhangig ist von den Anschauungen, welche man beziiglich der Natur der Nukleolen vertritt. Zoologischerseits sind, wie bekannt sein diirfte, hauptsachlich zwei Theorien beziiglich der Bedeutung der Nukleolen Gegenstand einer weiteren Diskussion geworden, die vom Verf. 18951) auf- gestellte und seither in mehreren Schriften verteidigte Kern- sekrettheorie und die an die Namen O. Hertwic?), R. HERT- wia*) und Carnoy‘) ankniipfende Transportations- oder besser Nukleinspeicher- Theorie. Ersterer zufolge sind die Nukleolen speciell des Keim- blaschens nicht organisierte, nukleire, bei der Thatigkeit der chromatischen Substanz oder, wie ich jetzt sagen méochte, der Kerngeriistsubstanzen sich abscheidende Stoffwechselprodukte, welche noch wahrend der Kernruhe oder zu Beginn der Mitose als eine Art Kernsekret in geléster oder ungeliéster Form aus dem Kernraum entfernt werden. Nach dieser Theorie wiirde das Verhalten der Nukleolen in gonomeren Kernen so zu erkléren sein, da in den jungen, eben gebildeten Kernen, entsprechend der Autonomie der vaterlichen und miitterlichen Kernbezirke, die Nukleolarsubstanz zuniichst an 1) Die Vorstadien der Eireifung, Arch. mikr. Anat., Bd. XLV, 1896, p. 246; Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslebhre, ps L256: 2) O. Herrwie, Beitrage zur Kenntnis der Bildung, Befruchtung und Teilung des tierischen Kies, III. Teil, Morph. Jahrb., Bd. IV, 1878. 3) R. Herrwic, Ueber Kernteilung, Richtungskérperbildung und Befruchtung von Actinosphaerium Eichhorni. Abh. Bayer. Ak. Wiss., IT. Kl, Bd. XIX, 3. Abt., Miinchen 1898. 4) J. B. Carnoy und H. Lezrovy, |. c. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 373 zwei getrennten Herden anschieft (primaire Nukleolen), daf jedoch spater, bei zunehmender Masse der Nukleolarsubstanz, infolge kapillarer Anziehung ein ZusammenflieSen der gebildeten Trépfehen erfolgt (sekundiarer Nucleolus). Der Nukleinspeicher-Theorie zufolge wird die Sub- stanz der Nukleolen bei der Rekonstitution der Tochterkerne den Tochterschleifen entnommen und zu Beginn der folgenden Teilung auf die sich bildenden Chromosomen iibertragen. Die Nukleolen dienen also als Nukleinspeicher oder vielleicht auch als Nuklein- laboratorien [R. Fick +)|. Eine notwendige Konsequenz der Theorie ist die Leugnung der Individualitaét der Chromosomen [Carnoy und Lesprun, R. Fick, Wison?), HARTMANN *)|. Es ist hier nicht der Ort, in eine Kritik dieser Theorie ein- zugehen. Ich werde, soweit dies innerhalb des Rahmens der yor- liegenden Arbeit zulassig ist, im allgemeinen Teil nochmals auf dieselbe zuriickkommen und brauche hier nur darauf hinzuweisen, daf auch dann, wenn sich die Nukleinspeicher-Theorie zu einem Teile als richtig erweisen sollte, das symmetrische Auftreten zweier Nukleolen in den jungen Tochterkernen doch unmoglich anders gedeutet werden kénnte, als daf hier Beziehungen zu dem auch in anderer Weise erkennbaren Doppelbau der Kerne bestehen. t. Kapitel. Allgemeiner Teil. Die hauptsachlichen Ergebnisse, welche in den vorhergehenden Abschnitten niedergelegt worden sind, lassen sich in folgende vier Punkte zusammenfassen: 1) Der gonomere Kernzustand,d.h. die Autonomie der vaterlichen und miitterlichen Kernhalften, laBt sich in der Keimbahn der Copepoden vom befruch- 1) R. Ficx, Mitteilungen iiber die Kireifung der Amphibien. Verh. Anat. Ges., 1899. 2) KE. B. Witson, Experimental studies in cytology, I Arch. Entw.-Mech., Bd. XII, 1901, p. 575. 3) M. Harrmann, Studien am tierischen Ei. I. Ovarialei und Eireifung von Asterias glacialis. Zool. Jahrb. (Anat. Abt.), Bd. XV, 1902. 374 Valentin Hacker, teten Ei bis zu den Keimmutterzellen (Samen- und Eimutterzellen) verfolgen. Y) Waihrend der Eireifung von Cyclops findet eine Umordnung der Chromatinelemente in der Weise statt, da& die Eizelle in gleichmafiger Mischung grokvaterliche und gro8Bmiitterliche Elemente erhalt. Mit dieser Umordnung ist eine Paarung je eines groBvaterlichen und grofmiitterlichen Einzelchro- mosoms verbunden. 3) Es darf mit groBer Wahrscheinlichkeit ange- nommen werden, da8 dergonomere Kernzustand eine weite, wenn nicht allgemeine Verbreitung bei den amphigon erzeugten tierischen und pflanzlichen Organismen besitzt. Derselbe kommt besonders in sexualen und epithelialen Zellen zum Vorschein (Nahrzellenschicht der Pollensicke, Follikelzellen des Insekten- ovariums, Epidermis der Urodelenlarven). 4) Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem idiomeren und gonomeren Kernzustand, in dem Sinne, daB der letztere gewissermafen als ein Grenz- fall des ersteren erscheint. An diese, wie mir scheint, wohl begriindeten Ergebnisse sollen nun im folgenden theoretische Erérterungen allgemeiner Natur angekntipft werden. Wesen der Befruchtung. Seit der Feststellung der Befruchtungsvorginge im Seeigelei ist von den Zoologen und Botanikern mit ziemlicher Ueberein- stimmung als das Wesen der Befruchtung die Verschmelzung zweier Zellen und ihrer Kerne angegeben worden. So fabt O. Herrwic heute*) seine Anschauungen iiber den Befruchtungs- prozeB in folgender Weise zusammen: ,.Bei der Befruchtung finden deutlich nachweisbare, morphologische Vorginge statt. Bei diesen ist das Wichtige und Wesentliche die Vereinigung zweier, von ver- schiedenen Geschlechtszellen abstammender Zellenkerne, eines Ei- und eines Samenkerns. Es verschmelzen hierbei aquivalente Mengen miannlicher und weiblicher, farbbarer Substanz.“ Und 1) O. Herrwie, Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere, 7. Aufl, Jena 1902, p. 54. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 375 weiter unten spricht O. HeErrwic nochmals von einer Ver- schmelzung: ,,— erst durch die Befruchtung, welche auf der Ver- schmelzung zweier Kerne beruht, wird dann die volle Substanz- masse und die volle Anzahl der Segmente eines Normalkerns wiederhergestellt.* In ahnlicher Weise sagt WEISMANN!), im Hinblick auf die morphologische Seite des Vorganges, da ,,die sog. ,Befruchtung’ im wesentlichen eine Kernverschmelzung ist‘, und auch WaALpEYER?”) halt die Befruchtung, deren Wesen die Verschmelzung zweier Zellen zu einer einzigen sei, erst dann fir perfekt, wenn auch die Verschmelzung der Kerne und der beider- seitigen Chromosomen eingetreten ist. Es scheint mir, daf sich die Anwendung des Ausdruckes ,Xernverschmelzung nicht ganz mit den neueren Befunden in Einklang bringen laft. Wenn man namlich das Wort ,,Ver- schmelzung“ (fusion) bildlich gebraucht, beispielsweise von irgend welchen menschlichen Einrichtungen, so von Geschaften oder K6rperschaften, so ist damit immer ein Aufgeben der Selbstindig- keit der Partner, die Herstellung einer Einheit an Stelle einer Zweiheit gemeint. Nun weist aber eben die Ziahigkeit, mit der sich speciell in der Keimbahn der Copepoden der Doppelbau der Kerne forterhalt, darauf hin, da es sich bei der Einfitihrung des Spermakerns in die Eizelle gar nicht um die Herstellung eines einheitlichen, sondern gerade um die Schaffung eines Doppel- gebildes handelt. Es sollen zweikernige Fortpflanzungs- zellen gebildet werden, in welchen die beiden Kerne in raum- licher Trennung und, so weit wie mdéglich, in physiologischer Un- abhangigkeit voneinander bleiben, gerade wie bei einem Doppel- schraubenschiff die beiden Maschinen vollstandig getrennt von- einander untergebracht und unabhangig voneinander zu arbeiten im stande sind. Wir werden vielleicht sogar sagen diirfen, daf da, wo eine ,,Verschmelzung der Kernhalften thatsichlich vorkommt, dieselbe nur durch au8ere, accidentielle Faktoren be- dingt wird, denn wir sehen bei Diaptomus, dafi der bei der Furchung in so verschiedener Richtung sich aufernde gonomere Zu- stand Hand in Hand mit dem Kleinerwerden der Kerne zuriick- tritt und sofort wieder deutlicher zum Vorschein kommt, sobald 1) A. Weismann, Vortrage tiber Descendenztheorie, Jena 1902, Ba; Tp. 321: 2) W. Waupeyer, Befruchtung und Vererbung, Leipzig 1898, p. 39 und 40. 376 Valentin Hicker, das Kernvolumen wieder ein gréSeres wird (Urgenitalzellen, Ur- samenzellen). Andererseits giebt es Falle, in welchen eine ,,Ver- schmelzung der Kernteile immer erst unmittelbar vor der Mitose stattfindet, so da8 man daran denken kénnte, es solle durch diese Verschmelzung nichts weiter als eine Vereinfachung des Teilungs- mechanismus bewirkt werden (Sexualzellen der Amphibien, Nahr- zellen im Pollensack von Magnolia, Zygoten der Conjugaten). Jedenfalls wird durch die Befruchtung in erster Linie ein zweikerniger Zellzustand geschaffen, und wir wirden danach, falls sich wirklich die Ergebnisse bei den Copepoden auf andere Organismen tibertragen lassen, als das Wesentliche des Be- fruchtungsvorganges die Paarung zweier Kernpe zweielterlicher Abkunft in einer einzigen Zelle zu bezeichnen haben. In dieser Fassung wiirde der Satz auch die Konjugation der Infusorien und die mit Zellverschmelzung ver- bundenen Zygotenbildungen in sich begreifen. Schon friihere Autoren haben offenbar Bedenken getragen, schlechtweg von einer Zell- und Kernverschmelzung zu sprechen. So laft Wriison!) allerdings die Befruchtung der héheren Formen in einer ,,permanent fusion of two germ-cells“ bestehen, aber er spricht in dem zusammenfassenden Kapitel schlieSlich doch nur von einer ,union of equivalent nuclei“, als der wesentlichen That- sache der Befruchtung und geschlechtlichen Fortpflanzung. Ebenso bezeichnet WEISMANN?), sobald er von der morphologischen Seite des Befruchtungsvorganges zur physiologischen tibergeht, als wesentlichen Erfolg des Amphimixis ,,die Vermischung oder besser die Vereinigung der Vererbungssubstanzen zweier ver- schiedener Individuen‘t, und in dbnlicher Weise sagt Boverr®), da& die Kombination der elterlichen Kernsubstanzen als der Qualitaétentrager das Ziel aller Paarung vom Infusionstierchen bis zum Menschen sei. Konkurrenz der Kernhalften. Gemischte Vererbung. Bereits in meiner friiheren, den Gegenstand betreffenden Arbeit‘) habe ich darauf aufmerksam gemacht, daf bei Cyclops 1) E. B. Witson, The cell in development and inheritance, 2. Aufl, New York 1900, p. 180 und 230. 2) Live. pi oop: 3) Tu. Bovert, Das Problem der Befruchtung, Jena 1902, p. 35. 4) Ueber die Selbstandigkeit u. s. w., p. 598 und 615. Vergl. auch Praxis und Theorie u. s. w., p. 235. ey Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 377 die beiden Kernhalften sich vielfach nicht nur in raumlicher Trennung, sondern auch in physiologisch differenter Verfassung befinden. Sowohl wahrend der ersten Furchungsteilungen, als auch spiter in den Urgenitalzellen sind dahin gehérige Bilder haiufig anzutreffen. So zeigt die Fig. 45 der friiheren und die Fig. 42 der vorliegenden Arbeit von zwei verschiedenen Eiern die Polansicht der ersten Furchungsspindel: man sieht in beiden Fallen die 6 Elemente der einen Halfte noch eine kontinuierliche Kette bilden, waihrend die der anderen bereits vollstindig voneinander isoliert sind. Noch auffalliger ist das Verhalten der Kerne der sekundaren Urgenitalzellen, insofern in denselben in einem ge- wissen Stadium die eine Chromatingruppe sich in Form eines lockeren, die andere als dichter Fadenknauel darstellt. Ich glaube auch jetzt noch, dafi der Schluf, den ich damals gezogen habe, richtig ist, da8 némlich ,,auch hier noch der physiologische Zu- stand der beiden Kernhalften nicht der gleiche ist, und dies wiirde wiederum darauf hinweisen, da8 die Wechselwirkungen zwischen jeder der beiden Chromatingruppen einerseits und dem Zellplasma andererseits verschiedenartige, zum mindesten verschieden intensive sind. In diesen Wechselwirkungen mu aber das liegen, was wir heutzutage Beherrschung der Zelle durchden Kernnennen. Es wire also denkbar, daf die beiden Kernhalften in einer Art von Konkurrenz hinsichtlich der Be- einflussung des Zellenlebens miteinander stehen, und daf dieser Wettkampf der vaterlichen und miitterlichen Kernsubstanz in der Phasenverschiedenheit der Gruppen seinen Ausdruck findet*‘ 1). Das Wesentliche in den hier nochmals mitgeteilten Beobach- tungen liegt, wie mir scheint, darin, daf durch direkte Beobachtung die Mé6glichkeit einer ungleichen Entwickelung und Ausbildungs- stufe der beiden Kernhalften erwiesen wird. Wenn wir nun fir einen Augenblick annehmen, es sei wirklich eine Verallgemeine- rung der Befunde bei den Copepoden erlaubt und der gonomere Kernzustand sei, wenn auch in latenter Form, nicht nur in den 1) Auch bei Diaptomus scheinen, wie wir sahen, verschiedene Bilder auf ein ungleich rasches Wachstum der beiden primiren Nukleolen hinzuweisen. Es mufte aber hier dahingestellt bleiben, ob darin eine Verschiedenwertigkeit der Kernhalften zum Ausdruck kommt und ob nicht vielmehr die Bilder auf eine rhythmische Ver- gréferung und Verkleinerung beider Nukleolen, auf ein ,,Pulsieren“ derselben zuriickzufiihren sind, wie ein solches von verschiedenen Seiten beobachtet worden ist. Bd, XXXVI. N, F. XXX, 25 a 378 Valentin Hacker, sexualen, sondern iiberhaupt in allen Zellen nachzuweisen, dann wiirden wir einer Erklarung fiir die Erscheinung der gemischten Vererbung niher kommen, d. h. der Thatsache, da8 die ver- schiedenen Teile der Nachkommen in verschiedenem Grade mehr dem einen oder dem anderen der Eltern nachfolgen. Wir hatten dann anzunehmen, da8 sich die beiden Kernhalften beziiglich der Einwirkung auf die Zelle bald summieren und erganzen, bald gegenseitig bekiaimpfen und ausschlieSen, und wiirden damit auf halbem Wege den Anschauungen entgegenkommen, welche von WEIsMANN ‘) in dieser Richtung gedéufert worden sind und in letzter Linie zu der Annahme eines Kampfes der verschiedenen Arten yon Biophoren gefiihrt haben. Mischung der grofelterlichen Elemente. Affinitat der Chromosomen. Es wurde auf Grund der Beobachtungen bei Cyclops die Frage zu beantworten gesucht, wie sich die beiden elterlichen Kern- halften wahrend der Reifungsteilung verhalten, ob hier der gono- mere Zustand beibehalten wird oder ob eine Aenderung in der Kernzusammensetzung vor sich geht. Es wurde gezeigt, da durch die Gegeniiberstellung der vaterlichen und miitterlichen Elemente im ,,sekundiren Keimblaschen“, durch die Paarung der Spalthalften waihrend der dicentrischen Wanderung und durch die Auswechse- lung der Einzelchromosomen eine gleichmafige Mischung der gro8vaterlichen und grofmiitterlichen Elemente im befruchtungsfaihigen Eikern bewirkt wird, und es konnte gleichzeitig, unter Heranziehung der bei anderen Objekten beobachteten Bilder, der Méglichkeit Ausdruck verliehen werden, daf es sich hier um allgemeiner verbreitete Vorginge handle. Wenn nun schon die Gegeniiberstellung der Vierergruppen im sekundiren Keimblaschen auf besondere, von anderen Kernformen nicht bekannte Wirkungsweisen zuriickgefiihrt werden mu, so haben wir es vollends bei der Paarung der Spalthalften und ihrer X-férmigen Anordnung mit Vorgingen zu thun, welche sonst nirgends wihrend der dicentrischen Wanderung der Tochter-Chromosomen beobachtet worden sind und nur durch be- sondere, den Chromatin-Elementen im allgemeinen nicht zu- kommende Qualititen und Wechselbeziehungen bedingt sein 1) lc, Ba:-Ek pepo Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 379 kénnen. Da nun die weitere Untersuchung zu dem Ergebnis fiihrte, dafi bei der Chromosomenpaarung jeweils die Vereinigung eines vaterlichen und eines miitterlichen Elementes stattfindet, so ist anzunehmen, da’ zwischen den viaterlichen und miitterlichen Chromo- somen gewisse Affinit&iten bestehen, welche zwischen gleich- namigen Chromatinteilen nicht wirken. Die naimlichen Affinitaten, welche die Paarung der Spalthalften zur Folge haben, werden auch bei der darauf folgenden Umwechselung der EKinzelchromosomen im Spiele sein, wenn auch hier etwas Neues, namlich die Querteilung der bivalenten Elemente und ihr Zerfall in die Einzelchromosomen, hinzukommen mu. Das schlie£- liche Resultat ist dann, wie wir gesehen haben, die Neuformierung bivalenter Elemente, welche je aus einer viaterlichen und einer miitterlichen Halfte bestehen, und damit die gleichmafige Mischung der vaterlichen und miitterlichen, oder wie wir jetzt besser sagen kénnen, der gro8vaterlichen und gro8- mitterlichen Chromatinteile im befruchtungs- fahigen Hikern. Welcher Natur die zwischen ungleichnamigen Elementen be- stehenden Affinitaten sein mégen, dariiber méchte ich keine Ver- mutungen aufstelleu. Ich méchte nur daran erinnern, daf Affini- taten Abnlicher Art einerseits zwischen Ei- und Samenzellen, andererseits zwischen Ki- und Samenkern angenommen werden _mussen. Unter der sexuellen Affinitat im engeren Sinne oder der Affinitat zwischen den Fortpflanzungszellen (sexuelle Cytotaxis) verstehen wir mit O. Hertwia!) ,,Wechsel- wirkungen, welche befruchtungsbediirftige Zellen verwandter Art aufeinander ausiiben in der Weise, da’ sie, in bestimmte Nahe zu einander gebracht, sich anziehen, sich verbinden und in eins verschmelzen, wie zwei chemische Koérper, zwischen denen nicht gesittigte, chemische Affinitaéten bestehen“. Bei dieser sexuellen Affinitét im engeren Sinne kénnen auf weiblicher Seite auch Teile des Geschlechtsapparates, Eihiillen u. s. w. beteiligt sein. Was die Affinitat zwischen den Geschlechtskernen (sexuelle Karyotaxis) anbelangt, so hat, so viel mir bekannt ist, zum ersten Male R. Fick?) die Thatsache, dafi bei physiologischer 1) O. Hertwie, Die Zelle und die Gewebe, Jena 1893, p. 240. 2) R. Fick, Ueber die Reifung und Befruchtung des Axolotl- Hies. Zeitschr. wiss. Zool. Bd. LVI, 1893. 25 * 380 Valentin Hicker, Polyspermie nur ein einziger Spermakern zur Konjugation zu- gelassen wird, auf die Sattigung der ,,Affmitat des Eikerns zurtick- gefiihrt. Zu noch klareren Vorstellungen ist RUcKERT!) in seinen schénen Ausfiihrungen tiber die physiologische Polyspermie der Selachier gelangt, indem er zu der positiven, zwischen Ei- und Spermakern bestehenden Affinitaét das negative Gegenstiick, die gegenseitige Abstofung der Spermakerne, hinzufiigte. RUckerr hat namlich in sehr einleuchtender Weise zu zeigen versucht, dal die gleichmafige Verteilung der Spermakerne in der Keimscheibe und die Thatsache, daS immer nur ein Spermakern mit dem Ei- kern kopuliert, durch ein den Spermakernen selbst zukommendes ,,Vermégen, sich von einer’ gewissen Entfernung an gegenseitig ab- zustofen‘‘, erklart werden kénne. ,,Wahrend also zwischen den un- gleichnamigen Kernen (Kikern und Spermakern) ein Anziehungs- vermégen, besteht zwischen den gleichnamigen bei der normalen polyspermen Befruchtung ein Abstofungsvermégen.“ Der Affinitait zwischen den Fortpflanzungszellen und derjenigen zwischen den Geschlechtskernen wiirde sich nunmehr die Affi- nitait zwischen den elterlichen Chromosomen (sexuelle Chromotaxis) anreihen. Wahrend nun aber die Wirkung der beiden ersten Affinitiiten mit wenigen Ausnahmen (Closterium und andere konjugate Algen) zeitlich zusammenfallt, kommt die Affinitat zwischen den elterlichen Chromosomen erst am Schluf der ganzen Entwickelung oder, wie wir sagen kénnen, am Schlu8 der Kinder- . Generation zur Geltung. Nehmen wir auch hier an, es sei schon jetzt erlaubt, die Be- funde bei den Copepoden zu verallgemeinern, so wiirden gewisse Erscheinungen, die bei der Bastardbefruchtung zu Tage treten, eine Erklarung finden. Es ist bekannt, da8 bei der Kreuzung zweier in niherem ver- wandtschaftlichen Verhaltnis stehender Arten die verschiedensten Abstufungen beziiglich des Erfolges der Bastardierung zu Tage treten. In vielen Fallen fehlt jede Affinitaét zwischen dem Sperma einerseits und dem Ei beziehungsweise dem weiblichen Geschlechtsapparat andererseits, und es wird also der Befruchtungs- prozef tiberhaupt nicht angebahnt. In anderen Fallen ist wohi die Affinitét zwischen den Fortpflanzungszellen ganz oder nahezu ausreichend, aber es ist keine Affinitat zwischen den Geschlechts- kernen vorhanden. Hierher, beziehungsweise zu den zwischen der 1) J. Rvcxerr, Die erste Entwickelung des Eies der Elasmo- branchier, Jena 1899, p. 677 ff. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 381 ersten und zweiten Kategorie stehenden Grenzfillen ist vermutlich ein von Hrrasé') beschriebenes Vorkommnis zu rechnen: in der Decke der Pollenkammer von Ginkgo (Ginkgo biloba) finden sich haufig neben den eigenen Pollenschliuchen die Pollenkérner anderer Coniferen, so z. B. der Fichte, auf verschiedenen Stadien der Keimung vor, dagegen kommt es anscheinend niemals zu einer erfolgreichen Bastardbefruchtung. In einer weiteren Zahl von Fallen ist die Affinitét zwischen den Fortpflanzungszellen und diejenige zwischen den Geschlechts- kernen ausreichend, und es kommt entweder zu einer Befruchtung mit folgender abnormer Embryonalentwickelung oder zur Erzeugung unfruchtbarer oder zur Erzeugung fruchtbarer Bastarde. Die weit- aus bekannteste Erscheinung ist, wenigstens bei Tieren, die Bastard- befruchtung mit folgender Erzeugung unfruchtbarer Bastarde, und man pflegt in der That auch dieses Verhiltnis als die Regel zu betrachten. Nun ist aber doch, genau betrachtet, dieser Fall der am meisten ratselhafte, denn man sollte meinen, wenn es tiberhaupt auf Grund einer geniigend starken Affinitat zwischen den Geschlechtsprodukten zu einer normalen Embryonal- entwickelung und zur Ausbildung vollkommen lebensfaihiger Nach- kommen kommt, so miiSten auch die Fortpflanzungszellen eine normale Beschaffenheit zeigen, und wenn sich die Eltern ver- schiedener Abkunft erfolgreich paaren, so miifte dies bei den Nachkommen gleicher Abkunft um so mehr der Fall sein. Vielleicht geben uns auch hier die Beobachtungen bei den Copepoden einigen Aufschluf. Wir haben gesehen, dal bei der Reife der Fortpflanzungszellen eine umstandliche Neugruppierung der elterlichen Kernanteile vor sich geht und dal dieselbe aut eine besondere, zwischen den elterlichen Chromosomen bestehende Affinitat zuriickgefiihrt werden mu. Es ware nun denkbar, dai die gewissermafen gréberen Affinitaten zwischen den Fortpflanzungs- zellen und den Geschlechtskernen ausreichend sind, um eine er- folgreiche Befruchtung und die Bildung lebensfihiger Bastarde zu bewirken, daf aber die feinere Affinitaét zwischen den elterlichen Chromosomen in nicht geniigendem Male vorhanden ist, um jene komplizierten Umordnungsprozesse und damit die vollkommene Reife der Eizellen herbeizufiihren. So wiirde es zu erklaren sein, dai der Erfolg der Bastardierung am Schlusse der zweiten 1) S. Hiras&, Etude sur la fécondation et V’embryogénie du Ginkgo biloba. J. Coll. Sc. Tokyo, Vol. XII, 1898. 382 Valentin Hacker, Generation sein Ende nimmt, und auch die weitere Thatsache wiirde verstandlich sein, daf eine Riickkreuzung der Bastarde mit den Stammformen haufig erfolgreicher ist als die Paarung der Bastarde unter sich. Ich will auf diese Vermutung, deren Richtigkeit durch direkte Beobachtung gepriift werden kénnte, nicht weiter eingehen und nur noch zum Schlu& die Frage aufwerfen, ob nicht die so ver- schiedenartigen Ergebnisse, welche sich bei der Bastardierung von Pflanzen (Pisum, Hieracium, Zea u. a.) beziiglich der dritten Generation herausstellen!), wenigstens zum Teil durch einen ver- schiedenen, normalen oder abnormen Verlauf der am Schluf der zweiten Generation stattfindenden Keimzellenreife bedingt sein kénnten. Individualitat der Chromosomen und morpho- logische Organisation der Kerne. Schon Wiison ?) hat Rickert’s und meine Befunde bei den Copepoden, sowie die oben erwihnten Ergebnisse von HerLA und Zoya als Stiitze fiir die Rapi-Boverrsche Hypothese von der Individualitét der Chromosomen und fiir die Annahme einer morpho- logischen Organisation der Kerne herangezogen: ,,Leaving aside all doubtful cases, the well-determined facts form an irrestible proof of the general hypothesis; and it is one with which every general analysis of the cell has to reckon.“ Wuison fiihrt dann aus, dal die Individualititshypothese allerdings einen ungliicklichen Namen erhalten habe, da, abgesehen von einigen speciellen Fallen (Keim- blaschen von Canthocamptus und Cyclops, Keimblaschen der Selachier), beinahe kein direkter Beweis dafiir existiere, daf die Chromosomen als ,,Individuen‘’ im Chromatinnetz der ruhenden Zelle persistieren. Es gehe im Gegenteil in der itber- wiegenden Mehrzahl der Falle die Identitaét der Chromosomen voll- stiindig im ruhenden Kerne verloren. ,,But this verbal difficulty“, fahrt Witson fort, ,,should not blind us to the extraordinary interest and significance of the facts‘. ,,No phenomena in the history of the cell more clearly indicate the existence of a morphological organization which, though resting upon, is not to be confounded 1) Vergl. C. Correns, Die Ergebnisse der neuesten Bastard- forschungen fiir die Vererbungslehre. Ber. Deutsch. Bot. Ges., 3d. XIX, 1901! 2) E. B. Witson, 1.-c., 2. Aufl., p. 294 ff. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 383 with, the chemical and molecular structure, that underlies it; and this remains true even though we are wholly ignorant what that organization is.“ In abnlicher Weise sagt WrISMANN 4), daf die Feststellung der Trennung der vaterlichen und miitterlichen Kernhalften wahrend der Entwickelung der Copepoden ,,unsere Annahme von der Selb- stindigkeit der Kernstaébchen trotz ihrer scheinbaren Auflésung im Kernnetz des ruhenden Kernes vollends sicherstellt*. Zunachst wird freilich durch die Beobachtungen bei den Copepoden nur eine Fortdauer der Individualitéit der Kernhalften oder Gonomeren erwiesen. Indessen ergiebt sich sofort eine Er- weiterung dieses Satzes, sobald man das Verhiltnis des gonomeren Zustandes zum idiomeren ins Auge faft. Schon vor einiger Zeit war es mir gelungen ”), durch Aetherisierung der Kier von Cyclops die Umbildung der Chromosomen zu Teilblaischen oder Idiomeren zu beschleunigen und auf diese Weise kiinstlich maulbeerférmige Kerne zu erzeugen. Ich war dabei zu der Anschauung gekommen, daS der Furchungskern des Metazoen-Eies urspriinglich ein Com- positum aus mehreren, den einzelnen Chromosomen entsprechenden Teilkernen darstellt, und es sind zu Gunsten dieser Anschauung, die im iibrigen ja nur eine Erweite- rung der Individualitatshypothese ist, seither auch von anderer Seite Beobachtungen herangezogen worden. So hat SpuLER®) die Teilkerne in degenerierenden Eizellen des Saugetierovariums und GOLpDScHMIDT*) die ,,Karyomeriten’’ im Ei yon Polystomum in ahnlichem Sinne gedeutet. Wie wir nun im Obigen gesehen haben, passieren nicht nur die Furchungskerne zahlreicher tierischer Kier, sondern auch die Keimzellkerne mancher Formen, so namentlich der Amphibien, bei ihrer Konstituierung einen Teilblischen- oder idio- meren Zustand und da bei den naimlichen Objekten die Idiomeren spaterhin vielfach zu Gonomeren verschmelzen, so ergiebt sich zu- nachst der Satz, dab der gonomere Kernzustand ge- 1) A. Weismann, Vortrage, Bd. II, p. 48. 2) V. Hacker, Mitosen im Gefolge amitosenahnlicher Vorginge. Anat. Anz:, Bd. XVII, 1900. 3) A. Sputer, Ueber die Teilungserscheinungen der Eizellen in degenerierenden Follikeln des Saugerovariums. Anat. Hefte, Heft 50, 1900. 4) R. Goxtpscumipr, Untersuchungen iiber die Eireifung, Be- fruchtung und Zellteilung bei Polystomum integerrimum Rvp. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. LX XI, 1902. 384 Valentin Hacker, wissermagennur einenspeciellen Fall desidiomeren darstellt. Umgekehrt wird man aber dann auch berechtigt sein, die Fortdauer des gonomeren Zu- standes wahrend der ganzen Entwickelung als einen indirekten Beweis fiir die latente Fortdauer eines idiomeren Zustandes, d.h. also fiir die Persistenz der Individualitat der Chromosomen heranzuziehen. Ich will hier nur noch bemerken, daf sich die Verschmelzung der Idiomeren zu Gonomeren vielfach in einem bestimmten Rhyth- mus zu vollziehen scheint. Wenigstens fand ich bei der Furchung des Cyclops-Eies 6fters Bilder, auf denen die 6 aus den Chromosomen jeder Kernhalfte entstandenen Idiomeren zunichst zu 3 Teilblischen verschmelzen, welche dann ihrerseits sich zu einem Gonomer vereinigen?), und ahnliche Regelmafigkeiten weist auch das Diaptomus-Hi auf (Fig. 27). Diese stufenweise Ver- schmelzung der Idiomeren steht in einem reciproken Verhiltnis zu einer anderen Erscheinung, welche ich friiher bei einem anderen Objekt beobachtet habe’). Im reifenden Keimblaschen von Cantho- camptus zeigt namlich der Kernfaden eine gleichfalls stufen- weise Zerlegung in Segmente, wobei hintereinander die Divisoren: 2, 3,2, 2 auftreten. Méglicherweise haben wir es bei diesen rhythmi- schen oder stufenweisen Verschmelzungs- und Segmentierungs- prozessen mit phylogenetischen Reminiscenzen zu thun, deren Be- deutung vielleicht durch spatere Untersuchungen klargestellt werden kann. Es mu8 hier zum Schluf noch einmal auf die Angriffe zuriick- gekommen werden, welche die Vertreter der Nukleinspeichertheorie gegen die Individualitaitshypothese gerichtet haben. Ich habe be- reits bemerkt, dafi eine Anzahl dieser Autoren, so CarNnoy und Lreprun, R. Fick, HARTMANN, zu einer schroffen Abweisung der betreffenden Anschauungen gelangt sind. Auch WiLson, welcher noch in der zweiten Auflage seines Lehrbuchs (1900) sich im wesentlichen als Anhanger der Individualititshypothese bekennt, ist neuerdings zu dem Ergebnisse gekommen, dal seine Beobach- tungen an Magnesium-Eiern ,are not favorable to the hypothesis of the persistent individuality of chromosomes“. Es wiirde zu weit fiihren und den durch die Sache gegebenen Rahmen dieser Arbeit weit tiberschreiten, wenn ich ausfiihrlich auf 1) Ueber die Selbstandigkeit u.s.w., Taf. XXIX, Fig. 54. 2) Die Vorstadien der Eireifung, p, 233. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 385 das Fir und Wider dieser Angriffe eingehen wollte. Es miiSten dabei eine Reihe von farbungsanalytischen und konservierungs- technischen Fragen‘) erédrtert und die zahlreichen morphologischen Thatsachen, welche mindestens der allgemeinen Giltigkeit der Theorie im Wege stehen, aufs neue wiederholt werden. Ich méchte hier nur folgendes bemerken: Der zuerst von FLEMMING im Jahre 1875 aufgestellte Satz, daS die netz- und geriistformigen Kernstrukturen allgemeine vitale Gebilde und die Nukleolen spe- cielle, von den Geriiststringen abgegrenzte Dinge sind, scheint mir auch heute noch als einer der morphologischen Fundamentalsitze der Zellenlehre zu Recht zu bestehen. Auch in denjenigen Fallen, in welchen an Stelle des Kerngeriistes fadenférmige Gebilde treten, wie z. B. in den Keimblaéschen der Copepoden, Selachier und Tri- tonen, muff die raumliche Selbstandigkeit der Kernfaden und Nukleolen als eine kaum zu widerlegende Thatsache bezeichnet werden. Ich habe speciell das CArNnoy-LEBRun’sche Objekt, die Ovarialeier der Tritonen, seit vielen Jahren immer wieder in der Hand gehabt und auf verschiedene Weise behandelt, und ich habe tberall da, wo tiberhaupt die Laune der Konservierungs- und Farbungsmethoden die Fadenstrukturen hervortreten lief, stets die erwihnte Unabhangigkeit mit Sicherheit wahrgenommen. Ich kann einen grofen Teil der Carnoy-LesBrun’schen Bilder unméglich fiir etwas anderes als fiir Kunstprodukte, entstanden durch Ver- klumpung und Ueberfiarbung, betrachten, und ich bitte diejenigen Leser, die gegen dieses MiStrauen Zweifel erheben sollten, in der Arbeit von Carnoy und Lesrun*) die Figuren 75—78 zu be- trachten. Ich glaube, da’ die Verfasser durch die Vorfihrung solcher Bilder jeden Anspruch darauf verloren haben, dafi man in ihre Methode Vertrauen setzt. Ich will hier hinzufiigen, daf ganz neuerdings auch Heten D. Kine *) auf Grund von Untersuchungen an Bufo-Eiern die Richtigkeit der Carnoy’schen Anschauungen in Abrede stellt. 1) Es kann den auf diesem Gebiete arbeitenden Forschern das Studium des A. Fiscupr’schen Werkes: Fixierung, Farbung und Bau des Protoplasmas, Jena 1899, nicht genug empfohlen werden. 2) La vésicule germinative etc., Cellule, T. XVI, 1899. Vergl. mein Referat: Die Reifungserscheinungen, Erg. Anat. und Entw., Bd. VIII, 1898, p. 880. 3) Hriten D. Kine, Preliminary note on the formation of the first polar spindle in the ege of Bufo lentiginosus. Anat. Anz., Bd. XXI, 1902. 386 Valentin Hacker, Das zweite in Frage kommende Objekt, die Keimblaschen der Echinodermen, kenne ich aus eigener Anschauung nur unyoll- kommen. Ich méchte nur beziiglich der Harrmann’schen Bilder (I. c. Fig. 4—15) dem Zweifel Ausdruck geben, ob es sich hier nicht um eine durch zu starke Wirkung der Reagentien erzeugte ein- seitige Ruptur der Kernmembran und um ein partielles Ausfliefen der als sehr plastisch zu denkenden Nukleolarsubstanz handeln kénne. Ich habe wenigstens bei Cyclops wiederholt Bilder be- kommen, welche infolge der Anwendung von heiSem Sublimatalkohol ein derartiges Zerreifen der Kernmembran und teilweises Aus- fliefen des Kerninhaltes aufwiesen. Was schlieSlich die Wison’schen Bilder (1. c. Fig. 62 ff.) an- belangt, so scheint mir kein zwingender Grund zu der von dem Verfasser gegebenen Deutung vorzuliegen. Ebensogut, wie WILSON einen Zerfall des Nucleolus in die Chromosomen annimmt, wire auch denkbar, daf die Bildung der Chromatinfiden im Umkreis des allmahlich sich verkleinernden Nucleolus stattfindet, genau wie dies bei anderen, der Beobachtung giinstigeren Objekten, z. B. bei Canthocamptus, der Fall ist. Ich glaube nach allem, daf an der riumlichen Selbstindigkeit der Kerngeriiste bezw. Kernfaden einerseits und der Nukleolen andererseits im Sinne FLEMMiING’s festgehalten werden mu. Eine andere Frage ist dann allerdings die nach dem Zusammenhang der fairbbaren Substanz der Kerngeriiste und Kernfaden, des Chro- matins im Sinne FLEmmine’s, und der Nukleolarsubstanz. Die neueren tiberaus griindlichen Untersuchungen von A. FISCHER U. a. weisen eher darauf hin, daS die Nukleolarsubstanz nicht zum Chromatin der neueren Zellenlehre gehért !), aber selbst wenn dies der Fall wire und wenn, was aber bekanntlich nicht zutrifft, samt- liche morphologischen Befunde ohne Ausnahme zu Gunsten einer direkten Ueberfiihrung der einen Substanz in die andere sprechen wiirden, so ware damit der allgemeinen Giltigkeit der Individualitiats- hypothese immer noch nicht der Boden entzogen. Denn es bliebe immer noch ein Weg, um die Beobachtungen theoretisch zusammen- zufassen und dem Gewicht der zu Gunsten der Individualitits- lehre sprechenden Thatsachen Rechnung zu tragen. Nehmen wir an, da die ,morphologische Organisation“ des Kernes nicht auf der farbbaren Substanz des Kerngeriistes und der Chromosomen, sondern auf der achromatischen, gewohn- 1) Vergl. A. Fiscnmr, 1. c. p. 188. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 387 lich als Linin bezeichneten Unterlage derselben beruhe, so wiirden wir leicht einen Weg zur Verstindigung gewinnen '). So gut namlich in den Furchungskernen von Diaptomus auf Grund des symme- trischen Auftretens der Nukleolen und der Zweiteiligkeit der Teilungsfiguren ein Doppelbau des Liningeriistes, also ein Neben- einanderbestehen von selbstaindigen, wenn auch auBerlich nicht abgegrenzten Territorien angenommen werden mu, ebensogut aft sich Kntsprechendes auch fiir das Liningeriist der gewodhnlichen ruhenden Kerne annehmen, in welchen ,,alles Chromatin auf den Nucleolus konzentriert erscheint‘. Damit wiirde aber eine Kontinuitaét der Kerngeriistterritorien der ruhenden Kerne und der achromatischen Unterlagen der Chromo- somen gegeben sein. Ob die Untersuchungen thatsachlich in dieser Richtung gehen werden, ob weitere Fortschritte durch eine Neubelebung des Be- eriffes ,,Chromatin“ (A. Fischer) bewirkt werden kénnen, oder ob sie von einer genaueren morphologischen und chemischen Kenntnis des Linins ausgehen werden, dariiber sollen hier keine weiteren Vermutungen angestellt werden. Es schien mir aber angebracht zu sein, auch in dieser Richtung einmal vom Hauptthema abzu- weichen und die Zulissigkeit der aus den Beobachtungen gezogenen und der Individualitétshypothese giinstigen Folgerungen zu priifen. Geschlechtsbestimmung. Die morphologische Zusammensetzung der Keimbahnkerne aus einem viterlichen und einem miitterlichen Teil legt die Frage nahe, ob vielleicht auch der in derSexualitat gelegene Gegen- satz, also die prospektive Potenz der einzelnen Keimzelle in Bezug auf das Geschlecht des aus ihr hervorgehenden Organismus, im duferen Verhalten von Kern und Zelle zum Ausdruck kommt. Beide Dinge stehen allerdings nur insofern in Verbindung mit- einander, als auch das Problem der Geschlechtsbestimmung ein vererbungstheoretisches und also in letzter Linie kerngeschichtliches ist. Ein engerer, direkter Zusammenhang, etwa in dem Sinne, daf die vaterlichen Kernteile ausschlieSlich die Anlagen zur Ent- 1) Unter der Voraussetzung, daf nicht auf der farbbaren, son- dern auf der achromatischen Substanz die morphologische Organi- sation des Kernes beruhe, wiirden auch die Differenzierungsvorgange in der Keimbahn von Ascaris und Cyclops (s. oben, p. 310) einem eingehenderen Vergleiche zuginglich sein. 388 Valentin Hacker, wickelung der minnlichen Charaktere enthalten, ist ja ohne weiteres auszuschlieBen, wie aus bekannten Vererbungserscheinungen her- vorgeht. Dennoch halte ich es ftir angebracht, in diesem Zusammen- hang auch auf das Problem der Geschlechtsbestimmung einzu- gehen und die hierher gehérigen Fragen unter Betonung des morphologischen Standpunktes zusammenzufassen, denn ich bin tiberzeugt, da es gelingen wird, auch in dieser Richtung die feste morphologische Grundlage zu verbreitern und so die experimentelle Forschung auf neue Wege hinzuweisen. . Schon verschiedene Forscher haben versucht, die Lehre von der Geschlechtsbestimmung auf den Boden der morphologischen Forschung zu stellen, und ich darf nur an die von Minor und Van LENEDEN ausgearbeitete und lingst widerlegte Theorie er- innern, welcher zufolge die hermaphroditen Kerne der unreifen Ei- und Samenzellen wahrend der Ei- und Samenreife sich ihrer miinnlichen bezw. weiblichen Kernbestandteile entledigen, so daf Ei- und Samenkern Halbkerne (Pronuclei) von entgegengesetztem Sexualcharakter werden *). Kine andere Annahme, namlich die von erbungleichen Zell- teilungen als Ursache der verschiedenen geschlechtlichen Prospek- tivitat der Keimzellen haben RAuBER und WEISMANN gemacht. RAUBER?) ist von den Verhaltnissen bei dem aberranten Annelid Dinophilus ausgegangen, bei welchem sich nach KorSCHELT im Ovarium ausgesprochen dimorphe, minnliche und weibliche Kier vor- finden, und hat als Ursache fiir das Zustandekommen der zweierlei Eiformen asymmetrische Zellteilungen postuliert, durch welche die geschlechtlich indifferenten ,,Voreier‘s je in ein mainnliches und ein weibliches Ei zerlegt werden, und in 4hnlicher Weise hat WeEIS- MANN *) die Entstehung der geschlechtlich dimorphen Eier der Radertiere und der Reblaus (Phylloxera), also die Trennung der mannlichen und weiblichen Anlagen, auf erbungleiche Teilungen zuriickgefiihrt, fiir welche ,,kein auSerer, auch kein intracellularer Kinflu8 verantwortlich gemacht werden kann‘. Im speciellen denkt sich WEISMANN‘), daf die histologische Differenzierung zu weib- 1) Vergl. O. Hertwie, Die Zelle, Bd. I, p. 22; E. B. Wison, The Cell, 2), Aut., ip. 243: 2) A. Rausper, Der Ueberschuf an Knabengeburten und seine biologische Bedeutung, Leipzig 1900, p. 131. 3) A. Weismann, Vortrage, Bd. I, p. 414. 4) Vortrage, Bd. Il, p. 57. ery Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 389 lichen oder zu mannlichen Zellen auf der Beherrschung durch specifische Geschlechtszellen-Determinanten beruht. Kine Gruppe fiir sich bilden die Untersuchungen am Bienenei, welche neuerdings durch PETRUNKEWITSCH!) zu einem definitiven Abschluf’ gebracht worden sind, wenigstens hinsichtlich des einen, tiberaus wichtigen Faktums, dal die von der Kénigin in die Drohnenzellen abgelegten Kier immer unbefruchtet sind. Es soll nun im folgenden in Kiirze versucht werden, die auf die morphologische Seite des Problems beziiglichen Angaben noch- mals zu gruppieren, um auf diese Weise Anhaltspunkte fiir ein weiteres Vorgehen zu gewinnen. Verschiedene Autoren haben bereits hervorgehoben, daf von vornherein drei Méglichkeiten in Bezug auf den Zeitpunkt der Geschlechtsbestimmung gegeben sind: es kénnen die geschlecht- lichen Unterschiede dem Ei schon vor der Befruchtung aufgeprigt werden oder bei der Befruchtung durch Intervention der Samen- zelle oder nach erfolgter Befruchtung durch die Wirkung der Er- nihrung und anderer duferer Faktoren. Allen diesen drei Méelich- keiten ist bei der Aufstellung der verschiedenen Theorien Rech- nung getragen worden, jedoch gehen die Resultate, zu denen die einzelnen Autoren gelangt sind, sehr weit auseinander. So nimmt RAUBER ”) im wesentlichen eine ovariale (progame) Geschlechts- bestimmung an, Dusine *) schreibt dem Befruchtungsvorgang selber eine, wenn auch nicht ausschliefliche, so doch sehr wichtige Be- deutung zu (syngame Geschlechtsbestimmung), wahrend Lerv- CKART*) mit vielen Vorgéngern und Nachfolgern die friiheren Embryonalstadien fiir geschlechtlich indifferent halt und demnach eine erst im fétalen Leben erfolgende (epigame) Geschlechts- bestimmung annimmt. Es soll im folgenden die Frage behandelt werden, welches Gesamtbild die bisher ermittelten Thatsachen vom zellgeschicht- 1) A. Prerrunxewirscu, Die Richtungskérper und ihr Schicksal im befruchteten und unbefruchteten Bienenei. Zool. Jahrb. (Anat. bie) isds: XLV, 1901: 2) A. Rauser, Der Ueberschuf an Knabengeburten und seine biologische Bedeutung, Leipzig 1900. 3) C. Duisine, Die Regulierung des Geschlechtsverhaltnisses bei der Vermehrung der Menschen, Tiere und Pflanzen. Jen. Zeitschr. Naturw., Bd. XVII, 1884. 4) R. Levuckart, Zeugung. Wacner’s Handwirterbuch der Physiologie, Bd. IV, Braunschweig 1853, p. 768. 390 Valentin Hacker, lichen Standpunkt aus gewaéhren und inwieweit von der zell- geschichtlichen Untersuchung weitere Aufschliisse zu erwarten sind. Denken wir uns Formen mit primaérem Hermaphroditismus, wie solche durch die Volvox-Kolonien reprasentiert werden und moéglicherweise auch unter den Metazoen [Spongien, Rippenquallen *)| noch vorkommen. Wir kénnen uns dann fragen, auf welche Weise aus diesem primér-hermaphroditischen Zustand der getrennt-ge- schlechtliche durch Arbeitsteilung hervorgegangen ist, d. h. welche besondere Qualitaten die Keimzellen erhalten muften, damit aus ihnen statt hermaphroditischer Individuen eingeschlechtliche ent- standen. Offenbar sind hier von vornherein wieder drei Hauptfille denkbar. Entweder konnten die Anlagen zu den beiden Ge- schlechtern oder, um mit WEISMANN zu reden, die Eierstock- und Hodendeterminanten so auf die Keimzellen verteilt werden, da’ sowohl Eizellen als Samenzellen bald Eierstock-, bald Hodendeterminanten erhielten, oder so, da die Eizellen nur die Anlage zum weiblichen, die Samenzellen nur die zum mannlichen Geschlecht tibernahmen, oder endlich so, daf die Eizellen ausschlieSlich nach der mann- lichen, die Samenzellen nach der weiblichen Richtung determiniert wurden. Im ersten Hauptfall wiirden wir viererlei Fortpflanzungs- zellen, namlich Weibcheneier, Manncheneier, Weibchen-Samenzellen und Mannchen-Samenzellen erhalten. Solange die Bestim- mungskraft aller vier Arten von Fortpflanzungs- zellen die gleiche ist, wird sich bei der wechelseitigen Ko- pulation in 25 Proz. Fallen eine rein minnliche, in 25 Proz. eine rein weibliche Determination ergeben, wahrend in 50 Proz. aller Falle die Wirkungen der beiden miteinander vereinigten Anlagen sich aufheben wiirden. Offenbar ist dieses Verhiiltnis zu ungiinstig, als daS man erwarten kénnte, daf dieser Fall in der Natur irgendwo realisiert ist. Dagegen ist anscheinend bei einer Reihe von Tieren, so bei Dinophilus, bei gewissen Radertieren und Pflanzenliusen (Phylloxera), der specielle Unterfall verwirklicht, daf nur die Kier als Weibchen- und Manncheneier determiniert 1) Bei den meisten héheren Formen, z. B. bei den Mollusken, ist wohl der Hermaphroditismus sekundir aus dem _ getrennt-ge- schlechtlichen Zustand hervorgegangen. Vergl. z B. A. Lane, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere, 2. Aufl, 1. Lief.: Mollusca (K. Hescueter), Jena 1900, p. 373. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 391 sind, wihrend die Samenzellen, wie es scheint, indifferent oder vielleicht hermaphroditisch sind. In einer eben erschienenen Schrift‘) vertritt auch Bearp auf Grund seiner Untersuchungen an Selachieren die Anschauung, daf bei den Metazoen urspriinglich vier Kategorien von Gameten existieren, und zwar zwei Arten von Eiern (Weibchen- und Mann- cheneier) und zwei Arten vom Samenzellen, von welchen letzteren jedoch nur eine funktionierend ist, wahrend die bei einer Reihe von Tierformen (Paludina, Pygaera, Cicada, Anuren) beobachtete zweite Form zu verschieden hohen Ausbildungsstufen, aber niemals zur Funktion gelangt. Die Geschlechtsbestimmung liegt nach BearD nur in den Fortpflanzungszellen des weiblichen Meta- zZOons. In den hier angefiihrten Fallen hatten wir also eine reine ovariale oder progame Geschlechtsbestimmung mit Spaltung der Anlagen vor uns, und man kann die Frage aufwerfen, ob wohl die morphologische Forschung Aussicht hat, in dieser Richtung weiterzukommen. Bereits RAUBER hat in seiner, an Anregungen reichen Schrift darauf hingewiesen, wie wichtig es ware, bei Dinophilus apatris oder einer geschlechtlich iiberein- stimmenden Species den genauen Verlauf der Teilungsvorginge zu kennen, die im Ovarium zur Bildung der mannlichen und weiblichen Kier fiihren. Rausper hat sogar den Dinophilus zum Gegenstande einer Preisarbeit gemacht und die Hoffnung ausge- sprochen, daf mehrfache und gute, mit allen Hilfsmitteln unter- nommene Untersuchungen sich damit beschaftigen werden”). Daf aus den Anfangsstadien der Gonadenbildung noch eine Menge von neuen kerngeschichtlichen Thatsachen herauszuheben sind, das zeigen die wenigen Untersuchungen, die sich bis jetzt eingehender mit diesen Phasen beschaftigt haben, und so ist zu hoffen, daf die Inangriifnahme dieses Gegenstandes bei méglichst verschieden- artigen Objekten uns, wenn auch nicht den direkten Anblick asym- metrischer Teilungen, so doch die Kenntnis von mancherlei Dingen verschaffen wird, welche in niherer Beziehung zur Geschlechtsbe- stimmungsfrage stehen. Fiir den zweiten Hauptfall, in welchem die Eizellen nur die Anlagen zum weiblichen, die Samenzellen nur die zum mannlichen 1) J. Bearp, The determination of sex in animal development. Anat. Anz., Bd, XX, 1902. 2) Ravper, 1. c. p. 213. 392 Valentin Hacker, Geschlecht enthalten, lassen sich aus der Tierwelt keine Beispiele angeben. Dagegen weisen auf den dritten Hauptfall, in welchem die Fortpflanzungszellen in reciproker Weise in erster Linie die Anlagen zum entgegengesetzten Geschlecht in sich schliefen, eine ganze Reihe von Beobachtungen hin. Die bekannten Verhaltnisse bei den Bienen, Wespen und Blattwespen, denen sich unter gewissen Einschrankungen die Be- obachtungen bei den Cladoceren anschliefen lassen, weisen darauf hin, daf bei diesen Formen das unbefruchtete Ei die Tendenz hat, sich zu einem mannlichen Tiere zu entwickeln, und daf die weib- lichen Tendenzen im grofen ganzen erst durch die Befruchtung ein- gefiihrt werden. Auch Dtsin@ ist bei seinen, bis jetzt unerreichten, zu einem grofen Teil auf statistischem Material beruhenden Unter- suchungen im wesentlichen zu dem Resultat gekommen, daf bei Haustieren und Menschen im allgemeinen jedes Geschlecht dahin strebt, das andere hervorzubringen, wenn auch allerdings fiir die Fortpflanzungszellen ein im Laufe ihrer Entwickelung sich voll- ziehender Wechsel der Tendenz anzunehmen ist. Es sei hier nur auf die haufig in typischer Weise hervortretende Erscheinung hin- gewiesen, daf bei physisch sehr ungleichen Eltern die Nach- kommenschaft zum Geschlecht des schwacheren Teiles hinneigt. Wenn also im allgemeinen die einzelne Fortpflanzungszelle die ihrem Trager entgegengesetzten Tendenzen enthalt, so wird das Geschlecht des Nachkommen erst durch die Befruchtung und die dabei sich geltend machende Konkurrenz der beiden Geschlechts- kerne bestimmt. ,Im Augenblick der Befruchtung entscheidet sich der Sieg fiir das stairkere Geschlecht, ohne daf wir verstehen, worauf diese Starke und damit der Sieg beruhe“ [K Eps ')}. Im Hinblick auf die weit verbreitete Erscheinung, da’ die ur- spriinglich miteinander verbundenen Qualitaéten und Lebensleistun- gen eines Organismus durch Arbeitsteilung auf zwei alternierende Generationen verteilt werden, kénnen wir auch sagen, daf bei der- artigen amphigon sich fortpflanzenden Tieren ein Generationswechsel der Geschlechter besteht, indem das mannliche Geschlecht das weibliche und umgekehrt das weibliche das minnliche erzeugt, ein Gedanke, den ich auch in dem Buche des Physikers ZEHNDER ?) wiedergefunden habe. Bei jedem Befruchtungsakt kreuzen sich 1) Citiert bei Raussr, 1. c. p. 109. 2) L. Zeunper, Die Entstehung des Lebens, Teil Il, Tubingen L900; p. 153; Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 393 also zwei Linien des Generationswechsels, und es kommt darauf an, welche Tendenz in der Konkurrenz den Sieg behalt. Specielle Anpassungen kénnen das Bild des reinen Generations- wechsels stéren. Wie z. B. beim Generationswechsel der Trematoden zwischen zwei geschlechtlichen Generationen mehrere ungeschlecht- liche eingeschaltet werden, die sich in steigendem Male der Organisationsstufe der Geschlechtstiere nihern, so werden auch bei dem Wechsel der Geschlechter in Anpassung an besondere Bedingungen Wiederholungen und Uebergangsformen auftreten kénnen, so daf§ Verhaltnisse zu stande kommen, denen wir z. B. bei den Cladoceren begegnen. Der dritte Hauptfall stellt also die syngame Geschlechts- bestimmung mit generationsweisem Wechsel der Geschlechter dar, und wir werden uns auch hier fragen, ob die zellgeschichtliche und die auf ihr aufbauende experimentelle Me- thode der Biologie und der Statistik zu Hilfe kommen kénnen. Ich glaube, da8 gerade in dieser Richtung Untersuchungen, die sich auf ahnlichem Gebiete, wie die vorliegende, bewegen, eine Foérderung unserer Kenntnisse versprechen und die Méglichkeit exakter experimenteller Forschung anzubahnen geeignet sind. Sie werden zunachst dazu fiihren kénnen, in noch vollkommnerer Weise, als es mir bisher durch Aetherisierung des Cyclops-Eies gegliickt ist, innerhalb der Grenzen der Entwickelungsfahigkeit des Kies die raumliche Trennung der Kernteile zu beeinflussen und die vor- handenen physiologischen Ungleichheiten derselben starker hervor- treten zu lassen. Durch derartige Untersuchungen wird auch die Lésung einer weiteren, hierher gehérigen Frage niher gertickt werden kénnen, der Frage, inwieweit es eine Beeinflussung des Geschlechts nach erfolgter Befruchtung, also eine epigame Geschlechtsbe- stimmung, giebt. Gerade in dieser Hinsicht gehen die Mei- nungen bekanntlich am weitesten auseinander. Eine morphologische Thatsache, nimlich die, dafS beim Menschen identische Zwillinge mit gemeinsamen Eihauten und Doppelmifbildungen stets einerlei Geschlecht besitzen, scheint allerdings entschieden gegen die Még- lichkeit der epigamen Geschlechtsbestimmung zu sprechen*), aber andererseits glaube ich doch gerade vom morphologischen Stand- punkte aus, in Uebereinstimmung mit RauBer, die Moglichkeit nicht bestreiten zu diirfen, da’ bei anderen Organismen ein progam 1) Vergl. Weismann, Vortrage, Bd. II, p. 51. Bd. XXXVIL N. F. XXX. 26 304 Valentin Hacker, oder syngam bestimmtes Ei durch Verschiedenheit der Ernahrung in ein anderes Geschlecht tibergefitihrt werden kénne. Es wurde in den bisherigen Erérterungen der Einfachheit halber zunaichst von der Annahme ausgegangen, daf der Kern der einzelnen Fortpflanzungszelle hinsichtlich der Vererbungserschei- nungen und speciell hinsichtlich der Geschlechtsbestimmung eine Einheit darstelle, und es wurde von diesem Standpunkte aus unternommen, die bisher ermittelten Thatsachen zu gruppieren und unsere zellgeschichtlichen Vorstellungen mit denselben in Einklang zu bringen. Damit habe ich mich aber in einen bewuSten Gegen- satz zu einigen neueren Ergebnissen und gerade zu denjenigen der vorliegenden Arbeit gestellt, und es ist daher noétig, auf dieselben mit einigen Worten zuriickzukommen. Die von WEISMANN entwickelte Anschauung, daf der Kern in vererbungsmechanischer Hinsicht eine aus mehreren selbstandigen Vererbungstrigern, den Idanten, zusammengesetzte Vielheit dar- stelle, hat neuerdings einen festeren Boden gewonnen. Meine eigenen Untersuchungen haben mich zu der Auffassung gefiihrt, daf8 der Furchungskern ein Compositum aus mehreren, den ein- zelnen Chromosomen entsprechenden Teilblischen darstellt, und haben cezeigt, daB jedenfalls die Keimbahnkerne den gonomeren Zustand bis zur Reifungsperiode beibehalten und daf die Gonomeren in gvewissen Perioden sogar auferlich wahrnehmbare Verschieden- heiten ihres Zustandes aufweisen. In einer eben erschienenen Schrift!) ist nun auch Bovert beztiglich des Echinus-Eies zu dem Schlusse gelangt, daB die einzelnen Chromosomen ver schiedene Qualitaten besitzen miissen. Bovert’s Er- gebnisse weichen allerdings insofern von der WEISMANN’schen An- schauung ab, als nach Boveri nicht jedes Chromosom samtliche Qualitéten enthalt, sondern die letzteren auf die verschiedenen Chromosomen verteilt sind. Die Chromosomen wiirden also da- nach nicht etwa blof individuell verschiedene Gebilde im Sinne WEISMANN’S, sondern essentiell ungleichwertige Elemente sein. Indem wir diesen Erweiterungen unserer Kenntnisse und Vorstellungen Rechnung tragen, werden wir es als méglich be- zeichnen miissen, daf nicht simtliche Idanten, Teilblaschen oder Chromosomen eines und desselben Kernes in Bezug auf die Be- 2 1) Th. Bovert, Ueber mehrpolige Mitosen als Mittel zur Analyse des Zellkernes. Verh. Phys.-med. Ges. Wiirzb., N. F. Bd. XXXV, 1902. Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 395 stimmung des Geschlechtes in einer Richtung wirksam sind, sondern daf’ es im Kern minnliche und weibliche Untereinheiten giebt und da jeweils die Majoritit derselben ausschlaggebend ist. Es wiirde verlockend sein, von hier aus verschiedene Erscheinungen, z. B. das bei den verschiedenen Tieren so ungleiche und vielfach wechselnde Sexualverhaltnis, das Auftreten ununterbrochener Parthenogenesis (Cypris, Rhodites) u. s. w. niher zu betrachten, indessen glaube ich mich vorlaiufig mit dem Hinweis auf die még- lichen Konsequenzen der gezogenen Folgerungen begniigen zu mtssen. Manches, was in diesem Kapitel ausgesprochen worden ist, wird vielleicht dem Leser als allzuweit gehend erscheinen. Man wird vielleicht die Heranziehung der Geschlechtsbestimmungsfrage tiberhaupt als unangebracht bezeichnen und andererseits eine er- schépfende Beriicksichtigung der Litteratur vermissen. Ich glaubte jedoch, angesichts der grofen Zahl von Forschern, welche mit den intimen Vorgingen in den Fortpflanzungszellen beschaftigt sind, da8 der Versuch, auch dieses Gebiet in den Kreis der Aufmerk- samkeit hereinzuziehen, nicht ganz aussichtslos ist und vielleicht da und dort Friichte tragen wird. 26% 396 Valentin Hacker, Tafelerklirung. In den Fig. 1—26 sind die zur Keimbahn gehérigen Zellen in rotem Ton gehalten. D. d. == Diaptomus denticornis. H. s. == Heterocope saliens. D. 1. = Diaptomus laciniatus. C. b. == Cyclops brevicornis. Matelex VIL. Fig. 1. D. d. Stadium I—II. Idiomerie der Tochterkerne. Kérnchenabscheidung in der somatischen Zelle. Zwischen den beiden Zellen der zweite Richtungskorper. Fig. 2. D. d. Stadium II—IV. In der Zelle rechts unten Koérnchenabscheidung. Fig. 8. D.d. Stadium II—IV. Beginnende Tetraéderstellung. Idiomerie der Tochterkerne. Kérnchenabscheidung in der Schwester- zelle der Keimbahnzelle. Im Eicentrum der zweite Richtungs- korper. Fig. 4. D.d. Stadium IV—VIII. Die Keimbahnzelle ist in der Teilung um einen Schritt zuriick hinter den iibrigen Zellen (Phasendifferenz). Kérnchenabscheidung in der somatischen Toch- terzelle. Fig. 5. D.d. Stadium XVI—XXXII. Ektosomale Abschei- dungen an einem Pole des Keimbahnkerns. Fig. 6. D. d. Stadium XVI—XXXII. a, b, ¢ aufeinander folgende Phasen in der Anordnung der Nukleolen. Fig. 7. D. d. Stadium (XXX + A -+ B) — (LX + A + B). A Stammzelle, B Schwesterzelle der Stammzelle mit reichlicher, dem Kern angelagerter ektosomaler Substanz. Die Blastodermkerne zeigen den sechsten Teilungsschritt. Die Dyaster links und rechts zeigen den gonomeren, die Tochterkerne oben den idiomeren Zustand. Fig. 8. D. d. Stadium (XXX + A -+ B) — (LX + A- B). Bezeichnungen wie vorher. Die sechste Teilung der Blastodermkerne ist nahezu abgelaufen. Oben Gonomerie der Tochterkerne. Fig. 9. D. d. Stadium (LX + A + B). Die Stammzelle (A) tritt in die zum sechsten Teilungsschritt gehdrige Mitose ein, be- ginnt sich abzurunden und die in die Furchungshéhle hervorragende Kuppe (Fig. 7 und 8) zuriickzuziehen. Fig. 10. D. d. Stadium (LX + A+ B). Die Stammzelle (A) ist in die Phase der Diakinese eingetreten. Fig. 11. D. d. Stadium (CXXVIII—CCLVI). Die achte Teilung ist im Ablauf begriffen. Nur die grofkernigen Entoderm- Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 397 zellen (#) machen noch keine Anstalt zur Teilung. Im Centrum des Hies die primaire Urgenitalzelle (rot). Dm Dottermembran, Ch, erste Chitinkapsel. Fig. 12. D.d. Die Blastodermkerne haben grofenteils den neunten, die Entodermkerne den achten Teilungsschritt vollendet. Die primare Urgenitalzelle hat sich in die beiden sekundiaren Urgenitalzellen (rot) geteilt. Dm Dottermembran, Ch,, Ch. erste, zweite Chitinkapsel. Mahe ox LET. Fig. 13. D. d. Die Urgenitalzellen (rot) und die sich teilenden Entodermzellen sind ins Innere der Furchungshéhle geschoben. Vom Blastoporus aus stiilpen sich zahlreiche kleinzellige Elemente ein. Fig. 14. D.d. Dauerstadium des Diaptomus-Lies. Beide Chitinkapseln und eine innerhalb derselben gelegene zarte Membran haben sich vom Hi abgehoben. Die Blastodermkerne sind nach innen geriickt. Im Innern des Eies liegen die eine kompakte Masse bildenden entodermalen und genitalen Elemente. Fig. 15. D. 1. Medianschnitt durch eine Larve mit 3 Schwimmfuhpaaren. m Magen, h Herz, g Gonadenanlage im Drei- zellenstadium. Fig. 16. D. 1. Querschnitt durch eine Larve mit 2 Schwimm- fufpaaren. Zwischen Herz und Darm die beiden sekundiren Ur- genitalzellen. Fig. 17. D. d. Zwei Schnitte durch die zweizellige Gonaden- anlage. Fig. 18. D.1. Zwei Schnitte durch die dreizellige Gonaden- anlage. Fig. 19. D.1. Frontalschnitt durch die dreizellige Anlage. Fig. 20. D. 1. Zwei Schnitte durch die zwélfzellige Gonaden- anlage. Fig. 21. D.1. Drei Querschnitte durch eine junge Hoden- anlage. hf Herz, sl Samenleiter. Fig. 22. D. 1. Frontalschnitt durch eine etwas altere Hoden- anlage. si blasen- oder trichterformig erweiterter Anfangsabschnitt des Samenleiters, /h Leibeshdhle. Fig. 23. H.s. lLangsschnitt durch den Hoden eines jungen Mannchens. fz Keimzone (dk Doppelkniuel), wz Wachstumszone (syn Synapsis, diak Diakinese) rz Reifungszone, vg Verwandlungs- zone (sp eben gebildete, sp‘ iltere Spermazellen). Fig. 24. H. s. Zwei Schnitte durch den Anfangsteil der Verwandlungszone des Hodens. Datel X EX. Fig. 25. D. 1. Teil einer ganz jungen Ovarialanlage. Fig. 26. D. 1. Frontalschnitt durch ein junges Ovarium. kb Keimbliaschen. 398 Valentin Hacker, Fig. 27. D.d. Idiomerenkranz aus dem Furchungsstadium II—IV. Fig. 28—29. D.d. Polansicht der Asteren des Stadiums IV bis VIII. Die 32 Chromosomen lassen sich durch einen Durchmesser ohne Rest in zwei Gruppen von 16 teilen. Fig. 30. C.b. Central gelegene ,provisorische Teilungs- figur“ im Oviduktei. Gegeniiberstellung der Vierergruppen. a Seitenansicht, b Polansicht der einen Gruppe von Vierergruppen. Auger den Vierergruppen findet sich noch ein Doppelpiinktchen unbekannter Herkunft. Fig. 31. ©. b. ,Sekundares Keimblaschen“%. (Das von vielen Autoren als Metakinese beschriebene Stadium.) Gegen- iiberstellung der Vierergruppen. a Seitenansicht, b Polansicht. Fig. 32. C. b. Etwas alteres Stadium. Fig. 33—34. C. b. Umwandlung zur definitiven ersten Rich- tungsfigur. Fig. 35. C. b. Abschniirung des ersten Richtungskérpers. a Seitenansicht, b Querschnitt durch die Chromosomengruppen. Fig. 36. C. b. Paarung der Spalthalften. Fig. 37. C. b. Paarung der Spalthilften. Bildung X- und H-foérmiger Figuren. Fig. 38. C.b. Durchbruch der Spalthalften in der Mitte. Aus- wechslung der Einzelchromosomen. Martel XX: Fig. 39. C. b. Zweite Richtungsspindel. Fig. 40. C. b. Metakinese der zweiten Richtungsspindel. Fig. 41. C. b. Dyaster der zweiten Richtungsspindel und erster Richtungskérper (rk,). a Seitenansicht, b Querschnitt durch die Chromosomengruppen. Fig. 42. C. b. Stadium I—II. Aster in Polansicht. Fig. 43. C. b. Stadium I—II. Querschnitt durch eine Gruppe von Tochterchromosomen. Fig. 44. Cornea einer Siredon-Larve. LEinstellung auf die obere Zellenschicht mit ihren kleineren dunkleren Kernen und Zellgrenzen. Die grofen blassen Kerne der unteren Schicht sind als durchschimmernd zu denken. Rechts unten ein zwischen beiden Zellschichten sich durchdrangender und einen Kern furchender Leukocyt. In der Mitte ein Spirem mit Andeutung der Gonomerie (zur unteren Schicht gehorig). ; Schicksal der elterlichen und grofelterlichen Kernanteile. 399 ¥ ‘ ma ' 7 ; Inhalt. Seite 1. Kapitel. Biologische Vorbemerkungen . 298 Subglacialer Charakter und F ortpflanzungscyklus der limnetischen Copepoden des Titisees. 2. Kapitel. Zur ee boc Ontos der Co- pepoden. . . 802 Ueber die Bildung — von Dauereiern bei. Diaptomus. Histologische Differenzierung der Keimbahnzellen. 3. Kapitel Die Autonomie der Kernhalften wah- neud der Hurchune und Gastrulation ~ . 93h Befunde bei Diaptomus, Cyclops und Crepidula. 4, Kapitel Die Autonomie der Kernhilften bis zur Bildane der Keimmutterzellen . . . 9; 2 . 321 Befunde bei Diaptomus und Heterocope. 5. Kapitel Das Verhalten der elterlichen Kern- bestandteile wahrend der Reifungsteilungen 329 Befunde bei Cyclops brevicornis. 6. Kapitel. Ueber die Verbreitung des gonomeren Kernzustandes im Tier- und Pflanzenreich 348 Kriterien des gonomeren Zustandes. Conjugaten. Fucus. Gefabkryptogamen. Gymnospermen. Angiospermen. | Plathelminthen. | Ascaris. | Anneliden. Echinodermen. Arthropoden. Mollusken. Tunicaten. Selachier. Amphibien. Saéuger (Mensch). Riickblick. Kernsekret-Theorie und Nukleinspeicher- Theorie. 400 Val. Hacker, Elterliche und grofelterliche Kernanteile. Seite 7. Kapitel Allgemeiner Tei]. . . . . |) eee Wesen der Befruchtung. Konkurrenz der Kernhalften. Gemischte Vererbung. Mischung der grobelterlichen Elemente. Affinitat der Chromosomen. Individualitat der Chromosomen und morphologische Organisation der Kerne. Geschlechtsbestimmung. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2400 — Verlag von Gustav Fischer in Jena. Handbuch der_versleichenden und _experimentellen_Ent- wickelungslehre der Wirbeltiere. Bearbeitet von Professor Dr. BARFURTH in Rostock, Professor Dr. BRAUS in Heidelberg, Privatdocent Dr. BUHLER, Ziirich, Professor Dr. Rup. BurckHARDT, Basel, Professor Dr, FELIX, Ziirich, Professor Dr, FLEMMING, Kiel, Professor Dr, Froriep, Tiibingen, Professor Dr. GAupP, Freiburg i. Br., Professor Dr. GoEPPERT, Heidelberg, Professor Dr, Oscar HERTWIG, Berlin, Professor Dr. RicHARD HERTWIG, Miinchen, Professor Dr. Hocu- STETTER, Innsbruck, Professor Dr. F, KrErBeL, Freiburg i, Br., Privatdocent Dr. Rup, KRAUSE, Berlin, Professor Dr. WiLH. Krause, Berlin, Prof. Dr. v. KUPFFER, Miinchen, Professor Dr, MAURER, Jena, Professor Dr. MoLLieR, Miinchen, Privatdocent Dr. PETER, Breslau, Dr. H. Pott, Berlin, Professor Dr, RosenBERG, Utrecht, Professor Dr, RUcKERT, Miinchen, Professor Dr, ScHAUINSLAND, Bremen, Professor Dr, STRAHL, Giessen, Professor Dr. WALDEYER, Berlin, Professor Dr. ZIEHEN, Utrecht. Herause vegeben von Dr, Oscar Hertwig, o. 6. Professor, Direktor des anatom.-biol, Ine stituts in Berlin. Vollstaéndig in etwa 20 Lieferungen zu 4 Mark 50 Pf., die in rascher Folge erscheinen sollen. Bisher erschienen Lieferung 1—8. Korschelt, E., Prof. in Marburg und Heider, K., Prof. in Innsbruck, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Tiere. Allgemeiner Teil. Erste Lieferung. Erste und zweite Auflage. Mit 318 extabbildungen, 1902. Preis: 14 Mark, 28 aa herausgegeben von Kurzes Lehrbuch der Gynikologie, Ga xeismea ret Prof. Dr. Kiistner in Breslau, bearbeitet von Prof, Bumm ii Basel, Prof, Dider- lein in Tiibingen, Prof, Gebhard in Berlin, Prof. von Rosthorn in Graz und dem Herausgeber. Mit 260 Abbildungen im Text, 1901. Preis: brosch, 6 Mark, elegant gebunden 7 Mark 50 Pf, Deutsche med. Wochenschrift v. 26./IX. 1901: Ein solehes Lehrbuch war thatsichlich ein Bediirfnis, Dass ein Buch, welches von fiinf Klinikern mit so hervorragenden Erfolgen als Schriftsteller, Lehrer und Praktiker bearbeitet und herausgegeben ist, allen Anforderungen entspricht, ist selbstver- stindlich, Sehr zweckmissig gerade fiir den Studenten sind die eingestreuten, kurz abgefassten Krankengeschichten. Die Ausstattung des Buches ist eine sehr gute, die Ab- bildungen vorziiglich, grossenteils original, der Preis ein sehr massiger, a) r ag oe Bearbeitet von Prof, Dr, Lehrbuch der inneren Medizin. *Gerisrat. "straseburg; Prof. Dr. Gumprecht, Weimar; Prof. Dr. W. His jun., Leipzig; Prof. Dr. Klemperer, Berlin; Prof. Dr. Kraus, Graz; Prof. Dr. Krehl, Greifswald; Prof, Dr. Matthes, Jena; Prof. Dr. v. Mering, Halle a.S.3; Prof. Dr. Minkowski, Kéln; Prof. Dr. Moritz, Miinchen; Prof. Dr. Miiller, Basel; Prof. Dr. Romberg, Marburg; Prof. Dr, Stern, Breslau; Prof. Dr. Vierordt, Heidelberg, herausgegeben von Prof, Dr. von Mering, Halle a. S. Mit 207 Abbildungen im Text. Preis; brosch, 12 Mark, gebunden 14 Mark. New-Yorker Medic, Monatsschrift. v, November 1901: Die einzelnen Abschbnitte sind klar und erschépfend behandelt, die Kinteilung des Gesamtstoffes ist eine sehr Ubersichtliche, wozu besonders der verscbiedenartige Druck bei- irapt. Die zahlreichen Abbildungen sind durchweg voraiiglich ausgefuhrt und erleichtern in hohem Grade das Verstanduis des Textes. Auch die sonstige Ausstattung von seiten des Veriegers ist als eme voraiigliche zu bezerchnen. = —~=—SOSOS*~C~C~S~*~“‘—S*S*S*S*S:S”S™S Das v. Mering’sche Lehrbuch der inneren Medicin ist ein vorztigliches Werk und daher sehr empiehlenswert; es wird ohne Zweifel in kurzester Zeit eine grosse Ausbreitung erlangen und sich viele Freunde erwerben. ——————————— von Lenhossék Dr. M., o. Prof. der Anatomie in Budapest, Das Problem ’ der geschlechtsbestimmenden Ursachen. 1902. Preis; 2 Mark. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: Daniel, Prof, d. Zoologie u. vergleichenden Anatomie a. d. k. Universitat Modena, Rosa, Die Progressive Reduktion der Variabilitit und ihre Be- zichungen zum Aussterben und zur Entstehung der Arten. ———— Im Hinverstindnis mit dem Verfasser aus dem Italienischen iibersetzt von Prof. Dr, Heinrich Bosshard, Ziirich. Preis: 2 Mark 50 Pf. Skutsch Dr. Felix, Professor an der Univers. Jena, Geburtshilfliche k 9 TOE ee Operationslehre. Mit 145 Abbildungen im Text. 1901. Preis: brosch. 8 Mark, geb. ¥ Mark. Verworn Max, Dr. med. et phil., 0. Professor der Physiologie an. der Universitat ) Gottingen, Allgemeine Physiologie. kin Grundriss der Lehre vom Leben. Dritte neu bearbeitete Auflage. Mit 295 Abbildungen. 1901. Preis: brosch. 15 Mark, gebunden 17 Mark. Soeben erschien: Die Biogenhypothese. Eine kritisch-experimentelle Studie iiber die Vor- 5 A Pp ginge in der lebendigen Substanz. Preis: 2 Mark 50 Pf. Soeben erschien: Weber, ™2*: Professor in Amsterdam, Der Indo-australische Archipel } und die Geschichte seiner Tierwelt. Nach einem Vortrag auf der Versammlung deutscher Naturtorscher uud Aerzte zu Karlsbad am 22, Sept. 1902 gehalten, in erweiterter Form herausgegeben. Mit einer Karte. Preis; 1 Mark. Weismann, Prof. August, Vortriige tiber Descendenztheorie, ge- halten an der Universitat Freiburg i, KB. Mit 3 ftarbigen Latein und 131 Textfiguren. 2 Binde. 1902. Preis: 20 Mark, elegant geb, 22 Mark 50 Pf. Inhalt: Allgemeine und historische Einleitung. — Das Privzip der Naturztichtung. — Die Farbungen der Tiere und ihre Beziehungen auf Selektionsvorginge. — Eigentliche Mimicry. — Schutzvorrichtungen bei Pflanzen. — Fleischfressende Pflanzen. — Die Instinkte der Tiere. —- Lebensgemeinschaften oder Symbiosen. — Die Entstehung der Blumen, — Sexuelle Selektion. — Intraselektion oder Histonalselektion. — Die Fort- pflanzung der Einzelligen. — Die Fortpflanzung durch Keimzellen. — Der Befruchtungs- vorgang bei Pflanzen und Einzelligen. — Die Keimplasmatheorie. — Regeneration, — Anteil der Eltern am Aufbau des Kindes. — Priifung der Hypothese einer Vererbung funktioneller Abinderungen. — Hinwiirfe gegen die Nichtvererbung funktioneller Ab- ainderungen. — Germinalselektion. — Biogenetisches Gesetz, — Allgemeine Bedeutung der Amphimixis, — Inzucht, Zwittertum, Parthenogenese und asexuelle Fortpflanzung und ihr Einfluss auf das Keimplasma, — Medium-Einfliisse,. — Wirkungen der Iso- lierung. — Bildung abgegrenzter Arten. — Artenentstehung und Artentod. — Ur- zeugung und Schluss. Soeben erschien: Vv. Wettstein, Dr, Richard, Professor an der Universitit Wien, Der Neo- Lamarckismus und seine Beziehungen zum Darwinismus. Vortrag gehalten in der-allgemeinen Sitzung der 74, Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad am 26. September 1902. Mit Anmerkungen und Zusatzen. Preis: 1 Mark. Ziegler Dr. Heinrich Ernst, Professor an der Universitit Jena, Ueber den ? derzeitigen Stand der Descendenzlehre in der Zo Zoologie. Vortrag gehalten in der gemeiuschaftlichen Sitzung der naturwissenschaftlichen Haupt- gruppe der 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg am 26. Sept. 1901, mit Anmerkungen und Zusatzen herausgegeben. 1902. Preis: 1M. 50 Pf. Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte der niederen Wirbeltiere in systematischer Reihbenfolge und mit Be- riicksichtigung der experimentellen Embryologie. Mit 327 Abbildungen im Text und einer farbigen Tafel, Preis: 10 Mark, geb. 11 Mark. =< Diesem Hefte ‘liegt ein Prospekt der Verlagsbuchhand- lung Gustav’Fischer in Jena, betr. ,.Lorenz, Kaiser Wilhelm und die Begriindung des Reichs“ bei, welcher geneigter Beachtung empfohlen wird. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohile) in Jena — 2400 i LL4a ey Jenaische Zeitschrift | fiir NATURWISSENSCHAPT | herausgegeben | von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Siebenunddreissigster Band. Neue Folge, Dreissigster Band. Drittes Heft. Mit’ 7 Tafeln und 31 Figuren im Text. Inhalt. BoVERI, MARCELLA, Ueber Mitosen bei einseitiger Chromosomenbindung. Hierzu Tafel “XXI—XXIII und 25 Figuren im Text. CUNNINGTON, WILLIAM A., Studien an einer Daphnide, Simocephalus sima. Beitrage zur Kenntnis des Centralnervensystems und der feineren Anatomie der Daphniden. Hierzu Tafel XXIV—XXVI und 6 Figuren im Text. BACHMETJEW, P., Biologische Analogien bei schwimmenden p-Nitrotoluol- Kiigelchen. MarcinowskI, K., Das. untere Schlundganglion von Distoma hepaticum. Hierzu Tafel *XXVIL. —t sich am proximalen Teil des Pharynx (Fig. I) eine grofe Anzahl on Zellen in ziemlich lockerer Anordnung. Die Zellen sind zum gréften Teil dem Anfangsteil des Pharynxnerven ein- und angelagert und dementsprechend an den seitlichen Pharynxwanden, vor allem an der Aufenflache des Protractor pharyngis am haufigsten. Weiter distalwarts (Fig. Il) nimmt ihre Anzahl ab. Sie finden sich nur noch vereinzelt, in unregelmafiger Anordnung. Erst an der Uebergangsstelle des Pharynx in den Oesophagus kommt es von neuem zu einer An- haufung von Ganglienzellen (Fig. III). Hier liegen sie dicht ge- dringt an der ganzen Peripherie. Aus dem Sagittalschnitt Fig. IV und dem schematischen Uebersichtsbild Fig. V sind diese Verhalt- nisse ebenfalls ersichtlich. Wenn man diesen beiden Ganglienbezirken tiberhaupt den Wert von Ganglien zuerkennen wollte, so kénnte man sie als Peripharyngeal- und Periésophagealganglion bezeichnen. Sie sind aber wohl zu wenig konzentriert und scharf umschrieben, um das zu rechtfertigen. Diese Ganglienbezirke stellen offenbar noch ein primitives Stadium dar, das einem diffusen Nervensystem wesentlich naher steht, als das Nervensystem solcher Formen, denen das lokale mo- torische Centrum am Pharynx fehlt und bei denen die den Pharynx innervierenden Zellen jedenfalls im Gehirn selbst liegen. Der Uebergang zu dieser letzteren Form ist vermutlich so erfolgt, daf sich die dem Pharynx aufen anliegenden Zellen ins Gehirn hinein verlagerten und zwar auf dem durch den Pharynxnerven gegebenen Weg. Das Verhalten des proximalen Ganglienbezirkes bei Dist. hepat. macht diese Idee sehr wahrscheinlich. Die Zellen liegen hier stellenweise dem Gehirn so nahe, daf in der That nicht viel fehlte, und ihre Einwanderung ins Gehirn ware vollendet. Der distale Ganglienbezirk ist hinsichtlich der Méachtigkeit seiner einzelnen Teile wechselnd, selten ventral oder dorsal ver- dickt, hiaufiger seitlich stirker entwickelt. Immer aber handelt es sich um einen ununterbrochenen Ganglienring. Von einer auch nur andeutungsweise vorhandenen Svunderung seiner ventralen er Das untere Schlundganglion von Distoma hepaticum. 5AG Partie ist nichts zu sehen. An den distalen Partien des Oeso- phagus sind vereinzelt der Wandung anliegende Ganglienzellen noch hiaufig. Ansammlungen von Ganglienzellen finden sich auch der Wandung der Mundhéhle angelagert, und da bei protrahiertem Pharynx der ventrale Teil der Mundhéhle in Form einer sack- artigen Einstiilpung unter den Pharynx zu liegen kommt, so ent- steht auf Quer- und Horizontajachnitten, die die Wand der Mund- héhle tangential treffen, das Bild einer unter dem Schlunde ge- legenen Ganglienmasse (Fig. II). Es ist aber wohl nicht anzu- nehmen, da8 Sommer durch dieses Bild getiuscht worden ist. Beschreibung und Zeichnung seines unteren Schlundganglions machen es viel wahrscheinlicher, daf es mit dem distalen Ganglion- bezirk des Pharynx identisch ist, und daf der Sommer’schen Dar- stellung Praparate von einem Tier zu Grunde lagen, bei dem die ventrale Verdickung des Ganglienringes, die ich, wie erwaéhbnt, gelegentlich auch sah, besonders ausgeprigt war, so daf die dorsalen und lateralen Elemente des Ringes im Verhaltnis hierzu so zuriicktraten oder zu Gunsten des ventralen Teiles so stark reduziert waren, dafS das Bild des Ringes verloren ging und sein ventraler Teil als, wenn auch wohl kaum scharf umschriebenes, so doch immerhin deutlich markiertes ventrales Ganglion erschien. Bei der grofen individuellen Schwankungsbreite in der Anordnung dieser Ganglienzellen ist ein solcher Fall jedenfalls denkbar. Was die seitliche Kommissur Sommer’s, den Pharynxnerven Lane’s anlangt, so entspringt er aus der ventralen Partie des Gehirns als ziemlich kraftiger Stamm, dessen Fasern aber zum erd8ten Teil schon an der proximalen Ganglienanhaufung enden. An Volumen reduziert, zieht der Nerv von hier aus weiter distal- wirts und erreicht den distalen Ganglienbezirk in dessen seitlichen Abschnitten, und zwar haufig der Dorsalseite des Pharynx ge- nihert. Fig. V giebt in schematischer Darstellung einen Ueberblick iiber diese Verhaltnisse. Von den Jateralen Teilen des Ganglienringes scheint auch in erster Linie die Innervation des Pharynx auszugehen. Regelmab’ig sieht man von hier aus einen Nervenast jederseits in den Pharynx eintreten, woselbst er nach vorn gerichtet verlauft und mit einem Fasergeflecht in Verbindung steht, dem die ,,groBen Zellen‘‘ des Pharynx, die Myoblasten BeTrenDorrF’s '), eingelagert sind. 1) Ueber Muskulatur u. Sinneszellen bei Trematoden, Rostock 1897. a! 36% 548 K. Marcinowski, Wie weit dieses Fasernetz (Fig. IV) von Nervenfasern, wie weit etwa von den Sarkoplasmafortsaétzen der Myoblasten selbst gebildet wird, ist schwer zu entscheiden. Auch Branpes') fand die Zellen in ein solches Fasergeflecht, wie er angiebt, ein Nervengeflecht, eingelagert, und zwar im Saugnapf von Gastrothylax, und zieht, vestiitzt auf diesen Befund, die Natur der Zellen als Myoblasten in Frage, indem er sich der alteren Ansicht zuneigt, daB es sich um periphere Ganglienzellen handle. Fir die grofen Zellen im Pharynx von Dist. hepat. ware eine solche Annahme jedenfalls unzulissig. Denn ich sah Zellen inmitten dieses Geflechtes liegen, deren Zusammenhang mit Muskelfasern zweifellos erkannt werden konnte. Faserziige, die ventral vom Pharynx die Medianlinie iiber- schreiten, sind nur in sehr geringer Anzahl] vorhanden und selten mit Sicherheit nachzuweisen. Soweit also eine ventrale Kom- missur, wie sie Havet ”) beschreibt, existiert, ist sie jedenfalls von untergeordneter Bedeutung, und den ganzen Pharynxnerven ein- schliefSlich dieser Kommissurfasern als unter dem Schlunde ver- laufende Kommissur zu bezeichnen, sicher nicht gerechtfertigt. Als Ergebnis meiner Untersuchung betrachte ich den Nach- weis, daS die Ganglienzellen, die bei Dist. hepat. das lokale motorische Centrum des Pharynx darstellen, weder hinsichtlich ihrer Lagebeziehung zum Pharynx, noch vor allem in Bezug auf ihr Innervationsgebiet dem unteren Schlundganglion der Anneliden vergleichbar sind. Was das Nervensystem anderer Trematoden anlangt, so stimmen die zahlreichen Untersuchungen, die dariiber vorliegen, mit einer noch zu erwahnenden Ausnahme darin tiberein, daf ein unteres Schlundganglion in ihnen nicht erwahnt ist, oder sein Fehlen sogar besonders betont wird. Hier sind vor allem die um- fangreichen Arbeiten von Looss*) zu nennen, der die meisten der von ihm beschriebenen Arten auch auf das Nervensystem hin untersuchte, ferner die Untersuchungen von TASCHENBERG ‘*), 1) Die Gattung Gastrothylax. Abhdl. Nat. Ges. Halle, Bd. XXT. 2) loc. cit. 3) a) Beitrage zur Kenntnis der Trematoden. ° Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XLI. — b) Neue Untersuchungen tiber Bau und Ent- wickelung d. Distomeenkérpers. Bibl. zool., Bd. XVI, Stuttgart 1894. —c) Recherches sur la Faune parasitaire de l’/Egypte, Leipzig 1894. 4) Weitere Beitrage zur Kenntnis ektoparasitischer Trematoden. Festschr. d. Naturf. Gesellsch. Halle, 1879. Das untere Schlundganglion von Distoma hepaticum. 549 Kersert!), GAFrRON 2), FiscHer?), Monter*), HECKERT °), CREUTZ- puRG *®), Linstow’), Leuckarr’),. Noack’), E. WALTER”), Knocu 11), OpHnerR 12), BurTEL-REEPEN") u. A. Diese Aufstellung — sie umfa’t Untersuchungen von etwa 50 verschiedenen Trema- todenarten — macht keinen Anspruch auf Ausftihrlichkeit. Thr Zweck ist nur, darzuthun, daf die Vermutung Ersie’s, es méchte sich auch bei anderen Trematoden das Sommer’sche Ganglion noch auffinden lassen, wohl kaum mehr begriindet ist. Zwei interessante Falle, wie das motorische Centrum des Pharynx auftreten kann, miissen noch beriicksichtigt werden. Der erste betrifft das von Looss beschriebene Dist. tereticolle. Er schreibt !*): ,Ich habe bei einigen der von mir studierten Arten (Dist. tereticolle, globiporum) eine sehr feine, unter dem Oeso- phagus hinziehende Verbindung der Cerebralganglien angetroffen. Es sind einige feine Fasern, die besonders bei dem gréferen Dist. tereticolle an dem tiefsten Punkt ihres Verlaufes einige angelagerte Ganglienzellen zeigen; den Eindruck eines specifischen Ganglions machen diese Elemente aber nicht.“ In der Abbildung, die Looss 1) Beitrag zur Kenntnis der Trematoden. Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. XTX, 1881. 2) Zum Nervensystem der Trematoden. Zool. Beitr., A. Scuner- pER, Bd. I, 1884. 3) Ueber den Bau von Opisthotrema cochleare. Zeitsch. f. wiss. Zool., Bd. XL, 1884. 4) Description du Distoma ingens etc. Bull. de la Soc. zool. de France, T. XI, 1886. 5) Untersuchungen tiber die Entw.- u. Lebensgeschichte von Dist. macrostomum. Bibl. zool., 1889. 6) Untersuchungen tiber die Entwickelung und den Bau von Distomum ovocaudatum, Dissert., Leipzig 1890. 7) Ueber den Bau und die Entwickelung des Dist. cylindraceum. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XXXVI, 1890. 8) Die Parasiten des Menschen und die von ihnen hervor- gerufenen Krankheiten, 2. Aufl, Bd. I, 2. Abt., 1886—1901. 9) Die Anatomie u. Histologie des Dist. clavigerum, Dissert., Rostock 1892. 10) Untersuchungen iiber den Bau der Trematoden. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LVI, 1893. 11) Topographie des Exkretionsapparates u. Nervensystems von Dist. lanceolatum, Dissert., Wiirzburg 1894. 12) Aporocotyle simplex, ein neuer Typus von ektoparasitischen Trematoden. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. XXVII, p. 62. 13) Zwei grofe Distomeen. Zool. Anz., Bd. XXIII, p. 585. 14) Neue Untersuchungen iiber Bau und Entwickelung des Distomeenkérpers. Bibl. zool., Bd. VI, p. 151, Stuttgart 1894. 550 Marcinowski, Unteres Schlundganglion y. Dist. hepaticum. giebt, liegen die Ganglienzellen an der Grenze von Pharynx und Oesophagus, und zwar zu beiden Seiten des letzteren. Dasselbe Bild erhielt auch ich bei der Untersuchung lebender Tiere. Ge- naueres tiber die Verteilung der Zellen zu ermitteln, war mir leider nicht méglich. Zwar erkennt man auf Schnitten am ganzen Umfang des Oesophagus Zellansammlungen. Zum grofen Teil handelt es sich aber wohl um Driisenzellen, und die sichere Deutung der einzelnen Elemente ist mir nicht tiberail gelungen. Ueber das Innervationsgebiet der in der ,,Kommissur“ liegenden Zellen giebt Looss nichts Genaueres an, halt es aber fiir wahr- scheinlich, daf sie ihre Fortsitze an den Pharynx und Oesophagus schicken. So unvollstandig diese Angaben auch sind, so viel scheint mir mit Sicherheit aus ihnen hervorzugehen, daf die von Looss erwihnten Zellen sich dem distalen Ganglienbezirk von Dist. hepat. vergleichen lassen, dafi seine Kommissur dem Pharynx- nerven entspricht, dafi ferner bei Dist. tereticolle ebensowenig wie bei Dist. hepat. von einem wohlumschriebenen Ganglion die Rede sein kann, und daf die Ganglienzellen im einen wie im anderen Falle nicht auf die Ventralseite des Pharynx beschrankt sind. Der einfachste Fall solchen Pharynxnervensystems findet sich wohl nach BerrenporF’s!) Darstellung bei einem Cercariaeum. ,Ganz konstant fand ich in die beiden Pharynxnerven kurz vor ihrem Eintritt in den Pharynx je eine Ganglienzelle eingelagert. Vielleicht sind diese identisch mit dem von Sommer bei Dist. hepat. beschriebenen ,unteren Schlundganglion‘, welches er durch seitliche Kommissuren (meine Pharynxnerven) mit den beiden Hirnganglien in Verbindung treten laBt.“ SchlieSlich habe ich noch zu erwihnen, daf Linstow?) bei Phylline Hendorffi, einer Tristome, ein ,,hinter dem Schlunde ge- legenes Ganglion‘ beschrieben hat. Phylline Hendorffi war mir leider fiir eine Nachuntersuchung nicht zuganglich. Das diesem sehr nahe stehende Tristomum molae hat aber jedenfalls nach Lane@*) kein unteres Schlundganglion, und auch ich konnte an Exemplaren dieser Art, die mir Herr Prof. Lane freundlichst zur Verfiigung stellte, weder von diesem Ganglion, noch auch von einer diffusen Anhaufung von Ganglienzelien in der Gegend des Pharynx etwas sehen. 1) Ueber Muskulatur u. Sinneszellen bei Trematoden, Dissert., Rostock 1897. 2) Arch. f. mikr. Anat., Bd. XX XTII, 1889. 3) Mitt. a. d. zool. Stat. Neapel, 1880. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2429 Verlag von Gustav Fischer in Jena. if dio Dr. Franz, emerit. Prof, Horae Zoologicae. Zur vaterlindischen eydig, ; pele Naturkunde, Erganzende sachliche und geschichtliehe Bemerkungen, 1902. Preis: 6 Mark. ; Aus dem Inhalt: Absehnitt I. Landschaft. — Vegetation. Tauberhdhe, Taubergrund, Mainthal, Saalethal ete. (S. 1—61). Absehnitt II. Tiere. — Vor- kommen, Bau und Leben. Sporozoen, Flagellaten bis Vogel, Siiugetiere (S. 62—208). Beilagen: Zur Veriinderung des Hinzelwesens, Zur Verinderung der Fauna, Riickgang der Tierbevélkerung. Zur Abstammungslehre (S. 209—222). Abschnitt III. Geschicht- liches. Linné, Rothenburg o. T., Windsheim ete. (S. 223—273). — Verzeichnis der jitterarischen Verdffentlichungen des Verfassers. Mach Dr, E,, em. Professor an der Universitat Wien, Die Analyse der Em- ’ pfindungen und das Verhiltnis des Physischen zum Psychischen. Mit 36 Ab- bildungev. Vierte vermehrte Auflage, 1903. Preis: brosch, 5 Mark, geb. 6 Mark. Riedel Prof. Dr. B., Direktor der chirurgischen Klinik zu Jena, Die Patho- ? genese, Diagnose und Behandlung des Gallenstein- leidens. Mit 27 Abbildungen. Erweiterter Abdruck aus dem ,Ulandbuch | der ‘Therapie innerer Krankheiten‘‘ herausgegeben von Penzoldt und Stintzing, 1903, Preis: 3 Mark 60 Pf. Daniel, Prof. d. Zoologie u. vergleichenden Anatomie a. d. k. Universitit Modena, Rosa, Die Progressive Reduktion der Variabilitit und ihre Be- zichungen zum Aussterben und zur Kntstehung der Arten. dm timversiauduis mit dei Verlasser aus dem Ltalienischen iibersetzt von Prof. Di. Heinrich Bosshard, Ziirich. 1902. Preis: 2 Mark 50 Pf. Schneider Dr. Karl Camillo, Privatdozent an der Universitit Wien, Lehr- ? puch der vergleichenden Histologie der Tiere. Mit 691 Abbildunyen im lext, Preis: z4 Mark. Schulz Dr. Fr. N., a. 0. Prof. an d Universitit Jena, Studien zur Chemie ? der Eiweissstoffe. zweites Heft: Die Grosse des Eiweiss- molekiils. 1903. Preis: z Mark 50 Pf, Skutseh Dr. Felix, Professor an der Univers. Jena, Geburtshilfliche 4 Operationslehre. mit 145 Abbildungen im Vext. 1901. Preis: brosch. 8 Mars, yeu. 9 Mark. “Deutsche med. Wochenschrift, 1001, No. 38: iss war elu direktes Bediirtnis, die leueren und neuesten Methoden nach Indikationen und Technik zusammenfassend und austfiihrlicher, als dies in einem Lehrbuch der gesamten Geburtshilfe méglich ist, behandelt zu sehen. Diese Aufgabe ist in Skutsch’s Werk in der dem Autor eigentiimlichen ruhigen, klaren und griindlichen Darstellungsweise erfolgreich gelost. Das durch Inhalt und Ausstattung gleich empfehlenswerte Werk sollte in der Bibliothek jeden Praktikers einen stiindigen Platz neben dem Lehrbuch der Geburtshilfe haben. Petter Dr. phil. Benjamin, Prof. an der fgl. fachf. tednifden Hochidule 3u Dresden. 4 + 2 Sannar 1893, Die moderne Weltanfdhauung und der Menfd). Geds djfentlide Bortrage. Wit ermem Borwort von prof, Dr. erujt Harcel in Sena. Bierte Uuflage. 1903. Preis: brofdjiert 2 Mark, gebunden 2 Niavt 50 fj. Vogt, Oskar, Neurobiologische Arbeiten. Erste Serie: Beitriige zur 5 Hirnfaserlehre, Ersic: Para aus vollstaéndig, 1. Lieferung des Textes: Inhalt: I. Cécile und Oskar Vogt, Zur Erforschung der Hirnfaserung, Mit 60 Lichtdrucktafeln und 25 Figuren im Text. Text und Atlas. — II, Cécile und Oskar Vogt, Die Markreifung des Kindergehirns wihrend der ersten vier Lebens- monate und ihre methodologische Bedeutung. Mit 115 Tafeln, 1902. Preis: cart. 80 Mark. Verlag von Gustav Fischer in Jena. W alther Dr. Joh., Professor an d. Universitit Jena, Geologische Heimats- ) kunde von Thiiringen. Zweite vermehrte Auflage, Mit 120 Leitfossilien in 142 Figuren und 16 Text-Profilen. Preis: brosch, 3 Mark, geb. 3 Mark 50 Pf. Weber Max, Professor in Amsterdam, Der Indo-australisehe Arehipel und die Geschichte seiner Tierwelt. Nach einem Vortrag auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Karlsbad am 22. Sept. 1902 gehalten, in erweiterter Form herausgegeben. Mit einer Karte, Preis: 1 Mark. Weismann, Prof. August, Vortriige tiber Descendenztheorie, ge- halten an der Universitat Freiburg i. Bb. Mit 3 farbigen ‘Tafeln und 131 Textfiguren. 2 Binde. 1902. Preis: 20 Mark, elegant geb. 22 Mark 50 Pf. Inhalt: Allgemeine und historische Einleitung. — Das Prinzip der Naturziichtung. — Die Farbungen der Tiere und ihre Beziehungen auf Selektionsvorginge. — Eigentliche Mimicry. — Schutzvorrichtungen bei Pflanzen. — Fleischfressende Pflanzen. — Die Instinkte der Tiere. — Lebensgemeinschaften oder Symbiosen. — Die Entstehung der ‘Blumen, — Sexuelle Selektion. — Intraselektion oder Histonalselektion. — Die Fort- pflanzung der Einzelligen. — Die Fortpflanzung durch Keimzellen. — Der Befruchtungs- vorgang bei Pflanzen und Hinzelligen. — Die Keimplasmatheorie. — Regeneration. — Anteil der Eltern am Aufbau des Kindes. — Priifung der Hypothese einer Vererbung funktioneller Abaénderungen,. — EHinwiirfe gegen die Nichtvererbung funktioneller Ab- ainderungen. — Germinalselektion. — Biogenetisches Gesetz, — Allgemeine Bedeutung der Amphimixis, — Inzucht, Zwittertum, Parthenogenese und asexuelle Fortpflanzung und ihr Hinfluss auf das Keimplasma, — Medium-Einfliisse, — Wirkungen der Iso- lierung. — Bildung abgegrenzter Arten, — Artenentstehung und Artentod. — Ur- zeugung und Schluss. V Wettstein, Dr, Richard, Professor an der Universitit Wien, Der Neo- Lamarekismus und seine Beziehungen zum Darwinismus. Vortrag gehalten in der allgemeinen Sitzung der 74, Versamm- jung deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad am 26, September 1902. Mit Anmerkungen und Zusatzen. Preis: 1 Mark. . = Dr. Robert, o. 6. Prof. der Anatomie und vergleich, Anatomie Wiedersheim, Direktor des anatom. Instituts der Universitat Freiburg i. Br., Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. Fir Studierende bearbeitet. Fiinfte, vielfach umgearbeitete und stark vermehrte Auflage des »Grundriss der vergl. Anatomie der Wirbeltiere**. Mit 1 lithograph, Tafel und 379 Textabbildungen in 711 Einzeldarstellungen, 1902. Preis: 16 Mark, geb, 18 Mark, “Ziecler Dr. Heinrich Ernst, Professor an der Universitit Jena, Ueber den = derzeitigen Stand der Descendenzlehre in der Zoologie. Vortrag gehalten im der gemeinschaftlichen Sitzung der naturwissenschaftlichen Haupt- gruppe der 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg am 26. Sept. 1901, mit Anmerkungen und Zusatzen herausgegeben. 1902. Preis: 1M. 50Pf. Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte der niederen Wirbeltiere in systematischer Reihenfolge und mit Be- riicksichtigung der experimentellen Embryologie. Mit 327 Abbildungen im Text und einer farbigen Tafel. Preis: 10 Mark, geb. 11 Mark, Ziehen, D* Th, Prof. in Utreeht, Leitfaden der Physiologischen Psychologie in 15 Vorlesungen. Mit 28 Abbildungen im Text. Sechste, teilweise umgearbeitete Auflage. Preis: 5 Mark, geb, 6 Mark. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena — 2429 he hg te Re Pe, Jenaische Zeitschrift fiir NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Siebenunddreissigster Band. Neue Folge, Dreissigster Band. Viertes Heft. Mit’6 Tafeln und 14 Figuren im Text. Inhalt. LAASER, PAUL, Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. Mit Tafel"XXVIII und 13 Figuren im Text. Lonsky, F., Beitrage zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Darm- rohres und des Urogenitalsystems von Hyrax. Mit Tafel”XXIX. NEUHAUS, CARL, Die pgstembryonale Entwickelung der Rhabditis nigro- venosa. Mit Tafel“XXX—XXXII und 1 Figur im Text. FISCHER, ERICH, Bau und Entwickelung des Carpus und Tarsus vom Hyrax. Mit Tafel”X XXIII. Jahresbericht der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena fiir eee Jahr 1902 erstattet von WILHELM BIEDERMANN, d. Z. I. Vor- sitzenden. GS SS SS eS SS . Preis: 14 Mark. “ Jena, Verlag von Gustav Fischer. £903. [ —|| Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 26. Marz 1903. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Auerbach Dr. Felix, Prof. an der Universitit Jena, Die Weltherrin und } re ihr Schatten. Ein Vortrag iiber Energie und Entropie. 1902. Preis: 1 Mark 20 Pf. Chemische Zeitschrift, II]. Jahrg. Nr. 1, vom 1, Oktober 1902: Es ist gewiss keine leichte Autgabe, einem Kreise von selbst sehr gebildeten Laion beiderlei Geschlechts ein derart abstraktes Thema, wie es die Lehre von der Erhaltung und Vernutzung der Energie ist, in wissenschaftlicher, aber doch leicht fasslicher und schmack- hafter Form vorzutragen. Dieser schwierigen Aufgabe jedenfalls sehr weitgehend gerecht zu werden, ist Auerbach in der Tat gelungen.... Dem mit dem Gegenstande Ver- trauten dagegen wird die Lektiire des durch einige Erweiterungen und Anmerkungen ver- vollstindigten Vortrages zweifellos einige genussreiche Stunden bereiten. Benedikt, Prof, Dr. M., Wien, Das biomechanische (neo-vitalistische) ? Denken in der Medizin und Biologie. 1902. Preis: 1 Mark 50 Pf. Chun carl, Aus den Tiefen des Weltmeeres. Schilderungen von der deutschen Vietsee-Expeditiou. Mit 6 Chromolithoyraphien, 8 Heliograviiren, 32 als Tafeln gedruckten Vollbildern und 482 Abbildungen im Text. Zweite umge- arbeitete Auflage. Preis: brosch. 18 Mark, elegant gebunden 20 Mark. Die Miinchener Neueste Nachrichten vom 11, Januar 1901 sagen iiber die 1. Auflage: Ueber das monumentale Werk selbst kénnen wir uns jetzt ganz Kurz tassen: es ist einer der vornehmsten und hervorragendsten Beitrige zur gemein-. verstindlichen Litteratur, ein glinzendes Zeugnis deutscher Forscher- tiichtigkeit, ein bleibendes wertvolles Denkmal einer ergebnisreichen Forschungsreise — ein wahres Prachtwerk fiir das deutsche Volk. Die Verlagsbuchhandlung hat sich durch die prachtvolle Ausstattung mit den zahllosen hochinteressantenIllustrationen ein ausserordentliches Verdienst erworben, Der Preis des Werkes erméglicht eine weite Verbreitung, die wir dem Chunschen Buche aufrichtig wiinschen. Detmer Dr, W., Professor an der Universitat Jena, Das kleine pfianzen- physiologische Praktikum. Anleitung zu pflanzen- physiologischen Kxperimenten, Fir Studierende und Lehrer der Natur- wissenschaften. Mit 163 Abbildungen. 1903. Preis: brosch, 5 Mark 50 PFf., geb. 6 Mark 50 Pf. von Firth, Dr. Otto, Privatdozent an der Universitat Strassburg i. E., Ver- gleichende chemische Physiologie der niederen Tiere. 1902. Preis: 16 Mark. Gartner, Dr. A., Prof. in Jena, Die Quellen in ihren Beziehungen zum Grundwasser und zum Typhus. Mit 22 Abbildungen und 12 lithographischen Karten. Preis; 10 Mark. Gesundheits-Ingenieur, Jahrg. 25, No. 14 (1902): In diesem Buche legt der um die Hygiene sehr verdiente, bekannte Verfasser seine Ansichten iiber den Unterschied zwischen Quellen- und Grundwasser nieder und beschreibt ferner einige Typhusepidemieen, welche aller Wabrscheinlichkeit nals durch Verseuchung von Quellwasser hervorgerufen worden sind. Es ist dankenswert anzuerkennen, dass der Verfasser den heohachtiten Thatsachen volle Geltung zu teil werden lasst.... Durch die originelle Schreibweise des Verfassers gewinnt das Buch nur an Reiz!.... Gumprecht, Dr. F., Professor in Weimar, Die Technik der speciellen Therapie. Ein Handbuch fiir die Praxis. Dritte umge- arbeitete Auflage. Mit 182 Abbildungen im Text. 1903. Preis: brosch. 8 Mark, geb. 9 Mark, Hacker Dr. Valentin, Professor an der Technischen Hochschule in Stuttgart, ) Ueber das Sehicksal der elterlichen und grosselter- lichen Kernanteile. Morphologische Beitrige zum Ausbau der Vererbungslehre, Mit 4 Tafeln und 16 Textfiguren, 1902, Preis: 4 Mark. Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. Von Dr. phil. Paul Laaser, Zahnarzt. (Aus dem zoologischen Institut der Universitat Jena.) Hierzu Tafel XXVIII und 13 Figuren im Text. Im Jahre 1874 verdffentlichte Oscar HEertwia seine Schrift » Ueber Bau und Entwickelung der Placoidschuppen und Zihne der Selachier“, welche fiir die Morphologie des Zahnsystems der Wirbeltiere von grundlegender Bedeutung ist und die ersten ge- nauen Beobachtungen tiber die Entwickelungsgeschichte der Zihne und der Placoidschuppen der Selachier enthalt; die Unter- suchungen von Oscar HertwiG beziehen sich auf Embryonen von Acanthias, und ich werde bei dem Bericht tiber meine Befunde bei Acanthias auf diese Angaben zuriickkommen, dieselben in den wichtigsten Punkten bestaétigen und in mancher Hinsicht vervoll- stindigen. Seit der genannten Schrift von Oscar Hertwic sind nur wenige Publikationen iiber die Entwickelung der Selachier- zahne erschienen. Im Jahre 1896 behandelte TrREUENFELS in seiner Dissertation!) die Bezahnung von Myliobatis aquila in ver- gleichend-anatomischer Hinsicht und machte auch einige embryo- logische Angaben, welche sich auf Myliobatis und auf Torpedo beziehen. Dann besprach JentscuH (1897) ebenfalls in einer Dis- sertation seine Befunde bei Mustelus- und Acanthias-Embryonen, auf welche ich spater zuriickkomme. Beinahe gleichzeitig erschien die wichtige Publikation von Rorse (No. 19 des Litteraturver- zeichnisses), welche die Histogenie des Selachierzahnes betrifft. Auf den giitigen Rat von Herrn Professor Dr. KUKENTHAL habe ich im’ zoologischen Institut zu Jena eine erneute Unter- suchung der Entstehung der Bezahnung der Selachier begonnen und ebenda unter Leitung von Herrn Professor Dr. H. E. Zm@uer 1) Die Titel dieser und der weiterhin genannten Publikationen sind im Litteraturverzeichnis genauer angegeben (p. 576). Ba, XXXVII. N, F. XXX, 37 552 Paul Laaser, durchgefiihrt. Von Herrn Professor Dr. HAECKEL wurden mir aus den Vorraten des zoologischen Instituts sehr schéne Embryonen von Spinax niger zur Verfiigung gestellt, welche Herr Dr. May auf einer Reise in Norwegen gesammelt hatte. Ferner erhielt ich zum Vergleich verschiedene Embryonen von Mustelus laevis und Acanthias vul- garis, welche in der zoologischen Station in Neapel konserviert worden waren. Ich habe meine Aufmerksamkeit hauptsachlich auf die Bildung der Zahnleiste und die erste Entstehung der Zahne gerichtet. Ich kann also von den ersten Stadien eine genauere Beschreibung als die friiheren Autoren geben. — Beilaufig habe ich auch die Entstehung der Hautzihne in den Kreis der Untersuchung gezogen. Das Material war teils in Solutio Perenyi, teils in Sublimat konserviert; die Embryonen wurden in Alkohol mit Salzséure ent- kalkt und schlieSlich mit Boraxkarmin gefiarbt; bei den gréSeren Embryonen von Spinax niger wurde die Doppelfirbung mit Borax- karmin und Bleu de Lyon angewandt. Der gréSte Teil der Untersuchungsobjekte wurde sagittal ge- schnitten, jedoch einige auch transversal; ferner standen mir einige Querschnittserien aus dem zoologischen Institut zur Ver- fiigung. — Es folgt nun ein Verzeichnis der von mir untersuchten Embryonen (die Linge von der Kopfspitze bis zur Schwanzspitze gemessen) : Spinax niger 3,5 cm Mustelus laevis 4,7 cm 59 99 3,8 99 99 9 o 29 99 3) 4,4 79 ” > P) 5,2 99 3 , 45 ,, Acanthias vulgaris 4,5 ,, x r. 49; ‘ _ SOY 7: ve bh) 8 49 ” ” 10 99 My AVE ba) Eine vorlaufige Mitteilung tiber meine Resultate habe ich im Anatomischen Anzeiger veréffentlicht (Bd. 17, 1900, p. 479—489). I. Spinax niger Bonap. Zuerst beschreibe ich die Zahnentwickelung bei Spinax niger. Bei einem Embryo von 3,5 cm Lange ist noch keine Zahn- leiste vorhanden. Nur eine schwache Verdickung des Epithels zeigt sich in der Gegend, wo die Zahnleiste entstehen wird. Die Mesenchymzellen liegen unter dem Epithel nicht so locker wie b a Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. 553 sonst, sondern ein wenig dichter. Die Kieferknorpel sind in diesem Stadium als eine dichte Masse von Mesenchymzellen angelegt, welche nicht scharf abgegrenzt ist und allmahlich in das um- gebende lockere Mesenchym tibergeht; zwischen der Kieferanlage und dem Epithel liegen die Mesenchymzellen auch ziemlich dicht; es zieht sich die Verdichtung von der Anlage des Kieferknorpels allmahlich gegen das Epithel hin. Das dariiber liegende Epithel (welches spiter die Zahnleiste erzeugt) ist ein wenig verdickt, indem die untere Zellenlage desselben nicht wie sonst aus rund- lichen, sondern aus langlichen Zellen besteht; das Bild des Epithels ist an beiden Kiefern ein abnliches, wie ich es von dem folgenden Stadium zeichne (Tafelfig. 1), und wie man es noch bei eiuem spaiteren Stadium am Oberkiefer in den distalen Teilen der Zahn- leistenanlage, d. h. am Mundwinkel findet (Textfig. 3). Bei einem Embryo von 3,8 cm Linge hat sich nicht viel verandert. An beiden Kiefern ist in der Gegend der Zahnleiste das Epithel verdickt (Tafelfig. 1). Im Oberkiefer ist noch keine Zahnleiste vorhanden, aber im Unterkiefer beginnt das Epithel in die Tiefe zu dringen, um die Zabnleiste zu bilden. An beiden Kiefern ist die Verdichtung des Mesenchyms in der Gegend der Zahnleiste sehr deutlich (Tafelfig. 1). Die Anlagen der Kiefer- knorpel (Palatoquadratum und Mandibel) sind nun besser von dem umgebenden Mesenchym abgegrenzt und durch die dichte Lage- rung der Zellen von dem lockeren Mesenchym unterschieden. Die Mesenchymmasse, welche sich unter der Gegend der entstehenden Zahnleiste befindet, hingt nur in schmaler Verbindung mit der Mesenchymmasse des Kieferknorpels zusammen (Tafelfig. 1 bei *). Die nachstfolgenden Embryonen, welche mir zur Verfiigung standen, hatten eine Lange von 4,4 und 4,5 cm. Dieses Stadium ist von besonderem Interesse, weil nun die Zahnleiste erschienen und eine Anzahl von Zahnanlagen vorhanden ist. Textfig. 1 ist ein durch den Oberkiefer und durch die Spitze des Unterkiefers gehender Querschnitt und zeigt die Zahnleiste des Oberkiefers auf beiden Seiten; man bemerkt 2 einspringende Falten der Mund- schleimhaut, die nachher zu besprechenden inneren Mundfalten, darunter bemerkt man an dem einspringenden Winkel eine Ver- dickung des Epithels, welche die Anlage der Zahnleiste ist. — Auf dem Sagittalschnitt Textfig. 2 sieht man die Zahnleiste an beiden Kiefern. Am Oberkiefer bildet die Zahnleiste eine kurze einspringende Falte, am Unterkiefer bildet sie eine tiefe Falte, an deren Ursprung eine Zahnanlage (z) getroffen ist. Langs der Linie 37 * 554 Paul Laaser, in welcher sich die Zahnleiste bildet, entsteht an der Oberfliche eine Furche, die Zahnfurche (Textfig. 1 2/). | | | | | | | | ok agf 2f tfo u wfo aze agf Fig. 1. Embryo von Spinax niger, 4,5 cm Linge. Querschnitt® durch beide Oberkiefer. Das Epithel der Mundhéhle ist durch dunklen Ton be- zeichnet. Die Zahnleiste ist als Verdickung des Epithels bemerklich. Vergr. 24. agf iuBere Grenzfurche (des duBeren Zahnepithels), aze iuBeres Zahnepithel (mit einer Zahnanlage), fo innere Mundfalte des Oberkiefers, of Oberkiefer- knorpel, « Spitze des Unterkiefers, zf Zahnfurche. Fig. 2. agf ifu agf ok Fig. 2. Embryo von Spinax niger, 4,5 em Linge. Liangsschnitt durch Ober- und Unterkiefer nahe der Mitte. Das Epithel ist durch dunklen Ton bezeichnet. Vergr. 32. agf diuBere Grenzfurche (des fuBeren Zahnepithels), ifo innere Mundfalte des Oberkiefers, ifuw innere Mundfalte des Unterkiefers, ok Oberkieferknorpel, wk Unterkieferknorpel, z Zahnanlage, 21 Zahnleiste. Man vergleiche Textfig. 7. ea Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. 555 Betrachten wir die Serie von Sagittalschnitten durch einen Embryo von 4,4 oder 4,5 cm, indem wir von der Seite her gegen die Mitte hingehen, so kénnen wir am Oberkiefer sehr schén die Bildung der Zahnleiste verfolgen. In der Nahe des Mundwinkels besteht nur eine schwache Verdickung des Epithels (s. Textfig. 3); medianwarts gehend, trifft man dann eine Einfaltung des Epithels, : PRED? 5b Seg a Sy ay yn SO rei 3S oC SON ERS TRe To Soe pa __ — -—ok a S S Si nn ce a _ ew ge Re: eo 9 Oo Pe a ; & 5 3 5 So o> pele en, Vy 2 WI, ovo . < =e Omm al 5 S BSS 5 06 oa...” OOH ei SAO S Bao var = OSes ge ea = a 3 ° Lees <=» > ee. Bot Ben ts Sf 5.9 &8 ss 2a : gaeae VS < - f : ;: Paro Bons ines Nye ee a eo Pecos se tooo .P $ 5.825 cee PRS: ss Be ae oe ¢ Se 2X RNS. SP iney S CE Oo Fo. SS 900 Se. on So 9 O Oem COSES 06 O°.) Gao oeSt Ns ees rt res Sn 295 Beate l tpn Oe se see 09 oF 8 SSI 5G 8 = 2 Ss sane <8 2 08. PP 5 nag SX 6 S “ARAL a eel ar a OS aan 2 ss 25 22S 5 POS Se re S) Si SSS see ve © 6g OOF = OOo OPES Spe 0052 SP Se8S : BPG 2 Be Soe S22 Jo%0 3% Digeass og, > NS eeese - 3 OO O29 Soe, 9S na 60 oo eh 0S 66 79 4s See ae Se eS oe. ee ane Per er et ey a SONS tS. 2 Zs ee Sao. Foe Pee er ere on < Cee mae &. 2 59058 Qo 080 GC Ba ae ove S92 eee Se eee., 2 oo Sos hs O18 9858S 85s 29 87 Sy OS Se Cs ee ees he ee eee On SPS SOG 8.6 SES Onno OL OSS oo ot or pits : ept 6o5 6 Se ee Pe en eo a RS ee SZ eco Sen ee? om rae es Ds V8 Flo) zs 206. eS To One. a 2] ec Se SSeS onsa ot eS aes BAPEOCOD | O595 Sars BSSac sess. 2ocoig 000604000 MINN OGL Eg Gok beg, oS. i -9 SBE eas ge PO OO se Oe ee) ——— Fig. 3. Embryo von Spinax niger, 4,5 cm Lange. Liangsschnitt. durch den Oberkiefer, nicht weit vom Mundwinkel. Vergr. 204. epi Mundepithel innen an der Zahnleiste, of Oberkieferknorpel, ve verdicktes Epithel, welches die Zahnleiste bilden wird. also die Bildung der Zahnleiste. Gleichzeitig erscheint auch an der Oberfliche des Epithels des Oberkiefers die Zahnfurche (s. Textfig. 1, 2 u. 4). An der Zahnleiste zeigen sich Zahnanlagen, welche meist an der Aufenseite der Zahnleiste an der Stelle liegen, wo das Epithel in die Zahnleiste umbiegt (Textfig. 4 zp). Das Epithel, welches auswarts von der Zahnleiste liegt, ist auch noch zur Bildung von Zahnen bestimmt; auf Schnitten, welche nicht sehr von der Medianebene entfernt sind, bemerkt man aufer- halb des Kiefers eine Furche (Textfig. 1 u. 2); ich nenne diese Furche aufere Grenzfurche'). Das Epithel, welches zwischen 1) Ich muf zwischen der duferen Grenzfurche und der Lippen- furche unterscheiden ; die beiden Furchen haben verschiedene Bildungs- ursachen; die Entstehung der fuferen Grenzfurche hangt offenbar mit der Differenzierung des auferen Zahnepithels zusammen. 556 Paul Laaser, besonderen Namen belegt werden, da es spiterhin die auferen Zihne des Gebisses bildet; ich bezeichne dasselbe als AuBeres Zahnepithel, um dasselbe von dem Zahnepithel der Zahnleiste zu unterscheiden. Die ersten Zaihne liegen also meist am Ueber- gang vom auSeren Zahnepithel zur Zahnleiste'). Nur wenige Zahnanlagen und gewohnlich kleinere befinden sich in der Zahn- leiste selbst. Was die Zahl der Zahne betrifft, so habe ich bei den 4,4 und 4,5 cm langen Embryonen im Oberkiefer 7 resp. 12 Zahne gefunden. Fig. 4. Embryo von Spinax niger, 4,5 cm Lange. Lingsschnitt durch den Oberkiefer nahe der Mitte. Vergr. 204. dms verdichtetes Mesenchym an der Zahnleiste, epi Mundepithel innen an der Zahnleiste, ok Oberkieferknorpel, zl Zahnleiste, zp Zahnpapille. Betrachten wir nun den Unterkiefer desselben Stadiums, so sehen wir die Zahnleiste schon am Kieferwinkel beginnen; sie 1) TrevENFELS hat auch bei einem 3 cm langen Embryo von Torpedo marmorata die Zahnleiste gesehen und bei einem etwas alteren Embryo die Bildung des ersten Zahnkeims beobachtet; man erkennt aus der beigegebenen Figur, daf die erste Zahnanlage an der Zahnleiste nahe an dem Uebergang vom duferen Epithel zur Zahnleiste gelegen ist. I i eee em a Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. 557 geht sofort ziemlich weit in Tiefe, wie Textfig. 5 zeigt, welche nahe am Kieferwinkel liegt. Die Sagittalschnitte, welche im Ober- kiefer nur erst eine Verdickung des Epithels erkennen lassen, zeigen im Unterkiefer schon die wohlausgebildete Zahnleiste, wie der Vergleich der Textfig. 3 und 5 zeigt, welche demselben Fig. 5. Embryo von Spinax niger, 4,5 cm Lange. Liingsschnitt durch den Unterkiefer, nicht weit vom Mundwinkel (derselbe Schnitt wie Textfig. 3). Vergr. 204. uk Unterkieferknorpel, z/ Zahnleiste. Schnitte angehéren. Auch das aufere Zahnepithel ist im Unter- kiefer auf solchen seitlichen Schnitten wohl zu erkennen, da es durch eine aufere Grenzfurche abgesetzt ist, wie sie im Ober- kiefer erst mehr medianwarts gefunden wird (an Textfig. 2 sieht man die dufere Grenzfurche unten und oben). Da, wo das Epi- thel zur Bildung der Zahnleiste sich einfaltet, entsteht die Zahn- furche; dieselbe ist im Unterkiefer in der Nahe des Mundwinkels ganz flach, zeigt sich aber auf den mehr medianwarts gelegenen Schnitten sehr deutlich (Textfig. 2 und 6 2f). Was die Zahne im Unterkiefer des vorliegenden Stadiums betrifft, so fand ich bei den 4,4 und 4,5 cm langen Embryonen 14 resp. 16 Zahne; dieselben liegen teils an dem Uebergang zwischen dem auferen Zahnepithel und der Zahnleiste, teils an der Zahnleiste selbst; diejenigen Zihne, welche an ersterer Stelle liegen, sind am besten ausgebildet und besitzen hohe Papillen (s. Textfig. 2 z), wahrend bei den anderen nur erst flachere Pa- pillen bemerkbar sind (vergl. Textfig. 6 zp). 558 Paul Laaser, Es geht aus dem Gesagten hervor, daf beiden Embryonen von Spinax niger die Zahnleiste im Unterkiefer etwas friiher sich ausbildet als im Oberkiefer; dem- entsprechend war in dem vorliegendem Stadium auch im Unter- kiefer eine etwas gréfere Zahl von Zahnen vorhanden als im Oberkiefer, wie dies die genannten Zahlen zeigen. i) OO Fig. 6. Embryo von Spinax niger, 4,5 cm Liinge. Lingsschnitt durch den Unterkiefer nahe der Mitte. Links sieht man die Spitze des Unterkiefer- knorpels. Das Bild ist nach demselben Sagittalschnitt gezeichnet wie Text- fig. 4. Vergr. 204. zf Zahnfurche, z/ Zahnleiste, zp Zahnpapille. Wie gesagt wurde, ist an den seitlichen d. h. den in der Nahe des Mundwinkels gelegenen Schnitten im Oberkiefer nur eine schwache Verdickung des Epithels vorhanden, aber unter dem Epithel befindet sich schon eine kraftige Verdichtung des Mesen- chyms; von den beiden Vorgangen, welche die Bildung der Zahnleiste vorbereiten, nimlich der Mesenchym- wucherung und der Epithelverdickung, scheint also die Mesenchymwucherung das Frihere zu sein oder wenigstens friiher bemerkbar zu werden. Man konnte auch schon bei den anfangs erwaihnten jungen Stadien bemerken, dal bei einer schwachen oder selbst kaum bemerkbaren Verdickung des Epithels schon eine betrachliche Verdichtung des Mesenchyms vorhanden war. Hinter der Zahnleiste bemerkt man an diesem Stadium schon die Bildung einer vorspringenden Falte im Unter- und Oberkiefer Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier 559 (Textfig. 1 und 2); diese Falten sind einwarts gerichtet und nehmen spaterhin an GréfSe zu. Ich nenne dieselben die inneren Mund- falten, da sie den inneren Rand der Mundhéhle umsaéumen. Die obere der beiden inneren Mundfalten ist schon von auSen zu sehen, wie Tafelfig. 2 zeigt, welche einen 4,4 cm langen Embryo von Spinax niger von unten gesehen darstellt. bel einem Embryo von 4,9 cm Linge finden wir nahezu die- selben Verhaltnisse. Die Zahnleiste ist im Ober- und Unterkiefer etwas weiter ausgebildet. Jedoch ist die Bildung der Zahnleiste am Oberkiefer noch nicht bis zum Kieferwinkel vorgeschritten, sondern in der Nahe des Kieferwinkels immer noch lediglich durch eine schwache Verdickung des Epithels vorbereitet, tiber welcher eine deutliche Verdichtung des Mesoderms sich befindet. Zahn- anlagen fand ich im Oberkiefer 8, im Unterkiefer 19. Manchmal stehen im Unterkiefer zwei Zahnanlagen hintereinander, indem die eine am Uebergang vom auferen Zahnepithel zur Zahnleiste, die andere an der Zahnleiste selbst weiter hinten sich befindet ; jedoch kann diese Stellung in diesem Stadium noch nicht als etwas RegelmaBiges oder Gesetzmafiges gelten. Ein sehr interessantes und klares Bild in betreff der Ent- wickelung der Zahnleiste und Zahnanlagen lieferte mir ein Embryo von 8 cm Gréfe. Dieses Stadium entspricht hinsichtlich der Zahn- leiste und Zahnentwickelung der Zeichnung, welche O. HerTwie von Acanthias vulgaris 10 cm gegeben hat (1. c. p. 379 und Taf. XIII, Fig. 14). Im Ober- wie im Unterkiefer finden wir eine stark entwickelte Zahnleiste, welche auf dem Sagittalschnitt mehrere Zahnanlagen hintereinander zeigt (Textfig. 7, 8 und Tafelfig. 3). Diejenigen Zihne, welche am Uebergang vom auferen Zahnepithel zur Zahnleiste liegen, sind am weitesten ausgebildet ; es ist dies begreiflich, da wir an den friiheren Stadien gesehen haben, daf sie zuerst angelegt wurden. Diese Zihne besitzen schon eine ziemlich dicke, stark farbbare Dentinschicht. Diejenigen Zahne, welche im auferen Zahnepithel liegen, und diejenigen, welche an der Zahnleiste liegen, sind nicht so weit entwickelt, be- sitzen also eine diinnere Dentinschicht oder entbehren derselben noch vollig. Je weiter nach innen an der Zahnleiste die Zahne gelegen sind, auf um so primitiverer Entwickelungsstufe befinden sie sich; denn wahrend die Zahnileiste tiefer in das Mesenchym hineinwuchert, werden hinter den bestehenden Zahnanlagen neue Anlagen gebildet (Textfig. 7, 8 und Tafelfig. 3). Wir finden also 560 Paul Laaser, auf nahezu jedem Schnitt durch die Zahnleiste die verschiedenen Stufen der Ausbildung der Zahne: zuerst eine Erhebung des Epithels iiber einer dicht mit Mesenchymzellen erfiillten Papille; spaiter eine stark sich farbende Dentinschicht und im Innern des Zahnes lingliche oder sternformige Zellen, welche man als Odonto- blasten ansehen muB. . Im Unterkiefer wichst die Zahnleiste nicht allein in der Richtung nach hinten, sondern auch ein wenig lateralwarts. In- folgedessen erscheint auf Sagittalschnitten das aufere Ende der Fig. 7. Embryo von Spinax niger, 8 cm Linge. Sagittalschnitt durch Ober- und Unterkiefer nahe der Mitte. Uebersichtsbild der Lage der Zahn- leiste in beiden Kiefern. Das Epithel ist durch dunklen Ton bezeichnet, das Mesenchym durch grauen Ton. Vergr. 55. agf iiuBere Grenzfurche, aze diuBeres Zahnepithel, ifo innere Mundfalte am Oberkiefer, ‘fu innere Mundfalte am Unterkiefer, of Oberkieferknorpel, ws Unterkieferknorpel, zf Zahnfurche, 2/ Zahnleiste. i | { \ 1 | Die Zahnleiste und die ersten Zahnanlagen der Selachier. 561 Zahnleiste vom auBeren Epithel getrennt (Tafelfig. 4). Der Befund erinnert daher an die Verhiltnisse bei héheren Wirbeltieren, bei welchen die Zahnleiste an ihren seitlichen Enden selbstandig weiterwachst ‘). Was die ‘iufere Grenzfurche betrifit, so ist dieselbe am Unter- kiefer deutlich vorhanden, aber am Oberkiefer ist sie nur an den seitlichen Teilen des Mundes zu erkennen und am vorderen Mund- rand abgeflacht und beinahe verschwunden. agf uk Fig. 8. Embryo von Spinax niger, 8 em Linge. Lingsschnitt durch den Unterkiefer nahe der Mitte; Detailbild zu Fig. 7. Vergr. 100. agf auBere Grenzfurche, wk Unterkieferknorpel, Zahn im AuGBeren Zahnepithel, zf Zahn- furche. —- Der Hohlraum zwischen dem Dentin und dem Epithel ist kunst- lich entstanden. Ganz abnliche Verhaltnisse finden wir dann bei einem Embryo von 10 cm Lange. Ich will daher auf die Beschreibung der Zahnleiste und der Zahnanlagen nicht eingehen, da sie nichts Neues bieten. — Wohl aber habe ich von einem Embryo von 12 cm Linge ein halbschematisches Bild eines Sagittalschnittes gegeben (Textfig. 9). Ich méchte darauf aufmerksam machen, dai in diesem Stadium die Unterlippe und Oberlippe sehr wohl aus- 1) Vergl. die Schrift von Rozsn, Ueber die Zahnentwickelung beim Menschen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XXXVIIL. 562 Paul Laaser, gebildet sind). Die Falte, welche innen an der Lippe dieselbe von der Kiefergegend abtrennt, kann man die Lippenrinne nennen; dieselbe fallt mit der duSeren Grenzfurche (mit der Grenze des auferen Zahnepithels) nicht genau zusammen. — Nach innen von der Zahnleiste sehen wir (oben und unten) die innere Mundfalte, von welcher schon friiher die Rede war; hinter der- selben befindet sich jetzt eine tiefe Furche, durch welche der Kiefer (mit den zum Mundrand gehoérigen Organen) von dem iibrigen Kopfe sich absetzt (Textfig. 9 7zg); man kann diese Furche im Unterkiefer Zungenrinne nennen, da sie die Zunge vom Kiefer trennt (Zungenfurche nach JenrscH), im Oberkiefer Gaumenrinne, da sie die vordere Grenze des Gaumens bildet (Textfig. 9 gr). Hinter der Unterlippe sieht man in Textfig. 9 einen Haut- zahn, welcher nach vorn gerichtet ist, wahrend die weiter hinten - Peet emall alSoo 3) Prof. Dr. GinrnerR ANTON > oleae 4) Prof. Dr. Fenrx AUERBACH » 1889 5) Prof. Dr. Kart von Barpeesen, Hofrat =a 6) Dr. Hans Brreur, Privatdozent >» 1838 7) Prof. Dr. Winuetm Brepermann, Geh. Hofrat » 1888 8) Dr. med. G. Bryper, prakt. Arzt mee 0. 9) Prof. Dr. Orro Brnswaneer, Geh. Med.-Rat » Leee 10) Dr. med. Fritz Bocxetmann, Sanitatsrat Rudolstadt 1875 11) Vicror Borngen, Oberlandesgerichtsrat Jena 1900 12) K. Bravuckmann, Institutsdirektor Wenigenjena 1900 13) Witnetm Burz, Realschuldirektor a. D. Jena 1892 14) Dr. Strcrriep Czapsxi, Fabrikleiter Fy 1885 15) Prof. Dr. Berrnony De.ericK F 1885 16) Prof. Dr. WitneLm DretmMer » | SSip 17) Prof. Dr. Cart Dover » 1899 Jahresbericht. 139 Jahr der Aufnahme 18) Prof. Dr. Pavt Duprn Jena 1894 19) Prof. Dr. WitHetm EpLer LOL 20) Dr. Heinricu Ecertine, Geh. Staatsrat, Uni- versitats-Kurator a) SSa 21) Dr. Hernricnh Eeeexine, Prosector Ye LS8b 22) Dr. med. Gustav Eicunorn, prakt. Arzt so oalSoll 23) Prof. Dr. Hermann Enceinarpt, Med.-Rat in 1888 24) Prof. Dr. Paul Fraisse _ 1899 25) Hernricn Frissz, Privatgelehrter >» L900 26) Prof. Dr. Gorrtop FREcE eo eka 27) Dr. Curistian GAnen, Privatdozent i lst 28) Prof. Dr. Auaust Gartner, Geh. Hofrat 1886 29) Dr. Ernst Ginsz, Privatdozent mn ls} 5) 30) Prof. Dr. Grora Gotz, Geh. Hofrat = | 1589 31) Dr. Kart Grar, prakt. Arzt 7 L89s 32) Dr. Junius Groserr, Privatdozent ds 1899 33) Dr. BerrHo~tp Grou, Privatdozent hSgg 34) Dr. Heinrich Gross, Privatdozent mm ) ALeO2 35) Prof. Dr. Farpinanp Gumprecut, Med.-Rat Weimar 1892 36) Prof. Dr. Aucusr GurzMER Jena 1899 37) Prof. Dr. Ernst Herter Py elie) 38) Dr. HerscuxowiTscu 5 |, L9H 39) Prof. Dr. Hernrica ImMEenborrr ae = 9On 40) Prof. Dr. Jonannes Kesse. i L8SG 41) Prof. Dr. Heryricu Kionxa jo oO 42) Prof. Dr. Orro Knorr oY eetsog 43) Prof. Dr. Lupwia Knorr, Geh. Hofrat “ 1889 44) Rupotr Kocu, Bankier a 1893 45) WitHetm Kocu, Bankier % 1893 46) Dr. phil. Kouter Ae MELO 47) Dr. Kart Korzgscu, Gymnasiallehrer pn ee teow 48) Dr. Orro Lemmermann, Privatdozent : 1900 49) Prof. Dr. ALBert LerrzmMann 5 LOO 50) Prof. Dr. Gorrnos Linck » 1894 51) Dr. Fevix Lommet, Privatdozent » 1902 52) Dr. Wituetm Luzoscu, Privatdozent » 1902 53) Dr. med. Marsure ie oon 54) C. Marruzs, Stadtrat, Rentier 5 1896 55) Prof. Dr. Hermann Marries Panui 0,0) 56) Prof. Dr. Max Marruess Pu moliget?)il 57) Prof. Dr. Frreprich Maurer 7) LIOL 58) Prof. Dr. Wiruetm Miuer, Geh. Hofrat 5. 2 k865 59) Dr. Kart Konrap Mtuier, Direktor der Univ.- Bibliothek * 1891 60) Dr. Atrrep Nout, Privatdozent se gol 61) Dr. Max Pavty, Fabrikdirektor a. D. eS Or 62) Ernst Preirrer, Institutsdirektor - 1887 740 Jahresbericht. Jahr der Aufnahme 63) Ernst Pixrz, Institutslehrer Jena 1893 64) Gorru. Prissine, Fabrikdirektor zy yaEso 65) Dr. Kari Punrrice melt Lao 66) Dr. Pavunt Rass, Privatdozent Weegee 67) Prof. Rupotr Rav silt ep2 68) Prof. Dr. Brernnarp Rrepex, Geh. Med.-Rat ie eee 69) Dr. Pau, RiepEn 5 - 1893 70) Prof. Dr. Epvarp RossnrHan 4) 1897 71) Dr. Leo Sacusr, Gymnasiallehrer a. D. 31, L8G 72) Prof. Dr. Emi, Scumipr i Jaa 73) Dr. Orro Scuort, Fabrikleiter ont) MeB2 74) Dr. med. Moritz Scuunress, Stabsarzt » 1896 75) Paunt Scuurtrze, Oberinspektor wiih Lewo 76) Dr. Leonnarp Scuutrzs, Privatdozent of tkeoo 77) Prof. Dr. Frieprich ScHunz a) 2889S 78) Prof. Dr. Moritz Sumer, Geh. Med.-Rat » 1864 79) Dr. med. Lucas Sizspert, Med.-Rat ania eel 80) Dr. SrmpENTOPF aif) Lebo 81) Prof. Dr. Freirx Sxurscu » 1884 82) Dr. med. Sommer 5 1902 83) Prof. Dr. Ernst Sragu 5 18st 84) Prof. Dr. Ropericu Stinrzinc, Geh. Med.-Rat awit eso 85) Dr. Hernricn Stroy, Privatdozent, Instituts- direktor ay ABT 86) Prof. Dr. Rupotr STrauBEL » 1894 87) Dr. med. StRoHMEYER <¢ «Aap2 88) Dr. R. Truscuer, Privatgelehrter o° (las 89) Prof. Dr. Jonannes THomar, Geh. Hofrat Pee re 90) Dr. med. Ricnharp Toms 5) aeOO 91) Prof. Dr. Aveust THon, Geh. Justizrat ie eeee 92) Dr. phil. H. Turcx, Privatgelehrter wm Pe 00 93) Aveust Voet, Landkammerrat 5) a ¢ 94) Prof. Dr. Epvuarp VoNGERICHTEN 5) glo2 95) Prof. Dr. August WaGENMANN at ago? 96) Prof. Dr. Jonannes WALTHER Pre Shei) 97) Dr. med. We1neRt, prakt. Arzt » 2 8897 98) Prof. Dr. Apotr Winkextmann, Geh. Hofrat a aee6 99) Dr. WitHELM WInkLER, Privatgelehrter 9 Ses? 100) Prof. Dr. Apotr WirzeL n 14893 101) Prof. Dr. Lupwie Wotrr —glso2 102) Prof. Dr. Heinrich Ernst Zinger » 2898 103) Dr. phil. Zscomomer » 2200 104) Dr. RicHarp Zsiemonpy , Privatgelehrter me eo ¢ Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2460 Verlag von Gustav Fischer in Jena. Karsten Dr. George, a. o. Professor der Botanik an der Universitit Bonn, Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreiches. Fiir Hochschulen und zum Selbstunterricht mit Kicksicht aut das neue Deutsche Arzneibuch, Mit 528 Abbildungen im Text. 1903. Preis: 6 Mark, gebunden 7 Mark. “4 Dr. G., Professor an der Dr. H,, Professor an der Kar sten, Universitit Bonn und Schenck, Dechnischen Hochschule Darmstadt, Vegetationsbilder. Unter dem Namen ,,Vegetationsbilder** erscheint hier eine Sammlung von Licht- drucken, die nach sorgfiltig ausgewidhlten photographischen Vegetationsaufnahmen _her- gestellt sind, Verschiedenartige Pflanzenformationen und Genossenschaften méglichst aller Teile der Erdoberfliche in ihrer Eigenart zu erfassen, charakteristische Gewdchse, welche der Vegetation ihrer Heimat ein besonderes Geprige ponibiiens und wichtige auslindische Kulturpflanzen in guter Darstellung wiederzugeben, ist die Aufgabe, welche die Herausgeber sich gestellt haben. Der Preis fiir das Heft von 6 Tafeln ist auf 2.50 Mark festgesetzt worden unter der Voraussetzung, dass alle Lieferungen bezogen werden. Einzelne Hefte werden mit 4 Mark berechnet. : Fiir diese erste Reihe sind folgende Hefte in Aussicht genommen: Heft 1. Taf. 1— 6, Siidbrasilien Heft 5. Taf, 25—30. Siidwest-Afrika Heft 2. ,, 7—12. Malayischer Archipel Heft 6. ,, 3&1—36. Monokotylenbiume Heft 3. ,, 13—18. Tropische Nutzpflanzen | Heft 7. ,, 37—42. Strandveget. Brasiliens Heit 4. ,, 19—24. Mexikanischer Wald und | Heft 8. ,, 43—48, Mexikanische Cacteen-, Tropen und Subtropen Agaven- und Brome- liaceen- Vegetation —— Heft 1 und 2 liegen fertig vor. Inhalt: Erstes Heft: | Zweites Heft: % H. Schenck, Vegetationsbilder aus G. Karsten, Vegetationsbilder aus dem Sidbrasilien Malayischen Archipel Taf, 1, Trop, Regenwald b, Blumenau, §.-Cath. | Taf. 7. Nipoformat. b, Tandjoeng Prioek, Java Taf. 2. Trop. Regenwald ,, “A A Taf. 8. Trop. Regenwald bei Tjibodas, Java Taf, 3. Cocos Romanzoffiana __,, AD Taf. 9. Baumfarn des tropischen Regenwaldes Taf. 4, Cecropia adenopus bei Tjibodas, Java (Ameisenbiiume) ,, 9 “5 Taf, 10. Strasse in Amboina, Molukken Taf. 5. Epiphytenvegetation As Taf. 11. Tropischer Regenwald auf Hitoe-Am- Taf. 6, Araucarienwald, Hochland von Parana. boina, Molukken Taf. 12. Strasseein Ternate Molukken Kuster Dr. Ernst, Dozent fiir Botanik an der Universitat zu Halle a. S., Patho- ’ ——— logische Pflanzenanatomic. In ihren Grundziigen dargestellt. Mit 121 Abbildungen im ext. 1903. Preis: 8 Mark. von Lenhossé Dr. M., o. Prof, der Anatomie in Budapest, Das Problem 4 ) der geschlechtsbestimmenden Ursachen. 1902. Preis: 2 Mark. Linek Dr. G., 0. 6. Professor fiir Mineralogie und Geologie an der Universitat Jena, ? Tabellen zur Gesteinskunde fir Geologen, Mineralogen, Bergleute, Chemiker, Landwirte und Techniker, Mit 3 Tafeln. 1902. Preis: 2 Mark. Mach, Dr. E., em. Professor an der Universitat Wien, Die Analyse der Em- Em- . pfindungen und das Verhialtnis des Physischen zum Psychischen. Mit "36 Ab- Ab- bildungenv. Vierte vermehrte Auflage. 1903. Preis: brosch, 5 Mark, geb. 6 Mark. Neues Wiener: Abendblatt Nr. 269 vom 1. Oktober 1900: ... Die mit immer grésserer Kraft auftretende Einsicht, dass alles Wissen soli- - darisch ist und einen Kosmos bildet, wie die Natur selbst, tragt den Bliitenstaub der Er- kenntnis von Garten zu Garten. Die Friichte der Anniherung sind auch schon in grosser Zahl vorhanden, und eine ihrer markantesten und schénsten ist ohne Zweife] das vor kurzer Zeit in dem Jenenser Verlag von G, Fischer erschienene Buch: ,,Die Analyse der Empfin- dungen‘* von Ernst Mach. Verlag von Gustav Fischer in Jena. $ = 1 einschliesslich Naturwissenschaftliche Wochenschrift oasis Die Natur (Halle a. S.) seit 1. April 1902. ,,Organ der deutschen Gesellschaft fiir volkstiimliche Naturkunde in Berlin.‘‘ Herausgegeben von Prof. Dr. H. Potonié und Oberlehrer Dr. F. Koerber in Grosslichterfelde-W. bei Berlin, Preis: viertel- jabrlich 1 Mark 50 Pf. Trotz des reichen Inhalts der Zeitschrift ist der Preis so billig angesetzt worden, um jedem zu erméglichen, eine naturwissenschaftliche Zeitschrift selbst zu halten, Probe- nummern sind durch jede Buchhandlung oder von der Verlagsbuchhandlung unentgeltlich zu beziehen. Riedel Prof. Dr. B., Direktor der chirurgischen Klinik zu Jena, Die Patho- ’ genese, Diagnose und Behandlung des Gallenstein- leidens. Mit 27 Abbildungen. Erweiterter Abdruck aus dem yHandbuch der Therapie innerer Krankheiten‘’ herausgegeben von Penzoldt und Stintzing. 1903, Preis: 3 Mark 60 Pf, Dr, Felix, Professor an der Univers, Jena, Geburtshilfliche Skutsch, Operationslehre. Mit 145 Abbildungen im Text. 1901. Preis: brosch. 8 Mark, geb. 9 Mark. Sehneider Dr. Karl Camillo, Privatdozent an der Universitat Wien, Lehr- ? bueh der vergleichenden Histologic der Tiere. Mit 691 Abbildungen im Text, 1902. Preis: 24 Mark. Weber, Max, Professor in Amsterdam, Der Indo-australisehe Arehipel und die Geschichte seiner Tierwelt. Nach einem Vortrag auf der Versammlung deutscher Naturtorscher und Aerzte zu Karlsbad am 22. Sept. 1902 gehalten, in erweiterter Form herausgegeben, Mit einer Karte, 1903. Preis: 1 Mark. Weismann, Prof, August, Vortriige tiber Descendenztheorie, ge- halten an der Universitit Freiburg i. Bb. Mit 3 farbigen ‘Tafeln und 131 Textfiguren. 2 Bande. 1902. Preis: 20 Mark, elegant geb, 22 Mark 50 Pf. Frankfurter Zeitung No. 287 vom 16. Okt. 1902: Wenn ein Naturforscher von der Bedeutung Weismanns, der wdahrend eines langen Lebens tiber die tiefsten Probleme der Biologie geforscht, gedacht und geschrieben hat, ein umfangreiches Werk iiber die Abstammungslehre erscheinen lasst, so sollte dies nicht nur die Fachgelehrten angehen, sondern es sollte ein Ereignis fiir die ganze gebildete Welt sein. Vv. Wettstein Dr. Richard, Professor an der Universitit Wien, Der Neo- ? Lamarckismus und _ seine Beziehungen zum Darwinismus. Vortrag gebalten in der allgemeinen Sitzung der 74, Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad am 26. September 1902. Mit Anmerkungen und Zusatzen. 1902, Preis: 1 Mark. Zieoler Dr. Heinrich Ernst, Professor an der Universitit Jena, Ueber den = eye ° a Se >"? derzeitigen Stand der Descendenzlehre in der Zoologie. - nnn nn nn nnn nnn nn rT Vortiag gehalten in der gemeinschaftlichen Sitzung der naturwissenschaftlichen Haupt- gruppe der 73, Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg am 26, Sept. 1901, mit Anmerkungen und Zusitzen herausgegeben, 1902. Preis: 1 Mark 50 Pf, Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschiehte der niederen Wirbeltiere in systematischer Reihenfolge und mit Be- ricksichtigung der experimentellen Embryologie. Mit 327 Abbildungen im Text und einer farbigen Tafel. 1902. Preis: 10 Mark, gebd. 11 Mark. Ziehen } Psychologie in 15 Vorlesungen. Mit 28 Abbildungen im Text. Sechste teilweise umgearbeitete Auflage. 1902. Preis: 5 Mark, geb. 6 Mark, Frommannsche buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2460 Dr. Th., Prof, in Utrecht, Leitfaden der Physiologischen: tscirift Bd. AXAVIL. + ‘ ro : 4 c a HMéannich del v Gustay Fischer vena Lah dest PWetse Jena. Jenaische Leitschritt Bd MXM a t 4 0g 2% y e lig. Gustav Fischer J Tat I. Inatsche Leitsdritt Bd MA j Ansty PWeise Jena Lith Verly. Gustav Fischer, Jena Pe, Ce Fischer, Jena, : ‘Verlv.Gus Bonnevie del r —s nih 7 ee = ; Ver! yGusly Fischer, lena Bonnevie. del. : i. | ‘ - _ \ 7 ia ; - ; ute Ae | i ot 7 _— ia ‘ a _ a ; y is i yg 6 ‘ - “ae st ‘Tt joan 3f 7 = : Tt it 3 f _ — _ 7 : » : ! ae 5 : Uy P 7 7 is >» : | | Le. - : | a q 7 1 . ; : e \ «? - | i> i) i i 7 a? a 7 7 > ; 1p q . | - i | i> | - i ? > 7 |} vers : 7 ig ‘. ) 7 - 7 i; i ed - vy a 7 1% is ist ; 7 , : ft q J : ; se if. | : 1G. i q os - ; i - ‘ 4 - ; = é. 4 7 i] ee ae 0 n | Paey 7 ; - a 1) ' : : t , : 7 7 | ft a : 7 (ine | - oy 4 a p : - oe, 7, oe 7 A => 7 : : Z| BG a : 7 . , acs rt 7 - ius : Ts ei ' Ub | y ‘! : ! —t. a ry a 7 bal » 7s . f on : _ i 7) ‘4 q $e ' i i 7 : a q - ; , i“ : ak | Se . a 1 ao oto k. a — : % oF ’ T : a a 7 m7 ' : aq . | a - i q f - aq ‘a ee o | a 7 7 ' a8. 1 r. = | a th. a : - q 7 - 7 7 s - } ' 7 , , a 7 a JG ay ee Le -Bonnevie del. bo = : = a } ETeichmenn del \eelv Gustav Fischerdena | { = Hop eeemeery me SSS ee — SSS EET Very. Gustay | aul i A ES A. ar eee. eet ae eee ne a gp i rt a a ae —, ~ Ver) Gustay Fisthien, enaiscle Zeitsehrin, Be. xr es —$——S—_——————————————————— ee eee a“ Verlv Gustav Fischer _JSenarsche Zatscrift Bd XXXVI Fig. 83 a C aw no) ay c % 1000 Fiy. 36 Or.Lubosch delix Vorlag 700 gn Gustav ischep s» Joy Lithoqraphie+.E.Schaal,dena. JSenusche Letsdludt Ba XU 1000 Verlag vor Gustav Fischer in Jen a. Senaische Zeitscuttt Bd XXX r | | Fig Ma Durch Schranyling amilyesogenes Hietmbldischen \ Fig./2a Fig. Ja Fig. 10a ee ( 5S fb Sha. le fap a eee Dr.Lubosch delin. Verlag vinGustavFischer i Sena, Lithographie vE Schaal, Jena. Jenaische Zeitschrift, Bd, XXX V11. No. 2. 1: 670 No. 5. No. 6, Autor photogr. Verlag von Gusto} Taf. XV. Crayondruck von J. B. Obernetter, Miinchen. Fischer in Jena. Enaische Zeitschrift, Bd. XXX VII. i Autor photogr. Verlag von Gusti No. 216. Crayondruck von J. B. Obernetter, Miinchen, ‘ischer in Jena. 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Arndt Jena. ©. a a ———V—ae tf = _ “Je ca ine. —— > ales ’ ” ol . — a - s- 0 ae Se - a = = 7 : a eS - . a _ i a ~a > an - — Fi “e~ a _ _ , a ’ = _ - ae 7 _ : 7 7 a it a a ee ar Ss t—S as > —_., » = 1 7 = eh i >, ea =, ae i - — « a oe at o> ie > = = — = — ra 7 Ps : tea fs) |) aa : 7 : _ a -— an] _ - _ > a ™ on 7 7 Te : _ _ - 2. i ’ lenaische Zeitschrift Ba XXXVI. wz (diak/--- fF Z J, “QO i— *)in J hs Y. 4 ‘ (@) E = = 2 Hacker gez. erd.¥. GY Jena. dt ( J.Arn Lith. Anst.v: Jenaische Zeitschrift Ba. XXXVI “e. Ovo Ls) nee Us a O° ty al - f Saas, sara F Verlv.Gustay Her, Jeng 2 i Lith Anst.v. J. Arndt, Jena ae enti iste Petrie fh ae ARAN: OOS Ry rs 7 1 , bares ow Verl. Gustav Fischer dena. ers as) 5 "Ee = =) 2 z = 2 S SB > Jenaische Zeitschrift, BAXNNVI. 17. 78. 19. bt K 2 : : » - S t . + y 4 &2 A ital a \e Ls, 4 1 “es, > 4 WAL Se 22. 21. Se s G8 of aw Oo 2E og Taf 23. Verl. Gustav FischenJena Jer ~ mant.2. Cunnington gez Verly Gustav Fischer, Jena Lith. Anst.v. AGiltsch Jena. 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JSenaische oe we SSP So6 oh ete eS = 2 = X (oersseke eaeu: atone 202, eset ° ° Lith AnstwK WesserJena. Laaser gez Verlag von Gustav Fischer in Jena Fig. 1-8. Acanthias vulg By By ie hig .9-22. Mustelus laevis fig arts mace niger Sp Jenaische Zeitschrift Bd. AAAVE. — HdeneLimpricht uLonsky gez Tith AnstvK Wessen Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena Jenatsche Leitschrift Bd XXXVI. 774 4 = it a / Jerleg von Gustav Fischer im Jens. Lith Anctwik' WeaserJena, Velss von Gustav Fischer im Jena. I ign pp NN LithAnawKWeeser Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena. -——— Senaische Zeitschrift Ba. XXXVIE i= ees ae Fischer u Hel Limpricht gez. Verly-GustavFischer Jena Lith Anst.v.J Arndt, Jena. V # \ . + = * @ g ¥ - . Ne 1 . a A 7 J > ‘ ¢ - x ’ Pa os . . ’ . ws y on ie 1 a ’ = - - 4 . Te P i = © ’ . aw ia ’ 4 be - Agony ig Date Due ~$llan-Si...,