ERIK) Y ur saıbaa sıauu rat 4 % and ar » “nr EN aan aaa as 4 Yareya edge RE .. wart audi PESICHUIU NEN) 4% DC | aaa kan Ana ar ns % o yarılka Dur RA ÄNER, ” 0 EI HEULEN NE PANNE IN aurlalıd . AR RICH ’ RR TIER ara aaa an wr.on > RUHE EEK a “ur (X ara . ? Do) Rare RN EI % ) : ra rn“. ur h\ 4 KR + .o.. ı%y A Ne el ar A KR Ser > N DIL} Aue PREIS ANA in waur u ur yaıın Ar Nena aan m“ ann, RE aanr DRIN: a BR ” I KELe a REICHE N NEN Ch RE RER \ wur RE Kar I war IT »r Wraaı DIENT] » ' (eeenh NK NRRIC HN I X { I” Ne BER AN BEN EB war Kauran ara rar Inekar® aan eh x M aaa \d . h N ‚x EN N) { £ N Lu.) ERLERNEN; )) LAK 1 NRW) sera Pi; } yr Rn ‘ I RICK RAM ROLE ar 4 D N: Ka} RRWAZN N x wi NA NN, vr N, ag v\ ’ N U UNE, ö L KAR Yan KR „ «“ Yun r vu RR “ \ u at van R KR DR, T BER AR Te. 0% F ee Wen NEE X Ki MOL INEFRHRTN NV RD ETEN 5 ‚ RER EEE, KR RE, va" 6% vunnv vo RE WERT INT ENTE U 7% se ICE oa. 14) ERRIER Ber swiudh ee I War Pur cn) ee) ET ER ern naden ÖTIEKRUCHERLEN I BIIRTNCH BETEN RW‘ AAN) Br wunrer. we PER N ” ' RL HRY EURER | is DLR DO . “L & 44 +. ;“ er IE WE KE Aue ERIRKETN u Kr Be KICK N 2 ‘ a Er) ®r + “ is“ ram Ari anıdaa Kaas \ R 2 < BE S en “An ER Pa EREÄETETER a nn a z a y 4 x EEE ir Ta nen Te EEE ERETETTEE TE u ET Sa u ee u . ” TEE u ee ee “er Ze ee hen BSR 32 N A er ee Z N, Behr. 2 e? ww. i® viR ae . Fildern Ka 29 U N? ; Ai 1 j ru u | BERN 4 EB } eo : Wu J enaische Zeitschrift für NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Vierundvierzigster Band. Neue Folge, Siebenunddreissigster Band. Mit 37 Tafeln und 270 Abbildungen im Texte. Jena, 2071132 Verlag von Gustav Fischer. 1909. r Bi — 4 r3 ER 5 u u .,. 9 ur a En ‚2 AN Fi u % N, m N hi EBEN Auhetiie Fi I: TA » Ne ’ | pr R TER Bj IM HIER SEI Bor Un BT Ne IE ao I Neal Me RE ER ir 4 " » be re Inhalt. ° Roerke, WALTER, Ergebnisse anatomischer Untersuchungen an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. I. Folge: Smerinthus hybr. hybridus Wesrtw. und hybr. operosa Srors. Mit Tafel 1—3 und 53 Figuren im Text Perrersen, Hans, Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Entwickelung des Selachierdarmes. Mit Tafel 4—6 und 18 Figuren im Text . : ß Mirtens, H., Zur Kenntnis des ieh dl seiner Srchnngen zu dem der Lymphdrüsen, nebst einigen Bemerkungen über die Winterschlafdrüse. Mit Tafel 7 und 8 : & Orro, Hans, Die Beekuppaiie der EN er Aa, loboten. Mit Tafel 9 und 28 Figuren im Text STERLING, StEFAn Avam, Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. Embryologische und histologische Untersuchungen. Mit Tafel 10—18 und 16 Figuren im Text ya Warkınson, Grace B., Untersuchungen über die sogenannten Geruchsorgane der Cephalopoden. Mit Tafel 19 und 20 und 47 Figuren im Text ES DES Arrs, Louss, Ueber die Muskulatur der nee Mit Tafel 21—23 : : ZIELINSKA, JANnInA, Ueber erakonkvorguhge bei nahe. ciden. Regeneration des Hinterendes. Mit Tafel 24—28 und 3 Figuren im Text. EFFENBERGER, WALTER, Beiträge zur ehekdis des Gattung Polydesmus. Mit Tafel 29—32 und 13 Figuren im Text JANECcK, REınHoLD, Die Entwickelung der Blättertracheen und der Tracheen bei den Spinnen. Mit Tafel 33 und 67 Figuren im Text . Bronmer, Paus, Der Kopf eines nryon von P oharee. ihn nad die Segmentierung des Selachierkopfes. Mit Tafel 34—37 und 15 Figuren im Text. Seite 149 193 253 353 415 587 647 Pr, era re rn “ar. Pan TER ae: a ‚ er 0 ‘ Br, ey u 5 BT SH ae en N ‚bare 107 a AL. 1ıE Er, ‚TIER ae ik RRTER CE Er Hit Fl ir ul Ara ED re Birie SEM >Hi ut ya staR { erlrel e a ge e na A % DU Be rn. den BELNTURT Th SER hrr RT je een int, nları Yıle no 2:3) ar Rah re ji fi Pi iniar Au Fi I Tonitt an a ut ca ne ie anaıhlaa F 1): Be 1%, TER PR BP Uns sah ' MENTWERTIDL NE HETEO HIRTEN AR TUR u. <= 5 ı N een eatihrd Kt BR a "mi wert An, Be INNOTITLE IT 202) Dina ee 2 BE): - - . « ‘ . nn Bir TeuniTe Aa a 6,’ m Es tar (j} o 4 % rt ' & vi EL, | ualınl ii) irrt i “ a i' Ai DR) iu N j Brand Bi abi A ae (ne TA RE. Te tin rn ee kin, e " Nasa teren ‚ £% v2 1 Gh JO MEN j \ 4h“ we aumn LO, ‚R an N I Y,F ‚* "r | IM R \ Y1 ar a \ Priıpel Iur: 5 HE EM vr uch 7 v ti 13 ir j >E NEL SATA ES safly 1 | N al N ft YHl PN: 5 9% In 1} A . A vn u ® . s JENAISCHE ZEITSCHRIFT FÜR NATURWISSENSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON DER MEDIZINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA VIERUNDVIERZIGSTER BAND NEUE FOLGE, SIEBENUNDDREISSIGSTER BAND ERSTES. HEFT MIT 9 TAFELN UND 99 FIGUREN IM TEXT Inhalt: ROEPKE, WALTER, Ergebnisse anatomischer Untersuchungen an Standfuss- schen Lepidopterenbastarden. I. Folge: Smerinthus hybr. hybridus Westw. und hybr. operosa Stdfs. Hierzu Tafel I—Ill. PETERSEN, Hans, Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Entwickelung des Selachierdarmes. Hierzu Tafel IV—VI. MiETENS, H., Zur Kenntnis des Thymusreticulum und seiner Beziehungen zu dem der Lymphdrüsen, nebst einigen Bemerkungen über die Winter- schlafdrüse. Hierzu Tafel VII und VIN. OTTO, Hans, Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. Hierzu afel IX PREIS: 22 MARK ER EN JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1908 Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verla h Ausgegeben am 17. Oktober 1908. KaN” ” & “ Üon‘ kA II MA N ung. n Ru, Verlag von Kustav Fischer in Jena. Zellen-Studien. Von Dr. Theodor Boveri, Professor an der Universität Würzburg. Heft I. Die Bildung der Richtungskörper bei Ascaris megalocephala und Ascaris Jlumbricoides. (Aus dem Zoologischen Institut zu München.) 1887. Mit 4 lithographischen Tafeln. Preis: 4 Mark 50 Pf. — Heft I. Die Befruchtung und Teilung des Eies von Ascaris megalocephala. (Aus dem Zoologischen Institut zu München.) 1888. Mit 5 lithographischen Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. — Heft II. Ueber das Ver- halten der chromatischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungskörperundbei der Befruchtung. 1890. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis: 4 Mark. — Heft IV. Ueber die Natur der Centrosomen. 1901. Mit 8 lithographischen Tafeln und 3 Textfiguren. Preis: 15 Mark. — Heft V. Ueber die Abhängigkeit der Kerngrösse und Zellenzahl der Seeigel-Larvenvonder Chromosomenzahl der Ausgangszellen 1905. Mit 2 lithographischen Tafeln und 7 Textfiguren. Preis: 4 Mark. — Heft VI Die Entwicklung dispermer Seeigel-Eier. Ein Beitrag zur Befruchtungs- lehre und zur Theorie des Kerns. 1907. Mit 10 Tafeln und 73 Figuren im Text Preis: 30 Mark. Das Problem der Befruchtung. Von Dr. Th. Boveri, Professor an der Universität Würzburg. Mit 19 Abbildungen im Text. 1902. Preis: 1 Mark 80 Pf. Die Tiefsee-Fische. Bearbeitet von Prof. Dr. August Brauer in Berlin. 1. Systematischer Teil. Mit 16 Tafeln, 2 Karten und 176 Figuren im Text. 1906. Preis: 140 Mark (für Abnehmer des Gesamtwerkes ‚Wissenschaftliche Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition“: 120 Mark). (Bildet zugleich Bd. XV, Lfg.1 der „Wissenschaftlichen Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition auf dem Dampfer Valdivia 1898—99“, herausgegeben von Geheimrat Prof. Dr. Carl Chun, Leiter der Expedition.) Durch die Expedition ist die Kenntnis namentlich der bathypelagischen Fische ausserordentlich erweitert worden. Von den 90 Gattungen und 206 Arten gehören zu ihnen 60 Gattungen und 151 Arten, und 14 Gattungen und 54 Arten sind neu. Aber nicht nur in quantitativer Hinsicht ist ein grosser Gewinn erzielt, sondern auch in qualitativer, indem neue biologisch ausserordentlich interessante und für allgemeine Fragen wichtige Formen gefangen wurden, die zu einer Fülle von neuen Fragen, die die Tiefsee bietet, führen. Einen nicht geringen Vorzug hat diese Bearbeitung vor früheren, nämlich den einer ganz vorzüglichen farbigen Abbildung der neuen und vieler schon bekannt gewesener Formen. Diesem wichtigen Teile der Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition, dem Werke von Brauer über die Tiefsee-Fische, werden viele ein Interesse entgegenbringen, die auf die Anschaffung des ganzen vielbändigen Unternehmens verzichten müssen. Die blutsaugenden Dipteren. Leitfaden zur allgemeinen Orientierung, mit besonderer Berücksichtigung der in den deutschen Kolonien lebenden Krank- heitsüberträger. Von Dr. Karl Grünberg, Assistent am zoologischen Museum zu Berlin. Mit 127 Abbildungen im Text. 1907. Preis: 4 Mark 50 Pf. Regeneration und Transplantation. Von E. Korschelt, Professor der Zoologie in Marburg. Mit 144 Textfiguren. 1907. Preis: 7 Mark. Vorlesungen über Deszendenztheorien mit besonderer Berücksichtigung der botanischen Seite der Frage, gehalten an der Reichsuniversität zu Leiden. Von Dr. J. P. Lotsy. Erster Teil. Mit 2 Tafeln und 124 Textfiguren. Preis: 8 Mark, geb. 9 Mark. Zweiter Teil. Mit 13 Tafeln u. 101 Textfiguren. 1908. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. Naturwissenschaftliche Wochenschrift, N.-F., Bd. V. Nr. 25: Das Buch Lotsys ist besonders verdienstlich durch die Hervorkehrung der botanischen Tatsachen. Werke, die zur Begründung deszendenztheoretischer An- sichten vorwiegend zoologische Daten benutzen, sind zahlreich, während botanische Deszendenztheorien von dem Umfang der Lotsyschen Schrift noch nicht existieren. Der Botaniker wird dem Verfasser daher besonders Dank wissen. Ergebnisse anatomischer Untersuchungen an Standfuss’schen Lepidopterenbastarden. I. Folge: Smerinthus‘) hybr. hybridus WESTW. und hybr. operosa STDFS. Von Walter Roepie, Assistent am entomolog. Museum des eidg. Polytechnikums, Zürich. Hierzu Tafel 1—3 und 53 Figuren im Text. Die folgenden Untersuchungen, die vornehmlich einer An- regung seitens Herrn Prof. Dr. M. Stanpruss’ ihre Entstehung verdanken, wurden ausgeführt teils in den Räumlichkeiten des entomologischen Museums am eidg. Polytechnikum, teils im zoo- logisch-vergleichend-anatomischen Laboratorium beider Hochschulen Zürichs. Die Vorarbeiten dafür datieren längere Zeit zurück, die Hauptsache konnte jedoch äußerer Umstände halber erst im Sommer 1906 zur Ausführung gebracht werden. Ich bin meinen Lehrern großen Dank schuldig, vor allem meinem Chef, Herrn Prof. Dr. M. Stanpruss, desgleichen Herrn Prof. Dr. ArRnoLD Lang, sowie Herrn Prof. Dr. K. HESCHELER, sowohl für die Ueberlassung von Untersuchungsmaterial, als auch dafür, daß sie mir gestatteten, in ihren Instituten zu arbeiten; nicht minder auch für die vielen Winke und Anregungen, die ich von ihnen empfangen habe. Das Interesse ferner, das sie meinen Untersuchungen stetsfort entgegenbrachten, trug nicht unwesentlich zur Förderung derselben bei. Einer Reihe weiterer Herren innerhalb wie außerhalb Zürichs, die mir bei meinen Untersuchungen in dieser oder jener Richtung behilflich gewesen sind, sei hiermit in aller Stille dankbarst gedacht. Kapitel I. Einleitung und Untersuchungsmaterial. Reichlich hundert verschiedene Lepidopterenbastarde sind bis heutigen Tages mit Sicherheit bekannt. 1) „Smerinthus“ im Sinne von SrAaupınger und Reseu (1901). Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 1 2 Walter Roepke, Nicht etwa, daß die Gruppe der Schuppenflügler besonders zur Hybridbildung neigt; nein, der weitaus größte Teil aller Lepi- dopterenbastarde ist experimentell auf künstlichem Wege erzeugt worden. J Geradezu als klassisch haben die Hybridationsexperimente STANDFuUss’ zu gelten; ihnen verdanken wir die genaue Kenntnis einer großen Anzahl sogenannter „einfacher (primärer)“ wie „abgeleiteter (sekundärer, tertiärer etc.) Schmetterlings- bastarde. Die mit Rücksicht auf ihre Bedeutung für die Artbildung von STANnDFusS kontrollierten Bastarde lieferten alle ein negatives Resultat insofern, als es unter allen Umständen auch niemals gelang, den Bastard zum Ausgang einer „neuen, erdgeschicht- lich in sich erhaltungsfähigen‘“ (StAnpruss) Tierform zu machen. Es stellte nämlich erstens, im extremsten Falle der erhaltene Bastardfalter !) ein Lebewesen vor, bezüglich dessen Sexualität man durchaus im Zweifel sein muß. Das Tier ist „sexuell atypisch“, „asexuell“, wenn man will. Von einer Fortpflanzungsmöglichkeit solcher Indi- viduen kann keine Rede sein ?); zweitens, es tritt der Bastardfalter nur in einem Ge- schlecht auf, zumeist im männlichen?); oder es treten äußerst 1) Von Fällen, wo die Aufzucht von Bastardraupen bis zur Imago nicht glückte, sehe ich hier ganz ab, obwohl einer dieser Fälle weitgehendes Interesse verdient wegen der zwischen den beiden Eltern bestehenden hochgradigen Verschiedenheit. Ich meine die aus der Paarung Saturnia pavonia L. d X Graällsia Isabellae 2 GrRAKLLS resultierten hybriden Räupchen, deren Aufzucht leider nicht einmal bis zur 3. Häutung gelang (s. Stanpruss 1896). 2) Dieser Fall betrifft die zwei einzigen bisher bekannten, von Prof. Stanpruss gezogenen Exemplare von Smer. hybr. Rotschildi rg STDFS. e and ) (s. Stanpruss 1907), ferner vereinzelte Individuen ocellata 9 von Smer. hybr. hybridus Wesrw. ( ocellata '‘ Dopulrte und hybr. Fringsi ocellata var. atlantica d STDFS populi 3) Als Beispiel sei herausgegriffen: hybr. Leoniae Srprs. ( Dilina tiliae & (en var. austauti d Smer. ocellata © ocellata 2 5 — Der umgekehrte Fall, daß ein Lepidopterenbastard nur in ) oder hybr. varians STDFs. Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 3 spärlich auch Weibchen auf, diese aber sind in ihren äußeren Sexualcharakteren wie überhaupt in ihrem Gesamtgepräge so kümmerlich entwickelt, daß sie sicher nicht als fortpflanzungs- fähig gelten können. — Die hierzu gehörigen 33 erwiesen sich, auf ihre Fortpflanzungsfähigkeit experimentell geprüft, als gänzlich unfruchtbar !); drittens, es treten beide Geschlechter fast oder ganz in normalen Prozentsätzen auf. Die 2? beweisen durch ihr leeres, eingesunkenes Abdomen schon äußerlich sichtbar ihre Sterilität. Die gg waren imstande, zurückgekreuzt mit einem 2 der beiden Ursprungsarten, ja sogar mit einer dritten fremden Art, Nach- kommenschaft in äußerst variablen Prozentsätzen zu zeugen. Die Nachkommen waren teilweise in ihren sekundären wie primären Geschlechtsmerkmalen hochgradig anormal und monströs gestaltet, namentlich traten in gewissen Serien gynandromorphe Individuen in auffällig hohen Prozentsätzen auf?); viertens, gut entwickelte Weibchen dieser Kategorie machten in jeder Beziehung den Eindruck, als ob sie sexuell funktionsfähig wären. Allein nach erfolgter Paarung legte keines derselben ein Ei ab, oder es wurden ganz geringe Mengen von Eiern produziert. Diese waren von monströsem Aeußeren, zum mindesten aber durch- aus unfruchtbar. Für die Männchen gilt das zuletzt Gesagte, aber auch das Folgende °); fünftens, die 22 waren imstande, Eier abzulegen; im günstigsten Falle sogar in einer hinter dem Normalen sehr wenig zurückstehenden Anzahl. In den Eiern ging eine Entwicklung — soweit es äußerlich zu beurteilen war — überhaupt nicht vor sich, oder es kam doch bis zur Bildung eines ziemlich vorgeschrittenen Embryos, mitunter sogar bis zum Ausschlüpfen einiger Räupchen, die sich als wenig lebensfähig erwiesen. Eine geringe Fruchtbar- weiblicher Form auftritt, scheint sehr selten zu sein; STANDFUsS hat nur zwei solcher Fälle selber beobachtet: Malacosoma hybr. franconica Esp. & a neustria en i castrensis var. veneta Stpors. 9 castr. v. veneta STDFs. 1) Eine solche Form ist Smer. hybr. hybridus, die meinen Untersuchungen als Hauptgegenstand zu Grunde liegt. 2) Man vergl. die Kapitel über die Saturnienbastarde in: Stann- russ 1896, 1898, 1899. 3) Hier könnte eine Neuzüchtung des Sommers 1906 erwähnt . ocellata L. & excaecata Abb. u.SmithQ werden: Smer.hybr. neopalaearctica Stors. ( (s. Stanpruss 1907). 1* 4 Walter Roepke, keit dieser Bastardweibchen war namentlich dann zu konstatieren, wenn sie von einem & der Grundarten „angepaart“ wurden. Sei es nun, daß Brut erhalten wurde von einem solchen mit normalen & zurückgekreuzten primären Bastardweibchen, oder von einem in sich gepaarten Pärchen abgeleiteter Bastarde, — in den wenigen Fällen, wo Brut überhaupt sich entwickelte, resultierten schließlich nur Männchen, und zwar in so bescheidener Zahl, daß sie einstweilen auf ihre weitere Fortpflanzungsfähigkeit nicht einmal experimentell geprüft werden konnten. Die männlichen, primären Bastarde dieser Kategorie waren, wie zum Teil schon die der vorhergehenden, gut fortpflanzungsfähig. Aber, wie gesagt, die von ihnen gezeugte Brut abgeleiteter Bastarde stellte keinen in sich erhaltungsfähigen Typus dar?). Diese Serie von ausgeführten Experimenten beweist, daß der Lepidopterenbastard entweder gar nicht oder doch nur in sehr untergeordnetem Maße fortpflanzungsfähig ist. Diese Tatsache, die sich mit dem deckt, was ganz allgemein von der Fruchtbar- keit der Tierbastarde überhaupt bekannt ist, muß in direktem Zusammenhange mit der Ausgestaltung der Fort- pflanzungsorgane stehen. Untersuchungen und diesbezüg- liche Veröffentlichungen hierüber liegen erst wenige vor, zumal was die Lepidopteren anbetrifft, die doch dank den rastlosen, 1) Die drei einzigen bisher beobachteten und in der Literatur niedergelegten Fälle in der Abteilung der Lepidopteren, in denen es gelang, Nachkommenschaft eines Bastardpaares, bezw. von einem Bastard-9, bis zur Imago zu erziehen, betreffen pavonia d Js)» S u D curvatula & en ee ropana a \ ) curvatula g Ne, Be er De spini 9 e) i pavonia 2 curvatula & (eurvatula g\ ( ırvatula >)? & falcataria 9 und Drepana hybr. d curvatula d curvatula d @) Ben ) (s. Stanpruss 1905). Ferner teilt mir Herr Prof. Stanpruss münd- lich noch zwei weitere komplizierte Formeln von in sich gezogenen, abgeleiteten Pygaera-Bastarden mit. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 5 mühevollen Experimenten von STANnDFUSS!) uns so zahlreiche und gut studierte Bastarde liefern ! Ein wenig zur Füllung dieser Lücke beizutragen bot sich mir Gelegenheit, als Prof. STAnpruss im Sommer 1905 und 1906 seine Hybridationsversuche wieder aufnahm und in größtem Maßstabe zur Ausführung brachte. Ich unternahm es im Einverständnis mit Prof. STAnDFUSS und mit seiner gütigen Erlaubnis, das resultierende Bastardmaterial soweit als möglich einer anatomischen Prüfung zu unterziehen. Vergleichshalber habe ich meine Untersuchungen auch auf die Ursprungsarten ausdehnen müssen. Dabei haben sich interessante, speziell für das vorliegende Thema wichtige Tat- sachen ergeben, Tatsachen, welche geeignet sind, darzu- tun, wie unerläßlich es ist, daß man bei Forschungen über die Organisation von Bastarden sich vorerst über die zu untersuchenden Verhältnisse bei den Grundarten eingehend orientiert, und daß man namentlich die Variationsbreite der letzteren an einer möglichst großen Anzahl vonIndividuen genau zu konstatieren sucht. Diesem Postulate, das ich späteren Forschern nicht dringend genug ans Herz legen kann, habe ich bei meinen Untersuchungen einigermaßen gerecht zu werden mich bemüht. Daß es übrigens zur Abgabe eines endgültigen Urteiles über die Bastarde selber erst recht der Kontrolle eines möglichst umfangreichen Materiales bedarf, dürfte leicht aus dem Verlaufe der vorliegenden Untersuchungen zu ersehen sein. Infolge der großen Fülle teilweise äußerst interessanten Materiales, das mir zur Verfügung stand, sehe ich mich genötigt, meine Untersuchungen in mehreren Abschnitten zu veröffent- lichen, von denen ein jeder ein in sich abgeschlossenes Ganze darstellt. Nachstehenden Ausführungen liegt folgendes Untersuchungs- material zu Grunde: 1) Bis Anfang 1907 sind von Herrn Prof. Sranpruss, laut gütiger mündlicher Mitteilung, 35 verschiedene, einfache und abge- leitete Leepidopterenbastarde vom Ei auf bis zur Imago er- zogen worden; bei 8 weiteren gelang die Aufzucht bis zum Falter bisher nicht; 8 weitere, zumeist aus der freien Natur, wurden (mit einer Ausnahme) zwar bis zur Imago erzogen, aber nicht vom Ei auf kontrolliert; hinzu kommen noch 8 primäre (von den abge- leiteten abgesehen) Rassenmischlinge, d.h. Kreuzungsprodukte zwischen geographischen Varietäten ein und derselben Art. 6 Walter Roepke, Grundarten: 1) Smerinthus ocellata L.!) 2) » populi L. !) 3) “% populi var. Austauti STGR.; sowie die aus der Paarung dieser drei Formen herrührenden Bastarde: 4) Smerinthus hybr. hybridus (Srtpas.) WEsTw. For 5 ocellata & )» pop. v. Austauti 2) ” Um einiges zur Erläuterung über die erwähnten Formen hinzu- zufügen, sei unter Hinweis auf die Sranprussschen Publikationen (1896 1901, 1905, 1907), sowie auf RoTscHILD und JORDAN (1905), Vol. I. und Turr (1902) Vol. III, auch STAUDINGER und RegeL (1901) bemerkt, daß der aus der Kreuzung von ocellata L. d und populi L. $£ — unserm gewöhnlichen Abendpfauenauge und dem Pappel- schwärmer — herrührende Bastard schon 1842 von STEPHENS als „nybridus“ erwähnt und 1843 von WEstwooD genauer be- schrieben und abgebildet wurde. Unter den Imagines dieses eigen- tümlichen Tieres, welches mehrfach im Freien gefunden worden ist und von vielen Züchtern, vor allem von Prof. STANDFUSS, in großer 5) + „ operosa STDFS. ( 1) RoruscnıLp und JorpAan (1903) ziehen den Gattungsnamen „Smerinthus (Latr.)“ völlig ein; für ocellata wird der alte Linn&sche Gattungsname „Sphinx“ und für populi der Hüsnersche „Amorpha“ wieder eingeführt. 2) Meine Untersuchungen erstreckten sich außerdem noch auf Dilina tiliae L., allein es gelang Herrn Prof. Stanpruss in beiden Jahren 1905 und 1906 trotz Aufwendung eines Riesenmateriales Dil. tiliae & Smer. ocellata 2 zu züchten. — Ebenso lieferten acht Paarungan von populi d X ocellata $ keine Brut, die zwei einzigen, von Prof. Stanpruss im populi & Ss Secllgta ag (hybr. Rotschildi Srors.), entstammten allerdings 34 Paarungen! Das Eigentümliche an der Kreuzung populi d X ocellata $ ist das, daß in den vom Muttertiere abgelegten Eiern sich stets eine große Zahl von Em- bryonen und jungen Räupchen bis nahe an Ausschlüpfreife ent- nicht, den hybr. Leoniae Srprs. ) von neuem Jahre 1902 gezogenen Individuen wickeln, dann aber sämtlich absterben. — Von hybr. varians Srprs. li . Austauti ( a nn =) wurden, obwohl fünf Paarungen Brut ocellata 2 lieferten, bisher so wenig Falter (nur dd) erzielt, daß von den- selben für anatomische Zwecke noch nichts geopfert werden konnte. Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 7 Anzahl auch in der Gefangenschaft erzielt worden ist!), gibt es außerordentlich wenig weibliche Individuen. Es treten unter den Puppen im günstigsten Falle nur etwa 1—2 Proz. weiblich gestaltete auf, die jedoch äußerst selten einen tadel- losen Falter ergeben. Die Imago entwickelt sich zwar in der Puppe, durchbricht aber ihre Hülse nicht. Schält man den Schmetterling im gegebenen Momente aus, so kann man ihn zwar lebend erhalten, allein die Flügel bleiben unentwickelt, wie überhaupt das Tier alle Anzeigen äußerster Lebenschwäche — wenn man so sagen darf — aufweist. Die männlichen Exemplare des hybr. hybridus ent- wickeln sich hingegen für gewöhnlich gut. Bemerkenswert ist noch, daß regulärerweise ein hoher Prozent- satz der Falter von hybr. hybridus schon nach kurzer Puppenruhe noch im gleichen Sommer erscheint, während die Stammformen ocellata und populi sich bei uns, d. h. im gemäßigteren und nörd- licheren Verbreitungsgebiete ihres Vorkommens, nur ausnahmsweise zur Bildung einer Sommergeneration entschließen. Die übrig bleiben- den, überwinternden Puppen des Hybriden, von denen ein großer Teil immer zu Grunde geht, ergeben dann im nächsten Frühjahr gern die schon in der Einleitung (s. p. 2) erwähnten „sexuell atypischen“ Individuen, die, obwohl aus typisch männlich ge- stalteter Puppe geschlüpft, ihrer äußerlichen männlichen Sexual- charaktere verlustig gegangen sind und dadurch ein mehr weib- liches Gepräge angenommen haben. Mit derartigen Individuen dürften — nebenbei bemerkt — die in den entomologischen Samm- lungen aufgeführten „Weibchen“ des Smer. hybr. hybridus wohl zumeist identisch sein. Smerinthus hybr. operosa Srtprs. wurde 1906 von STANDFUSS unter sehr schwierigen Umständen experimentell er- zogen ?). Derselbe entspricht seinem Vetter hybr. hybridus WEsTw., doch ist an Stelle der gewöhnlichen populi deren afrikanische Lo- kalform var. Austauti Ster. (von Algier) als zeugender Elter 1) Bis Anfang 1907 zeichnet Prof. Stanpruss 52 selbst ge- züchtete Bruten mit rund 1200 Faltern dieses Bastardes auf. 2) Alle von Prof. Staxpruss gezüchteten Individuen des hybr. operosa entstammten einer Paarung, der einzigen, die von 14 er- zielten Bastardierungen zwischen ocellata d und populi v. Austauti 2 erfolgreich war. Es scheint meistens jedoch, daß hier rein äußere, mechanische Schwierigkeiten vorliegen, die den Eintritt des männ- lichen Sperma in die Bursa copul. des 2? unmöglich machen und dadurch trotz anscheinend normaler Paarung eine Befruchtung aus- schließen. 8 Walter Roepke, (Mutter) in Funktion getreten. Unter den resultierenden Imagines dieses hybr. operosa STFs. gab es bemerkenswerterweise 14 Proz. weiblicher Individuen (s. Stanpruss 1907), von denen aller- dings die meisten verkrüppelten oder gar aus der Puppe geschält werden mußten. All die letzteren, insgesamt fünf, sind von mir seziert worden und werden im folgenden behandelt werden. Operosa Jg wurden 6 untersucht, hybridus insgesamt 24 Individuen (22 typische 3d, ein namentlich dem Fühlerbau nach gynandro- morphes 3 und ein (!) Weibchen); von den Grundarten gelangten zusammen mehr als hundert männliche und weibliche Individuen zur Untersuchung; außerdem wurden von letzteren wiederholt Puppen in verschiedenen Altersstadien seziert zwecks Studiums über das Zustandekommen des Hoden-Aufbaues und der Spermato- genese. Erwähnen möchte ich noch, daß ich mich bereits seit einer Reihe von Jahren eingehend mit Untersuchungen über den feineren und gröberen Bau des inneren wie äußeren Genitalappa- rates der Insekten, insbesondere der Lepidopteren, befaßt habe und somit nicht unorientiert an das vorliegende Thema heran- getreten bin. Kapitel Il. Technik. Den zur Untersuchung bestimmten Schmetterlingen wurde nach kurzer Betäubung im Cyankaliglase das Abdomen an beiden Seiten etwa in Höhe der Stigmen mittelst eines feinen Scherchens geöffnet. Der Schnitt wurde bis zur Hinterleibsspitze geführt. Alsdann wurde, nachdem das Abdomen an seiner Basis vollends vom Thorax ab- getrennt worden war, die Gesamtheit der Rückenschuppen (Tergiten) von der der Bauchschuppen (Sterniten) unter destilliertem Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung voneinander entfernt, so daß nur der Darmtraktus und der Knäuel der Genitalorgane, letztere beim d noch im Zusammenhange mit den äußeren Genitalanhängen, übrig blieben. Weibliche Individuen der Grundarten wurden wiederholt in toto fixiert und in Alkohol konserviert, nachdem das Abdomen vorher in der bezeichneten Weise geöffnet worden war. In der Regel gelingt es bei solchen Exemplaren auch nach längerer Zeit noch, die Anatomie vorzunehmen, namentlich, wenn man die Ob- jekte vorher für einige Stunden in destilliertes Wasser überführt. Bei männlichen Exemplaren muß die Anatomie hingegen sofort vor- Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 9 genommen werden, denn nach dem Fixieren erstarrt der Inhalt der Genitalschläuche zu einer so spröden und brüchigen Masse, daß eine nachträgliche Präparation zur Unmöglichkeit wird. Als Fixierungsmittel dienten in erster Linie einfache oder kompliziertere Sublimatgemische. Dieselben gestatten infolge ihrer rasch koagulierenden Wirkung namentlich bei den dg ein sofortiges Erkennen der im Leben völlig durchsichtigen, meist wasserhellen Genitalschläuche und erleichtern insofern ganz wesentlich die Präparation. Das Lockern und Auflösen des Genitalknäuels wurde auf einer Glasplatte mittelst gut gespitzter harter Hölzchen und einiger feiner feiner Pinsel unter Einwirkung der fixierenden Ge- mische vollzogen. Erst nachdem die Topographie völlig klargelegt worden war, wurden die Objekte in größere Mengen der be- trefienden Fixierungsmittel gebracht. Bei Anwendung einfacher Sublimatgemische erhält man nicht die besten histologischen Bilder, wohl aber erlaubt kein anderes Gemisch so rasch die Klarlegung der topographischen Verhältnisse wie wässerige oder alkoholische Sublimatlösung. Die feinsten histologischen Bilder erzielte ich mit GILsons Sublimat - Alkohol - Eisessig - Salpetersäure - Gemisch, in welchem die Objekte 1—3mal 24 Stunden verweilen konnten. Es fixiert sehr zart und koaguliert langsam, aber gerade deshalb ist es nicht immer vorteilhaft für eine rasche Präparation. Aehnlich, aber weniger zart wirkt ZENKERS Gemisch. Von anderen Mitteln gelangten zur Verwendung Pikrinsäure rein wässerig oder in Ver- bindung mit Essig-, Schwefel- oder Salpetersäure, auch HENNINGs Gemisch mit wechselndem Erfolge. Pikrinsäure allein oder mit Essigsäure kombiniert liefert schlechte histologische Präparate; zusammen mit Salpeter- oder Schwefelsäure oder gar noch mit Alkohol ist sie unangenehm bei der Präparation. Mit Osmium- säure und deren Gemischen habe ich keine guten Erfahrungen gemacht insofern, als eine Präparation darunter unmöglich ist und sie, wiewohl sie die Gewebe gut durchdringt, nur schwer trotz längeren Auswaschens aus denselben zu entfernen ist. Außerdem verursacht das wiederholt probierte FLEmmInGsche Gemisch Kunst- produkte, es bilden sich nämlich um die Kerne in den Wandungen der ausführenden Geschlechtsgänge bei den ZZ immer breite, helle Höfe. Die Objekte wurden nach erfolgter Fixierung und gründlichem Auswaschen zur Aufbewahrung in 70—95-proz. Alkohol überge- führt. Ein längeres Verweilen hierin wirkt ungünstig auf die Kon- servierung der histologischen Strukturen ein; daher empfiehlt es 10 Walter Roepke, sich, das Material immer möglichst bald aufzuarbeiten. Die Ob- jekte wurden durch Xylol in Paraffin eingebettet und in 3—6 u dicke Serienschnitte zerlegt. Eisenhämatoxylin als Kernfarbstoff und Kongorot (wässerig ca. 0,5-proz.) oder Erythrosin (alkoholisch) als Plasmafarbstoff lieferten die beste Differenzierung. Die Schnitte durch die Hoden der Bastarde habe ich allerdings nicht auf diese Weise tingiert; sondern ich habe, um zu vermeiden, daß Partikel- chen von den Schnitten wegschwimmen, die Stückfärbung ange- wendet, und zwar bediente ich mich mit dem besten Erfolge des Arirtnuyschen Hämateins IA. In dasselbe wurden die Objekte direkt aus dem 95-proz. Alkohol für 1-—-3mal 24 Stunden verbracht, darauf in destilliertem Wasser, dem man vorteilhafterweise eine ganz geringe Spur Essigsäure zusetzt, ausgewaschen (3—10 Stunden) und schließlich in mehrmals zu wechselndem Brunnenwasser differen- ziert (6—20 Stunden). Die auf diese Weise erzielte Färbung steht einer Eisenhämatoxylin-Differenzierung kaum nach und übertrifft die mit Hämalaun und Boraxkarmin erreichbaren Färbungsefiekte bei weitem. Es kommt allerdings darauf an, daß die Objekte vorher sehr gut ausgewaschen sind; ist das aber der Fall, so färbt Arkrnys Hämatein IA selbst nach Anwendung des Hennın@schen Fixiergemisches ausgezeichnet. Eine Plasma-Nachfärbung erwies sich meist als unnötig, so daß die Schnitte nur mit dem sie vom Paraffin befreienden Xylol in Berührung kamen. Für die Er- zielung ganz fehlerfreier Serienschnitte ist letzteres von Wichtigkeit. Kapitel II Literatur. Trotz der umfangreichen Literatur über hybride Tierformen und der darin immer wiederkehrenden Angabe, die Tierbastarde seien steril, haben sich bisher nur wenige Autoren mit dem Studium der Genitalorgane der Bastarde befaßt. Zudem sind die wenigen, diesbezüglichen Veröffentlichungen sehr zerstreut. Schon aus diesem Grunde halte ich es für angebracht, hier eine kurze Uebersicht über die mir bekannt gewordenen, in Frage kommenden Publikationen zu geben; es wird außerdem interessant sein, später meine Befunde an den Lepidopterenbastarden mit den an anderen Tierbastarden gemachten zu vergleichen. Ich erwähne an erster Stelle die Arbeiten des französischen Anatomen und Histologen P. Sterman. Seine Untersuchungen — ge r Anat. Untersuch, an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 11 es sind die ausführlichsten und eingehendsten — sind in 8 Publi- kationen von 1902 bis 1906 niedergelegt und erstrecken sich auf folgende sechs Bastarde: 1) „mulet“; 2) Pyrrhula canaria X Frin- gilla carduelis; 3) Fringilla carduelis X Passer chloris; 4) „faisan des bois X faisan Amherst“; 5) „tourterelle de bois X tourte- relle de Barbarie“ und 6) „coquart (= cogq faisan des bois X poule naine)“!). Das Ergebnis der Untersuchung der Genitalorgane bei diesen sechs Bastarden ist ein sehr verschiedenartiges. „Chez le mulet, il n’y a pas de tubes seminiferes bien de&limitees, mais des amas irreguliers de cellules genitales“ (1903 ,); letztere ent- wickeln sich anfänglich in spermatogenetischer Richtung weiter, machen aber in ihrem Entwicklungsgange sehr frühzeitig Halt und degenerieren. Der Bastard von Pyrrhula canaria und Fringilla carduelis besaß „deux testicules tr&s inegaux“; der eine hätte Erbsen-, der andere Stecknadelkopfgröße gehabt. Samenkanälchen von (fast) normaler Beschaffenheit waren vorhanden, von Samenzellen hin- gegen keine Spur. „Le d&veloppement des cellules gEnitales est absolument nul“ (1903,). Bei dem Bastard vom „chardonneret“ und der „serine nor- male“ (Fring. carduelis X Passer chloris) hingegen „la ligne seminale est repr&esentee jusqu’ A la formation des spermatozoides“ (1906,). Ebenfalls bis zur Ausbildung von Spermatozoen gelangt die Hodenentwicklung des Bastardes vom „faisan des bois X faisan Amherst“. Allein die Umwandlung der Spermatiden in Sperma- tozoa vollzieht sich auf anormale Weise. „.... les noyaux des spermatides, apres avoir pris l’aspect pycnotique, poussaient une pointe qui s’accroissait de plus en plus et finissaient par prendre la forme de töte de spermies d&veloppees normalement“ (1903). Für diesen Vorgang, den STEPHAN in ganz ähnlicher Weise auch bei Paludinen beobachtet hat, deren Gonaden infolge Cercarien-In- fektion durch „Castration parasitaire“ schädigend beeinflußt worden waren, bringt er die Bezeichnung „processus paraevolutif“ in An- wendung. 1) Ich bediene mich der Sternanschen Originalbezeichnungen. Leider gibt Srteruan meist nicht die wissenschaftlichen Namen an; außerdem vermag er ‚bei einigen seiner Bastarde nicht genau zu sagen, welcher der beiden Eltern als Vater und welcher als Mutter funktioniert hat. 12 Walter Roepke, Aehnlich liegen die Verhältnisse beim Bastard „tourterelle des bois X tourterelle de Barbarie*. Auch hier schließt die Sperma- togenese mit der Ausbildung von Spermatozoen ab; die spermato- genetischen Entwicklungsvorgänge erfahren indes eine hochgradige Modifikation in der Weise, daß eine oder beide Reduktionstei- lungen unterdrückt werden können. So wandeln sich Spermato- cyten I. bezw. Il. Ordnung direkt in Spermatozoa um von beträcht- licher Größe; selbst wenn karyokinetische Figuren auftreten, so sind diese „un peu anormales“. Die Umwandlung der Spermato- zoen vollzieht sich ebenfalls durch einen „processus paraevolutif“, dessen Beginn charakterisiert ist durch die „noyaux arachnomorphes“ der Spermatiden. Mit Bezug auf die Fasanenhybride konstatiert STEPHAN zunächst, daß „les particularites individuelles puissent jouer un röle considerable: chez des faisans hybrides sacrifi6s dans les m&mes conditions d’äge et de saison, on peut trouver des indi- vidus dont les testicules sont assez developpes pour arriver a la formation des spermatozoides, a cöt& d’autres oü le developpement de l’organe est arrete & un degr6 tel que je n’ai pu les trouver par la dissection“ (1906,)). Der seinen Untersuchungen speziell zu Grunde liegende „co- quart“ („issu d’un coq faisan des bois et d’une poule naine“) besaß zwei ungleich große Hoden; der rechte war ungefähr 13 mm lang und von normalem Aeußeren, der linke 22 mm lang und be- deckt von zahlreichen, kleinen Nodositäten. Letztere waren Bil- dungen des Hodengewebes. Die Struktur beider Hoden war die gleiche; alle spermatogenetischen Elemente waren mehr oder weniger einer raschen Degeneration verfallen. In den günstigsten Fällen kam es bis zur Bildung von Spermatocyten II. Ordnung, aber auch diese degenerierten. In einem speziellen Falle war StEPHAN in der glücklichen Lage, weibliche Bastarde von Pyrrhula canaria X Fringilla carduelis und Fringilla carduelis X Passer chloris zu untersuchen. Er konnte an einer gewissen Anzahl von Ovarien feststellen, daß diese einen höheren Ausbildungsgrad besaßen als die Hoden der Männchen. „Leur structure n’en est pas tr&es difförente de celle 1) Ueberhaupt ist sich Srerman dessen sehr wohl bewußt, daß in Anbetracht der sehr ungleichwertigen geschlechtlichen Funktions- fähigkeit ein und derselben Hybridenart seine Resultate nur unter Beobachtung weitgehendster Reserve verallgemeinert werden dürfen. Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 13 des ovaires normaux“. ....„Un grand nombre d’ovules ne semble pas s’ecarter du type general. On en voit qui ont atteint une grande taille; leurs vesicules germinatives renferment des nucl6- oles....“ Diese Befunde regen STEPHAN zu Vermutungen an. Gewisse Tatsachen, die es zu verstehen erlauben, daß die Reifung der Eier eine leichtere ist als die der Spermatozoen, meint er, seien folgende: „contribution moins compliqu& du protoplasme des cellules genitales, precocit& de la phase de synapsis“, und weiter sagt er: „tous les ph&nomenes de kinese sont vou6s A l’impuissance dans le testicule de mulet: iei, pendant tout l’accroissement des ovules, ces &l&ments ne subissent aucune division; ils peuvent evoluer facilement par une simple croissance* (1903,). — Soweit die in mehr als einer Hinsicht interessanten Untersuchungen STEPHANS. Ich werde auf einzelne Ergebnisse derselben später zurückgreifen. Einen ähnlichen Gegenstand behandeln die Untersuchungen des Amerikaners GUYER, deren erste (1899) sich mit der Struktur des Ovars eines sehr eigentümlichen Taubenbastardes befaßt. Es handelt sich um einen Hybriden zweiter Ordnung, d. h. um ein Individuum, das bereits von einem hybriden (in diesem Falle obendrein noch geschwisterlichen) Elternpaar abstammt. Letzteres war ein Kreuzungsprodukt von Turtur risorius X columba alba !). Das untersuchte Tier war zu Lebzeiten durch seinen äußeren Habitus (schlecht geprägtes Gefieder, abnormer Bau eines Auges etc.) wie durch sein Gebahren, das es zur Schau trug, höchst eigenartig. Es blieb dauernd steril. Bei der Sektion erwies sich das Ovar, flüchtig betrachtet, als anscheinend normal. Die mikro- skopischen Schnitte zeigten jedoch, daß die meisten der zahlreich vorhandenen Eier monströse Doppelbildungen vorstellten, indem zwei oder auch mehrere innerhalb ein und desselben Follikels sich zu einem einzigen „double egg“ mit oder ohne Trennungssepten verbanden. Keines dieser Gebilde gelangte zur Reife, die am meisten vorgeschrittenen verfielen der Degeneration, wobei phago- cytäre Vorgänge sich abspielten. An männlichen Taubenbastarden, wie es scheint, an Indi- viduen der gleichen Abstammung, konstatiert Guyer (1900) mit Bezug auf die Keimzellen folgendes: „In both sterile and fertile 1) Welche von den beiden Formen als Vater und welche als Mutter wirkte, wird nicht gesagt. Uebrigens hebt Guyar hervor, daß die meisten Autoren sie als in den Rahmen einer Art gehörend betrachten. 14 Walter Roepke, hybrids there was much variation in cell-division.“ Unregelmäßig- keiten in der Chromatinanordnung, multipolare Spindeln etc. waren häufige Erscheinungen. Die Chromatinreduktion konnte unter- bleiben. Die Chromosomen ein und derselben Spindel wiesen ihrer Gestalt und Größe nach Unregelmäfßigkeiten auf. Kam es zur Ausbildung von Spermatozoen, so waren diese durch eine in- mitten des Kopfabschnittes vorhandene „curious bead-like varico- sity“ auffällig. GUYER wie auch STEPHAN können die gemachten Funde nur als Folgeerscheinung der Hybridität der in Frage stehenden Indi- viduen auffassen. 1905 erschien im „Biologischen Centralblatt“ eine Veröffent- lichung von IwAnorF über die Unfruchtbarkeit der sog. Zebroide, d. h. Bastarde zwischen Pferd (Hengst) und Zebra (Stute). In der ejakulierten Spermaflüssigkeit derselben wurden keine Spermato- zoen aufgefunden; einer der Zebroidenhengste wurde linksseitig kastriert und der in Formollösung fixierte Hoden später histologisch untersucht. Das im Innern desselben enthaltene Sekret wies keine Spermatozoen auf, was noch am frischen Objekte festgestellt werden konnte. Auf den Schnittpräparaten, die vom Hoden gewonnen wurden, beobachtet IwAnorr das Vorhandensein zahlreicher, in einem stark entwickelten interstitiellen Gewebe eingelagerter Samen- kanälchen ; diese sind häufig von verschiedenem Durchmesser. In der Deutung der die Tubuli contorti auskleidenden unregelmäßigen Zellen ist IwAnorFF unsicher; SERTOLIsche Zellen und degenerierende Spermogonien vermag er nicht scharf zu unterscheiden. Jedenfalls aber scheint die Spermatogenese über die ersten Anfangsstadien (Spermogonien) nicht hinauszukommen. Die Erscheinung legt er etwas eigenartig aus; er erkennt nämlich zahlreiche Lymphocyten, „die stellenweise geradezu eine Verheerung in den Samenkanälchen anrichten, indem sie nicht nur an den Wänden, sondern auch im Zentrum derselben gelagert sind. Die Anwesenheit von Leukocyten in den Samenkanälchen weist auf einen degenerativen Zustand des Hodens hin“. ... „Die Degeneration des Samenkanälchens wird... . durch die Abwesenheit von Samenzellen verursacht, da eine Störung der normalen funktionellen Tätigkeit des Samen- kanälchens nicht ohne Einfluß auf den Bau von dessen Hüllen bleiben kann und darf... .“ Mit dieser Aufzählung ist das in Rede stehende Thema, soweit die Wirbeltiere in Betracht kommen, schon erschöpft; was die Bastarde unter den Wirbellosen anbelangt, so existieren bisher Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 15 nur kurze Angaben über die Lepidopteren von GUILLEMOT (1856), STANDFUSS (1896, 1898) und OUDEMANS (1896). GUILLEMOT unter- suchte ein Weibchen von Dicranura hybr. vinula & X erminea 9. Im Leibe eines zum Vergleiche anatomierten normalen erminea 2 fanden sich „un grand nombre d’eufs‘‘; im Hybriden hingegen „seulement vingt-deur ceufs, petits, d&primes, atrophies ..... . tres problement tout & fait impropres & 6tr& second6s .. . .“ Nach Srtanpruss (1896) wurden die Hoden an zwei männ- lichen Exemplaren des Bastardes Saturnia pavonia & X pyri 2 (hybr. Emiliae Srors.) einer histologischen Prüfung unterzogen. „In beiden Fällen ergab sich eine anscheinend ganz normale Be- schaffenheit der Hoden wie ihrer Produkte.“ Bezüglich der weib- lichen Individuen der drei Saturnienbastarde pavonia d X spini 2 (hybr. Bornemanni Stprs.), pavonia d X pyri 2 (hybr. Emiliae STDFs.) und spini & X pavonia ıQ (hybr. minor O.) bemerkt STANDFUSS: „Die Eileiter enthielten keine entwicklungsfähigen, ausgereiften Eier.“ „Es waren nur winzige Eikeime in den äußerst feinen, obersten Teilen der Ovarien vorhanden, dabei wurde eine ganze Anzahl weiblicher Individuen .... untersucht.“ Gleichzeitig macht OupEmAns (1896) eine kurze Bemerkung über zwei von Prof. Stanpruss als Puppen erhaltene Weibchen von Sat. hybr. Emiliae Stors. In den Ovarien derselben war „geen Spoor van eieren te ontdekken*. Im übrigen waren alle Teile wie normal entwickelt, nur verengten die leeren Ovarialröhren schon nach kurzem Verlaufe sich zu einem haarfeinen, langen Endabschnitte. Eine Reihe weiterer Angaben Srtanpruss’ (1898) erstrecken sich auf die Anatomie gynandromorpher Bastardindividuen. Da diese letzteren Untersuchungen in erster Linie der gynandro- morphen Eigentümlichkeit der Tiere und nicht ihrer Bastardnatur gelten, fallen sie hier weniger ins Gewicht. Sie sollen aber, bei Gelegenheit einer späteren Folge meiner Untersuchungen, der ein ähnlicher Gegenstand zu Grunde liegen wird, eingehend gewürdigt werden. Kapitel IV. Die Genitalapparate der Grundarten. Von jeher sind die’Genitalapparate der Insekten, namentlich die der Schmetterlinge, Gegenstand zahlreicher, zum Teil sehr er- schöpfender Studien gewesen. Wenn ich es dennoch vorziehe, an 16 Walter Roepke, dieser Stelle eine in manchen Punkten sehr detaillierte Schilderung der Genitalorgane von Smerinthus populi, populi var. Austauti und Smer. ocellata zu geben, so tue ich das, weil man, obwohl die betreffende Literatur sehr umfangreich ist, prägnante Einzel- schilderungen vermißt, und weil meine an zahlreichen Individuen vorgenommenen Untersuchungen zu dem interessanten Ergebnis geführt haben, daß die inneren Genitalorgane, zumal die der Männchen, auf sehr breiter Basis variieren); und zwar so, daß bei verwandten Arten die Variationsbreiten in- einander übergreifen, obwohl ihre Mittelwerte spezifisch verschiedene sind. Ich messe diesem Faktum sehr große Bedeutung bei. Der männliche Genitalapparat der Lepidopteren im all- gemeinen zerfällt in einen äußeren und in einen inneren. Während der äußere lediglich eine mechanische Funktion hat und als Hilfsapparat für die Begattung in Frage kommt, hat der innere Genitalapparat die Aufgabe, die Keimprodukte mitsamt deren Medium zu liefern und nach außen zu leiten. Dementsprechend unterscheiden wir am inneren, männlichen Genitalapparat: 1) den Hoden (das keimbereitende Organ), 2) seine ausführenden Gänge, und 3) die accessorischen Drüsen. Der Hoden der Smerinthusarten, wie der aller Sphingiden und zahlreicher anderer Lepidopteren, ist unpaar, von kugeliger Gestalt und matt-gelblichweißer Färbung. Im unteren Pole verlassen ein paar Vasa deferentia (V. d.) denselben; sie ragen mit unregelmäßig gefalteter, weiter Oeffnung bis ins Zentrum der Hodenkugel hinein. Diese Vasa deferentia besitzen in der Mitte eine immer deutlich sichtbare, mehr oder weniger schlank birnenförmige Anschwellung (Textfig. 8 Amp), die für die Smerinthusarten, wie überhaupt für die Sphingiden u. a., sehr charakteristisch ist. Der Auffassung mehrerer Autoren (Tetens 1891 u. a.), die diese Anschwellungen als Vesiculae seminales bezeichnen, kann ich insofern nicht beipflichten, als die Samenflüssigkeit diese Gebilde passiert, bevor das Sekret der Glandulae accessoriae sich ihr beigemischt hat, und weil gerade bei den Smerinthusarten ein später noch zu besprechendes Gebilde vorkommt, auf das allein mit Recht die Bezeichnung 1) Ganz das gleiche Verhalten habe ich bei zahlreichen Ver- tretern anderer Lepidopteren-Genera und -Familien feststellen können; es scheint hier demnach ein durchgängiges Gesetz vorzuliegen. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 17 „Vesicula seminalis“ anzuwenden ist. Da ich im Verlaufe meiner Arbeit diesen Gebilden noch wiederholt größere Aufmerk- samkeit werde zuwenden müssen, so werde ich mich des Ausdruckes „Ampullen“ als neutraler Bezeichnung für diese im Verlaufe der V. d. gelegenen Anschwellungen bedienen. Die äußerst feinen Enden der V. d. münden in den Mittelpunkt je eines kurzen Schlauchstückes, das ich in Uebereinstimmung mit CHOLODKOWSKY (1886) als paarigen Ausführungsgang betrachte und als solchen bezeichne (Ductus ejaculatorius duplex=D. ej. dupl.). An diese D. ej. dupl. schließen sich die sekretbildenden Anhangs- drüsen, Glandulae accessoriae, Gl. acc, an; letztere stellen ein paar mehr oder weniger langer, feiner Schläuche vor, die eng aneinander gelagert in starken Windungen verlaufen. Ich beobachtete bei den Smerinthusfaltern bisweilen eine stellenweise oberflächliche Verschmelzung derselben. In der direkten Ver- längerung der Gl. acc. also liegen die D. ej. dupl. Letztere wieder vereinigen sich zur Bildung des unpaaren Ausführungsganges (Duet. ej. simplex, D. ej. simpl.); dieser verdickt sich in seinem hinteren Abschnitte ein wenig durch allmähliche Aufnahme von Muskulatur und bildet kurz vor seinem ‚Ende unter plötzlicher Verjüngung eine tiefe, noch näher zu besprechende Einschnürung. Gleich darauf folgt eine verhältnismäßig große, blasige An- schwellung, an welche der Penis sich anschließt. Erst diese blasige Anschwellung, die nicht genau in der Achse des D. ej. simpl. und des Penis liegt, sondern etwas seitlich davon, verdient mit Recht die Bezeichnung Vesicula seminalis (V. s.), dient sie doch als Reservoir für die nun vollends ausgereifte Samen- flüssigkeit, die von hier aus auf nur noch ganz kurzem Wege nach außen gelangt. Das Endstück des Duct. ej. simpl. ist repräsentiert durch die „Penishülse“, eine hohle, aber sehr derbe Chitinröhre, die in ihrem Innern den herausstülpbaren Penis birgt. Während alle früheren Autoren die Penishülse als Penis deuteten und be- zeichneten und den eigentlichen Penis als „Peniseichel“ u. dergl. betrachteten (z. B. CHOLODKOWSKY 1886), so ist man erst durch neuere Untersuchungen (Srırz 1900, ZAnDER 1903) über die in Wirklichkeit obwaltenden Verhältnisse unterrichtet worden. ZANDER (1903) bedient sich des nicht gerade sehr glücklich gewählten Aus- druckes „Penistasche“, RoTscHILD und Jorpan (1903) sprechen von einer „penis-sheath‘“ ; letztere Bezeichnung vermeide ich aus leicht begreiflichen Gründen; ich werde vielmehr im Folgenden den Ausdruck „Penishülse“ in Anwendung bringen. Penis und Bd. XLIV. N. F. XXXVII, 2 18 Walter Roepke, Penishülse gehören bereits zum äußeren Genitalapparat und sollen daher bei Besprechung desselben noch näher gewürdigt werden. Charakteristisch für den inneren Genitalapparat der Smerin- thus-Z3 sind eine Anzahl merkwürdiger, im Verlauf der Genital- schläuche sich findender Einschnürungen, von denen die auffälligste, em Duct. ej. simpl. kurz vor der V. s. gelegene bereits erwähnt wurde. Zwei ähnliche Einschnürungen weisen die V. d. auf, eine liegt bei Beginn der Ampulle, die andere zwischen der Ampulle und der Einmündungsstelle in den Duct. ej. dupl. Auch gegen den Hoden sind die V. d. durch derartige, deutliche Einschnürungen abgesetzt; desgleichen die Gl. acc. gegen die Duct. ej. dupl. und diese wieder gegen den D. ej. simpl. Ich betrachte die Ein- schnürung zwischen den Gl]. acc. und Duct. ej. dupl. überhaupt als Abgrenzungsstelle der beiden gegeneinander). Noch eine weitere derartige Einschnürung findet sich bei Sm. populi (bereits von TETENns 1891 richtig erkannt und abgebildet) und seiner var. Austauti im Verlaufe des D. ej. simpl., und zwar in der oberen, proximalen Hälfte desselben. Bei ocellata fehlt diese letztere voll- ständig. — Diese Einschnürungen sind so charakteristisch, daß sie für die Identifizierung gewisser Teile des männlichen Genital- apparates eventuell in Betracht kommen können. Ich werde daher später auf dieselben noch oft zurückgreifen müssen, und um eben- falls einen prägnanten Terminus technicus dafür anwenden zu können, werde ich mich des Ausdruckes „Incisuren‘“ für die- selben bedienen. — Uebrigens sind gleiche Bildungen, wie die von mir geschilderten „Incisuren‘“ von Stırz (1900) an den männ- lichen Genitalorganen bei einer Reihe von Mikrolepidopteren fest- 1) Erst während der Niederschrift dieser Zeilen habe ich mich entschlossen, als D. ej. dupl. jenen Teil aufzufassen, der gegen die Gland. acc. begrenzt wird von der erwähnten Incisur einerseits, und der andrerseits einmündet in den D. ej. simpl. Vorher rechnete ich, dem Beispiele CuoLopkowskys (1886) folgend, den D. ej. simpl. nur von der Einmündungsstelle des V. d. bis zur Bildung des D. ej. simpl., und als Gl. acc. betrachte ich das ganze Stück von der Einmündungsstelle der V. d. bis zum freien Ende derselben. Von letzterem Gesichtspunkte aus machte ich all meine tabellarischen Aufzeichnungen und stellte die statistischen Berechnungen an. Nach der mir neu gebildeten und in obigen Zeilen vertretenen Ansicht bedürfen daher meine Zahlenangaber für den D. ej. dupl. und die Gl. acc. durchgehends einer geringfügigen Korrektur (worauf ich an geeigneten Stellen nochmals aufmerksam machen werde), die im übrigen das Gesamtresultat unverändert läßt. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 19 gestellt worden. Sie finden sich an ziemlich den gleichen Stellen wie bei meinen Smerinthusarten, treten jedoch vor allem am D. ej. simpl. (den Stırz einfach als „unpaare Drüse‘ bezeichnet) in größerer Zahl auf. Die Abschnitte, die von je zweien dieser Ein- schnürungen begrenzt werden, nennt Stirz „Schaltstücke“. Er zählt beispielsweise bei Aglossa pinguinalis L. d am D. ej. simpl. („unpaare Drüse‘“) sieben (!) solcher Schaltstücke. — Alle Teile des inneren männlichen Genitalsystems bilden zu- sammen einen dichten Knäuel, dessen Windungen jedoch im Prinzip nach ganz bestimmten Regeln erfolgen. Terens (1891) schildert grosso modo die Verhältnisse richtig. Bei den Bastarden war es mir nicht möglich, dem Verlauf der Windungen größere Aufmerk- samkeit zu schenken. Hervorheben möchte ich nur eins: bei ge- wöhnlichen Lagerungsbedingungen, unter denen die Genitalschläuche frei in der Leibeshöhle sich finden, kreuzen die beiden feinen End- abschnitte der V. d., kurz bevor sie in die meist knieförmig ge- bogenen Duct. ej. dupl. einmünden, das distale Ende des D. ej. simpl., etwa ganz dicht oberhalb der großen Incisur, die vor der V.s. sich findet. Dieser Kreuzungsstelle ventralwärts dicht auf liegt das letzte Abdominalganglion, das größte der ganzen Bauch- ganglienkette überhaupt, von dem mächtige Nervenstränge zu den darüberliegenden Genitalteilen ausstrahlen, insbesondere zu der Kreuzungsstelle des D. ej. simpl. mit den Enden der V.d. Diese Nervenstränge erweisen sich bei der Sektion als sehr resistent; und da sie eine recht solide Verknüpfung der V.d. mit dem Duct. ej. simpl. bewirken, wird dieser Punkt zum heikelsten in der ganzen Präparation; nur zu leicht reißt an dieser Stelle eins der beiden V.d. Hier ist also große Vorsicht geboten, wenn es auf intakte Präparation ankommt. Was die Histologie des männlichen Geschlechtsapparates der Lepidopteren anbetrifft, so sind wir über dieselbe durch die Arbeiten von CHOLODKOWSKY (1886) und namentlich Srtirz (1900) genügend unterrichtet. Nur verlohnt es sich, auf den Bau des Hodens der Smerinthus-43 etwas näher einzutreten, da wir bei Besprechung der Bastarde diesem Organ große Aufmerksamkeit werden zuwenden müssen. Am besten orientiert uns über die Struktur und den Aufbau des Lepidopterenhodens die Unter- suchung von ÜCHOLODKOWSKY (1886) 1); sie zeigt in Ueberein- 1) Es ist schade, daß die sehr beachtenswerte Arbeit in russischer Sprache erschienen ist. Obendrein scheint die Zeitschrift, in der sie niedergelegt ist, wenig verbreitet zu sein. 9%* 4 20 Walter Roepke, stimmung mit dem, was frühere Autoren (z. B. HrrorLp 1815, Bessens 1867) erkannt haben, daß der unpaarige Hode paarig angelegt wird, und daß jede der beiden Hälften aus 4 Follikeln besteht (Textfig. 1). Im Laufe der Entwicklung lagern diese beiden Hälften sich in der Weise aneinander, daß die die einzelnen Follikel voneinander trennenden Septen sich sämtlich in einer zentral gelegenen Achse treffen, sodaß der nunmehr verschmolzene kugelige Hode auf einem Querschnitte treffend mit dem Bilde verglichen worden ist, das eine S-teilige Orange bietet (Textfig. 2, 3). Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 1—3. Schema vom Zustandekommen des Hodenaufbaues. Modi- fiziert teils nach BESSELS u. a., teils nach CHOLODKOWSKY. Fig. 1. Frühes Stadium; jederseits 4 Follikel (Fo). Fig. 2. Zusammen- schluß der beiden Hälften zu einem einheitlichen kugeligen Gebilde, noch mit einer Haupttrennungsebene. Fig. 3. Gesamtansicht der Hodenkugel mit ihren 8 regelmäßig nebeneinander gelagerten Kammern (Follikel). #o Follikel, V.d Vasa deferentia. Nun erfolgt eine merkwürdige spiralige Torsion der Hoden- follikel um ihre gemeinsame Achse, wie Textfig. 4 und 5 sie ohne weiteres veranschaulicht. Diese Entwickelungsstufe ist charakteristisch für eine ganze Anzahl von Sphingiden (wovon ich mich selber durch Anfertigung zahlreicher Schnittserien überzeugt habe); auch unsere Smerinthus durchlaufen dieselbe, aber es geht die Entwickelung hier noch einen Schritt weiter, und damit erreicht sie die überhaupt denkbar höchste Stufe in der Ausbildung. Diese Weiterentwickelung geschieht in der Weise, daß die Septen der Hodenkapsel sowie deren Wandung vollkommen bis zum absoluten Schwinden degenerieren. Der ima- ginale Smerinthushode macht auf Schnitten somit den Eindruck der Einkammerigkeit, jedes begrenzende Epithel fehlt, die Wandung besteht nur noch aus einer äußerst zarten, schwer erkennbaren Chitinmembran, der auf der Innenfläche degenerierte Gewebereste anhaften — Ueberbleibsel der noch auf dem Puppenstadium schön ausgeprägten mehrschichtigen Hüllen. Auch im Innern des Hodens Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 21 erkennt man hier und da einzelne verstreute degenerierte Zellreste, die auf die ehemals vorhanden gewesenen Septen zurückzuführen sind (Textfig. 6). An diese Reste sind mit Vorliebe Tracheen- fo Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 4. Spiralige Torsion der Hodenfollikel, Gesamtansicht. Schema, Fig. 5. Dasselbe Stadium, Querschnitt. Schema. Fig. 6. Schema des imaginalen Smerinthushodens, Querschnitt. Septen völlig geschwunden (hier noch durch punktierte Linien angedeutet), verstreute Reste der Septen noch vorhanden (Re). stämme geknüpft; im übrigen durchziehen größere und kleinere Tracheenäste jetzt auch frei das Hodeninnere, nachdem die Septen, an die sie ursprünglich gebunden waren, fast spurlos verschwunden sind. — Die bei der De- generation der Hoden- ‚spe wandung und -Scheide- wände auftretenden Zer- fallsprodukte dürften wohl eine wichtige Rolle in der Ernährung der heranreifenden Keim- produkte spielen; auch dürfte die Apikal- zelle, solange sie in Tätigkeit ist, einen her- vorragenden Anteil an den geschilderten Re- sorptionsvorgängen neh- men. Diese „Apikal-“ oder nach ihrem Ent- j Fig. 7. Halber Horizontalschnitt durch die obere Hälfte des Hodens eines Smerinthusfalters decker auch Versonsche ( populi). 7r Tracheen; Az Apikalzellen; Re Zelle genannte unteil- este der Septen ; deg.Spt. degenerierende Sperma- bare Riesenzelle im Ende tiden ; deg.Spe. degenerierende Spermocyten (Sper- : ; mocysten); r.Spz. reife Spermatozoa; deg.Spg. eines jeden Hodenfol- degenerierende Spermogonien. = SER 22 Walter Roepke, likels ist ein außerordentliches Charakteristikum für den Insekten- hoden, namentlich für den der Lepidopteren. Selbst bei im Ab- sterben begriffenen Smerinthusfaltern kann man sie immer noch in ihrer ursprünglichen 8-Zahl auf das deutlichste erkennen; ihr Plasmaleib — im Imaginalstadium völlig degeneriert — erscheint als großer heller, mit strahligen Ausläufern versehener Hof, um den zahlreiche Spermogonien einen dichten Ringwall bilden (Taf. 1, Fig. 1 Az). Die Apikalzellen liegen meist dicht der Peripherie des Hodens an; ein Teil derselben findet sich in der oberen Hälfte, die übrigen in der unteren Häfte der Hodenkugel, teils schon im Bereiche der V. d., mitunter sogar diesen anstatt der Hoden- wandung angelagert. Immer lassen sich 8 Apikalzellen, ent- sprechend der ursprünglichen Follikelzahl, selbst im definitiv- einkammerigen Hoden der Smerinthus nachweisen. Die Spermatogenese ist mit dem Momente, wo die Smerinthus- falter ins Imaginalstadium treten, bereits abgeschlossen; diese Erscheinung mag wohl mit der Kurzlebigkeit dieser Sphingiden- gruppe in Zusammenhang stehen. Das Bild, das uns Schnitte durch den imaginalen Smerinthushoden vor Augen führen, wird beherrscht durch die in der Ueberzahl vorhandenen fast oder ganz ausgereiften Spermatozoenbündel, von denen der Hode dicht voll- gepfropft erfüllt ist. Alle früheren spermatogenetischen Stadien, vor allem in fortschrittlicher Entwicklungsrichtung begriffene Spermo- cySten (LA VALETTESche Hodenkugeln), die so charakteristisch sind für das Bild, das uns der larvale Hode zeigt, sind nicht mehr wahrzunehmen, wenn man von den die Apikalzelle um- ringenden Spermogonien absieht. Wohl aber finden sich degenerativ veränderte, frühere sper- matogenetische Stadien vor, die wahrscheinlich den zum völligen Ausreifen prädestinierten Spermatiden- und Spermazoenbündeln als Nahrung dienen. Wie diese Degeneration, auf die ich der später darzustellenden Verhältnisse bei den Bastarden halber eingehen muß, erfolgt, das ist leicht mit einigen Worten zu schildern. Die zum Verfall bestimmten Spermogonien und Spermocyten sind daran sofort erkenntlich, daß die ursprünglich an der Peri- pherie des Kernes fein verteilte Chromatinsubstanz zur Bildung einer oder zweier, selten dreier oder mehrerer kompakten Nukle- olen sich verdichtet. Nach Abschluß dieses Prozesses gehören diese Stadien ein für allemal nicht mehr in den Zyklus der Sper- matogenese hinein, können aber trotzdem noch zu einem sperma- Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 23 tidenähnlichen Gebilde auswachsen, indem das Zellplasma sich zu einem langen Schwanzteil verlängert. Immer aber ist für diese Verfallstadien das Vorhandensein der Nukleolen charakteristisch. Oft findet man ganze geschlossene Bündel so gebildeter Sperma- tiden, die an Stelle der Kopfabschnitte Nukleolen tragen, bald mehr an ihrem Ende, bald mehr in ihrer Mitte. Auch ganzen degenerierten Spermocysten (LA VALETTEschen Hodenkugeln) be- gegnet man, deren einzelne Spermocyten durchgehend Nukleolen an Stelle der sonst so fein und spezifisch strukturierten Kerne aufweisen, dabei haben gleichzeitig eine Anzahl Spermocyten ihre charakteristische periphere Lagerung aufgegeben und sind ins Innere der Spermocyste hineingewandert. Letztere wird dadurch zu einer mehr oder minder massiven, teilweise auch unregelmäßig begrenzten Zellanhäufung, bestehend aus lauter kleinen, nukleolen- haltigen Zellelementen. Diese Degenerationsstadien, über die ich in der Literatur bisher keine Angaben fand, sind in den imaginalen Hoden der Smerinthus- falter und anderer Lepidopteren keineswegs seltene Erscheinungen. Gegenüber den definitiv ausreifenden Spermatozoenbündeln aber sind sie immer in bedeutender Minderzahl vorhanden. Die reifen Spermatozoenbündel, deren Struktur oftmals Gegen- stand umfangreicher, namentlich älterer Untersuchungen gewesen ist, sind charakteristisch durch die scharf ausgeprägten Kopfab- schnitte, die in ihrer Gesamtheit den Eindruck eines starren Bündels kurzer Stricknadeln machen. Die Schwanzabschnitte hin- gegen sind lang, sie können gemeinsame wellige Krümmungen oder Windungen beschreiben. Die Zahl der ein einzelnes Bündel zusammensetzenden Sper- matozoen ist eine sehr große und scheint, bei der gleichen Art wenigstens, für alle Bündel die gleiche zu sein !!). Zusammengehalten wird jedes Spermatozoenbündel durch einen feinen Belag sog. „Follikel“-zellen, von denen eine durch besondere Größe auffällige stets am Vorderende eines jeden Bündels, also vor den Kopfabschnitten, sich findet (der sog. „Cytophor“). Bemerken möchte ich noch, daß all diese Stadien am besten in frischem Zustande zur Untersuchung gelangen, und zwar in der von GILson?) für diese Zwecke empfohlenen und modifizierten 1) E. Bucnıon 1906 (La signification des faisceaux sperma- tiques, Bibl. Anat., T. XVI, 1) stellt diese Tatsache für eine Reihe verschiedenster Tierformen als gesetzmälig fest. 2) S. „La Cellule“, T. I. 24 Walter Roepke, Fixierungs- und Konservierungsflüssigkeit nach RıPArRT und PETIT unter Zusatz von angesäuerter Methylgrünlösung. Leider liefert diese ausgezeichnete Methode keine Präparate von längerer Halt- barkeit. Der histologische Bau der übrigen Genitalteile ist ein sehr einfacher und entspricht im wesentlichen den von Srırz (1900) für die Mikrolepidopteren ausführlich klargelegten Verhältnissen. Sämt- liche Wandungen bestehen aus nur zwei Lagen, die innere ist ge- bildet von einem einschichtigen, mehr oder weniger hoch zylin- drischen Drüsenepithel (nur in den Ampullen ist das Epithel flach kubisch und offenbar nicht drüsiger Natur), welches ein stern- förmiges (nur in den feinen Enden der V.d. spaltförmiges) Lumen umschließt. Die äußere Lage der Genitalschläuche wird gebildet von einer flachen Schicht platter, unregelmäßiger Epithelzellen. Zwischen diesen beiden Lagen schiebt sich im untersten Drittel des D. ej. simpl. Muskulatur ein, wodurch dieser Abschnitt mäßig verdickt wird. Prinzipielle morphologische Unterschiede im feineren und gröberen Bau der inneren männlichen Genitalien bestehen zwischen ocellata, populi und populi var. Austauti nicht. Nur weist ocellata jene geschilderte, für populi wie für seine var. Austauti so charakte- ristische Incisur im proximalen Drittel des D. ej. simpl. nicht auf. Es ließen sich hingegen bei den drei Formen auffallende Ditferenzen in der Längenentwicklung der einzelnen Bestandteile des inneren Genitalapparates feststellen; gleichzeitig ergab sich durch die in großer Anzahl vorgenommenen Messungen die mir äußerst interessant und wichtig scheinende Tatsache, daß selbst innerhalb ein und derselben Art die männlichen Genitalschläuche in sehr beträchtlichem Maße variieren. Diese Eigentümlichkeit steht in direktem Gegensatze zu dem Verhalten der äußeren Genitalorgane, deren Ausbildung eine derart konstante ist, daß diese Teile mit bestem Erfolge und seit geraumer Zeit in der Systematik Ver- wendung finden. Ich nahm die Messungen an den inneren Genitalorganen in der Weise vor, daß ich die frischen, in der Fixierungsflüssigkeit unter Zuhilfnahme einiger feiner Pinsel und feiner, gut gespitzter Hölzchen herauspräparierten zarten Schläuche auf einer Glasplatte ausbreitete und möglichst streckte, und daß ich dann deren ein- zelne Teile mit dem Zirkel maß. Infolge einer gewissen geringen Dehnbarkeit und des Umstandes wegen, daß die einzelnen Teile sich gern ein wenig kräuseln, können die gewonnenen Zahlen nicht Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 25 Anspruch auf absolut mathematische Exaktheit machen, immerhin stellen sie relativ recht genaue Werte vor. Es ergiebt sich innerhalb der einzelnen Arten eine Längen- differierung der einzelnen Genitalabschnitte von 100 Proz. oder mehr. Besonders der D. ej. simpl. und die Gl. acc. erweisen sich der Länge nach als äußerst variabel. Vergleicht man dazu die Gesamtentwicklung des Falters, so kann man konstatieren, daß meistens (aber keineswegs immer) die kräftigsten Individuen, welche die größte Flügelspannung, bezw. die größte Flügellänge besitzen, die längsten Genitalschläuche aufweisen, während sie bei kümmer- lichen und schwächlichen Exemplaren am kürzesten entwickelt sind. Bei Smer. ocellata schwankten die an 16 Exemplaren ge- wonnenen Maße für den D. ej. simpl. zwischen 61 und 116 mm, für die V.d. zwischen 13 und 25, die Gl. acc. zwischen 40 und 86 mm. Bei Smer. populi (gemessen an 13 Exemplaren) variierte die Länge des D. ej. simpl. zwischen 35 und 73 mm, die der V.d. zwischen 10 und 21, der Gl. acc. zwischen 15 und 31 mm. Bei Smer. populi sind also alle Teile um ein beträchtliches kürzer als bei ocellata; ich habe das in Textfig. 8 A zur An- schauung gebracht, in der ich Mittelwerte zur Darstellung wählte; außerdem ist bei populi die Variabilität eine größere, sie übersteigt hier 100 Proz., während sie bei Smer. ocellata 100 Proz. nicht ganz erreicht, obschon die Anzahl der kontrollierten Exemplare eine größere ist als bei populi. Bei der var. Austauti begegnen wir der hochbedeutsamen Er- scheinung, daß in der Längenentwickelung der einzelnen Abschnitte des inneren Genitalapparates eine auffällige Differenz gegenüber ihrer Stammform populi zu Tage tritt. Die an 9 Exemplaren aus- geführten Messungen ergaben das Resultat, daß der D. ej. simpl. um die Hälfte, und die Gl. acc. fast um die Hälfte kürzer sind als die gleichen Teile bei populi, während die V.d. bei Austauti die der Stammform noch um ein geringes an Länge übertreffen! Außerdem ist die Variabilität des D. ej. simpl. und der Gl. acc. noch größer als bei populi. Die Maße bewegen sich innerhalb folgender Grenzen): D. ej. simpl. 15—20 mm, V.d. 12—23 mm, 1) Nach Niederschrift dieser Zeilen war ich im Frühjahr 1907 abermals in der glücklichen Lage, 9 Männchen der Smer. var. Austauti untersuchen zu können. Es waren Riesenexemplare, die Herr Prof. Sranpruss als Puppe von Nordafrika erhalten hatte, und die ich seiner Liebenswürdigkeit verdanke. Es zeigte sich nun, daß die Variationsbreite dieser 9 Individuen sich nicht in allen Punkten 26 Walter Roepke, Gl. acc. 9—23 mm! Wie aus diesen Zahlen er- sichtlich ist, sind die V.d.derallge- meinen Längen- reduktion nicht gefolgt. Dadurch kommt die für Austauti sehr charakteristische Erscheinung zu- stande, daß die Fig. 8. Innere Genitalorgane der Smerinthus-Zd. !/.. Durchschnitts- größen. A Sm. ocel- lata, B Sm. populi, C Sm. populi var. Austauti. 7 Hode; V.d Vasa def.; Amp Ampullen; Ic Inci- suren; Gl.acc. Glan- dulae accessoriae; D.ej.d Ductus eja- culatorius duplex; D.ej.s D. ej. simplex; V.s Vesicula semi- nalis; ? Penis. Die Längealler Teile ent- spricht genau dem konstatierten Durch- schnittswerte; doch sind die einzelnen Schläuche in der Fi- gur zu dick wieder- gegeben, in Wirk- lichkeit sind sie noch feiner. vollständig mit jener deckt, die ich im Vorjahre an der gleichen Anzahl Falter feststellen konnte. Ich fühle mich daher um so mehr verpflichtet, schon jetzt die neuerdings gewonnenen Zahlen anzugeben, wenngleich sie auch für den weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht mehr in Betracht kommen können. — Es schwankte die Länge des D. ej. simpl. bei diesen 9 Männchen zwischen 22 und 60 mm, die der V. d. zwischen 15 und 27, die der Gl. acc. (ohne Hinzurechnung der halben D.-ej.-dupl.- Länge) zwischen 9 und 25 mm. — Aus- führlicheres vielleicht später bei anderer Gelegenheit Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 27 stark verkürzten Gl. acc. von den V. d. überragt werden (vergl. Textfig. 8 C). Ich kann es mir nicht versagen, an dieser Stelle meine tabellari- schen Aufzeichnungen der Maßverhältnisse folgen zu lassen; die- selben können für spätere Forscher, auf dem Gebiete der Variations- kunde vielleicht, von Interesse sein. Aus diesen Tabellen gehen die großen Längendifferenzen deutlich hervor. Hervorgehoben sei noch folgendes: Der D. ej. simpl. wurde stets vom Zusammentritt der beiden D. ej. dupl. bis zum Zentrum der V.s. gemessen. Der D. ej. dupl. wurde, was auch in den Tabellen zum Ausdruck ge- bracht ist, nur bis zur Einmündungsstelle der V. d. gemessen, diese Strecke entspricht genau der Hälfte seiner Gesamtlänge. Andererseits wurde die andere Hälfte der D. ej. dupl. bereits den Gl. acc. zugezählt, wie ebenfalls aus den Tabellen ersichtlich ist. Diese Art des Maßnehmens war meine ursprüngliche Methode; ich habe von einer nachmaligen Rektifizierung derselben Abstand ge- nommen, weil ich bei allen Variationsberechnungen den D. ej. dupl. seiner relativen Kürze wegen ausgeschaltet habe, und weil für die Gl]. acc. der Unterschied auch im Höchstfalle nur wenige Millimeter ausmacht; für die in Betracht kommenden Verhältniszahlen, mit denen ich später operieren werde, ist dieser Unterschied so gut wie belanglos. Will man aber im Einzelfalle das konkrete Längen- maß der Gl. acc. haben, so muß man in allen Fällen stets die Länge des halben D. ej. dupl. in Abzug bringen. (Vergl. hierzu das auf S. 26 in der Fußnote Gesagte.) Smerinthus ocellata L. Längenentwickelung der einzelnen Abschnitte der männlichen inneren Genitalschläuche in mm. No. Datum D. e]. Vv.d 4.\/D. e). inD. Größe des Falters impl. dup!l. ej.dupl. (Flügellänge) es: 24.11.06] 62 | 15% 3,5 40 | R. V.-Fl. 35. : all, | 62:19: 58,5 40 | Total verkrüppelt. 3|[14.V. „| 89|18| 65 48 | R. V.-Fl. 36. 4|14.V. „| 61 )16 | 45 50 Al. BEeVI. 116 1 35,16 ee 3 DRIGNV. 1065 | 18,|: #45 41 | kräftig. — DUB. 9 | 174 8 59 = — BUG V.i..r 62 | 15 |, 45 438 | R. V.-Fl. 34. 9|16.V. „I 109 | 204) 5 Bars fs), 080; 10/16.V. „| 63| 14 | 45 ER 88 Enid v. „|.092:| 20 | 5 Ba 798, Walter Roepke, No. Datum |P-S.|v. 4aD.e- Hann Größe des Falters simpl. dupl. ei, as (Flügellänge) 17.V. 413122... „1113 1:25 6 Total verkrüppelt, doch kräftig. 14] 6.V1.,.1: 92..48.]| 5 R. V.-Fl. 38. 10 6.1. | 108 1,205 De > 16) 6.91. ,1.:.87.1 181 8 N > Smerinthus populi L. 1125.11.06| 35 | 13 | 3 | 15 = 2|27.IV. „| 42 | 15 |, 4 18 = Bl...) ABl IN 55,0 | 26 |R. V.-Fl. 37. ANI2.V. |: 451410|]° 5 28 — BEN ae ao U Aue msn 6/16.V. „| 3835| 18| 45 16 — 2116.V. „N 57.116 145 28 | R. V.-Fl. 38. 8..17.9,,.,9.188]|.464 4 19 TB ee a lrn, 138 22 en. a UDe17. 1 7541,21 20:5 30 — ah 2 ne aa een ae re IE 2a NE 2a 31 — 13125.V. „| 43 | 18 | 4,5 25 — Smer. populi var. Austauti STER. Sämtliche Falter stammten 1) 3 Y 2 2 12 | 35 .s ausalgerischen, imFreien ge- 3. V. 15 ’ grabenen Puppen, waren also ä 11V. , 2 5 e Rx normales, kräftiges Material. 5 2e V., = > 5 i 5 Die Flügel aber blieben ver- > 7 ” 021 5 11 krüppelt, da die Puppen auf 6|25.V. „| 40 er 5 19 dem Transport kleine Druck- x a ” ° I 35 19 schäden erlitten hatten. Flü- 9 B. a ” RN os 7 11 gelmaße konnten daher nicht 6.VI., genommen werden, Anmerkung. Die Maximal- und Minimalzahlen sind durch fetten Druck hervorgehoben. Im Falle, daß eine Rubrik nicht exakt ausgefüllt werden konnte, ist diese Lücke durch einen — markiert. Das gilt namentlich für die letzte Spalte; denn oftmals gelangten die Falter in einem bereits so abgeflogenen Zustande zur Untersuchung, daß Flügelmaße nicht mehr genommen werden konnten. Im übrigen wurde durchgehends normales Material, das zumeist aus der freien Natur und zwar aus der Umgebung Zürichs stammte, untersucht. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 29 Um die Verhältnisse recht anschaulich zu machen, gebe ich als Textfigur 9 eine schematischeNeben- einanderstellung der aufgefundenen Ma- ximalwerte für ocel- lata (A), populi (B) und populi var. Au- stauti (C) in natür- licher Größe wieder. Der Bau der äußeren Genitalien ist bei den Smerin- thus-33, könnte man fast sagen, ein rein schematischer. Wir unterscheiden außer dem eigentlichen Be- gattungsgliede einen dorsalen unpaaren und einen lateralen paarigen Bestand- teil. Der erstere, den ich in Uebereinstim- mung mit anderen Autoren kurz als „Penisdeckel“ be- zeichne (Textfig. 10 Pd), läßt in wieder- um sehr einfacher Weise „Uncus“ (Ue) und „Scaphium‘ (Sc) Fig. 9. Schema vom inneren männlichen Ge- nitalapparat der Sme- rinthus. Nebeneinan- derstellung der aufge- fundenen Maximal- und Minimalwerte für die Längenentwickelung der einzeln. Abschnitte. A. bei ocellata, B bei populi, © bei populi var. Austauti. Exakt '/.. 30 Walter Roepke, erkennen, zwei zahnartige Vorsprünge, die hier ihrer Gestalt nach mit einem Vogelschnabel verglichen werden können. Durch Kon- traktion der an der Innenfläche des Penisdeckels sich anheftenden Muskulatur kann der Uncus so stark herabgekrümmt werden, daß seine Spitze seitlich neben das Scaphium zu liegen kommt. Diese Stellung ist häufig an den Präparaten sogar noch vorhanden. Zwischen Uncus und Scaphium mündet der Enddarm nach außen auf einer oft deutlich hervortretenden Afterpapille (Textfig. 10 Ap). — Da ich dem Penisdeckel im späteren Verlaufe meiner Unter- suchungen wiederholt größere Aufmerksamkeit werde zuwenden müssen, ist es unerläßlich, daß wir über den Aufbau desselben uns etwas eingehender orientieren. Wie vor allem aus den neueren Untersuchungen ZAnDERs (1903) hervorgeht, ist der Penisdeckel bei den Lepidopterenmännchen gleichbedeutend mit dem 9. und Fig. 10. Aeußere Genitalien von Smer. ocellata Z. Seiten- ansicht. Pq4 Penis- deckel, Ue Uncus, Ap Afterpapille, Se Scaphium, Vv Val- ven, Hp Harpen, Ph. Penishülse, Mu Mus- kulatur, D.ej.simpl Ductusejaculatorius simplex, /c Incisur, Vs Vesicula semi- nalis. 10. Abdominalsegmente, und zwar sind Uncus und Scaphium auf- zufassen als Reste oder Vorsprünge eines in das Bereich des 9, während der Entwickelung hineinbezogenen 10. (Anal-)Segmentes. Letzterem würde die proximale Region des Penisdeckels ent- sprechen. Dieser Bestandteil der äußeren „Genitalanhänge“ ist also kein eigentliches Anhangsgebilde etwa wie die nun zu kenn- zeichnenden Valven, sondern ist gleichwertig mit allen übrigen Ab- dominalsegmenten, von denen er die beiden letzten repräsentiert. — Der paarige laterale Bestandteil sind die „Seitenklappen“ oder „Valven“ (Textfig. 10 Vv); sie tragen an ihrer Innenfläche ein vom unteren Rande der Valven seinen Ursprung nehmendes kräftiges, chitinöses Klammerorgan, die „Harpen“ (Textfig. 10 Hp). Letztere geben, außer der noch zu besprechenden Penisarmatur, systematische Unterscheidungsmerkmale am äußeren Genitalapparat der Smerinthus-dg ab; bei ocellata sind sie einfach gestaltet mit. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 31 kurzem, zahnartigem Vorsprunge an der Spitze (vergl. Textfig. 10), bei populi und seiner var. Austauti sind sie hingegen ziemlich tief ausgebuchtet, zweilappig (Textfig. 11). — Valven nebst Harpen sind Derivate des äußeren Chitinintegumentes. Der Penis und die Penishülse, letztere nach ZAnDeEr (1903) ebenfalls eine Bildung des Integumentes, sind d ejenigen Organe, welche die inneren geschlechtsleitenden Gänge mit der Außenwelt in Verbindung setzten. Sie bilden die Verlängerung des D. ej. simpl. Der eigentliche Penis ist im Ruhezustande stets in der Penishülse ge- borgen; über den komplizierten Bau des- selben und seinen Mechanismus gibt uns die Arbeit von Srırz (1900) allen wün- schenswerten Aufschluß. Fig. 11. Valve (7%) Penis und Penishülse weisen häufig und Harpe(p) von Smer. charakteristische, für die Systematik eben- pa c Sa klare stark falls wichtige sog. „Armaturen“, d. h. Be- 5 wehrungen mit eigenartigen Dornapparaten auf. Das gilt auch vor allem für unsere Smerinthus. Bei ocellata läuft der ovale Rand der Penishülse an einer Stelle in einen scharfen, unbeweglichen, starken Zacken aus (Textfig. 12). Der eigentliche Penis selber weist eine große Anzahl regelmäßig nebeneinander stehender, gleichartiger und gleichgerichteter Dornen auf. Im Ruhezustande sieht man dieselben sehr deutlich durch die Penishülse durchscheinen, sie erinnern in ihrer Gesamtheit an einen etwas groben Striegel. Ist der Penis ausgestülpt, so scheinen sie auf den aufgehellten Balsam- (Mazerations-) Präparaten einen gleichartigen Komplex außerhalb der Penishülse zu bilden. Die Zahl der einzelnen Dornen, die dieses Gebilde zusammensetzen, ist sehr wechselnd, immerhin aber eine so große, daß ich von Zählungen vorläufig Abstand genommen habe. Anders liegen die Verhältnisse bei Sm. populi (Textfig. 13); die Penishülse ist hier ohne alle besondere Ausrüstung, aus ihrer ovalen Oeffnung ragt aber die gewaltige, bizarre Armierung des eigentlichen Penis hervor, dem ganzen Gebilde ein eigentümliches, morgensternähnliches Aussehen verleihend. Der Penis von populi ist besetzt mit einer Anzahl meist äußerst kräftiger, tief schwarz- brauner, starrer, in sich unbeweglicher Chitindornen. Ich habe diesen Gebilden hinsichtlich ihrer Zahl größere Aufmerksamkeit gewidmet und zunächst konstatiert, daß die Dornen in drei ver- schiedenen, nicht scharf voneinander zu trennenden Größen auf- 32 Walter Roepke, treten. Größe I sind jene in Textfig. 13 am schärfsten hervor- tretenden. Sie sind unregelmäßig gruppiert und unregelmäßig nach allen Seiten gerichtet. Ihre Zahl ist eine schwankende, an 14 verschiedenen Exemplaren habe ich im Minimum ca. 10 und im Maximum ca. 25 feststellen können. Größe II ist bedeutend kleiner als I (etwa nur halb so groß und noch kleiner), meist nur vereinzelt zwischen den großen Dornen auftretend, gelegentlich so gut wie ganz fehlend, dann aber auch wieder bei anderen Exemplaren in reichlicher Zahl vorhanden. Also auch hier herrscht weitgehende Variabilität. Noch beträchtlicher wird dieselbe mit Bezug auf die Dornen der Größe III. Es sind dies die kleinsten, die, wenn sie vorhanden sind, meist einen kleinen Rasen von etwa 20 und mehr Stück bilden. Sie können häufig ganz oder so gut Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 12. Smer. ocellata, distale Penispartie. Fig. 13. Smer. populi, distale Penispartie. Dornen der Größe I reich- lich vorhanden, dazwischen vereinzelt solche der Größe II, Größe III ganz fehlend. Fig. 14. Smer. populi var. Austauti, distale Penispartie. wie ganz fehlen, wie bei dem der Textfig. 13 zu Grunde liegenden Präparate, dafür treten sie ebenso oft in recht bedeutender Anzahl auf. Aus den verschiedenen Kombinationen der drei Kategorien miteinander ergeben sich zahlreiche Modifikationen, die dartun, wie hier selbst im Kleinen eine große Variabilität herrscht. Die var. Austauti ist von ihrer Stammform auffällig unter- schieden. Es fehlt nämlich dem Penis derselben jene für populi so überaus charakteristische starke Bedornung. Höchstens sind einige kleine Dörnchen, der Größe III etwa entsprechend, wahrzunehmen; im übrigen ist keine weitere Armierung vorhanden. Dieses Kenn- zeichen ist ein sehr bedeutsames in Anbetracht des hohen systematischen Wertes, der diesen Bildungen beigemessen wird. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 33 Hiermit habe ich das wichtigste mit Bezug auf den Bau der männlichen Genitalorgane der Smerinthus hervorgehoben. Bei der Schilderung der entsprechenden weiblichen Teile kann ich mich bedeutend kürzer fassen; der feinere Bau derselben ist hier weniger von Interesse, weil eine nur ganz bescheidene Zahl von Bastard-22 untersucht werden konnte (5 hybr. operosa 22, 1 hybr. hybridus 9), und weil der Bau der inneren Genitalien der- selben sich als derart modifiziert erwies, daß ein detaillierter Ver- gleich derselben mit den Verhältnissen bei den Grundarten nicht ge- zogen werden kann. Der Bau der weib- lichen Genitalorgane ist bei allen Lepido- pteren im allgemeinen einheitlicher als der der männlichen. Aeußere Genitalanhänge fehlen den Smerinthus-22 voll- ständig, die inneren be- stehen aus einem kurzen unpaaren Uterus oder Oviductus simplex (Ovid. simpl.), der an der Hin- m } ä a R Fig. 15. Weibliche Genitalorgane von Smer. terleibsspitze gemeinsam populi, rechts alle, links drei Ovarien abge- mit dem Enddarm nach schnitten gedacht, desgl. die Anhangsschläuche R der Gl. seb. Ov, Ov’ Ovarien, Od.d Oviduct. dupl., außen mündet. Der R.s Rec. sem., Vst Vestibulum, B.c Bursa copulat., Uterus gabelt sich bald D.s Duct. seminalis, Od.s Oviduct. simpl., Ost.b.e z } . Ostium burs. cop., Op Oviporus, Edd Enddarm in zwei kurze Aeste: (se Gland. sebaceae (Kittdrüsen). paariger Uterus oder Oviduct (Ovid. dupl.).. An diesen schließen sich je vier Ovarien an. Letztere stellen zartwandige Schläuche vor, die normaler- weise lückenlos mit einzeilig aufeinander folgenden Eiern gefüllt sind, derart, daß jedes Ovar perlschnurähnliches Aussehen hat (Text- fig. 15 Ov u. Ov‘). Sie verlaufen durchaus isoliert voneinander, doch sind die vier je einer Seite mehr oder weniger eng aneinander gelagert, gemeinsam unregelmäßig schraubig-spiralig aufgerollt und Bd. XLIV. N. F. XXXVIL 3 34 Walter Roepke, obendrein noch in ihrer Gesamtheit scharf umgebogen, geknickt, Das Ganze ist durch üppig entwickelte Tracheenäste, Nerven und reichlichen Fettkörper zu einem ziemlich kompakten Paket ver- einigt, so daß die intakte Isolierung der einzelnen Ovarien wegen ihrer zarten Wandungen nicht immer ganz leicht gelingt. Wie bei den männlichen Genitalien, so müssen wir auch bei den weiblichen eine die Keimprodukte liefernde Zone unterscheiden. Diese ist in den äußerst feinen Endspitzen der Ovarien zu er- blicken; in denselben, den sog. Endfächern oder Endkammern, spielen die Vorgänge der Oogenese sich ab. Das Studium der- selben muß ebenfalls an larvalem Materiale begonnen werden; auf dem Imaginalstadium ist bei den Smerinthus-?? der Prozeß der Eibildung völlig oder so gut wie völlig abgeschlossen. Frühere oogenetische Stadien sind, wenn überhaupt noch vorhanden, in Degeneration begriffen. Von einer Schilderung des feineren Baues des Endfaches kann ich Abstand nehmen, kann doch bei meinen zu untersuchenden Hybridenweibchen von dem Vorhandensein einer solchen keim- bereitenden Region nicht die Rede sein. Hervorheben möchte ich mit Bezug auf die Ovarien noch einen Punkt, über den man in der Literatur widersprechende An- gaben findet: die Enden der Ovarien, die Endkammern, sind bei meinen Smerinthus-?? zwar durch eine gemeinsame Hülle zu je 4 miteinander verknüpft, liegen aber frei in der Leibeshöhle, d. h. sie sind im Gegensatz zu dem Verhalten, das wir bei andern In- sekten antreffen, nicht am Rückengefäß suspendiert. Die Austrittsöffnung des Ovid. simpl., von allen bisherigen Autoren in nicht ganz korrekter Weise als „Vagina“ bezeichnet, dient nicht zur Vermittelung des Paarungsaktes, sondern nur als Ovipositor. Als weibliches Kopulationsorgan kommt vielmehr die an der Grenze vom 8. und 9. Abdominalsegmente gelegene stark chitinisierte Mündung der Bursa copulatrix (B. c.) in Betracht, das Ostium bursae. Die B. c. stellt bei den Smerinthus-Arten ein un- charakteristisch geformtes, sackförmiges, muskulöses Organ (Text- fig. 15 B.c) dar, von dem häufig ein haubenförmiger Aufsatz sich mehr oder weniger deutlich abhebt. Auffällige Chitinstrukturen im Innern derselben, wie sie bei andern Lepidopteren-?? vor- kommen und die neuerdings als systematische Unterscheidungs- merkmale in Betracht gezogen werden, fehlen bei den Smerinthus. Je nachdem das Weibchen ungepaart oder gepaart ist, und nach dem Grade der jeweiligen Füllung mit Spermamasse ist die Ge- Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 35 stalt der B. c. eine wechselnde. Vom Grunde der B.c. entspringt der Ductus seminalis (Duct. sem., D. s.), ein feines, gewundenes Kanälchen, das in den Ovid. simpl. einmündet. Dieser Ein- mündungsstelle gegenüber befindet sich eine halbkugelige Auf- treibung, für die ich die Bezeichnung „Vestibulum“ nach Srırz (1901) akzeptiere. In der Regel füllt bei den normalen Weibchen ein Ei dieselbe an. Im Vestibulum erfolgt offenbar die Berührung der Eier mit dem männlichen Sperma, denn in dasselbe mündet auch noch der Ausführungsgang des Receptaculunm seminis (R. s.) ein. Letzteres ist ein feines Kanälchen (Textfig. 15 R.s) von sehr wechselnder, meist aber geringer Länge, das in seinem Verlaufe eine einseitig, schief bauchige Auftreibung besitzt. Der auf die- selbe folgende Endabschnitt wird auch als Anhangsschlauch be- zeichnet. Das ganze Organ ist relativ sehr klein und enthält bei gepaarten Smerinthus-?? immer nur einen geringen Teil der Spermatozoen, während die Hauptmasse des Spermas in der B. c, zurückbleibt. — Schließlich erübrigt es sich noch, die Kittdrüsen, Glandulae sebaceae (Gl. seb.), als Bestandteile des weiblichen Genitalkom- plexes zu erwähnen. Dieselben repräsentieren ein paariges Gebilde, das mit gemeinsamem Ausführungsgange (Ductus sebaceus, D. seb.) dorsal in den Ovid. simpl., kurz bevor er nach außen tritt, mündet. Der Körper der Gl. seb. ist eine ziemlich große, dünnwandige Blase; diese trägt die eigentliche Drüse in Gestalt eines außer- ordentlich langen Anhangsschlauches, dessen chitiniges Sekret sich in der Blase ansammelt und dieselbe prall anfüllt. Es ist bei den Smerinthus-Arten ganz farblos, wasserhell; es erhärtet bei Be- rührung mit der Luft sofort. Es dient bekanntermaßen dazu, die Eier während der Ablage an die Unterlage anzuleimen. Ueber den feineren histologischen Bau des weiblichen Genital- apparates der Lepidopteren, auf den hier des Näheren nicht ein- gegangen werden soll, instruieren am besten die Arbeiten von Srtırz (1901) und MArscHALL (1905). Aeußere Genitalanhänge existieren, wie schon bemerkt, bei den 22 hier nicht nur nicht, sondern es sind sogar die letzten Abdominalsegmente vom 10. ab einschließlich in den Bereich des inneren Genitalkomplexes mit hineinbezogen und wahrscheinlich zur Ausbildung des Ovipositors, vielleicht auch eines Chitinstab- paares verwendet worden, das den Övipositor flankiert und dem- selben als Muskelapophyse und wohl auch als Hebelapparat Dienste leistet. Erwähnen möchte ich noch ein eigentümliches Gebilde, 3* 36 Walter Roepke, offenbar einen Duftapparat, den die Weibchen besitzen. Es handelt sich um ein Organ, von dem man für gewöhnlich nichts sieht; dasselbe wird erst mit Beginn der Paarungslust des Weibchens von diesem aus der Hinterleibspitze ausgestülpt. In diesem Zu- stande erscheint es als kugeliges, muskulöses Gebilde mit regel- mäßig angeordneten Drüsenpapillen, die je eine starke Borste tragen. Es flankiert links und rechts den Ovipositor. Wirklich charakteristische Unterschiede im Bau der weiblichen Genitalien existieren bei unseren Smerinthus-Arten nicht; durch Vornahme von Messungen, ähnlich wie bei den Männchen, Unter- schiede konstatieren zu wollen, führt nicht zu ausschlaggebenden Resultaten; die Länge der Ovarien ist nicht maßgebend, hängt sie doch von der Anzahl der in:ihnen vorhandenen Eier ab. B. c., R. s., Gl. seb. können ebenfalls nicht als Unterscheidungsmerkmale herbeigezogen werden; die B. c. ihrer uncharakteristischen Gestalt wegen nicht, das R. s. ist sehr klein, sein bezüglich der Länge zwar äußerst variabler Anhangsschlauch in Wirklichkeit sehr kurz, so daß für Messungen hier keine günstigen Objekte vorliegen. TETEns (1891) bildet bei Smer. populi den Anhangsschlauch des R. s. gegabelt ab, ich sah ihn bei allen von mir untersuchten Smerinthus-?? immer nur einfach. Bei der var. Austauti erscheint das R. s. im Gegensatz zu seinen sonst viel robuster gebauten Genitalien am schwächsten und zartesten entwickelt. Die Anhangs- schläuche der Gl. seb. geben ebenfalls kein geeignetes Unter- scheidungsmerkmal ab, sie sind der Länge nach sehr variabel, im allgemeinen aber ist die Länge so bedeutend und die damit Hand in Hand gehende Aufknäuelung eine so verwickelte, daß die intakte Herauslösung der Anhangsschläuche der Gl. seb. häufig nicht mög- lich ist. Beispielsweise betrug die Länge des Anhangsschlauches einer der beiden Kittdrüsen bei einem Austauti-? reichlich 11 cm! Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß der weibliche Genital- apparat der Smerinthus ocellata, populi und populi var. Austauti für Variationsstudien wie für die Feststellung artlicher Unterschiede ein weniger günstiges Objekt darstellt als der männliche. Hiermit schließe ich meine Untersuchungen über die Genitalorgane der Grundarten. Wenn ich bei manchen Einzelheiten mich etwas länger aufgehalten habe als bei andern, so ist das nicht in letzter Linie mit Rücksicht auf die nun folgenden Untersuchungen an den Smer. hybr. hybridus Westw. und hybr. operosa STDFSs. geschehen. Ich gehe nunmehr zum Hauptabschnitte meiner Untersuchungen über und wende mich zur Darstellung meiner Befunde bei Anat. Untetsuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 37 Kapitel V. Smer. hybr. hybridus (STEPHENS) WESTW, Zur Untersuchung gelangten bis Ende des Jahres 1906 24 ge- schwisterliche Individuen, von denen 22 typische Männchen waren, eins seinem Fühlerbau nach typisch zwittrig zu sein schien und eins ein weibliches Individuum war, das aus einer exakt weiblich gestalteten Puppe durch Ausschälen erhalten wurde }). Die Untersuchungen bieten eine Fülle von Ueberraschungen. Der Bau der inneren Genitalorgane, mitunter auch der der äußeren, weicht meist hochgradig von dem für die Grundarten geschilderten Normaltypus ab unter Bildung derart verschiedener Anomalien, daß es notwendig ist, jedes Individuum der Reihe nach für sich zu be- handeln, und, wenn nötig, durch Zeichnungen die gewonnenen Be- funde zu illustrieren. Die Abbildungen sind gleich am frisch heraus- präparierten Objekte unter Zuhilfenahme des großen Zeißschen Zeichenapparates nach ABBE und unter Verwendung des vortreff- lichen Zeißschen Objektives a* hergestellt und wurden am Kon- servat nochmals kontrolliert um, wenn nötig, korrigiert werden zu können. Bietet ein Individuum nichts Auffallendes, so begnüge ich mich mit der Angabe der Maßverhältnisse. Das erwähnte weibliche Exemplar schließe ich vorläufig von der Behandlung aus, werde aber später bei Besprechung der hybr. operosa-?2 ausführlich auf dasselbe eingehen. Zunächst lasse ich die Darstellung der topographischen Ver- hältnisse des inneren wie äußeren Genitalapparates der 23 hybr. hybridus-33 und der 6 hybr. operosa-3& folgen, dann gehe ich zur Schilderung des feineren Hodenbaues und der Erscheinungen der Spermatogenese über. Hybr. hybridus 4, No. 1. Falter mittelkräftig, leicht krüppelhaft. R. V.-Fl. 33; anato- miert am 6. VIII. 1906. Innere Genitalien vom Bau des Normaltypus. Auffällig ist an den Gl. acc. eine geringe Differenz ihrer Länge. Der Hode erscheint sehr viel kleiner als normal, die V. d. münden nicht gemeinsam, sondern etwas auseinandergerückt in den Hoden ein. 1) Eine zu dieser Serie gehörige, in der Anlage der äußeren Genitalien ausgesprochen zwittrig gestaltete Puppe starb leider in- folge einer erhaltenen Verletzung frühzeitig ab. 38 Walter Roepke, Maße: D. ej. simpl. 47, V.d. 9, !/, D. ej. dupl. 4, Gl. acc. (incl. 4, D. ej. dupl.) 29, 33). Aeußere Genitalien ohne Besonderheiten. Hybr. hybridus 9, No. 2. Taf. 1, Fig. 1. Schöner, kräftiger Falter. R. V.-Fl. 37; anatomiert am 10. VII. 1906. Innere Genitalien ganz monströs. Hode sehr klein, die V. d. münden ebenfalls etwas mehr seitlich in denselben. Das eine der V. d. mündet eigenartigerweise in den D. ej. simpl., das andere steht in keiner Verbindung mit dem übrigen Genital- system, sondern ist blind geschlossen. Ampulle dieser Seite ziem- lich vergrößert. An Stelle zweier Gl. acc. sind deren 4 — je 2 auf einer Seite — vorhanden. Jedes der beiden Paare vereinigt sich ohne Incisurenbildung zu einem unpaaren Ausführungsgange. Letztere beiden sind in‘ der Länge beträchtlich verschieden und vereinigen sich in sehr auffälliger Weise mit dem D. ej. simpl., indem sie an zwei verschiedenen Stellen mit demselben in Be- rührung treten. Ein irgendwie durch Incisuren abgegrenzter D. ej. dupl. kann nicht erkannt werden. Eigentümlich ist die Aus- gestaltung der 4 Enden der Gl. acc. Bei den beiden äußersten (links und rechts) sind die Enden scharf zugespitzt, bei der einen (rechts) ist dasselbe vorher noch verdickt. Die Enden der beiden andern nach oben strahlenden sind gerundet, die eine (rechts) ist ganz normal geschlossen, die andere (links) weist eine scharfe, incisurenähnliche Einschnürung auf, das darauffolgende kurze End- stück ist eigentümlich gestaltet, etwa Femurknochen-ähnlich. Aeußere Genitalien mit Bezug auf Valven und Penis- deckel normal ausgestaltet, aber es fehlt völlig ein Penis nebst Penishülse. Der D. ej. simpl. endet in ganz monströser Weise, tritt aber noch mit den äußeren Genitalanhängen in Berührung und ist durch Muskulatur fest mit denselben verbunden. Hybr. hybridus 9, No, 3. Taf. 1, Fig. 2. Mittelgroßes Individuum. R. V.-Fl. 33; anatomiert am 10. VIIL. 1906. 1) Die Messungen wurden genau wie bei den Grundarten vor- genommen; stehen zwei Zahlen in einer Rubrik (für ein paariges Organ, wie hier für die Gl. acc.), so beziehen sich die Zahlen auf jeden der beiden Teile. Bezüglich der Zahlenangaben für den D. ej. dupl. und die Gl. ace., vergl. das auf p. 26 in der Fußnote Gesagte. Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 39 Innere Genitalien im wesentlichen vom Normaltypus. Hode und Einmündung der V. d. wie bei den vorhergehenden. Von letzteren steht das eine (rechts) in keiner Kommunikation mit den übrigen Genitalschläuchen, es endet blind geschlossen in der Leibeshöhle. An der Stelle, wo das andere (links) mit dem D. ej. dupl. zusammentritt, findet sich eine hypertrophische Bildung (*); diese stellt eine massive Gewebewucherung dar; sonst ist der Uebergang von V.d. zu D.ej. dupl. ein ganz normaler. Bezüglich der Gl. acc. herrscht wieder eine Längendifferenz vor, im übrigen sind keine Besonderheiten vorhanden. Maße: D. ej. simpl. 31, V. d. 12, ganzer D. ej. dupl. 4, GI. acc 18, 21. Aeußere Genitalien ohne Besonderheiten. Hybr. hybridus 3, No. 4. Taf. 1, Fig. 3. Tadelloses, schönes Exemplar. R. V.-Fl. 37; anatomiert am 10. VIIl. 1906. Innere Genitalien ganz monströs, mit Hypertrophien und überzähligen Bildungen. Hode wie bei den Vorhergehenden. V.d. mit weit distal verschobenen Ampullen; beide Ampullen stark deformiert und mit knolligen Hypertrophien bedeckt. Das kurze Verbindungsstück der einen Ampulle mit dem D. ej. dupl. trägt ein kurzes, schlauchförmiges, leicht wellig gekrümmtes, an beiden Enden blind geschlossenes, überzähliges Gebilde (*). Von den beiden Gl]. acc. ist eine am distalen Ende leicht und unregelmäßig gegabelt. Im proximalen Teile tragen beide geringfügige, leichte Anschwellungen (**). Der D. ej. simpl. spaltet sich in seiner oberen Region in zwei ungleich lange Aeste, von denen der kürzere un- gefähr in normaler Weise, aber ohne Bildung der charakteristischen Incisuren mit der Verlängerung der Gl. acc. in Verbindung tritt (***); der längere Ast macht einen Bogen und tritt an den D. ej. dupl. “ gegenüber der Einmündungsstelle des V.d. (****), Auch in seiner distalen Region ist der D. ej. simpl. verunstaltet, er erfährt eine auffällige und unregelmäßige Erweiterung, die ebenfalls noch mit kleineren hypertrophischen Gebilden, kugeligen Nodositäten etc. besetzt ist. Diese wie auch die der Ampullen, erwiesen sich, histo- logisch geprüft, als Ausstülpungen oder Auftreibungen der Wandung der betreffenden Organe; es handelte sich also um keine eigent- lichen Gewebewucherungen, wie wir eine solche bei hybridus No. 3 angetroffen hatten, sondern diese Gebilde bedeuten eine Vergröße- rung des Flächeninhaltes der Wandungen. 40 Walter Roepke, Maßverhältnisse ersieht man aus der exakt wiederge- gebenen, 5-fach vergrößerten Abbildung. Aeußere Genitalien kräftig und gut entwickelt. Hybr. hybridus 3, No. 5. Taf. 1, Fig. 4. Schöner, kräftiger, lebhaft gefärbter Falter. R. V.-Fl. 37; anatomiert am 11. VIII. 1906. Innere Genitalien partiell hochgradig monströs, indem von den paarweise vorhandenen Organen die eine Seite (links in der Figur) weitgehende Verunstaltungen aufweist. Von dem sich wieder durch relativ geringe Größe auszeichnenden Hoden ent- springen die V. d., von denen das eine (rechts in der Figur) kaum vom normalen Verhalten abweicht. Bemerken könnte man, daß die Ampulle etwas weiter als gewöhnlich gegen die Einmündungs- stelle in den D. ej. dupl. verlagert ist, und daß das V.d. ebenfalls nicht exakt in die Mitte des D. ej. dupl. einmündet. Das V.d. der andern Seite trägt eine mittelgroß entwickelte Ampulle, an der noch eine leichte, einseitige Ausstülpung wahrgenommen werden kann. An diese vergrößerte Ampulle schließt sich ein ganz kurzer Ausführungsgang an, der in monströs gestaltete Schläuche über- geht, die an Stelle der Gl. acc. und des D. ej. dupl. dieser Seite vorhanden sind. Es handelt sich um einen anfänglich unpaaren Schlauch, an dessen Basis (*) noch ein kleines monströs gestaltetes Gebilde inseriert. Der unpaare Schlauch gabelt sich bald in zwei Aeste (**), die eng aneinander gelagert verlaufen und deren Enden sich umeinander wickeln. Außerdem findet sich an dieser Stelle ein frei in der Leibeshöhle gelegenes feines schlauchförmiges Stück (**”), das ebenfalls vom Aussehen einer Gl. acc. ist. In Verbindung mit dem D. ej. simpl. stehen diese Gebilde nicht, denn es fehlt voll- ständig der D. ej. dupl. auf dieser Seite. D. ej. simpl. im übrigen ganz normal. Maße: D. ej. simpl. 38, V. d. 14, D. ej. dupl. 6, Gl. acc. ° (rechts) 28. Aeußere Genitalien normal und kräftig entwickelt. Hybr. hybridus 9, No. 6. Falter mittelkräftig, linksseitig ein wenig krüppelhaft. R. V.-Fl. 34; anatomiert am 16. VIII. 1906. Innere Genitalien im wesentlichen vom Normaltypus. Hode so klein, daß es bei flüchtiger Betrachtung den Anschein erweckt, als ob die V. d. direkt ineinander gingen, ohne eine Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 41 Hodenkugel einzuschließen. Die V. d. sind mit ihren Mündungs- stellen weit auseinandergerückt, so daß sie mit ihren Enden einen stumpfen Winkel bilden, in dessen Scheitelpunkt der stark ver- kleinerte Hode liegt (vergl. Textfig. 21b auf S. 53). D. ej. dupl. beider Seiten ungleich lang; Gl. acc. beide am distalen Ende leicht gegabelt (Taf. 1, Fig. 6a, b). Im übrigen alle Teile normal. Maße: D. ej. simpl. 29, V.d. 11, 1, D. ej. dupl. 3,5, GL acc. 16, 18. Aeußere Genitalien gut entwickelt. Hybr. hybridus 3, No. 7. Tadelloser Falter. R. V.-Fl. 35; anatomiert am 16. VIII. 1906. Innere Genitalien sehr gut und kräftig entwickelt, Hode ein wenig kleiner als bei den Grundarten. Keinerlei Anomalien. Das Individuum erscheint von allen bisher untersuchten als das am besten entwickelte. Maße: D. ej. simpl. 47, V.d. 12, D. ej. dupl. (1) 5, @l. acc. 29. \ Aeußere Genitalien in Uebereinstimmung mit den inneren gleichfalls gut ausgebildet. Hybr. hybridus 4, No. 8. Kleineres Exemplar. R. V.-Fl. 32; anatomiert am 16. VIII 1906. Innere Genitalien wie bei dem vorhergehenden gut ent- wickelt, abgesehen vom Hoden, der durch besondere Kleinheit auffällt. Maße: D. ej. simpl. 40, V.d. 10, !/, D. ej. dupl. 4, Gl. acc. 27. Aeußere Genitalien wie gewöhnlich. Hybr. hybridus 4, No. 9. Taf. 1, Fig. 5. Im linken V.-Fl. ziemlich stark verkrüppelt; r. V.-Fl. 35; ana- tomiert am 16. VIII. 1906. Innere Genitalien vom normalen Bau insofern abweichend, als die eine Ampulle (*) durch eine quer verlaufende Einschnürung in zwei unregelmäßige Hälften, eine obere und eine untere, geteilt ist. Auch der zwischen dieser Ampulle und dem Hoden gelegene Abschnitt des V.d. weist kleine unregelmäßige, aber unbedeutende Erhabenheiten auf. Die Ampulle ist außerdem distalwärts (vom Hoden aus) in ihrer Lage verschoben, etwa so, daß sie das V.d. im Verhältnis von 2:1 anstatt 1:1, wie es normal ist, teilt. Inci- 42 Walter Roepke, suren wenig deutlich. V. d. der andern Seite normal, aber sehr schwächlich. Der entsprechende D. ej. dupl. mit kleinen Auf- treibungen bedeckt (**). In denselben münden zwei Gl. acc. ein, ‘ die eine normal und der anderen Seite auch in der Länge durch- aus gleich, die überzählige hingegen ein wenig kürzer, ihr etwas verjüngter proximaler Teil mündet unregelmäßig in den D. ej. dupl. ein, etwa in die Mitte desselben nach der Einmündungsstelle des V.d. — D. ej. simpl. wie die zwei normalen Gl. acc. ohne Be- sonderheiten. Maße: D.ej. simpl. 40, V.d. 7, Gl. acc. (normale) 14, (über- zählige 12). Aeußere Genitalien gut entwickelt. Hybr. hybridus 3, No. 10. Taf. 1, Fig. 7. Falter kräftig, ist aber, als er zur Untersuchung gelangt, bereits so abgeflogen, daß Flügelmaße an ihm nicht mehr genommen werden konnten. Anatomiert am 17. VIII. 1906. Innere Genitalien sehr eigenartig modifiziert. Hode wie immer, kleiner; V.d., Gl. acc., D. ej. dupl. zwar normal (Gl. acc. in der Länge etwas ungleich), D. ej. simpl. dagegen in seinem distalen Ende, etwa an jener Stelle, wo sonst die große Ineisur vor der V.s. zu sein pflegt, blind geschlossen! Eine Vesicula seminalis fehlt. Auch das proximale Ende des D. ej. simpl. ist monströs gestaltet, indem derselbe sich hier in zwei kurze Aeste gabelt, von denen der eine (links in der Figur) kürzer und schwächer, der andere (rechts) etwas länger und stärker ist. Beide sind mit un- regelmäßigen beulenförmigen Verdickungen besetzt. An diese beiden Aeste schließen sich die normal gestalteten D. ej. dupl. an, sie sind aufs klarste gegen erstere durch Incisuren abgesetzt. Maße:D. ej. simpl. 22, V.d. 12, Gl. acc. 19, 23. Aeußere Genitalien gut entwickelt, Penishülse vorhanden, ganz normal ausgebildet, obwohl sie keinen Anschluß an die inneren Genitalien hat. Sie endet in der Muskulatur, die so reichlich sich an die äußeren Genitalien anheftet. Hybr. hybridus 3, No. 11. Taf. 1, Fig. 8a, b. Kräftiger, normaler Falter. R. V.-Fl. 35; anatomiert am 17. VIII 1906. Innere Genitalien vom Typus der Grundarten, ohne Anomalien, abgesehen von den Gl. acc., deren beide freie Enden leicht gegabelt sind, ähnlich wie bei No. 6. Hode mäßig verkleinert. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 43 Maße: D. ej. simpl. 49, V.d. 13, D. ej. dupl. (1/,) 4, Gl. acc. (+ Ys D. ej. dupl.) 23. Aeußere Genitalien ebenfalls gut entwickelt. Hybr. hybridus 3, No. 12. Taf. 1, Fig. 9. Tadellos entwickelter Falter, schon stark geflogen. R. V.-Fl. 32; anatomiert am 17. VIII. 1906. Innere Genitalien wie bei vorhergehendem nach dem Normaltypus. Von den Gl. acc. ebenfals eine leicht gablig, deren Enden etwas kugelig angeschwollen; die andere normal, eine Kleinig- keit länger. Maße: D. ej. simpl. 40, V. d. 12,5, D. ej. dupl. (1/,) 4, Gl. acc. (+ 1/, D. ej. dupl.) 20. Aeußere Genitalien normal. Hybr. hybridus 3, No. 13. Taf. 1, Fig. 10. Falter normal, schon ziemlich stark geflogen. R. V.-Fl. 33; anatomiert am 17. VIII. 1906. Innere Genitalien in sehr eigenartiger Weise vom Normal- typus abweichend. Hode mäßig verkleinert, V. d. normal, das eine blind endigend, kurz unterhalb der Ampulle aufhörend (in der Figur rechts); das andere mündet in den D. ej. dupl. normal, aber dieser ist blind geschlossen, sein Endstück ist unregelmäßig ver- dickt, es hat keinen Anschluß an den D. ej. simpl.; D. ej. dupl. der andern Seite vollständig fehlend, die hierher gehörige Gl. acc. zwar vorhanden, aber frei in der Leibeshöhle liegend; sie zeigt, wie auch die der andern Seite, eine eigentümliche Erscheinung: die Enden verjüngen sich plötzlich ziemlich stark zur Bildung eines feineren, unregelmäßig begrenzten Abschnittes. Die gleiche Er- scheinung zeigt auch das freie Ende des D. ej. simpl., das blind in der Leibeshöhle endet, nur ist die Verjüngung eine allmähliche. Im unteren Drittel des D. ej. simpl. findet sich eine eigentümliche Mißbildung, deren Charakter aus der Abbildung, Fig. 10, Taf. 1 sofort zutage tritt. Aeußere Genitalien normal, aber Penis und Penishülse vollständig fehlend. Hybr. hybridus 9, No. 14. Mittelkräftiger, gut entwickelter Falter. R. V.-Fl. 33; ana- tomiert am 18. VIII. 1906. 44 Walter Roepke, Innere Genitalien zwar ohne Anomalien, dem Grund- typus entsprechend, aber in allen Teilen sehr kümmerlich ent- wickelt. Gl. acc. auf einer großen Strecke ihres Verlaufes mit- einander verwachsen, eine Er- scheinung, die auch bei den Grund- arten des Öfteren beobachtet werden kann. rin Maße: D. ej. simpl. 21, V. d.9, GI. acc. Ib. AeußereGenitalien krüp- Hp. pelhaft (Textfig. 16). Penisdeckel gut ausgestaltet, Valven beide ver- kürzt und monströs entwickelt, die linke (l.Vv) größer als die rechte, aber mit Monstrositäten anstatt der Harpe, die rechte Valve verküm- mert, aber mit deutlicherer, wenn- gleich auch anormal gestalteter Verka. Vontmlansicht det Harpe (Ziy) Beide Valven an der von Hybr. hybridus &, No. 14. Basis mit ihren ventralen Rändern Ue Uncus, Sc Scaphium, 1.V» linke yerwachsen. Penis und Penishülse Valve, r. Yv rechte Valve, 7p Harpe. Vergr. 16:1. fehlend. Ve Liv Hybr. hybridus 3, No. 15. Taf. 1, Fig. 11. Gut entwickelter Falter. R. V.-Fl. 34; anatomiert am 18. VII. 1906. Innere Genitalien, obwohl dem Bau nach vom Normal- typus, in hohem Maße dadurch auffällig, daß eine Hodenkugel vollständig fehlt! Die beiden V. d. neigen mit ihren wie normal verbreiterten Enden gegeneinander, schließen aber weder eine Hodenkugel ein, noch sind sie miteinander fest verbunden, sondern werden im wesentlichen durch die Tracheen und anscheinend noch durch eine sehr feine, chitinöse zarte Membran zusammengehalten. Die beiden V. d. waren an ihrem Ende durch ein Gewebe abge- schlossen, das infolge seines Charakters die Vermutung nahe legt, daß es sich hier nicht um ein primäres Fehlen der Keimdrüsen- anlage überhaupt handelt, sondern das letztere durch sekundäre Rückbildung geschwunden ist, noch bevor es zur Verschmelzung der paarigen Anlage überhaupt kam (vergl. Textfig. 20 auf p. 52). Ich werde hierauf noch zurückkommen. Alle übrigen Teile des Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 45 inneren Genitalapparates waren normal entwickelt, nur wiesen die Gl. acc. eine Längendifferenz auf. Maße: D. ej. simpl. 42, V. d. 12, Gl. acc. 22, 27. Aeußere Genitalien normal. Hybr. hybridus 3, No, 16. Falter kräftig. R. V.-Fl. 35; anatomiert am 19. VIII. 1906. Innere Genitalien relativ gut und vollkommen entwickelt; Hode verkleinert. Die eine Ampulle mit kleiner, hypertrophischer Doppelbildung, s. Taf. 1, Fig. 12. Maße: D. ej. simpl. 41, V.d. 14, Gl. acc. 16. Aeußere Genitalien normal. Hybr. hybridus 4, No. 17. Taf. 1, Fig. 13. Falter in den Flügeln stark verkrüppelt, der r. V.-Fl., der der Länge nach ziemlich gut entwickelt ist, mißt 36 mm; anatomiert am 19. VIII. 1906. Die inneren Genitalien erreichen einen bisher noch nicht beoachteten Grad der Reduktion; es ist nur vorhanden der unpaare, hier ziemlich große Hode, mit zwei kurzen, stummelförmigen, gleich an der Basis ampullenartig erweiterten V. d. Alle übrigen Teile, also Gl. acc., D. ej. dupl. und D. ej. simpl., fehlen vollständig! Aeußere Genitalien in Uebereinstimmung mit den inneren ebenfalls stark reduziert. Normal entwickelt ist nur der Penis- deckel (Pd) mit Uncus und Scaphium; Penis und Penishülse fehlend; an Stelle der Valven zwei schmale spangen- bis löf- felförmige Gebilde, ohne jede Andeutung einer Harpe, die im Verlaufe ihres ventralen Randes miteinander verwachsen sind. Ihre Insertion ist Fig. 17. Aeußere Genitalien von hybr. eigenartig: sie sitzen mit hybridus 4, No. 17. Penis fehlend, beide Valven stark verkümmert. Seitenansicht. Pd Penis- ganz schmaler Basis dem deckel, r.Vv rechte Valve, !.Vv linke Valve. zum äußeren Genitalappa- rat gehörigen und mit dem Penisdeckel verschmolzenen 9. Abdo- minalsegmente auf, den größten unteren Teil desselben frei lassend (Textfig. 17). 46 Walter Roepke, Hybr. hybridus 3, No. 18. Taf. 1, Fig. 14. Ein normaler, schöner Falter. R. V.-Fl. 36; anatomiert am 22. VII. 1906. Die inneren Genitalien erfahren auch bei diesem Indi- viduum eine weitgehende Reduktion. Hode vorhanden, kleiner als normal. Seitlich schließen sich an denselben die V. d. an, die- selben sind ebenfalls normal entwickelt. Jedes derselben mündet in ein kurzes schlauchförmiges, wohl mit dem D. ej. dupl. zu identi- fizierendes Stück. Eines derselben (in der Figur links) ist stark S-förmig gekrümmt, das andere (rechts) ist gestreckt, das untere Ende etwas in die Länge gezogen und schwach verjüngt; Gesamt- länge 8—-9 mm. Das ist alles, was vom inneren Genitalapparat vorhanden ist; alle weiteren Teile, also Gl. acc. und D. ej. simpl., fehlen; nur der Hode mit den beiden wohlentwickelten V. d. und je einem rudimentären D. ej. dupl. sind vorhanden, letztere sind an beiden Enden blind geschlossen. Aeußere Genitalien normal und kräftig entwickelt, doch fehlen Penis und Penishülse vollständig. Hybr. hybridus 4, No, 19. Falter normal, kräftig. R. V.-Fl. 35; anatomiert am 22. VIIL 1906. Innere Genitalien vom Normaltypus; es macht sich jedoch eine geringfügige Asymmetrie bemerkbar insofern, als alle paar- weis vorhandenen Teile, also V. d., Gl. acc. und D. ej. dupl. auf der einen Seite eine kleine Längenreduktion erfahren haben. Weitere Anomalien finden sich nicht. Maße: D. ej. simpl. 29, V.d. 10, 12,5, D. ej. dupl. (1,) 3, 4, Gl. acc. (+ '%, D. ej. dupl.) 12, 20. Aeußere Genitalien gut entwickelt. Schöner, kräftiger Falter. a R. V.-Fl. 36; anatomiert am 22. VII. 1906. Innere Genitalien kräftig und gut entwickelt, Hybr. hybridus 4, No. 20.. A. %; y y ’ ‘’ „ Fig. 18. Ventralansicht der verkümmerten Valven mit der verschmolzenen Harpe (#p) von hybr. hybridus $, No. 20. 16:1. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 47 Hode kaum verkleinert, doch treten die V. d. weit gespreizt aus demselben heraus. G]. acc. mit geringer Längendifferenz. Maße: D. ej. simpl. 52, V. d. 16, Gl. acc. 26, 30. Aeußere Genitalien im Gegensatz zu den inneren nicht normal. Penisdeckel gut entwickelt, Penis fehlend. Valven etwas verkümmert, mit ihren ventralen Rändern verwachsen, derart, daß auch die Harpen zu einem unpaaren Gebilde verschmolzen sind (Textfig. 18). Hybr. hybridus 4, No. 21. Großer, schöner Falter. R. V.-Fl. 36; anatomiert am 27. VIII. 1906. Innere Genitalien vom Normaltypus nicht abweichend und ohne Anomalien, doch in allen Teilen sehr kümmerlich entwickelt. Hode wesentlich verkleinert. Maße: D. ej. simpl. 23, V. d. 11, Gl. acc. 14. Aeußere Genitalien normal und gut entwickelt. Hybr. hybridus 3, No. 22. Kleinerer, aber tadellos entwickelter Falter. R. V.-Fl. 34; anatomiert am 27. VIII. 1906. Innere Genitalien wie bei dem vorhergehendem ohne be- sondere Auffälligkeiten, etwas kräftiger entwickelt; Hode recht klein, Gl. acc. ungleich lang. Maße: D. ej. simpl. 41, V. d. 12,5, Gl. acc. 18, 24. Aeußere Genitalien normal und gut entwickelt. Mit dem sub No. 22 registrierten "Exemplar erreichte das Schlüpfen der hybridus-Puppen vorläufig seinen Abschluß. Es waren nunmehr noch fast 2 Dutzend lebende Puppen übrig, von denen anzunehmen ist, daß wenigstens ein Teil derselben im Früh- ling 1907 den Falter liefert !). Auffälligerweise erschien aus diesen Puppen nach 4-wöchent- licher Pause noch ein Nachzügler (hybr. hybridus No. 23). Dieses Tier, ein schwächliches, nicht gerade krüppelhaftes, aber in den Flügeln nicht ganz glatt entwickeltes Individuum (r. V.-Fl. 33), ist in einer Hinsicht recht interessant. Man könnte es zu den sog. 1) Die Hoffnung war eitel; jetzt, nach Niederschrift dieser Zeilen (April 1907), erweisen die überwinterten hybr. hybridus-Puppen sich als sämtlich abgestorbeu. Der strenge Winter vor allem dürfte ihnen den Garaus gemacht haben. 48 Walter Roepke, „gynandromorphen“ Individuen rechnen auf Grund der Eigen- tümlichkeit, daß es einen linken weiblich gestalteten und einen rechten männlich gestalteten Fühler besitzt. Es sei ausdrücklich hervorgehoben, daß dieser Unterschied sich an den Fühlerscheiden der Puppenhülse bereits deutlich wahrnehmen läßt. Im übrigen war der Falter in Färbung und Flügelschnitt, in der Bildung der Beine, des Thorax und des Abdomens rein männlich. Der Hinter- leib war beim lebenden Tier zwar ziemlich stark und unregelmäßig aufgedunsen, allein das ist ein sehr häufiges Vorkommen, das davon herrührt, daß der Falter nicht imstande ist, die sein Coecum, unter Umständen auch den End- und Mitteldarm anfüllenden flüssigen Kotmassen — Ausscheidungsprodukte, die sich während der Puppen- phase angesammelt haben — von sich zu geben. Am Hinterleibs- ende fanden sich männliche Greifapparate in typischer Ausbildung vor; Valven mit Harpen, sowie das Begattungsglied — Penis und Penishülse — waren ganz normal gestaltet, einzig der Penisdeckel wies eine geringfügige, aber charakteristische gynandromorphe Eigentümlichkeit auf. Ich werde hierauf gleich näher zu sprechen kommen. — Die Abdominalspitze der Puppe, an der man das Ge- schlecht des Tieres mit Sicherheit konstatieren kann, war rein männlich ausgestaltet. Die Vornahme der Anatomie ergab, daß es sich um ein im Bau der inneren Genitalien rein männlich ent- wickeltes Individuum handelte. Alle Teile des inneren Genital- apparates waren in normaler Ausbildung vorhanden, sie wiesen nicht einmal Anomalien auf. Der Hode war, wie gewöhnlich, mäßig verkleinert, sonst gut entwickelt; sein innerer Bau entspricht dem später noch zu beschreibenden Bilde, das uns Schnittserien durch den hybridus-Hoden kennen lehren; acht deutliche Apikalzellen lassen sich feststellen, ein Beweis dafür, daß acht männliche Keim- drüsepfollikel embryonal gebildet wurden. Nach alledem muß der in Rede stehende Falter seinen primären Sexualmerkmalen (Hode nebst ausführenden Gängen u. s. w.) nach als rein männlich und in Anbetracht seiner Bastardnatur als relativ gut entwickeltes Indi- viduum aufgefaßt werden, das jedoch in seinen Sexualmerkmalen (Bau des einen Fühlers, Ausbildung des Penisdeckels) gynandro- morphe Eigentümlichkeiten aufweist. Die Maße für die inneren Genitalien sind folgende: D. ej. simpl. 33, V. d. 12, !/, D. ej. dupl. 4, Gl. acc. (+ '% D. ej. dupl.) 18. Die äußeren Genitalien sind ganz normal gestaltet, mit Ausnahme des Penisdeckels. Letzterer ist zu beiden Seiten — links und rechts neben der Afterpapille, zwischen Uncus und Sca- Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 49 phium — flankiert von einem eigentümlichen Organ, das nach seinem Aeußern mit dem an entsprechender Stelle sich findenden Duftapparat der Weibchen zu identifizieren ist, von dem p. 36 die Rede war. Es ist bemerkens- wert, daß das Gebilde, das zwei- felsohne ein sekundäres weib- liches Sexualmerkmal darstellt, linksseitig bedeutend stärker ent- wickelt ist als rechts; und links war auch der Fühler weiblich ge- staltet. Textfig. 19 zeigt den Penisdeckel dieses Individuums von oben gesehen. Beiderseits erkennt man die borstigen, papil- lenbesäten, polsterförmigen, drü- sigen Duftapparate. Es sei nochmals betont, daß Valven mit Harpen, Penishülse Fig. 19. Penisdeckel von hybridus mit Penis mit anschließender V. De 23, etwas schräg von oben ge- BT: sehen. Sc Scaphium, De Uncus; da- s. und D. ej. simpl. ganz normal zwischen die weiblichen Duftapparate. entwickelt waren. Als hybr. hybridus No. 24 sollte jetzt das weibliche Individuum aufgeführt werden. Allein ich halte es für ratsam, erst im An- schluß an die Schilderung der Anatomie der operosa-Q2? auf das- selbe einzugehen. Ich lasse daher jetzt die an Kapitel VI. Smerinthus hybr. operosa STDFS. gewonnenen Befunde folgen, und beginne mit der Darstellung des männlichen Genitalapparates derselben. Mir standen sechs Männchen dieses Bastardes zur Ver- fügung. Alle waren in den Flügeln mehr oder weniger krüppel- haft, ein Umstand, der wohl in erster Linie auf das Konto schädi- gender Einflüsse von außen, die auf die Puppe einwirkten, zu setzen ist, denn im übrigen handelte es sich um durchaus kräftige Individuen; Flügelmaße konnten aber nicht genommen werden. — Folgendes sind die Befunde: Hybr. operosa 4, No. 1; anatomiert am 12. IX. 1906. Innere Genitalien typisch, aber sehr kümmerlich ent- wickelt, ohne Besonderheiten. Hode stark verkleinert. Bd. XLIV. N. F. XXXVII 50 Walter Roepke, Maße: D. ej. simpl. 10, V. d. 10, Gl. acc. 14. Aeußere Genitalien normal und gut entwickelt. Hybr. operosa 3, No. 2; anatomiert am 17. IX. 1906. Innere Genitalien kräftig und gut, nach dem Normal- typus entwickelt. Maße: D. ej. simpl. 70, V. d. 17, Gl. acc. 30. Aeußere Genitalien kräftig und normal. Hybr. operosa 3, No. 3; anatomiert am 17. IX. 1906. Innere Genitalien mit geringfügiger Differenz in der Längenentwickelung der Gl. acc., sonst normal. Maße: D. ej. simpl. 45, V. d. 14, Gl. acc. 20, 23. Aeußere Genitalien wie bei den vorhergehenden normal und kräftig, doch ist die linke Harpe ganz obliteriert; an Stelle derselben findet sich dicker Muskelbelag auf der Innenseite der Valve. Hybr. operosa JS, No. 4; anatomiert am 21. IX. 1906. Tat.1, Eig. 07. Innere Genitalien gut ausgebildet und nach dem Grund- typus; in zwei Punkten jedoch mit kleinen Anomalien. Die sonst gut entwickelten und auf große Strecken ihres Verlaufes, besonders gegen das distale Ende hin miteinander verschmolzenen Gl. acc. weisen eine beträchtliche Längendifferenz auf; ferner zeigt die eine der Ampullen zwei eigentümliche hypertrophische Gebilde (Taf. 1, Fig. 17); das eine findet sich bei Beginn derselben (vom Hoden aus gerechnet) an jener Stelle, wo die Ampulle durch die Incisur gegen das V. d. abgegrenzt ist; es könnte seiner Ge- stalt nach etwa als hornförmig bezeichnet werden (*). Die andere Hypertrophie ist weniger ansehnlich, sie findet sich an der Basis der Ampulle, dort, wo das V. d. dieselbe verläßt; sie stellt eine kleine, buckelige Ausstülpung der Ampullenwandung vor (**). Die übrigen Abschnitte der inneren Genitalien normal entwickelt. Maße: D. ej. simpl. 47, V. d. 12, Gl. acc. 17, 24. Aeußere Genitalien gut entwickelt. Hybr. operosa &, No. 5; anatomiert am 21. IX. 1906. Taf. 1, Fig. 15 und 18. Innere Genitalien ebenfalls mit zwei geringen Abweich- ungen, sonst normal entwickelt. Die unbedeutendere dieser Ab- weichungen bezieht sich auf eine der beiden Gl. :acc., letztere läßt Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 51 in ihrem Ende deutlich eine Tendenz zur Gabelung erkennen, wenngleich diese Tendenz auch eben nur angedeutet ist (Taf. 1, Fig. 18). Die andere kleine Anomalie betrifft den D. ej. simpl., und zwar jenen Abschnitt, der mit dem D. ej. dupl. in Verbindung tritt. Derselbe weist nämlich eine Spaltung in zwei kurze Aeste auf, an die sich die beiden D. ej. dupl. anschließen. Dieser Fall liegt ähnlich wie bei hybr. hybridus 9 No. 10 (s. Taf. 1, Fig. 7); wie bei diesem, so setzt sich auch hier der D. ej. dupl. durch deutliche Incisuren gegen die Verzweigung des D. ej. simpl. ab, auch ist der D. ej. simpl. hier viel schwächer entwickelt gegenüber dem D. ej. dupl. Alle übrigen Teile sind normal entwickelt. Maße: D. ej. simpl. 40, V. d. 12, Gl. acc. 22. Aeußere Genitalien ganz normal. Hybr. operosa 3, No. 6; anatomiert am 22. X. 1906. Taf: T. Fig, 16; Der Falter war wenig lebenskräftig; er wurde von Herrn Prof. Stanpruss aus der Puppe geschält, da er allein offenbar nicht die Kraft hatte, seine Maske zu durchbrechen. Seine Flügel blieben stummelförmig. Innere Genitalien im Gegensatz zu denen der fünf vorher- gehenden operosa-gg hochgradig reduziert, ähnlich, wie wir es bei den hybr. hybridus-Individuen No. 17 und 18 angetroffen hatten. Es ist nur der Hode mit seinen beiden V. d. vorhanden, letztere weisen keine Ampullenbildung auf; ihre freien Enden schließen unter Bildung einer scharfen Incisur zusammen. An dieser Stelle nimmt ein schwaches, kurzes, stummelförmiges Stück seinen Ur- sprung, das eine starke Windung beschreibt und dann blind endigt. Alle übrigen Teile fehlen! Von Gl. acc. und D. ej. dupl. keine Spur; das unpaare kurze, stark gewundene Schlauchstück wird man wohl als Andeutung eines D. ej. simpl. auffassen müssen. Aeußere Genitalien mit Bezug auf Valven und Penisdeckel gut entwickelt; Penis und Penishülse jedoch vollständig fehlend. Kapitel VII. Der feinere Bau des Hodens und die Erscheinungen der Spermatogenese bei Smer. hybr. hybridus und hybr. operosa. Der Bau des Hodens bei den untersuchten Smerinthus-Ba- starden unterscheidet sich ganz wesentlich von dem der Grund- arten. Wenn auch bezüglich des Entwickelungsgrades des Hodens 4* 52 Walter Roepke, dieser Bastarde ziemlich bedeutende individuelle Verschiedenheiten vorherrschen, so ist bei allen Individuen sein Bau im Prinzip doch stets der gleiche, ebenso wie auch zwischen hybridus und operosa in diesem Punkte keine prinzipiellen Unterschiede existieren. Ich kann daher hier von Einzelschilderungen absehen; werde vielmehr eine allgemeine Darstellung des feineren Hodenbaues und der Er- scheinungen der Spermatogenese geben. Mit einer Ausnahme waren bei allen hybridus- und operosa- Faltern Hoden von Kugelgestalt vorhanden. Die erwähnte Aus- nahme betrifft hybr. hybridus 3 No. 12 (s. p. 43; auch Taf. 1, Fig. 17; ferner Text- fig. 20 und 21 A). Hier fehlte die Ho- denkugel vollständig; die V. d. neigten mit ihren Enden zwar zu- sammen, sie waren im wesentlichen zu- sammengehalten durch die sie um- gebenden Tracheen- verzweigungen. . ‚Schnittserien ließen erkennen, daß an die blind geschlossenen V.d. ein parenchym- ähnliches oder syn- cytiales Gewebe sich Fig. 20. Schnitt durch das Ende des einen V. anschloß, dessen Zell- d. von hybr. hybridus & No. 12. V.d Lumen des- elemente als voll- selben, P parenchymähnliches Gewebe, d.K degene- ,gmmen deseneriert rierte Kerne in demselben, 7r Tracheen. 2 > bezeichnet werden müssen. Es handelt sich um ein kompaktes Gewebe mit ziem- lich zahlreichen, unregelmäßigen, zerstreuten, ganz degenerierten Kernen; hier und da ist es von Tracheen durchzogen (s. Textfig. 20). Dieses Gewebe entspricht seinem Charakter nach dem Reste einer Hodenkapsel; es erinnert durchaus an das Bindegewebe, aus dem die Hodenwandung bei den Hybriden besteht, wie es z. B, in Fig. 19 auf Taf. 1 wiedergegeben ist. Es scheint demnach eine embryonale Anlage der Hodenfollikel vorhanden gewesen zu sein, es muß aber unentschieden bleiben, ob in derselben Keim- Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 53 elemente von Anfang an überhaupt sich angelegt haben oder ob dieselben in verschwindend geringer Zahl etwa auftraten und bald gänzlich resorbiert wurden. Tatsache ist nur, daß bei der Imago dieses Individuums nicht einmal Andeutungen von Keimelementen wahrgenommen werden können und daß eine geschlossene Hoden- kapsel absolut fehlt, wenngleich auch das Bindegewebe, das in etwas mächtigerer Entwickelung die blinden Enden der beiden V.d. verschließt, auf Reste wenigstens der somatischen Bestandteile der Keimdrüse hinweist. Bei allen übrigen hybridus- wie operosa-33 begegnen wir der Erscheinung, daß der Hode seiner Größe nach starke individuelle I B | A I EZ L VG H Fig. 21. Größenverhältnisse des Hodens von Smer. hybr. hybridus. BE Zrondue. dd No. 12, B= N0.6, C = No. 8,D = No..1, E = .No.3; F=No.5, G=No. 7. H ein normaler Smer. populi-Hode von ca. 1,5 mm Durchmesser. Vergr. 20:1; schematisiert. Verschiedenheiten aufweist. In einigen Fällen ist er so winzig, daß er erst bei näherem Zusehen erkannt werden kann; in andern Fällen kommt er der normalen Größe, wie wir sie bei den Grund- arten finden, näher, bleibt aber immer um ein beträchtliches hinter derselben zurück. Zwischen den größten und den kleinsten Typen gibt es alle Uebergänge. Textfig. 21 bringt diese Skala in ver- größerter, schematisierter, aber exakter Wiedergabe der Größen- verhältnisse zur Anschauung. 21A entspricht dem Verhalten von hybr. hybridus & No. 12 (makroskopisch kein Hode wahrnehmbar), 21B = hybridus 9 No. 6 (Hode 0,35 mm Durchmesser), 21C = hybridus & No. 8 (Hode 0,45 mm Durchmesser), 21 D — hybridus 4 54 Walter Roepke, No. 1 (Hode 0,55 mm Durchmesser), 21E — hybridus Z No. 3 (Hode 0,65 mm Durchmesser), 21F = hybridus d No. 5 (Hode 0,3 mm Durchmesser), 21G —= hybridus d No. 7 (Hode 0,85 mm Durchmesser). 21H endlich stellt einen normalen populi-Hoden in gleicher, 20-facher Vergrößerung dar. Die Farbe des Hodens war in allen Fällen die gleiche, d. h. matt-gelblich. Auch die kleinsten Hoden konnten hieran sofort von dem sie umgebenden Fettkörper erkannt werden, ein Umstand, der das Auffinden derselben wesentlich erleichterte. Auf die Erscheinung, daß die V. d. die Hodenkugel bei den Hybriden immer mehr oder weniger gespreizt verlassen, soll später noch näher eingegangen werden. Die Kugelgestalt des Hodens der Hybriden war ungefähr immer gewahrt. Die histologische Struktur der Hodenkapsel wich in folgenden Punkten wesentlich von dem Verhalten bei den Grundarten ab: erstens sind die Hoden der Hybriden durch den Besitz einer bald mehr bald weniger mächtig entwickelten bindegewebigen Hülle auffällig, zweitens durchziehen unregelmäßige, aber meist sehr deutliche Septen in Mehrzahl das Hodeninnere, drittens zeichnen sich die Bastardhoden aus durch eine relativ sehr große Tracheen- armut. Die beiden ersten Eigentümlichkeiten können durch die An- nahme erklärt werden, daß der Hode der Hybriden nicht zu voller Entwickelung gelangt ist, sondern auf einem früheren Stadium stehen geblieben ist. Das Bindegewebe, aus dem die Wandung besteht, erscheint zwar auch schon mehr oder weniger im Verfall begriffen, entspricht jedoch seinem Charakter nach jenem, das wir am Hoden eines Individuums der Grundarten konstatieren können, welches etwa auf frühem Puppenstadium sich befindet. In den günstigsten Fällen kann man deutlich zwei verschiedene Binde- gewebslagen erkennen, aus denen die Wand des Bastardhodens sich aufbaut (s. Taf. 1, Fig. 1a): eine äußere, ganz unregel- mäßige, mehr oder weniger mächtige mit zahlreichen zerstreuten degenerativ veränderten Kernen (a), und eine innere, immer weniger mächtige, aus langgestreckten Zellen bestehende, die derselben ein streifiges Aussehen verleihen (b). Die letztere ist weniger kern- haltig. In ihr verbreiten sich namentlich die Tracheenverästelungen und strahlen von hier aus in die Septen, oder, wo diese resorbiert sind, frei ins Hodenlumen hinein. Diese innere Bindegewebs- schicht ist häufig ganz geschwunden oder nur noch in schwachen Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 55 Resten vorhanden, wie auch die Mächtigkeit der äußeren eine sehr wechselnde ist. Was die Septenbildung im hybridus- und operosa-Hoden an- betrifft, so deutet auch diese Eigentümlichkeit darauf hin, daß der Hoden dieser Bastarde gegenüber dem der Grundarten einen primitiveren Typus darstellt. Es läßt sich jedoch sofort ein Unter- schied konstatieren. Während die Septen, wie man sie bei ocellata und populi etwa gegen Ende des Puppenstadiums noch im Hoden erkennen kann, stets eine schön regelmäßige Anordnung zeigen (vergl. Textfig. 4 und 5, p. 21), die spiralig um eine zentrale Fig. 22. Querschnitt durch den Hoden von hybr. hybridus & No. 10. Tr Miachein, Az Apikalzellen, Se Septen. Achse verläuft und die die ursprüngliche Kammerung in 8 Follikel scharf hervortreten läßt, so kann von dieser exakten Gruppierung im Hoden der hybridus- und operosa-Falter nichts wahrgenommen werden, oder sie ist im günstigsten Falle doch sehr verwischt (s. das Verhalten der Septen bei hybridus d No. 10, Textfig. 22). Im allgemeinen ist die Ausbildung der Septen und die da- durch bedingte Kammerung eine so unregelmäßige und mitunter 56 Walter Roepke, teilweis unvollständige, daß hier von einer bestimmt gerichteten Anordnung keine Rede mehr sein kann. Auch die ursprüngliche 8-Zahl der Hodenfollikel läßt sich ohne weiteres nicht feststellen, wenigstens in den meisten Fällen nicht. Ueber diesen Punkt sollte uns das Vorhandensein der Apikalzellen Aufschluß erteilen können. Diese sind im Hoden des hybridus- wie operosa-Falters vorhanden und zwar bei allen; das Bild, welches sie auf Schnitten zeigen, unterscheidet sich durch nichts von dem normalen Ver- halten (s. Textfig. 22 Az). Bezüglich ihrer Zahl läßt sich nun sofort eine auffällige Erscheinung beobachten: in den wenigsten der untersuchten Hybridushoden konnten die normalen acht wahrgenommen werden, meist waren sie in geringerer Zahl vor- handen. Die niedrigste Zahl konnte bei hybridus No. 1 konstatiert. werden: sie betrug 1; bei hybridus No. 6 konnten mit aller Sicher- heit nur 3 Apikalzellen gezählt werden, desgleichen bei hybridus No. 5 deren 6, bei No. 10 deren 7; normal, d.h. 8, war die Zahl bei hybridus No. 23, einem Männchen mit teilweise gynandro- morphen sekundären Sexualcharakteren, ferner bei hybr. operosa & No. 2 und 3 u.s. w. Es ist schwer zu entscheiden, welches die zutreffendsten, aus dieser Erscheinung zu ziehenden Schlüsse sind. Einmal kann man annehmen, daß nur soviel Follikel ursprünglich angelegt wurden, als Apikalzellen im definitiven Hybridenhoden nachweisbar sind. Zweitens wäre denkbar, daß von den ursprünglich vollzählig an- gelegten 8 Hodenfollikeln der eine oder der andere im Laufe der Entwickelung mitsamt seiner Apikalzelle obliteriert, so daß auch auf diese Weise weniger als 8 Kammern am Aufbau des fertigen Hodens sich beteiligen würden. Drittens spricht nichts dagegen, daß nicht auch unter Umständen trotz normaler Follikelzahl die Anlage der Apikalzellen eine unvollständige sein kann, oder daß diese oder jene Apikalzelle vorzeitig degeneriert und deshalb nicht mehr wahrnehmbar ist. Mit Sicherheit kann man sich vorläufig noch für keine dieser drei Möglichkeiten entscheiden; Licht in diese Verhältnisse können erst Untersuchungen an Larven- und Puppenstadien bringen. Aus- geschlossen erscheint mir keine der drei Annahmen, namentlich für die letzte derselben glaube ich Anhaltspunkte darin erblicken zu müssen, daß die degenerierte Apikalzelle einige Male auf den Schnitten durch den hybridus-Hoden derart an Umfang reduziert und von so wenigen Spermogonien umgeben ist, daß, würden die Verhältnisse sich noch ein klein wenig-mehr verwischen, man die Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 57 Spuren derselben überhaupt nicht mehr erkennen würde. Ferner weist der Hode von hyridus No. 1 Septen auf, die ihn in 2 Haupt- und mehrere kleine Nebenkammern zerlegen; aber nur in einer der beiden Hauptkammern konnte eine Apikalzelle, und zwar eine sehr deutliche, erkannt werden. Um noch einmal auf die unregelmäßige Septierung und Kam- merung der hybridus- wie operosa-Hoden zurückzukommen, so ist aus dieser Erscheinung wohl nur der Schluß zu ziehen, daß ent- weder die Beschaffenheit der Hodenfollikel keine gleichartig-regel- mäßige war; zum mindesten hat sich die Gruppierung derselben in nicht normaler Weise vollzogen, oder es hat die Symmetrie ihrer Anordnung noch nachträglich eine schwere Einbuße durch un- regelmäßige Verschiebung erfahren. Völlige Klarheit wird auch hier erst durch Untersuchungen an Jugendstadien gebracht werden können. Daß der Zusammenschluß der beiden Hodenhälften in nicht normaler Weise erfolgt ist, das beweist wohl auch die Art, wie die V. d. die Hodenkugel verlassen (vgl. z. B. Textfig. 21 B—G). Bei den Grundarten ist die Verschmelzung der paarigen Hoden- anlage zu einer unpaaren derart, daß die V. d. aus der fertigen Hodenkugel in einem gemeinsamen Punkte austreten, d. h. es findet vornehmlich eine Aneinanderlagerung der basalen Partien der beiden Hodenhälften statt. Bei den Bastardhoden liegen hin- gegen die Austrittsstellen der V. d. in den extremen Fällen (vgl. Textfig. 22 B) fast einander gegenüber; das scheint darauf hin- zudeuten, daß die Vereinigung der paarigen Hodenanlage sich überwiegend auf die distalen Partien der Hodenkammern erstreckt hat. Natürlich kann durch diesen Vorgang keine derartige Grup- pierung der Hodenfollikel bedingt werden, daß wir Querschnitte durch den unpaar gewordenen Hoden mit dem Bilde vergleichen können, das uns etwa eine achtkammerige Orange auf dem Quer- schnitte bietet. Was endlich die Tracheenarmut des Hybridenhoden anbelangt, so ist wenig zu diesem Faktum hinzuzufügen. Diese Erscheinung tut dar, daß hier die Ernährung des Hodens eine mangelhaftere ist als bei den Grundarten; die Gründe hierfür sind wohl nur in der hybriden Natur der hybridus- und operosa-Falter — in der Hybridität derselben — zu suchen. Nun die Erscheinungen der Spermatogenese. Bei der Be- urteilung derselben fällt auch hier wie bei den Grundarten der Umstand erschwerend in Betracht, daß bei den Faltern der Cyelus der Spermatogenese längst seinen Abschluß gefunden hat, von 58 Walter Roepke, Ausnahmeerscheinungen abgesehen. Wir treffen weitaus über- wiegend keine in fortschrittlicher Entwickelung begriffene Keimelemente mehr an, sondern nur die Endprodukte eines sperma- togenetischen Entwickelungsganges, ganz gleich, mit welchem Sta- dium derselbe seinen Abschluß erreicht hat. Und diese End- produkte sind alle in rückschrittlicher Entwickelung, d.h. in Degeneration begriffen; der Hode unserer Bastarde ist also fast oder ganz ausschließlich von degenerativ veränderten Keimelementen erfüllt. Zwischenstadien, die uns erlauben, Schritt für Schritt den Cyklus der Spermatogenese zu verfolgen und zu verstehen, fehlen gänzlich, unsere Beobachtungen können sich daher nur auf das Verhalten dieser spermatogenetischen Endprodukte erstrecken. Zur vollen Eruierung der Modifikationen, die in der Spermatogenese dieser Bastardformen sich geltend machen, müßten die Unter- suchungen an sehr frühem Larvenmaterial einsetzen. Die an den imaginalen Hoden von Smer. hybr. hybridus und hybr. operosa festzustellenden Befunde sind nun folgende. In allen Hoden waren spermatogenetische Elemente in mehr oder minder großer Zahl vorhanden, zum mindesten Urkeimzellen, namentlich in der Umgebung der Apikalzellen. Die Spermogonien müssen größtenteils auch zur Weiterentwickelung gelangt sein, letztere erfährt aber früher oder später eine Stauung und nur in den günstigsten Fällen erreicht sie ihren Abschluß mit der Aus- bildung von Spermatozoen, die aber schon morphologisch durchaus mangelhaft entwickelt sind. Alle diese Elemente, gleichviel mit welcher Ausbildungsstufe sie abschließen, verfallen der Degeneration, und zwar vollzieht diese Degeration sich in genau der gleichen Weise, nach der auch bei den Grundarten immer ein geringer Teil der Keimelemente zu Grunde geht; d. h. der Kern der de- generierenden Keimzellen gestaltet sich zu einem nukleolen-ähn- lichen Körper um, den ich kurzweg als „Nukleole“ bezeichnen will, während das Plasma sich verschieden verhält, je nachdem wir Spermogonien und Spermocyten oder Spermatiden vor uns haben. Im ersteren Falle wird die Nukleole vom Plasma in Gestalt eines kugeligen Zellleibes umgeben, im letzteren Falle hingegen haben wir das Fibrillenstadium vor uns. Je nachdem nun das eine oder das andere Stadium vorherrschend ist, ist das Bild, welches Schnitt- serien durch den hybridus- und operosa-Hoden uns zeigen, ein anderes. Immer aber treten in der Grundsubstanz — wenn ich so sagen darf —, gleichviel welchen Charakter dieselbe haben mag, die scharf tingierbaren Nukleolen hervor. Ihre Zahl ist eine auf- Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 59 fällig große, wodurch sie den Schnitten durch den imaginalen Hoden dieser Hybride ein ganz charakteristisches, von dem Ver- halten der Grundarten abweichendes Aussehen verleihen. Nebenbei scheint es aber auch, als ob mitunter die allerjüngsten Keim- elemente sich ganz indifferent verhalten, d. h. ihre ursprüngliche Gestalt einigermaßen bewahren, namentlich mit Bezug auf die feine Chromatinstruktur ihrer Kerne, ohne sich in irgend einer Weise weiter zu differenzieren. Gelegentlich können einzelne Hodenfächer von solchen indifferenten Keimzellen auf große Strecken erfüllt sein, sie täuschen dann in ihrer Gesamtheit ein unregel- mäßiges und lockeres Gewebe vor, das aus einer protoplasmatischen „Grundsubstanz“ und zahlreichen eingestreuten Kernen besteht. Letztere scheinen mir durch ihre Kleinheit wie durch ihr feines und regelmäßiges Chromatinnetz darauf hinzudeuten, daß es sich wirklich um Urkeimzellen handelt. Dazwischen eingestreut sind vereinzelte nukleolenhaltige Zellen, an anderen Stellen wieder be- gegnet man fibrillären Strukturen, dem Anzeichen dafür, daß auch einzelne Spermatidenbündel sich an der Zusammensetzung dieser scheinbaren, etwa parenchymatösen „Gewebe“ beteiligen. Taf. 2, Fig. 20 stellt solche Elemente aus dem Hoden von hybr. operosa & No. 2 dar. Man sieht in der „Grundsubstanz“ dieses „Pseudo- gewebes‘“ nur selten deutlichere Zellgrenzen, hingegen reichlich rundliche Kerne mit fein verteilter Chromatinmenge (*), vereinzelt oder trüppchenweise bei einander nukleolenhaltige Zellen (**), an anderen Stellen (***) erkennt man bereits die Fibrillenstruktur, welche auf das Vorhandensein degenerierender Spermatidenbündel schließen läßt, die nachträglich diesen Anhäufungen verfallender Urkeimzellen sich beigesellt haben. In anderen Fällen hat die Bildung von Spermocysten (LA VALETTEschen Hodenkugeln) stattgefunden und diese verfallen in ihrer Gesamtheit. Taf. 2, Fig. 21 repräsentiert solche Stadien aus dem Hoden von hybr. hybridus d No. 18. Man sieht die im Umriß ungefähr kugeligen Anhäufungen kleiner nukleolenhaltiger Keimzellen (Spermocyten), die unregelmäßig auch das Innere der Spermocysten anfüllen, und die durch dieses Verhalten deutlich ihren degenerativen Zustand dokumentieren. Die bei (*) auf- tretende Fibrillenstruktur zeigt an, daß die Umwandlung in Sperma- tiden bereits eingeleitet war. Die degenerierenden Spermatiden, deren Charakter ebenfalls in dem Besitze der Nukleolen liegt, sind nur die in den hybridus- und operosa-Hoden meist vorherrschenden Stadien. Sie sind ge- 60 Walter Roepke, wöhnlich nicht zu geschlossenen Bündeln angeordnet, sondern sind gelockert, unregelmäßig, wirr und ganz durcheinander verlaufend. Das gleiche gilt auch für die zur Ausbildung gelangenden Spermatozoen. Das Verhalten derselben entspricht keineswegs dem bei den Grundarten, auf das ich den Vergleich mit einem „Stricknadelbündel“ für die Kopfabschnitte angewendet habe. Hier im Hybridenhoden sind die Kopfabschnitte der Spermatozoen — die Schwanzteile derselben sind naturgemäß von den Leibern der Spermatiden nicht zu unterscheiden — gelockert, unregelmäßig gegeneinander verschoben, sie weisen Knickungen, Krümmungen und Verbiegungen auf anstatt daß sie gerade und gestreckt ver- laufen; meist sind sie nur in geringer Anzahl bei einander, häufig sogar ganz vereinzelt und dann regellos kreuz und quer verlaufend. Figg. 26—31 auf Taf. 2 geben solche Stadien aus dem relativ gut entwickelten Hoden von hybr. hybridus No. 23 wieder. Fig. 26 zeigt auf einem Querschnitt, wie oft nur ganz wenige Sperma- tozoenköpfe bei einander liegen, in Fig. 27 tritt das wirre Durch- einanderlaufen derselben deutlicher zutage, in Fig. 28 bilden sie einen lockeren Verband, man erkennt namentlich die unregel- mäßigen Krümmungen, Verbiegungen und Kräuselungen, die die einzelnen Kopfabschnitte beschreiben, Fig. 29 und 30 zeigen schon etwas regelmäßiger zusammengelagerte Spermatozoen, Fig. 31 end- lich stellt ein relativ vollkommen entwickeltes Spermatozoenbündel dar. Aber auch bei diesem ist die Abgrenzung der Kopfabschnitte gegen die protoplasmatischen Schwanzteile keine scharfe, sondern die Kopfabschnitte, die auch hier nicht ganz geradlinig verlaufen, liegen gelockert nebeneinander und sind unregelmäßig gegeneinander verschoben. Der begrenzende Follikelzellenbelag fehlt, ebenso ist der charakteristische Cytophor an der Spitze des Bündels nicht vorhanden. Das ungefähr ist die Ausbildungsstufe, die im gün- stigsten Falle die Spermatozoenbündel beim hybr. hybridus und operosa erreichen. Wenn ich eingangs betonte, daß wir an den Imagines dieser Bastarde, wie bei den Grundarten übrigens auch, nur die End- produkte der Spermatogenese, nicht aber den Gang derselben kontrollieren können, so trifft das für das bisher Gesagte zu. Auch Rückschlüsse namentlich mit Bezug auf die Entwickelung der mißgestalteten Spermatozoenbündel, die ja in abweichender Weise erfolgen muß, werden wir aus den Bildern, die uns die imaginalen Hoden zeigen, nicht mehr ziehen können. In einem Spezialfalle aber, auf den ich jetzt zu sprechen komme, glaube ich doch auf Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 61 eine bestimmte Anomalie im Entwickelungsgang der Sperma- togenese schließen zu dürfen, um so mehr, als ähnliche Er- scheinungen — Präzedenzfälle möchte ich fast sagen — durch STEPHAN und GUYER unabhängig voneinander für gewisse Tauben- bastarde festgestellt worden sind. Man gewahrt nämlich gelegent- lich auf den Schnittserien durch den Hoden der Hybriden, nament- lich der operosa-gg Nukleolen, die sich durch ganz beträchtlichere Größe gegenüber den zahlreich vorhandenen gewöhnlichen Nukleolen auszeichnen, sie mögen gut das Doppelte bis Vierfache der letzteren betragen. Wohl bemerkt, diese „Riesennukleolen“ sind den Sperma- tiden eigen, also jenen Stadien, die die Chromatinreduktion bereits hinter sich haben. Liegt hier nicht die Vermutung nahe, daß diese „Riesennukleolen“ dem Ausbleiben einer oder gar beider Reduktionsteilungen ihre Entstehung verdanken ? Anders kann man diese Erscheinung wohl kaum erklären und, liegen die Verhältnisse wirklich so, so wäre hiermit in der Tat für die Lepidopteren- bastarde ein ganz entsprechendes Verhalten konstatiert, wie STEPHAN und GuyEr es bei Taubenbastarden beobachtet haben. Auf Taf. 2, Fig. 22 sind solche Stadien abgebildet; bei (*) sieht man gewöhn- liche Nukleolen, wie sie in großer Menge in den meisten Hybriden- hoden auftreten, bei (“*) die durch beträchtlichere Größe auf- fallenden Riesennukleolen. Das Bild ist dem Hoden von hybr. operosa d No. 2 entnommen. Noch eins: STEPHAN beschreibt für mehrere seiner Bastarde, und zwar für gewisse Fasanen- und Taubenbastarde, bestimmte Abweichungen in der Ausgestaltung der Spermatozoen, die er mit dem Namen „Processus paraevolutifs‘ belegt. Diese Abweichungen bestehen darin, daß die Spermatidenkerne in anormaler, etwa ver- einfachter oder abgekürzter Weise sich zu Spermatozoenköpfen umformen. Bei meinen Lepidopterenbastarden nun kann ich ähn- liche, wenn nicht gar ganz entsprechende Vorgänge beobachten. Ich sehe nämlich, wie es zur Ausbildung von Riesenspermatozoen- Kopfabschnitten kommt einfach dadurch, daß die Riesennukleolen, von denen soeben die Rede war, sich strecken und verlängern, bis sie die Form einer schlanken Spindel angenommen haben. Auf diese Weise entsteht ein Spermatozoenkopf von größerem Volumen, als es normal ist; er erreicht zwar nicht die Länge eines gewöhn- lichen Kopfabschnittes, zeichnet sich aber vor diesem durch be- deutenderen Dickenumfang aus. Diese Erscheinung ist jedoch keineswegs häufig, und nur in Ausnahmefällen kann man sie, wie auch das Auftreten der Riesennukleolen, mit dem sie Hand in 62 Walter Roepke, Hand geht, des öfteren in ein und demselben Hoden beobachten, so bei hybr. operosa-Z No. 2; aus letzterem gibt Fig. 23—25, Taf. 2 diesen Vorgang in stärkerer Vergrößerung wieder. Die verschiedenen Stadien der Streckung der Riesennukleolen sind mit a—c bezeichnet. Da die Figuren Schnittserien entnommen sind, so ist es klar, daß man überwiegend nur Fragmente der fertigen Riesenkopfabschnitte erhält. Nur Fig. 25 repräsentiert bei e ein intaktes Stadium. Was das Schicksal der Spermatozoenbündel bei den Bastarden anbelangt, so ist zu bemerken, daß sie, sofern sie in die Vasa Fig. 23. Schnitt durch den Hoden von hybr. hybridus & No. 17. Tr Tracheen, Se Septen, Va Vakuolen, Az Apikalzelle. 150:1. deferentia überhaupt eintreten, daselbst degenerieren und verfallen; es macht förmlich den Eindruck, als ob sie von dem Sekrete, das die ausführenden Gänge erfüllt, einfach aufgelöst würden und zwar derart rasch, daß schon in den distalen Enden der V. d. wie im D. ej. dupl. sich niemals auch nur Spuren derselben nachweisen lassen, während bei den Grundarten die ausleitenden Gänge in ihrer ganzen Länge von Spermatozoenbündeln erfüllt sind. — Die Zahl der Keimelemente und der Grad der Ausbildung, den sie erreichen, ist bei den einzelnen hybridus- und operosa-dd ein Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 63 sehr verschiedener und steht meist weder mit der allgemeinen Ausgestaltung des Genitalapparates überhaupt noch mit der Größe des Hodens im besondern in direktem Zusammenhange. Die wenigsten Keimelemente besitzt hybr. hybridus & No. 17. Zwar sind bei diesem die Genitalschläuche hochgradig reduziert, aber der Hode gehört nicht zu den kleinsten (s. Taf. 1, Fig. 13). Sein Inhalt besteht der Hauptsache nach aus einem fein granu- lierten Sekrete mit großen Vakuolen ; spermatogenetische Elemente fehlen fast völlig, nur in der Nähe der Apikalzellen finden sich wenig zahlreiche Spermogonien, die ohne weiteres bis zum absoluten Schwinden degenerieren. Die sonst so auffälligen Nukleolen der degenerierenden Spermatiden sind ganz abwesend, nur vereinzelt erkennt man schwache Spuren von degenerierenden Keimelementen. Bemerkenswert ist, daß bei diesem hybr. hybridus g No. 17 die Hodenwandung meist ziemlich geschwunden ist; in diesem Punkte kommt das Verhalten dieses Individuums dem der Grundarten näher. In Textfig. 23 sind diese Verhältnisse zur Darstellung gelangt. Hybr. hybridus g No. 18, der bezüglich der Reduktion seiner inneren Genitalien dem Individuum No. 17 nur wenig nachsteht, besitzt einen Hoden mit relativ zahlreichen und gut entwickelten Keimelementen. Namentlich ist das durch den Besitz der scharf tingierbaren Nukleolen so charakteristische Stadium der degene- rierenden Spermatiden vorherrschend, gut ausgeprägt sind aber auch die degenerierenden Spermocysten (LA VALETTEsche Hoden- kugeln); letztere sind auf Taf. 2, Fig. 21 aus diesem Individuum zur Darstellung gelangt. Spermatozoen sind hingegen nur ganz vereinzelt zur Entwickelung gelangt, ihr Verhalten entspricht dem, wie es etwa Taf. 2, Fig. 26—31 für hybr. hybridus No. 23 zur Darstellung gebracht ist. Die Hodenwandung dieses Individuums hybr. hybridus No. 18 ist mächtig entwickelt; Taf. 2, Fig. 19 gibt ein Stück aus derselben im Querschnitt wieder. Im allgemeinen ist bei den meisten hybridus- und operosa- Faltern das Spermatozoenstadium so gut wie fehlend, nur in wenigen Fällen sind die Spermatozoen reichlicher entwickelt, so z. B. bei dem eigentümlichen hybr. hybridus No. 23, aus dessen Hoden die Bilder Taf. 2, Fig. 26—31 entnommen sind, noch besser bei No. 13, bei dem sogar einzelne Spermatozoenbündel ziemlich gut geprägt sind. Aber auch im günstigsten Falle, wie hier, sind die Spermatozoenbündel durch Unregelmäßigkeiten in der Lagerung der einzelnen Spermatozoenkopfabschnitte wie in der Begrenzung 64 Walter Roepke, der Gesamtheit der letzteren, auch durch das Fehlen der Follikel- zellen und des Cytophors, ausgezeichnet. In den übrigen Hoden von hybr. hybridus wie operosa sind parenchymähnliche oder syncytiale Zellmassen vorherrschend, die aus einem Durcheinander von degenerierenden Spermogonien, Sper- mocysten und Spermatiden bestehen. Spermatozoen sind ganz fehlend oder nur vereinzelt und regellos in diesen gewebeähnlichen Zellanhäufungen eingestreut. Bevor ich nun zur Untersuchung der weiblichen Bastard- individuen übergehe, ist es vielleicht angebracht, an dieser Stelle schon die gewonnenen Befunde an den Bastardmännchen einer allgemeinen Betrachtung zu unterziehen und mit den in Frage kommenden Verhältnissen bei den Grundarten zu vergleichen; wir wollen ferner auch untersuchen, welche Schlüsse aus diesen wie andern Befunden hinsichtlich der Vererbungsfrage zu ziehen sind. Kapitel VII. - Uebersicht über die an 23 hybridus-s7 und 6 operosa-gg gewonnenen Befunde. Fassen wir die Resultate, die aus der Untersuchung der 23 hybr. hybridus-43 und der 6 hybr. operosa-43 sich ergeben haben, zusammen, so müssen wir zuerst konstatieren, daß ein großer Teil der Falter in seinen inneren, mitunter auch in seinen äußeren Genitalien mehr oder weniger abnorm und monströs gebaut ist. Die auftretenden Mißbildungen sind im großen und ganzen sehr verschiedenartiger Natur, gewisse einzelne Typen derselben wiederholen sich jedoch des öfteren. Wir müssen ferner konsta- tieren, daß von diesen Mißbildungen der aus der Kreuzung von ocellata $ X populi 2 herrührende hybr. hybridus in höherem Maße betroffen ist als der aus der Kreuzung ocellata & X populi var. Austauti 2 stammende hybr. operosa. Allerdings gelangte von letzterem eine geringere Individuenzahl zur Untersuchung. Die am inneren Genitalapparat auftretenden Anomalien können entweder ein Plus oder ein Minus in der Ausgestaltung desselben bedeuten. Ersteres äußert sich z. B. darin, daß überzählige An- hangsdrüsen auftreten. Dieser Erscheinung begegnen wir bei hybr. hybridus 3 No. 2, wo vier an Stelle der normalen zwei Gl. acc. vor- handen sind (s. Taf. 1, Fig. 1). Bei hybr. hybridus No. 5 (Taf. 1, Fig. 4) und No. 9 (Taf. 1, Fig. 5) finden sich drei an Stelle der Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 65 normalen zwei Gl. acc. vor; außerdem treffen wir bei hybr. hybridus No. 4 (Taf. 1, Fig. 3) und No. 5 (Taf. 1, Fig. 4) weitere über- zählige Teile an, in denen wir wohl gleichfalls Rudimente noch weiterer Gl. acc. erblicken müssen. — Gabelungen der Gl. acc. sind häufige Erscheinungen, wir begegnen denselben bei hybr. hybridus No. 4 (Taf. 1, Fig. 3), No. 6 (Taf. 1, Fig. 6a, b), Berr1l (Taf. 1, Fig. 8a, b), ‘No. 12° (Taf. 1, Fig. 9); bald erstreckt sich die Gabelung nur auf eine, bald auf alle beide Gl. acc. Bei hybr. operosa & No. 4 (Taf. 1, Fig. 18) ist eine Gabelung der einen Gl. acc. angedeutet. — Auch der D. ej. simpl. neigt zur Bildung ähnlicher Anomalien. Auf eine weite Strecke ist er gespalten bei hybr. hybridus 3 No. 4 (Taf. 1, Fig. 3), nur kurze Strecken gabelt er sich bei No. 10 (Taf. 1, Fig. 7) und in sehr ähnlicher Weise bei hybr. operosa 3 No.5 (Taf. 1, Fig. 15). Zu erwähnen sind ferner die hypertrophischen Vergrößerungen, Anschwellungen, Ausbuchtungen, Nodositäten u. s. w., die an den inneren Genitalien der Hybriden auftreten. Namentlich sind die Ampullen der Sitz derartiger Mißbildungen, als solche finden wir sie bei hybr. hybridus g9 No. 4 (Taf. 1, Fig. 3), No. 9 (Taf. 1, Fig. 5), hybridus No. 16 (Taf. 1, Fig. 12) und operosa d No. 3 (Taf. 1, Fig. 17). Stark vergrößert ist die Ampulle bei hybr. hybridus No. 5 (Taf. 1, Fig. 4). Auch D. ej. simpl. wie dupl. können gleiche Mißbildungen aufweisen, besonders treten dieselben am D. ej. simpl. von hybr. hybridus 3 No. 4 (Taf. 1, Fig. 3) hervor. Bei hybridus No. 9 (Taf. 1, Fig. 5) und No. 13 (Taf. 1, Fig. 10) finden sich dergleichen Anschwellungen am D. ej. dupl. Wurden die hier gekennzeichneten Anomalien auf ihre histologische Struktur geprüft, so erwiesen sie sich stets als einfache, hohle Ausbuchtungen der Wandung. Ein Fall nur bildet eine Ausnahme: es handelt sich um die kleine Hypertrophie am D. ej. dupl. von hybr. hybridus g No. 4 (Taf. 1, Fig. 2); dieselbe stellt eine massive, bindegewebige Wucherung vor. Was andererseits diejenigen Modifikationen anbelangt, die ein Minus, einen Mangel in der Ausbildung der inneren Genitalien bedingen, so können wir vielleicht als Beginn derselben diejenigen Fälle betrachten, wo eine Unterbrechung im Verlaufe einzelner Teile der Genitalschläuche auftritt. Diese Erscheinung erstreckt sich in erster Linie auf die V.d. Bei den Individuen hybr. hybridus No. 2 (Taf. 1, Fig. 1), No. 3 (Taf. 1, Fig. 2) und No. 13 (Taf. 1, Fig. 10) haben wir konstatiert, daß je eins der beiden V.d. ohne Anschluß an den übrigen Genitalkomplex frei in der Leibeshöhle Bd. XLIV. N. F. XXXVIL 5 66 Walter Roepke, endete. In einigen Fällen geht mit dieser Erscheinung Hand in Hand das Fehlen des D. ej. dupl. dieser Seite, so bei hybr. hybridus No. 5 (Taf. 1, Fig. 4); bei diesem Individuum aber ist das End- stück des betreffenden V. d. in Verbindung mit einem monströs und hypertrophisch entwickelten Anhangsdrüsenapparat. Vielleicht ist die Vergrößerung, die die Ampulle dieses V. d. erfahren hat, eben darauf zurückzuführen, daß die von diesen verunstalteten Gl. acc. gelieferten Sekrete keinen Abzug fanden, und deshalb in die Ampulle eindrangen und die Vergrößerung derselben so durch übermäßigen Druck herbeiführten. Bei hybr. hybridus & No. 13 sind die Verhältnisse am eigenartigsten. Hier ist der D. ej. dupl. der einen Seite in Fortfall geraten; das hat den Effekt, daß nicht nur das V. d. dieser Seite ohne Beziehung zu den ausleitenden Gängen bleibt, sondern auch die entsprechende Gl. acc.; letztere liegt demzufolge ganz frei in der Leibeshöhle. Der D. ej. dupl. auf der andern Seite ist vorhanden und kommuniziert in normaler Weise mit V. d. und Gl. acc., hat aber keinen Anschluß an den unpaaren Ausführungsgang, sondern endet unter Bildung einer kleinen, hypertrophischen Anschwellung blind in der Leibeshöhle. So kommt es, daß der D. ej. simpl. in seinem oberen Abschnitte in keinem Zusammenhange mit den übrigen Genitalschläuchen steht, sondern isoliert endet. Die Erscheinung, daß unter diesen Umständen eine so eigentümliche Verjüngung des Endabschnittes des D. ej. simpl. wie der Gl. acc. sich bemerkbar macht, deutet vielleicht auf eine beginnende Rudimentation dieser Teile hin. — Die Verhältnisse bei hybr. hybridus 3 No. 2 (Taf. 1, Fig. 1) ver- dienen noch einmal der Erwähnung. Wie schon hervorgehoben, hat auch hier eins der beiden V. d. keinen Anschluß an die aus- führenden Gänge, das andere mündet in ganz abnormer Weise direkt in den D. ej. simpl. Ich glaube, dieses außergewöhnliche Verhalten erklärt sich daraus, daß bei diesem Individuum beide D. ej. dupl. in Wegfall geraten sind, so daß die natürliche Ein- mündungsstelle der V. d. geschwunden ist. Eines der letzteren konnte daher gar keinen Anschluß an die übrigen Gecnitalteile finden, das andere ging an ganz abnormer Stelle mit denselben eine Kommunikation ein. Die Gründe, die mir für das Fehlen beider D. ej. dupl. zu sprechen scheinen, erblicke ich einmal in der monströsen Art und Weise, wie die unpaaren Fortsetzungen der Gl. acc. zur Bildung eines D. ej. simpl. zusammentreten, und dann in dem Fehlen jeder Incisurenbildung, die normalerweise so deutlich Gl. acc. und D. ej. dupl. gegeneinander abhebt. — Ein Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 67 weiterer Fall, wo ein Unterbruch im Verlaufe eines Abschnittes der Genitalschläuche stattgefunden hat, tritt uns in sehr ausge- sprochener Weise bei hybr. hybridus 9 No. 10 (Taf. 1, Fig. 7) entgegen: hier endet der D. ej. simpl. blind, noch bevor er in den Bereich des äußeren Genitalapparates eingetreten ist. — Auf die- jenigen Fälle, wo die Endabschnitte des D. ej. simpl. — Penis- hülse und Penis — fehlen, werde ich später noch zurückkommen. Nun macht sich hinsichtlich der am inneren Genitalapparate der Hpybriden -3 auftretenden Reduktionserscbeinungen plötz- lich ein ziemlicher Sprung bemerkbar, der namentlich bei den hybr. operosa-33 ein sehr auffälliger ist. Wir begegnen in den Exemplaren hybr. hybridus & No. 17 und 18 (Taf. 1, Fig. 13 und 14) und hybr. operosa & No. 6 (Taf. 1, Fig. 16) dreien Individuen, bei denen ein außerordentlich weitgehender Schwund der Genital- teile eingetreten ist. Bei hybridus d No. 17 und operosa d No. 6 sind nur Hode und an denselben anschließend zwei rudimentäre V. d. vorhanden. Bei ersterem enden beide getrennt voneinander blind in der Leibeshöhle, bei letzterem treten sie mit ihren distalen Enden unter Bildung einer scharfen Incisur zusammen. Alle übrigen Teile der inneren Genitalien fehlen bei hybr. hybridus & No. 17 vollständig, bei operosa d No. 6 sind sie in Gestalt eines winzigen Anhangsstückes entwickelt, welches in loser Verbindung mit den beiden V. d. steht, da wo diese in einem gemeinsamen Punkte sich vereinigen. Die Erscheinung, daß Ampullen bei dem operosa & No. 6 gar nicht, bei dem hybridus 3 No. 17 nur andeutungsweise entwickelt sind, ist ebenfalls ein Anzeichen für die hier vorliegende, äußerst weitgehende Reduktion. Nicht ganz so extrem gestalten sich die Verhältnisse bei hybr. hybridus $ No. 18 (Taf. 1, Fig. 14). Auch hier ist beträchtliche Reduktion eingetreten, dieselbe äußert sich in dem absoluten Fehlen eines D. ej. simpl. und der Gl. acc. Es sind nur vorhanden Hode nebst V. d., diese normal gestaltet, und zwei rudimentäre D. ej. dupl., in die die V. d. einmünden. Der eine D. ej. dupl. ist ungefähr S-förmig gekrümmt, der andere ver- läuft gestreckt, die eine Hälfte desselben ist etwas verlängert und leicht verjüngt. Eine Vereinigung beider findet nicht statt. Damit habe ich das Wesentlichste mit Bezug auf die Ano- malien, die in der Ausgestaltung der inneren Genitalien bei Smer. hybr. hybridus und hybr. operosa sich geltend machen, noch ein- mal hervorgehoben, soweit sie aus meinen Untersuchungen sich ergeben haben. Ich gläube dieses Kapitel noch lange nicht er- schöpft zu haben, ich bin vielmehr überzeugt, daß die von mir 5H* 68 Walter Roepke, aufgefundenen und zur Darstellung gebrachten Modifikationen bei weitem nicht die einzigen sind, die es gibt, sondern daß sie in zahllosen weiteren Varianten vorkommen dürften. Ich halte es ferner für sehr wahrscheinlich, daß das Resultat weiterer umfang- reicher Untersuchungen, die sich auf Individuen aus verschiedenen Bruten erstrecken, ein mehr oder weniger schwankendes sein dürfte, etwa in dem Sinne, daß unter den Individuen der einzelnen Bruten bald mehr normal gestaltete, bald mehr monströs gebaute oder weitgehend reduzierte auftreten. Ich werde zu dieser Annahme geführt durch die von Prof. STAnpruss stets gemachte Beobachtung, daß das Ergebnis der gleichen, aber öfter wiederholten Bastardierung ein meist sehr schwankendes ist. Einmal ist der Prozentsatz an Räupchen, welche die Eiergelege hybridisierter Schmetterlings- weibchen liefern, ein sehr verschieden hoher, ferner ist auch das Ergebnis an Faltern, sowohl der Zahl der Individuen wie der der Geschlechter nach, ein sehr ungleiches. Prof. STAnpFuss hat diese Tatsache für das Ergebnis an Räupchen aus hybridisierten Eiern bei seinen Saturnienbastarden zahlenmäßig belegt. Es resul- tierten z. B. aus den Eiergelegen der sehr zahlreich erzielten Paarungen zwischen Saturnia pavonia L. & und Sat. spini Schiff 2 60—85 Proz. Räupchen (STAnDFUuss 1896, p. 66); desgleichen aus den der Paarung Sat. pavonia d X pyri Schiff. 2 entstammenden Eiergelegen 42—98 Proz. Räupchen (l. c. p. 77); noch schwankender wurden diese Prozentsätze, wenn ein Saturnienbastard-Z zurück- gepaart wurde mit einem $ der Grundarten; so ergab der Bastard Sat. hybr. emiliae STDFs. d (e cop. pavonia d X pyri 2) gepaart mit Sat. pyri 2 zu mehr als 60 Proz. aller Paarungen gar keine Brut, im günstigsten Falle nur 1 Proz. lebender Räupchen, doch lieferte der gleiche Bastard, zurückgekreuzt mit Sat. pavonia 9, bei fruchtbarem Ausgang dieser Paarung — 33 Proz. aller Kopu- lationen ergaben auch hier keine Brut — 4, 9, 12, 18, 25, 36, 39, 43, 45, 46, 48, 54, 57, 62 Proz. ausschlüpfender Räupchen (STAnpruss 1898, p. 54). Der Bastard Sat. hybr. bornemanni d (e cop. pavonia & X spini $) zeugte mit pavonia 2 ohne Aus- nahme Brut, und zwar in den kontrollierten Fällen 16, 19, 22, 38, 49, 57, 67, 69, 72, 75, 80 und 84 Proz. Der Lepidopterenbastard stellt eben ein in vieler Beziehung sehr variabeles Lebewesen dar. Wollen wir jetzt noch einen Blick auf diejenigen Fälle werfen, wo der Bau der inneren Genitalien unserer Bastarde wenig oder gar nicht vom Normaltypus abweicht. Da begegnen wir der Er- scheinung, daß häufig eine Längendifferenz der paarweis vorhandenen Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 69 Teile sich bemerkbar macht, obwohl das Gesamtgepräge des ganzen Genitalapparates durchaus dem der Grundarten entspricht. Diese Längendifferenz tritt besonders deutlich in der Entwickelung der Gl. acc. zutage, so bei hybr. hybridus d No. 1, No. 3, No. 6, No. 10, No. 15, No. 19, No. 20, No. 22 und hybr. operosa gd No. 3 und No. 4. Sie kann auftreten in Verbindung mit andern Ano- malien — wie diese Anomalien überhaupt sich gegenseitig nicht ausschließen —, z. B. bei hybr. hybridus 3 No. 3 und No. 6, oder auch für sich allein wie bei hybr. hybridus d No. 1 und No. 20; bei hybr. hybridus d No. 19 macht sich daneben noch eine Ver- kürzung des einen V. d. und D. ej. dupl. auf der gleichen Seite, auf der die kürzere Gl. acc. liegt, bemerkbar. Bei hybr. operosa & No. 4 ist die Längendifferenz der Gl. acc. sehr ausgesprochen, sie beträgt 7 mm oder etwa ein Drittel bis ein Viertel der Gesamt- länge (diese war 24, bezw. 17 mm)! Ganz normal, also selbst ohne diese kleinen, unwesentlichen Mängel, waren die Genitalschläuche bei hybr. hybridus 3 No. 7, No. 8, No. 14 No. 21 und No. 23. Bei letzterem ist diese Tat- sache um so auffälliger, als das Individuum im Bau seiner Fühler und des Penisdeckels deutlich gynandromorphe Eigenschaften er- kennen ließ. Von hybr. operosa-3g waren in den Genitalschläuchen einwandfrei ausgestaltet No. 1 und No. 2. — Aus diesen Angaben ist ersichtlich, wie außerordentlich niedrig der Prozentsatz an ganz normal ausgestalteten Individuen unserer Bastarde ist; bei hybr. hybridus kommen, wenn wir von No. 23 seiner gynandromorphen Eigentümlichkeit wegen absehen, 4 ganz normal entwickelte auf 22 Männchen, d. h. rund 18 Proz.! Diesen 18 Proz. stehen somit 82 Proz. mehr oder weniger nicht normal, zum großen Teil sogar hochgradig monströs entwickelter Individuen gegenüber! Bei den hybr. operosa-3@ liegen die Verhältnisse wesentlich günstiger, von den 6 zur Untersuchung gelangten Individuen waren zwar nur 2 ganz normal ausgestaltet (das wären 33,3 Proz.), von den übrigen 4 wiesen hingegen 3 nur ganz unwesentliche Anomalien auf, während das letzte (No. 6) allerdings hochgradig modifiziert ge- genüber dem Normaltypus war. Es ist somit augenscheinlich — wenn man überhaupt aus diesen sechs Individuen Schlüsse ziehen darf —, daß bei hybr. operosa d, dem Kreuzungsprodukt von ocellata $ X populi var. Austauti 2, die Genitalorgane weniger stark im Sinne einer Schädigung beeinflußt werden als bei seinem Vetter hybr. hybridus g, aus der Kreuzung ocellata & X. populi 9. 70 Walter Roepke, Am äußeren Genitalapparate traten bei unseren Bastarden weit weniger Mißbildungen auf. Am auffälligsten ist hier das oft- mals wiederkehrende Fehlen von Penis und Penishülse; wir be- gegnen dieser Erscheinung bei hybr. hybridus 3 No. 2, No. 13, No. 14, No. 17, No. 18 und No. 20, d. h. bei 6 Individuen unter 23 oder bei rund 26 Proz. Unter den 6 operosa-43 besaß nur eines keine Penishülse und Penis. Weitere Mißbildungen konnten an nur 3 hybridus-33 konstatiert werden: nämlich bei No. 14 (s. Textfig. 16, p. 44), wo beide Valven wie Harpen stark ver- krüppelt waren, ferner bei No. 17 (s. Textfig. 17, p. 45), wo beide Valven ganz gleichmäßig eine Rückbildung hinsichtlich ihrer Größe erfahren hatten und am ventralen Rande miteinander verwachsen waren ; Harpen waren bei diesem Individuum nicht zur Ausbildung gelangt. Endlich war No. 20 in sehr eigenartiger Weise abnorm gebaut, es waren die Valven zwar leidlich gut entwickelt, doch waren die beiden Harpen zu einem unpaaren Gebilde miteinander verschmolzen (s. Textfig. 18, p. 46). Auch bei einem der hybr. operosa-Z, nämlich bei No. 3, war eine der beiden Valven durch völlige Obliteration ihrer Harpe ziemlich deformiert. Hinweisen möchte ich noch darauf, daß das Fehlen von Penis + Penishülse nicht in Zusammenhang zu stehen braucht mit dem Grade der Ausbildung der inneren Genitalien überhaupt, speziell mit der des D. ej. simpl. In den Fällen, wo eine weitgehende Reduktion der inneren Genitalschläuche eingetreten war, so daß der D. ej. simpl. vollständig fehlte, fehlte auch Penis + Penishülse; so bei hybr. hybridus & No. 17, No. 18 und operosa d No. 6. Penis + Penis- hülse waren aber gelegentlich auch dann nicht vorhanden, wenn D. ej. simpl. samt V. s. gut ausgebildet waren, wie bei hybridus No. 2, No. 13, No. 14 und No. 20. Bei diesen war die V. s. in der Regel deutlich ausgebildet, sie war fest mit der Muskulatur verwachsen, die die äußeren Genitalanhänge bedient und häufig mit dem Grunde derselben verschmolzen. — Im Gegensatz hierzu steht die Erscheinung, daß eine mit Muskulatur angefüllte Penis- hülse vorhanden ist, während der Duct. ej. simpl. in seinem distalen Verlaufe mangelhaft entwickelt ist; dieser Fall ist uns repräsentiert durch hybr. hybridus g No. 10 (Taf. 1, Fig. 7), hier ist der D. ej. simpl. blind geschlossen, noch bevor er die große Endincisur und die V. s. gebildet hat; letztere fehlen überhaupt vollständig. Dennoch weisen die äußeren Genitalanhänge ein normal entwickeltes Kopulationsglied auf, dessen basales Ende sich in der Muskulatur der Hinterleibsspitze verliert. re Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 71 Kapitel IX. Vergleiche zwischen hybr. hybridus und hybr. operosa und den Grundarten. Vererbungserscheinungen. Ueberblick. Wir haben bei den Grundarten Smerinthus ocellata, populi, populi var. Austauti konstatiert, daß die inneren Genitalien sehr variabel, die äußeren dagegen, von kleinen Einzelheiten abgesehen, sehr konstant sind. Wir haben ferner gesehen, daß die Varia- tionsbreiten der inneren Genitalien bei unseren drei Formen in- einander übergreifen, wenn auch die Durchschnittswerte stark ver- schiedene sind. Die äußeren Genitalapparate hingegen weisen bei allen drei Formen im einzelnen sehr charakteristische Unter- schiede auf. Wollen wir die inneren Genitalapparate von Smer. hybr. hybridus mit denen seiner Grundarten vergleichen, so müssen wir mit einiger Vorsicht zu Werke gehen; die hochgradigen Anomalien, die sich bei hybr. hybridus so zahlreich einstellen, das Fehlen ganzer Teile des inneren Genitalapparates, wie D. ej. simpl., D. ej. dupl., Gl. acc. u. s. f. erschweren solche Vergleiche sehr; wollen wir dieselben nun doch anstellen, so müssen wir uns dessen bewußt bleiben, daß die zu erwartenden Resultate nicht als absolut aus- schlaggebende gelten können. Für hybr. operosa liegen die Ver- hältnisse etwas günstiger. Zwar gelangten nur wenige Individuen zur Untersuchung, aber von diesen können alle mit Ausnahme eines (No. 6, das reduziert entwickelt war) zum Vergleiche herbei- gezogen werden, denn die übrigen, 5 an der Zahl, weichen in ihrem Gesamtgepräge nur ganz unwesentlich vom Normaltypus ab. — Entnehmen wir von hybr. hybridus die Maximal- und Minimal- werte für die einzelnen Teile des inneren Genitalapparates so, wie sie sich uns bieten, d. h. ohne Rücksicht darauf, ob das betr. Individuum in allen übrigen Teilen normal entwickelt ist oder nicht, so erhalten wir® als Minimalwert für den D. ej. simpl. 21 mm (bei hybr. hybridus No. 14; p. 44) und als Maximalwert 52 (bei hybr. hybridus No. 20; s. p. 46); desgleichen für die V.d. 7 (hybr. hybridus No. 9; s. p. 41) und 16 (hybr. hybridus No. 20; s. p. 46); für die Gl. acc. 12 (hybr. hybridus No. 19; s. p. 46) und 30 (hybr. hybridus No. 20; s. p. 46). Für hybr. operosa sind die entsprechenden Zahlen folgende: D. ej. simpl. 10 (No. 1; s. p. 50) und 70 (No. 2; s. p. 50); V.d. 10 (No. 1) und 17 (No. 2); Gl. acc. 14 und 30 (gleichfalls bei No. 1 und 2). Stellen wir diese Zahlen sowie die entsprechenden der Grund- 72 Walter Roepke, arten, zwecks Erleichterung der Uebersicht zu einer Tabelle zu- sammen, so erhalten wir nachstehendes Bild: D. ej. D G simpl. B Fee Variationskoöffizient Min.|Max.| Min. |Max.| Min. |Max. populi & 35 ns 10 | 21 | 15 | 31 | 23,09—2,1 —2,07 hybridus d | 21 | 52| 7! 16 | 12 | 30 | 2,48—2,29—2,5 ocellata & 61 1116| 13 | 25 | 40 | 86 | 1,9 —1,92— 2,15 operosa gg 10 | 70| 10 | 17 | 14 | 30 | 7,0 —17 —214 Austauti 15 | 40| 12 | 23 | 9 | 23 | 2,67—1,92—2,56 }) Anmerkung: Die Zahlen für die Hybriden sind durch fetten Druck hervorgehoben ! Aus dieser Tabelle ergibt sich für Smer. hybr. hybridus 3 die Tatsache, daß die Maximal- und Minimalwerte für die Längen- entwickelung der einzelnen Genitalschläuche die entsprechenden Werte bei seinem väterlichen Elter ocellata nicht nur nicht er- reichen, sondern daß diese Werte sogar noch unter denen seines mütterlichen Elters populi liegen. Ich bin nun in der Verwertung dieser Erscheinung sehr vorsichtig, aus Gründen, die ich weiter oben angedeutet habe; nehmen wir die Werte, wie sie sind, so kann man mit einiger Sicherheit wohl nur das aus ihnen heraus- lesen, daß der hybr. hybridus seinem mütterlichen Elter, der phylogenetisch älteren populi wesentlich näher kommt als der erd- geschichtlich jüngeren ocellata — seinem Vater —; ein Gesetz, das von STANDFUSS zuerst für seine Saturnienbastarde begründet wurde und das sich übrigens auch deutlich im ganzen äußeren Habitus des hybr. hybridus-Falters widerspiegelt. — Eine zweite Deutung wäre die, daß hier eine reinliche Scheidung ä la MENDEL vorläge mit dominantem populi- und rezessivem ocellata-Charakter; dann müßten die gewonnenen Zahlen reine populi-Werte darstellen. Das könnte so ungefähr stimmen. Ferner müßte dann aber auch die Variationsbreite die gleiche sein wie bei populi, und das stimmt nicht. Stellen wir beispielsweise die Maximal- und Minimalzahlen für den D. ej. simpl. von populi einander gegenüber, also 75 und 35, und berechnen wir die aus den beiden sich ergebende Ver- hältniszahl, so erhalten wir 73:35 — 2,09. Ich bezeichne diese Zahl als Variationskoeffizient und werde damit noch öfter operieren. Für hybr. hybridus ist der gleiche Variationskoöffizient 52:21 1) Man beachte die Fußnote auf p. 25. Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 73 — 2,48! Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse für die übrigen Teile des Genitalsystems; ich habe die Variationskoöffizienten in der Tabelle noch eingetragen. Also: hybr. hybridus repräsentiert im Bau seiner inneren Genitalien nicht exakt einen elterlichen Typus, sondern die größere Variationsbreite desselben scheint darauf hin- zudeuten, daß hier zwei verschieden große Variationsbreiten, nämlich die der beiden Eltern, zusammengeflossen sind. Daß die Ver- hältnisse in der Tat so liegen, wird uns sofort klar, wenn wir seinen Vetter, hybr. operosa, daraufhin prüfen. Derselbe stellt ein günstigeres Objekt für die Beurteilung des vorliegenden Falles dar aus zweierlei Gründen: erstens liegt die Variationsbreite für den D. ej. simpl. und die Gl. acc. bei den Grundarten ganz ausein- ander, zweitens sind von sechs untersuchten Fällen fünf — also ein hoher Prozentsatz — in ihren inneren Genitalien so gut aus- gestaltet, daß sie anstandslos mit den Grundarten verglichen werden können. Das für hybr. operosa konstatierte Maximum und Mini- mum in der Längenentwickelung des D. ej. simpl. betrug 10, bezw. 70 mm (hybr. operosa & No. 1, bezw. No. 2, s. p. 50), d. h. bei diesem Bastard erreicht der Variationskoeffizient für den D. ej. simpl. die enorme Höhe von 7! Das kann nur darauf zurück- geführt werden, daß hier eine Fusion der Variationsbreite von ocellata, die für den D. ej. simpl. zwischen 61 und 116 mm schwankt, und der von pop. var. Austauti stattgefunden hat, die zwischen 15 und 40 mm sich bewegt. Noch eins: zwischen populi var. Austauti und ocellata existiert, was die Variationsbreiten des D. ej. simpl. anbelangt, — ich möchte sagen — eine neutrale Zone, die die beiden konstatierten Variationsbreiten scharf voneinander trennt; diese wird begrenzt durch den für populi var. Austauti konstatierten Maximal- und den für ocellata konstatierten Minimalwert, liegt also zwischen 40 und 61 mm (vergl. die Tabelle). Hätten wir nun eine reinliche Scheidung nach dem Menperschen Gesetz, so dürfte in diese „neutrale Zone“ hinein keiner der bei dem Bastard operosa aufgefundenen Werte für den D. ej. simpl. fallen. Allein unter den fünf in Betracht zu ziehenden Individuen liegen die Werte zweier innerhalb dieser Zone (No. 4 mit 47 und No. 5 mit 45 mm langem D. ej. simpl.) und der Wert eines dritten (operosa d No. 5, mit 40 mm) gerade an der Grenze! Was also bei hybr. hybridus aus besonderen Gründen, die ich genügend betont habe, nicht mit aller Deutlichkeit konstatiert werden konnte, das geht mit Bezug auf hybr. operosa zur Genüge hervor: in den angeführten Merk- malen ist der Bastard kein spaltender, sondern ein intermediärer. 74 Walter Roepke, Bei der Besprechung der Unterschiede im Bau der männlichen inneren Genitalapparate der Grundarten hatte ich auf ein kleines Merkmal hingewiesen, durch welches Smer. populi und seine Varietät Austauti gegenüber ocellata ausgezeichnet ist. Ich meine die im oberen Drittel des D. ej. simpl. sich findende Ineisur, die für populi und var. Austauti charakteristisch ist, bei ocellata aber fehlt. Bei den Bastarden hybr. hybridus und hybr. operosa war dieses Kenn- zeichen nie deutlich wahrnehmbar; und da es in undeutlichem Zu- stande von künstlichen durch Druck oder Knickung hervorgerufenen Einschnürungen namentlich am konservierten Präparate nicht zu unterscheiden ist, so habe ich von diesem Merkmal keine weitere Notiz genommen. — Eins der ausgezeichnetsten morphologischen Unterscheidungs- merkmale für ocellata, populi und pop. var. Austauti liegt im Bau der äußeren Genitalanhänge, und zwar ist dieser Unterschied gegeben im Bau der Harpen und des Begattungsgliedes. Ich habe diese Verhältnisse bereits p. 32 in Wort und Bild zur Darstellung gebracht. Da der Bau der Harpen bei den Grundarten ein sehr ver- schiedener ist, und da hier kaum Variabilität herrscht, so sollte aus dem Verhalten der Harpen bei den Bastarden mit aller Sicher- heit der Schluß gezogen werden können, ob wir es mit einem spaltenden oder mit einem intermediären Bastarde zu tun haben. Ich habe nun die Harpen sämtlicher hybr. hybridus-33 und hybr. operosa-dg einer genauen Prüfung unterzogen und dabei heraus- gefunden, daß im Bau derselben weder der Typus des einen noch des andern Elters exakt verkörpert ist, sondern daß hier ein Zwischentypus sich herausgestaltet hat, der stark schwankt, sich bald dem einen, bald dem.andern Elter mehr nähert, ohne aber denselben zu erreichen. Um dieses Verhalten deutlich zur An- schauung bringen zu können, lasse ich hier eine Abbildung der linken und rechten Harpe von 19 meiner hybr. hybridus-3< folgen, voran stelle ich nochmals je eine (linke) Harpe der Grundarten zum Vergleiche. Die Bilder stellen exakt die mikroskopischen Konturen dar, so wie sie sich darbieten, nachdem die Harpen — jede einzeln für sich — herauspräpariert und ohne Mazeration in Balsam eingeschlossen worden waren. Die Präparate wurden in ihrer natürlichen Lage studiert, d. h. die linke Harpe wurde von ihrer konvexen, die rechte von ihrer konkaven Fläche her betrachtet. Die Bilder lassen auf den ersten Blick die große, hier vor- herrschende Variabilität erkennen. Wir sehen ferner, daß die Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 75 beiden Harpen in der Regel nicht ganz symmetrisch (spiegelbild- lich gleich) gestaltet sind. Einzelne Bildungen, wie bei hybridus No. 2r.H. (rechte Harpe) (Fig. 26 a), hybridus No. 12 r.H. (Fig. 36 a), No. 21 r.H. (Fig. 41 a) tragen den Charakter von Anomalien, andere grenzen nahe daran, z. B. No. 6 r.H. (Fig. 30a), No. 4 1.H. (linke Harpe) (Fig. 23b). In einer Reihe von Fällen tritt der ocellata- Charakter mehr zutage, und zwar dadurch, daß die Harpe wenig oder gar nicht gebuchtet ist und ihre Spitze nach oben weist, z. B. hybridus No. 1 beide Harpen, No. 7 beide Harpen, No. 23 1l.H. u. s. f.; meist sind die Harpen des hybridus jedoch mehr oder weniger stark gebuchtet, und die obere Spitze derselben weist nach abwärts. Das wieder entspricht dem populi-Charakter. Beispiele: hybr. hybridus No. 3 1.H., No. 15 r., mehr noch 1.H. (Fig. 38), No. 23 r.H. u. s. f£. Niemals aber tritt reiner populi-, noch reiner ocellata-Charakter zutage. Von ocellata scheint nament- lich die feine Zähnelung am oberen Rande der Harpe sich nicht zu vererben, von populi wieder kommt der untere Zacken der Harpe nie recht scharf zum Ausdruck, wenngleich einige Male die Buchtung der Hybriden-Harpe eine recht bedeutende ist, wie bei Ba LH “KR. 270), No.6.1H, (Fig. 30 b), No. 16 r. H. (Fig. 39 a) }). Aus diesen Bildern geht deutlich hervor, daß die Charaktere der Eltern sich weder spaltend, noch mosaikbildend vererben, sondern daß eine Mischung derselben stattfindet, derart, daß in diesen Punkten der Bastard sich bald mehr dem Vater, bald mehr der Mutter nähert, ohne jedoch die Eigenschaften derselben völlig zu erreichen oder auch nur bruchstückweise — mosaikartig — wiederzugeben. Das gleiche gilt mit Bezug auf die Ausbildung des Penis. Im Bau desselben existiert bei den Grundarten eine große Differenz, wie schon p. 31 u. f. betont und in Textfig. 12—14 zur Abbildung gebracht wurde. Der Penis von Smer. populi ist charakterisiert 1) RoruschıLv-JoRDAN, der in seiner ausgezeichneten und um- fassenden Sphingiden-Monographie (1903) der Struktur der äußeren Genitalanhänge große Aufmerksamkeit zuwendet, schildert den Bau der Harpen des Smer. hybr. hybridus folgendermaßen (p. 317): „The harpe of the hybrids ocellata X populi is often sinuate ventrally before the apex; this sinus corresponds to the deep apical sinus of populi, dividing the harpe of this species into two lobes; the narrowed apical portion of the ocellata-harpe is, therefore, homologous to the upper lobe of the harpe of populi.“ 76 Walter Roepke, Fig.524a u. b. a linke Harpe von Smer. ocellata'd, b}linke Harpe von Smer. populi &. N Fig. 24a. Fig. 24h. Fig. 25a u. b. a rechte, b linke Harpe von hybr. hybridus & No. 1. N Fig. 25a. Fig. 25b. Fig. 26a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & | No. 2. Fig. 26a. Fig. 26b. Fig. 27au.b. Des- gleichen hybr. hybri- dus‘ & No.3. Fig. 27a. Fig. 27b. Fig. 28a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 4. — Fig. 28a. Fig. 28b. Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 77 Fig. 29a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 5. Fig. 30a ;u. {b. -Des- gleichen hybr. hybridus/& No. 6. Fig. !3la u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 7. Fig. 32a u. ‚b. |Des- gleichen hybr. hybridus & No. 8. Fig. 29a. Fig. 29b a I Fig. 30a. Fig. 30b. er a Fig. 31a. Fig. 31b. “ ” Fig. 32a, Fig. 32b. Fig. 33a u. b. Des- gleichen {hybr. hybri- dus & No.9. Fig. 33a. Fig. 33b. 78 Walter Roepke, Ss 34a. Fig. 34b e- = Fig. 35a. Fig. 35b. ww er Fig. 36a. Fig. 36b. oz 7 Fig. 37a. Fig. 37b. Fig. 38a. Fig. 38b. Fig. 34a’u. b. Des- gleichen hybr. hybri- dus & No. 10. Fig. 35a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 11. Fig. 36a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 12. Fig. 37a u. bb Des- gleichen hybr. hybridus & No. 13. (Hybr. hybridus No. 14 s. Textfig. 16, p. 44.) Fig. 38a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 15. Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 79 Fig. 39a u. b. De- gleichen hybr. hybridus £ No. 16. (Hybr. No. 17 s. Text- üg. 17, p. 82. Hybr. No. 18: äußere Genitalien wurden, um ein intaktes Testobjekt für die Penislosigkeit zu besitzen, nicht zergliedert.) Fig. 40a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 19. (Hybr. No. 20 s. Text- fig. 18, p. 46.) Fig. 4la u. b. Des- gleichen hybr. hybridus & No. 21. Fig. 42a u. b. Des- gleichen hybr. hybridus Z No. 22. Fig. 39a. Fig. 39b. Fig. 40a. Fig. 40b. = 29 —_ Fig. 43a u. b. Des- gleichen hybr. hybri- dus & No. 23. ” Fig. 41b. 80 Walter Roepke, durch reichlichen, unregelmäßigen Dornenbesatz, von denen eine Anzahl durch ganz besondere Größe und dunklere Färbung (infolge stärkerer Chitinisierung) sich vor den andern auszeichnen (Größe ]). Bei ocellata findet sich ebenfalls eine Dornenarmatur, doch sind die Dornen wesentlich kleiner und schwächer als die der Größe I von populi, ferner sind sie in bestimmter Form regelmäßig an- geordnet, so daß sie in ihrer Gesamtheit mit einer groben Bürste etwa verglichen werden können. Als ganz besonderes spezifisches Charakteristikum für ocellata aber muß ein anderes Merkmal be- trachtet werden, nämlich ein scharfer, zahnartiger, starrer Zacken am oralen Rande der Penishülse (vergl. Textfig. 12). Dieser ist für ocellata ebenso auffällig wie die Dornen I. Größe für populi. Wie verhält sich nun bezüglich dieser beiden so distinkten elterlichen Merkmale der Bastard? Auch hierin herrscht das gleiche Verhalten, das mit Bezug auf die Harpen zu konstatieren war. Der Bau des Penis beim hybr. hybridus variiert außer- ordentlich, ohne in seinen Extremen den einen oder andern elterlichen Typus exakt wiederzugeben. Gerade die Spezifica für letztere, der Zacken am oralen Rande der Penishülse bei ocellata und die starke Be- Sm Do’ dornung bei populi, fehlen beim hybridus == in fast allen Fällen. In der Regel trägt der Penis des letzteren eine reichliche, aber feine und unregelmäßige Bedornung, die R A . „sich in vielen Fällen weder auf den einen Fig. 44. Distale Penis- 3 hälfte von hybr. hybri- Noch auf den andern elterlichen Typus scharf rs No. 7, a zweierlei zurückführen läßt, sondern wohl aus einer N ungen Do Fusion der beiden elterlichen Charaktere ent- standen ist. Mitunter jedoch kann man zwei Gruppen von Dornen unterscheiden, die einen finden sich am Rande der Penishülse (Textfig. 44 Do), die andern, weniger zahlreichen, im Zentrum derselben, auf Kanadabalsampräparaten durch dieselbe durchscheinend (Do'‘). Textfig. 44 (Wiedergabe des Penis von hybr. hybridus 3 No. 17) bringt dieses gewöhnlichste Verhalten zur An- schauung. Man wird den äußeren Dornenbesatz (Do) wohl als verwischten populi-Charakter, den inneren (Do‘) wohl als eben- solches Merkmal von ocellata auffassen müssen. — Nur ausnahms- weise gelangt der Charakter des einen Elters präziser zum Aus- druck, so der für populi, bestehend in der starken Armierung mit Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 81 Dornen, bei hybr. hybridus 4 No. 9 (s. Textfig. 45); die wenig zahlreichen, stärkeren Dornen (Do) in der oralen Oeffnung der Penishülse lassen den populi-Typus hervortreten, allerdings in schwächerer Form; ocellata- Merkmale sind nicht wahrnehmbar. Hybr. hybridus No. 12 ist dasjenige Individuum, welches den spezifischen ocellata-Charakter, den Zacken am oralen Rande der Penishülse, noch am deutlichsten repräsentiert (s. Textfig. 46 Za), wenngleich auch lange nicht so ausgesprochen wie bei der Grund- form selber. Ferner finden sich weitere Anklänge an ocellata in Gestalt einiger weniger schwacher Dornen (Do‘) im Innern der Fig. 45. Fig. 46. Fig. 45. Distale Penishälfte von hybr. hybridus £ No. 9 mit Dornen- armierung (Do) ähnlich populi. Fig. 46. Distale Penishälfte von hybr. hybridus 4 No. 12 mit am meisten ausgesprochenem ocellata-Charakter in Gestalt des Zackens (Za). Do Dornen von populi. Penishülse, als populi-Merkmal treten eine Anzahl etwas stärkerer Dornen in der oralen Partie auf (Do). Betonen möchte ich noch, daß die Textfigg. 45 und 46 wirklich zwei extreme Typen darstellen, im allgemeinen entspricht der Bau des hybridus-Penis dem von No. 7 (Textfig. 44) mit bald mehr hervortretender äußerer (Do), bald mehr hervortretender innerer (Do’) Dornenarmierung. Also auch im Bau des Penis von hybr. hybridus herrscht intermediärer Charakter vor. An dieser Stelle möchte ich die Wiedergabe eines Präparates einschalten, das den Penis eines hybr. hybridus d (No. 4) in aus- gestülpter Form darstellt. Solche Stadien scheint man außerordent- lich selten anzutreffen; in der Literatur existieren nur ganz un- Bd. XLIV. N. F. XXXVI. 6 82 Walter Roepke, gefähre Angaben darüber, und aus den Arbeiten von Strrz (1900) und ZANDER (1903), die das Verhalten des Penis nur innerhalb der Penishülse beschreiben, kann man natürlich keine Vorstellung davon gewinnen, wie der Penis in ausgestülptem Zustande aus- sieht. Textfig. 47 stellt das in Rede stehende Objekt dar: man erkennt ein der oralen Penishülsenöffnung aufsitzendes, ziemlich umfangreiches, zipfelförmiges Gebilde, das im Präparat ganz durch- sichtig wasserhell er- scheint. Seine Ober- fläche ist nicht völlig glatt, sondern mit zahl- reichen, ringförmig ver- laufenden Runzeln be- deckt. Im Innern nimmt man einen dunkleren, weniger durchscheinen- den, hell-chitinbraunen Zentralzylinder (Zz) wahr, der sich in das Lumen der Penishülse hinein fortsetzt. Die Spitze dieses ganzen zipfelförmigen Gebildes trägt einseitig einen Borstenbesatz (Do), es sind das jene Dornen, die man sonst im In- nern der Penishülse zu erkennen pflegt. Am Grunde des ganzen Ge- Fig. 47. Penis im ausgestülpten Zustande bildes befindet sich eine von hybr. hybridus & No. 4. Do, Do‘ Dornen- bogigeCrista, die durch Se Se Flecke, Zz Zentralzylinder, reichlicheren under tigeren Dornenbesatz (Do) ausgezeichnet ist. Dies sind jene Dornen, die im Ruhe- zustande die oralen Ränder der Penishülse zu markieren scheinen. Oberhalb dieser Crista springt das zipfelförmige Gebilde stark vor und weist an dieser Stelle zwei eigentümliche, etwa bohnen- förmige, tief schwarz-chitinbraune, malähnliche Flecken auf (FD). Von einer Deutung dieses ganzen Apparates muß ich, mangels weiterer Kenntnisse, leider absehen. Ein Porus ejaculatorius konnte Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 83 nicht aufgefunden werden. Das Präparat stellt das natürliche, nach Sublimatfixierung und Alkoholkonservierung ohne Mazeration in Kanadabalsam eingeschlossene Objekt dar. — Nach dieser kleinen Abschweifung wende ich mich wieder meinem eigentlichen Thema zu. Ich habe dem Bau der Harpen und des Penis bei hybr. operosa nicht minder große Aufmerksam- keit als wie den vorhergehenden gewidmet. Ich lasse gleich die Abbildungen der operosa-Harpen folgen (Textfig. 48—52). Fig. 48a u. b. Operosa & No. 1. arechte Harpe, b linke Harpe. Fig. 48a. Fig. 48b. Fig. 50. Fig. 49a. Fig. 49b. Fig. 49a u. b. Operosa Z No. 2. a rechte Harpe, b linke Harpe. Fig. 50. Operosa & No. 3. a rechte Harpe, linke Harpe nicht zur Aus- bildung gelangt. Fig. 5la u. b. Ope- rosa d No.4. a rechte Harpe, b linke Harpe. Fig. 5la. Fig. 51b. Fig. 52a u. b. Operosa 4 No. 5. a rechte Harpe, b linke Harpe. (Operosa £ No. 6 wurde nicht zergliedert, um als intaktes Testobjekt für die Penislosigkeit zu dienen.) Fig. 52a, Fig. 52b. 84 Walter Roepke, Die Bilder demonstrieren deutlich, daß hier ebenfalls ein Zwischentyp zwischen den beiden Eltern, ocellata d und populi var. Austauti, sich herausgestaltet hat (die Harpe von var. Austauti entspricht genau ihrer Grundform populi). Die Harpe des hybr. operosa ist wenig oder gar nicht gebuchtet, dadurch nähert sie sich, wenn auf Grund der untersuchten 5 Exemplare Schlüsse gezogen werden dürfen, noch mehr dem väterlichen Typus ocellata, als der gewöhnliche hybr. hybridus in diesem Punkte es tat. Was den Penisbau von hybr. operosa anbelangt, so entspricht derselbe durchaus dem von hybr. hybridus, unterscheidet sich jedoch von letzterem durch die weniger zahlreichen Dornen, eine Er- scheinung, die natürlich mit dem Mangel an Dornen bei der mütter- lichen Grundart var. Austauti zusammenhängt. Was den für ocellata so bezeichnenden Zackenvorsprung am Rande der Penishülse an- belangt, so kann von demselben an den 5 operosa-dd — bei dem 6. fehlte ja der Penis — nicht einmal eine Andeutung wahrge- nommen werden. Es scheint demnach dieses Kennzeichen wenig erblich zu sein, obwohl es in der ocellata-Gruppe ein weit ver- breitetes Charakteristikum ist, wie aus ROTSCHILD-JORDANS Ab- bildungen (1903, pl. XXIX, Figg. 38 ff.) ersichtlich ist. Also auch für Smer. hybr. operosa ist ein intermediäres Ver- halten mit Bezug auf Bau der Harpen und des Penis zu konsta- tieren. Bei operosa tritt im Bau der Harpen der ocellata-Charakter mehr zutage als bei dem gewöhnlichen hybridus, unter der Voraus- setzung natürlich, daß die geringe Zahl der untersuchten operosa-gd es erlaubt, dieses Urteil abzugeben. Ueberblicken wir noch einmal die in den Kapiteln IV bis IX niedergelegten Befunde und fassen wir die Hauptresultate derselben hier zusammen, so haben wir folgendes zu konstatieren: Bei den Lepidopterenbastarden Smerinthus hybr. hybridus STPHS. (Wesrtw.) und Smerinthus hybr. operosa Stprs. treten im Bau der männlichen Genitalorgane mehr oder minder hochgradige Anomalien auf. Dieselben äußern sich mit Bezug auf den Hoden in einer oft sehr beträchtlichen Verringerung seiner Größe, die unter Umständen bis zum vollständigen Schwund desselben führen kann. Die Hoden- wandung ist weniger stark resorbiert als bei den Grundarten. Das Innere des Hodens ist reichlich, aber meist ganz unregelmäßig von Septen durchquert. Die Anordnung der letzteren läßt auch in den günstigsten Fällen nur verwischt den Aufbau des Hodens aus 8 Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 85 sog. Follikeln erkennen. Die Apikalzellen sind meist in geringerer Zahl vorhanden. Die Vasa deferentia verlassen den Hoden gespreizt, Diese Eigentümlichkeiten scheinen darauf hinzuweisen, daß in der Entwickelung und Aneinanderlagerung der Hodenfollikel Unregel- mäßigkeiten stattgefunden haben. Hand in Hand mit der Größenverringerung des Hodens geht eine Verminderung der Zahl der Keimelemente; gelegentlich sind dieselben in verschwindend kleiner Anzahl vorhanden. In ihrer Entwickelung erfahren die Keimzellen früher oder später eine Stauung, um dann der Degeneration anheimzufallen. In den günstigsten Fällen werden vereinzelte Spermatozoen entwickelt, die sich meist nicht zu geschlossenen Bündeln gruppieren, und die schon morphologisch als durchaus minderwertig erkannt werden können. Gelangen dieselben in die Vasa deferentia, so werden dieselben sehr rasch und vollständig aufgelöst. Es kann gelegent- lich die Bildung anormaler Riesenspermatozoen auf ebenfalls nicht reguläre Weise verfolgt werden. Was die weiteren Anomalien anbelangt, die im Bau der inneren Genitalien sich einstellen, so können dieselben in extremen Fällen zu einer hochgradigen Obliteration der gesamten ausleitenden Gänge und der Anhangsdrüsen führen ; auf der andern Seite wieder können hypertrophische Vergrößerungen, Doppelbildungen u. S. w. einzelner Organteile der inneren Genitalschläuche auftreten; da- neben können zahlreiche anderweitige regellose Anomalien vor- kommen, wie Verlagerung einzelner Teile, Unterbrechungen der- selben u. s. f. Bei hybr. hybridus erreichen die geschilderten Mißbildungen einen höheren Grad als bei hybr. operosa. Am äußeren Genitalapparat treten weit weniger häufig Ano- malien auf. Die gewöhnlichste Erscheinung ist hier das Fehlen von Penis und Penishülse. Dann erst stellen sich, aber nicht häufig, Verbildungen der Harpen, schließlich auch der Valven ein. Bei der Vergleichung des Genitalapparates der Hybriden mit denen der Grundarten geht namentlich mit Bezug auf die Aus- gestaltung der äußeren Genitalanhänge hervor, daß die Charaktere der Eltern im Sinne einer Mischung zu einem sehr variablen Zwischentypus verschmelzen. Spaltung oder Mosaikbildungserschein- ungen können nicht erkannt werden. Auch die Ausgestaltung des inneren Genitalapparates bei hybr. operosa, obwohl nur 5 Männ- chen zum Vergleich herbeigezogen werden konnten, entspricht diesem Verhalten. Für hybr. hybridus ist der gleiche Nachweis schwerer 86 Walter Roepke, zu liefern wegen der hochgradigen Monstrositäten, die bei einem großen Teile der Individuen Vergleiche mit den Grundarten er- schweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Hiermit beende ich jene Kapitel meiner Untersuchungen, die sich mit der Anatomie der Bastardmännchen befassen. Ich gehe nunmehr zur Schilderung der hochinteressanten Befunde an den weiblichen Bastardindividuen über. Kapitel X. Smerinthus hybr. operosa-?2? und hybr. hybridus-?. Wie schon p. 64 hervorgehoben wurde, besteht ein prinzi- pieller Unterschied in den Ergebnissen der Kreuzung ocellata d x populi 2 einerseits und ocellata d X populi var. Austauti 2 andererseits darin, daß aus letzterer Paarung weibliche Imagines in bedeutend höherem Prozentsatze hervorgehen als aus ersterer. In der einen, leider auch einzigen, Serie dieses Bastardes hybr. Mia Eau: = ) traten 14 Proz. weibliche pop. var. Austauti 2 Falter auf, im Gegensatz zu hybr. hybridus Stpaus. (WEsTw.) ocellata d ( populi 2 viduen es bis zum Puppenstadium bringen, ohne indes einen Falter zu liefern. Mit diesen eigentümlichen Umständen hängt es zu- sammen, daß ich trotz einer größeren Anzahl hybr. hybridus-3g nur ein Weibchen dieses Bastardes untersuchen konnte, während ich von hybr. operosa fünf Weibchen zu untersuchen in der Lage war, eine Lage, die in der Tat als ganz besonders glückliche zu bezeichnen ist in Anbetracht der enormen Schwierigkeiten, die die Herbeiführung einer fruchtbaren Paarung zwischen ocellata g und populi var. Austauti 2 verursacht; ganz abgesehen auch davon, daß die Beschaffung lebenden und gesunden Zuchtmateriales von var. Austauti aus Algier — nur solches kann für !Hybridations- experimente Verwendung finden — keine leichte ist. Ich fühle mich daher meinem Chef, Herrn Prof. Dr. STANnDFUSS, zu ganz besonders tiefem Danke verpflichtet nicht allein für die Ueber- lassung dieser 5 hybr. operosa-2%, sondern auch für die Mühe und große Aufmerksamkeit, mit der er mir diese Tiere einzeln per Post von seinem Ferienaufenthalte aus jedesmal umgehend zusendete. operosa STDFS. ( ): wo in günstigen Fällen etwa 2 Proz. weibliche Indi- Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 87 Die Schilderung der Anatomie des einen hybr. hybridus-? werde ich erst am Schlusse dieses Kapitels bringen, da uns das Verständnis für dieselbe durch die Befunde an den hybr. operosa-22 wenigstens etwas angebahnt wird. Haben wir schon in der Ausgestaltung der männlichen Sexual- organe der hybridus- und operosa-Bastarde Anomalien kennen ge- lernt, deren Zustandekommen vorläufig noch außerhalb des Be- reiches eines wirklichen Verständnisses liegt, so gilt dies noch in viel höherem Maße für die weiblichen Genitalorgane dieser Hybriden. Ich gebe auch hier Einzelbeschreibungen, wobei ich namentlich auf die beigefügten Abbildungen, Taf. 3, verweise. Ich halte es nicht für überflüssig zu betonen, daß die Abbildungen genau der Wirklichkeit entsprechen; sie sind in der Weise angefertigt, daß das Objekt noch in ganz frischem Zustande auf das genaueste studiert und von allen Seiten skizziert wurde. Erst nachdem ich mir so über alle Punkte völlige Klarheit verschafft hatte, stellte ich die definitive Zeichnung unter Anwendung des großen ABBE- schen Zeichenapparates von Zeiß her. Die Präparationen selber wurden unter Beobachtung peinlichster Sorgfalt und Vorsicht aus- geführt; die eines einzigen Objektes erstreckte sich, mit gewissen Intervallen natürlich, meist über mehrere Tage. Beim Studieren und Zeichnen der Objekte leistete mir, was ich noch hervorheben möchte, das Zeißsche Objektiv a* vortreffliche Dienste, welches mit den Okularen I und III und Tubusverlängerung die Anwendung jeder beliebigen Vergrößerung zwischen 3- und 60-fach in sehr einfacher Weise gestattet. Zur Erläuterung der allgemeinen Körperkonstitution der hier zur Untersuchung gelangenden fünf operosa-?? und des einen hy- bridus-? sei vorausgeschickt, daß sie samt und sonders unfähig waren, im richtigen Moment die Puppenhülse zu durchbrechen; sie wurden daher im gegebenen Zeitpunkte von Herrn Prof. STAnD- Fuss ausgeschält. Obwohl die Puppen kräftig und gesund waren, fehlte den Tieren scheinbar jede Lebenskraft. Die Flügelstummel wuchsen nicht aus, Körpermaße können daher auf Grund der Flügel- längenentwickelung nicht gegeben werden. Ich habe aber stets Länge, Breite und Höhe des Abdomens gemessen, allein die ge- wonnenen Zahlen sind wenig maßgebend, da die Gestalt und Größe des Abdomens wesentlich verändert ist durch das Vorhandensein großer Mengen flüssigen. Kotes in seinem Innern. Deshalb habe ich Abstand davon genommen, die Maße hier anzuführen. 88 Walter Roepke, Hybr. hybridus 9, No. 1 wurde anatomiert am 11. VIII. 1906. Taf. 3, Fig. 32 A gibt ein &etreues Abbild seines Genitalapparates.. Halten wir die Wiedergabe eines normalen weiblichen Smerinthus-Genitals da- neben (Textfig. 15, p. 35), so sind wir im ersten Augenblick gewiß ganz überrascht, und wir halten es vielleicht für fast un- möglich, hier noch homologe Gebilde konstatieren zu können. Und doch gelingt dies. Am unschwersten noch können wir die Bursa copulatrix (B. c.) auffinden. Ihr stärker als gewöhnlich chitini- siertes und deshalb vielleicht auch etwas verengtes Ostium fand sich an gewohnter Stelle, d. h. an der Grenze des 8. und 9. Ab- dominalsegmentes beim Falter. Das Corpus bursae ist etwas schlanker als gewöhnlich, deutlich nimmt man die charakteristi- sche, auf dem Vorhandensein starker Muskulatur beruhende Längs- streifung wahr; das blinde Ende ist in Form eines haubenförmigen, wulstigen Aufsatzes entwickelt. Alles in allem weist die B. &. keine besonderen Abweichungen vom Normaltypus auf, nur ist sie etwas schwächer entwickelt. Noch vom stark chitinisierten Basalteil der B. c. nimmt ein feines Kanälchen seinen Ursprung, der uns wohlbekannte Ductus seminalis. Verfolgen wir denselben, so müssen wir den Ovid. simpl. finden. In der Tat müssen wir letzteren in einem dorsal von der B. c. gelegenen, derb musku- lösen Gebilde erblicken, das am Hinterleibsende in eigentümlicher, noch zu besprechender Weise nach außen mündet, das aber mit jener Stelle, wo der D. s. einmündet, aufhört und blind endet. Dieses Gebilde ist zweifelsohne mit dem Ovid. simpl. zu identi- fizieren. Es wird sich das namentlich noch aus dem Vergleiche mit den übrigen hybr. operosa-?2 ergeben. Anstatt daß nun an diesen Ovid. simpl. die paarigen Eileiter sich anschließen, steht ersterer auf seiner dorsalen Seite in Verbindung mit einem großen, unregelmäßig gebuchteten, zartwandigen Gebilde, und zwar an zwei verschiedenen Stellen. An einer derselben, der oberen, breiteren, tritt der Ausführungsgang des Receptaculum seminis (R. s.) heran und mündet hier in eine Vestibulum-ähnliche Auftreibung des Ovid. simpl. Das R. s. bietet im übrigen nichts Auffälliges, es scheint normal, sein Anhangsschlauch ist ziemlich kurz. Aber das er- wähnte, ziemlich voluminöse, unregelmäßig gestaltete, zarte Gebilde interessiert uns weiter. Zunächst können wir mit Leichtigkeit konstatieren, daß demselben, ebenfalls dorsal, zwei leidlich gut entwickelte Kittdrüsen, Glandulae sebaceae (Gl. seb.), aufsitzen, mit mäßig langen, sonst normal gestalteten Anhangsschläuchen. Die Anat, Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 89 Länge derselben betrug 40 mm, einer derselben war am Ende leicht gegabelt. Das Corpus der Gl. seb. war, wie normal, prall mit ursprünglich wasserklarer, später zu einer undurchsichtigen, weißen Masse koagulierten Kittsubstanz angefüllt. Also anstatt daß die Gl. seb. dorsal ohne weiteres mit gemeinsamem Ausführungs- gange in den Ovid. simpl. einmünden, ist zwischen ihnen und dem letzteren eine normalerweise nicht vorhandene, hypertrophische Bildung eingeschaltet; wir wollen dieselbe einstweilen ais „Hyper- trophie I“ (Hy I in Fig. 32 A, Taf. 3) bezeichnen. Außer dem Ovid. simpl. und den Gl]. seb. stehen drei weitere Gebilde im Zu- sammenhang mit dieser Hy I. Das einfachste, aber vielleicht auf- fälligste, sei zuerst erwähnt: ein etwa Kaffeebohnen -ähnliches, braunes, chitinöses Gebilde, das mit seiner breiten Basalfläche der geschilderten Hy I aufsitzt. Wir wollen es als „Hypertrophie II“ (Hy II) bezeichnen; das Receptaculum seminis liegt mit seinem Corpus diesem Gebilde Hy II auf, ohne mit demselben aber in Verbindung zu stehen. Ferner mündet in Hy I ein sehr feiner, 30 mm langer, stellenweise haardünn werdender, stark gewundener Schlauch ein, der an einigen Stellen kurze, merkwürdige Ver- ästelungen aufweist. Wir wollen ihn unter der Bezeichnung Hy HI einführen. Die Kommunikationsstelle von Hy III mit Hy I ist in der Figur nicht sichtbar, sie liegt auf der Rückseite. Das letzte mit Hy I in Verbindung stehende Gebilde ist das umfangreichste und komplizierteste. Es sei Hy IV genannt. Es besteht aus einem kurzen, direkt aus Hy I seinen Ursprung nehmenden Basalstücke, auf dem sich ein kompliziertes System von ziemlich derben Schläuchen erhebt. Es handelt sich ursprünglich um einen ein- heitlichen Schlauch, der gleich in seinem Anfangsabschnitte ein par starke Windungen beschreibt und bei (*) sich dann gabelt. Während der eine Ast in horizontaler Richtung weiter läuft und noch weitere komplizierte Gebilde trägt, macht der andere sofort eine 360° betragende Windung in Dreieckform, an deren einem Scheitelpunkte die Wandung dieses Schlauches eine kugelige, sich scharf abhebende Auftreibung bildet (Ku). Das freie Ende dieses Astes steigt senkrecht nach oben und bildet eine asymmetrische Gabel (Ga). Der andere, bei (*) sich abhebende Ast verläuft eigent- lich nur eine ganz kurze Strecke horizontal, die in der Fig. 32 A länger als in Wirklichkeit und deshalb punktiert gezeichnet ist. Die weiteren hypertrophischen Bildungen würden sonst, wie es in Wirklichkeit auch der Fall ist, den Verlauf des ersten Astes mit der Kugel- (Ku) und Gabel- (Ga) Bildung verdecken. Bei (**) 90 Walter Roepke, erfährt der zweite Ast wieder eine Spaltung unter Bildung kleiner hypertrophischer Nodositäten. Senkrecht zu seinem bisherigen Ver- laufe hebt das neue schlauchförmige Zweigstück sich ab, um bei (“**) schon wieder in zwei ungleich lange, etwa parallel verlaufende Schläuche sich zu teilen. Das Ende des kürzeren liegt (***) gegen- über; der längere beschreibt eine starke Schleife, sein freies End- stück liegt in der Figur zwischen Ga und Ku. Bei (**), ungefähr in der Verlängerung des kurzen, in der Fig. 32A punktiert ge- zeichneten Schlauchstückes liegt ein äußerst auffälliges, unregel- mäßig knolliges, ziemlich großes Gebilde mit schlank-konischem Basalabschnitte (Ov). Ein ganz ähnliches zweites derartiges Ge- . bilde lag frei in der Leibeshöhle (Ov‘). Sein einfach gestalteter, am Ende gerundeter Basalstumpf war ohne Kommunikation mit den übrigen Teilen des Genitalapparates. Sein Hauptabschnitt setzte sich überwiegend aus vier zipfelförmigen Anhängseln mit verschiedenen kleinen kugeligen Nodositäten am Grunde zusammen. Drei dieser zipfelförmigen, gekrümmten Anhängsel sind in der Fig. 32 A (Ov‘) sichtbar, das vierte ist stark verkümmert und liegt im Hintergrunde. Was stellen die beiden mit Ov und Ov‘ be- zeichneten Gebilde vor? Ohne Zweifel die rudimentär gewordenen, monströs deformierten Ovarien der beiden Seiten, und die Basal- abschnitte derselben sind die der Oviducti duplices (Ovid. dupl.). Denn wir hatten im Verlaufe unserer Darstellung alle typischen Bestandteile eines normalen weiblichen Smerinthus - Genitals auf- gefunden, zuerst die B. c. mit dem D. s., dann den Ovid. simpl., R. s. und Gl. seb.; nun fehlten nur noch die Ovarien mit dem paarigen Ovidukt; und da haben wir die Wahl, zwischen den vielen andern sich findenden Monstrositäten die Ovarien uns aus- zusuchen, da kann unsere Wahl auf nichts anderes als auf die beiden zuletzt beschriebenen Bildungen Ov und Ov‘ fallen. Die histologische Untersuchung wenigstens des einen dieser zwei Ge- bilde, nämlich Ov/, bestätigt, daß wir das Richtige getroffen haben. Die Struktur des Basalstumpfes von Ov’ entspricht durchaus der eines normalen Ovid. dupl., die der vier zipfelförmigen Anhängsel entspricht der normaler Ovarialschläuche. Hervorzuheben ist jetzt, daß wir in diesem Gebilde keine Spur von Eikeimen entdecken können. Die feinen äußersten Enden der mit den Ovarialschläuchen zu identifizierenden vier Zipfel verlieren bald ihr Lumen, aber auch der massive Endabschnitt weist die gleiche Struktur wie die Wandung dieser deformierten Ovarien auf, irgendwelche Zellelemente, die auch nur auf Reste degenerierter Oogonien oder Oocyten etc. hindeuten, Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 91 sind nicht zu entdecken. Wir konstatieren also das Faktum, daß jede Spur einer Keimanlage, wir können sogar sagen eines keim- bereitenden Abschnittes, fehlt, und die Ovaren selber stellen rudi- mentäre, monströs deformierte Gebilde dar. Die Ovarien der einen Seite nebst ihrem ausleitenden Teile, dem Ovid. simpl., liegen frei in der Leibeshöhle ohne jede Beziehung mit dem übrigen Genital- komplex; zwischen dem Ovar der andern Seite und dem Ovid. simpl. sind monströse hypertrophische Gebilde eingeschaltet, wie sie normalerweise nicht am dGenitalapparat der Lepidopteren- weibchen sich finden. Das proximale Ende des Ovid. simpl. ist blind geschlossen, die Hypertrophien kommunizieren mit dem- selben auf der Dorsalseite. Zu besprechen ist jetzt noch die Art der Ausmündung des Ovid. simpl. und die in der Nähe derselben sich findenden Chitingebilde der Hinterleibsspitze. Wir haben bei der Schilderung des Baues der weiblichen Genitalorgane der Grund- arten gesehen, daß äußere Genitalanhänge fehlen und daß der Oviporus und Anus an einem gemeinsamen Punkte liegen. Bei dem hybr. operosa-? sind die Verhältnisse nun ganz andere: Ovi- porus und Anus liegen weit getrennt von einander, und letzterer ist von einem Chitingebilde umgeben, das genau wie ein männ- licher Penisdeckel aussieht und das bereits am lebenden Tiere äußerlich sichtbar war. Wie der männliche Penisdeckel durch Uncus und Scaphium ausgezeichnet ist, so besitzt auch dieses Chitingebilde bei dem operosa-? zwei ganz entsprechende zahnartige Fortsätze, die ich als Uncoidund Scaphoid bezeichnen will (Ucd. und Scd.); die Spitzen beider sind, im Gegensatz zu dem Verhalten der ent- sprechenden Teile bei den Männchen, hier ein klein wenig geteilt, wie das für das Uncoid aus Fig. 32B hervorgeht. Letztere Figur stellt den Endabschnitt des Ovid. simpl. und die in Rede stehenden Chitinteile von der andern Seite als Fig. 32A und etwas schräg betrachtet, sowie stärker vergrößert dar. Der Enddarm ist punktiert eingezeichnet, man erkennt die im Schutze des Uncoids liegende Afterpapille (Ap). Man sieht auch ferner, daß der Ovid. simpl. in keiner innigen Beziehung zu dem Penisdeckel-ähnlichen Gebilde steht, er mündet vielmehr mit großer weiter Oeffnung (Op) neben demselben aus. Fig. 32B läßt die Lage dieser Oefinung deutlich hervortreten. Die Ränder sind nicht wulstig, sondern ziemlich dünn und chitinig. Zwischen dieser Oeffnung des Ovid. simpl. und dem Scaphoid liegt, von letzterem seinen Ursprung nehmend, noch ein weiteres Chitingebilde von etwa Zungen- bis Löffelgestalt. In Fig. 32A erscheint es infolge der optischen Kürzung mehr stift- 92 Walter Roepke, förmig, seine eigentliche Gestalt geht aus Fig. 32B besser hervor. Es liegt symmetrisch ventralwärts unterhalb des Penisdeckel-ähn- lieben Gebildes und artikuliert mit demselben in der Nähe des Oviporus (Op). Auf Grund seiner Lage und seiner Verbindung mit dem Penisdeckel-ähnlichen Gebilde wollen wir es als „Valven- ähnliches“ Organ, als „Valvoid“ (Vvd.) bezeichnen. Es war eben- falls bereits am lebenden Tiere wahrnehmbar und trug im Verein mit Uncoid und Scaphoid, sowie mit der abnormen Lagerung des Ovipositors und der stark chitinisierten Oeffinung der B. c. dazu bei, der Ausgestaltung der Hinterleibsspitze dieses hybr. operosa-2 ein eigenartiges Gepräge zu verleihen. Damit sei über diese Ge- bilde vorläufig genug gesagt; ich werde auf dieselben und auf die aus denselben sich ergebenden allgemeinen Fragen später noch näher eingehen. Hybr. operosa 2, No. 2; anatomiert am 14. VIII. 1906. Taf. 3, Fig. 33. Der Bau des Genitalapparates bei diesem Individuum ist weniger kompliziert als bei dem vorhergehenden, vor allem sind die bei dem ersten operosa-? so überreich entwickelten Hyper- trophien hier nicht vorhanden, so daß das Verständnis für die bei diesem Individuum sich vorfindenden Modifikationen ein leichteres ist. — Wir begegnen zunächst dem Ovid simpl., der B. c. und dem diese beiden verbindenden D. s. in ganz ähnlicher Ausge- staltung wie bei hybr. operosa-? No. 1. Genau wie bei diesem endet der Ovid. simpl. sehr bald blind; in dieses sein blindes, hier etwas verjüngtes und zur Seite geschlagenes Ende mündet auf der einen Seite der eine Schleife beschreibende D. s., auf der andern der Ausführungsgang des R. s., das Corpus des letzteren ist etwas monströs gestaltet, der Ausführungsgang ist sehr kurz. Die B. c. ist ein wenig kräftiger, aber kürzer entwickelt als bei No. 1. Auf der Dorsalseite münden in den Ovid. simpl. zwei Gl. seb. mit ver- kürztem Ausführungsgange ein; in der Fig. 33 sind sie isoliert dargestellt (G@l.seb); sie sind beide nicht sehr kräftig entwickelt, die eine hat infolge einer Verletzung bei der Präparation einen Teil ihrer Kittsubstanz eingebüßt und erscheint infolgedessen schlanker. Neben den Gl. seb. saßen dem Ovid simpl. zwei eigen- artige Gebilde auf, wie wir einem in ganz gleicher Ausgestaltung bereits bei No. 1 begegnet waren. Seinem Aussehen nach hatten wir es als kaffeebohnenähnlich bezeichnet und der Einfachheit halber Hy U genannt. Hier ist dieses Gebilde Hy II in der Zwei- Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 93 zahl vorhanden, es sind zwei dunkelbraune, harte, hohle Chitin- kapseln, von ungefähr Nieren- bis Bohnenform, die lose der Wandung des Ovid. simpl. aufsitzen. Eines derselben ist in der Fig. 33 in seiner natürlichen Lage wiedergegeben, das andere hingegen isoliert gezeichnet, da es bei dieser Ansicht in Wirklichkeit vom Ovid, simpl. verdeckt wäre. — Die Ovarienpaare sind in ähnlicher Weise wie bei No. 1 rudimentär und monströs geworden, beide lassen wohl einen basalen Abschnitt — als Ovid. dupl. -— erkennen, aber die Vierzahl der Ovarialschläuche ist an ihren monströs-knolligen Enden nicht einmal mehr angedeutet. Die Ovarien beider Seiten standen nicht mehr in Beziehung zum übrigen Genitalkomplex, sondern lagen frei in der Leibeshöhle, von einem üppigen Tracheen- gewebe und Fettkörper umwuchert, wie es auch bei operosa-? No. 1 der Fall war. Endfächer sind nicht wahrnehmbar, ge- schweige denn Keim- elemente. — Wieder ver- dient die Ausmündung des Ovid. simpl. größere Aufmerksamkeit. Der Oviporus (Fig. 33 Op) liegt diesmal in der Nähe des Ostiums der B. c., umgeben von einer star- ken Chitinspange, aus der er papillenartig herausragt. Der eigentliche Porus schien krankhaft verändert zu sein, er war von brandig-schwarzem Aus- sehen. Auf den Oviporus folgt wieder, wie bei hybr. operosa-2 No. 1, ein Penisdeckel-ähnliches Gebilde, das ebenfalls eine Sonde- rung in Uncoid und Scaphoid erkennen läßt. Während letzteres in Form eines einfachen Dornes wie bei den Männchen entwickelt ist, weicht ersteres beträchtlich von seiner normalen Gestalt ab. Es ist nicht einfach hakenförmig, sondern in zwei unregelmäßig gebildete Hälften geteilt, aus denen in eigentümlicher Weise weib- liche Duftdrüsen hervorquellen. Textfig. 53 bringt dieses Ver- halten in stärkerer Vergrößerung zur Anschauung. Das Uncoid ist von der Dorsalseite dargestellt. Die weiblichen Duftdrüsen (Dr) treten gruppenweise aus diaphragmaartigen Durchbrechungen des Chitins hervor, zwei dieser Gruppen begrenzen das Uncoid, eine Fig. 53. Dorsalansicht des Uncoids von hybr. operosa @ No. 2. Dr Duftdrüsen. 94 Walter Roepke, dritte liegt rechts auf der Ventralseite und scheint in der Ab- bildung durch. Diese Duftdrüsen sind ganz die gleichen, wie sie bei dem schwach gynandromorph entwickelten hybr. hybridus d No. 23 zu konstatieren waren, wo sie den Penisdeckel zu beiden Seiten flankierten (vergl. Textfig’ 19, p. 49). Hybr. operosa 2, No. 3; anatomiert am 22. VIII. 1906. Taf. 3, Fig. 34. Wir konstatieren wieder das Vorhandensein einer B. c., eines D. s., eines Ovid. simpl. und des Rec. sem., alle von ungefähr normaler Beschaffenheit, der Ovid. simpl. eher etwas vollkommener entwickelt als bei den hybr. operosa-?2? No. 1 und 2, insofern als er ein deutlich abgegrenztes Vestibulum (Ve) erkennen läßt, in welches auf ganz normale Weise das Rec. sem. einmündet. Merk- würdig ist hier das Verhalten der Gl. seb., an Stelle zweier normal entwickelter treffen wir deren vier, doch sind sämtliche an Größe, namentlich auch mit Bezug auf die Länge der Anhangsschläuche, ziemlich reduziert. Nur eine, und zwar die kräftigste von allen, steht mit dem Ovid. simpl. normal in Verbindung, die andern drei liegen zwar in unmittelbarer Nähe des ersteren, aber ihr Corpus, das ohnehin sehr abweichend gestaltet ist, trägt nur den Anhangs- schlauch und hat keinen Ausführungsgang. Bei der ersten, kräf- tigsten Gl. seb., die mit dem Uterus noch in Verbindung steht, ist der Anhangsschlauch 42 mm lang, bei der nächsten mißt er 36, bei der dritten 35; bei der vierten und kleinsten Gl. seb. ist er ganz kurz und weist eine kleine Gabelung auf. Dieses Auftreten überzähliger Gl. seb. bei den operosa-?? haben wir bisher noch nicht kennen gelernt; bekannt ist uns hingegen die in nächster Nähe der Gl. seb. dem Ovid. simpl. aufsitzende Hypertrophie IE (Hy II), der wir auch bei diesem operosa-? wieder begegnen. Es handelt sich wieder um eine derbe, chitinöse, braune, hohle Kapsel, die hier in der Einzahl vorhanden ist, und auf der Dorsalseite des Ovid. simpl. sich findet. Sie ist bei diesem operosa-? No. 3 eher etwas voluminöser entwickelt als bei den beiden vorhergehenden. — Die Ovarien zeigen die gleiche Beschaffenheit wie wir sie bereits bei den beiden ersten Individuen kennen gelernt haben, eher ist die Verunstaltung derselben noch einen Schritt weiter gegangen. Sie sind bei diesem operosa-? No. 3 ganz ungleich stark entwickelt, hängen mit ihren distalen Abschnitten zusammen, stehen aber nicht in Verbindung mit dem Ovid. simpl., sondern liegen frei in der Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 95 Leibeshöhle. Während der Basalteil des kleineren Ovars (Ov‘) kurz, dick und abgerundet ist, ist der des größeren (Ov) länger, schlank konisch, sich allmählich zu einem spitzen Ende verjüngend, das noch eine kleine, unregelmäßig knopfförmige Anschwellung trägt. — Der Ovid. simpl. mündete diesmal mit weiter, wulstig gerandeter Oefinung nach außen (Op). Auf dieselbe folgten wieder eigentüm- liche Chitingebilde, wie wir sie von den vorhergehenden zwei ope- rosa-Q2 bereits kennen. An der Hinterleibsspitze ein Penisdeckel- ähnliches Gebilde mit der von einem deutlichen Uncoid und Scaphoid eingeschlossenen Afterpapille. Daneben fand sich noch ein weiteres, höchst auffälliges Gebilde, ein griffelförmiges Organ (Gr in Fig. 34) vor, etwas schwächer chitinisiert als Uncoid und Scaphoid, leicht beborstet und am freien Ende leicht beilförmig verbreitert. Es war bereits am lebenden Tiere äußerlich sichtbar gewesen, innerlich stand es durch reichliche Muskulatur mit dem Ovid. simpl. in fester Verbindung, leitete andrerseits aber auch zu der chitinigen Hyper- trophie Il hinüber. Die Natur dieses Gebildes ist ganz rätselhaft, etwas Valven-ähnliches scheint es nicht zu sein, da es mit dem Penisdeckel-artigen Gebilde in keiner Beziehung steht, eher er- innert es noch an ein rudimentäres männliches Begattungsglied, wenngleich es auch nicht die Struktur eines solchen hat. Es ist nicht, wie eine normale Penishülse, röhrenförmig und mit weiter oraler Oeffnung, sondern es erscheint als massives, spangen- bis griffelförmiges Organ mit verbreitertem und etwas abgeflachtem Ende. Wir können, wie gesagt, über die Natur dieses Gebildes nicht ins Klare kommen, seine Struktur bietet keine bestimmten Anhaltspunkte, und seine Entstehung haben wir ja nicht beobachtet. Hybr. operosa 9, No. 4; anatomiert am 13. IX. 1906. Taf. 3, Fig, 35, Mit Bezug auf Ovid simpl. die Ovarien in ähnlicher Weise rudimentär entwickelt wie die drei vorhergehenden. Die Ovarien wiederum ohne Kommunikation mit dem Ovid. simpl. Die B. c. mit dem D. s. ungefähr normal gestaltet. Die Zahl der Kittdrüsen ist ähnlich, aber noch beträchtlicher vermehrt als bei dem vorher- gehenden operosa-? No. 3; wir treffen nämlich sieben anstatt der normalen zwei Gl. seb.! Von diesen sieben ist nur ein Paar (1 und 2 in der Figur) mittelst eines gemeinsamen Ausführungsganges in Verbindung mit dem Ovid. simpl., sie sind verhältnismäßig klein, die Länge ihres Anhangsschlauches beträgt je 20 mm. Alle übrigen Gl. seb. liegen frei in der Leibeshöhle, drei von diesen (3, 4 und 5) 96 Walter Roepke, sind unter sich verbunden, 5 trägt keinen Anhangsschlauch; die Anhangsschläuche von 3 und 4 messen 24 bezw. 25 mm. 6 und 7 sind ganz kümmerlich entwickelt, das Corpus derselben ist klein, der Anhangsschlauch ist kurz, Wiederum sehr auffällig ist bei diesem Individuum die chitinöse Hypertrophie II, die hier in der Dreizahl auftritt. Zwei davon sind sehr zart, ganz hyalin, eine, von unregelmäßig rundlicher Gestalt, sitzt direkt dem blinden, etwas verjüngten Ende des Ovid. simpl. auf, die zweite von mehr birnenförmigen Umrissen liegt frei daneben, die dritte, gleichfalls ohne Zusammenhang mit den übrigen, ist stärker chitinös und deshalb von dunkelbrauner Farbe, ihr innerer Hohlraum kommuniziert mit der Außenwelt durch eine trichterförmige Einstülpung auf der einen Seite. Aeußerlich war an dem Tier wieder das Vorhandensein eines Penisdeckel-ähnlichen Gebildes mit deutlichem Uncoid und Scaphoid erkennbar. Die feinen Spitzen beider waren, was in der Seiten- ansicht, die die Figur wiedergibt, nicht sichtbar ist, leicht gegabelt. Zwischen beiden liegt, wie immer, die Afteröffnung. Bemerkens- wert ist, daß diesmal der Ovid. simpl. keine Ausmündungsstelle nach außen aufwies. Sein distales Ende war fest mit dem Penis- deckel-ähnlichen Gebilde verwachsen und wurde durch dasselbe abgeschlossen. Es fehlte also ein Oviporus. — Andere Chitin- anhänge an der Hinterleibsspitze waren nicht vorhanden; zu er- wähnen bleibt nur, daß bei diesem Individuum eines jener weib- lichen Duftdrüsenpolster auftrat, das rechtsseitig das Uncoid flankierte (Taf. 3, Fig. 35 Dr). Hybr. operosa. 2, No. 5; anatomiert am 17. IX. 1906. Taf. 3, Fig. 36 A, B, C. Der Falter, den ich, wie die vorhergehenden auch, durch Herrn Prof. Sranpruss per Post von außerhalb zugesandt erhielt, gab absolut keine Lebenszeichen mehr von sich, als er in meinen Besitz gelangte. Bei der sofort vorgenommenen Sektion erwiesen die Gewebe sich noch als durchaus lebensfrisch, so daß die Präparation gut ausgeführt werden konnte. Es wäre auch schade gewesen, wenn gerade dieses Objekt mit seinen alles bisherige überbietenden Mißbildungen verloren gegangen wäre. Die Untersuchung förderte höchst eigentümliche Resultate zutage. Von einem Oviductus simplex konnte hier nichts entdeckt werden, obwohl derselbe bei allen vier vorher untersuchten Individuen zu den charakteristischen Bestandteilen des monströsen Genitalapparates zählte. Wohl aber Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 97 ist hier eine B. c. vorhanden, diese bestand ganz isoliert für sich, denn ein Ductus seminalis konnte nicht aufgefunden werden. Nahe der Basis der B. c. fanden sich die beiden Gl. seb.; das Corpus der linken besaß einen mäßig langen Anhangsschlauch und verlor sich mit längerem Stiele in den subkutanen Gewebemassen am Grunde der B. c. Die rechte Gl. seb. bestand nur aus einem ellipsoiden bis bohnenförmigen Corpus ohne jeden Anhangsschlauch und ohne Ausführungsgang, sie war ebenfalls am Grunde der B. c., und zwar neben der Ausmündung der andern Gl. seb., mit der Muskulatur der Körperwand verwachsen. — Diese drei Gebilde, B. c. und die beiden Gl. seb., sind es, die zur Peripherie des Körpers überhaupt in Beziehung standen. Die übrigen Teile des Genitalapparates lagen ohne Kommunikation mit der Außenwelt frei in der Leibeshöhle, als Ausgangspunkt für dieselben können wir ein Gebilde betrachten, das uns bei allen vier vorher unter- suchten operosa-?2 in ähnlicher Form schon begegnet war und das wir als Hypertrophie II bezeichnet hatten. Nur ist hier, beim operosa-? No. 5, seine Ausgestaltung eine mehr unregelmäßige, wir können eine stärkere, dunkeler braune, und eine schwächere, hellere Hälfte unterscheiden. Durch mehrere, ungefähr halbring- förmig verlaufende Einkerbungen ist das Gebilde in mehrere Lobi geteilt. An der diesen Lobi gegenüberliegenden Seite entspringt ein kurzer, stummelförmiger Gang, an den sich unter Bildung deutlicher, Incisuren-ähnlicher Einschnürungen zwei weitere, gleich- artige, wenn auch ungleich lange Schläuche anschließen. Diese sind von sehr ähnlichem Habitus wie die beim operosa-? No. 1 unter der Bezeichnung Hypertrophie IV (Hy IV) geschilderten Gebilde, sie sollen daher auch hier mit dieser Bezeichnung belegt werden. Die beiden Hauptstämme dieser Hypertrophie weisen Verästelungen auf, der kürzere eine, der längere zwei ungleich lange; an ihren Hauptenden finden sich die in bekannter Weise deformierten Ovarien (Ov und Ov‘). Letztere stellen wiederum monströs knollige Gebilde vor ohne Andeutung der ursprünglichen Vierzahl der Ovarialschläuche; Ov’ ist merkwürdigerweise in zwei Portionen geteilt, die kleinere derselben steht nicht in Verbindung mit dem übrigen Genitalapparate; an der Basis der größeren, an jener Stelle, wo sie mit der Hy IV kommuniziert, finden sich noch hypertrophische Nodositäten. — Zu erwähnen ist jetzt noch das Rec. sem. Es ist in zweierlei Hinsicht von seinem bisherigen Ver- halten abweichend und dadurch besonders auffällig. Erstens hat es keinen Ausführungsgang, sondern liegt frei in der Leibeshöhle, Bd. XLIV. N, F. XXXVII, 7 98 Walter Roepke, zweitens ist es ausgezeichnet durch den Besitz zweier Anhangs- schläuche. Letztere beide sind ziemlich kurz und stark gewunden. — Von besonderem Interesse ist wiederum die Ausgestaltung der Hinterleibsspitze. Es fehlt natürlich durchaus ein Oviporus, war doch ein Ovid. simpl. nicht vorhanden. Die einzige Genitalöffnung nach außen ist das Ostium bursae copulatricis, das in Fig. 36 C zur Darstellung gebracht ist (Ost.b.c). Es ist ganz monströs und unregelmäßig chitinisiert und weist starke anormale mehr oder weniger chitinöse Faltungen und Buchtungen auf, wie sie in der Figur erkennbar sind. Darauf folgt die eigentliche Hinterleibs- spitze mit Uncoid und Scaphoid, zwischen beiden mündet auf mächtiger, in Form eines Ringwulstes entwickelter Afterpapille (Ap) der Enddarm nach außen; diese Partie ist dermaßen volu- minös entwickelt, daß sie förmlich zwischen Uncoid und Scaphoid hervorquillt und dabei das Penisdeckel-ähnliche Gebilde am Grunde des Scaphoids zersprengt hat. Das Uncoid ist gespalten, seine beiden „Spitzen“ sind nicht als solche entwickelt, sondern sie sind ihrer Gestalt nach eher mit jenem kleinen Chitinkrater vergleich- bar, aus dessen Oeffnung ein üppiges Duftdrüsenpolster hervorquillt (Dr); es ist von ganz gleicher Beschaffenheit wie bei operosa-2? No. 2, für das es in Textfig. 53 dargestellt wurde. Taf. 3, Fig. 36 B und C veranschaulichen die Verhältnisse aufs klarste: © stellt die Hinterleibsspitze des hypr. operosa-2 No. 5, von der Ventral- seite gesehen, dar; B repräsentiert das Uncoid mit den Duftdrüsen (Dr) von der Dorsalseite, der gesamte Hinterleibsrücken mitsamt dem Enddarm ist wegpräpariert, nur das Bauchdach ist von seiner Innenseite mit der B. c. und den beiden Gl. seb. sichtbar. Fig. 36A stellt die übrigen Teile des Genitalapparates dieses hybr. operosa-? No.5 dar. Die chitinige Hypertrophie II bildet den Endabschnitt desselben, sie befand sich lose in der Hinterleibsspitze, und zwar in jener Region, die in Fig. 36 C zwischen der Basis der B. c. und der Gl. seb. und dem Uncoid leer eingezeichnet ist. Sie konnte mit den sich an dieselbe anschließenden weiteren Teilen des Genital- systems (Hy IV Ov und Ov‘) mittelst einer Pinzette leicht heraus- gehoben werden. — Damit hätte ich nun die Schilderung des anatomischen Baues der hybr. operosa-22 erschöpft und wende mich jetzt zu dem einen hybr. hybridus-„Weibchen“, wenn man es als solches überhaupt gelten lassen will. Ueber das Exterieur dieses Individuums ist leider wenig zu sagen. Die Puppe war, den äußerlich erkennbaren Sexualcharakteren nach zu urteilen, rein weiblich gestaltet. Der Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 99 Falter selber konnte, wie in so vielen Fällen, die Puppenhülse nicht durchbrechen, sondern mußte künstlich aus derselben be- freit werden, ungefähr in jenem Augenblicke, als er normalerweise hätte schlüpfen müssen. Es geschah das am 31. VIII. 1907; die Anatomie wurde gleich vorgenommen. Nun erhält man auf diesem Wege meist keine sauberen Objekte, häufig haben die Tiere schon innerhalb der Puppenhülse einen Teil ihres Kotes entleert oder tun es während des Herauspräparierens, dann verletzt man sie leicht in den hinteren Abdominalsegmenten, die meist nicht genügend erhärtet sind, so daß durch das austretende Blut im Verein mit den flüssigen Kotmassen das Tier vollständig besudelt und verklebt wird. So war es auch bei diesem hybr. hybridus 2 No. 1, und soweit unter diesen Umständen der Falter beurteilt werden konnte, schien er im Gepräge rein weiblich, auch die Fühler wiesen, ob- wohl sie anormaler Weise durch in ihre trachealen Hohlräume eingedrungenes Blut dick aufgedunsen erschienen, keine Andeu- tungen männlicher Charaktere auf. Im Gegensatz dazu war das Verhalten der Hinterleibsspitze höchst eigenartig, Man bemerkte auf den ersten Blick rudimentäre männliche Greifwerkzeuge an derselben, und trotzdem ein sehr deutliches Ostium burs. cop.; ein Oviporus hingegen fehlte, ebenso eine männliche Geschlechts- öffnung (Penis). Doch davon noch später. Ich will zunächst das Verhalten der inneren Genitalien besprechen. Dieselben sind hoch- gradig abnorm und monströs entwickelt wie bei den hybr. operosa-29, jedoch in mehrfacher Hinsicht den letzteren nicht ganz entsprechend. Wir finden zunächst den Ovid. simpl. in Gestalt eines deformierten, muskulös-wulstigen, sehr derben Gebildes (Taf. 3, Fig. 37 A bis C: Ovid.simpl), das mit verbreiterter Basalpartie in der die äußerste Hinterleibsspitze anfüllenden Muskulatur sich verliert. Auf diese Weise wird sein Endabschnitt, der außerdem noch eine deutliche -Längsfurche und links davon eine derb muskulöse hypertrophische Ausbuchtung (Hy) aufweist, abgeschlossen durch den bei diesem Individuum auftretenden, sehr typisch entwickelten Penisdeckel. Ein Oviporus fehlt somit. Das andere Ende ist ähnlich, wie bei den meisten hybr. operosa-92, blind geschlossen, bildet aber auf der Ventralseite eine kugelige muskulöse Hypertrophie, die in der Fig. 37 C durch die B. c. größtenteils verdeckt ist und daher punktiert eingezeichnet ist. Unterhalb derselben schlängelt sich der Ductus seminalis (Fig. 37 B, C D.s) hindurch, um auf der Dorsalseite in dieselbe einzumünden, wie Fig. 37 B es zeigt. Nicht weit davon mündet in das blinde Ende des Ovid. simpl. das Rec. 7*F 100 Walter Roepke, sem. (Fig. 37 BC R.s) ein. Der Anhangsschlauch desselben ist kümmerlich und etwas monströs entwickelt. Ventralwärts vom Ovid. simpl. befindet sich in normaler Lagerung die Bursa copu- latrix (Fig. 37 BC DB.c), dieselbe ist hier abweichend von ihrem bisherigen Verhalten bei den hybr. operosa-?? monströs deformiert, indem ihr Corpus kugelig verdickt ist, durch starke Chitinisierung bräunlich erscheint und mit zahlreichen starken inneren, teilweis durchscheinenden Längsfalten versehen ist. Der Endabschnitt der B. c. trägt einen ausgesprochen hutförmigen Aufsatz, der Basalteil, das sogen. Collum, ist sehr stark chitinisiert und gegen das Corpus scharf abgegrenzt. Es mündet mit weitem offenen Ostium (Fig. 37 C Ost.b.c) nach außen, die Ausmündungsstelle ist gleichfalls sehr stark von Chitin eingefaßt. Lateral vom Ovid. simpl. liegen die in nor- maler Zweizahl vorhandenen Gl]. seb.; die linke hat keinen Aus- führungsgang und ist daher ohne Verbindung mit dem Ovid. simpl., die andere, rechte, mündet mehr dorsal in denselben ein, an der Einmündungsstelle findet sich ein eigentümliches stummelförmiges Gebilde (Fig. 37 A, B (*), vielleicht das Rudiment eines der andern Gl. seb. zugehörigen Ausführungsganges. Beide Kittdrüsen sind schwächlich entwickelt und mit nur kurzen Anhangsschläuchen versehen. — In sehr eigenartiger Weise und von dem bisherigen Verhalten bei den hybr. operosa-Q2? abweichend sind jetzt die noch zu erwähnenden Ovarien ausgestaltet. Sie sind bei diesem hybr. hybridus 2 vorhanden in Gestalt eines paarigen, in seinen beiden Hälften aber sehr ungleich entwickelten Gebildes (Fig. 37 A Ov, Ov‘), das mit anfänglich ebenfalls paarigem, später einheitlichem Ausführungsgange dorsal dem Ovid. simpl. in seinem untersten Ende, noch unterhalb der Einmündung der Gl. seb. aufsitzt, wie es Fig. 37 A wiedergibt; in Fig. 37 B sind die Ovarien abgeschnitten gedacht, damit sie nicht die übrigen Teile verdecken. Das linke Ovar (Fig. 37 A Ov) setzt sich aus drei Teilstücken zusammen, einem fingerförmigen, einem mehr keulenförmigen und einem mittleren, längeren, gewundenen schlauchförmigen Abschnitt. Das rechte Ovar hingegen (Fig. 37 A Ov‘) besteht aus nur einem ein- zigen, langen, gewundenen Schlauche, von dem sich frühzeitig ein eigentümlich knollenförmiges Seitenstück abzweigt, wie es aus Fig. 37 A hervorgeht. Diese Ausgestaltung der Ovarien ist auf- fällig verschieden gegenüber dem Verhalten der hybr. operosa-22, wo die Ovarien in Form knolliger Gebilde entwickelt waren, die meist nicht in Kommunikation mit den übrigen Genitalteilen sich befanden, sondern frei in der Leibeshöhle lagen. Eins jedoch haben Anat. Untersuch. an Srtanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 101 beide gemeinsam: weder bei den operosa-Q2 noch bei diesem hybri- dus-? lassen die Ovarien der beiden Seiten sich auf die ursprüng- liche Vierzahl zurückbeziehen. An den knolligen Gebilden der operosa-?? kann man meist überhaupt nicht mehr erkennen, aus wieviel Anlagen das Ganze sich aufbaut, bei dem hybridus-? er- kennen wir hingegen linksseitig drei, rechtsseitig zwei Abschnitte; das entspricht natürlich auch nicht der normalen Acht- bezw. Vier- zahl; es muß aber dahingestellt bleiben, ob dieses Verhalten wirklich ein primäres ist, und ob in den einzelnen Abschnitten überhaupt Homologa einzelner Ovarialschläuche zu erblicken sind. Sicher ist nur, daß diese in Rede stehenden Gebilde keine Keim- region und keine Spur von Keimanlagen enthalten !). — Besondere Beachtung verdienen jetzt noch die äußerlich am Hinterleibsende auftretenden männlichen Greifapparate, auf deren Vorhandensein bereits hingedeutet wurde. Wir sahen bei allen fünf operosa-22 an der Hinterleibsspitze ein einem männlichen Penisdeckel ähnelndes Chitingebilde auftreten, das deutlich in eine Uncus- und Scaphium- ähnliche Partie (Uncoid und Scaphoid) sich sonderte. Nur aus- nahmsweise fanden sich noch weitere Chitingebilde vor. Bei diesem hybridus-? begegnen wir nun der Eigentümlichkeit, daß ein bis auf den Penis, der nicht vorhanden ist, kompletter männlicher äußerer Genitalapparat auftritt mit typisch entwickeltem Penisdeckel und einem Valvenpaare, das deutlich je eine Harpe aufweist. Alle diese Teile sind zwar kümmerlicher entwickelt als ein normaler männlicher Greifapparat, aber ihre Aehnlichkeit mit einem solchen ist sehr auffällig. Der Penisdeckel läßt deutlich Uncus und Sca- phium erkennen, die die Ausmündung des Enddarmes einfassen (Fig. 37 C Ue, Sc). Lateral finden sich zwei Valven mit wie normal stärker chitinisierten Harpen (Fig. 37 C Vv, Hp), von denen die eine, die rechte, sogar eine ausgesprochene Buchtung, einen Anklang an den populi-Charakter, aufweist. Ein Penis und Penis- hülse hingegen fehlen, wohl aber ist im Grunde des Greifapparates ein kleines, rhombisches, kräftiges Chitinplättchen entwickelt, das normalerweise jene Stelle bezeichnet, wo die Penishülse in den 1) Ich neige heute (Juni 1908) nach anatomischer Prüfung weiteren interessanten Bastardmaterials aus den Zuchtergebnissen des Jahres 1907, an dessen Publikation ich leider gegenwärtig nicht denken kann, zu der Ansicht, daß die mit Ov und Ov‘ bezeichneten Gebilde von hybr. hybridus ® No. 1 keine Homologa der Ovarien sind, sondern daß sie Hypertrophien für sich bilden. Övarien wären demnach hier gar nicht zur Ausbildung gelangt. 102 Walter Roepke, Bereich des äußeren Genitalapparates eintritt. Der ganze Apparat wird nach vorn und ventralwärts begrenzt durch eine äußerst starke Chitinspange, in der das weite Ostium burs. cop. liegt (Fig. 37 C). Letztere ist die einzige weibliche äußere Geschlechtsöffnung. Im übrigen sei noch bemerkt, daß die Anatomie dieses Individuums nichts zutage förderte, was auf das Vorhandensein innerer männ- licher Genitalien hingedeutet hätte; auch im ganzen äußeren Habitus, namentlich im Bau der Fühler, machte das Tier den Eindruck eines Weibchens, sofern wenigstens unter den eingangs geschilderten Ver- hältnissen hier ein sicherer Schluß gezogen werden kann. Auf einige Fragen mehr allgemeiner Natur, die sich aus dem Auftreten rudi- mentärer männlicher Greifapparate am Hinterleibsende dieser Hybridenweibchen ergeben, will ich im nächsten Kapitel noch zu sprechen kommen, ohne allerdings ausführlicher zu werden. Kapitel XI. Uebersicht über die an den fünf hybr. operosa-22 und dem einen hybr. hybridus-2 gewonnenen Befunde im Vergleiche mit den zugehörigen gg wie mit den Grundarten. Allgemeinere Betrachtungen. Unterziehen wir die im Kapitel X gewonnenen Befunde an den fünf hybr. operosa-2? und dem einen hybr. hybridus-? an dieser Stelle einer allgemeinen Betrachtung, so konstatieren wir als erstes Hauptmoment, daß die Genitalapparate dieser Hybriden- weibchen ebenfalls gegenüber denen der Grundarten hochgradig modifiziert sind. Die gleiche Erscheinung hatten wir schon mit Bezug auf die zugehörigen Hybridenmännchen beobachtet, allein zwischen den beiden Geschlechtern existieren prinzipielle Unter- schiede, wenn auch im einzelnen gewisse Parallelerscheinungen zu konstatieren sind. Was die Unterschiede anbelangt, so äußern sich dieselben schon darin, daß einmal bei dem gewöhnlichen hybr. hybridus das weibliche Geschlecht auf dem Puppen- oder Falter- stadium so gut wie ganz in Wegfall gerät (vergl. das auf p. 88 u. ff. Gesagte; die mutmaßlichen Ursachen dieser Erscheinung wollen wir später noch berühren), während bei dem hybr. operosa 14 Proz. weibliche Individuen auftreten, und daß ferner alle untersuchten weiblichen Smerinthusbastarde, sowohl das eine hybridus-? als auch die fünf operosa-2P, in ihrem Genitalsystem hochgradig ver- ändert waren, während bei den untersuchten Männchen dieser Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 103 Hybriden ein kleiner Prozentsatz wenigstens ganz oder fast ganz normal (von den Keimelementen abgesehen) gebaut war. Bei hybr. operosa war der Prozentsatz relativ vollkommen entwickelter Indi- viduen (soweit auf Grund der sechs untersuchten Falter Schlüsse zulässig sind) ein größerer, eine Erscheinung, die auch mit dem Auftreten eines höheren Prozentsatzes von Weibchen in Zusammen- hang zu bringen ist und die nach Prof. Sranpruss auf eine größere „physiologische Affinität“ zwischen ocellata und populi var. Au- stauti einerseits als zwischen ocellata und populi (Grundform) andererseits schließen läßt.!) — Ein weiterer Hauptunterschied ist folgender: War bei allen hybridus- und operosa-dg mit einer ein- zigen Ausnahme eine keimbereitende Region — der Hode — mit wenn auch mehr oder weniger degenerierten Keimelementen vor- handen, und waren die primären ausleitenden Gänge — die Vasa deferentia — von wesentlichen Anomalien meist verschont, so war gerade bei den Weibchen dieser Hybriden die keimbereitende Region mit ihren Keimelementen absolut fehlend, wenigstens nicht mehr nachweisbar, und waren in erster Linie die Ovarialschläuche — als primäre ausleitende Gänge — von Mißbildungen betroffen. Im günstigsten Falle (bei hybr. hybridus 2 No. 1; s. Taf. 2, Fig. 32 A Ov‘) war die Vierzahl der einzelnen Eiröhren eben noch angedeutet, meist aber stellten die Ovarien jeder Seite in ihrer Gesamtheit formlose Klumpen, knollige Gebilde oder Aehnliches dar, an denen weder einzelne Ovarialschläuche noch deren Endfächer, noch Reste von Keimelementen nachweisbar waren. Es muß späteren Forschungen anheimgestellt bleiben, zu ermitteln, ob dieser Mangel weiblicher Keimelemente ein primärer Zustand ist oder ein sekun- därer, entstanden durch Resorption der Eibildungsstätten im Laufe der Entwickelung. — Bei den fünf operosa-?? begegnen wir ferner der Erscheinung, daß in den meisten Fällen die gänzlich defor- mierten Ovarien der beiden Seiten nicht in Zusammenhang mit den ausleitenden Teilen des Genitalsystems stehen, sondern ohne Ver- 1) Ich darf vielleicht auch noch hervorheben, daß es leichter ist, zwischen populi var. Austauti g X ocellata 2? Nachkommen- schaft zu erzielen, als zwischen populi (Grundform) JX ocellata 9. Aus letzterer Paarung existieren zur zwei Falter (beides sexuell atypische Männchen) als das Ergebnis von 42 normal verlaufenen Hybridationen, während aus der Paarung populi var. Austautidg x ocellata @ doch eine Reihe Bastarde (typische Sg, aber nur solche) als Resultat nur einiger weniger Hybridationen von Herrn Prof. Stanpruss gezogen wurden. (Vergl. auch die Fußnote auf p. 2.) 104 Walter Roepke, bindung mit denselben frei in der Leibeshöhle liegen. Mitunter bezieht sich diese Erscheinung auf beide Ovarien (bei hybr. operosa ? No. 2, 3 und 4), mitunter nur auf das Ovar der einen Seite (hybr. operosa ? N. 1). Eine wenn auch nur partielle Parallelerscheinung zu diesem Verhalten können wir bei einzelnen hybr. hybridus-gg konstatieren. Ich meine diejenigen Fälle, wo eines der beiden Vasa deferentia keinen Anschluß an die ausleitenden Gänge ge- funden hat (z. B. hybr. hybridus 3 No. 2, Taf. 1, Fig. 1; No. 3, Taf.1, Fig. 3; No..5, Taf. 1, Fig.4;, No. 13, Taf Der Der Fall hingegen, daß beide V. d. blind endigten, war nicht zu beobachten, es sei denn, daß der gesamte übrige innere Genital- apparat geschwunden war (z. B. hybr. hybridus 9 No. 17, Taf. 1, Fig. 13). — Mit Bezug auf die Ausgestaltung der übrigen Teile des Genitalsystems dieser Hybriden-?2 herrscht eine große Mannig- faltigkeit. Am konstantesten, sowohl dem Vorkommeu als ihrem Baue nach, ist noch die Bursa copulatrix; dieselbe war in typischer, wenngleich auch schwächerer Ausbildung bei allen operosa-?? vor- handen, nur bei dem hybridus-? war sie monströs verunstaltet. Sie mündete in allen Fällen mit einem deutlich vernehmbaren, meist stärker als normal chitinisierten Ostium nach außen. Ein Ductus seminalis war mit einer einzigen Ausnahme (hybr. operosa 2 No. 5) ebenfalls überall vorhanden, er verband wie normal die Bursa copulatrix mit dem rudimentären Ovid. simpl. Was letzteren anbelangt, so war er bei den operosa-Q? No. 1—4 in ziemlich gleichartiger Ausbildung vorhanden, bei No. 5 hingegen ganz fehlend bei dem hybridus-2 stark monströs. In allen Fällen endete er in Richtung nach den Ovarien zu blind, niemals gabelte er sich in einen Oviductus duplex. Ein deutlich abgegrenztes Vestibulum war nicht immer wahrnehmbar. Die Ausmündung des Ovid. simpl. war bei den verschiedenen Individuen eine verschiedenartige. Eine solche konnte vollständig fehlen; sie war z. B. bei hybr. operosa 2 No. 5 schon deshalb nicht vorhanden, weil kein Ovid. simpl. zur Ausbildung gelangt war. Ebenso fehlt sie bei hybr. operosa 2 No. 4, sowie bei dem hybr. hybridus 2. Ist ein Oviporus hingegen vorhanden wie bei operosa @? No.1, No. 2 und No. 3, so fällt der- selbe nicht wie bei den Grundarten mit der Afteröffnung zusammen, sondern liegt getrennt von derselben, ventralwärts unterhalb der- selben. Hierüber noch später. Was die mit dem Ovid. simpl. kommunizierenden Organe anbelangt, so ist vom Duct. sem. bereits berichtet worden, daß sein Verhalten ein normales ist, sofern der Ovid. simpl. überhaupt vorhanden ist. Auf die Separation des Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 105 letzteren von den Ovarien ist ebenfalls bereits hingewiesen worden. Auch die Einmündung des Rec. sem. kann als normal gelten; das letztere ist überhaupt im allgemeinen normal gestaltet, nur bei hybr. operosa 2 No. 2 ist sein Corpus leicht monströs, desgleichen bei dem hybr. hybridus 2 der Anhangsschlauch desselben. Bei dem hybr. operosa ? No. 5 ist das Verhalten des Rec. sem. ein sehr abweichendes, insofern, als es ohne Kommunikation mit den übrigen Genitalteilen frei in der Leibeshöhle liegt und zudem zwei Anhangsschläuche trägt. — Die Gl. seb. verhaiten sich außer- ordentlich interessant. Was ihre Zahl anbelangt, so ist dieselbe nur in einigen Fällen die normale, nämlich zwei. So bei hybr. operosa 2 No. 1, No. 2, No. 5 und dem hybr. hybridus 2. Die Größe ihres Corpus wie die Länge ihres Anhangsschlauches steht auch in diesen Fällen wesentlich hinter dem Normalen zurück. Häufig aber sind die Gl. seb. in Ueberzahl vorhanden, so bei hybr. operosa 2 No. 3, wo wir deren vier antreffen; am auffälligsten jedoch ist das Verhalten von hybr. operosa 2 No. 4, wo sieben Gl. seb. vorhanden sind. Hand in Hand mit dem Auftreten dieser überzähligen Kittdrüsen geht die Erscheinung, daß einzelne derselben, obwohl sie teilweise unter sich kommunizieren können, keine Verbindung mit dem Ovid. simpl. haben, sondern frei in die Leibeshöhle zu liegen kommen. Aber auch, wenn nur zwei Gl. seb. vorhanden sind, kann eine davon ohne Kommunikation mit dem Ovid simpl. sein, wie es uns das Verhalten des hybr. hybridus $ lehrt. Das Auftreten überzähliger Gl. seb. findet eine durchaus analoge, wenn nicht gar homologe Erscheinung in dem Verhalten der Hybridenmännchen, hier sind es die Anhangsdrüsen, Gl. accessoriae, die zu Verdoppelungen und Vermehrungen ihrer Zahl neigen, und auch da kann es vorkommen, daß überzählig ge- bildete Gl. acc. frei in der Leibeshöhle liegen (z. B. hybr. hybridus No. 5, s. Taf. 1, Fig. 4). Ob diese überzähligen Gl. seb. bei den Hybridenweibchen durch Teilungen der normalen zwei oder gesondert für sich entstanden sind, muß einstweilen noch unent- schieden bleiben. Bevor nicht entwickelungsgeschichtliche Unter- suchungen an Larven- und Puppenmaterial dieser Bastarde aus- geführt sein werden, werden wir in diese Verhältnisse keinen klaren Einblick gewinnen. Namentlich gilt das auch mit Bezug auf die jetzt zu erwähnenden Hypertrophien. Wir sahen schon bei den Hybridenmännchen zahlreiche Nodositäten in den Wandungen der ausleitenden Genitalgänge auftreten; kennen wir auch die eigentliche Entstehungsursache derselben nicht, so vermögen wir 106 Walter Roepke, sie immerhin als Derivate einzelner Abschnitte des Genitalapparates, als Deformierungen derselben, mit aller Sicherheit zu erkennen. Anders gestalten sich die Verhältnisse bei den Hybriden weibchen. Hier treten Hypertrophien auf, deren Herkunft und Wesen uns vorläufig ein Rätsel bleiben muß. Namentlich sehen wir eine solcher Hypertrophien bei allen operosa-Q? in gleicher Ausge- staltung, wenn auch wechselnder Zahl auftreten. Gemeint ist die „Kaffeebohnenähnliche“ Hypertrophie „II“, die bei hybr. operosa 2 No. 1, 3 und 5 in der Einzahl sich vorfindet, bei No. 2 in der Zweizahl, bei No. 4 sogar in der Dreizahl vorhanden ist. Dieses Gebilde ist auf irgend einen Bestandteil des normalen weiblichen Genitalapparates der Smerinthusarten überhaupt nicht zurückführ- bar. Das gleiche gilt für die Hypertrophie IV bei operosa 2 No.1 und No. 5. Dieselbe ist sehr interessant, sie besteht aus langen, mehr oder weniger verästelten Schläuchen, die zwischen die distalen und proximalen Abschnitte des Genitalapparates eingeschaltet sind. Der Gedanke könnte nahe liegen, daß es sich hier um im Verein mit den äußerlichen Chitingebilden auftretende Zwitterbildungen handele, indem diese schlauchförmigen hypertrophischen Teile ge- wisse Abschnitte des männlichen Genitalsystems darstellen. Allein es ist nicht möglich, diese Schlauchteile namentlich vom hybr. operosa @ No.1 auf irgendwelche Partien des männlichen Genital- apparates zu beziehen; auch die Histologie dieser Gebilde scheint nicht darauf hinzudeuten, daß es sich um Organe männlicher Natur handele. Zwar sind sie innen ausgekleidet von einem hohen Zylinder- epithel, allein ihre äußere Wandung ist ausgezeichnet durch den Besitz einer so reichlich entwickelten Muskulatur, wie sie wohl am weiblichen, nicht aber am männlichen Genitalsystem sich findet. Stellenweise übrigens geht das innere Zylinderepithel in eine mächtige, unregelmäßige, stark gebuchtete und gefaltete, reich vakuolisierte Epithellage über (so namentlich in der kugelförmigen Anschwellung Ku des hybr. operosa 2? No. 1, s. Taf. 2, Fig. 32 A, Ku), die ganz vom Charakter jener die normalen Ovarien zu innerst auskleidenden Epithelschicht ist. Wir wissen also vorläufig nicht, als was wir diese Bildungen aufzufassen haben. Vielleicht werden auch hier Untersuchungen an Larvenmaterial einiges Licht in diese recht schwer verständlichen Verhältnisse bringen. Eine Erklärungs- möglichkeit für das Auftreten solcher hypertrophischen Gebilde, die normalerweise am Genitalapparat weder des einen noch des andern Geschlechts sich finden — eine Erklärungsmöglichkeit, die aber meinerseits nur ganz hypothetisch und mit allem Vorbehalt Anat. Untersuch. an Stanpruse’schen Lepidopterenbastarden. 107 geäußert werden soll — wäre die, daß die große Menge !Bau- materiales, aus der normalerweise bei den Grundarten der volu- minöse weibliche Genitalapparat sich bildet, bei den Bastardweibchen schließlich zur Entstehung fremdartiger, hypertrophischer Gebilde wenigstens teilweise Anlaß gibt, da hier dieses Material für den Aufbau von eierstrotzenden Ovarien — wozu es bestimmt ist — keine Verwendung findet. Als Begleiterscheinung müssen dabei große Umwälzungen im Organismus des Tieres sich vollziehen, Umwälzungen möglicherweise von so tief einschneidender Be- deutung, daß sie das Leben des Individuums gefährden können. Vielleicht erklärt sich so auch die Erscheinung, daß bei manchen Lepidopterenbastarden, wie gerade bei dem Smer, hybr. hybridus, das weibliche Geschlecht auf dem Imaginalstadium fast ganz in Wegfall gerät, oder, wie beim hybr. operosa, doch nur in Minder- zahl auftritt. In der Tat ist von Prof. Stanpruss stets die Be- obachtung gemacht, daß bei diesen Bastarden ein großer Teil der Raupen zu der Zeit, wo das Heranwachsen der Genitalorgane am intensivsten stattfindet, ohne jede Krankheitserscheinung einfach abstirbt, und Prof. Stanpruss hat mir gegenüber oft die Ver- mutung geäußert, daß diese Individuen Weibchen wären, die — wenn man sich so ausdrücken darf — an der Unfähigkeit zu Grunde gingen, ihre inneren Genitalorgane herauszugestalten. Für diesbezügliche Untersuchungen liegt auch hier noch ein weites und gewiß sehr dankbares Feld offen. Jetzt bleibt noch das Verhalten der äußeren Geschlechts- öffnungen dieser Hybridenweibchen in Zusammenhang mit dem Auftreten rudimentärer männlicher Greiforgane zu besprechen. Bei der Schilderung der Anatomie des weiblichen Genitalssystems der Grundarten ist darauf hingewiesen worden, daß Oviporus und After an gemeinsamer Stelle nach außen münden und daß äußere Genital- anhänge völlig fehlen. Bei den Smerinthusbastarden begegnen wir nun der Erscheinung, daß der Oviporus, wenn er überhaupt vor- handen ist, nicht an gleicher Stelle wie der After liegt, sondern daß er von diesem durch äußere Chitingebilde getrennt ist, die durchaus an Teile der männlichen Greifapparate erinnern!). Wir können erstlich das Auftreten eines Penisdeckel-ähnlichen Gebildes bei allen operosa- wie auch bei dem hybridus-2 konstatieren, welches 1) Auf das Auftreten von „Rudimenten männlicher Greifzangen“ bei den weiblichen Individuen gewisser Smerinthusbastarden, speziell bei hybr. hybridus, macht Prof. Sranpruss bereits in seiner kurzen Publikation 1901 aufmerksam. 108 Walter Roepke, einen deutlichen Uncus- und Scaphium -ähnlichen Fortsatz — das Uncoid und Scaphoid — erkennen läßt. Entsprechend dem Ver- halten bei den Männchen liegt zwischen diesen beiden die After- öffnung. Die Gestalt des Uncoids und des Scaphoids ist nicht immer genau die gleiche wie bei den Männchen, nicht selten wird durch das Auftreten einer longitudinalen Spaltung und durch das Vorhandensein weiblicher Duftdrüsen-Polster eine Deformation der- selben bedingt, wie bei hybr. operosa ? No. 2 und No.5 (s. Text- fig. 53 bezw. Taf. 2, Fig. 33 und Fig. 35). Bei zwei operosa-?2 (No. 1 und No. 3) sehen wir ferner noch weitere Chitingebilde auftreten, bezüglich deren Deutung aber nichts Positives gesagt werden kann. In einem Falle nur (bei No. 1) bezeichneten wir ein solches Gebilde als „Valvoid“, weil es seiner Lage nach einem rudimentären und verwachsenen Valvenpaare entsprechen könnte, im zweiten Falle, bei hybr. operosa 2 No. 3, können Anhaltspunkte für eine sichere Deutung dieses Gebildes nicht gefunden werden. Möglicherweise handelt es sich hier um eine hypertrophische Neu- bildung, wie wir ja auch am inneren Genitalapparat dieser Hybriden- weibchen Bestandteile antreffen, die nur als teratologische Neu- bildungen aufzufassen sind. Anders liegen die Verhältnisse bei dem einen hybridus-Weibchen, wo ein bis auf den fehlenden Penis ganz typisch, wenn auch kümmerlich entwickelter männlicher Greif- apparat auftritt, ohne daß im übrigen Habitus dieses Individuums gynandromorphe Eigentümlichkeiten zu entdecken gewesen wären. Um eine echte Zwitterbildung handelt es sich hier von vornherein nicht, da ja der innere Genitalapparat keine Spur von dem andern, männlichen, Geschlecht zukommenden Bestandteilen aufweist. Wir werden vielmehr das Auftreten der verkümmerten äußeren männ- lichen Greifapparate in Zusammenhang bringen müssen mit der Atrophie der inneren weiblichen Geschlechtsorgane. Es ist ja be- kannt, und speziell für die Lepidopterenbastarde von Professor STANDFUSS zur Genüge dargetan, daß zwischen den primären und sekundären Sexualcharakteren eine gewisse Korrelation existiert insofern, als eine tief eingreifende physiologische (nicht ana- tomische Schädigung der primären Keimdrüsen das Auftreten sekundärer, dem andern Geschlecht zukommender Sexual- charaktere zur Folge haben kann. Von diesem Gesichtspunkte aus werden wir vor allem die bei dem einen hybridus-Weibchen vorhandenen äußeren männlichen Genitalanhänge zu betrachten haben. Es dürfte jedoch noch eine zweite Erwägung namentlich mit Bezug auf das Verhalten der operosa-?? angebracht sein. u in Zi Anat. Untersuch. an Stanpruss’schen Lepidopterenbastarden. 109 Wir wissen, daß der Penisdeckel der Lepidopterenmännchen ent- wickelungsgeschichtlich gleichbedeutend ist den letzten beiden Ab- dominalsegmenten, und wir wissen ferner, daß bei den Weibchen diese beiden Segmente in das innere Genitalsystem hineinbezogen und zum Aufbau desselben verwendet werden. Da nun bei den bybriden Lepidopterenweibchen eine hochgradige Atrophie des inneren Genitalsystems eingetreten ist, so kann man sich wohl vor- stellen, daß die beiden letzten Abdominalsegmente entgegen dem normalen Verhalten nicht zum Aufbau des inneren Genitalapparates herbeigezogen worden sind und deshalb gewissermaßen „frei“ wurden. Sie mußten also äußerlich auftreten und so begegnen wir denselben bei allen hybr. operosa-?? in Form eines dem männlichen Penis- deckel, dem Homologon des 9. und 10. Abdominalsegmentes, ähn- lichen Gebildes.. Somit hätten wir für dessen Provenienz eine logisch befriedigende Erklärung gefunden, nun bleibt nur noch die Frage offen, warum diese letzten Abdominalsegmente der Weibchen sich ihrer Gestalt nach gerade in einer für das männliche Geschlecht so charakteristischen Richtung entwickelt haben. Und da werden wir wohl wieder auf die Erklärung mittels der Korrelationserschei- nung zwischen dem Verkümmern der primären Organe des einen und dem Auftreten der sekundären Sexualcharaktere des anderen Geschlechts zurückgreifen müssen. Es sei übrigens bemerkt, daß nicht in allen Fällen die Aehnlichkeit dieser Gebilde mit einem echten männlichen Penisdeckel eine sehr große ist, namentlich neigt das Uncoid, gelegentlich auch das Scaphoid zur Spaltung, es wird zweispitzig oder gar vollständig zweiteilig (wie bei operosa 2 No. 2 und No. 5), während es bei den Smerinthus-dg niemals diese Form hat. — Ich möchte nun des weiteren nicht auf diese Fragen ein- gehen, die bereits auf das Gebiet vom Gynandromorphismus binüber- spielen. Da ich bereits anderweitiges Material, auf das dieses Thema Bezug hat, dank der liebenswürdigen Generosität meines Chefs, Herrn Prof. Sranpruss’, besitze, gedenke ich auf diese Fragen in einer speziellen Arbeit eingehend zurückzukommen. Hervor- heben möchte ich am Schlusse dieses Kapitels nur noch eins: ich teile mit Prof. Sranpruss durchaus die Vermutung, daß die sexuell atypischen Bastardindividuen, von denen namentlich in der Ein- leitung vorübergehend die Rede war, nichts anderes sind als ur- sprünglich männliche Individuen (was schon daraus hervorgeht, daß sie aus männlich gestalteter Puppe schlüpfen), die auf Grund einer weitgehenden Reduktion der inneren und teilweise wohl auch der äußeren Genitalien ihrer eignen sekundären Sexualcharaktere ver- 110 Walter Roepke, lustig gegangen sind und daher ein mehr weibliches Gesamtgepräge angenommen haben !). Demnach müßte man sie genauer als „sexuell atypisch gewordene Männchen“ bezeichnen. Das Umgekehrte trifft nun auch für die Hybridenweibchen zu, auch diese nehmen sekundäre Charaktere des andern Geschlechtes an, dem sie sich dadurch etwas nähern; zumal dann, wenn auch an den Fühlern eine stärkere Beborstung auftritt (was bei meinen Individuen aller- dings, soweit beurteilt werden konnte, nicht der Fall war). Eben- sogut könnte man daher auch von „sexuell atypisch gewordenen Weibchen“ sprechen. Es liegt klar auf der Hand, daß sexuell atypisch gewordene Weibchen mit eben solchen Männchen äußerlich- morphologisch eine weitgehende Aehnlichkeit aufweisen müssen. Kapitel XI. Vergleiche der aus der Untersuchung der Smerinthus hybr. hybridus und hybr. operosa gewonnenen Resultate mit den Ergebnissen anderer Autoren. Unterziehen wir die an den Lepidopterenbastarden des Genus Smerinthus gewonnenen Resultate einer vergleichenden Betrach- tungsweise mit den Befunden gleichgerichteter Untersuchungen, wie sie von anderen Autoren und an anderen Tierbastarden aus- geführt wurden, und wie sie in Kapitel III kurz zusammengefaßt worden sind, so können wir in mehr als einer Hinsicht gewisse Parallelerscheinungen konstatieren, wenngleich auch in anderer Beziehung wieder einiges Gegensätzliches durch meine Unter- suchungen zutage gefördert worden ist. Als erste Parallel- erscheinung ist wohl das Faktum hervorzuheben, daß der Lepido- pterenbastard hinsichtlich seiner Fruchtbarkeit von dem für alle 1) Für die Schwierigkeit der Beurteilung des wahren Geschlechts dieser beiden einzigen Exemplare von hybr. Rothschildi legt das Ver- halten der gewiegten Sphingidenkenner RoruscHILnp und JORDAN beredtes Zeugnis ab. Kurz bevor die Sphingiden-Monographie der- selben dem Druck übergeben wurde, lagen ihnen diese beiden sexuell atypischen Individuen vor, und sie trugen kein Bedenken, dieselben durchgehends als „Weibchen“ in ihrem Prachtwerke zu registrieren. Herr Prof. Sranpruss machte sie auf das Ungenaue dieser Bezeich- nung aufmerksam und sandte ihnen als Beleg die beiden Puppen- hülsen ein, worauf die beiden Forscher am Schlusse des dritten Bandes sofort ihre Meinung dahin berichtigten, daß die beiden Exemplare des hybr. Rothschildi eigentlich Männchen seien. Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 111 Tierbastarde ganz allgemein konstatierten Gesetz keine Aus- nahme macht. Die Fruchtbarkeit der Lepidopterenbastarde ist eine verminderte und kann bei gewissen Bastardspecies — wenn man diesen Ausdruck gebrauchen darf — gleich Null sein. Von Prof. STANDFUSS ist dieses Gesetz für seine Lepidopterenbastarde durchgehends auf experimentellem Wege nachgewiesen (vergl. das in der Einleitung Gesagte), in einigen wenigen Fällen auch auf anatomisch-histologischem Wege. Auch die kleine Untersuchung GUILLEMOTS, die erste anatomische, die an einem Lepidopteren- bastard überhaupt vorgenommen wurde, förderte bereits dieses Resultat zu Tage. Daß die Ergebnisse einer wenig umfangreichen Untersuchung, die OUDEMANS an einem gleichen Objekt wie Prof. STANDFUSS vornahm, sich mit den Befunden des letzteren nicht völlig decken, darf nicht weiter wundernehmen in Anbetracht der Tatsache, daß die Fruchtbarkeit der Lepidopterenbastarde wie die der Tierbastarde ganz allgemein eine sehr schwankende ist; eine Tatsache, die eben in einer ungleichartigen Ausgestaltung der Geschlechtsorgane zum Ausdruck kommt. Was nun speziellere Einzelheiten anbelangt, so kann für die Lepidopteren als allgemein gültig das Gesetz aufgestellt werden, daß durch die Hybridität die Geschlechtsorgane der Weibchen in höherem Maße schädigend beeinflußt werden als die der Männchen. Die Hand in Hand damit gehende geringere Fruchtbarkeit der Weibchen gegenüber den Männchen ist von Prof. STAnDFUSS eben- falls auf dem Wege des Experiments hinreichend dargetan worden. Inwiefern die gleiche Erscheinung auch bei den Bastarden anderer Tiergruppen zutage tritt, oder ob auch gelegentlich das Um- gekehrte der Fall sein kann, wie es in der Pflanzenwelt die Regel ist, darüber bin ich nicht genügend orientiert mangels eigener Erfahrungen und mangels präziser diesbezüglicher Angaben in der Literatur. Nur STEPHAN bringt für gewisse Fringilliden-Bastarde den Nachweis, daß die Ovarien einen höheren Ausbildungsgrad erreichen als die Hoden. STEPHAN gibt vermutungsweise als Er- klärung für diese Erscheinung an, daß, kurz ausgedrückt, der Bildungs- und Ausreifungsprozeß des Eies ein weniger kom- plizierter ist als der des Spermatozoons. Diese Erklärung ist gewiß einleuchtend und mag für die fraglichen Vogelbastarde, vielleicht auch noch für Bastarde anderer Tiergruppen, wo die Verhältnisse ähnlich liegen, ihre Richtigkeit haben. Allein für die Lepidopteren-Bastardweibchen fällt diese Annahme ganz außer Betracht, speziell für die meiner Untersuchung zu Grunde liegenden 12 Walter Roepke, hybr. hybridus- und hybr. operosa-?2?, da hier nicht einmal Reste von weiblichen Keimanlagen mehr zu entdecken sind, ja sogar die ganze keimbereitende Region in Wegfall geraten ist. Es wäre nun müßig, über die Ursache dieser Erscheinungen hier schon jetzt spekulative Erörterungen anzustellen, ich glaube solche vielmehr verschieben zu müssen, bis durch Untersuchungen an Jugend- stadien einiges Licht in diese vorderhand noch so gut wie un- verständlichen Verhältnisse gebracht sein wird. Wie mit Bezug auf so manche andere Erscheinungen will ich auch hier mich vor- läufig mit dem Feststellen der Tatsache begnügt haben. Was die Untersuchungen GuyErs anbelangt, der an einem eigentümlichen Taubenbastard das Auftreten monströs gebildeter Eier beobachtete — es handelte sich überwiegend um Doppel- bildungen derselben —, so darf ich mit gütiger Erlaubnis von Herrn Prof. STAnDFUSS an dieser Stelle vielleicht auf einen mög- licherweise ganz analogen Fall bei dessen Lepidopterenbastarden aufmerksam machen. Es handelt sich um eine geringe Anzahl monströs gebildeter Eier, die von einem abgeleiteten Saturnien- bastard-? herstammen. Soweit äußerlich beurteilt werden kann, stellen dieselben Doppelbildungen vor, es erweckt den Anschein, als ob mehrere Eier in einer gemeinsamen Schale eingeschlossen wären. Die Entstehung solcher Gebilde kann man sich leicht vorstellen, baut sich doch das fertige Lepidopteren-Ei entwicke- lungsgeschichtlich aus mehreren Zellen, nämlich der eigentlichen Eizelle und einigen Nährzellen auf. Es wäre durchaus denkbar, daß von diesen Nährzellen, die ihrerseits entwickelungsgeschicht- lich wieder gleichwertig sind mit der eigentlichen Eizelle, die eine oder andere ebenfalls zu einer Eizelle auswächst und dadurch Anlaß zu Doppelbildungen innerhalb ein und derselben Eikammer gibt. Auf die Beschaffenheit ihres Inhaltes wurden diese Eier seinerzeit leider nicht untersucht. Handelt es sich wirklich um Doppelbildungen, so läge hier in der Tat eine analoge Erscheinung zu den Beobachtungen GuyYERS vor. Die Uebereinstimmung geht insofern noch einen Schritt weiter, als es in beiden Fällen ein abgeleiteter Hybrid war, bei dem das Auftreten von Doppel- eiern konstatiert worden ist. Gehen wir jetzt zu weiteren hier in Frage kommenden Er- scheinungen über, so müssen wir zunächst nach Analogien zu den so hochgradigen Mißbildungen, die die Hybridität bei meinen Bastarden gezeitigt hat, Umschau halten. Daß wir hier natürlich keine Homologie- sondern nur Analogieschlüsse zu ziehen be- Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 113 rechtigt sind, liegt klar auf der Hand. Es finden sich in der von mir zitierten Literatur allerdings nur einige wenige Beobachtungen angeführt, die zu den bei meinen Smerinthus - Bastarden auf- gefundenen Deformierungen in Parallele zu setzen sind. Ich möchte in erster Linie auf die mehrfach konstatierte wechselnde Größe der Hoden sowohl bei ein und demselben Bastardindividuum als auch von einem Individuum zum anderen verweisen. Gerade für letztere Erscheinung bildet der Hode der Smerinthus-Bastarde ein vortreffliches Gegenstück, seine Größe variiert stark, wie ich in Textfig. 21 A—H (s. p. 53) zur Darstellung gebracht habe, und in extremen Fällen kommt er ganz oder fast ganz zum Schwinden. Das gleiche hebt StepHAn speziell für gewisse Fasanenbastarde hervor. Ferner konstatiert STEPHAN bei einem Fasanen-Zwerg- huhnbastard, daß die Oberfläche des einen Hodens mit kugeligen Nodositäten — Bildungen des Hodengewebes — ganz bedeckt war! Entsprechende Anomalien waren bei meinen Bastarden zwar nicht am Hoden selber, wohl aber an den ausleitenden Gängen, sowie am weiblichen Genitalapparate häufige Erscheinungen, sie stellten zumeist einfache, hohle Auftreibungen der Wandung vor, über ihre Entstehungsursache jedoch wissen wir nichts. Bezüglich der Keimelemente selber wurde auf das verschiedene Verhalten der Weibchen meiner Smerinthus-Bastarde gegenüber den Weibchen anderer Tierbastarde bereits hingewiesen. Die Männchen verhalten sich in dieser Hinsicht gleichartiger. Was STEPHAN für sein Maultier und seine Vogelbastarde, GUYER für seinen Taubenbastard und IwAnorr für sein Zebroid feststellt, das trifft auch für die Smerinthus-Bastarde zu: männliche Keim- elemente sind meist vorhanden, ihre Zahl ist eine sehr unbeständige, auf alle Fälle degenerieren sie früher oder später; der allgemeine Grad der Ausbildung, den die Mehrzahl derselben erreicht, ist bei den verschiedenen Individuen ein verschiedener. Im speziellen ist bei diesen 23 hybr. hybridus- und 6 hybr. operosa-3g konstatiert worden, daß bei keinem dieser Individuen Spermatozoenbündel von solcher Vollkommenheit auftreten, daß sie funktionsfähig gedacht werden können. Die zur Ausbildung gelangenden Spermatozoen waren mehr oder weniger deformiert, teilweise waren sie gar nicht, teilweise nur sehr mangelhaft zu Bündeln vereinigt, die namentlich dann sofort in vollständige Degeneration übergingen, wenn sie in die ausleitenden Gänge hineingerieten. Niemals waren daher in Endabschnitten der ausleitenden Gänge Spermatozoenbündel vor- handen. Schon hierdurch allein ist die absolute Unfruchtbarkeit Bd. XLIV. N. F. XXXVII 8 114 Walter Roepke, der Smerinthus hybr. hybridus und operosa bewiesen. Hiermit steht die von Prof. Srtanpruss wiederholt gemachte Erfahrung vollkommen im Einklang, daß nach erfolgter Paarung eines Weib- chens der Grundarten mit einem hybr. hybridus-3 — letztere sind sehr paarungslustig und begatten sich leicht sowohl mit einem ocellata- als auch mit einem populi-? — in den abgelegten Eiern keine Spur von Entwickelung vor sich geht. Der Vorgang der Spermatogenese selber konnte nicht verfolgt werden, da nur Faltermaterial zur Untersuchung gelangte. Zweifels- ohne hätten sich Abweichungen auffinden lassen ähnlich vielleicht, wie sie von STEPHAN und GUYER an Vogelbastarden beobachtet worden sind. Namentlich deutete das gelegentliche Auftreten von Riesennukleolen in den degenerierenden Spermatiden darauf hin, daß auch hier Reduktionsteilungen ausgeschaltet worden sind. Unter Umständen konnte beobachtet werden, wie die Riesennukleole einer solchen degenerierenden Spermatide durch einfache Verlängerung noch zur Bildung eines Riesenspermatozoen-Kopfabschnittes schritt. Einen ähnlichen Vorgang hat STEPHAN unter dem Namen „Pro- cessus paraevolutif“ für gewisse Vogelbastarde beschrieben. Es wurde des weiteren dem Verhalten der Genitalapparate der Smer. hybr. hybridus- und operosa-33 (die 2? kommen aus naheliegenden Gründen nicht in Frage) noch in anderer Hinsicht große Aufmerksamkeit zugewendet, nämlich um Anhaltspunkte für die Fragen der Vererbung zu gewinnen. Wie mit Bezug auf die Grundarten festgestellt worden war, existieren im Bau der äußeren Genitalanhänge ebenso konstante wie charakteristische Unterschiede, die sich auf die Armierung des Begattungsgliedes und auf die Gestalt der Harpen beziehen. Das Verhalten dieser Teile bei den Bastardmännchen ließ nun nirgends Erscheinungen zutage treten, die auf eine Spaltung & la Mendel oder Mosaikbildung hingewiesen hätten, sondern der intermediäre Charakter dieser Bastarde war in Uebereinstimmung mit ihrem äußeren Habitus auch in diesen Merkmalen völlig gewahrt. Diese Erscheinung entspricht durchaus den Beobach- tungen, die Prof. STAnDFUSS ganz allgemein an allen seinen zahl- reichen einfachen wie abgeleiteten Artbastarden unter den Schmetter- lingen gemacht hat: intermediäres Verhalten derselben ist durch- gehends die Regel! Diese Tatsache wird von Prof. STANDFUSS — mit Recht, wie mir scheint —, verwertet für die Fragen der Art- bildung und Artdifferenzierung bei den Lepidopteren; „wenn zwei nahe verwandte, aber distinkte Arten zu hybrider Paarung wieder Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 115 vereinigt werden und dann in der Nachkommenschaft nicht als Mutation auftreten, sondern sich in selbst minutiösen Details durch- aus intermediär verhalten, so kann die Differenzierung der beiden Elternarten aus einander auch nicht auf mutativem Wege erfolgt sein, sondern der Ursprung der Artbildung muß anderswo gesucht werden.“ So ungefähr lautet die Ansicht von Prof. STAnDFuss, wie er sie mir gesprächsweise oftmals mitgeteilt hat, eine Ansicht, zu der er auf Grund eines sehr umfassenden Belegmateriales, der Frucht mehr als drei Jahrzehnte langer mühevoller Hybridations- und anderer Experimente mit Lepidopteren, gekommen ist. Damit soll keineswegs etwa gesagt sein, daß es Mutation bei den Lepidopteren nicht gäbe. Im Gegenteil; es sind hier keines- wegs so überaus seltene Erscheinungen, und schon 1896, d. h. noch vor der Wiederaufdeckung der nach ihrem Begründer benannten MEnDeELschen Regeln, macht Prof. Sranpruss in seinem „Hand- buch“ auf eine Reihe von Fällen aufmerksam, wo die aus der Paarung einer „Aberration“ mit ihrer Normalform entstammende Nachkommenschaft sich scharf spaltend in beide Elternformen wieder aufteilt. Solche Formen, die exakt nach der MENDELSchen Spaltungsregel sich vererben, und auf die Prof. Stanpruss schon 1896 nachdrücklichst hinweist, sind z. B. Aglia tau L. und ihre „ab.“ (mutatio) ferenigra Tr.-M. (lugens Stors.); Grammesia tri- grammica Hurn. und „ab.“ bilinea Hs.; Angerona prunaria L. und „ab.“ sordiata FueEssL. u. s. w. Prof. Stanpruss konstatiert (1896) auch, in welchen Prozentsätzen die beiden Elternformen in der Nachkommenschaft auftreten. Das Menpeusche Zahlengesetz gelangt darin nicht zum Ausdruck, doch bemerkt Prof. SrTanprFuss selber: „Es läßt sich gewiß nicht mit Sicherheit annehmen, daß wir in diesen Zahlen das richtige Verhältnis .... vor uns haben“, und führt eine Reihe von Gründen dafür an. Die Mutation ist also auch bei den Lepidopteren etwas Ge- gebenes, allein nach Prof. STAnpruss’ Ansicht scheint ihr inner- halb dieser Tiergruppe keine Bedeutung für die Artbildung zuzu- kommen, und zwar deshalb nicht, „weil es nie möglich gewesen ist, eine physiologische Divergenz zwischen Mutation und Normal- form bei den Zuchtexperimenten zu beobachten“ (Stannpruss 1905). Es würde zu weit führen, wollte ich schon jetzt auf alle diese Fragen des näheren eingehen. Da ich bereits Untersuchungs- material besitze (das ich ebenfalls meinem generösen Chef, Herrn Prof. Stanpruss verdanke), welches geeignet ist, einiges zur Klar- stellung dieser Verhältnisse beizutragen, und da ich über dasselbe 8* 116 Walter Roepke, später zu publizieren gedenke, möchte ich weitere Diskussionen einstweilen verschieben, bis ich sie durch Belegmaterial stützen kann. Bevor ich dieses Kapitel schließe, möchte ich noch ausdrück- lich darauf hinweisen, daß meine Bemerkungen nur auf die Lepido- pteren Bezug haben sollen. Bei anderen Tiergruppen liegen die Verhältnisse zweifelsohne anders; ich erwähne nur die Kreuzungs- experimente von ARNOLD LAnG mit gewissen Land-Gastropoden (Heliciden), aus denen in der Tat die große Bedeutung der Mu- tation für die Entstehung von Arten innerhalb dieser Tiergruppe hervorgeht. Scehlußübersieht. Folgendes sind in Kürze die Hauptergebnisse meiner Unter- suchungen: 1) Bei den Grundarten Smerinthus ocellata L. und Smerinthus populi L., sowie populi var. Austauti STGR. variieren die inneren männlichen Genitalien im Gegensatz zu den äußeren sehr beträchtlich. Die Variation erstreckt sich auf die Längenentwickelung der einzelnen Abschnitte des inneren Genitalapparates und kann 100 Proz. erreichen oder gar übersteigen. Die Variationsbreiten für ocellata und populi gehen inein- ander über, wenn auch ihre Mittelwerte spezifisch verschiedene sind. Sehr bemerkenswert ist die Tatsache, daß zwischen populi und ihrer var. Austauti, einer geographischen Rasse derselben, die Variationsbreiten ganz verschiedene sind. Beispielsweise schwankt die Länge des Ductus ejaculatorius simplex bei populi zwischen 35 und 73 mm, bei der var. Austauti zwischen 15 und 40 mm. Der Hode der drei Formen ist auf dem Imaginalstadium gleich- artig einkammerig. Diese Erscheinung wird dadurch bedingt, daß seine Septen, die Trennungswände der ursprünglichen acht Hoden- follikel, sowie auch teilweise seine äußeren Hüllen, resorbiert werden. Auf diese Weise werden jedenfalls Nährstoffe für die heranreifenden Keimelemente gebildet. Die Spermatogenese ist auf dem Falterstadium beendet. 2) Bei den aus der Paarung von ocellata d X populi 2 ent- stammenden hybr. hybridus Srpns. (Westw.) und dem aus der Paarung ocellata d X populi var. Austauti 2 entstammenden hybr. operosa STDFS. stellen sich hochgradige Anomalien und Monstro- sitäten in der Ausbildung der inneren, teilweise auch der äußeren Anat. Untersuch. an Sranpruss’schen Lepidopterenbastarden. 117 Genitalien als Folgeerscheinang der Hybridität ein. Bei den Männchen sind in erster Linie die ausleitenden Gänge von Miß- bildungen betroften; die keimbereitende Region — der Hoden — hingegen von solchen eigentlich verschont. Die Größe des letzteren ist sehr verschieden, im extremsten Falle ist der Hode fast oder ganz geschwunden, aber auch im günstigsten Falle bleibt er hinter der Normalgröße wesentlich zurück. Die Ausbildung desselben läßt auf mancherlei Unregelmäßigkeiten in seinem Entwickelungsgange schließen. Spermatogenetische Elemente sind vorhanden, hinsichtlich ihrer Zahl und ihres Ausbildungsgrades, den sie erreichen, herrschen große Verschiedenheiten vor; im allgemeinen degenerieren sie früher oder später, im günstigsten Falle wird ihre Entwickelung abge- schlossen mit der Ausbildung wenig zahlreicher, verkümmerter Spermatozoen. Letztere verfallen, sowie sie in die Vasa deferentia hineingeraten. Vermutlich kommen Anomalien im Zyklus der Spermatogenese vor. Mit Sicherheit konnte nur die Entstehung von Riesensperma- tozoen auf anormalem Wege verfolgt werden. Die Beschaffenheit der inneren wie äußeren Genitalien bei den hybr. operosa-43 ist eine vollkommenere als bei den hybr. hy- bridus-gg. Mit dieser Erscheinung muß das Auftreten eines höheren Prozentsatzes von Weibchen beim hybr. operosa in Zusammen- hang gebracht werden. Die Weibchen beider Hybride sind in höherem Maße sexuell verkümmert und monströs gestaltet als die zu ihnen gehörigen Männchen. Sie unterscheiden sich von letzteren durchgehends dadurch, daß bei ihnen eine keimbereitende Region mitsamt den Keimelementen in Wegfall geraten ist. Hand in Hand mit dieser Erscheinung geht das Auftreten sekundärer männlicher Sexualcharaktere bei den Weibchen in Form mehr oder weniger rudimentärer männlicher Genitalanhänge an der Hinterleibsspitze. 3) Dem Verhalten der Bastardmännchen wurde hinsichtlich der Fragen der Vererbung in einigen morphologisch dazu sehr ge- eigneten Punkten große Aufmerksamkeit zugewendet. Die Befunde können nur in dem Sinne gedeutet werden, daß selbst in minutiösen Details der Bastard seinen intermediären Charakter bewahrt. 113 Walter Roepke, Literaturverzeichnis. 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Hybr. hybridus 8 No. 17, ca. 1°/, nat. Gr. Ge- samter innerer Genitalapparat. Fig. 14. Hybr. hybridus & No. 18, ca. */, nat. Gr. Ge- samter innerer Genitalapparat. Fig. 15. Hybr. operosa ä No. 5, ca. !6/, nat. Gr. Fig. 16. Hybr. operosa d No. 6, ca. 1°), nat. Gr. Gesamter innerer Genitalapparat. Fig. 17. Hybr. operosa d No. 4, ca.16/, nat. Gr. Eine Ampulle. Fig. 18. Hybr. operasa d No. 5, ca. 16/, nat. Gr. Ende einer Gl. acc. Tafel 2. Fig. 19. Wandung des Hybridushodens; nach einem Schnitt durch den Hoden von hybr. hybridus J No. 18. a äußere, b innere Schicht. Tr Tracheen, dK degenerierte Kerne. Leitz Ok. III X, Obj. VII. Fig. 20. Degenerierte jüngste spermatogenetische Stadien, in ihrer Gesamtheit ein parenchymähnliches Gewebe vortäuschend; Kerne teils noch mit fein verteilter Chromatinsubstanz (*), teils ist die Chromatinsubstanz bereits zu Nukleolen verdichtet (**). Fibrillen- struktur des Spermatidenstadiums an einigen Stellen bereits er- 122 W. Roepke, Unters. an Srtanpr. Lepidopterenbastarden. kennbar. Nach einem Schnitt aus dem Hoden von hybr. operosa g No. 2. Leitz Ok. III X, Zeiß homog. Oelimm. !/,,. Fig. 21. Degenerierende Spermocysten aus dem Hoden von hybr. hybridus Z No. 18. Querschnitt. Leitz Ok. III X, Zeiß homog. Oelimm. !|,3- Fig. 22. Nukleolen gewöhnlicher Größe (*) und Riesennukleolen (**) in degenerierenden Spermatiden aus dem Hoden von hybr. operosa g No. 2. Fig. 23—25. Dieselben Riesennukleolen in stärkerer Ver- größerung aus hybr. operosa d No. 2, wie sie durch einfache Ver- längerung Riesenspermatozoen-Kopfabschnitte bilden. a—e die ver- schiedenen aufeinander folgenden Stadien. Nach einem Schnitt- präparate. Leitz Ok. III X, Zeiß homog. Oelimm. !/, >. Fig. 26—31. Verschiedene Ansichten von degenerativen Sperma- tozoen-Kopfabschnitten, entnommen den Schnitten durch den Hoden von hybr. hybridus No. 23. Leitz Ok. III X, Obj. VO. Fig. 26 und 27 vereinzelte und verstreute Kopfabschnitte, Fig. 283—30 un- regelmäßig zusammengelagerte Kopfabschnitte, Fig. 31 relativ voll- kommen entwickeltes Spermatozoenbündel. Tafel 3. Erklärung der Abkürzungen: Ap Afterpapille Op Oviporus Bc Bursa copulatrix Ost.b.c Ostium bursae copulatrieis Dr weibliche Duftdrüsen Ov Ovarien Ds Ductus seminalis Ovid.s Oviductus simplex Edd Enddarm Scd Scaphoid Gl.seb Glandulae sebaceae Ucd Uncoid Hy Hypertrophie Vvd Valvoid Fig. 32 A, B. Genitalapparat von hybr. operosa @ No. 1. ” 33. ” ” ” ” ” 2. ” 34. ” ” ” ” ” 3. ” 35. ” ” ” ” ” 4. 36A,B,C. 5. » ” ” Fig. 32—36 ca. 4—6 fache Vergr. Fig. 37A, B, C. Genitalapparat des hybr. hybridus 9, ca. !%/, Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Entwickelung des Selachierdarmes. Von Hans Petersen, cand. med. (Aus dem Anatomischen Institut zu Jena.) Hierzu Tafel 4—6 und 18 Figuren im Text. Teil II: Magen- und Spiraldarm. Einleitung. Der Gedanke, daß die verschiedenen Schleimhautdifferenzie- rungen, Falten und deren Modifikationen und Derivate und die Drüsen des Darmkanals einander homolog sind, rührt von EDINGER her, und unter anderen hat sich ihnen auch B1zz0zEro angeschlossen. CATTANEOS und REDEKES Arbeiten bestritten das, insbesondere die Tatsache, daß die Drüsen aus den Faltentälern (Krypten) abzu- leiten seien. Da beide aber die Kontraktionsfalten, die bei der Kontraktion der äußeren Muskulatur innen sich bildenden Falten — also ganz ephemere Gebilde — in die morphologische Betrachtung einführten, waren ihre Argumente gänzlich verfehlt. Insbesondere wurde ein Gegensatz von Drüsen und Falten nicht scharf betont. Auf Grund entwickelungsgeschichtlicher Studien insbesondere kann ich nun die Auffassung bestätigen, die eine Homologie der Faltenbildungen und der Drüsen aufs schärfste ablehnt und daher auch einen phylogenetischen Konnex der Drüsen mit den Falten leugnet. Wir müssen unterscheiden zwischen Oberflächenver- größerung durch Erheben von Zotten und Falten, die dann mancherlei Komplikationen erleiden können, und der Ausbildung einer Drüse, die, sich von der Schleimhautoberfläche entfernend, in die Tiefe sich senkt. Das erste: unendlich variierende Bil- dungen, die in ihren verschiedenen Formen sich bunt auf die Tier- gruppen verteilen, so daß Aehnlichkeiten bis Uebereinstimmungen bei weit voneinander entfernten — größte Verschiedenheit bei sehr nahe verwandten Tieren sich zeigen, Bildungen also, die auf um- gestaltende Einflüsse außerordentlich rasch reagieren. 124 Hans Petersen, Das zweite: konstante Organe, die im allgemeinen bei den verschiedenen Gruppen charakteristische Eigenarten zeigen. Dieser Gegensatz prägt sich auch in der Entwickelung aus. Die Drüsen wachsen als allseitig scharf umgrenzte Knospen in die Tiefe, die Falten wölben sich empor. Das sind die allgemeinen Gesichtspunkte, die sich bei dem Studium der Objekte ergaben und unter denen die Resultate aus- gearbeitet wurden. Es wurden nur die Verhältnisse bei den Selachiern berücksichtigt und auf diese beziehen sich meine Fol- gerungen zunächst. Daß sich eine scharfe Scheidung von Falten- organen und Drüsenorganen auch bei anderen Gruppen durchführen läßt, unterliegt keinem Zweifel, wenn auch über die speziellen Ergebnisse hier nichts gesagt sein kann. Spezielle Ausführung. Im Gegensatz zu den höheren Vertebraten unterliegt die auf- genommene Nahrung bei den im Wasser lebenden niederen Formen, auch bei den Selachiern, bis zum Verlassen des Oesophagus keinen Einflüssen, die chemisch verändernd auf sie einwirken. Die Zähne erfaßten die Beute, zertrümmerten die harten Schalen der Mol- lusken, die Panzer der Kruster; Schleim wurde sezerniert und umhüllte die verschiedenen Bestandteile der Nahrung, die durch den, lediglich die Rolle eines muskulösen Zuleitungsschlauches spielenden Oesophagus in den Magen glitten. Hier unterliegen sie der ersten Phase der Verdauung, und verschiedene Bestandteile (Fett nach REDEKE, Wasser) werden resorbiert. So sehen wir denn auch die Schleimhaut des Magens in einer ganz anderen Weise entwickelt, als wir sie im Oesophagus kennen gelernt haben. Drüsen, die, von schleimsezernierenden Becherzellen abgesehen, dem oralen Teil des Vorderdarmes fehlen, sind als Produzenten des Magensaftes, reichlich entwickelt und auch das Epithel ist in besonderer Weise differenziert. Dieses wollen wir zuerst betrachten: Es ist das für die Wirbeltiere charakteristische, mit dem „Pfropf“ versehene hohe einschichtige Epithel. Ueber die Natur dieses Gebildes ist schon viel hin und her diskutiert worden (vergl. Oppeu I, p. 11); ich schließe mich der Ansicht an, daß der Pfropf ein für die Magenepithelzelle charakteristisches perma- nentes Zellorgan ist, eine Ansicht, die von der Mehrzahl der Forscher jetzt angenommen sein dürfte. ‚Solange wir nicht exakte, Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 125 auf chemischer Kenntnis basierende mikrochemische Methoden haben, ist es müßig, über die substanzielle Natur dieser Bildung zu streiten. Die Anlage des Pfropfes findet schon in sehr früher embryonaler Zeit statt. Bei einem Embryo von 65 mm, bei dem die Falten des Darmes zuerst anfangen sich zu bilden, ist er bereits deutlich erkennbar. Er bildet eine niedrige hyaline Kappe, die nur undeutlich gegen die untere Partie der Zelle abgegrenzt ist. Ich bilde ihn von einem Embryo von 120 mm Kopf-Schwanz- länge ab. Bei verschiedenen Arten ist die Ausdehnung, in welcher er das vom Kern bis zur freien Oberfläche reichende Ende der Zelle einnimmt, verschieden. Das bestimmt wesentlich das Aussehen des betreffenden Epithels, weniger seine absolute Größe. Bei Acan- thias vulgaris reicht er sehr weit in die Zelle hinein, den im übrigen langgestreckten Kern am einen Pol leicht eindrückend, bei anderen, Raja clavata z. B., ist er in geringerem Maße ent- wickelt. Er sitzt der Zelle nicht flach auf, sondern verhält sich zu ihr wie das Ei zum Eierbecher. Wo die freien Ränder des „Bierbechers‘“ sich berühren, ist ein Schlußleistennetz gut entwickelt, das besonders nach der Eisenhämatoxylinfärbung deutlich wird. KoLsSTER beschrieb aus dem Epithel der Magenschleimhaut von Üentrophorus granulosus, eines Spinaciden, mit Granulis gefüllte Becherzellen, die, dem Verbande des gewöhnlichen Magen- epithels eingefügt, von diesem beträchtlich sich unterscheiden. Mit acidophilen, verschieden großen, oft zusammenfließenden Granulis angefüllt, besitzen sie einen sichelförmigen, ins Räumliche über- tragen, napfförmigen Kern, und unterscheiden sich nur dadurch von anderen Becherzellen, wie wir z. B. im Oesophagus kennen gelernt haben, daß sie, gerade wie die Magenepithelzellen, einen langen Fortsatz besitzen. Diese Zellen, mit allen Einzelheiten, wie sie KOLSTER an- gegeben hat, habe ich bei 2 weiteren Arten aufgefunden, Acan- thias vulgaris und Squatina angelus (Rhina squatina). Der Befund ist genau derselbe: derselbe Fortsatz nach unten, den man nur auf günstigen Schnitten zu sehen bekommt, derselbe Kern und dieselben acidophilen, sich aber auch mit Eisen- und Chromhäma- toxylin färbenden unregelmäßigen Granula. Bei Acanthias sind sie besonders an der Cardia reichlich, während sie bei Squatina über den ganzen Magen verteilt sind und in der Pars pylorica häufiger werden. Bei diesem Tier sind sie überhaupt in großer Zahl vorhanden, bei Acanthias im übrigen Magen nur spärlich und in der Pars pylorica fehlend. Auch im geschichteten Platten- 126 Hans Petersen, epithel, das an der Cardia mit dem Magenepithel zusammentrifft, findet man sie. Ueber ihre embryonale Entwickelung konnte ich nichts in Er- fahrung bringen. Bei einem Embryo kurz vor der Geburt (äußerer Dottersack vollkommen verschwunden, innerer sehr klein) fehlten sie. OPPEL beschreibt ein ähnliches Verhalten, „große kugelige Becherzellen“, von Lophius piscatorius. Ich sehe nicht ein, inwie- weit das ein „Verstoß gegen die Regel, daß das Magenepithel ein Epithel sui generis ist“ sein soll, die Magenzellen bleiben doch, was sie sind, diese anderen Elemente zeigen nur, wie verschieden eine pfropftragende Magenepithelzelle von einer richtigen Becher- zelle ist, allen denen, die bis in die neueste Zeit an der Schleim- sekretion der Magenepithelien festhalten. Sie auch hier bei den Selachiern für „versprengte Halszellen zu halten“, hat man auch nicht die geringste Berechtigung, beide sind so verschieden von- einander, wie überhaupt nur zwei Abkömmlinge von Epithelzellen sein können. Neben dem Epithel und seinen Derivaten, den Drüsen, treten die übrigen Schichten des Magens an Eigenart der Ausbildung zurück. Die Muskulatur habe ich schon zusammen mit der des Oesophagus behandelt, und den Wechsel in der Anordnung und Dicke der Schichten, der bei Acanthias in der Wand des unteren Drittels des absteigenden Magenastes stattfindet, besprochen. Die glatte Ringmuskelschicht, die an Dicke stark zunimmt, setzt sich in noch stärkerer Ausbildung auf den aufsteigenden Magenschenkel fort, am Pylorus zu besonderer Mächtigkeit anschwellend. Die Submucosa ist sehr locker gebaut und von dem Binde- gewebe der Mucosa durch eine deutliche Muscularis mucosae ab- gegrenzt. Zahlreiche weite Gefäße verlaufen in ihr, während in der Mucosa solche geringeren Kalibers außerordentlich reichlich entwickelt sind. Zwischen den Drüsenschläuchen scheint das Bindegewebe oft- mals ganz zu verschwinden, so sehr beherrschen die Blutgefäße das Bild. Bis dicht unter das Magenepithel treten sie, dessen Basis oft ihre Wand unmittelbar berührt. So sehen wir, wie einem regen Stoffwechsel des Epithels und der Drüsenzellen Möglichkeit gegeben ist. Wir hatten schon oben kurz erwähnt, daß das Binde- gewebe der Magenschleimhaut bei Raja clavata sich noch bei alten Exemplaren aus anastomosierenden Zellen aufbaut. Bei Acanthias ist das in der Jugend der Fall, bei alten Tieren sehen wir dicke Fibrillen in Menge entwickelt. Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 127 Lymphoide Infiltrationen fand ich in der Pylorusschleimhaut von Scyllium stellare (Taf. 5, Fig. 5). Die Innenfläche des Magens der Selachier zeigt das von anderen Wirbeltieren her bekannte „sammetförmige“ Aussehen, hervorgerufen durch zahlreiche kleine, für das bloße Auge als solche meist nicht erkennbare Einsenkungen, die Magengrübchen oder Krypten. Sie bilden das Relief der Schleimhaut, gleich- wertig den Zotten und Längsfalten und Krypten des Darmes, zu denen meist in größeren Dimensionen erkennbaren Verhalten, im Pylorusteil ein kontinuierlicher Uebergang gebildet wird. Nun werden bis in die neueste Zeit jene Falten, die bei der Kontraktion der äußeren Muskelschicht entstehen, als Relief der Schleimhaut beschrieben und mit jenen anderen konstanten Bil- dungen zusammengeworfen. Selbst OPPEu zitiert fortwährend derartige Angaben von CAT- TANEO und eine von RETzıus, ohne auf die ephemere Natur dieser Gebilde hinzuweisen und daß ihnen irgend ein Wert für die mor- phologische Betrachtung nicht zukommt. Jung gibt 1899 von der Magenschleimhaut von Seyllium canicula folgende Beschreibung: „Muqueuse stomacale: Elle se distinque, ä l’oeil nu, de la pr&ce&dente par sa couleur jaune ou rougeätre, selon qu’on la considere sur un estomac vide ou rempli d’aliments et en pleine activit6t, puis sourtout par son syst&me de plis. Ceux-ci sont en partie la continuation des plis longitudinaux de l’oesophage; toutefois ils en sont toujours distinets & l’origine du sac stomacale par leur plus grande lar- geur et la plus forte saillie qu’ils font dans la cavit& de l’organe.“ Also auch hier werden die konstanten Bildungen des Oesophagus, die bekanntlich eine zarte Längskannellierung bilden, und nur von der Mucosa (nicht Submocosa) gebildet werden, zusammengeworfen mit den Kontraktionsfalten des Magens. Die Arbeit von REDEKE besteht zu einem großen Teil daraus, daß die Krypten mit den Kontraktionsfalten verwechselt und beide Begriffe nun noch mit dem der Drüsen vermengt werden, ohne daß auch nur der geringste Versuch gemacht wird, diese Dinge auseinanderzu- halten. Hier nur die sprechendste Stelle: ‚In het min of meer zak- vormige cardiale aanvangsdeel van de maag vormt het slijmvlies talrijke hooge plooien, die nu eens en vrij regelmatig verloop evenwijdig aan haar lengteas bezitten (Acanthias, Rajiden) dan weer nagenoeg evenwijdige zigzaglijinen vormen (Trygonen) of eindelijk in hun grillige kronkels en sinusiteiten aan de win- 128 Hans Petersen, dingen van een hersenoppervlak doen denken (Carcharias, Scylliden). Op het einde der pars pylorica worden zij vlakker en verwagen ten slotte geheel.‘“ Die ausführliche Beschreibung der Pylorusverhältnisse auf p. 293 und 294 will ich hier gar nicht an- führen, nur so viel, daß die Anwesenheit von Vertiefungen (wirkliche Krypten) auf der Höhe der Kontraktionsfalten als Beweis gegen die Ableitung von Drüsen aus Krypten benutzt wird. Auch Korster (1907) scheint diese Dinge nicht genau zu trennen. Er beschreibt das Aufhören der Drüsenschläuche im aufsteigenden Magenschenkel. ‚Schließlich verschwinden die Schläuche ganz. Anstatt ihrer treten nun eine Strecke hindurch unregelmäßige Falten an der Mucosa auf, welche den Uebergang zum eigentlichen Darm vermitteln.“ Das sind die bei alten Exemplaren auch makroskopisch schon ganz gut erkennbaren Krypten, die im Pylorusteil weiter werden und so den ebenso gestalteten Darmverhältnissen gleichen. Später heißt es dann vom Embryo: „Der weitaus größte Teil des Pylorusarmes zeigt nur grobe längsverlaufende Falten.“ Das sind doch sicher wieder die Kontraktionsfalten. Es dürfte deshalb nicht unnötig sein, diese Dinge hier noch- mals zu erläutern. Die Magenwand besteht bekanntlich aus zwei Säcken, der äußeren Muskulatur und der inneren Schleimhaut, die durch eine lockere Schicht, die Submucosa, verbunden sind, die eben durch diese ihre lockere Beschaffenheit die Verschiebbarkeit beider Schichten gegeneinander, bis zu gewissen Grenzen natürlich, ge- währleistet. Der äußere Sack ist kontraktil, der innere nicht. Soll der ganze Magensack also fassungsfähig sein, so muß die innere Schicht, die Schleimhaut, eine so große Fläche haben, als der größten Ausdehnung der Muskulatur entspricht. Ist die Mus- kulatur also nicht maximal gedehnt, so wirft sich die Schleimhaut in Falten. Schneidet man die Wand an einigen Stellen an oder den ganzen Magen auf, und wirft ihn lebend in die Fixierungsflüssig- keit, so kontrahiert sich die Muskulatur sehr stark und man er- hält die schönsten Längsfalten, Zickzacklinien und „Gehirnwindungs- bilder‘, was man alles an ein und derselben Tierart sehen kann. Schneidet man nicht auf, so erhält man (wenn der Magen nicht prall gefüllt ist) bei langgestreckten Mägen vorwiegend Längs- falten, bei kurzen und dicken vorwiegend geschlängelte Falten. In jeder Anweisung über mikroskopische Technik wird empfohlen, Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 129 derartige flache Gebilde mit eine Muskulatur vor dem Fixieren aufzuspannen, doch nur, um keine Falten zu bekommen. Dasselbe erreicht man, wenn man den Magen aufspritzt oder ihn an schon länger toten Tieren oder solchen mit prall gefüllten Magen untersucht. Da der Magen der Selachier speziell sehr erweiterungsfähig ist, so sieht man ihn ohne spezielle Hilfsmittel auch in ziemlich gefülltem Zustande selten ganz ohne Falten. Im embryonalen Leben wächst von einem bestimmten Zeit- punkt an die Magenschleimhaut sehr stark, und da die Muskulatur auf einem mittleren Kontraktionszustand beharrt, sehen wir sein Lumen sternförmig, bei älteren Embryonen sind die Falten relativ kleiner und auch zahlreicher. Solange bis der Magen in Funktion tritt, bleibt dieser Znstand natürlich bestehen und kann dann für gewisse Entwickelungsvorgänge — die Magendrüsenknospen er- scheinen zuerst am Grunde dieser Falten — eine gewisse, viel- leicht auf irgend welchen rein mechanfschen Ursachen (Pressung und Dehnung im Gewebe) beruhende Bedeutung gewinnen. Für unsere Betrachtungen, die hauptsächlich das Verhältnis der verschiedenen Formen der Schleimhautskulptur sowie Drüsen gegeneinander betreffen, haben diese Dinge natürlich keine weitere Bedeutung. Es dürfte zweckmäßig sein, hier über die, für die ver- schiedenen Teile des Magens anzuwendende Namenklatur einiges zu sagen. Meist werden diese so bezeichnet, daß man den ab- steigenden Magenschenkel Cardiateil mitunter auch Fundusdrüsen- region nennt, den aufsteigenden Pylorusteil oder Pylorusregion. Diese Bezeichnungen werden aber zugleich für in bestimmter Weise ausgebildete Partien der Schleimhaut gebraucht, ohne daß die Begriffe sich in beiden Fällen decken. So ist bei Rajiden, Spina- ciden, Rhiniden (Squatiniden) die drüsentragende Schleimhaut noch eine Strecke weit im aufsteigenden Magenschenkel zu finden, in der Pars pylorica der meisten Autoren, welche Bezeichnung zu gleicher Zeit für den Teil der Schleimhaut angewendet wird, der der Drüsen entbehrt. Ich schlage deshalb folgende Bezeichnungen vor: Rein topographisch unterscheidet man den abstei- genden und den aufsteigenden Magenteil. Die Schleimhaut ist in dreimal verschiedener Weise entwickelt. An der Cardia herrschen besondere Zustände, den Teil nenne ich Cardia (Pars cardiaca), dann folgt die Region der Drüsen, der Fundus, und den Rest, der wieder in besonderer Weise entwickelt ist, bildet Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 9 130 Hans Petersen, die Pars pylorica (Pylorus); diese drei Bezeichnungen bleiben also auf besonders ausgebildete Teile der Schleimhaut be- schränkt, ohne über die Ausdehnung dieser Teile im Magen etwas auszusagen. Allen drei Modifikationen der Schleimhaut gemeinsam sind die Krypten, wenn auch in verschiedener Gestaltung, worauf gerade die Besonderheit einer jeden Region sich gründet. Sie sind zu definieren als kreisförmige, ellipsoide oder unregelmäßige Ein- senkungen, die vom pfropftragenden Magenepithel ausgekleidet sind. Die Falten zwischen den Vertiefungen sind oben kuppel- förmig gewölbt, ein Bild, das aber verschwindet, wenn man den Magen mit der Fixationsflüssigkeit stark füllt, wodurch alle Wand- teile stark gedehnt werden. Man hat dann eine ebene Epithel- oberfläche mit kesselförmigen, entsprechend weiter voneinander entfernten Einsenkungen. Betrachtet man das Epithel von der Höhe der Falte bis zum Grunde der Krypte, so findet man die höchststehenden Zellen lang, schmal, mit großen Pfröpfen und langen Basalfortsätzen, die unten nicht sehr dicht zusammenlagern. Nach unten zu wird der Stiei immer kürzer und die unteren Enden mit dem Kern legen sich dachziegelförmig übereinander, während der Pfropf stets senk- recht auf der Oberfläche stehen bleibt, wodurch eine eigenartige: Knickung der Zelle herbeigeführt wird. Nach unten zu wird der Pfropf immer kürzer, bis im Durchschnitt (bei Acanthias) zu etwa 1/, der Länge eines solchen von der Faltenkuppe. Am Grunde der Krypten sind Mitosen nicht allzu selten, an den übrigen Strecken des Epithels fehlen sie. Wir werden an die Biızzozerosche Theorie von der Regeneration des Magenepithels erinnert. Auf eine Diskussion dieser Dinge möchte ich mich hier nicht einlassen. Sie hat mit unserem Thema, der morpho- logischen Betrachtung der Schleimhautgestaltung zu- nächst nichts zu tun. Betrachten wir jetzt nacheinander die drei obengenannten Abschnitte der Schleimhaut. Die Cardia ist meist von geringer Ausdehnung. Embryonal erhält sich hier der schon mehrfach erwähnte Epithelverschluß des Oesophagus am längsten. Sehr spät (Embryo von 190 mm Acan- thias) erfolgt die Auflösung. Magen- und Oesophagusschleimhaut sind zu dieser Zeit in ihren Besonderheiten fertig. Zwischen beiden bildet die Mucosa und Submucosa einen Ring, in dem ein solider Epithel- pfropf sitzt. Von dem sich bildenden Lumen aus werden mit geschich- tetem Epithel ausgekleidete Schläuche in die Unterlage getrieben. Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 131 An der Cardia des ausgebildeten Magens erscheint ein eigen- artiges Nebeneinander von Magen- und geschichtetem Plattenepithel, das man sich dadurch entstanden denken kann, daß sowohl Magen wie Oesophagusepithel von der Region des Verschlusses Besitz ergriffen und nun eine Grenze zustande kam, die am besten mit einer Knochennaht der menschlichen Schädeldecke (z. B. Lambda- oder Koronarnaht) verglichen werden könnte. Häufig sieht man Magenepithel auf einer geschichteten Unterlage, so daß eine Kuppe zwischen zwei Krypten aus geschichtetem Epithel besteht, oder eine Kuppe von Magenepithel zwischen mit geschichtetem Epithel aus- gekleideten Vertiefungen zu erblicken ist, oder die eine Wand einer Krypte erscheint aus geschichtetem Epithel, die andere aus Magenepithel bestehend; und noch andere Bilder bekommt man zu sehen. Dabei ist die Grenze beider Epithelarten dann keine gerade, sondern das Oesophagusepithel läuft keilförmig unter dem Magenepithel aus. Man kann sich mit Leichtigkeit konstruieren, wie solche Bilder zustande kommen. Auch KoLsTEr beschreibt ähnliche Befunde. Das Charakteristische an der Cardiazone sind die Krypten, lange enge Schläuche, oft unten gegabelt, mit Magenepithel aus- gekleidet. Vor der Magenepithelzone bestehen Zapfen aus ge- 9%? v 3 > A) “ *. IR 2 Drüse ” / 2 (schwarz) Magenepithel geschichtetes Epithel (schraffiert) (weiß) Fig. 1. Fig. 1. Cardia von Acanthias. Schwache een Fig. 2. Epithelüberschiebung Acanthias. Vergr. Zeiß E. schichtetem Epithel, oft mit einem engen Lumen versehen, diese Partie wäre aber eigentlich noch zum Oesophagus zu rechnen (Fig. 1 und 2, Taf. 4, Fig. 1). Soweit die eigenartigen Krypten bestehen, reicht die Zone der Cardia, mit der ersten Drüse beginnt der Fundus. Hier sind die Krypten nur gering entwickelt. Sie sind in ein oder mehrere Trichter ausgezogen, in 132 Hans Petersen, deren Grund die Drüsen münden. Bei Acanthias mündet je eine Drüse in einen Trichter, in die ganze Krypte bei alten Tieren 3—5. Bei anderen Selachiern ist die Drüse im Halsteil verzweigt und so münden mehrere Drüsen in einen Trichter (Raja maculata nach Oprpers Abbildung). Bei den von mir untersuchten Formen habe ich das nicht gefunden. Die Drüse besteht aus 2 Teilen, dem Hals und dem Drüsen- körper. Ersteren setzen wenige (Acanthias 2—3 übereinander) kleine, meist eng zusammengedrückte Zellen zusammen mit einem Kern, der von dem der Magenepithelzellen nicht sonderlich ab- weicht. Das Lumen ist in diesem Teile der Drüse eng, da die im Längsschnitt in fächerförmiger Anordnung erscheinenden Zellen stark gegen das Lumen vorspringen und in der Regel auch in der Kontur der Epithelbasis einen deutlichen Absatz des Halses von der Krypte wie der Drüse bewirken. Bei verschiedenen Formen sehen die Drüsen verschieden aus. Manchmal sind zwei Zellarten im Körper ausgebildet !), von denen eine flach, mit abgeplattetem Kern, trübem Zellleib, den oberen Teil des Drüsenkörpers, die andere, kubisch, mit rundem Kern und zahlreichen Granulis im Zellleib, die untere Partie des Körpers einnehmen. Diese Granula häufen sich dicht an der dem Lumen zugekehrten Oberfläche und fehlen in der Partie zwischen Kern und Zellbasis. Betrachten wir die verschiedenen Formen: Acanthias vulgaris: Hals kurz, Körper kurz, dick mit weitem Lumen; eine Zellart ohne Granula; Zellen gegen das Lumen zu halbkugelig vorragend, Körper selten verzweigt; Krypten weit, tief. Galeus canis: Hals ziemlich lang, Körper lang, vielfach gewunden, zwei Zellarten nicht halbkugelig vorragend ; Krypten eng, wenig tief. Granula der unteren Zellen sehr groß. Scyllium stellare: Hals lang, Körper kurz, dick, unver- zweigt, eine Zellart, ‚Zellen gegen das Lumen halbkugelig, Krypten denen von Acanthias ähnlich. 1) Korster unterscheidet danach Körper und Grund, OPrpEu bezeichnet den ganzen Drüsenteil abwärts vom Hals mit Grund. Wäre es nicht praktischer, wenn man vom Hals redet, vom Körper der Drüse zu sprechen, und in dem Falle, wo zwei räum- lich getrennte Zellarten entwickelt sind, von einem Ober- und Unter- körper zu reden? - Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 133 Squatina angelus (Rhina): Hals sehr kurz, mitunter überhaupt nicht zu entdecken, Körper kurz, unverzweigt, weites Lumen, eine Zellart, Zellen nicht halbkugelig;; Krypten zwischen den extremen Formen (Acanth., Raja) die Mitte haltend. Raja clavata: Hals kurz, sehr lange und dünne Körper, reich verzweigt, zwei Zellarten, Granula klein; Krypten eng, kurz. Raja batis wie clavata. Raja radiata wie clavata. Während über die Gestalt der fertigen Drüsen bereits eine ganze Reihe von Beobachtungen existieren, liegen solche über ihre Genese nicht vor. Diese vollzieht sich bei Acanthias vulgaris in folgender Weise: Schon früh haben die Magenepithelzellen einen Pfropf er- halten. Zu dieser Zeit (Embryonen von 55—70 mm) liegen die Zellen des Epithels sehr dicht. Ihre Kerne bilden ein breites Band, in seiner Höhe ungefähr der doppelten Länge eines Kernes entsprechend. D. h., es erreichen nicht alle Zellen die freie Ober- fläche, sondern viele bilden eine untere Schicht und entbehren des Pfropfes. Diese lassen die Magendrüsenzellen aus sich hervor- gehen. Sie wandern aus, ein kurzer, halbkugeliger Fortsatz ragt aus dem Epithel heraus, vergrößert sich, der Kern rückt nach. Andere dicht daneben liegende tun dasselbe, so daß eine Knospe an der Epithelbasis zum Vorschein kommt. Die Zellen bleiben mit einem lang ausgezogenen Ende zunächst noch mit dem übrigen Epithel in Verbindung. Immer mehr Zellen rücken nach und drängen die erst ausgewanderten weiter. Sind ungefähr ein Dutzend Zellen ausgewandert, so erfolgt die erste Bildung eines Lumens von der freien Oberfläche des Epithels her und erst spät auf die untersten Partien der Knospe sich fortsetzend. Die das Lumen direkt begrenzenden Pfropfzellen werden dabei in eine etwas schräge Stellung gebracht. Dabei entstehen die Halszellen, nämlich so, das beim Durch- reißen des Epithelverbandes, den wir uns wesentlich unter dem Zug der nach unten drängenden Zellen erfolgend, vorzustellen haben, die Zellen, die, nicht ausgewandert, die untere Schicht des Epithels bildeten, jetzt das neu entstandene Lumen begrenzen und des Pfropfes entbehren. Das weitere Wachstum der jungen Drüse erfolgt zum Teil sicher durch Teilung der die Knospen bildenden Zellen, zum anderen Teil mögen auch die Halszellen, die somit als Reste des alten primitiven Epithels, halb Epithel, halb Drüsenzelle, dabei be- 154 Hans Petersen, teiligt sein, indem sie durch Teilung weitere Elemente nach unten schieben. Ob aber die funktionierenden Drüsenzellen sich noch durch Teilung zu vermehren mögen, scheint fraglich. Mitosen der- selben, auch bei jungen Tieren, habe ich nicht beobachtet. Wohl aber solche der Halszellen. Es ist deshalb zweifelhaft, ob die Halszellen bei der Sekretion irgendwie beteiligt sind. Ihr Aussehen ist auch nicht das von Drüsenzellen; da wir aber nicht wissen, wie im Habitus einer Zelle in allen diesen Fällen ihre physiologische Funktion zum Ausdruck kommt, so ist auch das ein stichhaltiger Grund nicht, um ihre Beteiligung an der sekretorischen Funktion auszuschließen. Bei dem Embryo, an dem die Magendrüsenknospung zur Be- obachtung gelangte, waren solche Knospen im größeren Teile des absteigenden und einem kleinen Teile des aufsteigenden Schenkels vorhanden. An der Cardia fehlten sie in relativ größerer Aus- dehnung, als dies bei den Erwachsenen der Fall ist. Sie schreitet gegen die Cardia also langsam vorwärts, nach der anderen Seite rascher, wenn wir den Ort ihrer ersten Entstehung ungefähr in die Mitte des absteigenden Schenkels verlegen, wo die ältesten Drüsenknospen — beginnende Lumina -— zur Beobachtung gelangen. Die Bildung der Magenkrypten wird uns zugleich mit der der Darmfalten beschäftigen. Die bisherige Darstellung hat schon so weit blicken lassen, daß diese mit der Drüsenentwickelung nichts zu tun hat. Beides sind differente Gebilde, die erst sekundär mit- einander in Verbindung treten. Bei einem Embryo von 225 mm Länge sind die Befunde be- reits mit denen des ausgebildeten Tieres identisch, die Krypten sind im ganzen Drüsenbereich zu finden, während noch bei einem solchen von 190 mm Länge in der Gegend der Cardia Drüsen ohne Krypten sich finden. Wie erfolgt nun die weitere Vermehrung der Drüsen? Bei einem jungen Tiere hat die Schleimhaut dasselbe Aussehen wie bei einem alten. (Exemplare von Hastings und Helgoland, s. Material und Methoden.) Es kommen genau so viel Drüsen auf den Quadrat- millimeter; auf einer Schnittstrecke von 1 mm (Schnittdicke 10 u) liegen quer- wie längsgeschnitten 20 Schnitte im Durchschnitt, also 400 auf den Quadratmillimeter. Ein Magen eines jungen Tieres (Magenlänge 5 cm) habe n qmm Fläche, der eines alten (Magenlänge 10 cm) sagen wir dann An qmm Fläche, so kommen auf den einen Magen 400 n, auf den anderen 1600 n Drüsen, wo kommen diese 1200 n weiteren Drüsen;her ? Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 135 Es wäre an eine Längsspaltung der Drüsen zu denken. Ein Kniff setzt sich, von unten beginnend, auf den Hals und auch auf den Kryptentrichter, schließlich auf den Kryptenoberteil fort, in- dem der zwischen zwei Drüsen entstehende Wulst sich bis zum allgemeinen Niveau erhöht. Wir hätten dann statt einer je zwei Drüsen und auch eine neue Krypte. Verzweigungen der Drüse in den mittleren Partien könnten als Anhaltspunkt dienen. Diese Verzweigungen sind aber für einzelne Arten charakteristisch, die oben gestellte Frage und die Berechnung (mit entsprechender Aenderung der Werte natürlich) gilt aber für alle. Eine andere Vermehrungsart, die der ursprünglichen embryo- nalen mehr nahe käme, wäre auch möglich: eine Beteiligung der Halszellen. Sie haben wir oben als indifferente Reste der alten Anlage kennen gelernt, und sie könnten also auch späterhin Drüsenknospen entwickeln. Die anderen Zellen der basalen Reihe sind vollkommen verschwunden — aufgebraucht. Auch hierfür habe ich Belege nicht finden können. Man könnte an eine schub- weise Vermehrung denken, die auf bestimmte Jahreszeiten be- schränkt wäre, so dal) ich deshalb keinen Einblick in den Vorgang der postembryonalen Drüsenvermehrung gewonnen hätte, weil gerade im Herbst — die jungen Tiere aus Hastings waren im September gesammelt — diese Vermehrung sistiere. Korrelationen mit dem allgemeinen Wachstum !) wären nicht ausgeschlossen. Wie gesagt, über diesen Vorgang habe ich nichts in Erfahrung bringen können. Ich möchte ihn hier aber nicht unerwähnt ge- lassen haben, weil ich irgendwelche Andeutungen über seine Existenz, so klar diese auch nach den angestellten Betrachtungen sein mag, in der mir zugänglichen Literatur nicht gefunden habe. Es bleibt vom Magen lediglich noch der Pylorusteil zu be- handeln, der wieder durch die besondere Ausbildung der Krypten ausgezeichnet ist. Sie sind ab und zu als Pylorusdrüsen be- schrieben, mitunter auch Schleimdrüsen genannt worden; OPPEL beschreibt noch einige Befunde, die ich zum Teil als Täuschung erklären muß. Man vergl. Yuna: „Si du sac stomacal, nous passons au tube pylorique, qui en est la suite consid&rablement retrecis nous retrouvons le m&me £pithölium superficiel les mömes 1) Herr Dr. V. Franz in Helgoland teilte mir mit, daß irgend welche Beobachtungen über das Wachstum der Selachier nicht vor- liegen. Das einiger Knochenfische sistiert im Winter. Analoge Verhältnisse bei den uns hier interessierenden Haien und Rochen sind vielleicht anzunehmen. 136 Hans Petersen, cryptes tapissees de ces cellules et ressemblant quelquefois, sur les coupes, au col d’une glande; mais le corps de la glande fait toujours defaut. La muqueuse du tube pylorique est d&pourvue de glandes peptiques. Peut-&tre celles-ci sont-elles remplac6es par de courtes glandes muqueuses, du moins c’est ce qu’adment OPPEL dans la br&eve description qu’il a donn&e de la muqueuse pylorique chez Alopecias vulpes; toutefois nous devons avouer ne pas 6tre parvenu & nous faire une opinion sur l’existence de pareilles glandes chez Scyllium (canicula). Ici et lä, nos coupes presentent bien une ressemblance avec la figure publi6ee par OPPEL; mais ils pourrait se faire que les pr&tendues cellules glandulaires qui oc- cupent le fond des cryptes de cette portion de l’intestion ne fussent que des cellules de l’epith&elium superficiel coup&ees transversalement au niveau de leurs noyaux.“ Betrachten wir zunächst die einzelnen Befunde Acanthias vulgaris besitzt deutliche echte Krypten. Sie sind sehr zahl- zeich und so tief und weit, daß sie nur schmale Wände zwischen sich lassen. Sie laufen nicht spitz zu, sondern besitzen einen ab- . geflachten Boden, der oft eine Erhebung trägt, so daß das Lumen gegabelt erscheint. Squatina vulgaris (Rhina) hat ähnliche, nur nicht so tiefe und so engstehende; sie gleichen stark den im Fundus vor- kommenden. Reichliche Granulabecherzellen sind darin zu sehen, die Pylorusregion ist sehr lang. Galeus canis besitzt ebenfalls richtige Krypten, die Pfröpfe reichen bis zum Grunde. Der Grund läuft spitz zu, das Lumen ist eng, so daß man reichlich die von Yung oben angeführten Täuschungsbilder zu sehen bekommt, an geeigneten Durchschnitten sieht man aber das wahre Verhalten. Raja clavata und batis bieten wie in der Fundusregion, so auch in der Pylorusregion identische Bilder. Auch hier kommen echte Krypten vor, im Gegensatz zu OPPEL, sie sind nur an schlecht fixierten Präparaten nicht zu sehen, sonst außerordentlich deutlich. Raja radiata, von dem OpreL auch „Pylorusdrüsen“ schildert, konnte ich in Ermangelung eines geeigneten Präparates nicht unterscheiden, da sie aber im Fundus und sonst mit der übrigens sehr nahe verwandten clavata und der fernerstehenden batis übereinstimmt, nehme ich auch hier keinen Anstand, das Vorkommen echter Krypten ohne weitere Modifikation anzunehmen. Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 137 Es bleibt Scyllium stellare. REDEKE untersuchte das- selbe Tier und fand hier echte Pylorusdrüsen. Das untere Ende der Krypte zeigte Zellen ohne Pfropf, die sich auch gegen Farb- stoffe anders verhielten. Diesen Befund kann ich bestätigen. Die sich in die Unterlage einsenkenden Krypten stehen sehr spärlich und sind außerordentlich eng. Die unteren Zellen haben keinen Pfropf. Das sieht man auch an Querschnitten. Bilder wie Fig. 5, Taf. 6, sind bei Krypten mit Pfröpfen bis zum Grunde unmöglich. (Man denke sich Querschnitte durch eine der anderen abgebildeten Krypten, immer würden, wenn ein Lumen zu sehen wäre, auch Pfröpfe zu sehen sein. Einen anderen Unterschied, als den der Pfropflosigkeit, kann ich zwischen den oberen und unteren Zellen nicht finden. Es ist deshalb fraglich, ob wir hier Drüsen, d. h. sezernierende Organe vor uns haben, zum mindesten sehe ich für eine Auffassung dieser Gebilde als Schleimdrüsen keine Berech- tigung. Vielleicht sind es auch einfach Magenepithelzellen ohne Pfropf. Bei Scyllium stellare variiert er überhaupt sehr, nach meinen eigenen Erfahrungen und den Angaben REpEkEs. Für den Fall, daß wir die Tiefe der Krypten hauptsächlich als Regenerations- herde anzusehen haben (BIZZOZERO), wären es dann einfach junge Magenepithelzellen, die im Gegensatz zu den anderen Selachiern einen Pfropf von sichtbarer Größe (man könnte an einen ganz dünnen hyalinen Saum denken, der bei den spitz zulaufenden Zellen nicht zur Erscheinung käme!) nicht haben, weil sie ihn in der Tiefe der hier besonders engen Krypten nicht brauchen. Eine Untersuchung der Genese dieser Organe wäre zu wünschen. Aber auch für den Fall, daß in der Tat bei Scyllium stellare (REDEKE sagt allgemein Scylliiden, trotzdem nach Yun Sc. cani- cula auszuschließen wäre) Drüsen besonderer Art entwickelt wären, so können wir ihrer ganzen Erscheinung nach diese Gebilde als nicht den Fundusdrüsen homolog bezeichnen. Sie wären umge- bildete Enden der Pyloruskrypten, ein Fall, der die EnınGersche Ansicht, wonach Drüsen aus Faltenkombinationen, Krypten, hervor- gehen können, bestätigte. Für die Fundusdrüsen, worauf EDINGER sich besonders bezog, trifft das sicher nicht zu. In der Pylorus- 1) Meine Präparate, die bis zur Verarbeitung schon 1—11!], Jahr in Alkohol gelegen hatten, waren gerade von Sceyllium nicht so, daß ich in dieser Angelegenheit ein endgültiges Urteil mir bilden möchte. Sämtliche anderen Präparate waren einwandsfrei. 138 Hans Petersen, drüsenangelegenheit von Scyllium stellare (und Pristiurus, den ReEDERE hier einbegreift, Alopecias, den OPPpEL angibt) dürfte das letzte Wort noch kaum gesprochen sein. Die Oberflächengestaltung, die uns im Spiraldarm begegnet, ist weit mannigfaltiger und wechselnder als die des Magens. Sind hier Krypten überall ausgebildet, so sind dort Falten, Zotten und Krypten bei den verschiedenen Gattungen und Familien zu finden, ohne daß sich bis jetzt sehen ließe, ob sich die verschiedenen Modifikationen in bestimmter Weise auf die systematischen Gruppen verteilen. Stets haben wir nur echte Faltengebilde vor uns, von der Höhe bis zur Tiefe herrscht dieselbe Ausbildungsweise des Epithels — hohe Zylinderzellen mit dem bekannten Rundsaum, untermischt mit Schleimzellen und an der freien Oberfläche wie an der Basis dicht zusammenschließend. Irgendwelche Drüsen fehlen vollkommen. Bei Acanthias vulgaris konnte ich die Genese der Falten ver- folgen: Das früher glatte Epithel zeigt eine wellenartige Oberfläche. Das Bindegewebe der Unterlage nimmt daran nicht teil. Die An- ordnung der Zellen ist so, daß (im Querschnitt) eine fächerförmige Gruppierung der die Faltenkuppe bildendend Zellen mit einer knospenartigen der die Faltentiefe bildenden abwechselt. Dann sehen wir die Erhöhung immer mehr zunehmen und auch das Bindegewebe der sich wölbenden Basis der Kuppe nachfolgen, nun seinerseits einen Faltenzug bildend (Fig. 3—6). Ein Einwachsen des Faltentales kann nicht beträchtlich sein, da bei dem dünnen, außerdem sehr kompakt gebauten Bindegewebs- teil der Spiralfalte der Raum dazu fehlt. So haben wir am Ende der Entwickelung parallele Züge von Falten, die ab und zu zusammenlaufen oder auch flach auslaufen. Auf der Spiralklappe sind sie stärker entwickelt als auf der eigentlichen Darmwand, dort setzt ihre Entwickelung auch später ein und schreitet langsamer vorwärts. Den fortgeschrittensten Zustand finden wir stets in der Bursa pylorica. Auch am er- wachsenen Tiere finden sich hier größere und kompliziertere Bil- dungen als nahe am Ende. Die Entwickelung der Pyloruskrypten ist eine analoge, d. h. es bildet sich zuerst eine schwache Falte resp. Krypte aus, ohne daß die Unterlage daran teilnimmt. Im Fundus scheint eine direkte Emporwölbung des Epithels an einzelnen Stellen stattzufinden, nach den Befunden an 190 mm langen Embryonen zu schließen, Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 139 wo nahe der Cardia alle Bilder von einer ganz glatten Schleim- haut über schwach gewölbte Stellen zwischen 2 Drüsen bis zu Krypten, wie wir sie am fertigen Tiere vorfinden, zu beobachten sind, in kontinuierlicher Abstufung natürlich von der Cardia bis zu mittleren Teilen des Fundus. Fig. 5. Fig. 3. Acanthias- Embryo von 65 mm (C.). Entwickelung der Darm- falten. Vergr. A. 2. Fig. 4. Acanthias-Embryo von 73 mm (D.). Fig. 5. Acanthias-Embryo von 102 mm (B.). Fig. 6. Acanthias-Embryo von 120 mm (A.). (Derselbe Embryo zeigt die erste Magendrüsenentwicke- lung.) Fig. 6. Die Kryptenbildung hat also, das sehen wir hier wieder, mit der Drüsenbildung nichts zu tun. Diese geraten lediglich deshalb an den Grund der Krypten, weil sie früher entwickelt sind. Eine Hervorwölbung einzelner Oberflächenpartien kann nur dort statt- finden, wo das Epithel nicht durch die Drüsenschläuche, die gleich Wurzeln in die Unterlagen eindringen, auf einem bestimmten Niveau festgehalten wird (Fig. 7—-9). Das Epithel ist auch bei diesem Vorgang der Falten- und Kryptenbildung das Ausschlaggebende, natürlich, denn auf eine 140 Hans Petersen, Vermehrung des Epithels, das mit dem Magen- resp. Darminhalt in Kontakt tritt, läuft der ganze Vorgang hinaus, das Bindegewebe ist vollständig passiv. LU Im Nm Fig. 9. N N Fig. 7. Acanthias-Embryo, 190 mm. Drüse ohne Krypte. Fig. 8. Schleimhaut nahe der Cardia bei Embryo, 190 mm. Keine Krypten. Fig. 9. Schleimhaut nahe der Oardia bei Embryo kurz vor der Geburt. Krypten. Fig. 10. Acanthias-Embryo von 220 mm. Darmoberfläche. Fig. 10. Bei einem jungen Exemplar von Acanthias vulgaris haben die parallelen geschlängelten Längsfalten bereits eine Komplikation erfahren, indem sich niedrige Queranastomosen finden, die in der Tiefe Kryptenreihen aus dem einfachen Faltental gebildet haben. Bei Betrachtung von oben sieht man davon nichts (Fig. 10, 11). Hebt man aber das Epithel von der Unterlage ab, was bei Sublimat- präparaten, die einige Zeit in Alkohol gelegen haben, unschwer gelingt, so sieht man einerseits das umgedrehte Epithel auf der Unterseite Reihen von Höckern besitzen (Fig. 12), die sich, wenn man eine solche Epithelplatte zertrümmert, da auf der Höhe der Falten das dort relativ niedrige Epithel leicht zerbricht, auch von der Seite präsentieren (Fig. 13); andererseits erblickt man in dem Bindegewebe der Unterlage Grübchen, in Reihen angeordnet, die durch höhere und breitere Falten voneinander geschieden werden, als die Scheidewände der Grübchen einer Reihe (Fig. 14). Bei alten Tieren ist dieser Vorgang der Zerlegung der parallelen Täler in Grübchen noch weiter gegangen, so daß wir regelrechte Krypten sehen. Im Endteil des Spiraldarmes habe ich aber auch bei älteren Tieren noch reine Längsfalten ohne Kryptenbildung in der Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 141 Tiefe — dort, wo das Epithel abgefallen oder abmazeriert ist, be- sonders deutlich — gesehen. Fig. 11. Fig. 11. Darm- oberfläche von Acanthias, junges Tier. (Vertiefungen schwarz.) Fig. 12. Abge- hobenes und um- gedrehtes Darm- epithel. Fig.13. Krypten von der Seite. Vgl. Text. Fig. 14. Das Bindegewebe, aus dem die Krypten abgehoben sind. Bei Raja clavata habe ich auch bei jungen Tieren netzförmige Falten mit Krypten, die sich in lange Schläuche ausziehen, ge- sehen. Ich gebe 2 Bilder aus einer Flachschnittserie eines alten Tieres (Fig. 15, 16). Das eine, ziemlich hoch liegende, zeigt die unregelmäßigen Maschen des Faltennetzes, das andere, tiefer liegende, die schlauchförmigen Enden, in die man aber die Rand- säume bis zu den untersten Zellen verfolgen kann. 142 Hans Petersen Galeus canis zeigt regelrechte Zotten, d. h. die Falten sind sehr kurz und Anastomosen fehlen. Die Oberfläche des Darmes ist also derartig, daß die Täler als Niveau der Oberfläche er- scheinen, von wo aus sich die Zotten erheben; bei Raja clavata. wird das Niveau für uns durch die Faltenkämme gebildet, von wo sich die Krypten in die Tiefe senken. Bei Acanthias scheint — wo reine Längsfalten persistieren — die Oberfläche in eine wellige Fläche umgewandelt. Und doch besteht zwischen Fig. 17. Fig. 15. Aus einer Flachschnittserie der Darmwand von Raja clavata- Hoher Schnitt. Fig. 16. 8. Fig. 15. Tiefer Schnitt. Fig. 17. Galeus canis. Relief der Darmzotten von oben. Fig. 18. Relief des Darmes von Seyllium stellare. Bau und Entwickelung des Selachierdarmes, 143 diesen so ganz verschiedenen Erscheinungsformen ein prinzipieller Unterschied nicht (Fig. 17 und 18). Wir sehen also eine gewisse Mannigfaltigkeit in der Art der Oberflächenvergrößerung, Krypten, Zotten oder ein mehr oder minder kompliziertes System von Längsfalten. Bei Teleostiern ist die Mannigfaltigkeit eine noch bedeutend größere!). Die Angaben über Selachier in diesem Punkte sind sehr spärlich, und da ich mein Material nicht auf diese Dinge hin speziell gesammelt habe, so konnte ich sie auch nicht um ein bedeutendes vermehren. Ver- schiedene Verhältnisse in verschiedenem Lebensalter, ‚in differenten Teilen des Darmes, eine erhebliche Variabilität bei verschiedenen Individuen machen die Dinge noch komplizierter. Auch ist die Anzahl der Arten, über die Angaben überhaupt vorliegen, außer- ordentlich gering. Aber schon jetzt läßt sich übersehen, daß die Verhältnisse weit komplizierter sind, als dies EDINGER seinerzeit bei Auf- stellung seiner Theorie ?) annahm. Ich schließe mich seinen Fol- gerungen insofern an, die, wie in der Literaturübersicht schon an- gedeutet, bis in die neueste Zeit diskutiert und berücksichtigt werden, als ich parallele Faltenzüge für primitiver halte als Krypten. Das System der Oberflächengestaltung ist so: Entweder stehen die Faltenkämme allseitig miteinander in Verbindung, Krypten, oder die Faltentäler, Zotten. Ob man aber auch die Zotten phylogenetisch durch Modifikation von Längsfalten sich entstanden zu denken hat, darüber lasse ich die Entscheidung offen. Onto- genetische Befunde könnten Anhaltspunkte bieten. Wie sich aber die Faltenbilduungen anderer Vertrebraten hierzu verhalten, ist noch gänzlich zweifelhaft. Die relativ unansehnlichen Bildungen im Darm der Selachier sind stark verschieden von den ausgeprägten umfangreichen Ge- bilden, wie sie uns im Darm der Teleostier, aber auch anderer Abteilungen, Reptile, z. B. begegnen. Dies mag einerseits seinen Grund darin haben, daß durch die Spiralfalte eine größere Oberflächenausdehnung herbeigeführt wird als durch eine; Verlängerung des ganzen Darmes.. Das Lumen des Darmes der Selachier würde im Ausguß ein flaches Band darstellen, das einen Cylinder — verlängerter Darm — 1) Vergl. Easeuing, Dünndarmrelief und Ernährung bei Knochen- fischen. Jenaische Zeitschrift, Bd. XLIII, 1907. 2) Sie wie Repexe als eine Modetorheit der 70er Jahre hin- zustellen, dürfte aber doch etwas zu weit gegangen sein. 144 Hans Petersen, von gleichem Inhalt an Oberfläche übertrifft, ein Grund, um die Ausbildung umfangreicher Faltengebilde überflüssig erscheinen zu lassen. Ferner erscheint es mißlich, die Magenkrypten aus Längs- faltenzügen hervorgegangen sein zu lassen. Die (älteren) Magen- drüsen mußten den Prozeß der Faltenbildung wesentlich modifizieren und von vornherein in eine bestimmte Richtung — Krypten — lenken. Damit schließe ich auch die EpinGersche Ansicht, daß die Magendrüsen modifizierte Kryptenenden seien, aus. Die gänzlich getrennte ontogenetische Entwickelung fordert dies. Sie sind viel- mehr von vornherein differente Gebilde Ein Feld anders ge- arteter Zellen als die Umgebung, mit sekretorischer Funktion, wird größer und senkt sich aus Platzmangel in die Tiefe. Das hat zugleich den Vorteil, daß die Drüsenzellen, den die Magen- innenfläche treffenden mechanischen Insulten entrückt werden. Bei Faltenbildungen ist der ganze Sinn der Sache ein anderer. Hier wird die Oberfläche vergrößert, die gleichartigen Zellen des allgemeinen Epithels vermehrt, dort Zellen der Oberfläche entzogen, mit der sie funktionell in keinem direkten Zusammenhang stehen. Die Oberflächen vergrößernden Falten erscheinen als variable Bildungen, außerordentlich schwankend in der Art ihrer speziellen Ausbildung und darin wahrscheinlich von den Nahrungsverhält- nissen abhängig. Die Magendrüsen wechseln wohl in manchen Einzelheiten, sind im allgemeinen aber doch recht konstante Bil- dungen. Sie sind sicher alte wohlfixierte Organisationsbestandteile. Darauf weist der Vorgang ihrer Entwickelung hin, der stark cänogenetisch abgeändert ist, d. h. sich in der Ontogenese ganz anders abspielt, als das in der Phylogenese der Fall gewesen sein kann. Und damit dieser neue Entwickelungsmodus sich heraus- bilden konnte, mußte eine bedeutende Stabilität der Verhältnisse erworben sein. So sind also auch die meist so mißliebig angesehenen cäno- genetischen Befunde geeignet, auf die historische Vergangenheit derartiger Organisationseinzelheiten, wie es mikroskopisch kleine, schlauchförmige Drüsen und ihre Entwickelung sind, Streiflichter zu werfen. Ein Vergleich des Darmes der Selachier mit dem der anderen Vertebraten kann hier natürlich nicht angestellt werden, es lag ein solcher auch nicht im Plane der Untersuchungen. | Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 145 Im großen und ganzen erscheint der Darm der Selachier so- wohl im Aufbau als in der feineren Struktur durchaus nicht überall primitiv, wenn auch der allgemeine Typ, wie er für die Wirbeltiere charakteristisch ist, überall gewahrt bleibt. Vielleicht ist es aber auch mißlich, bei dem Studium solcher mikroskopischen Strukturen, wie es die feinere Zusammensetzung der Darmwand ist, Zusammenhänge, die sich über eine so große Gruppenreihe, wie es der Stamm der Wirbeltiere ist, zu erwarten. Sie erscheinen zu unmittelbar dem Einflusse der Funktion, wie man einen solchen sich auch vorstellen mag, unterworfen. Aber wenn wir einen solchen Zusammenhang nicht finden, _ so müssen wir daran denken, daß, wenn ein solches Tier, wie ein Haifisch, auch im allgemeinen primitiv gebaut ist, es doch nicht in allen Organisationseigentümlichkeiten primitiv zu sein braucht. Die uns zur Untersuchung vorliegenden Formen sind doch in ihren Arten, Gattungen, Familien geologisch gesprochen, relativ junge Erscheinungen. Von den Urformen, die einstmals den Aus- - gangspunkt für eine Weiter- und Höherentwickelung, zu Ganoiden, Amphibien, Reptilien, Säugern, darstellten, trennen sie ebenso lange Zeiträume, wie jene anderen ungleich höher entwickelten Formen, und wenn diese Zeit ausgereicht hat, um ein haifisch- ähnliches Wesen zu einer höheren Form, schließlich einem Säuge- tier, auszubauen, so wird sie doch auch ausgereicht haben, um in der speziellen Organisation, der sonst relativ unveränderten Nachkommen manches verändern oder neuerwerben oder auch verschwinden zu lassen. Wir dürfen deshalb nicht erwarten übersichtliche Ent- wickelungsreihen in allen, besonders mikroskopischen Organisationen - bei einer vergleichenden Betrachtung zu finden, und eine Struktur- eigentümlichkeit braucht deshalb noch nicht primitiv zu sein, weil sie bei einem sonst primitiven Organismus sich findet. Bd. XLIV. N, F. XXXVIL. 10 146 1854 1852 1876 1896 1897 1897 1890 1900 1902 1903 1903 1904 1904 1906 1907 Hans Petersen, Literaturliste. v. SIEBOLD und Srtannıus, Handbuch der Zootomie, 2. Teil, Wirbeltiere, Berlin. LryoıG, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der Rochen und Haie, Leipzig. EpvInGErR, Ueber die Schleimhaut des Fischdarmes. Arch. f£. mikr. Anat., 13. Orrer, Lehrbuch d. vergl. mikr. Anat. d. Wirbeltiere, 1. Teil, Magen. — 2. Teil, Schlund und Darm. — 3. Teil, Mundhöhle, Bauchspeicheldrüse und Leber, Jena. Yung, Recherches sur la digestion des poissons. Archives de zool. experimentale et generale, T. VII. REDERE, Aantekeningen over den bow van het maagdarm- sliimvlies der Selachier. Tijdschrift der Nederlandsche Dier- kundige Vereenigung, Leiden. VIALLETON, Les lymphatiques du tube digestive de la torpille (Torpedo marmorata). Archives d’Anatomie microscopique, V. LaAsvxss#, Origine et developpement de la fibre collagene et de la substance fondamentale dans la capsule de la rate des Selaciens. Archives d’Anatomie microscopique. Krrurter, Ueber den soliden Oesophagus der Selachier. Aus dem anatom. Institut der Universität München (nur in ScHWALBES Jahresbericht eingesehen). Drzwına, Anna, Sur l’organe lymphoide de l’oesophage des Selaciens. Note preliminaire. Comptes rendus hebdom. d. |. soc. biologique de Paris, T. LVI. — ÖContributions pour servir & l’etude du tissu Iymphoide des Ichtyopsides. Archives de zool. experimentale et generale (nur in SchwALgBEs Berichten eingesehen). — Sur les hyperplasies tissulaires & l’ablation de la rate des Ichtyopsides. Bulletin de la soc. des sciences de Krakovie. KousTer, Ueber die Magenschleimhaut von Centrophorus gra- nulosus. M»rkerL-Bonser, Anatom. Hefte, Bd. XXXIII. Bau und Entwickelung des Selachierdarmes. 147 Sonst benutzte Literatur. Herrwısc, OÖ. Handbuch der exper. und vergl. Entwickelungsge- schichte der Wirbeltiere, Jena, Bd. II, 1. Teil. Maurer, Darmsystem, 1902. GEGENBAUR, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, Leipzig 1901. WIEDERSHEIM, Lehrbuch der vergl. Anatomie der Wirbeltiere, Jena 1906. THuous, Beiträge zur Anatomie der Lymphknoten, Reticulum. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft, 1902. Maxınmow, Die Zellformen des lockeren faserigen Bindegewebes. Arch. f. mikr. Anatomie, 1904. 10# 7 148 H. Petersen, Bau u. Entwickelung des Selachierdarmes. Tafelerklärung. Tafel 4. Fig. 1. Cardia. Acanthias vulg. A, 2. Fig. 2. Cardia. Acanth. vulg. E, 2. Epithelüberschiebung. Fig. 3. Fundus. Acanth. vulg. A, 2. Fig. 4 Fundusdrüse. Acanth. vulg. Oberer Teil der Drüse, unterer der Krypte. Fig. 5. Pylorus. Acanth. vulg. Eine Kontraktionsfalte mit Krypten. Fig. 6. Pfropfzelle aus dem Magen eines 120 mm langen Embryos. Acanth. vulg. Der Pfropf ist durchschnitten. Homog. Immers. Apochrom. 2/1,3, 6. Fig. 7. Pfropfzellen aus dem Magen eines ausgewachsenen Tieres. Ein Pfropf durchschnitten, der andere nicht. Homog. Immers. Apochrom. 2/1,2, 6. Fig. 8. Pfropfzelle aus dem Magen von Raja clavata. Homog. Immers. Apochrom. 1/1,3, 6. Fig. 9. Dieselbe Fundusdrüse wie Fig. 4. A,4. Tubuslänge 220. Fig. 10. Polyruskrypte. Acanth. vulg. E, 2. TafelD. Fig. 1. a Fundus von Raja clavata. A, 2. b Drüsenoberkörper. E, 2. c. Drüsenunterkörper. E, 3. Fig. 2. Pylorusschleimhaut von Raja radiata. A, 2. Fig. 3. Pyloruskrypte von Raja radiata. Fig. 4. Squatina angelus. a Krypte mit Drüsenoberteil. E, 2. b Pyloruskrypte mit Granulazellen. E, 2. c Granulazelle im Fundus- epithel. Man sieht den Fortsatz. E,2. d Drüsen aus dem Fundus. A, 2. Fig. 5. Pylorusschleimhaut von Scyllium stellare mit lym- phoiden Infiltrationen. Fig. 6. Querschnitte von „Pylorusdrüsen“ von Scyllium stellare. a tief. b hoch, ohne und mit Pfröpfen. Fig. 7. Fundusdrüsenquerschnitte von Galeus canis. a Hals. b Oberkörper. c Unterkörper. Tafel 6. Fig. 1, 2,3, 4, 5,6. Entwickelung der Magendrüsen von Acan- thias vulgaris. Vergr. Zeiß E, 2. Embryo 120 mm Länge. Fig. 7. Magenepithel eines 70 mm langen Embryos von Acan- thias vulgaris. Vergr. wie oben. Fig. 8. Magendrüse ohne Krypte aus der Gegend der Cardia eines 190 mm langen Acanthias-Embryos. Vergr. wie oben. Fig. 9. Darmepithel mit Entwickelung der Talkea bei einem 65 mm langen Acanthias-Embryo. Vergr. wie oben. | | Zur Kenntnis des Thymusreticulum und seiner Beziehungen zu dem der Lymph- drüsen, nebst einigen Bemerkungen über die Winterschlafdrüse. Von H. Mietens. (Aus dem Anatomischen Institut Jena.) Hierzu Tafel 7 und 8. Die mikroskopische Zusammensetzung der Thymus ist in mancher Hinsicht noch recht unklar. Die eigentümliche Ent- wickelung des Organs aus einer epithelialen Anlage, mit den darauf sich geltend machenden Beziehungen zu lIymphoiden Organen, gibt zu den verschiedensten Meinungen Anlaß. Auch die technischen Schwierigkeiten bei der Untersuchung kommen hierbei in Betracht. Daher hat mir Herr Prof. F. MAurER als Thema vorgeschlagen, eine Untersuchung des Thymusreticulum vorzunehmen, wobei namentlich die Beziehungen zum Lymphdrüsengerüst näher ins Auge gefaßt werden sollten. Die Arbeit zerfällt in folgende Teile: a) Entwickelung des Reticulum; b) Aufbau des Reticulum im vollentwickelten Zustand; c) seine Involution; d) Vergleichung mit den Lymphdrüsen. Von der so interessanten Frage über die Beziehungen der epithelialen Thymusanlage zur Herkunft der kleinen Rundzellen mußte leider gänzlich Abstand genommen werden. Dergleichen Untersuchungen erfordern ein weit umfangreicheres embryologisches Material, als das mir zur Verfügung stand. Viel klarer und übersichtlicher liegen die Verhältnisse bei der Entwickelung des Reticulum. Ich erfülle hiermit die angenehme Pflicht, meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. F. MAURER, für die Ueberlassung eines Arbeitsplatzes im Laboratorium und das Interesse, das er mir bei der vorliegenden Untersuchung stets bewies, nochmals herzlich zu danken. Desgleichen gebührt auch dem Assistenten an der Ana- tomischen Anstalt, Herrn Prof. Dr. W. Lusosch, für sein stets liebenswürdiges Entgegenkommen mein innigster Dank. 150 H. Mietens, Material und Methoden. Als Untersuchungsobjekt diente in erster Linie das Rind in allen Entwickelungsstadien. Ferner wurden verwendet Hammel, Katze, Ratte, Maus, Kaninchen und Meerschweinchen, auch zwei vorzüglich konservierte menschliche Thymus von Hingerichteten. Die zu vergleichenden Lymphdrüsen entnahm ich bei Rind und Hammel stets dem Gekröse, bei den übrigen Tieren der Inguinal- gegend. Als Fixationsmittel wurden hauptsächlich angewandt Pikrin- säure und das Pikroformalin nach Boum (75 Teile Pikrinsäure, 25 Formalin, 5 Eisessig). Für Kernteilungsfiguren eignet sich die sonst Vortreftliches leistende Flüssigkeit weniger. Von sonstigen Fixierungsmitteln kommen in Betracht Sublimat und seine ver- schiedenen Gemische. Sublimat-Eisessig bringt die zarten embryo- nalen Gewebe zur Schrumpfung, weshalb von diesem Mittel zuletzt Abstand genommen wurde. Von den Färbungen erwies sich, besonders für die Hervor- hebung der einzelnen Gewebsbestandteile, das VA GIESonsche Gemisch am vorteilhaftesten. Das Hämatoxylin nach MALLORY kam als Bindegewebsfärbung meist zur Anwendung. Zur Kontrolle wurde eine Reihe Präparate verdaut. Die Schnitte von 15—20 u wurden mit Wasser, oder besser mit Ei- weißglyzerin aufgeklebt und darauf direkt in eine schwache alka- lisch gemachte Trypsinlösung gebracht. Frisch zubereitet wirkt das Trypsin am besten. In einer etwa 5-proz. Lösung sind die Schnitte bereits in 1/;,—1!/, Stunde zur Genüge verdaut. Darauf wurden die Objekträger gut abgespült und in HAnsensches Häma- toxylin für eine halbe Stunde oder länger gebracht. Nach er- folgter Abspülung trockneten die Schnitte an der Luft und kamen dann in Xylol und Kanadabalsam. Die zelligen Bestandteile werden verdaut, Bindegewebe und elastische Fasern sind blau gefärbt. Für die Untersuchung der feineren Reticulumverhältnisse eignen sich Paraffinschnitte in sehr geringem Maße, da in der aus- gebildeten Thymus besonders die Rinde von den kleinen Rund- zellen dermaßen infiltriert erscheint, daß selbst auf Schnitten, welche die Dicke von 3 u nicht übersteigen, vom Reticulum so gut wie gar nichts zu sehen ist. Auch in den Lymphdrüsenfollikeln ist das Gewebe von den Rundzellen stark verdeckt. Es wurden daher in der Hauptsache Mazerationsmethoden, wie das Pinsel- und Schütte- Zur Kenntnis des Thymusreticulum etec. 151 lungsverfahren in Anwendung gebracht. Das Reticulum der Lymph- sinus und Markstränge läßt sich verhältnismäßig leicht von den einliegenden Elementen befreien, doch sitzen sie in den Maschen der Lymphdrüsenfollikel und besonders in der Thymus bedeutend fester. Präparate, die mit Pikrinsäure, Sublimat u. a. behandelt waren, ergaben keine befriedigenden Resultate. Die Rundzellen lassen sich schwer entfernen und das feine Netzwerk wird meist zerstört, so daß es verhältnismäßig selten gelingt, größere Bezirke freizulegen. Dazu kommt noch, daß durch die nach- folgende MALLorY-Färbung das Gewebe stark geschrumpft wird. Weit bessere Resultate ergab dagegen die HEIDENHAINsche Stück- färbung. Die Objekte wurden je nach der Größe mehrere Tage mit kalt gesättigter Pikrinsäurelösung fixiert und, ohne gewässert zu werden, in Alkohol von 30 und 50 Proz. gebracht, wo sie beliebig lange aufbewahrt werden können. Darauf erfolgte die Färbung in !/,-proz. wässeriger Hämatoxylinlösung, die 1—3 Tage währt. Die Stücke wurden abgespült und in eine Kaliummonochromat- lösung gebracht, wo die Oxydierung des Hämatoxylins rasch vor sich geht!). Die Lösung wird mehrfach gewechselt, bis die Stücke keine Farbe mehr abgeben. Von den so behandelten Organen wurden Rasiermesserschnitte angefertigt und in destilliertem Wasser geschüttelt. Der Zusammenhang zwischen Rundzellen und Reti- culum ist stark gelockert, und es gelingt schon nach gelindem Schütteln, beträchtliche Partien vom Reticulum freizulegen. Dabei erhält das Gewebe eine ausgezeichnete Konsistenz und wird von der nachfolgenden Behandlung mit Alkohol, Xylol und Kanada- balsam nicht beeinträchtigt. Das Protoplasma quillt leicht auf. Die Kerne werden blau gefärbt, Bindegewebsfasern dunkelblau bis schwarz, Plasma grau. Sämtliche Untersuchungen wurden mit dem Mikroskop Leitz, Stativ 2b, ausgeführt. Bei den Zeichnungen kam die ABBesche Zeichenkamera zur Anwendung. Die Ausführung auch der mit dem Trockensystem aufgenommenen Skizzen wurde mit homogener Immersion Zeiß kontrolliert. Die farbigen Zeichnungen sind mit Hilfe von Herrn R. KOwLER angefertigt, dem ich auch hier meinen kameradschaftlichen Dank ausspreche. 1) Ebenso gut eignet sich zur Nachbehandlung das von H. Perersen empfohlene Ammoniumchromat. » 152 H. Mietens, | I. Entwickelung des Retieulum. KÖLLIKER hat zuerst nachgewiesen, daß die Thymus sich aus epithelialer Anlage herausbildet, und von Hıs, StiEDA, Born, MAURER u. a. wurde dieser Befund mehrfach bestätigt. Es wurde festgestellt, daß für die Säugetiere hauptsächlich die dritte Schlund- spalte in Betracht kommt. DBetrefis der Herkunft des Reticulum gehen die Ansichten auseinander. KÖLLIKER, PRENANT, MAURER, HAMMAR, STÖHR sind der Ansicht, daß das Reticulum aus der ursprünglichen epithelialen Anlage entsteht. Andererseits führen Hıs, STIEDA, GULLAND, NUSSBAUM und PRYMAK, VER EECKE, das Reticulum auf eingewandertes, mesenchymales Gewebe zurück. Das Epithel soll nur noch in Form der Hassauschen Körperchen zurück- bleiben. SCHAFFER und EBNnEr schließlich nehmen für das Mark eine epitheliale, für die Rinde dagegen eine mesenchymale Her- kunft an. Bei den jüngsten der von mir untersuchten Embryonen hatte das Organ das Aussehen von epithelialen Knospen. Die großen Kerne, mit einer deutlichen Chromatinstruktur versehen, liegen dicht beieinander. Im dazwischenliegenden Protoplasma ist eine Scheidung in Fortsätze nicht nachzuweisen. Die kompakte Knospe hebt sich vom umgebenden Bindegewebe deutlich ab. Im nächstfolgenden Stadium (Ratte, Rind, Schwein) ist die Thymus streckenweise noch rein epithelial. In benachbarten Be- zirken lockert sich das Gewebe; kurze, dicke Plasmastränge ver- binden die einzelnen Kerne miteinander. In den unteren Teilen der Halsstränge und in der Brustpartie hat sich bereits ein deutliches Reticulum ausgebildet. Die Kerne der Reticulumzellen sind von spärlichen Plasmamengen umgeben; sie sind rund bis oval und variieren beträchtlich in ihrer Größe. Die Fortsätze bilden ein unregelmäßiges Netz; bald sind die Maschen sehr weit, bald wieder ist es einem Filzwerk ähnlich (Fig. 2). Die zentralen Teile sind lockerer gebaut als die peripheren. Hier geht das Wachstum hauptsächlich vor sich. An der Peri- pherie entsteht häufig eine Grenzschicht von ovalen parallel ge- stellten Kernen, die vollkommen epitheliales Aussehen besitzt. In der Thymus vom Schwein fanden sich mehrere Höhlen, zum Teil mit einschichtigem Epithel bekleidet. Sie enthielten große freiliegende Zellen, die wohl als abgetrennte Reticulum- elemente zu deuten sind. Zur Kenntnis des Thymusreticulum etec. 153 Der epitheliale Charakter des Gewebes tritt besonders deut- lich in der P. cervicalis der Ratte hervor, wo die Thymusstränge unmittelbar an die Schilddrüsenanlage grenzen. Die Aehnlichkeit ist direkt auffallend. Beide stellen Inseln von eng aneinander- liegenden Zellen mit hellen, runden bis ovalen Kernen dar. In der Thymus ist bereits stellenweise ein Reticulum sichtbar. An der Peripherie der Organe dringt das Bindegewebe der Um- gebung in stumpfen Keilen ein, die in der Thyreoidea umfang- reicher sind und die Anlage bereits in einzelne Follikel zersprengt haben, während in der Thymus die Lappung schwach ausgesprochen ist (Fig. 1). Kleine freiliegende Rundzellen kommen nur ganz vereinzelt vor. Dadurch ist der Unterschied des primären vom voll aus- gebildeten Reticulum bedingt. Einzelne Gefäße sind bereits in der ungegliederten Thymus nachweisbar (Fig. 2). Das Bindegewebe ist vom Parenchym scharf geschieden. Ge- mäß der intensiven Volumvergrößerung des Organs wird es ver- dichtet und ordnet sich in zirkulären Zügen um die Thymusstränge, Es lassen sich unterscheiden eine sehr stark verdichtete Schicht, mit eng aneinanderliegenden länglichen Kernen und starken kurzen Fortsätzen, die bei schwacher Vergrößerung zum Thymus- parenchym zu gehören scheint, jedoch bei Immersionsuntersuchung durch eine deutliche Membran vom Reticulum sich abgrenzt. Darauf kommt eine lockere Ringschicht mit spärlichen Kernen und feinen Fortsätzen, die allmählich in das gewöhnliche embryo- nale Bindegewebe übergeht. Die Schichten sind an verschiedenen Stellen ungleich stark ausgebildet. So ist die lockere Ringschicht vor der Vereinigungsstelle der Thymusstränge zur Pars thoracica, wo die Stränge einander entgegenwachsen, medial mächtig ent- wickelt, während sie lateral kaum angedeutet erscheint. Nach der Brustpartie zu beginnt bereits die Septabildung. Größere Bindegewebsbezirke dringen ins Parenchym ein und be- wirken eine Läppchenbildung. Oft sind in ihnen Blutgefäße sicht- bar, die zunächst das Aussehen von Bindegewebsspalten besitzen. Die Bindegewebsmenge ist verschieden. Bei Rind, Schwein u. a. ist sie reichlich ausgebildet; dagegen bei Ratte, Maus sind die Septa nur angedeutet, was auch vollkommen den Befunden an erwachsenen Tieren entspricht. Bei den älteren Stadien sehen wir, daß die Reticulumzellen weiter auseinanderrücken, die Fortsätze werden feiner. In den Maschen liegen dunkle Rundzellen, von einem deutlichen Plasma- 154 H. Mietens, leib umgeben. Der Bau des Reticulum bleibt immer noch gleich- förmig; eine ausgebildete Scheidung in Rinde und Mark liegt noch nicht vor. Von dem umgebenden Bindegewebe sind die Thymusknospen scharf getrennt durch eine Grenzmembran, die aus verdichteten Bindegewebszügen besteht. Sie wird um so undeutlicher, je weiter man dem Verlauf des Septum von der Peripherie ins Innere nach- geht, und hört im Endbezirk des Sepium ganz auf. Hier sieht man auch einzelne Septalfasern ins Parenchym eindringen. Dennoch sind die Gewebe deutlich gesondert; das Bindegewebe ist in Längs- zügen angeordnet und führt nur spärliche Kerne, wogegen das Parenchym ein unregelmäßiges Maschenwerk mit eng aneinander liegenden Kernen darstellt. Mit der immer fortschreitenden Gliederung des Organs steht die Sonderung in Rinde und Mark in Zusammenhang. Die Rund- zellen sammeln sich hauptsächlich in den peripheren Partien an, wodurch diese das charakteristische Rindenaussehen erhalten. Zugleich sieht man bei geeigneter Schnittrichtung, daß die Grenze zwischen Rinde und Mark gemäß dem Weitereindringen der Septa nach innen zu verschoben wird (Fig. 3). Es steht wohl mit der schwachen Septenbildung in Zusammenhang, daß bei der Maus die Scheidung in Rinde und Mark relativ spät eintritt. Noch bei Embryonen von 2,5 cm Länge hatte das Parenchym ein voll- kommen gleichförmiges Aussehen. Auch bei erwachsenen Tieren ist das Organ auffallend uniform gebaut. Das Reticulum beider Teile bekommt eine verschiedene Be- schaffenheit. In der Rinde werden die Reticulumelemente infolge der Infiltration mit Rundzellen auseinander gedrängt und das Netz verfeinert sich. Im Mark hat es einen noch ganz primitiven Charakter. Die Maschen sind weit, unregelmäßig, Fortsätze ziem- lich massig, Kerne dicht aneinander lagernd. Zum Teil sind sie vergrößert und haben ein lichteres Aussehen; oft liegen sie zu Gruppen von einer gemeinsamen Plasmamasse umhüllt. Bereits früh kommt es zur Bildung von riesigen runden Zellen, deren Leib sich nach vAn GIESOoN intensiv rot färbt und zuweilen eine deut- liche konzentrische Struktur zeigt. In der Mitte, oder mehr exzentrisch, liegt der große bläschenförmige Kern. Es läßt sich eine ununterbrochene Stufenleiter von einfachen Riesenzellen zu ausgebildeten konzentrischen Körpern nachweisen. Der veränderte Zellkörper bleibt mit dem umgebenden Parenchym mittels Fortsätze in Verbindung. Bei dem fortwährenden Wachs- Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 155 tum der Zelle werden sie allmählich eingezogen und damit nähern sich die umgebenden Reticulumzellen dem Gebilde. Zum Teil legen sie sich abgeplattet der Peripherie direkt an, zum Teil werden sie von Fortsätzen der Körper umgriften. Dabei ver- lieren sie ihr Chromatin und quellen stark auf. Die konzentrische Struktur gewinnt immer mehr an Ausdehnung, auch in die Fort- sätze kann sie sich erstrecken. In dem anfangs kompakten Körper bilden sich durch Zerfall einzelner Teile Höhlen aus, mit Detritus erfüllt!) (Fig. 4). Bei vollendeter Gliederung des Organs erscheint das Mark zuletzt in Form eines langen verzweigten Stranges, dem an der Peripherie die Rindenknospen aufsitzen. In diesen hat das primäre Reticulum der rundzellenarmen Stadien eine weitgehende Um- wandlung erlitten. Es erscheint jetzt in Form eines sehr feinen Netzwerkes mit darin eingestreuten Kernen, die von wenig Proto- plasma umgeben sind. Dagegen bleibt das Mark immer auf einer embryonalen Ausbildungsstufe stehen. Neben den sich vergrößernden Thymusläppchen tritt das Binde- gewebe immer mehr an Menge zurück und behält nur in der Um- gebung der Blutgefäße eine größere Ausdehnung. Im embryonalen Gewebe bilden sich kollagene Fasern aus. Zuerst verfasern die feineren Septa und die verdichtete Grenzschicht an der Peripherie. In den Rindenpartien deutlich, schwindet die charakteristische Blaufärbung des MArLLoryschen Hämatoxylins nach dem Mark zu, wo es überhaupt nicht zur Bildung einer Grenzmembran kommt. Auch in der Umgebung der Gefäße lassen sich Fasern früh nach- weisen. Indem das kollagene Gewebe immer mehr an Ausbreitung zunimmt, schrumpfen die Kerne und erhalten schließlich das Aus- sehen von typischen Bindegewebskörperchen. Außer in Begleitung der feineren Gefäße zweigen sich in der Rinde nur vereinzelte Fibrillen ins Parenchym ab. Bedeutender ist der Faserreichtum im Mark. Vom Septumende gehen stets einzelne Fasern ins Markgewebe über; oft hat man es mit einer direkten Auflösung der Septa zu tun. Es kommt übrigens vor, daß das Mark vom Septum nicht erreicht wird, in welchem Fall die betreffenden Rindenpartien mehr Fasern als gewöhnlich auf- weisen. 1) Eine übereinstimmende Darstellung dieses Prozesses geben MAURER und Haumar. 156 H. Mietens, Zusammenfassung. 1) Das Reticulum entstammt allem Anschein nach der ursprüng- lichen epithelialen Anlage. Besonders beweisend erscheint mir die Uebereinstimmung im Bau der bereits stellenweise ein Reticulum aufweisenden Thymus mit der epithelialen Thyreoidea. Das primäre Reticulum bildet sich durch Auseinanderrücken der Epithelzellen. Mit den später auftretenden Rundzellen erlangt es erst seine definitive Ausbildung. 2) Das Bindegewebe dringt in die Thymusanlage in Form der Septa ein. Eine irgend bedeutendere Anteilnahme desselben an der Ausbildung des Reticulum liegt nicht vor. Nur in Form einzelner Fasern und in Begleitung der feinen Gefäße gelangt es ins Parenchym. Die Abgrenzung der beiden Gewebe ist in den Rindenpartien am deutlichsten, wo sich eine Grenzmembran aus- bildet. Letztere schwindet nach dem Mark zu, wo die Gewebe nur an ihrem verschiedenen Bau zu unterscheiden sind. 3) Im Anschluß an die Septenbildung geht auch die Differen- zierung des Parenchyms in Rinde und Mark vor sich. Die Rund- zellen sammeln sich in den gegliederten Organbezirken an, während der ungegliederte Rest zum Mark wird. Das Markreticulum bleibt auf einer primitiveren Ausbildungsstufe stehen; das der Rinde erfährt weitgehende Veränderungen. Beide gehen kontinuierlich ineinander über. 4) Die Hassauschen Körperchen sind Derivate der Reticulum- zellen. Zum Schluß möchte ich die mechanischen Beziehungen zwischen Thymusparenchym und Bindegewebe kurz erörtern. Der erste Eindruck beim Anblick eines Schnittes durch das sich entwickelnde Organ kann dahin lauten, daß die Septa aktiv in die Thymus- anlage einwachsen, somit die treibende Kraft bei diesem Prozeß im Bindegewebe zu suchen ist. Bei genauer Untersuchung ge- staltet sich die Sache wesentlich anders. Die primäre Thymusanlage ist von weiten Strecken embryo- nalen Bindegewebes umgeben. Im Laufe der Entwickelung tritt jedoch das Bindegewebe im Wachstum sehr hinter der Thymus zurück. Im ausgebildeten Organ ist es im Vergleich zu den mächtigen Parenchymmassen in einer verschwindend kleinen Menge vorhanden. Die Thymusknospe übt bei ihrem Wachstum einen Druck auf 4 Br Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 157 das umgebende Gewebe aus. Dieses ordnet sich in zirkuläre Züge an und an der Berührungsstelle mit der Thymus bildet sich eine verdichtete Schicht, die Grenzmembran, aus. Es ist eine auffallende Erscheinung, daß an der Peripherie des Organs diese Abgrenzung und demnach das Druckverhältnis am schärfsten ausgeprägt ist, während nach dem Mark zu die verdichtete Schicht vollkommen schwindet. Läge ein aktives Einwachsen des bindegewebigen Teiles vor, so müßte gerade an seinem Ende der Druck am stärksten sein und demnach eine Grenzmembran auftreten, was jedoch nicht der Fall ist. Es deutet alles darauf hin, daß die Hauptursache der Septen- bildung im intensiven Wachstum der Thymus selbst zu suchen ist. Durch den Druck des sich vergrößernden Organs wird das Binde- gewebe zusammengepreßt und dringt an Stellen des geringsten Widerstandes in das Gewebe ein. Daß auch den Gefäßen bei der Septenbildung eine Rolle zu- kommt, ist sehr wahrscheinlich. Die Septa sind dort am stärksten entwickelt, wo Gefäße in ihnen verlaufen. Oft erscheint auf dem Schnitt das Ende des Septum kolbenartig um das Gefäß erweitert. Doch kann dieser Einfluß nur sekundärer Natur sein, schon weil die Gefäße einen sehr geringen Teil der breiten Septenlamellen für sich in Anspruch nehmen. In vielen Septa sind überhaupt keine Gefäße vorhanden, was an jungen Stadien besonders deutlich erkennbar ist. Andererseits sind Gefäße im Organ zu einer Zeit nachweisbar, wo die Septenbildung noch nicht begonnen hat. Eine größere Bedeutung mag den Gefäßen bei der Vaskula- risierung der einzelnen Läppchen zukommen. Jedes Gefäß führt Bindegewebe mit sich, das ihm direkt anliegt und eine Adventitia ausbildet. Hier tritt das Bindegewebe offenbar nur in Begleitung der Gefäße auf. II. Bau des Thymusretieulum. Ueber die Zusammensetzung des Reticulum gehen die An- sichten sehr auseinander. Einige Autoren lassen es lediglich aus miteinander anastomosierenden Zellen gebildet sein. Hierher gehören Hıs, SCHEDEL, TOURNEUX und HERMANN, GHIKA, DEMOOR. Andererseits besteht das Reticulum nach ArAnAssıEw nur im embryonalen Zustand aus verzweigten Zellen. Im ausgewachsenen Organ sollen sich in ihnen allen Fasern herausdifferenziert haben, 158 H. Mietens, die ein Netz mit platten bindegewebigen Zellen an den Knoten- punkten bilden. Eine sehr genaue Schilderung des Thymus- gerüstes gibt WATneY. Er unterscheidet 1) ein grobes Netz aus Bindegewebsfasern, das sich zwischen Gefäßen und Septa aus- streckt; 2) das eigentliche „Reticulum“, bestehend aus einem engmaschigen Netzwerk, das an den Knotenpunkten verdickt ist und dessen Maschen in der Regel nur eine Rundzelle fassen; 3) zwischen den Gefäßen und bindegewebigen Zügen ein feines, aber weitmaschiges Netzwerk, aus verzweigten Zellen mit langen, zarten Fortsätzen. Alle drei Netzarten sind eng miteinander verbunden. Die dieser Darstellung zugrunde liegende Auffassung von einer gemischten Zusammensetzung des Reticulum aus Binde- gewebe und verzweigten Zellen ist in späterer Zeit von MAURER, HOoEHL, EBNER, HAMMAR, STÖHR u. a. bestätigt worden. WATNEY hat auch zuerst in eingehender Weise die Modifikationen der Reticulumzellen geschildert als „epithelioid-, granular- und giant- cells‘‘ und entdeckte die Flimmercysten in der Thymus vom Hund. Seitdem wurden diese Bildungen von TOURNEUX und HERMANN, PRENANT, HAMMAR u. a. wiederholt von neuem untersucht. In betreff der Bedeutung der Hassauschen Körperchen stehen sich, abgesehen von den älteren Angaben, zwei Hauptanschauungen ein- _ ander gegenüber. Cornın und RANVIER, hauptsächlich ArAnas- SIEW, DEMOOR, NUSBAUM und MAcHOwSKI (für Amphibien) halten sie für Umwandlungsprodukte der zerfallenden Gefäße, wobei die Endothelwucherung eine Hauptrolle spielt. Die meisten Forscher sehen in ihnen Derivate des Epithels. Hıs, STIEDA, NUSBAUM und PryMAk sind der Meinung, es seien Reste der ursprüng- lichen epithelialen Anlage, die durch mesodermale Elemente ver- drängt wurde. Dagegen MAURER, HAMMAR, STÖHR leiten sie direkt vom Reticulum ab. Hierher ist auch WATNEY zu rechnen, nur daß für ihn das Reticulum nicht epithelialer, sondern binde- gewebiger Natur ist. Im Gerüst eines ausgebildeten Thymusläppchens unterscheiden wir: 1) ein bindegewebiges Septum, welches das Läppchen kapsel- artig umschließt und bis zum zentralen Markstrang vordringt; 2) die vom Septum ausgehenden und das Läppchen durchsetzenden Gefäße; 3) das sich zwischen den Gefäßen und dem Septum aus- spannende Reticulum. Sowohl Septa als Gefäße stehen mit dem Reticulum in innigster Verbindung. Da sie ferner für den Ver- gleich mit den Lymphdrüsen von Bedeutung, sind sie hier näher zu behandeln. Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 159 Es ist von Bedeutung, daß die Septa in ihrer Anlage ein dem Thymusgewebe fremdes Gebilde sind. Das Reticulum bildet sich aus dem Kiemenspaltenepithel, die Septa dagegen aus dem Mesenchym. Sie bestehen in der Hauptsache aus kollagenen Fasern von der allerverschiedensten Stärke, die dicht aneinander gedrängt sind. Den Fasern liegen geschrumpfte Kerne an, in Form kleiner eckiger, stark färbbarer Gebilde. In geringer Menge, hauptsäch- lich in der Umgebung der Gefäße, finden sich elastische Fasern. In wechselnder Anzahl finde ich auch glatte Muskelzeilen. Sie liegen in den stärkeren Septa teils zu Bündeln vereinigt, teils zerstreut. Häufig sind sie gekrümmt, gemäß dem Verlauf der bindegewebigen Fasern (Fig. 6). Die Septa umgreifen die Läppchen in kontinuierlicher Schicht, deren Stärke aber sehr wechselt. Ihre Hauptbedeutung liegt in der Bildung der Gefäßadventitia, daher entwickeln sie sich natur- gemäß dort am stärksten, wo die größeren Arterien und Venen verlaufen. Hier kommt es oft zur Bildung von mächtigen Binde- gewebsmassen. Mit der Abnahme des Gefäßkalibers schwinden auch die Septa. Wo keine Gefäße mehr zu bergen sind, bestehen sie aus einzelnen, parallel verlaufenden Faserreihen, die auf dem Schnitt als nebeneinanderliegende Bindegewebszüge erscheinen. Die Ab- grenzung der benachbarten Läppchen voneinander ist hier ziemlich mangelhaft. Die Läppchen kommunizieren überall miteinander; der Raum zwischen den Septalfasern ist häufig von ausgewanderten Rundzellen erfüllt. Streckenweise scheint das Septum ganz zu fehlen. Somit tritt die Bedeutung der Septa als Trennungsmedien der einzelnen Läppchen neben der Gefäßumhüllungsfunktion ent- schieden in den Hintergrund. Eine Neubildung der Septa geht auch noch im postuterinen Leben vor sich, Man sieht die bindegewebigen Stränge tief ins Parenchym eindringen, wo sie als geschlossenes Ganzes plötzlich aufhören. Ein Teil der Fasern beschreibt eine scharfe Biegung nach rückwärts, ein anderer geht diffus ins Reticulum über. Auch von der Rindenpartie des Septum gehen einzelne Fasern ab, die mit den Reticulumbälkchen in Zusammenhang stehen und zwar in der Weise, daß die Septalfasern in die Reticulumbälkchen ein- gelagert sind. An Mazerationspräparaten sieht man die Faser von einem deutlichen hellen Saum umgeben, von dem aus die gleichgefärbten Bälkchen entspringen (Fig. 7, 8). Der Saum ist nur bei verhältnismäßig feinen Fasern zu sehen; er schwindet sehr bald, indem die Faser auf Kosten der plasmatischen Substanz 160 H. Mietens, in die Breite wächst. Dann scheinen die Reticulumbälkchen direkt vom Bindegewebszug zu entspringen. Auf diese Weise vermag das Reticulum nachträglich an der Ausbildung der Septa teilzunehmen. Indem die Fasern dem Septum parallel ins Parenchym einwachsen. werden Bezirke des- selben dem Septum einverleibt (Fig. 5). Die Rundzellen schwinden infolge der starken Neubildung von Bindegewebe und die Reti- culumzellen schrumpfen zu kleinen unscheinbaren Gebilden zu- sammen. In der dichten Masse der Bindegewebsfasern sieht man nicht selten bald einzelne Thymusrundzellen, bald größere Haufen eingelagert. Somit sind die Septa wenigstens teilweise gemischter Herkunft. Ursprünglich dem Thymusgewebe fremd, erfahren sie einen Zuwachs von seiten des Reticulum. Die Blutgefäße der Thymus treten an verschiedenen Stellen zur Oberfläche des Organs und verteilen sich im interlobulären Bindegewebe. Von den feinsten Verzweigungen, die im Septal- gewebe zwischen den einzelnen Lobuli verlaufen, gehen Gefäßchen ins Innere der Lobuli ein. Sie durchziehen die Rinde und bilden hier ein ziemlich weitmaschiges Netz, das sich nach dem Mark zu bedeutend verengert. Im Markparenchym kommen auch größere Arterien und Venen vor. Die eigentlichen Läppchengefäße haben einen sehr eigentümlichen Bau. Ihre Weite ist verschieden, viele fassen nur eine Reihe roter Blutkörperchen. Die Wandung besteht zu innerst aus flachen Endothelzellen mit großem, je nach der Weite des Lumens runden bis ovalen Kern. In der menschlichen Thymus sind es lange, stäbchenförmige Gebilde, die den Kernen glatter Muskelzellen äußerst ähnlich sind. Hier fanden sich häufig neben längsgetroffenen Kernen auch Querschnitte derselben. Beide liegen nebeneinander, so daß die Wandung geschichtet sein muß. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß hier vereinzelte zirkuläre glatte Muskelzellen vorliegen, die von der Media der großen Gefäße her- rühren (Fig. 13). Sämtlichen Läppchengefäßen kommt eine Adventitia zu. Sie besteht aus kollagenen Fasern, die mit den Septa in Verbindung stehen. Die Fasern liegen dem Endothel unmittelbar auf und sind mit ihm so fest verbunden, daß selbst beim stärksten Pinseln und Schütteln der Zusammenhang bestehen bleibt. Dadurch be- kommt das Gefäß ein charakteristisches Aussehen und unter- scheidet sich sofort von seiner Umgebung. Im Längsschnitt er- scheint es von zwei randständigen Linien eingesäumt, dagegen im Zur Kenntnis des Thymusreticulum ete. 161 Querschnitt als ein die Zellen von außen umgebender Ring, der übrigens oft unvollständig ist (Fig. 5, 10, 11, 15, 17, 25). Die Fasern sind also zu breiten Lamellen umgewandelt. Somit führen die Parenchymgefäße den Namen Kapillare mit Unrecht, denn an ihrer Ausbildung nimmt neben der Endothelwand auch noch das Bindegewebe mit teil. Mit dem fortschreitenden Alter geht die Adventitia Wand- lungen ein. Die Hülle verdickt sich allmählich; von ihr aus zweigen sich feine Fädchen ab, die in die Wandungszellen ein- dringen und sie netzartig umspinnen (Fig. 9). Stärkere Fasern laufen den Randzügen parallel, zwischen ihnen bildet sich gleich- sam ein Treppenwerk von zarten Fibrillen. Die Kerne schrumpfen in Berührung mit dem Bindegewebe; sie werden stäbchenförmig und schwinden schließlich ganz. Die Fasern wachsen immer mehr aus, so daß das Gefäß das Aussehen eines bindegewebigen Stranges erhalten kann. Dabei bleibt aber sein Lumen erhalten, worauf die zahlreichen wohlerhaltenen Erythrocyten hinweisen. Es kommen andererseits auch Bilder typischen Gefäßzerfalls vor. Das anfangs gerade verlaufende Gefäß bekommt Aussackungen, durch Wucherung der Wandungszellen bedingt. Der Abschluß gegen das Parenchym geht verloren und man sieht zahlreiche Rundzellen neben den roten Blutkörperchen liegen. Dabei wachsen die Gefäßfasern ins Parenchym ein und bilden ein dichtes Netzwerk um den Gefäßstamm. Aus Querschnitten geht hervor, daß die nächsten Fasern konzentrische Ringe bilden (Fig. 10). Andere umfassen schleifenartig die benachbarten Rundzellen (Fig. 12). Es entsteht die Frage, ob man die Auflösung der Thymus- gefäße als eine normale freie Endigung derselben im Parenchym ansehen darf, wie es WEIDENREICH für die Milz geschildert hat, oder ob hier Involutionserscheinungen vorliegen. Letzteres ist allem Anschein nach der Fall. Bilder wie die eben geschilderten kommen im allgemeinen selten vor und in der Thymus alter Tiere sind sie am häufigsten. Auch liegt ein wichtiger Unterschied von der Milz darin, daß dort die ausgetretenen roten Blutkörperchen im Par- enchym erhalten bleiben. In der Thymus gehen sie spurlos zu- grunde. Nie gelingt es, freie Erythrocyten im Parenchym nach- zuweisen !). Somit ist das Thymusgewebe für die Fortexistenz der 1) Es wurde eine Reihe Strichpräparate von frischen Organen, die jungen Mäusen entnommen waren, gefertigt und mit Hämatoxylin- Eosin gefärbt. Stellenweise fanden sich rote Blutkörperchen in Bd, XLIV. N. F. XXXVIl. IR: 162 H. Mietens, roten Blutkörperchen ungeeignet. Eine freie Gefäßmündung mit der damit verbundenen massenhaften Vernichtung der Blutkörperchen findet normalerweise schwerlich statt; es handelt sich wohl immer um Rückbildungserscheinungen. Zwischen dem Septum und Gefäßen und mit beiden in engster Verbindung, spannt sich das Reticulum aus. Wir unterscheiden darin zwei Hauptbestandteile: den zelligen und den bindegewebigen, die ganz verschiedenen Ursprungs sind. Das zellige Reticulum rührt von der weiterentwickelten epithelialen Anlage, dagegen das Bindegewebe vom Septum und der Gefäßadventitia, die beide dem Mesenchym entstammen. Immer bleibt das zellige Element das vorwiegende. Das Bindegewebe gelangt erst spät ins Innere des Läppchens und bleibt zuerst lediglich auf die Gefäßadventitia beschränkt. Es erscheint daher berechtigt, zuerst das zellige Reticulum für sich zu schildern und dann erst auf sein Verhältnis zum Bindegewebe einzugehen. Das Reticulum ist aus verzweigten, miteinander anastomo- sierenden Zellen aufgebaut. Rinde und Mark weisen weitgehende Unterschiede auf, doch gehen sie ohne merkliche Grenze in- einander über. Der Unterschied ist bedingt durch das Vorhanden- sein in der Rinde einer gewaltigen Menge der bekannten Thymus- rundzellen. Durch den Druck der sich vermehrenden Zellen hat das ursprünglich grobe Gerüst eine außerordentliche Feinheit an- genommen. Die Epithelzellen sind auseinandergedrängt, die Fort- sätze haben sich vielfach verzweigt und bilden Maschen, die, wie Hıs es bereits gesehen, oft nur je eine Rundzelle fassen können. Die Reticulumbälkchen haben eine verschiedene Stärke. Dort, wo die Zellenbildung und dementsprechend auch der Druck am leb- haftesten, wurden auch die Fortsätze der Reticulumzellen zu ganz feinen Fädchen ausgebildet. Diese Fädchen bilden in der Haupt- sache das Maschennetz (Fig. 15, 23). Daneben sieht man Züge von verschiedener, zuweilen recht bedeutender Stärke, die den Inseln gelagert, was bei dem großen Gefäßreichtum der Läppchen ohne weiteres verständlich erscheint. Von kernhaltigen roten Blut- körperchen war nichts zu sehen. In der sich zurückbildenden Rattenthymus kommen derartige Gebilde vor, doch sind sie keines- wegs als ein normaler Bestandteil des Organs zu betrachten. Jeden- falls ist ihre Menge so gering, daß ein Vergleich mit dem Knochen- mark (SCHAFFER) unzulässig erscheint. e Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 163 Charakter von Zellfortsätzen besser beibehalten. Sie ziehen durch große Netzbezirke und zweigen sich allmählich in das feine Maschennetz auf. Auch an einzelnen Flecken, wo der Druck der Rundzellen nicht wirksam war, bleiben Reste der ursprünglichen starken Zellfortsätze zurück. Besonders häufig finden sich solche verdickte Bezirke an den Knotenpunkten der Bälkchen (Fig. 23) (thickened nodal points von WATNEY). Sie kommen in sehr wechselnder Menge vor. . Da das Protoplasma der Reticulumzellen bei der Bildung des Netzes stark in Anspruch genommen wurde, sind die wenigsten - Kerne von einem ansehnlichen Zellleib umgeben. Für gewöhnlich - scheint es, als gingen die feinen Fortsätze direkt vom Kerne aus. - Die Zusammensetzung des Reticulum aus untereinander anastomo- sierenden Zellen ist in der Rinde stark verdunkelt. Das Reti- eulum macht den Eindruek eines protoplasmatischen Netzes mit darin eingestreuten Kernen. Die Kerne selbst haben eine meist runde Form. Es sind große, helle Gebilde mit gewöhnlich einem Nucleolus und einem _ deutlichen Chromatingerüst. Sie variieren in weiten Grenzen und können denen der Rundzellen ähnlich sein. Manche erinnern mit ihren kleinen, eckigen Zellkörpern lebhaft an typische, platte Bindegewebskörperchen. . Das Reticulum steht in engstem Zusammenhang mit dem tum und den Gefäßen. Die Verbindung ist so fest, daß es ‚nicht gelingt, durch Pinseln und Ausschütteln die Bälkchen ganz zu entfernen. Auch Reticulumzellen liegen in der Regel den Ge- fäßen an. Sie besitzen einen gut ausgebildeten Zellleib und ent- senden einen sehr starken Fortsatz, der sich allmählich im Reticulum auflöst (Fig. 34). An stark geschüttelten Schnitten werden die feinsten Maschen “mit herausgespült. Es bleibt dann ein weites Netz, aus resistenteren "Bälkchen gebildet, zurück. Bilder dieser Art führten WATNeY zu der Auffassung zweier Netze im Reticulum, wie bereits in der Literatur- "übersicht erwähnt. Diese Einteilung ist jedoch unberechtigt. Zell- kerne finden sich sowohl im feineren als gröberen Gewebe. Es ist unmöglich, eine scharfe Grenze zwischen den verschieden Starken Bälkchen zu ziehen; sie gehen kontinuierlich ineinander über. Schließlich ist auch die Beschaffenheit der Balken, ihrer Färbung nach zu urteilen, die gleiche, so daß auch hier kein Grund zur Trennung vorliegt. 21” 164 H. Mietens, Was nun das Markreticulum anbetrifft, so zeigt es eine primi- tivere Ausbildungsstufe (Fig. 25). Während die Rinde durch An- passung an die in ihr liegenden Rundzellen den Charakter eines protoplasmatischen Netzes mit darin eingestreuten Kernen erlangt, ist hier die ursprüngliche Zusammensetzung aus untereinander anastomosierenden Zellen noch klar zu erkennen. Die meisten Zellen besitzen einen deutlichen Zellleib, von dem aus starke Fort- sätze ausgehen. “ Feinere Bälkchen sind in geringer Zahl vor- handen. Die Zellen liegen näher aneinander, als in der Rinde. Die Zellfortsätze bilden ein von den der Rinde verschiedenes Netz. Die Feinheit, Gleichmäßigkeit der Maschen ist verschwunden. Sie sind sehr weit, unregelmäßig geformt und dabei verschieden in ihrer Größe. Die Kerne der Markzellen sind meist größer als die der Rinde und haben ein helleres Aussehen. Uebrigens haben sie eine recht mannigfaltige Form, von platten, kleinen Körperchen bis zu riesigen, blasigen Gebilden. Das Markreticulum zeichnet sich durch seine größere Variabilität von der Rinde aus. Sehr häufig sieht man die einzelnen Reti- culumzellen zusammenfließen. Die Unterscheidung von Zellkörpern und Fortsätzen geht verloren, die Kerne liegen in mächtigen Balken. Eine weitere Stufe sind die syncytialen Bildungen. Die Zellen ballen sich zu einem Klumpen zusammen, wobei die ein- zelnen Maschen vollkommen schwinden können. Das Ganze stellt eine zusammenhängende Plasmamasse dar, in die Kerne eingestreut sind (Fig. 31). Als Derivate der Reticulumzellen sind ferner die Flimmer- und Epithelceysten, die Riesenzellen und in erster Linie die Hassauschen Körperchen mitzurechnen. Ich kann eine ge- naue Schilderung dieser und analoger Gebilde übergehen, da HAMmMmAR sie bereits in eingehender Weise bei den verschiedenen Tierklassen beschrieben und abgebildet hat. Der Entstehung der Hassauschen Körperchen wurde bereits im Abschnitt über Reti- culumentwickelung gedacht. Das Bindegewebe spielt im Aufbau des Thymusreticulum keine so bedeutende Rolle, als es bei der Milz, dem Knochenmark, den Lymphdrüsen der Fall. Es dringt mit den -Gefäßen ins Organ ein und bildet so die Septa. Ins Innere der Läppchen dringt es auf zweifachem Wege, durch Vermittelung der Läppchen- gefäße und sich direkt von dem Septum abzweigend. Die Adventitia der Läppchengefäße entsendet Ausläufer, die im Parenchym verlaufen. Zunächst können bloß einzelne Fasern Ei Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 165 entdeckt werden. In der Rinde trifft man meist Bilder dieser Art, dagegen ist die Bindegewebswucherung im Mark wesentlich stärker. Oft sind die Gefäße von einer dichten Masse ver- zweigter, verwickelter Fasern umschlossen. Solche Bilder sind mit denen des Gefäßzerfalls zu verwechseln; an Isolations- präparaten läßt sich leicht feststellen, daß der Gefäßstamm völlig intakt bleiben kann, trotz der starken Faserentwickelung. Letztere ist nur auf günstiges Verhalten der Umgebung zurückzuführen. Wie verhält sich nun das Bindegewebe zum zelligen Reti- culum? Untersucht man die Rinde an Paraffinschnitten, so hat man den Eindruck, als verliefen die Fasern vollkommen frei Anders gestaltet sich die Sache an Mazerationspräparaten. Die Verbindung des Reticulum mit den Gefäßen geschieht häufig durch starke Balken, die entweder direkt oder durch Vermittelung von Basalzellen dem Gefäße anliegen. An geeigneten Stellen sieht man aufs deutlichste, daß die Gefäßfasern in diese Plasmastränge ein- gelagert sind. Besonders günstig sind für die Untersuchung die Verbindungsstellen der Balken mit dem Gefäße. Die Fasern ver- laufen durch den verdickten Basalteil des Stranges und gehen, von einer distal sich verdünnenden Plasmahülle umgeben, ins Reticulum über (Fig. 14, 25, 26). Verfolgt man den Faserverlauf weiter, so sieht man, daß sie zunächst an feineren Zweigen des Reticulum vorbeiläuft, dagegen in die stärkeren Aeste gleichfalls Ausläufer hineinsendet. Je weiter die Faser sich vom Gefäß ent- fernt, um so schwieriger wird es, die feine Plasmahülle herum zu unterscheiden. Nur an den verdickten Knotenpunkten ist das Verhältnis noch klar erkenntlich. Ebenso lassen sich auch in den Reticulumzellen Fasern nach- weisen. Für gewöhnlich verlaufen die feinen Fibrillen an der Peripherie des Zellkörpers (Fig. 20, 21, 52). Der Faserursprung wird modifiziert, wenn der Reticulum- balken sich mittels einer Basalzelle mit dem Gefäß verbindet. Entweder biegt sich die Faser einfach um den Kern und mündet dann in den Balken ein. Oder aber ist der Ursprung der Faser ein vielfacher (Fig. 17). Man sieht dann den Kern der Basal- zelle von Fasern beiderseits eingefaßt, die dann oberhalb des- selben wieder zusammenfließen und als eine Faser verlaufen. Je feiner die vom Gefäß ausgehenden Bälkchen, um so seltener finden sich in ihnen Fibrillen eingelagert. Die Fasern wachsen auf Kosten der Plasmahülle. Nur bei jungen Fasern kann die Plasmaeinfassung zweifellos festgestellt 166 H. Mietens, werden; später verdicken sie sich rasch, und in demselben Maße schwindet das Protoplasma. Oft hat man den Eindruck, als lägen in der Thymus zweierlei Gerüste vor, ein grobes bindegewebiges und das feinere protoplasmatische. Dieses ist auch in der Tat die Ansicht von WATNEY. Wie weit geht nun die Faserung des Reticulum? Zunächst beschränken sich die Fasern auf die stärkeren Balken. Ihrem Verlauf folgend, durchziehen sie das Läppchen in allen Richtungen, verbinden die Gefäße miteinander und diese wieder mit dem Septum. Mit dem Alter wächst die Verbindung des Bindegewebes. An Or- ganen, die bereits deutliche Zerfallserscheinungen aufweisen, sind große Parenchymbezirke von einem wohlausgebildeten Fasernetz durchsetzt (Fig. 19). Es gelang mir, bis in die feinsten Verzweigungen der Reti- culumbälkchen hinein Fibrillen nachzuweisen (Fig. 23). Die HEıDEenHmArnsche Stückfärbung ergab dabei ausgezeichnete Re- sultate. Es können bei der Mazeration künstliche Produkte zu- stande kommen; besonders leicht erwecken umgeschlagene Zell- ränder den Eindruck von Fibrillen. Doch haben solche Bildungen einen nur kurzen Verlauf und gehen dann wieder in die einfache Plasmalamelle über. Dagegen konnte man immer den Zusammen- hang der feinen Fibrillen mit den stärkeren, im Netz verlaufenden Fasern nachweisen. Auch die feinsten Fädchen sind von einer plasmatischen Hülle umgeben, was jedoch bei der großen Feinheit der Bälkchen nur an den verdickten Knochenpunkten klar zu sehen ist. In Fig. 23 ist der Plasmasaum leicht gequollen und die Fibrillen treten auf hellem Grund scharf hervor. In keinem Alter verfasert das Netz ganz. Neben den dunkel tingierten Bälk- chen sieht man in viel größerer Anzahl die blässeren, protoplasma- tischen verlaufen, in deren Knotenpunkten keine Spur von Fibrillen nachzuweisen ist. Die Kerne der Reticulumzellen gehen infolge der Faser- einlagerung charakteristische Veränderungen ein. Die Kerne der Faserzellen sind merklich kleiner als die der rein protoplasma- tischen Elemente. Mit der fortschreitenden Verdickung der Faser wird dieser Unterschied in der Größe immer deutlicher. Zugleich färbt sich der Kern intensiver. Schließlich liegen die Kerne als platte Bindegewebskörperchen den mächtigen Zügen an. Dasselbe ist bei den Basalzellen der Fall, und zwar werden sie zu allererst von der Degeneration betroffen. In derselben Weise wie die Gefäße bei der Bildung von Reti- Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 167 culumfasern beteiligt sind, finden wir es auch am Septum. Auch hier sind einzelne Septumzweige in die stärkeren Bälkchen ein- gelagert. Die Fasern verzweigen sich und tragen auf diese Weise zur Festigung des Gerüstes wesentlich bei. Bei der Beschreibung der Septa ist auf diese Verhältnisse näher eingegangen worden, Etwas andere Befunde ergeben sich im Mark. Die Gefäßfasern verzweigen sich vielfach, sie treten miteinander in Verbindung und bilden ein dichtes Gewebe um die Gefäße herum. Andererseits dringen auch die Septa bis ins Mark vor und lösen sich dort zum Teil fächerförmig auf. Die Fasern haben einen geraden Verlauf und lassen sich auf weite Strecken verfolgen. Sie verbinden sich mit den Gefäßfasern und können ein Netzwerk ausbilden. Feinere Verhältnisse sind an Schnitten trotz der größeren Sichtbarkeit des Reticulum nicht gut erkenntlich. Eine Analogie mit der Struktur des Rindengerüstes kann man bloß vermuten. Das er- gibt sich denn auch in der Tat beim Studium von Isolations- präparaten. In vielen Fällen findet man in den Zellfortsätzen und Zellen starke Fasern eingelagert (Fig. 18). Weniger haben wir es hier mit feinen Fibrillen zu tun. Die Kerne bilden sich meist zurück und liegen als kleine, dunkle Gebilde den Fasern an. Ueber die Faserverteilung im Läppchen geben auch die Ver- dauungspräparate Aufschluß. Das Mark ist bedeutend reicher an Bindegewebe als die Rinde. Die Fasern liegen meist in der Um- gebung des Septum und der Gefäße, wo sie ein unregelmäßiges Netzwerk hervorbringen können. Es fragt sich nun, welcher Natur die Reticulumfasern der Thymus sind. Die stärkeren Fasern sind zweifellos mit kollagenem Gewebe nahe verwandt. Sie färben sich intensiv mit den spezi- fischen Bindegewebefärbungen, bleiben unverändert in Trypsin und quellen auf unter Einwirkung verdünnter Essigsäure. Etwas anders verhält es sich mit den feinsten der wahrgenommenen Fibrillen. Trypsin löst sie auf, und in Essigsäure werden sie in kurzer Zeit vollkommen blaß, was beides Eigenschaften plasmatischer Sub- stanzen sind. Eigentümlich ist ihre Färbbarkeit. Kernfärbungen lassen sie unberührt. Eosin, Eosin-Orange, Lichtgrün tingieren das Reticulum recht schwach, ohne dabei irgendwelche besondere . Bildungen hervortreten zu lassen. Bei Behandlung mit Binde- gewebsfärbungen, wie das Hämatoxylin von MALLORY, HEIDEN- HAINSche Stückfärbung, lassen sie sich bei andauernder Färbung herausdifferenzieren. Dadurch wird ihre nahe Verwandtschaft mit 168 H. Mietens, bindegewebigen Elementen gekennzeichnet, wie auch durch den Umstand, daß alle Fibrillen mit den Bindegewebsfasern des Septum und der Gefäße in Verbindung stehen. Es liegt der Schluß nahe, daß wir es hier mit einer Vorstufe der kollagenen Fasern zu tun haben. Vergleicht man Schnitte durch die Thymus von Tieren derselben Art, aber verschiedenen Alters, so ist ein größerer Reichtum an Fasern bei älteren Individuen ganz unverkennbar. Auch hier sind die Fasern inselartig um die Gefäße herumgelagert, doch ist die Ausdehnung dieser Inseln weit beträchtlicher, als bei jungen Tieren. Es ist unschwer festzustellen, daß die Faser- richtung mit der der Reticulumbälkchen zusammenfällt; sehr oft kommt es zu regelrechten Netzbildungen. Es geht also im Reti- culum meiner Meinung nach eine fortwährende Umsetzung der plasmatischen in bindegewebige Fasern vor sich. Bei allen untersuchten Tierarten wies das Reticulum im all- gemeinen keine namhaften Unterschiede auf. Ich kann die An- gabe AFANASSIEwsS nicht bestätigen, der das Reticulum der Rattenthymus aus Zellen, ähnlich den bekannten Sehnenzellen im Schwanz des Tieres, bestehen läßt. Solche Gebilde kommen auch bei anderen Arten, namentlich im Marke vor, sind aber immer in nur geringer Quantität vorhanden. Fassen wir die Befunde kurz zusammen, so ergibt sich folgendes: 1) Das Thymusreticulum besteht aus Rinde und Mark, die verschieden gebaut sind, und kontinuierlich ineinander übergehen. 2) Es ist aus zwei Hauptbestandteilen zusammengesetzt: einem Netz von miteinander anastomosierenden Zellen und binde- gewebigen Fasern. In allen Lebensaltern prävaliert der zellige Teil. Die Fasern gehen von den Septa und der Adventitia der Läppchengefäße aus und wachsen in die Balken und Zellen des Reticulum hinein auf Kosten des Protoplasma!). Sie verzweigen sich gemäß der Balkenrichtung. 3) Die Rinde zeichnet sich aus durch regelmäßige Anordnung und Feinheit der sie zusammensetzenden Bälkchen. Die Maschen fassen in der Regel nur wenige Rundzellen. Die Kerne sind von wenig Protoplasma umgeben und lagern in weiten Abständen von- einander, Fasermenge gering. 1) Eine ähnliche Anschauung hat WALDEYER in einer münd- lichen Aeußerung an Aranassızw geäußert. WALDRYER läßt jedoch das ganze Reticulum aus Fasern bestehen, was nicht der Fall ist. Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 169 4) Das Mark besteht aus Zellen, die nahe beieinanderliegen und meist einen deutlichen Zelleib besitzen. Ihre Fortsätze sind sind stark und bilden ein unregelmäßiges, weitmaschiges Netz. Die Kerne sind meist größer als in der Rinde. Die Zellen können verschieden epithelartigen Bildungen Ursprung geben. Fasern oft in großer Anzahl vorhanden. Das Markreticulum zeichnet sich durch große Variabilität aller seiner Bestandteile aus. 5) Die Läppchengefäße werden gebildet von einer Endothel- wand, der eine bindegewebige Adventitia anliegt. 6) Die Septa werden gebildet von 1) dichtgedrängten, binde- gewebigen Fasern mit platten Kernen; 2) elastischen Fasern; 3) glatten Muskelzellen. Sekundär kann auch das Reticulum an ihrer Bildung teilnehmen. Sie sind in der Umgebung der Gefäße am stärksten entwickelt. III. Involution. Bei dem schon um die Zeit der Geburt beginnenden Schwund des Organes kommen verschiedene charakteristische Prozesse zur Geltung. Der am meisten in die Augen fallende Vorgang ist die fettige Umbildung. Durch das wuchernde Fett wird das Parenchym in einzelne Inseln verteilt, die immer kleiner werden. Beim Menschen sind noch in hohem Alter solche Reste erhalten, wie WALDEYER zuerst hervorhob. Die Fettbildung geschieht nach Hıs, WATNEY, AFANASSIEW, WALDEYER, HAMMAR nur im peri- lobulären Bindegewebe. SuLTAn läßt sie auch im Innern der Läppchen vor sich gehen. Im Parenchym wird eine Vermehrung des Bindegewebes bemerkbar, die von AFANASSIEW, WATNEY, JACOBI u. a. auf eine aktive Wucherung desselben zurückgeführt wird. HAmMAR meint, daß die Vermehrung nur durch Retraktion des Bindegewebes um das verkleinerte Läppchen und in seinem Inneren hervorgerufen ist. MAURER, PRYMmAK, NUSBAUM und MACHOWSKI, HAMMAR betonen, daß bei der Involution eine ver- stärkte Auswanderung der Rundzellen stattfindet. Die Reticulum- zellen legen sich dabei nach HAmmAr aneinander, wodurch ein epithelartiges Aussehen erreicht wird. Auch SuULTAn und LoOcHTE haben ähnliche Befunde gehabt. Eigene Ergebnisse. Die Rundzellen schwinden größtenteils und bleiben nur in einzelnen scharf umschriebenen Parenchym- inseln erhalten. Das Reticulum der verödeten Bezirke geht Wand- 170 H. Mietens, lungen ein. Die Kerne vergrößern sich stark, wobei das Chromatin spärlich wird. Die Plasmabälkchen schwinden und die Zellen rücken dicht zusammen. Schließlich bilden sie eine zusammen- hängende Masse ohne sichtbare Zellgrenzen, in der Kerne ein- gelagert sind. Mit HAmmar sehe ich den Grund dieses Vorgangs in der Schrumpfung des Reticulum, das keine Rundzellen mehr in seinen Maschen enthält. Häufig findet in den Zellen ein körniger Zerfall statt. Die charakteristische Randschicht aus reihenförmig angeordneten Kernen fand sich ganz besonders schön in der menschlichen Thymus ausgebildet (Fig. 33). Mitten in den degenerierenden Bezirken liegen Höhlen mit einem Detritus gefüllt und oft von epithelartigen Zellen umkleidet. Das Läppchen ge- winnt dadurch zum Teil ein an frühere embryonale Zustände erinnerndes Aussehen, um so mehr, da der Unterschied von Rinde und Mark vollkommen schwinden kann !). Je nach der Tierart haben die epithelioiden Zellen eine un- gleiche Ausbreitung. Beim Menschen waren sie am reichlichsten vorhanden, ferner auch bei der Katze, Meerschweinchen, Ratte. Dagegen fehlten sie vollkommen beim Rind. Auch bei ganz alten Tieren zeigten die Parenchymreste das charakteristische Aussehen von adenoidem Gewebe. Eine verstärkte Bindegewebsbildung in der schwindenden Thymus wird von HAmmar geleugnet. Ich muß mich jedoch der alten Ansicht anschließen. Bei dem oben geschilderten Gefäß- zerfall, der gerade bei der Involution stark im Gange, ist eine Wucherung der Adventitiafasern eine Hauptbedingung. Auch in Bezirken, wo das Gewebe noch anscheinend normal erhalten, ist eine Faservermehrung unverkennbar. Zweifellos aber findet da- neben auch eine Zusammenziehung des bereits vorhandenen Binde- gewebes statt. Bei alten Tieren sieht man die den Gefäßen anliegenden Be- zirke verwüstet durch wucherndes Bindegewebe; die Rundzellen sind gänzlich geschwunden und zwischen den epithelartigen Zellen verlaufen in Masse Fasern, begleitet von länglichen Kernen. Unter 1) Daß die epithelartigen Zellen zum Teil wenigstens als um- gewandelte Reticulumzellen zu deuten sind, beweisen die zahlreichen Uebergangsformen zu unveränderten verzweigten Zellen. Es ist aber nicht unmöglich, daß auch die Rundzellen eine epithelioide Umwandlung eingehen können. Jedenfalls sind ihre Kerne häufig größer und der Zelleib stärker ausgeprägt, als es in jungen Thymus der Fall. Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 171 den letzteren wechseln große, helle Formen mit kleinen, stäbchen- förmigen, intensiv färbbaren Gebilden ab. Allem Anschein nach liegen hier verschiedene Umwandlungsformen der Zellen unter Einfluß von Bindegewebswucherung vor. Ob diese länglichen Kerne als Endothelzellen oder Reticulumelementen zugehörig angesehen werden müssen, läßt sich nicht entscheiden. Das Fett kann sowohl inter- als intralobulär entstehen. In den Septa entsteht es in Zellen mit deutlich abgegrenztem Zelleib (gewöhnlich in der Nähe des Kernes). Intraparenchymatös treten Fettropfen in den epithelioiden Zellen auf. Dabei ist es unmöglich, den Kern der fettbildenden Zelle genau zu bestimmen. Oft findet man Fettröpfchen in einer größeren Strecke ganz kernfreien Plasmas liegen. Die Fettzellen liegen meist gruppenweise. Bilder sowohl inter- als intralobulärer Fettbildung fand ich be- sonders deutlich in der menschlichen Thymus, ferner bei der Katze. Bei verschiedenen Arten scheint der Prozeß nur interlobulär vor sich gehen zu können, so beim Rind, Meerschweinchen, Kaninchen. Eine eigentümliche Art der Fettbildung findet statt in der sogenannten Winterschlafdrüse. Wie der Name zeigt, wurde das Organ zuerst bei Tieren mit einem Winterschlaf gefunden, den Chiropteren, einigen Insektivoren und Nagern. Doch kommt es auch bei Arten vor, die eines Winter- schlafs entbehren, so bei Ratten und Mäusen. EcKER fand es bei jungen Kaninchen, Katzen und Hunden. HAmMmAR hebt hervor, daß alles Fettgewebe im Laufe der embryonalen Entwickelung ein mehr oder minder winterschlafdrüsenähnliches Stadium durchläuft und die Winterschlafdrüse somit ein gleichsam auf niederer Ent- wickelungsstufe stehengebliebenes Gewebe darstellt. Bei der Ratte erstreckt sich die Winterschlafdrüse in scharf begrenzten Läppchen an der Rückseite des Körpers vom Hals bis in die Inguinalgegend (HAmmAr). Ich fand wiederholt im peri- glandulären Fett der Inguinalknoten von Ratten und Mäusen die charakteristischen Zellen der Winterschlafdrüse zerstreut. Bei spärlicher Ernährung hat das Organ ein bräunliches Aus- sehen („braunes Fettgewebe“ Hammars); bei verstärkter Fett- bildung wird es heller, wobei das Organ zugleich an Umfang zu- nimmt. Als Untersuchungsobjekt diente namentlich die Ratte, auch die weiße Maus. Es kam in Betracht der der Thymus aufliegende Teil des Organs (Pars thymica), von der Thymus meist durch ein bindegewebiges Septum getrennt. 172 H. Mietens, Der innere Bau des Organs hat mit dem der Thymus manche Berührungspunkte. Es besteht aus eng aneinanderliegenden Läpp- chen, die durch feine bindegewebige Septa getrennt sind. Von den Septa zweigen sich Fortsätze ab, die zwischen den Zellen verlaufen. In den Septa liegen die größeren Gefäße. Wie EHRMANN zuerst gezeigt, ist das Organ reich durchblutet. Jedes Läppchen ist durch- setzt von einem Kapillarnetz. Dieses stammt von Arterien und Venen, die zusammen durch eine Art Hilus ins Läppchen eintreten. Die Kapillare bilden häufig Schlingen um die Zellen und liegen in den ausgehöhlten Rändern derselben. Untersucht man das Organ an schlecht genährten Tieren, am besten zu Beginn des Sommers, so findet man die Läppchen aus großen polygonalen Zellen zusammengesetzt, die eng aneinander- gelagert sind und in ihrer Gesamtheit ein dem Pflasterepithel nicht unähnliches Bild liefern (Fig. 28). Der Zelleib ist gleichmäßig ge- körnt und färbt sich intensiv mit Eosin und Pikrinsäure. Häufig, wenn auch keineswegs immer, sind die Zellen durch bindegewebige Leisten voneinander getrennt. Dazwischen liegen in wechselnder Menge Rundzellen mit einem großen, stark tingierbaren Kern, die mit den kleinen Thymuszellen eine große Aehnlichkeit zeigen und wohl mit ihnen identisch sind. Bei reichlicher Ernährung gehen die Zellen Umwandlungen ein. Im Plasma treten Fetttropfen auf, die das ganze Plasma in einzelne Septa zersprengen. Zuerst nur wenige, erfüllen sie allmählich den ganzen Zelleib. Die Zelle erhält einen wabigen Bau, indem jeder Fettropfen von einer Plasmahülle umschlossen ist. An der Peri- pherie bleibt häufig ein Streifen unveränderten Plasma erhalten, Zentral, von den Bälkchen gestützt und mit wenig Protoplasma umgeben, liegt der Kern. Mit der fortschreitenden Fettimpetion verändert sich meist auch sein Aussehen; er wird größer und die Kernstruktur tritt sehr deutlich hervor (Fig. 32). Die zwischen den Fettzellen liegenden Rundzellen können unter dem zunehmenden Druck eine längliche Form annehmen. Schließlich zersprengen die immer mehr anwachsenden Fett- tropfen die Plasmahüllen und fließen zu einem großen Fettklumpen zusammen; das Plasma und der Kern werden zur Peripherie ver- drängt und das ganze Gebilde erlangt das Aussehen einer typischen Fettzelle. Letzteres Stadium ist bei wohlgenährten Individuen, be- sonders zu Ende des Sommers, sehr verbreitet. Doch bleibt ein Teil des spezifischen Gewebes immer bestehen, so daß man zu- weilen an einem Läppchen alle Entwickelungsstadien der Zellen Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 173 verfolgen kann. Namentlich an der Peripherie kommen die aus- gebildeten Fettzellen häufig vor. Nicht immer geht die Bildung der Fettzellen auf die be- schriebene Weise vor sich. Häufig tritt die völlige Verfettung an noch kleinen Zellen ein, die dann erst intensiv zu wachsen beginnen. Die von AFANASSIEW, EHRMANN, CARLIER, HAMMAR gegebenen Beschreibungen anderer Teile des Organs als die Pars thymica stimmen mit der obigen Schilderung vollständig überein. Von um so größerem Interesse ist die Herkunft der Winter- schlafdrüse. AFANASSIEwW und EHRMANN lassen sie der Hauptmasse nach aus einer gesonderten Anlage entstehen. Später hat HAMmMAR gezeigt, daß das Organ embryonal von fixen Bindegewebszellen seinen Anfang nimmt. Die betreffenden Bezirke sind schon früh durch verstärkte Vaskularisation ausgezeichnet. Die zwischen den Blutbahnen liegenden verästelten Zellen sind zuerst denen des um- gebenden Bindegewebes gleich gestaltet. Bald gewinnen sie ein verändertes Aussehen. „Um den gerundeten Kern herum ist das Protoplasma in einer wenig voluminösen, gerundeten oder unregel- mäßig kantigen Masse gesammelt, von welcher feine, im allgemeinen fadenförmige und reich verzweigte Ausläufer in allerlei Richtungen ausgehen.“ Die Zellen vergrößern sich rasch und liegen schließlich als voluminöse, polygonale Bildungen einander an. Die Fortsätze werden mit dem Wachstum verkürzt, wobei sie größer und plumper werden. Zugleich bildet sich eine Lobulierung der Anlage aus. Bereits in der letzten Zeit des intrauterinen Lebens treten die ersten Fettropfen im Leib der Zellen auf. Eine gesonderte Stellung nimmt die Pars thymica ein. Dieser Teil des Organs bildet sich nach Angaben AFANASSIEWS erst spät und sein Wachstum geht Hand in Hand mit dem allmählichen Schwund der Thymus. ArAnAsSIEw nimmt an, die Pars thymica entsteht aus weißen Blutkörperchen, die, ebenso wie die roten, infolge von Zirkulationsstörungen aus den Gefäßen der Thymus ausgewandert sind. Unter steter Vergrößerung sollen sie in ihren Zelleib Hämoglobinkörnchen von zerfallenen roten Blutkörperchen aufnehmen. Die pigmentierten Zellen legen sich aneinander an und erhalten durch den Druck eine vieleckige Gestalt. In den Zellen entstehen Fetttröpfchen. Somit soll das Organ zugleich fettbildend und auch noch als Sauerstoffreservoir durch Vermittelung des Hämoglobin fungieren. Diese Ansicht begründete AFAnAssIEw auf der intensiven Färb- 174 H. Mietens, barkeit des Zelleibes mit Eosin, das er fälschlicherweise für eine charakteristische Hämoglobinfärbung hielt. Ich untersuchte die Entstehung der Winterschlafdrüse um die Zeit der geringsten Fettimpetion. Diese ist eine sekundäre Er- scheinung und verdunkelt das Bild in außerordentlicher Weise. An den betreffenden Stellen fehlt das bindegewebige Septum und Thymus und Winterschlafdrüse berühren sich unmittelbar. Der Vorgang beginnt damit, daß die Rundzellen zum großen Teil aus den Maschen des Reticulum auswandern. Sie nehmen eine veränderte Form an (Fig. 35 7rz). Uebergangsformen lehren, daß der Zelleib allmählich wächst und eine regelmäßige ovale bis runde Form annimmt. Der Kern bleibt unverändert. Das Plasma färbt sich intensiv, in Pikrinsäure erscheint es dunkelgelb, in Eosin violett. In diesem Stadium zeigen die Zellen eine gewisse Aehn- lichkeit mit kernhaltigen roten Blutkörperchen !) (Fig. 35 Er). Die Reticulumzellen gehen durch allmähliche Umwandlung in Zellen der Winterschlafdrüse über (Fig. 28). Die Zellen rücken näher zusammen, wobei ihre Fortsätze ein Filzwerk bilden. Der Zelleib vergrößert sich und bekommt eine unregelmäßig eckige oder rund- liche Form; er hebt sich von den Fortsätzen deutlich ab. Zuerst in der Nähe des Kernes treten Körnchen auf, bis schließlich der ganze Zelleib damit erfüllt erscheint. Zugleich ändert sich auch seine chemische Beschaffenheit. Während sich die Fortsätze nach VAN GIESON rosa färben, nimmt der gekörnte Teil einen leuchtend gelben Ton an. Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch die Rundzellen an der Bildung der Winterschlafdrüse mitbeteiligt sind. Von den erythro- cytenähnlichen Formen unterscheiden sich andere durch starke Entwickelung des Zelleibes, wobei die Färbbarkeit allmählich um- schlägt. Pikrinsäure färbt sie rein gelb, Eosin rosa. Meist unter- scheiden sich diese Zellen von den umgebenden Reticulumzellen durch ihren dunkleren Kern und die scharfen Umrisse des Zell- leibes. Im Protoplasma ist eine undeutliche Granulierung bemerk- bar. An einzelnen Stellen sind ganze Massen von metamorphosierten Rundzellen in allen Entwickelungsstadien zu sehen. Wahrscheinlich sind es diese Zellen gewesen, die AFAnAssIıEw in der Thymus vom Igel gesehen und als weiße Blutkörperchen, die in ihren Zelleib 1) Prymak hat für die Thymus von Carassia aurata einen analogen Vorgang geschildert. Es soll tatsächlich eine Umwandlung in rote Blutkörperchen vorliegen. Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 175 Hämoglobin aufgenommen haben, beschrieben hat. Daneben trifft man zuweilen auch eosinophile Leukocyten mit polymorphem Kern. Zum Teil jedenfalls zerfallen die metamorphosierten Rund- zellen (Fig. 35 Deg.). Der Zelleib erhält riesige Dimensionen, wobei die Konturen undeutlich werden, die Färbbarkeit schwindet und das Plasma unregelmäßig grob granuliert erscheint. Der Kern wird bläschenförmig, sein Chromatin sammelt sich in einzelne Klümpchen. Schließlich zerfällt die Zelle zu kleinkörnigem Detritus!). Indem die umgewandelten Parenchymzellen sich eng an- einanderlegen, wird ihre Form durch den gegenseitigen Druck polygonal. Der Zelleib fährt fort zu wachsen, seine Granulierung ist nun scharf ausgeprägt. Zwischen den einzelnen Zellen sind noch häufig die leistenartigen Zellfortsätze sichtbar. Nicht selten fließen einzelne Zellen zusammen. Dabei können die Kerne der riesigen Gebilde entweder ganz schwinden, oder sie bleiben in Form von kleinen intensiv färbbaren Brocken erhalten. Bereits früh sind im Protoplasma einzelne Fettröpfchen sicht- bar. Die Zellen treten zu Inseln zusammen; dazwischen liegen breite Strecken filzartigen Gewebes mit einzelnen Kernen. Mit der fortschreitenden Volumvergrößerung seitens der Zellinseln werden diese Partien zusammengepreßt und erscheinen als Septa der neugebildeten Läppchen. Außer bei Ratte und Maus fand ich typische Winterschlaf- drüsenzellen in allen Stadien der Fettimpletion vereinzelt in der Hammelthymus, wo ihre Abstammung von Reticulumzellen außer- ordentlich deutlich zu verfolgen war. Die einzelnen Teile der Winterschlafdrüse bilden sich somit aus grundverschiedenen Anlagen. Ein großer Teil ist mesenchyma- tösen Ursprungs, wie HAMMARs Untersuchungen lehren; die Pars thymica dagegen in letzter Linie epithelialer Natur. In beiden Fällen geschieht die Umwandlung auf eine recht ähnliche Weise. Ein analoger Prozeß findet auch bei der Bildung des gewöhnlichen Fettgewebes statt; dieses kann in der Thymus sowohl in den Septa, als in den umgewandelten Parenchymzellen entstehen. 1) Es können also, wie bei der epithelioiden Umwandlung der Thymus anscheinbar beide Zellarten des Parenchyms an der Bildung der Winterschlafdrüse teilnehmen, Diese Erscheinung spricht für die gleiche Natur sowohl der fixen Reticulumzellen als der beweg- lichen Rundzellen. 176 H. Mietens, Zusammenfassung. 1) In dem sich zurückbildenden Organ wird das Reticulum häufig epitheloid umgewandelt. Das Läppchen bekommt dadurch ein an frühere embryonale Zustände erinnerndes Aussehen. 2) Bindegewebe bildet sich in verstärktem Maße. Die Wuche- rung geht namentlich von der Gefäßadventitia der zerfallenden Läppchengefäße aus. 3) Die Fettbildung geschieht sowohl inter- als intraiobulahl Im letzten Fall entsteht das Fett im Protoplasma der epitheloiden Zellen. 4) Bei einigen Tieren geben die Parenchymzellen der Pars thymica der Winterschlafdrüse den Ursprung. Einige Worte über die Bedeutung der eosinophilen Leuko- cyten in der Thymus, auf deren häufiges Vorkommen zuerst SCHAFFER hingewiesen hat. Ganz unbedeutend bei jungen Tieren, wächst ihre Anzahl in dem sich zurückbildenden Organ. Dieser Umstand deutet von vornherein auf einen kausalen Zusammenhang mit Zerstörungsprozessen im Inneren des Organs. In der Tat sammeln sich die Leukocyten dort an, wo ein Bezirk der Rück- bildung unterliegt und lösen das Gewebe allmählich auf. Fig. 27 ist einem Schnitt durch die Rattenthymus entnommen. dg ist eine bindegewebige Masse, die wahrscheinlich der Winterschlafdrüse entstammt. Durch eingewanderte Leukocyten wird sie zerstört. Es entstehen Höhlen, in deren jeder ein resp. mehrere weiße Blutkörperchen liegen, deren Zelleib von stark acidophilen Granula erfüllt ist. Der Kern ist oft polymorph. Die Höhlen vergrößern sich nach innen zu und fließen schließlich zusammen. Die Reste des Gewebes werden durch die massenhaft angesammelten weißen Blutkörperchen vernichtet. IV. Thymus- und Lymphdrüsenretieulum. Es finden sich in der Literatur zahlreiche Versuche, sowohl von physiologischen als anatomischen Gesichtspunkten, die beiden Organe aufeinander zu beziehen. AFANASSIEwW, Hıs, FLEMMING, PrenAant finden Anklangspunkte in ihrem Bau und schließen daraus auch auf eine funktionelle Analogie. Hıs und DEMOOR finden speziell das Reticulum der beiden Organe nach demselben Pr Zur Kenntnis des Thymusretieulum etc. 177 Plan gebaut. In neuerer Zeit ist HammAr für die Iymphoide Natur der Thymus eingetreten, sich übrigens mehr auf die Be- schaffenheit der freien Elemente stützend. Andererseits wurde auf die großen Verschiedenheiten im Bau der Organe hingewiesen. Speziell für das Reticulum betonen WATNEY, Hour, HAmmar, daß das Gerüst der ausgebildeten Thymus zum großen Teil aus miteinander anastomosierenden Zellen besteht, während in den Lymphdrüsen sich frühzeitig ein Netz von binde- gewebigen Fasern ausbildet. Am entschiedensten hat sich gegen eine Gleichstellung von Thymus und Lymphdrüsen STÖHrR aus- gesprochen. Thymus und Lymphdrüse „sind absolut verschiedene Organe“. „Die Thymus ist und bleibt ein epitheliales Organ, das mit der Bildung von Leukocyten nichts zu tun hat..“ Durch die grundlegenden Untersuchungen von Hıs wurde für den Bau der Lymphdrüsen ein Schema aufgestellt, das noch bis jetzt seine Gültigkeit behalten, wenn auch spätere Forscher wie Frey, CHIEVITZ, RICHTER, THOME, SCHUMACHER gezeigt haben, daß seine Ausbildung nicht nur bei verschiedenen Tieren, sondern auch in derselben Art in weiten Grenzen schwanken kann. Im all- gemeinen sind, abgesehen von Blutgefäßen und Nerven, drei Haupt- bestandteile vorhanden: 1) die Kapsel mit dem Trabekularsystem, 2) die Lymphbahnen und 3) die eigentliche Drüsensubstanz. Diese zerfällt in die peripher gelegenen Follikel, mit den FLEmmInGschen Keimzentren und die davon ausgehenden Markstränge, welche nach dem Hilus zu zusammenfließen und ein von den Lymphsinus mehr- fach durchbrochenes grobes Netz ausbilden. Die Follikel haben ein bedeutend dichteres Aussehen als die Markstränge, beide gehen jedoch ohne merkliche Grenze ineinander über. Hıs und nach ihm HoraL und Hoyer haben gezeigt, daß auch das Reticulum beider Teile bedeutende Unterschiede in seiner Anordnung aufweist. Die feinere Struktur des Lymphdrüsenreticulums wird ver- schieden aufgefaßt. Die eine Forschergruppe, zu der Hıs, RIBBERT, SAXER, SCHUMACHER gehören, läßt es ganz oder zum Teil aus miteinander anastomosierenden Zellen bestehen. Andere, wie RAnVIER, BIZZOZERO, CARLIER, HOEHL, HoYER, StöHr be- zeichnen es als ein Netz von bindegewebigen Fasern, dem Zellen bloß anliegen. Endlich haben sich Tmuom& und WEIDENREICH (für die Milz) dahin ausgesprochen, daß sich in den Balken des ursprünglich aus verzweigten, miteinander anastomosierenden Zellen bestehenden Netzes Fasern herausdifferenzieren. Ich bemerke im voraus, daß ich mich dieser letzten Ansicht vollkommen anschließe. Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 12 178 H. Mietens, Vergleicht man Schnitte- durch Thymus und Lymphdrüse von jungen Tieren miteinander, so fällt das gleiche adenoide Aussehen der Lymphdrüsenfollikel und der Thymusrinde sofort auf. Die Aehnlichkeit wird dadurch erhöht, daß die einzelnen Lymphdrüsen- follikel meist durch dazwischenliegende Trabekeln voneinander getrennt sind. Es wurden daher auch immer bei den bisher angestellten Vergleichen die Rindenpartien der Organe einander gegenübergestellt. Anders jedoch verhält es sich mit der Marksubstanz der Thymus. In den bisherigen Untersuchungen wird es mit den Keimzentren der Follikel verglichen. Ich glaube, daß diese Gegen- überstellung nicht zutrifft. Auf quergeschnittenen Läppchen er- scheint das Mark zuweilen in Form eines runden hellen Fleckes, der in das Zentrum des Läppchens zu liegen kommt und dadurch mit dem Keimzentrum eine gewisse Aehnlichkeit aufweist. Diese Analogie ist aber rein zufällig, wie auch STÖHR hervorhebt. Das Keimzentrum stellt in der Tat einen der Form nach meist kuge- ligen Zentralteil des Follikels dar und ist allseits von der dunkleren Rindensubstanz umschlossen. Das Thymusmark dagegen zieht sich in Form eines resp. mehrerer weitverzweigter Stränge durch das Organ und steht mit einer großen Anzahl Läppchen in Verbindung, die dem zentralen Teil in Form von ursprünglich kugeligen resp. ellipsoiden Knospen aufsitzen. Das Mark kann ins Innere der Läppchen eindringen, bleibt aber immer mit dem zentralen Strang in Verbindung. Ein weiterer Unterschied zwischen Thymusmark und Keim- zentrum liegt darin, daß im letzteren stets in großer Zahl Kern- teilungsfiguren anzutreffen sind. Anscheinbar geht hier die Ver- mehrung der Elemente in der Hauptsache vor sich. Für die Thymus hat SCHEDEL nachgewiesen, daß die Vermehrung der Rundzellen gerade in der Rinde stattfindet und im Mark nur ver- hältnismäßig wenig Zellteilungen vorkommen. Von Bedeutung ist auch, daß die Keimcentra im Gegensatz zum Thymusmark keineswegs konstante Bildungen darstellen. RıcHTEr hat in 10 Proz. seiner Pferdelymphknoten überhaupt keine nachweisen können und auch sonst sind sie ihrer Zahl und Aus- bildung nach sehr verschieden. Häufiger sind sie beim Rind und am reichlichsten und schärfsten beim Schwein ausgebildet. Aus alledem folgt, daß Keimzentren und Thymusmark Ge- bilde von ganz verschiedenem Wert sind. Weit annehmbarer er- scheint es, die Markteile der beiden Organe miteinander zu ver- Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. ri) gleichen). Beides sind Zentralpartien, denen sich von der Peri- pherie zahlreiche Follikel resp. Läppchen anschließen. In der ausgebildeten Thymus ist das Verhältnis nicht so klar ersichtlich, als es bei den Lymphdrüsen der Fall ist; doch läßt sich durch das Studium der Entwickelungsgeschichte des Organs das einfache Schema leicht herausfinden. Wir werden sehen, daß im Bau der Markteile weitgehende Uebereinstimmungen nachweisbar sind. Die Lymphbahnen sind, obgleich ihr Reticulum sowohl ent- wickelungsgeschichtlich als auch im erwachsenen Zustand mit dem Gerüst der Drüsensubstanz zusammenhängt, dennoch von letzterer scharf geschieden, häufig unter Grenzfaserbildung, wie Verdauungs- präparate lehren. Sie sind gekennzeichnet durch die spärliche Ausbildung ihres Reticulum und ferner durch das Fehlen von Blut- gefäßen, die in der Drüsensubstanz ein deutliches Netz bilden. Im Thymusparenchym sind die Lymphbahnen morphologisch nicht differenziert. Desgleichen fehlen der Thymus vollkommen die Keimzentren, die durch die Rinde vertreten werden. Es ist somit nur ein Teil des gesamten Lymphdrüsengewebes der Thymus vergleichbar, wodurch eine vollkommene Analogie beider Organe von vornherein ausgeschlossen erscheint. Für das richtige Verständnis der histologischen Verhältnisse müssen wichtige Umstände mit berücksichtigt werden. Thymus und Lymphdrüsen haben eine grundverschiedene Ab- stammung. Nach Untersuchungen von SAXER, GULLAND, STÖHR bildet sich das Gerüst und die Kapsel der Lymphdrüsen- und -Knötchen aus verdichtetem embryonalen Bindegewebe ?). In dessen Maschen lagern die freiliegenden Elemente, deren Herkunft nicht bestimmt ist. Lymphbahnen bilden sich später aus. Das Reticulum der Thymus dagegen entwickelt sich aus einer epithelialen Anlage, und das Bindegewebe spielt eine ziemlich untergeordnete Rolle. Es bildet die Septa und gelangt von hier aus nur in Begleitung der Läppchengefäße und in Form einzelner Züge ins Parenchym. Viele Differenzen im Bau beider Organe sind sicher gerade auf diese Stammesverschiedenheit zu beziehen. Dadurch sucht z. B. FLemmınGg das Fehlen der Keimcentra in der Thymus zu er- 1) Unter der Bezeichnung Mark sind in der Lymphdrüse lediglich die Markstränge resp. das aus ihnen hervorgehende Zentral- netz gemeint. 2) RETTeERER leitet ‚das reticulare Gewebe von abgeschnürten Epithelknospen ab. Allem Anschein nach beruht diese Lehre auf Untersuchungsfehlern, wie Sröurs eingehende Kritik gezeigt hat. 12# 180 H. Mietens, klären. Höchst wahrscheinlich ist, daß auch die so verschiedene äußere Gestaltung durch diesen Umstand mitbedingt ist. Die Thymus ist ein Organ, dessen volle Tätigkeitsperiode bei Säugetieren der Hauptsache nach ins fötale Leben fällt. Die Lymphdrüsen gelangen zu ihrer vollständigen Ausbildung wenn die Thymus ihre Funktion zum großen Teil eingestellt hat und sich zurückbildet. Diese Verschiedenheit erschwert den Vergleich in ganz außerordentlichem Maße, denn in keinem Stadium ihrer Entwickelung kann man die Organe rücksichtslos einander gegen- überstellen. Am nächsten liegen die Verhältnisse bei sehr jungen Tieren, wo wir beide Organe als normal funktionierend betrachten können. Jedoch ist dabei nicht zu vergessen, daß es sich seitens der Thymus um ein vollständig entwickeltes Organ handelt, die jungen Lymphdrüsen dagegen noch verschiedene Umwandlungen einzugehen haben. Ein Vergleich zwischen Thymus und Lymphdrüse in vor- geschrittenem Alter ist in nur sehr beschränktem Maße möglich. Es ist jedoch von Wichtigkeit, daß die Involution nicht nur der Thymus eigen ist. ZACHAROW hat gezeigt, daß in hohem Alter auch die Lymphdrüsen sich zurückbilden und ganz analog wie die Thymus durch Bindegewebe und Fett ersetzt werden. Das Fett entsteht aus den Bindegewebs- und Reticulumzellen. Die verschiedene Abstammung der Gerüste macht sich schon beim Vergleich der Septa resp. Trabekel geltend. Von dem die Organe umgebenden Bindegewebe, das sich bei der Lymphdrüse zu einer festen Kapsel verdichtet, gehen Fortsätze ins Innere. Diese sind in beiden Fällen identisch gebaut. Sie bestehen aus bindegewebigen Fasern mit platten Kernen, glatten Muskelzellen und elastischen Fasern. Die Trabekel und das Reticulum der Lymphdrüsen sind eines Ursprungs. Daher sehen wir auch, daß beide direkt in- einander übergehen. Die Entstehung der Trabekel ist an Lymph- drüsen junger Tiere genau zu verfolgen. Im Innern des verdichteten Reticulumstranges beginnt eine Faserbildung, die vom Zentrum des Gebildes zur Peripherie fortschreitet. Die periphere Zellenschicht bleibt am längsten bestehen; mit ihr steht das protoplasmatische Reticulum in kontinuierlicher Verbindung. Von den Trabekeln setzt sich die Faserbildung auch auf die nächstliegenden Reticulum- bezirke fort. — Die Verwandtschaft von Trabekeln und Reticulum offenbart sich auch in der großen Variabilität des Ausbildungs- grades der Trabekel bei verschiedenen Tierklassen. THOME ver- mochte eine Stufenleiter aufzustellen von den Lymphdrüsen des Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 181 Rindes mit stets gut entwickeltem Trabekularsystem bis zu denen der Chiropteren, wo die Follikel lediglich durch die Lympbhsinus voneinander getrennt sind. Dagegen ist in der Thymus, wo die Septa eine dem Reticulum in seiner Anlage fremdes Gebilde darstellen, die Abgrenzung eine recht scharfe. Nur einzelne Fasern können ins Parenchym gelangen. Die Septa bilden im Organ ein zusammenhängendes Netz. Die Thymus der Maus nimmt dabei eine Sonderstellung ein. Die Septenbildung ist sehr schwach; schon nach kurzem Verlauf hören die Septa auf und das dadurch zustande kommende Bild hat mit dem einer Lymphdrüse viel Aehnlichkeit. Analog dem Thymusparenchym ist die Drüsensubstanz der Lymphknoten von einem engen Gefäßnetz durchzogen, das aus den größeren Gefäßen in der Kapsel und Trabekeln herstammt. In ihrem feineren Bau zeigen die Gefäße dieselben Eigentümlichkeiten, wie wir sie bei der Thymus kennen gelernt haben: Endothelwand, Fehlen der Muscularis, bindegewebige Adventitia. In den Maschen des Gefäßnetzes spannt sich das Reticulum aus. Von den Lymphsinus ist es durch eine verdichtete Schicht häufig durch Grenzfasern geschieden. Eine Abgrenzung durch Endothelzellen konnte nicht nachgewiesen werden. . Vergleichen wir ausgeschüttelte Schnitte durch Lymphdrüsen- follikel und Thymusrinde eines jungen Tieres, so ist eine Unter- scheidung kaum möglich (Fig. 15 u. 16). In beiden Fällen besteht das Reticulum aus weitläufig verzweigten, miteinander anastomo- sierenden Zellen. Die Fortsätze sind verschieden stark, in der Hauptsache jedoch von außerordentlicher Feinheit. Sie bilden enge Maschen, in denen sehr häufig nur 1—2 Rundzellen Platz finden können. Vom Septum bezw. Trabekeln und Kapsel gehen Kapillare aus, die im Gewebe ein weitmaschiges Netz bilden. Die Kerne der Reticulumzellen sind in beiden Fällen gleichgroß, hell und weisen eine deutliche Chromatinstruktur auf. Bei älteren Tieren können sie zum Teil geschrumpft und eckig erscheinen, was auf die Vermehrung des Bindegewebes zurückzuführen ist. Der Zell- leib ist leicht gekörnt und im allgemeinen spärlich ausgebildet. Oft gehen die Bälkchen gleichsam direkt vom Kern aus. Von Bedeutung ist das Verhältnis des Reticulums zum Binde- gewebe. Nur bei sehr jungen Tieren ist das Netz rein protoplas- matisch. Zuerst in der Nähe der Gefäße und Septa treten Fibrillen auf, die auf eine in beiden Fällen genau übereinstimmende Weise in den Bälkchen des Reticulum eingelagert sind. 182 H. Mietens, Dieses Verhältnis bleibt auch bei der vollentwickelten Thymus bestehen. Die Fasern lagern meist in der Nähe der Septa und Gefäße, hier ein zuweilen recht enges Netz bildend. In der degenerierenden Thymus gewinnt das Bindegewebe eine stärkere Entfaltung, doch bleibt das Reticulum vorwiegend protoplasmatisch. Bei den Lymphdrüsen dagegen greift die Verfaserung des Follikel- reticulums rasch um sich, so daß schon bei jungen Tieren in allen stärkeren Bälkchen Fasern eingelagert sind. Oft lagern sich dabei die Fasern gemäß der Ausbildung der Keimzentra in konzentrischen Ringen. Bei dieser Verschiedenheit bleibt es von Bedeutung, daß im Prinzip das Verhältnis sowohl in der Thymus als auch in den Lymphdrüsen dasselbe ist. Das Markretieulum ist in beiden Organen nach übereinstimmen- dem Plane gebaut (Fig. 24 u. 25). Es lassen sich ohne Schwierig- keit gemeinsame Merkmale aufstellen, die es von der Rinde unter- scheiden. Solche Merkmale sind: a) Beschaffenheit des Gewebes. Auch hier besteht das Reti- culum aus miteinander anastomosierenden Zellen, doch ist das Gewebe viel gröber als in der Rinde. Die feinen Bälkchen schwinden fast ganz und das Netz ist aus starken, protoplasma- reiche Fortsätzen gebildet. Auch die Kerne sind meist von beträchtlichen Protoplasmamengen umgeben. Während in der Rinde die feinen Bälkchen faserfrei bleiben, sind in den Zellen bezw. Zellfortsätzen des Markes frühzeitig Fasern eingelagert. Dadurch erhält es eine bedeutende Festigkeit. Der Prozeß der Faserbildung geht in übereinstimmender Weise vor sich. Im Leib der Reticulumzelle bezw. im Balken erscheint eine Fibrille, die zuweilen gabelförmig den Kern umgreift und in der Richtung des Balkens verläuft. Allmählich wächst die Fibrille auf Kosten des Protoplasmas zu einer kräftigen Faser aus, wobei die plasmatische Hülle ganz schwinden kann. Dementsprechend ver- halten sich auch die Kerne. Erst sind sie denen der Rinde gleich, meist runde, helle, mit einem deutlichen Chromatingerüst versehene Gebilde. Mit der fortschreitenden Faserausbildung schrumpfen sie und werden schließlich zu kleinen eckigen Gebilden, die den Fasern anzuliegen scheinen und beim Mazerieren leicht verloren gehen (Fig. 29, 30; Fig. 18, 19). b) Ausbildung des Netzwerkes. Während die Rinde eine erstaunliche Feinheit und Regelmäßigkeit ihrer Maschen zeigt, zeichnet sich das Mark gerade durch das ungeordnete Durch- Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 183 einander seiner Bestandteile aus. Immer aber sind die Maschen bedeutend weiter als in der Rinde. c) Im Mark herrscht eine große Variabilität, sowohl was die Form der Zellen, als auch was den Bau des Netzes anbetrifft. Oft können die Zellen zu syncytialen Bildungen zusammenfließen. Für die Thymus wurde solcher Bildungen bereits Erwähnung ge- tan. In den Lymphdrüsen des Macacus rhesus hat SCHUMACHER ein besonderes „Zwischengewebe“ aus unregelmäßig polygonalen, großen, epithelartigen Zellen geschildert, die ohne Lücken an- einander schließen. Beim Menschen, bei der Katze wurden sie gefunden. Ich fand sie auch in den Marksträngen der Rinds- lymphdrüsen. Mit Esser und 'THomE bin ich der Ansicht, daß diese Zellkomplexe auf zusammengeballte Reticulumzellen zurück- zuführen sind. Das Markreticulum ist bei verschiedenen Tieren ungleich aus- gebildet. Sehr regelmäßig fand ich die Maschen der Markstränge beim Hammel, den Gegensatz davon in den Lymphdrüsen des Rindes. Die Entwickelung aus einer Epithelknospe macht sich auch in der Gestaltung des Thymusmarkes geltend. Die Zellen liegen näher aneinander, als es in den Lymphdrüsen der Fall ist, und dem- entsprechend sind auch ihre Fortsätze massiger. Den Lymphdrüsen fehlen vollkommen die epithelioiden Bildungen der Thymus, wie Flimmer- und Epitheleysten, Riesenzellen und HassArsche Körper- chen. Auch syncytiale Bildungen sind in der Thymus häufiger. Der Hauptunterschied jedoch zwischen Lymphdrüsen und Thymusreticulum bleibt der bei weitem größere Faserreichtum der ersteren. Es entspricht der epithelialen Natur der Thymus, daß das Bindegewebe in ihr keine bedeutende Ausdehnung erhalten kann. Wie wiederholt hervorgehoben, bleiben die Fasern stets in nahem Zusammenhang mit den Septa und namentlich der Gefäß- adventitia. Auch die größere Fasermenge des Thymusmarkes im Vergleich zur Rinde ist, wenigstens zum Teil, auf das dichtere Gefäßnetz im Mark zu beziehen. Es sei zum Schluß darauf hingewiesen, daß die obige Schilde- rung des Reticulum namentlich auf dem Studium von Isolations- präparaten beruht. Für die Beurteilung der feineren Reticulum- verhältnisse eignen sich Verdauungspräparate, wie sie HoEHT und HoyEr vorzüglich gebraucht haben, weniger. Die vielen faser- losen Bälkchen, die in.den Rindenpartien prävalieren, werden verdaut, so daß das zustande kommende Bild den wirklichen Ver- hältnissen keineswegs entspricht. 184 H. Mietens, Zusammenfassung. 1) In Thymus und Lymphdrüsen lassen sich Rinde- und Mark- reticulum unterscheiden, die kontinuierlich ineinander übergehen. 2) Das Reticulum besteht aus miteinander anastomosierenden Zellen, mit darin eingelagerten Fasern. 3) Das Reticulum der Thymusrinde ist namentlich bei sehr jungen Tieren dem der Lymphdrüsenfollikel seiner Gestaltung nach vollkommen gleich. Beide bestehen aus einem feinen gleich förmigen, engmaschigen Netzwerk mit darin eingestreuten Kernen. 4) Das Markreticulum in beiden Organen unterscheidet sich von der Rinde durch folgende gemeinsame Merkmale: a) gröbere Reticulumbälkchen, b) stärkere Verfaserung, c) größere Maschenweite, d) Variabilität der Bestandteile. 5) Das Reticulum der Lymphdrüsen unterscheidet sich von dem der Thymus durch stärkere Faserentwickelung. Speziell im Thymusmark liegen die Zellen näher aneinander und dementsprechend sind die Balken protoplasmareicher als in den Marksträngen. 6) Die Trabekeln und Septa sind aus denselben Elementen zusammengesetzt. Die Trabekeln gehen ins Reticulum der Lymph- drüse kontinuierlich über. Die Septa der Thymus sind vom Reti- culum scharf geschieden. 7) Die Gefäße zeigen einen analogen Bau. Somit hat das Thymusreticulum in seinem Bau mit dem der Lymphdrüsen viele Uebereinstimmungen. Das Rindenreticulum ist seiner Gestaltung nach dem der Follikel identisch, auch an den Markteilen der Organe ist eine Aehnlichkeit nicht zu verkennen. Bedenkt man, daß beide Organe grundverschiedenen Ursprunges sind, daß auch die verschiedene Funktionszeit nicht ohne Einfluß auf den Bau sein kann, so lassen sich die vorhandenen Unter- schiede, zum Teil wenigstens, erklären. Die trotz alledem so augenfällige Analogie im Bau der Reticula kann aber nur durch Funktionsähnlichkeit bedingt sein. Diese Annahme wird durch die übereinstimmende Beschaffen- heit der im Reticulum beider Organe enthaltenen Elemente ge- stützt. In der Hauptsache handelt es sich hier um kleine Zellen mit einem großen, runden Kern, dessen Chromatin zu einem Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 185 Klumpen zusammengeballt ist. An Isolationspräparaten sieht man, daß das Protoplasma in kleinen Häufchen dem Kern anhängt. Vergleichende Messungen haben ergeben, daß die Größe dieser Elemente in beiden Organen im ganzen dieselbe ist. Nach HAmmAR haben die Rundzellen der Thymus wie typische Gefäßlymphocyten ein basophiles Plasma. Demselben Forscher ist es gelungen, bei den Rundzellen der Froschthymus amöboide Beweglichkeit zu be- obachten. RUDBERG schildert die große Empfindlichkeit der Zellen der Röntgenbestrahlung gegenüber; genau dasselbe Verhalten zeigen die Lymphocyten des Körpers. Die möglicherweise verschiedene Abstammung der betreffenden Zellen spricht nicht gegen die Möglichkeit einer funktionellen Analogie, wie wir denn auch eine Analogie in der verschiedenen Abstammung des Fettgewebes besitzen. Um wirkliche, unbeweg- liche Epithelzellen, wie es scheinbar StÖHrR sich vorstellt, handelt es sich sicher nicht. Ihr Zusammenhang mit dem Reti- culum ist ziemlich locker, und es gelingt leicht, größere Partien desselben ohne weitgehende Beschädigungen freizulegen. Ferner habe ich wiederholt eine Ueberschwemmung des perilobulären Ge- webes durch Rundzellen feststellen können. Eine Verwechselung mit einwandernden Leukocyten war ausgeschlossen, die Zellen waren in ihrem Aeußeren mit dem typischen Thymusrundzellen identisch. In der Deutung des Befundes stimme ich mit HAmMAR vollkommen überein. Daß Thymus und Lymphdrüsenzellen funktionell nicht voll- kommen gleichwertig sind, zeigen die Untersuchungen Bangs, der chemische Verschiedenheiten in ihrer Zusammensetzung nachge- wiesen hat. Bei den vielen Differenzen in der Beschaffenheit beider Organe war ja auch eine vollkommene Gleichheit der Elemente von vornherein nicht anzunehmen. Jedenfalls bleibt in der Bedeutung der Thymus vieles dunkel. Durch die Untersuchungen von CALZOLARI, HENDERSON, SEYDEL, Hansen u. a. sind merkwürdige Beziehungen der Thymus zu Ge- schlechtsorganen, zum allgemeinen Ernährungszustand des Körpers festgestellt worden. Wie weit sich die funktionelle Analogie zwischen Thymus und Lymphdrüse erstreckt, läßt sich auf Grund bloß morphologischer Befunde vorderhand nicht entscheiden. 186 H. Mietens, Benutzte Literatur. Aranassımw, Ueber die konzentrischen Körper der Thymus. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 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ZACHAROw, Zur Frage über die Veränderungen der Lymphdrüsen im Greisenalter, St. Petersburg 1891. Ein reichhaltiges Literaturverzeichnis über Thymus findet sich bei Gmıka (bis 1901). Desgleichen über Winterschlafdrüse bei HAnmAR. 190 H. Mietens, Erklärungen der Abbildungen. Tatolı 7. Fig. 1. 7% Thymus, Thyr Schilddrüse, EBg Bindegewebe, vas Gefäße. Ratte. Van Gieson. Vergr. 450. Fig. 2. Rechter Thymusstrang. EBg embryonales Bindegewebe, vas Gefäß im Parenchym. Kalb 6,5 cm. Van Gıeson. Vergr. 450. Fig. 3. Thymus. Verzweigter Markstrang mit Rindenknospen. Die Ausbreitung der Rinde geht Hand in Hand mit dem Vordringen der Septa. Kalb 32 cm. Van Gısson. Vergr. 30. Fig. 4. Thymus. Bildung der HAssaLschen Körperchen. a Riesen- zelle, in deren Leib bereits eine Fibrillierung sichtbar ist. Die nahe- liegenden Reticulumzellen (Rz) werden in den Körper miteingezogen. c Höhle im Inneren mit stark färbbarem Detritus. Mensch. VAn GIEson. Vergr. 450. Fig. 5. Thymus. Septum mit darin liegenden Blutgefäßen und Rundzellen. Diese werden von Faserschlingen umgriffen und de- generieren. vas Gefäß ins Parenchym eindringend. Septalfasern bilden eine Adventitia. Kalb. MaArrory. Vergr. 450. Fig. 6. Thymuskapsel. Bg Bindegewebe mit Kernen. Ms glatte Muskelzellen. Kalb. Van GıEson. Fig. 7. Thymus. Septum (Sp) entsendet Fasern ins Parenchym. Diese sind von einem hellen Saum umgeben, von dem aus Reti- culumbälkchen (Rb) entspringen. HeıpennAmsche Methode. Kalb. Vergr. 450. Fig. 8. Dasselbe. Vergr. 600. Fig. 9. Thymus. Gefäß, das ein Netz von feinen Fibrillen zeigt. End Kern der Endothelzelle, Er deformierte Erythrocyten. Ochs. MarrvoryY. Vergr. 450. Fig. 10. Thymus. Gefäßzerfall. Die Fasern bilden ein ziem- lich enges Netz, das mit der Gefäßadventitia in Zusammenhang steht. Wo keine Gefäße zu sehen sind, ist das Gebiet faserfrei. Deg Zellen in Zerfall. Ochs. Marvory. Fig. 11. Thymus. Gefäßzerfall. Die Wand des Gefäßes bildet Aussackungen und weist Lücken auf. Im Lumen liegen Rundzellen (Trz) neben Erythrocyten (Er). Kalb. Maırtory. Vergr. 600. Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. 191 Fig. 12. Thymus. Gefäßzerfall. Die Fasern bilden kon- zentrische Kreise um den Gefäßstamm. End gewucherte Endothel- zellen, #r Erythrocyten. Die Fasern umgreifen einzelne Parenchym- bezirke schlingenartig, wobei die Zellen degenerieren. Mensch. Martory. Vergr. 600. Fig. 13. Thymus. Gefäß mit mehrschichtiger Wandung. Er Erythrocyten, End Endothelkerne. Mensch. Eosinhämatoxylin- fuchsin. Vergr. 450. Fig. 14. Reticulum der Thymusrinde mit zum Teil ausgepinselten Maschen. Rz Reticulumzellen von wenig Protoplasma umgeben, Bg bindegewebige Faser, die an Gabelungsstellen durch eine Proto- plasmahülle verläuft. Bei a feineres Maschennetz erhalten. Kalb. Fix. Pikrinsäure. Hämatoxylin nach Hansen. Tarorl® Fig. 15. Thymus. Reticulum der Rinde. $p Septum, vas Ge- fäß mit Adventitia, von der Fasern (Bg) ausgehen. Rz Reticulum- zellen. Kalb. HeıpenHarmsche Methode. Vergr. 450. Fig. 16. Reticulum der Lymphdrüsenfollikel. Bezeichnung wie oben. Fig. 17. Thymus. Gefäß mit anliegender Reticulumzelle (Rz). Von der Gefäßadventitia gehen Fasern aus, die den Kern gabel- förmig umgreifen und oberhalb desselben zusammenfließen. Kalb. MaAurtory. Vergr. 600. Fig. 18. Reticulumzelle aus dem Thymusmark mit einliegender Faser. Kalb. Herıpensarssche Methode. Vergr. 600. Fig. 19. Thymus. Verfasertes Reticulum. Pl einzelne er- haltene Protoplasmabälkchen, Rz degenerierende Reticulumzelle von Fasern eng umschlossen. Ochs. Pikrinsäure. MAarzory. Vergr. 600. Fig. 20—21. Thymus. Reticulumzellen mit eingelagerten Fasern. Kalb. HkipenHAamsche Methode. Immersion. Fig. 22. Dasselbe. MaArLorr. Fig. 23. Thymusrinde In den Bälkchen sind zum Teil Fibrillen sichtbar. Rz Reticulumzelle. Kalb. He£ıpenHArnsche Methode. Immersion. Fig. 24. Lymphdrüse. Markstrang. Reticulum zum Teil ver- fasert. Kalb. HeıpenHarssche Methode. Vergr. 600. Fig. 25. Thymusmark. Reticulum. vas Gefäß, Bg Faser von einer Plasmahülle umgeben. Bei a starke Protoplasmabälkchen einem Gefäß anliegend. Kalb. Hrıpentarssche Methode. Vergr. 600. Fig. 26. Thymus. Gefäß mit davon ausgehender Faser, die von einer basal verdickten Protoplasmahülle umgeben ist. Kalb. MaArrtorv. Immersion. Fig. 27. Winterschlafdrüs. dg degenerierendes Gewebe, E.L. eosinophile Leukocyten bilden Höhlen im Inneren des Ge- webes. Ratte. Hämatoxilin-Eosin. Vergr. 450. Fig. 28. Winterschlafdrüse. Reticulumzellen (Rz) gehen in gekörnte Drüsenzellen (Wz) über. Dazwischen umgewandelte Rund- zellen. F' Fettröpfchen. Ratte. Van GiEson. Vergr. 450. 192 H. Mietens, Zur Kenntnis des Thymusreticulum etc. Fig. 29. Lymphdrüse. Isolierte Faserzellen. Kalb. Mautory. Vergr. 450. Fig. 30. Dasselbe. Ochs. HeıpenHArssche Methode. Vergr. 600. Fig. 31. Thymus. Bild aus dem Mark. Bei @ Anfangsstadium eines Hassauschen Körperchens. In der protoplasmatischen Masse ist eine Fibrillierung erkennbar. Kalb. Van Gızson. Vergr. 450. Fig. 32. Winterschlafdrüsenzellen in verschiedenen Stadien der Fettimpletion.e a unveränderter Protoplasmasaum, 5b Rundzellen. Ratte. Eisenhämatoxylin-Fuchsin. Vergr. 450. Fig. 33. Thymus. Randschicht mit parallel gestellten epithel- artigen Kernen. R Riesenzellen, F' Fetteysten. Eisenhämatoxylin- Fuchsin. Vergr. 450. Fig. 34. Thymus. Gefäß und anliegende Reticulumzelle, die einen Fortsatz entläßt. Ungefärbt. Vergr. 450. Fig. 35. Thymus. Trz metamorphosierte Thymusrundzelle in verschiedenen Umwandlungsstadien. Deg degenerierende Thymus- rundzelle, Zr kernhaltige rote Blutkörperchen von einem Ratten- embryo. Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. Von Hans Otto aus Oeslau, S.-Coburg. Hierzu Tafel 9 und 28 Figuren im Text. Einleitung. Während es über die Schuppen der Knochenfische eine große Literatur gibt, ist über die Schuppen der Reptilien nicht viel ge- schrieben worden. Insbesondere sind die merkwürdigen Knochen- schuppen und die sonstigen Verknöcherungen, welche in der Haut mancher Saurier vorkommen, bisher nur unvollkommen bekannt geworden. Wohl hat der Altmeister der Histologie FrAnz LEyDIG schon vor nahezu 50 Jahren auf diesem Gebiet eine Reihe grund- legender Beobachtungen veröffentlicht, aber neuere Arbeiten, welche die moderne Technik benutzen, liegen nicht vor, was vielleicht damit zusammenhängt, daß die knöchernen Gebilde der Anwendung der Schneidetechnik besondere Schwierigkeiten entgegenstellen. In den Jahren 1906 und 1907 arbeitete Herr A. Hase im Zoologischen Institut zu Jena über die Schuppen der Knochenfische und behandelte sowohl ihren Bau und ihre embryologische Ent- wickelung als auch ihren phylogenetischen Ursprung (Jen. Zeitschr., Bd. XLII, 1907, p. 607—668. Mit 3 Tafeln). Meine Arbeit schließt sich in gewissem Sinne an diejenige von Hase an, da ich die Schuppen der Reptilien in ähnlicher Weise studiert habe. Herr Prof. Dr. H. E. ZIEGLER schlug mir vor, mich mit diesem Thema zu beschäftigen und insbesondere darauf zu achten, ob die bei manchen Sauriern vorkommenden Knochenschuppen sich mit denjenigen der Dipnoer und Teleostier vergleichen lassen. Meine Untersuchungen beziehen sich teils auf Ascalaboten, teils auf Brevilinguier; insbesondere auf solche Gattungen, welche in den Schuppen Cutisverknöcherungen besitzen. Während meiner ganzen Studien auf diesem Gebiete wurde ich von Herrn Prof. Dr. H. E. ZIEGLER in liebenswürdigster Weise Bd. XLIV. N. F. XXXVIL. 13 L durch Rat und Tat unterstützt. Es ist mir daher eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer auch an dieser Stelle meinen wärmsten Dank auszusprechen. Meine Arbeit gliedert sich in folgende Abschnitte: I. Material und Methode. I. Uebersicht der Literatur. III. Eigene Beobachtungen. a) Untersuchungen mittels der Mazerationsmethode. b) Histologische Untersuchungen. IV. Systematischer Teil und Zusammenfassung, 194 Hans Otto, I. Material und Methode. Das zu meinen Untersuchungen benötigte Material wurde mir zum Teil von Herrn Wirkl. Geheimrat Prof. Dr. HAEckEL, Exzellenz, aus der Reptiliensammlung des Zoologischen Institus in liebens- würdigster Weise zur Verfügung gestellt. Darunter befanden sich verschiedene interessante Species, welche er selbst auf Java ge- sammelt hatte. Außerdem ließ mir Herr Geheimrat HAEcKEL für meine Untersuchungen noch eine Anzahl Reptilien aus der Natura- lienhandlung Wilh. Schlüter, Halle a. S. kommen. Es ist mir ein Bedürfnis, Herrn Prof. HAEcKEL hierfür meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Anfänglich hatte ich die Absicht, die Cutisverknöcherungen mehr in histologischer Hinsicht zu behandeln, weil gerade hierüber fast nichts bekannt ist und teilweise sehr irrige Ansichten bestehen. Jedoch mußte ich diese Absicht aufgeben, denn die Knochen- schuppen haben bei den meisten Reptilien, die mir zur Untersuchung verfügbar waren, eine derart voluminöse Ausdehnung, daß ich selbst mit den besten technischen Hilfsmitteln, die hier in Frage kommen, nur bei zwei Vertretern (Anguis fragilis und Tarentola mauri- tanica) brauchbare Schnitte erhalten konnte. Als Einbettungsmethode konnte bei dem harten Hautpanzer nur die Doppeleinbettung in Celloidin-Paraffin!) in Betracht kommen. Jedoch ergab auch diese Methode erst dann 1) Diese Methode ist von H. Krug beim Schneiden des Chitin- panzers der Juliden mit Erfolg angewendet worden und hat auch mir, neben den anderen Methoden, die in Frage kommen konnten, die besten Resultate geliefert (s. Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. XLII, 1906, p. 486, Anm. 1). Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 195 ein einigermaßen brauchbares Resultat, als ich die Präparate bei langsamem Celloidinzusatz nicht weniger als 5 Monate in Celloidin hatte liegen lassen. Zur Färbung der Schnitte erwies sich die Doppelfärbung mit Hämatoxylin (nach DELAFIELD) und Ammonium-Rubin-Pikrat als vollkommen hinreichend. Da ich nur an einigen Reptilienarten histologische Studien treiben konnte, mußte ich mich einer anderen Untersuchungs- methode zuwenden. Zur Beobachtung der Knochenplatten mazerierte ich Hautstücke von den verschiedenen Körperstellen durch längeres Kochen mit 2-proz. Kalilauge. Durch Aufhellen der einzelnen Hautstücke mit Nelkenöl oder Glyzerin konnte ich außerdem die Beziehungen studieren, die zwischen den Knochenschuppen und den sie überdeckenden Hornschuppen bestehen. Es ergab sich, daß die Knochenschuppen in manchen Fällen den Hornschuppen entsprechen, während in anderen Fällen Ver- knöcherungen vorhanden sind, welche unabhängig von den Horn- schuppen kontinuierlich unter denselben hinwegziehen. Es zeigte sich ferner, daß aus den Formen der Cutisknochengebilde und aus deren Beziehung zur überdeckenden Hornschuppe auf die syste- matische Verwandtschaft von Gattungen und Arten geschlossen werden kann. Die von mir untersuchten Arten sind folgende: 1) Zonurus cordylus L., Gürtelschweif. 2) Pseudopus apus PArr. (Pseudopus pallasii Cuv.; Ophiosaurus apus), Scheltopusik. 3) Anguis fragilis L., Blindschleiche. 4) Scincus officinalis LAur., Apothekerskink. 5) Gongylus ocellatus FoRrsk. (Scincus ocellatus GERV.) 6) Seps chalcides Bon4AP. (Seps tridactylus SICHERER; Seps lineatus), spanische Erzschleiche. 7) Lygosoma tenue GRAY. 8) Acontias burtoni Grar., Blindechse. 9) Mabuia trivittata Cuv., Glanzechse. 10) Tarentola mauritanica L. (Platydactylus muralis Dum. et Bıßr., Ascalabotes fascicularis DAup.), Mauergecko. 11) Hemidactylus frenatus Dum. et BiBR. 12) Hemidactylus specialis BLEcK. 15) Ptychozoon homalocephalum. Es sei gleich hier erwähnt, daß die letzten 3 Arten keine Cutisverknöcherungen aufweisen; es wird daher von denselben weiterhin nicht mehr die Rede sein. 13® 196 Hans Otto, 1I. Uebersicht der Literatur. Ich werde in diesem Abschnitt zusammenfassen, was über die Hautossifikation der Reptilien bekannt ist, um nachher an ge- eigneter Stelle diese Angabe zum Vergleiche mit meinen eigenen Befunden heranziehen zu können. Die Kalkeinlagerungen in der Reptilienhaut wurden zuerst von Parras (1801) bemerkt. Er hat bei dem von ihm entdeckten merkwürdigen Pseudopus mächtige Kalktafeln in der Haut vor- gefunden. „Totum cataphractum est squamis ....... osseis, et supra osseam lameam epidermide corneole in crustatis.“ — Dann hat Herusıncer (1822) „knochenartige, denen der Fische ähnliche Schüppchen unter der Oberhaut der Skinke“ nachgewiesen. Ueber die Entstehung dieser Gebilde aber hat er eine sehr irrige An- sicht. Er glaubt nämlich, daß diese „knochenartigen Schüppchen oberhalb der Lederhaut im Marrıcnischen Schleimnetz“ abge- sondert werden, mithin also nicht als Verknöcherung der Cutis aufzufassen seien. Bei DumsrıL et Bıeron (1837) finden wir dann die erste An- gabe, welche auf die aus Hautknochen bestehende Bepanzerung der Geckotiden Bezug nimmt. „Quand la peau est detachee du corps et qu’on l’examine & contre-jour, on voit qu’elle est reguliere- ment garnie de petits &cussous minces, arrondis, euchässes dans l’epaisseur du derme, et dont la forme et la distribution varient suivant les especes dans les regions du ventre, du cou, des cuisses, de la töte et de la queue.“ Ueber die Schuppen der Scincoiden finden wir an einer anderen Stelle folgende Angaben: „Ce sont de petites lames corndes et tr&s souvent osseuses, lisses ou car&nees, analogues & celles des Poissons.“ Später wurden dann von einigen anderen Forschern bei Scincus und den nahestehenden Ophiosaurus und Cyclodus Knochenbildungen in der Haut wahrgenommen, doch haben sich diese Autoren auf eine Beschreibung und Untersuchung dieser Gebilde nicht ein- gelassen. — Gu1seppe DI Nartare (1852) gibt uns in seiner Arbeit „Richerche anatomiche sullo scinco variegato in rapporto ai princi- pali d’organizzazione dei rettili“ eine (allerdings recht dürftige) Abbildung einer Scincusknochenschuppe. Auf eine genauere Unter- suchung der Schuppen geht er aber nicht ein. — Im Jahre 1861 erscheint dann eine Publikation von EmıtL» BLANCHARD, in der uns der Autor über seine Untersuchungen an einem außereuropäischen Saurier, Gongylus ocellatus, berichtet. Er begeht hierbei nicht nur den Fehler, daß er die Knochenschuppe dieses Sauriers als ein Ganzes auffaßt, sondern ist außerdem noch der irrigen Ansicht, daß die Reptilienschuppen eine wichtige Rolle bei der Atmung spielen. Er sucht diese Ansicht durch die Anwesenheit „des espaces aeriferes“ zu begründen. — Dr FıLırrı (1863) brachte uns hauptsächlich Mitteilungen über die histologische Beschaffen- Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 197 heit der Epidermis und der Cutis (er spricht von vier Schichten der Haut). Nun folgen die wichtigen Arbeiten von Fr. Leyvıc, welcher sich intensiv mit der Untersuchung der Reptilienhaut beschäftigt und uns hierüber recht gute, jedenfalls die besten Berichte hinter- lassen hat. In kurzer Zeit sind von ihm hintereinander 1868, 1872, 1873, 1876) vier Aufsätze erschienen, die eine ausführliche Be- schreibung des Baues der Reptilienhaut und ihrer OÖssifikationen enthalten. Ihm ist es auch gelungen, die irrigen Ansichten von HeusinGer und E. BLANCHARD zu berichtigen. LeyvıG hat gefunden, daß die Lederhaut immer in drei Haupt- schichten zerfällt, und zwar in „die eigentliche Grundmasse der wagrechten Lagen und zwei lockere Grenzschichten‘“, welch letztere durch senkrecht aufsteigende Bindegewebszüge, die Nerven und Gefäße tragen, miteinander in Verbindung stehen. Die „Ver- knöcherungen entstehen nach Leyvıe in der mittleren Schicht der Cutis in der Grundmasse. Solche Kalkeinlagerungen hat nun Leyvıc in der Haut ver- schiedener Amphibien (so bei Bufo cinerus, B. vulgaris und B. javonicus) bemerkt und fand sie dort, meist von rundlicher Ge- stalt, in die Outis eingelagert. Umfangreiche Untersuchungen hat dieser Forscher dann über Gestalt und Art solcher Kalkeinlage- rungen in der Haut von Reptilien angestellt und kam hierbei zu dem Schluß, daß die Knochentäfelchen zu den ganz be- sonders unterscheidenden Merkmalen der Scincoiden und Lacerten gehören. Somit war Levvıc der erste, der den Knochenschuppen der Reptilien eine systematische Bedeu- tung zugesprochen hat. Von ihm erfahren wir, daß „bei den Sauriern, selbst abgesehen von den Krokodiliern, eine ganze An- zahl von Arten eine Bepanzerung der Haut mit Knochentafeln be- sitzt“, daß auch bei den einheimischen Eidechsen, die sonst wenig Knochenbildungen in der Outis entwickeln, eine größere Zahl von Hautknochen am Schädel vorkommt. Recht interessante Resultate haben seine Untersuchungen an Anguis fragilis gebracht. Bei diesem Saurier erzeugt die Leder- haut „wirkliche Hautknochen“, die über dem ganzen Körper ver- breitet sind. Er hat die Haut durch Behandeln mit Wasser mazeriertt und so „die Knochenschuppen als zierliche, weiße Knochentäfelchen“ in Menge erhalten. „Jedes dieser kleinen Knochenbilder ist an der Basis von etlichen Kanälen durchbohrt, die auf der Oberfläche divergierend verlaufen und dabei zu Furchen werden. Bei stärkerer Vergrößerung hat LevyvısG dann in diesen Knochentafeln, und zwar als erster, „echte strahlige Knochen- körperchen“ entdeckt, die er so angeordnet fand, daß sie mit ihrem Längsdurchmesser dem Umriß der Schuppe parallel ziehen. Nach seinen Angaben hat er „bei Einstellung des Focus auf die Ober- fläche“ „in Form einer+feinen, aber scharfen Punktierung“ sogar die Löchelchen entdeckt, womit sich die Strahlen der Knochenzellen nach außen öffnen. 198 Hans Otto, Leyvı hat dann die Befunde BLAncHARDs an Gongylus ocellatus gewissenhaft nachgeprüft und hat dessen irrige Ansicht treffend widerlegt. Er hat gefunden, daß die Knochenschuppe dieses Sauriers nicht, wie BLancHARD behauptet hatte, eine ein- zelne ganze Schuppe darstellt. Durch Anwendung der Mazeration konnte er den Beweis erbringen, daß sie aus einer Anzahl kleiner Knochenscheiben besteht, die durch das umgebende Bindegewebe mosaikartig zusammengehalten werden, ohne mit ihren Rändern zu verschmelzen. In diesen Knochenscheiben konnte er ebenfalls die Knochenkörperchen in ihrer charakteristischen Lage nach- weisen. Ferner stellte LeyvıG auf einzelnen „Knochenscheiben“ große Markräume von unregelmäliger und sehr wechselnder Gestalt fest, in anderen wies er verzweigte Hohlgänge nach, die sich mit einzelnen Löchern frei auf der Oberfläche der Knochenschuppe öffnen. Durch diese Kanäle steht nach Leyvıc das Bindegewebe der oberen mit dem der unteren Schuppenfläche in engem Zu- sammenhang. Die oben erwähnten Markräume fand Leyvıc keines- wegs leer, sondern der Hauptsache nach mit „großen, kreisrunden Zellen“ erfüllt, die dem Aussehen nach an Fettzellen erinnern. Mit Entschiedenheit verwarf LevvıG die Behauptung BLANCHARDS, daß den Reptilienschuppen eine respiratorische Tätigkeit zugeschrieben werden müsse. „BLANCHARD, der die Knochenschuppe von Gongylus als ein Ganzes auffaßt, durchsetzt von Längskanälchen, die sich teilen, scheint unter den „tubes aßriferes“ jene hellen Bindegewebs- züge zu verstehen, welche zwischen den einzelnen, die Schuppe musivisch zusammensetzenden Teilen, in scharf hervortretender Weise sich hinziehen.“ Wie uns Leyvig zeigt, sind diese Zwischen- räume zwischen den einzelnen Scheiben nicht hohl, sondern dicht mit Bindegewebe erfüllt. Sie können also keinesfalls der Respira- tion dienstbar sein. Es blieben somit nur die HAversschen Kanäle als Luftwege übrig. Diese aber sind, wie uns Leypıe und später Lartaste (1876 durch Injektion) bewiesen haben, ebenfalls keine lufthaltigen Räume, sondern mit Bindegewebe ausgefüllt, welches Pigment, Nerven und Blutgefäße trägt. Deshalb können auch sie für die Atmung nicht in Anspruch genommen werden. Zu den mit Hautknochen ausgestatteten Sauriern gesellt sich dann, wie CArRTIER (1872) gezeigt hat, auch noch die Gruppe der Geckotiden. Er hat derartige Knochengebilde bei Platydactylus mauritanicus (von den Balearen stammend), bei Pl. murorum (aus Italien) und bei einem Pl. verus (aus Bohol) nachgewiesen, während er solche bei einem großen indischen Exemplar und anderen kleinen derselben Art vergeblich gesucht hat. Er beschreibt uns die Knochengebilde als „unregelmäßige rundliche Scheiben in den obersten Lagen des Bindegewebes der Haut, direkt unterhalb der pigmentierten Zone, welche unmittelbar an die Cylinderschicht der Epidermis anstößt“. Mehr erfahren wir von CARTIER nicht. Wieder war es Levvıq (1876), der sich eingehend mit der Beschuppung der Geckotiden befaßte. Er unterwarf den Pl. mauri- tanicus L. von der ligurischen Küste einer genauen Untersuchung Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 199 und fand bei ihm Knochenschüppchen in der Cutis fast über den ganzen Körper verbreitet. „Schon die erste Behandlung der Haut mit Messer und Schere ließ deutlich fühlen, daß Kalk in sie ab- gesetzt“ sein müsse. Er hat dann mit Hilfe des Mikroskops solche Kalkschuppen „in Hautstücken des Rückens so gut wie in jenen der Bauchfläche“ am „Scheitel und Gesicht“ entdeckt und konnte sie an den Gliedmaßen bis zu den Zehenspitzen hinaus verfolgen. „Selbst die Nickhaut ist an einigen Stellen, die noch den Charakter schuppiger Haut haben, nicht frei davon.“ Dagegen vermißt Lrypıq diese Kalkgebilde in den Querfalten an der Unterseite der Zehen und in den Schildern der Oberlippe, während in die großen Schilder der Unterlippe doch wieder einige Kalkschüppchen hineintreten, Nach Leyvig besitzen diese Kalkeinlagerungen eine „rundlich eckige, annähernd rhombische“ Gestalt. An Stellen, wo sie ihren Platz in- den Hautwarzen finden, können sie kreisförmig um ein Mittelstück gestellt sein. Wieder an anderen Stellen schließen sie ohne sonder- liche Ordnung aneinander. LeypısG hat auch hier wieder (durch Mazeration mit Wasser) derartige Schüppchen herausgelöst und beschreibt sie als konzentrisch geschichtet mit radiärer Streifung. Platydactylus aegyptiacus verhält sich hinsichtlich des Vorkommens von Hautknochen, ihrer Form und Größe, wie die vorher- gehende Art. Den von CArTIEr untersuchten Geckotiden, die nirgends am ganzen Körper auch nur eine Spur von Verkalkung der Cutis auf- weisen, kann Levvıs noch eine ganze Reihe anfügen. Eine rein bindegewebige unverkalkte Cutis haben nach ihm: Gymodactylus phyllaeus, geckoides, Phyllodactylus Lesnerii \ It y vitatus ) europaeus, Platydactylus theconyx, Hemidactylus qualensis. Weitere Angaben tiber Hautossifikationen finden wir dann bei Kersert (1876). Er hat Pseudopus und Anguis untersucht und bei ihnen mächtige Knochenschuppen in der Haut vorgefunden. Im wesentlichen kommt er zu denselben Resultaten wie Levvic. Die Knochentafeln, in denen auch er die Knochenzellen in ihrer typischen Lage vorgefunden hat, findet er unter dem Rete Malpighii, mitten in der lockeren Bindegewebsmasse der oberen Grenzschicht abgelagert. Ueberall schließt sich das Bindegewebe sehr eng an die Knochenschuppen an, so daß diese (wie bei den Fischen) voll- ständig von einer sogenannten „Schuppentasche“ umhüllt sind. Das Bindegewebe hüllt die Knochenschuppe nicht nur vollständig ein, sondern es steht auch das Bindegewebe der oberen Seite der Knochentafel mit dem der unteren Seite durch die Markkanäle oder Haversschen Kanäle in Verbindung. Letztere dienen nach KrrBErT der Ernährung und führen daher Blutgefäße, die dann wieder von Bindegewebe, Nerven und Pigment begleitet werden können. Die 200 . Hans Otto, Zahl und den Verlauf dieser Markkanäle fand KerBerr bei Anguis und Pseudopus wesentlich verschieden. Bei Anguis sah er un- gefähr in der Mitte der unteren Fläche der Knochenschuppe nur ein Ernährungsloch. Dieser Kanal steigt von hier aus senkrecht in die Höhe und verzweigt sich, an der oberen Seite angelangt, mehr oder weniger radiär in Rinnen, die nur stellenweise über- brückt sind. Bei Pseudopus hingegen sind solche Kanäle in großer Zahl vorhanden. Sie fangen meist zu zwei oder drei am vorderen unteren Ende der Knochenschuppen an, verzweigen sich im Innern vielfach und münden dann am oberen hinteren Ende der Schuppe wieder aus. Nach K#rBerr scheinen Knochenschuppen bei allen Seincoiden vorzukommen, überhaupt in der Haut der Brevilinguier nicht selten zu sein. Er hat in seiner Arbeit (1876) versprochen, in Kürze eine genaue Mitteilung über die Entwickelung der Knochenschuppe von Anguis zu bringen, doch ist mir eine solche nicht bekannt geworden. K. C. Horrmann, der ebenfalls 3 Hautschichten der Cutis unterscheidet, will an Krokodileiern beobachtet haben, daß die Hautknochen gewöhnlich in den unteren und mittleren Schichten ihren Ursprung nehmen und sich allmählich nach der Peripherie ausdehnen. GEGENBAUR faßt die Cutisverknöcherungen der Ascalaboten als in Rückbildung begriffen auf. Er hat in seiner „Vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere“ eine Abbildung aufgenommen, die einen Längsschnitt durch eine Schuppe von Phyllodactylus darstellt (p. 132, Fig. 45). Ich konnte leider diesen Befund an Phyllo- dactylus nicht nachprüfen, muß aber nach meinen Resultaten, die ich an anderen Ascalaboten erhielt, die Richtigkeit dieses Bildes anzweifeln. Auf denselben Seiten teilt uns dann GEGENBAUR eine sehr wichtige Tatsache mit. Das Schildpatt der Chelonier hat eine bestimmte Anordnung. Unter diesen Hornplatten entstehen mächtige Knochenplatten, die aber keineswegs entsprechend zu jenen an- geordnet sind. Minder mächtige Hornplatten bestehen auch bei den Krokodilen, soweit sie den Knochentafeln zukommen, stehen sie mit diesen in Korrelation und sind somit von jenen der Schild- kröten verschieden. Im Jahre 1880 erschien eine Arbeit von Bareırı, in der sich der Forscher hauptsächlich mit Nervenuntersuchungen in der Haut von Reptilien beschäftigte. Er hat die Haut in 3 Schichten ein- geteilt, die im wesentlichen denen Leryvigs entsprechen: 1) Stratum limitans superius, 2) A ; inferius, 3) R ; subcutaneum. Bei seinen Untersuchungen an Anguis kommt er der Haupt- sache nach zu denselben Resultaten, wie die bereits erwähnten Forscher. Die Hautknochen, die nach ihm denselben Bau wie normale Knochen anderer Tiere haben, liegen in der mittleren Schicht der Cutis. Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 201 In einem Aufsatze, der in demselben Jahre erschienen ist, be- dauert dann R. BrancHarn, daß die Hautverknöcherungen bei den Seincoiden und Geckotiden viel zu wenig untersucht worden sind. „Elles ont &t& beaucoup moins &tudiees que les £cailles des Pois- sons, mais, il est vraisemblable que leur &tude conduirait ä& des rösultats analogues & ceux qu’ont obtenus BAUDELoT et ÜARLET chez les Poissons et fort importants pour la syst&matique.“ Trotz- dem geht BrancHarp nicht auf eine Untersuchung dieser wich- tigen Frage ein. Er begnügt sich damit, eine Beschreibung „de la structure de la peau des Lezards“, die er in 4 Schichten ein- teilt, zu geben. Seine 3 Tafeln, die Photographien von Dünn- schnitten durch die Haut von verschiedenen Reptilien darstellen, geben uns in dieser Hinsicht keinen Aufschlufß. Aus Maurers Buch über die „Epidermis“ (1895) will ich hier folgende Angaben erwähnen. Die Haut der heute lebenden Rep- tilien ist durchweg mit einem Schuppenkleide versehen. Am häu- figsten finden wir wohlausgebildete Hornschuppen, die mit Knochen- schuppen, wie sie noch bei manchen Formen gefunden werden, in Konkurrenz treten. Letztere werden größtenteils rückgebildet, so daß sie bei einer großen Anzahl von Reptilien überhaupt nicht mehr angedeutet sind. Bei Anguis fand MAURER die Knochenschuppe in der „subepidermoidalen Coriumschicht“, also oberhalb der straffen Lederhaut. Auch hat er bei Lacerta die „Andeutung“ einer Corium- schuppe nachgewiesen und uns hiervon eine Abbildung gegeben !). E. Hazcrer (1895) behandelt in seiner „Systematischen Phylo- genie“ die Frage der Hautverknöcherung der Reptilien in Hinsicht auf die Phylogenie. Er leitet die Reptilien von einem älteren Zweige der Amphibien, und zwar von den karbonischen und per- mischen Stegocephalen ab, die sich durch den Besitz eines dermalen Knochenpanzers auszeichneten. Im 3. Bande (p. 300) seines Werkes spricht Hacker folgende Ansicht aus: „Als die ursprünglichen Verhältnisse“ in der Beschuppung „müssen wir diejenigen betrachten, welche von den gepanzerten Amphibien (und weiter zurück von deren beschuppten Dipneusten- ahnen) durch Vererbung übertragen wurden: Knochenschup- pen der Lederhaut (Lepides). Ueber diesen entwickeln sich aber bei den Reptilien — als neue Erwerbung durch Anpassung an den Aufenthalt in der atmosphärischen Luft — entsprechende Horn- schuppen der Oberhaut (Pholides),. Dieses doppelte Schup- penkleid finden wir schon bei einem Teil der gemeinsamen Stammgruppe, der Tocosaurier; ferner der Theromoren, der Pholi- doten (Sceincoida, Chaleidia). Am stärksten ist es aber entwickelt bei den höchststehenden beiden Ordnungen, den Krokodilen und Cheloniern. Dagegen ist bei den meisten übrigen Reptilien das Dermalskelett rückgebildet, insbesondere bei der großen Mehrzahl 1) Ich habe Hautstücke von den verschiedensten Körperstellen von Lacerta agilis geschnitten, konnte aber auf keinem der Schnitte Knochenrudimente vorfinden. 202 Hans Otto, der Pholidoten (den meisten Eidechsen und allen Schlangen). Hier bleibt nur das Schuppenkleid der Epidermis übrig.“ Die Ascalaboten haben nach HArcKkEL eine unverknöcherte Cutis. Dieser Annahme stehen aber die bereits erwähnten Beob- achtungen von Dunm&rıL et BıBrRon, LEYDIG und ÜARTIER gegen- über, aus denen, wie auch ich gefunden habe, hervorgeht, daß das Dermalskelett der Ascalaboten wohl stark rückgebildet, bei einigen Vertretern aber noch recht gut erhalten ist. Seit 1895 ist nichts wesentlich Neues über die Hautossifikationen der Reptilien bekannt geworden. III. Eigene Beobachtungen. a) Untersuchung mittels der Mazerationsmethode. Ich werde, um die Uebersicht meiner Befunde zu erleichtern, bei jedem einzelnen Tier die Schuppen der verschiedenen Körper- regionen immer in derselben Reihenfolge beschreiben und zwar so, wie sie folgende Uebersicht angibt: 1) Oberseite: a) Rumpf, b) Schwanz. 2) Unterseite: a) Rumpf, b) Schwanz. 3) Extremitäten. 4) Kopf. Ich habe diese Reihenfolge deshalb gewählt, weil uns die Oberseite des Rumpfes die typische Beschuppung des Tieres zeigt, während an der Bauchseite meist abgeänderte Verhältnisse auf- treten. Die Extremitäten schließen sich dann in der Beschuppung ihrer Ober- und Unterseite diesen Verhältnissen mehr oder weniger streng an. Dem Kopfe kommt hinsichtlich seiner Beschuppung eine Ausnahmestellung zu, weshalb er auch besonders, und zwar erst zum Schlusse, behandelt werden soll. 1. Brevilinguier. Bei allen mir verfügbaren Brevilinguiern fand ich mächtige Cutisknochenschuppen vor. Die Schuppen dieser Saurier schieben sich bei fast allen Arten dachziegelig übereinander und gestatten so selbst bei denjenigen Tieren, welche sehr voluminöse Knochen- Schuppen besitzen, eine große Beweglichkeit. Bei mehreren Vertretern dieser Familie (Anguis, Pseudopus und Zonurus) besteht die Knochenschuppe nur aus einer ein- zigen mächtigen Knochentafel, die an allen Körperstellen immer einer sie überdeckenden Hornschuppe ent- spricht. Bei den anderen Brevilinguierarten (Scincus, Gongylus, Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 203 Seps, Lygosoma, Mabuia, Acontias) hingegen finden wir immer, daß Knochenplättchen von verschiedener, aber für jede Species charakteristischer Gestalt mosaikartig zu einem Knochenkomplex, der Knochenschuppe, zusammengelagert sind. Eine solche zusammen- gesetzte Knochenschuppe entspricht auch beidiesen Arten stets der sie überdeckenden Hornschuppe. Um die Uebersicht meiner Mitteilungen zu erleichtern, werde ich zuerst diejenigen Brevilinguier beschreiben, welche die ein- fachste, meiner Ansicht nach ursprüngliche Knochenschuppe aufweisen, und werde dann diejenigen Arten anschließen, bei denen die Knochenschuppe aus einem Mosaik von Knochenplatten zu- sammengesetzt ist. 1, @) Brevilinguier, bei denen unter jeder Horn- schuppe eine nur aus einer einzigen Knochenplatte bestehende Knochenschuppe liegt. Zonurus cordylus L. Gürtelschweif. Z. cordylus wird in Südafrika in felsigen Gegenden sehr häufig angetroffen. Er ist ein ca. 20—25 cm langer Saurier von brauner Farbe mit wohl ausgebildeten Extremitäten, von denen jede fünf lange Zehen trägt. Sein Aussehen ist ein recht merk- würdiges. Der Rumpf ist mit mächtigen rechteckigen Schuppen bedeckt, die in Längsreihen angeordnet sind, von denen ausgehend sich eine Anordnung in Querbändern verfolgen läßt. Auf der Rückenmitte können wir eine Mittellinie annehmen, deren einzelne Schuppen meist die links und rechts benachbarten Schuppen am Rande decken; doch kommt es öfters vor, daß sie selbst von den Nachbarschuppen überdeckt sind. Unter allen Schuppen des Tieres finden wir mächtige Knochenplatten (Fig. 1)1), und zwar entspricht am ganzen Körper einer Hornschuppe immer nur eine einzige Knochentafel. An den Seiten des Körpers bemerkt man eine deut- liche Längsfurche, welche mit ganz kleinen Schuppen besetzt ist. Der Rücken ist mit mächtigen (2 mm breiten und 3 mm langen) rechteckigen gekielten Schuppen bedeckt. In Textfig. 1 habe ich eine solche Schuppe abgebildet. In dieser Weise finden 1) Die Figuren im Text und die Tafelfiguren sind durchlaufend numeriert. Erstere habe ich als „Textfig.“, die Tafelfiguren einfach als „Fig.“ bezeichnet. 204 Hans Otto, wir die Schuppen bis zu den großen Kopfschildern hin erhalten. Fig. 1 stellt uns die typische Knochentafel von Zonurus dar. Diese weist am Schuppenfuße eine wulstartige Verdickung auf. Nach dem freien Ende der Schuppe hin läßt sich in ihrer Längs- richtung eine dem Kiel entsprechende Erhöhung wahrnehmen, von der rinnenartige Vertiefungen nach dem Rande hin verlaufen. Markkanäle sind in der Zonurusknochenschuppe nur in geringer Zahl vorhanden. Im durchfallenden Lichte können wir in der Knochenschuppe von Zonurus, wie auch in derjenigen von Anguis und Pseudopus, Knochen- körperchen wahrnehmen, die mit ihrem Längs- durchmesser dem Umriß der Knochenschuppe par- allel laufen. Nach dem Schwanze hin sehen wir den anfangs kleinen Schup- penkiel immer mehr nach hinten auswachsen. Schon auf den ersten Schwanz- ringen haben die Schup- pen dornenartige Gestalt angenommen. Im ersten Schwanzring sehen wir 14, in den letzten Ringen nur noch 8—6 solcher dornen- artiger Schuppen zu einem Wirtel verschmolzen. Die Bauchseite a eg us cordylus. Schuppe zeigt der Hauptsache nach die typischen Verhältnisse des Rückens, nur daß hier die Knochenschuppen keine so mächtige Ausbildung zeigen und außerdem ungekielt sind. Die großen rechteckigen Schuppen der Ventralseite sind bis in die Hals- gegend erhalten. Dort sehen wir sie allmählich kleiner werden und Kiele annehmen. Nach der Kloakengegend hin geht all- mählich (in der Gegend der hinteren Extremitäten) die typisch rechteckige Gestalt verloren. Die Schuppen werden kleiner und nehmen vorwiegend polygonale Gestalt an. Doch entspricht auch hier einem Hornschüppchen eine einzige Knochentafel. Die Ventral- seite des Schwanzes muß natürlich genau dieselbe Beschuppung Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 205 wie die Schwanzoberseite zeigen, da ja die Schwanzringe aus Schuppen von gleicher Gestalt zusammengesetzt sind. Auf der Dorsalseite der Extremitäten entspricht bis zu den Zehenspitzen hinaus ebenfalls jeder Hornschuppe immer nur eine aus einem einzigen Stück bestehende Knochenschuppe. Die Schüppchen sind hier gekielt, während sie auf der Ventralseite eine glatte Oberfläche haben. Die beiden Gelenkfalten sind (aller- dings nur auf einer ganz schmalen Fläche) unverknöchert. Ebenso ist die Cutis der Fußsohle und der Unterseite der 5 Zehen ganz frei von Verknöcherungen. Recht erheblicher Natur ist die Verknöcherung unter den polygonalen Hornschildern des Schädels. Jedem dieser Horn- schilder entspricht in Form und Größe genau eine mächtige Knochenplatte. Diese sind unter sich mit ihren Rändern sehr eng verschmolzen. Die Haut läßt sich am Schädel nicht ablösen. Die Cutisverknöcherungen müssen also mit den Schädelknochen aufs engste verwachsen sein. Ich habe nun einen Teil der Schädeldecke gewaltsam herausgebrochen und dann mit 2 Proz. Kalilauge ge- kocht. Selbst dann fand keine Trennung von Cutisverknöche- rungen statt. Es blieb nur ein kompaktes Knochenstück übrig. Die mächtigen Schilder des Unterkiefers und der Unterlippe sind ebenfalls aus je einer Knochenplatte und einer sie über- deckenden Hornschuppe zusammengesetzt. Die Supralabialschilder und das Rostralschild sind merkwürdigerweise unverknöchert. Ebenso finden sich in der Cutis der Augenlider keine Knochen- einlagerungen. Einfacher gestaltet sich die Beschuppung der nun folgenden beiden Arten (Pseudopus und Anguis), da ihr schlangenähnlicher Körper überall dieselbe gleichmäßige Beschuppung aufweist und nur dem Kopfe eine abweichende Stellung zukommt. Pseudopus apus Parı., Scheltopusik. Pseudopus apus PArr. (Pseudopus Pallasii Cuv., Ophisaurus apus), im Volksmunde Scheltopusik genannt, ist ein großes (ca.1m langes), schlangenähnliches Tier von schmutzig-rotbrauner Farbe. Er bewohnt Südeuropa (von Istrien und Dalmatien an) bis an das angrenzende Asien und auch Nordafrika. Die vorderen Extremi- täten fehlen ganz, während die beiden Hinterbeine nur noch als ganz kleine Stümmelchen zu beiden Seiten der Kloake angelegt sind. Ebenso wie bei Zonurus sehen wir zu beiden Seiten des Körpers vom Halse bis zum After eine tiefe Seitenfalte verlaufen. 206 Hans Otto, Wie ich bereits erwähnt habe, ist die Beschuppung, die in Längs- und Querreihen angeordnet ist, eine sehr regelmäßige. In Fig. 2 habe ich eine Knochenschuppe aus der Rückenmitte ab- gebildet. Sie zeigt wie die Zonurusknochenplatte am Schuppen- fuße eine wulstartige Verdickung. Von der Schuppenmitte laufen strahlenartig Rinnen nach dem Schuppenrande hin, die von einer großen Anzahl von Markkanälen durchbrochen sind. Die über- deckende Hornschuppe schließt sich in ihrer Gestalt und Größe eng an die Knochenschuppe an. In den Seitenfalten sind die Schüppchen sehr klein und haben teilweise ihre typische Gestalt verloren. Doch sind sie wie bei Zonurus stets aus einem Knochen- plättchen und einem ihm entsprechenden Hornschüppchen zu- sammengesetzt. Am Kopfe, hauptsächlich unter den großen, polygonalen Hornschildern des Schädels, finden sich wieder sehr starke Outis- knochenplatten, die auch hier in Form und Größe genau den sie überdeckenden Hornschildern entsprechen. Sie sind wie bei Zonurus mit den Schädelknochen eng verwachsen. Die Unter- lippenschilder und die Schilder der Oberlippe sind unverknöchert. Anguis fragilis L., Blindschleiche. Der in unserer Gegend sehr häufigen Anguis fragilis fehlen die Extremitäten ganz, auch ist bei ihr eine Seitenfalte nicht mehr vorhanden. Ihr schlangenähnlicher Körper ist von sehr regelmäßig gestalteten Schuppen bedeckt, die sich überall dach- ziegelig decken. Die enge Beziehung, die hier wieder zwischen der Knochen- schuppe (Fig. 3) und der darüberliegenden Hornschuppe besteht, ist aus Textfig. 2 ersichtlich, die uns eine Schuppe aus der Mitte des Rückens darstellt. Der Kopf schließt sich in seiner Beschup- pung so eng an Pseudopus an, daß ich mir eine weitläufige Be- schreibung derselben ersparen kann. Es lagen mir neben einem erwachsenen Exemplar, auf das sich die oben erwähnten Abbildungen beziehen, noch drei Jugend- stadien vor, und zwar Exemplare in der Länge von 7,5, 13 und 23 cm. Die ersten beiden Stadien hatten noch eine vollständig unverknöcherte Cutis. Bei der 23 cm langen Blindschleiche aber fand ich schon eine, an Fig. 3 erinnernde, aber noch recht dünne Knochenschuppe vor. Durch die Haut dieses Stadiums habe ich einige recht brauchbare Schnitte erhalten. Hierauf werde ich in =. a2 0 Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 207 einem späteren Teil meiner Arbeit noch näher zu sprechen kommen. SITES ER OR kns ee >. - » >. > > - > >. - an, . iz un num Textfig.2. Anguis fragilis. Schuppe aus der Körpermitte, rechte Seite. ß) Brevilinguier, bei denen die Knochenschup- pen aus einem Mosaik von Knochenplatten be- stehen. Scincus officinalis Laur., Apothekerskink. Sc. officinalis lebt im nördlichen und östlichen Afrika und ist besonders in Algier sehr häufig. Es ist ein 23—25 cm langer Saurier, der durch seine braunen Querbänder auf dem Rücken eine charakteristische Färbung besitzt. Am ganzen Körper ist er mit mächtigen, dachziegelig sich deckenden Schuppen bedeckt, die der Hauptsache nach aus Knochensubstanz bestehen. Textfig. 3 stellt uns eine Rückenschuppe aus der Mitte des Körpers dar und gibt uns zugleich ein recht anschauliches Bild von der typischen Beschuppung des ganzen Tieres, Wir ersehen aus dieser Abbildung, daß die Knochenschuppe nur aus zwei ver- schiedenen Plattenformen musivisch zusammengesetzt ist, und zwar immer aus zwei Eckplatten und aus mehreren Längsplatten, deren Vorkommen, wie wir später sehen werden, nicht an eine bestimmte Zahl gebunden ist. Gewöhnlich liegen 2—3 solcher Längsplatten 208 Hans Otto, auf der der Schuppenwurzel entsprechenden Seite, während dem freiliegenden Ende der Schuppe gewöhnlich 3—4, manchmal sogar 5 solcher Platten zukommen. Letztere führen eine große Anzahl von Markkanälen (Havzrssche Kanäle), während wir solche auf den Knochenplatten der Schuppenwurzel nur auf dem obersten, von den vorhergehenden Schuppen nicht bedeckten Teil vorfinden können. Die beiden Eckplatten sind in allen Körperschuppen frei von solchen Kanälen. In Fig. 4 und Fig. 5 sehen wir die zwei, für Scincus officinalis typischen Plattenformen abgebildet. Textfig. 3. Die typische Scineusschuppe. Die Hornschuppe bedeckt nur einen Teil, und zwar nur das zutage stehende, von den davorliegenden Schuppen unüberdeckte Ende der Knochenschuppe. Nur in dieser Partie der Schuppe findet sich unter der Hornschuppe, in der obersten Schicht der Cutis (Stratum piginentosum) eine reiche Anhäufung von Pigment- zellen (Textfig. 3). Diesen Verhältnissen bin ich bei sämtlichen Brevilinguiern begegnet, doch habe ich meistens das Einzeichnen des Pigments unterlassen, da sonst die Abbildungen an Klarheit und Uebersicht eingebüßt hätten. Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 209 Wir sehen die Hornschuppe an ihrer Wurzel in eigentümliche Vorsprünge auslaufen, von denen jeweils ein einziger einer Längs- platte der Knochenschuppenwurzel zukommt (Textfig. 3). Hier haftet die Hornschuppe fest. Auf den Längsplatten selbst finden sich dann eigentümliche, diesen Vorsprüngen entsprechende Ver- tiefungen (Fig. 5), zum Unterschied von den dem freien Ende der Schuppe zugehörigen Längsplatten, die auf ihrer ganzen Oberfläche glatt verlaufen. An allen Knochenplatten lassen sich sehr deut- lich eine reiche Anzahl von länglichen Knochenzellen ver- folgen, die mit ihrem Längsdurchmesser nicht etwa dem Umriß der einzelnen Knochenplatten, sondern dem Umriß der Knochenschuppe parallel laufen. Textfig. 4. Scincus officinalis. Eine Schuppe aus der Nacken- gegend (ebensolche breite Schuppen finden sich in einer Medianlinie an der entralseite des Schwanzes). Die Anordnung der beiden Plattenformen, wie wir sie in der Mitte des Körpers vorfinden, läßt sich auf dem Rücken bis zur Schwanzspitze hinaus verfolgen. Auch nach dem Kopfe hin er- leidet diese typische Anordnung keine wesentliche Veränderung, abgesehen davon, daß in der Nackengegend, kurz vor den Kopf- schildern, einige Schuppen eine beträchtliche Breite angenommen haben (Textfig. 4). Sie weisen infolge dieses Umstandes eine größere Anzahl von Längsplatten auf. Im übrigen sind sie ebenso gebaut wie die Rückenschuppen, die ich eben als die typischen Schuppen hingestellt habe. Die Beschuppung der Bauchseite zeigt uns nahezu die Ver- hältnisse des Rückens.. Eine Abweichung von jenen typischen Schuppen finden wir eigentlich nur in den beiden großen Kloaken- schuppen, wo die beiden charakteristischen Plattenformen um eine Bd. XLIV. N. F. XXXVI. 14 210 Hans Otto, große Anzahl polygonaler Knochenplatten herumgelagert sind. Markkanäle finden sich in den polygonalen Platten in großer Zahl. In Textfig. 5 habe ich die rechte Kloakenschuppe abgebildet. Hinter den Kloakenschuppen lassen ‚sich die Knochengebilde in ihrer charakteristischen Lage, allerdings immer dünner werdend, doch bis zur Schwanzspitze ‚hinaus verfolgen. Eine Ausnahme bildet nur eine in der Mittellinie der Ventral- seite des Schwanzes hinziehende breite Schuppenreihe, wo die Schuppen wieder die in Textfig. 4 dargestellten Verhältnisse der Nackengegend zeigen. Textfig. 5. Rechte Kloakenschuppe von Sceincus officinalis. Wenden wir uns nun zur Beschuppung der Extremitäten. Auf der dorsalen Seite der Extremitäten bleibt unter den aller- dings immer kleiner werdenden Schüppchen die charakteristische Anordnung des Rückens erhalten. Recht eigentümliche, und zwar rechteckige Gestalt zeigen die dorsalen, Zehenschuppen. Unter ihnen finden sich Knocheneinlagerungen bis zur Zehenspitze hin, wo sie aber nur noch als ganz dünne Knochenlamellen der Cutis erhalten sind. Die typische Anordnung der Knochengebilde ist mit ihrer charakteristischen Gestalt unter diesen Schuppen ver- Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 211 loren gegangen. Längliche Knochengebilde von unregelmäßiger Gestalt liegen mit polygonalen Formen wirr durcheinander und . bilden, durch die Cutis zusammengehalten, Knochenkomplexe. welche den darüberliegenden Hornschuppen entsprechen. Die Unterseite der Extremitäten zeigt im großen und ganzen die Be- 'schuppung der Bauchseite. Die Gelenkfalte zwischen Rumpf und Oberarm ist, allerdings nur in einem ganz schmalen Streifen, welcher die Falte bildet, frei von Knocheneinschlüssen, während sich solche in der Gelenkfalte zwischen Ober- und Unterarm in ihrer typischen Anordnung vorfinden. In der Haut der Fußsohle und an der Unterseite der Zehen ist die Cutis nur sehr schwach verknöchert. Nur ganz vereinzelt finden wir an diesen Stellen unter den einzelnen Schüppchen lamellenartig dünne unregelmäßige Knochengebilde. Besonders stark ist die Verknöcherung der Cutis am Kopfe in der Schädelgegend. Unter den großen Hornschildern des Schädels findet man jeweils einen Komplex von mächtigen Kalk- platten, die aber hier ihre typische Gestalt ganz verloren haben. ‘Die Eckplatten sind ganz verschwunden. Platten von unregelmäßig länglicher Gestalt sind um eine Anzahl polygonaler Tafeln herum- gelagert. Unter den 6 Hornschuppen aber, die sich um das Auge strahlenförmig zusammenlagern, zeigen die Knochenplatten noch eine recht regelmäßige Anordnung. Die Haut der Augenlider ist unverknöchert. Die kleine schlitzförmige Ohröffnung ist von zwei 'gezähnelten Schuppen überdeckt, in denen wir die regelmäßige An- ordnung der Knochenplatten verfolgen können. Von den Ober- lippenschildern ist das hinterste bis zum Rande hinaus dicht mit starken Knochenplatten besetzt. In den nächsten Schildern sehen wir die Knochengebilde allmählich sehr dünn werden und immer mehr verschwinden. Ganz frei von Knocheneinschlüssen ist nur das vorderste Oberlippenschild, das Rostralschild. Etwas regel- mäßiger gestaltet sich die Beschuppung der Kopfunterseite. In den 5 großen Schuppen des Unterkiefers läßt sich die regel- mäßige Anordnung der typischen Plattenformen, abgesehen von _ der durch die Schuppengröße bedingten Einlagerung der polygonalen “ Platten (Textfig. 5), noch recht gut verfolgen. Die Unterlippen- schilder verhalten sich hinsichtlich ihrer Knocheneinschlüsse wie die Schilder der Oberlippe. Auch hier ist nur das vorderste Schild, das Mentalschild, unverknöchert. Wie ich bereits zu Anfang dieser Beschreibung erwähnt habe, ist das Vorkommen der Längsplatten am Schuppenfuße und am 14* 212 Hans Otto, freien Ende der Schuppe nicht an eine bestimmte Zahl gebunden, sondern in den einzelnen Schuppen recht verschieden. Finden wir doch oft an der proximalen Seite der Knochenschuppen 2 bis 3 solcher Längsplatten, während die distale Seite mit 3, 4, ja so- gar 5 solcher Platten ausgestattet sein kann. Ich glaubte anfäng- lich, daß dieses verschiedene Verhältnis der Anordnung in den einzelnen Schuppen in Beziehung zu den Längsreihen stehen müßte, in denen wir die Schuppen am Körper angeordnet finden. Doch hat sich diese Vermutung nicht bestätigt. Es läßt sich vielmehr nirgends eine besondere Beziehung feststellen. Ich habe nun an den einzelnen Körperstellen immer 30 Schup- pen in bezug auf die Anordnung der Längsplatten untersucht und bin zu folgenden Resultaten gekommen. Die Zahl der Längsplatten an der proximalen Seite der Knochenschuppe bezeichne ich mit a, die der distalen Seite mit b, so daß uns a:b das Zahlenverhältnis ausdrückt, in dem die Längs- platten in den einzelnen Schuppen angeordnet sind. In den fol- genden Tabellen bedeutet A die Anzahl der Schuppen, welche das rechts dabeistehende Zahlenverhältnis zeigten. Am Rücken, in der Gegend über den vorderen Extremitäten konnte ich bei 30 Schuppen folgende Anordnung der Längsplatten feststellen: A a:b 1 3:6 14 3:5 10 3:4 il 2:5 1 DT: 2 2:3 1 2:2 Hieraus resultiert, daß in der Gegend der vorderen Extremi- täten, am Schuppenfuße (d. h. in der proximalen Reihe) die Zahl 3 am häufigsten ist, und daß wir an der distalen Seite meist eine oder 2, manchmal sogar 3 Längsplatten mehr vorfinden als an der proximalen Schuppenseite. Caudalwärts können wir dann eine Abnahme der Längsplatten verfolgen. Schon in der Mitte des Rückens sehen wir an der Schuppenwurzel vorwiegend nur 2 solcher Platten vorkommen, während an der distalen Schuppenseite meistens 3 und nur noch vereinzelt 4 Längsplatten auftreten. In dieser Körpergegend zeigten 30 Schuppen folgende Zusammensetzung: Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 213 A | a:b 3 | 3:4 3 3.3 6 2:4 13 | 2:3 5 | 2:2 Auf der Bauchseite treten uns genau dieselben unregelmäßigen Verhältnisse in der Anordnung entgegen; auch dort läßt sich kaudalwärts in den Schuppen eine Abnahme der Längsplatten verfolgen. Gongylus ocellatus Forsk. Gongylus ocellatus FOrsk. (Scincus ocellatus GERY.), der in den Mittelmeerländern vorkommt, besitzt 4 mäßig stark ausge- bildete Beine mit je 5 Zehen. In seiner Beschuppung hat er große Aehnlichkeit mit Scincus officinalis. Auch bei ihm finden wir den ganzen Körper mit einem regelmäßigen Panzer von dachziegelig sich deckenden Schuppen bekleidet. Am Rumpfe können wir eine dem Verlauf der Segmente entsprechende Anordnung in Schräg- linien verfolgen. Es entsprechen 2 solcher Schräglinien immer einem Segment (einem Myomer). Auf dem ganzen Rücken des Tieres, bis zur Schwanzspitze hinaus, sehen wir zwischen den einfarbigen graugelben Schuppen, ohne besondere Anordnung, zahlreiche dunklere Schuppen einge- streut, die durch stärkere Pigmentierung lebhaft braun gefärbt und in der Mitte mit einem weißen Längsstreifen versehen sind. Doch zeigen diese beiden äußerlich so auffällig verschiedenen Schuppenformen in bezug auf ihre Knochenschuppe ganz über- einstimmende Verhältnisse. Auch bei Gongylus (wie bei Scincus) vereinigen sich eine Anzahl Knochenplatten von verschiedener Ge- stalt zu einer einzigen Knochenschuppe, die stets einer ihr über- gelagerten Hornschuppe entspricht. Die Knochenschuppe von Gongylus weicht allerdings von der Scincus-Knochenschuppe ganz beträchtlich ab. Sie ist viel komplizierter gebaut (Textfig. 6). Während bei der Scincusschuppe die der Schuppenwurzel ent- sprechenden Längsplatten, abgesehen von den Einsenkungen, nach dem Rande hin vollständig glatt verlaufen, sehen wir bei Gongylus an dieser Stelle Vertiefungen von sehr unregelmäßiger und wech- selnder Gestalt eingesenkt (Fig. 6). Es sind dies die schon von Levoıg beschriebenen Markräume. 214 j Hans Otto, Die am freien Ende der Schuppe liegenden Längsplatten sind denen von Scincus äußerst ähnlich. Auch sie zeichnen sich durch den Besitz zahlreicher Markkanäle aus. Die typische Form, wie wir sie bei Seincus an den freiliegenden Ecken einer jeden Knochen- schuppe wahrnehmen konnten, hat bei Gongylus eine für diese Species charakteristische Abänderung erfahren. Sie ist durch Spaltung in 2 typische Knochenplatten zerfallen, von denen die nach innen liegende winkelförmige Gestalt angenommen hat, die äußere hingegen, allerdings in kleinem Maßstabe, wieder die typische Eckform von Seincus zeigt. In Fig. 7 sehen wir diese beiden, für Gongylus charakteristischen Plattenformen abgebildet. Die nächste Figur dieser Tafel (Fig. 8) zeigt uns einige polygonale Knochenplatten, wie wir solche in großen Schuppen zwischen den typischen Randplatten eingelagert vorfinden. Textfig. 6. Rückenschuppe von Gongylus ocellatus. Die Zusammenlagerung dieser verschiedenen Knochenplatten zur charakteristischen Gongylus-Knochenschuppe ersehen wir aus Textfig. 6. Sie stellt uns eine jener dunklen Schuppen mit weißem Längsstreifen aus der Mitte des Rückens dar. (Der weiße Streifen erscheint uns in der Abbildung dunkel, weil die Schuppe im durch- fallenden Lichte gezeichnet ist). Im freiliegenden Teil der Schuppe finden wir unter der Hornschuppe, die hinsichtlich ihrer Form > Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 215 und ihrer Vorsprünge am Fuße sehr an die Hornschuppen des Scincus erinnert, in der obersten Schicht der Cutis eine reiche Pigmentanhäufung. Auch bei der Gongylus-Knochenschuppe sind in den einzelnen Knochenplatten nur unter diesem pigmentierten Teil Markkanäle ausgebildet. So sind die dem freien Schuppenende entsprechenden Längsplatten von zahlreichen, oft 10 Markkanälen ! N N | \ EN i ” 2 SR | R er ee 38 \ CE a ah | Ma N S\ y R\ | / »>1 a DEE _ _____. Ä P: GG ar | 2 A h7 ir He —---------f 4 ars vr 7 \ı | f fi ”j % 1 } Br ‘ Dr | RUE! a EX 207 Nbgf | * RF + A I 2 { 2 dr N Se; / ED x / )) R: N Nr \ N / 7 N x y / 7 are \ x | \ ig FR Y MH | \ FE 2 . | U y; Be... - \ Fe I, \ jinz ST \ BR a y % h DIT A 7 Re re Textfig. . Gongylus ocellatus. Knochenplatte der proximalen Schuppenseite, die Markräume zeigend. durchbohrt, die auf den einzelnen Knochengebilden meist ohne be- sondere Anordnung, manchmal aber in einer oder gar 2 Längs- reihen liegen. Durch diese Kanäle setzt sich, wie ja bereits von LeyvvıG richtig erwähnt wurde, das Bindegewebe der unteren Qutis- schicht mit dem der oberen in Verbindung. Durch sie führen auch Blutgefäße und Nerven nach oben. Die der Schuppenwurzel entsprechenden Knochenlängsplatten zeigen nur an ihrem oberen Ende, und da nur einige wenige, höchstens 3 Markkanäle. Die Winkelplatten sind nur sehr selten von solchen Kanälen durch- 216 Hans Otto, setzt, während die Eckplatten, wenigstens am Rumpfe, immer ganz davon frei sind. Die bereits erwähnten merkwürdigen Vertiefungen in den der Schuppenwurzel zugehörigen Längsplatten sind, wie vor- stehende Figur (Textfig. 7) zeigt, dicht mit zahlreichen rundlichen, teilweise auch polygonalen blasigen Gebilden ausgefüllt. Anfäng- lich konnte ich für diese merkwürdigen Gebilde keine Erklärung finden und stand auch den Angaben von LEYDIG etwas mißtrauisch gegenüber. Erst nachdem ich einige Schuppen mit Pikrokarmin gefärbt und sie dann mit Glyzerin aufgehellt hatte, gelang es mir, Mr -.- Kms hns Mk gr Textfig.. 88 Gongylus ocellatus. Rückenschuppe aus der Hals- resp. Nackengegend. hierüber näheren Aufschluß zu erlangen. Ich fand LeyYpısGs An- gaben bestätigt, denn jene polygonalen und rundlichen Gebilde er- wiesen sich deutlich als Fettzellen, zwischen denen hindurch ich außerdem deutlich den Verlauf von Blutgefäßen verfolgen konnte. Letztere bestehen, wie Textfig. 7 zeigt, aus einem zu- und einem abführenden Ast, die durch Seitenäste miteinander in Verbindung stehen. Außerdem konnte ich auf den einzelnen Knochenplatten, wie dies ja auch bereits LeypıG gesehen hat, Knochenzellen mit deutlich sichtbarem Kern beobachten, die mit ihrem Längsdurch- messer im wesentlichen dem Umriß der Knochenschuppe parallel laufen. Die Verhältnisse, wie sie uns Textfig. 6 zeigt, beziehen sich jedoch nur auf die Mitte des Rückens. ‚Nach dem Kopfe, ebenso .. 8 Die Beschuppung der Brevilinguier nnd Ascalaboten. 217 nach dem Schwanze hin, zeigen sich beträchtliche Abänderungen. In den Schuppen der Rückenmitte sahen wir auch in den Winkel- platten mächtige Markräume ausgebreitet. Nach dem Kopfe hin werden diese immer kleiner, um in der Halsregion auf vielen Schuppen sogar ganz zu verschwinden. Außerdem ist in der Gegend des Halses die von Scincus ererbte Eckplatte sehr oft in 3 Teile, 2 Winkelplatten und eine kleine Eckplatte, zerlegt (Textfig. 8). Verfolgen wir nun die Verhältnisse der Beschuppung von der Mitte des Rückens kaudalwärts. Schon in der Gegend der hinteren Extremitäten sind die Markräume auf den Winkelplatten ver- schwunden. Auch auf den Längsplatten werden sie allmählich immer kleiner, bis sie am Ende des ersten Schwanzdrittels auch auf diesen ganz verloren gegangen sind. Mit diesem Vorgang Hand in Hand geht folgender: Schon in der Gegend über den hinteren Extremitäten rückt der Teilungspalt der Eckplatte all- mählich immer weiter nach außen, wodurch natürlich die Winkel- platte an Größe immer mehr zunimmt, die Eckplatte aber kleiner und kleiner wird. Schon am Ende des ersten Schwanzdrittels ist von den beiden typischen Plattenformen, wie sie in Fig. 7 darge- stellt sind, nichts mehr zu sehen. Es resultiert aus diesem Vor- gang eine einzige Knochenplatte, die voll und ganz der typischen Scincuseckplatte entspricht. Von dieser Stelle an zeigt also die dorsale Seite des Schwanzes die typische Scincus-Schuppe, ohne Markräume und ohne Winkelplattee Eine Schuppe aus dieser Gegend habe ich in Textfig. 9 abgebildet. Aus dieser Abbildung ist ferner ersichtlich, daß in dieser Körperregion hauptsächlich die Längsplatten des Schuppenendes an Mächtigkeit sehr eingebüßt haben. Doch sind die Knochengebilde der Cutis bis zur Schwanz- spitze hinaus deutlich zu verfolgen, wobei uns auffällt, daß, ob- wohl die Schüppchen immer kleiner werden, doch dem mittleren Teil derselben zwischen den typischen Knochenplatten oft einige polygonale Plättchen eingesprengt sind. Untersuchen wir nun die Beschuppung der Bauchseite. In der Mitte des Bauches finden sich genau dieselben Verhältnisse, wie sie uns Textfig. 6 vom Rücken zeigt. Wir finden auch hier in den Längsplatten der Schuppenwurzel und in den Winkelplatten jene unregelmäßigen Markräume, in ihnen eine Anhäufung von Fettzellen, durch die sich auch hier wieder stark verästelte Blut- gefäße hindurchschlingen. Diese Verhältnisse sehen wir bis zu den großen Kloakenschuppen hin erhalten. Die Kloakenschuppen 218 Hans Otto, zeigen mit denen von Sceincus eine große Aehnlichkeit, denn auch hier sind die typischen Knochenplatten um eine reiche Anzahl von polygonalen, von Markkanälen durchsetzten Knochentafeln herumgelagert. | Textfig. 9. Gongylus ocellatus. Schuppe aus der Dorsalseite des Schwanzes (erstes Schwanzdrittel). Hinter den Kloakenschuppen treten auch an der Ventralseite des Schwanzes rasch die Veränderungen ein, wie wir sie bereits an der dorsalen Seite des Schwanzes beobachtet haben. Am Ende des ersten Schwanzdrittels ist die Winkelplatte ganz verschwunden und von den Markräumen keine Spur mehr vorhanden. Auf- fallend erscheint noch, daß in der Schwanzgegend das Auftreten der Haversschen Kanäle ein überaus reiches ist, so daß hier sogar die Eckplatten, die doch am ganzen Körper davon frei sind, oft von Markkanälen durchsetzt werden. (Dies dürfte wohl ein weite- rer Beweis gegen E. BLANCHARDS irrige Behauptung sein. Denn gerade der Umstand, daß das Tier die Markkanäle in den Schuppen des Schwanzes in größter Zahl aufweist, dürfte für eine respi- ratorische Tätigkeit der Schuppe wohl kaum sprechen.) Die Extremitäten schließen sich in ihrer Beschuppung wieder eng an die der Rücken- resp. der Bauchseite an. Die Um- wandlungen der Knochenschuppe, wie wir sie eben in den Schwanz- schuppen verfolgen konnten, tritt auch hier ein, so daß schon in der Mitte des Oberarms die Winkelplatte und die Markräume MN Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 219 ganz verschwunden sind. Abgesehen hiervon, kann man auf der dorsalen Seite der Extremitäten unter den einzelnen Schuppen die Knochenplatten in ihrer charakteristischen Lage bis zu den Zehen- spitzen hinaus verfolgen. Auch die Unterseite der Extremitäten ist mit dieser typischen Knochenbepanzerung ausgestattet, abge- sehen von der Fußsohle und der Unterseite der Zehen, wo die Cutis ganz frei von Knochengebilden ist. Die Gelenkfalte zwischen Ober- und Unterarm zeigt die Knochenplatten in unveränderter Weise in die Haut eingeschlossen. In der Gelenkfalte zwischen Oberarm und Rumpf hingegen sehen wir auf einer ganz schmalen Fläche die Haut sehr dünn und geschmeidig werden ; sie verliert ihre Beschuppung und enthält auch keine Knocheneinlagerungen. Eine Sonderstellung nimmt die Beschuppung wieder am Kopfe ein. Unter den großen Hornschildern des Schädels zeigen sich auch hier wieder Verknöcherungen erheblicherer Natur als an allen übrigen Körperstellen. Die Anordnung der Knochenplatten unter diesen Schildern entspricht der von Scincus vollkommen. Die Knochenbildungen der Cutis unter den großen Hornschildern über dem Parietale und Frontale sind so eng mit diesen Schädelknochen verschmolzen, daß es unmöglich ist, an dieser Stelle die Haut ab- zutrennen. Unter den Schildern des Oberkiefers ist die typische Anordnung der Knochengebilde nicht mehr wahrzunehmen. Sie sind hier sehr dünn geworden und haben die Gestalt polygonaler Plättchen angenommen, die von zahlreichen Markkanälen durch- setzt sind. Die Hautfalte des Auges, die den schuppenförmigen Charakter verloren hat, ist frei von Verknöcherungen. Ebenso finden sich solche in den Schildern, die die Nasenöffnung umgeben, nicht vor. Das letzte Oberlippenschilderpaar zeigt uns bis zum Rande hinaus zahlreiche lamellenartig dünne Knochengebilde von verschiedenster Gestalt. In den folgenden Schildern sehen wir diese Knochenplättchen nur noch ganz vereinzelt auftreten und schließlich ganz verschwinden, so daß die 5 vorderen Oberlippen- schilder ganz frei von Knocheneinlagerungen sind. Etwas regel- mäßiger gestaltet sich die Beschuppung der Kopfunterseite. Die Beschuppung des Bauches bleibt bis zu den 5 großen Unterkiefer- schildern hin in unveränderter Weise erhalten, und selbst unter diesen ändert sie sich eigentlich recht wenig. Nur daß eben auch hier infolge ihrer Größe eine Einlagerung von polygonalen Plättchen zwischen die typischen ‚Randplatten statthat (vergl. Textfig. 5 von Scineus). Das Mentalschild ist ganz frei von Verknöcherungen, aber schon unter dem folgenden Schilderpaar können wir einige 220 Hans Otto, dünne Knochenplättchen wahrnehmen. Das zweite Paar ist schon dichter, das dritte vollständig mit Knocheneinlagerungen von aller- dings äußerst unregelmäßiger Gestalt, belegt. Interessant ist es nun, auch hier das Zahlenverhältnis zu studieren, in dem die Längsplatten der Schuppenwurzel zu denen des freiliegenden Schuppenendes stehen. Dieses Verhältnis ist bei Gongylus ein viel konstanteres als bei Scincus. Ich habe auch hier von den einzelnen Körperstellen immer 30 Schuppen unter- sucht. Von diesen fand ich am Rücken: a) in der Mitte des Rückens 26 (3:4) und 4 (3:5) b) in der Halsgegend 10 (3:4) und 20 (8:5) c) in der Schwanzgegend 2 (8:6), 5 @:5), 14 8:4), 9 (23). Während also das Verhältnis am Rumpfe ein recht konstantes ist, finden wir am Schwanze, wo ja schon die Schuppe sehr an die Scincusknochenschuppe erinnert, ein sehr unregelmäßiges Lagen- verhältnis der Schuppenlängsplatten, und zwar genau so unregel- mäßig, wie wir es bei Scincus am ganzen Körper angetroffen haben. Ich möchte nun noch kurz die Resultate angeben, die ich in dieser Hinsicht an den Schuppen der Bauchseite des Tieres fest- stellen konnte. Sie entsprechen im großen und ganzen den Be- funden von der Dorsalseite. Ich fand folgende Lagerung: a) in der Mitte des Bauches 3 (8:5), 2 8:3), 25 (8:4) b) in der Gegend der vorderen Extremitäten 23 (3:4) und 2 (3:5). An der Ventralseite des Schwanzes ist dieses Verhältnis wieder äußerst unregelmäßig, doch überwiegt auch dort das Lagenverhält- nis (3:4) bei weitem. Seps chaleides Boxar., spanische Erzschleiche, Seps chalcides Bonar. (Seps tridactylus SICHERER, Seps lineatus) lebt in Spanien, Südfrankreich, Italien und Nordafrika und hält sich dort besonders gern in feuchten Wiesen auf. Von seiner Körperlänge, die etwa 35 cm beträgt, entfällt ungefähr die Hälfte auf den Schwanz. Die Extremitäten sind sehr schwach ausgebildet; man findet 4 kleine, kaum mehr als 1 cm lange Beinchen, von denen ein jedes 3 Zehen trägt. EN Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 221 In seiner Beschuppung schließt sich nun S. chalcides sehr eng an den äußerlich sehr von ihm verschiedenen Gongylus an, Diese Uebereinstimmung in der Beschuppung ist an allen Köper- stellen so groß, daß ich mir bei Seps die Anfertigung von Ab- bildungen ersparen konnte. Ich werde vielmehr in der Beschrei- bung auf die bei Gongylus angefertigten Textfiguren verweisen. Textfig. 6 (die typische Schuppe von Gongylus) stellt uns also gleichzeitig die charakteristische Knochenschuppe von Seps dar. Auch bei Seps finden wir jene typischen Winkelplatten und auf ihnen, wie auf den Längsplatten der Schuppenwurzel jene merkwürdigen Markräume. Diese sind mit Fettzellen und Binde- gewebe ausgefüllt, in das hier Pigmentzellen (allerdiugs nur ver- einzelt) eingestreut sind. Außerdem sind auch hier die Markräume von Blutgefäßen durchzogen. Die Markkanäle verhalten sich hinsichtlich ihrer Zahl und Anordnung auf den einzelnen Platten genau wie bei Gongylus. Kurz vor dem Kopfe werden die Schuppen etwas breiter. Die Folge ist, daß wir an der proximalen Schuppenseite meist 4, an der distalen Seite 5 bis 6 Längsplatten vorfinden. Abgesehen von dieser kleinen Abweichung hat sich die typische Beschuppung des Rückens bis zum Kopfe hin erhalten. Die Markräume sind zum Unterschied von Gongylus auch noch in dieserGegend in unver- änderter Weise auf den Winkelplatten und auf den Längstafeln der Schuppenwurzel vorhanden. Die ursprüngliche Eckplatte hat kurz vor den Schildern des Schädels eine Dreiteilung erfahren, so daß sie hier ebenso wie bei Gongylus aus 2 Winkelplatten und einem Eckplättchen besteht (Textfig. 8). Kaudalwärts treten uns dieselben Verhältnisse wie bei Gon- gylus entgegen. Wir können hier ebenfalls ein allmähliches Ver- schwinden der Winkelschuppe verfolgen, so daß schon am Ende des ersten Schwanzviertels nur noch die typische Scincus-Knochen- schuppe mit einer ungeteilten Eckplatte übrig ist. Zum Unter- schied von Gongylus sind hier noch die Markräume erhalten und auf einer kleinen Strecke sogar auf den Eckplatten wahrzunehmen. Schon in der Mitte des Schwanzes aber sind diese Markräume auf allen Platten ganz verschwunden, so daß wir also auch bei Seps nach dem Schwanzende hin die typische Scincus-Knochenschuppe, ohne Winkelplatte und ohne Markräume, vorfinden. Ebenso wie bei Gongylus finden wir auch bei Seps ein sehr regelmäßiges, nahezu konstantes Verhältnis zwischen den an der Schuppen- wurzel und am freien Schuppenende liegenden Längsplatten. Von 222 Hans Otto, 30 Schuppen aus der Mitte des Rückens zeigten 29 das Zahlen- verhältnis 3:4 und nur eine einzige das Verhältnis 3:5. \ Die Ventralseite zeigt im wesentlichen die Beschuppung. des Rückens. Wir begegnen hier ebenfalls dem dort beobachteten konstanten Zahlenverhältnis der Längsplatten, den merkwürdigen Markräumen und der typischen Winkelplatte. Abgesehen davon, _ daß wir nach dem Kopfe hin (wie auf der Rückenseite) in der Gegend der vorderen Extremitäten öfters 2 Winkelplatten und ein kleines Eckplättchen vorfinden, erleidet die Knochenschuppe keine weitere Veränderung. Ebenso sind die Verhältnisse kaudal- wärts bis zur Mitte des Schwanzes. Erst dort setzt ein allmäh- liches Verschwinden der Winkelplatten und der Markräume ein, so daß auch auf der Ventralseite des Schwanzes gegen das Ende hin die typische Seincus-Knochenschuppe resultiert. Die schwachen Extremitäten tragen gut ausgebildete Knochenschuppen, die aber ebenfalls ihre Winkelplatten und Mark- räume verloren haben. Die Knochengebilde sind auf der dorsalen Seite bis zu den Zehenspitzen hinaus erhalten. Auf der Ventral- seite der Extremitäten begegnen wir einer ausgedehnteren Ver- knöcherung der Cutis als bei den bisher beschriebenen Sauriern. In bereits erwähnter Anordnung lassen sich dort die Knochen- platten bis zur Fußsohle hin verfolgen, wobei sie in unveränderter Weise auch durch die Cutis beider Gelenkfalten hindurchziehen. Bei Seps sind auch in der Haut der Fußsohle Knocheneinschlüsse vorhanden, ja sogar in der Ventralseite der Zehen sind in die Cutis vereinzelt dünne Kalkplättchen eingesprengt. Daß bei Seps auch in denjenigen Hautpartien. Knocheneinschlüsse angetroffen werden, wo bei anderen Sauriern die Haut rein bindegewebigen Charakter trägt, läßt sich leicht erklären. Bei jenen Sauriern würden Verknöcherungen in der Haut der Bewegung der Glied- maßen entgegentreten. Deshalb sind sie durch Anpassung dort rudimentär. geworden. Bei Seps aber haben sie sich an diesen Körperstellen erhalten können, da ja bei ihm die Extremitäten wohl kaum noch der Fortbewegung dienen, also die Knochen- einschlüsse der Cutis auch nicht störend wirken. Der Kopf zeigt uns hinsichtlich seiner Beschuppung eigentlich nichts Neues, sondern schließt sich hierin ganz eng an Gongylus und Seincus an. Wir finden dieselbe Anordnung der Knochen- platten unter den großen Schildern des Schädels und unter den 6 Hornschuppen, die sich, wie bei Scincus, strahlenförmig ober- halb des Auges zusammenlagern. Auch hier sind die Hautknochen N > Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 223 aufs engste mit den Schädelknochen (Parietale, Frontale und Nasale) verwachsen. Die Supralabialschilder zeigen alle eine starke Verknöcherung, auch das Rostralschild ist nicht ganz frei von Knochenelementen, denn wir sehen in seinem inneren Rande deut- lich dünne Knocheneinlagerungen. Auch die Unterseite des Kopfes schließt sich in ihrer Beschuppung eng an Seincus resp. Gongylus an. Vor den großen Schuppen des Unterkiefers finden wir in der Knochenschuppe noch Markräume und die typische Winkelplatte. In den großen Schuppen aber sind beide ganz verschwunden. Zwei Eckplatten und eine Anzahl von Längstafeln lagern sich um poly- gonale Tafeln herum, genau wie wir dies schon bei Scincus und Gongylus beobachtet haben. Alle Sublabialschilder sind stark ver- knöchert, und das ‚vorderste, das Mentalschild, zeigt nur an seinem äußeren Rande eine unverknöcherte Cutis. Lygosoma tenue Gray, Schillerechse. Diese Art hat ihre Heimat in Neusüdwales. Die Beschuppung dieses Sauriers gestaltet sich wesentlich einfacher als die der bis- her beschriebenen Arten, zeigt aber doch sehr interessante Ver- hältnisse. Die typische Knochenschuppe von Lygosoma ist äußerst einfach gebaut. Sie besteht nur aus 3 Knochenplatten, aus 2 Eck- tafeln und einer einzigen, vom Schuppenfuße nach dem freien Ende der Schuppe verlaufenden Längsplatte. In Fig. 9 und Fig. 10 habe ich diese beiden Plattenformen dargestellt. Markräume, wie wir sie bei Gongylus vorfanden, kommen den Knochenplatten nicht zu, während wir Markkanäle auf allen 3 Platten, doch nur in dem von den vorhergehenden Schuppen unüberdeckten Teil derselben, in reicher Anzahl vorfinden können. Textfig. 10 stellt uns eine Abbildung von einer Schuppe aus der Mitte des Rückens dar und gibt uns ein deutliches Bild von der typischen Beschuppung von Lygosoma. Kaudalwärts finden wir diese charakteristische Anordnung der 3 Knochenplatten bis zum Schwanze hin erhalten. Wir können sie sogar noch auf der dorsalen Seite des Schwanzes, jedoch nur im ersten Abschnitt, ungefähr im ersten Drittel, verfolgen. Dort treten dann in der Medianlinie einige breite Schuppen auf, die zwischen den beiden Eckplatten nicht nur eine, sondern 7, oft 8 solcher langer Knochen- platten aufweisen. An diese Schuppen reihen sich dann nach dem Schwanzende hin immer kleiner werdende Schüppchen an, die aber trotzdem zwischen den beiden typischen Eckplatten oft 2, manchmal auch 3 solcher Längsplatten besitzen. 224 Hans Otto, Merkwürdig gestalten sich die Verhältnisse nach dem Kopfe hin. Die typische Lagerung der 3 Platten, wie sie uns Textfig. 10 zeigt, ist bis in die Nackengegend erhalten. Von dort ab aber läßt sich allmählich eine merkwürdige Umwandlung wahrnehmen, Nebenstehende 4 Textfiguren sollen uns diese im Bilde vorführen. In Textfig. 11 sehen wir, daß eine der Teilspalten eine Gabelung erfahren hat. Wir finden also nunmehr neben den 3 großen Textfig. 11. Lygosoma tenue. Rückenschuppe aus der Gegend der vorderen Extremitäten. Knochenplatten in der Schuppe noch eine kleinere Platte vor, die sich aber bald auf Kosten der großen Längsplatte vergrößert. Dieser Prozeß hat dann sein Ende erreicht, wenn sich der eine Ast der Gabel mit dem noch unveränderten Teilspalt vereinigt hat. Hierdurch kommt dann eine Schuppe zustande, wie sie uns Textfig. 12 zeigt. In ihr ist die ursprünglich durchlaufende Längs- platte in zwei nahezu gleich große Teile zerlegt, von denen der ee Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 225 , eine der Schuppenwurzel, der andere dem freien Ende der Schuppe entspricht. Durch Längsteilung der kaudalwärts liegenden Platte kommen wir zu der in Textfig. 13 dargestellten Schuppe, wie wir sie kurz vor den Schildern des Schädels antreffen. Neben solchen finden sich dort noch vereinzelte Schuppen, die am Schuppenfuße 2, am freien Schuppenende 3 solche Längsplatten aufweisen. Wir ---12p -hms gr Textfig. 12. Lygosoma tenue. Schuppe aus der Gegend über den vorderen Extremitäten. Textfig. 13. Lygosoma tenue. Schuppe aus der Nackengegend. können diese durch nochmalige Teilung der Längsplatten aus der vorigen Schuppe entstanden denken, oder aus Textfig. 11 ableiten durch Entstehung eines kleinen Spaltes, der den schrägen Spalt mit dem zweiten Hauptspalt verbindet. Die Bauchseite zeigt nicht dieselbe Beschuppung wie der Rücken. Sie ist durch komplizierter gebaute Schuppen ausge- stattet, die schon in der Mitte des Bauches neben den 2 typischen Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 15 226 Hans Otto, Eckplatten eine Längsplatte an der proximalen und 2 solche Platten an der distalen Seite der Schuppe besitzen. Textfig. 13 gibt uns somit auch ein Bild für die der Bauchseite eigene Be- schuppung. In dieser Form können wir die Knochentafeln der Bauchseite bis zu den großen Kloakenschuppen verfolgen. Letztere haben in der Anordnung ihrer Knochenplatten eine große Aehn- lichkeit mit den Kloakenschuppen von Scincus, denn wir finden auch hier die typischen Plattenformen um eine große Anzahl poly- gonaler Tafeln herumgelagert. Schon bald hinter den Kloaken- schuppen geht die Beschuppung allmählich in die typische Be- schuppung des Rückens über, so daß schon am Ende des ersten Schwanzdrittels die Knochenschuppen wie dort nur noch aus 3 Platten zusammengesetzt sind. Weiter nach dem Schwanzende sehen wir ebenso wie auf der dorsalen Schwanzseite oft 2 und auch 3 Längsplatten zwischen den Eckplatten liegen. Auch hier finden sich in der Medianlinie einige außergewöhnlich breite Schup- pen, die sogar 9 bis 10 solcher langer Knochenplatten aufweisen. Das Bild einer solchen Schuppe zeigt uns Textfig. 14. Textfig. 14. Lygosoma tenue. Schuppe von der Ventralseite des Schwanzes. Recht interessant gestaltet sich auch die Beschuppung der Extremitäten. Wir begegnen !dort denselben Umwandlungen der Knochenschuppe, wie wir sie eben in der Nackengegend, nach den Schildern des Kopfes hin verfolgen konnten. Schon in der Mitte des Oberarmes finden wir auf der Dorsalseite die an Scincus erinnernden Knochenschuppen, die hier bereits vorwiegend die Lagerung 2:3 und 3:3 aufweisen (ähnlich wie Textfig. 3). In dieser Anordnung können wir sie unter den immer kleiner werden- (len Schüppchen bis zur Zehenspitze hinaus verfolgen. Auf der Ventralseite treffen wir dieselbe Anordnung der Knochenplatten Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 227 an. Die Gelenkfalte zwischen Rumpf und Oberarm ist wie bei den bereits beschriebenen Sauriern nur auf einem ganz schmalen Spalt frei von Knocheneinschlüssen. Dicht besetzt mit Knochen- platten in typischer Anordnung ist hingegen die Gelenkfalte zwischen Ober- und Unterarm. Die Fußsohle und die Ventralseite der Zehen haben eine unverknöcherte Cutis. Auch bei Lygosoma zeigt die Haut über den Schädelknochen eine sehr starke Verknöcherung. Hier sind die Hautknochen ebenfalls wieder mit den einzelnen Schädelknochen so eng ver- wachsen, daß es unmöglich ist, die Haut über dem Parietale, Fron- tale und dem Nasale loszulösen. Die Knochenplatten unter den Hornschildern des Schädels erinnern in Gestalt und Lagerung sehr an die von Scincus. Die Supralabialschilder sind dicht mit Platten von sehr unregelmäßiger Form besetzt. Das Rostralschild zeigt keine Verknöcherung. Ebenso sind die Augenlider frei von Knocheneinschlüssen. In den großen Schuppen des Unterkiefers sind die typischen Knochenplatten wie auch bei den übrigen Sauriern um einige polygonale Platten herumgelagert, die von zahl- reichen Markkanälen durchbrochen sind. Die Sublabialschilder sind bis zum Rande hinaus mit dünnen unregelmäßigen Knochen- platten besetzt, und nur das Mentalschild ist unverknöchert. Acontias burtoni GraY, Blindechse. Acontias burtoni GrAY wird auf Ceylon häufig angetroffen. Der Körper ist walzenförmig, die Vorder- und Hinterbeine sind stark verkümmert und nur noch als 1—2 mm lange Stümmelchen erhalten. Mir stand ein 12 cm langes Exemplar zur Verfügung. Von einer Abbildung der einzelnen Plattenformen konnte ich auch hier Abstand nehmen, da wir in den Knochenschuppen aller Körperstellen Platten von bekannter Form vorfinden. In Textfig. 15 habe ich eine Schuppe aus der Rückenmitte abgebildet. Aus ihr ersehen wir auf den ersten Blick, daß die Teilung der ursprünglichen Eckplatte hier noch weiter fortgeschritten ist, als wir dies beispielsweise in der Nackengegend von Gongylus beobachtet haben (Textfig. 8). Wir finden sie nämlich in allen Schuppen der Rückenmitte in 4 Teile, 3 Winkelplatten und 1 Eck- plättchen, gespalten. Markräume fehlen bei Acontias den Längs- tafeln der proximalen Schuppenseite. Markkanäle aber sind auch hier an den bereits bei anderen Sauriern beschriebenen Stellen der Knochenschuppe recht häufig. Von den Winkelplatten trägt nur 192 228 Hans Otto, die innerste solche Kanäle, während die beiden nach außen liegen- den Winkelplatten und das Eckplättchen undurchbrochen sind. Die Knochenkörperchen, die sich auch hier deutlich erkennen lassen, laufen mit ihrem Längsdurchmesser dem Umfang der Knochen- schuppe parallel. Textfig. 15. Acontias. Schuppe aus der Gegend über den vorderen Extremitäten. Die Zusammensetzung der Knochenschuppe aus den einzelnen Platten ist am ganzen Körper eine recht regelmäßige. Am Schuppen- fuße treffen wir am ganzen Rumpfe immer nur 2 Längsplatten an, während die Zahl der Längsplatten an der distalen Schuppenseite vom Kopfe nach dem Schwanze hin abnimmt. In der Kopfgegend überwiegt die Zahl 4, aber schon in der Mitte des Körpers finden wir am freien Schuppenende von 30 Schuppen bei 21 schon 3 und nur bei 9 noch 4 solcher Längstafeln. Dieses Verhältnis ist bis in die Gegend der hinteren Extremitäten erhalten. Auf der dor- salen Seite des Schwanzes ist die Reduktion der Längsplatten an der distalen Seite noch weiter fortgeschritten, so daß dort von 30 Schuppen nur 10 noch 3, aber schon 20 nur 2 Längsplatten aufweisen. Eine Schuppe mit der Lagerung 2:2, aus der Mitte der dorsalen Schwanzseite, stellt uns Textfig. 16 dar. In dieser Anordnung sind die Schuppen dann bis zum Schwanzende hin zu verfolgen. Hand in Hand mit der Abnahme der Längsplatten des freien Schuppenendes läßt sich kaudalwärts eine Abnahme der Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 229 Teile der ursprünglichen Eckplatte konstatieren. In den Schuppen aus der Gegend der hinteren Extremitäten finden sich nur noch 3 solcher Platten, und schon in der Mitte des Schwanzes sind nur noch 2 Teile vorhanden, nämlich eine Winkel- und eine Eckplatte, wie wir sie in der typischen Gongylus- und Seps-Schuppe beob- achtet haben. Textfig. 16. Acontias. Schuppe aus der Mitte der Schwanzgegend. Die Bauchseite schließt sich in ihrer Beschuppung ganz eng an die des Rückens an. Kaudalwärts lassen sich hier genau dieselben Verhältnisse wahrnehmen, wie ich sie eben vom Rücken ausführlich beschrieben habe. In der Gegend der vorderen Ex- tremitäten fand ich bei 30 untersuchten Schuppen ausschließlich das Zahlenverhältnis 2:4. Nach den Kloakenschuppen hin sehen wir dann an der distalen Schuppenseite die Zahl 3, und auf dem Schwanze die Zahl 2 überwiegen. Die Schuppen von der Mitte der Ventralseite des Schwanzes zeigen nach dessen Ende hin also ebenfalls die in Textfig. 16 angegebene Zusammensetzung. Nur die kleinen Schüppchen der Schwanzspitze machen insofern eine Ausnahme, als sie an der proximalen Schuppenseite nur eine einzige Knochentafel besitzen, der 2 Tafeln am freien Schuppen- ende entsprechen. 230 Hans Otto, Die Extremitäten sind, wie ich bereits erwähnt habe, nur als kleine, ungefähr 1I—2 mm lange Stümmelchen angelegt, an denen sich Zehen nicht erkennen lassen. Unter den kleinen Horn- schüppchen dieser Höckerchen sind deutlich ausgebildete Knochen- schuppen wahrzunehmen, die in Zahl und Anordnung ihrer einzel- nen Platten ganz der Beschuppung der umgebenden Körperstellen entsprechen. Die Verknöcherungen unter den Schildern des Schädels zeigen uns die Eigenschaften der bereits beschriebenen Arten und sind ebenfalls mit den Schädelknochen eng verwachsen. Das obere Augenlid fehlt, das untere ist nur schwach ausgebildet und un- verknöchert. Die Oberlippenschilder sind dicht mit Knochen- einschlüssen belegt, während wir solche in dem Rostralschild nur im innern Rande beobachten können. Die großen Schuppen des Unterkiefers erinnern in Gestalt und Anordnung der Knochen- platten sehr an die von Seincus. Die schmalen Unterlippenschilder tragen nur noch lamellenartig dünne Knochengebilde von äußerst unregelmäßiger Gestalt, die wir schließlich im Mentalschild nur noch im inneren Rande vorfinden. Mabuia trivittata Cvvıer, Glanzechse. Von Mabuia trivittata CuUVIER stand mir ein Exemplar von 17 cm Länge zur Verfügung, das aus Südasien stammte. Die Körpergestalt ist ähnlich wie bei Gongylus. Die Färbung ist graugrün mit dunkleren Flecken. Die Beschuppung von Mabuia zeigt uns durchweg bereits be- kannte Verhältnisse, weshalb ich mich in der Beschreibung dieses Sauriers sehr kurz fassen kann. Textfig. 17 gibt uns ein Bild von einer Schuppe aus der Mitte des Rückens. Diese hat offenbar, abgesehen von den Mark- räumen, die bei Mabuia fehlen, die größte Aehnlichkeit mit der in Textfig. 6 dargestellten typischen Gongylus-Schuppe und auch enge Beziehungen zu der in Textfig. 16 abgebildeten Schuppe aus der Schwanzgegend von Acontias burtoni. Auch hier finden wir die ursprünglichen Eckplatten in die zwei charakteristischen Platten geteilt, die kaudalwärts denselben Umwandlungen wie bei Gongylus unterliegen, so daß auch bei Mabuia ungefähr in der Mitte des Schwanzes die typische Seincus-Knochenschuppe resultiert. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse an der Bauchseite. Die Beschuppung des Rückens, wie sie uns Textfig. 17 zeigt, ist Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 231 bis zu den Kloakenschuppen erhalten und erfährt, abgesehen da- von, daß in der Gegend der vorderen Extremitäten die Eckplatte in drei Teile gespalten ist, auch nach dem Kopfe hin keine Aende- rung. Die Kloakenschuppen von Mabuia sind sehr Klein, sie über- treffen die übrigen Schuppen kaum an Größe. Infolgedessen finden wir bei ihnen in der Mitte der Schuppe nur eine kleine Anzahl, höchstens 5 polygonale Plättchen eingelagert. — In der ventralen Medianlinie des Schwanzes liegt im ersten Schwanzdrittel eine Reihe breiter Schuppen, die neben der Winkel- und Eckplatte an Textfig. 17”. Mabuia trivittata. Schuppe aus der Mitte des Rückens. der Schuppenwurzel 7—8 Längstafeln besitzen, denen 9—10 Platten am freien Schuppenende entsprechen. Im übrigen treten an der Ventralseite des Schwanzes dieselben Umwandlungen wie an der dorsalen Seite auf. ! Auch in der Beschuppung der Extremitäten begegnen wir bekannten Verhältnissen. Die Winkelplatte ist schon auf dem Oberarm verschwunden. Die hieraus resultierende Knochenschuppe ist in ihrer typischen Anordnung bis zu den Schuppen über der Handwurzel erhalten. In den dorsalen Schuppen der Zehen werden die Knocheneinschlüsse allmählich sehr dünn und schließen sich 232 Hans Otto, ohne sonderliche Anordnung zusammen. Unter den letzten 3 Horn- schuppen sind sie nur noch als lamellenartig dünne Plättchen wahrzunehmen. Ebenso wie bei den übrigen Brevilinguiern, die wohlausgebildete Extremitäten besitzen, ist die Gelenkfalte zwischen Rumpf und Oberarm auf einer sehr schmalen, schlitzartigen Fläche auch bei Mabuia frei von Verknöcherungen. Durch die Cutis der anderen Gelenkfalte sehen wir die Knochenplatten in ihrer typischen Anordnung hindurchziehen. Die Haut der Fußsohle und der Unter- seite der Zehen ist frei von Knochenelementen. Am Kopfe finden wir die starken Hautverknöcherungen wieder eng mit den Schädelknochen verschmolzen. Sie zeigen uns auch sonst dieselben Verhältnisse, wie wir sie bei Scincus ange- troffen haben. Die Augenlider und das Rostralschild sind unver- knöchert. Die Supralabialschilder sind dicht mit Knochenplatten besetzt. — Die 5 großen Unterkieferschuppen entsprechen eben- falls in Form und Anordnung ihrer Knochenplatten denen von Scincus. Die hintersten Sublabialschilder weisen starke Knochen- einlagerungen auf. Nach vorne werden diese Knochenelemente allmählich dünner und sind in den beiden vordersten Schilder- paaren ganz verschwunden. Natürlich ist auch das Mentalschild unverknöchert. 2. Ascalabotae. Von den mir verfügbaren Ascalaboten fand ich nur bei Taren- tola mauritanica L. Cutisverknöcherungen. Merkwürdigerweise besteht bei diesem Gecko keine Beziehung zwischen Horn- und Knochengebilden, wie wir sie bei den Brevilinguiern kennen gelernt haben. Tarentola mauritanica L., Mauergecko. Tarentola mauritanica L. (Platydactylus muralis Dum. et BiBr., Ascalabotes fascicularis Daun.) ist ein in Südeuropa häufiger Gecko, der sich gern an Felswänden und an Gemäuer aufhält. Die Länge beträgt 13-16 cm. Die mir vorliegenden Exemplare stammten aus Italien. Wir wollen zuerst die Beschuppung des Rückens ins Auge fassen. Der Rücken ist mit größeren ellipsenförmigen gekielten Hornschuppen bedeckt, welche in Längsreihen angeordnet sind. Zwischen diesen Schuppen liegen zahlreiche polygonale Hornschilder, die mit ihren hyalinen Säumen aneinander stoßen und in bezug auf Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 2353 Größe und Form nicht ganz gleichmäßig sind. Textfig. 18 zeigt eine große gekielte Hornschuppe und einige dieser kleinen Horn- schilder. — Unter allen Schuppengebilden des Rückens finden wir, in gleichmäßiger Schicht in die Cutis eingelagert, kleine Kalk- täfelchen, die hier größtenteils den Charakter rhombischer Plättchen mit abgerundeten Ecken tragen. In Fig. 11 habe ich eine Anzahl dieser Gebilde dargestellt. Man findet sie in der Haut in diagonal sich kreuzenden Reihen angeordnet, und in solchen ziehen sie ganz und gar unabhängig von densieüberdeckenden Horngebilden durch die Lederhaut hindurch. Textfig. 18. Tarentola mauritanica. Gekielte Schuppe aus der Rückenmitte. Anf der dorsalen Seite des Schwanzes sind die großen ge- kielten Schuppen, durch Auswachsen des Kieles nach hinten, zu Stacheln umgebildet, die, ringförmig angeordnet, allmählich kleiner werdend, sich in 6 Längsreihen bis zur Schwanzspitze hinziehen. Mit der Umwandlung der gekielten Schuppen in Stacheln geht die Umbildung der polygonalen Hornschilder in dachziegelig sich deckende Schuppen Hand in Hand. Bei einem Tier mit regel- mäßig ausgebildetem Schwanze lassen sich 25—30 Schwanzringe verfolgen. Die ersten Schwanzringe zeigen uns auf ihrer Dorsal- seite noch die typische Anordnung der Knochenelemente, wie wir 234 Hans Otto, sie unter den Rückenschuppen beobachtet haben. Bald jedoch, schon beim 7. Ringe, sehen wir die Kalkplättchen unter den kleinen Hornschüppchen verschwinden, wahrscheinlich um eine größere Beweglichkeit des Schwanzes zu ermöglichen. Nur unter den großen Stacheln, die ja unbedingt eines Schutzes bedürfen und unter den sie stützend umgebenden 4 gekielten größeren Schüpp- chen sind noch Knochenplättchen vorhanden. Unter den Horn- gebilden des 13. Schwanzringes sind auch unter den großen Stacheln keine Knocheneinlagerungen mehr wahrzunehmen. Die nun fol- senden Schwanzringe sind frei von Cutisverknöcherungen. KUNA AMIIT DEM ZRENZN KOLLEGEN 0200.00 80 0 TER ESEL im EIER NS SEIT 20,05 ee eR a 4 y S ITYIIIRZ Ins 0: N: Sr 5 2 ; EN EERS pigm TS NR N SEELE III III IRRE ITITIIII III OST Textfig. 19. Tarentola mauritanica. Schuppen aus der Mitte der Ventralseite. Die Bauchseite ist in ihrer Beschuppung äußerlich von der des Rückens sehr verschieden. Sie ist platt und durchgehends mit dachziegelig sich deckenden Hornschuppen ausgestattet. Den Typus derselben ersehen wir aus Textfig. 19. Die Gestalt und An- ordnung der Hornschuppen ist eine äußerst regelmäßige. Die Kalk- plättchen, die wieder die ausgesprochen rhombische Gestalt auf- weisen, finden wir auch hier in diagonal sich kreuzenden Reihen angeordnet und ohne irgend welche Beziehung zu den Hornschuppen. Nach der Halsgegend zu werden die Hornschüppchen immer kleiner, doch die Knocheneinlagerungen behalten ihre durchschnittliche Größe bei. — An der Ventralseite des Schwanzes, wo sich die Hornschuppen zwar noch dachziegelig deeken, unter sich aber an 2 2 See A ee ee RT TE le A a de er u u ee en ee Be u a re Te Me re TE u Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 235 ‚Größe sehr verschieden sind, finden wir bis zum 3. Schwanz- ringe hin eine dichte Einlagerung von Knochenelementen, die hier eine überwiegend polygonale unregelmäßige Gestalt zeigen % en | Textfig. 20. Tarentola mauritanica. Hautstück von der Ventral- seite des 2. Schwanzringes. BR: RER (Textfig. 20). Dann sehen wir die Knochenplätt- chen allmählich dünner werden und nur noch am Fuße der einzel- nen Schuppen auftreten (Textfig. 21), bis sie schließlich an der Ven- tralseite des 12.Schwanz- ringes ganz verschwun- den sind. Die Beschuppung der dorsalen Seiteder Extre- mitäten schließt sich eng an die typische Be- Textfig. 21. Tarentola mauritanica. schuppung des Rückens era aus der Ventralseite des 8. Schwanz- an, während die der ven- tralen Seite naturgemäß, der Beschuppung der Bauchseite ent- sprechen muß. Auf der dorsalen Seite aller 4 Gliedmaßen habe ich Knocheneinlagerungen bis zu den Zehenspitzen hinaus verfolgen 236 Hans Otto, können, während solche an der ventralen Seite nur bis zur Fußsohle, die ganz frei von Knocheneinlagerungen ist, wahrzunehmen sind. Wenden wir uns nun zur Beschuppung des Kopfes. Auch hier zeigt die Haut über dem Schädel eine stärkere Verknöche- rung der Cutis als an allen übrigen Körperstellen. Textfig. 22 zeigt uns einige der unregelmäßigen, mit ihren hyalinen Säumen zusammenstoßenden, polygonalen Hornschilder; darunter bemerkt man die Knochengebilde der Cutis. Von der typischen, diagonal sich kreuzenden Reihenanordnung der Knochenplättchen, wie wir sie in der Haut des Rumpfes gefunden haben, ist hier nichts mehr zu sehen. Sie zeigen hier polygonale Gestalt und schließen sich ohne sonderliche Ordnung aneinander. Trotzdem aber scheint hier in der Schädelhaut eine engere Beziehung zwischen einem Textfig. 22. Taurentola mauritanica. Hautstück vom Schädel. jeden einzelnen Hornschild und dem ihm untergelagerten Knochen- plättchenkomplex zu bestehen. Auf nebenstehender Figur sehen wir deutlich, daß die Ränder der äußeren Plättchen eines solchen Komplexes nahezu mit der Berandung der Hornschilder resp. deren hyalinen Säumen zusammenfallen. Die mit kleinen Hornplättchen bedeckte Haut in der Umgebung der Ohr- und Nasenöffnung zeigt ebenfalls polygonale Knocheneinschlüsse. In den Schildern der Oberlippe können wir Knochenplättchen, allerdings immer dünner werdend, bis zum Rande hinaus verfolgen. — An der Ventralseite des Kopfes werden die Hornschüppchen nach den großen Unter- kieferschildern hin immer kleiner, und es erscheint uns sehr merk- würdig, daß die 3 Schüppchenreihen vor den Kieferschildern nicht mehr kaudalwärts, wie alle übrigen Bauchschuppen, sondern kopf- Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 237 wärts gerichtet sind, wie aus den hyalinen Säumen dieser Schüpp- chen ersichtlich ist. An der Uebergangsstelle sehen wir die Knochenelemente plötzlich einen ganz anderen Charakter annehmen. In einer Querreihe sehen wir direkt unter der Uebergangsstelle längliche, palissadenförmige Knochenplättchen, die die typischen Knochentäfelchen an Größe um das Zwei- bis Dreifache übertreffen. Textfig. 23 zeigt uns diese Verhältnisse recht deutlich. Vor dieser Knochenplättchenreihe nehmen dann die Knochenelemente wieder ihre gewöhnliche Größe an; doch an Gestalt sind sie unter sich sehr verschieden. Neben nahezu runden finden wir drei- bis sechs- eckige Plättchen mit abgerundeten Ecken in die Cutis eingesprengt. Textfig. 23. Tarentola mauritanica. Ventralseite, Uebergang zu den großen Unterkieferschildern. Ohne sonderliche Ordnung aneinander gelagert und ohne jeglichen Zusammenhang mit den sie überdeckenden Hornschildern des Unterkiefers, können wir sie, allerdings auch hier allmählich immer dünner werdend, doch bis zu den Rändern der Unterlippenschilder hinaus verfolgen. Interessant ist es auch, diejenigen Hautstellen zu studieren, an denen die Cutis keine Verknöcherungen aufweist. Frei von jeglichen Knocheneinschlüssen fand ich die 'Gelenkfalten der Ex- tremitäten, sowohl die Gelenkfalte des Rumpfes mit dem Ober- arm, als auch die des Oberarms mit dem Unterarm. Textfig. 24 zeigt uns das allmähliche Kleinerwerden und das Verschwinden der Knochenplättchen in der Gelenkhaut. Ebenfalls frei von Knochengebilden sind ferner die Fußsohle, die Unterseite der 238 Hans Otto, Zehen, die hintere Schwanzgegend und die kreisförmige Haut- falte, die bei den Ascalaboten die Stelle des Augenlides vertritt. Dieser Umstand ist lediglich auf Anpassung zurückzuführen, da ja die Haut an diesen Stellen beweglich bleiben muß und die Tiere durch harte Einschlüsse in der Cutis solcher Körperstellen in ihrer Bewegungsfähigkeit sehr behindert sein würden. Fast unter allen Schuppen konnte ich eine reiche Anhäufung von Pigmentzellen verfolgen, von deren Zahl natürlich die hellere resp. dunklere Färbung des Tieres abhängt. In einigen Ab- bildungen habe ich die Pigmentzellen eingezeichnet. Es dürfte daraus ersichtlich sein, wie verschieden an Gestalt und Zahl sie in den einzelnen Körperregionen auftreten. I RIN Textfig. 24. Tarentola mauritarica. Hautstück aus der Gelenk- falte der hinteren rechten Extremität. Von Tarentola mauritanica L. stand mir außerdem noch ein jüngeres, 7 cm langes Exemplar zur Verfügung. Bei diesem sind die Cutisverknöcherungen natürlich viel schwächerer Art als bei dem ausgewachsenen Tier. Die Bauchseite zeigt nur in der Gegend der vorderen Extremitäten Kalkeinschlüsse der eben beschriebenen charakteristischen Gestalt und Lagerung. In der Mitte der Bauch- gegend haben diese dann schon ihre regelmäßige rhombische Ge- stalt verloren und an Größe eingebüßt. Unter den Schüppchen Ä | | Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 239 der Kloakengegend können wir nur noch ganz vereinzelt einige winzige Kalkklümpchen entdecken. Auf dem Schwanze verschwin- den die Kalkeinlagerungen in viel früheren Ringen als beim er- wachsenen Tier: dorsal schon im 4. Ringe, während die Ventral- seite überhaupt keine Cutisverknöcherungen aufweist. Bemerkens- wert erscheint uns, daß bei dem jungen Exemplar die Querreihe der großen palissadenförmigen Knochengebilde an der Uebergangs- stelle nach den großen Unterkieferschildern (Textfig. 23) noch gar nicht vorhanden ist, jedoch liegt darin kein wesentlicher Unter- schied, da die Cutis an dieser Stelle, also am hinteren Rande der Kieferschilder und unter den nächstfolgenden Schuppen überhaupt noch nicht verknöchert ist. b) Histologische Untersuchungen. Wenn die Haut stark verknöchert ist, wird die Anfertigung von Mikrotomschnitten sehr schwierig. Infolgedessen habe ich nur von folgenden Arten einige brauchbare Schnitte durch die Haut erhalten, nämlich: 1) von einem Jugendstadium von Anguis fragilis (23 cm, Textfig. 28). 2) von Tarentola mauritanica (älteres Stadium) a) durch ein Hautstück aus der Rückenmitte (Textfig. 25). b) durch die Haut eines regenerierten Schwanzes (Text- fig. 26). 3) von der schwach verknöcherten Bauchseite eines Jugend- stadiums von T. mauritanica (Textfig. 27). Diese Schnitte sind hinreichend, um uns über die Lage der Knochenschuppe im Bindegewebe und über ihre Beziehung zu der sie überdeckenden Hornschuppe endgültigen Aufschluß zu geben. Wir finden die Knochenschuppen auf allen 4 Längsschnitten dicht unter der pigmentiertenZone in den obersten Lagen der Cutis. Bei der Beschreibung von Tarentola mauritanica sahen wir, daß bei ihm kein Zusammenhang zwischen den Cutisverknöche- rungen und den Horngebilden besteht, sondern daß die Knochen- gebilde von letzteren ganz und gar unabhängig, in diagonal sich kreuzenden Reihen angeordnet, in gleichmäßiger Schicht durch die Cutis hinziehen (Textfig. 25). Ein engeres Verhältnis zwischen Knochen- und Horngebilden finden wir erst an jenen Körperstellen, wo die Cutisverknöcherungen allmählich im Schwinden begriffen 240 Hans Otto, sind (Textfig. 21). So z. B. an der Bauchseite des jungen Exem- plars (Textfig. 27) und bei beiden Altersstadien im ersten Drittel der Schwanzbeschuppung. An diesen Körperstellen verschwinden die Knochenplättchen zuerst am freien Schuppenende, während sie am Schuppenfuße am längsten erhalten bleiben. ep hns a Textfig. 25. Tarentola mauritanica. Längsschnitt durch die Haut der Rückengegend über den hinteren Extremitäten. ep knpl ira pigm pigz knz cut ’ 1 I i ! I [# Textfig. 26. Tarentola mauritanica. Schnitt durch die Haut eines regenerierten Schwanzes. hns cut up ' ‘ Textfig. 27. Tarentola mauritanica. Schnitt aus der Bauchgegend. Es ergibt sich nun die Möglichkeit, einen Schluß auf die phylogenetische Entstehung der Verknöcherung zu ziehen. Schon in der Ordnung der Brevilinguier sahen wir am Schwanze immer die primitivsten Schuppen auftreten, während diese nach dem Kopfe hin einen komplizierteren Bau zeigten. Bei Tarentola mau- ritanica entspricht nun auffälligerweise gerade am Schwanze jeder Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 241 Hornschuppe ein Komplex von kleinen rhombischen Knochen- plättchen, während am Rücken eine solche Beziehung nicht mehr besteht. Schon diese Tatsache muß uns zu der Ansicht bringen, daß auch bei den Ascala- boten, die noch ein doppeltes Schuppenkleid besitzen, ebenso wie bei den Brevilinguiern, ur- sprünglich eine enge Be- ziehung zwischen Horn- und Knochengebilden be- ._ stand. Bestärkt wird diese An- nahme noch durch die Tatsache, daß auch in den Schuppen des regenerierten Schwanzes, wo wir eine phylogenetisch ältere Ent- wickelungsstufe zu finden er- Sl Be -1 | warten können, immer einer Horn- | schuppe ein Komplex der typi- schen Knochenplättchen entspricht (Textfig. 26). Die Beschuppung des Rückens zeigt uns demgemäß eine sekundäre Abänderung der ursprünglichen Verhältnisse. Textfig. 28 stellt uns endlich einen Längsschnitt durch die Haut eines Jugendstadiums von Anguis fragilis (23 cm lang) dar!). Die Knochenschuppen liegen auch hier direkt unter der pigmentierten eut Längsschnitt durch die Rückenhaut eines Jugendstadiums. ep pigm kns 1) Eine schematische Figur ist in dem bekannten Lehrbuch von R. Herrwıs enthalten (Lehrbuch d. Zoologie, 8. Aufl., 1907, Fig. 474). Die Knochenschuppe hat auf dieser Figur dieselbe Länge wie die Horn- schuppe, während sie in Wirklich- keit länger ist und tiefer in die Cutis hineinreicht. Bd, XLIV. N. F. XXXVII. Textfig. 28. Anguis fragilis. 242 Hans Otto, Zone der Cutis. Sie decken sich regelrecht dachziegelig und ragen mit ihrem Schuppenfuße weit in die Cutis hinein. Dort sehen wir den Schuppenfuß taschenartig von einer dichteren Binde- gewebslage umgeben. Die Epidermis bildet zwischen zwei Schuppen je eine tiefe Falte. Ihre oberste, verhornte Schicht, die Horn- schuppe, reicht nicht ganz bis zum Faltengrund hinab. Infolge der Mächtigkeit der Knochenschuppe konnte ich leider keine so dünnen Schnitte erhalten, um auf ihnen die Knochen- körperchen beobachten zu können, welche die ganze Knochenschuppe im durchfallenden Lichte so schön zeigt. IV. Systematischer Teil und Zusammenfassung. In diesem Kapitel werde ich meine Befunde uoch einmal kurz zusammenfassen, um dann auf Grund der Knochenschuppenformen einen Stammbaum zu konstruieren, in dem die phylogenetische Verwandtschaft der von mir untersuchten Arten zum Ausdruck kommen soll. Vorerst ist es nötig, die heute allgemein gültige Einteilung der Reptilien ins Auge zu fassen. Zu diesem Zweck muß man auf das umfangreiche, noch heute allgemein anerkannte Reptilien- werk „Erpetologie generale“ von DuME£rIL et BIBRON (1837) zu- rückgreifen. Im ersten Band dieses Werkes fand ich eine sehr interessante geschichtliche Entwickelung der Reptiliensystematik, die ich in ihren Hauptzügen hier anführen möchte. Sie fußte bei den älteren Forschern (noch bei Linn&) auf rein äußeren Merkmalen, während die Anatomie und die Entwickelungsgeschichte erst später zur systematischen Einteilung herangezogen wurden. So ist es erklär- lich, daß manche Reptilien (ich möchte hier nur die schlangen- ähnlichen Anguis, Acontias und Pseudopus erwähnen) von den Forschern bald in dieser, bald in jener Ordnung oder Familie unter- gebracht wurden. Linx& (1735) kannte in seinem „Systema naturae“ nur eine Klasse der Amphibien, die unsere heutigen Reptilien und Amphibien umfaßte. Diese Klasse teilte er nach rein äußeren Merkmalen in zwei Ordnungen ein, nämlich: 1. Schlangen (ohne Extremitäten), 2. Reptilien (mit Extremitäten. Die schlangenähnlichen, extre- mitätenlosen „Amphibien“ (die Blindschleichen und Acontias) wurden also von Linxn# zu den echten Schlangen gerechnet. Die ersten eigentlichen Fortschritte in bezug auf die Kenntnis der Reptilien verdankt man dann dem österreichischen Arzt J. E. Laurenri (1773). Er teilt die Klasse der Reptilien in 3 Ordnungen (Salientia, nn 0 0 ln u Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 243 Gradientia und Serpentia) ein, von denen die erste Ordnung (Kör- per ohne Schuppen) der Hauptsache nach der heutigen Klasse der Amphibien entspricht. Es fehlen ihr nur noch die Tritones, die LAurentı noch zu den Gradientia zählte. An die Spitze der dritten Ordnung (Serpentia) stellte LAaurextı die Chalciden, weil ihre sehr kurzen Extremitäten unmöglich der Fortbewegung dienen können. — Von Laczkr&pe (1788) werden die Ohalciden dann wieder von ‘den Schlangen losgetrennt und den Eidechsen angegliedert. Die Amphisbäniden und Anguiniden bleiben aber auch bei ihm noch in der Ordnung der Schlangen. Als bedeutender Fortschritt ist dann die Einteilung der Rep- tilien von A. BronGnIartT (1799) anzusehen. Auf Grund entwicke- lungsgeschichtlicher Beobachtungen spricht er zuerst den Gedanken aus, daß es nötig sei, für die Frösche, Kröten und Salamander eine besondere Ordnung zu schaffen. Seine vier Reptilienordnungen sind: Chelonier, Saurier, Ophidier und Batrachier. — LATREILLE (1801) nimmt dann eine endgültige Teilung der alten Liwxüschen Klasse in Reptilien und Amphibien vor. Die Reptilien teilt er ein in bepanzerte (Chelonier und Crocodilier) und beschuppte (Saurier und Ophidier). Die Saurier zerfallen bei ihm in Lacerti- formes und Anguiformes, welch letztere wieder in die Tetrapodes (Seincus, Chalcides, Seps), Dipodes und Apodes (Öphiosaurus, Acontias, Anguis) eingeteilt werden. Er hat also zuerst den wahren Charakter der Blindschleichen erkannt und sie mit Acontias end- gültig von den Ophidiern losgetrennt. — Cuvıer (1829) rechnet diese Tiere auffälligerweise selbst in der zweiten Auflage seines „Regne animal“ (1829) noch zu den beschuppten Schlangen und stellt sie als die Familie der „Orvets“ (Anguis, Acontias, Ophiosaurus und Pseudopus) an die Spitze der Ophidier. — Orrer und MERREM haben die beschuppten Reptilien (Eidechsen und Schlangen) unter dem Namen Pholidotes oder Squamata zusammengefaßt. Auch bei Orrzr (1808) finden wir die Blindschleichen nicht mehr bei den Schlangen, sondern bei den Sauriern, wo sie mit Scincus, Pseudopus, Seps etc. die fünfte Familie, die Familie der Scincoiden bilden. Merrem (1820) faßt die „Orvets“ und Acontias in der Familie der Repentia zusammen und stellt diese zwischen die Gradientia und Serpentia von LAURENTI. J. E. Gray (1825) schließt sich im wesentlichen seinen Vor- gängern MERREM und OPrreEL an. Er teilt die Reptilien in folgende fünf Ordnungen ein: Emydosaurier (Loricata), Saurier, Saurophidier, Ophidier und Chelonier. Von diesen interessiert uns nur die dritte Ordnung, die der Saurophidier, zu denen Gray die Scincoiden, Chaleiden, Anguiniden und Amphisbäniden zählt. — Im Jahre 1831 veröffentlichte Gray eine neue Einteilung der Reptilien, unter be- sonderer Berücksichtigung der Zungenformen und der Art, in der die Zähne in den Kiefern befestigt sind. Er hat in diesem neuen System in der Ordnung der Ophisaurier, die natürlich der Haupt- sache nach seiner früheren Ordnung der Saurophidier entspricht, auch noch die Zonuriden und Acontias untergebracht. Diese Ord- 16% 244 Hans Otto, nung entspricht im wesentlichen der heutigen Ordnung der Brevi- linguier. — Eine scharfe Grenze zwischen Sauriern und Ophidiern zog Fiırzınger (1826), indem er betonte, daß der Unterkiefer bei den Schlangen aus zwei getrennten Teilen besteht, während diese bei den Sauriern durch eine Symphyse eng vereinigt sind. — Die Einteilung, die dann WırGMmAnn (1830) hauptsächlich auf Grund der Zungenform getroffen hat (Fissilinguier, Brevilinguier, Vermi- linguier, Crassilinguier, Latilinguier) wurde der Hauptsache nach von Dumsrın et Bıeron (1837) übernommen. Ich kann hier natürlich unmöglich alle Reptiliensysteme auf- zählen und mich auf eine Diskussion derselben einlassen, sondern ich will nur das von Dum£krıL et BiBroN (1837) auf Grund der bereits erwähnten Hauptmerkmale (hauptsächlich der Zungenformen) aufgestellte System der Saurier anführen. Dieses umfaßt acht Familien und wird der Hauptsache nach noch heute von der Mehr- heit der Forscher anerkannt. Aber unter diesen Familien will ich mich näher nur mit den Scincoiden (Lepidosauriern) beschäf- tigen, da mir hauptsächlich Vertreter dieser Familie zur Bearbei- tung vorlagen. Dum&ErıL et BıBRON teilen die-Scincoiden, denen eine dachziegelige Deckung der Schuppen eigen ist, in drei Unter- familien ein, und zwar nach den Unterschieden im Bau des Auges und nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Augenlider: 1. Saurophthalmes (2 bewegliche Augenlider, die sich in der Vertikalrichtung einander nähern und das Auge voll- ständig schließen können: Zonurus, Pseudopus, Anguis, Scincus, Gongylus, Seps, Acontias, Mabuia!). 2. Ophiophthalmes (vollständig unbedeckte Augen wie bei den Schlangen, nur Rudimente von Augenlidern). 3. Typhlophthalmes (bei ihnen sind die Augen durch die Haut bedeckt, so daß es den Augenschein erweckt, als ob diese ihnen vollständig fehlten: Amphisbäniden). Die Vertreter der dritten Unterfamilie habe ich auf Cutis- verknöcherungen hin untersucht (Amphisbaena) und möchte hier nochmals erwähnen, daß ihre Lederhaut rein bindegewebigen Charakter trägt und keine Verknöcherungen enthält. Vertreter der Ophiophthalmes standen mir leider nicht zur Verfügung. Den Saurophthalmes kommen mächtige Knochenschuppen (Lepides) zu. Dum&£riL et BIBRON geben eine Bestimmungstabelle, welche sich auf folgende Merkmale stützt: Vorhandensein oder Fehlen der Gliedmaßen, Zahl der Zehen, Lage der Nasenlöcher, Schwanzform, Anordnung der Zähne. In dieser Tabelle steht Scincus, der in Bezug auf die angeführten Merkmale die vollkommenste Ent- Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 245 wickelung zeigt, an der Spitze. Ihm folgen der Reihe nach Gon- sylus, Mabuia, Lygosoma, Seps, Anguis, Acontias. Pseudopus und Zonurus werden von Dum£rıL et BIBRON zur Familie der Chalciden gestellt, da sich ihre Schuppen uicht dach- ziegelig decken, sondern wirtelförmig angeordnet sind. Es erscheint auffällig, daß bei der Einteilung der Reptilien von keinem Forscher der Bau der Knochenschuppen herangezogen wurde, obwohl man (E. BLAncHARD 1880) diesen Gebilden eine wichtige systematische Bedeutung zugesprochen hatte. Ich will nun meine Befunde noch einmal kurz zusammen- fassen und dabei zeigen, inwiefern sich die Art der Beschuppung zur Erkenntnis der natürlichen Verwandtschaft der Genera ver- werten läßt. Ich möchte im voraus bemerken, daß ich folgende von mir untersuchte Saurier, nämlich Seincus, Gongylus, Seps, Lygosoma, Acontias und Mabuia, wegen der dachziegeligen Anordnung ihrer Schuppen zu den Seincoiden rechne, während ich Zonurus und Pseudopus zur Familie der Zonuriden (Seitenfalter) stelle, die meiner Ansicht nach zu den Scincoiden in enger verwandtschaft- licher Beziehung steht. Anguis fragilis, deren Schuppen sich dach- ziegelig decken und deren Knochenschuppe aus einer einzigen un- geteilten Platte besteht, stelle ich zwischen beide Familien. Bei diesen Arten entspricht eine Knochenschuppe, die entweder aus einer einzigen Knochenplatte besteht oder aus mehreren Knochenplatten mosaikartig zu- sammengesetzt ist, immer der sie überdeckenden Hornschuppe. Dagegen finden wir in der Familie der Ascalaboten, wo Ja Hautverknöcherungen nur noch bei einigen Vertretern erhalten sind, modifizierte Verhältnisse. Die Beziehung zwischen Knochen- und Horngebilden ist dort verloren gegangen, es besteht zwischen beiden kein bestimmtes Verhältnis mehr. Nur am regenerierten Schwanz finden wir noch eine Beziehung der Knochenkugeln zu den Schuppen, was offenbar auf ursprüngliche Verhältnisse hindeutet. Die ursprüngliche Art der Beschuppung haben wir meiner Ansicht nach in der Schuppe vor uns, in dereineeinzige Knochenplatte (die Knochenschuppe) einer sie überdeckenden Hornschuppe entspricht, wie wir dies bei Anguis, Pseudopus und Zonurus sehen. Die mosaikartigen Knochenschuppen der 246 Hans Otto, Scincoiden müssen wir uns durch sekundäre Spal- tungen der ursprünglichen Knochenplatte entstan- den denken. Meiner Ansicht nach .sind‘ diese sekundären Schuppenteilungen lediglich auf eine Anpassung zurückzuführen, indem sie eine größere Biegsamkeit der Schuppe ermöglichen. Vielleicht sind die einzelnen Kalkstücke, welche bei manchen Ascalaboten noch vorkommen, aus mosaikartigen Knochenplatten hervorgegangen, wie wir sie bei Scincoiden sehen, indem die einzelnen Knochenstücke kleiner wurden und sozusagen ver- kümmerten. | Die Anordnung der Knochenkörperchen in den Knochen- schuppen spricht ganz entschieden für obige Annahme, denn wir finden diese nicht nur in den Knochenschuppen, die aus einer einzigen Knochenplatte bestehen, mit ihrem Längsdurchmesser dem Umriß der Knochenschuppe parallel laufen, sondern auch in den Knochenschuppen, die aus einem Mosaik von Knochenplatten zu- sammengesetzt sind, laufen diese Knochenkörperchen mit ihrem Längsdurchmesser nicht dem Umriß der einzelnen Platten, sondern dem Umriß der Knochenschuppe parallel. Zonurus und Pseudopus, auch Anguis zeigen also hinsichtlich ihrer Beschuppung noch die ursprünglichen Verhältnisse, während wir diesen in der Familie der Scincoiden nicht mehr begegnen; dort besitzen die einzelnen Arten eine mehr oder weniger kompli- zierte Knochenschuppe. — Auffallend erscheint uns, daß wir am Schwanze stets die einfachst gebaute Schuppe antreffen, während deren Bau nach dem Kopfe hin bei allen Vertretern eine kompli- ziertere Form annimmt. Lygosoma tenue zeigt die einfachste zusammengesetzte Knochen- schuppe. Wir finden sie in der Mitte des Rückens durch 2 der Längsachse des Tieres parallel laufende Teilspalten in 3 Platten zerlegt (Textfig. 10). Nach dem Kopfe hin treten allmählich mehr Teilplatten auf (ich möchte hier nochmals auf die Umwandlung verweisen, wie sie in Textfig. 11—13 veranschaulicht wird), so daß wir vor den großen Kopfschildern einige Knochenschuppen an- treffen, die, wie die typische Scineus-Knochenschuppe aus der Mitte des Rückens, 2 typische Ecktafeln, 2 Längsplatten an der proxi- malen und 3 Längsplatten an der distalen Schuppenseite auf- weisen. Dadurch, daß nun die typischen Eckplatten eine Längs- teilung erfahren, kommen wir zur charakteristischen Knochen- schuppe von Mabuia trivittata (Textfig. 17), die in der Rücken- mitte aus 2:3 Längsplatten, 2 Winkelplatten und 2 Eckplatten Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 247 besteht. Genau denselben Verhältnissen begegnen wir bei den Schuppen von Acontias burtoni in der Mitte des Schwanzes (Text- “fig. 16). Nach dem Kopfe hin sehen wir die Teilung der Knochen- schuppe natürlich auch bei diesem Saurier noch weiter fortschreiten, so daß bei einer Schuppe aus der Mitte des Körpers die ursprüng- liche Eckplatte bereits in 4 Teile zerlegt ist (Textfig. 15). Gongylus ocellatus und Seps chalcides zeigen trotz ihrer äußeren Verschiedenheit dieselbe Zusammensetzung der Knochen- schuppe. Diese ist, ähnlich wie bei Mabuia, aus 3:4 Längsplatten, 2 Winkelplatten und 2 Eckplättchen zusammengesetzt. In der Halsgegend ist die ursprüngliche Eckplatte sogar in 3 Teile zerlegt. Dennoch sind die Schuppen von Mabuia einerseits, von denen von Gongylus und Seps andrerseits wesentlich verschieden. Der Unterschied besteht darin, daß wir bei Gongylus und Seps auf den Längsplatten der proximalen Schuppenseite jene eigentüm- lichen Markräume vorfinden. Während nun solche bei Gongylus nur in der Gegend des Rückens und des Bauches vorkommen, finden wir sie bei Seps auch noch kurz vor den großen Kopf- schildern und nahezu bis zur Mitte des Schwanzes erhalten. Seps und Acontias sind demgemäß die Träger der kompliziertesten Knochenschuppen, während wir in der Beschuppung der ihnen äußerlich so ähnlichen Blindschleiche die primitive Knochenschuppe antreffen. Ein auf Grund dieser Resultate konstruierter Stammbaum !) würde folgendermaßen gestaltet sein: 1) In diesem Stammbaum stehen die Formen, deren Füße ver- kümmert sind oder ganz fehlen, an den Enden der phylogenetischen Linien. Es ist dabei noch zu bemerken, daß die Reduktion des Schultergürtels nicht genau der Reduktion der Extremitäten ent- spricht. So ist bei Pseudopus und bei Anguis, welche gar keine Spur von vorderen Extremitäten zeigen, der Schultergürtel fast ebenso vollkommen entwickelt wie bei Gongylus, der wohlausge- bildete Extremitäten besitzt. Dagegen findet man bei Acontias, bei welchem noch kleine stummelförmige Extremitäten zu sehen sind, den Schultergürtel nur in Form eines knorpeligen Bandes. (Ich verweise auf die Arbeiten von M. FÜRBRINGER, Zur vergleichen- den Anatomie des Brustschulterapparates und der Schultermuskeln, Jen. Ztschr. f. Natugw., Bd. XXXIV, 1900, p. 215—218, und M. Mürver, Die Reduktion des Brustschultergürtels, Inaug.-Dissert. Leipzig 1901.) 248 Hans Otto, Seps Acontias \ a Gongylus Mabuia Pseudopus > Scincus Zonurus Lygosoma Zonuriden Scincoiden x Anguis yG N | H N | L Stammform. Schließlich muß ich noch die Frage berücksichtigen, ob diese Knochenschuppen der Reptilien denjenigen der Stegocephalen und Dipnoer homolog sein können, wie das HAECKEL an der oben er- wähnten Stelle ausgesprochen hat (p. 201). Die Reptilien stammen von alten Amphibien ab, welche offenhar beschuppt waren, und zwar nach Art der Stegocephalen. Es ist also sehr wohl möglich, daß die Knochenschuppe, wie sie uns bei Anguis und den Zonu- riden entgegentritt, noch die alte Amphibienschuppe ist. Es kann dagegen nicht eingewendet werden, daß diese Reptilien einseitig ausgebildeten Linien angehören, denn viele der phylogenetisch wichtigsten Formen der Wirbeltiere zeigen neben alten Charakteren - auch Merkmale einseitiger Anpassung (Amphioxus, Gymnophionen, Echidna, Ornithorhynchus, Hyrax u. a.). Obgleich die Blindschleiche durch ihre Fußlosigkeit als eine spezialisierte Form erscheint, könnte bei ihr doch eine alte Art der Beschuppung sich erhalten haben. Da die Schuppen der Stegocephalen denen der Dipnoer, Ganoiden und Teleosteer homolog sind, kann die ursprüngliche Reptilienschuppe ebenfalls diesen Schuppen entsprechen. Daher möchte ich auch auf die Aehnlichkeit hinweisen, die zwischen den Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 249 Längsschnitten durch die Haut von Anguis fragilis (Textfig. 28) und Cyprinus carpio (A. Hıse, 1907, Tafel XL, Fig. 33) vor- handen ist. Beiläufig möchte ich noch auf eine auffallende Uebereinstim- mung aufmerksam machen, die zwischen der Cykloidschuppe, wie wir sie fin der Arbeit von A. Hase und in den meisten Lehr- büchern abgebildet finden, und der Scincus-Knochenschuppe in der Anordnung der einzelnen Knochenplatten besteht. Auch dort kommen der proximalen Schuppenseite 3 Längsplatten zu, denen 4 Längsplatten der distalen Schuppenseite entsprechen. Außer- dem finden sich noch Eckplatten äbnlich wie bei der Seincus- Knochenschuppe. Ein wichtiger Unterschied besteht allerdigs darin, daß Knochenkörperchen in der Cycloidschuppe nicht vorkommen, wohl aber zeigen diese Schuppen eine konzentrische Schichtung, ähnlich wie die Knochenschuppen der von mir untersuchten Brevi- linguier. Allerdings beruht die Tatsache, daß die Schuppen der Teleosteer in ähnlicher Weise in einzelne Platten zerfallen, wie die Schuppen der Reptilien, lediglich auf Konvergenz. 250 Hans Otto, Literaturverzeichnis. 1) Bareıuı, Beiträge zur Kenntnis des Baues der Reptilienhaut. Arch. für mikr. Anat., Bd. XVII. 2) BrancHarp, E., Recherches anatomiques et physiologiques sur le systeme tegumentaire des Reptiles (Sauriens et Ophidiens). Annales des Sciences naturelles, Serie XV, p. 375—381. 3) BLancHARD, R., Recherches sur la structure de la peau des Lezards. Bull. de la Soc. zool. de la France, 1880. 4) CARTIER, O., Studien über den feineren Bau der Haut der Rep- tilien. I. Abteilung: Die Epidermis der Geckotiden. Arb. a. d. zool. Inst. in Würzburg, Bd. I, p. 83—96 (1872). 5) — Studien über den feineren Bau der Epidermis bei den Gecko- tiden. N. F. Bd. II. u. Bd. V, 1872. 6) Dumsrız, A., et Bısron, G. 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Leop.-Carol. 1868. 18) — Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. 1872. 19) — Ueber die äußeren Bedeckungen der Reptilien und Amphibien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. IX, 1873, p. 753 u. 770—773. 20) — Ueber die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XII, 1876, p. 219 —221. Die Beschuppung der Brevilinguier und Ascalaboten. 251 21) Maurer, Die Epidermis und ihre Abkömmlinge, 1895. 22) Naraue, G., Richerche anatomiche sullo scinco variegato in rapporto ai principali d’organizzazione dei rettili. Memorie della R. Accademia di Scienze di Torino, T. XII, Serie 2, 1852. 23) OPpEnHEIMER, E., Ueber eigentümliche Organe in der Haut einiger Reptilien. Morphol. Arb., Bd. V, 1896, p. 445—461. 24) Römer, Zur Frage nach dem Ursprung der Schuppen der Säuge- tiere. Anat. Anz., Bd. VIII. 25) SoKkoLowsky, A., Ueber die äußere Bedeckung der Lacertilier. 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Email Schaal, Jena ! | enaische Zeitschrift Ba.XLIV. 8 IR Fig.) rl a EEE |Roepke gez. Verlag von Gu‘ { r NUN 0 Fig.23. Fig.26, ER) KrhN J h Irt Bi, ll N > wi 1 a Gustav Fischer in Jena Taf‘ 2, ‚sche 4 22. enaische 3 Taf j | Ovid. SimpL_ BauRS: Fig.37 B. End Darm i Ovid.Simpl. Ay, Fig. 37 C. Fig.37.A. 0 Zeitschrift BdALN. Fig. 85. 36mm. 42mm. Ovid.s. 20mm m Ovid.Simpl, zen 25mm Hy. SH An. % Rs ls "Enel®8 \ | "77 37 0 Gt. seb Di | Fig. 87 €. \ ov. | | Fig, 37.A. av Fig. 36... -..Ost.b.c IN Ond iin} Be Simpl HUN @l.seb. B.. Ds 2 Ovid. Simpl. Fig.36.B. 7 P; Ip. ( Gl.seb. IM In Ost.be W. le u EFT. Lith.Anstv. Emil Schaal,Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena a 24 RN u pn Jenaische Zeitschrift, Bd. XLIV. E an ne ” > “ . * pe Pe we IN _- Schluß- leiste ---- Pfropf, durch- schnit- ten Museularis mucosae | Fig. 5. a r. @ I ge ” DUTY, Y7; , _Kryptentrichter El eu d43 \\ Si ER > ug Be ! e\ \ Anis as a, Win Körper > \ 477 Mo < ” \ 127} rn, | > ern A 7? “, > Krypte = Sn weg en 2 5; 22% ® u‘ @\ KIA cr 5 ® re . 5 > v Fig. 9. Petersen. Verlag von ( Ed y 7 f 2 , - = Y u d Drüsenhals / ; - a N Drüsen- Mucosa ! > körper a . | | ne Museularis N | en Submucosa Vene Big... Kıypten--" Ger \ Ya 3 11225 ; AN triehter 2 -.. Em Mitose -” einer Krypten- zelle Fig. 4. Pfropf £-- Schluß- S leiste Epithelüberschiebung.—— - . __. Platten- P: epithel mit an RI % 2 P (N) B:\) ® / Becherzellen 7, \ und Magen- A) ya epithel v Fischer in Jena. Jenaische Zeitschrift, Bd. XLIV. Krypte : Bi - 2% Ba #4 ” > G \ ” 7 < ge w I 2 Y . 5 v2 G; r ’ a E i h 7 E Drüsenhals / / l : Bu Cardiakrypte ne Den Mucosa ! | >17 Fig. 1 körper Yen g x \ Arterie Museularis j \ ! ! r mucosae \ Submucosa -- Schluß- b Vene leiste _. Schluß- Fig. 3. & leiste / >> Nueleolus Kunz Pfropf, We 3 ---- Pfropf, nicht Ve, durch- Bea ' schnit- ">- Kern mit schnitten \ in- - { ten Ohr Krypten-—-". er _ . triehter ? £ Krypte i Mitose <" - nn einer x pe - Krypten- me ZN N, zelle LP IND] Ö * g Be 7 Fig. 8. E ee Körper” TEL .. © 8 99 N oe Museularis mucosae Pfropf en Schluß- leiste Epithelüberschiebung.——_ il Platten- Br ® 7 | epithel mit ATI \ ; ; Br. Gran: SUSE © 5 an Becherzellen AN a und Magen- N ‚ epithel £ Dr N N Submucosa I 08/78! 2828 BT „ F Fig. 6. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Petersen. ’ on fi 4, ‚6 2 -. u“ a “a - L are Na a ae FREE FE r e, SR Ban.» u. Ye I Lich a a Ä RENTE { 5 ”“ L a ee % “ j r ir ” k u Verlag von Gustl] n & 5% S 38€ „I 253 X =5 1 Ss a [aa r% SI ai SI K ‚En S 5 Ei ut [+6] = 13 N < N =] 2 ” S B Taf. 3. © -— Leer © N Ss -— B a Ss - (de) Granula- deren Fortsatz becherzelle un Hilze) ischer in Jena. Jenaische Zeitschrift, Bd. Petersen. Taf. 5. XLIV. Granula- deren Fortsatz becherzelle u : | Fig. 4. Muscularis mucosae Verlag von @ustav Fischer in Jena. 2.0 *“ So Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV. Petersen gez. cher in Jena. Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV. ee 9 N EIER wer Eye Zu 4 Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Petersen gez. Jenaüsche Zeitschrift Bd. ÄLIV. Verlag von Gusti Mietens u Xowler gez. je: scher in Jena Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena EEE ii ax. U Ent, ZU ER r [ r DaNT ” HL fr j u L# ur 4 # An . Jenaische Zeitschrift Bad. XLIV 2 Mietens u Xowler gez. n Gustav Fischer in Jena - Lith. Anst.v Johannes Arndt, Jena, Jenaische Zeitschrift Bad. XLV. Mietens gez. Verlag von Gusta scher in Jena.. Lith.Anst.v. Johannes Arndt, Jena Jenaische Zeüschrift Bd. XLV Verlag von Gustav Fischer in Jena,. Lith An. i st.v. Johannes Arndt, Jena snaische Zeitschrift Bd. XLIV “ischer Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV da 2 vis De 7 a ae “ \ “ yi Rn, D f Yh Io { rt 2 j n Fr ri Yy 4 D & — , I» ER Ar, „ JENAISCHE ZEITSCHRIFT FÜR NATURWISSENSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON DER - - MEDIZINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA VIERUNDVIERZIGSTER BAND NEUE FOLGE, SIEBENUNDDREISSIGSTER BAND ZWEITES BIS VIERTES HEFT MIT 23 TAFELN UND 161 FIGUREN IM TEXT Inhalt: STERLING, STEFAN, Das Blutgefässsystem der Oligochäten. Hierzu Tafel 10—18 nnd 16 Figuren im Text. WATKINSON, GRAVE B., Untersuchungen über die sogenannten Geruchs- organe der Cephalopoden. Hierzu Tafel 19 u. 20 und 47 Figuren im Text. DES ARTS, LouIs, Ueber die Muskulatur der Hirudineen. Hierzu Tafel 21—23. ZIELINSKA, JANINA, Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. Regene- ration des Hinterendes. Hierzu Tafel 24—23 und 3 Figuren im Text. EFFENBERGER, WALTER, Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. Hierzu Tafel 29—32 und 13 Figuren im Text. JANECK, REINHOLD, Die Entwickelung der Blättertracheen und der Tracheen bei den Spinnen. Hierzu Tafel 33 und 67 Figuren im Text. BROHMER, PAUL, Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus und die Psementierung des Selachierkopfes. Hierzu Tafel 34 - 37 und 15 Figuren im Text. PREIS: 45 MARK mthsonian Ir MAR 3 gI RL x g ra M Iseu® ” JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1909 Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 12. Februar 1909. “ Verlag von ustav Fiseher in Jena. Das kleine pflanzenphysiologische Praktikum. Anleitung zu pflanzen- physiologischen Experimenten. Für Studierende und Lehrer der Naturwissen- schaften. Von Dr. W. Detmer, Professor an der Universität in Jena. Mit 163 - Abbildungen. Dritte vielfach veränderte Auflage. 1908. Preis: brosch. 7 Mark, geb. 8 Mark. ; Flora 1903, Bd. XCIH, Heft 3 sagt über die zweite Auflage: Detmers „Pflanzenphysiologisches Praktikum“, welches in zwei Auflagen er- schienen ist, ist ein allgemein bekanntes und geschätztes Buch. Der Verf. hat in dem vorliegenden Werke eine unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Studierenden gekürzte und vielfach durch neue Erfahrungen bereicherte Bearbeitung gegeben. Leitfaden der Mikrophotographie in der Mykologie. Von Dr. Franz Fuhrmann, Privatdozenten für technische Mykologie an der technischen Hoch- schule und Bakteriologie an der Universität zu Graz. Mit 3 Tafeln und 33 Ab- bildungen im Text. Preis: 6 Mark. Der Kampf um Kerniragen der Entwicklungs- und Vererbungslehre. Von Dr. Vsear Hertwig, o. ö. Professor. Direktor der anatomisch-biologischen Instituts in Berlin. 1908, Preis: 3 Mark. Die Entwicklung der Biologie im neunzehnten Jahrhundert. Vortrag auf der Versammlung deutscher Naturforscher zu Aachen am 17. September 1900 gehalten von Osear Hertwig, Direktor des anatom.-biolog. Instituts der Ber- liner Universität. Zweite vermehrte Auflage mit einem Zusatz über den gegenwärtigen Stand des Darwinismus. 1908 Preis: 1 Mark. Die Fauna Südwest-Australiens. Ergebnisse der Hamburger südwest-austra- lischen Forschungsreise 1905. Herausgegeben von Prof. W. Michaelsen und Dr. R. Hartmeyer. Band I, Lieferung 1. Reisebericht von Prof. W. Michaelsen, Hamburg und Dr. R. Hartmeyer, Berlin. 1907. Preis: 4 Mark. Lief. 2. Oligochaeta von Prof. W. Michaelsen, Hamburg. Mit 2 lithogr. Tafeln, 1 Kartenskizze und 34 Abbildungen im Text. 1907, Preis: 5 Mark. Lief. 3—5. Copeognatha von Dr. Günther Enderlein, Stettin. Mit 6 Ab- bildungen im Text. Ophiuroidea par Prof. R. Koehler, Lyon. Avec 10 figures dans le texte. Panorpata und Planipennia von Dr. H. W. van der Weele, Leiden. Mit 1 Abbildung im Text. Preis: 1 Mark 50 Pf. Lief. 6-7. Apidae von J. D. Alfiken, Bremen. Formieidae von Prof. A. Forel, Chigny. Preis: 2 Mark 50 Pf. ‚ Lief. 8-13. Dystieidae, Hydrophilidae et @yrinidae, von M. Rögimbart, Evreux. Braconidae und Iehneumonidae von Gy. Sz&epligeti, Budapest. Mit Figur 1 und 2 auf Tafel II und 2 Abbildungen im Text. Tenebrionidae von Hans Gebien, Hamburg. Mit Figur 3—8 auf Tafel III und 4 Abbildungen im Text. Alleeulidae von H. Borchmann, Hamburg. Mit Figur 9—14 auf Tafel III und 4 Abbildungen im Text. Araneae, Ire partie, von Eugene Simon, Paris. Mit 1 Kartenskizze und 14 Abbildungen im Text. Fossores von W. A. Schulz, Genf. Mit 3 Abbildungen im Text. 1908. Preis: 6,50 Mark. Band II, Lf. 1-4 Chrysomelidae und Coceinellidae, von J. Weise, Berlin. Staphylinidae, von Dr. Max Bernhauer, Grünburg, O.-Oe. Triehoptera und Ephemeridae, von Georg Ulmer, Hamburg. Mit 44 Abbildungen im Text. Thysanura, per F. Silvestri, Portiei. Con. Tab. I-X. 1907,08. Preis 12 Mark. Lief. 5—8. Dermaptera by Malcolm Burr, Eastry, Kent. Rotatoria, Tardigrada und andere Moosbewohner von Prof. F. Richters, Frankfurt a. M. Seorpiones von Prof. Dr. K. Kraepelin, Hamburg. Scolopendridae von Prof. Dr. K.Kraepelin, Hamburg. Mit 2 Tafeln und 3 Abbildungen im Text. 1908. Preis: 5 Mark. : (Aus dem zoologisch-vergleichend-anatomischen Institut der Universität Zürich.) Das Blutgefässsystem der Oligochäten. Embryologische und histologische Untersuchungen. Von Stefan Sterling aus Warschau. Hierzu Tafel 10—18 und 16 Figuren im Text. „Celui qui voit avec un microscope apercoit sans doute dans les choses plus de qualites“ ... (VAUVENARGUES, Connaissance de l’esprit humain. VII. Du bon sens.) „Die Anpassung der Gedanken an die Tat- sachen ist also das Ziel aller naturwissenschaft- lichen Arbeit.“ (E. MacH, Analyse der Empfindungen, XIV, 5.) Einleitung. Zu einer rein geistigen Arbeit muß man die feine und klare Trophoeöltheorie von Lang zählen: aus vielen strittigen Ergeb- nissen, die über das Blutgefäßsystem der Anneliden angegeben worden sind, hat Lang eine einheitliche Theorie aufgebaut, die zuerst keine Gegner hatte; unlängst ist gegen sie der bekannte Kenner der Anneliden F. VEJDovVsKkY (120) hervorgetreten. Nach der scharfen Kritik der BErGHschen Untersuchungen, welche eine der wichtigen Grundlagen der LAngschen Theorie bleiben, legt er seine „mehrjährigen Beobachtungen und Anschauungen über das Gefäßsystem der Oeffentlichkeit‘‘ vor. In den Untersuchungen ist eine Anzahl von Oligochäten und Hirudineen in ihrem Gefäßbau behandelt. Der Autor hat aber — wie er behauptet — „alle möglichen Vertreter dieser Ordnungen einer Untersuchung unter- zogen“, schließlich aber nur auf einige wenige Arten verschiedener Familien sich beschränkt, da er allmählich zur Ueberzeugung ge- langt sei, daß die Unterschiede im Bau der niederen und höheren Vertreter nur quantitativer Natur sind, so nämlich, daß z. B. die intravasalen Gewebe bei den ersteren in einfacheren, bei den letz- teren in komplizierteren Gestaltsverhältnissen vorkommen. Um seine Theorie mehr zu vertiefen, hat VEsDovskyY zum Vergleiche die Gefäße von Gastropoden, Arthropoden und Vertebraten aus- gewählt. Bd. XLIV. N. F. XXXVI. 1! 254 Stefan Sterling, Das wichtigste Resultat aller Untersuchungen ist das, daß der Darmblutsinus den ursprünglichsten Bestandteil des Gefäßsystems vorstellt und entodermaler Herkunft ist, also nichts mit dem Cölothel zu tun hat. Das Darmepithel sondert nach außen eine cuticulaartige Membran ab; zwischen dieser und dem Darmepithel sammelt sich die Blutflüssigkeit. Von der Tatsache, daß diese Membran durch die Darmepithelzellen gebildet wird, kann man sich aus den langen Fortsätzen, mit welchen die einzelnen Zellen mit der Basalmembran in Verbindung stehen, überzeugen; auch sind sogen. Ersatzzellen, die besonders bei der Erweiterung des Blutsinus zum Vorschein kommen, zu finden — wobei sie auch als selbständige Komponenten der äußeren bindegewebigen ur- sprünglichen Basalmembran hervortreten können. Aber auch die Entodermzellen können mittels langer Fortsätze in Verbindung mit der Basalmembran bleiben. Natürlich ist diese bindegewebige Um- hüllung, sogen. Vasothel, welche entodermaler Herkunft und unter der Muskulatur des Darmes gelegen ist, die ursprünglichste Um- hüllung der Blutbahnen. Da ferner die wichtigsten Bestandteile des Blutgefäßsystems, wie die Herzen, das Bauchgefäß u. s. w., nur Differenzierungen des Blutsinus vorstellen, so muß auch das Vasothel an deren Bildung sich beteiligen, und zwar vermehren sich die Vasothelzellen karyokinetisch. Auf diese Weise gehören die ursprünglichste Auskleidung und die Ernährungsflüssigkeit zum Entoderm — die weitere Verteilung dieser Flüssigkeit besorgt die aus dem äußeren Cölothel entstandene Muskulatur, wo sie in propulsatorischen Teilen des Gefäßsystems aus Ring- und Längs- muskeln, und in nicht kontraktilen Gefäßen nur aus den Längs- muskeifasern besteht. Den physiologischen Beschaffenheiten dieser Muskulatur paßt sich das innere Vasothel an, und aus den ur- sprünglichen Bindegewebszellen bilden sich langgestreckte Muskel- zellen, die als Antagonisten der äußeren cölothelialen Ringmusku- latur funktionieren. Der ganze Umbildungsprozeß der Vasothel- zellen von den amöboiden aus bis zu den stark differenzierten Myoblasten und sogar echten Muskelfasern ist bei den niederen Oligochäten und Hirudineen zu konstatieren.. Es können auch weitere Differenzierungen und Veränderungen der Vasothelzellen stattfinden, die zur Bildung des Vasochords, der Herzklappen etc. führen. Daher müssen alle diese Gebilde aus dem Vasothel ab- geleitet werden. Das alles ist die Grundlage, auf welcher die VEIDOVSKYsche Das Blutgefäßsystem des Oligochäten. 255 Theorie aufgebaut ist, und damit ist die theoretische Annahme von Lang, daß „die echten Blutgefäße ab origine keine anderen Wandungen als 1) die Gonocölwandung und eventuell 2) die Epithel- wand des Darmes haben“, nicht vereinbar. Der Blutsinus ist nach außen gegen die Gonocölwandung (die Muskulatur des Darmes in diesem Falle) vom Vasothel abgegrenzt; es gibt, nach VEJDOVSKY, keine Gefäße mit einfacher Peritonealwand, sei es nicht kontrak- tiler oder kontraktiler Natur. Die Vasothelzellen resp. ihre Modi- fikationen können nicht mit den Thesen von LAnG, nach welchen der Gefäßmuscularis nach innen nur eine homogene Intima LEYDIGs anliegen muß, in Einklang gebracht werden. Auch viele intra- vasale Bildungen, die teilweise als größere Zellenkomplexe, teil- weise als vereinzelte Zellen hervortreten, sprechen nicht für „retro- peritoneal“ (wie sie LAnG nennt), also exotropisch entstandene Zellwucherungen. Nach Veypovsky sind alle intravasalen Bil- dungen entodermalen Ursprunges. Aus Entoderm entstehen mög- licherweise auch die Hämocyten — und in dieser Beziehung ist VEJDOVskY ganz mit LAnG einverstanden, daß zur Zeit keine Belege für die Annahme der Abstammung der Hämocyten von primären mesenchymatösen Wanderzellen existieren. Daß die Blut- körperchen schon vom Anfang isolierte entodermale Mesenchym- zellen sind, hat sich VEJDovskY (bei Rhynchelmis) aus einigen Entwickelungsstadien des Bauchgefäßes und aus der Bildung des Herzens überzeugt: die in früheren Arbeiten angegebene Ver- dickung der Splanchnopleura, aus welcher das Bauchgefäß ent- stehen soll, stellt in Wirklichkeit eine ventrale splanchnische Falte dar, welche mit kleinen mesenchymatösen Elementen ausgefüllt ist, und diese letzteren können „nur aus dem Entoderm entstanden sein“. Und zwar stellen diese amöboiden Mesenchymzellen die ursprünglichsten Elemente vor, die sich teilweise in unveränderter Form als die frei in der Blutflüssigkeit flottierenden Blutkörperchen verhalten, teilweise aber dicht der splanchnischen Muskelschicht anliegen und das Vasothel sämtlicher Gefäße bilden. Zuerst muß man dazu die merkwürdigen Zellen der Aeolosoma, die sedentären Blutzellen von Enchytraeus adr. und besonders die amöboid ver- zweigten sternförmigen Zellen im Rückengefäße und in den prä- genitalen Segmenten des Bauchgefäßes derselben Art rechnen. Diese letzteren Zellen „bilden wohl den Ausgangspunkt zu theo- retischen Betrachtungen über die phylogenetische Entstehung der Muskelzellen überhaupt. Es sind also uni-, bi- und multipolare I 256 Stefan Sterling, wandständige Muskelzellen, und als höchste Differenzierung — kleine spindelförmige, den Gefäßwandungen anliegende Zellen zu finden; in diesen letzteren Myoblasten kann sich die kontraktile Substanz bereits zu langen Längsmuskelfasern ausbilden, welche — in den Gefäßen der größeren Formen — dank großer Zahl eine ge- schlossene Längsmuskelschicht bilden. Die Sarkoplasmen dieser Zellen springen mit Kernen in das Lumen der Gefäße vor, und von einigen Forschern wurden sie als „der nur in der Phantasie existierenden ‚Cuticula® angeklebte Blutzellen gedeutet“. Endlich können sich die ursprünglichen Amöbocyten zu großen Zellen- komplexen, die man als Herzkörper oder Vasochord bezeichnet, umbilden. In dieser Weise sind nicht nur keine Unterschiede zwischen dem Hämocöl der Anneliden und dem von Arthropoden und Mol- lusken, sondern keine zwischen dem der Anneliden und Vertebraten zu finden; auch bezüglich der Entwickelung „wird den künftigen Untersuchungen möglich sein nachzuweisen, daß das Endothel in gleicher Weise vom Entoderm abzuleiten ist wie bei den Annu- laten, und es dürfte sich als gleichgültig herausstellen, ob sich das Endocard durch Aneinanderlagerung ursprünglich zerstreuter Mesenchymzellen bildet oder als eine epitheliale Ausstülpung ent- steht, die sich sekundär zum Endothelsäckchen schließt. In beiden Fällen entsteht das Endothel aus dem Entoderm, wie der Darm- sinus, in welchem es liegt“. Nach all diesem will VEJDovskY die wichtigste theoretische Frage, ob das Hämocöl ein Rest der ur- sprünglichen Furchungshöhle oder eine extraintestinale meso- blastische Spaltenbildung wäre, in folgenden drei Thesen be- antworten: „1) Das Gefäßsystem kann nicht auf das Blastocöl zurückgeführt werden, indem sein ursprünglichster Bestandteil, nämlich der Darmsinus, mit seiner äußeren zelligen Begrenzung, einen integrierenden Teil des Ento- derms vorstellt. 2) Das Gefäßsystem kann nicht als Schizocöl im Sinne HuxLurys gedeutet werden, weil es nicht im Mesoblast entsteht. Durch die Bildung der Blut- flüssigkeit kommt zwar eine Spaltbildung, aber nur im Entoderm zustande, die Begrenzung ist entodermal, die mesodermalen Muskelschichten stellen eine sekundäre Um- hüllung vor. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 257 3) Das Gefäßsystem stellt einen Hohlraum sui generis vor, welcher weder vom Blastocöl noch Schizo- cöl abgeleitet werden kann und füglich als Hämocöl be- zeichnet wird. Trotzdem kann man hier keine Neubildung erblicken, indem die ursprünglichen Bestandteile des Hämo- cöls, die Blutflüssigkeit und deren äußere Umhüllung, das Vasothel, vom Entoderm herstammen.“ In einer zweiten vor kurzem erschienenen Arbeit will VEJ- DOVSKY noch mehrere Beweise, die für seine Theorie sprechen sollten, bringen. Zuerst bespricht er die von FREUDWEILER (34) angestellten Untersuchungen, wobei er zum Schluß kommt, daß man in den von FREUDWEILER beschriebenen „Blutzellen“ die verästelten intravasalen Muskelzellen erblicken muß. Weiter be- spricht VEJDovVvsky den entodermalen Ursprung des Vasochords, wonach das letztere Organ direkt aus dem Darmepithel ent- stehen soll, kommt noch einmal zur Histologie der Gefäße von Lumbriciden und bemerkt: „Ein Rückblick auf die Ergebnisse der Beobachtungen von mir, JOHNSTON und GunGL über die Histologie des Gefäßsystems der Lumbriciden führt uns zum Schlusse, daß sich die Arbeiten im allgemeinen vervollständigen, und es bleiben nur wenige Punkte strittig übrig, namentlich wenn man bedenkt, daß Jomnston schon mit keinem einzigen Worte einer ‚Intima* Erwähnung tut.“ Wie wir weiter sehen werden, kann von dieser „Vervollständigung‘ kaum die Rede sein. Immerhin bleiben noch viele Probleme — wie das der Klappen- entstehung etc. — ganz unberührt; auch histologische Verhältnisse bei einzelnen Oligochäten bieten viele strittige Punkte dar. Des- wegen entschloß ich mich, noch einmal die Histologie des Blut- gefäßsystems zu kontrollieren und seine ontogenetische Ent- wickelung, die bisher doch mangelhaft bearbeitet wurde, zu stu- dieren. Und nur auf Grund der ontogenetischen Befunde wollte ich weitere phylogenetische Schlüsse ziehen. Für die embryologischen Untersuchungen mußte ich mich mit Embryonen der höheren Lumbriciden begnügen, da die En- chyträidenkokons gar nicht leicht zu bekommen sind. Als er- wachsene Formen untersuchte ich den wenig bekannten Stercutus niveus, eine neue Enchyträidenform — Euenchytraeus bisetosus BretscH., 2 Exemplare einer Enchytraeusart vom Schwarzen Meer und Enchytraeus ädriaticus. Als höhere Formen benutzte ich hauptsächlich Eisenia (Allolobophora) foetida und Pheretima 258 Stefan Sterling, rodericensis (2 Exemplare). Zum Vergleichen der Bauverhältnisse mit denen von Hirudineen benutzte ich Pontobdella, Branchellion, Piseicola und Clepsine (Arten s. im histologischen Teil) !). Untersuchungsmethoden. In beiden Abschnitten der vorliegenden Arbeit — dem ent- wickelungsgeschichtlichen, der ein gewisses Licht auf die Ent- wickelung der Gefäße resp. das Entstehen der Gefäßwandungen werfen soll, und dem histologischen, dessen Zweck die genaue Beschreibung aller Komponenten dieser Wandungen ist — habe ich mich der Schnittmethode bedient und zwar an mm (Sagittal-, Horizontal-) und Querschnittserien. In der embryologischen Technik kommen gewisse Schwierig- keiten vor. Die Dottermassen, mit welchen die Embryonen so reichlich gefüllt sind, zeigen beim Schneiden ein wirkliches und manchmal unüberwindliches Hindernis. Daher mußte ich mich der Doppeleinbettung bedienen, in manchen Fällen nach der JORDAN- schen Methode (Zeitschr. f. wissensch. Mikrosk., Bd. XVII, 1900), manchmal aber habe ich ganz einfach die Celloidinblöcke in Pa- raffin eingebettet und so in die Schnitte von 5—10 u zerlegt, da für embryologische Zwecke Schnitte von dieser Dicke vollständig genügen. Nicht selten kam es vor, daß sich Embryonen einfach im Paraffin gut schneiden ließen, dann konnten Schnitte von 3 u Dicke hergestellt werden, so daß sie mir zu genaueren histo- logischen Zwecken dienen konnten. Endlich hatte ich auch eine besondere Nelkenöl-Kollodiummethode angewandt, nach welcher die Embryonen — in beliebiger Flüssigkeit fixiert und allmählich durch alle Alkohole durchgeführt — aus absolutem Alkohol für ca. 2 Stunden in Nelkenöl eingelegt wurden (länger schädlich für Objekte!), dann in eine Mischung übertragen, die zur Hälfte aus Nelkenöl und Kollodium besteht. Hier bleiben die Objekte 1—3 Tage je nach der Größe; nachher werden sie aus der Mischung 1) Ich muß meinen verbindlichsten Dank aussprechen: Herrn Prof. Dr. F. Vespovsky für die geschickten Pheretimaexemplare, Herrn Prof. Dr. K. Corı für das Enchyträidenmaterial, welches er mir aus der zoologischen Station Triest gesandt hat, Herrn Prof. Dr. A. Lang für Stercutus niveus und Herrn Privatdozent Dr. K. BRETSCHER für die von ihm beschriebene Euenchytraeusform. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 259 auf ein kleines Stück Glas übertragen, im Tropfen des Nelkenöl- Kollodium orientiert (unter der Lupe oder Mikroskop) und so (mit einem Tropfen der Mischung) ins Xylol eingelegt, wo sie so lange gelassen werden, bis die schwache Trübung des Nelkenöl-Kollo- diums schwindet (ca. 2 Stunden). Dann schneidet man einen ziem- lich kleinen Block aus und legt ihn mit dem Glas ins Paraffin bis zur definitiven Einbettung (immer mit dem Glas); nachdem das Objekt auf dem Glas schon im Paraffin eingeschlossen ist, schneidet man vom unteren Teile das Paraffin vom Glas ab und legt den Block in kaltes Wasser; nach einiger Zeit — 2—3 Stunden, manchmal nach einem Tag — läßt sich das Glas abheben — das Objekt ist zum Schneiden fertig. Diese Methode ist be- sonders dann zu empfehlen, wenn es sich um eine ganz genaue Orientierung der Objekte handelt. Die Embryonen wurden, nachdem der Kokonstiel mittels der Schere abgeschnitten war, vorsichtig auspräpariert, gewöhnlich mit Perenvischer Flüssigkeit oder Eisessig-Sublimat fixiert; auch die beiden Berguschen Methoden — die eine mit FLemMInGscher Flüssigkeit und Platinchlorid und die andere berühmte mit Ver- silberung (das Gemisch mit der Ameisensäure gab bessere Re- sultate) — wurden angewandt. Die Chromsublimatmischung, welcher ich mich für jüngere wie für ältere Exemplare bedient habe, ergab überhaupt nicht die besten Resultate, trotz der Aufmerksamkeit, die ich den VEIDoVSskYschen Bemerkungen gewidmet habe. Das angegebene Rezept (1 pro Mille) ist nicht genau, weil die Kon- zentration der Chromsäure verschieden sein kann; es hat schon SCHOEBEL darauf aufmerksam gemacht (Zeitschr. f. wissensch. Mikrosk., Bd. XXIII, 1906: „Da Verf. seine Resultate nur dieser ‚„Fixierungsmethode‘ verdankt, ist diese Ungenauigkeit kaum ent- schuldbar“); die Methode gibt, meiner Ansicht nach, überhaupt keine befriedigenden Resultate, und für die Nachfärbung mit VAn GIESON zeigt sie sich als ganz ungeeignet. Als Färbungsmittel der Embryonen wurden BöHnmers Hämato- xylin oder Hämalaun mit Nachfärbung von Eosin (resp. Erythro- sin) angewandt; seltener wurde E.-Hämatoxylin, Safiranin (nach Osmiumsäuregemischen, nicht immer mit befriedigenden Erfolgen), Boraxkarmin (in toto) mit Pikrinsäure- oder Bleu de Lyon-Nach- färbung benutzt. Van Gıesonsches und EHRLICH - BIonDIsches Gemisch zeigten sich als wenig geeignet. Hingegen dort, wo es sich um genaue histologische Ver- hältnisse — also bei erwachsenen Tieren — handelt, erzielte ich 260 Stefan Sterling, mit der Van Giesonschen Methode und vorhergehender Kern- färbung mit Hämalaun oder Hämatoxylin ganz gute Resultate. Besonders ist sie für die größeren Gefäße zum Nachweis der Intima zweckmäßig. Um den Verlauf der Muskelbündel und einzelnen Muskelfasern wie auch die Struktur der Sarkoplasmen näher zu bestimmen, wurde die E.-Hämatoxylin (Eosin, Erythrosin, Licht- grün, Rubin) angewandt; auch Hämatein-ArATay und Gemisch von EnrLica-BionpiI gibt nicht selten schöne Präparate. Für Elastica wurde das Orcein benutzt. Bei den Exemplaren, welche ich schon im fixierten Zustande bekommen hatte, mußte ich natürlich solche Färbungsmethoden anwenden, welche nach entsprechenden Fixierungsmitteln die besten Resultate ergeben konnten. Mit der Imprägnationsmethode wurden bei größeren Formen die Gefäße (am häufigsten das Rückengefäß) auspräpariert; kleinere Formen wurden in toto behandelt. Vor der Fixierung wurden die Tiere mit Alkohol verschiedenster Konzentration (je nach der Größe des Tieres) betäubt. Endlich ist zu erwähnen, daß auch lebende Objekte sorgfältig beobachtet wurden. Besonders wichtig ist es für ältere Em- bryonen, wo durch den fast durchsichtigen Körper die Gefäße und die Blutzirkulation deutlich zu sehen sind; manche Objekte wurden gezeichnet, und die Richtigkeit wurde nachher mit den Schnitt- serien kontrolliert. | Embryologischer Teil. Literaturübersicht. a) Oligochäten. Ueber die Entwickelung des Gefäßsystems der Oligochäten liegen bisher nur spärliche Mitteilungen vor. Die ersten Angaben haben wir KowALEwSKY (64) zu verdanken. Er sagt namentlich: „Der Embryo bildet sich weiter aus, indem er den Rückenteil um- wächst und auch die Gefäße erscheinen. In Betreff des ersten Punktes sehen wir auf der Fig. 23 einen Lumbricus, dessen Keim- streifen schon mehr als die Hälfte des Dottersackes umwachsen hat und dessen vorderer Teil, der den Oesophagus einschließt, schon vollständig gebildet ist. Bei diesem Embryo ist das Gefäß- system schon da und besteht aus einem Bauchgefäß (Fig. 24 b) Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 261 und den seitlichen Schlingen (g), welche den Dissipimenten entlang nach oben gehen, ferner aus zwei seitlichen Gefäßstämmen, welche sich an den Grenzen des auf dem Dottersacke ausgebreiteten mitt- leren Blattes hinziehen und nach vorn in das Rückengefäß, welches auf dem ÖOesophagus liegt, übergehen. Bei der Ausbreitung des mittleren Blattes und seinem Zusammentreten auf der Rückenseite, welche vom vorderen Ende beginnt, schmelzen diese beiden ge- wissermaßen den Sinus terminalis bildenden Gefäßstämme zu- sammen, und es entsteht somit das Rückengefäß. Was den Ort anbetrifft, wo sich die Gefäße anlegen, so ist es nicht schwer, für die Hauptstämme zu beweisen, daß sie aus den Zellen entstehen, welche sich zwischen dem Darmdrüsen- und dem Darmfaserblatte ansammeln und von einem dieser Blätter abstammen (Fig. 25). Die Querstämme bilden sich an den Stellen, wo die beiden Dissipi- mentwandungen an das Darmdrüsenblatt anstoßen; von hier stülpen sich die Gefäßanlagen des Darmfaserblattes zu einer Falte aus, welche, das Gefäß umgebend, sein Muskelsystem bildet. Ich muß hier noch erwähnen, daß von dem als Sinus terminalis bezeichneten Gefäße noch kleine Stämme nach unten sich fortsetzen, die meiner Ansicht nach als Auswüchse des schon gebildeten Gefäßes anzu- sehen sind, weil das mittlere Blatt noch nicht so weit ausgebreitet ist. Obgleich ich das Epithelium in den Gefäßstämmen der Lumbrieineen nicht beobachtet habe, so ist doch seine Anwesenheit kaum zu bezweifeln, wie auch die beschriebene Bildung der größeren Stämme, welche so vollständig mit demselben Prozesse bei den Wirbeltieren übereinstimmt.“ Die Untersuchungen von VEJDoVsKkY (119a) bestätigen die Angaben von KowALEwsKY, nach welchen sich das Bauchgefäß als solider Zellstrang (‚als eine Verdickung der Splanchnopleura längs der Mediallinie des embryonalen Hypoblastes“) anlegt; erst sekundär wird dieser Zellstrang zum hohlen Bauchgefäße um- gebildet, und zwar in sehr frühem Stadium, namentlich bei den Embryonen mit terminaler Mundöffnung. Auch das Rückengefäß soll aus zwei getrennten Anlagen entstehen, und diese lateralen Gefäßstämme werden ziemlich früh angelegt, lassen sich aber in lebendem Zustande nicht weiter verfolgen; an Querschnitten gelang es VEJDOVSKY nicht, diese Verhältnisse genau zu ermitteln. Mehr nach vorn verwachsen die beiden lateralen Gefäße (bei etwas älteren Embryonen) und bilden die Rückengefäßampullen. „Das Bauchgefäß ist in jedem Segmente mittels eines Seitenbogens so- wohl mit den lateralen Gefäßstämmen, als auch mit dem Rücken- ' 262 Stefan Sterling, gefäße verbunden. Ueber den Ursprung dieser Gefäße habe ich keine speziellen Beobachtungen angestellt, glaube aber, daß sie sich gleichzeitig mit den lateralen Seitengefäßstämmen aus einem gemeinschaftlichen Sinus herausdifferenzieren. In dem hintersten Körperende der beschriebenen Embryonen von Allolobophora foetida (Taf. XXVIIL, Fig. 2) sieht man nämlich, daß das Bauchgefäß in einen Darmsinus (S$) übergeht, aus dem teils die lateralen Längs- stämme, teils die Seitenbogen durch die Bildung selbständiger Wandungen zustande kommen. Im Mangel an hinreichendem Materiale habe ich leider die Querschnitte durch diese Stadien nicht herstellen können, um die ausgesprochene Vermutung von dem gemeinschaftlichen Ursprunge der genannten Gefäße unter- stützen zu können.“ Die doppelte Anlage des Rückengefäßes bestätigt auch WILSON (126). Die Art und Weise des Entstehens gleicht der vom Bauch- gefäß wahrscheinlich, und diese Bauchgefäßbildung weicht von den VEJDOVSKYschen Angaben vollständig ab: es soll „as a space lying between the wall of the archenteron and the mesoblast“ (Fig. 72)“ entstehen und darum „it would seem to represent a part of the original cleavage cavity“. Es besitzt zuerst keine eigentlichen Wandungen, nur „here and there along its course, however, 4 single cell can be seen on its dorsal side applied to the ento- blast“; später „these cells increase in number, so that the vessel becomes enclosed in a distinct wall of its own and appears to lie in the splanchnie mesoblast as figured in Fig. 25a, Pl. XI of KLEINENBERG’s paper“. Ein ähnlicher Vorgang findet auch für das Rückengefäß statt: „they develop in precisely the same way as the ventral vessel first appearing as spaces between the splanchnic mesoblast and the archenteric wall, but ultimately acquiring walls of their own.“ Den Wırsonschen Angaben steht ganz nahe die von ROULE (103) in seinen Untersuchungen über die Entwickelung des Enchy- traeoides Marioni ausgesprochene Ansicht. Der genannte Autor sagt: „Le vaisseau ventral prend naissance un certain temps apres le vaisseau dorsal [diese Angabe scheint im grellen Gegensatze zu den Ergebnissen der anderen Forscher zu stehen!] et tous deux apparaissent sous forme de troncons qui se soudent les uns aux autres. Chaque @bauche de ces troncons consiste en un espace vide, perc& par la separation, en un point donne, sur les lignes medianes dorsale et ventrale de l’intestin, de l’endoblaste et de la splanchnopleure; ces vides correspondent, &tant donnede leur Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 263 situation, & des espaces blastocoeliens. Ensuite, des cellules de la splanchnopleure se mettent en rapport avec les cavit6s vascu- laires, proliferent, et leur forment une paroi propre. — Les vais- seaux possedent donc une paroi particuliere, qui leur est fournie par le feuillet visceral du me&soblaste. Leur cavit& grandit et se remplit d’un plasma color en rouge brun, d&pourvu de globules; leur paroi augmente de möme en surface, tout en s’amincissant et subissant une sorte de k£ratinisation.“ Ueberzeugend ist die Fig. 120, Taf. XIX. b) Polychäten. Für diese Abteilung finden wir wieder dieselbe Kontroverse. Zu den Autoren, bei welchen über solide Gefäßanlage die Rede ist, gehören HATSCHEK und KLEINENBERG. Andererseits soll der Darmblutsinus, welcher in der Ontogenese zuerst erscheint, dadurch entstehen, daß sich infolge von Flüssig- keitsansammlung die Splanchnopleura von dem Darmepithel einfach abhebt. Die älteren Angaben (GIARD, 42; SALENnsKY, 105—107; FRAIPONT, 32; Ep. MEYER, 73; und WOLTERECK, 128) wollen wir beiseite lassen, da sie schon mehrfach besprochen wurden; hier sollen nur einige der wichtigsten Zitate aus der letzten Zeit an- geführt werden. WOLTERECK behauptet in den neueren Untersuchungen (129) (für Polygordius): „Das Cölothel bezeichnet zwar durch die Spalt- räume, die es für das Blastocöl übrig läßt, die Bahnen für die meisten Blutgefäße, deren Wandungen aber liefern Mesenchym- zellen, die sich zu dünnwandigen Röhren zusammenschließen.“ Vorher bei der Beschreibung der Rumpfhautregion sagt der ge- nannte Autor, daß das „Cölothel nicht die Wandung der Längs- gefäße abgibt; auch von einer Abspaltung oder Auswanderung von Cölothelelementen in das Spaltblastocöl war niemals eine Spur zu bemerken, so daß in der Tat nur die Entstehung der Längsgefäße aus den von vornherein im Blastocöl vorhandenen Mesenchym- elementen übrig bleibt.“ HEMPELMANnNs Befunde (49) (bei Polygordius lacteus und triestinus) bestätigen WOLTERECKS Annahme, daß das Mesenchym am Aufbau der Gefäße beteiligt sei. Er konnte auch das Vor- handensein eines Endothels konstatieren. Sehr interessant ist die Art und Weise des Auftretens eines Darmblutsinus, der nur zur Zeit der Geschlechtsreife auftritt; dieser Darmblutsinus ist ledig- lich auf die Segmente lokalisiert, in denen die Keimzellen pro- duziert werden. „Sobald sich die Gonaden zu entwickeln an- fangen“, schreibt HEMPELMANn, „tritt das Blut des Rückengefäßes dadurch, daß sich in jedem Segment hinter dem dorsal gelegenen Septum die Gefäßwand sauflöst, aus dem Gefäßlumen heraus in den Raum zwischen Darmepithel und Muscularis. Der so ent- standene- Sinus reicht ventral etwa bis zur Mitte der Drüse.“ 264 Stefan Sterling, Diese interessante Erscheinung könnte vielleicht als eine cäno- genetische Verschiebung in der Ontogenese oder noch besser als zeitlicher Schwund der betreffenden Komponente des Blutgefäß- systems aufgefaßt werden. LivLıe (68) (bei Arenicola cristata): „This (ventral) vessel, as will be seen from Fig. 9, Plate 22, early appears as a well defined channel extending almost to the posterior extremity; it arises as a space between the intestinal wall and the mesoderm and soon becomes enclosed on all sides by the extension of the mesoderm cells.“ ScHILLER (109) (bei Arenicoliden): Die Entwickelung des dorsalen Gefäßes vollzieht sich in folgender Weise: „1) Es werden Mesodermzellen an Stelle des zukünftigen Ge- fäßes angesammelt. 2) Sie differenzieren sich in die Elemente des dorsalen Mes- enteriums. 3) Die Lamellen dieser Mesenterien werden zu den eigent- lichen Wandungen des Gefäßes.‘“ „Das ventrale Gefäß wird von den Lamellen des ventralen Mesenteriums gebildet. Der Prozeß vollzieht sich in derselben Weise, wie bei Entstehung des dorsalen Gefäßes.‘“ Noch bei der Zusammenfassung sagt der genannte Autor: „1) Alle Hauptgefäße haben die gleichen Wandungen wie die- jenigen der Lamellen der Mesenterien und der entsprechenden Septen und bestehen aus dem Peritoneum, der Muskulatur und der Intima. 2) Die Wandungen sind mesodermaler Natur. Das Peri- toneum und die Intima sind von Anfang an miteinander verbunden und repräsentieren ein netzartiges Embryonalgewebe, welches sich erst später differenziert.‘ Eigene Beobachtungen. Vorbemerkungen. Bevor wir zu den eigentlichen Beobachtungen übergehen, müssen wir uns notwendigerweise über die Definition einiger Begriffe, welche die verschiedensten Auslegungen erfahren, ganz klar werden, um jedes Mißverständnis zu vermeiden. 1. Das primäre und sekundäre Mesenchym. Es ist bekannt, daß bei einigen Anneliden das Mesoderm keinen einheitlichen Ursprung hat, sondern aus einer doppelten Anlage besteht: es besteht aus Urmesodermzellen (oder meso- epithelialer Anlage) und aus Zellen, die. aus dem Ektoderm in die Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 265 primitive Leibeshöhle einwandern, welcher Vorgang in sehr frühen Entwickelungsstadien stattfindet. Diese immigrirten Zellen bilden das sogen. primäre Mesenchym. Im Gegensatz zum letzteren steht das sekundäre Mesenchym, welches nur einzelne von dem schon ganz ausgebildeten und differenzierten Mesodermverbande sich los- lösende Elemente darstellt. Sekundäres Mesenchym tritt in etwas älteren Stadien auf, wo die Umwachsung des Darmes dorsalwärts immer mehr vor sich geht und die Spaltung der Mesodermstreifen in die Splanchno- und Somatopleura im ventralen Teile manchmal schon stattgefunden hat. Der Prozeß des Loslösens ist oft ganz genau und deutlich zu beobachten, so daß auch im dorsalen Körperteile des Embryo der Ursprung der einzelnen zwischen den zwei Keimblättern sich befindenden Zellen keinem Zweifel unter- liegen kann. Da wir nur mit sekundärem Mesenchym zu tun haben, wollen wir es kurz als „Mesenchym“ bezeichnen. 2. Der primäre und sekundäre (Darm-)Blutsinus. Bei Polychäten hat QUATREFAGES den sogen. Darmblutsinus entdeckt, welchen nachher viele andere Autoren beschrieben haben und der ontogenetisch zuerst erscheint. Auch bei Oligochäten hat man den differenzierten Darmblutsinus, als sogen. Darmgefaßnetz, und sogar einen wirklichen Darmblutsinus konstatiert. Diese wichtige Komponente des Zirkulationsapparates wollen wir als primären Blut- sinus bezeichnen, da wir aus phylo- und ontogenetischen Betrachtungen gewisse Berechtigung dazu zu haben glauben. VEJpovskyY (119a) hat in seinen entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen auch einen Darmblutsinus bei Allolobophora foet. abgebildet, in welchen das Bauchgefäß übergeht und „aus dem teils die lateralen Längs- stämme, teils die Seitenbogen durch die Bildung selbständiger Wandungen zustande kommen“. Die entsprechende Abbildung, welche uns die Profillage des Embryo veranschaulicht (Taf. XX VIII, Fig. 2s) zeigt ganz am hintersten Ende des jungen Tieres den sogen. Sinus. Da aber die ganze Blutgefäßentwickelung bei Allo- lobophora foet. auf ganz andere Weise vor sich geht, so daß man den von VEJDOVSKY beschriebenen Blutsinus als Ausgangspunkt für die weitere Gefäßbildung nicht annehmen kann, so muß ich ihn — wenn so ein Blutsinus überhaupt existiert — als sekun- dären bezeichnen. Ich muß offen gestehen, daß es mir nicht gelungen ist, bei Allolobophora foet. einen Blutsinus am Schwanz- ende zu beobachten. In einem solchen Stadium, wie es VEJDOVSKY 266 Stefan Sterling, darstellt, ist der ganze Embryo — und besonders bei der genannten Art — so mit undurchsichtigem Dotter vollgestopft, daß fast keine Gefäße zu beobachten sind. Ich hatte sehr viele Individuen umsonst durchmustert, nirgends konnte ich aber etwas von dem Sinus finden, welcher so schön in der Figur abgebildet ist. Bei anderen Arten sieht man die Gefäße schon viel deutlicher — darauf wollen wir aber unten noch einmal zurückkommen. Es ist nur möglich, daß in späteren Stadien beide laterale Gefäße und das Bauchgefäß am hintersten Körperende zusammen verschmelzen und auf diese Weise einen gemeinschaftlichen „Sinus“ bilden; diese Stadien habe ich aber nicht untersucht — und im Falle so etwas vorkäme, müßte ich diese Bildung als einen sekundären Blutsinus bezeichnen, auch aus dem Grunde, weil die ganze Körperdifferen- zierung (also auch Gefäßentwickelung) von vorn nach hinten vor sich geht. Wenn wir also über den „Darmblutsinus“ (resp. Blut- gefäßnetz) sprechen werden, so haben wir nur den primären Darm- blutsinus im Auge. Beobachtungen an lebenden Embryonen. Die jüngeren Stadien, bei welchen das Blut noch ungefärbt bleibt, zeigen sich als ziemlich ungeeignet. Die Gefäße sind mit Schwierigkeit von den umgebenden Organen zu unterscheiden, besonders wenn die Blutzirkulation wegen der Kleinheit des Embryo nicht ganz deutlich wahrzunehmen ist. Dagegen sind die etwas älteren Embryonen mit schon genügend ausgebildeten Blutgefäßen für das Studium des Zirkulationsapparates ein gutes Objekt; aber auch in diesen Stadien hat man viele Exemplare zu durchmustern, um sich eine — wenn auch nicht vollständige — Vorstellung von dem Blutsystem zu machen. Die mit Dotter gefüllten Embryonen weisen nicht viel von Gefäßen auf — darum muß man solche Arten auswählen, bei welchen die Verhältnisse am günstigsten erscheinen. Bei Helodrilus (calig.?) (Fig. 1) finden wir in ziemlich jungem Stadium ein stark ausgebildetes Bauchgefäß, welches, wie bekannt, zuerst erscheint und im Mittelkörper seine größte Dicke erreicht — mehr nach vorn nimmt es an Umfang ab, bis es im dritten Segment als dünnes Röhrchen mit dem Rückengefäß in Verbindung tritt. Dieses dorsale Gefäß ist im Vergleich mit dem Bauchgefäß ziemlich eng und zeigt — wie wir es auch später sehen werden — keine doppelte Anlage. Nach hinten sieht man noch keine Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 267 Gefäße, was von den am hinteren Ende lange Zeit bleibenden kompakten Keimstreifen herrührt. Das Rücken- und Bauchgefäß sind durch intersegmentale Seitenschlingen verbunden. Es sind auch Spuren von dem Dorsoextraösophagealgefäß wahrzunehmen, von welchem kleine, in die Seitenschlingen einmündende, ziemlich regelmäßig angeordnete Gefäßchen ausgehen; dieses ganze System findet man nur im dorsalen Körperteile, während man im ven- tralen nur einzelne aus den Seitenschlingen entspringende — wahrscheinlich zu den Nephridien führende — Gefäße beobachten kann. In der entsprechenden Profilansicht könnte man auch in der vorderen Körperregion die Gefäße — welche auf der Abbildung nur angedeutet sind — beobachten; von den Herzen sieht man aber noch nichts. Diese sieht man schon deutlich auf der Fig. 2; sie sind nicht mehr gewöhnliche Anschwellungen, sondern funktio- nieren als wirkliche Pericorden. In diesem Stadium sieht man auch eine breite das Gehirn umgebende Schlinge, welche wahr- scheinlich zwei Seitengefäßäste verbindet und welche besonders bei Kontraktion deutlich zum Vorschein kommt, wie wir es auf Fig. 5 dargestellt sehen. Eine weitere Differenzierung können wir auch bei Eisenia (Allolobophora) foet. konstatieren, da diese Form im entsprechenden Stadium schon fast den ganzen Dotter resorbiert hat und die Gefäße, mit farbigem Blut gefüllt, zu weiteren Beobachtungen dienen können. Die Gefäße im hinteren Körperteile hat VEJpovsky in seinen Untersuchungen (119a) (Taf. XXVIIL, Fig. 5) schön abgebildet und beschrieben; in der vorderen Region findet man ähnliche den oben von Helodrilus ge- schilderten Verhältnisse: in der Fig. 4 wurde ein älterer Embryo (Allolobophora foet.) von oben gesehen dargestellt. Das Rücken- gefäß zeigt einen großen Querschnitt und steht in 5 Segmenten mit Pericorden in Verbindung; in den vordersten Segmenten wird es immer dünner, gibt rechts und links in 3 Segmenten seitliche Aeste ab, im dritten Segmente ist es schon schwierig zu beobachten. Auf der Abbildung sieht man noch kaudalwärts von den Pericorden das Bauchgefäß mit einigen Seitenschlingen — die Lage des Embryo erlaubte aber nicht, das Vas ventrale besser darzustellen. Bei den fast ganz erwachsenen Embryonen — obschon aus den Kokons herauspräpariert — kann man mit genügend starker Vergrößerung das feine Gefäßsystem unterscheiden, welches in ganz regelmäßiger Weise angeordnet den Magen umgibt und als endgültige Dif- ferenzierung des Blutzirkulationsapparates aufzufassen ist. Dieses 268 Stefan Sterling, Magengefäßsystem habe ich auf Fig.5 — wo nur die3 (X VII--XIX) Segmente abgebildet sind — dargestellt. Natürlich kann diese Darstellung nicht als eine vollständige aufgefaßt werden; die Beobachtung an lebenden Embryonen ist imstande, als ein gewisser Hinweis in der Orientierung bei er- wachsenen Tieren große Dienste zu leisten. Die Art und Weise der Gefäßentwickelung muß notwendigerweise in jüngeren Stadien studiert werden, und zwar mit Hilfe der Schnittmethode. Wie oben schon erwähnt wurde, findet man bei Helodrilus auch einen Blutsinus, während in der Entwickelung von Eisenia (Allolobophora) keiner zu beobachten ist; da ich aber wegen der Reichlichkeit des Materials junge Stadien von Eisenia (Allolob.) foet. untersuchen konnte, während Helodrilusexemplare mir nicht so reichlich und in entsprechenden Stadien zur Verfügung standen, will ich mit der Darstellung der Entwickelung der Gefäße bei Eisenia beginnen. Die Entwickelung der Gefäße bei Eisenia foetida. Die ganze Körperentwickelung schreitet bei Oligochäten, wie bekannt, von vorn nach hinten fort, und zwar auf solche Weise, daß, wenn in den vordersten Segmenten schon alle Organe voll- ständig ausgebildet sind, sie in den hinteren erst auf frühesten Entwickelungsstadien stehen. Wenn man kaudalwärts mit der Untersuchung der Schnitte vorschreitet, so bekommt man auf- einander folgende Stadien der Entwickelung; auf diese Weise ist es möglich, alle Uebergangsformen entweder an demselben oder an verschiedenen Exemplaren zu studieren. Das Bauchgefäß. Am Hinterende findet man gewöhnlich in dem für uns wich- tigen Stadium, welches wir als Ausgangspunkt für unsere Be- trachtungen annehmen wollen, noch deutlich Teloblasten; auch die Mesodermstreifen sind nicht immer differenziert. In der Fig. 6 sehen wir schon eine deutliche Anlage des Bauchgefäßes. Es ist eine Spalte zwischen dem Darmepithel (Entoderm) und dem Meso- derm, welches sich hier noch nicht in seine charakteristischen zwei Blätter geteilt hat. Diese Lücke ist das primitive Bauchgefäß, welches auch im folgenden Stadium, wenn sich das Mesoderm in Splanchno- und Somatopleura gespalten hat, in derselben Gestalt erhalten bleibt. a re a Fa Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 269 Auf der Fig. 7 ist die Spalte etwas größer (was wahrscheinlich von den individuellen oder manchmal topographischen Verhält- nissen abhängig ist). Die Mesodermstreifen sind im ventralen Körperteile in Differenzierung begriffen — mehr lateralwärts stellt das Mesoderm noch eine einheitliche Masse vor; an der dorsalen Seite besteht der embryonale Körper nur aus 2 Keimblättern — aus dem Ektoderm und aus dem dicht anliegenden Entoderm. Die halbkreisförmige Lücke unterliegt weiter gewissen Umbildungen in dem Sinne, daß sie von der umgebenden Splanchnopleura um- wachsen wird. Auf der Fig. 8 sieht man den Prozeß schon teil- weise durchgeführt: statt der Spalte findet man ein röhrenförmiges Gefäß, welches auch schon eigene Wandungen zu besitzen scheint. Die beiden Mesodermblätter sind deutlich voneinander getrennt, links sieht man auch ein Nephridium sich bilden. Das Bauch- gefäß, welches von der (ventralwärts manchmal zweischichtigen) Splanchnopleura allmählich umgeben wird, zeigt nach rechts mehr primitive Verhältnisse, während links schon einzelne mesodermale Zellen zwischen das sich bildende Gefäß und das Entoderm mit gleichzeitiger Bildung der Gefäßwandung eingedrungen sind. Wenn dieser Vorgang weiter vor sich geht, so kommt das Stadium zustande, welches ich auf der Fig. 9 abgebildet habe: die ein- schichtige Splanchnopleura trennt das selbständige mit eigenen Wandungen versehene Bauchgefäß vom Entoderm; die Wandungen besitzen manchmal nur wenige Zellen, öfters aber sind sie von einer mehrfachen Schicht gebildet, was auf der Fig. 10 veran- schaulicht wurde. Es ist ein Teil der ventralen Seite eines Quer- schnittes aus den vorderen Segmenten, wo die Splanchnopleura gewöhnlich mehrschichtig hervortritt: das ovale, etwas abgeplattete Bauchgefäß ist durch eine Verdickung der Splanchnopleura, die nicht selten oben am Gefäß zu sehen ist, vom Darmepithel ge- trennt. Diese Verdickung scheint keine große Bedeutung zu haben, da sie bei anderen Arten nicht zu beobachten ist; auch bei Eisenia foet. ist sie oft von der ihr benachbarten Splanchnopleura in ihrer Ausbildung nicht zu unterscheiden; sie ist wahrscheinlich nur durch das Eindringen vieler Zellen verursacht; möglicherweise nimmt sie auch bei der Blutkörperbildung einen gewissen Anteil — darauf wollen wir noch einmal bei der Hämocytenentstehung zu- rückkommen. Was die Wandungen betrifft, so bestehen sie — an den Stellen, wo sie als dünne Membran wahrzunehmen sind — wahrscheinlich aus bindegewebigen Fasern, welche als Grundlage für die künftige Intima aufzufassen sind. Ihrem Aussehen nach Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 18 270 Stefan Sterling, erinnern sie an das sogen. embryonale Mesenterium, welches VEspovsky (119a) bei Rhynchelmis in seinen Untersuchungen (Taf. XXI, Fig. 8 m) beschrieben hat. Ueber das Entstehen dieses Mesenteriums sagt der genannte Autor folgendes: „In späteren Stadien berühren sich beide Lamellen zwischen den Cölomsäckchen (Taf. XXI, Fig. 7) und erinnern dadurch an das Bauchmesenterium von Polygordius. Bald aber tritt eine Degeneration beider La- mellen ein und man trifft an Querschnitten nur dessen Spuren in Form von bindegewebigen Fasern, die man zwischen der Splanchno- und Somatopleura in der Mediallinie der Bauchhöhle findet (Taf. XXI, Fig. 8 m).“ Dieser mediale Hohlraum, welcher von VEJDOVSKY als Spuren der degenerierten Mesodermlamellen aufgefaßt wurde, scheint vielmehr eine wirkliche Anlage des Bauch- gefäßes zu sein, wofür auch der Umstand spricht, daß man auf der (VEspovskyschen) Abbildung kein Bauchgefäß findet; und in diesem Stadium, wo sich schon die beiden Mesodermplatten dif- ferenziert haben, müßte ein Bauchgefäß notwendigerweise vor- handen sein. Auch die Wıusonschen Untersuchungen sprechen gegen die von VEJDOYSKY (was letzterer selbst konstatiert hat). Was uns die Querschnitte gezeigt haben, bestätigen auch die Längsschnitte (Horizontalschnitte eignen sich in diesem Falle nicht so gut. Man muß natürlich eine Anzahl von nacheinander folgenden Schnitten durchmustern, um sich eine Vorstellung von der Bauchgefäßanlage zu machen. Ich habe auf Fig. 11—12 zwei Schnitte aus derselben Serie reproduziert, welche‘ beweisen, wie die Anlage von hinten nach vorn fortschreitet und in den vorderen Körperpartien ein schon ganz abgeschlossenes Gefäß darstellt (auf den Abbildungen nicht zu sehen). Fig. 11 zeigt eine Lücke zwischen dem Darmepithel und der ihm anliegenden Splanchnopleura vom hintersten Körperteile, Fig. 12 ähnliches Bild etwas weiter vorn, wo man schon zwei Dissepimente sieht. Das Bauchmark, welches am hinteren Ende noch nicht differenziert ist, kommt in der zweiten Abbildung deutlich zum Vorschein. Natürlich konnte die ganze lückenförmige Anlage auf einem Schnitt nicht getroffen werden, da sie nicht genau in der Medianlinie ver- läuft, sondern von ihr nach den Seiten abweicht. Die Muskelelemente sind zu dieser frühen Entwickelungszeit noch nicht vorhanden und nur im vorderen Körperteile kommen sie allmählich zur Ausbildung, und zwar durch Differenzierungen der Wandungszellen; genauere histologische Verhältnisse des funk- tionierenden Bauchgefäßes werden im zweiten Teile angegeben. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 271 Wir haben keine Schwierigkeiten in der Entwickelung des Bauchgefäßes getroffen. Die lückenähnliche Anlage, welche bei sehr jungen Exemplaren (von 0,75 mm Größe) — also wo die Segmentation erst angedeutet ist und der Embryo noch eine terminale Mundöffnung besitzt — in den vorderen Segmenten schon zu beobachten ist, schließt sich in der Medianlinie und bildet auf diese Weise ein röhrenförmiges selbständiges Organ. Der ganze Prozeß schreitet von vorn nach hinten vor, was natürlich mit der gesamten Körperentwickelung im Einklang steht. Noch ein Wort über die sogen. „solide Anlage‘ des Bauch- gefäßes, welche bei vielen Autoren eine so wichtige Rolle gespielt hat. Ich konnte auch ein solches Bild konstatieren, und zwar in den vordersten Segmenten, wie auch von den Autoren angegeben wurde. Aber nach sorgfältigster Durchmusterung der entsprechen- den Serien, auf welchen mir diese „Anlage“ aufgefallen ist, muß ich der Annahme, daß es sich in diesem Falle um eine wirkliche solide Bauchgefäßanlage handle, ganz entschieden entgegentreten. Auf der Fig. 13 habe ich drei Schnitte aus derselben Serie re- produziert. Der erste Schnitt zeigt ein Bild, nach welchem man an eine solide Anlage denken könnte. Dieses Bild stimmt mit den z.:B. von VEJDOVskY abgebildeten Figuren (Taf. XXI, Fig. 15, Taf. XXI, Fig. 6 u. 10) fast vollständig überein. Aber schon zwei Schnitte weiter hinten (der zweite von den abgebildeten drei Schnitten) wie auch zwei Schnitte mehr nach vorn (die dritte Ab- bildung) sieht man ein kleines Lumen im Gefäß. Die „solide Anlage“ könnte man also durch ein gewöhnliches Zusammenfallen der Gefäßwandungen erklären: das enge Gefäßlumen wird dadurch ganz geschlossen und es macht den Eindruck, daß man eine solide Anlage vor sich habe; doch ein genauerer Vergleich der benach- barten Schnitte bringt den Irrtum deutlich zutage. Nicht ohne gewisse Bedeutung sind dabei auch die Blutzellen, welche in diesem Stadium als große Zellen an der Gefäßverstopfung Anteil nehmen können. Auf diese doppelte Weise — infolge der Kontraktion der Gefäßwandungen und der Teilnahme der Blutzellen an der Ver- stopfung — dürfte diese vielfach angegebene Solidität der Bauch- gefäßanlage zu erklären sein. Die lateralen Gefäße (die das Rückengefäß bilden). Die Entwickelung der lateralen Gefäße findet auf dieselbe Weise statt wie die des Bauchgefäßes. Das Abheben der Splanchno- pleura vom Entoderm bei gleichzeitiger Bildung einer lateralen 18* 272 Stefan Sterling, Spalte für das zukünftige Gefäß stellt den Ausgangspunkt dar. Nur setzt dieser Prozeß zeitlich ein wenig später ein als die An- lage des Bauchgefäßes und etwas weiter vorn. Einen einheitlichen Sinus — aus welchem alle 3 Gefäße (das Bauch- und die beiden lateralen Gefäße) ihren Ursprung nehmen sollten — konnte ich kein einziges Mal beobachten. Das jüngste Stadium, welches alle drei Komponenten deutlich darstellt, habe ich auf der Fig. 14, die der Fig. 72 bei Wırson ungefähr entspricht, abgebildet. Der dorsale Körperteil ist noch zweischichtig und hie und da findet man einzelne mesenchymatöse Elemente, welche zwischen die beiden dicht aneinander liegenden Keimblätter eingedrungen sind. Da- gegen sieht man an der Bauchseite schon die Bauchmarksanlagen ziemlich weit differenziert, die ausgebildeten Nephridien, eine voll- ständige Trennung der beiden Mesodermblätter und die für uns so wichtigen Gefäßanlagen. An der Medianlinie und an beiden Seitenlinien (und zwar fast immer ungefähr an der Stelle, wo der ventrale Körperteil in den dorsalen übergeht) findet man lücken- förnige Hohlräume, welche schon von Wırson richtig als Blut- räume aufgefaßt wurden. Durch das Zusammenschmelzen dieser 3 Spalten könnte man sich wohl einen wirklichen Blutsinus (se- kundären) vorstellen, welcher auch später durch die Verschiebung der lateralen Gefäße nach unten zustande kommen müßte. Einen solchen Sinus aber, welcher entweder den Ausgangspunkt oder das Produkt der Verschmelzung darstellen sollte, konnte ich nicht konstatieren. Diese doppelte Anlage der lateralen Gefäße — die, wie bekannt, weiter nach vorn zum Rückengefäß zusammentreten — unterliegt weiteren Veränderungen ganz auf dieselbe Weise, wie die Spalte für das Bauchgefäß. Die Spalten werden (Fig. 15) von der Splanchnopleura von oben nach unten umwachsen; doch auch von unten dringen einzelne Zellen hinein (Fig. 16), so daß all- mählich der Spaltraum gegen den Darm zu eigene Wandungen bekommt, wenn er auch — wie auf der Fig. 16 zu sehen ist — noch nicht ein vollständig geschlossenes Rohr darstellt. In der Fig. 17 ist der Prozeß beendigt: die Splanchnopleura hat die Spalte allerseits umwachsen, so daß das laterale Gefäß, welches dorsal verschoben ist, ein ovales verschieden großes Lumen zeigt. Weiter vorn werden die lateralen Gefäße breiter und deutlicher (Fig. 18); es sind manchmal auch zellige Blutkomponenten zu finden, die — wie aus der Fig. 13 hervorgeht — von den Elementen ab- stammen, welche sich von der Splanchnopleura loslösen. Das Mesoderm, welches im hinteren Körperabschnitt nur ein Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 273 wenig nach oben die Spalten für die lateralen Gefäße umgab, breitet sich in den vorderen Körperabschnitten immer mehr dorsal- wärts zwischen den beiden Keimblättern aus, so daß man in Fig. 19 das Mesoderm schon fast die Medianlinie an der Dorsalseite er- reichen sieht. Die lateralen Gefäße ändern damit auch ihre topo- graphischen Beziehungen, sie nähern sich einander immer mehr, bis sie endlich in den vordersten Segmenten ein einheitliches (in späteren Stadien) oder ein doppeltes aus zwei nebeneinander laufenden Gefäßen bestehendes Organ bilden. Den letzteren Fall stellt Fig. 19A vor. Dem Pharynx sitzt ein mehrschichtiges, dichtes, mit stark sich färbenden kleinen Kernen versehenes Mes- enchym auf; letzterem liegt ein doppeltes Gefäß an. Gewöhnlich ist das Rückengefäß (und die lateralen Gefäße) mit einem Chlora- gogengewebe — über welches unten spezielle Angaben angeführt werden — umgeben; doch sind manchmal einzelne Stellen zu finden, wo das Chloragogen vollständig fehlt; eine solche Stelle habe ich für die Fig. 19 A ausgewählt, um das Gefäß besser zur Darstellung zu bringen. Die Wandungen bestehen nicht immer aus einer so schön angeordneten Zellenschicht, wie man auf den oben angeführten 5 Figuren sehen kann. In einigen Fällen kommen wir denselben Verhältnissen, welche wir bei der Entwickelung des Bauchgefäßes kennen gelernt haben, nahe, namentlich dann, wenn die Wandungen aus bindegewebigen Fasern bestehen. Dies ist teilweise in Fig. 21 und ganz überzeugend in Fig. 20 zu beobachten. Die letztere ist aus dem hintersten Körperteile entnommen und zeigt, wie die mehrschichtige Splanchnopleura in die Lücke, resp. in das laterale Gefäß, welches dünne bindegewebige Wandungen besitzt, einzelne Zellen entsendet. Fig. 21, die einen weiter vorn liegenden stärker differenzierten Körperabschnitt reproduziert, stellt die typische Spalte schon mit einer Blutzelle im Innern vor. Die weitere Dif- ferenzierung der peritonealen Zellen besteht in der Ausbildung einer Gefäßintima, der Längs- und Ringmuskulatur und des Chlora- gogengewebes, welche Verhältnisse wir bei den ausschlüpfenden Tieren finden können. Die genauen histologischen Einzelheiten werden im histologischen Teile angegeben. Das Darmgefäßnetz. Das genaue Studium.des Gefäßnetzes in seiner Entwickelung bietet große Schwierigkeiten, und zwar dadurch, daß das Heraus- finden des geeigneten Stadiums selten gelingt. Die Anlagen treten 274 Stefan Sterling, erst nach der Ausbildung des Bauchgefäßes und der beiden lateralen Gefäße auf; wählt man aber ein etwas älteres Stadium, so findet man das Gefäßnetz, welches überhaupt nicht so leicht zu beob- achten ist, schon beinahe ausgebildet. Aus den Querschnitten kann man sich nur eine unklare Vorstellung von dem Bildungs- prozeß machen; besser eignen sich in diesem Falle die Längs- schnitte, wie z. B. der aus dem vorderen Körperteile in der Laterallinie durchführte, auf der Fig. 22 reproduzierte Schnitt. Man sieht zwischen dem Darmepithel und der ihm anliegenden Splanchnopleura an drei Stellen Kleine Lücken, welche die Anlage für das zukünftige Darmgefäßnetz darstellen; in gewissen Fällen sind sie ganz regelmäßig angeordnet — je zwei in jedem Segment, gewöhnlich aber scheinen sie mehr spontan aufzutreten. Das weitere Schicksal der Spalten ist schon leicht voraus- zusehen nach alledem, was oben für die Entwickelung der Haupt- gefäße erwähnt wurde. Die Lücken vergrößern sich immer mehr nach der Peripherie zu, die Splanchnopleura wird sie allmählich umwachsen, bis die wirklichen Darmnetzgefäße zustande kommen. Für Fig. 23 konnte ich ein etwas späteres Stadium auswählen, welches einige wichtige Momente in dem Prozeß zeigt. Der Schnitt, welcher aus dem mittleren Körperabschnitte entnommen ist, zeigt mehr nach hinten kleinere Lücken, nach vorn etwas größere; eine von diesen hat sich sogar vom Darmepithel abgeschnürt und stellt ein selbständiges Gefäßchen vor; mit einer Seitenschlinge — welche gerade vor dem Dissepiment gelegen ist — hat das Gefäß in diesem Falle nichts zu tun. Am hinteren Körperende des Embryos, wo also die typischen Anlagen des Bauchgefäßes und der lateralen Gefäße zu beobachten sind, findet man die Spalten für das Darmgefäßnetz niemals. Im vorderen Körperteile, wo sie zum Vorschein kommen, sind schon die Hauptgefäße so weit differenziert, daß eine Verwechslung resp. Täuschung in der Bestimmung der entsprechenden Anlagen ganz ausgeschlossen bleibt. Die Wandungen des Netzes, wie aller anderen Gefäße, unter- liegen weiteren Differenzierungen, die aber hier unberücksichtigt bleiben müssen. Die Septalgefäße. Das Erscheinen wie die weitere Entwickelung der Septalgefäße steht in engem Zusammenhange mit der definitiven Differenzierung der Mesodermstreifen, eventuell mit ‚der Ausbildung der Cölom- Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 275 säcke. Leider stimmen die bisherigen Angaben in Bezug auf diesen Punkt gar nicht überein. Gewöhnlich nimmt man an, daß die in die Länge auswachsenden Mesodermstreifen zunächst sich in paarige metamere Somiten teilen, welche sich weiter durch Delamination in hohle Säcke verwandeln. Die Wandungen der aneinander stoßenden Säcke bilden die Septen oder Dissepimente; doch muß man unbedingt annehmen, daß die hohlgewordenen Somiten vorher vollkommen voneinander getrennt waren. Dieser Bildungsmodus, welchen ich hier in diesen wenigen Worten knapp geschildert habe, wurde von sehr vielen Autoren — mit ver- schiedenen Modifikationen — beobachtet (KOwALEWSKY, HATSCHEK, SALENSKY, BERGH, KLEINENBERG, VEJDOVSKY, WILSON u. v. a.); aber es wurden auch andere Angaben darüber ausgesprochen {GIARD, ROULE u. a.). Die hier in Betracht kommende Frage ist lange Zeit strittig gewesen und ist noch heute nicht vollständig gelöst. Auch ich konnte das Hohlwerden der abgegliederten Ab- schnitte der Mesodermstreifen am Schwanzende des Körpers kon- statieren; doch muß ich gestehen, daß auch mir manchmal ähn- liche, wie die von RouLE dargestellten und von MEYER scharf kritisierten Bilder im vorderen Körperteile zu Gesicht gekommen sind. Die genauere Betrachtung dieser Verhältnisse, die ich noch einmal an anderer Stelle darzustellen beabsichtige, wollen wir hier beiseite lassen und uns nur mit der oben angegebenen Schilderung begnügen. Sie wird auch von gewisser Wichtigkeit für endgültige theoretische Schlüsse. Es ist leicht zu ersehen, daß die ganze Entwickelung der Septalgefäiße mit dem Zustandekommen der Septen in Ver- bindung steht. Bei der Betrachtung der Entstehung des Bauch- gefäßes wurde erwähnt, daß die erste Anlage des Bauchgefäßes vor der Differenzierung der Mesodermstreifen zu beobachten ist; in dem Stadium kann also von den Septalgefäßen noch keine Rede sein; sie treten erst mit der Differenzierung der Mesoderm- streifen auf, als ein Hohlraum, der zwischen den zusammen- stoßenden hinteren und vorderen Epithelwänden zweier benach- barter und hohlgewordener Somiten entstanden ist. Dieser inter- segmentale Hohlraum muß notwendigerweise mit dem anderen, für die Blutzirkulation bestimmten Hohlraum, d. h. mit der Bauch- gefäßanlage, kommunizieren; es ist in der Tat klar, daß „die prädestinierten Stellen für die Hauptgefäßschlingen die inter- segmentalen Septen sind“ (Lang, These 30). Diese Kommuni- kation aufzufinden ist aber keine leichte Aufgabe. Trotz aller 276 Stefan Sterling, Bemühungen ist es mir nicht gelungen bessere als die auf der Fig. 24 reproduzierten Abbildungen auszuwählen. Fig. 24 zeigt, wie die Septenwandungen direkt in die des Bauchgefäßes über- gehen, anders ausgedrückt: wie der von den Septenwandungen umschlossene Hohlraum mit dem Gefäßlumen in Verbindung steht; es ist ein Horizontalschnitt. Noch deutlicher ist die betreffende Kommunikation auf der Fig. 25 zu sehen, welche einen Quer- schnitt des Bauchgefäßes mit dem einmündenden Septalgefäß dar- stellt. Die Querschnitte eignen sich für die Untersuchung der Septalgefäße nicht sehr, aus dem Grunde, weil die Septen immer schief durchschnitten werden, was bei der Orientierung störend einwirkt. Fig. 25 stellt, wie gesagt, einen solchen Querschnitt vor, dabei sieht man oben noch einige dem Septum angehörende, dicht aneinander liegende Kerne. Dieser Hohlraum unterliegt gleich- zeitig mit dem Zusammenstoßen der Wandungen je zweier be- nachbarter Somiten selbstverständlich weiteren Veränderungen, und zwar auf diese Weise, daß er — von der lateralen Seite gesehen — ungefähr in der Mitte des Dissepiments als ein kleines Lumen für das Septalgefäß erhalten bleibt. Dieses Gefäß bleibt entweder in den Dissepimentwandungen geschlossen oder aber es kann in seinem peripherwärts gerichteten Verlaufe das Septum verlassen und sich der vorderen Wandung des Septums anlegen. Manchmal stellt es auch ein ganz selbständig verlaufendes Gefäß vor; in einem solchen Falle ist eine gewöhnliche Abschnürung voraus- gegangen; die Wandungen werden sich — wie bei allen schon er- wähnten Gefäßen — allmählich differenzieren. Alle diese Stadien sind in den Abbildungen reproduziert, und zwar den Längsschnitten entnommen. In der Fig. 26, welche ein Dissepiment in sehr jungem Entwickelungsstadium darstellt, sehen wir die Spalte, welche das zukünftige Septalgefäß repräsentiert, bis an die Splanchno- pleura sich fortsetzen; in späteren Stadien — Fig. 27 — ist sie ein ovales oder rundliches Lumen, dessen Wandungen aus einer Zellschicht oder aus einer bindegewebigen Membran bestehen; auf der uns schon bekannten Fig. 22 sieht man auch ein Dissepiment, an dessen vorderer Seite ein Gefäß (auf der Abbildung sein Quer- schnitt) wie angeklebt sitzt. Endlich kann sich das Gefäß ganz vom Septum loslösen, welchen Zustand wir bei den ganz aus- gewachsenen Tieren finden. Diese Angaben bestätigen am schönsten die überzeugende Zeichnung von WıLson (in seiner „Embryology* — Fig. 88); da- gegen können sie in keinen Einklang mit der Erklärung von = Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 27T VEJDOVSKY gebracht werden, denn der letztere sagt: „Ueber den Ursprung dieser (der Seitenbogen) Gefäße habe ich keine spe- ziellen Beobachtungen angestellt, glaube aber, daß sie sich gleich- zeitig mit den lateralen Seitengefäßstämmen aus einem gemein- schaftlichen Sinus hinausdifferenzieren.“ Was die Nephridialgefäße betrifft, so konnte ich ihre Entwickelung nicht vollständig ver- folgen; doch scheinen sie mit den intraseptalen Räumen in engster Verbindung zu stehen. Höchst wahrscheinlich geht die Entwickelung auf eine ganz analoge Weise vor sich, wie es für Arenicola cristata R. Liruıe (68) klar geschildert hat. „The nephrostomial vessel“ sagt er „is thus directly continous with the segmental vessel and is formed in essentially the same manner as this latter, represen- ting in reality a space between the posterior septal lamella (re- presented by the peritoneum) and the anterior lamella at the region where the latter joins the funnel-epithelium with which it is continous.“ „At the inner (future posterior) angle of the ne- phrostome the vessel passes on to the body of the nephridium and gradually extends backwards to form the nephridial vessel. This vessel also represents a space between the peritoneum and the nephridial epithelium, and is formed as a simple continuation of the nephrostomial vessel.‘ Die Entwickelung der Gefäße bei Helodrilus caliginosus. Die Untersuchungen an dieser Form konnte ich leider erst mit etwas späteren Stadien anfangen, obwohl sich diese Species zu den mikroskopisch-embryologischen Zwecken viel besser eignet als die Eisenia foetida. Die Entwickelung des Bauchgefäßes vollzieht sich auf dieselbe Weise wie bei Eisenia foetida. Der ganze Unterschied besteht darin, daß sich bei Helodrilus die Mesenterien deutlich ausbilden, wodurch auch das Bauchgefäß mehr nach unten (gegen das Bauchmark) sinkt; solche Verhältnisse findet man übrigens in der vorderen Körperregion, während die hintere ungefähr den- selben Zustand zeigt wie bei Eisenia (Allolobophora) foetida. In der Fig. 28 sieht man ein solches Gefäß an den Mesenterien hängen. Es sind dünne Lamellen, welche in der weiteren Entwickelung 278 Stefan Sterling, allmählich degenerieren und entweder als bindegewebige Fasern bestehen bleiben oder aber vollständig schwinden. Die die Mes- enterien bildenden Zellen unterscheiden sich von den Zellen der benachbarten Splanchnopleura; sie sind Klein, mit stark sich färbenden Kernen und besitzen alle charakteristischen Merkmale des Mesoderms. Die sich umbildenden Splanchnopleurazellen da- gegen sind viel umfangreicher, größer, die Kerne färben sich schwächer. Die das Gefäß bildenden Zellen sind von demselben Charakter wie die mesenterialen; in den jüngeren Stadien bilden sie eine breite Schicht, welche sich in der weiteren Entwickelung in die eigentlichen Wandungen differenziert. Die Mesenterien sind wahrscheinlich auf eine analoge Weise zustande gekommen wie die Verdickung der Splanchnopleura bei Eisenia foetida. Die Blutzellen sind seltener zu beobachten als bei der oben be- schriebenen Form. Das Rückengefäß entsteht bei Helodrilus caliginosus nicht aus einer doppelten Anlage (der beiden lateralen Gefäße), welche durch Zusammenschmelzen das eigentliche dorsale Gefäß darstellt, sondern aus einer einfachen Anlage. Ich konnte wenigstens in keinem einzigen Falle diese Verdoppelung beobachten; sollte sie in der Entwickelung von Helodrilus caliginosus in der Tat auf- treten, so müßte sie in den von mir untersuchten Stadien einmal zum Vorschein gekommen sein. Das Gefäß befindet sich topo- graphisch in richtiger Lage, d. h. ganz an der dorsalen Körper- fläche. Es steht in den mittleren Körpersegmenten mit dem Darmblutsinus in direkter Verbindung. Das Entstehen des letzteren konnte ich leider aus Mangel an Material nicht verfolgen. Und es wäre gerade interessant zu konstatieren, ob dieser Bestandteil auch bei Helodrilus in der Ontogenese zuerst erscheint; dann hätten wir eine Uebereinstimmung mit den entwickelungsgeschichtlichen Pro- zessen bei den Polychäten und einen Widerspruch mit dem Ent- stehen des Darmgefäßnetzes bei Eisenia foetida, welches letztere dem differenzierten Darmblutsinus entsprechen soll. Ich glaube einmal den Prozeß der Sinusbildung bei Helodrilus gesehen zu haben; er hat nach der Bildung des Rücken- und des Bauch- gefäßes stattgefunden. Anus dem Grunde bin ich mehr geneigt, den Darmblutsinus nicht als erste in der Ontogenese hervor- tretende Zirkulationskomponente anzunehmen. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 279 Der Sinus stellt eine gewöhnliche Spalte zwischen dem Darm- epithel einerseits und der Splanchnopleura andererseits vor (Fig. 29); in späteren Stadien besitzt er doch seine eigene Membran auch von der Seite des Darmepithels, was besonders beim Aufheben (durch gewisse mechanische Ursachen, auch durch das Fixieren) deutlich wird. Von der Seite des Darmes ist diese Membran wahr- scheinlich von den Ersatzzellen gebildet, deren Kerne wir in der Fig. 30 sehen; nach außen ist sie von Peritonealzellen aus- geschieden. Das Rückengefäß steht mit dem Darmblutsinus — wie gesagt — in einer offenen Kommunikation, doch kann es durch die eindringenden splanchnischen Zellen vom Sinus abgetrennt werden; den Anfang des Prozesses sieht man auf der Fig. 29 reproduziert. Das Rückengefäß geht auch in das Typhlosolisgefäß über. Unter Typhlosolis versteht man eine in der Rückenmittel- linie des Magendarmes verlaufende Rinne, die physiologisch als Vergrößerung der resorbierenden Fläche zu erklären ist (CLAPA- REDE, nachher DE RıBAUCoURT). Sie kommt als gewöhnliche Duplikatur der Magendarmwandung zustande, was schon QUATRE- FAGES richtig angegeben hat. Die Typhlosolis erscheint in der Entwickelung an der dorsalen Seite des Darmes zuerst als eine seichte Rinne, die sich immer mehr nach unten vertieft, bis sie als eine mächtige, oft verzweigte Röhre erscheint. Die Wand besteht aus einem Cylinderepithel, dessen Zellen etwas höher sind als die des übrigen Darmepithels; sonst sieht man keine Unter- schiede; während der ganzen Ontogenese bleiben die Zellen mit Kernen versehen, welche aber bei erwachsenen Tieren in gewissen Körperabschnitten fehlen sollen. Am Grunde dieser Typhlosolis- grube verläuft ein Gefäß, welches bald ein rundes Lumen hat, bald einige Zweige (gewöhnlich drei in der Zahl) abgibt. Dieses Gefäß ist an vielen Stellen in seinem Verlaufe mit dem Rücken- gefäß verbunden. Auf der Fig. 31 sieht man das Rückengefäß mit Hilfe einer langen Schlinge mit dem Typhlosolisgefäß, welches dreiästig verläuft, in Verbindung stehen; an dieser Stelle findet sich keine Kommunikation zwischen dem Rückengefäß und dem Darmblutsinus. Die in der Typhlosolis liegenden Gefäße sind, wie das Rückengefäß, mit umgebildeten Peritoneralzellen umgeben. Diese Zellen dringen gleichzeitig mit der Ausbildung der Typhlo- solisrinne in die letztere hinein; am Anfange des Prozesses sieht man an der Rückenseite unter dem dorsalen Gefäße Zellen 280 Stefan Sterling, in mehreren Schichten liegen, die vom Mesoderm stammen und seinen primitiven Charakter auch dann noch besitzen, wenn die ganze Splanchnopleura gewisse Veränderungen durchgemacht hat: ihre Zellen sind größer, umfangreicher geworden, die Kerne färben sich nicht mehr so intensiv. Diese Peritonealzellen dringen in die Rinne hinein und stellen den Ueberzug für das künftige Gefäß vor. In dem Stadium besitzt die Typhlosolis noch kein Gefäß; ich konnte ein Uebergangsstadium, wo man die Gefäßbildung be- obachten könnte, nicht finden — es ist mir nur das Stadium zu Gesicht gekommen, wo das Typhlosolisgefäß mit dem Rückengefäße in Verbindung steht (Fig. 31); wahrscheinlich ist das Gefäß so zu stande gekommen, daß der sich bildende Sinus in die Typhlo- solisgrube mit hineingezogen wurde und auf diese Weise das Rückengefäß, der Darmblutsinus und das Typhlosolisgefäß ein einheitliches System darstellten, welches erst später — in den von mir untersuchten Stadien — sich allmählich zu differenzieren angefangen hat. Das Subneuralgefäß. Dieses Gefäß verläuft auf der ventralen Seite des Bauch- marks. Das letztere besteht ontogenetisch, wie bekannt, aus zwei Hälften — und eine feine Rinne, welche nach der Verschmelzung beider Hälften geblieben ist, zeigt sich als eine prädestinierte Stelle, in welcher sich später das Blutgefäß befinden wird. Wenn das Bauchmark sich allmählich differenziert hat, wird es von der Soinatopleura umwachsen und auf diese Weise entsteht die äußere (peritoneale) Schicht des Bauchstrangs. Aber während dieses Prozesses wandern einzelne Mesodermzellen in die Rinne hinein, umgeben sie von allen Seiten und bilden die Wandungen des künftigen subneuralen Gefäßes: ‚In dem eben geschilderten Stadium“, erwähnt auch VEJDovskyY in der „Morphologie“ (119) (S. 93), „erscheint in der zwischen beiden Hälften der fibrillären Substanz hinziehenden Furche eine Anhäufung der Mesoblastzellen, die sich etwas schwächer färben als die seitlichen Zellgruppen; aus den letzteren bilden sich die Längsmuskelbänder des Bauchstranges, die ersteren sind die erste Anlage des Neurochords, dessen Bildung ich genauer in dem sich regenerierenden hinteren Körper- ende von Criodrilus verfolgt habe.“ Wenn wir über die Gefäß- bildung keine Angabe finden, so ist es wahrscheinlich nur da- durch zu erklären, daß der genannte Autor „in sehr späten a Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 281 Stadien“ die angeführten Beobachtungen gemacht hat; sie stehen aber in keinem Widerspruche mit dem von mir beschriebenen Bildungsmodus. Ich habe vier entsprechende Stadien ausgewählt, von welchen die zwei ersteren Eisenia foet., die zwei letzteren Helodrilus cal. entnommen sind. Das Gefäß erscheint ziemlich spät in der Entwickelung, so daß ich die Anfangsstadien nur bei der einen, die definitiven Stadien nur bei der anderen Art untersuchen konnte. In der Fig. 32 sieht man zwischen den beiden Bauchmarkshälften eine feine Furche; sie ist aber noch frei von den zwischen das Ektoderm und das Bauchmark eingewanderten splauchnischen Zellen. — In der zweiten Phase sieht man diese Furche sich schon in das Gefäßlumen umwandeln; die splanchnischen Zellen behalten noch vollständig ihren mesodermalen Charakter (Fig. 33). In der Fig. 34 ist schon das Gefäß ausgebildet, wenn auch die selbständigen Wandungen noch nicht deutlich wahrnehmbar sind; dagegen ist im folgenden Stadium das subneurale Gefäß vollständig ausgebildet und besitzt seine eigenen Wandungen; das ganze Bauch- mark ist schon in einer peritonealen Scheide eingeschlossen (Fig. 35). Selbstverständlich geht die von VEJDOVSKY beobachtete Bildung der Längsmuskelbänder und des Neurochords wahrscheinlich auf diese Art vor sich, wie es von ihm beschrieben wurde; ich habe den Prozeß nicht genauer untersucht. Nachdem wir mit der Entstehung der einzelnen Komponenten des Gefäßsystems zu Ende gekommen sind, wollen wir noch einige damit zusammenhängende Verhältnisse besprechen. Der Ursprung des Chloragogengewebes. Bei Oligochäten ist das ganze Rückengefäß (wie die mit ihm in Verbindung stehenden Dorso-Intestinalia und Typhlosolaria), besonders seitlich, und der Magendarm ringsherum mit sogen. Chloragogengewebe resp. Chloragogendrüsen bekleidet. VEJDOVSKY (119) behauptet, daß diese Drüsen „einzig und allein als modifi- zierte Peritonealzellen anzusehen sind“ und in seinen späteren embryologischen Untersuchungen kommt er noch einmal auf diese Angabe zurück und sagt: „Die embryologischen Tatsachen zeigen uns weiter, daß diese (modifizierte Peritoneal-)Zellen von Anfang an die Magendarmwandungen bedecken und erst mit dem Erscheinen des Blutgefäßsystems als „Chloragogendrüsen“ funktionieren.“ Auch Rosa (101) behauptet: „Il cloragogo tipico (MORREN 1826, defin. 282 Stefan Sterling, emend. CLAPAREDE 1869) & un peritoneo modificato.“ Ich konnte die Ausbildung des Chloragogen bei Eisenia foetida um das Rückengefäß und bei Helodrilus caliginosus um den Magendarm besonders gut verfolgen, und muß die VEJDovskYsche Angabe bestätigen. Bei Eisenia foetida findet man, daß die die lateralen Gefäße um- gebenen Zellen voluminöser werden, sobald sich diese Gefäße angelegt haben; die zu ihnen gehörenden Kerne sind viel größer im Vergleich mit denen der benachbarten Splanchnopleurazellen, auch färben sie sich intensiver, wenn auch überhaupt alle mesodermalen Zellkerne nukleinreich sind. Diese Verhältnisse kann man teilweise auf den drei ersten für die Entwickelung der lateralen Gefäße bestimmten Abbildungen (Fig. 15—17) ersehen: drei direkt dem Gefäßlumen anliegende ventralwärts gerichtete Kerne unterscheiden sich durch ihre Größe und Färbungsfähigkeit von den anderen benachbarten mesodermalen Elementen. Der Prozeß ist aber deutlich in zwei neuen Figuren (Fig. 36 und 37) dargestellt: in der ersten sieht man zwei lateral gelegene, das Gefäßlumen umschließende Zellen etwas voluminöser werden; die Kerne sind noch verhältnismäßig klein geblieben; im folgenden Stadium — die zweite Abbildung — ist schon der ganze Prozeß weiter vorgeschritten. Es sind 3 große mit 4 Kernen versehene Zellen, die das künftige Chloragogen darstellen werden; sie sind durch ihre Größe, durch intensiv färbbare Kerne von den Splanchnopleurazellen leicht zu unterscheiden. Der dunkle, körnige, für das Chloragogen charakteristische Inhalt ist noch nicht zur Ausbildung gekommen: weiter nach vorn aber mit allmählicher Differenzierung des Chloragogen tritt er deutlich in Form von schwarzen Pünktchen hervor; in den vordersten Körperabschuitten findet man schon die typischen keulen- und birnförmigen Chloragogendrüsen um die lateralen Gefäßen liegen. Auf ganz ähnliche Weise — nur in einem viel ausgedehnteren Maßstabe — vollzieht sich die Chloragogenbildung um den Magen- darm herum bei Helodrilus. Bei der Beschreibung des Bauch- gefäßes bei Helodrilus wurde oben erwähnt, daß die die ventralen Mesenterien und die Gefäßwandungen bildenden Zellen sich durch ihre Kleinheit von den Splanchnopleuraelementen unterscheiden und als primitive Mesodermzellen anzusehen sind; die ganze Splanchnopleura ist schon in dem von mir untersuchten und be- schriebenen Stadium in der allmählichen Umwandlung ins Chlora- gogengewebe begriffen (Fig. 28). Die in früheren Stadien kleineren Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 283 nicht ganz regelmäßig in einer Schicht gelegenen mesodermalen (splanchnischen) Zellen nehmen in ihrem Volumen zu, bilden eine schöne Epithelschicht, welche aus fast kubischen Zellen besteht. Die Kerne sind ganz rundlich, nukleinreich geworden und gewöhn- lich in der Mitte der Zelle gelegen. Zu dieser Zeit sieht man in dem Zellplasma, welches ein helles Netzwerk darstellt, noch keine typischen Chloragogenkörnchen vorhanden; sie treten erst in etwas späteren Stadien auf, namentlich wenn die Zellen eine mehr cylindrische Gestalt annehmen; sie erscheinen als feine dunkle Granulationen, die sich dicht hauptsächlich dem Zellkern anlegen (Fig. 38); nachher sind sie im ganzen Plasma zerstreut. Sie ent- stehen sicher im Zellprotoplasma selbst, welche Ansicht RosA (101) und DE Bock (11) ausgesprochen haben. Auf Grund der embryologischen Tatsachen hat LitLıe (68) die Bildungsweise des Chloragogen bei Polychäten (Arenicola crista- tata) ganz ähnlich, wie ich, aufgefaßt: „Mesoderm cells remain applied to the wall of this vessel, and as development proceeds they acquire a voluminous and vacuolated appearance, and pigment or excretory granules become deposed in their interior. These cells constitute the chloragogen cells; they are thus in reality modified peritoneal cells, which throughout life coat the ventral bloodvessel and play an important part in the process of excretion (cf. Rosa, 1903). Nach ScHILLEr (109) vollzieht sich der Prozeß (bei Arenicola Grubei) etwas anders: „Der Unterschied besteht nur darin, daß das netzartige Embryonalgewebe sich, anstatt ins Peritoneum, ins Chloragogengewebe differenziert. Dies geschieht in der Weise (Fig. 35), daß in dem äußeren Embryonalgewebe des Gefäßes kleine runde Zellen sich bilden, die schnell wachsen und sich mit einer körnigen Substanz überfüllen. Die so ausgebildeten Zellen legen sich anfangs locker aneinander; später, beim Auswachsen, werden sie ganz dicht gelagert. Woher die körnige Substanz rührt, konnte ich nicht beobachten.“ Was die physiologische Funktion des Chloragogen anbetrifft, so wurde diesem Gewebe Exkretionsfähigkeit zugeschrieben; nur in letzterer Zeit (seit MICHAELSEn, ScHÄpPI etc.) hat man die Chloragogendrüsen als Reservebehälter angesehen. Gegen Rosa (101), der behauptet: „Il cloragogo & essenzialmente un organo di escrezione“, betont FREUDWEILER (34): „Es ist diese Vorrats- speicherung sicherlich die Hauptfunktion des Enchyträiden- Chloragogens.“ 284 Stefan Sterling, Exotropische, aus der Cölomwand hervorgehende Bildungen. Im Gefäßlumen der Oligochäten finden sich freie Zellen und geformte Zellgebilde. Die ersteren kommen bei allen Formen vor, sie sind aber spärlich im Lumen verteilt, dringen auch in den Sinus und selten in das Bauchgefäß ein. Diese Zellen wollen wir für Hämocyten halten und ihre Entwickelungsweise in kurzem darstellen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß im embryonalen Zu- stande in allen Gefäßen — besonders in den besser zur Beobach- tung geeigneten, wie das Bauchgefäß und die lateralen Gefäße — im Innern des Gefäßes Elemente zu finden sind, welche nichts mit den Wandungszellen zu tun haben und daher als Blutzellen auf- zufassen sind. Diese Zellen sind in jüngeren Entwickelungsstadien von den anderen Mesodermzellen fast gar nicht zu unterscheiden: sie stellen ziemlich kleine Zellen vor, welche sich nur durch etwas größere Kerne von den anderen mesodermalen Elementen aus- zeichnen. Der Zellleib ist im Vergleich mit dem Kern ganz un- bedeutend und die Amöbocytenform tritt noch nicht zutage. Die Blutzellen im Lumen des Gefäßes sind gewöhnlich rundlich oder oval, an den Wandungen sieht man bei ihnen manchmal kurze, pseudopodienartige Fortsätze. Diese Zellen vermehren sich mito- tisch, welchen Vorgang ich in zwei Abbildungen dargestellt habe. Fig. 39 reproduziert das Bauchgefäß; seine Wandungen bestehen aus einer deutlichen Zellschicht; im Gefäßlumen sieht man eine Blutzelle, die schon ein Diasterstadium darstellt. Mit Immersion zeigt diese Zelle (Fig. 39b), daß die Kernteilung eben zu Ende kommt; das den Kernen anliegende Plasma färbt sich deutlich und besteht aus etwas größeren Körnern, während das an der Grenze der beiden Zellen liegende Plasma sehr feine Granulationen zeigt. Fig. 40 bildet auch das Bauchgefäß ab; nur bestehen die Wandungen des Gefäßes nicht mehr aus einer dichten Zellschicht, sondern aus einzelnen Zellen, die wahrscheinlich ihren spezifischen Differen- zierungen unterliegen (Muskelbildung). Im Innern des Gefäßes sieht man außer zwei der Gefäßintima ansitzenden Zellen (von welchen die eine pseudopodienähnliche Fortsätze auszusenden scheint) noch zwei andere Zellen; sie sind mit Immersion untersucht und daneben abgebildet. Die eine (Fig. 40b) ist rundlich, ungewöhnlich groß (ca. 37 u bei 600 Vergr., also 0,61660 u), färbt sich intensiv mit den Kernfarb- Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 285 stoffen und läßt das Plasma von dem Kernteil deutlich unter- scheiden. Im Kern haben sich möglicherweise gewisse Degene- rationsprozesse abgespielt, wofür die etwas hellere Zone spricht, die des Nukleins ganz entbehrt, so daß die „Keimplasmarelation“ (HErTwIıG-BoVERI) etwas gestört zu sein scheint; der proto- plasmatische Zellleib ist fast homogen. Andererseits ist aber auch möglich, daß es sich um eine Zellveränderung handelt, die jeweilen vor dem Vermehrungsprozeß stattfindet. Es hat schon Eısıe (30) seinerzeit die Aufmerksamkeit darauf gerichtet: „Worauf die so auffallende Vergrößerung der sich zur Teilung anschickenden Blut- zelle beruhte: ob sie durch eine mit dem Vermehrungsprozesse einhergehende Aufquellung, oder aber durch vorhergehende Sub- stanzzunahme bedingt wurde, vermag ich, da mir leider nur dieser einzige so prägnante Fall zu Gesicht kam, nicht zu entscheiden.“ Als dritte Möglichkeit könnte man in diesem Falle die Amitose annehmen, bei welcher die eigentümliche Tätigkeit einiger Zell- sphären (,Ring- und Lochkerne“ — GurwITscH) in letzter Zeit beobachtet wurde (BALLowITz, NEMILOFF). Die andere Zelle (Fig. 40c) ist im Stadium des Muttersternes; es sind deutlich feine Strahlen wahrzunehmen, die von der Ebene des Spindel- äquators gegen die Enden der Spindel verlaufen; die Centrosomen aber sind nicht nachweisbar, wenn auch das Plasma sich an den beiden Spindelenden intensiver färbt als der fein granulierte Inhalt in der Mitte der Zelle. Die Zahl der Chromosomen, wie über- haupt eine gewisse Anordnung der letzteren, kann man — wie schon aus der Abbildung folgt — nicht genau bestimmen. Die Hauptsache an allen diesen Teilungsfiguren besteht darin, daß sich die im Innern der Blutgefäße befindlichen Blutzellen auf karyokine- tischem Wege vermehren; sollte man diese Vermehrung als ein Analogon mit der Neubildung der roten Blutkörperchen bei Wirbel- tieren, welche durch mitotische Teilung kernhaltiger Jugendformen erfolgt (BIZZ0ZERO, FLEMMING, NEUMANN, ZIEGLER), betrachten ? Was für eine Rolle die großen runden Zellen spielen, welche man auf der Abb. 40b sieht und welche ich nur zweimal (immer im Bauchgefäße) gefunden habe, kann ich nicht angeben. Ob es sich in diesem Falle bei den Blutkörperchen um rote und weiße Blut- scheiben handelt, welche Eısıs bei Capitelliden so schön be- schrieben und vergleichend zusammengestellt hat, ist sehr zweifel- haft. Doch stimmen die ‚Untersuchungen von Eısıg mit den von mir in der Hinsicht überein, daß auch dieser Autor die mitotische Blutzellenteilung beobachtet hat, während in bezug auf die Oligo- Bd. XLIV. N. F. XXXVIl. 19 286 Stefan Sterling, chäten bisher die Meinung herrschte, es handle sich um eine amitotische Teilung. EısıG betont namentlich: „Notomastus seiner- seits bat mir aber den Beweis geliefert, daß eine Vermehrung der Blutelemente, speziell der gefärbten, auch durch Teilung, und zwar durch sogen. indirekte oder mitotische Teilung, zustande kommen könne. In einem Blutpräparate begegnete mir nämlich eine durch ihren bedeutenden Durchmesser (30 u!) sowie ihr auf- gedunsenes Ansehen ausgezeichnete Scheibe, welche in aller Deut- lichkeit die so charakteristischen Kernteilungsfiguren erkennen ließ.“ ..... „Aber das ist wenigstens sicher: die roten Blutkörper der Capitelliden können sich durch mitotische Teilung vermehren.“ VEJDOVsSKY (119) dagegen sagt: „Immer war es nur die einfache allmähliche Einschnürung, wodurch der ursprüngliche Kern in zwei neue Kerne zerfiel‘‘; auch pm Bock (11) bestätigt diese An- gabe: „En ce qui concerne l’origine et la reproduction des amibo- cytes du sang, j’ai observ& leurs noyaux & tous les stades de la division, ce qui ne permet pas de doute ä cet &gard“; nur ein einziges Mal hat er die Karyokinese gefunden: „Mais cette ob- servation n’est pas assez certaine pour que je puisse pre&tendre que cette forme de division nucleaire existe chez les amibocytes du sang, comme elle se trouve, quoique tres rarement, chez les lymphocytes coelomiques.“ Jetzt handelt es sich noch um die Frage, auf welche Weise die Blutzellen entstehen. Sie sind gewöhnlich Elemente, welche sich bei der Bildung der Gefäßwandungen von der Splanchnopleura resp. vom Mesoderm loslösen, also Elemente rein mesenchymatöser Natur. Den Prozeß des Loslösens kann man auf den oben für die Bildung der lateralen Gefäße angegebenen Figuren 16 u. 20 deutlich verfolgen ; die losgelösten Zellen unterscheiden sich von den mesodermalen Zellen noch in keiner Hinsicht; erst später treten allmählich die schon oben angeführten Differenzierungen auf, die bis zur definitiven Ausbildung der wirklichen Blutzellen führen. Die anderen exotropischen Gebilde, welche sich im Gefäßlumen (und zwar nur im Rückengefäße) befinden, spielen dabei keine Rolle. — Der Umstand, daß nur die embryonal losgelösten mesodermalen Zellen zu Blutzellen werden, erklärt auch die uns bekannte Tat- sache, warum in den Gefäßen der erwachsenen Tiere so spärliche Blutzellen zu finden sind. — Diese Bildungsweise ähnelt weder den älteren Angaben (LEYDIG, KUPFFER, VEJDOVSKY) noch den neueren Anschauungen über den Ursprung der Blutzellen. Die Autoren, Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 287 welche sich in letzter Zeit mit dieser Frage beschäftigt haben, sind DE Bock und Rosa (101). Der erste glaubt „lendroit oü les amibocytes du sang prennent naissance, ou quelque chose de semblable & un organ Iymphoide‘ gefunden zu haben; dieses blut- bildende Organ liegt im Blutsinus; doch konnte DE Bock „la nature de cette formation singuliere“ nicht bestimmen. Nach Rosa „lo strato che puö aver dato origine ad essi (amebociti) non puö essere stato lo strato esterno peritoneale, ma invece lo strato in- terno, quello stesso, che dä origine alla cuticola“. Richtig ist nur das Resultat, zu welchem pe Bock gekommen ist, daß „les amibo- cytes du sang et ceux du coelome se ressemblent sous tous les rapports“. Es hätte uns zu weit geführt, wenn wir hier auch die Bildung der Cölomocyten besprechen wollten; doch müssen wir be- tonen, daß die freien Elemente der Leibeshöhle und des Zirku- lationsapparates für uns unbedingt desselben mesenchymatösen Ursprungs sind. Zu den geformten Zellgebilden, welche man im Blutseptum der Oligochäten findet, gehören auch sogen. Klappen, gewisse Gebilde, welche im Rückengefäß und in den einmündenden Seitenschlingen bei der Blutzirkulation die Regulierungsfunktion übernehmen, weswegen sie mit dem Namen „Klappen“ bezeichnet wurden. Ueber die Entstehung dieser Gebilde wissen wir bisher soviel wie gar nichts. BEDDARD (5) hat sie als „proliferations of the lining membrane of the blood-vessel‘‘ aufgefaßt; JOHNSTON findet den Ursprung der Klappen in den verlängerten Zellen des Bindegewebes, die im Lumen der Gefäße vom Endothel bedeckt sein sollen. Erst vor einigen Jahren hat Rosa (100) über ihren Ursprung einige Vermutungen ausgesprochen. Zuerst hat er auf die große Aehnlichkeit der Hämocyten und der Klappenzellen hin- gewiesenj: „Colpisce poi l’assoluta identitä dei nuclei; non descrivo qui i nuclei degli amebociti sanguigni, perche dovrei non far altro che ripetere quanto ho detto dei nuclei delle cellule valvolari. Di fatto riesce impossibile distinguere i nuclei degli uni da quelli delle altre; mentre invece si distingerono immediatamente i nuclei delle cellule cloragoghe (maggiori e con nucleolo anche propor- zionalmente piü grande), senza parlare dei grandissimi nuclei chiari ad enorme nucleolo delle cellule muscolari (cfr. i nuclei delle cellule valvolari e delle chloragoghe (Fig. 9).“ 19* 288 Stefan Sterling, Dann hat er auch ganz junge Exemplare untersucht und ge- funden, daß die Klappen „gruppi di tre e quattro cellule al piü“ sind; „erano cellule“ fährt er fort: „con nucleo relativamente grandissimo (quasi 3 u) rivestito da poca quantitä di citoplasma; questo non aveva ancora struttura vescicolare, era solo finamente granuloso“. Natürlich sind diese „cellule iniziali“ von den „gio- vani amebociti“ gar nicht ‚indistinguibili“; doch ihren Ursprung hat er nicht untersucht, ihm scheint aber „tale questione‘“ nicht von „estrema importanza“. Vielleicht daher ist er zu der oben bei der Besprechung über die Herkunft der Blutzellen angegebenen Anschauung gekommen. Es ist mir gelungen, die Bildungsweise der Klappen — wenn auch nicht in allen Einzelheiten — bei Helodrilus entwickelungs- geschichtlich zu untersuchen. In sehr jungen Embryonen er- scheinen in jedem Segment in der vorderen Körperregion exo- tropische Wucherungen, welche in das Gefäßlumen eindringen. In ihrem Anfangsstadium bestehen sie nur aus einzelnen Zellen, aus 2 z. B., wie es bei dem von mir auf der Fig. 41 abgebildeten Falle deutlich zu sehen ist. Diese klappenbildenden Zellen unter- scheiden sich von den benachbarten splanchnischen Elementen in keiner Hinsicht; die einen wie die anderen bestehen aus einem mesodermalen Gewebe, in welchem sich rundliche oder ovale, ziem- lich chromatinreiche, stark tingierbare Kerne befinden. Die dem Gefäße anliegenden Zellen, welche seine Wandungen bilden, be- finden sich schon im Differenzierungsstadium, aber Muskelfasern sind noch nicht wahrzunehmen; im Inneren des Gefäßes sieht man allein die deutliche Intima, die an der Seite gegen den Darm hin dünner, dorsalwärts etwas dicker zu sein scheint; an der Stelle der Einstülpung der mesodermalen Zellen (die zu den Klappen werden) fehlt sie vollständig. Diese Zellen dringen immer an den lateralen Seiten von unten hinein, so daß ihre Lage der späteren Klappenanordnung entspricht; als die prädestinierten Stellen zeichnen sich die Septen aus. Durch solches exotropisches Hinein- wachsen entstehen alle Arten von Klappen, welche wir nach Rosascher Systematik als doppelte, einfache und rundliche (valvole doppie, semplici, a cerchio) bezeichnen wollen; ich konnte nur die Entstehung der zwei ersten Arten beobachten. Das nächstfolgende Stadium ist in der Fig. 42 reproduziert, welche einen schiefen Horizontalschnitt wiedergibt. Man sieht 3 Segmente durch- schnitten — das Rückengefäß ist in seinem unteren, d. h. dem Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 289 Darmepithel anliegenden Teile getroffen. Die Klappen, die in diesem Falle dem Typus „valvole doppie‘“ entsprechen, bestehen aus einigen (gewöhnlich nur 3—4) Zellen (also ein Stadium, welches ungefähr dem von RosA beschriebenen entspricht); die zu den Zellen gehörenden Kerne sind klein, chromatinreich, färben sich sehr intensiv; das Plasma zeigt noch keine Granulationen, welche später zum Vorschein kommen. Aus der Abbildung kann man auch die Klappenwirkung ersehen: nachdem das Blut in das nächst- vordere Segment getrieben ist, schließen sie den Hohlraum des nächsthinteren Segmentes ab; aus diesem Grunde sind sie kopf- wärts gerichtet. Wenn also die Klappe das hintere (erste) Seg- ment abgeschlossen hat, wird die vordere durch den Blutdruck geöffnet, das Blut strömt in die nächstvordere Kammer hinein und die zweite vordere Klappe (No. 2) wird durch die veränderten Druckverhältnisse nun ebenfalls geschlossen. Dann wird die Klappe des vordersten (dritten) Segmentes sich öffnen, das Blut in dieses Segment hineinfließen, die entsprechende Klappe sich wieder schließen u. s. w. u. s. w.; in jedem Segmente wird sich derselbe Vorgang abspielen, welchen wir soeben geschildert haben. Die Klappeneinrichtung wie auch die Blutmengen, welche die Wirkung zu erklären imstande sind, können deutlich auf der Fig. 42 wahr- genommen werden. Die Verbindung der Klappen mit dem umgebenden äußeren (schon definitiv ausgebildeten Chloragogen-)Gewebe bleibt auch manchmal in späteren Stadien bestehen, was uns die Fig. 43 über- zeugend beweist. Hier bestehen die Klappen aus mehreren Zellen, so daß auf einem Schnitt nicht die ganze Klappe getroffen sein konnte. Die rechte Klappe steht mit dem Chloragogen in Ver- bindung, oder besser, geht direkt in das letztere über, wenn sich auch histologisch gewisse Unterschiede zwischen diesen beiden Gebilden nachweisen lassen. Das Chloragogengewebe besitzt seine charakteristischen körnigen Einschlüsse, welche sich hauptsächlich um den Kern herum ansammeln; auch die Klappenzellen zeigen feine Granulationen, die aber niemals solche Größe erreichen wie die Chloragogenkörner. Ueberhaupt sind die Klappenzellen an Plasma viel ärmer als das Chloragogen; dagegen findet man in den Klappen sehr zahlreiche Kerne, kleiner als die des Chloragogen und nicht sehr reich an Nuklein. Wenn also auch gewisse histo- logische Unterschiede in späteren Differenzierungsstadien zwischen den Chloragogen- und den Klappenzellen zu beobachten sind, so 290 Stefan Sterling, steht ja doch nichts im Wege, nach der oben geschilderten Bil- dungsweise der Klappen diese beiden Gebilde für solche, die einen gemeinsamen ontogenetischen Ursprung haben, zu halten. Uebrigens unterliegen auch die Klappenzellen weiteren Differenzierungen. Auf der Fig. 44, die eine unpaarige Klappe aus der Perivisceral- schlinge eines jungen auspräparierten Tieres darstellt, kann man das Aussehen beobachten, welches für die Klappen bei erwachsenen Tieren typisch ist: man findet feine Granulationen („piccoli granuli“ Rosa) im netzartigen Gewebe zerstreut, die Kerne sind mittel- groß, sehr reich an Chromatin, färben sich intensiv. Die Klappe hat die Schlinge in der Kontraktionsphase vom Rückengefäß ab- geschlossen. Die Beziehungen der Klappen zu den Septen (da die Klappen immer so schön septal angeordnet im Rückengefäße vorkommen) konnte ich nicht verfolgen; es scheint mir aber aus gewissen Gründen sehr wahrscheinlich, daß die einzelnen Septenzellen in das Rückengefäß sich hineinproduzieren und später durch Ver- mehrung die eigentlichen Klappen bilden. Bei einigen Oligochätenformen (Enchyträiden — MICHAELSON, VoıGT, VEJIDOVSKY; Tubificiden — DE Bock) hat man einen sogen. Herzkörper beschrieben, ein Organ, welches sich nur im Rücken- gefäß befindet und wahrscheinlich zu einer gewissen mechanischen Funktion dient. — Auf die Aehnlichkeit dieses Herzkörpers mit dem Chloragogen hat man schon öfters hingewiesen. VoıgT (124) sagt namentlich (für Branchiobdella var.): „Die Zellen, welche dasselbe (Organ) bilden, gleichen den Chloragogenzellen, welche den Darm außen bekleiden“; und pe Bock betont: „I est im- possible de ne pas comparer le corps cardiaque aux cellules chlora- gogenes qui revetent l’intestin et le vaisseau dorsal, comme tant d’auteurs Pont dejä fait depuis CLAPAREDE. EiısıG, dans sa belle monographie des Capitellides, lui donne m&me le nom de „intra- vasale Chloragogendrüsen“; besonders aber betont der genannte Autor „lidentit6 presque complete de la structure histologique des el&ments du corps cardiaque avec les cellules chloragogenes“. Doch über den Ursprung des Vasochords ist man ganz im Dunkeln. DE Bock ist nach gewissen „observations“ zum Schlusse ge- kommen, „que les &l&ments du corps cardiaque des Oligochetes ne sont que des cellules du sang mötamorphos6es, et qui, se plagant dans le vaisseau dorsal, y forment l’organe en question“. Jüngst hat VEJDoVSKkY (121) einen „strikten Beweis des entodermalen Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 291 Ursprungs des Vasochords‘“ (bei Mesonchytraeus moravicus), d. h. der Verbindung des Herzkörpers mit dem Darmepithel bei er- wachsenen Tieren zu erbringen geglaubt. Es mag wohl sein, daß diese Verbindung im erwachsenen Zustande existiert, wenn auch das ganze Gebilde histologisch mit dem Darmepithel nichts zu tun hat; doch ist damit die entodermale Herkunft gar nicht bewiesen. Man müßte natürlich diese Verhältnisse embryologisch untersuchen ; leider ist es mir trotz aller Bemühungen nicht gelungen, das passende Material zu bekommen. Doch bin ich geneigt auf Grund der Befunde in bezug auf die Klappenbildung anzunehmen, daß der Herzkörper ontogenetisch auf dieselbe Weise wie bei der Klappenbildung entstanden und erst sekundär mit dem Darmepithel in Verbindung getreten ist. Auf eine ganz analoge Weise wie bei der Klappenbildung, dringen in das Rückengefäß, wenn das letztere noch keine eigentlichen Wandungen besitzt, von der ventralen Seite entweder einzelne (später verschmelzende) [segmental an- geordnete (?)] Zellen oder eine Zellreihe. Die Klappenanlagen waren lateral gelegen, die Herzkörperanlagen können mehr ventral- wärts gerichtet sein; sie unterliegen — wie die Klappen — weiteren histologischen und morphologischen Modifikationen und können im ersten Falle (einzelne [segmental angeordnete] Zellen) zu kleinen Gruppen vereinigt bleiben (der Herzkörper, z. B. bei Tubifex rivulorum) oder auch (im zweiten Falle — eine Zellreihe) ein solides Organ bilden, wie man es z. B. bei Stercutus niveus sieht. — Natürlich schwindet in späteren Stadien die Verbindung mit der äußeren peritonealen Schicht vollständig (wie auch bei den Klappen); dagegen kann eine Verbindung des Herzkörpers mit dem Darmepithel sekundär zustande kommen, was übrigens mit dem Verhalten des Rückengefäßes (event. des Herzens) zum Darmblut- sinus (also mit der Möglichkeit des direkten Kontaktes mit dem Darmepithel) im Einklang steht. Diese Vermutung müßte selbst- verständlich embryologisch bestätigt werden. — Auf das Vaso- chord bei erwachsenen Tieren wollen wir noch einmal im histo- logischen Teile zurückkommen. Es erübrigt noch die Frage, über die Bedeutung der Klappen zu sprechen. — Die Meinung, es handle sich um blutbildende Organe u. s. w., wollen wir ganz übergehen, und uns nur mit der Auffassung beschäftigen, welche schon CorLın (27) ganz deutlich ausgesprochen hat: „Somit wären die Klappen... als wahre Klappen anzusehen, welche bei der Kontraktion des Gefäßes zwei 292 Stefan Sterling, benachbarte Kammern gegeneinander abschließen und das Zurück- fließen des Blutes aus einer Kammer in die dahinter liegende ver- hindern. Leider konnte wegen der Undurchsichtigkeit des Ob- jektes ihre Funktion an lebenden Tieren nicht beobachtet werden.“ War aber das letztere möglich — wie es mir einige Mal ganz deutlich zu beobachten gelungen ist — so muß man unbedingt zur Ansicht kommen, daß die Klappen einzig und allein als gewisse der mechanischen Funktion dienende Gebilde aufzufassen sind. Jetzt wird diese Ansicht kaum mehr bestritten und man hat in den letzten Jahren einige Schemata der Wirkungsweise der Klappen angegeben. JOHNSTON (59) hat eine ganz richtige Auffassung über die Art der Klappenfunktion ver- öffentlicht, die weiter unten mit gewissen Modifikationen auch von mir angegeben werden soll. Die nachher erschienene Beschreibung von GUNGL (44) gibt keine eigent- liche Vorstellung, besonders da die Klappen nach dem von ihm geschilderten Schema kaum funk- tionieren könnten; die Haupt- klappen (also im Rückengefäße selbst) sind in keiner Weise im- Fig. 1. Schema des Klappen- stande, sich nach hinten zu be- mechanismus im Rückengefäß und wegen, wenn das Blut nach vorne in den Seitengefäßen. Die Pfeile RENT 3 eben die Stromrichtung an. d Vas getrieben ist. VEJDoVsKY hat in Toreale, di Vas dorso-intestinalis, jetzter Zeit eine klare Beschrei- Dis Dissepiment, dt Vas dorso-typh- ; : : losis. bung geliefert, nur konnte ich nie- mals die von ihm erwähnte Um- kehrung der Klappenenden konstatieren. Dieser komplizierte Vor- gang soll bei der Kontraktion der Ringmuskelschicht der Gefäß- wandung zufallen, „während die Verkürzung und Anschwellung der Klappen auf deren Muskeltätigkeit zurückzuführen ist“. Ich kann aber die Existenz der Muskelelemente in den Klappen auf keine Weise annehmen; es ist mir niemals gelungen, mit verschiedenen Färbungsmethoden in den Klappen Muskelfasern nachzuweisen; die Histologie der Klappenzellen wurde oben kurz Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 295 dargestellt — und von Muskelfasern ist darin nichts erwähnt worden. Nach den Angaben anderer Autoren und nach meinen eigenen Beobachtungen kann man sich nach dem auf der Textfig. 1 dar- gestellten Schema den Klappenmechanismus vorstellen; die Art und Weise der Wirkung wurde schon oben angegeben — wir wollen sie hier nicht wiederholen. Die Pfeile, die die Strom- “ richtung des Blutes angeben sollen, mögen die Orientierung er- leichtern. Was die Funktion des Vasochords anbetrifft, so wurde dieses Organ fast von allen Autoren als ein der mechanischen Tätigkeit bei der Blutzirkulation dienendes Gebilde oder als Stützorgan des Herzens aufgefaßt. Noch ein Wort über den Herzkörper bei Polychäten, der viel- fach von verschiedenen Autoren beschrieben wurde (Literatur bei Lang [65]. Man war lange Zeit im Unklaren, was für eine Be- deutung diese Organe besitzen, und wenn sie jetzt als Klappen angesehen werden, so ist doch damit die Sache noch nicht voll- ständig gelöst. Wichtig für uns sind nur einige Ergebnisse, die uns über den Ursprung dieser Gebilde belehren. KENNEL (61) sagt (für Ctenodrilus pardalis): „Daß das Organ ein Mesoderm- gebilde ist, unterliegt keinem Zweifel, und leicht verständlich ist es, wie es bei Ctenodrilus, aus Mesodermzellen bestehend und am Darm festsitzend durch die Kontraktionen des Herzens in dieses hineingezogen wird und dort seine normale Lage findet; bei Weiterentwicklung der Kreislauforgane kann es nun ganz wohl auch im geschlossenen Gefäßsystem diesen Ort behalten, sich selbst aber umgebildet haben.“ Interessant ist auch die Angabe von FL. BucHAanAn (19) (bei Hekaterobranchus Shrubsolii), daß der Herzkörper „is formed by the tucking-in of the coelomie epithelium which lies outside the sinus on either side“. Von großer Wichtigkeit sind die Beobachtungen von PıcTon (86) (für Polymnia nebulosa): „The exact moment at which the heart-body forms is difficult to determine. In a larva about 1,5 cm in length it has appeared as a cluster of cells with large nuclei in the dorsal vessel. From the first it shows signs of pigmentation. Even in the living state a cavity can be recognosed in it, whilst sections show that part at least of this cavity opens directly into the coelom on the ventral side of the heart just anterior to its origin. In other words, the heart-body is an in-pushing of the heart-wall (Fig. 36). It shows no connection whatsoever with the hypoblast. Later (Fig. 35) the open connection with the coelom appears to be narroved, and finally obliterated.“ ... „The mesoblastic origin being established, the organ may be regarded, as Eısıg suggests, as of the nature of intra-vascular chloragogen.“ Von Bedeutung ist folgender Passus von GAMBLE and ASHWORTH (41): „In A. (Arenicola) 294 Stefan Sterling, Grubii, 140 mm long, the first traces of the heart-body are found as a few short and apparently solid ingrowths of the muscular and peritoneal layers of the heart wall (Fig. 38). These ingrowths occur on the posterior (and to some extent outer) surface of the heart, where the muscular layer is specially developed; elsewhere it is indistinet. The granular chloragogenous bodies are in this way carried in to the cavity of the heart.“ „In A. ecaudata the appearance of the heart-body is very similar to that of A. Grubii.‘ Jüngst hat SCHILLER (109) einige Angaben über den Herzkörper - gebracht: ‚Der eigentliche Herzkörper wird aus der Bildung dieser drei Schichten (des Peritoneum, der Muskulatur und der Intima) in das Lumen des Herzens gebildet.“ „Betrachten wir den Herz- körper, so sehen wir, daß er aus Zellen verschiedener Größe und Gestalt besteht. Die Zellen sind alle rundlich; die größten von ihnen tragen in ihrer Mitte einen schwarzen Kern. Dann kommen etwas kleinere, ganz dunkel gefärbte, mit einer feinkörnigen Sub- stanz im Protoplasma. Zwischen diesen zwei Arten von Zellen befinden sich noch ganz kleine, die die Räume zwischen den beiden ersten vollständig ausfüllen und in das Peritoneum allmählich über- gehen. Diese Zellen wurden von GAMBLE and ASHWORTH in der schönen Monographie über die Arenicoliden untersucht, und ich glaube ihnen wohl zustimmen zu dürfen, wenn sie dieselben als Umbildungsprodukte des Peritoneums auffassen.“ — Da wir nun einmal bei den ScHILLERSchen Untersuchungen sind, so wollen wir auch noch seine Auffassung über die Herkunft der Blutzellen an- geben. Direkt die Entstehung dieser Zellen zu verfolgen, ist ihm nicht gelungen: „Da aber vor der Bildung des Lumens nur Mus- kulatur und netzartiges Embryonalgewebe — beide mesodermaler Natur — vorhanden waren, so glaube ich mit Recht vermuten zu können, daß die Blutkörperchen aus mesodermalem Embryonal- gewebe sich differenzieren. Das würde bedeuten, daß die Blut- körperchen, sowie alle Bestandteile des Blutgefäßes nur meso- dermaler Natur sind.“ Es sind alles Angaben, die für unsere Beobachtungen sprechen. Die Umbildung der Splanchnopleura (Entwickelung der Darm- muskulatur). Die Differenzierung der Splanchnopleura besteht, wie bekannt, darin, daß sich die splanchnischen Zellen in die Darmmuskeln und Peritoneal- resp. Chloragogenzellen umwandeln. In Bezug auf diese ontogenetische Herkunft der Darmmuskulatur herrscht fast vollständige Uebereinstimmung; ich muß mich auch an die- jenigen Autoren — wenn auch gegen Ep. MEYER, welcher den Ursprung der Darmmuskulatur im primären Mesenchym suchte — Das Blutgefäßsystem der Oligochäten, 295 anschließen, die die mesodermale Herkunft der Darmmuscularis nachgewiesen haben wollen. Die wichtigsten Momente aus der Entwickelung der Darm- muskulatur habe ich in fünf Abbildungen dargestellt. Die drei ersten sind einer Serie entnommen, wo man — an einem sehr jungen Embryo — den Uebergang von rein splanchnischen Zellen im hinteren Körperabschnitte zu den sich in die Muskelzellen _ und den peritonealen Ueberzug (Chloragogen) umbildenden Zellen in vorderer Körperregion beobachten kann. In der Fig. 46a sieht man typische mesodermale Zellen, die in einer Schicht um den Darm angeordnet liegen; sie färben sich intensiv mit Kernfarbstoffen, sind von ovaler Gestalt; in der zweiten Abbildung (Fig. 46b) ist die Splanchnopleura zweischichtig, die ovalen Kerne der tieferen, dem Darmepithel anliegenden Schicht haben sich bedeutend ver- längert, wenn sie auch wie früher chromatinreich geblieben sind, nur sind statt großer Nukleolen mehrere kleinere zum Vorschein gekommen. Dieser Schicht sieht man eine andere mit unklaren Zellkonturen nach außen anliegen. Die Kerne dieser Schicht sind ziemlich groß, rund, färben sich schwach; im Zellplasma sieht man auch keine Granulationen; im ganzen bekommt man den Eindruck von typischem undifferenzierten Embryonalgewebe. Auf dem noch mehr nach vorn liegenden Schnitte (Fig. 46c) sieht man ein weiteres Umbildungsstadium: die tiefere, dem Darm an- liegende Schicht zeigt deutliche Muskelfasern und die Sarkoplasmen nehmen allmählich ihre typische Form an; auch die andere Schicht bekommt mehr regelmäßige epithelähnliche Konturen, die Kerne ändern ihre Gestalt (mehr oval, manchmal bohnenförmig, auch rundlich), wenn auch die wirkliche Peritoneal- resp. Chloragogen- schicht noch nicht vollständig zur Ausbildung gekommen ist. Die Vermehrung der splanchnischen Zellen vollzieht sich auf mito- tischem Wege, wie die Fig. 45 beweist: zwischen den dem Darm- epithel anliegenden Zellen sieht man eine sich im Dispiremstadium befindende Zelle; die Teilung in der Querrichtung zur Darmepithel- oberfläche habe ich niemals beobachtet. Als endgültiges Stadium kann man Fig. 38 ansehen, wo die Chloragogenzellen ganz aus- gebildet sind und die Muscularis eine vollständig differenzierte, aus feinen Muskelfasern bestehende Schicht darstellt, in welcher nur selten feine Kerne zu finden sind. — In alle Feinheiten kann ich nicht eingehen; mit dem Obengesagten soll nur ein Beweis für die mesodermale Herkunft der Darmmuskulatur angegeben sein. 296 Stefan Sterling, N S 34 IWW Fig. 6. Fig. 2-8. Schematische Fig. 7. neuralen Gefäßes. R uerschnitte zur Illustrierung der Entwickelung des Bauchgefäßes, der lateralen Gefäße (= des Rückengefäßes) und des sub- DIT] IDEEN Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 297 = BIN Tag N NY IM Kl; IHANMN GE nV Y) JUTIHFTHINITIND LETTER VEITCUHTUTITEITTTTT ULLI HETTTSTETN UTITTITITTILITITI III NT ITL ILL KILZELTETE DIT TIc,, ZUNNT: zu ALLHULERNNLU N e% NRUETFRIUN! FA Ee. EB V) CTITTOT HT NNWNHAHBRHTNNINE DIDI Inn ITTTTITTTNGBR ARTLIELLLRRRUNN RDDIDLNINIDN EE| E5 EB ITITTITTITTTTTG [NETTE MI = Lam Fig. 9u.10. Schematischer Horizon- tal- und Längsschnitt zur Illustrierung der Bildung des Darmgefäßnetzes. Fig. 11 u. 12. Schematischer Längs- und Horizontalschnitt zur Illustrierung der Entstehung der Septalgefäße. 298 Stefan Sterling, Zusammenfassung der wichtigsten embryologischen Befunde. 1) Entwickelungsgeschichtlich erscheint zuerst das Bauch- gefäß an der ventralen Seite des Körpers als Lücke zwischen dem Entoderm und dem noch nicht gespaltenen Mesoderm. Bei der weiteren Differenzierung des letzteren wird die Lücke allmählich von Splanchnopleurazellen umwachsen; diese mesodermalen Zellen liefern die künftigen Gefäßwandungen. 2) Die beiden lateralen Gefäße entstehen auf dieselbe Weise wie das Bauchgefäß, nur als laterale Spalten und in etwas späterem Stadium. Und auch sie werden von der Splanchnopleura umwachsen, wodurch sie eigene Wandungen bekommen. — Die lateralen Gefäße nehmen weiter nach vorne eine mehr dorsalwärts. gerichtete Lage ein und bilden gemeinsam das Rückengefäß. 3) Das Darmgefäßnetz (= Darmblutsinus) legt sich in späteren ontogenetischen Stadien an, als viele längs und zirkulär verlaufende Spalten, die wie die oben angeführten Gefäße durch Umwachsung von seiten der Splanchnopleura ihre eigenen Wandungen bekommen. 4) Die Septalgefäße liegen zuerst in den intersegmentalen Hohlräumen, welche mit der Bauchgefäßspalte kommunizieren. Die Wandungen der Gefäße werden von den aneinander stoßenden Lamellen gebildet. Auch die 5) Nephridialgefäße stehen wahrscheinlich in ihrer Aus- bildung mit den interseptalen Hohlräumen in engster Verbindung. 6) Das Typhlosolisgefäß steht mit dem Rückengefäße (und dem Darmblutsinus) in Verbindung, so daß man sich das ganze System als einen einheitlichen Komplex vorstellen muß, der nur in späteren entwickelungsgeschichtlichen Stadien gewisse Differen- zierungen durchmacht (Näheres oben). 7) Das Subneuralgefäß entsteht als eine Lücke zwischen den beiden Bauchmarkshälften an der ventralen Seite, und seine Wandungen gehen aus den dahin eingewanderten Mesodermzellen hervor. 8) Das Chloragogen bildet sich aus den Splanchnopleura- zellen durch gewisse Differenzierungen. 39) Die in den Gefäßen befindlichen Zellen sind als Hämocyten aufzufassen, stellen mesenchymatöse Elemente vor und vermehren sich auf mitotischem Wege. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 299 10) Die in den (Rücken-)Gefäßen sich befindenden geformten Zellkomplexe — Klappen, Herzkörper — sind exotropische Bil- dungen, die sich in jungen Stadien in die Gefäßlumina hinein- produzieren. Sie sind nichts anderes als gewisse bei der Gefäß- kontraktion eine wichtige mechanische Rolle spielende Gebilde. 1i) Die Splanchnopleura liefert die Darmmuskulatur und den peritonealen Ueberzug resp. das Chloragogen. Die ganze Gefäßentwickelung ist in einigen beigelegten en dargestellt. Die sieben Querschnitte sollen uns die Entwickelung des Bauchgefäßes, der beiden lateralen Gefäße (= das Rücken- gefäß) und des subneuralen Gefäßes illustrieren. Auf der Text- fig. 9 (Horizontalschnitt) und Textfig. 10 (Längsschnitt) sieht man die Bildung des Darmgefäßnetzes. Endlich sollen die Textfig. 11 (Längsschnitt) und Textfig. 12 (Horizontalschnitt) die Entstehung der Septalgefäße erklären. Damit wollen wir den embryologischen Teil dieser Unter- suchungen schließen. Es wurden viele, wenn auch interessante, doch für uns nicht so wichtige Probleme gar nicht berücksichtigt; wir mußten uns nur mit den das Blutgefäßsystem betreffenden Fragen beschäftigen. Leider ist es mir nicht gelungen, mir eine gewisse Vorstellung von den Beziehungen der Innervation zum Zirkulationsapparate zu machen, was mit den technischen Schwierigkeiten im engsten Zusammenhange steht. Die Tatsachen, die ich in Bezug auf die Innervation gefunden habe, bedürfen noch vieler Vervollkommnungen; dann werden sie vermutlich an einer anderen Stelle geschildert; die Frage ist aber von großer Wichtigkeit. Nach den embryologischen Untersuchungen können wir zum histologischen Teile übergehen, wobei die ontogenetischen Data | uns oftmals behilflich sein werden. Histologischer Teil. Ueber den feineren Bau der Blutgefäße bei niederen Oligochäten. Es soll die histologische Uebersicht mit dem Bau der niederen Oligochäten (Enchyträiden) beginnen, und zwar mit einer Form — Stercutus — die wenig bekannt ist auch in Bezug auf das ‚ Blutgefäßsystem 300 Stefan Sterling, Stercutus niveus gehört zu den sehr wenig beschriebenen Formen; er wurde zum ersten Male von MICHAELSEN (77) untersucht, welcher ihn in Fisch- dünger gefunden und als neues Genus angenommen hat. Die genaue anatomische Organisation wollen wir nur insofern in Be- tracht ziehen, als sie mit dem Blutgefäßsystem in Verbindung steht. Der Darmblutsinus ist bei Stercutus deutlich ausgebildet und die Wandungen des Sinus sind leicht zu beobachten, da das Darmepithel aus lockeren Zellen besteht, welche sich an gewissen Stellen fast vollständig vom Darmblutsinus loslösen. Dieses Ver- halten des Darmepithels ist eines der am meisten charakteristischen Merkmale von Stercutus, welcher auch in anderen Beziehungen interessante Einzelheiten der Organisation aufweist. Im 9. Segment entspringt aus dem Darmblutsinus das Rückengefäß; in ver- schiedenen Segmenten des Körpers zeigt es ein verschieden weites Lumen, nur am Anfang, an seiner Ursprungsstelle, ist es in einigen Segmenten bedeutend kräftiger ausgebildet, so daß man hier von Herzen sprechen könnte; in der vorderen Region wird es von einem Vasochord (Herzkörper) durchzogen. An der ventralen Seite finden wird das Bauchgefäß, welches zum Bauchmark in veränder- licher topographischer Beziehung steht: es nimmt einen unsym- metrischen Verlauf, indem es bald nach links, bald nach rechts von der Mittellinie abweicht und deshalb in größerer oder kleinerer Entfernung von ihm liegt. Diese Verhältnisse werden besonders bei den geschlechtsreifen Exemplaren, wo die Geschlechtsprodukte — Övarien (hauptsächlich die wohlentwickelten Eier) und Testen — fast die ganze Leibeshöhle erfüllen, am deutlichsten zum Vorschein kommen; dort ist das Bauchgefäß auch verhältnis- mäßig kräftig entwickelt; dagegen in der hinteren Körperregion wird es von ganz geringem Querschnitte. Rücken- und Bauch- gefäß sind mit Blutschlingen verbunden; dort aber — wo noch kein Rückengefäß differenziert ist, namentlich in den vorderen Körpersegmenten — nehmen die Schlingen ihren Anfang aus dem Darmblutsinus. Diese ekto- und entosomatischen Schlingen und das subneurale Gefäß habe ich nicht näher untersucht. Der Darmblutsinus ist im allgemeinen in Form eines Dreieckes ausgebildet, dessen größte Seite dorsal gerichtet ist, wie man in Abb. 58 sieht; dorsal wird auch der Sinusraum seine größte Ausdehnung erreichen. Selten ist er auf allen Seiten gleichmäßig entwickelt. Seine ganze Länge hindurch bis zur un = Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 301 Afteröffnung!) ist der Sinus außen wie innen mit einer kontinuier- lichen, in die Gefäßwände übergehenden Membran ausgekleidet; manchmal ist diese Membran ziemlich dünn, öfters aber stark aus- geprägt. Es wurden auch Falten der Basalmembran von Innen- zur Außenseite und in umgekehrter Richtung beobachtet, so daß der Darmblutsinus an manchen Stellen wie aus kleineren Kanälen resp. Kapillaren zu bestehen scheint, was ihm ein perlschnur- artiges Aussehen verleiht. Diese Basalmembran wird auf den mit Eisenbämatoxylin-Eosin eventuell Erythrosin gefärbten Präparaten schwach rosa, auf den mit VAn GiEson tingierten Präparaten nimmt sie eine violette Nuance an. Der ganze Darmkanal mit dem ihn umgebenden Darmblutsinus ist mit stark ausgebildeter Ring- und Längsmuskulatur bedeckt, welche auf den Längsschnitten ein schönes gitterförmiges Aussehen annimmt; besonders deutlich ist es auf den mit Eisenhämatoxylin gefärbten Präparaten, wo die Muskeln stark differenziert werden, zu beobachten. Die Exemplare, die mir zur Verfügung standen, habe ich schon fixiert bekommen (wahrscheinlich mit einem Osmiumsäuregemisch) ; daher ergab auch die VAn Gıesonsche Färbungsmethode nicht so genaue Resultate wie in allen anderen Fällen; doch auch bei dieser Methode sind die Muskeln nicht gerade schlecht differenziert, die Basalmembran tritt auf den Quer- (und Längs-)Schnitten deutlich hervor. Die innere, der Basalmembran anliegende Ring- und die äußere Längs- muskulatur besteht aus den Muskelfaserbündeln, wie es die Fig. 47 u. 48 darstellt; die einzelnen Fasern sind gewöhnlich auf den Längs- schnitten zu beobachten (Fig. 50), wenn sie auch in einzelnen Fällen auf den Querschnitten deutlich zu sehen sind (Figg. 49, 51,58). Die Ring- und Längsmuskulatur ist im allgemeinen ziemlich gleichmäßig; nur in der vorderen Körperregion ist die Ring- muskulatur vielleicht etwas stärker entwickelt. Was die Herkunft der Basalmembran betrifft, so bleibt sie mir ganz dunkel; weder innen noch außen vom Darmblutsinus findet man Zellen, welche ein Licht auf diese Frage werfen könnten, von Zeit zu Zeit sieht man nur die Kerne, welche den Muskel- zellen angehören; es wurden keine anderen Elemente gefunden. Die Basalmembran geht deutlich in das 1) Diese soll nach Miıc#HAELsen in Wirklichkeit nicht existieren, da der Darm am Hinterende mit gelben Fäkalmassen gestopft ist. FREUDWEILER meint dagegen, daß der Darm selbst hinten verschlossen sei, wo die ektodermale Einstülpung des Afters nicht zum Durchbruch kommt; meiner Ansicht nach ist aber die Oeffnung zu beobachten. Bd. XLIV. N. F. XXXVII, 20 302 Stefan Sterling, Rückengefäß über, welches — wie überall — den kontrak- tilen Teil des Blutgefäßsystems darstellt. Die Basalmembran be- sitzt dieselbe Beschaffenheit wie im Darmblutsinus, nur ist sie nicht immer so deutlich wahrzunehmen wie in dem letzteren, besonders an der Innenseite, wo die vereinzelten Darmepithelzellen ganz los- gelöst waren. Im Rückengefäße im Gegenteil ist sie (auf den Längsschnitten) mit dünnen Längsmuskelfasern bedeckt, so daß sie nur mit sehr starker Vergrößerung (Immersion, keine Apertur) zu unterscheiden ist. In Fig. 48 sehen wir bei solcher Vergrößerung einen Teil des Rückengefäßes aus einem Segmente dargestellt; hier ist auch die Längsmuskelzelle abgebildet, mit dem in die Länge gestreckten, dicht granulierten Kerne; mehr nach außen findet man schräg abgeschnittene Ringmuskeln; durch das Gefäß zieht das Vasochord. Auf den Querschnitten dagegen, besonders an den Stellen, wo sich die Ringmuskelzellen mit den angehörenden Muskelfasern abgehoben haben (Fig. 49 u. 50a) kommt die Intima (= die Basalmembran des Darmblutsinus) deutlich zum Vorschein. Die Anordnung der Muskulatur — wie es schon aus dem oben Erwähnten hervorgeht — ist eine andere als am Darmblut- sinus; nach innen tritt die Längsmuskulatur, nach außen die Ring- muskulatur vor. Ob die im Lumen des Gefäßes und manchmal auch im Blute flottierenden Zellen wirklich intravasale Myoblasten sind, ob sie wirklich mit der Längsmuskulatur des dorsalen Ge- fäßes resp. in gewissem Grade mit der Ursache der Gefäßkontrak- tilität im Zusammenhang stehen, kann ich nicht definitiv entscheiden. FREUDWEILER, welche mit derselben Form gearbeitet hat und deren Zeichnungen mit den meinigen ganz übereinstimmen, faßt diese Zellen als Blutelemente auf. VEJDoVsKY aber sieht in diesen als Blutzellen („von den meisten Verfassern irrtümlich als der nur in der Phantasie existierenden „Cuticula“ angeklebte Blutzellen“) gedeuteten Elementen diejenigen Zellen, welche er als dem Vasothel angehörend bezeichnet hat. Die Endothelfrage will ich hier vorläufig beiseite lassen: die Zellen kommen sehr selten vor ohne irgendwelche Anordnung und hauptsächlich im vorderen Körper- teile, namentlich in der Region, wo das Vasochord verläuft; weiter nach hinten sind sie gar nicht oft zu finden. Es bleibt immerhin die Frage offen, ob wir es hier nicht mit den verästelten intra- vasalen Muskelelementen zu tun haben. Ich habe diese Elemente mit sehr starker Vergrößerung untersucht: das Plasma der Zellen ist sehr feinkörnig, dagegen der rundlich-ovale oder bohnenförmige Kern zeigt ziemlich grobe Chromatinkörner; in manchen Kernen Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 303 findet man Nukleolen, wenn auch nicht immer gleich deutlich ausgeprägt. Nur selten erreichen diese Zellen bedeutende Größe, wobei der Kern die ganze Zelle ausfüllt und das Plasma nur am Rande erhalten wird; ihrem ganzen Aussehen nach ähneln sie den gewöhnlichen Sarkoplasmen oder noch mehr den auf der Fig. 42 (Mb) („Zur Hämocöltheorie“) von VEJDoVsKY dargestellten Myoblasten, aber der Kern ist in diesem Falle unvergleichlich größer und das ganze Gebilde nimmt eine rundliche Gestalt an; in den meisten Fällen jedoch sind es amöboide Gebilde mit sehr kurzen dicken Fortsätzen, die nicht immer scharf hervortreten. Dünne verästelte Dendriten, die teilweise an der Gefäßwand ansitzen sollen konnte ich trotz genauester Untersuchung nicht finden; auch auf den Präparaten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt waren, sind keine feinen Ausläufer wahrzunehmen; die Myofibrillen, die nach VEJDOVSKY „aus dem feinkörnigen und klaren Cytoplasma sehr scharf hervortreten“, sind nicht zu beobachten. Vielleicht wird dies letztere noch dadurch erschwert, daß das Blut im Rücken- gefäße sich intensiv (mit Eisenhämatoxylin-Eosin) dunkel färbt, so daß in manchen Zellen bei sehr starken Immersionsvergrößerungen die Zellkonturen (die Fortsätze) und die strukturellen Verhältnisse nicht immer so klar zum Vorschein kommen. Nach all diesem scheint mir die Annahme, daß diese Zellen Muskelgebilde seien, als ziemlich ungerechtfertigt, wahrscheinlich haben wir es hier mit den Blutzellen zu tun (Fig. 47). Bei der Besprechung der histologischen Komponenten des Rückengefäßes will ich noch einige Worte über das schon oben erwähnte Vasochord, ein Herzorgan, sagen. Es ist ein ziemlich dicker, aus hyalinen Zellen bestehender Strang; die Zellen — zwischen denen keine deutlichen Grenzen zu erkennen sind — sind gewöhnlich in einer Reihe angeordnet. Das Zellplasma ist hyalin- artig, färbt sich sehr schwach, zeigt ein cytoplasmatisches, nicht immer stark entwickeltes fädiges Gerüst; man findet auch Körn- chen, welche denen der Chioragogenzellen sehr ähnlich sind; die Kerne sind gewöhnlich oval oder bohnenförmig; gelappte kommen etwas seltener vor. Mit Eisenhämatoxylin z. B. färben sich diese Kerne sehr intensiv, viel dunkler als die Kerne anderer Zellen (z. B. der Darmepithelzellen, was für uns, wie wir nachher sehen werden, von Wichtigkeit ist), so daß es mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, eine genauere Struktur anzugeben. Mit Hämato- xylin dagegen bleiben sie manchmal ziemlich hell (die Kerne anderer Zellen weisen eine feine Differenzierung auf) und zeigen 20 * ” 304 Stefan Sterling, eine grobkörnige Struktur. Das ganze, mit einer dicken homogenen Membran umhüllte stabförmige Gebilde liegt an der Basis des Rückengefäßes, doch es kann sich im Zustande der Dilatation ein wenig nach oben erheben; ob es mit der Elastizität des Herz- körpers oder mit dem Zustande der dilatierten Gefäßwandungen in Verbindung steht, kann ich nicht bestimmt sagen; wahrschein- lich hängt es von beiden Faktoren ab. Für die Elastizität sprechen die Formveränderungen des Herzkörpers; aber auch das zuströmende Blut, welches eine Vergrößerung des Gefäßlumens zur Pen hat, muß die Gefäßwandungen vom Herzkörper entfernen. Viel wichtiger ist das Entstehungsproblem des Vasochoril welches bis jetzt noch ungelöst ist. VEJDOVSKY hat in seinem zweiten Beitrag zur Hämocöltheorie nachgewiesen, daß der Herz- körper mit dem Darmepithel in Verbindung steht. Bei einer, vom erwähnten Autor beschriebenen Form — Mesenchytraeus moravicus — soll das Vasochord direkt aus dem Darmepithel seinen Anfang nehmen, wo die kleinen Zellen im 15. Segment sich am äußeren Rande des Epithels einlagern und eine entodermale Verdickung verursachen — diese soll dem Vasochord den Ursprung geben. Ich habe einige lückenlose Serien von Stercutus niveus ganz sorg- fältig revidiert, Konnte aber die direkte Ausgangsstelle, d. h. die Verbindung mit dem Darmepithel, nicht konstatieren — wie die Fig. 50 beweist, gibt es keinen Zusammenhang zwischen den Vaso- chord- und den Darmepithelzellen; man hat den Eindruck, als ob das Gebilde im Gefäße seinen Anfang nehme, wofür auch der Unterschied in der cytologischen Struktur der Vasochord- und Darmepithelzellen spricht. Vor allem ein großer Unterschied in der Färbung: die Epithelzellen färben sich immer viel intensiver als die Herzkörperzellen, welche fast untingiert bleiben, und zeichnen sich durch ihr glänzendes Aussehen aus. Sie bilden, wie erwähnt, einen kompakten Strang mit fädigem Gerüste, wo die Kerne sich stark (und ähnlich den Kernen der umgebenden Chloragogenzellen) färben; das Darmepithel hingegen besitzt bei Stercutus niveus eine durchaus charakteristische morphologische Form. Auf den Längs- und Querschnitten (Fig. 51 u. 60) haben die Zellen eine dendritische Gestalt und sind durch die Fortsätze miteinander verbunden; seltener nehmen sie die auf der Fig. 61 dargestellte Form an, in welchem Falle sie in Gruppen zu je 2—3 Zellen ver- bunden bleiben. Wollen wir solche Darmepithelzellen mit den Zellen aus dem Vasochord vergleichen (Fig. 53 u. 54), so finden wir — abgesehen von der Gestaltung des Vasochords und des Darm- Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 305 epithels — in den strukturellen Verhältnissen der wichtigsten Zell- komponenten in beiden Organen unbestrittene Unterschiede, welche uns vorläufig die Annahme des entodermalen Ursprungs des Herz- körpers nicht erlauben, besonders wenn man in Betracht zieht, daß die abgebildeten Verhältnisse einem jungen geschlechtlich unreifen Exemplar entnommen sind, wo die Verbindung kaum so früh und schnell schwinden könnte. Es bleibt uns noch mit wenigen Worten der Bau des Bauch- gefäßes zu erwähnen. In seiner ganzen Länge findet man stark ausgebildete Ringmuskulatur (Fig. 55 u. 56), welche der Intima anliegt. Diese letztere ist deutlich und anschaulich zu beobachten an den Stellen, wo die Muskelschicht mitsamt den Sarkoplasmen von ihr abgehoben ist. Ob eine (äußere) Längsmuskelschicht existiert, kann ich nicht ganz bestimmt behaupten; sie scheint manchmal doch vorhanden zu sein (Fig. 58), bleibt aber sehr schwach entwickelt und kann deshalb natürlich keine wichtige Rolle spielen. Die intravasalen Zellen, von welchen oben die Rede war, findet man hier nicht; nur ein einziges Mal habe ich einen rundlichen Kern im Lumen des Gefäßes gesehen, da aber die Gefäßwandung etwa beschädigt war, bin ich mehr der Meinung, es handle sich vielleicht um ein künstliches Produkt bei der Präparatanfertigung. Am Ende ist noch zu bemerken, daß im Bauchgefäße das Blut stärker gefärbt wird als in anderen Teilen des Gefäßsystems; es steht sicher mit der Sauerstoffimenge des arteriellen Blutes im Bauchgefäß in Verbindung. Enchytraeus adriaticus. Zwar wurden schon bei Stercutus niveus die wichtigsten Komponenten des Zirkulationsapparates histologisch untersucht, doch zeigt diese Form solche Abweichungen, besonders in Bezug auf das Verhalten des Darmepithels — welches ja doch auch theoretisch eine so wichtige Rolle spielen soll — daß sie in keinem Falle als Vertreter der niederen Oligochäten dienen kann. Darum wollen wir Enchytraeus adriaticus, bei welchem der Darmblutsinus und andere Gefäße typisch ausgebildet sind, als den Repräsentanten der Enchyträiden auswählen; vorher aber müssen wir die neueren Angaben anderer Autoren über die Histologie des Blutsystems bei niederen Oligochäten kurz anführen, die älteren sind schon an einern anderen Stelle (Lang, 65) angeführt worden. Wir wollen mit dem Darmblutsinus anfangen. NusBAum (und Rakowskı) (82) bestätigen die Angaben von Up (116) über die 306 Stefan Sterling, Existenz des Endothels. Die neueren Untersuchungen von FREUD- WEILER (34) stimmen aber damit gar nicht überein. Aus ihren Be- funden ergeben sich die histologischen Verhältnisse bei Enchyträiden folgendermaßen: Am Mitteldarm kann man das drüsige bewimperte Darmepithel finden, dessen hohe zylindriche Zellen noch amöboiden Charakter haben und lange Fortsätze nach außen schicken, worauf der den Darm umspülende Sinus folgt, sein Inhalt dringt auch zwischen die Darmepithelzellen ein. Der Blutsinus ist gegen außen hin mit einer strukturlosen Membran begrenzt, ein Endothel ist aber nirgends vorhanden. Wenn die Darmepithelfortsätze bis zur entgegengesetzten Seite des Sinus gelangen, dann teilen sie den Sinus in viele Kanäle, was als Anfang eines Darmgefäßplexus auf- gefaßt werden kann, wie man es tatsächlich bei höheren Anneliden an Stelle des Sinus vorfindet. Der Basalmembran des Peritoneums lagert sich Ring- und Längsmuskelschicht des Darmes auf, beide aus Peritonealhülle des letzteren hervorgegangen. Dieser sogenannten Darmmuskulatur sitzt dann die Schicht der Chloragogenzellen an, und zwar so, daß diese Zellen der Basalmembran in den weiten Lücken, die von der gitterförmig angeordneten Darmmuskulatur freigelassen werden, direkt anliegen. Auf diese Weise können sie ganz leicht Stoffe aus dem Blutsinus aufnehmen. Was die Abgrenzung des Sinus in Kanäle anbetrifft, so „kann die Begrenzung dieser Perlen nicht als von einem besonderen Vasothel gebildet aufgefaßt werden. Es sind vielmehr auch hier die Basalmembran des Cölothels einer- und der Darmzellen andererseits, die ihre Entstehung verursachten.“ Bei Stercutus niveus haben wir tatsächlich gesehen, daß es sich bei diesen Sinussepten nur um die Membranbildungen handelt. Der Sinus kann aber auch durch die Fortsätze der Darmepithelzellen in gesonderte Kanäle geteilt werden. Schon Hxsse (53) hat die fort- satzbildenden Zellen als besonderes Vasothel aufgefaßt („doch fand ich, daß es Zellen sind, welche die Trennung in Kanäle bewirken“) und dieselben Fortsätze bilden auch die von PıERAnTonNI (87) be- schriebenen Gefäße um den Darm von Michaelsenia macrochaeta. Auf diese Fortsätze ist auch Vmspovsky (120) noch einmal bei der ausführlichen Besprechung des Darmblutsinus zurückgekommen. „Der Darmblutsinnus besteht aus zwei bilateral-symmetrischen Hälften.“ „Auf der ganzen Peripherie des Blutsinus ist leicht ein zartes, glänzendes cuticulaartiges Häutchen wahrnehmbar, das namentlich auf den Stellen klar zum Vorschein kommt, wo Darm- muskelschicht vom Blutsinus abgehoben ist.“ Den Ursprung dieses Häutchens muß man in den Zellen des Darmepithels, welche „durch lange wenn auch zarte Plasmazüge mit dem äußeren Häutchen in Verbindung stehen und sich offenbar an dessen Bildung beteiligen“, suchen. Bei Enchytraeus adriaticus „kommen innerhalb des Blut- sinus noch selbständige, vom Darmepithel ganz unabhängige Zellen vor (Fig. 11, 15 u. 16x), die namentlich in den bauchständigen Sinuspartien (Fig. 16x) häufiger vorkommen und der erwähnten äußeren Grenzmembran des Sinus dicht aufliegen. Es ist kaum zu bezweifeln, daß diese wandständigen Zellen von den Entodermzellen 3 rg Das Blutgefäßsystem der Oligochäten, 307 abzuleiten sind, indem sie sich frühzeitig von dem Epithelverbande abgelöst haben und sich schließlich nur an der Bildung der äußeren Sinusumhüllung beteiligen. Nach den dargestellten Tatsachen kann das Vasothel das Darmblutsinus nur als von einem Teile des Darm- epithels hergestellte bindegewebige Membran aufgefaßt werden. Die innere Wand des Darmblutsinus wird von dem Darmepithel, speziell von dessen basalen, amöboiden Zellen gebildet.“ Bei FREUDWEILER (34) finden wir in Bezug auf das Rücken- gefäß folgende Angaben: die Rückengefäßwandung erweist sich mit Deutlichkeit als Fortsetzung der Darmperitonealhülle: „das Gefäß“ sagt sie, „öffnet sich von Stelle zu Stelle in den Sinus, und dann geht seine Wandung einfach in die Muskel- und Chloragogenschicht des Darmes über. Daß das Lumen ebenfalls je als Ausbuchtung des Sinus auftritt, ist ein neuer Beweis gegen die Existenz eines Endothels“; durch das Zusammenschließen der Ausbuchtungsränder wird das Rückengefäß ein abgetrennter Teil des Sinus sein, so daß die innere Begrenzung wieder die Basalmembran der Cölomsäcke wird; dann kommt die Ringmuskelschicht mit denselben bandförmigen Fasern, wie sie die Darmmuskulatur kennzeichnen. Nach außen sind Längsfasern nur „ausnahmsweise zu sehen. Die Fasern nehmen gegen vorne ab, um nach einigen Segmenten überhaupt zu fehlen“. Neuerdings hat Vespovsky (120) die Histologie des Blutgefäß- systems bei verschiedenen Formen beschrieben, inter cetera auch bei Enchytraeus adriaticus. Die Anlage der sogenannten „Herz- kammern“, gewisser Anschwellungen an dem Rückengefäß, verdankt ihren Ursprung „den Wandzellen des Darmblutsinus“ und es „ist ersichtlich, daß das Herz ursprünglich aus Entodermzellen gebildet wird und von jetzt an eine selbständige Röhre vorstellt, die sich bald mehr über den Magendarm hervorwölbt, wenn sie auch noch eine Strecke nach vorn unter dem Einflusse der Darmmuskulatur steht (Fig. 4). Schließlich schnürt sich das Herz unter der Bildung selbständiger äußerer Muskulatur vom Magendarm ab und verläuft frei in der Leibeshöhle“. Das Herz kleiden viele Zellen aus, welche Myoblasten vorstellen. Bei jungen Exemplaren von Fridericia hegemon ist „das Lumen nicht mit einer „Cuticula“ ausgestattet, sondern es trägt große, locker verteilte elliptische, ovale und birn- förmige Vasothelzellen, die in dem besprochenen Stadium so dicht aneinander gruppiert sind, daß sie das eigentliche Lumen sozusagen verstopfen“. „Die Vasothelzellen vermehren sich durch kinetische Teilung.“ Diese birnförmigen Zellen, welche lang ausgezogene Elemente darstellen und aus „nur bei starken Vergrößerungen erkennbaren Fibrillen“ bestehen, sind als endocardiale Myoblasten aufzufassen, und „bei keiner anderen Art sieht man so große, in das Gefäßlumen hineinragende, wenn auch noch voluminöse und drüsenartige Sarko- plasmen, die endocardialen Myoblasten, wie bei der genannten Art“. Bei Enchytraeus adriaticus sind „die endocardialen Myoblasten der vorderen Herzkammern nur in geringer Anzahl vorhanden: zuweilen trifft man an einem Schnitte nur einen einzigen Myo- blasten, nicht selten fehlen sie gänzlich, so daß das Lumen nur von 308 i Stefan Sterling, der Ringmuskelschicht begrenzt ist. Wenn man die Eisenhämatoxylin- Methode zur Färbung der Serien nicht anwendet, erscheint die Struktur der Myoblasten sehr undeutlich und die Zellen selbst er- scheinen meist als stern- oder amöbenförmig verästelte Elemente mit zentralem Kern.“ Mit Eisenhämatoxylin sieht man eine be- sondere Struktur. „In Fig. 24 ist ein Teil der vorderen Herz- kammer im Längsschnitt reproduziert. Innerhalb der Blutflüssig- keit erstreckt sich in der dorsoventralen Richtung eine große amöbenartige Zelle mit fünf Fortsätzen, die sich offenbar an die muskulösen Wandungen ansetzen. Das Cytoplasma ist überall gleichmälig verteilt und führt im Zentrum einen elliptischen Kern mit ziemlich großem Nucleolus und fein granuliertem Inhalt. Was nun diese Zellen auffallend macht, sind die intensiv schwarz sich färbenden Fibrillen, die in der Achse eines jeden Fortsatzes ver- laufen. Ihr Ursprung ist in der Nähe des Kernes, ihre Konturen sind scharf; die Fasern sind schwach geschlängelt und bis zum Ende des Fortsatzes verlaufend. In dem unteren Ausläufer (rechts) scheint es, daß die Hauptfibrille in feine Seitenfibrillen verzweigt ist.“ „Meiner Ansicht nach handelt es sich in den intravasalen Zellen doch um Muskelzellen...“ und „Enchytraeus adriaticus bietet die wichtigsten Gesichtspunkte zur theoretischen Auffassung der endocardialen Zellelemente“. Diesen inneren Fibrillenapparat findet man auch bei Enchytraeus humicultor VEJDovsKY, z. B. in der mit f bezeichneten intravasalen Zelle (Vespovsky, 120): „Der Zellkörper ist im großen Ganzen spindelförmig und entsendet seit- lich noch einen kurzen, in vier feine, der Fibrillen entbehrenden Dendriten auslaufenden Fortsatz. Der große, bläschenförmige Kern mit deutlichen Körperchen (welcher sonst in allen bisher besprochenen Muskelzellen überzeugend hervortritt), liegt etwas seitlich, da in der Achse der Zelle wieder drei scharf konturierte Myofibrillen verlaufen, aber nicht in die feinen Endverzweigungen der Zelle sich fortsetzen. Man sieht nämlich, daß die polaren Fortsätze der besprochenen Zelle in äußerst feine Dendriten sich verästeln, die, sich zu wiederholten Malen verzweigend, auf den Gefäßwandungen sich ansetzen, aber keine Myofibrillen führen.“ Auch im Bauchgefäße, in den postgenitalen Segmenten, findet man, „daß die ganze Oberfläche des Bauchgefäßes mit langen Fasern belegt ist, von denen jede das nach außen vorspringende Sarko- plasma mit Kern führt (Fig. 43 Imf). Die Querschnitte durch das Bauchgefäß z. B. von Fridericia hegemon geben nun den interessanten Aufschluß über die Anordnung und Anzahl dieser Längsmuskel- fasern. Man findet symmetrisch links und rechts gelagerte Quer- schnitte der Längsmuskelfasern (Fig. 44—47).“ Diese Längsmuskel- fasern sind durch eine intermuskuläre Bindesubstanz voneinander getrennt. „Wir haben diese Substanz überall zwischen den Muskel- fasern des Rückengefäßes, namentlich auch in dessen vorderem Abschnitte sichergestellt und glauben, daß sie der sogenannten Cuticula der Berguschen Auffassung entspricht“ und wir können „die Intermuskularsubstanz theoretisch nur als von den Muskelzellen i Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 309 abgesondert annehmen“. „Bei Fridericia hegemon findet man spärlich auch einzelne intravasale Zellen, die sich direkt auf die Muskelwände anlegen und den Vasothelzellen im vorderen Teile des Rückengefäßes entsprechen.“ Bei Enchytraeus adriaticus in dem Geschlechtssegmente sind gewisse Modifikationen wahrzu- nehmen: „Wenn man nämlich das Bauchgefäß des 10., 11. u. 12. Seg- ments auf den Längsschnitten beobachtet, so sind die reifenartigen Fibrillen auffallend, die an die Ringmuskelfasern des Rückengefäßes bezüglich des Verlaufes erinnern. Sie unterscheiden sich aber von denselben dadurch, daß sie nur als einzelne Fibrillen hervortreten und daß sie nicht kernführend sind. Sie sind in ziemlich gleichen Abständen voneinander entfernt (Fig. 50 u. 51 f) und scheinen in gewissen Beziehungen zu den großen randständigen Sternzellen zu stehen, die in Fig. 50 u. 51 abgebildet und als ss bezeichnet sind.“ Diese Sternzellen sind sehr auffallend. „In Fig. 51 sieht man auf der Wandung des Gefäßes des 12. Segments einen großen runden, mit klarem Plasma und ziemlich großem Nucleolus versehenen Kern, der auf seinem Umkreise nicht von dem gewöhnlichen Cytoplasma umgeben ist, sondern äußerst merkwürdige Differenzierung des _ letzteren aufweist. Unmittelbar von der Peripherie des Kerns gehen radienartige Züge, die auf allen Seiten regelmäßig ausstrahlen, nach und nach sich verengen und mit der Gefäßwandung verschmelzen“... „Was nun die Deutung dieser merkwürdigen Sternzellen anbelangt, so glaube ich hier mit eigentümlich modifizierten Muskelelementen es zu tun zu haben.“ Ich bedaure sehr, die schönen Angaben von VEJDOVSKY aus der letzten Zeit nicht bestätigen zu können. Zuerst in Bezug auf den Darmblutsinus wurde von ihm besonders die Bedeutung und Häufigkeit des Vorkommens der Ersatzzellen überschätzt. Man unterscheidet — wie bekannt — im Darme der Oligochäten zweierlei Zellen: die Nährzellen („cellules cili6ees“ von WILLEM et - Minne, 12, 5) und Drüsenzellen („cellules secretoires“). „Die Nährböden sind schlanke zylindrische Gebilde, die an der ventralen Darmseite die geringste Länge besitzen.“ „Die Zellen der eigent- lichen Darmwand sind, wie es scheint, immer bewimpert; an der Typhlosolis werden Wimpern oft vermißt. Der Kern liegt in mittlerer Zellhöhe, ist oval oder gestreckt, reich an Nucleom und läßt einen kleinen Nucleolus unterscheiden.“ „Das Sark ist deut- lich längsfädrig struiert“ (K. C. SCHNEIDER, 114). „Granulations des cellules cili6es sont constitu6es principalement par de l’oleine“ (WiLLEm-Mınne). Die Drüsenzellen sind von wechselnder Form; ihr Sark ist regelmäßig wabig struiert. „In den Waben liegen helle "Körner, distal oft in Menge dicht gehäuft.“ „Der Kern liegt ge- wöhnlich basalwärts und ist im dunklen Sark nur schwer unter- scheidbar. Er färbt sich dunkel und enthält einen großen Nucle- 310 Stefan Sterling, olus.“ Sie sind nach SCHNEIDER als Eiweißzellen aufzufassen; nach WILLEM-MInnE hat man es hier mit „cellules glandulaires qui secretent un liquide digerant la fibrine et agissant surtout en milieu alcalin“ zu tun. Diese zwei Zellarten können wir bei höheren Oligochäten ganz deutlich unterscheiden; und die für Pheretima rodericensis von VEJDOVSKY angegebenen Ersatzzellen sind ohne Zweifel nichts anderes als Drüsenzellen — man sieht ja sogar auf der Abbildung die charakteristischen Granulationen. Bei niederen Oligochäten — Enchytraeus adriaticus, z. B. — sind sie viel seltener, aber auch hier zu treffen und sie stellen wahrscheinlich die VEIJDOVSKY- schen „Ersatzzellen“ oder mindestens die „Basalzellen“ dar; der Kern färbt sich dunkel, der Nucleolus tritt deutlich vor, das Sark ist nicht ganz klar zu sehen. Fig. 68 stellt uns einen runden, helleren Kern von einer Nährzelle und einen ovalen, etwas bohnenförmigen Kern der „Ersatzzelle“ vor. In keiner Weise kann ich aber für diese Zellen die Rolle annehmen, die ihnen VEJDOVSKY zuge- schrieben hat. In der Auskleidung des Blutsinus mit einer Membran nehmen sie bei Enchytraeus adriaticus keinen Anteil; ich habe keine einzige solche Zelle innerhalb des Sinus gesehen, auch keine Fortsätze aus den basalen Zellen auslaufen; wir haben also keinen Grund, diese Gebilde als endothelbildende Elemente aufzufassen. Die Fortsätze, welche man ganz richtig auf den Figg. 1 u. 2 der VEJDoVsKYschen Arbeit (120) aus den Darmepithelzellen auslaufen sieht und welche in Wirklichkeit im Blutsinus vorkommen, sind (bei Enchytraeus adriaticus) sehr kurze Ausläufer der Darmepithel- zellen, die aber niemals die Außenseite des Sinus erreichen; man findet (auf den Querschnitten) große Sinusabschnitte, wo von den Fortsätzen keine Spuren zu finden sind, und auf den Längsschnitten sind sie überhaupt fast gar nicht zu beobachten. In Fig. 64 sieht man von innen wie von außen eine feine Membran den Sinus aus- kleiden; das Darmepithel ist schön angeordnet und man findet keine Spuren von den Ersatzzellen; wie Fig. 64 u. 67 beweisen, ist auch von einem Endothel keine Rede. Der ganze Sinus — wie von außen, so auch von innen — ist mit einem Häutchen aus- gekleidet, welches manchmal von scharf konturiertem Darmepithel mit Blut und äußerer Schicht abgehoben wird (Fig. 67) — da kann man an der Existenz der Membran nicht mehr zweifeln. Auch auf den Präparaten, die mit Emrricn-Bıonpıs oder VAN GIESONS Methode behandelt wurden (Fig. 64), tritt diese Cuticula deutlich hervor. Der Membran liegt von außen die Ringmuskulatur an, Pr Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. all dann folgt die Längsmuskulatur und gegen die Leibeshöhle Peritoneum resp. Chloragogen; aber auch bei Enchytraeus adriaticus, wie bei anderen Enchyträiden, können die Chloragogen- zellen nicht selten direkt der Basalmembran des Sinus ansitzen, was mit der Ernährungstätigkeit resp. der resorbierenden Funktion des Chloragogens in Verbindung steht. Auch im Rückengefäße ist es mir nicht gelungen, alle diese Gebilde zu finden, welche VEJpovskyY auf den Abbildungen dargestellt hat. Es ist wahr, daß die Gefäßwandung aus den Längs- (der Cuticula anliegenden) und Ringmuskelfasern, die nach außen gerichtet sind, besteht; es sind auch Zellen im Innern des Gefäßes zu beobachten, die manchmal auch gewisse kurze Ausläufer be- sitzen; doch konnte ich in diesen Zellen — welche den VEJDOVSKY- schen Myoblasten mit den Muskelfibrillen entsprechen sollen —, niemals, auch mit Anwendung der Eisenhämatoxylinfärbung, welche, wie bekannt, eine feine Methode für die Muskelfaserdifferenzierung darstellt, die Muskelfibrillen zum Vorschein bringen. Damit soll gar nicht gesagt werden, es existierten solche Myoblasten über- haupt nicht; vielleicht sind sie nur bei der von mir untersuchten Art nicht zu beobachten, was schon VEJDOVSkY selbst behauptet, wenn er sagt, daß sie nicht immer mit unseren Methoden zum Vorschein kommen. Theoretisch aber, auf Grund der embryo- logischen Tatsachen, ist die Existenz solcher für uns ganz zulässig: die mesenchymatösen, in das Gefäßlumen hineingedrungenen Ele- mente, welche sich von den umgebenden mesodermalen Wandungen loslösen, können sich so gut in die Myoblasten umwandeln, wie sich die Wandungszellen in die Muskelzellen differenzieren; doch kann ich in keiner Weise zugeben, daß diese Gebilde „nur von ento- dermalen Elementen, den basalen Zellen, oder sogenannten Ersatz- zellen des Darmepithels herstammen können“ (VesJpovsky). Damit ist aber die Existenz der Intima nicht im Geringsten ausgeschlossen ; und wenn die Gebilde, welche ich als Blutzellen bezeichne, da sie sich im Gefäßlumen finden, in Wirklichkeit — mit Hilfe anderer Methoden und bei geeigneteren Arten — den Myoblasten ent- sprechen sollten, so steht ja doch nichts im Wege, auch in diesem Falle die Existenz der Cuticula anzunehmen. Diese Cuticula ist bei Enchytraeus adriaticus gleich der von Stercutus niveus, homogen, schwach tingierbar. Dieser Intima liegt eine Schicht feiner Längs- muskelfasern an, deren Kerne in die Länge gezogen, chromatin- reich sind, manchmal unter der Intima in das Gefäßlumen hinein- ragen. Die Längsmuskulatur bedecken ziemlich starke, aus schönen 312 Stefan Sterling, Bändern bestehende Ringmuskeln; nach außen findet man das Chloragogen. Auf der Fig. 66 sieht man fast alle diese Verhält- nisse auf einem Längsschnitt zutage treten. Die Intima ist, natürlich, nicht wahrnehmbar; die Längsmuskulatur besteht an einigen Stellen aus feinen Fibrillen, die Ringmuskulatur dagegen ist ganz deutlich ausgebildet. Die Kerne, die auf der Abbildung zu sehen sind, gehören — wie uns die benachbarten Schnitte be- lehren — teilweise zu der Längs-, teilweise zur Ringmuskulatur. Auf das Bauchgefäß habe ich ein viel größeres Gewicht gelegt, da es für weitere theoretische Schlüsse von Bedeutung wird. Die innere Auskleidung des Gefäßes stellt die Intima vor, welche auf der Abb. 64 direkt aus dem Darmblutsinus in das Bauchgefäß überzugehen scheint. Ontogenetisch sind natürlich diese Verhältnisse klar, aber bei erwachsenen, wenn auch sehr jungen Exemplaren habe ich sie zum ersten Male getroffen. Im Bauchgefäße ist diese Cuticula von demselben Charakter wie im Darmblutsinus. Ihr liegt im hinteren Körperabschnitt nur die Ringmuskulatur an (Fig. 62), in der vorderen Körperregion sieht man aber noch eine — manchmal ziemlich stark entwickelte, wie uns Fig. 65 beweist — Längsmuskulatur, die zwischen der Cuti- cula und den Ringmuskelfasern gelegen ist. Die Ringmuskulatur erscheint hier nicht in Form von solchen Bändern, wie am Rücken- gefäß — es sind vielmehr einzelne Fasern, die gewöhnlich in Gruppen zu je 2—3 hervortreten. Diese Fasern hat auch VEJ- DOYSKY (in dem Geschlechtssegment) beobachtet, nur konnte er nicht entscheiden, ‚ob sie echte Muskelfibrillen vorstellen oder elastischen Elementen entsprechen‘; es scheint mir, wir haben es in diesem Falle mit Muskelfasern zu tun, die ziemlich regelmäßig in ungefähr gleichen Abständen voneinander angeordnet sind. Die zu ihnen gehörenden Kerne konnte ich nicht nachweisen, doch scheinen mir diese Fibrillen zu den großen Sternzellen, welche ich eben beschreiben werde, in keiner Beziehung zu stehen, wenn auch die beiden Elemente von VEJDOVSKY in einen gewissen Zusammen- hang gebracht wurden. — Dagegen scheint es mir höchst wahr- scheinlich, daß die Längsmuskelfasern in einer gewissen Abhängig- keit von diesen Sternzellen sind. Die Sternzellen bestehen aus einem großen Kern, welcher einen deutlichen Nucleolus und feine, im ganzen Kernleibe zerstreute Körner besitz. Von dem Zell- leibe strahlen viele feine Fäden aus, und zwar nur in der Längs- richtung des Gefäßes; diese Fäden färben sich gleich, wie die Muskelfasern, so daß man eine solche Zelle — welche ich auf ® Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 313 Fig. 65 abgebildet habe — nur als eine Muskelzelle mit aus- gebildeten Muskelfasern auffassen kann. Auch VEJDOVSKY, nach welchem die Strahlen in verschiedenen Richtungen auslaufen sollen (Fig. 51 seiner „Z. Hämocöltheorie“), glaubt es hier mit eigen- tümlich modifizierten Muskelelementen zu tun zu haben. Diese wandständigen Sternzellen sind sehr selten, auf die vordere Körperregion beschränkt, und zwar in einigen Segmenten (ich glaube, in einer größeren Anzahl von Segmenten, als es VEIDOVSKY angegeben hat) zu finden. Die ganz symmetrische Lage der Längsmuskelfasern auf dem Querschnitte, auch immer eine bestimmte Anzahl von ihnen (drei jederseits) ist etwas schwer zu konstatieren, mir wenigstens ist das niemals gelungen; diese Anordnung ist übrigens nicht von großer Bedeutung. Dagegen etwas wichtiger bleibt die Frage, ob das Gewebe, in welchem die Längsmuskelfasern eingebettet sind, in der Tat von den Muskel- zellen abgesondert ist, wie es VEJDOVSkY beweisen will; wir sind — auf Grund der embryologischen Tatsachen und der Verhält- nisse, denen man bei höheren Oligochäten begegnet, wie auch infolge der Resultate durch Anwendung der Färbungsmethoden — mehr geneigt, diese Substanz für bindegewebig zu halten. Mit dieser knappen histologischen Darstellung des Baues der wichtigsten Komponenten des Blutgefäßsystems wollen wir uns in bezug auf die Histologie bei Enchytraeus adriaticus begnügen; es sollen noch in einigen Worten die Verhältnisse bei zwei Formen — wieder unter spezieller Berücksichtigung des Darmblutsinus — erwähnt werden. Enchytraeus (vom Schwarzen Meer). Da die Exemplare nicht geschlechtsreif waren, konnte ich keine genauere Bestimmung der Art vornehmen; der Größe aber und der Zahl der Segmente nach u. s. w. ist es wahrscheinlich, daß es sich um Enchytraeus lacteus handelt. Besonders schön kommen bei dieser Form die Beziehungen des Darmblutsinus zu der Darmmuskulatur zum Ausdruck. Ich habe sie in drei Abbildungen (69—71) dargestellt, die alle Längs- schnitten entnommen sind. Auf allen liegt der Darmblutsinus als eine Spalte zwischen dem Darmepithel und den äußeren Darm- muskelschichten. Der Sinus ist von außen wie von innen mit einer homogenen feinen Basalmembran ausgekleidet; in der Fig. 71 sieht man sogar an einer Stelle diese Membran von der Seite des Darm- €pithels ein wenig ins Innere des Darmblutsinus hineinragen; 314 Stefan Sterling, wahrscheinlich durch gewisse mechanische Einwirkungen ist diese Membran hier vom Darmepithel abgehoben; das Bild ist aber eine vollauf überzeugende Tatsache, daß die Basalmembran auch von Seite des Darmepithels in Wirklichkeit existiert. Diese Basal- membran wird kaum von den speziellen Ersatzzellen gesondert; bei Enchytraeus vom Schwarzen Meer findet man die letztgenannten Elemente sehr selten; auf den angeführten Abbildungen sieht man auch keine Fortsätze der Darmzellen. Das Darmepithel stellt eine schöne Schicht von zylindrischen Zellen dar, zwischen welchen die Grenzen ziemlich deutlich wahrnehmbar sind und deren Kerne runde oder ovale Gestalt besitzen, meistens in der Mitte der Zellen gelegen sind, können sich doch den äußeren oder inneren Grenzen der Zellen nähern. An der äußeren Seite des Darmblut- sinus sieht man die Darmmuskulatur: die innere Ringmuskulatur, welche aus dicken Muskelfaserbündeln besteht, und ihr anliegende Längsmuskulatur. Auf der Fig. 70 sind keine Kerne der Muskel- fasern zu finden, aber auf der Fig. 71 sieht man zwei typische Sarkoplasmen, die den Längsmuskeln angehören. Der Muskulatur sitzt typisches Chloragogen an; wenn aber die Muskulatur schwach ausgebildet ist, bekommt man den Eindruck, als ob die Chlora- gogendrüsen der Basalmembran des Darmblutsinus direkt auf- säßen; dies ist der Fall, wenn die Muskelelemente des Darmes vollständig fehlen. Was das Rücken- und Bauchgefäß dieser Form anbetrifft, so- findet man bei ihr nichts Besonderes; von den intravasalen Myo- blasten konnte ich niemals etwas beobachten; die Blutzellen sind ziemlich selten zu sehen jund besitzen einfache runde Form — manchmal sind sie amöboid, mit kurzen Fortsätzen. Die innere Auskleidung der Gefäße ist wieder die Intima, welcher die Musku- latur anliegt. Die Schichtenfolge ist ungefähr dieselbe wie bei Enchytraeus adriaticus, also im Rückengefäß: innere, dem Gefäß- lumen zugewandte Längs- und äußere Ringmuskulatur; im Bauch- gefäß konnte ich auf den Querschnitten ziemlich starke Ring- muskulatur beobachten, dagegen war ich nur einmal imstande, Spuren von Längsmuskeln in der vorderen Körperregion nach- zuweisen; leider war es mir infolge des Mangels an Material un- möglich, neue Präparate anzufertigen. Euenchytraeus bisetosus. Das Genus wurde zum ersten Male von BRETSCHER (18) vor zwei Jahren beschrieben; es ist eine Bergform und stammt aus. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 315 der Höhe etwas über 2300 m; die Segmentzahl beläuft sich auf 55—65, die Länge beträgt 25—30 mm; das Blut ist hell, farblos. Das Rückengefäß entspringt im Segment 14, 15 oder 16; weiter nach hinten findet man den Darmblutsinus. Die Auskleidung dieses Sinus besteht, wie bei allen anderen Formen, aus einer homogenen Membran, doch ist die letztere feiner als bei den oben besprochenen Formen, so daß ich lange Zeit nicht imstande war, sie zum Vorschein zu bringen; das steht wahrscheinlich damit in Verbindung, daß von den Darmepithelzellen lange, manchmal ziem- lich dicke Fortsätze entspringen, die bis zur äußeren Sinuswand ziehen; auf diese Weise wird an gewissen Stellen der Blutsinus in viele, manchmal fast abgeschlossene Kanäle geteilt. Es ist mir aber gelungen, auch bei Euenchytraeus bisetosus die Membran nachzuweisen. Die Ersatzzellen sind öfters zu finden als bei anderen Arten; es sind ovale, stark tingierbare Kerne, welche gewöhnlich ziemlich dicht der inneren Basalmembran anliegen; das Merk- würdigste ist aber, daß ich solche Kerne auch an der äußeren, der Darmmuskulatur anliegenden Seite getroffen habe. Das Darm- epithel zeigt keine so schöne Anordnung, wie wir es bei der eben besprochenen Art gesehen haben; die Zellgrenzen sind gewöhnlich verschwunden, aber von besonderem Interesse sind die breiten Fortsätze. Die Darmmuskulatur ist sehr schwach, besonders die Längsmuskulatur, so daß man sehr selten kräftige Faserbündel findet; auch die Ringmuskulatur ist im Vergleich mit der von anderen Arten viel geringer entwickelt; die zur Muskulatur ge- hörenden Kerne sind auch seltener vorhanden. — Der ganze Darm- tractus trägt (vom Segment 4 an) eine Auskleidung von Chlora- gogendrüsen. Diese zeigen bei Euenchytraeus bisetosus einen spe- ziellen Bau: im deutlich wabigen Zellinhalt sieht man feine Granu- lationen zerstreut; um den Kern herum sind die Körner viel größer, färben sich sehr intensiv, so daß der Kern ziemlich schwierig zum Vorschein kommt; und ich glaube, einige Male gewisse eigen- tümliche Körperchen, welche VEJDovskyY für die Chloragogen- zellen von Dendrobaena octaedra beschrieben hat, beobachtet zu haben; nur besitzen sie keine so regelmäßige Gestalt, wie es VEIDoVsKY dargestellt hat, es sind vielmehr feine pseudopodien- artige Fortsätze, die aus einem sich dunkel färbenden Leibe (Vakuole!) auslaufen. Ob es sich um durch die Fixierung ver- ursachte Kunstprodukte handelt, oder ob es wirkliche Chloragogen- gebilde sind, die sich aus dem Chloragogenzellplasma differenzieren, kann ich nicht entscheiden; wegen Mangel an Material konnte ich ” 316 Stefan Sterling, keine neuen Präparate herstellen, um mich definitiv von der Richtigkeit dieser Angabe zu überzeugen. Das Rückengefäß zeigt im ganzen Verlaufe die Längsmusku- latur, die der Intima anliegt, und die Ringmuskulatur — also ganz genau dieselben Verhältnisse, wie bei allen anderen Arten; leider konnte ich die für uns so wichtige Frage über die Existenz der endocardialen Myoblasten nicht genauer verfolgen. Das Bauchgefäß zeigt dagegen etwas andere histologische Einzelheiten, welche es demjenigen der höheren Oligochäten mehr nähern; es handelt sich namentlich um die Reihenfolge der Muskel- schichten. Bei Euenchytraeus (Fig. 74) findet man die Ring- muskulatur dicht der Intima anzusitzen; es sind gewöhnlich 3—4 Muskelfasern, die fast kontinuierliche Ringe bilden; die Längs- muskeln bestehen aus zahlreichen, auf dem Querschnitte feinen Fasern, welche in einem Bindegewebe wie eingebettet liegen. Das Bindegewebe ist in einer mächtigen Schicht ausgebildet, welche aber an gewissen Stellen fast auf Null reduziert ist; die dazu ge- hörenden Kerne sind ziemlich selten zu beobachten, haben keine regelmäßige Form, tingieren sich mit Kernfarbstoffen nicht be- sonders stark. Auch bei Euenchytraeus findet man Zellen, die den wandständigen Sternzellen ähnlich sind, nur statt vieler feiner Fortsätze event. Muskelfibrillen sieht man einige pseudopodien- artige Ausläufer (in der Fig. 73 in der Zahl von 4), welche manch- mal in einer Zelle in etwas größerer Zahl vorhanden sein können; der Kern ist mehr lappig, stark färbbar, auch das Plasma tingiert sich viel dunkler als bei anderen Zellen; es ist etwas wie eine feine Granulation. Seinem äußeren Aussehen nach gleichen solche Zellen der von VEJDOVsKY (120) in der Fig. 51 abgebildeten und als „Endothelzelle“ (aus einer Seitenschlinge) bezeichneten; sonst kommen sie sehr selten zum Vorschein. Ein Wort über Tubificiden. Um mir von dem histologischen Bau der Gefäße auch bei dieser Oligochätenfamilie eine Vorstellung zu machen, habe ich Tubifex rivulorum und Limnodrilus (? Art) untersucht, und zwar die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf das Vorhandensein des Endothels gerichtet. Auch bei Tubificiden konnte Vzs3pDovsky (120) — im Gegen- satz zu den Bereuschen Angaben — „bei Potamothrix eine mehr ausgeprägte endocardiale Myoblastenlage als bei den Enchyträiden sicherstellen“. Auf einem Querschnitt durch eine der hinteren Herz- kammern von Potamothrix sieht man das Gefäß wie mit einem „kubischen Epithel“ ausgestaltet „so hoch und dicht nebeneinander Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 317 die Sarkoplasmen mit den Kernen in das Gefäßlumen vorspringen. Indessen mit der Eisenhämatoxylin-Methode gefärbt, zeigen sie an ihrer Basis Querschnitte von bandförmigen Längsmuskeln, die auch an Längsschnitten einer Herzkammer tatsächlich dicht parallel neben- einander verlaufen (Fig. 53 mb)“. Vergeblich habe ich in den vorderen wie in den hinteren Abschnitten der Gefäße (hauptsächlich des Rückengefäßes) eine Vasothelschicht auffinden wollen; ich konnte nicht nur keine kontinuierliche Schicht, sondern nicht einmal einzelne Myoblasten beobachten, so daß ich bei Tubificiden eine Endothel- existenz in Abrede stellen muß. Und gerade in den stark aus- gebildeten voluminösen Herzkammern müßte eine solche Schicht schlechterdings zum Vorschein kommen. Also die innere Längs- muskelschicht (die von der Existenz der intravasalen Myoblasten ganz abhängig ist) muß selbstverständlich bei unseren Unter- suchungen wegfallen; die Gefäßwandung besteht aus der Ring- muskulatur, die aus feinen Muskelfasern zusammengesetzt ist. Ob dieser Ringmuskulatur nach innen, d. h. gegen das Gefäßlumen zu, noch eine Membran — Intima — anliegt, kann ich nicht mit Sicher- heit behaupten; es scheint aber der Fall zu sein. Die Präparate wurden angefertigt, hauptsächlich um die Muskeln nachzuweisen ; die dazu angewandten Methoden bringen die Intima kaum zum Vorschein. Doch scheinen mir hier diese letzteren Verhältnisse nicht von solcher Wichtigkeit — die Hauptsache ist das, daß von einem Endothel in den Gefäßen der Tubificiden keine Rede sein kann. Zusammenfassung der Resultate für die niederen Oligochäten. 1) Der Darmblutsinus stellt eine Spalte zwischen dem Darm- epithel und der Darmmuskulatur vor. Er ist in seinem ganzen Umfang von einer homogenen Membran ausgekleidet. Der Membran liegt direkt die Ringmuskelschicht des Darmes, der letzteren die Längsmuskulatur an; nach außen findet man Chloragogen. Es ist sehr zweifelhaft, ob in der Bildung der Basalmembran die ge- wöhnlich sehr spärlichen „Ersatzzellen“ einen Anteil nehmen. 2) Das Rückengefäß besitzt im Innern eine Intima, die der Basalmembran des Darmblutsinus vollständig gleicht; der Intima liegt eine Schicht von Längsmuskelfasern an, diesen die starke Ringmuskulatur; nach außen hin findet man gewöhnlich das Chlora- gogen, welches an gewissen Stellen fehlen kann. Die Herzen zeigen quantitative Unterschiede; auch findet man im Innern oft Zellen, die von Autoren als Muskelelemente auf- gefaßt werden. Es sind amöboide Gebilde, deren Fortsätze aber keine Muskelfibrillen besitzen. — Wahrscheinlich sind es Blutzellen. 3) Das Rückengefäß ist in seiner vorderen Körperregion (bei einigen niederen Oligochätenformen) von einem Herzkörper (Vaso- Bd. XLIV. N. F. XXXV1. 21 318 Stefan Sterling, chord) durchzogen. Das Vasochord zeigt in seinem Bau keine Aehnlichkeit mit dem Darmepithel, auch steht es mit dem letzteren bei den untersuchten Arten in keinem Zusammenhang. Es spielt wahrscheinlich eine mechanische Rolle bei der Blutzirkulation. 4) Das Bauchgefäß zeigt im allgemeinen in bezug auf die histologischen Verhältnisse keine großen Unterschiede von dem Rückengefäß. Auch das Bauchgefäß besitzt Intima, welcher die Muskelschichten (bei verschiedenen Arten) in verschiedener Reihen- folge ansitzen: bald ist es die Längs-, bald die Ringmuskelschicht, die der Intima direkt anliegt. Im Bauchgefäß sind die Blutzellen seltener als im Rückengefäß. 5) Die Seitenschlingen und das Subneuralgefäß besitzen eben- falls die Intima, welcher die Muskelfasern anliegen. Näher habe ich hier die myologischen Verhältnisse nicht verfolgt. Höhere Oligochäten. Die Topographie des Blutgefäßsystems. Das Blutgefäßsystem der höheren Oligochäten (als Beispiel nehmen wir Eisenia foetida) ist stark differenziert und ziemlich kompliziert. Das wichtigste propulsatorische Gefäß ist das dorsale, in welchem das Blut von hinten nach vorn getrieben wird. Das Rückengefäß gibt in jedem Segment (die vordere Pericardialkörper- region ausgenommen) zwei Paar gewundene Schlingen an den Darm ab (Vasa dorsointestinalia)), welche in die Darmwand eintauchen, um das Darmgefäßnetz zu bilden; vom Rückengefäß gehen auch zur Typhlosolis dünne Gefäße — zwei oder drei in jedem Segment — Vasa dorsotyphlosolaria. Ein sehr wichtiges Gefäß ist das Vas dorso-extraoesophageale, welches auch mit der Morrzxschen (Kalk-) Drüse in Verbindung steht; da aber der letzteren in neuester Zeit eine wichtige Rolle zugeschrieben wird, so will ich den Gefäßverlauf ganz genau (nach Fuchs, 35) beschreiben: Es liegt eng dem Oeso- phagus an und verläuft zwischen Peritoneum und Darmmuskulatur. Man kann an diesem Gefäße 2 Queräste (Ramus transversus an- terior und Ramus transversus posterior), welche aus dem Rücken- gefäß entspringen, und einen horizontalen, mehr dem Bauchgefäß genäherten, welcher die beiden Queräste verbindet, unterscheiden. Der longitudinale Ast bildet gegen die vorderste Morrensche Drüse hin im 10. Segment einen Bogen, welcher an sie 3 starke Aeste abgibt und welcher in demselben Segment den in der Segmentmitte auf dem Darm hinziehenden Querast aufnimmt. „Beim Uebertritt auf den Pharynx“, sagt Fuchs, „d. h. vorn am Dissepiment 6/7, teilt sich der Längsast und schickt einen ästigen Zweig schief über 1) Nomenklatur nach Fucas. Ei 3 vr: 4 Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 319 den Pharynx; der zweite Teilzweig folgt noch auf ein kurzes Stück dem Dissepiment eng anliegend, um sich dann der Körperwand zu- zuwenden, wo er sich unter dem Üölothel reich verästelt. Also das Dorso-extraoesophageale versorgt sowohl Körperwand wie Pharynx.“ Die dritte wichtige Komponente des Blutgefäßsystems ist das im ventralen Mesenterium hängende Bauchgefäß. Es ist sehr wenig kontraktil (trotz der Angaben von HARRINGTON und SCHNEIDER — auch das Studium ganz junger durchsichtiger Embryonen erlaubte mir nicht, die Kontraktilität deutlich zu beobachten), das Blut wird von vorn nach hinten getrieben (nach Bourne und JoHNSToN wird in der vorderen Körperregion — vor den Pericorden — das Blut von hinten nach vorn, in der Pericordialregion von vorn nach hinten getrieben). — Vom Ventrale laufen zum Darm in jedem Segment 3 dünne Gefäße — Vasa ventrointestinalia — und zur Körperwand — Septale ventroparietalia — hin. Als Verbindungszellen zwischen Rücken- und Bauchgefäßen dienen die in 6 Segmenten (6—12) immer präseptal liegenden stark entwickelten Pericorde, welche das Blut vom Dorsale ins Ventrale treiben, also mit dem Rückengefäß den Propulsationsapparat bilden. Am Bauchmark findet man 3 Gefäße: das eine, welches medio- ventral von einem Ende des Bauchmarkes zum andern verläuft (Subneurale), dann zwei dünne, die lateralwärts verlaufen (Vasa extraneuralia); sie geben dabei zu dem an die Körperwand ab- gehenden Nervenpaar in der Mitte jedes Segmentes ein Paar kleiner Zweigchen ab (Vasa extraneuroparietalia). Zwischen diesen größeren Gefäßen bestehen folgende kleinere Verbindungsschlingen: im hinteren Körperteil solche, die hinten am Septum halbkreisförmig das Rückengefäß mit dem Subneurale ver- binden (sog. Dorso-subneuro-commissuralia) und die 5—6 einfache oder ästige Zweige (Commissura parietalia) abgeben, welche unter das peritoneale Cölothel in die Grenzlamelle treten, wo sie sich verästeln (ektosomatische Schlingen — K. C. ScunEIperR). — Im vorderen Körperteile von den schon oben erwähnten Vasa dorso- extraoesophagealia gehen Schlingen zum Subneurale (Vasa dorso- extraoesophageo - subneuro -commissuralia), auf dem Wege 3—4 Aeste an die Körperwand abgebend; von demselben Gefäß ziehen ‚ verästelte Zweige zum Septum (Dorso-extraoesophageo-septale), end- lich kurze Aeste zum Darm (Dorso-extraoesophageo-intestinale); es ee —__ m nm - sind also wichtige Gefäße, weil sie sich auch mit den Dorso-extra- oesophageo-subneuro-commissuralia an der Blutversorgung der Ne- phridien und Geschlechtsorgane beteiligen. Aus dem Bauchgefäß, genau an der Durchtrittsstelle dieses Gefäßes durch das Septum, geht vorn am Septum ein Ast ab, das sog. Vasa ventroparietale, welchestnach unten bogenförmig bis zur Körper- wand verläuft, im Vorbeigehen ein Gefäß ans Nephridium ab- gebend (Vas ventroparieto-nephridiale). Die zweite Gruppe von Nephridialgefäßen — sogen. Dorso - subneuro - commissuro - parieto- nephridialia — gehen aus den Aesten der Verbindungsschlingen 21* “ v 320 Stefan Sterling, von vorn A —— Yd Peor -—--- L -Vdeoe-S Hi "4 --Valeoe-ti Im ---- X R 4 4 4 DL “4 f----VPleoe Er N® £ 7" Vdeoe-subno Pr "- Verv e —-7subn F Yop B Va Va-subne Va-subne-p -- ff, I ! | N x I ı\ ur I N ne Fig. 13. Lumbrieus terrestris L.'). Optische Querschnitte: A aus der Pericordal-, B aus der mittleren Körperregion. A ist Vorderansicht, B An- sicht von hinten, da die Pericorda vorn den Dissepimenten anliegen, die übrigen Commissuralia aber hinten. Pcor Pericorda, Vd Vas dorsale, Vdeoe Vas dorso- extraoesophageale, Vdeoe-i Vas dorso -extraoesophageo -intestinale, Vdeoe-s Vas dorso-extraoesophageo-septale, Vdeoe-subne Vas dorso-extraoesophageo-subneuro- commissurale, Vv Vas ventrale, Ven Vas extraneurale, Ys«dn Vas subneurale, Va-subne Vas dorso-subneurocommissurale, Vd-subn-p Vas dorso-subneuro- commissuro-parietale, Vv-p Vas ventroparietale, vMes ventrales Mesenterium, Im Längsmuskelschicht, rm Ringmuskelschicht. (Nach Fuchs.) 1) Zwar stellt diese Abbildung die Verhältnisse bei Lumbricus terrestris dar, doch kann sie auch der Hauptsache nach für die anderen Formen (Allolobophora, Helodrilus etc.) gelten. 4 zwischen das Vas dorsale und Vas subneurale (als sogen. Vasa dorso-subneuro-commissuro-parietalia) gewöhnlich in der Zahl 3 ab, manchmal aber direkt aus den Oommissuralia (nicht aus ihrem Ast — in dem Falle haben wir es mit der Vasa dorso-subneuro-com- missuro-nephridialia zu tun). Was endlich die Geschlechtsorgane anbetrifft, so wollen wir, da die Verhältnisse sehr kompliziert sind, betonen, daß alle direkt an die Sexualorgane gehenden Zweige von 2 Gefäßen abstammen: vom Vas dorso- extraoesophageo - subneuro-commissurale einerseits, vom ventro-parietalen andererseits; jedes dieser beiden Gefäße liefert an eine einzelne Gonade einen Zweig, so daß jede von ihnen im ganzen 2 Gefäße bekommt. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 321 Zirkulation des Blutes. Nach dieser kurzen Darstellung des ganzen Gefäßsystems können wir in knappen Worten auch den Kreislauf darstellen. Den wichtigsten Bestandteil stellen das Rückengefäß und die Herzen dar, weil durch ihre Kontraktionen und peristaltischen Bewegungen das Blut von hinten nach vorn getrieben wird, und dafür, daß es nicht zurückkehre, sorgen Klappen und spezielle Einrichtungen (Rısaucourt, Dan. Rosa). Das im Rückengefäß kopfwärts ge- triebene Blut kommt aus den Darmgefäßen und wird dadurch rein mit Kohlensäure und Nährstoffen gesättigt (also ist es venöses Blut). Von hier aus geht das Blut in die Kapillaren der Com- missuro-parietalia (sogen. arterielle ektosomatische Schlingen — K. 0. ScHNEIDER), gibt dort seine Kohlensäure ab und geht sauerstoff- reich durch Kapillaren in die Ventro-parietalia resp. in das Bauch- gefäß (venöse ektosomatische Schlingen), wohin auch das Blut von den Nephridien und vom Bauchmark gelangt. Das ist das eine (integumentale — Gun, 44) System, wo das Blut mit Sauerstoff versorgt wird. Vom Bauchgefäß tritt das Blut in den Darm durch die schon oben erwähnten 3 Venen (nicht 2, wie es K. ©. SchnwEIDER beschreibt), welche sich in die Kapillarnetze auflösen, aus denen dorsal 2 Paar in das Rückengefäß einmündende Gefäße ent- springen (entosomatische Schlingen); dieses zweite System nimmt also vom Darm Nahrungssubstanzen auf und daher ist das Blut im Rückengefäß etwas dunkler (venös) als im Bauchgefäß. So wird das Blut im Rückengefäß nach vorn getrieben, das Rückengefäß verliert in der Gegend der Morrenschen Drüsen seine Klappen und wird bedeutend enger, da fast der ganze Blutinhalt in diese Organe wie auch in die Pericorda hineingeht. Aus den letzteren wird ein Teil des Blutes in das Bauchgefäß gehen, der andere aber wieder in das Rückengefäß zurückkehren; deshalb wird das letztere ein größeres Lumen besitzen, doch immer nicht zu vergleichen sein mit dem aus der Mittelkörperregion; dagegen finden wir in der vorderen Region das paarige Vas dorso-extraoesophageale, welches mit den Pericorden (resp. ihren tegumentalen Kapillaren) in Ver- bindung steht und von ihnen das Blut bekommt, weshalb auch in 322 Stefan Sterling, diesen Seitengefäßen das Blut von hinten nach vorn getrieben und die Kopfregion mit Blut versorgt wird. Ob dabei die Morrensche Drüse eine wichtige Rolle spielt („le sang circule donc d’arriere en avant dans les vaisseaux lateraux, probablement pousse par les contractions peristaltiques de l’organe de MoRREN“ . . . CoMBAULT, 28e), ist schwer zu behaupten. Nach ComBAuLr ist diese Drüse nichts anderes als „branchies internes“ (ähnlich dem, was BEDDARD über Eudrilidendrüsen bemerkt hat); ihrer Herkunft nach ist sie wahrscheinlich mesodermalen Ursprungs: „L’histologie de l’adulte et de l’embryon me semble montrer que le tison de glandes de MoRrREN est d’origine mesodermique vasculaire.“ Die mesodermale Herkunft der Kalkdrüsen will ich vorläufig beiseite lassen, da ich hoffe, sie in der nächsten Arbeit an Hand sehr reichen Materials eingehend bearbeiten zu können; in erwachsenem Zustande zeigt Drüsenzeller Darmepithel | > : zp Sync a N ZN 2 ag Sa aa N F N "Bindegewebe 3 , x / "5 “. Muskelschicht Bit Hohliinum sd Dre Fig. 14. Der feinere Bau der MorRENschen Drüse. Fig. 15. Schema der Blutzirkulation in der Region der MoRRENschen Drüse M Magen, 7, II, III, IV Lappen der Kalkdrüsen, vd Rückengefäß, vn Bauchgefäß, Ca,—Ca, „branches afferentes“ zu den Kalkdrüsen, vit Vas dorso-extraoesophageale (V. l’intestino-tegumentaire de JACQUET), 8s Blutsinus, S,—s, Vasa zu den Geschlechtsorganen, Ce,—Ce, „branches efferentes“, Ci Ast der V. dorso-extraoesophageale (branche t@gumentaire), v‘i’t‘ Vas dorso-extra- oesophageale, cl,—cl, Seitenherzen (Pericorda). (Nach COMBAULT.) * Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 323 aber die Drüse stark ausgeprägten vaskulierenden Charakter, wie es die Abbildung erklärt (Textfig. 14). Ein Schema (von Comsausr) kann also die Blutzirkulation in dieser Körperregion so illustrieren, wie es Textfig. 15 zeigt, nur hat ComBAuLr einige topographische Verhältnisse etwas geändert. Der histologische Bau der Gefäße bei höheren Oligochäten. Eisenia foetida. Was die Histologie des Blutgefäßsystems der Lumbriciden betrifft, so herrscht bis jetzt volle Verwirrung, wenn auch seit 50 Jahren auf diesem Gebiete (hauptsächlich in bezug auf das Rückengefäß) immer gearbeitet wurde. Und doch sind die ersten Angaben, welche wir LeypıqG (67) zu verdanken haben, richtig geblieben, wenn man, natürlich, unter Adventitia die äußere Peritonealumhüllung verstehen will. Ray LANKESTER (66) sagt wenig über die histologischen Verhältnisse, wenn auch dieser Autor behauptet: „The vessels .. . may be considered as possessing an internal tunic of more or less modified connective tissue; between these two are longitudinal and transverse muscular fibres, in some of the smaller as in the large vessels.“ Fast zu denselben Resultaten ist auch PERRIER (84/5) gelangt, wenn er in den kontraktilen Ampullen des Rückengefäßes und in den Herzen eine äußere Ringmuskelschicht und eine innere diskontinuierliche Längs- muskelschicht beschrieben hat. Auch VogT und Jung (123): „Les vaisseaux sanguins ont une double paroi conjunctive (intima et ad- ventitia de LEYDıG), renfermant de nombreux noyaux qui se colorent vivement dans les r&actifs. Dans les portions contractiles s’intercalent entre ces deux lamelles une couche interne de muscles longitudinaux et une couche de fibrilles musculaires. L’intima ou lamelle conjonctive interne se plisse en certains points et constitue cä et la des sortes de valvules, mais nous n’avons pas r&ussi ä en constater l’existence d’une maniere certaine.“ Bisher ist noch keine Rede über Endo- thel — nur VEJDoVskY in seinen Untersuchungen findet, daß „das Lumen des Rückengefäßes wird von einer epithelartigen Lage ausgestattet, deren Elemente an gut tingierten Präparaten runde, 0,001 mm große Kerne und feine Membranen erkennen lassen.“ Die Existenz von Endothel wurde von BEDDARD (3/4) noch stärker betont, da er (für Phreodrilus und Phreoryctes) ein Würfel- epithel abgebildet hat; und sogar in neuerer Zeit hat JoRHNSToN (59) ' das Endothel beobachtet (bei Lumbriciden): „The wall of the 324 Stefan Sterling, dorsal vessel consists of a lining endotheliums of very thin cells whose nuclei alone are usually visible; a connective tissue layer containing a few longitudinal (muscle?) fibers, and a well developed layer of circular muscle fibres.. Outside these are chloragogue cells“; ja, „the subneural consists of only the endothelium and con- nective tissue layer, outside of which is the sheath of the nerve cord. This is the structure of the lateral neurals also, and of all the smaller vessels.“ Noch vor den JoHnsTonschen Untersuchungen, um die Frage der Endothelexistenz zu entscheiden, hat BERGH (8) die Versilberungsmethode angewandt, deren schon früher EBERTH, p’ArcY POWER und JOURDAN sich bedient hatten. Wenn einerseits BERGH viel interessante und wichtige Tatsachen dargestellt hat, so hat er doch wieder Konfusion in bezug auf den Bau des Blut- gefäßsystems hineingebracht. Ueber Intima sagt er: „Die innere homogene Membran ist sowohl bei Betrachtung der optischen Längs- schnitte wie beim Untersuchen wirklicher Quer- und Längsschnitte außerordentlich deutlich erkennbar und von relativ bedeutender Mächtigkeit. Durch die Van GIEson-Hansensche Färbung mit Hämatoxylin-Säurefuchsin-Pikrinsäure erscheint sie, wie die Grund- substanz des Bindegewebes überhaupt, scharf rot, während die ihr anliegenden Muskelfasern schön gelb hervortreten (Fig. 6, 7 u. 8). Sie erscheint oft in Falten gelegt, und sie steht, jedenfalls in dem vorderen, mächtiger entwickelten Abschnitt des Rückengefäßes mit äußeren Bindegewebsschichten innerhalb des Peritoneuus durch Längssepta in Verbindung, was sehr deutlich in Fig. 6 hervortritt: man sieht in diesem Schnitt verschiedene solche quer durch- schnittene Septa, welche die homogene Leypissche Intima mit einer äußeren dicht innerhalb des Peritonealepithels gelegenen Bindegewebslamelle verbinden; in den von den Septa umgebenen Räumen erblickt man mehrere Kerne von Bindegewebszellen. Ebenso ersieht man aus Fig. 7, wie die bindegewebige Grundmembran eines Dissepiments in die Innenmembran des Rückengefäßes sich unmittelbar fortsetzt. Diesem ganzen anatomischen und chemischen Verhalten nach kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß die Leypiıssche Intima als eine verdichtete Bindegewebsmembran zu betrachten ist; sie verdankt wohl jedenfalls den Bindegewebszellen ihren Ursprung.“ Auch GunGL (44) nimmt in den Gefäßen „eine nach innen wie nach außen scharf konturierte Bindegewebsmembran“ an, aber er fügt noch zu: „Gegen das Lumen zu -sitzen lang- gestreckte Bildungszellen an, die jedoch nie eine epithelartige Auskleidung bilden, da ihre Zellleiber nicht zusammenstoßen.“ Ne N Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 325 Ueber diese Zellen sagt BErGH nichts, er behauptet nur: „was die Autoren sonst als „Endothel“ beschrieben, ist weiter nichts als einige der homogenen Membran innen anliegende Kerne. Dieselben sind aber — wie schon LevvıG in seiner Histologie (1857) richtig aussprach — weiter nichts als Kerne adhärierender Blutkörperchen.“ Dieser Intima liegt nach außen ein Bindegewebe auf, das von seinen eigenen Zellen gebildet wird, und in dies Bindegewebe sind spezielle Muskelzellen (Wandungszellen, K. K. SCHNEIDER, 1902, 114, p. 424), welche die dicke und gewöhnlich schön ausgebildete Ringmuskulatur liefern, eingelagert. Im Bauchgefäße (und in anderen Gefäßen) wird die Intima und das Bindegewebe sehr stark, die Muskulatur dagegen unterliegt im Vergleich mit der vom Rückengefäß einer starken Reduktion. Ueber die Längs- muskulatur sagt BERGH: „Was verschiedene Autoren (Ray LaAn- KESTER, PERRIER, VOGT und Jung) als innere Längsmuskeln dieser Gefäße beschrieben haben, sind keine solchen; diese Angaben beruhen einfach auf Täuschungen, indem die Autoren durch die an der Intima zu beobachtende Längsstreifung sich haben irre führen lassen. In der Tat tritt eine solche oft mit großer Deut- lichkeit hervor (Fig. 1 unten); indessen beruht diese Streifung teils auf Falten der Membran, teils auf den soeben erwähnten Längs- septa von Bindegewebsgrundsubstanz. Nirgends findet man wirk- liche Längsmuskeln ....“ Und bei der Zusammenfassung seiner Ergebnisse betont er noch einmal: „von der von mehreren Autoren behaupteten Existenz von Längsmuskeln in den kontraktilen Ge- fäßen ist nirgendwo die Rede.“ Auch Gunst stellt das Vorhanden- sein der Längsmuskulatur im Rückengefäße in Abrede. „In diesen Falten (der Intima)“, sagt er, „lassen sich an der Außenseite der Intima Fasern nachweisen, die sich mit Eisenhämatoxylin schwärzen und ihrem Verhalten nach Längsmuskelfasern entsprechen“, aber einige Zeilen weiter spricht er: „Ich bin wie BErRGH der Meinung, daß das, was verschiedene Autoren (RAY LANKESTER, PERRIER, VoGT und Jung), als Längsmuskulatur beschrieben haben, nichts anderes war, als die Intimafalten. Auch an den von mir gesehenen Fasern konnte ich direkt keine Kerne sehen, doch scheint es mir, als ob Muskelzellen, die zwischen denen der Ringmuskulatur liegen, zu ihnen in Beziehung stünden.“ Alles, was BERGH über die Intima sagt, ist vollständig richtig, nur muß ich bemerken, daß die Längssepta, welche die Intima mit dem äußeren Bindegewebe in Verbindung setzen, gar nicht so häufig sind, wie es aus der Bersuschen Beschreibung scheinen 326 Stefan Sterling, könnte ; manchmal kommen sie gar nicht zum Vorschein. Diese Intima tritt als mit Van GIESON intensiv rot sich färbende homogene Schicht hervor (Fig. 75, 76, 79, 81 u. 82), welche einmal eine größere, einmal eine geringere Dicke besitzt. In Fig. 75, welche dem Darmgefäß- netzteile entspricht, sieht man sie sehr stark gebildet; besonders kräftig ist sie an der äußeren, den Muskelfasern zugewandten Seite; an der inneren, dem Darmepithel anliegenden Seite ist sie schwach und zart. In Fig. 76 sehen wir im Gegenteil, daß sie fast überall gleichmäßig ausgebildet und ziemlich dünn ist. In Fig. 79, 81 u. 82, welche die Rückengefäßwandungen im Querschnitt darstellen sollen, ist sie verhältnismäßig kräftig, und auf Fig. 81 u. 82 in kleine Falten gelegt. Der Intima liegen von innen die Zellen an. Daß man wirklich irren und an Endothel denken kann, ist nichts Wunderbares, wenn man z. B. so einen Schnitt — wie die im Text gegebene Fig. IV (Textfig. 16) darstellt — betrachten und herausgreifen will, ohne dabei der Schnittfolge Aufmerksamkeit zu widmen. Betrachtet man aber Schnitt um Schnitt, so sieht man, daß diese Zellen den Klappen angehören (was schon BERGH richtig bemerkt hat: „Nur in der Region der Klappen kommen innerhalb derselben [Levpısscher Intima] Zellen vor; eine innere Epithel- oder Endothelschicht existiert nicht“). Ich habe 5 Schnitte ab- - gebildet, welche zeigen können, wie die Zellenzahl allmählich zu- nimmt und das Gefäßlumen immer größer wird. Im Stadium I (Text- fig. 16) finden wir nur 3 Zellen, während im Stadium V das Gefäß mit Zellen ganz wie ausgestopft ist. Aber nicht um solche Zellen handelt es sich. In allen größeren Gefäßen (Kapillaren habe ich nicht untersucht) finden sich an den Gefäßwandungen Kerne, welche den Intimabildungszellen nach Gun@gL angehören sollen. Diese Kerne sind viel kleiner als die umgebenden Bindegewebszellen, färben sich viel intensiver als diese, haben auch nicht so dicke äußere Membran wie die letzteren (vielleicht scheint diese Membran feiner zu sein im Vergleich zu dem dunkel sich färbenden Kern- körper, während bei den Bindegewebskernen der Kernkörper ziem- lich hell ist und die Nukleolen scharf hervortreten). Nachdem ick die Anwesenheit und die Lage dieser Kerne in allen größeren Gefäßen sehr sorgfältig revidiert habe und dabei diese Kerne nicht vereinzelt, sondern zu zwei, drei und sogar mehr auch in der Mitte des Gefäßlumens im Blute flottierend gesehen habe (wenn auch VEJDOVSKY behauptet, „daß die vermeintlichen Blutkörperchen nur dicht an der innersten Gefäßschicht anliegen sollten, während man sie in der Blutflüssigkeit selbst nicht findet“), bin ich eher geneigt, m a a u en Br ei an TE Ans eh 327 =] © >» 8 Be oO [e) tet) Eis! (ee) - © Le) = © > an > mn = { © &n D-] = A an ES} A sie für adhärierende Blutzellen, welche aus den mesenchymatösen Elementen während der Ontogenese entstanden sind, als für die fest der Membran anliegenden Intimabildungszell "natürlich desselben Ursprungs sein müßten) anzusehen. en (welche Ich habe noch das Bauchgefäß vom Lumbricus herculeus, bei welchem es e "IJyaTgosu93osR1o[g) 9 “anyepnyenu -Söug] 7 ‘nyerngsnwdurg ww “(usddepy} Iop uo][oZz HOyyorzuM Ur) uodorue usuur uoA swıgu] dep aıp ‘uafpz 22 “suryuf 2 ‘uosse[od ayyrugdg g A—AT UOYosInz “uassB[ad aTuyog g AT—IIT UOYosımz “uassefod ayuyog Z LIT—II uoyostmz ‘TOpusuwmydsu 77—7 (NOSAIH NVA -UNBIBURH-IANTALT) 9LIOS uagppsıop snw ayyıuyog G 'OT "ZId 328 Stefan Sterling, zur bedeutenden Größe gelangt, untersucht und fand im Lumen des Gefäßes eine große Anzahl von diesen Zellen (manchmal bis 15); es sind zwei Arten von Kernen zu unterscheiden: solche, die den an den Gefäßwandungen ansitzenden sowohl in Gestalt als auch in cytologischer Struktur ganz ähnlich sind, und andere, die viel größer, heller, mit deutlicheren Nukleolen versehen sind. Die Intima ist bei Lumbricus herceuleus ganz scharf gegen das Gefäßlumen konturiert, so daß man sich leicht überzeugen kann: die Kerne sind nichts anderes als die der Intima anliegenden Blutzellen. Auf der Quermuskulatur erstreckt sich eine schwache Schicht der Längsmuskelfasern, welche wie Ringmuskeln in dem Bindegewebe eingebettet sind. Dieser Intima liegt nach außen — wie schon oben erwähnt wurde — ein Bindegewebe auf, welches im Bauchgefäße und in anderen Gefäßen sehr stark wird; die Ringmuskelschicht dagegen, welche in dieses Bindegewebe eingelagert ist, unterliegt — das Vas dorsale ausgenommen — einer starken Reduktion. Ich muß aber gestehen, daß im Rückengefäße die Ringmuskulatur viel mächtiger entwickelt ist, als sie GUnGL in seiner Arbeit abgebildet hat: es sind keine vereinzelten Zellen mit Muskelfasern (seine Fig. 6 u. 8), sondern mächtige Bänder, wie wir es in der Textfigur überall oder in den Figg. 79, 831 u. 82, welche Rückengefäßteile im Quer- schnitte darstellen, sehen. In Fig. 79 liegen der nicht gefalteten Intima die Ringmuskelfasern einfach an, nur an einer Stelle sieht man einen quer durchschnittenen Muskel; in Fig. 81 u. 82 ist aber die Intima abgehoben und gefaltet und die Muskelschichten kommen noch deutlicher zum Vorschein, und zwar der Intima liegt direkt eine Längsmuskelfaserschicht an, noch mehr nach außen die Ringmuskulatur, endlich kommt das Chloragogen. Die zu den Ringmuskelzellen gehörenden Kerne sind auch nicht in so großer Zahl zu treffen, wie es bei GunGL dargestellt wurde; sehr selten kann man auch die Sakoplasmen von Längsmuskel- fasern beobachten: in Fig. 80 ist ein kleines Stückchen des Rücken- gefäßquerschnittes abgebildet, wo der Intima zwei Längsmuskel- fasern mit deutlichen Kernen anliegen; es ist also nach alldem gar nicht zu bezweifeln, daß die Längsmuskeln — contra viele Autoren — im Rückengefäße existieren, und das Entstehen dieser Elemente wird in einer anderen Arbeit bei anderen Verhältnissen erklärt. Und gerade auf den Präparaten, die mit Eisenhämatoxylin-Eosin gefärbt sind, sind sie so evident, daß man kaum zweifeln kann, es handle sich um Muskeln — das hat ja doch Gungu selbst beobachtet; m Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 329 ebenso deutlich sind sie auf den Präparaten, die mit der so oft von BERGH gebrauchten Van Gresonschen Methode tingiert wurden. Weshalb sie BErGus Aufmerksamkeit entgangen sind, kann ich nicht sagen. Vielleicht war auch hier etwas ähnliches im Spiel, wie im Falle der Muskulatur des Bauchgefäßes, wo BERGH sagt: „die bandartigen Gebilde färben sich bei Anwendung der Van GIESON-HAansenschen Methode ganz hellrosa, sind also wohl nicht protoplasmatischer Natur, wie auch ihrem morphologischen Ver- halten nach kaum zu vermuten wäre“; und doch fand HESCHELER im Gegenteil: „in allen Fällen färbten sich diese bandförmigen Elemente deutlich intensiv gelb. Sie verhielten sich genau so wie die unzweifelhaften Muskelfasern“. Mit Van GIEson ruft die kleinste Verlängerung der Reaktionszeit — manchmal um einige Sekunden -- ganz andere Resultate hervor und die gewünschte Differenzierung kommt nicht zustande („es wird nämlich alles rot“, wie es ganz richtig VEJDOVSKY bemerkt hat); natürlich muß diese Zeitdauer jedesmal ausprobiert werden, da sie von sehr vielen technischen Bedingungen abhängig ist. Tatsache ist aber, daß auf den mit VAn GIESoN gefärbten und gelungenen Präparaten die Längsmuskulatur so deutlich wie die Ringmuskulatur hervortritt. Am besten ist sie da zu sehen, wo sich die Intima von der Gefäß- wandung abgehoben hat, wie es auf der Fig. 81 u. 82, die schon oben besprochen wurden, abgebildet ist; da kann man gar nicht zweifeln, daß es sich um keine Intimafalten handelt, sondern um wirkliche Muskelelemente, welche schon mit schwacher Vergrößerung der Farbe nach zu beobachten sind. Demnach besteht das Rücken- gefäß seinem histologischen Bau nach aus: Intima, Längsmuskel- schicht, Ringmuskelschicht, Bindegewebe und Chloragogen. Diese Reihenfolge kann manchmal dadurch etwas geändert werden, daß an gewissen Stellen, wo die Längsmuskeln fehlen oder selten sind, die Ringmuskulatur direkt der Intima anliegen kann. Auch im Bauchgefäße — wenn nur die Längsmuskulatur existiert — ist die Muskelschichtenfolge umgekehrt als im Rückengefäße: hier liegt der Intima die Ringmuskulatur direkt an, nach außen findet man einzelne Längsmuskelfasern. In Fig. 77 ist ein Querschnitt von einem Bauchgefäße reproduziert: im Innern sieht man eine sehr dünne Intima, besonders an der Stelle, wo der Intima kein Blut anliegt, nur daß diese Präparate, mit HEIDenHAIn-Hämatoxylin ge- färbt, für das Studium der Intima überhaupt nicht vorteilhaft sind; der Intima liegt nach außen Ringmuskulatur an, welche gewöhnlich aus zwei, selten aus drei Schichten besteht; dann sieht man der ” 330 Stefan Sterling, Ringmuskulatur die Längsmuskelfasern anzuliegen (auf unserer Figur in der Zahl 3); die äußere Bekleidung wird wieder aus Peritonealzellen gebildet. In anderen Gefäßen fehlt die Längs- muskulatur vollständig. Die Histologie der Klappenzellen wollen wir hier beiseite lassen, da sie schon am anderen Orte besprochen wurde, hier ist nur zu erwähnen, daß die Klappenzellen mit den Muskeln nichts zu tun haben, trotz der VEJDovskYschen Behauptung, er hätte keinen Grund, zu bezweifeln, daß die Klappen aus wirklichen Muskelzellen bestehen, daß sie also eigentlich spezielle Muskel- bündel vorstellen. Die Klappen sind nur als passiv wirkende Organe aufzufassen. Die Zusammenfassung der Resultate für die Histologie des Gefäßsystems der höheren Oligochäten wollen wir erst nach der Betrachtung des zweiten Repräsentanten — Pheretima rodericensis — anführen. Pheretima rodericensis (GRUBE). (Perichaeta v. GRUBE; Megascolex v. VAILLANT; P. monilicystis MICHAELSEN). Im allgemeinen ist das Gefäßsystem bei dieser Form ungefähr gleich dem von Eisenia (Allolobophora). Nur haben wir es hier mit einem wohlentwickelten Darmblutsinus zu tun, welcher sich als das Darmgefäßnetz gestaltet, indem er in einzelne längs- und ringsverlaufende Kanäle, die untereinander kommunizieren, abge- teilt ist. Dann stellen das Bauchgefäß und das Rückengefäß, welch letzteres in den vorderen Körpersegmenten viel schlanker als in postgenitalen Abschnitten ist und dessen Schichten in den Gefäß- wandungen einfacher gebaut sind als weiter nach hinten, die wichtigste Komponente dar. Was den Darmblutsinus anbetrifft, so muß ich gestehen, daß ich eine dem Darmepithel anliegende Membran beobachtet habe, die, wie immer, sich mit VAn GIEson hellrosa färbt und ganz strukturlos ist; dagegen konnte ich kein Vasothel finden — wie überall, auch hier findet man selten nur vereinzelte Kerne; ich halte sie, wie immer, für Blutkörperchen. — Auch im Rückengefäß muß ich das Vorhandensein einer — manchmal kräftigen — In- tima annehmen. In seiner Fig. 67 gibt VEIDVOSKY einen Quadrant des Querschnittes von dem Rückengefäß aus einem postgenitalen Segmente. Hier sieht man die Gruppen der Längsmuskelfasern M Ö Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 3al förmliche Kästchen bilden (‚wie die Längsmuskeln des Leibes- schlauches“). In Wirklichkeit scheinen bei der in die vielen Falten sich legenden Intima die Längsmuskeln wie in die letztere ein- gebettet zu sein (was auch bei Eisenia zu sehen ist. Ueberhaupt bekommt, man solche Bilder bei der ungenügenden Fixierung, wie z. B. mit Chromsublimat). — Auch hier sehen wir angeklebte Blut- körperchen, welche VEJDovVskYschen Sarkoplasmen dieser Muskel- kästchen entsprechen. „Die Kerne liegen so dicht nebeneinander, daß es scheint, als ob hier eine selbständige Epithelmembran vor- handen wäre, namentlich, wenn sie sich von der Muskulatur ab- hebt, oder bei der Koagulation des Blutes dem letzteren adhäriert.‘ Und in so großer Anzahl sind sie auch auf der Abbildung dar- gestellt; in Wirklichkeit aber habe ich auf einem Querschnitt, welcher ungefähr so viele Längsmuskelkästchen besitzt als in der Abbildung angegeben sind, nur zwei solche Kerne gefunden; ähn- liches auf anderen Schnitten. Auch gehören diese Kerne nicht den Kästchen, sondern hängen der scharf konturierten Intima deutlich an. Am besten sieht man dieses ganze Verhalten auf der Fig. 83, wo die Intima streng gefaltet bleibt — das Präparat ist, wie das VEJDOVSKYs, mit Eisenhämatoxylin gefärbt und zeigt über- zeugend die (nur ziemlich schwach entwickelte) Längsmuskulatur nach außen von der kräftigen Intima liegend; hier kann von Kästchen keine Rede sein. In anderen Fällen ist diese Intima viel schwächer ausgebildet, wie man es am Querschnitt aus der vorderen und hinteren Körperregion ersehen kannt). Die Ring- muskelschicht, welche sich aus einigen Schichten zusammensetzt, ist in eine deutlich fädige, kräftig ausgebildete (Fig. 83) Binde- substanz eingebettet. In dieser Bindesubstanz kommen selten große, mit ausgeprägten Nukleolen, schwach sich färbende, rundliche ‘Kerne mit schöner fädiger Struktur vor; nach außen ist das Binde- gewebe von einer schon von VEJDOVSKY beschriebenen homogenen Substanz begrenzt, welche aber nicht „immer farblos‘ bleibt und dadurch ‚offenbar der Elastica der Vertebratengefäße“ entspricht, sondern sich lilarot färbt, etwas heller als die Intima, immerhin aber in demselben Grundton wie die ganze Bindesubstanz event. 1) Unsere Abbildungen zeigen große Aehnlichkeit mit dem auf der Fig. 5 bei Gumpo Schneider (113) abgebildeten Rückengefäß einer jungen Perichaeta. Leider hat der Autor nicht angegeben, ob es sich um die Ringmuskulatur, die in das Bindegewebe ein- gebettet ist, handelt und ob die schwarzen Pünktchen Querschnitte der Längsmuskelfasern sein sollen. ” | 332 Stefan Sterling, das Bindegewebe. (Die Orceinfärbung für die Elastica gibt keine entsprechenden Resultate.) Dieser Membran liegt die Peritoneal- schicht, d. h. die Chloragogenzellen, in geringer Anzahl an. Es ist noch zu beachten, daß im Lumen des Gefäßes viele Kerne (Fig. 84) zu treffen sind. Das Bauchgefäß zeigt — wie schon erwähnt — dieselben histologischen Verhältnisse, wie das Rückengefäß, mit dem Unter- schied, daß die Ringmuskulatur die innere, der Intima anliegende, die Längsmuskulatur die äußere Muskelschicht (Fig. 86) darstellt. In den hinteren Segmenten fehlt die Bindesubstanz total (Fig. 86), in den vorderen dagegen ist sie gleich stark, wie beim Rücken- gefäß, ausgebildet (Fig. 85). Die Peritonealschicht gleicht der vom Rückengefäß. Die Blutkörperchen sind im Bauchgefäß nicht nur an den Gefäßwandungen, sondern auch im Lumen selbst wahrzunehmen. Was die anderen Gefäße anbetrifft, so konnte ich — bis zu den Kapillaren — überall eine deutliche Intima konstatieren; auf den größeren Gefäßen war auch die Bindesubstanz mit den charakteristischen Kernen wahrzunehmen; auf den extraoeso- phagealen paarigen Gefäßen ist auch eine dünne Ringmuskulatur zu beobachten. Ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei Pheretima, hat VEJDOVSKY auch bei Dendrobaena octaedra gefunden. Die Schichten der Herz- kammern bestehen aus einer äußeren Chloragogenschicht, darunter einer Ringmuskelfaserschicht und intravasaler Längsmuskelschicht. Dasselbe gilt für das Rückengefäß (nur kommt die Chloragogenschicht nicht überall zum Vorschein) — „die innere Ausstattung des Rückengefäßes bildet einzig und allein nur die Längsmuskelschicht“, auch hier sind die Muskelkästchen, welche durch Intermuskular- substanz getrennt sind, deutlich, aber eine Intima kommt nicht vor, „indessen in den dilatierten Abschnitten erscheint das Gefäß wie mit einer scharf umschriebenen, scheinbar gezackten Cuticula — kurz als die „Intima“ Leypiss. — Aber die Einkerbungen der vermeintlichen Cuticula lassen bei der sorgfältigeren Betrachtung mit starken Vergrößerungen vermuten, daß hier Verdickungen vor- ei | > h liegen, welche nur als Querschnitte der Muskelfasern zu denken ° sind‘‘“ Auch bei Dendrobaena gibt es keine Intima (nach VEJDOVSKY) — also eine „bindegewebige, scharf konturierte In- tima existiert überhaupt nicht“. Ich bedauere, daß ich diese An- gabe bestreiten muß, denn diese Intima kommt auf den gelungenen und gut mit Van GIEson gefärbten Präparaten schön und leicht zum Vorschein, obwohl man „sie doch mit keiner der modernen 1 [2 See nn pe m fe mn AL q : Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 333 Untersuchungsmethoden nachzuweisen vermag“. — Diese so oft von VEJDOVSkY erwähnte „grüne Intermuskularsubstanz‘“ (der Längsmuskelfasern) ist eben diese Intima; wenn aber BERGH auch in den Längsmuskeln die Intimafalten sehen wollte, so will VEJDOVSKY in keiner Weise wirkliche Intimafalten anerkennen und sie von deu Längsmuskelfasern unterscheiden. — Näheres wurde schon oben angegeben. In den Wandungen des Bauchgefäßes vom Dendrobaena finden wir denselben Bau wie bei Pheretima, d. h. die Peritonealschicht, Längsmuskelfasern, Quermuskulatur und Vasothelschicht (VeJ- DOVSKY). (Auch hier handelt es sich wahrscheinlich um die der Intima anliegenden Blutkörperchen.) Ich muß noch bemerken, daß ich die Existenz einer Bindesubstanz, welche VEJDOVSKY so stark gegen BERGH bestreitet, nicht verneinen kann; VEJDOVSKY nimmt ja doch eine Intermuskularsubstanz (der Ringmuskelfasern) an, und sie ist manchmal sogar sehr kräftig entwickelt (vergl. Fig. 83); da sie aber auch Kerne besitzt und fädige Struktur auf- weist und sich mit Orcein nicht charakteristisch färbt, so bin ich geneigt, diese Substanz als Bindegewebe anzusehen. Uebrigens hat VEJDoVskY selbst auf seiner Fig. 67 (auch 68 u. a.) diese „Intermuskularsubstanz‘‘ sehr schön dargestellt. Resumieren wir in kurzen Worten die wichtigsten Resul- tate für die höheren Oligochäten: 1) Wo der Darmblutsinus vorhanden ist, ist er mit einer Membran (Basalmembran) ausgekleidet; es ist kein Vasothel wahr- zunehmen. Wo sich statt des Sinus ein Gefäßnetz ausgebildet hat, besitzen die Gefäße dieselben Wandungen wie andere Blutsystem- komponenten. 2) Das (kontraktile) Rückengefäß ist mit einer Intima aus- gekleidet, der oft die Blutkörperchen anliegen (diese Blutkörper- chen können auch im Lumen des Gefäßes sich befinden). Der Intima liegt die Längsmuskelschicht an, weiter nach außen folgt die Ringmuskelschicht, die äußere Begrenzung bildet die Peritoneal- schicht (Chloragogen). Der Bau der Seitenherzen ist derselbe, so können nur quanti- tative Unterschiede in bezug auf die Muskelschichten in Betracht kommen. 3) Das (sehr wenig kontraktile) Bauchgefäß ist auch mit einer Intima ausgestattet (welcher Blutkörperchen anliegen können), auf welcher eine kräftige Ringmuskelschicht gelagert ist. Bei einigen Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 22 ” 334 Stefan Sterling, Arten existiert auch eine schwach ausgebildete äußere Längs- muskelschicht. 4) Wie im Rückengefäß, so auch im Bauchgefäß (und in allen größeren Gefäßen, wo nur die Muskulatur vorkommt) ist die Mus- kulatur in eine Bindegewebeschicht eingebettet, welche manchmal sehr kräftig entwickelt ist, manchmal aber vollständig fehlt. 5) Alle anderen Gefäße besitzen die innere Membran (Intima), bei größeren (V. subneurale, Vasa dorsoextraoesophagalia) findet man auch eine Ringmuskelschicht in das Bindegewebe eingelagert. 6) In den Gefäßen gibt es kein Vasothel; es sind nur in allen größeren Gefäßen die Blutkörperchen, die an den Gefäß- wandungen sitzen bleiben oder sich im Gefäßlumen selbst finden. Vergleiche mit Hirudineen. Die große Verwirrung, welche bisher in bezug auf die Topo- graphie des Blutgefäßsystems bei Hirudineen herrschte, wurde durch die Annahme verursacht, daß das Leibeshöhlensystem und der Zirkulationsapparat in engem Zusammenhange stehen. Erst in der letzten Zeit hat OkA (83) ganz entschieden eine Kommuni- kation zwischen den beiden Systemen abgewiesen und sogar die lateralen gefäßartigen Lakunen (bei Ichtyobdelliden) dem Lakunen- system zugerechnet. Demnach besteht der Zirkulationsapparat bei Hirudineen nur aus zwei Gefäßen: einem dorsalen und einem ventralen. Dies entspricht auch den embryologischen Befunden, nach welchen „les deux vaisseaux apparaissent sous forme de deux cordons cellulaires pleins etc.“ (NusBAum!) oder durch das Zu- sammenschmelzen spezieller Mesodermzellen, sogen. Cardioblasten (BÜRGER [22]). Auch der histologische Bau wurde infolge einer falschen Orientierung unrichtig aufgefaßt; noch OrA behauptet, daß die Wandung des Gefäßes da, wo es frei in einer Lakune liegt, aus zwei Schichten bestehe, einer äußeren bindegewebigen und einer inneren epithelialen, „während an solchen Stellen, wo das Gefäß der Bindegewebsmasse eingelagert ist, die erste Schicht natürlich wegfällt“. Erst ARNESEN (1) hat die richtigen, wenn auch unvollkommenen Angaben von JOHANSSON bestätigt. Sie sagt namentlich: „Die Wandung der Gefäße besteht aus einer inneren muskulösen und einer mittleren bindegewebigen Schicht, welche nach außen von Cölomepithel (cellules acides, KOWALEWSKY) 1) Nussaum, J., Recherches sur l’organog&nese des Hirudinees. Arch. slave de Biologie 1886. Ts Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 335 bekleidet ist.“ „Die Muskelschicht besteht aus Muskelzellen von ursprünglich demselben Typus wie diejenigen im übrigen Körper, d. h. aus großen, röhren- oder spindelförmigen Zellen mit einer dicken protoplasmatischen Achse und einer verhältnismäßig dünnen Rindenschicht von kontraktiler Substanz. Die Protoplasmaachse besteht (wie bei den Zellen der übrigen Körpermuskulatur) aus sehr feinen körnig-faserigen Längsfäden. Die kontraktile Substanz bildet auf dem Querschnitt dichtstehende feine Leisten, welche von der Peripherie eine kurze Strecke radiär gegen das Zentrum hineinstrahlen. Der rundliche oder ovale Kern ist sehr groß und hat einen meist länglichen, oft gastrulaförmig eingestülpten, sehr bedeutenden Nucleolus, welcher etwas exzentrisch gelegen ist. Der Kern liegt in der Regel in der Mitte der Zelle, welcher Teil ge- wöhnlich sehr angeschwollen ist und weit ins Lumen des Gefäßes hineinreicht.‘“ „Was Leyvıa als „innere, scharf konturierte Mem- bran“ und LEUCKART als „eine scharf gezeichnete Tunica propria“ bezeichneten, scheint mir nach meinen Untersuchungen nichts anderes, als die kontraktile Rindenschicht der Muskelzellen selbst zu sein.“ „Es ist mir mit den verschieden angewandten Reagentien nicht möglich gewesen, ein Epithelium (d. h. Endo- thelium) nachzuweisen.“ Durch die Untersuchungen von ARNESEN schien die Endothelfrage bei Hirudineen vollständig ge- löst zu sein. Doch ist VEJDoVsKY (120) noch einmal auf sie zurück- gekommen, da er ausdrücklich sagt: „Kurzum, im Bau der Gefäße stimmen die Glossiphonien mit ÖOligochäten in bezug auf die äußere Ringmuskelschicht und die innere Myoblastenlage überein.“ Diese Myoblastenlage soll die innere Ausstattung sein und „konnte leicht zur Ansicht von OkA u. s. w. führen, daß innerhalb des Rücken- gefäßes der Glossiphonien ein Endothel existiert.“ „Die Muskel- zellen werden von ARNESEN in übereinstimmender Weise dargestellt, wie ich schon angegeben habe.“ Die bindegewebige Schicht konnte VEJDOVskY an seinen Präparaten nicht direkt nachweisen. Um die Frage des Endothels noch einmal zu revidieren, habe ich eine große Anzahl von Präparaten!) von Rhynchobdelliden (Pontobdella mur., Branchellion torped., Piscicola geometr. und _ Clepsine sexoc.) durchmustert, doch niemals ist es mir gelungen, | ein Endothel zu beobachten. Die Zellen, welche nach ARNESEN | „ein Epithelium vortäuschen könnten“, kommen so selten zum \ 1) Die Präparate, die mir in freundlicher Weise von H. Des Arıs zur Verfügung gestellt wurden, sind mit Hämatoxylin (event. , Hämalaun) van Gizson, Eisenhämatoxylin, Hämatein-ArArnv, Rubin- rot etc. gefärbt. ” 22 * 336 Stefan Sterling, Vorschein, daß sie in keiner Weise als Endothelzellen aufgefaßt werden dürfen. Weder auf den Längsschnitten, noch auf den Querschnitten sind solche Bilder, wie es VEJDOVSKY in Fig. 94 a u. b dargestellt hat, zu beobachten. Die Wandungen der Ge- fäße bestehen immer aus einer Muscularis und oft aus einer ihr nach außen anliegenden bindegewebigen Schicht; die letztere fehlt aber — besonders am Bauchgefäße — sehr häufig vollständig. Die Muskelzellen sind von ARNESEN ausgezeichnet beschrieben, nur könnte man vielleicht noch zufügen, daß die Muskelfasern nicht nur quer zur Gefäßachse stehen, sondern oft auch in der Längs- richtung des Gefäßes verlaufen, so daß man es mit einem Faser- geflecht zu tun hat. Die Muskelzellen der Gefäße (das Bauchgefäß unterscheidet sich in bezug auf die Muscularis von dem Rücken- gefäß gar nicht) sind aber mit den Muskeln der gefäßartigen seit- lichen Lakunen bei Ichtyobdelliden (z. B. bei Pontobdella) nicht zu vergleichen: die muskulösen Elemente der lateralen Sinusen stellen kurze, ziemlich dünne Muskelfasern dar, die mit den Muskeln des übrigen Körpers keine Aehnlichkeit besitzen. Auch dieser Umstand spricht für die OkAsche Annahme, daß die lateralen Gefäße von Lakunennatur sind. — Es soll nur noch bemerkt werden, daß man in den Seitengefäßen an der inneren bindegewebigen Wandung oft große Zellen findet, die pseudopodienartige Fortsätze entsenden (Muskelfibrillen konnte ich in diesen letzteren nicht beobachten); diese Gebilde erinnern stark an die von VEJDOVSKY für Enchytraeiden beschriebenen verästelten Myoblasten. Auf nähere histologische Details können wir hier nicht ein- gehen (s. STERLING 114b). Theoretische Schlüsse. Aus den embryologischen Befunden, welche im ersten Teile der Arbeit besprochen und rekapituliert wurden, kann man auch gewisse theoretische Schlüsse ziehen. Das ganze Blutgefäßsystem ist als ein spezieller Hohlraum entstanden, nämlich entweder zwischen dem Darmepithel und der Splanchnopleura (für größere Gefäße) oder zwischen einzelnen Mesodermbestandteilen (für die Septal- gefäße). Alle Gefäßwandungen wie intravasale Gebilde sind ent- weder rein mesodermalen oder (sekundär-)mesenchymatischen Ur- sprungs. Das Hämocöl — wie man es aus dem Obengenannten schließen kann — hat mit dem Darmepithel eventuell mit dem Entoderm in seinem Entstehen wie in der Ausbildung der Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 337 Wandungen nichts zu tun, so daß es mit den von VEJDOVSKY aus- gesprochenen theoretischen Auffassungen (s. Einleitung) in keinen Einklang gebracht werden kann. In bezug auf die Gefäßlumina ist die Vermutung, es handle sich um einen Blastocölrest, für Oligo- chäten unzulässig. Allenfalls noch in bezug auf das Bauchgefäß und die lateralen Gefäße (das Rückengefäß) könnte man gewisse Anhaltspunkte dafür herausfinden, da die ganz ersten Stadien (also ob die Lücke schon, beim Wachsen der Mesodermstreifen vorhanden war oder erst sekundär durch Auseinanderweichen der anfänglich nahe aneinander liegenden Entoderm- und Mesoderm- schichten auftrat) nicht beobachtet werden konnten; ich halte den letzteren Bildungsmodus für wahrscheinlicher. Dagegen bleibt die Annahme für die Septalgefäße, daß sie einen Rest der Furchungs- höhle darstellen, nach der Art ihrer Entstehung ganz ausgeschlossen. Es wurde namentlich oben nachgewiesen, daß die Septalgefäße erst sekundär in Hohlräumen zwischen den Wandungen je zweier benachbarter Somiten nach ihrer Trennung voneinander entstanden sind. Also die Septalgefäße sind in keiner Weise als Blastocöl- reste aufzufassen. Da aber keine Gründe zu der Annahme vor- liegen, daß der eine Teil des Zirkulationsapparates auf eine, der andere auf ganz andere Weise entstanden sein sollte, so muß man sich das Gefäßsystem als einen Hohlraum sui generis vorstellen. HuxLey (55) hat diesen Hohlraum „Schizocöl“ genannt und seine Entstehungsweise so ausgedrückt: „A perivisceral cavity is formed by the splitting of the mesoblast.* Dieser Bildungsmodus ent- spricht den Verhältnissen, den man bei Oligochäten ontogenetisch begegnet; demnach ist das Blutgefäßsystem als spezieller Hohlraum, welcher für die Zirkulation bestimmt ist, aufzufassei. Natürlich ist auch in diesem Falle das Lumen der Gefäße das Primitive, ähnlich dem, was BürscaLı (23) für seine Blastocölhypothese an- nehmen mußte; erst nachher entstehen allmählich die Gefäß- wandungen, auch stellt das embryologische Blutsystem einen ein- heitlichen Hohlraum dar, welcher erst später sich allmählich differenziert. Nur ist dieser Hohlraum kein Rest der Furchungs- _ höhle, sondern eine sekundär entstandene Lücke. Zwischen Schizocöl und Cölom existiert keinerlei Zusammen- hang, was schon die Brüder HerrwıG (52) behaupteten, nur sind sie der Ansicht, daß die Leibeshöhle der Enterocölier „früher als das Blutgefäßsystem erscheint, daß das letztere sich unabhängig von ihr aus Spalten und Lücken des Mesenchyms entwickelt und daß die Anwesenheit von Kommunikationen zwischen beiden Hohl- raumsystemen bei den Arthropoden erst sekundär“ erworben wurde. ” 338 Stefan Sterling, Bei den Oligochäten aber ist ontogenetisch die Bauchgefäßlücke etwas früher entstanden als die Differenzierung der Mesoderm- streifen, d. h. die Spaltung der letzteren mit gleichzeitiger Cölom- bildung. Dieser Umstand spricht aber nicht gegen, sondern vielmehr für die ursprüngliche Unabhängigkeit der beiden Organi- sationsbestandteile, welche natürlich sekundär sich verwischen kann. Andere theoretische Punkte wurden seinerzeit bei Besprechung der embryologischen Data angegeben: hier sei noch die interessante Erscheinung erwähnt, daß sich an den Wandungen der Gefäße die nämlichen Etappen wiederholen, wie überhaupt an der gesamten Cölomwand (TH. Lang, 15), d. h. zuerst besitzen die Gefäße eine einfache nicht kontraktile Cölothelwand; diese unterliegt allmählich Differenzierungen, wird kontraktil, bis sie endlich nach außen — gegen die Leibeshöhle hin — eine epithelartige Auskleidung ge- bildet hat. Auch für andere Tierkreise wurden zugunsten der Trophocöl- theorie sprechende Ergebnisse erhalten, wenn sie auch gewisse Modifikationen hineinbringen. So hat Fernanpez (31) auf Grund seiner Untersuchungen über Tunicaten eine Bemerkung zur Phylogenie der Gefäße im allgemeinen gemacht, indem er behauptet: „Das Blutgefäßsystem aller Cölomtiere besteht aus zwei heterogenen Teilen, von welchen der zweite den ersten teilweise umfaßt: 1) dem primären oder leitenden Apparat „mesenchymatischer“ Herkunft; 2) dem sekundären (zum großen Teil propulsatorischen) Apparat, der ein Differenzierungsprodukt der Cölomwand ist“. Der primäre Apparat „ist ein Lückensystem im Körperparenchym, dessen dem Lumen zunächst liegende Zellen sich zu einem Vasothel anordneten, um welches die ausgeschiedene Parenchymgrundsubstanz eine geschlossene homogene Membran bildet. Die in der Nähe der Gefäße verlaufende („mesenchymatische“) Körpermuskulatur legt sich den Gefäßen an und bildet die Gefäßmuskulatur“. „Auch innerhalb der umschlossenen Teile erhält sich mindestens die homogene Verdichtungsmembran der Mesenchymgrund- substanz. Die ihr innen anliegenden Mesenchymzellen können ent- weder sehr weit zerstreut sein, oder sie liegen sich näher, ohne daß ihre Plasmakörper sich gegenseitig abplatten (sog. „diskonti- nuierliches Pseudoendothel“) oder sie liegen eng und stoßen an- einander (sog. „wirkliches Gefäßendothel“). Andererseits können sie auf weiten Stecken überhaupt fehlen.“ GApzikınwicz, welcher bei den Malakostraken kein Endothel gefunden hat (36) und diesen Umstand — da er von Wichtigkeit für die Hämocöltheorie sein soll — noch einmal in seiner polnischen Arbeit (37) betont („niniejsza oraz poprzednia praca moja wykazaly zupelny brak „srödblonku“ w sercu malakostraköw“), hat sich in letzter Zeit (38) der Fernanpezschen Anschauung angeschlossen. | | | Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 339 Taeıter (115a) gibt der Langschen Trophoecöltheorie den Vorzug gegenüber den vorher aufgeführten Theorien verschiedener Forscher in bezug auf die Phylogenie des Herzens von Arca. Endlich Marcınowskı (70) sagt (für Amphibien): „Daß die Ontogenie des Gefäßsystems der Amphibien alle Verhältnisse zeigt, die für Lan@s Trophocöltheorie überzeugend sprechen, braucht nach dem Vorausgegangenen kaum noch hervorgehoben zu werden. Es findet sich zur Zeit der Loslösung der Blutinselzellen ein deutlicher Darmblutsinus, es vollzieht sich die Pericardbildung genau so, wie die Abschnürung eines Gefäßes aus einem solchen Sinus.“ Wenn auch die angeführten embryologischen Befunde in keinem direkten Zusammenhang mit der Gonocöltheorie stehen, so erlaube ich mir doch zwei Bemerkungen in bezug auf die letztere zu machen, unter Berücksichtigung einzig und allein der Mesoderm- streifen. Diese entstehen, wie bekannt, nur aus den Teloblasten ; wenn aber die Teloblasten den Geschlechtszellen ensprechen sollen, so ist die Frage, aus welchen Keimblättern die einen wie die anderen entstanden sind, ganz überflüssig (worauf schon MEYER und EısıG aufmerksam gemacht haben). Dann stellen die Ge- schlechtszellen wie die Teloblasten spezielle von den Blastomeren direkt stammende Elemente dar, welche weiteren Differenzierungen unterliegen werden. Der zweite Punkt besteht darin, daß — wenn auch die Meso- dermstreifen vom Anfang an solide langgestreckte Gebilde sind, welche erst in späteren ontogenetischen Stadien in einzelne Somiten zerfallen — wir doch keine genügenden Gründe zur Annahme haben, daß ein solcher Prozeß auch phylogenetisch notwendigerweise existieren müßte. Wie wir die Leibeshöhle durch Schwinden der Septen aus vielen metameren Abschnitten sekundär einen einheit- lichen Körperbestandteil bilden sehen, so können wir uns wohl vorstellen, daß die metamer geordneten soliden Mesodermabschnitte (gleich den Sackgonaden) zusammengeschmolzen sind, um später wieder in einzelne Cölomabschnitte zu zerfallen. Als ein analoges Beispiel könnte man die Leibeshöhle der Wirbeltiere anführen: die zuerst auftretende einheitliche Leibeshöhle wird allmählich metamer geteilt und in späteren Stadien wird durch das Verlorengehen dieses metameren Charakters wieder einheitliches Cölom gebildet. | / An dieser Stelle möchte ich meinen hochverehrten Lehrern, den Herren Prof. Dr. ARNOLD LAnG und Prof. Dr. KArL HESCHELER, für die mannigfachen Ratschläge meinen besten Dank aussprechen. Zürich, Februar 1906 bis Februar 1908. 340 Stefan Sterling, Literaturverzeichnis. 1) Arnesen, E., Ueber den feineren Bau der Blutgefäße der Rhynchobdelliden. Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XXX VIII, 1904. 2) Barrour, Fr. M., Handbuch der vergleichenden Embryologie, 1880/1. 3) N Frank E, On the anatomy, histology and affıni- ties of Phreoryctes. Trans. R. Soc. Edinbourgh, Vol. XXXV, p. 1887—9, 1890. 4) — Researches into the Embryology of the Oligochaeta. No. 1. 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Ein junger Embryo. Profillage. Fig. 2. Ein junger Embryo, etwas älteres Stadium. Kopfregion. Fig. 3. Kopf von einem Embryo auf demselben Stadium, wie in Fig. 2, von oben gesehen mit einer breiten, das Gehirn umgeben- den Schlinge. Fig. 4-5. Eisenia (Allolobophora) foetida. Lupe- Vergr. Fig. 4 Ein Embryo auf einem vorgerücktem Stadium, kurz vor dem Ausschlüpfen, von oben gesehen. Fig. 5. Feines Magengefäßsystem in 3 (X VII— XIX) Segmenten, von der Seite dargestellt. Embryo auf der Fig. 4.) (Ungefähr dasselbe Stadium wie beim 348 Stefan Sterling, Tafel 11. Eisenia (Allolob.) foetida. Entwickelung des Bauchgefäßes. Fig. 6. Querschnitt. Ein sehr junges Stadium. Die erste Anlage des Bauchgefäßes. Vergr. Ok. 1, Obj. 7 L. Perznvische Flüss., Hämal.-Eosin. Fig. 7—10. Vier Querschnittete aus derselben Serie. Vergr. Ok. 1, Obj. 7 L. Per. Hämal.-Erythr. Junger Embryo. Die Spaltung der Mesodermstreifen hat schon stattgefunden. Fig. 7. Schnitt vom hinteren Ende. Große Bauchgefäßspalte wird in Fig. 8 allmählich vom Mesoderm umwachsen, (Fig. 9) in der vorderen Körperregion vom Darmepithel durch eine Mesodermzellenschicht getrennt; (Fig. 10) in den vordersten Segmenten findet man noch eine mesodermale Verdickung an der Gefäßwandung unter dem Darmepithel. Fig. 11—12 Zwei Längsschnitte (aus derselben Serie) durch die Anlage des Bauchgefäßes: Fig. 11 am hintersten Körperende des Embryo, Fig. 12 weiter vorn. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L, Perrenvische Flüss., Boraxkarmin-Bleu de Lyon. Fig. 13. Drei benachbarte Schnitte aus den vordersten Seg- menten eines jungen Embryo. Der Schnitt b um 10 u mehr nach hinten, der Schnitt c um 10 u weiter vorn getroffen, als der Schnitt a, auf welchem das Gefäß ohne Lumen zu sein scheint. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L., Eisessig-Sublimat-Hämatoxylin-Eosin. Tafel 12. Fig. 14. Querschnitt durch das Hinterende eines jungen Embryo (Eis. foet.) Per., Hämalaun-Eosin. Vergr. Ok. 5, Obj. C, Zeibß. Entwickelung des lateralen Gefäßes. Fig. 15—19. Fünf Querschnitte aus derselben Serie. (PERENYI- sche Flüss., Boraxkarmin-Bleu de Lyon. — Celloidineinbettung. Vergr. Ok. 1, Obj. 7 L.). Fig. 15 am hinteren Körperende, Fig. 16—19 immer weiter nach vorn. Fig. 19a. Das Rückengefäß (— d. lateralen Gefäßes) in den vordersten Segmenten (in der Oesophagusgegend, oes Oesophagus). Per.-Boraxkarmin-Bleu de Lyon. Ok. 3, Obj. 7 L. Querschnitt. Fig. 20—21. Zwei Querschnitte aus derselben Serie durch die Anlage des lateralen Gefäßes. Sublimat. Hämalaun - Erythrosin. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 20 mehr nach hinten, Fig. 21 mehr nach vorn. Tafel 13. Fig. 22. Sagittaler Längsschnitt durch die vordere Körper- region eines ziemlich jungen Embryos. Anlage des Darmgefäßnetzes. Per.-Boraxkarmin-Bleu de Lyon. Ok. 3, Obj. 7 L. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 349 Fig. 23. Sagittaler Längsschnitt durch die mittlere Körper- region eines etwas älteren Embryo als in der Fig. 22. Weitere Entwickelung des Darmgefäßnetzes. Prr.-Boraxkarmin-Bleu de Lyon. me 1, Obj. 7 L. Fig. 24. Horizontaler Längsschnitt aus dem hinteren Körper- teile eines Embryo. Uebergang der Septenwandungen in die Wan- dungen des Bauchgefäßes. Prr.-Hämal.-Erythr. Ok. 3, Obj. 7L. Fig. 25. Querschnitt durch das Bauchgefäß mit dem ein- mündenden Septalgefäß von einem Embryo. Prr.-Hämatox.-Eosin. DE. 3, Obj. 7 L. Fig. 26. Längsschnitt (horizontal) durch das Dissepiment eines sehr jungen Embryo mit der Spalte für das zukünftige Septalgefäß. Prr.-Hämal.-Eosin. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 27. Längsschnitt durch zwei Septa mit Septalgefäßen (die im Querschnitte getroffen sind). Per.-Hämal.-Erythr. Ok. 3, Ob). 7 L. Entwickelung der Gefäße bei Helodriluscaliginosus. Fig. 28. Querschnitt durch das Bauchgefäß mit dem ventralen Mesenterium aus der mittleren Körperregion eines Embryo. Per.- Hämatein-Ararar. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 29. Querschnitt durch das Rückengefäß und den Darm- blutsinus. Mittlere Körperregion. Prr.-Boraxkarmin-Pikrinsäure. Vergr. Ok. 3, Obj. CC. Zeifß. Fig. 30. Ein Teil des Blutsinus im Querschnitte, vom Darm- epithel abgehoben. Mittlere Körperregion. Prr.-Boraxkarmin-Pikrin- Bäure. Imm. 1/,., Ok. 1 Zeil. Fig. 31. Querschnitt durch das Rückengefäß und das Typhlo- kolisgefäß. Mittlere Körperregion. Per.-Boraxkarmin-Pikrinsäure. Ok. 0, Imm. 1/,, Zeiß (1/, der ursprüngl. Größe). Mater 14; Fig. 32—35. Entwickelung des Subneuralgefäßes. Querschnitte. Fig. 32. Erste Anlage des Subneuralgefäßes zwischen den Bauchmarkshälften — ein sehr junger Embryo (Eis. foet.). Par.- Hämal.-Eosin. Vergr. Ok. 1, Obj. 7 L. Fig. 33. Etwas älteres Stadium. Das Gefäß ist schon fast differenziert (Eis. foet.). Sublimat-Boraxkarmin-Bleu de Lyon. 1, Obj. 7 L. Fig. 34. Sehr junges Subneuralgefäß (Helodr. calig.). Subl.- Boraxkarmin-Bleu de Lyon. Ok. 1, Obj. 7 L. Fig. 35. Das Subneuralgefäß aus einem jungen Helodrilus caliginosus. Zenkersche Flüss., Boraxkarmin. Fig. 36—37. Entwickelung des Chloragogens. Zwei Quer- Schnitte durch das Lateralgefäß (aus derselben Serie). Prr.-Hämat.- Eosin. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 36 mehr nach hinten, Fig. 37 weiter vorn. Bd. XLIV. N, F. XXXVII. 23 350 Stefan Sterling, Fig. 38. Das Chloragogen beim jungen Wurm aus den vor- deren Körpersegmenten. Prr.-Boraxkarmin-Bleu de Lyon. Vergr. Ok. 4, Obj. DD. Zeiß. Fig. 39. a) Querschnitt durch das Bauchgefäß mit einem im Innern liegenden Hämocyten. Sehr junges Stadium (Eis. foet.). Vergr. Ok. 3, Obj. 7. b) Hämocyt im Diasterstadium bei starker Vergrößerung. Prr.-Boraxkarmin-Bleu de Lyon. Imm. 1/,,, Ok. 5, Zeib. Fig. 40. a) Querschnitt durch das Bauchgefäß eines Embryo von Eisenia foetida mit 2 Hämocyten im Innern. b) Große runde Zelle Imm. Y,s, Ok. 5, Zeiß. c) Hämocyt im Muttesternstadium. Imm. 1/5, Ok. 5, Zeiß. Prr.-Hämal. Klappenbildung. Fig. 41. Erste Anlage der Klappe. Querschnitt durch das Rückengefäß von einem Embryo (Helodr. calig.).. Mittlere Körper- region. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Hämatein. Fig. 42. Längsschnitt (horizont.) durch den unteren Teil eines jungen Rückengefäßes (3 Segmente) mit Klappen. Der Schnitt ist etwas schief getroffen. Versilberung (Bere#), Hämalaun-Eosin. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 43. Querschnitt durch das Rückengefäß mit Klappen (von einem ausschlüpfenden Tiere). Rechte Klappe steht noch in Ver- bindung mit der äußeren Chloragogenschicht. Vergr. Ok.5, Obj. C, Zeiß. Prr-Hämatox.-Rubin. Fig. 44. Horizontaler Längsschnitt durch eine einfache Klappe (in der Seitenschlinge). Per.-Boraxkarmin-Pikrinsäure. Vergr. Ok. 1, Oh). Fig. 45. Mitotische Teilung der splanchnischen Zellen. Stück aus einem Querschnitte durch den Darm mit der innen anliegenden Splanchnopleura. Vergr. Ok. 4, Imm. 1/,,, Zeil. Per.-Boraxkarmin. Tafel 15. Fig. 46. Umwandlung der Splanchnopleurazellen in die Darmmuskelzellen. 3 Querschnitte durch den Darm mit der ihm anliegenden Splanchnopleura: a) am hinteren Körper- teile; b—c) immer weiter vorn. In c sind schon die Muskelfasern zu beobachten. Imm. 1/,,, Ok. 5, Zeil. Stercutus niveus. (Histologie.) Fig. 47. Längsschnitt durch das Rückengefäß. Mittlere Körper- region. Imm. 1/,,, Ok. 4, Zeiß. Hämal.-Van Gizson. Fig. 48. Längsschnitt durch das Rückengefäß (1 Segment) mit dem im Inneren liegenden Vasochord. Hämal.-Van Gısson. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 49. Querschnitt durch das Rückengefäß mit dem Vaso- chord.. Hämal.-Van Gızson. Imm. 1/,,, Ok. 4. Das Blutgefäßsystem der Oligochäten. 351 * % Fig. 50. Längsschnitt (sagit). Uebergangsstelle des Darm- "blutsinus in das Rückengefäß, zugleich Ursprungsstelle des Vaso- chords. Hämal.-Van Gieson. Imm. 1/,,, Ok. 2. Fig. 50a. Querschnitt durch den Darmblutsinus und das Rückengefäß. Hämal.-Van Gieson. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 51. Querschnitt durch das Rückengefäß mit Vasochord und durch den Sinus. Eisenhämat.-Eosin. Imm. 1/,, Ok. 2. Fig. 52. Darmmuskulatur, Längsschnitt. Eisenhämat.-Eosin. Vergr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 53—54. Zwei Längsschnitte durch das Vasochord. Vergr. Imm. !/,,, Ok. 4. Fig. 53 Hämal.-Van Ginson. Fig. 54 Eisenhämat. Eosin (Anfangsstelle des Vasochords). Fig. 55. Querschnitt durch das Bauchgefäß. Mittlere Körper- region. Eisenhämat.-Eosin. Imm. 1/,,, Ok. 4. Datoal 16: Fig. 56. Querschnitt durch den unteren Teil des Blutsinus und das Bauchgefäß (jung. Exemplar). Ringmuskulatur deutlich. Eisenhämat.-Eosin. Ok. 3, Obj. 7. - Fig. 57. Querschnitt durch einen Blutsinusteil. Längsmuskel- fasern deutlich. Eisenhämat.-Eosin. Ok. 3, Obj. 7 L. | Fig. 58. Querschnitt durch das Bauchgefäß und den Blutsinus. _ Eisenhämat.-Eosin. Ok. 3, Obj. 7 L. | Fig. 59. Querschnitt ‘durch das Bauchgefäß und den Blutsinus. | Hämal.-Van Gisson. Ok. 3, Obj. 7 L. | Fig. 60—61. Darmepithelzellen. Imm. 1/,,, Ok. 4, Zeiß. Fig. 60 _— im Längsschnitt. Hämal.-Van Gıssoxn. Fig. 61 — im Quer- schnitte. Eisenhämat.-Eosin. Enchytraeus adriaticus. Fig. 62—63. Zwei Längsschnitte (sagit.) durch das Bauch- n. Eisenhämat.-Eosin. Imm. 1/,,, Ok. 4. Fig. 62 weiter hinten, ‚Fig. 63 mehr nach vorn. | Fig. 64. Querschnitt durch das Sehen) und einen Teil ‘des Sinus. Hämat.-Van Giesox. Imm. 1/,,, Ok. 2. | Fig. 65. Eine (Muskel-?) Zelle aus dem Bauchgefäße. Hintere Körperregion. Eisenhämat.-Eosin. Imm. 1/,., Ok. 4. | Fig. 66. Längsschnitt durch das Rückengefäß. Mittlere Körper- region. Eisenhämat.-Eosin. Ok. 6, Obj. C, Zeiß. Fig. 67. Querschnitt durch der kr und den Sinus, welcher ‚sich vom letzteren abgehoben hat. Eisenhämat.-Eosin. Imm. 20 Ok. 4. | Fig. 68. Zwei Kerne von verschiedenen Darmepithelzellen: a) einer en b) einer Nährzelle. Eisenhämat. - Eosin. ‚ Inm. U Ok. Enchytraeus vom Schwarzen Meer. Fig. 69—71. Drei Längsschnitte durch den Darmblutsinus. ie zwei ersten Abbildungen, mehr nach vorn, die letztere nach hinten. Eisenhämat.-Erythr. Ok. 3, Obj. 7 L. R | 23 * j “ 352 St. Sterling, Das Blutgefäßsystem der Oligochäten, Euenchytraeus bisetosus. Fig. 72. Querschnitt durch einen Teil des Darmblutsinus. Hämal.-Van Gıeson. Ok. 3, Obj. 7” L. Fig. 73. Eine (Muskel-?) Zelle aus dem Bauchgefäß. Hinteres Segment. Eisenhämat.-Erythr. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 74. Querschnitt durch das Bauchgefäß. Mittlere Körper- region. Eisenhämat.-Eosin. Imm. !|,,, Ok. 4 Tafel.17. Eisenia foetida. Fig. 75—76. Querschnitte durch den Darmblutsinus und das Darmgefäßnetz (d. Typhlosolisregion). Hämal.-Van Gıeson. Fig. 75 Imm. 1/,, Ok. 4 2 Fir. 76.0k 3, Obj. 7 2. Fig. 77. Querschnitt durch das Bauchgefäß. Mittlere Körper- region. Chromsubl. (Vespovsky)-Eisenhämat.-Eosin. Ok. 3, Obj. 7L. Fig. 78. Querschnitt durch das Rückengefäß mit der ein- mündenden Seitenschlinge (im Längsschnitte getroffen) und den Klappenzellen. Hämal.-Van Gisson. Ok. 3, Obj. 7 L. Fig. 79. Ein Stück der Rückengefäßwandungen im Querschnitte.. Die Ringmuskeln direkt der Intima anliegend. Hämal.-Van GIEson. Imm. 1/,., Ok. 4, Zeiß. Fig. 80. Bildung der Längsmuskeln im Rückengefäße (aus einem Querschnitte). Hämal.-Van Gıeson. Imm. 1/5, Ok. 4, Zeib Fig. 81—82. Querschnitte durch das Rückengefäß. (Vordere Körperregion.) Fig. 81 ein kleiner Teil des Gefäßes, Fig. 82 fast das ganze Gefäß mit Klappenzellen. Hämal.-Van Gızson. Imm. 1,5, Ok. 4, Zeiß. Tafel 18. Pheretima rodericensis. Fig. 883—84. Zwei Querschnitte durch das Rückengefäß. Fig. 83 durch die vordere Körperregion, Fig. 84 durch die mittlere Körper- region. Eisenhämat.-Eosin. Imm. Y,,, Ok. 4. Fig. 85—86. Zwei Querschnitte durch das Bauchgefäß: Fig. 85 durch die vordere Körperregion, Fig. 86 durch die hintere Körper- region. Hämal.-Van Gınson. Imm. 1], Ok. 4. Untersuchungen über die sogenannten Geruchsorgane der Cephalopoden. Von Grace B. Watkinson aus Hartford (Connecticut). Hierzu Tafel 19 u. 20 und 47 Figuren im Text. Vorwort. Die vorliegende Arbeit unternimmt einen Versuch, den äußeren Bau und die histologische Struktur der Cephalopoden- „Geruchs- organe“ darzustellen. Der Hauptteil der Untersuchung wurde im Zoologischen Institut in Leipzig gemacht. Ein Aufenthalt in Neapel im März und April 1906 und wieder im März, April und Mai 1907 gab mir Gelegenheit, frisches Material zu beschaffen und Be- obachtungen an lebenden und frisch getöteten Tieren zu machen. Im August 1906 konnte ich während eines kurzen Aufenthalts in Helgoland durch das freundliche Entgegenkommen der Direktion der Königlich Preußischen Biologischen Station dort meine Arbeit weiter fördern. Die Arbeit ist im Zoologischen Laboratorium von Professor Lang an der Universität Zürich vollendet worden. Für die Anregung zu einer Behandlung dieses Themas, für einen wertvollen Teil meines Materials und für freundliche Unter- stützung bei der Arbeit möchte ich Herrn Geheimrat Prof. CHuN meinen herzlichen Dank aussprechen. Für die Gelegenheit, in der Zoologischen Station in Neapel zu arbeiten, bin ich der „Naples Table Association“ of the Association of Collegiate Alumnae of America, deren Platz für amerikanische Frauen ich benutzte, sehr zu Dank verpflichtet, ebenso der Direktion der Zoologischen Station in Neapel für die liebenswürdige Weise, in welcher meine Arbeit dort gefördert wurde, und Herrn Prof. Lang und Herrn Prof. HESCHELER für entgegenkommende Aufnahme in das Laboratorium in Zürich. 354 Grace B. Watkinson, I. Allgemeiner Teil. Vergleichend-anatomisch, Anthropomorphismus in bezug auf die Sinnesorgane niederer Tiere. Ein gewisser Anthropomorphismus in der Betrachtungsweise der früheren Forscher, die sich sehr bemühten, Parallelen zu ziehen zwischen Erscheinungen, die bei höheren Tieren, und insbesondere beim Menschen hervortreten, und den Erscheinungen, die man bei niederen Tieren findet, fällt in den Arbeiten über Cephalopoden auf. Gerade diese hochentwickelte Gruppe einer niedriger stehen- den Tierklasse bietet manche Anhaltspunkte für solche Vergleiche. Es scheint vor allem in der Kategorie der Sinnesorgane diese Betrachtungsweise geherrscht zu haben, obwohl bei diesen Organen die Funktion besonders schwer festzustellen ist. Die folgenden’ Gedanken von HAzEcKEL (1864—1866) sind von NAGEL (1894) als Ausgangspunkt für seine Arbeit über die Sinneswerkzeuge niederer Tiere gewählt worden, und unter demselben Gesichtspunkt möchte ich das vorliegende Untersuchungsobjekt betrachten. „Die Deutung der Sinnesorgane niederer Tiere gehört ohne Zweifel zu den schwierigsten Objekten der vergleichenden Physiologie und ist der größten Unsicherheit unterworfen. Wir sind gewohnt, die von den | Wirbeltieren gewonnenen Anschauungen ohne weiteres auch auf die wirbellosen Tiere der verschiedenen Kreise zu übertragen und bei diesen analoge Sinnesempfindungen anzunehmen, wie wir selbst besitzen. Und doch ist es viel wahrscheinlicher, daß hier wesent- lich andere Sinnesempfindungen zu stande kommen, von deren eigentlicher Qualität wir uns keine bestimmte Vorstellung machen können.“ Wenn wir nun diese Auffassung HAECKELS Acceptieren, SO wird es uns zwar wünschenswert erscheinen, die Sinnesorgane niederer Tiere mit Worten zu bezeichnen, die wir auch für unsere eigenen Sinnesorgane anwenden können, doch werden wir in der Benennung dieser Sinnesorgane Vorsicht anwenden müssen. „Geruchsorgane“ bei den Cephalopoden. Bei den Cephalopoden sind „Geruchsorgane“ seit mehr als siebzig Jahren beschrieben worden; trotzdem ist eine physio- logische Nachprüfung der Funktion dieser hinten am Kopfe ge- legenen Gebilde nicht unternommen worden. Ihre Bezeichnung als e L Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 355 „Geruchsorgane“ beruht ausschließlich auf ihrem anatomischen Bau. Die Form von Flimmergruben oder Papillen und die Inner- vierung durch besondere Nerven, vom Zentralnervensystem aus, scheinen die Eigenschaften zu sein, denen diese Gebilde ihren Namen verdanken. Funktion. Bevor ich zu einer genaueren Beschreibung des Baues dieser Organe übergehe, möchte ich daran erinnern, daß eine sichere Feststellung der Funktion solcher Sinnesorgane von niederen Tieren nur durch planmäßige physiologische Untersuchungen erreicht werden könnte. Solche Versuche habe ich nur wenige angestellt, da meine Aufgabe in einer rein anatomischen Untersuchung bestand. Wenn ich trotzdem hierbei einige Bemerkungen über die Funktion dieser Organe vorausschicke, muß ich mich daher auf die Arbeit anderer auf diesem Gebiete verlassen. Nach der Arbeit von NAGEL (1894) über den Geruchs- und Geschmackssinn niederer Tiere scheint es, daß ein wirkliches Riechen im Wasser überhaupt außerordentlich erschwert ist, und zwar wegen des höchst langsamen Durchdringens der Gase in diesem Medium, und daß solch ein Geruchssinn, wie er bei Luft- tieren vorkommt, bei Wassertieren wahrscheinlich gar nicht existiert. NAGEL erklärt das sogenannte „Riechen“ der Wassertiere als einen fernwirkenden Geschmackssinn, welcher ausschließlich für chemische Reize empfindlich ist. Wenn man dann diesen Sinn „Riechen“ nennen will, sollte man, nach NAGEL, etwas anderes darunter ver- stehen, als beim „Riechen‘‘ der Landtiere. Ein zweiter Punkt, welcher in diesem Zusammenhang von Interesse ist, bezieht sich auf die Frage, ob die zwei Funktionen, die im Riechorgane höherer Tiere zusammen in demselben Organ ihren Sitz haben, nämlich erstens das Aufsuchen der Nahrung und zweitens die Prüfung des respiratorischen Mediums (Luft oder Wasser) bei niederen Tieren, und besonders bei denen, die im Wasser leben, nicht getrennt vorkommen könnten. NAGEL ist ‘durch eine Reihe höchst interessanter Experimente über das Riech- vermögen bei niederen Tieren zu dem Resultate gekommen, daß das Aufsuchen von Nahrung durch einen solchen oben besprochenen „Riechsinn“, wie er bei Wassertieren vorkommt, bei diesen Tieren überhaupt eine viel kleinere Rolle spielt als der Riechsinn bei den Landtieren. Der Gesichtssinn scheint bei vielen Wassertieren diese 356 Grace B. Watkinson, Funktion ganz genügend zu erfüllen und manchmal sogar außer- ordentlich hochentwickelt zu sein. Bei den dibranchiaten Cephalo- poden nun finden wir die Augen ganz besonders groß und hoch- entwickelt, während die Größe und Lage der „Geruchsorgane“ für die Funktion des Aufsuchens der Nahrung auffallend ungünstig scheint, und eine Trennung der zwei obengenannten Funktionen wird hier leicht denkbar. Bei diesen Tieren sind die Eintritts- stellen für die Nahrung und für das Atemwasser weit voneinander getrennt. Bekanntlich tritt das Atemwasser bei den Cephalopoden seitlich hinter dem Kopfe durch die Oeffnung der Mantelhöhle an die Kiemen heran. Und gerade hier, weit hinten am Kopfe, an den Stellen, wo der stärkste Strom des Atemwassers vorbeizieht, liegen die kleinen „Geruchsorgane“. SPENGEL (1881) findet in dieser Lagerung einen genügenden Grund, um diesen Organen dieselbe Funktion zuzuschreiben, wie den von ihm beschriebenen ÖOsphradien der übrigen Mollusken, welche ausschließlich zur Prüfung des Atemwassers dienen sollen. Auf eine mögliche Homologie zwischen diesen beiden Gruppen von Sinnesorganen, den Cephalopoden -,Geruchsorganen“ und den Ösphradien der anderen Mollusken, kommen wir wieder zu sprechen. Für die herrschende Theorie, daß die Cephalopoden wirklich einen Riech- sinn besitzen, sind die Angaben von WırLey (1898) von Interesse. WILLEY beschreibt bei Nautilus die Rhinophoren (,„Geruchsorgane‘“) und weiter accessorische Riechtentakel, die vor und hinter den Augen bei demselben Tiere gelegen sind. Ueber die Funktion dieser Organe schreibt er: „The presence of accessory olfactory tentacles of Nautilus can, I think, be related to an essential bio- nomical difference between the existing Tetrabranchiata and the Dibranchiata. Nautilus finds its food chiefly by sense of smell, while it is a matter of more or less common observation that the Dibranchiata with their remarkably perfect eyes pursue their quarry by the sense of sight. This difference, which is to a certain extent evident from facts of organisation is further em- phasized by the different modes adopted by the natives for trapping these animals. One of the surest ways of trapping Nautilus and in fact the method by which I have obtained most of my speci- mens at Lifu, is to bait the fish-basket with the cooked and bruised exoskeleton of Palinurus or an allied form. The strongly scented „potage“ so produced is then wrapped up in cocoa-nut fibre like a small parcel, and placed in the fish-trap overnight. There is nothing to be seen, but on the other hand there is 4 something to be smelt, and by this means I have obtained as many as ten Nautilus at one time. For taking Octopus the natives at Lifu employ a very different method. A rounded oval piece of stone backed by a small wellfitting piece of shell of a species of Cyprea, to which are added pieces of leaf to simulate legs and a tail, is dangled along the surface of the water at the end of a line. The natives say that Octopus mistakes this for a rat, against which it has a special grudge, but whatever the reasons may be, the fact remains that Octopus attacks this singular non- - seented contrivance and is cought.“ Ueber den Nautilusfang gibt DEAN (1901) ähnliche Auskunft wie WILLEY. Wenn es sich nun erweisen sollte, daß Nautilus, dessen Augen primitiv sind, wirklich ein gut entwickeltes „Riechvermögen“ be- sitzt, welches ihm ermöglicht, seine Nahrung aufzusuchen, während Octopus und die anderen Dibranchiaten mit ihren sehr hoch ent- wickelten Augen keine solche Funktion erkennen lassen, müssen wir für die entsprechenden Sinnesorgane der Dibranchiaten eine andere Funktion herausfinden. Wenn wir nun annehmen, daß ur- sprünglich bei den Dibranchiaten, wie noch bei Nautilus, die „Geruchsorgane“ zum Aufsuchen der Nahrung funktionierten, und daß erst mit der höheren Entwickelung der Augen bei diesen _ Tieren diese Funktion aufgegeben wurde, bleibt noch die Möglich- keit vorhanden, daß hier eine osphradiale Funktion entweder bei- behalten oder erst entwickelt worden ist. Für die Richtigkeit dieser letzten Annahme spricht die Tatsache, daß bei Nautilus innerhalb der Mantelhöhle in der Nähe der Kiemen echte Osphradien und sogar zwei Paare, ein Paar entsprechend jedem Kiemenpaar, vorhanden sind (LANKASTER und BourNE [1883] und Wırrey [1902]), während bei den Dibranchiaten diese Osphradien vollständig fehlen. Bei der Besprechung der Innervierung der Geruchsorgane kommen wir zu einer Betrachtung dieser Osphradien von Nautilus nochmals zurück. Wir werden also vorläufig eine osphradiale Funktion dieser „Geruchsorgane‘“ annehmen, ohne die Frage als gelöst zu betrachten und ohne eine Homologie mit den Osphradien anderer Mollusken behaupten zu wollen, und werden jetzt zu der Betrachtung des Baues dieser Organe übergehen. Für das Studium der anatomischen und histologischen Verhältnisse derselben ist eine Kenntnis ihrer Funktion vielleicht nicht unentbehrlich; andererseits aber kann eine theoretische Vorstellung über dieselbe zu einer genaueren Betrachtung der Elemente führen. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 357 ; y find 1% Eine Uebersicht der Arbeiten über den Bau dieser Organe wird zeigen, auf wie mangelhafter Kenntnis der Funktion derselben die Auffassung dieser Gebilde als „Geruchsorgane‘“ beruht, und der oben erwähnte Anthropomorphismus der früheren Forscher in bezug auf diese Organe macht sich auch hier bemerkbar, und wird manchmal sehr auffallend. 398 Grace B. Watkinson, Historische Uebersicht. Bei dem Suchen nach den „fünf Sinnen‘ der niederen Tiere war es CuvIer (1817), der zuerst die Frage stellte, ob ein Riech- vermögen bei den Cephalopoden vorhanden sei. Obwohl er spezifische Organe für diesen Sinn nicht entdeckte, schrieb er diesen Tieren das Riechvermögen zu. Wir finden in seiner Monographie über die Cephalopoden folgende Bemerkung über Octopus: „On n’a pu reconnaitre encore aucune partie specialement consacree ä l’exercice de l’odorat, quoique ces animaux paraissent E jouir de ce sens, puisqu’ils sont attir&s par l’odeur de diverses ; substances.“ ’ Ein Organ, das diesem Sinn entsprechen sollte, wurde zuerst von Owen (1832) entdeckt, und zwar bei den Tetrabranchiaten. Im Anschluß an diese lassen wir auch eine Besprechung der übrigen ° Arbeiten folgen, die sich auf Tetrabranchiaten beziehen. In OwEns „Memoir on the Pearly Nautilus“, welcher sich auf das Studium eines einzigen und nicht ganz vollständigen Exemplares dieses Tieres gründet und immer noch als musterhaft gilt, beschreibt er eine Reihe Lamellen auf den mittleren Blättern der Lippen- tentakeln, welchen er das Riechvermögen zuschreibt. Später stellte sich heraus, daß dieses Organ nur bei dem Weibchen vorkommt und einen sekundären Sexualcharakter darstellt, der nicht im Dienste des Riechvermögens steht. Etwas später entdeckte VALENCIENNES (1841) durch weitere Untersuchung des damals noch sehr wenig bekannten Nautilus zwei tentakelähnliche Gebilde unter den Augen. (Diese neuen Gebilde waren bei Owens Exemplar abgebrochen.) In Ver- bindung mit diesen (vergl. Textfig. 26B und Textfig. 43) fand VALENCIENNES zwei eingesenkte Gruben mit gefaltetem Boden. Diese faßte er als die wahren „Riechorgane“ auf und nannte die ganzen Gebilde Rhinophoren. Seine Beschreibung lautet: „Ce tentacule est tres different par la forme et par la structure E des deux tentacules susorbitaires d6scrits plus haut. Il est tres triedre, creux et son ouverture est recouverte par une petite papille.. Au-dessus et & la base de ce tentacule est une petite cavit& aveugle: l’ouverture de cet organe et la papille qui la sur- monte est reprösent6e & part (pl. I, fig. 2). Si on l’ouvre (comme dans la figure 3, pl. IX) on voit linterieure du tube recouverte d’une muqueuse pliss6ee par une suite de replis dispos6s commes les barbes d’une plume sur un axe commun, et le nerv se rend & cet organe. La structure que je viens de decrire est tellement differente de celles des autres tentacules, qu’on ne peut assimiler ces deux organes; le volume du nerf qui s’y rend en fait cer- tainment un des organes sensitifs du mollusque, et la structure des plis de la muqueuse interne est tellement semblable & celle de la narine des poissons, que je ne puis h6siter & considerer cet organe comme &tant le veritable siege de l’olfaction de cet animal.“ Ueber das Organ, welches von Owen beschrieben ist, sagt er wenig, aber am Ende der Beschreibung des Rhinophors sagt VALENCIENNES: „il devient difficile d’admettre que la nature aurait divise en trois parties l’organe olfactif du nautile“. Die neueren Forschungen über Nautilus bestätigen im ganzen die Beschreibung von VALENCIENNES, nur über die „muqueuse“ Be- schaffenheit der Grube finde ich keine weitere Erwähnung bis zu der neuen Arbeit von FERNANDEZ (1907), über welche ich noch sprechen werde, und ich glaube, daß diese Eigenschaft dem Organ irrtümlich zugeschrieben worden ist. MAcpoNALD (1856) wollte die Rhinophoren von Nautilus wegen ihrer Lage dicht außerhalb der „Gehörkapseln“ (Statocysten) als äußere Ohren betrachten, aber in Bronns „Klassen und Ord- nungen des Tierreichs“ (1862) vertritt KEFERSTEIN wieder die Ansicht VALENCIENNES, und seitdem scheint diese Auffassung nicht wieder in Frage gestellt worden zu sein. WiırLLey (1898) bestätigt nach einer Untersuchung von lebenden Nautili im allgemeinen die Beschreibung von VALENCIENNES und erwähnt eine Flimmerung der Grube. Er schreibt: „In Nautilus there is a small tentacle as well as a fossa in connection with the rhinophore, but it is not annulated and not retractile“ ... „L do not propose to dwell in detail upon these structures but to focus attention for the special purpose of this contribution, upon their topography. They are, in fact, inextricably involved in the cephalopodium, and it is of the utmost importance to ap- priciate their character of true cephalic sense-organs, whereas the Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 359 “ 360 Grace B. Watkinson, eiliated ophthalmie tentacles between which the eye is placed belong to the digital series.“ Diese Ansicht stützt WILLEY durch Nach- weis über die Innervierung beider Gebilde. Wir gehen jetzt zu den Arbeiten über die dibranchiaten Ce- phalopoden über. Hier war es ein Suchen nach äußeren Ohren, welches zu der Entdeckung der „Geruchsorgane“ führte. Obwohl es sich bald ergab, daß bei den Cephalopoden äußere Ohren oder überhaupt irgendwelche Oeffnungen zu den tief eingebetteten Statocysten, die so lange als innere Ohren betrachtet worden waren, bei dem erwachsenen Tiere nicht vorhanden sind, so war das Suchen nach solchen Gebilden doch nicht ganz nutzlos, da es zu der Entdeckung von anderen Organen führte, nämlich der „Geruchsorgane“, die sonst sehr leicht hätten lange übersehen werden können. KÖLLIKER (1844) war der erste, der diese Sinnesorgane be- schrieb. In seiner Entwickelungsgeschichte der Cephalopoden gibt er die beste Beschreibung, die wir von dem anatomischen Bau dieser Gebilde haben. Ueber seine Entdeckung schreibt er fol- gendes: „Als ich an erwachsenen Sepia nach einem äußeren Ohr und Kanälen, entsprechend denen der Embryonen, suchte, fand ich in der Nähe der Augen jederseits eine Oeffnung in der Haut, in der ich zuerst den Porus acusticus wahrzunehmen glaubte, ob- schon dieselbe nur zu einem kleinen Hautgrübchen und nicht weiter führte. Als ich dann andere mir zu Gebote stehende Cephalo- poden zu Händen nahm, zeigten sich bei Loligo sagittata, Sepiola (Rossia) macrosoma und rondeletii, bei Octopus vulgaris und Eledone moschata ähnliche Grübchen, in denen bei den beiden letzteren ein kleiner papillenartiger weißer Körper enthalten war, bei Argonauta und Tremoctopus violaceus D. Ch., endlich war nur dieser letztere Körper von einer sehr geringen oder fast keiner Hautvertiefung umgeben vorhanden. Da ich nun auch an Em- bryonen in früher Zeit einen kleinen, warzenförmigen Vorsprung an der Stelle, wo später die Grübchen saßen, gefunden hatte, so wurde ich auf diese Teile aufmerksam, konnte aber zu keiner ge- nügenden Ansicht kommen, bis ich bei Tremoctopus, und dann auch bei allen anderen, einen besonderen Nerven zu dem Grübchen oder Papille treten sah, der durch seinen eigentümlichen Verlauf und Ursprung meinen Gedanken eine bestimmte Richtung gab. Derselbe entsprang nämlich aus dem Stamme oder dem Ganglion des Opticus, verlief durch die Augenhöhle, durchbohrte dann die knorpelige Augenkapsel und trat an das besagte Organ. Ich hatte 4 Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 361 Er) demnach paarige Grübchen mit Papillen oder diese allein am Kopfe, in der Nähe der Augen liegend, gefunden, die mit einem im Verhältnis zu ihrer Kleinheit sehr bedeutenden Nerven ver- sehen waren, der durch eigentümlichen Verlauf und Ursprung aus einem Sinnesnerven sich auszeichnete, und mußte so natürlich auf den Gedanken kommen, ein Sinnesorgan entdeckt zu haben. Da konnte es dann nicht zweifelhaft sein, ob das des Geschmacks oder des Geruchs, da die Lage desselben deutlich genug für letzteres sprach.“ Da KÖLLIKER nur Weingeistexemplare zu seinem Stu- dium hatte, gibt er keine histologischen Details dieser Organe an. Auf seine weitere Beschreibung des anatomischen Baues derselben werde ich bei der weiteren Betrachtung dieser Organe nochmals zurückkommen. Ueber die Homologie derselben Organe mit den von VALENCIENNES entdeckten Rhinophoren von Nautilus schreibt KÖLLIKER: „Soviel über die Geruchsorgane und Geruchsnerven erwachsener Acht- und Zehnfüßler, von denen, soviel ich weiß, noch kein Teil von einem anderen Forscher beschrieben worden ist. Dagegen führe ich hier noch an, daß ich höchstwahrscheinlich ‚nicht der erste bin, der die Geruchsorgane der Kopffüßler ge- funden hat, da VALENCIENNES (Annales du Museum, 1841) beim Nautilus pompilius am Kopfe, in der Nähe der Augen, ein aus Blättern bestehendes Organ gesehen hat und als Riechorgan be- schreibt, in dem ich die bei den Acht- und Zehnfüßlern wahr- genommenen Teile nur viel höher entwickelt wiederfinde.“ Ein zweiter Forscher, der auch durch sein Suchen nach den äußeren Ohren der Cephalopoden ungefähr zur selben Zeit wie KÖLLIKER diese Sinnesorgane der Dibranchiaten fand, dessen Arbeit aber später erschien, war D’ORBIGNY. In seinem für damals umfassenden systematischen Werk über die Cephalopoden (1835 — 1848) schreibt er über seine Entdeckung dieser Organe. Er faßt sie aber wirklich als Ohren auf, ohne zu bemerken, daß es nicht Kanäle, sondern blind endigende Grübchen oder sogar oftmals Papillen sind. - Seine Beschreibung lautet folgendermaßen: „Les Cephalopodes acetabuliferes, 3i parfaits dans leur organisation, pour la vision, la manducation et les autres parties que nous avons examindes, ne devaient pas rester en arriere quant ä Paudition; c’est persuad& de ce fait, qu’ayant trouv& cet organe 'tres apparent chez quelques genres, nous avons cru devoir le rechercher chez les autres; et enfin, apr&es beaucoup d’observations, nous avons 6t& assez heureux pour arriver ä& le rencontrer chez tous.“ Für die Funktion dieser Organe als Ohren gibt er den 362 Grace B. Watkinson, folgenden weiteren Nachweis: „Apres avoir decouvert T’orifice auriculaire chez les Ce&phalopodes, nous avons fait plusieurs exp6riences pour nous assurer si l’organe de l’audition y est tre&s sensible, et bientöt les faits sont venus nous donner la certitude que ces animaux entendent tres bien au sein des eaux. Nous avons frapp6 des mains & plusieurs reprises, non loin d’une troupe de Loligo subulata, retenus dans une flaque d’eau & mare basse, et, ä chaque &preuve, leurs mouvements instantanes, ainsi que le changement subit de couleur, nous ont prouv& qu’ils percevaient tous les sons.‘“ Solche Nachweise wie diese kann man kaum als maßgebend in bezug auf die Funktion dieser Organe betrachten. D’ORBIGNYS weitere Beschreibung dieser Organe ist von Wert hauptsächlich in bezug auf die Lage der Organe bei den ver- schiedenen Gattungen. Den Halskamm der Teuthidae und Loli- gidae beschreibt er als eine besondere Schutzeinrichtung für diese Organe. Ueber diese Beziehungen schreibt er: „L’oreille externe, toujours placde en arriere et un peu au-dessous des yeux chez les Ce&phalopodes acetabuliferes, connues chez la plupart des animaux vert&bres, est n&anmoins tres variee dans sa forme: chez les Poulpes, c’est un orifice peu marqu6; chez les Argonautes, les Philonexes, elle est form&e d’une legere protuberance percee au milieu plac&e au-dessus de la bride cervicale; de m&me forme, elle est situ&e sur le cou, sans aucune crete protectrice, chez les Sepiola, les Histioteuthes et les Loligopsis; sans bourrelet aucun, sans protuberance, son orifice est tres petit chez les Rossies, les Seiches tandis que chez les Calmars et les Sepioteuthes l’oreille externe est marquee par un cröte auriculaire transversale, ondulee, fortement 6&largie et recourbee en avant, & ses extremites, le trou auditif &tant situ& en avant et en dedans des replis inferieurs de cette cröte. Elle est plus compliqu&e encore chez les Onycho- tenthes par des cr&tes longitudinales, dans l’avant-derniere des- quelles (en commencant du haut en bas) est situ6, dans un repli posterieur, le trou auditif externe; cet organe est perce dans le repli d’une cr&te longitudinale inferieure chez les Ommastrephes. Ainsi la position et les accessoires de l’oreille externe suivent les groupes generiques et celles des familles, puisque l’oreille est sans crete, sans la bride cervicale chez tous les Octopodes, qu’elle est aussi sans cröte auriculaire chez les Sepidees, les Loligopsidees; qu’elle est pourvue d’une cr&te auriculaire transversale chez les Loligidees, tandis qu’elle est proteg&e en möme temps par des cretes longitudinales et transversales chez les Teuthidees. D’apres z ce qui precede, nous pourrions croire encore que la complication de l’oreille externe est toujours relative & la velocit€ de la nu- tation chez les C&phalopodes.‘‘ Vielleicht sind diese Beobachtungen von D’ORBIGNY immer noch zutreffend, auch wenn wir diese Sinnes- organe nicht als Ohren, sondern als Organe eines chemischen Sinnes betrachten. JATTA (1896) macht in seinem neueren System der Mittelmeer- Cephalopoden auf den Fehler von p’ORBIGNY aufmerksam, läßt aber die Organe dann in seinem Werke außer acht. Die einzige Arbeit, die sich eingehender mit dem „Geruchs- organe“ der Cephalopoden beschäftigt, ist die von ZERNOFF (1869). Er hat diese Organe bei Sepia und Eledone studiert, und gibt zum erstenmal für die Dibranchiaten histologische Details. Es ist nicht überraschend, daß er die Struktur dieser Organe von dem- selben Standpunkt betrachtet wie seine Vorgänger, nämlich als analog der Nase der Wirbeltiere. Aehnlichkeiten der Struktur sind ihm mehr aufgefallen als Verschiedenheiten. Am Anfang seiner Arbeit schreibt er: „Eigentlich bietet dieses Organ in seiner Organisation nichts Eigentümliches — es ist nach demselben Schema angelegt, welches Max ScHULTzZE für das Geruchsorgan der Wirbeltiere aufgestellt hat; aber dieser Umstand ist um so interessanter, weil sich in diesem Falle wiederum, und zwar diesmal bei einer niedrigen Tierklasse, die Nervenendigung im Epithel als Faktum bestätigt und ein Organ der Weichtiere vermöge seiner Organisation in eine Reihe mit dem entsprechenden Organ der Wirbeltiere zu stehen kommt.“ Die Details von ZERNOFFS Be- schreibung, durch welche er diese Ansicht stützt, werde ich näher mit den Resultaten meiner Untersuchung vergleichen. Seine Unter- suchung ist histologisch eingehend und enthält Details, die auf genauen Beobachtungen beruhen. Den Hauptteil seiner Beschreibung konnte ich durch eigene Untersuchung bestätigen. Seine Be- schreibung werde ich zum Ausgangspunkt für meine eigene nehmen, und seine Resultate mit den wenigen histologischen Angaben, die man bei anderen Autoren findet, vergleichen. Ueber gewisse Punkte bin ich zu anderen Resultaten gekommen als ZERNOFF, und möchte im übrigen durch Beschreibung der Geruchsorgane anderer Cephalopoden, und durch weitere Angaben über die feinere Zellstruktur dieser Organe seine Beschreibung ergänzen. Be- sonders über die eigentümliche Struktur der „Sinneszellen“ hoffe ich Neues zu bringen. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 363 364 Grace B. Watkinson, Material und Methode. In Neapel konnte ich folgende Formen von Cephalopoden in frischem Zustande studieren: Decapoden: Sepia officinalis Lın., „ elegans D’ORB., „ orbignyana FERr., Sepiola rondeletii (GESNER) LEACH,, Rossia macrosoma ÜHIAJE, Loligo vulgaris Lim., „ marmorae VER., ( „ forbesii Srtp. in Helgoland), Illex coindetii VER. Octopoden: Octopus vulgaris Lim., „ macropus Rısso, „ defilippü. Eledone moschata Liın., ® aldrovandi RArF., Scaeurgus unicirrus D. CH., Ocytho& tuberculata FE£R. Die übrigen Formen von Cephalopoden, die ich beschreiben werde, waren schon in Alkohol konserviert, als ich sie zu studieren bekam, und bei diesen war es leider nicht immer möglich, über die Details der Zellstruktur des „Geruchsorgans‘‘ Klarheit zu ge- winnen. Die in Alkohol konservierten Cephalopoden-Exemplare, die ich studierte, gehörten zu folgenden Gattungen und Arten: Argonauta argo Lin., Tremoctopus violaceus D. CH., Bolitaena steenstrup. (Eledonella) spec. ? Todaropsis veranyi GIRARD, Abraliopsis morisii VERANY = A. Hoylei PFEFFER —= A. Pfefferi JOUBIN, Chiroteuthis veranyi, Liocranchia valdiviae Caun n. sp. Die Untersuchung am lebenden Tiere zeigte die starke Flim- merung der Oberfläche des „Geruchsorgans“ und die muskulöse Kontraktion der Haut an dieser Stelle. Ein Zerzupfen von frischem Gewebe oder Isolierung der Epithelelemente durch Einlegen für ; “. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 365 einige Stunden in 25 ccm Seewasser mit 2 Tropfen FLEmmInGscher Lösung und Färbung des Stückes mit Karmin oder Hämatoxylin nach der Methode von Stönr (Einschließen in Glyzerin) gaben manche interessante Aufschlüsse in bezug auf die äußere Form der Zellen, aber die feineren Details der Zellstruktur waren nur mit der folgenden Schnittmethode darzustellen. Bei der Iso- lierungs- und Zerzupfungsmethode wurden die Flimmerhaare auch meistens abgebrochen. Eine Verbindung zwischen Nervenendfasern und Sinneszellen war in diesen wie in den Schnittpräparaten niemals wahrnehmbar, wohl wegen der außerordentlichen Feinheit derselben. Die besten Präparate für histologische Untersuchung des Organs erzielte ich durch Fixierung von frischen Gewebs- stücken in starker FLemminGscher Lösung, Herstellung von Mikro- tomschnitten von 1—3 u Dicke, Färbung der Schnitte auf dem Objektträger mit HEIDENHAINS Eisenhämatoxylin (lange Methode) und Nachfärbung mit Eosin, Saffranin oder sogar mit Karmin. Andere Färbmittel, wie DELAFIELDs Hämatoxylin mit Orange G u. S. w., zeigten sehr gut die allgemeine Struktur des Gewebes, aber nicht die Details der Zellen. Eine vorsichtige Behandlung der Gewebsstücke- war in allen Fällen nötig, um ein Abfallen der Flimmerhaare zu vermeiden. Bei den taschenförmigen Organen, besonders wo diese sich im kontrahierten Zustand befanden, erwies es sich als vorteilhaft, bald nach der ersten Fixierung die Wandung “aufzuschneiden, um ein leichteres Eindringen der Flüssigkeit ins "Gewebe zu ermöglichen, da oftmals Schleim von der übrigen Haut, Tinte oder andere fremde Substanzen, durch die Flimmerbewegung in die Gruben hineingelangten und eine gute Fixierung des Epithels verhinderten. Wiederbolte Versuche mit den Imprägnations- methoden von GOLGI, APpÄTHy, BIELSCHOWSKY und der neuen Methode von PATon zur Darstellung der Nervenfibrillen waren hier leider ohne Erfolg. Im Zentralnervensystem waren durch Vergoldung die Faserbahnen sehr schön demonstrierbar, aber außer- halb desselben färbten sich Bindegewebe, Nerven und sogar Epithel- zellwände in allen Fällen ganz gleich, so daß eine Feststellung des Verhaltens der feinsten Nervenendigungen zu den Epithel- zellen ausgeschlossen war. Anatomischer-Bau des @eruchsorgans. Um eine vergleichende Betrachtung des Baues des „Geruchs- Organs“ bei den verschiedenen Cephalopoden-Arten zu ermöglichen, werde ich die Beschreibung mit einer kurzen Uebersicht über die Bd, XLIV. N, F. XXXVIL. 24 = 366 Grace B. Watkinson, allgemeinen anatomischen Verhältnisse desselben anfangen und nachher zu einer speziellen histologischen Beschreibung seiner Zellelemente übergehen. Was den allgemein anatomischen Bau anbetrifft, so habe ich folgendes durch eigene Untersuchung be- stätigen können. 1. Embryologie. Bei Sepia- und Loligo-Embryonen entstehen die „Geruchs- organe“ als ein Paar kleine ovale Scheiben, die am Kopfe liegen, hinter den Augen und etwas mehr nach der Trichterseite zu, und aus verdicktem Epithel bestehen (s. Textfig. 1a). Diese Stellen sind in früheren em- bryonalen Stadien etwas schwer zu finden, besonders bei konserviertem Stelle von einem konservierten Sepia- Embryonen von Loligo vulgaris aus der Fig. 1. Sepia offiei- Eischale befreit und im Seewasser unter nalis, Embryo. a Anlage dem Mikroskop untersucht. Wegen der des Geruchsorgans, b Trichter, ; a c Auge. außerordentlichen Durchsichtigkeit der Haut dieser Embryonen ist eine solche Erhebung an dieser Stelle, wie bei den Sepia-Embryonen, im Leben nicht wahrnehmbar. Eine starke Flimmerung der Stelle und etwas geringere Durchsichtigkeit der Haut waren aber zu erkennen (Textfig. 2a). Andererseits sind diese Stellen auf Schnitten durch Köpfe von Loligo- sowie von Sepia-Embryonen als stark verdickte Partien des Epithels sehr gut zu sehen (Taf. 19, Fig. 1 u. 2). In dem Stadium des Loligo-Embryos, welches auf Fig. 2 abgebildet ist, sind die Zellen an diesen Stellen schon differenziert und zeigen den Bau, welcher für die Zellen des Organs der erwachsenen Tiere charakteristisch ist (s. unten). ZERNOFF hat in seinen Schnittpräparaten von Sepia-Embryonen einen Nerven, der an diese verdickte Epithelstelle herantreten soll, nicht sicher feststellen können. Auf meinen Präparaten von Sepia- und Loligo-Embryonen sind Nerven und auch Blutgefäße, die an diese Epithelpartien herantreten, ganz gut zu beobachten (Fig. 1 u. 2, Taf. 19). Die Nerven sind verhältnismäßig starke, einzelne, Material. KöÖLLIKER beschreibt an dieser | Embryo „einen kleinen, warzenartigen runden Vorsprung“.. Ich habe lebende ' k Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 367 unverzweigte Stämme, die von der Trichterseite des Kopfes her in dem Bindegewebe unterhalb des Hautepithels |verlaufen, dann dicht unter den verdickten Epithelpartien sich fächerförmig ver- zweigen und ihre Aeste in dieses Epithel hinein verteilen (Textfig. 3). Fig. 2. Fig. 2. Loligo vulgaris, Embryo (nach dem Leben gezeichnet). « Anlage des Geruchsorgans. Fig. 3. Längsschnitt durch die Anlage des Geruchsorgans von Lo- Bi go vulgaris (schematisiert. « Muskel, - 5 Geruchsepithel, c, c‘, c Nervenbündel, d Blut- € gefäß, e, e' Bindegewebe. Fig. 3. Die feinen Zweige der Blutgefäße verteilen sich in dem Binde- gewebe unterhalb derselben Epithelpartie. | JouBIn (1892) beschreibt interessante Experimente mit einer intravitalen Methylenblaufärbung dieser Epithelpartien bei Loligo- Embryonen. Er mischte ein ganz kleines Quantum Methylenblau- lösung zu Seewasser, in welchem die Embryonen waren, und er- zielte in der Region der oben beschriebenen Epithelscheibe ein fein blaupunktiertes Aussehen der Haut. Diese blauen Punkte faßt er als die Endigungen des Nerven im Epithel auf. Von dieser Stelle verläuft nach seiner Beschreibung eine Strecke weit nach unten ein dunkler blauer Streifen, welcher dem Nerven entspricht. Leider war Jousıns Färbung dieser Organe bei der Fixierung nicht haltbar, so daß eine Untersuchung der blauen Punkte im Schnitt nicht erfolgen konnte. Zu einer Besprechung JouBıns 24. * 368 Grace B. Watkinson, weiterer histologischen Angaben, die sich auf Schnitte durch diese Teile beziehen, kommen wir bald zurück. Bei Sepia-Embryonen vollzieht sich der Uebergang von dem scheibenförmigen Stadium des Organs zu der ausgebildeten Taschenform der erwachsenen Tiere durch eine Einsenkung der verdickten Epithelscheibe und ein Hinüberwachsen der nächst- liegenden indifferenten Epithellage, in Form einer Ringfalte (Textfig. 4 a). Dieses Wachstum schreitet an dem hinteren Rande der Scheibe schneller fort als am vorderen, so daß die Tasche nach hinten tiefer eingesenkt wird als nach vorn und die Oeffnung nach vorn und etwas nach oben von dem Trichter weg gerichtet ist. Bei dem Ausschlüpfen das Organ schon taschenförmig ge- worden und zeigt den für das Organ charakteristischen Zellbau. Die Ent- wickelung des Organs bei Sepia ist — geschildert und von ZERNOFF Sche- Fig. 4. Sepia offici- matisch abgebildet worden. Eine nalis, Embryo (älter als in ähnliche Reihe schematischer Längs- Fig. 1). « Geruchsorgan, 5 Trich- } - ter, ce Auge. schnitte durch das Organ von Sepia geben wir in Textfig. 22. Bei den Loligo-Embryonen finde ich die Entstehung des Organs ganz wie bei Sepia, nur findet hier bloß eine Faltung und nicht eine taschenförmige Einsenkung desselben statt. Daß bei anderen von KÖLLIKER und ZERNOFF kurz des Embryos aus der Eischale ist Cephalopoden-Arten die Entwickelung dieses Organs etwas anders als bei Sepia verlaufen muß, wird aus der Beschreibung des Baues des ausgebildeten Organs von anderen Cephalopoden hervorgehen. | 2. Ausgebildetes Organ. Bei den Decapoden ist die typische Lage des Geruchsorgans dieselbe, die wir für Sepia- und Loligo-Embryonen beschrieben und abgebildet haben. Bei den Octopoden dagegen liegt es weiter nach oben am Halse und unter dem Rand des Mantels in dem Winkel, wo der Mantel sich am Halse festsetzt. Es ist bei den Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 369 Dibranchiaten wegen seiner Kleinheit schwer aufzufinden, be- sonders bei pelagischen Formen wie Loligo und Illex, deren Haut im Leben so glasartig durchsichtig ist. Im allgemeinen ist das Organ bei konserviertem Material leichter zu finden als im Leben, da die Haut dann durch die Fixierung weniger durchsichtig ge- worden ist. Das Organ ist typischerweise mit Flimmerhaaren besetzt und bei Sepia und Octopus etwas gelblich gefärbt. Kontraktilität der Haut. In bezug auf die äußere Form ist eine wichtige Tatsache in den Beschreibungen des „Geruchsorgans“ bis jetzt nicht in Betracht gezogen worden. Diese bezieht sich auf die stark muskulöse Beschaffenheit, welche bekanntlich für die Cephalopodenhaut charakteristisch ist und in den meisten Fällen gleichfalls für das Geruchsorgan zutrifft. Bei den Decapoden kann die Haut an- scheinend willkürlich an einer Stelle hohe Falten bilden, während die nächstliegende Partie glatt bleibt. Bei den Octopoden ist die Kontraktilität der Haut noch stärker ausgebildet, und die Fähig- keit dieser Tiere, Papillen an bestimmten Stellen oder an der ganzen Haut zu erheben, ist eine auffallende Erscheinung. Im „Geruchsorgan“ zeigt sich diese muskulöse Beschaffenheit der Haut durch eine anscheinend willkürliche Erweiterung und Ver- engerung der Oeffnung der taschenförmigen Organe und eine häufige Faltung des Bodens derselben. Bei gewissen Octopoden kann der Boden der Tasche sogar papillenförmig ausgestülpt werden. Eine Fixierung dieser zufällig verschiedenen Kontraktionszustände wird wohl die Erklärung geben für einen gewissen Mangel an Uebereinstimmung in den Beschreibungen dieser Organe bei ver- schiedenen Autoren (siehe unten KÖLLIKER über Octopus und MEyEr über Ocythoö). Taschenförmige „Geruchsorgane‘. Sepia. Die Form des „Geruchsorgans‘“ von Sepia haben wir schon bei der Besprechung seiner Entwickelung beschrieben. Das Ver- halten bei Sepia kann als Beispiel für die Taschen- und Gruben- form des Organs gewählt werden. Bei Sepia officinalis, elegans (Textfig. 5 u. 6) und orbignyana ist es eine länglich-ovale Tasche mit nach vorn gerichteter Oeffnung. 370 Grace B. Watkinson, Das Innere dieser Taschen ist stark mit Flimmerhaaren be- setzt, und im Leben wird durch diese ein beständiger Wechsel des Wassers im Innern bewirkt. Manchmal bei konservierten Ex- emplaren, besonders bei Konservierung mit Formol, welches die Haut etwas durchsichtig macht, kann man den Nerven durch- schimmern sehen, welcher unter der Haut in der Richtung von dem Trichter her an dieser Stelle herantritt. Textfig. 6 zeigt das Geruchsorgan von Sepia officinalis mit kontrahierter Oeffnung, um welche herum die Haut durch diese Kontraktion sich radiär ge- faltet hat. Fig. 5. Fig. 5. Sepia elegans (natürliche Größe). a Ge- ruchsorgan, b Trichter, ce Auge. Fig. 6. Geruchsorgan von Sepia officina- is. (3enl) Fig. 6. Sepiola und Rossia. Bei Sepiola rondeletii und Rossia macrosoma ist die Ein- senkung des Epithels geringer als bei Sepia. Hier erhebt sich um die kreisrunde Epithelscheibe herum das undifferenzierte Haut- epithel auf allen Seiten gleichmäßig in Form einer Ringfalte, ent- sprechend dem Stadium der Entwickelung des Organs, die für Sepia in Textfig. 21b abgebildet ist. Die Oefinung des Organs von Sepiola kann sich so eng zusammenschließen, daß das ganze Gebilde, welches sich etwas über die Oberfläche nach außen erhebt, das Aussehen einer Papille anstatt einer Tasche bekommt, wie KÖLLIKER gleichfalls beschreibt (Textfig. 29). Octopus und Eledone. Bei Octopus, Eledone, Ocythoö und Scaeurgus ist das Organ gleichfalls taschenförmig und ähnlich wie bei Sepia. Nur ist die Tasche hier mehr rundlich begrenzt und ihr Boden viel stärker gefaltet, oftmals sogar nach außen vorgestülpt. KÖLLIKER be- Ueber die sog. Geruchsorgane der Oephalopoden. a7ı schreibt das Organ von Octopus als durch eine Falte bedeckt. "Dies ist wohl durch die Fixierung eines temporären Kontraktions- zustandes der Haut zu erklären. Auch die von ihm beschriebenen _ „warzenartigen weißen Vorsprünge“ dürften wohl in ähnlicher Weise aufzufassen sein. MxYErs Angabe, daß er bei Ocytho@ und Scaeurgus „Geruchs- höcker“ fand, würde dann der Fixierung eines vollständigen Ausstülpungszustandes entsprechen. In Textfig. 7 ist das „Geruchs- organ“ von Ocytho& tuberculata abgebildet, wie es im Leben aussieht, mit weit geöff- Fig. 7. Geruchs- netem Innenraum, auf dessen Boden Falten Dee. in fächerförmiger Anordnung sichtbar sind. es Eine ähnliche Anordnung der Falten, „comme les barbes d’une _ plume“, ist von VALENCIENNES, wie oben zitiert, für Nautilus be- schrieben worden. Was diese Anordnung der Falten bedeutet, werden wir bei der Betrachtung des feineren Baues dieser Organe besprechen. Loligo. Bei Loligo, Illex, Ommastrephes und Todaropsis kommt nun eine andere Ausbildung des Geruchsorgans als bei Sepia und Octopus zustande. Diese Ausbildung ist von besonderem Interesse, weil sie als Uebergang betrachtet werden kann zu der zweiten Art der Ausbildung, nämlich der später zu besprechenden Papillenform des Or- gans, die wir von ihr ableiten können. Hier erhebt sich das Sinnes- epithel nach außen, anstatt sich unter die Oberfläche einzusen- ken, so daß es frei und verhältnismäßig un- geschützt uen er Fig. 8 Loligo vulgaris, Kopfpartie. gebenden Wasser aus- u Geruchsorgan, b Trichter, ce Auge. gesetzt ist. Textfig. 8 zeigt die Lage des Organs bei diesen Tieren in dem vorderen Winkel, welchen der ventrale Teil des Halskammes mit dem Kopfe bildet, und welche, wie D’ORBIGNY gezeigt hat, bei dem raschen Schwimmen dieser pelagischen 312 Grace B. Watkinson, Tiere einen Schutz gegen die Reibung des Wassers gibt, aber eine so komplette Schutzeinrichtung wie die geschlossenen Taschen von Sepia und Octopus kommt hier nicht vor. Flimmerhaare sind auch hier vorhanden wie bei den schon beschriebenen Formen. Fig. 9. Geruchsorgan von Loligo vulgaris von der linken Kopfseite, unge- faltet (8:]). Fig. 10. Geruchsorgan von Loligo vulgaris von der rechten Kopfseite, gefal- tet (3:1). Fig. 9. Fig. 10. Textfig. 9 und 10 zeigen das Organ von Loligo vulgaris stärker vergrößert, welches aus einer hohen einfachen kreisrunden Haut- falte besteht. Diese Falte ist in der Mitte auf der nach den Augen zu liegenden Seite stark verdickt, nach hinten aber so niedrig, daß sie sich über die Oberfläche der übrigen Haut kaum erhebt. Nach der inneren Seite des Ringes zu werden gewöhnlich von dem Geruchsepithel selbst Falten gebildet, so daß auf dem Längs- schnitt des Organs ein kompliziertes Bild entsteht. Textfig. 10 zeigt, wie durch Kontraktion der benachbarten Haut die Form des Organs weiter verändert werden kann. Papillenförmige Geruchsorgane. Unter den Oigopsiden ist bei Illex (Textfig. 11) und Todaropsis (Textfig. 12) die Form des Organs ganz ähnlich wie bei Loligo; und in gleicher Lage im Verhältnis zum Halskamm sind sie für ÖOmmastrephes von VERRILL und WeEIss und für Gonatus fabricii von HoyYLE beschrieben worden, während WeEıss die Organe von Tracheloteuthis behnii als ähnlich denen von Sepiola beschreibt. Eine ausgesprochene ausgestülpte Form des Organs, die ich Papillenform genannt habe, kommt, soviel ich weiß, nur bei ge- wissen Oegopsiden und Octopoden vor. Die von KÖLLIKER Kurz beschriebenen Papillen von Argonauta und Tremoctopus können als eine Weiterentwickelung der Organe von Octopus, Eledone, Ocytho& u. s. w., wo der Boden der Grube ausgestülpt sein kann, aufgefaßt werden; nur scheint bei den ersteren dieser ausgestülpte “ Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 373 Zustand konstant geworden zu sein, wohl durch eine größere Ver- dickung und Konzentration des Gewebes, während er bei den letzteren nur willkürlich hervorgerufen werden kann. Bei Argo- nauta (Textfig. 13) ist die Ausstülpung etwas länglich und erinnert an das Organ von Loligo, während sie bei Tremoctopus ganz kugelig ist (Textfig. 14). Fig. 13. Fig. 13. Argonauta argo. «a Geruchsorgan, 5 Mantelrand, ce Auge. Fig. 14. Geruchsorgan von Tremoctopus violaceus (4:]). 374 Grace B. Watkinson, Bei einem Oegopsiden, nämlich bei Liocranchia, zeigt sich eine weitere Entwickelung dieser Papillenform des „Geruchsorgans“ (Textfig. 16). Hier ist die Ausbildung der Papille ähnlich der bei Tremoctopus, nur weiter fortgeschritten. Die Papille ist hier anderthalbmal so lang wie dick und proximalwärts etwas ein- geschnürt. Die Oberfläche ist wie bei dem Organ von Tremoctopus Fig. 15. Ir Fig. 15. Tremoctopus violaceus. a Geruchsorgan, d Mantelrand, c Auge. Fig. 16. Geruchsorgan von Liocranchia (4: ]). glatt, und bei dem konservierten Exemplar konnte ich Keine Flimmerhaare nachweisen. (Es war zu erwarten, daß an einer so exponierten Stelle, auch bei der vorsichtigsten Behandlung, die Flimmerhaare abgerieben sein würden.) Bolitaena. Ein höchst interessanter Fall der Ausbildung des Organs in der Octopoden-Reihe findet sich bei der von Cuun beschriebenen Bolitaena. Das Organ liegt hier (Textfig. 17) an der für die Octo- Fig. 17. Fig. 17. Bolitaena steenstr. (Eledonella). « Geruchsorgan, 5 Mantel (aufgeschnitten), e Auge. Fig. 18. Geruchsorgan von Bolitaena steenstr. (nach (CHUN). } l Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 315 ‚poden typischen Stelle, wird aber von einem Stiel getragen; es ist als eine Papille ausgebildet mit (in Alkohol) weichem, durch- sichtigem Hals und einer verdickten festen Kappe am Ende, die dem ganzen Gebilde ein pilzhutförmiges Aussehen gibt (Textfig. 18). In Alkohol ist die Kappe undurchsichtig, während das Hals- gewebe in der Längsachse den feinen Nerven durchscheinen läßt, der zur Endkappe läuft. Opisthoteuthis, Die von Meyer (1906) für Opisthoteuthis depressa Isıma und IkıpaA beschriebenen „Geruchshöcker“ sind in ihrer Lage sehr abweichend von denen der übrigen Octopoden. Die veränderte Orientierung des ganzen Körpers bei diesem merkwürdig abge- platteten Tiere erklärt diese veränderte Lage der Geruchsorgane vollständig. Die Papillen sind hier innerhalb der Mantelhöhle gelagert, und zwar auf jeder Seite des Trichters da, wo das Atem- wasser durch die stark verschmälerte Mantelöffnung hineintreten muß. Ueber die Form dieser Papillen schreibt Meyer: „Der Geruchshöcker hat die Form einer kleinen Leiste, deren Ränder nach beiden Seiten pilzhutförmig überstehen. .... Das Sinnes- epithel scheint über die ganze Oberfläche des Geruchshöckers, nicht nur an den umgeschlagenen Rändern ausgebreitet zu sein.“ Chiroteuthis. Die eigentümlichste Ausbildung des Geruchsorgans in dieser Richtung findet sich aber bei Chiroteuthis (Textfig. 19). Hier er- Fig. 19. Fig. 20. Fig. 19. Chiroteuthis veranyi. a Geruchsorgan, b Trichter, ce Auge. Fig. 20. Geruchsorgan von Chiroteuthis veranyi (5:1). | scheint die Papille in eine tentakelartige Form umgewandelt, ein Gebilde, welches einen langen weichen Hals und einen vergrößerten eichelförmigen Kopf unterscheiden läßt (Textfig. 20). ” 376 Grace B. Watkinson, Die ganze Länge der Papille war bei dem mir vorliegenden Exemplar 4 mm und die Dicke des Kopfes 1,5 mm. Ein Hals- kamm ist hier nicht vorhanden, und die tentakelförmigen Papillen hängen an den Seiten des Kopfes an den Stellen, wo die Geruchs- organe der Decapoden typischerweise zu liegen kommen (Textfig. 8, 11, 12). Das verschmälerte Ende der Kopfpartie der Papille ist stumpf und abgerundet. Nach proximalwärts verdickt sich die Kopfpartie zu einem ringförmigen Wulst. Wie bei Bolitaena war bei dem mit Alkohol konservierten Exemplar die Kopfpartie un- durchsichtig und fest, der Hals dagegen weich und durchsichtig. In der Längsachse des Halses zeigt sich durchschimmernd der feine Nerv. Die Aehnlichkeit dieser Papillen mit dem vorher be- schriebenen Organ von Bolitaena ist bemerkenswert, aber bei Chiroteuthis ist die Form der Papille komplizierter. Diese Gebilde sind bei Chiroteuthis von VERRILL und Weiss beobachtet, und von Weıss als „spoonshaped‘ beschrieben worden. Weıss beschreibt auch eine ähnliche Entwickelung der papillen- förmigen Organe bei anderen Oegopsiden. Er schreibt, daß Ony- choteuthis, Thysanoteuthis und Histioteuthis drei Stufen darstellen, die in Chiroteuthis ihre höchste Ausbildung erlangen. Das Organ von Loligo und Ommastrephes faßt Weıss als den Ausgangspunkt für die Entwickelung der Organe in zwei Richtungen auf, einer- seits nach der eingestülpten Tasche von Sepia und Octopus, andererseits nach der Papillenbildung bei Chiroteuthis. Uebergang von Taschenform zu Papillenform des Organs. Die Organe, die ich oben im allgemeinen beschrieben habe, will ich in einer Reihe schematischer Längsschnitte darstellen, um diese Uebergänge nach den beiden Richtungen zu veranschaulichen (Textfig. 21). Auf Textfig. 22 sind drei Stadien aus der Entwickelung des Organs von Sepia officinalis abgebildet, um einen Vergleich mit Textfig. 21a, b, ce zu ermöglichen. Weiss hält die ausgestülpte Form des Organs für die primi- tivere und vergleicht einen Uebergang von dieser zu einer ein- gestülpten Bildung mit dem Uebergang des Riechorgans der Fische von äußerlichen Gebilden zu Gruben, wie dies von WIEDERSHEIM beschrieben worden ist. Wir sehen nun, daß die Form des Geruchsorgans der Cephalo- poden durch die muskulöse Beschaffenheit der Haut dieser Tiere 2 Ueber die sog. Geruchsorgane der Öephalopoden. 377 veränderlich ist und daß sie außerdem, selbst bei nahe verwandten Gattungen, variiert von einer tief eingesenkten Grube, deren Boden aus verdicktem Epithel besteht, zu einer tentakelähnlichen Papille, von welcher nur der Kopfteil dieses differenzierte Epithel trägt. Eine Erklärung dieser Verschiedenheiten in der Ausbildung des Organs wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Studium der Lebensweise der Tiere ergeben. Wir gehen jetzt zu einer näheren Betrachtung des „Geruchsorgans“ über. Fig. 22. Fig. 21. Schematische Längsschnitte durch „Geruchs- organe* von Cephalopoden, um die Uebergänge von der Taschenform zur Papillenform zu zeigen. a Loligo, b Sepiola, € Sepia, d Octopus (eingestülpt), e Octopus (ausgestülpt), f 'Tremoctopus, g Liocranchia, h Bolitaena, i Chiroteuthis. b Fig. 22. Drei Stadien aus der Entwickelung des Geruchs- organs von Sepia officinalis (schematische Längsschnitte). Gerucehsnerv. Die Ursprungsstelle der Geruchsnerven aus der zentralen Ganglienmasse, dem sogen. „Gehirn“, ist in den früheren Arbeiten über Cephalopoden-Anatomie verschieden angegeben worden. Die neueren Angaben aber stimmen in diesem Punkt mehr überein. Es handelt sich hier um zwei Fragen: erstens, aus welcher Partie der zentralen Ganglienmasse die Geruchsnerven ihren Ursprung nehmen, und zweitens, ob sie mit den sogen. „Geruchsganglien‘“ in 378 Grace B. Watkinson, irgendwelcher Verbindung stehen. Diese „Geruchsganglien“ sind ein Paar kleine runde Knötchen, die oben auf dem dicken Stamm des Nervus opticus liegen, seitlich von der Cerebralregion der Zentralganglienmasse. Diese Knötchen sind von den Autoren „Ganglia pedunculi“ genannt worden. Der Name „Geruchs- ganglion“ stammt, nach JATTA (1887), von Hancock (1852), und dieses Knötchen ist von CHERON (1866), OwSJANIKOW und KowA- LEWSKY (1866) und v. JHERInG (1877) bei der Beschreibung des Nervensystems der Oephalopoden so genannt und als die Ursprungs- stelle des Geruchsnerven angegeben worden. Nach KÖLLIKER ent- springt der Riechnerv von Argonauta und Tremoctopus aus diesem Ganglion, während er bei Sepia aus dem Stamme des Sehnerven heraustreten soll. KEFERSTEIN beschreibt für alle Cephalopoden einen kleinen besonderen Höcker als Ursprungsstelle des Geruchs- nerven, und diese Auffassung der Funktion dieser Knoten scheint früher die allgemein verbreitete gewesen zu sein. ZERNOFF (1869) bestreitet bei der Beschreibung des Verlaufs des Geruchsnerven von Sepia diese Ansicht der anderen und verlegt wie KÖLLIKER den Ursprung des „Geruchsnerven“ von Sepia in den Stamm des Nervus opticus, wo er aus der Unterseite desselben entspringen soll, so daß er mit dem erwähnten Knötchen „durchaus in keiner Verbindung steht“, sondern vielmehr von ihm „durch die ganze Masse des Opticusstranges getrennt ist“. JATTA bestreitet gleich- falls, ohne auf die Arbeiten von KÖLLIKER und ZERNOFF hinzu- deuten, die allgemeine Auffassung von diesem Knötchen als Ur- sprungsstelle des Geruchsnerven. Er hat die Verhältnisse weiter untersucht und findet bei den Cephalopoden im allgemeinen, daß, obwohl der Stamm des Geruchsnerven mit dem der Augennerven in enger Verbindung steht und manchmal aus ihm heraustritt, er keine von den Fasern des Augennerven enthält. Diese sollen aus. aus drei Partien der zentralen Ganglienmasse, dem „frontale su- perius“, dem „basale posterius“ und dem „basale anterius‘“‘ (Nomen- klatur nach DieTL) entspringen, die Fasern des Geruchsnerven dagegen ausschließlich aus dem Ganglion „frontale superius“ (Cerebralganglion). Bei meiner Untersuchung dieser Beziehungen habe ich niemals irgendwelche Verbindung zwischen dem „Geruchsnerven“ und diesem Knötchen finden können, und ich halte den Namen Ganglia pedunculi für diese Gebilde für passender als „Geruchsganglien“, welch letztere Bezeichnung einen falschen Begriff von der Funktion derselben gibt. Es ist interessant, daß KLEMENnSIEwIcz (1878) in 3 FE) Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 379 seiner Arbeit über die Chromatophoren diesen Knötchen eine ganz andere Funktion zuschreibt. Er hält sie nämlich für die Zentren der Erregung der Chromatophoren. Was den Ursprung des Geruchsnerven im Zentralnervensystem weiter anbetrifft, so finde ich überall eine Bestätigung der oben besprochenen Angaben über den engen Zu- sammenhang desselben mit dem Augennerven. Bei Sepia (Textfig. 23), Eledone (Textfig. 24) und Ocythoö (Textfig. 25) tritt der „Geruchs- nerv“ aus dem Stamm des Augennerven, wäh- rend er bei Loligo ge- Fig. 23 B. prennt, aber dicht BNOE Fig. 23A. Gehirn von Sepia officina- ihm, durch die Knor- lis (von links gesehen). a Augennerv, d Gangl. pedunculi, ce Geruchsnerv, d Oesophagus. pelscheibe der Orbita Fig. 23B. Dasselbe (von oben gesehen). hindurch in dieOrbital-‘_a-—d wie oben, e Geruchsorgan, /, /‘ Knorpel. region hineintritt. Nach MEyer fehlt bei Opisthoteuthis das Ganglion pedunculi, und der Ursprung des „Olfactorius“ ist beinahe auf die Unter- schlundmasse verlegt. Fig. 24 A. Fig. 24A. Augennerv und Augenganglion von Eledone moschata (von oben gesehen). a Augenganglion, db Augennery, ce Ganglion pedunculi, e Knorpel. Fig. 24B. asselbe (von hinten gesehen). a—e wie in A, f Zentral- nervenmasse. 380 Grace B. Watkinson, Auf Schnitten durch den Kopf von Sepia und Loligo habe ich den Verlauf der Fasern dieser Nerven innerhalb des Zentral- nervensystems studiert, um die Angaben über dieselben nach- zuprüfen und zu finden, aus welcher Region die Fasern des Ge- ruchsnerven ihren Ursprung nehmen. Eine so genaue Unter- scheidung der Fasern der zwei Nerven, wie nach der Arbeit von JATTA möglich sein soll, fand ich außerordentlich schwierig. An der Stelle, wo dieser doppelte Nerv, d. h. Augennerv mit Geruchs- nerv, aus der zentralen Ganglienmasse heraustritt, kommt eine höchst komplizierte Kreuzung der Fasern zustande, wie ich in keiner anderen Partie des Gehirns fand, und von dieser Stelle ver- teilen sich die Fasern beider Nerven, so- weit man feststellen kann, ziemlich gleich- mäßig unterhalb und oberhalb des Schlundes. Es ist deshalb unrich- tig, zu sagen, daß die Fasern des Geruchs- nerven oder des Augen- nerven aus der Üere- bralregion allein stam- Fig. 25. Verlauf des Geruchsnerven men, aber eine wei- bei Ocytho&ö tuberculata. a Geruchsnerv, tere Bestimmung dieser b Ganglion pedunculi, ce Geruchsnerv, d Augen- Verhältnisse kann nur knorpel, e Orbitalraum, f Geruchsorgan, g Mantel \ i (weggeschnitten), A Muskulatur. nach einem eingehen- den Studium des Ver- laufs der Faserbahnen im Gehirn gemacht werden, da diese in kompliziertester Weise miteinander zusammentreten. Der Verlauf des Geruchsnerven innerhalb der Orbita und seine Durchbohrung des Augenknorpels, um in das Bindegewebe unter- halb des Epithels zu gelangen, ist von KÖLLIKER und von ZERNOFF für Sepia beschrieben worden. Dieser Verlauf trifft für Loligo, Sepiola, Octopus, Eledone und Ocytho& nach meiner Beobachtung (Textfig. 23, 24 u. 25) in gleicher Weise zu. Die Stelle des Aus- tretens des Nerven aus der Orbita heraus ist etwas variabel, liegt aber immer ventral von dem Geruchsorgan selbst. Bei den Octo- poden dringt der Nerv außerhalb der Orbita zwischen den großen Muskelmassen des Halses (Textfig. 25) an das Epithel heran. Im Verlauf des Nerven habe ich keine Ganglienzellen gefunden. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 381 Die Enden der Nervenfasern verteilen sich innerhalb des Geruchs- epithels, wie wir später zeigen werden. Homologie der Geruchsorgane mit Osphradien, SPENGEL (1881) stellt in seiner Arbeit über das Geruchsorgan und das Nervensystem der Mollusken die Frage, ob die Geruchs- organe der Cephalo- poden mit den von ihm behandelten „Geruchsorganen“ oder Ösphradien der übrigen Mollusken homolog sind. Er weist auf die Tat- sache hin, daß bei den übrigen Mol- lusken diese Organe von der Visceral- kommissur aus in- nerviert werden, während die Cepha- lopoden-Geruchs- nerven in der Nähe des Opticus aus dem Zentralnerven- system entspringen. Wegen des unsiche- ren morphologischen Wertes dieser Stelle läßt er die Frage unbeantwortet, hält ‘es aber für wahr- 'scheinlich, daß die ' Visceralganglien der übrigen Mollusken ‚bei den Cephalo- | poden in die Zentral- Fig. 26A. Nautilus pompilius (von unten gesehen). a Osphradium des 1. Kiemenpaares (von LANKESTER und BOURNE beschrieben), 5 Osphradien des 2. Kiemenpaares (von WILLEY beschrieben), c, e' Kiemen, d Auge, e Trichter. ' nervenmasse einbezogen sind, und daß deshalb eine Innervierung Bd. XLIV. N. F. XXXVII. | | ‚des Geruchsorgans aus diesem Zentrum nicht ausgeschlossen sei. 25 382 Grace B. Watkinson, Die Theorie, daß die Visceralganglien einen Teil der Zentral- nervenmasse der Cephalopoden bilden, scheint neuerdings die all- gemein aufgenommene zu sein (Lang, p. 226). Es folgt aber nicht deshalb ohne weiteres, daß die Fasern des Geruchsnerven aus diesem Gebiet entspringen, und wie wir gesehen haben, ist diese Frage auf anatomischem Wege höchst schwierig zu beantworten. Ein indirekter Weg, um Licht über diese Frage zu verbreiten, ist in der Arbeit von LAnKASTER und BourNE (1883) gegeben. Diese Autoren beschreiben die Osphradien des 1. Kiemenpaares von Nautilus als homolog den SpenGELschen Organen und finden, Fig. 26B. Nautilus pompilius (von rechts gesehen). a—e wie auf Fig. 26 A, / Rhinophor, g vorderer Augententakel, % hinterer Augententakel. daß sie aus dem visceralen Gebiet innerviert sind. WıLLeys (1902) Beschreibung der Innervierung des von ihm entdeckten zweiten Paares Osphradien von Nautilus stimmt mit der von LANKASTER und BournE für das erste Paar überein, insofern als diese In- nervierung des zweiten Paares auch aus dem visceralen Gebiet erfolgt. Zugleich beschreiben LANKASTER und BOURNE bei Octopus | ein Paar homologe Nerven, die an die Hautstellen herantreten, wo ' bei Nautilus die Osphradien liegen, die aber hier, wo keine Osphradien vorkommen (dies ist bei allen Dibranchiaten der Fall), einfach in der Haut endigen. | Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 383 Das Vorhandensein dieser 2 Paare Osphradien bei Nautilus (Textfig. 26 A a u. b), die in ihrer Innervierung den SPENGELschen Organen entsprechen, zusammen mit den Rhinophoren (Textfig. 26B c), die in ihrer Innervierung den Geruchsorganen der Dibran- chiaten entsprechen, macht eine Homologie zwischen den Geruchs- organen der Dibranchiaten und den SPENGELSchen Organen höchst unwahrscheinlich; und das Vorhandensein von einem Paar Nerven bei Octopus (als Typus der Dibranchiaten), die den Nerven der Ösphradien von Nautilus und so den SPENGELSchen Organen der übrigen Mollusken entsprechen können, schließt eine solche Auf- fassung aus. Anderseits deutet die enge Verbindung des „Geruchsnerven“ der Cephalopoden mit dem Augennerven auf eine Homologie des Cephalopoden-Geruchsorgans mit dem hinteren Tentakel der Land- pulmonaten, wo Augennerv und „Riechnerv“ als gemeinsamer Stamm verlaufen. Diese Theorie ist von LANKASTER geäußert worden und scheint den bis jetzt bekannten Tatsachen am besten zu entsprechen. II, Spezieller Teil. Histologisch. Feinerer Bau des @eruchsorgans. KÖLLIKER hat die „pinien“-artige Verteilung der Geruchsnerven- Endigungen innerhalb des Epithels des Organs beschrieben, aber eine eingehendere histologische Untersuchung des Zellbaues des "Organs ist nur in der Arbeit von ZERNOFF zu finden, dessen Be- ‘schreibung sich auf Sepia officinalis, Loligo vulgaris und Eledone moschata bezieht. JouBın gibt in seiner oben erwähnten Arbeit ‚über das embryonale Geruchsorgan von Loligo eine Beschreibung ‚der Zellelemente, wie er sie an Schnittpräparaten beobachtete. ‘Seine Beschreibung ist sehr abweichend von der von ZERNOFF, dessen Beobachtungen im ganzen genauer zu sein scheinen. Die ‚fünf verschiedenen Arten von Zellen, die JoUBIN im Geruchsepithel beschreibt, sind, wie ich glaube, auf die von ZERNOFF beschriebenen ‚zwei Arten zu reduzieren. Ich habe die Angaben von ZERNOFF ‚genau nachgeprüft mit neueren Methoden (p. 365) und stärkerer "Vergrößerung, als vor 40 Jahren möglich war, und kann einen großen Teil seiner Befunde bestätigen. Es scheint mir, daß JOoUBIN die „Nebenkörper“ von ZERNOFFS Sinneszelien (p. 396) für schwach 25* 384 Grace B. Watkinson, gefärbte Zellkerne gehalten hat, was bei flüchtiger Betrachtung leicht möglich ist. Darauf scheinen JouBIns Angaben über „cel- lules fusiformes, ovoides ou arrondies“ hinzudeuten. Seine „cel- lules cubiques“ entsprechen wohl dann ZERNOFFS „Flimmerzellen“, und die vier anderen Arten von Zellen, die JouBIn beschreibt, ent- sprechen wohl den verschieden geformten ZERNOFFSchen „Sinnes- zellen“ oder dem Nebenkörper derselben. Leider war JOUBINS intravitale Methylenblau-Färbung der Geruchsorgane der Loligo- Embryonen, welche zur Demonstration der Nervenendigungen im Epithel weitere Sicherheit gegeben hätte, nicht fixierbar. Seine Angaben über Nervenendigungen, die er im Schnittpräparate findet, beziehen sich auf „eils raides“ an den äußeren Enden der Epithel- zellen. Diese werden aber von ihm nicht näher beschrieben, und etwas Derartiges konnte ich nicht feststellen. Anstatt dessen finde ich die äußeren Enden der Sinneszellen anders geformt, wie ich bald beschreiben werde. Da die Arbeit von ZERNOFF über diese Organe sich haupt- sächlich mit Loligo und Sepia beschäftigt, werden wir zuerst von den Organen dieser Tiere sprechen. Sepia. Taf. 20, Fig. 1 stellt einen Längsschnitt durch das Organ von Sepia elegans dar. Wir sehen hier die taschenförmige Einsenkung der Haut mit in diesem Falle ungefalteter Innenfläche, welche aus einem außerordentlich hohen und anscheinend mehrschichtigen Epithel besteht. Nach innen ist das Epithel, wie das der übrigen Haut von einer in Eisenhämatoxylin sich dunkel färbenden, ganz deutlichen Membran (k) abgegrenzt, welche aus verdickten Binde- gewebsfasern besteht. Innerhalb dieser Membran befindet sich eine Schicht lockeren Bindegewebes, in welcher nach außen zu eine Schicht elastischer Fasern liegt (l), die sich auch in Eisen- hämatoxylin stark färben. Diese Fasern sind in dem Winkel der Umbiegungsstelle am Rande des Organs zahlreicher und haben wohl mit der Erweiterung der Oeffnung zu tun. Unterhalb des Bindegewebes liegt eine dünne Muskelschicht (f), welche die knorpelige Augenkapsel (g) an dieser Stelle überzieht. An das untere Ende der Tasche tritt der verhältnismäßig starke Nerven- stamm (d) heran, welcher die Grenzlamelle des Epithels durch- bricht und seine Aeste fächerförmig in der tieferen Lage des Epithels verteilt, aber nicht durch die Grenzlamelle des Epithels hineindringt. Auf den ersten Blick macht ein solcher Längsschnitt 3 durch das Organ von Sepia den Eindruck, als ob man es mit einem Drüsenepithel zu tun hätte (vergl. Textfig. 27 A), und der Gedanke, daß es ein Schleim-(„muqueuse“*)Epithel ist, wie im Ueber die sog. Geruchsorgane der Öephalopoden. 385 Fig. 27 A. Querschnitt durch das Geruchsorgan von Sepia elegans. «a Flimmerhaare, 5 Flimmerzelle, c Sinneszelle, 4 Nerv, e Grenz- lamelle des Epithels, / Blutgefäß, y Bindegewebe. Riechorgane höherer Tiere, liegt nahe. Eine genauere Untersuchung der Zellen, aus welchen es besteht, zeigt aber, daß die helleren Partien von meist spindelförmiger Gestalt, die wie Sekretbehälter aus- sehen, in Wirklichkeit einen anderen Charakter haben _ (Textfig. 27 B). Die Schleim- _ zellen, die in der übrigen Haut so häufig und durch ihren körnigen Inhalt bei glück- licher Färbung leicht zu unter- scheiden sind (Taf. 20, Fig. Fig. 27B. Geruchsepithel von lm), fehlen hier vollständig, Sepia elegans. a—g wie auf Fig. 27A. “ 386 Grace B. Watkinson, während die ovalen oder spindelförmigen, sich schwach färbenden Gebilde (Textfig. 27 Bc), die wir im Geruchsorgane finden, in den übrigen Partien der Haut gar nicht vorkommen. Sie sind aber charakteristisch für die Zellen, die ZERNOFF als „Sinnes- zellen“ beschreibt. Diese Zellen liegen zerstreut zwischen Epithelzellen (6), deren oberen Enden, mit einem ununter- brochenen Flimmerkleid bedeckt, die ganze Oberfläche der Grube bilden und die gleichfalls für das Geruchsorgan charakteristisch sind. Auf die Bedeutung beider Arten von Zellen werden wir in einem besonderen Kapitel zu sprechen kommen und vorher in der Beschreibung der ganzen Organe bei den verschiedenen Arten fortfahren. Ueber die allgemeine Zusammensetzung des Geruchsorgans schreibt ZERNOFF, daß das Organ aus Bindegewebe bestehe, welches mit einem mehrschichtigen Epithel überzogen ist. Er leugnet das Vorhanden- sein einer Membrana limitans in der Haut h a \ N, der Cephalopoden und faßt die untere ), : Lage des Geruchsorgans, in welcher die NG) S, S Nervenendigungen liegen, als Bindegewebe kJ (SH © auf. Ich finde aber in dieser Lage keine e—— Bindegewebsfasern und glaube, daß wir es mit einem Gebilde zu tun haben, welches Geruchs- Sepia elegans (schematisch). a Flimmerzelle, 5 Sinnes- zelle, ce Nervenzweig (quer- geschnitten), d Blutgefäß, e Bindegewebe, f Grenz- Fig. 28. epithel von aus einem wirklich einschichtigen Epithel besteht, welches nur durch die tiefere Lagerung vieler von den Sinneszellen ein mehrschichtiges Aussehen annimmt. Wie wir in Textfig. 23 sehen können, lamelle des Epithels, 4 Ba- salkörper der Flimmer- haare, A Flimmerhaare, i Nebenkörper. reichen die schmalen, proximalen Enden der Flimmerepithelzellen in jedem Falle bis zu der Grenzlamelle hinunter und | setzen sich auf derselben fest. Der Nervenstamm dringt durch | diese Membran hindurch, während die Blutgefäße immer außerhalb ° derselben bleiben, in der Bindegewebsschicht, welche überall unter ' dem Hautepithel liegt. Wir sagen deshalb, daß hier das eigentliche „Geruchsorgan“ nicht, wie ZERNOFF beschreibt, aus Bindegewebe besteht, sondern aus einer sehr stark verdickten Epithelschicht, welche die durch die Membrana limitans durchbrechenden und in ihren tieferen Lagen sich verzweigenden Nervenäste enthält. f r Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 387 Sepiola. Das Organ von Sepiola rondeletii zeigt im Längsschnitt (Taf. 19, Fig. 2) ein ganz anderes Bild als das von Sepia und Loligo und entspricht einem Stadium in der Entwickelung des Organs von Sepia, bevor bei dem letzteren die Einsenkung einseitig geworden ist (S. Schema Textfig. 22). Bei Sepiola liegt das Organ etwas höher am Kopfe als bei Sepia, das Binde- gewebe ist außerhalb der knorpeligen Augenkapsel sehr dünn, und das „Ge- ruchsorgan“ hat sich ent- sprechend abgeplattet. Fig. 2, Taf. 19 zeigt das Fig. 29. Querschnitt durch das Ge- ruchsorgan von Sepiola rondeletii in kontrahiertem Zustande. a Geruchs- epithel, 5 Nerv. Organ in annähernd offenem Zustande, während in Textfig. 29 das Zusammenschließen der Ränder bei der Fixierung in Formol er- folgt ist. Ein besonderer Ring von elastischen Fasern um die Oeffnung der Tasche ist hier nicht nachweisbar. Diese Fasern sind unterhalb des ganzen Epithels dieser Region gleichmäßig verteilt. Das Verhalten der Nervenäste im Bindegewebe und der epithelialen Elemente untereinander gleicht bei Sepiola ungefähr dem bei Sepia und Loligo beschriebenen. Loligo. Ein Längsschnitt durch das Organ von Loligo vulgaris (Fig. 3, Taf. 19) zeigt einen ganz ähnlichen Bau des Epithels wie das von Sepia. Das Flimmerkleid ist hier schön zu erkennen und ebenso die spindelförmigen helleren Partien der Sinneszellen und deren große runden Kerne. Ferner sieht man den Eintritt des Nerven ins Epithel, welcher auf dem abgebildeten Schnitt des Organs von _ Sepia innerhalb des Epithels quergetroffen ist. Links von der - Geruchsepithellage sieht man im Querschnitt die Falte des Hals- kammes, welcher aus einer dichten muskulösen Masse im Innern besteht und mit der überall vorhandenen Bindegewebsschicht mit elastischen Fasern überzogen ist. Auf dem Halskamm wie auf den übrigen Kopfteilen findet man wieder das niedrige ein- Schichtige Hautepithel. 388 Grace B. Watkinson, Zum Vergleich mit dem differenzierten Epithel des Geruchs- organs dieser Formen bilden wir in Textfig. 304 ein Stück des gewöhnlichen Hautepithels von Loligo forbesii im Ruhezustande ab. Hier sind die Zellen regelmäßig zylindrisch. Der Kern ist rund und mit einer helleren Plasmazone umgeben, während in dem dichteren Plasma außerhalb des Kernes eine kleine runde, vakuolenartige Stelle liegt. Auf diese Stelle möchte ich besonders aufmerksam machen, weil im Geruchsepithel selbst Aehnliches, näm- lich der Nebenkörper der Sinneszellen, gefunden wird. Textfig. 30«@ zeigt die Haut von Loligo forbesii in gestrecktem und b in kon- trahiertem Zustande, in welcher überall verstreut die Schleimzellen Fig. 30. Gewöhnliches Hautepithel von Loligo forbesii. a gestreckt, 5 kontrahiert, c Schleimzelle, vergrößert. mit ihrem körnigen Inhalt liegen. Auf Textfig. 30 c ist eine von diesen Schleimzellen vergrößert, zum Vergleich mit den ganz andersartigen Zellen des Epithels im „Geruchsorgan“. An der Haut von Loligo kann man oft in Schnittpräparaten eine dicke Lage Schleim auf der Oberfläche liegen sehen, während am Ge- ruchsorgan, welches so frei nach außen liegt, in diesem Falle keine vorhanden ist. Nur in die taschenförmigen Geruchsorgane scheint Schleim gelegentlich hineinzukommen, und zwar durch den Strom, welchen die Flimmern erzeugen und welcher Tinte und ver- schiedene fremde Substanzen mitführt. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 389 Octopus und Eledone, Bei den Octopoden (Taf. 19, Fig. 4) mit grubenförmigen „Ge- ruchsorganen“ liest das Organ, wie bei den schon beschriebenen Decapoden, im Bindegewebe eingebettet. Hier liegt es zwischen den beiden großen Muskelmassen des Mantels und des Halses, die an dieser Stelle in einem Winkel zusammentreffen. Zwischen diesen Muskelpartien treten Nerv und Blutgefäß an das Epithel heran. Von den Formen mit taschenförmigem Geruchsorgan habe ich die histologischen Elemente des Organs bei Octopus (Taf. 20, Fig. 4) und Eledone genauer studiert. Bei diesen Formen ist der feinere Bau des Organs etwas verschieden von dem der Deca- poden. Die häufige Faltung des Epithels bedingt manchmal ein sehr kompliziertes Aussehen der Grube im Längsschnitt und macht es sehr schwer, überhaupt eine genügend große Strecke des Epi- thels in geradem Längsschnitt zu treffen. Bei Octopus und be- sonders bei Eledone erhebt sich die Stelle des Eintritts des Haupt- nervenstammes in das Epithel oftmals wie ein hoher Wulst, welcher aus Nervenstamm, Blut- d % r gefäßen und Epithel besteht. d Pi a anen Im Gegensatz zu ZERNOFF as et a Geruchsepithel, habe ich bei Octopus und Ele- 7 Mare a done Flimmerhaare auf der Ober- fläche des Geruchsepithels gefunden. Nur fällt dieses Flimmer- kleid bei der technischen Behandlung sehr leicht ab und war auf den meisten meiner Schnittpräparate nicht erhalten. ZERNOFF legt auf das Fehlen derselben bei Eledone besonders Gewicht, da er feine Härchen auf der Oberfläche des Organs von Eledone als Sinneshaare auffaßt. Auf meinen Schnitten aber, in Fällen, wo die Flimmerhaare meistens abgefallen sind, finde ich hier und da Reste des Flimmerkleides, die ganz ähnlich wie die „Sinnes- haare“ auf Zernorrs Abbildung aussehen. ZERNOFF spricht nur von der Unbeweglichkeit und Starrheit dieser „Sinneshaare‘“, gibt aber keine Beschreibung derselben, wodurch im Schnittpräparate oder überhaupt ein Unterschied zwischen diesen und Flimmer- 390 Grace B. Watkinson, haaren gefunden werden könnte. Da nun anderseits KELLERS (1872) Angabe über das Vorhandensein von Flimmerhaaren im Geruchsorgan von Eledone mit meiner Beobachtung übereinstimmt, glaube ich, daß ZERNOFFS „Sinneshaare“ nichts anderes sind als übrig gebliebene Flimmerhaare. Ferner könnten die von KELLER für das „Geruchsorgan“ von Eledone beschriebenen Borsten sich gleichfalls als Reste des abgefallenen Flimmerkleides deuten lassen. Lockere Grenzlamelle. Eine andere Eigentümlichkeit des Geruchsepithels bei diesen Formen ist die viel lockerere Beschaffenheit seiner Grenzlamelle im Vergleich zu der bei den beschriebenen Decapoden. Diese Lamelle besteht hier nur aus sehr lockeren, netzförmig zusammen- hängenden Bindegewebsfasern, an welchen die dünnen unteren Fortsätze der Flimmerzellen sich festheften (Taf. 19, Fig. 4). Es ist nur durch genaue Beobachtung der Enden dieser Fortsätze möglich, die Grenze des eigentlichen Epithels überhaupt fest- zustellen. Diese Tatsache gibt vielleicht eine Erklärung für eine für diese Formen charakteristische und gleichzeitig merkwürdige Eigen- schaft des Organs bei den Octopoden, nämlich die Verlagerung der meisten Sinneszellen in die Bindegewebsschicht unterhalb dieser netzförmigen Grenzmembran, auf welcher die Flimmerzellen sich festheften. In der eigentlichen Epithellage sieht man hier nur wenige Sinneszellen. Dagegen liegen unterhalb derselben zwischen den großen Nervenbündeln und den vielen Verzweigungen des Blutgefäßes zerstreut eine Menge Sinneszellen von mannigfaltiger Gestalt, die als solche an ihrem großen, hellen, faserigen Neben- körper und dem großen, meistens runden, stark färbbaren Kern sicher zu erkennen sind. Auf einem glücklich getroffenen Quer- schnitt der wulstförmigen Partie des Organs, wo der Nerv an das- selbe herantritt, ist die Verzweigung des Nerven und des Blut- gefäßes innerhalb dieser tieferen Lage von Sinneszellen sehr schön zu beobachten. Wahrscheinlich war es solch eine Stelle, welche ZERNOEF im Auge hatte, als er das Organ als mehrschichtig be- schrieb und meinte, daß es in seinen tieferen Lagen aus Binde- gewebe bestehe. Solches Verhalten kommt aber, soweit ich finden konnte, nur bei den Octopoden vor. Bei den Decapoden habe ich Sinneszellen niemals unterhalb der Grenzlamelle des Epithels ge- je C4 Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 391 sehen. Auf die Frage nach der Bedeutung dieser Verlagerung der Sinneszellen unter das Epithel werde ich bei der besonderen Besprechung der Sinneszellen aller dieser Formen nochmals zurück- kommen. Feinerer Bau der papillenförmigen Organe. Wir kommen nun auf den feineren Bau der papillenförmigen Geruchsorgane zu sprechen, von denen es, soviel ich weiß, keine genaue histologische Beschreibung gibt. Da alle Cephalopoden, die diese Art Geruchsorgane besitzen, zu den selteneren Arten gehören, die ich nicht im frischen Zustande studieren konnte, mußte ich mich mit in Alkohol konserviertem Material begnügen. Die feineren Details, die ich feststellen konnte, sind etwa folgende: Die gewebige Zusammensetzung der Papille ist bei den ver- schiedenen Arten ungefähr gleichartig. Die Papille besteht in jedem Falle aus einer Masse desselben lockeren Bindegewebes, welches unter der übrigen Epithelschicht der Haut liegt und in welchem, wie wir oben gesehen haben, die taschenförmigen Organe von Sepia und Octopus eingebettet liegen. Hier ist das Epithel des Organs nach außen anstatt nach innen gestülpt und zieht das Bindegewebe mit sich in das Innere der Papille hinein. Nerv und Blutgefäß treten durch diese Bindegewebslage in die Papille und verteilen sich darin. Die Nervenäste dringen wie in den vorigen Fällen in die verdickte Epithelschicht hinein und zerstreuen sich in ihren tieferen Lagen. Bei Argonauta, Tremoctopus und Lio- cranchia erfüllt der Nervenstamm den größten Teil des Innen- raumes der Papille, und die ganze Oberfläche ist bei ihnen von hohem, differenziertem Epithel überzogen. Bei Bolitaena und Chiroteuthis, wo die Papille in einen Kopf- und Halsteil differen- ziert ist, ist der erstere mit dem hohen Epithel überzogen und bekommt die Endäste des Nerven, während der Halsteil, soweit ich feststellen konnte, mit gewöhnlichem Hautepithel überzogen ist, in seiner übrigen Masse aus Bindegewebe besteht und in seiner Längsachse Nervenstamm und Blutgefäß enthält. Weder bei der Papillenform noch bei der Taschenform des Organs konnte ich irgendeine Andeutung von Ganglienzellen im Nervenstamm finden. Bei den Octopoden könnte aber die Stelle im Bindegewebe, wo die tiefgelagerten Sinneszellen zerstreut zwischen den Nervenästen liegen, leicht eine Ganglienmasse vortäuschen. 392 Grace B. Watkinson, Argonauta und Tremoctopus. Im Längsschnitt durch die Papillen von Argonauta und Trem- octopus sind die typischen Flimmerzellen zu erkennen. Diese halten sich bei der Konservierung in Alkohol besser als die Sinnes- zellen. Doch konnte ich die Sinneszellen auch hier nachweisen, Fig. 32. Fig. 33. Fig. 32. Längsschnitt durch das Geruchsorgan von Argo- nauta argo (schematisch). «a Geruchsepithel, 5 Nerv, c, c‘, ce‘ Blutgefäße, d Bindegewebe. Fig. 33. Längsschnitt durch das Geruchsorgan von Trem- octopus violaceus (schematisch). Bezeichnungen wie auf Fig. 32. sowohl in unterepithelialer Lage als auch im Epithel selbst. Ein Blutkapillarnetz kommt auch im Bindegewebe dieser Papillen vor, scheint aber nicht so reich entwickelt zu sein wie bei Octopus und Eledone (ein Anschein, der vielleicht nur auf verschiedener Konservierung beruht) (Textfig. 32 und 33). Liocranchia. Bei Liocranchia fand ich keine Sinneszellen in unterepithelialer Lage, im Gegensatz zu den Octopoden. Hier waren die Sinnes- zellen an einigen Stellen im Epithel noch nachzuweisen, aber meistens schon weggefallen. Flimmerhaare waren nicht mehr vor- handen, aber die Zellen, die das Epithelgerüst bilden, zeigten sonst ganz dieselbe Form wie die Flimmerzellen von Sepia, und ich glaube, daß die Flimmerhaare hier nur abgerieben worden waren (Textfig. 34). Chiroteuthis. Bei Chiroteuthis fand ich wieder dieselbe Form von Stütz- zellen wie bei Liocranchia. Ich konnte aber hier keine Sinnes- zellen nachweisen. Auch Weıss hat bei Chiroteuthis keine solchen iz Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 393 Zellen finden können und denkt (s. unten p. 410), daß möglicher- weise die Papille in diesem Falle die Funktion eines Tastorgans übernommen habe (Textfig. 35). Fig. 34. Fig. ‚35. 34. enseschuitt durch das Geruchsorgan von Lio- neh: n. sp. (schematisch). Bezeichnungen wie auf Fig. 32 Fig. 35. Längsschnitt durch das Geruchsorgan von Chiro- teuthis (schematisch). Andere Oegopsiden. Bei anderen Oegopsiden hat er indessen derartige Zellen ge- funden, welche den ZERNOFFschen „Sinneszellen“ zu vergleichen wären, und spricht in seiner oben erwähnten Beschreibung gewisser Oegopsiden von „manylayered epithelium cells, some oval and some spindle-shaped and sunk away from the surface“ im Organ von Verania sicula.. An einer anderen Stelle erwähnt er, daß er „similar modified cells“ bei Loligo, Ommastrephes, Sepia und Octopus gefunden hat. Er betont gleichfalls das Fehlen von Schleimzellen an dieser Stelle. Opisthoteuthis. MEYERS Angabe über das „Geruchsorgan“ von Opisthoteuthis depressa bezieht sich auf das Vorhandensein eines Flimmerepithels. Außer den Flimmerzellen sollen noch „Sinneszellen“ und „Schleim- zellen“ vorkommen. Die Angabe ist etwas unsicher wegen der ungenügenden Konservierung des Gewebes. Die von ihm als Schleimzellen aufgefaßten Elemente, die „neben den Sinneszellen im Epithel liegen“, glaube ich nach meiner Beobachtung der sehr verschiedenartigen Form der Sinneszellen bei Octopus und Eledone 394 Grace B. Watkinson, auch für Sinneszellen von dem größeren Typus mit hellerem Neben- körper halten zu dürfen. Ich gehe nunmehr zu einer Betrachtung der einzelnen Zell- elemente des Geruchsorgans über. Die zwei Arten von Zellen des Geruchsepithels hat ZERNOFF auf seinen Figuren 3—10 abgebildet. Die feineren Details der Struktur derselben sind aber von ihm nicht alle beschrieben. Bei den Cephalopoden-Arten, deren Geruchsorgane ich histo- logisch untersuchen konnte, fand ich große Uebereinstimmung in dem Bau dieser Zellelemente. Die folgende Beschreibung der Zellen des Geruchsorgans trifft für Sepia officinalis und elegans, Loligo vulgaris, forbesii und marmori, Rossia macrosoma, Octopus vulgaris und Eledone moschata zu. Auf die Abweichungen im Bau dieser Zellen bei anderen Formen werde ich nachher zu sprechen kommen. Flimmerzellen. Die Flimmerzellen (Textfig. 36) sind von langer, schmaler Gestalt mit verbreiterten distalen Enden, welche die äußere Grenze des Epithels bilden und lange Flimmerhaare (a) tragen. Diese dienen als Stützzellen für die da- zwischen liegenden Sinnes- zellen. Nach innen wird der Körper der Zelle schmäler (f) und enthält in seiner distalen Hälfte Fig. 37. Fig. 36. Fig. 36. Flimmerzelle im Geruchsepithel von Loligo forbesii. a Flim- merhaare, b Basalkörper, e Kern, d unterer Fortsatz, e Grenzlamelle des Epithels, f Wimperwurzeln. Fig. 37.Aeußeres Ende einer Flimmerzelle von Loligo forbesii. a Flim- merhaare, 5b verdickte . Basis derselben, c Basalkörper, d quergestreifte Partie des Plasmas, e Wimperwurzel. setzt. einen lang-ovalen Kern (e). Proximalwärts vom Kern wird der Zellkörper so schmal, daß er einen dünnen, sich mit Eisen- hämatoxylin dunkel fär- benden Strang bildet (d), welcher zur Basalmem- bran (e) des Epithels ver- läuft und sich dort fest- Eine Verzweigung dieses Fortsatzes, welche ZERNOFF als konstantes Merkmal für diese Zellen beschreibt, habe ich nicht r Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 395 gefunden und glaube, daß dieser Anschein von einer unvoll- kommenen Isolierung der Elemente des Epithels herrühren könnte. An der Basis jedes Flimmerhaares ist ein stark färbbarer Basal- körper (b) vorhanden, und außerhalb von demselben scheint jedes Flimmerhaar eine kurze Strecke weit verdickt zu sein (Textfig. 37). Ob dieses verdickte Aussehen der Basis der Flimmerhaare (b) von dem Vorhandensein eines Außensaumes an der Oberfläche des Zellkörpers kommt, oder ob die Flimmerhaare selber an dieser Stelle wirklich verdickt sind, war nicht sicher zu unterscheiden, es schien aber das letztere der Fall zu sein. Innerhalb des Zell- plasma laufen von dem Basalkörper nach dem Kern zu deutliche Längsfäden (e), die wohl als Wimperwurzeln aufzufassen sind. Zwischen diesen Längsfäden finde ich bei Loligo forbesii eine feine regelmäßige Querstreifung des Plasmas (d), welche nur bei sehr starker Vergrößerung und an besonders scharf gefärbten Prä- paraten (Zeiß, Oelimmers. apochr. Obj. 2 mm, Ok. 12—18) sichtbar ist und welche bei verschiedener Einstellung den Eindruck von fein spiralgewundenen Linien macht. Bei noch anderen Formen als den oben (p. 394) angegebenen konnte ich Stützzellen nachweisen, die diesen Flimmerzellen ähn- _ lich waren, deren genauere Struktur aber bei diesem Material nicht erkennbar war. Die Basalkörner, Flimmerwurzeln u. s. w. waren nur bei den durch Osmium fixierten Objekten darstellbar. „Sinneszellen“. Die zweite Art von Zellen, die im Geruchsepithel vorkommen und die in verschiedener Höhe im Epithel zwischen den Flimmer- zellen liegen, sind die von ZERNOFF entdeckten „Sinneszellen“. Diese zeigen auf einem ein- zelnen Schnitt durch das Organ eine sehr mannig- faltige Gestalt und Größe und geben dem Epithel sein höchst kompliziertes Aussehen (Textfig. 27). Manchmal sind diese Zellen oval-rund oder birnförmig (Textfig. 38); manchmal ausge- _ sprochen „sanduhrförmig“ (Textfig. 41 u. 42), Fig. 38. Tief- und es kommen auch zwischen diesen beiden gelagerte Sin- Typen Uebergänge vor (Textfig. 39 u. 40). Die Ela re Air Kerne dieser Zellen sind etwas größer als die der Flimmerzellen. Sie färben sich mit Eisenhämatoxylin sehr stark, enthalten jede ein großes dunkles Kernkörperchen, kleinere dunkle Körnchen und ein deutlich netzförmiges Gerüst. ” 396 Grace B. Watkinson, „Nebenkörper“. Die Verschiedenheit der Form der Zellen wird bedingt durch das Vorhandensein eines großen, ovalen, schwach sich färbenden Körpers im Zellplasma, welcher manchmal sehr klein, doch immer vorhanden ist. Es ist dies der schon erwähnte „Nebenkörper“ ZERNOFFS, welcher zur Verwechslung mit Drüsenzellen Anlaß geben . kann. Seine Lage in der Zelle ist immer distalwärts vom Kern. Manchmal liegt er ganz dicht an den Kern gedrängt, in welchem Falle der Kern halbmondförmig gekrümmt erscheint und die ganze Zelle birnförmige Gestalt annimmt. Fig. 39. Fig. 40. Fig. 41. Fig. 22. Fig. 39. Sinneszelle von Sepia elegans (tief gelegen). Fig. 40. Sinneszelle von Sepiola rondeletii (aus der mittleren Lage des Epithels). Fig. 4l. Sinneszelle von Sepiola rondeletii, „sanduhrförmig“ (mit dem äußeren Ende an der Peripherie des Epithels liegend). «a End- fortsatz, 5 Nebenkörper, c Plasma, d Kern. Fig. 42. Sinnesepithel von Todaropsis veranyi. a Sinneszelle, b Flimmerzelle. Da die Form der Zellen von der Form des Nebenkörpers weit- gehend abhängig ist, möchte ich hier zunächst in dessen näherer Beschreibung fortfahren und erst später auf den eigentümlichen Fortsatz zu reden kommen, der diesen Zellen ihren besonderen Charakter als Sinneszellen verleiht. In den sanduhrförmigen Zellen liegt der Nebenkörper weit vom Kern entfernt, nahe an der Peripherie des Epithels, während der kreisrunde Kern in der tieferen Lage eingebettet ist und nur durch einen schmalen Plasmastrang mit ihm in Verbindung steht Er x Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 397 (Textfig. 41). Zwischen diesen beiden Extremen der Gestaltung kommen eine Reihe Uebergänge vor, wo die Gestalt des Kernes mehr oder weniger kreisrund erscheint, je nach der Entfernung des Nebenkörpers von ihm. Die birnförmigen (Textfig. 38 u. 39) oder spindelförmigen Zellen liegen vorwiegend in der Tiefe des Epithels, so daß diese Lage nur aus den oben beschriebenen feinen Strängen, die die unteren Fortsätze der Flimmerzellen sind, den Nervenästen und diesen großen ovalen oder birnförmigen Sinnes- zellen besteht. Der Nebenkörper (Textfig. 41 b) ist von variabler Größe; im allgemeinen größer in den tieferen Lagen als an der Peripherie, wo er manchmal sogar viel kleiner (Textfig. 42) als der Zellkern selbst und, unter den verbreiterten Enden der Flimmerzellen ein- gebettet, schwer zu entdecken ist. Die Verbindung (Textfig. 41 ec) zwischen den den Nebenkörper enthaltenden, distal liegenden Enden der Sinneszellen (b) und den Kernen enthaltenden proximalen Enden (d) sind im Schnitte meistens schwer zu verfolgen, und die Gestalt dieser Zellen läßt sich erst durch Isolierung feststellen. Der Nebenkörper färbt sich schwächer als das übrige Zell- plasma und zeigt in allen Fällen dieselbe Färbung wie das Binde- ‚gewebe und der Nervenstamm. Die feinkörnige Struktur seines Inhalts, die von ZERNOFF beschrieben ist, ist im Glyzerinpräparat zu sehen, während die Schnittpräparate (von in FLEmminGscher Lösung fixiertem Material) ein ausgesprochen faseriges Aussehen des Nebenkörpers zeigen, in welchem manchmal große Vakuolen nachweisbar sind. Die Fasern scheinen in diesem Falle nicht miteinander zu anastomosieren, sondern ein dichtes Gewirr zu bilden, dessen dichteste Partie etwas innen vom Zentrum des Nebenkörpers liegt. Die Enden der Fasern treten mit dem übrigen Zellplasma am Rande dieser Partie in Verbindung, und eine Membran um dieselbe ist nicht nachweisbar. Der Nebenkörper ist immer durch mehr oder weniger Plasma von den Zellkernen ge- trennt. Sein Aussehen ist das einer Blase, die mit einer sehr dünnen Flüssigkeit erfüllt und von dem eben beschriebenen Faser- gewirr durchzogen ist. Seine Form scheint die Form der Zelle ‚ mit Ausnahme des Fortsatzes, welcher nach außen zu liegt, sehr zu beeinflussen. Ueberall, wo die Zelle verhältnismäßig frei liegt, so daß der Druck der benachbarten Zellen keine Rolle spielt, nimmt der Nebenkörper annähernd Kugelgestalt an, und die Zelle wird dann ungefähr birnförmig. Auch nimmt, wie erwähnt, der sonst kreisrunde Kern halbmondförmige Gestalt an, wenn der Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 26 398 Grace B. Watkinson, Nebenkörper dicht neben ihm liegt, anscheinend durch das Be- streben des Nebenkörpers, Kugelform anzunehmen. Die birn- förmige Gestalt der Zellen ist in den tieferen Lagen des Geruchs- ' epithels von Sepiola und bei den unterepithelial gelagerten Sinnes- zellen im Geruchsorgan von Octopus und Eledone besonders schön zu sehen. Wo die Sinneszellen sich gegenseitig stark drücken, nehmen manche von ihnen eine unsymmetrische und manchmal | gekrümmte Gestalt an. Nach Behandlung mit Essigsäure waren | die Nebenkörper oft stark gequollen, so daß das sie umgebende ! Zellplasma entweder bis zu einer sehr dünnen Schicht ausgedehnt | oder ganz zersprengt war. Andere Behandlung des Gewebes ver- | ursachte eine Schrumpfung des Nebenkörpers, welcher sich im | Schnitt zusammengeklappt zeigte, als ob der Turgor desselben sich | vermindert hätte. Diese Eigenschaft des Nebenkörpers scheint! auf einen flüssigen Inhalt desselben zu deuten. | Die entscheidende Frage nach der Natur der „Sinneszellen® | bezieht sich auf ihr Verhältnis zum Nerven und zur Außenwelt; | nämlich auf eine mögliche Verbindung mit dem Nerven nach innen! und auf die Natur des nach außen ragenden Fortsatzes, welcher einen Reiz von außen empfangen müßte. Ueber das erstere kann! ich, wie oben gesagt, keine direkte Auskunft geben. Ein ganz! feiner Fortsatz an der Basis dieser Zellen war manchmal auf dem! Schnitt und öfters an isolierten Zellen nachweisbar. ZERNOFF| gibt als konstantes Merkmal dieser Fortsätze der Sinneszellen! „variköse“ Anschwellungen an, wie solche bei MAx SCHULTZE an den Fortsätzen der Riechzellen von Wirbeltieren beschrieben! worden sind, aber trotz sehr genauer Befolgung von Zernor| und Scahurrtzes Methoden zur Isolierung dieser Zellen sowohl wie bei der oben angegebenen Methode konnte ich etwas Derartiges! niemals nachweisen. Jedenfalls kann man diese Eigenschaft, die,” wie mir scheint, eine Uebertragung der von MAx SCHULTZE für‘ höhere Tiere gegebenen Beschreibung ist, nicht als Nachweis für die nervöse Natur dieser Fortsätze gelten lassen und ebensowenig‘ die Verschiedenheit, welche nach ZERNOFF zwischen diesen und. den angeblich verzweigten Fortsätzen der Flimmerzellen be-' stehen soll. Es ist aber doch höchst wahrscheinlich, daß hier Sinneszellen! vorliegen und daß eine Verbindung derselben mit dem Nerven besteht. Die Flimmerzellen kommen jedenfalls für eine Sinnes-' funktion kaum in Betracht, da sie keine Eigenschaften von spe- zifischen Sinneszellen zeigen. Es bleiben dann nur die merk- FE, Ueber die sog. Geruchsorgane der Öephalopoden. 399 € _ würdig gebauten Zellen der zweiten Art übrig, die eine spezifische "Sinnesfunktion haben könnten. Der zweite Beweis ZERNOFFS über die nervöse Natur dieser zweiten Art von Zellen scheint mir dann besondere Aufmerksamkeit zu verdienen. Er beschreibt nämlich am äußeren Ende dieser Zellen besonders gestaltete Fortsätze, die wie „Sinneshärchen“ aussehen, die eine besondere Einrichtung sein sollen, um den Reiz von außen zu empfangen. Eine Unter- “suchung dieser Zellen mit neueren Methoden und stärkerer Ver- größerung, als für ZERNOFF vor 40 Jahren möglich war, be- Stätigt durchaus das Vorhandensein von Endapparaten an diesen Zellen, und obwohl ich die Form dieser Apparate verschieden fand von den von ZERNOFF beschriebenen „Härchen“, so scheint schon das Vorhandensein derselben sehr auf die Funktion dieser Zellen als Sinneszellen zu deuten. Ich werde zuerst die Beschreibung won ZERNOFF über diesen Endapparat angeben und nachher meine eigenen Beobachtungen E. denselben hinzufügen. ZERNOFF schreibt folgendermaßen: „Am oberen Ende einer solchen Zelle befindet sich ein kleines und hr feines Härchen, welches über die Ebene des Epithels hinaus- ragt und sich Arne bewegt (nicht flimmert). Es ist übrigens zerzupften Präparaten sehr schwer zu sehen, da es entweder lurch das Reagens vernichtet oder bei der Isolierung abgerissen wird. Nur in besonders glücklichen Fällen gelingt es, eine un- ‚versehrte Riechzelle mit diesen Härchen zu erhalten.“ Er be- ger weiter, daß ähnliche Härchen von den tiefgelagerten inneszellen zwischen den Epithelzellen nach außen dringen und über die Ebene des Epithels hinausragen, und fügt hinzu: „Selten ‚jedoch gelingt es, den Fortsatz einer kolbenförmigen Zelle in dem ‚(durch Zerzupfen erhaltenen) natürlichen Durchschnitt bis zur ‚Oberfläche zu verfolgen. Meistens reißen die Fortsätze ab und die Riechzellen fallen heraus.“ Nichtsdestoweniger bildet er aber ‚auf allen seinen Figuren am oberen Ende der Riechzellen gleich- ‚artige, lange, feine, scharf zugespitzte Härchen ab. Wie wir oben ‚erwähnt haben, findet er solche nach außen ragende Sinneshärchen an der Oberfläche des Geruchsepithels von Eledone moschata, wo ‚nach ihm die Flimmerhaare fehlen sollen. Da aber kein Unter- ‚schied zu finden ist zwischen den von ihm beschriebenen „Sinnes- ‘härehen“ und den Flimmerhaaren anderer Formen, die ich unter ‚anderem auch bei Eledone gefunden habe, müssen wir diese An- ‚gabe als irrtümlich ansehen. „ Nach einer genauen Untersuchung des Verhaltens der äußeren Enden dieser Sinneszellen mit starker | 26 * 400 Grace B. Watkinson, Vergrößerung (Zeiß, apochr. Immers. Obj. 2 mm, Ok. 12) finde ich ZERNOFFS Beschreibung von der Form dieser Fortsätze ziemlich hypothetisch. Doch ist die Ungenauigkeit seiner Beobachtung bei der Feinheit der Fortsätze und der Schwierigkeit, mit welcher die- selben sich auf Schnitten deutlich färben lassen, nicht zu ver- wundern. In Glyzerinpräparaten der isolierten Zellen des Organs von Sepia officinalis, Loligo vulgaris, Octopus vulgaris und Eledone moschata fand ich die Endfortsätze der Sinneszellen in ungefähr der gleichen Form. Sie bestehen aus Plasma und sind kurz, dick und am Ende stumpf abgerundet; bei den sanduhrförmigen Zellen schienen sie länger und spitzer, wie ZERNOFF schildert. Länge und Dicke der Fortsätze variieren stark; sie sind also dem An- schein nach kontraktil. Ich konnte aber bei zerzupften Stücken von lebendem Gewebe derselben Tiere keine Kontraktion der Fort- sätze beobachten und glaube, daß, wenn eine solche hier wirklich | vorkommt, sie jedenfalls sehr langsam sein muß. | An besonders glücklichen Schnittpräparaten von Sepia elegans und Sepiola rondeletii habe ich die Endfortsätze der Sinneszellen genauer studieren können als bei den übrigen Formen, und ich werde deshalb die Sinneszellen dieser Tiere ausführlicher be- schreiben. Die kurze, dicke Form des Endfortsatzes (Textfig. 38) fand ich vorwiegend an den birnförmigen, tiefer liegenden Sinnes- zellen, während in der Nähe der Peripherie der Fortsatz (Text- fig. 41) etwas länger ausgezogen war. Niemals aber sah ich einen solchen Fortsatz über der Oberfläche des Epithels nach außen ragen, wie ZERNOFF behauptet. Bei den sanduhrförmigen Sinnes- zellen, wo der Fortsatz nahe an der Oberfläche zu finden war, endete er dagegen in einer kleinen Einsenkung zwischen den Enden | der Flimmerzellen, etwas tiefer als die Lage der Basalkörner der Flimmerhaare (Taf. 19, Fig. 1—4). In den meisten Fällen aber | lag der Fortsatz eingebettet im Epithel, ganz nahe an dem Neben- ' körper; er findet sich sogar auch an den Enden der runden und dicken Zellen, die in der tiefsten Epithellage befindlich sind. In den oben erwähnten Schnittserien von Sepia und Sepiola machte ich die interessante Entdeckung, daß in jedem dieser Fort- sätze ein sich dunkler als das Zellplasma färbendes, stäbchen- förmiges Gebilde enthalten ist (Textfig. 38, 39, 40, 41), welches sich bei Sepia mehr kugelförmig und bei Sepiola von länglicher Gestalt zeigt. Bei stärkerer Differenzierung der Eisenhämatoxylin- Färbung der Schnitte verschwinden diese Gebilde, und bei anderen b3 Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 401 Färbemethoden kommen sie überhaupt nicht zum Vorschein (Text- fig. 41). Wo sie andererseits richtig gefärbt sind, geben sie die Möglichkeit, die Enden der äußeren Fortsätze der Sinneszellen im Epithel ganz bestimmt nachzuweisen und machen es klar, daß diese Fortsätze durchaus nicht immer, vielmehr nur in wenigen Fällen bis zur Oberfläche reichen und daß sie manchmal in den tiefsten Lagen des Epithels endigen (Taf. 19, Fig. 1—4), was der Be- schreibung von ZERNOFF über diesen Punkt widerspricht und eine neue Erklärung von der Art der Aufnahme des Reizes von außen notwendig macht. Der oben beschriebene Fall der Octopoden, _ deren Sinneszellen meistens in der Lage unterhalb der Epithel- ' grenzlamelle liegen, läßt sich unter diesen Umständen schwieriger erklären. Diese Zellen der Octopoden, die durch ihre Neben- körper und große runde Kerne leicht erkennbar sind, besitzen nur einen sehr kurzen stumpfen Endfortsatz und scheinen ganz regellos zwischen den Nervenfasern zerstreut zu liegen, anstatt nach der Peripherie gerichtet zu sein, wie die Sinneszellen von Sepia, Sepiola und Loligo. Die Fortsätze dieser Zellen der Octopoden dringen anscheinend überhaupt nicht durch die Grenzlamelle des Epithels in das Epithel hinein. Sollten diese Zellen amöboid beweglich sein und durch diese netzige Lamelle hindurchdringen können, so ‚ würde das eine Erklärung geben für ihre sonst sehr rätselhafte Lage. Im letzteren Falle könnte dann dieses Eindringen in die ' Tiefe als eine Schutzeinrichtung angesehen werden. Histologische Angaben über das Geruchsorgan von Nautilus. Nach dieser Betrachtung des feineren Baues des Dibranchiaten- ' Geruchsorgans wird ein Vergleich mit den Zellelementen des "Rhinophors von Nautilus von Interesse sein. | Wegen der Seltenheit des Nautilus-Materials habe ich selbst ‚eine histologische Untersuchung bei diesen Tieren nicht machen ‚können und muß mich auf die Arbeiten von anderen verlassen. | KEFERSTEIN und FERNANDEZ haben den Rhinophor von Nau- h | ‚flus histologisch untersucht. KEFERSTEIN gibt eine sehr kurze "Beschreibung desselben und keine Abbildungen, während die Arbeit von FERNANDEZ ausführlicher ist und eine Abbildung des Gruben- 'epithels enthält. Andererseits beruht KErERSTEINs Angabe auf einem eingehenden Studium der Anatomie von Nautilus, wobei ihm cheinlich reichlicheres Material zur Verfügung stand, während | 402 Grace B. Watkinson, FERNANDEZ’ Untersuchung sich auf ein einziges, nicht vollständig gut erhaltenes Exemplar bezieht. Vielleicht ist dadurch die Ver- schiedenheit der Angaben über gewisse Details des Zellbaues zu erklären. FERNANDEZ scheint KEFERSTEINS Beschreibung von dem Rhino- phor nicht gekannt zu haben. Da KErERSTEINs Beschreibung in gewissen Details mehr mit dem Verhalten bei den Dibranchiaten übereinstimmt als die von FERNANDEZ, und da sie einen guten Begriff von dem ganzen Organ gibt, werde ich diese zuerst an- führen. | KEFERSTEIN: „Dasselbe“ (Riechorgan oder Rhinophor) „bildet einen stumpfigen dreieckigen Fortsatz unter dem Auge, der ganz wie eine dicke Scheide eines Tentakels aussieht. Er ist in seiner j Achse hohl und verlängert sich an der einen Seite mehr wie an der anderen, so daß dadurch ein zungenförmiger Lappen entsteht, der wie eine Kappe die Mündung seines Achsenkanals Geht kann. Neben dem Kanal, der sich bis in die Nähe des Gehör- ganges am Kopfknorpel fortsetzt (weshalb MAcponALp [1856] diesen Kanal für den Gehörgang hält), verläuft ein starker Verdi der Riechnerv, dessen Ursprung wir oben beschrieben haben. Der Kanal selbst ist von einer stark längsfaltigen Membran a gekleidet, welche ein 0,06 mm hohes schönes Flimmerepithel trägt. Zwischen diesen Epithelzellen, nahe ihrer Basis, liegen dicht ge- drängt andere rundliche, 0,02 mm große kernhaltige Zellen, welche eine besonders hinten dicke Wand haben und sich dort in einen Faden (Nerven?) verlängern. Vorn ist die Zellmembran verdünnt, und wie es scheint, tritt hier der bloße Zelleninhalt in Form eines Fadens oder eines Stabes zutage, der bis an den Saum des Epithels verfolgt werden konnte. Obgleich ich den Zusammenhang des Nerven mit diesen Zellen nicht habe nachweisen können, deute ich dieselben als Riechzellen und sehe in ihnen manche Aehnlichkeit mit den durch MAx SCHULTZE bekannt gewordenen ähnlichen Ge- bilden der höheren Tiere.“ Diese Angaben sind kurz, aber be stimmt und klar, und das geschilderte Verhalten der Zellelemente stimmt sehr gut mit dem bei den Dibranchiaten überein. Der wichtigste Punkt, in welchem diese Angabe mit der von FERNANDEZ nicht übereinstimmt, ist die Beschreibung der äußeren Enden der Zellen, die zwischen den Flimmerzellen in der Grube liegen. FERNANDEZ: Während KEFERSTEIN sagt, daß in diesen Zellen ' „der bloße Zellinhalt in Form eines Fadens oder eines Stabes | zutage tritt, der bis an den Saum des Epithels verfolgt werden Er 3 Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 405 konnte“, und während er diese Zellen als Sinneszellen auffaßt, sind dieselben von FERNANDEz als nach außen offen abgebildet und als „Drüsenzellen“ aufgefaßt (Abbildung von FERNANDEZ, Text- fig. 44). Obwohl die Annahme von KEFERSTEIN, daß diese Zellen Sinneszellen seien, aus seiner Beschreibung nicht ohne weiteres hervorgeht, scheint es mir doch möglich, daß die Auffassung von Fer- NANDEZ, daß es sich um Drüsenzellen handelt, auf einer Täuschung beruht, was durch den nicht gut kon- servierten Zustand seines Materials verständlich wäre. Was er als distale Enden Hi. ee a Buinonher der „Drüsenzellen“ abbildet, hierher, er en könnte einfach verletzten Stellen der Oberfläche, wie ich sie bei meinem in Alkohol kon- servierten Material des dibranchiaten Organs oftmals gefunden habe, entsprechen, da die dünneren Endfortsätze der Zellen sehr Fig. 44. Epithel der Rhinophoren-Grube von Nautilus (nach FERNANDEZ). a Flimmerzelle, 5 „Schleimzelle“. häufig abgebrochen werden. Weiter spricht die unregelmäßige Linie der äußeren Enden der Flimmerzellen in seiner Abbildung für diese letztere Annahme. Sonst sehen diese „Drüsenzellen“ 404 Grace B. Watkinson, von FERNANDEZ den Sinneszellen von ZERNOFF ähnlich und stimmen mit der Angabe von KEFERSTEIN überein. Der „innere hellere, aus sehr großen, dünnwandigen Vakuolen aufgebaute Teil, der das Sekret enthält“, sieht in der Abbildung von FERNANDEZ (Text- fig. 44) dem Nebenkörper der Dibranchiaten, wie dieser bei den in Alkohol konservierten Exemplaren erscheint, sehr ähnlich. (Anderseits zeigt bei dem Dibranchiaten-Organ eine Fixierung mit FrLemminsscher Lösung oder Osmium keine Vakuolen in den Neben- körpern und nur den Inhalt von nicht anastomosierenden Fasern, die oben beschrieben und in Textfig. 38—40 abgebildet sind.) Man kann daher annehmen, daß die „großen rundlichen Drüsen- zellen“ von Nautilus den Sinneszellen des Dibranchiaten-Organs entsprechen und wohl dieselbe Funktion ausüben wie diese. Ob das von WILLEY beschriebene (s. Zitat oben) Riechvermögen von Nautilus wirklich im Rhinophor seinen Sitz hat, oder ob es aus- schließlich in den Augententakeln liegt, ist nach den jetzt be- kannten Tatsachen nicht zu entscheiden. Aus den Angaben von FERNANDEZ geht hervor, daß die äußere Partie des Rhinophors von Nautilus eine andere Funktion ausüben muß als die Grube. Er schreibt nämlich, daß diese äußere Partie „kein auf einen Tentakel beziehbares Gebilde“ ist, daß sie aus Bindegewebe von komplizierterer Struktur besteht als die Tentakeln und aus mäch- tigen Nervenmassen, die die für die Tentakel typische Anordnung nicht besitzen, und daß jede Muskulatur fehlt. „Die Flimmer- grube ist in ebensolches Bindegewebe eingebettet und wird von Bündeln desselben Nerven umgeben, der in den Rhinophor ein- tritt.“ „Die Ausbildung des Epithels auf dem Tentakel und in der Grube ist vollkommen verschieden.“ Seine „Drüsenzellen* finden sich nur in der Grube. Die Flimmerzellen, ebenfalls nur in der Grube vorhanden, zeigen nach der Beschreibung von FERNANDEZ sehr deutliche Basalkörper, was ganz mit dem Verhalten dieser Zellen bei den Dibranchiaten übereinstimmt. Auch sind bei Nautilus die Flimmerhaare wie bei den Dibran- chiaten geschlängelt. Die von FERNANDEZ beschriebene „dunkle, kappenförmige Masse“ auf dem Kern dieser Zellen habe ich bei anderen Cephalopoden nicht feststellen können, ebensowenig Verbindungen zwischen den verschiedenen Zellen. Schleimmassen auf der Oberfläche der Grube von Nautilus, die FERNANDEzZ als Beweis für die drüsige Natur dieser Partie ansieht, können sehr leicht durch die Flimmerung von außen hineingebracht sein. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 405 Besonders interessant im Vergleich mit dem oben beschriebenen Verhalten zwischen Epithel und Bindegewebe bei dem Dibran- chiaten-Geruchsorgan ist die Beschreibung von FERNANDEZ von der distalen Grenzschicht des Bindegewebes im Rhinophor von Nau- tilus und das Durchtreten der Nerven durch dieselbe. „An der Tentakelpartie des Rhinophors bilden die bindegewebigen Grund- substanzen eine anscheinend festere Verdichtungsmembran, die nur eine geringe Faserung parallel zur Oberfläche aufweist.“ „Sie ist sehr dick, fast zellenlos und wird stets von Kanälen durchzogen, die, untereinander verbunden, ein Netz bilden.* „Sehr oft ließ sich feststellen, daß die Kanäle sich an der Oberfläche unter dem Epithel öffnen; in solchen Fällen bemerkt man in den Kanälen Nervenbündel, die an das Epithel herantreten.“ „Die erörterte Membran grenzt sich gegen die Oberfläche durch eine scharfe Linie bei Dahliapräparaten, bei anderen durch eine dunkle Kontur ab und sendet stellenweise zackige Fortsätze zwischen die Epithel- zellen. Unter dem Epithel der Flimmergrube fehlt sie durchweg (außer hart am Eingang), und das Bindegewebe besitzt hier nur eine dünne Linie als Grenzmembran. Falls unter dieser nicht direkt Nervenstränge oder Blutlakunen liegen, bildet das Binde- gewebe entweder ein lockeres, weitmaschiges Netzwerk, oder es beginnt darunter sofort die oben beschriebene gewöhnliche Form desselben, deren Hauptbestandteile die sich vielfach durchkreuzenden Fasern sind.“ Wir ersehen aus dieser Beschreibung von den Rhinophoren von Nautilus, daß im feineren Bau der „Geruchs- organe“ wesentliche Unterschiede zwischen Nautilus und den Di- branchiaten nicht vorhanden sind. Ich gehe jetzt zu einer theoretischen Erwägung über die Funktion der Zellen des „Geruchsepithels“ über, die sich auf alle beschriebenen „Geruchsorgane“ beziehen läßt. Theoretisches über die ZERNOFFschen „Sinneszellen“. Es scheint, daß für die Funktion dieses Organs in erster Linie die ZERNOFFschen „Sinneszellen“ in Betracht kommen. Da _ der Nebenkörper dieser Zellen niemals ganz bis zur Oberfläche des Epithels gelangt und da niemals (mit der möglichen Ausnahme von Nautilus — siehe oben) eine Oeffnung von, denselben durch das Zellplasma nach außen wahrnehmbar ist, während im Gegen- teil das Plasma am äußeren Ende der Zelle, wie wir beschrieben haben, besonders verdickt und verlängert ist, glaube ich, daß eine ” 406 Grace B. Watkinson, Auffassung dieser Zellen als Drüsenzellen irgendwelcher Art, in welchen der Nebenkörper als Sekretbehälter dienen soll, unhaltbar ist. Solch eine Auffassung dieser Zelle finde ich nirgendwo (außer in der oben besprochenen Angabe von MEYER über Opisthoteuthis, wo nach dem Verfasser die mangelhafte Konservierung die Be- stimmung der Zellelemente unsicher machte) in bezug auf das Geruchsepithel der Decapoden geäußert. Wohl aber sind von FERNANDEZ, wie wir oben gezeigt haben, die gleichen Zellen, die in der Rhinophorgrube von Nautilus vorkommen, als „Drüsen- zellen“ beschrieben worden. Da wir oben gezeigt haben, daß auch diese von FERNANDEZ beschriebenen Zellen sich nicht ohne weiteres als Drüsenzellen erklären lassen, und da die entsprechenden Zellen der Dibranchiaten viel eher als Sinneszellen sich auffassen lassen, folgt, daß eine andere Erklärung des Nebenkörpers als die eines Sekretbehälters zu suchen ist. ZERNOFFS Hypothese, der Nebenkörper der Dibranchiaten sei „ein Rest von Protoplasma, welches keine physiologische Bedeutung hat“, ist für ein so großes und in diesen Zellen konstantes Gebilde unwahrscheinlich. Eine interessante Parallele zu diesen Gebilden finde ich in den von NOWIKOFF für die Retinazellen des Schalenauges von Chiton beschriebenen „schwach färbbaren Binnenkörper“ oder Phäosomen. Von solchen Phäosomen gibt es nach NOWIKOFF zweierlei Arten: die schwach färbbaren und die stark färbbaren Binnenkörper. Diese im Geruchsepithel sich findenden Körper würden dem ersteren Typus entsprechen. Ueber diese Gebilde schreibt NOowIKOFF folgendes: „Eine andere Gruppe bilden die schwach färbbaren Binnenkörper der Sehzellen, welche in den Augen von Naideen und Lumbriciden von Hrsse (1896--1902) als Phäo- somen beschrieben worden. Auch MerrTon (1905) hat in den langen Sehzellen von Nautilus ähnliche Gebilde gefunden, die jedoch nicht homogen wie die Phäosomen der oben genannten Würmer waren, sondern eine netzig-wabige Struktur haben. Eine ähnliche Struktur hat übrigens auch schon PurcELL in den Phäo- sphären von Arachnoideen beschrieben. Von einigen Autoren wurde die Meinung geäußert, daß die Binnenkörper im Dienste einer unmittelbaren Lichtwahrnehmung stehen sollen. Demgemäß unterscheidet auch Hesse (1902, p. 595) „in bezug auf die Beschaffenheit der lichtrezipierenden Elementar- teile zweierlei Sehzellen: einmal solche mit freien Neurofibrillen- enden .... und zweitens solche mit Phäosomen“. „Hinsichtlich der Sehfunktion der sogenannten Phäosphären der a nn Skorpione und anderer Arachnoideen wurden schon von PURCELL und Hesse Zweifel erhoben, da PurcELL dieselben Gebilde sowohl in Leberzellen als auch in Hypodermiszellen der Arachnoideen gefunden hat. Ich habe auch in einigen Epidermiszellen von Chiton olivaceus neben dem Kern ovale, homogene Binnenkörper beobachtet, die den Phäosphären sehr ähnlich sahen. Infolgedessen glaube ich auch, daß die stark färbbaren Binnenkörper keine spezifischen Bestandteile der Sehzellen sind und bei der Licht- rezeption keine Rolle spielen.“ „In bezug auf die schwach färb- baren Binnenkörper der Sehzellen (Phäosomen) möchte ich hervor- heben, daß bis jetzt keine Beweise für die Wahrscheinlichkeit ihrer lichtrezipierenden Funktion existieren. Das betrifft besonders die Phäosomen von Nautilus, welche tief in der Retina, in den proximalen Partien der langen Sehzellen liegen. Oberhalb dieser Phäosomen werden die Sehzellen auf eine gewisse Strecke pig- mentiert, so daß die Lichtstrahlen kaum zu ihnen gelangen können.“ Die Tatsache, daß solche Phäosomen überwiegend in Sinnes- zellen vorkommen, scheint mir von Wichtigkeit zu sein, und in den Fällen, wo sie in Zellen vorkommen, die außerhalb lokali- sierter Sinnesorgane liegen, ist es immerhin nicht unmöglich, daß diese Zellen irgendwelche sensible Bedeutung haben. Wenn diese sensible Natur einem chemischen Sinn entspricht, welcher in der Leber wie auch in der Epidermis, wo nach NowIKorFr diese Zellen auch vorkommen, denkbar wäre, so scheint diese Funktion etwas rätselhaft in den Fällen, wo diese Gebilde in der Retina vor- kommen. Wenn man aber daran denkt, daß die Retina dieser Augen, wie bei Nautilus, noch immer von dem umgebenden Wasser bespült wird, so ist eine chemische Empfindlichkeit der Neben- körper oder Phäosome auch hier nicht ausgeschlossen. Welche Bedeutung eine solche chemische Empfindlichkeit an dieser Stelle haben würde, könnte verschieden erklärt werden, ist aber höchst unsicher und geht über die Grenze dieser Abhandlung hinaus. Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 407 Chemische Empfindlichkeit der Nebenkörper. Die Nebenkörper der Sinneszellen scheinen besonders em- pfindlich gegen chemische Einflüsse zu sein, wie ihre häufige Schrumpfung oder Verquellung und auch das gelegentliche Vor- handensein von Vakuolen zeigen. Ein langes Verweilen in 70-proz. ” 408 Grace B. Watkinson, Alkohol oder schwächer nach ungenügender Härtung des Gewebes in einem Fixiermittel verursacht die Erscheinung von Vakuolen im Nebenkörper oder oftmals eine vollständige Zersetzung dieser Partie, während die übrigen Zellteile gut erhalten bleiben. Die Nebenkörper sind dem Anschein nach besonders ein- gerichtete osmotische Apparate, die zur Prüfung des Atemwassers. dienen. Der äußere Reiz könnte, wenn dies der Fall ist, durch den Endfortsatz mit seinem sich dunkel färbenden, stäbchenartigen Gebilde in den Nebenkörper hineingeleitet werden, vielleicht in der Form von gelösten Stoffen, um in dem Nebenkörper auf seine Beschaffenheit geprüft zu werden, in welchem Falle eine besondere nervöse Empfindlichkeit des Nebenkörpers (vielleicht der feinen Fasern, die man darin sehen kann) angenommen werden muß. Mit einer Erklärung dieser Zellen als Sinneszellen steht in engem Zusammenhang der Gedanke, daß diese amöboid beweglich sind. Erstens macht die äußere Form der isolierten Zellen so- wohl wie ihre unregelmäßige Lage im Epithel den Eindruck, daß diese Form stark veränderlich sei, und zweitens scheint, um einen Reiz von außen aufnehmen zu können, ein solches Verhalten not- wendig zu sein. Jedenfalls müssen die äußeren empfindlichen Partien der Zelle, die wir so oft in den tieferen Lagen vorfinden, nach der Peripherie gelangen, um einen Reiz zu empfangen, und tatsächlich sehen wir, daß der Nebenkörper immer nahe an dem äußeren Ende der Zelle bleibt und so auch bei den lang- gestreckten Zellen nach außen zu liegen kommt. Bei den Octo- poden müßten sogar in solch einem Falle die tiefgelagerten Sinnes- zellen durch die netzartige Grenzlamelle des Epithels hindurch- dringen, um in eine solche periphere Lage zu kommen. Ob eine solche Wanderung der Zelle vorkommt, oder ob die Funktion dieser Zellen anders erklärt werden muß, kann erst durch Experimente festgestellt werden. Um die Möglichkeit einer anderen Funktionsweise der „Ge- ruchsorgane“ in bestimmten Fällen zu erwähnen, möchte ich noch im Anschluß hieran eine andere Beobachtung mitteilen, nach welcher das Epithel des Geruchsorgans vielleicht gelegentlich Tast- funktion übernehmen kann. Eine besondere Art von Zellen, die ich in der Haut von Loligo finde, sind die eigentümlichen Pinsel- oder Borstenzellen, die be- sonders bei lebenden Embryonen von Loligo vulgaris an vielen Stellen am Kopfe sehr schön zu beobachten und verhältnismäßig Ueber die sog. Geruchsorgane der Öephalopoden. 409 sehr groß sind. Die Borsten sind ganz steif und scheinen un- beweglich zu sein, im Gegensatz zu den nächstliegenden, fort- während sich bewegenden und wellenförmig biegsamen dünnen Flimmerhaaren an anderen Epithelzellen. Diese Borstenbüschel fallen bei der Behandlung des konservierten Materials so leicht ab, daß ich sie außerordentlich selten an den konservierten Em- bryonen wiederfinden konnte. Beim erwachsenen Loligo habe ich sie gelegentlich gefunden, bei Loligo vulgaris in der Nähe des Geruchsorgans und bei Loligo forbesii an der hinteren Seite des Halskammes. In Textfig. 45 - ist eine solche Zelle von Loligo for- besii abgebildet mit seinem Büschel von steifen Borsten und einem großen ovalen Zellkörper. Wahrscheinlich kommen Fip. 45. KöLLıgersche solche Pinselzellen auch an anderen Zelle (Pinsel- oder Bor- Hautstellen dieser Tiere vor. Derartige }tenzelle von Digkıeso Zellen sind von Caun (1902) bei Octo- pus-Embryonen und bei Bolitaena steenstrupi gefunden und ihrem Entdecker zu Ehren KöÖLLIKkEersche Büschel genannt worden. Ferner hat JouBın sie an den Stielen der Saugnäpfe von Chiro- teuthis gefunden. KELLER schreibt, daß er dieselben in großer Zahl in der Riechgrube von Eledone moschata fand. Auf meinen Fig. 46. Abraliopsis moresii (!/, natürl. Größe). «a Halsfalte mit differenziertem Epithel, » Trichter, ce Auge. Schnitten durch das Riechorgan von Eledone habe ich diese Borsten- zellen niemals gesehen und denke, daß die von KELLER erwähnten Erscheinungen, wie die oben erwähnten „Sinneshaare“ von ZERNOFF, vielleicht als Reste eines abgefallenen Flimmerkleides zu deuten sind. Nur in einem Falle habe ich die Pinselzellen im Epithel des Geruchsorgans gefunden und zwar bei Abraliopsis-Exemplaren, die von Herrn Dr. DoFLEın aus Japan gebracht waren (Textfig. 46). 410 Grace B. Watkinson, Die Pinsel, die in der differenzierten Epithelstelle an der Hals- falte vorkommen, sind auf Textfig. 47 abgebildet. Hier ist das Epithel sehr hoch, wie bei den schon beschriebenen Geruchs- organen, aber die typische Art von ZERNOFFSchen Sinneszellen war nicht vorhanden, soweit ich bei den in Alkohol konservierten Exemplaren feststellen konnte. Es kommt mir als möglich vor, daß in diesem Falle, und vielleicht auch bei anderen Cephalopoden, das Epithel zu einem Tastorgan umgewandelt worden ist, wie Weıss für Chiroteuthis, wo die typischen „Geruchs“-Sinneszellen 6% F% ad a ZEN 8/ S PP. a I NE ». 3) a er \ Zu ER—C ( < \ el A#T2H Fig. 47 A. Fig. 47 B. Fig. 47 A. Differenziertes Epithel an der Halsfalte von Abraliopsis. a, b, c Pinselzellen. Fig. 47 B. Pinselzellen von Abraliopsis, vergrößert. in dem Epithel der Papille ebenfalls nicht nachweisbar waren, vorschlägt, und daß die Borstenzellen einer Art Tastsinnes- zellen entsprechen, die an dieser Stelle häufiger vorkommen als sonst am Körper, und ein besonderes Tastvermögen hier aus- gebildet haben. Es wäre interessant, zu wissen, ob bei besonderer Konservierung dieser Organe, wo die „Geruchs“-Sinneszellen fehlen, solche Borstenzellen nicht häufiger gefunden werden könnten, wie sie bei Abraliopsis hier sich nachweisen lassen. Es scheint, daß für solch eine Tastfunktion die Papillenform des Organs, wie sie bei Chiroteuthis z. B. besonders weit ausgebildet ist, besonders günstig sein würde. «u ELITE went DET > Ueber die sog. Geruchsorgane der Cephalopoden. 411 Zusammenfassung. 1) Das Geruchsorgan der Cephalopoden zeigt zwei Typen der Ausbildung, den papillenförmigen und den taschenförmigen Typus, von welchen der zweite Typus durch Hautkontraktionen seine Form ändern und manchmal nach außen vorgestülpt werden kann. Zwischen diesen beiden Typen kommt eine Reihe Uebergänge vor. 2) Das Organ besteht aus einer Schicht verdickten Epithels, in welchem die Endäste des Nerven verlaufen. Diese Schicht ist durch eine netzartige Grenzlamelle von dem darunter liegenden Bindegewebe getrennt. 3) Das Geruchsepithel kann als einschichtig aufgefaßt werden und besteht aus zwei Arten von Zellen, Flimmerzellen und Sinnes- zellen. Die letzteren sind verschieden tief gelagert, von ver- schiedener Form und wahrscheinlich amöboid beweglich. Sie ent- halten einen eigentümlichen, schwach färbbaren Körper und be- sitzen einen Endfortsatz mit einem runden oder stäbchenförmigen Gebilde im Innern, welches wahrscheinlich zur Aufnahme des Reizes von außen dient. 4) Der „Geruchsnerv“ entspringt nicht aus dem Ganglion pedunculi („Geruchsganglion“). Seine Fasern verlaufen in enger Verbindung mit dem Augennerven und sind wahrscheinlich nicht ausschließlich cerebralen Ursprungs. 5) Das „Geruchsorgan“ der Dibranchiaten ist der Innervierung nach homolog den Rhinophoren von Nautilus, aber nicht den Osphradien der übrigen Mollusken. 6) Lage und Bau des „Geruchsorgans“ deuten auf eine Funk- tion als Organ des chemischen Sinnes, zur Prüfung des Atem- wassers, entsprechend der Funktion der Osphradien bei den übrigen Mollusken. 412 Grace B. Watkinson, Literatur. 1889/92 Arrırnör, A., Teuthologische Beiträge. I—IV. Bergens Mus. 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Querschnitt durch den Kopf von Sepiola rondeletii in der Region des „Geruchsorgans“. a—h wie in Fig. 1, ; Retina, % Augenknorpel, 7 Trichtermuskeln, m Trichter- organ, n Muskel, o Chromatophoren, p Augennerv, g Kopfknorpel. Fig. 4 Querschnitt durch den Kopf von Sepia elegans in der Region des „Geruchsorgans“. Bezeichnungen wie in Fig. 1 und 3. Fig. 5. Querschnitt durch den Kopf von Loligo forbesii in der Region des „Geruchsorgans“. Bezeichnungen wie in Fig. 1 und 3. Tafel 20. Fig. 1. Längsschnitt durch das „Geruchsorgan“ von Sepia elegans. «a Sinneszelle, b Flimmerzelle, c, c‘, c' Nerv, e Bindegewebe, f Muskel, g Knorpel, A Blutgefäß, < Chromatophore, k Grenzlamelle des Epithels, m Schleimzelle, 7 elastische Fasern. Fig. 2. Längsschnitt durch das „Geruchsorgan“ von Sepiola rondeletii. Bezeichnungen wie in Fig. 1. Fig. 3. Längsschnitt durch das „Geruchsorgan“ von Loligo forbesii. Bezeichnungen wie in Fig. 1. Fig. 4 Längsschnitt durch das „Geruchsorgan“ von Octopus vulgaris. Bezeichnungen wie in Fig. 1. Ueber die Muskulatur der Hirudineen. Von Louis des Arts aus Hamburg. Hierzu Tafel 21—23. Einleitung. Das Thema der vorliegenden Arbeit erhielt ich im November 1906 von meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. A. Lang. Als Untersuchungsobjekte habe ich meiner Arbeit hauptsäch- lich Pontobdella muricata, Branchellion torpedinis und Piscicola geo- metra zugrunde gelegt. Pontobdella und Branchellion, von ersterer Art auch lebende Exemplare, erhielt ich zum Teil durch Ver- mittelung des Herrn Prof. Lang aus Neapel, zum Teil auch direkt während meines Aufenthaltes an der dortigen zoologischen Station. — Während mir von Pontobdella reichliches Material zur Ver- fügung stand, war es leider sehr schwierig, genügend Exemplare von Branchellion zu erhalten; während meines Aufenthaltes in Neapel konnte ich nicht mehr als zwei von diesen Tieren bekommen. Von Piscicola geometra erhielt ich sehr schöne Exemplare in beliebiger Anzahl in einer Züricher Fischhandlung durch die freund- liche Vermittelung des Herrn Prof. HruscHErR. — Die lebenden Tiere betäubte ich durch Zusatz von Alkohol zum Wasser, worauf ich sie mit kalter Sublimatlösung fixierte. Zur Einbettung habe ich stets Paraffin benutzt und Schnitte von 8—10 u als am zweckentsprechendsten befunden. Von den Färbemethoden habe ‚ ich sehr häufig die Van Gıesonsche Dreifachfärbung angewandt, welche ja für die Untersuchung der Verhältnisse der Muskulatur ganz besonders geeignet ist; gute Resultate gaben auch die Heipennarssche Eisen-Hämatoxylinfärbung, sowie die Anwendung von DELAFIELDschem Hämatoxylin mit Nachfärbung von Eosin ‚ oder Erythrosin. Versuche mit Apärnys Hämatein I. A. fielen | sehr ungleich aus, ich erhielt allerdings einige recht schöne Bilder, 20 r ” 416 Louis des Arts, doch ist es bei dieser Methode außerordentlich schwierig, eine richtige Differenzierung zu erzielen, so daß ich nur wenig Gebrauch von ihr machte. Außerdem habe ich zahlreiche Untersuchungen an isolierten Muskelfasern angestellt, welche ich meist durch Mazeration in 20-proz. Salpetersäure erhielt und in Wasser oder verdünntem Glyzerin untersuchte. Literaturangaben. Arbeiten, welche sich mit der Untersuchung der Muskel- elemente der Evertebraten befassen, liegen in der Literatur in sehr sroßer Anzahl vor. Meinem Thema entsprechend werde ich hier nur solche berücksichtigen, welche speziell die Muskulatur der Hirudineen oder ihnen nahestehender Formen zur Grundlage haben. Unter den älteren Autoren sei F. LeypıcG an erster Stelle erwähnt, welcher im Jahre 1849 in seiner Arbeit über die Anatomie von Piseicola die allgemeine Struktur der Muskelelemente der Hirudineen folgendermaßen beschreibt: „Alle diese Muskeln...... bestehen aus Zylindern, die auf dem Durchschnitt bald mehr rund- lich, bald plattgedrückt oder mehrfach eingebogen erscheinen. Die nähere Struktur eines solchen Zylinders anlangend, so ist er außen umhüllt von einer zarten strukturlosen Hülle. Der Zylinder selbst zerfällt in eine äußere, helle, homogene Rindensubstanz und eine innere Höhle, welch letztere von feiner Punktmasse mehr oder weniger angefüllt ist. In dieser Masse eingebettet liegen vereinzelte Kerne.“ Leyvvıc hielt die Rindensubstanz für homogen, doch weist er in einer Anmerkung (l. ce. p. 107) auf eine Dissertation von J. v. HOLST hin, welcher sie aus glatten, nicht gestreiften, durchsichtigen Fäden bestehen ließ. Sehr eingehend wurde das Thema der Muskulatur der Everte- braten in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts behandelt; einige der wichtigsten dieser Arbeiten seien hier kurz besprochen. A. WEISMANN (1862) unterscheidet eine Rinden- und eine Marksubstanz, in welche der Inhalt des Sarkolemmschlauches sich differenziert: „Die Rindensubstanz ist in frischem Zustande voll- kommen homogen, stark lichtbrechend, die Marksubstanz fein- körnig, eine klare, zähe Flüssigkeit, in welcher eine Menge kleiner, dunkler Körnchen eingebettet sind.“ Bei Behandlung isolierter % / | | Ueber die Muskulatur der Hirudineen., 417 Muskelzellen von Hirudo mit Essigsäure beobachtete WEISMANN eine Querstreifung der Rindenschicht: „Die Rindenschicht zerfällt in ziemlich regelmäßig gruppierte, stark lichtbrechende Partikeln und in helle Zwischenräume, sodaß der Anschein einer groben Querstreifung hervorgebracht wird.“ Die Zusammensetzung der Rindenschicht hatte WEısmann damals noch nicht richtig er- kannt, hingegen wird der Unterschied zwischen der geschlossenen Muskelzelle der Hirudineen und der unvollkommen geschlossenen der Nematoden, „wo die Marksubstanz auch zu Tag, d. h. dicht unter die Zellmembran treten kann“, von ihm schon hervorgehoben. G. R. WaAGner (1863), dem die Fäden oder Fibrillenstränge, wie man sie später nannte, in der Rindenschicht schon bekannt waren, schließt aus seinen Beobachtungen an Querschnitten der Muskelfasern der Evertebraten, daß diese Fibrillenstränge strahlen- förmig um den körnigen Achsenstrang gruppiert seien; auch äußert er die Vermutung, daß die Fibrillenstränge wiederum aus feineren Fibrillen zusammengesetzt seien. A. SCHNEIDER (1866) gibt folgende Bestandteile der Muskel- zelle an: 1) Fibrillen, welche sich durch Reißen in feinere Fäden teilen lassen, 2) eine weiche, nahezu flüssige Marksubstanz, welche Körner verschiedener Art enthält, und 3) eine homogene Membran, das Sarkolemm. Er versucht ferner auf Grund der Muskulatur ein System der Würmer aufzustellen, wobei er auch eine kurze Beschreibung der Lagerung der Muskeln bei den Hirudineen bringt. SCHWALBE (1869) stellt die Hirudineen mit den Nematoden insofern zusammen, als ihre kontraktilen Elemente sich durch An- wesenheit einer großen Menge den Kern umschließender Mark- substanz und durch eine in Fibrillen zerfallende Rindenschicht charakterisieren. Er wiederholt die schon 1862 von WEISMANnN gemachte Be- obachtung, daß bei den Hirudineen die Marksubstanz von der kontraktilen Rinde vollständig eingeschlossen wird, wodurch sie sich von den Nematoden unterscheiden lassen, bei denen die Um- schließung häufig unvollkommen bleibt. Nicht zutreffend ist seine Behauptnng, daß bei den Hirudineen die Radialblätter zu einer einheitlichen Rindensubstanz verschmolzen seien, was er ebenfalls als einen Gegensatz zu den Nematoden anführt, bei denen er eine körnige Substanz zwischen den Radial- blättern gesehen hatte. Die Zusammensetzung der radiär gestellten Blätter aus einzelnen Fibrillen will ScHwALBE nicht anerkennen. Schließlich sei aus dieser Zeit noch FR. RATzEL (1869) er- ” 418 Louis des Arts, wähnt, welcher ebenfalls von einer homogenen Rindensubstanz spricht, dabei aber auch die radiäre Anordnung der die Muskel- fasern bildenden Fibrillen (WAGneErs Fäden und SchwALBes Radial- blätter) hervorhebt. Eine ausführlichere Aufzählung und Besprechung der älteren Literatur von 1827 (Mogquıin-TAnpon) bis zum Jahre 1884 findet sich bei REmyY SAaınt-Loup (1884) in seiner Abhandlung „Organi- sation des Hirudinees“. Von neueren Autoren, welche sich mit der Untersuchung der Muskulatur der Hirudineen oder verwandter Formen befaßt haben, seien einstweilen nur folgende genannt: A. Lang, E. ROHDE, St. ApAtHay, M. HEIDENHAIN, N. Lıvanow und FR. SCHMIDT. A. Lang (1881, 1882) vergleicht an der Hand von Gunda segmentata die Tricladen einerseits mit den Cölenteraten, anderer- seits mit den Hirudineen; bei der Vergleichung mit letzteren gibt er auch eine kurze Charakteristik ihrer Muskulatur. E. Ronps (1885) bringt in seiner Arbeit über die Muskulatur der Chätopoden eine Uebersicht über die Angaben früherer Autoren; er vertritt WAGNERS Ansicht in betreff des Zerfalles der radiär gestellten Blätter in Fibrillen gegenüber SCHWALBE, welcher sich, wie oben erwähnt, hiergegen ablehnend verhielt. Bei seinen Untersuchungen von Branchiobdella parasita, einer den Hirudineen nahestehenden Chätopodenform, kommt er in jener Arbeit zu dem Schlusse, daß jede Muskelfaser ebenso wie bei den Nematoden und Hirudineen als Aequivalent einer Zelle und ihre Membran demnach als Sarkolemm aufzufassen sei. Als Primitivelement der kontraktilen Substanz in der Muskel- faser der Chätopoden, genau wie bei den Hirudineen und Nema- toden, sieht er die Fibrille von punktförmigem Querschnitt an. „Die Rindensubstanz der Muskelzelle zerfällt bei Branchiobdella und allen Chätopoden in Primitivfibrillen von punktförmigem Querschnitt, welche sich zu radiärgestellten Fibrillenplatten von linienförmigem Querschnitt anordnen‘ — und „In der radiären, plattenförmigen Anordnung der Primitivfibrillen stimmen die Chäto- poden mit den Hirudineen überein.“ ROHDE unterscheidet vier Arten von Muskelzellen bei den Evertebraten: myoblastische, platymyare, cölomyare und voll- ständig geschlossene, bei den Hirudineen handelt es sich nur um letztere. Sehr eingehende Untersuchungen über den feineren Bau der Muskulatur der Wirbellosen hat Aräruy (1890, 1892, 1897) in Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 419 seinen verschiedenen Arbeiten gemacht, wobei er teilweise zu recht wichtigen Resultaten gekommen ist. Als geeignetes Untersuchungs- material hat er die Hirudineen bevorzugt; und ich werde deshalb auf seine Arbeiten etwas näher eingehen müssen. In seiner Abhandlung „Nach welcher Richtung hin soll die Nervenlehre reformiert werden ?“ (1890) bringt er eine sehr aus- führliche vergleichende Anatomie der glatten Muskulatur; einige der Hauptpunkte, zu denen ihn seine Untersuchungen geführt haben, seien hier hervorgehoben: „Die typische Muskelfaser“, sagt APAÄTHY, „ist eine spindelförmige Zelle mit von Zellsaft sehr ge- lockertem Protoplasma und einer beträchtlichen Menge eines andern intrazellulären Protoplasmaproduktes, der kontraktilen Substanz. Der protoplasmatische Teil und die kontraktile Substanz sondern sich in der Zelle in der Weise, daß erstere die Achse, letztere die Spindel der Rinde bildet ...... Der protoplasmatische Teil beherbergt den Zellkern .... Der Rindenteil besteht aus feinen Fasern, Primitivfibrillen .... und aus der interfibrillären Substanz ...... Die ganze Muskelspindel ist nicht selten von einem strukturlosen Häutchen, welches der Zellmembran entspricht, eng umgeben.“ ArArHy wirft sodann die Frage auf, durch welche Teile der Muskelzelle die Kontraktion verursacht werde? Selbst- verständlich durch die Rindensubstanz, aber auch diese zerfällt in zwei Bestandteile, die Primitivfibrillen und die interfibrilläre Sub- stanz. ArATtHay entscheidet sich für erstere; in einer noch zu be- sprechenden Arbeit sucht er seine Ansicht zu begründen. Auf die zahlreichen Abweichungen von der normalen spindel- förmigen Form der Hirudineenmuskeln, welche ArArtay anführt, werde ich bei der Besprechung der einzelnen Species zurück- kommen. Als Eigentümlichkeit der Hirudineenmuskel hebt Arkrny die Anordnung der Fibrillen in radiärgestellte Lamellen hervor, diese Lamellen sind jedoch häufig so eng miteinander verkittet, daß in _Querschnitten die zu erwartende Punktierung nicht zum Vorschein _ kommt (wie sie ja auch SCHWALBE nicht hat sehen können); doch kann man sich durch Mazeration leicht von dieser Zusammen- ' setzung der Fibrillen überzeugen. In seiner Arbeit „Kontraktile und leitende Primitivfibrillen“ | (1892) stellt ArArnuy folgende Behauptung auf: „Die Primitiv- ‚ fibrillen der glatten Muskelfasern und der Nervenfasern waren | | bisher sozusagen bloß durch ihr Negativ bekannt und man kannte bloß die fibrilläre Struktur, nicht die Primitivfibrillen selbst.“ ” 420 Louis des Arts, Daß man die Primitivfibrillen bis dahin übersehen hatte, führt er darauf zurück, daß sie bei den gebräuchlichen Tinktionen ungefärbt blieben und auch bei Untersuchung in stark lichtbrechenden Medien infolge ihrer eigenen Lichtbrechung nur wenig sichtbar gemacht worden seien. Was man bisher als Fibrillen beschrieben hatte, waren nicht die Fibrillen selbst, sondern die mit inter- fibrillärer Substanz gefüllten Zwischenräume. Untersucht man mazerierte Muskelfasern ungefärbt bei ge- dämpftem Licht, so erscheint die kontraktile Substanz aus dunklen und hellen Streifen zusammengesetzt. „Die dunklen Linien‘, sagt APrÄTHyY, „entsprechen den interfibrillären Räumen, die hellen glänzenden Streifen den Primitivfibrillen. Letztere sind das eigent- lich Körperliche sowohl in der kontraktilen als auch in der leitenden Substanz, und sie sind es, welche an den Rißenden, nicht selten ziemlich lang, gerade oder gekrümmt hervorragen und sich auch isolieren lassen.“ Speziell, durch die optischen Eigenschaften der kontraktilen Substanz sucht ArATtaY zu beweisen, daß die hellen Streifen das eigentlich Kontraktile sind; denn diese erweisen sich als positiv einachsig doppelbrechend, was für die kontraktilen Inotagmen charakteristisch sei. Bei dieser Gelegenheit erwähnt APÄTHY auch, daß durch welligen Verlauf der Elementarfibrillen die glatten Muskelzellen die optischen Eigenschaften der quergestreiften zeigen können. Schließlich stellt er noch zwei Typen von Muskelspindeln auf, die bündelförmig massive und die röhrenförmig hohle; bei den Hirudineen finden sich nur letztere, In seiner großen Arbeit: „Das leitende Element des Nerven- systems und seine topographischen Beziehungen zu den Zellen“ (1897) macht ArArtnuyY endlich noch sehr interessante Angaben über die Muskelbrücken, welche er in der Darmmuskulatur von Pontobdella beobachtet hat; bei der Besprechung der Muskulatur jener Form werde ich noch darauf zurückkommen. M. HeıpenHnaim (1898, 1900) gibt in seinen Untersuchungen über die Struktur der kontraktilen Materie zunächst eine historische Uebersicht über die Ergebnisse der Forschungen auf diesem Ge- biete. Bei der speziellen Betrachtung der Verhältnisse der Wirbel- losen bezieht er sich als Nicht-Zoologe auf die Angaben anderer Autoren, so bei den Hirudineen auf APÄTuY. HEIDEnHAIN faßt die Primitivfibrillen als lebendes Proto- plasma schlechtweg auf, im Gegensatz zu denjenigen Forschern, Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 421 welche sie als alloplasmatische oder paraplasmatische Bildungen bezeichnen. So macht er auch ganz besonders ApÄrtHaY zum Vor- wurf, daß er die Fibrillen als bloßes „Zellprodukt‘‘ dem lebendigen Protoplasma entgegengesetzt habe. ApArTnYy weist jedoch in einer Entgegnung (1902) diesen Vorwurf zurück. Was die Muskel- brücken betrifft, so glaubt HEIDENnHAIN in Uebereinstimmung mit anderen Forschern dieselben auf Trugbilder, hervorgerufen durch Schrumpfungen, zurückführen zu können. Wenn auch zugegeben werden muß, daß dieses häufig der Fall sein kann, und solche Bilder, wie z. B. Stönr (1905) in seinem bekannten Lehrbuch der Histologie eines bringt, tatsächlich durch Schrumpfungen ent- stehen, so handelt es sich doch bei den von LeypiG und APATHy angeführten, noch zu besprechenden Erscheinungen ohne Zweifel um echte Muskelbrücken. N. Lıvanow (1903, 1904, 1906) behandelt in seinen Unter- suchungen zur Morphologie der Hirudineen hauptsächlich das Ver- hältnis der Lage des Ringnerven zu gewissen Längsmuskelsträngen der Hautmuskulatur. In seiner Monographie „Acanthobdella peledina“ (1906), einer Form, welche in mancher Beziehung von den Hirudineen abweicht und Merkmale der Oligochäten aufweist, hebt er viele für die Muskulatur der Hirudineen charakteristische Kennzeichen hervor; im Laufe meiner Arbeit werde ich öfters Gelegenheit haben, mich auf seine Angaben zu beziehen. Fr. Scamipr (1903) hat, wie auch Ronpe, Branchiobdella parasita zum Objekt seiner Untersuchungen gewählt. Er legt allerdings das Hauptgewicht seiner Arbeit auf die Anordnung der einzelnen Elemente der Muskulatur, doch bringt er auch über die histologischen Verhältnisse einige Angaben. Er unterscheidet an den Muskelspindeln den Myoblasten und die kontraktile Rinde; der Myoblast zerfällt in Protoplasma und Kern, ersterer besteht aus Hyaloplasma, welches eine homogene, _ micht färbbare Flüssigkeit ist, und Spongioplasma von körnig | fibrillärer, stark färbbarer Beschaffenheit. In betreff der kontrak- ' tilen Rinde kommt er zu den gleichen Resultaten wie APATuaY. | Besonders hebt Schmipr noch hervor, daß das Protoplasma des Myoblasten und die Zwischensubstanz der kontraktilen Rinde ‚ ganz differente Dinge seien. | Arbeiten weiterer Forscher, welche sich mehr auf speziellere , Fragen beziehen, werde ich im Laufe meiner Abhandlung noch zu erwähnen haben. 422 Louis des Arts, Eigene Untersuchungen. So einheitlich auch der histologische Bau der Muskelelemente der Hirudineen ist, und wie sehr auch in der Zusammensetzung dieser Elemente sich stets der gleiche Grundplan erkennen läßt, so bieten doch die verschiedenen Formen dieser Tierklasse zahl- reiche charakteristische Modifikationen, so daß eine Untersuchung einzelner Species auf ihre Muskulatur ihre volle Berechtigung haben dürfte. Bei der Besprechung der einzelnen Muskelsysteme habe ich Pontobdella vorausgestellt und hier auch allgemeinere Gesichtspunkte teilweise mit in Betracht gezogen, während ich von Branchellion und Piscicola nur die für diese Formen charakte- ristischen Abweichungen hervorgehoben habe. Zum Schluß habe ich noch einige Bemerkungen über die Mus- kulatur von Embryonen von Haementeria Ghiliani hinzugefügt. Allgemeine Gruppierung der Muskulatur. Was die allgemeine Anordnung der Muskulatur der Hiru- dineen betrifft, so haben wir den Hautmuskelschlauch, die zu ihm in enger Beziehung stehende Muskulatur der Saugnäpfe, die dorso- ventrale Muskulatur und die Muskulatur der inneren Organe, also die des Nahrungstraktus, der Blutgefäße, des Genitalapparates und der Nervenscheide. In der angegebenen Reihenfolge werde ich diese verschiedenen Muskelsysteme für die von mir untersuchten Species behandeln. A. Der Hautmuskelschlauch. Der Hautmuskelschlauch der Hirudineen wird bekanntlich aus drei Muskelsystemen zusammengesetzt. Zu äußerst verlaufen die Ringmuskelfasern, ihnen folgen die Diagonalmuskelfasern, und diesen schließen sich als innerste die Längsmuskelfasern an. An der Segmentierung des Hirudineenkörpers nimmt der Hautmuskel- schlauch nicht teil, weder an der inneren noch an der äußeren. Während die Ringmuskulatur und ebenso die Längsmuskulatur bei den verschiedenen Arten der Hirudineen, was die Mächtigkeit ihrer Entwicklung betrifft, ein sehr wechselndes Verhalten zeigen, besteht die Diagonalmuskulatur durchweg aus zwei sich kreuzenden Schichten. Ueber den Verlauf des Ring- und des Längsmuskelsystems kann man sich leicht durch Kombination verschiedener Schnitte Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 423 orientieren; etwas schwieriger liegen die Verhältnisse bei der Diagonalmuskulatur, welche man kaum ohne Zuhilfenahme von Flächenpräparaten richtig erkennen kann (Fig. 1, 2). A. SCHNEIDER (1885) schreibt über die Diagonalmuskulatur folgendes: „An der Diagonalschicht hat man bisher einen wich- tigen Punkt übersehen. Bei den Hirudineen überzeugt man sich, daß dieselbe aus zwei Schichten besteht, deren jede in zwei symmetrische Hälften zerfällt. Die Fasern der einen Hälfte jeder Schicht stoßen mit denen der anderen Hälfte in der Mittellinie des Rückens und des Bauches unter einem Winkel zusammen. Dieser Winkel öffnet sich auf der ventralen Mittellinie nach hinten.“ In der zweiten Auflage von LEUCKARTS „Parasiten des Menschen‘ (1886) ist diese Angabe SCHNEIDERS ebenfalls ange- führt, sie wird aber dadurch unverständlich, daß es dort zum Schluß statt „öffnet sich nach hinten“ „öffnet sich nach außen“ heißt. SCHNEIDER fährt dann fort: „Die Fasern flechten sich untereinander, so daß die Fasern eine Schicht der einen Seite in den Fasern der andern Seite fortsetzen.“ Ich muß gestehen, daß mir die Angaben SCHNEIDERS nicht gerade sehr klar erscheinen. Das Verhalten der Diagonalmuskulatur ist kurz folgendes: Die beiden Schichten setzen sich aus Muskel- fasern zusammen, welche in entgegengesetzter, schräger Richtung um den ganzen Körper der Hirudineen verlaufen; an den beiden Medianlinien kreuzen sich die Fasern dieser Schichten unter einem bestimmten Winkel und wechseln zugleich, indem sie sich unter- einander verflechten, derartig ihre Lage, daß die innere Schicht jetzt zur äußeren wird und umgekehrt die äußere zur inneren (Fig. 3). Ueber die Richtung dieser Fasern gibt Lıvanow (1906) in seiner Abhandlung über „Acanthobdella peledina“ Auskunft, indem er als wichtigen Unterschied zwischen den Hirudineen und Branchi- obdella den Umstand anführt, daß bei ersteren die Fasern der _ Diagonalmuskelschichtr vom kKernhaltigen Abschnitt dorsalwärts nach vorn und ventralwärts nach hinten verlaufen, während bei - Branchiobdella das entgegengesetzte Verhalten stattfinde. Ferner konstatiert Lıvanow für Hemiclepsis marginata und ' Piscicola eine regelmäßige Anordnung der Kerne der Diagonal- | muskelzellen in der ventralen Paramedianebene, ein Verhalten, ‚ welches für alle Hirudineen Gültigkeit zu haben scheint. | Die Längsmuskelschicht übertrifft die andern beiden Schichten ‚ des Hautmuskelschlauches an Mächtigkeit bedeutend, sie ist es, ' welche dem Querschnitt der Hirudineen sein charakteristisches ” 494 Louis des Arts, Aussehen verleiht. Im Gegensatz zur Ring- und Diagonal- muskulatur, welche den ganzen Körper mit einem gleichmäßigen Muskelbelag überziehen, sehen wir bier die Muskelelemente gruppen- weise angeordnet, so daß deutlich voneinander getrennte Muskel- bündel oder Stränge gebildet werden. Innerhalb der verschiedenen Gattungen und Species zeigt die Längsmuskulatur der Hirudineen ein außerordentlich wechselndes Verhalten, nicht nur was die Anzahl der Muskelbündel und ihrer Elemente betrifft, sondern auch in der histologischen Beschaffenheit der einzelnen Elemente. Pontobdella muricata. 1. Ringmuskelschicht. Auch hier muß ich eine Stelle aus A. SCHNEIDERS (1885) vorhin erwähnter Arbeit anführen; er bemerkt, daß man statt von einer Querschicht des Hautmuskelschlauches richtiger von einer Querlängsschicht desselben sprechen sollte, da in der Querschicht auch Längsfasern verliefen. Die Muskelelemente seiner Querlängs- schicht sollen sich dadurch von den übrigen Elementen des Haut- muskelschlauches unterscheiden, und zwar speziell bei Pontobdella, daß sie nicht röhrenförmig, sondern solide dünne Bündel, welche sich fast gar nicht färben ließen, seien. Diese Angaben sind nicht zutreffend; denn weder die in den Hautwarzen verlaufenden Längsfasern noch die Elemente der Ring- muskulatur unterscheiden sich irgendwie durch ihr histologisches Verhalten oder durch den Grad ihrer Färbbarkeit von den übrigen Elementen des Hautmuskelschlauches; ihr röhrenförmiger Bau mit den radiärgestellten Fibrillenplatten ist ebensoleicht nachzuweisen, wie ihre Färbbarkeit durch die verschiedensten Färbemethoden. In ihrem Verlauf scheiden sich aber die Muskelfasern der Haut- warzen deutlich von denen der Ringmuskelschicht ab, so daß die Berechtigung, hier von einer Querlängsschicht zu sprechen, wohl kaum aufrecht zu erhalten ist. Die Ringmuskulatur, welche den Körper in seiner ganzen Ausdehnung in gleichmäßiger Stärke umgibt, ist bei Pontobdella aus 4 bis 5 Lagen von Muskelfasern zusammengesetzt und er- streckt sich sowohl bis in den vorderen Saugnapf als auch in die hintere Haftscheibe. Die Länge der einzelnen Muskelfasern beträgt bei einem aus- gewachsenen Tier in der mittleren Körperregion ungefähr 4 mm und = Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 425 verläuft über den 5. bis 4. Teil des Umfanges des Hautmuskel- schlauches. Der Querschnitt ist meistens kreisrund, bisweilen auch oval, der Kern ist langgestreckt und die Fibrillen sind deutlich erkennbar. In der gegenseitigen Lagerung der Kerne der einzelnen Muskelzellen ist keine Regelmäßigkeit zu erkennen, doch kann man auf Sagittalschnitten leicht eine ganz bestimmte Anordnung der einzelnen Fasern wahrnehmen, sie sind nämlich innerhalb der Ringe in kleine, mehr oder weniger deutlich voneinander getrennte Gruppen gelagert, welche meist aus nur je einer Faser der über- einander liegenden Zelllagen bestehen und gegen die Mitte des Ringes konvergieren. Zwischen diesen so gebildeten Gruppen verlaufen häufig feine Ausläufer der in den Warzen gelegenen, senkrecht zur Oberhaut gerichteten Muskelfasern, sowie auch Bindegewebsstränge. In den engen Zwischenräumen, in denen je zwei Ringe aneinander grenzen, ist diese Anordnung nicht mehr erkennbar, da hier sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung die Fasern stark zu- sammengedrängt werden. Die Muskelzellen der einzelnen Lagen bilden keine festgeschlossene Schicht, sondern es bleibt zwischen je zwei von ihnen ein Raum mehr oder weniger von der Breite einer Faser frei. Eine Unterbrechung der Ringmuskelschicht findet nur an den Geschlechtsöffnungen und der Analöffnung statt, um welche die Muskelfasern bogenförmig ausweichen. 2. Diagoenalmuskelschicht. Die Diagonalmuskelschicht von Pontobdella zeigt das für die Hirudineen typische Verhalten, auch hier sind die Kerne der Muskelzellen regelmäßig an der ventralen Paramedianlinie ange- ordnet, es liegen jedoch je zwei Kerne nicht direkt nebeneinander, sondern es werden durch diese 3—4 unregelmäßige, alternierende Reihen gebildet. 3. Längsmuskelschicht. Die Längsmuskelschicht ist bei Pontobdella außerordentlich stark entwickelt. Betrachten wir einen Querschnitt durch die mittlere Körperregion, so fallen die gruppenweise auftretenden Muskelbündel sofort ins Auge, es befinden sich sowohl in der dor- Salen als auch in der ventralen Körperhälfte je 22 solcher Gruppen, ” 426 Louis des Arts, von welchen die marginal gelegenen jedoch weniger deutlich von- einander geschieden sind (Fig. 1). Auch die beiden Muskelgruppen, welche jederseits der dorsalen und ventralen Mittellinie zunächst angelagert sind, verschmelzen an ihren peripheren Enden mehr oder weniger miteinander, so daß hier keine strenge Sonderung dieser Gruppen stattfindet; mit ihren zentralwärts gerichteten Enden divergieren sie stark und bilden so einen Winkel, in welchem sich bei den ventral gelegenen Bündeln noch ein unpaarer Muskelstrang befindet. Die der dorsalen Mittellinie zunächst gelegenen Gruppen sind aus ungefähr 70—80 Muskelelementen zusammengesetzt, etwas größer noch ist die Anzahl in den entsprechenden ventral ge- legenen Gruppen; gegen die lateralen Mittellinien hin veringert sich die Zahl der Zellen in den einzelnen Muskelbündeln dann immer mehr, um schließlich an den Seitenlinien selbst gänzlich zu verschwinden. Die Form des Querschnittes der Zellen der Längsmuskulatur ist bei freiliegenden Fasern rund oder oval, werden sie enger an- einander gedrückt, so nehmen sie prismatische oder unregelmäßige Gestalt an. Hauptsächlich unter denjenigen Fasern, welche der Diagonal- schicht unmittelbar angelagert sind, findet man häufig solche, die sich durch ihren zusammengepreßten Querschnitt von den übrigen unterscheiden; auch mehr oder weniger gelappte Querschnittfiguren sind hier nicht selten (Fig. 4). Um ein typisches Bild der Verhältnisse der Längsmuskulatur zu erhalten, muß man in der Auswahl der zu untersuchenden Objekte sehr vorsichtig sein; denn gerade Pontobdella ist fähig, eine derartige Menge von Nahrung in sich aufzunehmen, daß durch die enorme Ausdehnung des Nahrungsschlauches die Musku- latur so stark zusammengepreßt wird, daß ein Erkennen der einzelnen Elemente kaum noch möglich ist. Die Abbildung, die BourneE (1884) z. B. bringt (Contribution to the Anatomy of the Hirudinea, Fig. 63), gibt kein richtiges Bild von den Verhält- nissen des Hautmuskelschlauches, die von SCHNEIDER in seiner mehrfach erwähnten Abhandlung (1855) gegebene gibt ein viel besseres Bild der Ausdehnung der Längsmuskulatur. Doch auch abgesehen vom jeweiligen Nahrungszustande wird die normale Anordnung der Längsmuskulatur, wie sie uns ein durch die mittlere Körperregion gemachter Querschnitt bietet, in verschiedenster Weise modifiziert. So kann durch die Ausbildung dei “ Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 427 der Clitellardrüsen und ihrer Ausführungskanäle, sowie durch das zahlreiche Auftreten oft sehr großer Pigmentzellen die Muskulatur in ihrer freien Entwickelung nicht unwesentlich beeinflußt werden. Besonders auffallend ist dieses Verhalten bei geschlechtsreifen Tieren in der Gegend des Clitellums. Nicht nur daß hier die Aus- führungsgänge der Qlitellardrüsen bündelweise an den zentralen Enden jeder Muskelgruppe auftreten, werden vielmehr diese selbst auch vielfach durch jene Ausführungsgänge durchsetzt, wodurch das ganze Gefüge der Muskulatur mehr oder weniger gelockert wird. In der Präclitellarregion nehmen die Qlitellardrüsen in ihrer Ausbreitung bedeutend ab, so daß durch diese Körpergegend ge- machte Querschnitte wieder ein normales Bild der Längsmus- kulatur geben. i Doch bald treten hier andere Modifikationen auf, das Lumen des Nahrungstraktus verkleinert sich, wie überhaupt der Umfang des ganzen Körpers beträchtlich abnimmt. Eine dementsprechende Abnahme der Längsmuskelfasern findet jedoch nicht statt, so daß sie einen verhältnismäßig immer größeren Platz im Innern ein- nehmen. Es treten deshalb auch an den lateralen Mittellinien, an _ denen in der mittleren Körperregion jegliche Längsmuskulatur fehlte, jetzt Muskelelemente auf, welche bis an die lateralen Blut- gefäße herantreten und diese schließlich beinahe ganz umgeben. In ähnlicher Weise treten auch die Muskelfasern der ventral gelegenen Gruppen bis an den ventralen Blutsinus heran, der hier allerdings auch seinerseits einen bedeutenden Umfang erreicht hat und so gewissermaßen den Muskeln entgegenkommt. Weniger dehnen sich die dorsal gelegenen Muskelbündel in dieser Körper- region aus; die beiden an der dorsalen Mittellinie zusammen- stoßenden Gruppen reichen nicht bis an das dorsale Blutgefäß heran. In der Kopfregion wird die gruppenweise Anordnung der Längsmuskelfasern immer undeutlicher, schließlich verschwindet sie ganz und die eng aneinandergedrängten Muskelelemente um- geben als vollständig geschlossener Ring den großen gemeinsamen ‚ Blutsinus, in welchem sich das Gehirn befindet. Einzelne Fasern der Längsmuskelschicht dringen dann noch, indem sie sich in schräger Richtung kreuzen, in den vorderen Saugnapf vor, wo sie einen Teil der später zu besprechenden Meridionalmuskulatur dieses Organes bilden. In der Analregion lassen sich im Verlaufe der Längsmuskulatur folgende Veränderungen wahrnehmen. Es treten hier in der dor- salen Hälfte eine Reihe von Fasern auf, welche, von der dorsalen * 428 Louis des Arts, Mittellinie ihren Ausgang nehmend, schräg nach hinten gegen die lateralen Mittellinien verlaufen. Auf Querschnitten erscheinen diese Fasern als ein zusammengesetzter Strang, welcher so ange- ordnet ist, daß er die 4 jederseits der dorsalen Mittellinie zunächst gelegenen Muskelgruppen in schräger Richtung durchschneidet, um darauf an der Innenseite der paramarginal gelegenen Gruppen bis zur lateralen Mittellinie zu verlaufen. Die der ventralen Mittel- linie angelagerten Muskelbündel dehnen sich zentralwärts aus; von den beiden paramedian gelegenen Gruppen werden zwei weitere Gruppen ebenfalls zentralwärts abgetrennt und in ähnlicher Weise sondern sich auch von den paramarginal gelegenen Gruppen einzelne Faserkomplexe ab, Durch die enge Afteröffnung werden die Längsmuskelfasern nur wenig bogenförmig abgelenkt; hinter dem After nehmen sie einen stark nach innen gerichteten Verlauf, um, sich teilweise durchkreuzend, in die hintere Saugscheibe überzutreten. Die Länge der Längsmuskelfasern beträgt bei ausgewachsenen Exemplaren ungefähr 4,5—5,5 mm, vereinzelt sogar bis 7 mm, der Durchmesser in der Gegend des Kernes ca. 0,05—0,09 mm, die Dicke der kontraktilen Rindenschicht ca. 0,005 mm. Der Kern hat eine länglich ovale Gestalt, seine Länge beträgt ca. 0,05—0,06 mm, sein Durchmesser 0,012 mm. Die Fibrillen der Längsmuskelfasern sind durch die meisten Färbemethoden leicht kenntlich zu machen; auf Längsschnitten ist ihr häufig stark wellenförmiger Verlauf gut zu verfolgen, daß jedoch durch diese Wellenbildung der Eindruck einer quergestreiften Muskulatur hervorgerufen werden könnte, habe ich nicht be- obachten können. In der Anordnung der Kerne der Längsmuskelschicht läßt sich keine Regelmäßigkeit feststellen; man findet daher Kerne auf sämtlichen Querschnitten; auch innerhalb der einzelnen Gruppen eines Querschnittes sind die Muskelfasern an den verschiedensten Stellen getroften. Irgendwelche Verbindung der einzelnen Elemente der Längs- muskulatur untereinander findet nicht statt, weder durch seitliche Brücken, noch durch eine Art von Verzahnung an den Enden, wie sie RouGer (1863) für Hirudo angenommen hatte. Durch Mazeration eines Hautmuskelschlauches kann man sich leicht hier- von überzeugen, auch bieten weder Längs- noch Querschnitte irgendwelchen Anlaß zu einer derartigen Annahme. Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 429 Branchellion torpedinis. Diese Species weicht in manchen Punkten hinsichtlich der Anordnung der Elemente des Hautmuskelschlauches von Ponto- bdella ab. Schon ein oberflächlicher Blick zeigt nicht nur einen viel lockereren Aufbau der ganzen Muskulatur, sondern anch, daß die einzelnen Elemente, auch relativ, in weit geringerer Anzahl vor- handen sind. Eine Eigentümlichkeit von Branchellion ist die Bildung eines Praeputiums, welches dadurch entsteht, daß das erste Mittelkörper- somit sich kragenartig um das Clitellum legt. Wenn ArArtay (1888 a) hierzu bemerkt: „An der Bildung des Praeputiums nehmen nur Hautelemente teil und eine Zellenlage der Quermuskulatur‘, so hat er allerdings in gewisser Hinsicht recht, doch scheint er dabei nicht beachtet zu haben, daß überhaupt die ganze Quermuskulatur bei Branchellion nur aus einer Zelllage besteht. Bei Beginn des Praeputiums teilt sich diese Zellschicht von der unter ihr liegen- den Diagonalmuskelschicht ab und verläuft an der äußeren Seite derselben, an der inneren Seite des Praeputiums treten nur ver- einzelte Elemente der Ringmuskelschicht auf, welche auch in ihrer Form von den übrigen abweichen. Auch in der Clitellarregion, soweit diese vom Praeputium umgeben ist, ist die Ringmuskulatur fast völlig unterdrückt, erst wo das Clitellum aus der Hautfalte frei hervortritt, zeigt auch die Ringmuskulatur wieder ihr normales Verhalten. Eine Verstärkung der Muskulatur tritt an der Stelle ein, wo der innere Rand des Praeputiums in das Clitellum ein- biegt. Außer den Fasern der Quermuskelschicht wird das Prae- putium noch von schräg verlaufenden Längsfasern durchzogen, welche jedoch nicht sehr zahlreich auftreten (cf. Fig. 5). Eine beachtenswerte Erscheinung ist, daß bei Branchellion sämtliche Elemente des Hautmuskelschlauches an der ventralen Seite bedeutend schwächer entwickelt sind als an der dorsalen; besonders auffallend tritt dies bei erwachsenen Tieren hervor. Auf die äußere Form der Muskelfasern der Ringmuskulatur werde ich bei Besprechung der Längsmuskelfasern zurückkommen. ‚ Die Diagonalmuskulatur von Branchellion erhält da- durch ein charakteristisches Gepräge, daß ihre beiden Schichten nicht direkt aufeinander liegen, sondern einen ziemlich großen, mit Bindegewebe ausgefüllten Zwischenraum zwischen sich frei lassen; nur an den beiden Mittellinien, an denen sich ja die Fasern Bd. XLIV. N. F. XXXVII, 28 s 430 Louis des Arts, der Schichten gegenseitig durchflechten, findet natürlich eine An- näherung statt. An der Bildung des Praeputiums nimmt die Diagonalmus- kulatur nicht teil, auch in der Qlitellarregion, soweit diese vom Praeputium umgeben ist, treten nur einzelne Fasern auf. Eine regelmäßige Anordnung der Kerne an der ventralen Paramedianlinie ist auch bei Branchellion nachzuweisen. Sehr eigenartig ist, daß der Kern des Diagonalmuskelzellen in einer bruchsackartigen Erweiterung liegt. PEREZ und GENDRE (1904) schreiben darüber bei Besprechung der Diagonalmuskulatur unserer Species: „.... qui pr&sentent vers le milieu de leur longueur une region oü le sarcoplasme est & un, et forme une sorte de hernie laterale oü se trouve le noyau.“ Hierdurch erhalten die Diagonalmuskeln das Ansehen des nema- toiden Muskeltypus, worauf PEREZ und GENDRE ebenfalls auf- merksam machen (Fig. 6). Hinzufügen möchte ich noch, daß diese bruchsackartige Er- weiterung stets nach innen, gegen die Längsmuskulatur zu, ge- richtet ist und häufig ziemlich weit in diese eindringt. Es er- innert diese Erscheinung auch hierdurch an den vorher er- wähnten Typus; so sagt z. B. Fr. Scnmipr bei der Beschreibung der Muskelzellen von Branchiobdella: „der Spalt oder das Plasma findet sich stets an der der Leibeshöhle zugewandten Seite der Zelle“. Die Längsmuskulatur von Branchellion zeigt ebenfalls, wie die von Pontobdella, eine gruppenweise Anordnung der Muskel- fasern, nur sind hier die einzelnen Muskelbündel weniger deutlich voneinander getrennt; in der Zahl der Muskelzellen, welche bei Pontobdella in einzelnen Gruppen 70—-80 Fasern betrug, bleibt Branchellion weit hinter jener Form zurück, indem hier kaum mehr als 10 Fasern in einem Bündel vorhanden sind. Im höchsten Grade auffallend ist die Form der Längsmuskel- fasern (Fig. 7a, 7b), ArArtuyY und PErEZ u. GENDRE haben sie beschrieben, allerdings keine Abbildung von ihnen gebracht. APATHY (1890) sagt über sie folgendes: Die eigentüwmlichsten, kaum beschreibbaren Formen zeigen im Querschnitt die kolossalen Elemente der Längsmuskulatur von Branchellion. Man sieht ge- legentlich zum Querschnitt einer und derselben Muskelzelle mehrere Sternformen in der Weise kombiniert, daß die einzelnen Sterne mit. verschieden geformten, gelappten und verzweigten Armen 4 2 Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 431 in wechselnder Zahl miteinander bloß durch schmale Brücken zu- sammenhängen. Verfolgt man die Querschnitte solcher Muskel- fasern, welche sich meist von einem Ende des Somits bis zu dem andern ziehen, in der Serie gegen die Mitte der Faser, also gegen den Kern zu, so sieht man, daß die beschriebene Form sich immer _ mehr vereinfacht und schließlich in den Querschnitten, wo sich der Kern befindet, in eine verhältnismäßig einfache, mehr oder weniger gelappte Rosetten- oder Sternform übergeht. Ebenfalls einfacher wird der Querschnitt gegen die Enden der Muskelfasern, wo den Endästen entsprechend mehrere einfache Formen an die Stelle der einen komplizierten treten.“ PEREZ und GENDRE (1904) vergleichen das Querschnittsbild von den Längsmuskelfasern mit den Platten eines Geduldspieles: „Au terme de sa complication chez adulte, la fibre rappelle, par les lobes et les sinuosit6es de sa section, les pieces d&coup6es des jeux de patience.“ Vergleicht man die angeführten Zitate mit den Figg. 7a, 7b, so sieht man, daß diese Beschreibungen durchaus nicht übertrieben sind. Dieselben eigentümlichen Querschnittsfiguren finden sich übrigens auch in der Ring- und in der Diagonalmuskulatur, wenn auch hier in wesentlich einfacherer Gestalt. Der Kern ist außerordentlich groß; er hat ca. 0,06—0,07 mm im Durchmesser und verdrängt die Protoplasmamasse in der Mitte der Muskelzelle beinahe gänzlich, indem er bis dicht an die Rinden- schicht herantritt. Bisweilen treibt er sogar die Mitte der Muskel- faser blasenförmig auf; doch kommen in der Längsmuskulatur nur selten Fasern von nematoidem Typus wie in der Diagonal- muskulatur vor. Während die Längsmuskelfasern in ihrem mittleren Verlauf eng aneinander liegen und so das von PEREZ und GENDRE ge- brauchte Bild vollkommen rechtfertigen, trennen sie sich, je mehr ‚sie sich ihren Enden nähern, naturgemäß immer weiter voneinander, wie man leicht auf Querschnitten verfolgen kann; eine innigere Verbindung der Enden untereinander findet nicht statt. PEREZ und GENDRE schreiben freilich: „Les dissociations "mettent en autre en &vidence, ä chaque extr&emite de la fibre, de | petits prolongements alignes comme des dents de scie sur plusieurs ‚files longitudinales, et par lesquels la fibre est rattach6e aux ‚ elements voisins.‘“ Ich habe durch Mazeration gewonnene Muskelfasern von Branchellion speziell hieraufhin untersucht und schließlich auch, 28* ” 432 Louis des Arts, allerdings nur vereinzelt, Fasern gefunden, für welche die zitierte Beschreibung von PEREZ und GENDRE passen würde (Fig. 8), ich glaube jedoch annehmen zu müssen, daß es sich hier um Fasern aus dem Verdauungstraktus, für welchen ja bei vielen Hirudineen das Vorkommen derartiger Verbindungen nachgewiesen ist, handelt; hierfür spricht sowohl das verhältnismäßig seltene Auftreten dieser Fasern als auch der Umstand, daß sich die betreffenden Fasern auch sonst in ihrem Habitus von den Elementen des Hautmuskel- schlauches unterscheiden; auch bieten, wie schon erwähnt, die Querschnitte in keinerlei Weise Anhaltspunkte für die Auffassung von PEREZ und GENDRE. Leider hatte ich nicht genügend Material von Branchellion, um den Hautmuskelschlauch und den Darmtraktus isoliert mazerieren zu können, hierdurch ließe sich wohl am ein- fachsten Gewißheit über diese Frage erhalten. Wie schon oben erwähnt, besitzt die ventrale Seite von Branchellion weniger entwickelte Muskelelemente als die dorsale. In der Längsmuskulatur erwachsener Tiere läßt sich dieses Ver- halten besonders gut beobachten; es scheint hier geradezu eine gewisse Degeneration der Muskelfasern einzutreten. Es zeigt sich nämlich bei den ventral gelegenen Zellen eine Abnahme der Proto- plasmamasse und es lassen sich leicht Zellen finden, an denen man diesen Vorgang stufenweise verfolgen kann; schließlich erhält man Zellfasern, welche beinahe nur noch aus der Rindensubstanz be- stehen (Fig. 9). An den Muskelzellen der dorsal gelegenen Bündel tritt diese Degeneration weniger in Erscheinung, doch sind auch bier die einzelnen Elemente bei erwachsenen Tieren relativ schwächer ausgebildet als bei jungen. Wir haben bei Pontobdella gesehen, daß sich außerhalb der Ringmuskelschicht noch eine besondere Muskulatur der Hautwarzen befand; auch bei Branchellion befinden sich an bestimmten Stellen noch Muskelelemente außerhalb jener Schicht. Branchellion besitzt bekanntlich kiemenartige Anhänge, in jedem dritten dieser An- hänge, in welchem eine mit dem Blutgefäßsystem in Zusammen- hang stehende Blase liegt, befindet sich eine gutentwickelte Mus- kulatur, welche den kiemenförmigen Anhang in den verschiedensten ' Richtungen durchzieht. Teilweise haben diese Muskelzellen sehr eigentümliche Form, es finden sich unter ihnen bogenförmig ge- krümmte, häufig mit Verzweigungen an den Enden, und solche, deren Querschnitt etwa die Gestalt eines geöffneten Zirkels hat, letztere mit auffallend großem Kern (Fig. 10). I 1 | N) | i N 1 Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 433 Piscicola geometra L. Die Ringmuskelschicht ist bei Pisceicola nur sehr schwach entwickelt, so daß LevpIeG sie bei seinen Untersuchungen sogar ganz übersehen hat. Er schreibt in seiner Arbeit „Zur Anatomie von Piscicola geometrica“: „Unmittelbar unter der Haut liegt bei Piscicola eine Schicht sich schief kreuzender Muskeln, welche man als Hautmuskeln ansprechen kann. Unter diesen kommen Längs- muskeln zum Vorschein etc.“ Die Ringmuskulatur zeigt in der Tat eine so geringe Ent- wicklung, daß sie auf manchen Querschnitten überhaupt nicht wahrzunehmen ist; doch kann man sich auf Längsschnitten leicht von ihrem Vorhandensein überzeugen. LupwiG JOHANSSON (1896) gibt in seinen Beiträgen zur Kenntnis der Ichthyobdelliden Schwedens eine Abbildung der Ring- muskulatur von Piscicola in ihrem Lagerungsverhältnis zu den übrigen Muskelschichten des Hautmuskelschlauches. Im Gegensatz zu BOURNE hebt er von ihr hervor, daß sie aus einer einfachen Zelllage besteht, ferner erwähnt er, daß die einzelnen Fasern eng aneinander gelagert seien. In letzterem Punkt kann ich nicht mit ihm übereinstimmen; denn ich habe zwischen den einzelnen Ele- _ menten der Ringmuskelschicht bei Piscicola, gerade so wie bei den übrigen von mir untersuchten Species, stets einen deutlichen Zwischenraum gefunden. Die Quermuskelzellen besitzen eine ver- / hältnismäßig große Breite, sie beträgt 0,02—0,03 mm. | Die Fasern der Diagonalmuskelschicht haben eine bedeutend geringere Stärke, ihre Breite beträgt nicht mehr als 0,01 mm. Der Winkel, unter dem sich die beiden Schichten der Diagonal- muskulatur Kreuzen, ist kein konstanter; an einigen Stellen er- Izeicht er 95°. | Wie schon von Livanow festgestellt worden ist, sind auch bei Piscicola die Kerne der Muskelzellen dieser Schichten regelmäßig an den ventralen Paramedianebenen angeordnet. An der Stelle | der-Kerne läßt sich eine blasenförmige Erweiterung der Zelle wahr- ehren, welche jedoch nie die extreme Ausdehnung wie bei ‚ Branchellion erreicht (Fig. 11). | Die Längsmuskulatur ist gut entwickelt, die einzelnen Muskel- " bündel sind deutlich voneinander getrennt. Eine Abnahme der Muskelzellen gegen die lateralen Mittellinien zu ist bei dieser ‚Species weniger zu bemerken. Die Muskelstränge werden aus ‚ca. 30 bis 40 Fasern zusammengesetzt. | | 434 Louis des Arts, In ihrem histologischen Verhalten weichen die Muskelfasern von der typischen Spindelform wenig ab, ihre Querschnitte zeigen allerdings häufig unregelmäßige Gestalt, doch sind sie in dieser Hinsicht mit denen von Branchellion in keiner Weise zu ver- gleichen. Wie überhaupt die Muskelzellen des Hautmuskelschlauches, so besitzen auch die Längsmuskelfasern einen wohlausgebildeten, ° länglich-ovalen Kern, was ich deshalb besonders hervorhebe, weil LEYDIG in seiner zitierten Untersuchung erwähnt, daß bei Piscicola die Kerne im ganzen rar seien und ein verkümmertes Aussehen hätten. B. Muskulatur der Saugnäpfe. Die Muskulatur der Saugnäpfe oder Haftorgane ist natur- gemäß im Anschluß an den Hautmuskelschlauch zu besprechen; bildet sie doch gewissermaßen nur eine modifizierte Fortsetzung desselben. Bei der mannigfaltigen Ausbildung dieser Organe ist es voraus- zusehen, daß sie bei den verschiedenen Formen trotz des einheit- lichen Grundplanes doch auf mancherlei Weise variieren werden. Der vordere Saugnapf ist bei Pontobdella am mächtigsten entwickelt, während sich Piscicola und namentlich Branchellion durch ihre hintere, tellerförmige Haftscheibe auszeichnen. Man unterscheidet drei Gruppen von Muskelfasern an den Saugnäpfen, welche man als Aequatorialfasern, Meridionalfasern und Radiärfasern zu bezeichnen pflegt. Die Aequatorialfasern und die Meridionalfasern befinden sich sowohl auf der konkaven als auch auf der konvexen Fläche der Saugnäpfe, während sich die Radiärfasern von der einen Fläche gegen die andere erstrecken. Pontobdella. 1. Mundnapf. Der Mundnapf ist bei Pontobdella stark entwickelt, er hat eine trichterförmige Gestalt und sehr ausgebildete Muskulatur, nur in dem deutlich abgesetzten Rand desselben, welcher vorwiegend zum Tasten dient und zahlreiche Sinneszellen enthält, ist die Muskulatur sehr reduziert. Die Aequatorialfasern sind am distalen Ende des Mundnapfes am stärksten entwickelt, an der konvexen Seite mehr als an der konkaven, ganz vereinzelt treten sie auch 4 im Rande des Napfes auf, ohne hier jedoch eine zusammenhängende Muskelschicht zu bilden. Gegen den Napfstiel zu nehmen die - Aequatorialfasern in ihrer Ausdehnung ab, um schließlich beim _ Uebergang des Napfes in die Körperregion durch die Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauches ersetzt zu werden. Am distalen Ende des Napfes werden sie vielfach von den Radiärfasern durchflochten und durch diese in deutlich geschiedene Gruppen zerlegt (Fig. 12). Die Meridionalfasern, welche den Längsmuskelfasern des Haut- muskelschlauches entsprechen, verlaufen vom Stiele des Napfes gegen den Rand desselben, sowohl an der konvexen als auch an der konkaven Fläche. Sie sind am Stielende eng aneinander ge- drängt, ein hier gemachter Querschnitt wird ganz durch die Quer- schnitte dieser Fasern ausgefüllt, welche durch zahlreiche Binde- gewebstränge, Blutgefäße und Nervenverzweigungen in allerdings wenig regelmäßige Gruppen zerlegt werden. In ihrem weiteren Verlauf gehen sie mit der Erweiterung des Napfes naturgemäß immer mehr auseinander und treten schließlich in der Nähe des Napfrandes vor den hier in großer Anzahl auftretenden Aequatorial- und Radiärfasern völlig zurück. Die Radiärfasern verbinden, wie schon erwähnt, die konkave _ Fläche des Haftorganes mit der konvexen. Sie haben spindel- förmige Gestalt und einen wohlentwickelten Kern. Sie sind der- artig gelagert, daß sie mit ihren mittleren Partien eng aneinander schließen, wodurch sie gewissermaßen eine Grenzschicht zwischen der äußeren und der inneren Fläche des Napfes bilden. Ihre spitzen Enden sind bündelförmig zu mehreren gegen- einander geneigt, zwischen den so entstehenden freien Räumen verlaufen jederseits die Aequatorialfasern (Fig. 12). Im Rande des Saugnapfes ist, wie oben bemerkt, die Mus- kulatur sehr schwach entwickelt, es verlaufen hier nur einzelne, in 3 bis 4 Gruppen angeordnete Züge von Aequatorialfasern um die konkave Fläche desselben. In Verbindung mit den hier auf- tretenden Sinnesorganen und Tasthöckern habe ich keine spezifische Muskulatur auffinden können. Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 435 2. Der hintere Saugnapf. Der hintere Saugnapf steht bei Pontobdella dem vorderen an Größe sehr nach, auch seine Beweglichkeit ist geringer als die des Mundnapfes; seine Gestalt ist zylinderförmig. In der Entwicklung der. Muskulatur bleibt jedoch das hintere Haftorgan vor dem “ 436 Louis des Arts, vorderen nicht zurück, im Gegenteil macht hier die Muskulatur einen bedeutend kompakteren Eindruck als im Mundnapf. Ein muskelfreier, deutlich abgegrenzter Rand ist hier nicht vorhanden. Die Aequatorialfasern sind im hintern Saugnapf ebenfalls an der äußeren Fläche bedeutend stärker entfaltet als an der inneren Seite. Den Einbuchtungen, welche die Innenseite bildet, folgen die Aequatorialfasern, wodurch sie einen wellenförmigen Verlauf erhalten; auch hier gehen die Aequatorialfasern allmählich in die Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauches über. Durch die zylindrische Gestalt des hinteren Saugnapfes ist auch ein anderes Verhalten der Meridionalfasern bedingt, während wir beim Mundnapf sahen, daß dieselben eng gedrängt vom Stiele aus ihren Ausgang nahmen, um sich gegen den Rand des Napfes immer mehr auseinander zu falten, verlaufen hier die Meridional- fasern durch den ganzen Napf nahezu in paralleler Richtung und bieten daher am dorsalen Ende dasselbe Querschnittsbild wie am proximalen. Die radiären Muskelfasern stehen im Endnapf verhältnismäßig dichter als im Mundnapf; ihre Anordnung ist weniger regelmäßig; besonders an der äußeren Fläche ist nicht das für die entsprechenden Fasern des Mundnapfes beschriebene Verhalten zu beobachten. Branchellion. Der vordere Saugnapf von Branchellion ist ein Gebilde von der Gestalt eines tiefen Tellers; die Muskulatur ist gut entwickelt, ein muskelfreier Rand ist nicht vorhanden. Die Aequatorialfasern bilden sowohl an der äußeren Seite des Napfes als auch an der inneren eine einfache Muskellage, doch treten die Muskelfasern an der äußeren Fläche zahlreicher auf. Kurz vor dem distalen Ende des Saugnapfes findet sich eine Stelle, an welcher die Aequatorialmuskulatur sehr verstärkt wird, indem hier die Anzahl der Muskelfasern derartig vermehrt wird, daß die Aequatorialfasern beider Seiten einander treffen und so eine geschlossene Muskelschicht bilden. Die Meridionalfasern verlaufen spangenartig vom Stiele des Napfes gegen den Rand desselben. Auf Querschnitten sind sie sowohl an der Außen- als auch an der Innenfläche als zwei ein- fache Reihen zu erkennen. Die Radiärfasern, welche sehr stark entwickelt sind, weichen von der regelmäßigen Anordnung, wie wir sie bei Pontobdella bei | Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 437 diesen Fasern sahen, sehr ab; besonders gegen das Zentrum des Napfes zu kreuzen sie sich in der mannigfaltigsten Weise. Erst von da an, wo sich die vorher erwähnte, zusammenhängende Schicht der Aequatorialfasern bildet, nehmen sie eine streng radiäre Richtung an, wobei sie zugleich an Zahl beträchtlich abnehmen. Das hintere Haftorgan hat die Form einer flachen Scheibe, es übertrifft das vordere bedeutend an Größe. Die Aequatorialfasern treten auch in diesem Napfe an jeder Seite in einer einfachen Schicht auf; auf Querschnitten erscheint es häufig, als wären mehrere Faserschichten nebeneinander vor- handen, doch beruht dieses auf der Beschaffenheit der Muskel- zellen, welche ja denselben komplizierten Bau wie die Elemente des Hautmuskelschlauches zeigen. Die Kerne dieser Schichten, sowohl der äußeren als auch der inneren, liegen stets am äußersten Rande der Muskelzellen. Die Meridionalfasern verlaufen nicht nur an der äußeren und inneren Fläche des Napfes, sondern auch in der Mitte desselben, so daß man auf Querschnitten drei Reihen dieser Fasern erhält. Die Radiärmuskelfasern sind sehr regelmäßig bündelweise oder einzeln in Abständen von je einer zwischen ihnen verlaufen- den Aequatorialfaser angeordnet und erstrecken sich bis in den äußersten Rand. Die Bündel setzen sich aus einzelnen Muskelfasern zusammen; daß es sich hierbei nicht um den gleichen Fall wie bei den Aequa- torialfasern handelt, läßt sich aus dem Vorhandensein der Kerne erkennen; auch entsprechen ja die Radialfasern keinen Elementen des Hautmuskelschlauches, sondern den dorsoventralen Muskeln, welche nicht die komplizierten Formen jener zeigen. Ir der hinteren Haftscheibe von Branchellion befinden sich zahlreiche kegelförmige Organe, welche Levpis als Saug- oder Schröpfköpfe bezeichnet hat. In diese, welche durch eine Aus- stülpung der Epidermis entstanden sind, erstrecken sich ebenfalls einzelne Muskelfasern, welche der Radiärmuskulatur angehören (Fig. 13). Piscicola. Der vordere Saugnapf von Piscicola fällt durch seinen asym- metrischen Bau auf; die dorsale Hälfte ist weit stärker ent- wickelt als die ventrale. Die Muskulatur ist im Vergleich zu den beiden vorher beschriebenen Arten außerordentlich schwach. ‘Nur die innere Schicht der beiden Aequatorialfasern ist in normaler “= 438 Louis des Arts, Weise ausgebildet, während die äußere gänzlich fehlt. Auch die Radiärfasern, bei denen von einer regelmäßigen Anordnung kaum etwas zu bemerken ist, sind nur in geringerer Anzahl vorhanden. Der hintere Saugnapf unterscheidet sich durch eine gut ausge- prägte Muskulatur von dem vorderen, vor allem macht sich dies an der Radiärmuskulatur bemerkbar, welche sowohl in der Zahl ihrer Elemente als auch in der Regelmäßigkeit der Anordnung ein durchaus normales Verhalten zeigt. Bedenkt man, daß Pontobdella und Branchellion den größten Teil ihres Lebens an Fischen angesogen zubringen, während Piscicola ein verhältnismäßig lebhaftes, häufig und gut schwimmen- des Tier ist, welches sich auch während seiner Ruhe nur mit dem hinteren Saugnapf festhält, so ist die auf den ersten Blick vielleicht auffallende Verschiedenheit der Entwicklung der Muskulatur des vorderen Saugnapfes bei Berücksichtigung der verschiedenen Lebensweise dieser Tiere doch leicht zu erklären. C. Dorsoventrale Muskulatur. Bei der Besprechung des Hautmuskelschlauches habe ich hervorgehoben, daß dieser in keine Beziehung zur inneren Segmen- tierung des Hirudineenkörpers tritt. Anders verhält es sich mit den dorsoventralen Muskeln, welche den Körper bei einzelnen Arten senkrecht zur horizontalen Mittel- ebene, bei anderen mehr oder weniger nach hinten geneigt, durchsetzen. Auf ihre Beziehung zur inneren Segmentierung hat schon LEUCKART (1886) in der ersten Auflage der „Parasiten des Menschen“ hingewiesen. Auch A. Lana (1881, 1882) erwähnt diesen Punkt in seinen Arbeiten über die Beziehungen der Plat- helminthen zu den Cölenteraten und Hirudineen; schließlich sei auch noch BouURNE erwähnt, welcher sich in seinen Untersuchungen über diese Tiergruppe auf die beiden angeführten Autoren bezieht. In seiner Arbeit über Acanthobdella peludina schreibt hin- gegen Lıvanow (1906), nachdem er eine Beschreibung der Ver- hältnisse der dorsoventralen Muskulatur dieser Art gegeben hat: 9... in diesem Verhalten der dorsoventralen und schrägen Muskeln stellt Acanthobdella eine Uebergangsform zwischen den Oligochäten, wo diese Muskeln hauptsächlich in den Dissepimenten selbst eingelagert sind, und zwischen. den übrigen Hirudineen, bei welchen sie durch das ganze innere Mesenchym des Körpers zer- streut sind, dar.“ Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 439 Da die Verhältnisse bei den verschiedenen Arten der Hiru- dineen in bezug auf diese Frage äußerst verschieden sind, so halte ich es für zweckmäßig, diesen Punkt bei der Besprechung der von mir untersuchten Formen im einzelnen zu behandeln. Vorher möchte ich nur noch bemerken, daß die Zellen der dorsoventralen Muskulatur in ihrer Form von der Spindelgestalt der bisher be- sprochenen Muskelelemente dadurch abweichen, daß sie sich an ihren Enden mehrfach teilen und sich schließlich in feinste Ver- ästelungen auflösen. Auf den Zusammenhang der dorsoventralen Muskulatur mit den Radiärfasern der Saugnäpfe hat schon LEUCKART hingewiesen. Pontobdella. Bei Pontobdella glaube ich in Hinsicht auf die oben berührte Frage zwei Arten von dorsoventralen Muskelfasern unterscheiden zu müssen. Es finden sich solche tatsächlich, wie Livanow er- wähnt, durch das ganze Mesenchym zerstreut, daneben sind aber besondere Muskelfasern zu bemerken, welche an den Septen, be- sonders an den Hauptsepten zu kleineren Gruppen vereinigt, in regelmäßiger Wiederholung auftreten. Sie liegen im Gegensatz zu den übrigen dorsoventralen Muskeln mehr im Innern des Körpers; in der Hodenregion nehmen sie ihren Verlauf ziwschen dem Darm und den Hoden. Ihr gruppenweises Auftreten läßt sich am besten auf Horizontalschnitten erkennen (Fig. 14). Ein weiteres Merkmal dieser Muskelfasern liegt in ihrem Querschnitt, welcher einen bedeutend größeren Durchmesser be- sitzt als die übrigen dorsoventralen Muskelelemente; häufig zeigt er eine zusammengedrängte oder gelappte Form. Im Innern des Körpers legen sie sich dem Darm eng an und verlaufen dann gegen die dorsale und ventrale Mittellinie hin, wo sie die beiden bei der Besprechung des Hautmuskelschlauches erwähnten, hier zusammenstoßenden Mittelgruppen der Längsmuskulatur von den andern Muskelbündeln abtrennen. Die übrigen dorsoventralen Muskelfasern, welche sich durch _ das ganze innere Mesenchym zerstreut vorfinden, durchziehen den Körper in mehr oder weniger senkrechter Richtung, sie nehmen dabei ihren Verlauf zwischen den Bündeln der Längsmuskulatur und dringen mit ihren feinsten Ausläufern durch die Diagonal- und die Ringmuskelschicht bis unmittelbar unter die Epidermis vor. Außerordentlich zahlreich treten die dorsoventralen Muskel- fasern in der Kopf- und der Präclitellarregion auf; auf sagittalen n b 440 Louis des Arts, Längsschnitten sieht man, wie sie hier in der Längsrichtung des Körpers unmittelbar aufeinander folgen und so beinahe eine ge- schlossene Reihe bilden. Auch in der Qlitellarregion ist die dorso- ventrale Muskulatur gut entwickelt, doch werden die Muskelfasern in dieser Körpergegend durch die Ausdehnung der Geschlechts- organe häufig derartig beengt, daß sie sich mit ihren mittleren Partien dicht aneinander legen und erst kurz vor ihrem Eindringen in die Längsmuskulatur wieder auseinander treten. Wenn auch in den meisten Fällen die dorsoventralen Muskel- zellen eine senkrechte Richtung einhalten, so finden sich doch Ausnahmen hiervon, besonders in der Analregion kann man be- obachten, daß sie einander in der Weise kreuzen, daß Fasern, welche ventral in der Mittellinie ihren Ursprung nehmen, nicht zwischen den entsprechenden dorsalen Längsmuskelbündeln endigen, sondern sich seitwärts wendend zwischen zwei paramarginalen Bündeln verlaufen, während andere Fasern in ihrer Richtung von der dorsalen Mittellinie ventralwärts ebenfalls seitlich abweichen. Branchellion. Bei Branchellion spielt die dorsoventrale Muskulatur nur eine untergeordnete Rolle; besonders in der Kopf- und der Präclitellar- region, wo sie bei Pontobdella so auffallend entwickelt ist, sind hier nur wenige Fasern zu finden. In der mittleren Körperregion treten sie etwas zahlreicher auf; sie verlaufen hier mit einer gewissen Regelmäßigkeit, und zwar, wie man auf Querschnitten verfolgen kann, hauptsächlich in den Verbindungsebenen der inneren Paramedian- und der äußeren Paramarginallinien. In der Längsrichtung sind sie so verteilt, daß die nach innen gelegenen Muskelzellen, welche die äußeren an Größe übertreffen, sich an den Hauptsepten befinden, welche ja bei Branchellion sehr deutlich ausgeprägt sind. Die äußeren Muskelzellen zeigen dieses regelmäßige Auftreten nicht. Der komplizierte Bau der Elemente des Hautmuskelschlauches wiederholt sich bei den dorsoventralen Muskeln nicht; wenigstens sind die dort beschriebenen unregelmäßigen Querschnittsfiguren hier nur schwach angedeutet. Piscicola. In Hinsicht auf die Entwicklung der dorsoventralen Musku- latur übertrifft Piseicola die anderen beiden Arten bedeutend. Vor Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 441 allem sind es die paramedian gelegenen Fasern, welche sich durch ihre mächtige Entwickelung und ihr zahlreiches Auftreten aus- zeichnen; die paramarginal verlaufenden treten in jeder Beziehung vor jenen weit zurück. Wie bei Pontobdella, so kommen auch bei Piscicola die dorso- ventralen Muskelfasern besonders in der Präclitellarregion zur Entfaltung; eine außerordentliche Entwicklung zeigen sie auch in der Gegend des Qlitellums, wo sie hauptsächlich zwischen den Samenblasen durch ihr massenhaftes Auftreten auffallen. Auch in der Hodengegend ist kaum eine Abnahme der dorso- ventralen Muskelelemente wahrzunehmen, besonders treten sie hier in den tief einschneidenden Septen in großer Anzahl auf. Den Hoden legen sich die dorsoventralen Muskelfasern häufig eng an, wodurch sie zu einem teilweise bogenförmigen Verlauf gezwungen werden. In. der Intestinalregion nimmt die dorsoventrale Muskulatur in der Mächtigkeit ihrer Entwickelung etwas ab, sie ist hier haupt- sächlich auf die Septen beschränkt. Ein gleiches Verhalten in dieser Hinsicht läßt sich für die Analregion feststellen. Es ist aber nicht nur die hervorragende Entwickelung der dorsoventralen Muskulatur an sich, welche bei Piscicola im Ver- gleich zu Pontobdella und Branchellion so sehr auffällt, sondern auch die einzelnen Muskelzellen zeigen eine interessante Abweichung von den entsprechenden Zellen der anderen beiden Formen. Bei jenen handelte es sich um Elemente, welche gar nicht oder nur wenig von der typischen Form der dorsoventralen Muskel- fasern abweichen; hier, bei Piscicola, sehen wir, wie diese Fasern eine Gestalt annehmen, welche in vieler Hinsicht an die Längs- muskelfasern von Branchellion erinnert ; so treten hier auf Quer- schnitten dieser Fasern Formen auf, welche die dort beschriebenen an komplizierterZusammensetzung sogar nochübertreffen (Fig. 15a, b). Betrachtet man diese Fasern von der Fläche, so könnte man in manchen Fällen meinen, es handle sich um bündelweise an- einander gelegene, zum Teil sich kreuzende Fasern, auf günstigen Schnitten ist jedoch sofort zu erkennen, daß tatsächlich nur eine einzige, vielfach gespaltene Muskelfaser vorliegt. Man könnte beinahe eine Verschmelzung mehrerer Fasern annehmen, wenn nicht der allerdings auffallend große Kern nur in der Einzahl vorhanden wäre. In einer kleineren Mitteilung macht GrAF (1895) einmal auf Grund seiner Untersuchungen von Clepsine- und Nephelis-Arten Sir 442 Louis des Arts, die Bemerkung, daß die Längsmuskulatur ursprünglich bei schwimmenden Formen ausgebildet sei, bei festsitzenden hingegen die dorsoventrale. Für die hier untersuchten Formen trifft dies in keiner Weise zu; wir sehen, daß bei Pontobdella und Branchellion die Längs- muskulatur überwiegend stark ausgebildet war, im Gegensatz zu der dorsoventralen, welche besonders bei Branchellion gänzlich zurücktrat. Das Verhalten der dorsoventralen Muskulatur von Piscicola ist soeben beschrieben worden; wie aber schon bei Be- sprechung der Saugnäpfe erwähnt wurde, sind Pontobdella und Branchellion außerordentlich träge Tiere, welche überhaupt nicht schwimmen, während Piscicola sehr lebhaft ist und häufig und gut schwimmt. D. Darmmuskulatur. Der Darm der Hirudineen besitzt eine eigene Muskulatur, welche aus einer inneren Längsschicht und einer äußeren Quer- schicht besteht; die beiden Schichten kreuzen sich rechtwinklig. Lıvanow (1904a) hat diese Verhältnisse kurz berührt; er erwähnt dabei, daß die Darmmuskulatur der Hirudineen besonders bei den Herpobdelliden entwickelt sei, weniger bei den Hirudiniden, am schwächsten bei den Rhynchobdelliden. Auf das Vorkommen von sog. Muskelbrücken in dieser Mus- kulatur habe ich schon in der einleitenden Literaturübersicht hin- gewiesen. Die Muskelzellen haben eine abgeflachte Gestalt, sind aber doch wohlausgebildete, typische Röhrenmuskeln mit radiärge- stellten Fibrillenplatten. Pontobdella. Zur Untersuchung der Darmmuskulatur nimmt man am besten vollgesogene Exemplare, deren herausgelösten Darm man in der von APÄTHY angegebenen Weise mit 10—15-proz. Essigsäure und 10-proz. Salpetersäure in einem Gemisch von gleichen Teilen Alkohol, Glyzerin und destilliertem Wasser behandelt; nach ca. 24 Stunden läßt sich dann das Epithel der Darmwand leicht abtrennen. Durch darauffolgende Färbung mit ArArtuys Hämatein IA oder durch Goldtinktion erhält man sehr übersichtliche Bilder. ArAray hat die Darmmuskulatur von Pontobdella mehrfach 4 # Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 445 untersucht und Angaben darüber in seinen verschiedenen Arbeiten veröffentlicht. In seiner 1890 erschienenen Abhandlung „Nach welcher Richtung hin soll die Nervenlehre reformiert werden ?“ gibt er für die Quer- muskelfasern folgende Maße an: unverästelt bis 15 mm, mit den Endästen bis zu 20 mm, bei einer Breite von 150—200 u; in seiner 1897 erschienenen Arbeit „Das leitende Element des Nerven- systems und seine topographischen Beziehungen zu den Zellen“ sind die angegebenen Zahlen bedeutend kleiner, nämlich für die Länge bis zu 8 mm, für die Breite 100 «. Mit letzteren Angaben stimmen, was die Länge betrifft, meine Messungen überein; für die Breite hingegen habe ich, allerdings in der Gegend des Kernes, wo eine starke Verbreiterung der Muskelzellen auftritt, bis zu 800 u gemessen. Doch ist hierbei zu bemerken, daß die Maße der Muskelfasern außerordentlich zu schwanken scheinen, auch ist es sehr schwierig, die feinsten Verästelungen genau bis zu ihrem Ende zu verfolgen. Die Längsmuskelfasern stehen den Quermuskelfasern sowohl an Länge als auch an Breite beträchtlich nach. Auch in der Art ihrer Verbreitung unterscheiden sich die beiden Muskelschichten voneinander, während die Quermuskelfasern sich gleichmäßig in einem Abstand von ca. 0,03—0,04 mm über den Darm hinziehen, sehen wir, daß die Längsmuskelschicht streckenweise durch muskel- freie Streifen unterbrochen wird. Was aber vor allem charakteristisch für die Darmmuskulatur ist; und worauf ApÄtnayY ganz besonders hinweist, sind außer den er- _ wähnten feinen Verästelungen, in welche sich die Muskelfasern auflösen, die sog. Muskelbrücken, welche die einzelnen Fasern mit- einander verbinden. Diese Brücken, bisweilen annähernd von der Stärke der Muskelfasern selbst, häufig aber nur als feine Fasern erkennbar, nehmen ihren Ursprung sowohl in der Gegend des Kernes, also in der Mitte der Muskelfaser, als auch an den Enden derselben und deren Verästelungen (Fig. 16a, b). Von den vorliegenden Verhältnissen kann man sich auch durch Mazeration des Darmes überzeugen; der Zusammenhang der ‚ einzelnen Fasern geht hierbei meist ganz verloren, die Ansätze der Brücken sind jedoch sehr schön zu erkennen (Fig. 17a, b). Durch diese Brücken werden nicht nur unmittelbar neben- ‚ einander liegende Muskelfasern verbunden, sondern auch, wie ‚ Apkırıv bemerkt, entfernter gelegene, selbst Querfasern mit \ Längsfasern. ’ Ich kann mich den Ausführungen von APpATHy hier vollkommen anschließen, was mir nur auffiel, ist die unregelmäßige Verteilung dieser Muskelbrücken. So konnte ich stellenweise nur mit Mühe vereinzelte von ihnen auffinden, während sie an anderen Stellen tatsächlich so häufig auftraten, daß sie, wie ArPÄtHY sich aus- drückt, dem Bilde ein strickleiterförmiges Ansehen verliehen. Am deutlichsten lassen sich diese Verhältnisse am blinddarm- artigen Ende des Verdauungstraktus, sowie am Enddarm be- obachten, gegen das vordere Ende zu nimmt die Muskulatur stark ab. In die Wandung des Afters erstreckt sich diese Muskulatur ebenfalls noch eine Strecke weit, sie wird dann aber durch die Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauches ersetzt, welche den After sphinkterartig umgibt. An solchen Stellen, wo sich die Darm- wand in Fälten legt, folgen die Längsfasern diesen Faltungen; bei den Ringmuskeln hingegen habe ich ein derartiges Verhalten, wie es LEUCKART als für die Hirudineen bestehend erwähnt, bei Ponto- bdella nicht feststellen können. 444 Louis des Arts, Branchellion. Die Darmmuskulatur von Branchellion habe ich wegen Mangels an Material nicht so eingehend untersuchen können. Doch läßt sich schon aus Schnitten erkennen, daß sie außerordentlich schwach entwickelt ist, nur in der hinteren Körperregion treten zahlreichere Muskelfasern auf der Darmwand auf. | Daß bei Branchellion Zellbrücken in der Darmmuskulatur vorkommen, habe ich nicht feststellen können, doch glaube ich es annehmen zu müssen auf Grund der oben erwähnten Muskelfasern, welche durch ihre Fortsätze an die entsprechenden Fasern von Pontobdella erinnern (Fig. 8). Piscicola. Ueber die Muskulatur des Darmes von Piscicola finden sich bei LeyvıG einige Angaben; vor allem hat LeypıG hier zuerst das Vorkommen von Muskelbrücken in der Darmwand nachgewiesen; in seiner Abhandlung „Zur Anatomie von Piscicola“ bringt er auch eine Abbildung dieser Verhältnisse. Beim Uebergang des Magens in den Vormagen findet sich nach jenem Autor eine sphinkterartige Ringmuskulatur. Dieser | Sphinkter wird zum Teil durch die hier sehr stark entwickelte Ringmuskulatur des Darmes gebildet, außerdem aber auch durch | Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 445 Elemente der dorsoventralen Muskulatur. Die Bemerkung Leyviss, daß sich im Schlunde nur Längsmuskelfasern befinden, ist auf die Rüsselscheide zu beziehen. E, Muskulatur des Saugrüssels, Die Muskulatur des Saugrüssels setzt sich aus drei Muskel- systemen zusammen, in der Reihenfolge von innen nach außen bezeichnet man sie als Radiärfasersystem, Ringmuskelsystem und Längsfasersystem. Die Radiärfasern erstrecken sich strahlenförmig vom Epithel der Rüsselhöhle gegen die Peripherie des Rüssels. Die Ringmuskelfasern bilden einen geschlossenen Muskel- schlauch, welcher sich durch den ganzen Rüssel hinzieht. Die Längsmuskelfasern bilden zwei Schichten, deren innere sich von außen der Ringmuskulatur anlegt, während die äußere an der Peripherie des Saugrüssels verläuft. Im allgemeinen zeigt der Bau des Rüssels eine sehr übereinstimmende Form bei den ver- schiedenen Arten, doch sind charakteristische Eigentümlichkeiten nicht nur der äußeren Gestalt, sondern auch der Muskulatur bei den einzelnen Species vorhanden. Pontobdella. Die Radiärmuskelzellen von Pontobdella haben eine stark abgeflachte Gestalt; ihre breite Fläche liegt in der Längsebene des Rüssels. Auf Querschnitten durch dieses Organ sieht man, wie sich die Radiärfasern an ihren peripheren Enden in feine Aeste spalten, welche meist bogenförmig gekrümmt sind (Fig. 18). BOURNE hat in seiner mehrfach erwähnten Arbeit mehrere Ab- bildungen von Querschnitten durch den Rüssel verschiedener Hiru- dineen gegeben, auch von Pontobdella, doch hat er auf ihnen diese Verästelungen nicht zum Ausdruck gebracht. In ähnlicher, nur noch Komplizierterer Weise, verzweigen sich die Radiärfasern an ihren der Rüsselhöhle zugekehrten Enden, hier tritt die Verzweigung unmittelbar vor der Durchbrechung der _ Ringfaserschicht ein (Fig. 19). LEUcCKART (1886) bezeichnet das Verhalten der Muskel- endigungen an der inneren Seite des Rüssels als weniger auf- fallend; diese Behauptung läßt sich jedoch nur bei Betrachtung von Querschnitten rechtfertigen. Da nämlich die Verzweigungen am zentralen Ende der Radiärmuskelzellen nicht in die Ebene Bd, XLIV. N. F. XXXVII. 29 ” 446 Louis des Arts, eines Querschnittes fallen, kommen sie auf diesen nicht zum Vor- schein, sie werden hingegen sichtbar auf Frontalschnitten, auf welchen wiederum die peripher gelegenen Verästelungen fortfallen. Da die zentrai gelegenen Verzweigungen genötigt sind, die Ringmuskulatur zu durchsetzen, die peripheren jedoch ihren Weg durch die Längsmuskelfasern und die ebenfalls in der Längs- richtung verlaufenden Speicheldrüsengänge suchen müssen, wird es klar, daß diese Verzweigungen in Ebenen liegen müssen, welche senkrecht zueinander gerichtet sind. Die Radiärfasern besitzen einen großen, grobgekörnten Kern, welcher sich stets am peripheren Ende befindet. Die Ringmuskelfasern sind äußerst eng aneinander gelagert, sie lassen gerade noch Raum für die feinen Verästelungen der Radiärfasern zwischen sich frei; auch sie sind stark verbreitert, doch ist bei ihnen die breite Fläche in der Querebene des Rüssels gelegen. Mit ihren freien Enden greifen die einzelnen Muskel- fasern weit übereinander, so daß man auf Querschnitten einen geschlossenen Muskelring erhält. Der durch die Ringmuskelzellen gebildete Muskelschlauch ist so gelagert, daß er mit seiner inneren Fläche dort, wo je zwei Kanten des Innenraumes des Rüssels aneinander stoßen, bis un- mittelbar an das Epithel desselben reicht. Auch die Zellen dieser Schicht haben einen großen Kern mit grobkörnigem Inhalt. Das Längsfasersystem besteht aus den zwei typischen ein- fachen Schichten, welche zwischen den Radiärfasern resp. deren Verzweigungen verlaufen. Die Muskulatur der Rüsselscheide setzt sich bei Pontobdella aus eng aneinander gelagerten Längsmuskelfasern zusammen. Branchellion. Der Saugrüssel von Branchellion ist weniger muskulös als der von Pontobdella. Die Radiärmuskelfasern sind nicht so regelmäßig angeordnet wie dort; sie lassen aber das eigentümliche Verhalten an den Enden ebenfalls gut erkennen. Die Ringmuskelzellen zeigen bisweilen in der Gegend des Kernes eines Ausbuchtung nach außen, was bei Pontobdella nicht zu beobachten war. Von den beiden Schichten des Längsmuskelsystems ist nur die äußere normal entwickelt, von der inneren lassen sich nur Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 447 ganz vereinzelte Muskelfasern wahrnehmen. Die Muskelzellen der Rüsselscheide sind weniger eng gelagert als bei Pontobdella. Piscicola, Der Rüssel von Piscicola besitzt eine gut ausgeprägte Mus- kulatur. Die Radiärfasern weichen auch hier von dem oben be- schriebenen Verhalten dieser Muskelelemente nicht ab. Die Ringmuskelzellen bilden häufig Ausbuchtungen auch an solchen Stellen, an denen nicht ein Kern gelegen ist; besonders stark ist diese Schicht an der Wurzel des Rüssels ausgebildet. Auf die netzförmigen Verbindungen, welche in der Längs- muskulatur des Rüssels bei Piscicola auftreten, hat schon LEYDıG hingewiesen, ich habe derartige Verbindungen nur an der Rüssel- wurzel auffinden können. Die Längsmuskelzellen der Rüsselscheide sind in der Gegend des Kernes stark gewölbt; sie bilden eine dicht geschlossene Schicht. F. Muskulatur der Blutgefäße. Ueber die Blutgefäße der Hirudineen liegen zahlreiche Arbeiten vor, doch beschäftigen sich die meisten unter ihnen in der Haupt- sache nur mit dem Verlauf derselben, während sie über die Mus- kulatur nur beiläufige Bemerkungen machen oder diese ganz bei- seite lassen. | Die wichtigsten Arbeiten, welche auch auf die Histologie der Blutgefäße näher eingehen, sind von A. Lana (1903) in seinen „Beiträgen zu einer Trophocöltheorie“ angeführt und besprochen ‚ worden. | Bei Betrachtung der histologischen Verhältnisse hat man das System der Blutsinus von dem der Blutgefäße zu unterscheiden, ‚was zumal in den älteren Arbeiten nicht immer streng durch- ‚ geführt worden ist. | Auf den allgemeinen Bau der Blutgefäße der Hirudineen und ‚ihren Verlauf werde ich hier nicht näher eingehen, sondern nur .die für die einzelnen Species charakteristischen Merkmale der ‚Muskulatur hervorheben. Pontobdella. Spezielle Angaben über die Blutgefäße von Pontobdella finden ‚sich bei L. VAıLLant (1870) (Anatomie du Genre Pontobdelle); bi berücksichtigt er mehr den Verlauf derselben als ihren histo- \ \ | | 1 29* ” 448 Louis des Arts, logischen Bau; über die Muskulatur finden sich keine näheren Angaben bei ihm. Etwas eingehender geht BouURNE (1884) auf diese Frage ein; von dem dorsalen Blutsinus sagt er: „Here and there the dorsal sinus has developed in its wall a muscular band, consisting of some four or five circulary arranged fibres.“ Ferner erwähnt er bei den lateralen Gefäßen „the muscular wall“ und fügt hinzu: y.. . and a fact which seems to me to posess great weight- there exist around the lateral vessels muscular bands, three to every somite, which recall the muscular bands described above as occuring in the wall of the dorsal sinus.“ Bourne hält diese Muskelbänder der lateralen Blutgefäße nach Analogie der gleichen Bänder des dorsalen Blutsinus für Ueberreste eines lateralen Sinus. Eine ausführliche Beschreibung der Muskulatur des dorsalen Blutgefäßes von Pontobdella gibt E. ARNESEN (1904) in einer Ab- handlung über den feineren Bau der Blutgefäße der Rhynchobdel- liden. Ueber die Muskulatur des Blutsinus finden sich dort keine näheren Angaben. Die Angaben Bournes über die vereinzelt auf- tretenden Muskelfasern in der Wand des dorsalen Blutsinus habe ich durch meine Beobachtungen bestätigt gefunden. Die be- treffenden Muskelzellen, welche nicht mit denen des Gefäßes zu verwechseln sind, treten in Gruppen von 8—10 deutlich von- einander getrennten Fasern auf und besitzen die typische röhren- förmige Struktur. Die Muskulatur des Rückengefäßes besteht aus einer zu- sammenhängenden Schicht eng aneinander gelagerter, teilweise in- einander übergehender ringförmiger Muskelfasern, der sog. Mus- cularis. Die Stärke der Muscularis ist im Verlaufe des Blutgefäßes nicht überall die gleiche, wobei man jedoch zu beachten hat, daß im prallgefüllten Zustande des Gefäßes die Muskelschicht sehr aus- gedehnt wird, die einzelnen Fasern erscheinen dann im Querschnitt abgeplattet und verbreitert. Im Zustande geringerer Füllung tritt der Muskelbelag hingegen bedeutend stärker hervor; die einzelnen Fasern sind dann nicht mehr deutlich voneinander abzugrenzen und werden nur noch durch ihre großen Kerne kenntlich gemacht. E. ArnESEn schildert den vorderen Teil des Rückengefäßes von Pontobdella und Piscicola folgendermaßen: „Im ganzen vorderen Teil des Rückengefäßes ist die Muscularis bei diesen Formen ziemlich stark und gleichmäßig entwickelt. Die einzelnen Zellen liegen in der ganzen Länge des Gefäßes dicht nebeneinander, und E Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 449 ihre Grenzen sind zumeist nicht wahrnehmbar. Der rings um den Kern angeschwollene Teil ragt, speziell bei Pontobdella, auffallend weit ins Lumen des Gefäßes hinein.“ Ich habe die Muscularis des Rückengefäßes von Pontobdella sehr eingehend untersucht und stimme mit der soeben angeführten Beschreibung im allgemeinen überein, doch möchte ich noch einige eigene Beobachtungen hinzufügen. Auf einigen besonders günstigen Längsschnitten durch das dorsale Blutgefäß in der vorderen Körperregion konnte ich an der Muscularis folgendes erkennen. Nach außen hin zeigt die Mus- ceularis eine deutliche Streifung in zirkulärer Richtung, dann folgt eine körnige Protoplasmaschicht und an den inneren Seiten, gegen das Lumen des Gefäßes, läßt sich wiederum, allerdings meist nur sehr undeutlich und in geringer Ausdehnung, eine Streifung wahr- nehmen, jetzt aber in der Längsrichtung des Gefäßes (Fig. 20). Die zwischen diesen beiden in verschiedener Richtung ge- ‚streiften Kontraktilen Rindenschichten liegende Protoplasmamasse wechselt in ihrer Ausdehnung je nach der Lage der an der äußeren Seite angedeuteten Querfasern; an einigen Stellen geht die Ab- grenzung zwischen diesen Fasern so weit, daß sich die Fibrillen der äußeren Rindenschicht bis an die der inneren erstrecken. Eine _Streifung in zirkulärer Richtung habe ich an der inneren Fläche der Muscularis an keiner Stelle finden können. Auf Querschnitten fand ich den beschriebenen Verhältnissen entsprechend bisweilen an der inneren Seite des Blutgefäßes eine schwache Radiärstreifung (Fig. 21). Aehnliche Beobachtungen scheint GRAF gemacht zu haben, nur daß es sich nicht um geschlossene Ringmuskeln und eine unter diesen gelegene Schicht aus Längsfibrillen handelt, wie er es auf- gefaßt hat, sondern daß das eigentümliche, soeben geschilderte Verhalten vorliegt. Auch in der erwähnten Abhandlung von ARNESEN sind auf Fig. 5 diese Verhältnisse angedeutet. Doch führt ARNESEN die Längsstreifnng auf Zipfel der Muskelzellen zurück, welche sich häufig auch in der Längsrichtung des Gefäßes ineinander ver- flechten. Wenn man auch zugeben muß, daß dieses in vielen Fällen zutrifft, so glaube ich doch auch unabhängig von dieser Erscheinung eine Längsstreifung der inneren Rindenschicht an- nehmen zu müssen. In der Hodenregion ist die Muscularis des Rückengefäßes nur Schwach entwickelt, ebenso in der hinteren Körperpartie. Die 450 Louis des Arts, Muscularis der lateralen Blutgefäße zeigt im wesentlichen den- selben histologischen Bau wie die des dorsalen, nur sind hier die Grenzen der einzelnen zirkulär verlaufenden Fasern deutlicher wahrnehmbar als bei letzterem. Auch hier ist die Ausdehnung der Muscularis in den ver- schiedenen Körperregionen ungleich, doch finden wir bei diesen Gefäßen die schwächere Entwickelung im Praeclitellum und (Oli- tellum, während in der Hoden- und der Intestinalregion, besonders aber in der Analregion, die Muscularis stärker ausgeprägt ist. Die von BOURNE erwähnten, auf einen Lateralsinus hin- deutenden Muskelfasern habe ich ebenfalls an einigen Stellen ge- sehen, ob jedoch für jeden Somit immer 3 solcher Muskelbänder vorkommen, konnte ich nicht mit Sicherheit feststellen. Die Muscularis der Seitengefäße erstreckt -sich auch in die in der vorderen Körperregion liegenden Seitenäste, welche in kleine pulsierende Blasen führen. Der ventrale Blutsinus besitzt keine Muskulatur. Was das ventrale Blutgefäß betrifft, so habe ich nur auf einigen Schnitten durch die mittlere Körperregion eine sehr schwache Muskelbildung gefunden. Branchellion. Ueber die Muskulatur der Blutgefäße von Branchellion habe ich selbst keine eingehenden Untersuchungen machen können, ich muß mich deshalb in der Hauptsache auf andere Autoren beziehen. Das dorsale Blutgefäß besitzt eine gut ausgebildete Muscularis, welche sich von jener von Pontobdella dadurch unterscheidet, daß die Muskelfasern keine geschlossenen Reifen um das Blutgefäß bilden, sondern als Halbreifen sich demselben anlegen. Nach ÄARNESEN stoßen diese Halbreifen, deren Kerne meist an den seit- lichen Wänden des Gefäßes liegen, mit ihren lang ausgezogenen kontraktilen Endfäden nur selten in der dorsalen und ventralen Wand des Gefäßes zusammen. Als ferneres Merkmal für die Muscularis des Rückengefäßes von Branchellion führt jener Autor den Umstand an, daß bei dieser Species die Muskelringe nicht dicht aufeinander folgen wie bei Pontobdella und Piscicola, sondern in ziemlich großen, regel- mäßigen Abständen. In der Intestinal- und der Analregion ist die Muscularis des Rückengefäßes verhältnismäßig schwach entwickelt. Die lateralen Blutgefäße zeichnen sich durch eine sehr starke Muskulatur aus; im Gegensatz zum dorsalen Gefäß bilden hier die e Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 451 Muskelzellen nicht Halbreifen, sondern wie bei Pontobdella einen geschlossenen Reifen. Mit den lateralen Blutgefäßen stehen kontraktile Blasen in Verbindung, welche man früher für Respirationsorgane gehalten hatte; doch schon Levpıs (1851) erkannte im Gegensatz zu TROSCHEL, BUDGE und anderen ihren Zusammenhang mit dem Blutgefäßsystem. In seiner oben erwähnten Abhandlung über Pontobdella und Branchellion beschreibt er ihre Systole und Diastole und fügt hinzu, „zweifelsohne entsprechen die Blasen den bekannten Blutbehältern der Nephelis“. ArAtay (1383a) macht ähnliche Angaben über diese Blasen, er sagt: „Wie es mir, zuerst an jungen Branchellion, festzustellen gelungen ist, sind sie lauter rundliche Herzchen mit muskulöser Wandung ... .... homologe Organe sind bei Nephelis noch deutlich zu erkennen.“ Die Muskulatur dieser Blasen, welche durch eine Fortsetzung der Muscularis der lateralen Gefäße gebildet wird, besteht aus einer Schicht sehr platter Muskelzellen mit stark hervortreten- dem Kern. Außerdem legen sich an diese Blasen die bei der Besprechung des Hautmuskelschlauches beschriebenen Hautmuskeln von häufig sehr auffallender Gestalt an. Im ventralen Blutgefäß habe ich keine Muskelelemente finden können. Piscicola. Ueber das Blutsystem von Piscicola liegen außer der Arbeit von Leyvıc (1849) sehr eingehende Untersuchungen von L. JOHANSSON (1896a) vor. Beide Autoren haben auch die Muskulatur der Ge- fäße einer gründlichen Betrachtung unterzogen. Meinen eigenen Untersuchungen habe ich hauptsächlich JoHAnssons Arbeit „Ueber den Blutumlauf bei Piscicola und Calobdella“ (1896a) zugrunde gelegt. Die Muskulatur des dorsalen Blutgefäßes erinnert in der vorderen Körperregion an die bei Pontobdella vorgefundenen Ver- hältnisse; sie besteht auch hier aus einer durch eng aneinander gelagerte nicht geschlossene Ringmuskelzellen gebildeten Muscularis. Die Kerne dieser Muskelzellen springen jedoch bei Piseicola weniger in das Lumen des Gefäßes hervor als bei jener Form. Das Rückengefäß wird in der Kopfregion jederseits durch drei Gefäße mit dem Bauchgefäße verbunden; diese Verbindungs- ” 452 Louis des Arts, gefäße sind eine Strecke weit von ihren Ursprungsstellen aus dem dorsalen Gefäße noch mit einer Muscularis versehen, in ihrem weiteren Verlauf aber ohne Muskulatur (Fig. 22). Nach JoHANssoN setzt sich die Muskulatur des Rückengefäßes aus halbkreisförmigen Zellen zusammen, doch habe ich auch Quer- schnitte durch jenes Gefäß gefunden, auf denen drei Kerne in der Muskelschicht zu sehen waren, der Umfang der Muscularis also auch aus drei Zellen, deren Grenzen allerdings nicht deutlich er- kennbar waren, zusammengesetzt sein mußte. In der Hodengegend ist keine zusammenhängende Muscularis vorhanden, sondern es treten dort nur ganz vereinzelte Muskel- zellen auf, welche äußerst flach sind und oft nur durch den großen Kern kenntlich werden. JOHANSSON erwähnt, daß diese Muskel- zellen stets mit den Klappen zusammen vorkommen, doch sind sie teilweise auch an anderen Stellen anzutreffen. Der Uebergang der vorderen muskulösen Partie des dorsalen Blutgefäßes in jene der Hodengegend findet im Clitellium statt, ungefähr in der Höhe der 2 Genitalöffnung. In der Intestinal- gegend werden die Verhältnisse des Blutgefäßes insofern etwas komplizierter, als hier das Rückengefäß vielfach direkt mit dem Darmsinus, welcher in dieser Körpergegend als Darmlakune den Darm völlig umgibt, in Verbindung tritt; doch bleibt die Muskulatur hier im allgemeinen die gleiche wie in der Hodengegend, am stärksten ist sie in der Gegend der Klappen entwickelt. Nach Jomansson legen sich außerdem hinter jeder Klappe | zwei Muskeln des Dorsalsinus an das Rückengefäß; ich habe nur beobachten können, daß gerade an diesen Stellen das Rückengefäß in den Darmsinus übergeht, dabei aber seine eigene Muskulatur, die ja in der Gegend der Klappen besonders ausgebildet ist, be- hält; daß besondere Muskeln des Sinus noch an dasselbe heran- treten, habe ich nicht gesehen. Die hinteren Gefäßbogen besitzen keine Muskulatur, ebenso- wenig das Bauchgefäß. Die beiden lateralen verdickten Streifen, welche JoHAnsson bei letzterem erwähnt, scheinen keine muskulöse Beschaffenheit zu besitzen. Die Lateralgefäße sind in ihrer ganzen Ausdehnung mit einem kräftigen Muskelbelag versehen. JOHANSSON läßt von den seitlichen, kontraktilen Blasen nur den letzten, in der Analregion gelegenen, eine Muskulatur zu- kommen; es läßt sich jedoch auch für die anderen das Vorhanden- sein einer solchen feststellen. = Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 453 Ueber den feineren Bau der Muscularis habe ich bei Bran- chellion und Piscicola nicht so genaue Beobachtungen machen können wie bei Pontobdella, wo die Streifung sehr deutlich zu sehen ist; ich glaube jedoch annehmen zu können, daß hier die gleichen Verhältnisse vorliegen wie dort; jedenfalls habe ich keine Schnitte erhalten, welche gegen das dort beschriebene Ver- halten sprächen. G. Muskulatur der Genitalorgane. Im Bau der Genitalorgane weichen die verschiedenen Species der Hirudineen sehr voneinander ab; naturgemäß sehen wir daher auch in der Muskulatur dieser Organe mannigfache Verschieden- heiten auftreten. Ich werde deshalb, ohne erst allgemeine An- gaben zu machen, gleich mit der Besprechung der einzelnen Formen beginnen. Pontobdella. Ueber die Muskulatur der Genitalorgane von Pontobdella finden sich in der Literatur nur wenige Angaben; am meisten hat sie wohl VAILLANT (1870) in seiner Abhandlung „Anatomie du ‘Genre Pontobdelle“ berücksichtigt. VAILLANT hat seinen Unter- suchungen die Form Pontobdella verrucosa zu Grunde gelegt, doch ist diese nach ApAruy mit Pontobdella muricata identisch, so daß ich die von VAILLANT angegebenen Resultate ohne weiteres mit meinen Beobachtungen vergleichen kann. Bei Besprechung der äußeren Membran der Hoden sagt jener Autor: „en dehors, cette membran est entour6e de fibres de tissu lamineuse et aussi de fibres cellules contractiles, peu nombreuses cependant et &parses.“ Ich habe in der Membran der Hoden keine Muskelzellen ge- funden und vermute, daß was VAILLANT mit „fibres cellules con- tractiles“ bezeichnet hat, sich auf dorsoventrale Muskelfasern be- zieht, welche sich in ihrem Verlauf häufig eng an die Hoden an- legen; besonders zwischen diesen und dem Darm sind sie in größerer Anzahl anzutreffen. Eine stark ausgeprägte Muskulatur zeigen die Vesiculae seminales; gerade hier drückt sich jedoch VAILLANT sonderbarer- weise sehr vorsichtig aus, er sagt: „ces vesicules s&minales sont composees d’une double paroi: l’exterieure .... assimilable & une sorte de cuticule; la seconde, compos6ee de fibres de nature E; 454 Louis des Arts, musculaire tres-probablement, .... disposees en travers et formant une sorte de reseau assez &lögant. Je n’y ai decouvert aucune apparence de noyau, .... aussi doit-on regarder leur nature comme tres-douteuse.“ Wahrscheinlich hat hier VAILLANT seine Beobachtungen an wenig günstigen Präparaten gemacht, da sowohl Kerne in den Muskelfasern leicht aufzufinden sind, als auch ihre muskulöse Natur ohne Zweifel feststeht. Eine Abgrenzung zwischen einer muskulösen Vescicula semi- nalis und einem Ductus ejaculatorius, wie z. B. bei Clepsine war- ginata, findet bei Pontobdella nicht statt; der ganze Apparat ist gleichmäßig mit einer mehrschichtigen Lage eng aneinander liegender Zirkulärfasern umgeben, welche deutlich den Bau röhren- förmiger Muskelzellen zeigen (Fig. 23). Ebenso wie die Vesiculae seminales sind auch die Spermato- phorentaschen von zirkulären Muskelfasern umgeben. Beim Uebergang der Vesiculae in letztere tritt eine Verdickung des Muskelbelags auf, welche gegen den Ausführungsgang hin wieder abnimmt. Außerordentlich stark ist die Muskulatur des Ausführungs- ganges entwickelt. Sie besteht aus zwei Muskelsystemen, einem äußeren aus Längsfasern gebildeten und einem inneren aus Quer- fasern zusammengesetzten. Die Längsmuskelfasern sind auf das innigste untereinander verflochten und weichen vielfach von der Längsrichtung ab. Auch die Quermuskelfasern verflechten sich teilweise unter- einander, sie umgeben in mehreren Lagen den Ausführungsgang und bilden so einen Sphinkter um denselben. Je mehr sich der Ausführungsgang seiner äußeren Oefinung nähert, desto mehr nimmt auch die Mächtigkeit seiner Muskulatur ab, bis sie schließ- lich durch Elemente des Hautmuskelschlauches ersetzt wird. Der weibliche Genitalapparat zeigt im Vergleich zum männ- lichen eine verhältnismäßig schwache Muskulatur. Die Ovarien sind mit einem doppelten Muskelbelag versehen; der innere be- steht aus einer einfachen Längsschicht, welche aus eng aneinander gelagerten Muskelfasern gebildet wird. Nach außen folgt eine Schicht von Quermuskeln, welche jedoch durchaus nicht regel- mäßig angeordnet sind, sondern ein sehr verworrenes Geflecht bilden. An einigen Stellen glaubte ich zu bemerken, daß auch hier die Muskelfasern durch Brücken teilweise direkt miteinander in - Ueber die Muskulatur der Hirudineen, 455 Verbindung traten, doch war es mir nicht möglich, ein Bild von hinreichender Klarheit zu erhalten. In der Wandung des Uterus verlaufen zahlreiche Muskelfasern in verschiedenster Richtung, ohne indes einen zusammenhängenden Muskelbelag zu bilden; erst beim Uebergang in die Oviducte nehmen diese Fasern eine Längsrichtung an und erstrecken sich bis in die Vagina. Zur Bildung eines Sphinkters kommt es bei dem weiblichen Genitalapparat nicht. Branchellion. Auf der Membran der Hoden von Branchellion habe ich nur wenige Muskelelemente auffinden können, abgesehen von Bestand- teilen der dorsoventralen Muskelfasern, welche sich auch bei dieser Form den Hoden fest anlegen. Die Muskulatur der Vesiculae seminales besteht aus einer einfachen Schicht von Ringmuskelzellen, diese Schicht reicht nicht bis zum Uebergang der Vesiculae in die Spermatophorentasche, sondern die letzte Strecke ist muskelfrei. An der Grenze zwischen diesem muskelfreien Teile und den Spermatophorentaschen ist eine kleine Einschnürung zu bemerken, welche durch einige sphinkterartige Ringmuskeln hervorgerufen wird. Die Muskulatur der Spermatophorentasche ist bedeutend schwächer als die der entsprechenden Organe von Pontobdella. Etwas stärker ausgeprägt ist die Muskulatur des Ausführungs- ganges, doch bleibt auch diese weit hinter derjenigen der vorher besprochenen Form zurück; besonders der Sphinkter, der bei Pontobdella so außerordentlich stark entwickelt war, tritt bei Branchellion nur wenig hervor. Die Muskelverhältnisse der weiblichen Genitalorgane weichen, soweit ich dieselben untersucht habe, nicht wesentlich von den für Pontobdella beschriebenen ab. Piscicola. Ueber die Geschlechtsorgaue von Piscicola hat Leypıe (1849) nähere Untersuchungen angestellt, wobei er auch über ihre Mus- kulatur einige Angaben macht; desgleichen hat JomAnsson in seinen Beiträgen zu Schwedens Ichthyobdelliden die hier in Betracht kommenden Verhältnisse berührt. Das Vorkommen eines Muskelnetzes auf den Hoden von Piscicola hält Leypıs für fraglich. Wenn ich auch auf einzelnen Schnitten Muskelelemente, meist nur in Form von durch Fibrillen 456 Louis des Arts, verursachten Streifungen, in der Membran der Hoden wahrnehmen konnte, so glaube ich doch annehmen zu müssen, daß es sich hier um Fasern der dorsoventralen Muskulatur handelte. Sehr stark ist die Muskulatur der Vasa deferentia ausgebildet. Sie besteht aus einer Schicht von Ringfaserzellen, deren Grenzen nur schwer zu erkennen sind; der Kern dieser Zellen ist auffallend groß und von runder Gestalt. Beim Uebergang der Vasa deferentia in die Vesiculae semi- nales nimmt die Stärke der Muskulatur ab, doch sind die einzelnen Elemente jetzt deutlicher voneinander abgetrennt. Im letzten Teil der Vesiculae, der sich durch seine drüsige Beschaffenheit aus- zeichnet, ist die Muskulatur nur äußerst schwach; gegen die beiden Hörner der Spermatophorentasche wird dieser Teil durch einen schmalen Muskelring abgegrenzt. Die Spermatophorentasche ist mit einer sehr kräftigen und kompliziert angeordneten Muskulatur versehen, hauptsächlieh an den obern Enden der beiden Hörner und beim Uebergang in den Ausführungsgang erreicht sie eine mächtige Entfaltung. Sie be- steht zum größten Teil aus Ringmuskelzellen, welche besonders in den mittleren Schichten sich innig untereinander verflechten. Im Vergleich zu Pontobdella treten hier die Längsmuskelfasern sehr zurück, ebenso wie im Ausführungsgang, dessen Muskulatur überhaupt verhältnismäßig schwach entwickelt ist und durch die unbedeutende Größe des Sphinkters an die Verhältnisse bei Bran- chellion erinnert. Von den weiblichen Genitalorganen erreichen bei geschlechtsreifen Tieren besonders die Ovarialsäcke eine mächtige Entwickelung; doch ist von einer entsprechenden Aus- bildung der Muskulatur an diesen Organen nichts wahrzunehmen, es treten nur ganz vereinzelte Muskelelemente auf der Oberfläche der Ovarien auf. Zur Bildung eines netzartigen Gewebes ver- mittelst Muskelbrücken, wie es für andere Hirudineenformen nach- gewiesen ist, kommt es hier nicht. Aehnlich wie die Ovarien verhalten sich auch die als Uterus bezeichneten Teile in bezug auf ihre Muskulatur; erst in den Oviducten kurz vor ihrem Uebergang in die Vagina treten Ring- muskelfasern in etwas größerer Anzahl auf. Die Vagina selbst ist von einem mächtigen Muskelapparat umgeben, welcher zunächst aus einer vielschichtigen Lage von Ringmuskelzellen besteht, außerdem tragen noch die dorsoventralen Muskeln zur Verstärkung dieser Muskelhülle bei, wie auch die Längsmuskulatur des Haut- muskelschlauches an der weiblichen Geschlechtsöffnung besonders Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 457 stark entwickelt ist und sich sphinkterartig um dieselbe legt. Durch die mächtige Entwickelung der Muskulatur ihres Aus- führungsganges unterscheidet sich der weibliche Genitalapparat von Piscicola wesentlich von dem entsprechenden Teil des männ- lichen. H. Muskulatur der Nervenscheide. Das Vorkommen einer Muskulatur im Neurilemm ist für die Hirudineen von LeyvıG im Jahre 1864 entdeckt und zuerst be- schrieben worden. Sie besteht aus mehreren Strängen von Längs- muskelfasern. Besonders bei Pontobdella sind diese Stränge leicht erkennbar, sie verlaufen nicht nur in der äußeren, gemeinsamen Nervenscheide der beiden Nervenstränge, sondern auch in dem zwischen diesen liegenden Bindegewebe. Haementeria Ghilianii. Durch die Freundlichkeit des Herrn Prof. LanG bin ich in den Besitz einiger Embryonen der interessanten Riesenform Haemen- teria Ghilianii gekommen. Da die Exemplare jedoch nicht mehr alle Einzelheiten der Muskulatur genau erkennen ließen, und weil es sich hier auch nicht um ausgebildete Tiere handelte, habe ich es vorgezogen, diese Species für sich zu behandeln. Die Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauches ist schwach entwickelt, sie besteht nur aus einer einfachen Zelllage. Die Diagonalmuskelschicht zeigt das typische Verhalten, doch habe ich mich von der Anordnung der Kerne an den ventralen Paramedian- linien nicht überzeugen können. Eine außerordentlich starke Entwickelung zeigt die Längs- muskelschicht. Sie besteht sowohl in der dorsalen als auch in der ventralen Körperhälfte aus je ungefähr 40 Muskelbündeln; eine genaue Zahl läßt sich schwer feststellen, da die gruppenweise An- ordnung dieser Bündel vielfach sehr undeutlich ist. Die einzelnen Muskelelemente sind in den Gruppen eng an- einander gelagert, in den mittleren finden sich bis ca. 120 Zellen, gegen die Seitenlinien nehmen sie, je näher sie denselben kommen, um so rascher an Zahl ab; die äußersten marginal gelegenen Gruppen enthalten nur noch ca. 10 Muskelzellen. Der Querschnitt der Muskelfasern ist rund oder oval. 458 Louis des Arts, Die dorsoventralen Muskeln sind zahlreich vorhanden; die einzelnen Elemente zeigen keine für diese Art charakteristischen Merkmale. Sehr interessant ist die Kolossale Entwickelung des Rüssels. von Haementeria, welcher in vielfachen Windungen im Körper ruht und sich bis in die mittlere Region desselben erstreckt (vergl. A. Lang, „Ueber die äußere Morphologie von Haementeria Ghilianii F. pe FıLıppr),. Auch durch seine Muskulatur zeichnet sich dieses Organ aus; die Radiärfasern sind sehr regelmäßig an- geordnet und treten in großer Anzahl auf, während die Längs- fasern, besonders die der äußeren Schicht, durch die Größe ihres Querschnittes auffallen. Das Rückengefäß besitzt eine wohlentwickelte Muscularis, welche sich dadurch charakterisiert, daß die Grenzen der einzelnen Muskelzellen nicht mehr angedeutet sind; die äußere Streifung in der Querrichtung tritt deutlich hervor, eine innere Längsstreifung konnte ich nicht wahrnehmen, allerdings auch keine Querstreifung, wie sie ARNESEN auch für die innere Fläche angenommen hat. Leider war es mir nicht möglich, weitere Verhältnisse der Muskulatur dieser interessanten Form zu untersuchen. Ueber Embryonen anderer Formen der Hirudineen sind viel- fache Untersuchungen angestellt worden, so vor allem in neuerer Zeit von O. BÜRGER (1902) und R. S. BercH (1885, 1901). Ersterer geht auf die Histologie der embryonalen Muskulatur nicht näher ein, doch weist er die Entstehung der Muskulatur des & Genitalapparates aus dem Gonoblasten nach. R. S. BErGH (1885) stellt an Larven von Nephelis fest, daß die embryonale Muskulatur mit der primitiven Epidermis abge- worfen wird; die definitive Muskulatur entsteht aus dem Kopf- resp. Rumpfkeim. In seinen Mitteilungen „Zur Histologie der Larve von Aula- stoma“ (1901) macht er einige sehr interessante Bemerkungen über die Struktur der embryonalen Muskulatur dieser Form; er schreibt: „Die echten Muskelfasern erscheinen als langgestreckte, mitunter verzweigte Zellen mit einfachem, großem, bläschenförmigem Kern und Kernkörperchen. Sie lassen eine deutliche Scheidung in Protoplasma und kontraktile Substanz erkennen. — Die blasse, kontraktile Substanz ist deutlich fibrillär und liegt als breites, abgeplattetes Band der Larvenepidermis unmittelbar an; an der Innenseite derselben (an der von der Epidermis entfernten Seite) findet sich die dunkles körnige Zellsubstanz (Protoplasma), welche den € ' Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 459 Kern enthält. — Diese Muskelzellen mit ihrer einseitig gelegenen kontraktilen Substanz erweisen sich also ihrem histologischen Charakter nach einem andern (dem sog. nematoiden) Typus ange- hörig als die definitiven, „röhrenförmigen“ Muskelzellen der Hirudineen. Letzterer Umstand ist besonders hervorzuheben; daß sich Muskelzellen vom nematoiden Typus auch bei ausgebildeten Tieren vorfinden, haben wir bei der Diagonalmuskulatur von Branchellion gesehen. Fassen wir die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen kurz zusammen, so finden wir in Hinsicht auf die Histologie der Muskulatur die Angaben früherer Autoren bestätigt: das Element der Muskulatur ist die einzellige Muskelfaser; diese besteht aus der inneren protoplasmatischen Substanz und der äußeren kon- traktilen Rinde; der Kern befindet sich in der protoplasmatischen Substanz. Die kontraktile Rinde, welche das Protoplasma voll- Ständig umgibt, besteht aus Fibrillen und interfibrillärer Masse; die Fibrillen setzen sich aus Elementarfibrillen zusammen. Die Form der Muskelzellen ist gewöhnlich spindelförmig; doch finden verschiedene Abweichungen von der normalen Gestalt statt; be- sonders zu erwähnen sind die Verzweigungen der dorsoventralen Muskulatur und der Darmmuskulatur. Muskelbrücken finden sich _ vor allem ebenfalls in der Darmmuskulatur; sie kommen aber ' auch sonst noch vor, z. B. in der Muskulatur der Ovarien mancher ' Arten und der Muskulatur des Rüssels von Piscicola. Das Vorkommen von Verzahnungen und sonstigen Verbin- ' dungen zwischen den Elementen des Hautmuskelschlauches, wie ‘es für Hirudo von RouGET und neuerdings für Branchellion von PErREZ und GENDRE angegeben ist, kann ich auf Grund meiner ‘ Untersuchungen nicht anerkennen, im letzteren Falle liegen, wie \ oben auseinandergesetzt worden ist, offenbar Verwechslungen mit Elementen der Darmmuskulatur vor. | Besondere Wichtigkeit glaube ich dem eigentümlichen Ver- ‚halten der Muskelzellen des Rückengefäßes beimessen zu müssen; | wie ich dies bei Pontobdella eingehend beschrieben habe, handelt 8 sich hier nm Muskelzellen; deren kontraktile Rinde nach außen ' zirkuläre Streifung zeigt, während innen die Streifung der kon- ‚ traktilen Rinde in der Längsrichtung des Blutgefäßes verläuft. ‚ Soweit mir die diesbezügliche Literatur bekannt ist, handelt es sich hier um einen für Metazoen bisher noch nicht beschriebenen Fall. “= 460 “Louis des Arts, Von den Abweichungen von der normalen spindelförmigen Gestalt sahen wir die auffallendsten in der Längsmuskulatur von Branchellion; doch traten sie hier nicht ganz unvermittelt auf, indem auch bei Pontobdella sich vereinzelte Elemente vorfanden, in denen diese anormalen Formen schon angedeutet waren; auch fanden wir diese komplizierten, sternförmigen Querschnittsfiguren bei Piseicola wieder, hier jedoch in der dorsoventralen Muskulatur. Auch den Punkt möchte ich noch einmal hervorheben, daß die Endverzweigungen der Radiärmuskelfasern des Saugrüssels in zwei senkrecht zueinander gerichteten Ebenen liegen, so daß zur Erkenntnis dieser Verhältnisse eine Vergleichung von Quer- und Längsschnitten erforderlich ist. Muskelfasern von nematoidem Typus, welche bei entwickelten Tieren sehr selten zu sein scheinen und von mir nur bei Bran- chellion beobachtet sind, kommen nach den Untersuchungen von BErGH bei den Embryonen von Aulastoma vor, beim ent- wickelten Tier werden sie dort durch röhrenförmige Muskeln ersetzt. In topographischer Beziehung ist nachgewiesen, daß trotz des einheitlichen Grundplanes der Muskulatur für die verschiedenen Arten mannigfache spezifische Modifikationen bestehen. Von den verschiedenen Muskelsystemen zeigt nur die Diagonalmuskulatur des Hautmuskelschlauches durchgehend ein konstantes Verhalten, sowohl in ihrer Zusammensetzung aus zwei Schichten als auch in der regelmäßigen Anordnung der Kerne. | Am stärksten fanden wir die Muskulatur bei Pontobdella entwickelt; auch in der Regelmäßigkeit der Anordnung der einzelnen Elemente und der Form derselben kommt diese Art einem typischen Idealbilde wohl am nächsten; ein Umstand, der bei der hervor- ragend trägen Lebensweise dieses Parasiten besonders auffallend ist. Bei Branchellion hingegen, ebenfalls einem sehr trägen | Schmarotzer, ließ sich, wenigstens bei erwachsenen Tieren, eine gewisse Degeneration der Muskulatur feststellen. Sehr eigen- tümlich geformte, bisher noch nicht beschriebene Muskelelemente, fanden sich in den kiemenartigen Anhängen dieser Art. | Piscicola zeichnete sich durch seine mächtig entwickelte dorso- ventrale Muskulatur vor den übrigen Formen aus. Ein Versuch GrArs, Beziehungen zwischen der Lebensweise der verschiedenen Arten und der Ausbildung ihrer Muskulatur festzustellen, mußte auf Grund der vorliegenden Untersuchung als nicht zutreffend zurückgewiesen werden; hingegen ließ sich in der Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 461 Muskulatur des vorderen Saugnapfess bei dem untersuchten Material eine Beeinflussung durch die Lebensweise nachweisen. Nicht unbedeutende Verschiedenheiten bot auch die Muskulatur der Geschlechtsorgane der untersuchten Arten dar. Habe ich mich in dieser Arbeit auch nur auf wenige Arten beschränkt, so überzeugt man sich doch auch schon bei weniger eingehender Betrachtung anderer Formen wie Aulastoma, Nephelis und Olepsine-Arten, leicht davon, daß auch hier spezifische Merk- male in der Muskulatur unschwer aufzufinden wären. Zum Schluß sei es mir gestattet, an dieser Stelle Herrn Prof. Lang meinen Dank für das freundliche Interesse für meine Arbeit und die vielfache Förderung derselben auszusprechen. Auch Herrn Prof. HEsSCHELER bin ich vor allem für seine wertvollen Rat- schläge in technischen Fragen zu ganz besonderem Dank ver- pflichtet. Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 30 462 1888 Louis des Arts, Literatur. Array, St., Süßwasser-Hirudineen. Zool. Jahrb., Syst., Bd. III. 1888a — Analyse der äußeren Körperformen der Hirudineen. Mitt. Zool. Stat. Neapel, Bd. VIII. 1890 — Nach welcher Richtung hin soll die Nervenlehre reformiert 1892 werden? Biol. Centralbl., Bd. IX. — Kontraktile und leitende Primitivfibrillen. Mitt. Zool. Stat. Neapel, Bd. X. 1893/4 — Ueber die Muskulatur von Ascaris, nebst Bemerkungen 1897 1902 1904 1885 1901 1884 1902 1895 1899 über die von Lumbrieus und Hirudo. Zeitschr. f. wiss. Mikr., Bd. X. — Das leitende Element des Nervensystems und seine topo- grapischen Beziehungen zu den Zellen. Mitt. Zool. Stat. Neapel, Bd. XII. — M. Heıpen#Aaın und meine Auffassung der kontraktilen und leitenden Substanz. Anat. Anz., Bd. XXI. Arnzsen, E., Ueber den feineren Bau der Blutgefäße der Rhynchobdelliden mit besonderer Berücksichtigung des Rücken- ' gefäßes und der Klappen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XXXVIII. BereH, R. S., Ueber die Metamorphose von Nephelis. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XLi. — Kleinere histologische Mitteilungen. 1. Zur Histologie der Larve von Aulastoma. Ebenda, Bd. LXIX. Bourne, A. @., Contribution to the Anatomy of the Hiru- dinea.. Quart. Journ. Mier. Sc., Vol. XXIV. Bürger, O., Weitere Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Hirudineen. Zur Embryologie von Clepsine. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LXXII. Grar, A., Ueber den Ursprung des Pigments und Zeichnung | bei den Hirudineen. Zool. Anz., No. 468. — Hirudineenstudien. Nova acta acad. Caes. Leop. Nat. Cur., | Bd. LXXIL.No. 2. 4 1898 Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 463 Heipen#ai, M., Struktur der kontraktilen Materie. MerkeEL und Bonner, Bd. VII. 1900 — Struktur der kontraktilen Materie. Ebenda, Bd. X. 1896 JonHansson, L., Bidrag till Kännedomen om Sveriges Ichthyo- bdellider, Upsala. 1896a — Ueber den Blutumlauf bei Piscicola und Calobdella. Fest- 1881 1882 1890 1903 1863 1886 1849 1851 1864 1903 1904 schrift für LiLLJEBORe. Lane, A., Les Relations des Platyelmes. Archive de Biologie, Vol. I. — Der Bau von Gunda segmentata und die Verwandtschaft der Plathelminthen mit Cölenteraten und Hirudineen. Mitt. Zool. Stat. Neapel, Bd. III. — Ueber die äußere Morphologie von Haementeria Ghilianii, Zürich. Festschrift zum 50 jährigen Doktorjubiläum von NÄseuı und KÖLLıkkr. — Beiträge zu einer Trophocöltheorie Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XXXVIIL N. F. XXXI LeuckArT, R., Die Parasiten des Menschen, I. Aufl. LEUCKART-BRANDEs, Die Parasiten des Menschen, II. Aufl. Leyois, F., Zur Anatomie von Piscicola geometrica. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. I. — Anatomisches über Branchellion und Pontobdella. Ebenda, Bd. III, — Vom Bau des tierischen Körpers. Lıvanow, M., Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. Zool. Jahrb., Anat. und Ont., Bd. XIX. — Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. Ebenda, Bd. XX. 1904 — Die Darmmuskulatur der Oligochäten und Hirudineen. 1906 1904 1869 1885 1863 1884 1903 1866 1885 1869 Ziool. Anz., Bd. XXVIl. — Acanthobdella peledina Gruse 1851. Zool. Jahrb., Anat. und Ont., Bd. XXI. Perez, CH, et Genpee, E., Sur les fibres musculaires de Branchellion. C. R. Soc. Biol. Paris, T. LVII. RArzer, Fr., Histologische Untersuchungen an niederen Tieren. Zeitschr. f. wiss. Zool, Bd. XIX. RoHpe, E., Die Muskulatur der Chätopoden. Zool. Beiträge, B9..J. RovuGer, OH., Memoires sur les tissus contractiles et la con- tractilite. Journ. d. ]l. phys., T. VI. Saınt-Loup, R, Organisations des Hirudinees. Ann. d. Sc. nat., Serie 16, T. X VIII. ScHmipT, Fr., Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LXXV. SCHNEIDER, A., Monographie der Nematoden, Berlin. — Neue Beiträge zur Kenntnis der Plathelminthen. Zool. Beiträge, Bd. I. SCHWALBE, Ueber den feineren Bau der Muskelfasern der wirbellosen Tiere. Arch. f. mikr. Anat., Bd. V. 30 * ” 464 Louis des Arts, 1905 Stöar, Pn., Lehrbuch der Histologie, 11. Aufl. 1870 Vaıruant, L., Anatomie du Genre Pontobdelle. Ann. d. Sc. niat., T..XIH. 1863 Wacner, G. R., Ueber die Muskelfasern der Evertebraten. Arch. f. Anat., Phys. und wiss. Medizin. 1862 Weısmann, A., Ueber die zwei Typen kontraktilen Gewebes und ihre Verteilung in die großen Gruppen des Tierreiches, sowie die histologische Bedeutung ihrer Formelemente. Zeitschr. f. ration. Med., 3. Reihe, Bd. XV. Ueber die Muskulatur der Hirudineen. 465 Figurenerklärung. a außen | /d Lumen des Rückengefäßes af Aequatorialmuskelfaser Ig laterales Blutgefäß ar äußere Rindenschicht Im Längsmuskulatur b Bindegewebe Is Lumen der Vesicula seminalis cbl kontraktile Blase m Muskularis de Darmepithel pr Präputium dg dorsales Blutgefäß qm Quermuskelfaser dm Diagonalmuskulatur raf Radiärmuskelfaser des Saug- do dorsoventrale Muskulatur rüssels e Epithel rf Radiärmuskelfaser des Saug- h Hoden napfes hm Hautmuskulatur hw Hautwarzen i innen rm Ringmuskulatur vs ventraler Blutsinus. Tafel 21. Fig. 1. Querschnitt durch die mittlere Körperregion von Ponto- bdella, schematisch. Fig. 2. Desgleichen von Branchellion. Fig. 3. Diagonalmuskulatur, schematisch. vm ventrale Mittel- linie. Tafol22 Fig. 4 Querschnitt durch den oberen Teil des Hautmuskel- schlauches von Pontobdella. Zeiß, Linse E, Ok. 2. Fig. 5. Horizontaler Längsschnitt durch das Präputium von Branchellion. Zeiß, Linse A, Ok. 2. Fig. 6. Querschnitt durch eine Diagonalmuskelfaser von Bran- chellion in der Gegend des Kernes. Zeil, Linse E, Ok. 2. Fig. 7a. Querschnitt durch eine Gruppe von Längsmuskelfasern von Branchellion. Zeiß, Linse C, Ok. 2. Fig. 7b. Querschnitt durch eine einzelne Längsmuskelfaser von Branchellion. Zeiß, Linse E, Ok. 2. Fig. 8. Mazerierte Muskelfaser von Branchellion. Zeiß, Linse ©, Dk. 2. Fig. 9. Querschnitt durch eine Längsmuskelfaser von Bran- chellion mit reduzierter Protoplasmamasse. Zeiß, Linse E, Ok. 2. = 466 Louis des Arts, Ueber die Muskulatur der Hirudineen. Fig. 10. Querschnitt durch den kiemenförmigen Anhang von Branchellion. Zeiß, Linse ©, Ok. 2. Fig. 11. Frontaler Längsschnitt durch die Diagonalmuskulatur in der Gegend der Kerne von Piscicola geometra. Zeiß, Linse O, Ok. 2. Fig. 12. Längsschnitt durch den distalen Teil des vorderen Saugnapfes von Pontobdella. Zeiß, Linse A, Ok. 2. Fig. 13. Längsschnitt durch einen Teil des hinteren Saug- napfes von Branchellion. Zeiß, Linse A, Ok. 2. Fig. 14. Frontaler Längsschnitt durch die Gegend eines Haupt- septums von Pontobdella. Zeiß, Linse C, Ok. 2. Datel 28. Fig. 15a. Mazerierte dorsoventrale Muskelfaser von Piscicola. Zeiß, Linse A, Ok. 2. Fig. 15b. Querschnitt durch eine dorsoventrale Muskelfaser von Piscicola. Zeiß, Linse C, Ok. 2. Fig. 16a. Flächenpräparat aus der Darmmuskulatur von Ponto- bdella. Fig. 16b. Desgleichen. Zeiß, Linse A, Ok. 2. Fig. 17a. Mazerierte Faser aus der Darmmuskulatur von Ponto- bdella. Fig. 17b. Desgleichen. Zeiß, Linse A, Ok. 2. Fig. 18. Querschnitt durch den Saugrüssel von Pontobdella. Zeiß, Linse C, Ok. 2. Fig. 19. Längsschnitt durch einen Teil des Rüssels von Ponto- bdella. Fig. 20. Längsschnitt durch das dorsale Blutgefäß von Ponto- bdella in der vorderen Körperregion. Zeiß, Linse E, Ok. 2. Fig. 21. Querschnitt durch dasselbe. Zeiß, Linse E, Ok. 2. Fig. 22. Längsschnitt durch das dorsale Blutgefäß und einen vorderen Bogen von Piscicola. Zeiß, Linse O, Ok. 2. Fig. 23. Längsschnitt durch die Vesicula seminalis von Ponto- bdella. Zeiß, Linse C, Ok. 2. Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. Regeneration des Hinterendes. Von Janina Zielinska aus Warschau. Hierzu Tafel 24—28 und 3 Figuren im Text. Einleitung. Die Aufgabe, die ich mir in dieser Arbeit auf Anregung von _ meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. A. Lang, stellte, war die organo- und histogenetischen Vorgänge bei der Regene- ration des Hinterendes bei Lumbriciden zu untersuchen, im be- sonderen die Bildung des Blutgefäßsystems. Es sei mir gleich an dieser Stelle gestattet, meinen wärmsten Dank Herrn Prof. Dr. A. Lang für das rege Interesse, das er meiner Arbeit entgegen- brachte, auszusprechen; ebenso danke ich innigst Herrn Prof. Dr. K. HESCHELER für die Unterstützung und die vielen Ratschläge, die mir von seiner Seite zuteil geworden sind, und auch für die liebenswürdige Ueberlassung einiger seiner Präparate. Literatur: Die Arbeiten über Regeneration bei Lumbriciden, die die histologischen Vorgänge in Betracht ziehen, sind nicht zahlreich und stammen alle aus den 2 letzten Dezennien des verflossenen und laufenden Jahrhunderts, nämlich: FRIEDLÄNDER (95), über Regeneration exzidierter Partien des Zentralnerven- systems; er beschreibt auch kurz die Regeneration des Vorder- und Hinterendes. Diese Angaben sind aber wegen ihrer Kürze für unsere Arbeit ohne großen Wert. — KorSCHELT (95) gibt eine kurze Uebersicht über das Verhalten der Organe bei Transplan- tation. RıEVEL (96), der die Histologie der Regeneration des Vorder- und Enddarmes untersuchte, behauptet, daß die Regene- ration des Vorderdarmes in der Regel, und diejenige des End- darmes in der „weitaus größten Mehrzahl der Fälle“, ohne Neu- bildung von Segmenten erfolgt; eine Meinung, die mehrfach wider- legt wurde. Als Regeneration des Hinterendes beschreibt er nur die Afterbildung; diese erfolgt nach ihm dadurch, daß das zuerst durch Narbengewebe und Körperepithel verschlossene Darmlumen 468 Janina Zielinska, nach außen durchbricht, jedoch ohne Proctodaeumbildung. — HESCHELER (98) gibt in seiner Arbeit über Regenerationserschei- nungen am Vorderende eine ausführliche Beschreibung der ersten Regenerationsstadien, nämlich der Wundheilung, welcher Punkt für uns von Wichtigkeit ist; seine weiteren Untersuchungen beziehen sich auf das Darm- und Nervensystem, Organsysteme, die ich gerade nicht berücksichtigt habe. Im allgemeinen kommt er zu dem Schluß, daß die Vorgänge Uebereinstimmung mit der Embryonal- entwickelung zeigen. — Die einzige Arbeit über Regeneration des Hinterendes stammt von MıcHEL (98), sie wird im einzelnen an den betreffenden Stellen berücksichtigt, hier sei nur das End- resultat angegeben, zu welchem der Autor kommt. Nach ihm ist die wichtigste, wenn nicht die einzige Quelle für die Regeneration die Epidermis; alle Organe, auch der Darm, sind ektodermalen Ur- sprunges. Sie stammen vom jungen Ektoderm der Knospe, welches seinerseits aus der alten Epidermis entsteht. Die Regenerations- vorgänge mit der embryologischen Entwickelung vergleichend, kommt er zu einem ähnlichen Schluß wie HESCHELER: „nomme toute, dans la mesure du possible, les conditions surtout au debut n’etant pas identiques et avec la reserve com- mande&e par les divergences existant encore entre les descriptions et les interpretations des observateurs, la comparaison entre la formation de l’embryon et celle du bourgeon telle qu’elle r&sulte de mes recherches, est favorable & la loi du parallelisme des d&veloppements embryonnaire et regeneratif“ (p. 371). Dann haben wir noch zu notieren die Arbeiten von RABES (01), der die Histologie der Transplantation beschreibt, HUBNER (02), welcher ein paar histologische Bemerkungen über die Bildung ausgeschnittener Teile des Nervensystems macht, und endlich zwei Arbeiten von Ranp über Regeneration des Nervensystems (O1) und der Epidermis (05). Beide beziehen sich auf das Vorderende, enthalten aber für uns wichtige Angaben über erste Regenerations- stadien und werden an den betreffenden Stellen berücksichtigt. Eigene Beobachtungen. 1. Aeußere Vorgänge. Wie schon bemerkt, ist die Aufgabe dieser Arbeit, histo- und organogenetische Vorgänge der Regeneration zu untersuchen; da ich aber beim Züchten der Regenerate einige Beobachtungen über äußere Vorgänge gemacht habe, seien diese zuerst kurz erwähnt. r Ri Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 469 Nach genauer Bestimmung der Species nach MICHAELSEN, „Oligochäten“ (1900), wurden die Würmer operiert, und zwar so: jedem Individuum wurde das Hinterende (meistens das hintere Drittel) mit einer scharfen Scheere abgeschnitten. Da nach KorscHELts (97/98) Angabe ganz kleine Stücke von Regen- würmern ein sehr großes Regenerationsvermögen haben sollen, wurde jedes abgeschnittene Hinterende in ganz kleine Stückchen, von 5—30 Segmenten, zerlegt; da sich aber eine sehr große Sterb- lichkeit bei geringer Regenerationsfähigkeit der kleinen Stücke zeigte, wurden diese nicht weiter berücksichtigt, sondern nur die Kopfstücke zur Untersuchung verwendet. Die operierten Würmer wurden teilweise in Lauberde oder Kaffeesatz aufbewahrt, meistens aber in feuchter Leinwand, was sich als sehr praktisch erwies; die Würmer halten sich in dieser Weise gut, und die Regenerate sind direkt für Paraffinschnitte verwendbar. Im Winter wurden die Würmer im Thermostaten von 22—25° C gehalten. Es wurden im ganzen operiert: 15 Lumbricus terrestris (L. Mürrn.), 29 Lumbricus rubellus (Horrm.), 104 Helo- drilus longus (Une), 9 Helodrilus caliginosus (SAv.) und 38 Eisenia foetida (SAav.). A. Lumbricus terrestris (MüLr.). 15 Individuen wurde im Januar, März und Juni das hintere ‘Drittel weggeschnitten. Keines regenerierte, obgleich 3 Exemplare 3 Monate und 3 andere 2 Monate gelebt haben. B. Lumbricus rubellus (Horrn.). Von 29 im Juni und Oktober operierten Individuen regenerierte ' keines; 7 Individuen lebten 6 Monate und 6 Individuen 10 Monate. | ‘©. Helodrilus longus (Ub:). Versuch 1. Mai. Topf mit Erde. 5 geschlechtsreifen Individuen wurde das hintere Drittel weggeschnitten; alle lebten 3 Monate, ohne zu regenerieren. v Versuch 2. Mai. Schale mit feuchter Leinwand. 5 Indi- viduen, alle gefunden mit großen Regeneraten am Hinterende , 40-60 Segmenten), die Regenerate wurden abgeschnitten; die | Würmer lebten 40 Tage, ohne zu regenerieren. | Versuch 3. Juni. Topf mit Erde. 10 junge Individuen (ohne ' Clitellum), abgeschnitten ‘/,; sämtliche lebten mehr als 2 Monate, Ohne zu regenerieren. ” 470 Janina Zielinska, Versuch 4. November. Topf mit Erde (im Februar in feuchter Leinwand und im Thermostaten); 5 geschlechtsreife und 1 junges Individuum; abgeschnitten !;. Nach 3 Monaten hat das junge Individuum ein Regenerat; nach 5 Monaten haben alle übrigen Regenerate. Das junge Exemplar zum zweiten Mal operiert den 7. März; regeneriert nach 17 Tagen. Von den geschlechtsreifen wurden 2 Exemplare zum zweiten Mal operiert am 14. April; das erste regenerierte nach 34 Tagen, das zweite gestorben. Am 25. Mai wurden alle 4 wieder operiert; nach 18 Tagen 3 Regenerate, nach 31 Tagen das vierte regeneriert; 3. Juli alle gestorben. Versuch 5. November. Großes Blechgefäß mit Erde. Operiert 36 Individuen, a) 10 geschlechtsreife, b) 6 ohne Clitellum, c) 10 ohne Clitellum und Tubercula pub., abgeschnitten 1/,. Serie a: Von den ersten nach 24 Tagen i regeneriert (leben 5), nach 46 Tagen noch 2 Regenerate; die übrigen 2 lebten 8 Monate, ohne zu regenerieren. Serie b: Von den zweiten nach 24 Tagen 3 Regenerate; nach 32 Tagen noch 2 Regenerate; nach 5 Monaten noch 1 Regenerat. Serie c: Von den dritten nach 24 Tagen 3 Regenerate; | nach 1 Monat noch 1 Regenerat; nach 31/, Monaten wieder 2°} Regenerate (1 gestorben); nach 5 Monaten die letzten 2 Regenerate. Versuch 6. Februar. Feuchte Leinwand. 4 Individuen; abgeschnitten 1/,; nach 29 Tagen 1 Regenerat; nach 32 Tagen alle Regenerate; 1 gestorben. Versuch 7. Mai. Feuchte Leinwand. 6 Individuen ohne Clitellum; abgeschnitten Y/;; nach 18 Tagen 1 Regenerat; nach 22 Tagen alle Regenerate; 15. Juni alle ein zweites Mal operiert; nach 5 Tagen 2 Regenerate; 1. Juli alle gestorben. Versuch 8. Mai. Großes Blechgefäß mit Erde; 32 junge Individuen, abgeschnitten. /,—!/,; Kontrolliert erst nach 28 Tagen und gefunden 20 mit Regeneraten (10 große bis 2 cm lange), 12 fehlten, gestorben oder ausgekrochen aus dem Gefäß. D. Helodrilus caliginosus (Sav.). Versuch 1. Mai. Feuchte Leinwand. 5 Individuen ohne Clitellum; abgeschnitten !/; ; lebten 2 Monate, ohne zu regenerieren. Versuch 2. Februar. 4 Individuen ; abgeschnitten 1/; (feuchte Leinwand); nach 21 Tagen 2 Regenerate; nach 34 Tagen noch 1 Regenerat, 1 gestorben. Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. a7ı E. Eisenia foetida (Sav.). Alle in feuchter Leinwand. Versuch 1. Juni. 9 Individuen; abgeschnitten !/;; nach 17 Tagen alle Regenerate. Versuch 2. Juni. 10 Individuen; abgeschnitten !|,; nach 11 Tagen 4 Regenerate (1 gestorben); nach 17 Tagen alle Regenerate. Versuch 3. November. 10 Individuen; abgeschnitten Y/; ; nach 12 Tagen 3 Regenerate; nach 16 Tagen noch 3 Regenerate; nach 20 Tagen noch 4 Regenerate. Versuch 4. Januar. a) 3 Individuen; abgeschnitten vor dem Clitellum; b) 3 Individuen, abgeschnitten ein paar Segmente ‚hinter dem Clitellum. Nach 18 Tagen regeneriert 1 Stück von a und 2 von b (2 von a gestorben); nach 1 Monat regeneriert das dritte von b. 2 von b und 1 von a operiert ein zweites Mal am 7. Februar; nach 55 Tagen 2 von b regenerieren; nach 11 Tagen 1 von a regeneriert. 20. Februar alle 4 nochmals operiert, so daß a 18 Segmente hatte und b 191/,, 221), und 24 Segmente. Nach 6 Tagen a ge- ‚storben; nach 13 Tagen 2b (größere Stücke) regenerieren ; 6. März ‚alle gestorben. Versuch 5. Januar. 3 Individuen operiert; a: ganz jung ohne Clitellum und Tub. pub.; b: Andeutung von Clitellum und ‘€: geschlechtsreif; abgeschnitten /;. a b c No. operiert | regeneriert operiert | regeneriert | operiert | regeneriert 26. Jan. |nach 5 Tag.|29. Jan. nach 7 Tag.|29. Jan. |nach 10 Tag. | = ai .lan.. |; 5 „ | 6. Febr.| „ 2, Alla Behr: er, nen Ban 80,5, Mes Behr.it,, Inanls 24. Febr. 50.1015 „tKebr.| ,„ 20 März Se OEMärz Some 19. Febr. |gest.20.Febr.\23. März | „ 10 „ 123. März| „ 10 „ ERDE NT 5 DL OS ADEU 0 FOR, 7. April 'gest.18. April] 24. Aprl „ 9 „ | 6. Mai |gest. 22. April on vVpwDH- m DD Von den oben erwähnten kleinen Mittelstücken aus dem hinteren Drittel bekam ich von 160 Stücken von Helodrilus longus nur 1 Regenerat an einem Stück von 26 Segmenten, und zwar nach mehr als 2 Monaten. Von 56 Mittelstücken von Eisenia foetida regenerierten 5 Stück; eines (13 Segmente lang) nach 21 Tagen an einem Ende, nach 35 Tagen auch am anderen; der = 472 Janina Zielinska, Anhang an einem Ende wurde 1 cm lang. Das Stück starb nach 50 Tagen. Von den 4 übrigen regenerierten alle nur an einem Ende, und zwar nach 25, 28, 30 Tagen, und eines nach 5 Monaten. 4 von den anderen Stücken vermochte ich 4—5 Monate am Leben zu erhalten und mehrere 3 Monate, ohne daß Regenerate auf- traten. f Unsere Versuche zeigen also keine so große Regenerations- fähigkeit der kleinen Mittelstücke, wie es KORSCHELT angibt (97/98). Auch MoraAn (97/02) hat Eisenia foetida in kleine Stücke zerlegt und bekam eine größere Anzahl von Regeneraten als ich. Das läßt sich aber dadurch erklären, daß er die ganzen hinteren Hälften der Würmer in Stücke zerlegte, während ich nur das hintere Drittel zerschnitt. Nun hat aber MorGANn nachgewiesen, daß die Regenerationsfähigkeit der letzten 10 Segmente gleich Null ist und zunimmt bis zur Mitte des Körpers. Wenn wir jetzt zu den großen Kopfstücken zurückkommen, können wir vielleicht einige Schlüsse aus den oben angegebenen Experimenten ziehen, obgleich sie zu einem anderen Zweck ausge- führt wurden, nämlich in der Absicht, möglichst viel Material für histologische Untersuchungen zu bekommen. Das Auffallendste ist, was schon mehrfach beobachtet, daß die Regenerationsfähigkeit je nach der Species sehr verschieden ist: von Lumbricus (terrestris und rubellus) bekam ich kein einziges Regenerat, von Eisenia foetida regenerierten alle operierten Indi- viduen (abgesehen von 2—3 zufällig gestorbenen), manche sogar 5—7mal. MiıcHeL hat ebenfalls von Lumbricus terrestris „une proportion assez faible“, dagegen von fast jeder operierten Eisenia Regenerate bekommen. Helodrilus longus und caliginosus nehmen eine mittlere Stellung zwischen den beiden Extremen ein. Sie regenerieren viel langsamer als Eisenia und zeigen dabei viel größere individuelle Schwankungen in der Zeit, nach welcher die Regeneration eintritt. Z. B. von gleichzeitig operierten, in einem Gefäß gehaltenen Tieren regenerierten 3 nach 24 Tagen und 1 nach 8 Monaten (Versuch 5); alle waren nicht geschlechtsreif. Daß bei jungen Tieren die Regeneration schneller eintritt als bei geschlechtsreifen, kann man vielleicht aus dem Versuche 5 mit Eisenia foetida schließen, wo die Würmer mehreremal regene- rierten; das junge Individuum a nach 5, 5, 4 und 2 Tagen, das ältere nach 7, 4, 2, 8, 10 und 8 Tagen, und das geschlechtsreife Individuum nach 10, 5, 10, 8, 10, 10 und 9 Tagen. Die Ver- Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 473 spätung im Auftreten der Regenerationsknospe beim Versuch 4 (Eisenia fvetida) dürfen wir vielleicht dem zuschreiben, daß die Tiere weit vorn abgeschnitten waren (vor oder gleich hinter dem Clitellum). Die Tiere brauchten 18 Tage bezw. 1 Monat, bis sich die Regenerationsknospe zeigte, während in derselben Zeit weiter hinten abgeschnittene Würmer schon nach 5, 7 und 10 Tagen regenerierten. Was die warme Jahreszeit und die erhöhte Tem- peratur anbetrifft, so haben sie sicher einen beschleunigenden Einfluß auf die Regeneration, wie es schon HESCHELER (96) und MICHEL angegeben haben; jedoch waren meine Versuche nicht planmäßig genug ausgeführt, um in jedem einzelnen Falle entscheiden zu können, was dem einen oder anderen Faktor zuzuschreiben ist. Endlich bei mehrmaligen Regenerationen zeigt sich nach der zweiten und dritten Operation eine starke Beschleunigung im Auf- treten der Regenerationsknospe (Versuch 5, Eisenia foetida), dann eine kleine Verlangsamung. HESCHELER (96) und MiıcHeEL (98) geben eine Verlangsamung der Regeneration an, aber „weniger, was die Zeit des ersten Auftretens der Regenerationsknospe, als ihre weitere Ausbildung anbelangt“ (96, p. 91). H. Histo- und organogenetische Vorgänge. Technik. Die Würmer wurden mit Alkohol betäubt, der vorsichtig dem Wasser, in dem sie sich befanden, tropfenweise zugegeben wurde, dann wurde das Regenerat samt ein paar alten Segmenten abgeschnitten und fixiert. Als Fixierungsmittel dienten: wässerige Sublimatlösung, Sub- limat-Alkohol Arkrny, Chromsublimat (nach VEIDOVSKY), PERENYI- Sche Flüssigkeit, FLEMMInGs und HERMANNS Gemische. Die Schnitte wurden meist mit Hämalaun, BÖHMERS und EHrLicHs Hämatoxylin gefärbt unter Nachbehandlung mit Erythrosin, oder nach Van GIESon, dann mit Hämatein I A ArArnyY und Eisenhämatoxylin mit Erythrosin oder Lichtgrün. Die besten Resultate bekam ich mit Per£nvischer Flüssigkeit und Färbung mit Eisenhämatoxylin, und für Muskel- und Binde- gewebsdifferenzierung mit der Färbemethode von VAN GIESON (Säurefuchsin-Pikrinsäure). Die in Paraffın eingebetteten Objekte wurden mit einem Mınorschen Mikrotom in Schnitte (3—10 u Dicke) zerlegt. 474 Janina Zielinska, 1. Erste Stadien der Regeneration. 1) Verschluß der Wunde. 2) Verhalten der alten Organe und Gewebe in der Nähe der Wunde. Involutionserscheinungen. Auf den Reiz der Operation reagieren die Würmer durch Muskelkontraktion so, daß der Hautmuskelschlauch sich nach innen biegt, der Darm herausquillt und seine Ränder sich nach außen umschlagen; die beiden Wundränder nähern sich dadurch mehr oder weniger, und die Wunde bekommt die Gestalt eines schmalen Schlitzes um die hintere Darmöffnung, die immer offen bleibt. Ebenso beschreibt diesen Vorgang MıcHEL (98). RıEvEL (96) da- gegen behauptet, daß das Darmlumen zuerst verschlossen wird und erst später nach außen durchbricht, jedoch ohne Proctodaeum- bildung. Nun habe ich bei mehr als 100 beobachteten Regene- raten kein einziges mit verschlossenem After gesehen, weder bei äußerer Untersuchung noch an den Schnitten. Substanz- und Blut- verlust ist in dieser Weise fast auf Null reduziert, und wenn der Schnitt bei der Operation günstig geführt wurde, oder wenn nach schiefem Schnitte die Autotomie eintrat — was fast immer ge- schieht — ist gleich nach der Operation keine Wunde äußerlich sichtbar, da die beiden Wundränder sich ganz einander genähert haben. Wenn aber nach schiefem Schnitte die Autotomie aus- bleibt, kann die Wunde ein paar Tage offen bleiben, nur mit einem weißlichen Schleime bedeckt. Unter dem Mikroskop zeigt sich | dieser Schleim aus Lymphocyten bestehend, die den provisorischen Verschluß der Wunde bilden. Die ersten Vorgänge bei der Wundheilung sind von mehreren Autoren beschrieben worden (FRIEDLÄNDER 95, RIEVEL 96, HESCHE- | LER 98, RaBes Ol, Ran 01/05). Es soll nur auf die neueren | Arbeiten eingegangen werden. HESCHELER (98) beschreibt aus- führlich das sog. „Narbengewebe“, das in den ersten Stadien die Wunde bedeckt. Zuerst treten in dem Narbengewebe Zellen auf „von größtenteils rundlicher Gestalt, mit mittelgroßem, auch ge- wöhnlich rundlichem Kerne, der kein besonders deutlich hervor- tretendes Kernkörperchen besitzt“ (p. 9); das Zellplasma ist fein granuliert, manchmal vakuolär; diese Zellen sind Lymphocyten. Etwas später gesellen sich zu ihnen noch andere Zellen: spindel- förmige mit langgestrecktem Kern. Obgleich sie sich von den ersten nur durch ihre Gestalt unterscheiden, sind sie wahrschein- lich doch keine „gestreckten Lymphocyten“, wie FRIEDLÄNDER (9) ° Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 475 und RABes (01) meinen, sondern Zellen anderer Natur. Sie treten in der Fortsetzung der alten Muskulatur auf und „kommen vermut- lich aus den Geweben der Leibeswand‘“ (98, p. 16). Ranp (01/05) in seinen beiden Arbeiten bestätigt die Untersuchungen von HESCHELER. Er beschreibt auch die beiden Sorten von Zellen und unterscheidet sie von den noch später auftretenden Elementen, welche aus der Epidermis auswandern und deren Kerne große, deutlich hervortretende Nucleoli haben. MicHEL leugnet das Vor- kommen der Lymphocyten: „Dans le cas de sectionnement trans- versal total, je n’ai pas vu de trace de ces amibocytes, les amas peu coherents, qui peuvent se trouver sur la plaie, &tant form6&s d’elements d’une toute autre nature notamment de debris de lepithelium intestinal“ (98, p. 316). Von den spindelförmigen Zellen sagt er überhaupt nichts. Meine Untersuchungen stimmen überein mit den Angaben von HESCHELER und RAND, und es wäre mir ganz unverständlich, daß MiıcnHEL diese beiden Sorten von Zellen nicht gesehen hat, wenn ich nicht eine Erklärung dafür bei MicHeEL selbst gefunden hätte; es heißt nämlich: „Je puis dire que sur le bourgeon &bauche, pour tous les amas de semblables elements migrateurs, leur disposition indiquait toujours, qu’ils se dirigeaient non vers le bourgeon, mais de celui-ci vers le corps ancien‘“ (98, p. 316). Natürlich sieht man bei einem „bourgeon ebauch&“ schon nichts mehr von den oben genannten Zellen; um sie an der Wunde zu sehen, muß man sehr frühe Stadien beob- achten, an welchen noch keine Knospe vorhanden ist. Eine halbe Stunde nach der Operation sah ich noch sehr wenig Lymphocyten an der Wundstelle, aber ganze Haufen in den zunächst liegenden Segmenten, viel zahlreicher als bei normalen Würmern, viele waren an die vordere Wand des letzten und vor- letzten Dissepimentes angeklebt, und andere sahen aus, als ob sie längs dem Peritoneum gegen die Wunde wanderten. Später sammeln sich sehr viele am Hinterende, so daß sie nicht nur den Verschluß der Wunde nach außen bilden, sondern auch manchmal die Leibeshöhle hinten ganz dicht ausfüllen. Bald sieht man sie auch zwischen den Muskelfasern der Längsmuskulatur, welche in den 2 oder 3 letzten Segmenten ein ganz eigentümliches Aus- sehen annimmt. Sie fängt an sich zu lockern, und ihre Fasern zerfallen, wobei die Lymphocyten eine wichtige Rolle zu spielen _ scheinen. Sie dringen immer mehr zwischen die Fasern und scheiden ein verdauendes Sekret aus, denn man sieht zwischen ihnen in Zerfall begriffene‘ Teile der Muskelfasern in Vakuolen 476 Janina Zielinska, liegen, wie man aus Taf. 24, Fig. 2 ersehen kann, die ein Stadium 6 Stunden nach der Operation darstellt. Später zerfallen die Muskeln in ganz kleine Partikelchen, und da die ganze Längs- muskelschicht aufgelockert ist, fallen viele in das Cölom und werden jetzt durch Phagocyten aufgenommen und intracellulär verdaut. Auf Fig. 4, Taf. 24 sind zwei solche Phagocyten aus einem Präparat, 18 Stunden nach der Operation, dargestellt. Man sieht sehr schön die kleinen Muskelpartikelchen in verdauenden Va- kuolen. Dann scheinen die Phagocyten nach hinten zu wandern, denn dort sieht man eine immer größere Anzahl von ihnen, und zwar so zusammengedrängt, daß sie eine ganz kompakte Proto- plasmamasse mit großkörnigen Einschlüssen (Reste der zerfallenen Muskeln) und zerstreuten Kernen bilden. Natürlich sind keine Zellgrenzen sichtbar. Dieser Zustand dauert ungefähr bis zum dritten Tag nach der Operation, dann fängt die Masse an allmählich zu verschwinden, wahrscheinlich wird sie resorbiert und dient den Elementen als Nahrung, die jetzt ins Spiel gezogen werden und zum Aufbau der jungen Knospe das Material liefern. Von diesen Elementen wird später die Rede sein. — 5 Tage nach der Ope- ration sieht man nur noch spärliche Reste von der oben genannten Masse. Auch im Cölom sind fast keine Lymphocyten und keine Muskelpartikelchen mehr sichtbar. Die Längsmuskelschicht ist im letzten Segment ganz dünn; nach vorn verdickt sie sich allmählich bis zum normalen Zustand; ihre von der Auflösung gebliebenen Muskelfasern sind nicht mehr aufgelockert und sehen ganz normal ' aus. Aeußerlich offenbart sich dieser Vorgang als eine Ver- jüngung des Hinterendes des Wurmes. Eine Beschreibung der Involutionsprozesse bei Regeneration von Anneliden habe ich nur in der Arbeit von J. NusBAaum über Regeneration des Hinterendes bei Enchyträiden (01) gefunden. Aber auch dieser Autor beschreibt nur die Involution der bei der Operation beschädigten Muskeln und anderer Gewebspartien; bei Lumbricus dagegen handelt es sich um Degeneration auch nicht verletzter Muskulatur (die Auflösung erstreckt sich 2—3 Segmente | nach vorn), also um eine Umformung, Umlagerung des Materials. Daraus resultieren: 1) anscheinend günstige Nahrungsverhältnisse ' für die sich entwickelnde Knospe, was um so notwendiger er- scheint, da in den ersten Stadien, wie wir sehen werden, die Gefäße zugestopft sind und kein Blut in das letzte Segment fließt, und | 2) eine Formregulation, nämlich die Verjüngung des Hinterendes. — | Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 477 NusgBAaum kann nicht entscheiden, was weiter mit den mit Muskel- partikelchen beladenen Lymphocyten geschieht, es scheint ihm aber wahrscheinlich, daß auch diese endlich einer Degeneration unterliegen. „Hier (in der Nähe der Wunde) aber gehen alle diese Elemente zugrunde in dem Maße, als die Regenerationsprozesse fortschreiten“ (Ol, p. 20). Hier sei noch ein interessanter Fall von einem kleinen Stücke (10 Segmente) vom hinteren Drittel einer Eisenia foetida erwähnt. Das Stück wurde am 24. April operiert und am 31. Juni fixiert, also hat es ohne Nahrung mehr als 2 Monate gelebt und dennoch 5 Segmente am Hinterende regeneriert. — KORSCHELT (98), der mehrere solche Stücke äußerlich beschrieben hat, vermutet, daß, um die für die Regeneration nötige Nahrung zu schaffen, Auflösung und Verbrauch zelliger Elemente in den Geweben und Organen des Hauptstückes stattfinden müßte. Bei obigem Stück war auch tatsächlich äußerlich sichtbar, daß das Stück dünner als vorher geworden war. An den Schnitten habe ich gesehen, daß die Längs- und Ringmuskelschichten zum Teil aufgelöst waren, im Cölom sehr viele mit Muskelpartikelchen beladene Phagocyten flottierten und das Darmlumen damit überfüllt war. In welcher Weise sich die Lymphocyten vermehren und wie sie in das Darmlumen gelangen, habe ich nicht gesehen. Hier geht also die Regeneration zuerst auf Kosten der Muskulatur vor sich, was vielleicht zu vergleichen wäre mit der Erscheinung, daß auch bei hungernden Tieren zuerst die | Muskulatur aufgelöst wird. Es wäre interessant, zu untersuchen, bis wie weit diese Umdifferenzierung des Materials gehen würde und in welcher Reihenfolge die Organe der Involution unterliegen ‘ würden; aber dazu müßte man mehr Material haben. Mir gelang es leider, nur das einzige Stück zu fixieren, alle anderen starben zu früh. | Kehren wir aber nach dieser Abschweifung zu dem Wund- ‚ heilungsprozeß zurück. Wie wir bis jetzt konstatiert haben, wurde die Wunde mit Narbengewebe, welches zuerst aus Lymphocyten . bestand, verschlossen. In derselben Zeit aber, in der die Längs- muskelschicht sich aufzulockern beginnt, treten aus ihr spindel- ' förmige Zellen und zerfallende Muskelfasern in das Narbengewebe ‚aus, so daß die Längsmuskelschicht unmerklich in das Narben- Iwebe übergeht. Die spindelförmigen Zellen liegen zuerst in der ' Verlängerung der Längsmuskulatur, bald aber sieht man sie die ' äußere Schicht des Narbengewebes einnehmen, um hier nach Ran (05) die „physiologische Epidermis“ zu bilden. Diese Zellen sind 4 \ Bd. XLIV. N. F. XXXVIL % 31 EN FFRERESTTREE 478 Janina Zielinska, eben dieselben, welche HESCHELER und andere Autoren, als in der Fortsetzung der Längsmuskulatur liegend, beschrieben haben. Auf Taf. 24, Fig. 1 ist ein Paar solcher Zellen und auch ein Paar Lymphocyten dargestellt. — Was das weitere Schicksal dieser Zellen anbelangt, so deutet HESCHELER nur darauf hin, daß sie für die Regeneration der Muskulatur in Betracht zu ziehen sind. Nach Ran (05) bilden sie ohne Zweifel die Längs- und Ringmusku- latur. Mir scheint am wahrscheinlichsten, daß sie samt anderen Elementen des Narbengewebes einer Degeneration anheimfallen. Sicher ist jedenfalls, daß sie den Ursprung keiner der beiden Muskelschichten geben, da diese, wie später besprochen wird, aus anderen Elementen entstehen. Das Verhalten der Epidermis in diesen ersten Stadien wurde ausführlich durch RAnp (05) beschrieben, so daß ich nichts Neues beizufügen habe und nur der Vollständigkeit halber den Vorgang in ein paar Worten schildern will. Ungefähr 18 Stunden nach der Operation fängt die Epidermis nahe der Wunde an sich zu falten, löst sich von der Basalmembran und schiebt sich über die Wunde bis zu den Darmrändern, mit welchen sie verschmilzt und in dieser Weise den definitiven Ver- schluß der Wunde bildet. Zuerst sind die Längsachsen der Zellen gegen die Oberfläche geneigt oder liegen sogar parallel zu ihr, aber in dem Maße, in welchem sich immer mehr Zellen über die Wunde schieben und also dichter beieinander stehen, nehmen sie die normale Lage ein, d. h. ihre Achsen stellen sich senkrecht zu der Oberfläche. Bald darauf wird eine dünne Cuticula abgeschieden. Bis zu diesem Momente habe ich keine Mitosen gesehen, was in Uebereinstimmung mit den Ansichten HESCHELERS, RABEs und Ranps steht; MıcHEL nimmt die Möglichkeit des Vorkommens der Mitosen in ersten Regenerationsstadien an. Direkte Teilungen scheinen vorzukommen. Von dem Verhalten anderer Organe in dieser Zeit habe ich nicht viel zu sagen. Die Ringmuskelschicht ist im Gegensatz zur Längsmuskulatur scharf gegen das Narben- gewebe abgegrenzt und zeigt niemals Uebergänge in das letztere. Das Bauchmark erscheint hinten verjüngt und unterliegt auch einer Involution, wie übrigens alle bei der Operation beschädigten Organe. Interessant in dieser Beziehung ist ein Präparat von einem Sta- dium 4 Tage nach der Operation (Fig. 6, Taf. 24); man sieht hier das der Degeneration unterliegende verjüngte Bauchmark- ende (Bm) und daneben große Zellen der Mesodermanlage (Mesß), die direkt auf Kosten der zerfallenden Substanz zu wachsen scheinen. Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 479 Die nach außen geschlagenen Darmränder scheinen ganz passiv zu bleiben, während in der Epidermis sich Vorgänge abspielen, welche zum definitiven Verschluß der Wunde führen. Der After bleibt, wie schon bemerkt wurde, immer offen. Zuerst ist der Enddarm entodermaler Natur, denn er ist gebildet durch das alte Darmepithel (Fig. 6, Taf. 24); man sieht deutlich, daß der alte Darm bis an das hinterste Ende reicht, denn er ist durch die das Darmgefäßnetz begrenzenden Membranen (Bam.a, Bam.i) gekenn- zeichnet. Ob sich später eine ektodermale Einstülpung bildet, ist schwer zu entscheiden, da die embryonalen ento- und ektodermalen Zellen histologisch einander vollständig gleich sind und Mitosen gleichzeitig im Darm und Körperepithel auftreten. MıcHEL hat keine Mitosen im Darmepithel gesehen, und für ihn ist der ganze neugebildete Darm ektodermalen Ursprunges. Es bleibt noch übrig, das Verhalten der Blutgefäße in den frühen Stadien zu schildern. Nach der Operation erfolgt starke Kontraktion der Gefäße am Hinterende, so daß kein Blut nach außen fließt. Bald nimmt die Zahl der Blutkörperchen in den hinteren Teilen der Gefäße so stark zu, daß diese bald ganz ver- stopft werden. In Fig. 5, Taf. 24 ist ein Stück des Dorsalgefäßes aus dem vorletzten Segmente dargestellt, von einem Präparate, das 6 Stunden nach der Operation fixiert wurde. Wir sehen die sehr stark zusammengezogenen Ringmuskelfasern (Rm) und die Intima (Bam), welche dorsal sehr dick erscheint, weil sie in Falten _ gelegt und ein paarmal angeschnitten wurde; aus demselben Grunde scheinen die Längsmuskelfasern (Lm), die ihr außen auf- sitzen, wie in intermuskulärer Substanz eingebettet. Das Lumen ist ganz mit Blutkörperchen (Bl.k) erfüllt; jenes erstreckt sich ungefähr 3 Segmente nach vorn. Das Bauchgefäß zeigt ein ähnliches Bild. Die Blutkörperchen kommen wahrscheinlich von vorn; ob sie sich außerdem in direkter | oder indirekter Weise vermehren, konnte ich nicht konstatieren; ich habe keine Teilungsfiguren gesehen. — In den ersten Stadien fließt also kein Blut in das Narbengewebe, und dieser Zustand dauert bis zu der Zeit, in der die Wunde ganz von der Epidermis ‘ überwachsen und nach außen abgeschlossen ist. Erst dann ver- schwinden allmählich die Blutkörperchen, es sammelt sich Blut in den hinteren Teilen des Bauchgefäßes und fließt bald in die erste Andeutung der jungen Knospe, wird durch den Druck dorsalwärts um den After getrieben bis in das dorsale Gefäß, durch welches es aufgesogen wird. In dieser Weise ist die Blutzirkulation am Hinterende hergestellt (Fig. 7a, Taf« 24). 3 480 Janina Zielinska, Rekapitulation: Wenn wir nochmals die Vorgänge in den ersten Regenerationsstadien betrachten, sehen wir, daß die Wunde zuerst durch Lymphocyten und spindelförmige Zellen provisorisch und später durch Epidermiszellen definitiv geschlossen wird. Die Längsmuskulatur unterliegt einer Involution, aus welcher die Ver- jüngung des Hinterendes vom Wurme resultiert. Die zerfallenden Muskeln, ebenso wie alle beschädigten Gewebe und Organe, werden durch Lymphocyten aufgenommen und nach hinten transportiert, wo sie wahrscheinlich resorbiert werden und als Nahrung den die neue Knospe bildenden Elementen dienen. Die anfänglich ver- stopften Blutgefäße öffnen sich und lassen Blut ausfließen, erst wenn die Wunde verschlossen ist. Das aus dem Bauchgefäße kommende Blut wird dorsalwärts getrieben bis zum dorsalen Gefäß, welches dasselbe aufnimmt. 2. Aeltere Stadien der Regeneration. A. Keimstreifenbildung. Mesodermstreifen. Wie wir gesehen haben, treten in den ersten Stadien der Wundheilung keine Mitosen auf; erst wenn die Epidermis sich über das Narbengewebe geschoben hat und mit dem Darmrande verwachsen ist, kommen in großer Menge Mitosen vor, und ebenso in der Epidermis, wie auch im Darmepithel. Die alte Epidermis wird durch rasche Vermehrung ihrer Zellen an den Rändern mehrschichtig (Fig. 6, Taf. 24, Ep); die neue bleibt ein- schichtig, einige von ihren Zellen ziehen sich in die Länge oder bilden amöboide Fortsätze, lösen sich von der dünnen Cuticula ab und wandern in die Tiefe ein. Eine solche Stelle ist darge- stellt in Fig. 3, Taf. 24. Diese Zellen, durch HESCHELER aus- führlich beschrieben und Regenerationszellen genannt, unterscheiden sich von den uns bekannten Elementen des Narbengewebes durch ihre großen hellen Kerne mit deutlich hervortretenden, ebenfalls großen Kernkörperchen. Sie treten im Narbengewebe in immer größerer Anzahl auf und nehmen in dem Maße zu, als die übrigen Elemente des Narbengewebes verschwinden. Bald sieht man von den letzteren nur noch spärliche Reste, während die Regenerations- zellen die erste Andeutung der jungen Knospe ganz ausfüllen. Die Epidermis scheint nicht die einzige Quelle des Vorkommens der obengenannten Elemente zu sein; man sieht nämlich ähnliche Kerne in allen Organen, besonders aber an den Enden der beiden Muskelschichten, in. viel größerer Anzahl, als sie beim normalen j Wurme vorkommen; wahrscheinlich wandern sie auch in das durch HESCHELER sogenannte Regenerationsgewebe (Narbengewebe + Re- generationszellen), um sich den Epidermisabkömmlingen zuzugesellen. Es wäre aber auch denkbar, daß die oben genannten Zellen aus dem Regenerationsgewebe stammen und in die betreffenden Organe wandern, um hier deren durch die Operation geschädigten Teile zu ersetzen. Nach HESCHELER (98) stammen die Regenerations- zellen in erster Linie von der Epidermis, aber gleiche Kerne hat er auch an Nephridien, Borstensäcken, besonders aber am Ende der beiden Muskelschichten gesehen, auch in mitotischer Teilung, und es besteht nach ihm „kein Zweifel, daß wir hier eine weitere Quelle der Regenerationszellen vor uns haben“ (98, p. 24). Was die Natur dieser aus der Muskulatur auswandernden Zellen anbetrifft, so ist nach HESCHELER aus der durch ihn gegebenen Uebersicht der betreffenden Literatur dieselbe nicht zu entscheiden. Die Kerne können sich beziehen auf „substance intercolumnaire“ von ÜCERFONTAINE (90), oder Muskelkerne darstellen (UpE 86, Hesse 90, ApATHy 90), oder Kerne der Bildungszellen der Muskel- fasern (VEJDovsky 835—92). Neuerdings erklären pe Bock (01) und CAMILLO SCHNEIDER (02), der erstere dieselben als Muskel- bildungszellkerne, der letztere als Muskelkerne. Aus dieser Uebersicht geht jedenfalls das sicher hervor, daß es keine Bindegewebskerne sind, sondern Muskelkerne oder Muskel- bildurgszellkerne. Ich konnte auch konstatieren, daß die in der Richtung der Muskelfasern ausgezogenen, diesen eng anliegenden Kerne mit den oben genannten identisch sind, ebenso wie auch die Kerne der Muskelbildungszellen im Regenerate. — Also wenn wirklich die Regenerationszellen aus den Muskelschichten ihren ‚Ursprung nehmen, so ist es wahrscheinlich, daß es Muskelkerne Sind, welche, wie HESCHELER bemerkt, sich von der kontraktilen ‘ Substanz unabhängig machen konnten, was um so leichter war, da - die Muskelfasern aufgelöst worden sind. Als weitere Quelle der Regenerationszellen wäre nach HESCHELER noch der Darm in Be- i tracht zu ziehen, obgleich direkte Beweise für das Auswandern seiner Epithelzellen in das Regenerationsgewebe nicht gefunden werden konnten. Auch in meinen Fällen war von einem solchen Vorgang nichts wahrzunehmen. Von den anderen Autoren hält RAanp (Ol) die Regenerations- zellen für Epidermisabkömmlinge; nach RABEs wandern sie aus der Epidermis und aus der Längsmuskulatur aus und sollen später Anteil an der Regeneration der betreffenden Schicht nehmen. Für = Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 481 482 Janina Zielinska, MiıcHeEu (98) wird das ganze Material für Regeneration durch die . Epidermis geliefert, andere Organe zieht er nicht in Betracht. Was das weitere Schicksal dieser Zellen anbetrifft, so können sie nichts anderes liefern als die Anlage des sekundären Meso- derms einerseits, das Mesenchym anderseits, da alle übrigen Organe in anderer Weise entstehen. Und das ist auch der Fall: ein Teil ordnet sich in zwei ventrolaterale Streifen, sog. Mesoderm- streifen (Fig. 6, Taf. 24; Fig. 8-—-11, Taf. 25, Mes.S.), die übrigen bleiben zerstreut als Mesenchymzellen (Fig. 8—-11 Mch.Z.). Un- aufgeklärt bleibt dabei, ob von den Zellen ekto- und mesodermaler Herkunft jede Sorte ihre Individualität behalten hat und erstere nur dem Mesenchym, letztere dem sekundären Mesoderm ihren Ursprung gegeben haben, oder ob die zweierlei Zellen sich ver- mischt haben; endlich bestände noch die dritte Möglichkeit, daß überhaupt alle Regenerationszellen, und damit auch die Anlage des Mesoderms Epidermisabkömmlinge wären. In der Literatur finden wir auch keine Aufklärung darüber; HESCHELER hat die Mesodermbildung nicht untersucht, und MICHEL nimmt, wie schon gesagt wurde, eine ektodermale Herkunft des Mesoderms an, ohne aber alle Möglichkeiten in Betracht gezogen zu haben. Beim Lumbriculus dagegen scheint der mesodermale Ur- sprung des sekundären Mesoderms ziemlich sicher festgestellt zu sein. Nur BüLow (83) nimmt bei normal wachsendem Hinterende für das Mesoderm einen ekto-entodermalen Ursprung an. Nach RAnpoLPpH (92) bildet sich bei der Regeneration des Hinterendes das Mesoderm aus Neoblasten (große Zellen mesodermalen Ur- sprunges) und kleinen Zellen, welche wahrscheinlich aus dem alten Peritoneum stammen. IwAnow (03) leitet das sekundäre Meso- derm von Neoblasten, das primäre vom Ektoderm ab; nach WAGNER (05) endlich beteiligen sich bei der Mesodermbildung: 1) Neoblasten, 2) Zellen vom alten Peritoneum und 3) Ektoderm- zellen. Bei anderen Oligochäten endlich leiten manche Autoren das Meso- derm von den Neoblasten (also vom Mesoderm) ab, z. B. RIEVEL (96) bei Naiden und JAnnDA (02) bei Rhynchelmis; dagegen nehmen SEMPER (76—77) bei Chaetogaster und Nais, HepkeE (98) bei Nais, Nus- BAUM (81) bei Enchyträiden und ABkı (02) bei Tubifex einen ekto- dermalen Ursprung des Mesoderms an. Wie wir sehen, gehen hier die Meinungen auseinander; bei Polychäten dagegen wird die ektodermale Herkunft übereinstimmend angegeben durch MICHEL (98), Scauunz (99), NusBAum (05) und Iwanow (06). Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 483 Jetzt weiter: es wurde gesagt, daß ein Teil der Regenerations- zellen sich in zwei ventro-laterale Reihen ordnet und die Anlage des sekundären Mesoderms darstellt. Die erste Anlage eines solchen Mesodermstreifens ist in Fig. 6, Taf. 24 abgebildet nach einem Präparate 4 Tage nach der Operation. Die Epidermis ist mit dem Darmepithel verwachsen und fängt an sich hervorzuwölben; in dieser Hervorwölbung liegt eben die Mesodermanlage und zieht gerade von der Stelle, an der das Epiderm mit dem Darmepithel verwachsen ist, nach vorn. Die Anlage steht aber mit keiner der beiden Schichten im Zusammenhang, ist sogar scharf von ihnen abgegrenzt, was noch mehr auffällt im Gegensatz zu einer mehr ventralen Schicht von Zellen, die einerseits in unmittelbarer Kommunikation mit der Epidermis stehen, anderseits in das ver- jüngte und degenerierende Bauchmarkende übergehen (Fig. 6 Rg). Die Zellen des Mesodermstreifens sind noch ungeordnet. Zwischen ihnen sieht man sehr viele Körnchen verschiedener Größe und Tropfen stark lichtbrechender Substanz, die offenbar Zerfalls- produkte degenerierender Elemente darstellen und wahrscheinlich als Nahrung von den jetzt stark wachsenden und sich teilenden Mesodermzellen verbraucht werden. Die Kerne dieser Zellen, die zuerst identisch mit den Epidermiskernen waren, zeichnen sich schon auf unserem Präparate aus gegenüber allen andern Zellen durch größere, stark lichtbrechende Kernkörperchen, die später samt den Kernen und ganzen Zellkörpern noch mehr wachsen und sich quer zu der Längsachse des Wurmes ordnen (Taf. 24, Fig. 6, und Taf. 25, Fig. 8, 10, 11). Auch durch die Farbe hebt sich die Mesodermanlage von der Epidermis und den nächstliegenden Zellen ab, das Plasma ihrer Zellen färbt sich nämlich dunkler als das der umgebenden Zellen. Die Mesodermstreifen wachsen in die Länge und Breite durch lebhafte Vermehrung ihrer eigenen Zellen (man sieht sehr viele Mitosen) und erhalten keinen Zufluß von außen. — Also, abgesehen vom ersten Ursprung, der für uns ‘ dunkel geblieben ist, verläuft der Vorgang identisch mit der - embryonalen Entwickelung, bei welcher bekanntlich die Mesoderm- streifen Abkömmlinge der Promesoblasten sind und sich unab- hängig von den Anlagen anderer Organe entwickeln. Nach MıcHEL 1} ‚ (98) bildet sich sein „tissw profond“ ausschließlich aus den aus der Epidermis ausgewanderten Zellen und: „Le tissu profond pendant la formation se differencierait en une masse ventrale condensee et de d&veloppement actif, qui avec l’ectoderme, dont elle n’est pas ” 484 Janina Zielinska, encore separee forme la bande germinale et en une masse re&si- duelle, le m&senchyme“ (98, p. 324). Also nach ihm steht die Mesodermanlage im Zusammenhang mit Ektoderm, obgleich, wie er bemerkt, „bientöt celles-ci (cellules de la masse condensde) dans les parties laterales du bourgeon en prenant une disposition transversale, se trouvent vers le sommet en discordance avec les cellules &pidermiques; disposition d’oü pourrait naitre l’illusion que la masse interne et l’&piderme sont distinets des l’origine“ (98, p. 326). Auf seinen Abbildungen sieht man ebensowenig wie auf den meinigen den Zusammenhang der Mesodermanlage mit der Epidermis. Teloblastenreihen. Die Teloblastenreihen bei Lumbri- ciden sind nur untersucht und beschrieben worden bei embryo- logischer Entwickelung durch Wırson (89), BErGH (90) und VEJ- | DOVSKY (88—92). MiıcHEL (98) hat sie bei Regeneration des Hinterendes nicht beobachtet. — Sie bilden sich später als die Mesodermstreifen aus, und auf den beiden vorher besprochenen Präparaten sieht man noch keine Spur von ihnen. Erst an einer | winzig kleinen, aber schon mit bloßem Auge sichtbaren Knospe habe ich Teloblastenreihen gesehen. Aber da waren sie dann schon ausgebildet, ihre Entwickelung zu beobachten, ist mir nicht ge- lungen. In dem oben angegebenen Stadium stellen sie 4 Paar Längsreihen von Zellen dar, die eine tiefere Schicht der Epidermis bilden, jedoch verhalten sie sich selbständig gegenüber der letzteren. Ganz hinten ist nur die paarige Neuralreihe vorhanden, etwas weiter vorn kommen die 2 Paar Nephridialreihen WILsoNs zum Vorschein, und noch weiter jederseits eine Lateralreihe (Taf. 25, Fig. 8, 9, 11 NR., Neph.R, Br,, Br,). Ganz hinten gehen die Reihen direkt über in das Ektoderm (Fig. 10 NR) und sind zuerst einzellig, weiter vorn aber werden sie ebenso in der Breite wie in der Tiefe mehrzellig. Nur die äußerste laterale Reihe habe ich ein- schichtig und höchstens zweizellig in der Breite gesehen (Taf. 25, Fig. 8, 9 Br,), doch scheint sie mir als selbständige Reihe vor- zukommen bei den beiden durch mich untersuchten Arten (Helo- drilus longus und Eisenia foetida), während WıLson sie nur bei Lumbricus communis gesehen hat. BERGH (90) und VEJIDOVSKY (88—92) beschreiben auch 4 Paar Reihen. Außerdem habe ich hie und da noch mehr lateral einzelne Zellen beobachtet. Die Zellen der Reihen sind größer als die.sie bedeckenden Epidermis- zellen, ihr Plasma, wie auch BERGH (90) angibt, ist mehr homogen und tingiert sich tiefer mit Hämatoxylin oder Hämalaun; ihre E Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 485 Kerne sind groß, hell und haben große Kernkörperchen. Ganz am hinteren Ende sieht man zwischen den zwei Neuralreihen eine seichte Furche, wie bei Embryonen. — Die paarige mittlere Neuralreihe differenziert sich zum Bauchmark, wie alle Autoren übereinstimmend angeben. Dieses emanzipiert sich allmählich von der Epidermis, indem zwischen demselben und der Epidermis sich Mesoderm einschiebt (Taf. 26, Fig. 13 Bm). Ueber das Schicksal der 3 übrigen Reihenpaare gehen die Ansichten der Embryologen auseinander. Nach WırLson (89) ent- stehen aus der zweiten und dritten Reihe mittlere Teile der Nephridien und die ventrale Borstenreihe, aus der vierten lateralen Reihe wahrscheinlich die äußere Borstenreihe. Nach BereH (90) verschmelzen die drei Reihen jederseits zu einer „äußeren Muskel- platte“, aus der die Ringmuskulatur entsteht. VEJDovVskY (88—92), beschreibt die Nephridienbildung aus der zweiten Reihe und be- merkt, daß die Ringmuskelschicht nur aus einer oder zwei äußersten Zellreihen entstehen kann. Ich habe die Nephridien- und Borsten- bildung nicht näher untersucht, doch manches Beobachtete scheint mir gegen die BersHsche Auffassung zu sprechen. Einmal habe ich nie gesehen, daß die betreffenden Reihen miteinander ver- schmelzen, sie behalten immer ihre Individualität (wie es auch JanpA bei Rhynchelmis angibt), bis sie sich zu Nephridien und Borstensäcken differenzieren. Bezüglich der Nephridienbildung habe ich ebensolche Bilder wie WıLson und VEJDOVSKY bekommen, und die jungen Nephridienanlagen waren in direktem Zusammen- hang mit den betreffenden Reihen. — Im Gegensatz zu BERGH, der behauptet, daß die beiden Autoren zu späte Stadien unter- sucht haben, fand ich, daß, je jünger die Anlage, desto deutlicher der Zusammenhang sichtbar wurde. Auch topographisch fallen die betreffenden Anlagen zusammen mit den entsprechenden Telo- _ blastenreihen (Fig. 13, Taf. 26 Neph). Besonders aber wider- spricht den Bersnschen Angaben die Bildung der Ringmuskulatur, wie wir später bei der Beschreibung dieses Vorganges sehen werden. _ Mıcner (98) hat die Teloblastenreihen nicht gesehen, vielleicht könnte seine „bande germinale“ bis zu einem gewissen Grade unserem Keimstreifen entsprechen, welcher mit dem Wırsonschen „germ- band“ identisch ist, der bekanntlich aus drei Schichten besteht: 1) einer äußeren, der späteren Hypodermis, 2) einer mittleren, den 4 Paaren Teloblastenreihen, und 3) einer inneren, ' dem paarigen Mesodermstreifen. — MICHEL sagt von seiner „bande germinale“: „elle est au d&but repr&esentee dans la partie ventrale e ” 486 Janina Zielinska, et m&diane du bourgeon par l’epithelium, orient& d’une part vers le nevraxe d’autre part en sens inverse, et dans l’espace de divergence par un amas profond“ (98, p. 323). Seine Abbildung entspricht genau meiner Taf. 24, Fig. 6, auf welcher der Mesoderm- streifen sichtbar ist, aber die Teloblastenreihen sich noch nicht gebildet haben. An einer anderen Stelle sagt er: „la bande germinale, qui tout en participant elle m&me ä la proliferation de cellules migratrices, deviendra de plus en plus definie en un ensemble d’ebauches de divers organes“ (p.321), und dann weiter: „Le cordon fibrillaire nerveux et le faisceau longitudinal ventral, qui &tablissent, dans la masse provenant des grandes cellules primitives, une separation entre une Jame superficielle et une lame profonde, sont ordinairement rapproch6s“ (p. 329). Also seine „lame superficielle* würde unseren Teioblastenreihen entsprechen, und die „lame pro- fonde* der Mesodermanlage; wie wir aber gesehen haben, ist die Entstehungsweise ganz anders, als MICHEL, übrigens sehr unklar, beschreibt. Aus der „lame superficielle* entstehen nach MıcHEL: das Bauchmark, die Ringmuskulatur und die Borsten; aus der „lame profonde“ die Cölomsäcke und deren Derivate, die Längs- muskulatur und Nephridien. — Beim Lumbriculus wurden die Teloblastenreihen erwähnt durch BüLow (83), (bei normal wachsen- dem Schwanzende), dann beschrieben durch RANDOLPH (92) und Iwanow (03) bei Regeneration. WAGNER leugnet ihr Vorkommen und nennt sie Zellnester, doch gibt er an, daß er neben anderem auch die durch RANDOLPH angegebene Anordnung der Zellnester beobachtet hat. Bei Rhynchelmis wurden sie durch JanpA be- schrieben, er hat sie auch bei Tubifex, Limnodrilus und Lumbri- culus gesehen. Wir fassen jetzt kurz die Vorgänge zusammen bei der Keim- streifenbildung. Zuerst nach dem Verschluß der Wunde bildet sich die tiefere Schicht des Keimstreifens, die Mesodermanlage. Sie entsteht durch Anordnung eines Teiles der Regenerationszellen in zwei ventrolaterale Längsreihen, die Mesodermstreifen. Unbe- kannt geblieben ist, ob die Mesodermanlage von Ekto- oder Meso- dermzellen stammt, denn ein Teil der Regenerationszellen sind aus der Epidermis ausgewanderte Elemente, wahrscheinlich stellt der andere Teil Mesodermabkömmlinge dar (aus der Muskulatur ausgewanderte Zellen), aber in welchem Maße sich die ersten oder die zweiten an der Bildung der Mesodermanlage beteiligt haben, ist unentschieden geblieben. Jedenfalls wenn sich die Zellen zu Mesodermstreifen geordnet haben, steht die Anlage in keinem Zu- E nn Er Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 487 sammenhang mit der Epidermis und wächst durch Vermehrung eigener Zellen. Auf einem späteren Stadium bildet sich die mittlere Schicht des Keimstreifens, die 4 Paar Wırsonschen Zellreihen, welche dicht unter der Epidermis verlaufen, aber scharf von ihr gesondert sind und nur ganz hinten direkt in das Ektoderm über- gehen. Ihre Entstehungsweise zu sehen, ist mir nicht geglückt, auch keine Teloblasten wurden beobachtet. Aus dem medianen Reihenpaare differenziert sich das Bauchmark, aus den übrigen wahrscheinlich Nephridien und Borsten. B. Mesoderm. Ueber die strittige Frage des Mesodermursprunges sind auch bei Lumbriciden die Embryologen noch nicht einig. Für WıLson (89) ist das gesamte Mesoderm aus den zwei primären Mesoblasten entstanden durch Proliferation derselben und frühzeitige Differen- zierung in zwei Gruppen von verschiedenem histologischen Charak- ter. Die erste Gruppe, sein „trunk-mesoblast“, hat den Charakter vom Mesothelium und liefert alle bleibenden Muskeln, Dissepimente, Gefäße, Peritoneum , Geschlechtsorgane und innere Teile der Nephridien (Trichter). — Die zweite Gruppe ist entstanden durch Auswanderung der Zellen aus der ersten, hat histologisch den Charakter von Mesenchym und wird „migratory mesoblast“ ge- nannt; sie liefert die larvale Muskulatur. — Nach BerGH (90) und VEJDovskY (88—92) bildet sich aus den Mesodermstreifen, welche dem Wırsonschen „trunk-mesoblast“ entsprechen, nur die Längsmuskulatur; die Ringmuskelschicht ist ektodermalen Ur- sprunges. Sie entsteht aus den Teloblastenreihen (äußere Myo- blastenreihe nach BercH), und zwar nach BERGH aus den 3 äußeren, nach VEJDOVSKY nur aus einer oder den 2 äußersten Reihenpaaren, weil das zweite für die Nephridienbildung ver- braucht wird. Um Mißverständnisse zu vermeiden, will ich vorausschicken, daß ich in meiner Beschreibung die Nomenklatur von MEYER (01) gebrauche und „sekundäres Mesoderm“ dasjenige der Mesoderm- Streifen nenne, aus welchem die Cölomsäcke mit ihren Derivaten (Längsmuskulatur, Blutgefäßsystem etc.) sich bilden, und „primäres Mesoderm“ dasjenige ektodermalen Ursprunges, welches die Ring- muskulatur der Haut und des Darmes liefert. Nach MEyeEr ent- stehen aus dem primären Mesoderm auch die Dissepiment- und Mesenterien-Muskeln. 488 Janina Zielinska, Primäres Mesoderm. Ringmuskelbildung. Ausführliche Untersuchungen über die Bildung der Ring- muskulatur bei Lumbriciden stammen nur von BERGH (90). Er leitet sie von den durch ihn sogenannten äußeren Muskelplatten ab, welche durch Verschmelzung der 3 Paare Teloblastenreihen entstanden sind. „Alle drei Zeflreihen bilden eine Platte, die, am lateralen Rande der Neuralplatte beginnend, sich eine Strecke lateralwärts verbreitet, als eine tiefere Ektodermschicht, von gewöhnlichen Epidermiszellen überlagert“ (90, p. 491). Dann wuchert diese Muskelplaite stark lateralwärts und wird mehr abgeplattet, indem die Zellen sich spindelförmig ausziehen; „überall bilden sie eine einfache Schicht, nur ganz lateral lagen zufällig zwei Zellen über- einander. Von den gewöhnlichen Epidermiszellen sind sie noch immer wohldifferenziert“ (p. 491). Später breitet sie sich dorsal und ventral aus, die Zellen ziehen sich noch mehr in die Länge und scheiden Muskelfibrillen aus; jetzt wird die Schicht dicker, indem mehrere Muskelzellen übereinander geschichtet sind. „Gegen die inneren Muskelplatten ist die Ringmuskulatur sehr scharf ab- gegrenzt; ihre Begrenzung nach außen, gegen die Epidermis, ist stellenweise viel weniger scharf“, indem den Muskelzellen von außen noch undifferenzierte Zellen aufsitzen. „Daß sie von ge- wöhnlichen Epidermiszellen herstammen sollen, halte ich für sehr unwahrscheinlich, da ich auch in diesen späteren Stadien niemals ein Uebergangsstadium zwischen den beiden Zellarten fand. Viel- mehr spricht alles dafür, daß diese jugendlich gebliebenen Zellen, ganz ebenso wie die schon ausgebildeten Elemente der Ring- muskulatur, von den äußeren Muskelplatten abstammen“ (90, p. 433). Nach meinen Untersuchungen bildet sich die Ringmuskulatur nicht aus den Teloblastenreihen, sondern aus direkt aus der Epidermis auswandernden Zellen. Die durch BErGH beschriebene ventrale, einschichtige Muskelplatte, welche aus der Verschmelzung der 3 Paare Teloblastenreihen entstanden sein soll, habe ich nicht ge- sehen. — Die zweite und dritte Teloblastenreihe ist nicht ein- schichtig, wie man sich aus den Fig. 8, 9, Taf. 25, Neph.R., BR überzeugen kann; und wie schon bemerkt wurde, behalten die Reihen ihre Individualität, bis sie in den Anlagen der betreffenden Organe aufgehen; sie sind hinten ganz zusammengedrängt und, je mehr nach vorn, desto weiter voneinander entfernt. — Die Ring- muskelfasern dagegen entstehen aus den direkt aus der Epidermis 3 auswandernden Zellen, die sich mit ihren Längsachsen parallel zur Oberfläche und senkrecht zu der Längsrichtung des Körpers stellen und Muskelfibrillen ausscheiden. Obgleich solche auswandernde Zellen im ganzen Umkreise der Epidermis vorkommen, so ist doch an bestimmten Stellen die Auswanderung stärker, geschieht sozu- sagen gruppenweise. Zuerst tritt jederseits eine solche Gruppe dorsal-lateral auf (Fig. 13, Taf. 26, Rmz), später auch lateral, und ventral erst dann, wenn die Wırsoxnschen Reihen schon als Nephridien- und Borstenanlagen sich voneinander entfernt haben; eben zwischen den Anlagen treten die Gruppen auf. Auf der Fig, 13 (Rmz) sieht man links solche auswandernde Zellen, und auf Fig. 15, Taf. 26 ist eine laterale Gruppe mit stärkerer Ver- größerung gezeichnet. Wenn man die beiden Figuren vergleicht mit den Teloblastenreihen (Fig. 8, 9, Taf. 25), so sieht man auf den ersten Blick den Unterschied zwischen den beiden. Die Telo- blastenreihen sind scharf von der Epidermis gesondert und zeigen nie Uebergänge in die letztere (ausgenommen ganz hinten), wie es auch BERGH betont. Die Längsachsen ihrer Zellen sind parallel zur Oberfläche des Körpers geordnet, dagegen die Gruppen der ektodermalen Myoblasten wandern direkt aus der Epidermis aus; ihre Längsachsen zeigen alle Uebergänge von der Richtung der Epidermiszelle bis in die Richtung der zu ihnen senkrechten, künf- tigen Ringmuskelfasern. — An der Fig. 15 sieht man, daß nur die innerste Schicht von Zellen Fibrillen (Rm) abgesondert hat, die anderen sind noch undifferenziert. Ein paar Schnitte weiter vorn sind schon 3—4 Schichten von Muskelfibrillen gebildet und die letzteren schon dicker (Fig. 16, Taf. 26, Rm). — Also, wie ‚ gesagt, bilden sich die Ringmuskeln zuerst dorsal, wo sie sehr frühzeitig auftreten, wie in der Fig. 13, Taf. 26 zu sehen ist, wo _ ventral noch keine vorkommen, dorsal aber eine ganz feine ‚ Fibrillenschicht (Rm) sichtbar ist, im Gegensatz zur Längsmus- kulatur, welche zuerst ventral gebildet wird. — Die Ringmuskulatur des Darmes wird auch sehr frühzeitig und wahrscheinlich durch ‚ Mesenchymzellen gebildet, die auch aus dem Ektoderm früher aus- gewandert sind. Sie ist sicher nicht ein Abkömmling der Splanchno- ‚ pleura , denn sie tritt frühzeitig auf an Stellen, welche die Cölomsäcke noch nicht erreicht haben (Taf. 26, Fig. 13, und Taf. 25, Fig. 9, Rm). Wahrscheinlich stammt die Darmringmuskelschicht ‚auch nicht vom Darmepithel, da das Darmepithel frühzeitig vom ‚ übrigen Gewebe abgegrenzt wird, und nie habe ich aus dem Darm- epithel auswandernde Zellen gesehen. MıcHeu hält es für wahr- ” Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 489 4% Janina Zielinska, scheinlich, daß die Darmmuskulatur wenigstens zum Teil aus dem Darmepithel ihren Ursprung nimmt: „malgre la delimitation hätive de cette couche, car on voit des prolongements des ses cellules traverser cette limite; mais sans doute aussi la poussee ecto- dermique, parvenue par les cloisons jusqu’a la paroi intestinale, peut contribuer ä& ces couches musculaires“. Die Ringmuskulatur der Haut bildet sich nach ihm in der Epidermis selbst. Sekundäres Mesoderm und seine Derivate. Längsmuskulatur und Blutgefäßsystem. Allgemeine Differenzierung der Mesoderm- streifen. Die Zellen der Mesodermstreifen ordnen sich quer zu der Längsachse des Wurmes, zuerst in zwei Schichten, und zwar so, daß die Zellen der zwei Schichten keilförmig ineinander greifen. Diese sich regelmäßig wiederholende Anordnung dürfte man viel- leicht als erste Anlage der Metamerie ansehen, denn später zer- fallen diese Zellen der Reihe nach in Gruppen, welche die zuerst soliden Somiten darstellen. Die Mesodermstreifen scheinen mir überhaupt nie als ungegliederte Längsstreifen vorzukommen, die erst später in einzelne Somite zerfallen, wie MEYER (Ol) in seinen „Studien über den Körperbau der Anneliden‘‘ behauptet; mir scheint, daß die Somiten einer nach dem anderen entstehen, indem die von hinten her der Reihe nach gelieferten Zellen in Zell- gruppen zerfallen. Zuerst sind die Somiten solid, dann werden sie durch Wachstum und Auseinanderweichen ihrer Wände hohl. — Nach MEYER wird der Zerfall „des festen Gewebes der Meso- dermstreifen“ (p. 427) in einzelne Somite hervorgerufen durch die primären Myoblasten, welche in die Mesodermstreifen von außen her hineindringen. Bei Lumbriciden ist das sicher nicht der Fall. In den ersten Stadien, in welchen das Mesoderm in Somite zer- fällt (Taf. 25, Fig. 10, 11 Mes.S), sieht man keine Zellen von außen hineindringen, dagegen geschieht dies später und scheint eine Rolle bei der äußeren Gliederung des Körpers zu spielen. — Nach Wırson (89) bilden sich zuerst Spalträume in den Meso- dermstreifen, und erst später tritt die Gliederung in Somite ein, indem die dazwischen gelegenen Zellen zu Dissepimenten werden. Die Mesodermsäckchen wachsen jetzt immer mehr, umwachsen den Darm und bilden in bekannter Weise Mesenterien und Dissepimente. Die Somatopleura. bleibt zuerst eine Zeitlang mehrschichtig # Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 491 (Fig. 9, 10, 11, Taf. 25), indem sich ihre Zellen rasch vermehren, was durch Mitosen gekennzeichnet wird. Später aber wird auch sie einschichtig. Die Wandungen der Cölomsäcke differenzieren sich zur Längsmuskulatur der Haut und des Darmes, zum Peri- toneum, Gefäßwandungen und Bauchmarkhüllen. Längsmuskulatur. Zuerst und sehr frühzeitig bilden sich die zwei Längsfaser bündel beiderseits der Bauchmarkanlage (Taf. 25, Fig. 9, 10), und zwar treten sie auf als basale Differenzierung der äußeren Schicht der Mesodermanlage, wie es auch BERGH (90) angibt. VEIDOVSKY (88—92) dagegen leitet sie von den larvalen Mesenchymzellen ab, da er sie immer außerhalb der Somatopleura sieht, und hält sie mit Unrecht für Embryonalmuskeln, weil er nicht sicher ist, ob sie im erwachsenen Stadium fungieren. Dann differenzieren sich die Bündel zwischen Nephridial- und Borstenreihen, und die Differen- zierung schreitet zusammen mit der Ausdehnung der Cölomsäcke vor; bis dort, wohin die Cölomsäcke reichen, sieht man auch die Muskelfibrillen, z. B. Taf. 26, Fig. 13. Die Cölomsäcke erstrecken sich hier bis zur Stelle, wo die Anlage des Dorsalgefäßes liegt (Lg) ; (rechts ist das Dissepiment [Rmf] angeschnitten, links sieht man deutlich die Leibeshöhle mit Lymphocyten [Zz] gefüllt); nur bis dahin kommen Längsmuskelfibrillen (Lm) zum Vorschein, weiter dorsal sieht man schon keine mehr. Die kleinen Fäserchen dorso- lateral (Rm), die besonders rechts den Eindruck von Längsfasern machen könnten, sind schief angeschnittene Ringmuskeln. Hier wurde nämlich die äußerste Spitze der Knospe angeschnitten dort, wo die Hautschicht in die des Darmes übergeht und natürlich alle Stufen der Neigung darstellt, was auch die Ringmuskelschicht mit- macht. MiıcHeL behauptet, daß die dorsalen Längsbündel sich nicht aus der Cölomwandung bilden, da sie entstehen, bevor die Cölomsäcke die dorsale Wand erreicht haben. Aus der beige- gebenen Zeichnung läßt sich aber nicht entscheiden, ob die Cölom- säcke gerade bis zu dieser Stelle nicht gelangt sind und ange- schnitten wurden, denn an einem Längsschnitt ist es nicht immer leicht festzustellen und hier um so mehr, da MıcHEL nur die dorsale Seite darstellt. In welcher Weise die Kästchen der Längsmuskelschicht zu- Stande kommen, ist mir nicht gelungen festzustellen. — BERGH äußert sich darüber folgendermaßen: „Anfänglich sind die Muskel- fasern in einer einfachen Schicht an der äußeren Grenze der ”* 492 Janina Zielinska, innern Muskelplatten vorhanden, ein Zustand, in dem ja viele Oligochäten zeitlebens verharren; bald wird aber eine dem defini- tiven Zustand ähnliche Ausbildung erreicht, indem kontraktile Fasern nicht nur an der Oberfläche der inneren Muskelplatten gebildet werden, sondern auch in Ebenen, die radiär zu dieser stehen. So kommen nach und nach kleine Muskelkästchen zu- stande (90, p. 495). Nach VEs3pDovskyY (88—92) ist die Somato- pleura mehrschichtig, es bilden sich zuerst Fibrillen in der äußersten Schicht, dann in der nächstliegenden usw., in derselben Weise, wie BerGH es beschreibt. — Ich habe diese Bildungsweise nicht gesehen und die Somatopleura habe ich, abgesehen von den ganz frühen Stadien, immer einschichtig gefunden, wie z. B. Taf. 26, Fig. 13, 15, 16 zeigt. Einzelne Zellen waren höher als die sie umgebenden, so daß sie in die Leibeshöhle mit ihren Kernen hinaus- ragten, wie eine solche auch Bercn (90) in seiner Tafel 20, Fig. 29 abbildet und als Peritonealzelle deutet. — In noch etwas späteren Stadien sah ich noch die Somatopleura einschichtig, aber an manchen Stellen war sie zusammen mit den jungen Fibrillen von der darunter liegenden Gewebsschicht aufgehoben, was in mir den Gedanken erweckte, daß die Kästchen sich vielleicht durch Faltung des Peritoneums bilden könnten, wie auch RoHDE (85) vermutet. — Gegen den durch VE3)povskY und BERGH beschrie- benen Kästchenbildungsmodus würde auch die Angabe SCHNEIDERS (02) sprechen, daß nach seiner Berechnung die Zahl der Kerne der Zahl der Muskelfasern entspricht, jede Muskelfaser also einer Zelle gleichwertig ist; während nach den beiden Autoren in jeder Zelle mehrere Fasern sich um den Kern differenzieren, welcher im Zentrum liegt. — MıcHeL (98) scheint nicht im Klaren über die Bildung der Muskelfasern zu sein, er hat Fibrillen ohne Kerne gesehen, welche ihm Verlängerungen der Nachbarzellen zu sein scheinen: „tels les filaments se r&unissent en un faisceau longitu- dinal intermeödiaire, sorte de disposition pennde, de part et d’autre du plan median dans la bande germinale primitive; les fibres musculaires pourraient-elles, au moins & l’origine, &tre simplement les prolongements d’el&ments situ6s en dehors des faisceaux ?* (98, p. 347.) Ich habe nichts Aehnliches gesehen. Die Längsmuskulatur des Darmes entsteht als Differenzierung der Splanchnopleura; sie bildet sich viel später als die des Hauf- muskelschlauches. An der Fig. 13, Taf. 26, an welcher am letzteren Längsfasern deutlich sichtbar sind (Lm), findet man noch keine am Darm; erst an späteren Stadien sind sie vorhanden (Fig. 19, 20, | l | | E d Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 493 Taf. 27 Lm). — Die Muskulatur der Dissepimente differenziert sich aus den Cölomsackwandungen, es existiert, wenigsteus bei Lumbricus, kein Grund für die Annahme, daß sie ektodermalen Ursprunges ist, wie es MEYER behauptet. Wie wir schon gesehen haben, spielen beim Zerfall der Mesodermstreifen in Somite die primären Myoblasten keine Rolle; auch später habe ich keine aus der Epidermis auswandernden und zwischen die Dissepimente sich schiebenden Zellen gesehen; und man trifft an den Dissepiment- zellen sehr viele Mitosen, was auch für die Annahme spricht, daß sie selbst das Material für die Muskulatur liefern. MıcHEL (98) hat den Zusammenhang des Mesoderms mit der Epidermis gesehen und beruft sich auf mehrere Abbildungen, die aber so unklar sind, daß sie nichts beweisen. — Ich habe auch zuerst an Querschnitten Stellen gesehen, an denen die Dissepimente im Zusammenhang mit der Epidermis standen und die ich im Sinne MEYERS gedeutet habe, wie z. B. an Fig. 13, Taf. 26, rechts, seitlich vom Bauch- mark, wo die Längsfibrillen durch anscheinend aus der Epidermis auswandernde Zellen von ihr abgehoben sind; an den Längsschnitten aber stellt sich die Sache in einem anderen Lichte dar, wie wir an der Abbildung Fig. 12, Taf. 26 konstatieren können. Die Epidermiszellen sehen recht interessant aus; ihre in dünne Fort- sätze auslaufenden Enden sind gegenseitig geneigt und wie in Bündel gesammelt, welche in Kommunikation mit großen Muskel- zellen stehen, die unmittelbar hinter jedem Dissepimente von der Epidermis bis zur Darmmuskulatur verlaufen. Es sieht so aus, als ob diese Zellen einerseits an die Darmmuskulatur, anderseits an die Epidermisbündel festgeheftet wären, so daß durch ihre Kontraktion die Epidermis an den betreffenden Stellen hineinge- zogen sein müßte, was auch die kleine Einsenkung an der Fig. 12 (Ein) bestätigt. Wenn man sich jetzt solche Muskelzellen nicht nur ventral, aber im ganzen Umkreise vom Darm bis zur Haut | radiär verlaufend vorstellt, so ist es klar, daß das Resultat solcher - Anordnung die äußere Segmentierung des Körpers sein muß. Und es ist auch wirklich der Fall; an Sagitalschnitten habe ich diese ‚ Zellen zuerst nur an beiden Seiten vom Bauchmark gesehen, weil | | | nur da ihre Längsachsen mit der Schnittrichtung zusammenfallen, ‚ und nur da können sie an den Schnitten in ihrer ganzen Länge vorkommen. Dann habe ich sie auf Querschnitten gesucht und gefunden, daß sie wirklich radiär verlaufen. — An Fig. 13, Taf. 26, rechts, wo das Dissepiment angeschnitten ist, sieht man weiter lateral eine solche Faser (Rmf) angeschnitten. — Merkwürdig ist, Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 32 494 Janina Zielinska, daß diese Muskelzellen außen von Dissepimenten, manche ziemlich weit von ihnen verlaufen; woher sie kommen, habe ich nicht ge- sehen, jedoch trotz des Zusammenhanges mit der Epidermis scheint mir unwahrscheinlich, daß es aus der Epidermis ausgewanderte Zellen sind. Es sind eher Zellen des cölomatischen Mesoderms, welche sekundär in Kommunikation mit Epidermiszellen ge- treten sind. Blutgefäßsystem. Sehen wir zuerst, was über die Bildung des Blutgefäßsystems bei normaler Entwickelung der Lumbriciden bekannt ist. — Aus den Arbeiten von KowALEVskY (71) und Bucmsky (81)!) er- fahren wir, daß das Bauchgefäß als solider Strang sich anlegt und das dorsale aus paariger Anlage entsteht. Nach Wıuson (89) tritt zuerst das ventrale Gefäß auf als ein medianer Spalt zwischen Ento- und Mesoblast und scheint einen Teil der primären Leibes- höhle darzustellen; später liegt es in der Splanchnopleura. Seine Wandungen sind wahrscheinlich durch aus dem Mesoderm aus- gewanderte Zellen gebildet. Das dorsale Gefäß entsteht aus paariger Lakune, zwischen dem Darm und den dorsalen Partien beider Cölomsäcke. Die beiden Lakunen werden mit der Ent- wickelung der Cölomsäcke dorsalwärts geschoben und fließen schließlich zusammen. VEJDovVsKY (88/92) beschreibt recht komplizierte Verhältnisse bei der Anlage des Bauchgefäßes; nach ihm ist das, was WILSON für die Bauchgefäßanlage hält, ein Rest von embryonalem Mes- enterium, welches verschwindet, und erst dann legt sich das ventrale Gefäß solid als Verdickung der Splanchnopleura an. Wie es sich in das hohle Gefäß verwandelt, hat VE3JpovskyY nicht verfolgt, dann aber heißt es: „Das bereits hohle Bauchgefäß wird später von den umliegenden Splanchnopleurazellen beiderseits umwachsen und kommt jetzt in die Leibeshöhle zwischen den Darmkanal und den Bauchstrang zu liegen. Die erwähnten Zellen verlängern sich in vertikaler Richtung, um sich mit einer anderen Lamelle zu ver- binden, welche sich von der mesoblastischen Umhüllung des Bauch- stranges gegen das Bauchgefäß erhebt. In den erwachsenen Würmern zeigt dieses definitive Mesenterium seine ursprüngliche 1) Die Arbeit von Bucısky (Ueber die Entwickelung des Regenwurmes, Zäpisk. Novoros Obsch. Est., Odessa, VII, 1881) ist mir nur aus Zitaten bekannt. j doppelte Anlage. .‘“ (92, p. 400). — Wie sich diese Anlage zu den _ anderen später zum Vorschein kommenden Komponenten verhält, konnte er an Schnitten nicht ermitteln, er gibt nur eine Be- schreibung und schöne Zeichnungen von ganzen „in Entwickelung fortgeschrittenen Embryonen“, aus welchen man sieht: „daß das Bauchgefäß in einen Darmsinus übergeht, aus dem teils die la- teralen Längsstämme, teils die Seitenbogen durch die Bildung selbständiger Wandungen zustande kommen“ (88/92, p. 396). Daraus folgt: „daß das Bauchgefäß ursprünglicher ist als der Darmblut- sinus, und ferner, daß das Bauchgefäß nicht die ursprüngliche Furchungshöhle vorstellt‘‘ [gegen Wırson] (88/92, p. 399). — Bei Regeneration entstehen nach MıcHEL die Gefäße durch „regulari- sation des lacunes du m&senchyme, relegu& par l’envahissement des sacs coelomiques“ (p. 355) und „le me&senchyme lacuneux bien developpe est refoul& surtout autour de lintestin; de m&me, lorsque le mö&senchyme est reduit, il y a au debut une lacune perienterique“ (p. 355). Dann: „dans le refoulement du me&sen- chyme lacuneux par les sacs coelomiques, la partie comprise entre Pintestin et ces deux series de sacs, lä ol cesse leur contact median, devient le vaisseau ventral ..... et la partie enclavee entre les sacs coelomiques successifs se localise en un vaisseau transverse, compris dans l’&paisseur de la cloison, mais en saillie a la face anterieure“ (p. 355—356). — Das dorsale Gefäß legt sich doppelt an. Woher die Wandungen der Gefäße kommen, konnte er nicht ermitteln. Zu eigenen Untersuchungen übergehend, will ich die jungen Regenerate zuerst äußerlich beschreiben, da sie durchsichtig sind _ und die Gefäße durchschimmern lassen. Die erste äußerlich sicht- bare Anlage des Gefäßsystems eines Regenerates stellt einen roten Ring um den alten After dar. Das ist das schon vorher an- _ gedeutete Stadium, in welchem das Blut aus dem alten Bauch- gefäße in die junge Knospe ausfließt, diese ganz ausfüllt und schließlich in das alte dorsale Gefäß gelangt, welches es auf- aimmt und nach vorn treibt. Die junge Knospe wächst aber ‚ ventral schneller als dorsal, so daß sie dorsalwärts gekrümmt ‚ wird und der After auf die»dorsale Seite zu liegen kommt. Das ‚ Blut wird vom ventralen Gefäße bis in die hinterste Spitze der Knospe getrieben, und von da, beiderseits vom After, fließt es nach ‚ oben und vorn, wieder bis zum alten Dorsalgefäße, welches die ‚ beiden Blutströme aufnimmt. Diese beiden Blutströme stellen die | paarige Anlage des dorsalen Gefäßesy die sog. lateralen Stämme, | 32* Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 495 496 Janina Zielinska, dar. Am besten wird die Sache durch die Schemata Fig. Ta und b, Taf. 24, illustriert. Es konnten genaue Zeichnungen mit dem Zeichenapparat nicht gemacht werden, weil lebendige Würmer sich bewegen, und bei betäubten fließt das Blut aus dem Regenerate nach vorn, und die Gefäße werden unsichtbar. — Ich verweise übrigens auf die schönen Abbildungen von VEJDOVSKY (88/92), Taf. XXVLUI, Fig. 1 u. 2, welche entsprechende Stadien darstellen. Die hinteren Partien von Embryonen sehen ganz so wie die regenerierenden Hinterenden aus (natürlich abgesehen vom Dotter). Ebenso wie der Embryo auf der Fig. 2 ist das junge Regenerat dorsalwärts gekrümmt, und ebenso wie bei ihm, haben die drei Längsstämme einen gemeinsamen Ursprung in einem kleinen Blutsinus. Nur weil kein Dotter vor- handen ist, fließen hier die zwei lateralen Stämme schneller zu einem dorsalen Gefäß zusammen. Die lateralen Gefäße stehen in jedem Segment in Verbindung mit dem ventralen Gefäß durch Seiten- bogen, welche zu Ringgefäßen werden, wenn die lateralen Stämme zum dorsalen Gefäß verschmelzen (Fig. 7b). Wenden wir uns jetzt zu den Schnitten. Fig. 8, Taf. 25 stellt im Querschnitt ein Stadium dar, welches dem Schema Fig. 7a ent- spricht. Die Knospe war ventral schon etwas länger als dorsal, und darum wurde zuerst nur die ventrale Seite getroffen. Der ganze Raum zwischen Darm und Mesodermanlage ist mit Blut- lakunen (Bis) und mit Mesenchymzellen (Mchz) gefüllt und stellt den Sinus dar, aus welchem die drei Längsstämme ihren Ursprung nehmen. Ein paar Schnitte weiter, Fig. 9, Taf. 25, ist schon das ventrale Gefäß (Vg) angelegt: die Cölomsäcke sind hier größer als vorher und reichen fast bis zum Darmepithel (CölW); median haben sie eine kleine Blutlakune mit einigen Mesenchymzellen ein- geschlossen, welche die erste Anlage des Bauchgefäßes darstellt (Vg). Ventral von ihr, wo die beiden Cölomsäcke aneinander ge- stoßen sind, haben sie das deutlich doppelwandige Mesenterium gebildet. Gegen das Darmepithel ist das junge Gefäß noch nicht abgegrenzt, stellt also eine offene Rinne dar. Dorsal von den Cölomsäcken sehen wir noch Blutlakunen mit Mesenchymzellen, aber noch keine Anlage des Rückengefäßes. Es ist an der ganz kleinen Knospe überhaupt noch nicht angelegt worden; auf die Blutlakunen folgt unmittelbar das alte dorsale Gefäß, welches das Blut direkt aus der Lakune aufnimmt, was auch unserem Schema Fig. 7a, Taf. 24 entspricht. Weitere Differenzierungen haben wir also auf einer älteren Knospe zu suchen. Die beiden Cölomsäcke . Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbrieiden. 497 dehnen sich bis zum Darme aus, umwachsen vollständig die ven- trale Blutbahn, so daß die offene Rinne zum Rohr wird, und indem sie auch dorsal vom Gefäße zusammentreffen und sich aneinander legen, bilden sie das deutlich zweiblätterige Mesenterium, welches entgegen VEJDOVSKY (88/92) nicht verschwindet, sondern zum definitiven wird (Fig. 13, Taf. 26; Fig. 19, Taf. 27, Mest). Da- gegen wird der Teil vom Mesenterium zwischen dem Bauchgefäß und Bauchmark (Fig. 9, Taf. 25, Mest) frühzeitig aufgelöst, so daß wir es auf der Fig 13 nicht mehr sehen. Also es legt sich das ventrale Gefäß nicht, wie VEJDOVSKY behauptet, als Verdickung der Splanchnopleura an, sondern tritt, in Uebereinstimmung mit Wıtsons (89) Angaben, auf als mediane Spalte zwischen Ento- und Mesoderm. Auch ist es, wieder gegen VEJDOVSKYs Meinung, nicht ursprünglicher als der Blutsinus, im Gegenteil, es differenziert sich aus demselben. Nur in einem kann ich VEJpDovskyY beistimmen, nämlich darin, daß sich das ventrale Gefäß manchmal solid anlegt, wie aus den Figg. 18, 20, Taf. 27 ersichtlich ist. In der größeren Zahl der Fälle legt es sich aber hohl an (Fig. 13, Taf. 26; Fig. 19, Taf. 27, Vg). MEYER (91) schreibt der Sache keine größere Be- deutung zu und erklärt die Kontroverse dadurch, daß im ersten Falle die Gefäßwände und die Blutkörperchen zusammen ent- stehen, während im zweiten sich die Gefäßwandungen zuerst bilden. Mir scheinen die Zellen, die das Gefäßlumen verstopfen, nicht Blutkörperchen zu sein, da an ihnen Anzeichen der Degeneration sichtbar sind, wie Auflösung des Plasmas, Bildung von Vakuolen- räumen und Schrumpfung der Kerne (Taf. 27, Fig. 18, 20 Vac), und wahrscheinlich werden sie aufgelöst, wie es auch VEJDOVSKY bei Rhynchelmis beschreibt. Dagegen wäre vielleicht der Zustand der Anlage (hohl oder solid) einfach nur vom Zufall abhängig, ob im Moment der Abschnürung Mesenchymzellen miteingeschlossen werden, wie an Fig. 9, Taf. 24, oder nicht. — Es war mir zuerst unverständlich, in welcher Weise bei solider Anlage die Zirkulation in der Knospe stattfindet, aber bei näherer Untersuchung fand ich in dem soliden Gefäße Blutlakunen (Fig. 18 Bl), also es fließt doch etwas Blut in ihm, und der Rest wird wahrscheinlich durch das Subneurale geführt, welches in solchen Fällen immer etwas erweitert erscheint. Dorsales Gefäß. Mit der Ausdehnung der Cölomsäcke legt sich die Splanchno- pleura an das Darmepithel und drängt das Blut dort aus; nur ” 498 Janina Zielinska, ihre dorsalen Partien stehen vom Darme ab und bilden mit dem Darmepithel jederseits einen Trog (Taf. 26, Fig. 13 Lg), in welchem Blut fließt, das sind die beiden lateralen Gefäße, die die doppelte Anlage des Rückengefäßes darstellen. Wenn die Cölomsäcke klein sind, liegen die lateralen Gefäße ziemlich ventral; mit der Aus- dehnung der ersteren werden die letzteren immer weiter dorsal- wärts geschoben (Taf. 26, Fig. 17), bis sie mit der Verwachsung der Cölomsäcke zu einem einheitlichen dorsalen Gefäß zusammen- fließen. Am Querschnitt kann man Schritt für Schritt den innigsten Zusammenhang der Cölomsackentwickelung mit der des dorsalen Gefäßes verfolgen (Fig. 13 u. 17, Taf. 26). Wırson sagt, daß „the vessels lag somewhat behind the remaining mesoblast, however, so that in the posterior region they still lie at the sides, when the mesoblast has entirely sourrounded the archenteron. The cells of the mesoblast lying above the lateral vessels seem to pass upward in large part by migration, and only become arranged in definite somatic and splanchnic layers at a later period“ (89, p. 409). — Ich habe, wie gesagt, immer die Gefäße an der dor- salen Partie der Mesodermsäcke gesehen, wie an den Figg. 13, 17. An der letzteren sehen wir die beiden lateralen Gefäße einander sehr genähert und die Cölomsäcke auch fast zusammengewachsen zu einem dorsalen Mesenterium. Zwischen den beiden Lamellen sieht man zufällig eingeschlossene Lymphocyten. Das dorsale Mesenterium verschwindet auch bald nach der Entstehung, und als sein Ueberbleibsel sieht man noch eine Zeitlang eine Gruppe von Zellen an der dorsalen Seite des Gefäßes. Sehr deutlich sind die Beziehungen des dorsalen Gefäßes zu den Mesodermsäcken an einem vertikalen Längsschnitt, der seitlich vom Darme geführt worden ist (Taf. 26, Fig. 14). Ganz hinten ist der Blutsinus ge- troffen, aus welchem der laterale Stamm seinen Ursprung nimmt (Bis). Hinten grenzt die Blutbahn nur ventral an die Cölom- säcke, weiter vorn ist sie ganz durch sie umwachsen (Coel), indem dieselben bis an die dorsale Körperwand reichen. Man sieht auch Blut zwischen den Lamellen der aufeinander folgenden Säckchen, und das sind die Septalsinusse (Ss), durch welche das ventrale Gefäß mit den lateralen in jedem Segmente in Verbindung steht (Fig. 7b Ss). Aus ihnen differenzieren sich die Seitenschlingen, die bei Lumbriciden in der Leibeshöhle verlaufen. Es geht folgender- maßen vor sich: die Lamellen der zwei benachbarten Mesoderm- säckchen, zwischen welchen Blut verläuft, nähern sich einander und verwachsen, wodurch das Blut ausgedrängt wird bis an eine Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 499 Stelle, wo es sich sammelt und hier die Cölomwandung ausdehnt so, daß sie in die Leibeshöhle herausragt (Fig. 22, 23, Taf. 27, Ss, Sch). Am hinteren Segmente verläuft Blut noch zwischen den beiden Lamellen (Ss), weiter vorn wird die Bahn mehr und mehr lokalisiert, dann, durch Vermehrung und Verwachsung der Zellen, schnürt sich die junge Schlinge vom Mesodermsacke ab und be- kommt eigene Wandungen (Ssch), bleibt aber zeitlebens mit dem Dissepimente im Zusammenhang, wie es neuerdings Fuchs in der „Lopographie des Blutgefäßsystems der Chätopoden“, Jenaische Zeitschr., Bd. XLII, 1907, nachgewiesen hat. Er sagt von dem dorso-subneuro-kommissuralen Gefäß: „es liegt weder frei im Cölom noch in der Mitte des Dissepiments, sondern an demselben wie angeklebt auf ganzer Länge.“ An der Figur ist auch schon eine dünne innere Membran sichtbar. Die rege Vermehrung der Zellen an diesen Stellen wird durch viele Mitosen gekennzeichnet, von welchen eine auf der Fig. 22 getroffen ist. Indem endlich die Mesodermsäcke das Bauchmark umwachsen und ventral von ihm zusammentreffen, schließen sie dabei einen mit Blut gefüllten Raum ab, welcher das subneurale Gefäß darstellt. An Fig. 21, Taf. 27 sieht man noch den Teil des Mesenteriums, welches durch Zusammentreffen der beiden Säckchen entstanden ist, bald aber löst es sich auf, und das Bauchmark verläuft frei in der Leibes- höhle. Es stammen also die Wandungen aller Gefäße ausschließlich vom Cölothel. Sie sind zuerst durch eine Zellenschicht reprä- sentiert, und auf den Querschnitten sieht man die Längsachsen der Zellen in der Richtung des Umkreises des Gefäßes ausgezogen (Fig. 13 u. 17, Taf. 26). Jetzt fängt die Differenzierung an zu Muskelzellen und Intimabildungszellen einerseits und Peritoneal- schicht andererseits. Zuerst wird die Ringmuskelschicht an beiden Gefäßen gebildet, indem ein Teil der in der oben angegebenen | Richtung ausgezogenen Zellen, an der dem Lumen des Gefäßes ‚ zugekehrten Seite, feine Muskelfibrillen abscheidet (Rm Fig. 19, 24, ' Taf. 27), am dorsalen Gefäß schon zur Zeit, wenn die beiden ' lateralen Stämme noch nicht zusammengeflossen sind (Fig. 17, Taf. 26). Die weitere Differenzierung, die ich am dorsalen Gefäß ‚ näher studiert habe, geht folgendermaßen vor sich. Die Gefäß- wandungszellen vermehren sich stark und stehen dichter bei- ' einander, so daß sie ein richtiges kubisches Epithel darstellen; nur ‚ die Ringmuskelzellen behalten ihre frühere Lage und Gestalt, aber 80, daß die Ringmuskelfasern jetzt die Mittelhöhe des Epithels ” 500 Janina Zielinska, annehmen und zwischen den Epithelzellen verlaufen. Man sieht es an den Figg. 29 u. 33, Taf. 28, Rm. Durch etwas tiefere Ein- stellung des Objektives könnte man am Präparate statt der an der Zeichnung abgebildeten Ringmuskelfasern, welche die Mitte der Epithelzellen einnehmen und sie teilweise bedecken, eine un- unterbrochene Epithelschicht sehen. Manche von diesen Zellen wachsen stark aus, nehmen birnförmige Gestalt an und werden zu Chloragogenzellen (Fig. 26, 27, Taf. 27, COhlz; Fig. 29, 30 u. 33, Taf. 28, Chlz), die zuerst in einer Reihe mit den übrigen Zellen stehen und später nach außen gedrängt werden (Fig. 26). Von den übrigen Zellen, die jetzt die innerste Schicht bilden, scheiden einige an ihrer Basis eine zuerst äußerst dünne Membran, die Levvıssche Intima, aus, die LAnG in seiner Trophocöltheorie als eine Basalmembran auffaßt; andere differenzieren sich zu Längs- muskelzellen, indem sie an der dem Lumen des Gefäßes zu- gekehrten Seite Längsmuskelfibrillen bilden (Fig. 29, 33, Taf. 28, Emz). Die Zellen sind in der Längsrichtung des Gefäßes aus- gezogen, darum sind an Querschnitten an vielen keine Kerne ge- troffen. — Also die innerste Schicht der Gefäßwandung nimmt die zuerst dünne, erst viel später mächtig werdende homogene Basal- membran, und es gibt kein Endothel, wie man aus auf Fig. 17, Taf. 26; Fig. 24, Taf. 27; Fig. 29, 33, Taf. 23° sehen’ kanns gibt da überhaupt keine Zellen an der inneren Seite der Membran, obgleich die Schnitte in dieser Beziehung gar nicht ausgesucht worden sind; im Gegenteil, ich mußte manchmal ein paar Schnitte durchsehen, um eine solche Zelle zu finden. An früheren Stadien sind sie gar nicht vorhanden, und erst viel später treten sie in größerer Zahl auf, so wie sie durch mehrere Autoren bei er- wachsenen Individuen beschrieben und in verschiedener Weise ge- deutet worden sind. Die übrigen Komponenten des Rückengefäßes, wie die Chlor- agogenzellen, die äußere Ring- und innere Längsmuskelschicht, sind durch alle Autoren in Uebereinstimmung beschrieben worden, nur Lexyoıc (57) erwähnte keine Längsmuskelschicht, und BERGH (1900) leugnet sie. Strittig bleibt noch die Endothelfrage; Leypıe (57) nimmt für die innerste Schicht des Gefäßes eine starke strukturlose bindegewebige Intima an; für PERRIER (74) ist die Leypigsche Intima epithelartig; für Vogr und Yung (88): „L’intime ou lamelle interne“ schließt mehrere Kerne ein. — Bergm (1900) schließt seine Betrachtungen folgendermaßen: „Und sonst kann nirgendwo Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 501 in den Gefäßen ein Endothel oder inneres Epithel nachgewiesen werden. Was die Autoren als solches beschrieben haben, sind der Intima anhängende Blutkörperchen, oder es sind als Zellgrenzen die Grenzen zwischen den nicht-zelligen faser- oder bandartigen Gebilden im Bindegewebe aufgefaßt worden“ (1900). Nach SchHneI- DER (02) „sind alle größeren Gefäße mit einem Vasothel aus- gestattet, das aus locker gestellten, spindeligen oder verästelten Zell- körpern mit platten und schmalen Kernen besteht, die wohl meist nicht dicht aneinander schließen und derart eine von Lücken durchbrochene dünne Zellschicht bilden“ (p. 423), und weiter: „Das Endothel liegt einer Grenzlamelle (Intima) auf, die am kontra- hierten Rückengefäß deutlich in hohe längsverlaufende Falten gelegt ist, in deren Furchen man die Endothelzellen wahrnimmt“ (p. 424). Auch JonnsTon (03), welcher aber nicht im speziellen die Histologie der Blutgefäße untersuchte, nimmt die Existenz eines Endothels an: „Ihe wall of the dorsal vessel consists of a lining endo- thelium of very thin cells whose nuclei alone are usually visible“ (p. 79). Für Rosa (03) dagegen sind die der Membran anliegen- den Zellen Blutkörperchen. GunaL (04) deutet die betreffenden Zellen als Intimabildungszellen, und für VEJDovsky (04) endlich stellen sie Vasothelzellen dar, welche entodermaler Herkunft sind, im dorsalen Gefäß sich zu Myoblasten differenzierten und den Längsmuskelfasern ihren Ursprung gegeben haben. — Nun ich fasse diese Zellen mit BercH (1900) und Rosa (03) als Blut- körperchen auf. Gegen die Auffassung, daß sie ein Endothel dar- stellen, spricht ihr unregelmäßiges und spärliches Auftreten in jüngeren Stadien, auch die Zufälligkeit in der Anordnung bei er- wachsenen Individuen; aber den wichtigsten Grund zu dieser An- sicht scheint mir die Erscheinung zu liefern, daß ein paar Stunden nach der Operation die Gefäßenden ganz verstopft mit Zellen sind, welche von den vorderen Segmenten hier zugewandert sind (Fig. 5, Taf. 24). Daß es Endothel- oder Intimabildungszellen oder Myo- blasten sind, die sich von den Wandungen abgelöst haben, scheint mir unwahrscheinlich, denn das würde doch nicht nur für das hinterste, sondern für eine ganze Anzahl von Segmenten eine weit- gehende Zerstörung des normalen Zustandes bedeuten; denn um die Gefäße durch ein paar Segmente hindurch dicht mit Zellen zu füllen, müßte eine sehr große Anzahl dieser Elemente verbraucht worden sein, Anzeichen von direkter oder indirekter Teilung habe ‚ ich nämlich nicht beobachtet. Es müssen also freie Hämocyten Sein, die massenhaft nach hinten wandern und die Gefäße ver- ” 502 Janina Zielinska, stopfen, ebenso wie Lymphocyten dieses für die Leibeshöhle tun (Verschluß der Wunde gegen außen). Wie schon angegeben wurde, verschwinden nach dem defini- tiven Verschluß der Wunde die Blutkörperchen von den hinteren Teilen der Gefäße, und der normale Zustand kehrt allmählich zu- rück. An Fig. 34, Taf. 23 ist ein Teil des dorsalen Gefäßes aus dem hintersten Segment, dargestellt, und zwar mehrere Tage nach der Operation, so daß nicht nur die Wunde ganz geheilt, sondern schon eine winzig kleine Knospe angelegt wurde. Das Gefäß ist nicht mehr mit Hämocyten verstopft, aber sie sind noch in größerer Zahl vorhanden, als normal, und so angeordnet, daß man sie nach diesem Präparate unmöglich als ein Endothel deuten kann (Blk). Noch weniger kann man sie mit VEJDOVSKY für Myoblasten halten, die Längsmuskelfibrillen bilden. Uebrigens zeigt uns die Unmöglichkeit dieser Auffassung schon die Tatsache, daß die vermeintlichen Myoblasten in früheren Stadien nicht da sind und später im Gefäße als Längsmuskelfasern auftreten. Die Bildungszellen von den letztern haben wir ja deutlich gesehen (Fig. 33, Taf. 28, Emz) mit ihren dem Lumen des Gefäßes abge- kehrten Kernen und im zugekehrten an der Basis abgeschiedenen Muskelfibrillen. VEJDoVsKY (05) scheint nur erwachsene Individuen untersucht zu haben, aber da sind seine Myoblasten von den Fibrillen durch die Basalmembran getrennt, die bei erwachsepen Individuen ziemlich mächtig ist, wie man an Fig. 34, Taf. 28, Bam sieht. Diese Membran aber, die alle Autoren, welche die Struktur der Lumbricidengefäße studierten, gesehen haben !), leugnet merk- würdigerweise VEJDOoVskY (04, 06). Er sagt: „Es ist gewiß schwierig, die Beschaffenheit der endocardialen Ausstattung mit den älteren Färbungsmethoden, wie mit Karmin und Hämatoxylin, zu erkennen. Zwar treten in den kontrahierten Gefäßen die Muskelfasern auch mit diesen Färbungsmitteln annäherungsweise klar zutage, indessen in den dilatierten Abschnitten erscheint das Gefäß wie mit einer scharf umschriebenen, scheinbar gezackten Cuticula, kurz als die Intima Leypıss. — Aber die Einkerbungen der vermeintlichen Cuticula lassen bei der sorgfältigeren Betrach- tung mit starken Vergrößerungen vermuten, daß hier Verdickungen vorliegen, welche nur als Querschnitte der Muskelfasern zu deuten 1) Mit Ausnahme von Jounsrton (03), der aber nicht die Histologie der Gefäße speziell untersuchte, er erwähnt die Sache nur nebenbei. 4 sind. Die ihnen anliegenden Kerne mit einem undeutlichen Sarko- plasma müssen dann als Muskelkerne gedeutet werden (Fig. 73 spl). Diese Annahme erweist sich nun als Tatsache, wenn man die Ge- fäßwandungen mit Eisenhämatoxylin behandelt“ (04, p. 128), und weiter: „Die Muskelfasern scheinen in einer gemeinschaftlichen, scheinbar homogenen Substanz eingelagert zu sein, und in den kontrahierten Gefäßen erscheinen die Muskelfasern als tatsächliche Faltenbildungen, wie sie auch von LEYpıG und BERGH für solche gehalten wurden“ (p. 129). Ich habe auch Bilder gesehen, die ganz ähnlich den Abbildungen von VEJDOVSKY waren, und wenn man keine andern zur Verfügung hätte, könnte man leicht dazu kommen, sie ebenso wie VEJDOVSKY zu deuten. Es handelt sich um stark kontrahierte Gefäße, in welchen wirklich, wie BERGH und LeypIG richtig gesehen haben, die Intima so stark gefaltet war, daß die Längsfibrillen wie in einer homogenen Masse einge- bettet erschienen. Daß es aber eine gefaltete Basalmembran ist, kann man sich leicht überzeugen an einem mit starker Ver- größerung gezeichneten dorsalen Teile des Rückengefäßes, welches außergewöhnlich stark dilatiert war, was immer am Anfang der Regeneration mit dem Ende des alten Gefäßes geschieht. Man sieht die mächtige Basalmembran, die auf dem mit VAn GIESON gefärbten Präparate rot war und ihr außen ansitzende Längs- muskelfasern (auf dem Präparat gelb); im Innern keine Myoblasten, nur frei in der Blutflüssigkeit flottierende Blutkörperchen. Uebrigens _ muß ich bemerken, daß eine Täuschung nur bei Eisenhämatoxylin- _ Lichtgrünfärbung möglich ist, bei welcher nur die Kerne und * Muskelfasern schwarz werden, alles übrige eintönig grün, obgleich auch hier die Membran stärker lichtbrechend als das übrige Gewebe | ist. Bei Nachfärbung mit Erythrosin nimmt sie einen gelblichen ' Ton an, durch Hämatoxylin, Hämalaun und Hämatein IA Arkruy färbt sie sich blaugrau, intensiver als das übrige Bindegewebe; aber am schönsten fällt sie auf, so daß es unmöglich ist, sie nicht ‚ zu sehen, bei Färbung mit Van GIEson. Entgegen dem, was ' VEIDovVskY behauptet, habe ich mit dieser Methode immer schön differenzierte Präparate bekommen. Auf dem Längsschnitte Fig. 5, ‚ Taf. 24 scheinen die Längsmuskelfasern (Lm) in eine bindege- webige Masse eingebettet zu sein, das Gefäß war aber stark ‚ kontrahiert, und die gefaltete Basalmembran (Bam) mit den ihr ‚ außen ansitzenden Längsmuskeln ist mehrere Male angeschnitten ‚ worden, was aber den oben erwähnten Eindruck macht. GuNnGL (04) bildet auf seiner Fig. 5 einen Teil vom kontrahierten Rücken- Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 503 ” 504 Janina Zielinska, gefäß mit gefalteter Intima ab, welches bei schwächerer Ver- größerung auch wohl im Sinne VEJDOVSKYS gedeutet werden könnte, Klappenbildung. Ueber Klappenbildung bei Lumbriciden sind bis jetzt keine Untersuchungen gemacht worden, es liegen nur Vermutungen vor. Nach BeppArD (95) sind es Endotkelwucherungen. BERGH (1900) beschreibt sie bei Lumbricus riparius und bemerkt: „Die schon genannten Klappen im Rückengefäß und im Herzen, in den nicht kontraktilen Gefäßen fehlen sie, sind merkwürdige Gebilde, deren Entwickelung zu ermitteln nicht ohne Interesse wäre“ (p. 606), und dann weiter: „Sie liegen an der Innenseite der LevYpıGschen Intima und sind selbst mit keinem solchen inneren Ueberzuge versehen, sondern springen nackt in das Lumen des Gefäßes vor. — Es ist dies gewiß ein merkwürdiges anatomisches Verhältnis, daß an der Innenseite der allgemeinen Grenzmembran solche isolierte Zellgruppen vorkommen; es wäre, wie gesagt, wertvoll, über ihre Genese Aufschluß zu erhalten“ (p. 606). Nach ScHNEI- DER (02) haben sich die Klappen aus Endothelzellen gebildet. Dann beschreibt die Klappen JOHNsSToN (03) und macht dabei den Fehler, daß er sie hinter dem Dissepiment und hinter der Ein- mündung der parietalen Schlinge in das Rückengefäß abhildet, während sie gerade vor der Schlinge sich befinden, die selbst auch vor dem Dissepimente in das dorsale Gefäß einmündet. Dann sagt er: „Cross sections of the dorsal vessel through the base of the valves show a radial striation running from the valves through the connective tissue and muscle layers. From these facts it appears that the valves are composed of elongated cells which run through the connective tissue layer and securely anchor the valves. Since they are covered internally by endothelial cells they must be regarded as belonging to the connective tissue layers“ | (p. 83). — RosA (03) in seiner vorläufigen Mitteilung (Bolletino ’ dei Musei di Zool. ed Anat. comp. della R. Univ. di Torino, 17. März) äußert sich folgendermaßen über den Ursprung der ' Klappen: „Riguardo all’ origine delle valvole confermo i dati del BERGH, secondo i quali lo strato interno dei vasi & una cuticola | anista, escludendo cosi che le valvole siano, come comunemente si crede (BEDDARD, VEJDOVSKY ecc.), una proliferazione di un interno endotelio. Noto che negli individui giovani (i cui vasi han giä una sottilissima cuticola) le valvole son rappresentate solo da 304 cellule (in origine forse da una o due) non ancora vesiculari 4 Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 505 ed al tutto indistinguibili dai giovani ameboeciti sanguigni. Da queste cellule si produce l’interna valvola (composta talora anche da un centinaio di cellule) ed & improbabilissimo che questa sia (come fu creduto) un centro di formazione di nuovi amebociti sanguini.“ Dann in seiner ausführlichen Arbeit sagt er: „Non ho ricercato l’origine prima di queste cellule iniziali delle valvole; eiö epuivaleva a ricercare l’origine, ancora ignota, degli ameboeiti sanguigni e quella stessa, ancora oscura, delle pareti dei vasi, ricerca que non si poteva fare in via secondaria“ (03, p. 215). -— Dann dis- kutiert er noch das Verhältnis der Klappen zu den Chloragogen- zellen, und nachdem er gefunden hat, daß sich die Kerne der Klappenzellen, von denen der Chloragogenzellen unterscheiden, schließt er: „di una vera omologia (morfologica) fra le strutture interne dei vasi ed il cloragogo vero non si possa parlare‘‘ (p. 219). Für VeEspovsky (04, 06) endlich sind die Klappen modifizierte Vasothelzellen, also ebenso wie die letzteren entodermalen Ursprunges. Meine Untersuchungen bestätigen keine von diesen Vermutungen. Die Klappen, wie wir sehen werden, sind keine modifizierten Endo- thel- oder Vasothelzellen. Sie sind entstanden durch Einstülpung von Cölothelgefäßwandungszellen ins Innere des Gefäßes. Wenn ich ältere Knospen untersuchte, um die Ausbildung der Gefäß- muskulatur zu studieren, bemerkte ich an Querschnitten ein merk- würdiges Verhalten des Dorsalgefäßes, das sich segmental wieder- holte und das die beigegegene Textfig. 1 darstellt. Es sind 5 aufeinanderfolgende Schnitte (6 « dicke) abge- bildet in der Reihenfolge von hinten nach vorn, so daß die Fig. 1a den hintersten, die Fig. le den vordersten Schnitt darstellt; un- mittelbar hinter a findet sich das Dissepiment. Wir sehen deut- lich an allen diesen Schnitten paarige Unterbrechungen in der Gefäßwandung, die am hintersten Schnitte am meisten ventral (a) und, je mehr nach vorn, desto mehr dorsalwärts zu liegen kommen (b, c, d, e). Also es muß am Gefäße ein Spalt vorhanden sein, der gleich vor jedem Dissepiment beginnt und von hinten ventral, ‚ nach vorn dorsal dicht bei der Einmündung der parietalen Schlinge in das Rückengefäß verläuft, wie es das Schema an Textfig. 2 ver- anschaulicht (sp). In der Fig. 24, Taf. 27 ist derselbe Schnitt wie in der Textfig. 1a abgebildet, man sieht da an dem Spalt Zellen aus der Gefäßwand, dem Darmperitoneum und auch dem links ange- Schnittenem Dissepiment ins Innere des Gefäßes hineinwandern, um sich hier in bestimmter Weise zu gruppieren und zu Klappen- 506 Janina Zielinska, zellen zu differenzieren. Man sieht es auch am horizontalen Längsschnitte in den Figg. 25, 26, Taf. 27, nur in einem früheren Stadium. Die Bildung der Klappen tritt spät auf, wenn an der Rückengefäßwandung schon deutlich feine Ringmuskelfibrillen zu - SD NS SS 5 Ei 2 m ® » [ 1 U) ı ı ‘ SS SS x hinten ENT). Fig. 2. Fig. 3. Fig. 1. Querschnitt durch das dorsale Gefäß. DE Darmepithel, DPS dorso-parietale Schlinge, X1 Klappe, x Unterbrechung in der Gefäßwand, GW flach angeschnittene Gefäßwand, dors. dorsal, ventr. ventral. Fig. 2. D Dissepiment, DW dorsale Gefäßwandung, Ei Einmündung der dorso-parietalen Schlinge in das dorsale Gefäß, sp Spalt, VW ventrale Gefäßwand. Fig. 3. DW Darmwand, GW flach angeschnittene Gefäßwand, dors. dorsal, ventr. ventral. i Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 507 sehen sind (Fig. 24, 26, Taf. 27, Rm). Zuerst ist der Spalt in der Gefäßwandung sehr eng und klein; man sieht nur einzelne Zellen sich ins Innere hineinstülpen (Fig. 25, 26, Taf. 27, U). Dann werden immer mehr Zellen hineingestülpt, wie in der Fig. 24; auf noch späteren Stadien geht die Erscheinung noch gewaltiger vor sich, indem die ganze Gefäßwand in ihrem ganzen Umkreise sich einstülp. Man bekommt folgende Bilder: nach einem nor- malen Schnitte kommt einer mit herum flach angeschnittener Wandung und in der Mitte einem sehr engen Gefäßlumen mit Klappen (Textfig. 3). Die Zahl der Klappenzellen wird nicht nur durch Zufuhr der Zellen von außen, sondern auch durch indirekte Teilung der schon eingestülpten Zellen vermehrt. RosA hat nur direkte Teilungen gesehen. Ich fand sehr oft Mitosen (Fig. 26, Taf. 27, Mi), auch wenn die Klappen schon ganz gebildet waren. — Also, wie wir sehen, sind die Klappen cölothelialen Ursprunges. In derselben Zeit, in welcher die Einstülpung stattfindet, fängt auch die Differen- zierung mancher Gefäßwandungszellen zu Chloragogenzellen an (Fig. 26, Taf. 27, Fig. 30, Taf. 28, Chlz). Die Kerne der beiden | Sorten von Zellen sind zuerst identisch (Fig. 30, 31, Taf. 28), in späteren Stadien durch spezifische Differenzierung werden sie | different, wie es Rosa angibt und abbildet und wie wir auch aus | der Fig. 32, Taf. 28 konstatieren können. Durch Vergleich der ‚ Fig. 31 mit 32 sieht man, daß die Chloragogenzellenkerne den ‚ embryonalen ähnlich geblieben sind, während die der Klappenzellen sich modifiziert haben, indem sie jetzt kein großes Kernkörperchen besitzen; sie sind jetzt gleich den Kernen der Blutkörperchen, was auch RosA hervorhebt. In welchem Zusammenhange aber | die beiden Sorten von Zellen stehen, gibt Rosa nicht an, es scheint ‚ihm nur unwahrscheinlich, daß die Klappen Bildungszentren der Blutkörperchen seien. Es wäre möglich, daß nur ein Teil der von | außen hineingewanderten Zellen für die Klappenbildung verbraucht ‘wäre, und daß aus den übrigen freie Blutkörperchen entstünden. Für eine der beiden Annahmen spricht die merkwürdige Tatsache, ‚ daß die Blutkörperchen in den ersten Stadien der Gefäßbildung nicht vorkommen und erst nach der Klappenbildung auftreten. ‚Das müßte aber bei Untersuchungen der embryologischen Ent- ‚ wiekelung entschieden werden, denn bei Regeneration wäre immer noch die Möglichkeit der Einwanderung der Hämocyten von alten Segmenten nicht ausgeschlossen, wie es im Bauchgefäß vorzukommen scheint, in welchem das Blut von vorn nach hinten 508 Janina Zielinska, fließt. Wenn die Klappenbildung am Rückengefäß beendigt ist, d. h. wenn keine Spalten mehr in der Gefäßwandung zu sehen sind, fängt derselbe Prozeß in allen in das dorsale Gefäß ein- mündenden Schlingen an sich abzuspielen, also in dorso-parietalen, dorso-intestinalen und dorso-typhlosolaren Gefäßen. An allen habe ich Unterbrechungen in der Wandung und Eindringen der Zellen ins Innere gesehen, wie an der Fig. 29, Taf. 23, (Klz), die den Prozeß an einer dorso-parietalen Schlinge darstellt. Der merk- würdige Bildungsmodus der Klappen bestätigt keine der darüber ausgesprochenen Vermutungen. Die Klappen sind weder Endothel- noch Vasothelgebilde. Ihre Homologie mit Blutkörperchen, wie Rosa angibt, wird wahrscheinlich bestätigt durch einen gemein- samen Ursprung der beiden Elemente. Was ihr Verhältnis zu Chloragogenzellen anbelangt, beiseite lassend die durch Rosa be- haupteten verschiedenen Funktionen und die morphologische Ver- schiedenheit der beiden Elemente, möchte ich nur hier betonen die Entstehung beider Elemente aus der Cölomwandung. — Wir haben aber noch von einer Ansicht über Klappenbildung und anderer intravasaler Gebilde der Anneliden nicht gesprochen. Nun sagt Lang in seiner Trophocöltheorie (03): „Zu den endotropischen Bildungen der Cölomwand (Lymphdrüsen, Phagocytärorgane usw.) gesellen sich analoge exotropische hinzu, die sich vielfach in die Lichtung der Gefäße hineinproduzieren. Solche exotropische Bildungen, gleichsam Cölothelhernien, sind die Herzkörper, die Klappen und verwandte Zellwucherungen; sie entsprechen den endotropischen Phagocytär-, Chloragogen- und Lymphoidorganen der Gonocölwand“ (p. 200). Unsere Klappen sind ja eben exo- tropische Bildungen der Cölomwand, durch Einstülpung der letzteren entstanden. Auch jetzt ist es verständlich, daß sie an der inneren Seite der Grenzmembran nackt in das Lumen des Gefäßes vor- springen, und das merkwürdige Verhalten, welches BERGH hervor- hebt, ist klar geworden. Ueber Bildung intravasaler Gebilde bei den übrigen Oligochäten liegen auch nur Vermutungen vor. Eine für uns interessante Angabe macht pe Bock (1900) über den Herzkörper bei Lumbri- culus: „Le corps cardiaque dans ce vaisseau (dorsal) est toujours appliqu6 sur la face tournde vers le sinus intestinal. Or, il n’est pas rare de voir Ja paroi du vaisseau dorsal ouverte de ce cöte. Le corps cardiaque est ainsi en communication directe avec les cellules chloragog&nes du coelome“ (p. 141). Es scheint ihm wahrscheinlich, daß die Zellen des Herzkörpers nach außen durch er OB — ERBE En ee en pn | f Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 509 die Oefinung austreten, aber es wäre auch möglich, daß „les cellules chloragogenes entrent dans le vaisseau dorsal et y forment le corps cardiaque“. — Auch bei Polychäten beschreibt Pıcron (99, bei Polymnia nebulosa) die Bildung des Herzkörper durch Einstülpung von außen „The heartbody is an in-pushing of the heartwall“4). Endlich eine Vermutung über Klappenbildung im gleichen Sinne spricht aus ARNESEN (04) in ihrer Dissertation über den feineren Bau der Gefäße bei Rhynchobdelliden. Sie hat keine embryologischen Untersuchungen gemacht und die Klappen „in „statu nascendi“ nicht gesehen, aber: die Anordnung der Klappen- zellen bei Glossiphonia heteroclita und ein abnormer Fall bei Branchellion „sprachen deutlich für die Meinung, daß die Klappen von außen eingestülpt seien“. Darmgefäßnetz. Es bleibt noch übrig, die Bildung des Darmblutgefäßnetzes zu beschreiben. In der Literatur haben wir darüber keine Angaben, denn was uns VEJDOVSKY (05) mitteilt, sind nur auf Grund ver- gleichend-histologischer Untersuchungen über die Bildungsweise des Darmblutsinus gezogene Schlüsse, welche, wie wir sehen werden, der Wirklichkeit nicht 'entsprechen. VEJDOVSKY nennt das Darmgefäßnetz Darmblutsinus und identifiziert es mit dem primitiven Blutsinus, aus welchem sich die Gefäße differenzieren, mit welchem aber bei Lumbriciden das sekundär entstandene Blut- gefäßnetz nichts zu tun hat. — VocTr und Yung (88) beschreiben es als „couche vasculaire, constituge par de nombreux vaisseaux annulaires“, die untereinander durch feine Aeste verbunden sind. Ebenso WILLEem und Mınne (99), welche einen Längsschnitt ab- bilden, auf dem die Darmgefäßschicht die Gestalt einer Perlen- schnur hat, indem sehr dicht aufeinander folgende Ringgefäße quer geschnitten sind. Dasselbe konnte ich an meinen Präparaten an Längsschnitten konstatieren. Querschnitte dagegen können den Eindruck eines kontinuierlichen Sinus machen, wenn gerade ein Ringgefäß der Länge nach geschnitten ist. VEJDOVSKY bildet ‚ mur Querschnitte ab und sagt: „Der Darmblutsinus gestaltet sich von der Oberfläche als das sogenannte Darmgefäßnetz, indem er in einzelne längs- und ringsverlaufende Kanäle abgeteilt ist, die untereinander kommunizieren. An Querschnitten erscheint er als eine mächtige Lakune“ (p. 119). — Es scheint mir nach dem 1) Aus Lane, „Trophocöltheorie, p. 301. Bd. XLIV. N. F. XXXVII. “ 33 510 Janina Zielinska, vorher Gesagten viel richtiger, das Gebilde Darmgefäßnetz zu nennen, um so mehr, als, wie wir sehen werden, es streng von dem embryo- nalen Blutsinus zu sondern ist. Dann beschreibt VEJDOVSKY die Schichtenfolge an der Darmwandung und sagt: „Hier, bei Pheretima ist das Vasothel ziemlich leicht, als selbständige Umhüllungs- membran des Sinus zu verfolgen, da sie, wie gesagt, aus sehr zahlreichen Zellen besteht, von welchen sich einzelne, wie Fig. 62 (iz) veranschaulicht, der Quere nach mit den Darmepithelzellen in Verbindung setzen. Dadurch daß die Vasothelzellen eben nach innen, d. h. gegen das Darmepithel vorspringen, wird der Beweis geliefert, daß sie durch Delamination aus der Entodermlage ent- standen sind“ (p. 120). Das ist kein zwingender Beweis. Und weiter: „Die innere Kontur des Darmblutsinus stellt eine cuticula- artige Begrenzung vor, die wohl vom Entoderm abgesondert wird“ (p. 130). Wenn aber eine cuticulaartige Membran vorhanden ist, wie können sich die Vasothelzellen mit dem Darmepithelzellen in Verbindung setzen — durch die Membran hindurch? — Auf der angegebenen Fig. 61 und 62 ist aber keine Membran abgebildet. Daß eine ziemlich dicke Basalmembran existiert, habe ich au allen meinen Präparaten bei Eisenia und Helodrilus gesehen und auf Fig. 35, Taf. 28 (Bam.i) abgebildet. Es existiert auch eine dünnere als äußere Begrenzung des Gefäßnetzes (Bam.a), die VEJ- DOVSKkY auch im Texte nicht erwähnt. Dagegen ist kein Vasothel sichtbar; die einzige Zelle, die da vorkommt, liegt keiner der Membranen an und stellt ein Blutkörperchen dar. Da Pheretima eine pleistocytäre Art darstellt, können die zahlreichen Blutkörper- chen vielleicht dort ein Vasothel vortäuschen. So viel über die Histologie. Im Kapitel: „Ergebnisse und theoretische Betrachtungen“ schreibt VEJDOVSKY: „Die vorstehenden vergleichend-histologischen Untersuchungen über das Gefäßsystem führen zu interessanten Resultaten; sie zeigen vor allem, daß der sogenannte Darmblutsinus die ursprünglichste Komponente des Gefäßsystems vorstellt und daß der Sinus ein integrierender Bestandteil des Entoderms ist. Bei seinem ersten Auftreten hat das Gefäßsystem mit dem Cölothel nichts zu tun. Die Untersuchungen zeigen weiter, daß das Darm- epithel nach außen eine cuticulaartige Basalmembran abgesondert hat, zwischen welcher und dem Darmepithel sich Blutflüssigkeit ansammelt. Doch bleiben einzelne Zellen des Epithels durch lange Fortsätze mit der Basalmembran in Verbindung, namentlich auch die amöboiden Ersatzzellen des Entoderms.‘“ Wenn sich der Sinus Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 511 _ erweitert, lösen sich manche Zellen von dem Entoderm und „er- scheinen als selbständige Komponenten der äußeren bindegewebigen - Umhüllung (der ursprünglichen Basalmembran“), (p. 156). — Also _ die Basalmembran des Darmes würde dann die äußere Begrenzung des Sinus bilden sollen, aber sie ist weder abgebildet, noch im Texte bei der Beschreibung der Histologie erwähnt worden, ob- gleich, wie wir gesehen haben, eine homogene, sich mit VAN GIESONS Methode rot färbende Membran wirklich existiert, sie ist aber nicht eine Basalmembran des Darmes. Sehen wir jetzt, wie und wann das Darmgefäßnetz entsteht. Aus dem Vorhergesagten wissen wir, daß das Bauch- und Rücken- gefäß sich aus dem Blutsinus differenziert (Fig. 8, 9, 10, Taf. 25, und Fig. 13, 14, Taf. 26), dabei hat sich die Splauchnopleura ganz dicht an die schon vorhandene dünne Ringmuskelschicht des Darmes angelegt, so daß keine Spur vom Sinus bleibt, und man findet in früheren Stadien überhanpt keine Gefäßschicht am Darme (Big. 13, 17, Taf. 26; Fig. 19, 20, 24, Taf. 27), sie tritt erst viel später auf. Wenn die Gefäße und Seitenschlingen lokalisiert sind und eigene Wandung besitzen, und die beiden Muskelschichten des Darmes schon wohl ausgebildet sind, entstehen zwischen dem Darm- epithel, welches schon mit einer feinen Basalmembran versehen ist, und der Ringmuskelschicht feine Spalten, die die Anlage des Darm- gefäßnetzes darstellen. Manchmal erscheinen die Spalten als Lücken in der Ringmuskelschicht, sie sind auch schon gegen die letztere durch eine feine Membran abgegrenzt, die jedoch oft sehr schwer zu sehen ist. Die Basalmembran des Darmes ist dagegen immer deutlich, und daß sie früher gebildet wird als das Darmgefäßnetz, mag uns Fig. 35, Taf. 28 zeigen, welche einen Teil des Quer- Schnittes durch den Darm darstellt, an der Stelle, wo das junge Regenerat an das alte Segment grenzt. Bis & ist noch das alte ' Darmepithel mit seinem Gefäßnetze vorhanden, von da ab hat das neugebildete Darmepithel noch kein Darmgefäßnetz, aber es hat schon eine dünne Basalmembran abgesondert, die auf dem Präparate mit VAN GIESON rot gefärbt war, genau so, wie abgebildet. Daß ‚das Darmgefäßnetz nicht im Darmepithel, sondern außerhalb liegt, ist aus den beiden Abbildungen Fig. 28, 35, Taf. 23 klar, und das ist das charakteristische Aussehen des Darmepithels während der ersten Entstehungsstadien des Gefäßnetzes; später wird die ‚Innere Membran gefaltet und ist dem zusseingeteh Stadium "ähnlicher (Fig. 29). Zuerst sind keine Zellen im Innern vorhanden, im Gegensatz zu dem ausgebildeten Zustande, in welchem oft frei- “ 33* 512 Janina Zielinska, flottierende oder an die Membran angeklebte Blutkörperchen vor- kommen. Es scheint, daß erst beim Durchbruch der dorso- intestinalen Schlinge in das Gefäßnetz (ebenso wie bei Klappen- bildung) Peritonealzellen ins Innere geraten und zu Blutkörperchen werden. Die beiden Membranen sind noch lange sehr dünn, ebenso wie die Basalmembranen der Gefäße und auch die des Körper- epithels, es sind alles Gebilde, die zuletzt ihr normales Aussehen annehmen. — Wie wir sehen, stellt das Darmgefäßnetz der Lumbri- ciden keine „ursprüngliche Komponente des Blutgefäßsystems‘ dar und ist kein „integrierender Bestandteil“ des Entoderms. Es entsteht sekundär in der Form von Spalträumen zwischen dem Darmepithel und der es umgebendeu Ringmuskelschicht und hat mit der Bildung der übrigen Gefäße nichts zu tun. Damit fallen auch selbstverständlich die weiteren durch VEJDOVSKY gezogenen Schlüsse. Er sagt nämlich: „Da ferner die Hauptbahnen, wie das Herz und das Bauchgefäß, einfache Differenzierungen des Blutsinus vorstellen, muß sich auch in erster Reihe das Vasothel an deren Bildung beteiligen. Die Zellen des Vasothels vermehren sich kinetisch in diesen Bahnen und bilden auf diese Weise eine innere Ausstattung“ (p. 156). Und weiter: „Die Bildung der Ernährungs- flüssigkeit und deren ursprüngliche Umhüllung fällt also dem Entoderm zu. Für die weitere Verteilung des Blutes in der Leibeshöhle sorgt dagegen das äußere Cölothel, welches sich nur in Gestalt der Muskelzellen an das Vasothel anlegt“ (p. 157), Wir haben aber gesehen, daß sich die Gefäße vor der Entstehung | des Darmgefäßnetzes bilden und ihre Wandungen ausschließlich cölomatischen Ursprunges sind. Sie differenzieren sich aus einem Blutsinus, der einen Spaltraum zwischen dem Darmepithel und der Mesodermanlage darstellt, ganz in Uebereinstimmung mit der LanGgschen Hämocöltheorie (vergl. These 3, p. 195 in Lang „Irophocöltheorie*). Auch die Lanasche These 12: „Die echten Gefäße haben ab origine keine anderen Wandungen als 1) die Gonocölwandung (Cölothelwandung) und eventuell 2) die Epithel- wandung des Darmes“ (p. 194), fällt nicht, wie VEJDovskY haben will, sondern findet eine Bestätigung in den in Fig. 9, Taf. 25, Fig. 13, 14, Taf. 26 abgebildeten Stadien. Ueberhaupt, wenn man die Abbildungen der Gefäßanlagen bei Lumbricus vergleicht mit den Schemata, die uns Lang auf Taf. 3, Fig. 18—25 in seiner Trophocöltheorie gibt, muß man die Identität der beiden kon- statieren. Von dem durch VEJDVoSKY angenommenen entodermalen Ursprung der inneren Ausstattung der Gefäße kann überhaupt die | | | | | 4 n I u. Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 513 Rede nicht sein, denn es gibt zuerst gar keine Zellen in den Ge- - fäßen außer der Cölothelgefäßwand. Diese spaltet sich in 2 Lamellen, eine innere, dem Peritonealüberzug, und eine äußere, dem Gefäß- lumen zugekehrte; wir können weiter mit den Worten von LANG _ sagen: „Bei der Delamination der einfachen embryonalen Cölothel- gefäßwand differenziert sich die basale, dem Lumen des Gefäßes zugekehrte Zelllage zu zwei verschiedenen Zellelementen, nämlich 1) zu den Muskelfasern und 2) zu den Matrixzellen der Basal- membran“ (03, p: 248). Klappen und wahrscheinlich auch Blutkörperchen sind „exotropische Bildungen‘ (vergl. meine Fig. 24, 25, 26, Taf. 27, mit Lanas Fig. 27, Taf. 3). Die Hauptgefäß- schlingen entstehen in den intersegmentalen Septen, welche Land als für sie prädestinierte Stellen hält (These 30, p. 199) (vergl. auch meine Fig. 22, 23, Taf. 27, mit Langs Fig. 3 und 4, Taf. 1). Nun ergiebt also die Bildung des Blutgefäßsystems bei Lumbri- ciden Tatsachen, die ganz im Einklang mit der durch meinen hochverehrten Lehrer aufgestellten Hämocöltheorie stehen. Der einzige abweichende Punkt ist der, daß das Darmgefäßnetz bei Lumbricus keinen zurückbleibenden Rest des Darmsinus darstellt, sondern als ein sekundärer Spalt zwischen Darmepithel und Ring- muskelschicht auftritt, was wahrscheinlich mit dem modifizierten Bildungsmodus des Rückengefäßes (paarige Anlage)in Zusammenhang steht. Der Blutsinus selbst ist ja auch hier auf ein Minimum redu- ziert (Fig. 7b, Taf. 24), denn die Blutlakune um den After (Fig. 7a, Taf. 24; Fig. 9, Taf. 25), die ich zuerst für einen Sinus gehalten habe, wäre wahrscheinlich in der normalen Entwickelung nicht zu finden und ist als eine durch spezielle Bedingungen der Regene- ration hervorgerufene Modifikation anzusehen. Es könnte vielleicht unberechtigt erscheinen, daß ich aus regenerativen Prozessen, die abnorm verlaufen können, direkte "Schlüsse auf embryologische Entwickelung ziehe, aber am Hinter- ende verlaufen die regenerativen Vorgänge, abgesehen von den ersten Stadien, durch welche die Entwickelung in normale Bahn erst hineingeführt wird (z. B. die ersten Stadien der Blutgefäß- _ anlage, das Fehlen der Teloblasten) im kleinsten Detail identisch mit der normalen Entwickelung, so daß ich auch da, wo embryo- logische Untersuchungen bis jetzt fehlen, die Identität der beiden Prozesse mit höchstem Grad der Wahrscheinlichkeit annehmen darf, \ wie ich es auch getan habe. Dabei muß ich erwähnen, daß neben N | dem oben beschriebenen Regenerationsmodus noch ein zweiter vorkommt, der vielleicht ebenso häufig ist wie der erstere. — = 514 Janina Zielinska, Schon äußerlich sehen die beiden Sorten von Regenerationsknospen verschieden aus: die oben beschriebenen Regenerate sind lange, dünne Anhängsel, wie sie HESCHELER (96) abbildet (Fig. 1), die erst später die Dicke des alten Stückes erreichen, während die zweite Sorte dicke, kegelförmige, kurze Knospen darstellt, die ähnlich den Regeneraten am Vorderende aussehen. In den ersteren ist das ganze Anhängsel sozusagen im embryonalen Stadium und von vorn nach hinten allmählich in der Entwickelung fortschreitend. Bei den dicken Knospen legt sich zuerst ein Segment an, bildet sich fast ganz aus und erreicht fast die Breite und Dicke der alten Segmente, während sich ein zweites anlegt; während dieses auswächst, erscheint ein drittes usw. — Ich habe diesen Bildungs- modus nicht näher untersucht; aus flüchtigen Betrachtungen der Schnitte scheint es, daß sich hier nicht zuerst Keimstreifen bilden, die sich allmählich differenzieren, sondern daß die Zellen massen- haft aus der Epidermis auswandern, sich nach der Organbildungs- stelle begeben und sich zu den betreffenden Organen differenzieren. Jedenfalls weicht dieser Bildungsmodus stark ab von der embryo- nalen Entwickelung, und es wäre interessant, ihn mit dem ersteren zu vergleichen. Wovon es abhängt, ob sich eine dünne, lange Knospe, oder eine kurze, dicke bildet, wußte ich nicht zu ermitteln, da ich zuerst auf diese Erscheinung meine Aufmerksamkeit nicht lenkte. Es könnte hier der bessere oder schlechtere Ernährungs- zustand des operierten Wurmes von Bedeutung sein, wofür der Umstand spricht, daß die in der Erde gehaltenen Würmer fast immer lange Anhängsel bekamen, während bei denen in feuchter Leinwand die Zahl der kurzen Knospen überwiegt. Die beiden Autoren, die die Regeneration bei Lumbrieiden untersucht haben, HESCHELER und MiıcHkt (98), konstatieren auch eine Uebereinstimmung der Regenerationsvorgänge mit der em- bryonalen Entwickelung, aber nicht eine so volle Identität, wie ich sie gefunden habe. Bei HESCHELER ist es verständlich, weil am Vorderende die Bedingungen der beiden Prozesse nicht so identisch sind wie beim Hinterende, und MıcHEL ist über die An- lage mancher Organe nicht ganz ins klare gekommen, und darum konnte er die Identität der beiden Prozesse nicht sehen, denn nach seinen Zeichnungen scheint er auch lange, dünne Knospen untersucht zu haben. Einen Vergleich mit den regenerativen Vorgängen bei anderen Anneliden gebe ich nicht, weil es mir unzweckmäßig erscheint, darüber jetzt schon‘zu sprechen, wo die Angaben sich oft wider- Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 515 sprechen und die Tatsachen noch viel zu wenig sicher festgestellt sind. Ich kann wohl noch jetzt mit HESCHELER sagen: „Was für die Erkenntnis der Regenerationserscheinungen vor allem not tut, sind weitere eingehende Beobachtungen“ (98). Zusammenfassung. 1) Es wurden 195 Würmer derart operiert, daß meistens 1/,—!1/), vom Wurme hinten abgeschnitten war. Es hat sich ge- zeigt, daß die größte Widerstandsfähigkeit und Regenerations- fähigkeit Eisenia foetida hat: von 38 operierten Individuen regene- rierten 35, und zwar nach 2—30 Tagen. Ihr folgt Helodrilus longus und caliginosus; von ersterem regenerierten von 104 ope- rierten 82 Würmer, von letzterem von 9 operierten Individuen 3, nach 3 Tagen bis 8 Monaten. Endlich von 15 Lumbricus ter- restris und 29 rubellus regenerierte keiner. Es hat sich gezeigt, daß junge Tiere schneller regenerieren als geschlechtsreife, und solche Individuen, welche weiter hinten operiert wurden, rascher als die mehr vorn zerschnittenen. Kleine Mittelstücke zeigen bei großer Sterblichkeit schwache Regenerations- fähigkeit; mehrmalige Regeneration wurde beobachtet. 2) Nach der Operation nähern sich die angeschnittenen Darm- ränder den Rändern des Hautmuskelschlauches, so daß die Wunde die Gestalt eines schmalen Ringes um den After annimmt. Der After bleibt dabei immer offen. Die Wunde wird durch das Narbengewebe verschlossen, welches zuerst aus Lymphocyten und später außerdem aus spindelförmigen Zellen besteht, die aus der Längsmuskulatur, die einer Involution unterliegt, auswandern. Es wurde Phagocytose häufig beobachtet. Die angeschnittenen Gefäße kontrahieren sich stark, wodurch ihr Lumen verengt wird, auch werden sie verstopft durch Hämocyten, so daß kein Blut aus ihnen ausfließen kann. Erst wenn sich die Wunde definitiv durch die Epidermis, welche sich über das Narbengewebe schiebt und mit dem Darmepithel verschmilzt, verschlossen hat, verschwinden all- mählich die Hämocyten, und es fließt Blut in die junge Knospe vom ventralen Gefäß aus und wird um den After dorsalwärts bis zum Rückengefäß getrieben, welches es aufnimmt. 3) Bis zu diesem Stadium wurden keine Mitosen beobachtet; von da an kommen sie in großer Anzahl sowohl im Darme wie im Körperepithel vor. Aus der Epidermis wandern Zellen in die = 516 Janina Zielinska, Tiefe aus, die sich von den übrigen Elementen des Narbengewebes durch ihre großen hellen Kerne mit stark hervortretenden Kern- körperchen unterscheiden. Wahrscheinlich stellt die Epidermis nicht die einzige Quelle der Regenerationszellen dar, da solche auch aus den Muskelschichten ins Narbengewebe auszuwandern scheinen. Die Zahl der Regenerationszellen nimmt im Narben- gewebe zu in dem Maße, in welchem die übrigen Elemente ver- schwinden; wahrscheinlich unterliegen letztere einer Involution und werden durch die Regenerationszellen resorbiert. Ein Teil dieser letzteren ordnet sich zu Mesodermstreifen (unbekannt, ob meso- oder ektodermalen Ursprunges), andere bleiben zerstreut als Mesenchymzellen. Die Mesodermstreifen sind scharf von der Epidermis gesondert und zeigen nie Uebergänge in die letztere. Die neue Knospe hat jetzt die Gestalt einer Hervorwölbung; die junge Epidermis ist zuerst einschichtig, bald aber werden als eine tiefere Schicht derselben 4 Paar Teloblastenreihen sichtbar. Sie sind von ihr scharf gesondert und gehen in die Epidermis nur an der hintersten Spitze der Knospe über. Das mittlere Paar dif- ferenziert sich zum Bauchmark, aus den übrigen entstehen wahr- scheinlich die Nephridien und Borstensäcke. Die Entstehungs- weise der Teloblastenreihen ist unbekannt geblieben. Teloblasten wurden nicht beobachtet. 4) Das sog. Mesoderm stellt seinem Ursprung nach kein ein- heitliches Gebilde dar, und demnach wird das primäre, ektodermalen Ursprunges, aus welchem die Ringmuskulatur des Körpers und Darmes sich bildet, vom sekundären oder cölomatischen Mesoderm unterschieden, welches aus den Keimstreifen entsteht und die Längsmuskulatur des Körpers und Darmes, die Muskulatur der Dissepimente und Mesenterien, das Peritonealepithel, die Blut- gefäßwandungen und die intravasalen Gebilde, Klappen und wahr- scheinlich auch die Blutkörperchen liefert. — Die Ringmuskulatur des Darmes wird durch Mesenchymzellen gebildet, welche wahr- scheinlich aus dem Ektoderm ausgewandert sind. — Die Ring- muskulatur des Körpers entsteht aus Zellen, die aus der Epidermis auswandern, sich mit ihren Längsachsen in der Richtung der späteren Ringmuskelfasern ordnen, in die Länge wachsen und Muskelfibrillen ausscheiden. 5) Die Zellen der Mesodermstreifen zerfallen der Reihe nach in Gruppen, die später zu hohlen Mesodermsäckchen werden. Diese dehnen sich aus, legen sich einerseits an die Haut, anderer- seits an den Darm, welchen sie umwachsen, und bilden die beiden Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 517 _ Mesenterien. Ihre Zellen differenzieren sich einerseits zur Peri- tonealauskleidung der Leibeshöhle, andererseits zur Längsmusku- latur des Körpers und Darmes, zur Muskulatur der Dissepimente, Mesenterien und Gefäße. Die Kästchen der Längsmuskulatur- schicht des Körpers entstehen wahrscheinlich durch Faltung der Somatopleura. 6) Das Blutgefäßsystem tritt zuerst in der jungen Anlage als ein Ring von Blutlakunen und Mesenchymzellen auf, welche sich beiderseits vom Darme, vom alten ventralen bis zum dorsalen Ge- fäße zieht. Durch stärkere ventrale Auswachsung der Knospe kommt der After dorsal zu liegen, und der frühere Blutring nimmt eine mehr horizontale Lage ein, wird in die Länge ausgezogen und stellt die paarige Anlage des dorsalen Gefäßes dar. Nur an der hintersten Spitze bleibt eine Blutlakune zwischen dem Darm- epithel und den Mesodermsäcken, der Blutsinus, aus dem die 3 Längsstämme (das Bauchgefäß und das paarige dorsale Gefäß) ihren Ursprung nehmen. Die Wandungen der Gefäße sind cölo- thelialen Ursprunges, indem die Cölomsäcke ventral eine Blutbahn vom übrigen Sinus abschließen — das ventrale Gefäß, und lateral zwei, welche mit der Auswachsung der Cölomsäcke dorsalwärts geschoben werden, bis sie zu einem dorsalen Gefäße verschmelzen. Die Seitenschlingen entstehen aus Septalsinussen durch Lokali- sierung des Blutes und Abschnürung von den Dissepimenten. Die zuerst aus einer Schicht der Cölomwandungszellen bestehende _ Gefäßwand der kontraktilen Gefäße differenziert sich durch De- lamination zum Peritonealüberzug (Chloragogen) einerseits, Muskel- epithel und Matrixzellen der Basalmembran andererseits. — Die Klappen bilden sich durch Einstülpung der Cölothelwandungszellen ins Innere des Gefäßes, wahrscheinlich ebenso entstehen auch die Blutkörperchen. Das Darmgefäßnetz ist nicht ein Ueberrest des ursprünglichen Blutsinus, es entsteht sekundär als Spaltenräume zwischen dem Darmepithel und der ihm anliegenden Ringmuskel- schicht. 7) Die regenerativen Prozesse am Hinterende von Lumbrieiden verlaufen, abgesehen von den ersten Stadien (Mangel an Telo- blasten, Afterbildung), identisch mit der embryonalen Entwickelung. | Außer dem von mir untersuchten Regenerationsmodus, bei welchem ‚ lange, dünne Regenerationsknospen entstehen, kommt noch ein ‚ zweiter vor mit kurzen, dicken Knospen, bei welchen wahrschein- lich der Entwickelungsprozeß vom embryonalen abweicht. | ” 518 Janina Zielinska, Literatur. 1902 Aser, M., Beiträge zur Kenntnis der Regenerationsvorgänge bei limicolen Oligochäten. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LXXIH. 1893 ArArny, H., Ueber die Muskelfasern von Ascaris nebst Be- merkungen über die von Lumbricus und Hirudo. Zeitschr. f. wiss. Mikr., Bd. 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Morph., Vol. IH. u in neh + - A After Bam Basalmembran Bam.a äußere "Bam.i innere Bik Blutkörperchen Bil Blutlakune Bm Bauchmark Bis Blutsinus BR 1u. 2 Borstenreihe 1 und 2 Bs Borstensack © Cutieula Chlz Chloragogenzellen Cöl Cölom CölW Cölomwandung DE Darmepithel DG Dorsalgefäß Dyn Darmgefäßnetz Dis Dissepiment DPS dorsoparietale Schlinge Dim Dissepimentmuskulatur DW Darmwandung Ein Einsenkung Emz Epithelmuskelzelle Ep Epidermis Kiz Klappenzellen LG Lateralgefäße _ Lm Längsmuskel Basalmembran Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 523 Figurenerklärung. Lz Lymphzellen Mchz Mesenchymzellen MesS Mesodermstreifen Mest Mesenterium Mesz Mesodermzellen Mi Mitose Mp Muskelpartikelchen Mz Muskelzelle Neph Nephridium NephR Nephridialreihe NR Neuralreihe Per Peritoneum REp regenerierte Epidermis Rg Regenerationsgewebe Rm Ringmuskel Rmf Radialmuskelfaser rv(@ regeneriertes ventrales Gefäß Rz Regenerationszellen Sng Subneuralgefäß spz spindelförmige Zelle Ss Septalsinus SSchl Seitenschlinge Vac Vakuole Vg Ventralgefäß vV verdauende Vakuolen U Unterbrechungsstelle an der Gefäßwand. | Alle Figuren, ausgenommen Fig. 7, sind mit dem Zeichen- | apparat gezeichnet und beziehen sich auf Zeißsche Achromate und | Huygenssche Okulare. Tafel 234. Fig. 1. Spindelförmige Zellen und Lymphocyten aus dem Narbengewebe eines Helodrilus longus, 6 Stunden nach der Ope- ‚ration (Juni). Sagittaler Längsschnitt 6 u. Wässerige Sublimat- ‚lösung. Hämalaun-Van Gieson. 940 :1. ; Fig. 2. Ein Stück der Involution unterliegender Längsmusku- latur von einem Helodrilus longus, 2 Tage nach der Operation (Juni). Sagittaler Längsschnitt 6 u. Chromsalpetersäure. Hämalaun-Ery- 940 :1. | ® 524 Janina Zielinska, Fig. 3. Narbengewebe mit aus der Epidermis auswandernden Regenerationszellen, Lymphocyten und Muskelpartikelchen. 9 Tage nach der Operation (Mai). Helodrilus longus. & Uebergangsstelle der regenerierten Epidermis in die alte. Sagittaler Längsschnitt 5 u. Chromsalpetersäure. Hämalaun-Van Gizson. 390 :1. Fig. 4. Zwei Phagocyten aus einem alten Segment eines Helo- drilus caliginosus. 18 Stunden nach der Operation (Juni). Pikrin- schwefelsäure. Hämalaun-Erythrosin. 940 ::1. Fig. 5. Dorsales Gefäß aus dem letzten Segment von einem Helodrilus longus 6 Stunden nach der Operation (Juni), mit Blut- körperchen gefüllt. Sagittaler Längsschnitt 6 u. Wässerige Sub- limatlösung. Hämalaun-VAn Gıeson. 390 :1. Fig. 6. Ventraler Teil von einer ganz jungen Anlage der Regenerationsknospe von Helodrilus longus (4 Tage nach der Ope- ration). Sagittaler Längsschnitt 5 u. x Grenze der jungen Knospe an die alte Epidermis, x! an das alte Darmepithel, an das die Basal- membran und das Blutgefäßnetz angrenzen, Dsm bei der Operation beschädigte und der Involution unterliegende Dissepimentmusku- latur, Mes Mesodermanlage, Bm das verjüngte und der Involution unterliegende Bauchmarkende, welches im Regenerationsgewebe sich verliert, das in unmittelbarer Kommunikation mit der Epidermis steht, Lm in Zerfall begriffene Längsmuskelschicht. Chromsublimat. Hämalaun-Van Gıeson. 220:1. Fig. 7. Zwei Schemata zur Darstellung der Anlage des Blut- gefäßsystems. Ansicht von der Seite etwas von oben. Tafel 25. Fig. 8. Querschnitt (6 u) durch eine sehr junge Regenerations- knospe, welche dem Stadium an der Fig. 7a entspricht. Einer der hintersten Schnitte und nur die ventrale Seite, die schon etwas länger war als die dorsale, getroffen. Helodrilus longus. Blutsinug und Keimstreifen sichtbar. COhromsalpetersäure. Hämalaun - Ery- throsin. 220:1. Fig. 9. Ein paar Schnitte weiter vorn als Fig. 8, auch die dorsale Seite getroffen. Rechts bei &——x geht die Knospe, die an einer schiefen Schnittfläche ausgewachsen ist, in das alte Gewebe über. Blutlakune um den Darm entsprechend der Fig. 7a. Cölom- säcke mehr ausgedehnt als auf der Fig. 8 und das ventrale Gefäß angelest. Die Neuralreihe zum Bauchmark differenziert; die übrigen Teloblastenreihen noch sichtbar. 140:1. Fig. 10. Der hiuterste Teil einer Regenerationsknospe von Helodrilus longus. Mesodermstreifen und Neuralreihe. Sagittaler Längsschnitt 4 a. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 390 :1. Fig. 11. Regenerationsknospe von einem Helodrilus caliginosus. Sagittaler Längsschnitt 6 u. Mesodermstreifen, Neuralreihe, Blut- sinus, ventrales und laterales Gefäß. DW flach angeschnittene Darmwand, Lz merkwürdige Ansammlung von Lymphzellen am | | | | 2 Ueber Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. 925 alten Segment an der Berührungsstelle des letzteren mit dem Re- generat, sie war an der ganzen Serie vorbanden. Chromsalpeter- säure. Hämalaun-Erythrosin. 140:1. Tafel 26. Fig. 12. Ein Stück aus der Mitte einer Regenerationsknospe von einem Helodrilus longus. Sagittaler Längsschnitt 6 u. Nur der ventrale Teil dargestellt. Der Schnitt geht seitlich vom Bauch- mark, so daß dasselbe noch angeschnitten ist. Zusammenhang der Septalmyoblasten mit Epidermiszellen. Chromsalpetersäure. Eisen- hämatoxylin-Erythrosin. 390: 1. Fig. 13. Querschnitt durch eine Regenerationsknospe von Eisenia foetida. Das ventrale Gefäß und die beiden lateralen. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 140: 1. Fig. 14. Hinterer Teil einer Regenerationsknospe von Helo- drilus longus. Sagittaler Längsschnitt seitlich vom Darme 6 u. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 140:1. Fig. 15. Querschnitt durch den Hautmuskelschlauch einer Re- generationsknospe von einer Eisenia foetida, 5 u. Chromsalpeter- säure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 390 :1. Fig. 16. Dasselbe ein paar Schnitte weiter vorn. Fig. 17. Dorsaler Teil von einem Querschnitt durch Re- generationsknospe von einer Eisenia foetida. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 220:1. Tafel 27. Fig. 18. Das ventrale Gefäß solid angelegt. Sagittaler Längs- schnitt durch eine Knospe von Helodrilus longus. Wässerige Sub- limatlösung. Hämalaun-Van Gısson. 220: 1. Fig. 19. Querschnitt (6 #) durch eine Knospe von Helodrilus longus. Chromsalpetersäure. Hämatein IA Arärny -Erythrosin. 390 : 1. Fig. 20. Querschnitt durch eine Regenerationsknospe von Helo- drilus longus. Solide Anlage des ventralen Gefäßes. Chromsalpeter- säure. Hämalaun-Van Gıeson. 390 :1. Fig. 21. Subneuralgefäßanlage. Querschnitt durch eine Knospe von Eisenia foetida. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin - Ery- throsin. 140: 1. Fig. 22. Seitenschlingenanlage. Sagittaler Längsschnitt durch eine Regenerationsknospe von Helodrilus longus (6 u). Chrom- salpetersäure. Hämalaun-Erythrosin. 390 :1. Fig. 23. Seitenschlingenanlage. Etwas späteres Stadium als vorher. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 390 :1. Fig. 24. Klappenanlage. Querschnitt durch das dorsale Gefäß, Helodrilus longus. Chromsalpetersäure. Hämatein IA Arärar- Erythrosin. 390 : 1. Fig. 25. Klappenanlage. Früheres Stadium als Fig. 24. Hori- zontaler Längsschnitt (6 „). Nur die rechte Seite des Rücken- Bd. XLIV. N. F. XXXVII. & 34 526 J. Zielinska, Regenerationsvorgänge bei Lumbriciden. gefäßes dargestellt. Der Pfeil bezeichnet die Richtung des Blut- stromes von hinten nach vorn. Chromsalpetersäure. Hämatein Ta ArAruHy-Erythrosin. 390:1. Fig. 26. Ein paar Segmente mehr vorn als Fig. 25 und Hi die linke Gefäßseite dargestellt. Die Wandung der parietalen Schlinge Sach angeschnitten. Fig. 27. Ein Stück der dorsalen Wandung (sagittaler Längs- schnitt) des Rückengefäßes vom Regenerate eines Helodrilus longus, um die Differenzierung der Schichten zu zeigen. Chromsalpeter- säure. Eisenhämatoxylin-Erythrosin. 940: 1. Tafgli28. Fig. 28. Sagittaler Längsschnitt durch die Darmwandung von einem Regenerate (Helodrilus longus), um die Bildung des Darm- gefäßnetzes zu zeigen. Chromsalpetersäure. Hämalaun-VAan GIEson. 390 : 1. Fig. 29. Querschnitt durch ein Regenerat von Helodrilus longus, dorsaler Teil der Darmwandung und das dorsale Gefäß mit dorso-parietalen Schlingen dargestellt. HerkmAanns Gemisch, Safranin. 390:1 Fig. 30. Ein Stück von der Rückengefäßwand mit einer ein- gestülpten Klappenzelle und sich zu Chloragogen differenzierender Cölothelwandungszelle, um die Identität der Kerne bei den beiden Elementen zu zeigen. Ühromsalpetersäure Hämatein IA ArAruy- Erythrosin. 940 :1. Fig 31. Drei Gruppen. ven Kernen: a Kerne von Peritoneal- zellen, b Kerne von Klappenzellen, c von Chloragogenzellen vom Regenerate eines Helodrilus longus, von einem Stadium, an welchem sich Klappenzellen ins Innere des Gefäßes einstülpen. Ohro mean säure. Hämalaun-Van Gieson. 940:1. Fig. 32. a Chloragogenzellenkerne, b Klappenzellenkerne von einem erwachsenen Segmente. Chromsalpetersäure. Eisenhämatoxylin- Erythrosin. 940:1. Fig. 33. Ein Teil von der dorsalen Rückengefäßwandung aus einem fortgeschrittenen Regenerationsstadium eines Helodrilus longus, Querschnitt. Herrmanns Gemisch, Eisenhämatoxylin. 530:1. Fig. 34. Ein dorsaler Teil von der Rückengefäßwandnng eines erwachsenen Helodrilus longus. Querschnitt 6 u. Chromsalpeter- säure. Hämalaun-Van Gieson. 530:1. Fig. 35. Ein Teil des Querschnittes über die Darmwandung von einem Helodrilus longus an der Uebergangsstelle (x) der Knospen- anlage in die alte Darmwandung, um die Bildung der Basalmembran des Darmes zu zeigen. Ühromsalpetersäure. Hämalaun-VAn GIESoN. 390 : 1 ee ERREGER nn es Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. Von Walter Effenberger aus Pirna (Sachsen). Hierzu Tafel 29—32 und 13 Figuren im Text. Die vorliegende Arbeit schließt sich an die Untersuchungen an, welche im hiesigen zoologischen Institut an einem anderen Myriapoden, nämlich an Iulus ausgeführt worden sind !). Während Julus in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand eingehenden Studiums war, hat sich niemand näher mit der Unter- suchung von Polydesmus, einer den Iuliden verwandten Gattung der Diplopoden, beschäftigt. Herr Prof. Dr. H. E. Ziegler machte mir daher den Vorschlag, im Anschluß an seine eigenen For- schungen ?) und die des Herrn Dr. HERMANN Krug, die Gattung Polydesmus zum Gegenstande einer eingehenderen Untersuchung zu machen. E Es drängt mich, an dieser Stelle meinen hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. H. E. ZıEGLER, für die liebenswürdige Unter- stützung, die er mir bei meiner Arbeit zuteil werden ließ, meinen _verbindlichsten Dank abzustatten. F - Den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen bildete das Tracheen- system, doch habe ich auch andere Organsysteme in den Kreis Meiner Untersuchungen hineinbezogen, so daß sich meine Arbeit in die folgenden Abschnitte gliedert: I. Material und Methode, II. Aeußere Gliederung, III. Biologie, W. Respirationssystem , V. Darmkanal, VI. Drüsen, VII. Ge- schlechtsorgane. 00 1) H. Krug, Beiträge zur Anatomie der Gattung Iulus. Jenaische Zeitschr., Bd. XLII. 2W H. E. ZIEGLER, Die Tracheen bei Iulus. Zool. Anzeiger, Bd. XXXI, 1907. % 34* 528 Walter Effenberger, I. Material und Methode. Für meine Untersuchungen verwendete ich die Species Poly- desmus complanatus, die in der kalkreichen Gegend von Jena an den geeigneten Oertlichkeiten überall in großer Zahl vorkommt, so daß man in kürzester Zeit reichliches Material sammeln Kann. Bei der Untersuchung habe ich mich zweier Methoden bedient. Zur Orientierung über die chitinigen Teile des Körpers wendete ich das Mazerationsverfahren an. Ich kochte nach vorausge- gangener Abtötung einen Teil des Tieres in Kalilauge aus, wusch das so erhaltene Präparat sauber in siedendem Wasser aus und löste dann mit feinen Nadeln unter einer starken Lupe die zu untersuchenden Segmente aus dem Verbande der übrigen. Solche Präparate kann man auch mit Vorteil in toto in Kanadabalsam einschließen, wenn man sie vorher mit Pikrinsäure gefärbt hat. — Die zweite Methode, die bei der Untersuchung von Weichteilen allein in Frage kommt, ist die des Schneidens. Mit Hilfe des Hennin@schen Gemisches, das gleichzeitig ein gutes Fixierungs- mittel ist, oder mittels schwefeliger Säure entkalkte ich die Tiere. Die Einbettung in Paraffin allein erwies sich als unbrauchbar. Ich wendete daher die doppelte Einbettungsmethode in Celloidin- Paraffin an. So behandelt, ergaben die Tiere ausgezeichnete Schnitt- serien, die nach ArArhuys Methode gefärbt wurden. Die Dicke meiner Schnitte beträgt durchgehends 10 u, was sich als völlig ge- nügend erwies. lm hiesigen zoologischen Institut befinden sich zahlreiche Myriapodenpräparate, die von dem verstorbenen Herrn Dr. vom RATH | angefertigt worden sind und die ich ab und zu zur Kontrolle be- nutzte. Zwei meiner Textfiguren sind nach Totopräparaten des Herrn Dr. vom Raru entworfen. Die Präparate waren nur mit | „Polydesmus“ signiert. Wahrscheinlich handelt es sich um Poly- | desmus complanatus, da viele Schnitte diese Signatur tragen. Sämtliche Tafelfiguren und einige Textfiguren wurden mit Hilfe | des Aggeschen Zeichenapparates ihren Umrissen und wesentlichsten ' Teilen nach entworfen. \ II. Die äußere Gliederung von Polydesmus. ji Zum Verständnis der folgenden Abschnitte, welche die innere | Anatomie von Polydesınus complanatus und seine Biologie be- treffen, ist eine genaue Kenntnis der äußeren Organisation des. Tieres nötig. Ich "muß daher auf die äußere Gliederung kurz ein- Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 529 gehen, obgleich diese in den Abhandlungen früherer Autoren (z. B. FABRE, voM RATH, VON ATTEMS, VERHOEFF u. a.) schon mehrfach beschriebem worden ist. Polydesmus complanatus ist im erwachsenen Zustande unge- _ fähr 2 cm lang und besitzt dann abgesehen vom Kopfe die konstante Zahl von 20 Segmenten oder Zoniten, die miteinander durch chitinige, dünne Membranen, die Membranae interzoniticae, verbunden sind. Diese 20 Segmente bilden den Rumpf, der auf Grund der verschiedenen Ausbildungsweise der Zonite in drei Abschnitte gegliedert werden kann. Diese sind: 1) der Vorder- rumpf oder Praetruncus, welcher sich aus den ersten 4 Segmenten zusammensetzt, 2) der Mittelrumpf oder Mesotruncus, der die Zonite 5—18 umfaßt, und endlich 3) der Hinterrumpf oder Meta- truncus, der vom 19. beinlosen Segment und vom Analsegment gebildet wird. Den typischen Bau des Diplopodensegmentes zeigen die Zonite des Mittelrumpfes, welche je 2 Beinpaare tragen. Weiter be- obachtet man an einem derartigen Zonit sehr deutlich zwei Ab- schnitte (besonders dann, wenn man es aus dem Verbande der übrigen gelöst und mit Kalilauge gekocht hat). Der vordere zylindrische Teil, das Prozonit, ist im Leben fast vollständig in den hinteren Teil des vorhergehenden Segmentes fernrohrartig ein- geschoben und ist klar durch eine Ringfurche vom hinteren Teile des Ringes abgegrenzt. Letzterer, das Metazonit, zeigt in seinem zentralen Teile genau wie das Prozonit kreisförmigen Querschnitt. Es ist, aber in seinen oberen Partien zu beiden Seiten flügelartig ver- breitert, wodurch die für den Habitus von Polydesmus so charak- teristischen „Seitenkiele“ entstehen. Während nun das Prozonit eine glatte Oberfläche hat, zeichnet sich besonders der Rücken des Metazonits durch reiche Skulpturierung des Chitinpanzers aus. An einem normalen Zonit unterscheidet man nun mehrere _ Chitinstücke: 1) das Rückenschild, 2) die Seitenschilder oder Pleuren und 3) die Bauch- oder Ventralplatten. Während sich nun die ventrale Fläche des Prozonits von seinem übrigen Umfang "nicht abhebt und unterscheidet, ist die Bauchfläche des Metazonits zwischen den Ansatzstellen der Beine deutlich abgesetzt, und diese ' Zone des Chitinringes nennt man „Ventralplatte“. Alle diese Chitinteile sind bei Polydesmus complanatus in einem normalen Zonit miteinander zu einem kompakten Ringe verschmolzen. Dem- nach gehört die Gattung Polydesmus nach BrRAnDTSs alter Einteilung der Myriapoden zu seiner Gruppe der „Monozonia“. = 530 5,05 Walter Effenberger, Die Beine sind auf der Ventralseite des Körpers mit kugeligen Gelenkknöpfen in deutlichen Gelenkpfannen befestigt. Sie werden durch je 3 Muskelbündel bewegt. Eines dieser Bündel nimmt seinen Ursprung an der dem Beinpaare entsprechenden Tracheen- tasche; ein zweites Bündel geht von der zu letzterer symmetrisch gelegenen Tracheentasche aus, und das dritte Bündel inseriert an einer Chitinleiste, die in der Mediane des Körpers von der Ventral- platte aus in das Innere des Körpers emporragt (siehe auch den Ab- schnitt über das Tracheensystem). — Das erste Beinpaar des T. Segmentes ist beim Männchen in die beiden Kopulationsfüße um- gewandelt (siehe den Abschnitt über die Geschlechtsorgane). Die meisten Segmente des Mesotruncus sind durch den Besitz eines Drüsenpaares ausgezeichnet, der Wehrdrüsen (Glandulae odoriferae), die dem Tier zur Verteidigung dienen. Sie münden an den zugeschärften Rändern der Seitenkiele nahe ihrem hinteren Ende in Gestalt der „Saftlöcher“ (Foramina repugnatoria) nach außen. Sie verteilen sich auf folgende Segmente: 5, 7, 9, 10, 13, 15—19, sind also in der Gesamtzahl von 22 vorhanden. Vielfach hat man nun die Frage erörtert, wie ein Zonit ent- wickelungsgeschichtlich aufzufassen sei. SILVESTRI z. B. ist der Ansicht, daß ein Zonit durch Verdoppelung eines einfachen Seg- mentes entstanden sei und seine ursprüngliche Einheit unter an- derem noch in der Muskulatur erkennen lasse. Rossı dagegen ver- tritt die Meinung, die Zonite müßten als einfach angesehen werden, da ihre Myomere und die Stinkdrüsen einfach seien und man auch eine Verschmelzung zweier Segmente weder im embryonalen noch im postembryonalen Leben beobachten könnte. Graf ArTEMS sagt schließlich im Gegensatze zu Rossı in seinem „System des Polydes- miden“, die Zonite seien „aus der Verschmelzung zweier Segmente entstanden zu denken“. Die Entscheidung der Streitfrage dürfte wohl nur auf Grund von eingehenden embryologischen Unter- suchungen zu fällen sein, wie sie zur Zeit noch fehlen. In mehr als einer Hinsicht weichen vom Bau der Zonite des Mesotruncus die des Praetruncus ab, auf die wir jetzt näher ein- ' gehen müssen. Diese 4 Zonite tragen zusammen nur 3 Bein- paare. Am ausgebildeten Tiere sieht man äußerlich am 1. Seg- ment ein Beinpaar. Das 2. Segment erscheint beinlos, und das. und 4. Segment trägt jedes wiederum ein Beinpaar. Beim Weibchen ist jedoch die Zugehörigkeit des 2. Beinpaares zum 3. Segment äußerlich nicht ganz sicher erkennbar. Ich habe, um mir die etwas verwickelten Verhältnisse klarzu- ‘ Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 531 machen, bei einer Reihe von Exemplaren von Polydesmus den Vorderrumpf des Tieres abgeschnitten und in Kalilauge ausgekocht. Dann wurden mit Nadeln die Segmente unter der Lupe voneinander losgelöst und einzeln untersucht. Dabei ergab sich folgendes: Das 4. Segment zeigt nichts besonders Bemerkenswertes. Es ist gebaut wie die Segmente des Mesotruncus mit dem Unterschiede, daß es nur ein Beinpaar trägt. Das 3. Segment zeigt bei Männchen und Weibchen ein ab- weichendes Verhalten. Beim Männchen (siehe Textfig. 1) ist das 3. Segment ein einheit- licher geschlossener Chitin- ring, wie alle die des Meso- truncus. Die Coxen der Beine, die in Gelenk- pfannen sitzen, sind von oben nach unten von je einem Kanälchen durch- bohrt, dem Endabschnitte der Vasa deferentia (mvd). Penisbildung fehlt vollkom- men. Etwas anderes Ver- halten zeigt das 3. Segment beim Weibchen (siehe dazu Textfig. 2 u. 3). Es trägt die weiblichen Kopulations- Fig. 1. Polydesmus complanatus. Ge- : & samtansicht des 3. Segmentes des Männ- organe,die paarigen Vulven, chens von hinten. Man sieht die Ventral- die, wenn außer Gebrauch, platte mit dem übrigen Teile des Ringes in in dasiI Kö fester Verbindung. Die Coxen des 2. Bein- ief in das Innere des Kör- paares (bp,) sind von den Mündungen der pers zurückgezogen sind, Vasa deferentia (mvd) durchbohrt. Die re- E : ; duzi Tracheentaschen (trt) sind be- so daß sie äußerlich nicht re Be _ wahrnehmbar sind. Bei dem Kopulationsakte, der darauf folgenden Eiablage und bei der Häutung sind sie weit aus dem Körper vorgestreckt, und zu diesem Zwecke muß selbstverständlich eine Oeffnung vorhanden sein. Am maze- rierten Tiere kann man diese Oeffnung sehr deutlich wahrnehmen. Sie liegt hinter dem zu diesem Segmente gehörigen Beinpaare. Dieses sitzt an einer Bauchplatte, die nicht fest mit dem übrigen Segment verbunden ist, sondern nur durch dünne Chitinhäutchen an ihren Rändern mit dem übrigen Segmente zusammenhängt. Auf diese Weise ist die Bauchplatte mit den zugehörigen Beinen leicht nach vorn verschiebbar und läßt dann die Oeffnung zum Durchtritt ” 532 Walter Effenberger, der Vulven hinter sich frei werden. Das Metazonit ist übrigens auf der Ventralseite durch eine schmale Chitinspange geschlossen. Während man bei älteren Autoren (z. B. bei vom RAra und Fig. 2. Polydesmus complanatus. Das 3. Segment des Weibchens, etwas schematisiert, von hinten-unten gesehen. Der Teil der Ventralplatte, der die Beine (5»,) trägt, ist gelenkig mit dem übrigen geschlossenen Ringe verbunden, so daß eine ventrale Oeffnung zum Durchtritt der Vulven (v) entstehen kann. Fig. 3. Polydesmus complanatus. Das 3. Segment des Weibchens, von vorn gesehen. Außer den paarigen Vulven (v) sieht man die reduzierten Tra- cheentaschen (trt). LATZEL) die Angabe findet, die Vulven mündeten in einer Grube zwischen dem 2. und 3. Beinpaar, kann ich nach meinen Be- funden, die mit denen von ATTEMS übereinstimmen, genauer angeben, daß die zum 3. Seg- ment zu rechnen- den Vulven durch eine Oeffnung aus- treten, die zwischen der frei beweg- lichen Ventral- platte dieses Seg- mentes und der hinteren ventralen Spange liegt. Fig. 4. Polyd lanatus. Gesamtansicht Das ig. 4. Polydesmus complanatus. Gesamtansic » des 2. Segmentes von hinten-oben. ment (s. Textiig. 4) ist bei Männchen und Weibchen ein einheitlicher, geschlossener Chitinring, der beim ausgebildeten Tiere sowohl als auch bei der mit nur 3 Beinpaaren Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 533 ausgestatteten jüngsten Larvenform offensichtlich kein Beinpaar trägt. Der ventrale Teil dieses Segmentes ist auf eine ziemlich schmale Chitinspange reduziert, die an ihrem Hinterrande eine sanfte Einbuchtung erkennen läßt. Das Prozonit ist nur dorsal gut ausgebildet, während es nach unten hin zu beiden Seiten spitz zuläuft und langsam in die schmale Ventralspange übergeht. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieses 2. Segment ursprünglich das 1. Beinpaar trägt und daß dieses erst später im Laufe der Ent- wickelung so weit nach vorn rückt, daß man es dem 1. Seg- mente zurechnen muß. Schwierig ist das 1. Segment zu verstehen (Textfig. 5). Der Rückenteil dieses Segmentes bildet den sogenannten Halsschild, ein querovales Chitinstück, das sich von seinen Seitenrändern aus ein wenig nach unten hin — spitz zulaufend — fortsetzt. Dieses Segment bildet keinen geschlossenen Ring. Nach v. ATTEMS hat man als Bauchplatte dieses 1. Segmentes das Hypostoma — das Kehlstück des Gnathochila- riums — anzusehen. In der Tat ge- lang es mir in zahlreichen Fällen, das Hypostoma mit dem Halsstücke verbunden aus dem Zusammenhange mit dem Kopfe und dem 2. Segmente loszupräparieren, so daß ich mich in diesem Punkte v. ATTEMS an- schließen kann. Zur genaueren Orien- tierung sei auf den allgemeinen Teil Fig. 5. Polydesmus com- von v. ATTEMs „System der Poly- lanatus. Ventraler Teil des 1. E : 5 egmentes mit dem daran be- desmiden“ verwiesen. — Bei der festigten 1. Beinpaare (bp,) und Isolierung des 1. Segmentes von den en in diesem Segmente vor- ur ! : andenen reduzierten Tracheen- übrigen bleibt das 1. Beinpaar an taschen (tr:). diesem haften. Untersucht man dieses _ Verhalten dann weiter, so findet man, daß das 1. Beinpaar an einer ventral gelegenen Platte befestigt ist, die durch chitinige Häutchen mit dem Rückenteil in Verbindung steht. Recht merk- würdig und abweichend von allen anderen Segmenten ist die Befestigung des Beinpaares an dieser Platte. Die Beine sitzen nicht wie sonst mit Gelenkknöpfen in Gelenkpfannen, sondern die Coxen sind schnabelförmig ausgezogen (Textfig. 5). Der = 534 Walter Effenberger, Hohlraum der Beine setzt sich bis in die Schnabelspitze hinein fort. Die Coxen liegen mit ihrer Innenfläche der Ventralplatte an, die senkrecht in den Körper hineinragt. Ganz ähnliches Ver- halten zeigt übrigens nach den Untersuchungen von Krue die Gattung Iulus. In der Literatur findet man mehrfach die Frage erörtert, welches der 4 ersten Segmnnte ursprünglich beinlos sei. Da die Entscheidung dieser Frage doch wohl nur auf Grund ontogenetischer Forschungen gefällt werden kann, und da meines Wissens solche Untersuchungen für Polydesmus noch nicht vorliegen, so kann eine Entscheidung zurzeit noch nicht gegeben werden. Immerhin er- laubt uns die vergleichende Betrachtung verwandter Formen eine Vorstellung, wie die Verhältnisse bei Polydesmus liegen dürften, Iuliden und Glomeriden, bei denen die ersten 4 Segmente gerade wie bei Polydesmus auch nur 3 Beinpaare haben, sind mehrfach entwickelungsgeschichtlich untersucht worden, und es ist wahr- scheinlich, daß sich Polydesmus ebenso wie jene verhalten wird. Heymons kam auf Grund seiner Beobachtungen, die er an den Keimstreifen von Glomeris europaea pulchra C. Kock (und Iulus flavipes) machte, zu folgendem Ergebnis: „Von den 4 einfachen Rumpfsegmenten ist beim Embryo nur das erste (Postmaxillar- segment) extremitätenlos, aber wie die übrigen mit einem be- sonderen Ganglion versehen. Das vorderste Beinpaar befindet sich am 2. Rumpfsegment und wird vom zweiten Ganglion aus inner- viert. Erst in späteren Stadien tritt eine Lageverschiebung der Extremitäten ein, derartig, daß das vorderste Beinpaar fast ganz an den Kopf herantritt und dann irrtümlich dem 1. Rumpf- segment zugerechnet werden kann. Bereits HEATHCOTE vermutete bei Iulus einen derartigen Vorgang, doch konnte er bei seinem un- günstigen Objekte ihn nicht nachweisen. Eine ganz ähnliche Ver- schiebung scheint auch bei Polydesmus stattzufinden, eine Mög- lichkeit, auf die schon von seiten vom RArnus hingewiesen wurde.“ — Heymons sagt dann, indem er Chilopoden und Hexapoden zum Vergleich heranzieht, weiter: „Es ergibt sich, daß die hinteren Maxilen der Chilopoden und Hexapoden nicht, wie man bisher allgemein | anzunehmen pflegte, dem vordersten Rumpfbeinpaar der Diplopoden homolog sind, sondern daß bei den letztgenannten Myriapoden die entsprechenden Extremitäten überhaupt fehlen. Dies gilt zunächst für Iulus und Glomeris, wahrscheinlich aber auch für Polydesmus | und andere Formen, bei denen das bezügliche Körpersegment | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 535 (Postmaxillarsegment) mehr oder weniger rudimentär denen ist und extremitätenlos bleibt.“ Derselben Ansicht, wie sie HEryMmons auf Grund seiner Be- obachtungen ausspricht, sind auch v. ATTEMS, HEATHCOTE und SILVESTRI. So sagt v. ATTEMS: „Ursprünglich trägt jedes der Seginente 2, 3 und 4 je ein Beinpaar. In manchen Fällen ist die Zugehörigkeit der Beinpaare zu den Segmenten leicht erkennbar, da diese Ventralplatten (die des 4. Segmentes nicht immer) frei bleiben und im allgemeinen die Tendenz haben, nach vorn zu rücken“. (In bezug auf die Iuliden.) Da die soeben aus dem Ei geschlüpfte Larve des Polydesmus das 1. Beinpaar in unmittelbarer Verbindung mit dem 1. Seg- ment zeigt (s. Taf. 34, Fig. 1), so muß die angenommene Ver- schiebung schon im embryonalen Leben erfolgen, während sie bei Julus erst postembryonal vor sich geht. Für die morphologische Deutung der abweichend von den übrigen gebauten ersten 4 Segmente sind die Untersuchungen VERHOEFFS (No. 36) von besonderer Bedeutung. Während bisher die Segmente des Praetruncus für einfach angesehen wurden, be- weist VERHOEFF ihre Doppelnatur sowohl an gewöhnlichen als auch an Exuviensegmenten. Für das 2. und 4. Segment kann ich VERHOEFF zustimmen. Dem 1. Segmente möchte ich aber wegen seines sehr abweichenden Verhaltens eine Sonderstellung einräumen. Fassen wir das über die Segmente des Praetruncus Gesagte kurz zusammen, so ergibt sich das Folgende: 1) Das 1. Segment ist wahrscheinlich ursprünglich beinlos. Als Ventralplatte ist nach dem Vorgange von v. ATTEMS das Hypostoma aufzufassen. 2) Das 2. Segment ist wahrscheinlich das erste ursprünglich beintragende Segment, doch ist sein Beinpaar im Laufe der Ent- wickelung nach vorn in den Bereich des 1. Segmentes gerückt. 3) Das 3. Segment trägt in beiden Geschlechtern je ein Bein- paar. Beim Männchen ist die Ventralplatte dieses Beinpaares fest mit dem übrigen Segment verbunden und läßt hinter sich eine Oeffnung zum Durchtritt ‚der Vulven. Das 3. Segment ist das Geschlechtssegment. 4) Das 4. Segment ist bei Männchen und Weibchen gleich gebaut, es ist ein Segment wie die des Mesotruncus, aber mit nur einem Beinpaar versehen. 536 Walter Effenberger, In dem später folgenden Abschnitte über das Tracheensystem bei Polydesmus werden wir auf obige Ausführungen Bezug nehmen müssen. Ich komme jetzt auf den Kopf zu sprechen, dessen Kenntnis in dem Abschnitte über den Darmkanal und über die Drüsen vorausgesetzt werden muß. — Der Kopf bildet eine rundliche Kapsel. Er ist etwas schräg zur Körperlängsachse nach unten gestellt. Durch die Untersuchungen von HryYmons an der Gattung Glomeris ist es, wenn man für Polydesmus ein analoges Verhalten annimmt, wahrscheinlich gemacht, daß sich außer einem unge- gliederten präantennalen Kopfabschnitt 3 Segmente am Aufbau des Kopfes beteiligen. Diese sind hinter dem präantennalen Kopf- abschnitt: 1) das Antennensegment, 2) das Mandibularsegment, 3) das Maxillarsegment. Hinter diesen Segmenten folgt dann ein viertes Segment, das nach Heymons „Postmaxillarsegment“ heißt. Was das Schicksal dieser Segmente anbetrifft, so läßt sich sagen, daß die Rückenteile des präantennalen Kopfabschnittes und der 3 folgenden Segmente zur oberen Wand der Kopfkapsel werden und so innig miteinander verschmelzen, daß keinerlei Gliederung mehr daran wahrgenommen werden kann. Den vorderen, vor den Ansatz- stellen der Antennen gelegenen Abschnitt bezeichnet man als „Clypeus“. Nach vorn geht er kontinuierlich in die bezahnte Oberlippe (Labrum) über. Das Antennensegment hat die beiden Antennen geliefert, die aus je 8 Gliedern bestehen, von denen aber das letzte äußerste Glied sehr unscheinbar ist. Ueber die Sinnesorgane, die auf den Antennen beobachtet werden, hat voM RATH (No. 23) Untersuchungen angestellt, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Es muß vielmehr auf die Original- arbeit verwiesen werden. Ebenso hat vom RATH in derselben Arbeit die Mundwerkzeuge untersucht. Darüber sei ganz kurz folgendes bemerkt: Die beiden Oberkiefer nehmen ihren Ursprung vom Mandibular- segment. Sie bestehen 1) aus den seitlich am Kopfe beweglich angebrachten Backen und 2) aus den halbkugeligen Laden, die an den Backenteilen befestigt sind und zum Zerkleinern der Nahrung mehrere Reihen von zierlichen Chitinleistchen besitzen (s. Taf. 34, Big. 3). Vom Maxillarsegment nimmt die Unterlippe ihren Ursprung, die bei den Diplopoden als „Gnathochilarium“ bezeichnet wird und die man in Textfig. 9 dargestellt findet. Früher rechnete man zum Gnathochilarium allgemein das Kehlstück (Hypostoma), Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 537 ein hinter dem Gnathochilarium gelegenes unpaares Chitinstück, bis es durch v. ATTEms als Ventralplatte des 1. Rumpfsegmentes (des Postmaxillarsegmentes) erkannt wurde. Wenn man also vom Hypostoma absieht, gliedert sich das Gnathochilarium in folgende Abschnitte: 1) das Kinn (Mentum, mt), 2) die beiden Angeln (Cardines, c), 3) die beiden Stämme (Stipites, sig) und 4) die zwei Zungenplatten (Lamellae linguales, I). Jede dieser letzteren trägt noch einen kleinen Ansatz. An den Stammteilen befinden sich vorn je 2 Laden, die innere Lade (Mala interior, mi) und die äußere Lade (Mala exterior, me). Die Entwickelung des Gnathochilarisums hat Heymons bei Iulus flavipes studiert und gibt davon folgende Darstellung: „Die Maxillen nähern sich der Medianebene, verwachsen dann zu einer Art Unterlippe, und es tritt dann in jeder Hälfte der letzteren gleichfalls eine Teilung in einen medianen und einen lateralen Ab- schnitt ein. Die beiden medialen Abschnitte entsprechen den ‚Lamellae linguales‘, die beiden lateralen den ‚Stipites gnathochi- larii‘. Die ungeteilten basalen Abschnitte der miteinander ver- wachsenen Maxillen bilden das ‚Mentum‘ sowie anscheinend einige accessorische Chitinstücke.“ Aus dem Postmaxillarsegment geht, wie schon erwähnt, das sogenannte Halsschild hervor, dessen Ventralplatte das Hypostoma ist und als dessen Pleuralstücke zwei zwischen dem Halsschild und dem Hypostoma liegende, ungefähr dreieckige Chitin- stückchen aufzufassen sind, die ich auch bei Polydesmus com- planatus beobachtete. Alle diese vier Stücke sind nicht mit- einander verschmolzen, sondern nur durch chitinige Membranen miteinander verbunden. Es sei bemerkt, daß Rossı (No. 26) und SıLvEstkı (No. 31) zu einer etwas anderen Auffassung des Kopfes gekommen sind. Rossı unterscheidet am Keimstreifen von Iulus vier Abschnitte: 1) das Antennensegment, 2) das ohne Anhänge bleibende Inter- kalarsegment, 3) das Mandibularsegment und 4) das Segment, welches das Gnathochilarium liefert. SILVESTRI unterscheidet bei Pachyiulus communis Savı: 1) eine ungegliederte präorale Region, 2) das Antennensegment, 3) das Prämancdibularsegment, 4) das Mandibularsegment, 5) das Maxillarsegment und endlich 6) das Oceipitalsegment. Ich schließe mich in bezug auf Polydesmus der Ansicht von Heymons an, nur spreche ich das Hypostoma nach dem Vorgange von v. ATTEMS und auf Grund meiner eigenen Beobachtungen 538 Walter Effenberger, als Ventralplatte des ersten ursprünglich beinlosen Körperseg- mentes an. ] Es bleibt nun nur noch der Metatruncus oder der Hinter- rumpf zur Besprechung übrig. Er besteht aus dem beinlosen 19. Körpersegment und dem 20. oder Analsegment. Dieses Anal- segment bildet einen geschlossenen Ring, dessen Rückenteil stark verbreitert ist und nach hinten zu in ein Schwänzchen ausläuft. Nach den Seiten hin verschmälert sich der Ring allmählich und bildet unterseits eine sehr schmale Ventralspange. Auf der Spitze des Schwänzchens sitzen eine Anzahl hyaliner Borsten, die viel- leicht eine Tastempfindung vermitteln (beim Nestbau?). Jedenfalls sah ich auf Schnitten unter der Basis der Borsten eine Gruppe von Sinneszellen. Unter dem Rückenteil des Analsegmentes liegen symmetrisch zur Medianlinie des Körpers die beiden nach außen gewölbten Analklappen. Sie lassen in der Medianebene des Körpers einen Spalt entstehen, der die äußere Oeffnung des Afters nach außen darstellt. Dort, wo die beiden Analklappen unterseits mit der ventralen Spange des Schlußringes zusammenstoßen, liegt ein kleines dreieckiges Chitinstück, die sogenannte „Analschuppe“. Auf der Schuppe und auf den beiden Klappen befinden sich feine Borsten. III. Zur Biologie von Polydesmus complanatus, In den Lehrbüchern der Zoologie findet man in der großen Mehrzahl der Fälle nur äußerst dürftige Angaben über die Biologie der Diplopoden.. Der Grund für diese Erscheinung ist wohl der, daß sich biologische Angaben nur hier und da in der Literatur verstreut finden, also nicht so leicht zugänglich sind. Zudem sind die Angaben, wenigstens zum Teil, schon älteren Datums und oft sogar auch widersprechend. Es schien mir deshalb nicht unnütz, die verschiedenen biologischen Angaben aus der Literatur, soweit sie mir zugänglich ist, zusammenzustellen um auf diese Weise ein etwas klareres Bild über die Lebensverhältnisse speziell von Polydesmus complanatus zu gewinnen. Da biologische Beobach- tungen nicht im eigentlichen Rahmen meiner Untersuchungen lagen, habe ich sie auch nicht systematisch betrieben, und ich muß mich aus diesem Grunde darauf beschränken, das zu referieren, was die früheren Autoren zu diesem Punkte in ihren Abhandlungen Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 539 geäußert haben. Gelegentliche eigene Beobachtungen gestatten mir, mich in diesem oder jenem Falle für die eine oder andere Ansicht zu entscheiden. — Vor allem kommen hier in Betracht die Arbeiten folgender Autoren: FABRE (1855), vom RATH (1886, 1890, 1891), VERHOEFF. Polydesmus complanatus führt eine sehr versteckte Lebens- weise. Man findet ihn an schattigen, stets feucht bleibenden Stellen, wo er unter modernden Blättern, faulem Holz, Steinen, Moos usw. haust. Auch in hohlen, morschen Weiden ist er oft- mals in ziemlichen Mengen durch vom RATH beobachtet worden, während ich ihn in der Umgebung von Jena, wo er sonst sehr häufig ist, an solchen Oertlichkeiten vergeblich gesucht habe. Die Hauptbedingungen für das Leben von Polydesmus sind Dunkel- heit und feuchte Umgebung, wenigstens beobachtete ich ihn beim Sammeln nie an anderen als dunklen, feuchten Lokalitäten Damit stimmen auch Beobachtungen überein, die ich mit in der Gefangen- schaft gehaltenen Exemplaren wiederholt gemacht habe. Werden die Tierchen von Lichtstrahlen getroffen, so treten sie sofort den Rückzug in dunklere Regionen an, wobei sie zumeist rückwärts sich fortbewegen. Die Erscheinung ist um so bemerkenswerter, als Polydesmus keine Augen besitzt. Wird das Tierchen nur kurze Zeit von hellem Lichte getroffen, so zeigt es zunächst große Unruhe, irrt ängstlich umher und geht nach kürzerer oder längerer Zeit zugrunde, wenn es keinen geeigneten Schlupfwinkel findet in dem es sich verbergen könnte. Die Todesursache scheint in ‚der Austrocknung des Körpers zu liegen, so daß weniger die Licht- als vielleicht die Wärmestrahlen schädigend und schließlich ver- nichtend auf den Organismus einwirken. In dieser Auffassung bestärkte mich folgende von mir gemachte Beobachtung. Ich hatte eine Anzahl Polydesmiden jeden Alters gesammelt und in einer leeren Blechbüchse gehalten, die, mit einem Deckel ganz lose ver- ‚schlossen, am Abend auf einen Tisch im Laboratorium gestellt wurde. Feuchte Erde u. a., die ich sonst zu den Tierchen legte, hatte ich versäumt zuzufügen. Am anderen Morgen zeigte sich dann, daß alle Tiere trocken und zusammengeschrumpft tot auf dem Boden ihres Gefängnisses lagen. Mangel an Nahrung kann kaum die Todesursache gewesen sein, und es bleibt nur die Ver- trocknung übrig. Während also Trockenheit, resp. Wärme, den Polydesmiden gefährlich wird, ertragen sie Kälte bedeutend besser. Ich sammelte Polydesmiden, vielfach sogar ganz junge Larven noch nach eingetretenem Froste unter Blättern und Steinchen. 540 Walter Effenberger, Freilich ziehen sie sich bei anhaltender Kälte in das Erdreich und sind dann später schwer zu finden. Bringt man die Tierchen in ein wohl temperiertes Terrarium, so werden sie in kurzer Zeit so lebhaft, wie man sie unter günstigen Lebensbedingungen im Freien findet. Für eine wesentliche Lebensbedingung halte ich das Vor- handensein von kohlensaurem Kalk. In der Jenaer Gegend, die zum größten Teile der Muschelkalkformation angehört, kann man an den geeigneten, oben näher bezeichneten Orten Polydesmus in großen Mengen finden. Dagegen habe ich in meiner Heimat, dem Elbsandsteingebirge, und in gewissen Teilen der preußischen Ober- lausitz, an Orten, wo Ablagerungen kohlensauren Kalkes gar nicht oder nur in ganz geringer Ausdehnung vorkommen, trotz sonst günstiger Bedingungen kein einziges Exemplar von Polydesmus entdecken können, eine Erscheinung, die ich mit dem Kalkmangel jener Gegenden in Verbindung bringen möchte. Jedenfalls wäre es sehr wünschenswert, wenn Beobachtungen in dieser Hinsicht hervor, daß im Chitin eine nicht unbeträchtliche Menge dieses angestellt würden. Daß Polydesmus Kalk braucht, geht daraus Stoffes eingelagert ist. Die Nahrung der Polydesmiden besteht aus abgestorbenen Blättern, faulem Holze und anderen pflanzlichen Produkten. Im Darmkanal findet man daher auch bei mikroskopischer Unter- suchung stets kleinste Holzteilchen, die meist sehr reich mit Erd- partikelchen untermischt sind. Jedenfalls passiert eine im Ver- hältnis zur Körpergröße des Tieres nicht unbeträchtliche Erd- menge den Darnkanal. Man findet in den Terrarien, in denen man längere Zeit hindurch Polydesmiden gehalten hat, den Boden mit einer Schicht lockeren Erd- und Humusbodens bedeckt, eine Er- scheinung, die auf die Tätigkeit dieser Tierchen zurückzuführen ' ist. Wir dürfen den Polydesmiden demnach an Orten, wo sie auftreten, das Verdienst nicht absprechen, an der Zerkleinerung der verwesenden Pflanzenteile und der Bildung eines lockeren Humus mitzuarbeiten. Ihre versteckte Lebensweise sichert die Polydesmiden in hohem Maße vor den Nachstellungen ihrer Feinde. Ob größere Tiere, etwa Igel, Mäuse, Vögel usw., den Polydesmiden nach- gehen, darüber liegen Beobachtungen noch nicht vor, und ebenso- wenig weiß man, inwieweit die Arthropoden u. a. als Feinde in Be- tracht kommen. Stellt man den Tierchen im Terrarium nach, so’ suchen sie sich durch die Flucht unter Steinchen, in Erdspalten ' Aa Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 541 oder andere Schlupfwinkel den Verfolgungen zu entziehen, oder sie rollen sich bei der Berührung spiralig zusammen, was man vielleicht nicht mit Unrecht als ein Totstellen ansehen kann. Die Polydesmiden sind auch noch mit Schutz- und Trutz- apparaten versehen in Gestalt der sogenannten „Wehrdrüsen“ (Glandulae odoriferae), die vermittels der „Saftlöcher“ (Foramina repugnatoria) nach außen münden und einen übel riechenden Saft ausscheiden, der etwaige Feinde schrecken und den Tierchen einen unangenehmen Geschmack verleihen wird. Bei einer Verwandten von Polydesmus complanatus, der Fontaria gracilis (= Paradesmus gracilis), ist von GULDENSTEEDEN-EGELING (No. 8) als Drüsensekret Blausäure nachgewiesen worden, während der feinere Bau der Drüsen dieser Art von Max WEBER (No. 40) bearbeitet wurde. Ueber den Bau der Glandulae odoriferae von Polydesmus com- planatus wird in dem Abschnitt über die Drüsen berichtet werden. Während also über die äußeren Feinde von Polydesmus com- planatus nichts Sicheres bekannt ist, hat man eine Reihe von Parasiten kennen gelernt, die zum Teil in großer Individuenzahl in Polydesmus vorkommen. Von Ektoparasiten zunächst nennt voM RATH Milben, von denen er sagt, daß sie den „ausgewachsenen Diplopoden selbst keinen Schaden zufügen, wohl aber den Eiern und jungen Larven“. Ich selbst habe Milben als Ektoparasiten von Polydesmus beobachtet aber nur an erwachsenen Tieren, bei denen sie sich an den Beinen befestigen. Weniger harmlos sind dagegen die Entoparasiten, von denen die wichtigsten die Gregarinen sind, die oft in beträchtlicher Zahl im -Mitteldarme teils frei, teils am Epithel hängend vorkommen. Neben den Gregarinen fand vom RArtH als Entoparasiten in mehreren Fällen Mermis und junge Nematoden. Auch pflanzliche Ento- ‚parasiten hat Polydesmus aufzuweisen. Ueber einige dieser pflanz- lichen Parasiten berichtet BALBıanı (No. 3). Die schädlichsten ‚Pflanzen sind für die Polydesmiden die Schimmelpilze, welche Larven, Eier und selbst sogar ausgebildete Tiere unfehlbar zu- ‚grunde richten. Von besonderem Interesse sind die eigentümlichen Fort- Pflanzungserscheinungen der Polydesmiden, die ich jetzt nach den Angaben von FABRE (No. 7), vom RarTH (No. 25) und von SCHLECHTENTHAL (No. 29) beschreiben werde. Was zunächst die Zeit der Begattung anbetrifft, so bezeichnet FABRE den Monat September als „l’&poque de leurs amours“. FABRE hat aber, worauf schon vom RATH hinweist, übersehen, Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 35 542 Walter Effenberger, daß eine erste Brunstzeit schon in die Monate März bis Ende Mai fällt. Die zweite Begattungsperiode umfaßt die Monate September und Oktober. Ausnahmsweise findet man in Begattung befindliche Pärchen schon gegen Ende August und bei günstigen Witterungsverhältnissen noch im November. Ich selbst fand gegen den Beginn des Wintersemesters 1906/07, also Ende Oktober, trotz der kalten Witterung ein Pärchen in Kopulation. Ich machte diesen Fund im Garten des zoologischen Instituts unter abge- fallenem Laube. In der Folgezeit beobachtete ich nun an dem- selben Orte sehr häufig an der Unterseite alter Blätter sitzend Polydesmuslarven des ersten Stadiums, so daß nach den Befunden von FABRE, denen von voM RATH und meinen eigenen, eine zweite Begattungszeit im Herbste als sicher anzunehmen ist. Ob ein Tier in demselben Jahre zweimal, im Frühjahr und im Herbste also, zur Begattung schreitet, ist ungewiß. Ueber die äußeren Bedingungen, unter denen sich die Be- gattung abspielt, hat vom RATH Versuche angestellt, aus denen hervorgeht, daß die Tierchen nur in der Dunkelheit zur Kopulation schreiten, wie sie ja überhaupt ihr ganzes Leben im Dunkeln ver- bringen. Sobald helles Licht zu dem Pärchen hindringt, bemächtigt sich seiner eine sichtliche Unruhe. Das Weibchen, dessen letzte Beinpaare bei der Begattung frei bleiben, bewegt sich damit leb- haft rückwärts und sucht, das Männchen mit sich fortziehend, die | Dunkelheit wieder zu gewinnen. Diese Beobachtungen vom RATHS stehen in direktem Widerspruche zu denen FABRESs, der behauptet, daß Lichtstrahlen als den Begattungsakt auslösende Reize wirkten. Während der Brunstzeit hat FABRE in ein mit Polydesmen be- setztes Terrarium einen durch einen Vorhang gedämpften Licht- strahl einfallen lassen und will beobachtet haben, daß dann die Männchen die Weibchen aufgesucht hätten und mit ihnen m Kopulation getreten seien. Er sagt darüber wörtlich (p. 272): ' „Pour me rendre t&moin de cet accouplement, j’ai gard& en capti- vit& des centaines d’Iules et de Polydesmus, et j’ai assidüment suivi leurs actes, surtout dans le mois de Septembre, &poque de leurs amours. A cette &poque, des que j’ouvrais le vase, oü je tenais mes prisonniers avec du terreau ou du sable et de la mousse lög&rement humide, je ne tardais pas & voir les mäles se mettre ä la recherche des femelles. A l’ouverture du vase aucun accouplement n’avait encore lieu; mais des que la lumiere y pen6trait, surtout un rayon de soleil dont je mod6rais l’Eclat par un rideau, les couples se formaient rapidement, et dans peu de | | | 1 iE | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 543 temps j’en comptais un grand nombre &tendus sur le flanc, et completement immobiles.“ Ehe die Polydesmiden zur Paarung schreiten können, müssen einige Vorbereitungen erfolgen, die in der Organisation des Männ- - chens begründet sind. Wie später noch genauer dargestellt werden soll, münden die Vasa deferentia des Männchen ohne eine Spur von Rutenbildung an der Basis des 2. Beinpaares, dessen Coxen sie durchbohren. Dagegen ist das 7. Segment dasjenige, das bei der Kopulation wichtig ist. Sein 1. Beinpaar ist zu einem samenübertragenden Organe, den sogenannten „Kopulationsfüßen“ umgewandelt, deren kürzerer innerer Ast ein Bläschen zur Auf- nahme von Sperma enthält. Dieses Bläschen muß das Männchen vor der Kopulation mit Sperma füllen, ein Vorgang, den wiederum FABRE genau beobachtet hat und der so merkwürdig ist, daß ich die Beschreibung FABrREs hier in Uebersetzung zitieren möchte: „Bevor das Männchen zu einer Paarung schreitet, erhebt es den vorderen Körperteil und indem es ihn S-förmig krümmt, nähert es das 2. Segment (es muß heißen das 3. Segment, denn dieses trägt die Geschlechtsöffnungen) dem 7., d. h. es stellt eine Ver- bindung zwischen seinen Geschlechtsöffnungen und dem Kopu- lationsorgane her. Ich habe sogar bei Polydesmus, wo die Be- obachtung leichter ist, den Augenblick erfassen können, in dem ein Spermatröpfchen aus jeder Geschlechtsöffpung austrat und als- bald von den Chitinpinselchen aufgenommen wurde, welche die inneren Aeste der Kopulationsfüße tragen. Alsdann dringt ohne Zweifel das durch das Bürstchen festgehaltene Tröpfehen durch die in der Mitte des Haarkranzes liegende Oeffnung und gelangt so in den darunter liegenden, bläschenförmigen Hohlraum. Dieser Hohlraum spielt also die Rolle eines Receptaculum seminis. — Nach diesen unerläßlichen Vorbereitungen begibt sich das Männ- chen auf die Suche nach einem Weibchen. Die Vorbereitungen werden wahrscheinlich nicht zu jeder Paarung von neuem ge- _ troffen.“ } Auch die Beschreibung der Paarung selbst möchte ich mit den Worten FABrEs folgen lassen: „Nach mehreren vergeblichen Versuchen des Männchens, auf den Rücken des Weibchens zu steigen, gelangt es doch endlich dahin und ergreift das Weibchen mit seinen Kiefern beim Nacken. Es kippt dann seitlich um und läßt sich so herabgleiten, daß es Bauch gegen Bauch mit dem Weibchen zu liegen kommt. In dieser Stellung ragt es dann ein wenig über das Weibchen hervor, 35* 544 Walter Effenberger, sein Mund liegt über dem Nacken des Weibchens, während dieses den Nacken (Hals) des Männchens mit seinen Kiefern erfaßt. Der Zwischenraum zwischen dem 6. und 7. Segment des Männchens weitet sich alsdann, schwillt an, läßt den Apparat, den er ein- schließt, hervortreten und stellt ihn den Vulven gegenüber, die endlich die Kopulationsfüße aufnehmen. Während dieses Aktes ist das Hinterende des Körpers in beiden Geschlechtern in voll- ständiger Ruhe: die Beine besonders sind von merkwürdiger Starr- heit. Die Antennen aber und die den Genitalien benachbarten Beine sind in fortwährender Bewegung, die es nicht zuläßt, sich über die Wichtigkeit des Aktes, der sich da abspielt, zu täuschen.“ Während dieses Begattungsaktes halten sich die Tierchen sehr fest umschlungen und können durch Chloroform bequem abgetötet werden, während sie sich in Sublimat oder in Alkohol verkrümmen und sich voneinander trennen, Mitteilungen, die wir vom RATH verdanken. Nach vom Rarn bleiben die Tierchen, falls sie nicht gestört werden, unter Umständen zwei Tage in Kopulation. Da- gegen berichtet FABRE, daß die Kopulation schon nach einer Viertelstunde zu Ende sei und fügt die Bemerkung zu: „Peu apres la separation le mäle se met & la recherche d’une autre femelle, en m&me temps sa premiere compagne est loin d’&tre insensible aux caresses d’un second mäle“. Nach meinen Beobachtungen geht die Kopulation so vor sich, wie sie vom RATH beschreibt. Die Zeit nun, die. zwischen der Begattung und der Eiablage verstreicht, dauert nach vom RATH etwa 283—30 Tage. Dann werden die Eier schnell hintereinander in ein eigens dazu vom Weibchen gefertigtes, kunstvolles Nestchen abgelegt. Dieses Nest- chen hat die Gestalt einer Glocke, der oben ein etwa 3 mm langer, dünner und hohler Zylinder aufsitzt, durch den der Luftwechsel vor sich gehen kann. Den Nestbau haben vom RATH und VON SCHLECHTENDAL (No. 29) beobachtet, geben darüber aber Berichte, die in mehreren Punkten voneinander abweichen. Vom RaATH bat gesehen, daß die Weibchen etwa 2 Tage vor der Eiablage mit dem Nestbau beginnen. Er sah in seinem Terrarium einen feinen Erdring, auf dem das Tierchen so gekrümmt lag, daß sich Kopf und Hinterende berührten. Der Umfang des Ring- walles entspricht also der Länge des Tierchen, beträgt demnach ungefähr 2 cm. Auf diesem Kreise bewegt sich das Weibchen unablässig hin und her, wobei es den Wall mit dem weit ausge- stülpten After betupft, aus dem ab und zu ein helles Tröpfchen austritt. Auf diese Weise baut das Tierchen den Wall immer | | | | | | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 545 höher, bis er eine gewisse Größe erreicht hat. Vom RATH ist der Ansicht, daß Polydesmus „immer diejenige Erde als Baumaterial verwendet, in der das Tierchen gerade lebt, gleichgültig ob dies Humus oder Lehm ist“. In welcher Weise aber die zum Bau nötige Erde herangeschafft wird, darüber äußert er sich nicht. VON SCHLECHTENDAL macht in bezug auf diese Frage die von voM RATH angezweifelte Angabe, daß die Weibchen das Nestchen aus breiigen Massen des eigenen Kotes herstellen. Nach genanntem Autor nehmen die Tiere beträchtliche Mengen von Erde mit dem -Munde auf, die dann den After in Form rundlicher Ballen ver- lassen und das Material zum Bau liefern. Ueberschüssige Flüssig- keit soll vom After wieder aufgetupft werden. Ich habe selbst im Frühling 1908 den Nestbau von Polydesmus complanatus in einem Terrarium mit der Lupe beobachtet. Ich kann die Be- obachtungen vON SCHLECHTENDALS bestätigen. Ich sah das Tier- chen auf dem bereits begonnenen Nestchen sitzen und habe mehrere Stunden hindurch beobachtet. Deutlich konnte ich wahrnehmen, daß das Hinterende des Tierchens stets auf dem Einestchen ver- blieb. Dagegen wandte sich das bauende Weibchen oftmals mit dem Vorderkörper in die nächste Umgebung des Nestes. Es be- tupfte dabei emsig die Erde u.s.f. mit seinen Antennen und nahm beständig von dem vorgefundenen Material mit dem Munde auf. Dann begab es sich auf das Nestchen zurück, lief manchmal im Kreise darauf herum und baute weiter. Dabei sah ich, wie der Endteil des Enddarmes ausgestülpt wurde und wie ein rundlicher Kotballen austrat, der mit dem ausgestülpten Enddarm dem bereits vorhandenen Teile des Nestchens angefügt wurde. Dann wurde der vorgestülpte After wieder eingezogen, ein Weilchen ruhte das Tier, um darauf seine Tätigkeit von neuem zu beginnen. Bezüg- lich des aus dem vorgestülpten After ausfließenden Sekrets glaubte voM RATH, daß es von einer in der Analgegend liegenden Drüse herstamme, er sah in seinen Schnittpräparaten in der Analregion oberhalb des Darmes eine mit Gerinnsel gefüllte Blase, von der er sagt, daß sie möglicherweise die das Sekret liefernde Drüse sei. Ueber die Ausführungsgänge dieser Blase kann er Sicheres nicht angeben. Es ist mir nun gelungen, in der Analregion oberhalb des Darmes eine ziemlich ausgedehnte Drüsenmasse festzustellen. - Nach vieler Mühe habe ich auch deren Ausführungsgänge gefunden, und zwar münden sie paarig in den Endabschnitt des Darmkanals zwischen dessen häutiger, » vielfach gefalteter Chitinauskleidung. Die von vom Rarn beobachtete Blase halte ich für einen zufällig 546 Walter Effenberger, kreisrund erscheinenden Schnitt durch die erwähnte chitinige Aus- kleidung, da ich selbst in meinen eignen Präparaten derartige Gebilde beobachtete. Ich habe die Analdrüse nur im weiblichen Geschlecht auffinden können, beim Männchen fehlt sie. Diese Tatsache bestärkt mich in der Ansicht, daß die in Frage stehende Drüse tatsächlich das Sekret zum Nestbau liefert. Die Speichel- drüsen, die bei Polydesmus mächtig entwickelt sind, werden wahr- scheinlich beim Nestbau nicht gebraucht, da der Kopf, an dem sie ausmünden, bei dieser Arbeit stets, wie vom RATH sagt, deutlich über den Erdwall erhoben ist. Hat der Bau eine gewisse Höhe erreicht, so schreitet das Weibchen zur Ablage der Eier. Diese werden in der Weise abge- legt, daß sie um einen mittieren Raum herum einen Ring bilden. Nach oben hin werden die Ringe allmählich immer enger gezogen und nach Verlauf von /, Stunden ist der gesamte Eivorrat abge- legt. Die Eier werden durch einen klebrigen Stoff zusammengehalten. Dann baut das Tierchen das Glöckchen fertig und setzt den oben schon genannten kleinen Schornstein auf den Bau, der nun die Gestalt eines Kohlenmeilers annimmt. Den Bau des Schornsteins selbst habe ich leider nicht verfolgen können. voM RATH hat beobachtet, daß das Weibchen, wenn es bei der Anlage des Nestes gestört wird, dieses verläßt und an einem anderen Orte von neuem zu bauen beginnt. Hat es dagegen in das halbfertige Nestchen schon eine Anzahl Eier abgelegt, so kehrt es, falls es gestört wurde und den Bau verließ, zu diesem zurück und setzt das unterbrochene Geschäft fort. Möglicherweise wird das blinde Tierchen durch seinen Geruchsinn zum Nest zu- rückgeleitet. Nach Beendigung des Nestbaues hält das Weibchen noch einige Zeit bei seinem Kunstwerk Wache, um es später seinem Schicksal zu überlassen. Durch den dichten Erdwall, auf den noch Holzstückchen, Blättchen, kleine Steine u. s. f. aufgeklebt werden, und durch das klebrige Sekret, das die oft in mehr denn 100 Stück vorhandenen Eier zusammenhalten muß, werden diese vor Verletzungen, vor dem Eintrocknen und vor der Zerstörung durch Parasiten wirksam geschützt. Je nach den herrschenden Temperaturverhältnissen schlüpfen die Larven in 12 bis 15 Tagen nach der Eiablage aus. Sie fressen sich durch die Wandung des Gehäuses durch und man kann deshalb an eben ausgekrochenen Tierchen im Darm deutlich dunkle Erdteilchen sehen. Die kleinen, weißgefärbten Larven besitzen ohne den Kopf 7 Segmente, von denen das erste, dritte und vierte je ein Beinpaar Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 547 trägt. Am 6. Segment gewahrt man zudem noch ein Paar Glandulae odoriferae. Ehe die Larven nun bis zu ihrem ausgebildeten Zu- stande übergehen, machen sie zahlreiche Häutungen durch und _ durchlaufen dabei eine Reihe von Entwickelungsstadien, die sich durch die Zahl der bereits ausgebildeten Segmente und Beinpaare unterscheiden. Diesen postembryonalen Entwickelungsgang von Polydesmus complanatus, der nach den Beobachtungen von FABRE, LATZEL und vom RATH etwa ein Jahr in Anspruch nimmt, hat FABRE schon sorgfältig verfolgt und gibt die einzelnen Etappen genau an. Da deren Beschreibung hier zu weit führen würde, möchte ich mich darauf beschränken, die recht übersichtliche Tabelle wiederzugeben, die FABRE über die postembryonale Ent- wickelung aufgestellt hat und aus der die wichtigsten Verhältnisse mit aller nur wünschenswerten Klarheit hervorgehen. N 5 oR & [7 | Mn & 0Q B & B rs & mn =ul0T 1-19 JE-H1= -slalelelelsla la) -FEPrP[E EHRE RER E BR 11°/, mm/1/0/1/1/0/0] A | | Br olrlıl2l1lo |0JA| | 0122/1121010 |0|A orale |l27272\,21010,0,A a4, 5110/11122], |2| 212 212|2/2|0|0,A Zope, 1 21,.2,2,)2|27212 121210 1A 2 OL a a EEE BE0 „jılojıljlıjalajcy,i2|2|212|2|21212|2|2]2,|0|A Zu dieser tabellarischen Uebersicht müssen noch einige wenige Erläuterungen gegeben werden. Auf den wagerechten Zeilen von links nach rechts schreitend durchläuft man die Segmente des Körpers vom Kopfe anfangend bis zum Hinterende. Die für jedes Segment eingetragenen Zahlen 0, 1 und 2 bedeuten die Anzahl der diesem Segmente in dem jeweiligen Entwickelungsstadium des Tieres angehörigen Beinpaare. Der Buchstabe A bedeutet Anal- segment, das in allen Fällen beinlos ist. In der senkrechten Rubrik VII bedeutet !/),, daß beim Männchen an diesem 7. Segment nur ein Beinpaar vorhanden ist, während das Weibchen deren zwei be- sitzt. Erst im ausgebildeten Zustand, Stadium 8, treten beim _ Männchen am 7. Segmente die mit C bezeichneten Kopulations- füße auf. — Vor dem Analseginent liegt stets ein beinloser Ring. Wenn nach einer Häutung neue Segmente und Beinpaare er- schienen sind, hält die Weiterentwickelung beträchtliche Zeit inne, 548 Walter Effenberger, während welcher die Larve wächst, ohne neue Segmente oder An- hänge zu erwerben. Jeder neugebildete Ring hat sich zwischen dem vorletzten und dem Analsegment eingeschoben. An anderen Stellen werden neue Segmente nicht gebildet. Wenn Polydesmus complanatus einer Häutung entgegengeht, so verkriecht sich das Tierchen in die Erde, woselbst es sich eine kunstlose Höhle macht, deren Wandungen durch ein Drüsensekret erhärtet werden. In diesem Bau verharren die Tiere 10—12 Tage lang mit starr abstehenden Beinen und vorn umgeschlagenem Kopfe, bis sie endlich nach Verlauf dieser Zeit die alte Haut ab- streifen. An dieser alten Haut kann man deutlich alle Chitinteile erkennen: außer den Chitinringen die Mundwerkzeuge, Vulven, Antennen, Kopulationsfüße, Tracheen, die Auskleidungen von Vorder- und Enddarm etc. Die physiologische Seite der Häutung studierte VERHOEFEF (No. 36). Er sagt darüber in seinem Autorreferat (Zool. Cen- tralbl. VIIL, 1901, No. 8/9) kurz folgendes: „Betrachten wir eine abgelegte Exuvie mikroskopisch, so zeigt sie sich verdünnt im Verhältnis zum gewöhnlichen Hautskelett und dicht besetzt mit Körnern verschiedener Größe. Diese Körner sind ein Salz, das durch die Wirkung der Harnsäure erzeugt wurde, indem dieselbe, auf das Hautskelett wirkend, das Chitin nicht, wohl aber den Kalk aufzulösen vermochte. Dieser Kalk bildet die Innenschicht, die Säure macht dieselbe verschwinden und erzeugt die Salz- körner. Das Hautskelett wird dadurch aber so geschmeidig ge- macht, daß es von den häutungsbedürftigen Tieren verlassen werden kann. Aus dem starren Panzer wird ein geschmeidiges Hemd.“ Vom Rarn berichtet zum Häutungsvorgange noch, daß während der Häutung der Mitteldarm regeneriert werde Er sah zwei Schichten von Epithelzellen, die durch eine Lage fettartiger Tröpfehen getrennt waren. Die alte Epithelschichte degeneriert und verliert ihr zelliges Aussehen. An ihre Stelle tritt die neue Epithellage. IV. Das Respirationssystem. Die fast vollkommene homonome Metamerie der Diplopoden (wie der Myriapoden überhaupt) läßt von vornherein erwarten, daß diese Erscheinung auch im Respirationssystem zum Ausdruck kommen wird. Die nähere Untersuchung hat diese Annahme als zu Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 549 Recht bestehend bestätigt. — Wie wir nun in dem Abschnitte über die äußere Gliederung von Polydesmus complanatus auseinander- gesetzt haben, verhalten sich die Segmente des Prae- und Meta- truncus etwas abweichend von denen des Mesotruncus, welch’ letztere die typische Ausbildung zeigen. Dieses abweichende Ver- halten kommt auch in der Beschaffenheit des Respirationssystems zum Ausdruck. Wir werden in den folgenden Zeilen das Respi- rationssystem der typisch ausgebildeten Segmente des Mesotruncus _ untersuchen und erst später die abweichend gebauten Somite des Prae- und Metatruncus ins Auge fassen. Da wir am Respirations- system zwei wesentliche Teile, nämlich die Tracheentaschen und die davon ausgehenden Tracheen zu unterscheiden haben, so er- geben sich für jede der oben genannten Hauptabteilungen dieses Kapitels zwei Unterabteilungen. Wir gelangen also zu folgender Disposition: 1) Das Trachensystem der Segmente des Mesotruncus. a) Tracheentaschen. b) Tracheen und deren Verlauf. 2) Das Tracheensystem der Segmente des Prae- und Metatruncus. a) Tracheentaschen. b) Tracheen und deren Verlauf. 1. Das Tracheensystem des Mesotruncus. Bei äußerlicher Betrachtung eines typischen Doppelsegmentes von Polydesmus complanatus sieht man mittels genügend starker Vergrößerung etwas vorn oberhalb der Ansatzstelle eines jeden Beines ein kleines querovales Loch, das Stigma, durch das die Luft, nachdem sie einen kurzen Kanal passiert hat, in einen weiteren Hohlraum gelangt, die „Stigmen- oder Tracheentasche“. Diese soll zunächst den Gegenstand unserer Betrachtung bilden. a) Die Tracheentasche. Orientieren wir uns, ehe wir zur eigentlichen Untersuchung übergehen, zunächst über das, was frühere Autoren zu diesem Punkt geäußert haben. Der Name „Stigmentasche“ stammt von VOGES (No. 37) aus dem Jahre 1878. Dieser Forscher verstand darunter „eine taschenförmige Hauteinstülpung, auf deren Oberfläche die Mündungen der Tracheen liegen“. Für Iulus gibt VoGzs schon eine ausführliche Beschreibung der Tracheentaschen — so werden die Stigmentaschen heute meist benannt — die Beschreibung der 550 Walter Effenberger, Tracheentasche von Polydesmus ist noch ungenügend und bedarf der Korrektur. Voczs sagt: „Die Stigmentasche einer ein- heimischen Polydesmenform (Polydesmus complanatus?) erinnert hinsichtlich der äußeren Form in einiger Beziehung an Iulus. Der obere Teil derselben ist platt, röhrenförmig, nach unten an Um- fang zunehmend, der mediane Taschengrund ist hier balkenartig ausgezogen von gleicher Länge der Stigmentasche, sehr klein da- gegen ist das laterale Horn. Die Stigmentasche ist gegen die Mündung von blätterigem Aussehen. Die Mündung derselben ist ein eiförmiger Spalt, lateralwärts von den Basalteilen der Beine gelegen.“ — Die Tracheen sind dann später meines Wissens nur noch durch Graf ATTEMS einer Untersuchung unterzogen worden. Auf dessen Befunde wird im Laufe des Textes weiter eingegangen werden. Ich selbst habe die Tracheentaschen von Polydesmus ver- mittels mehrerer Methoden eingehend untersucht. Durch das Studium guter Sagittal-, Frontal- und Querschnittserien und durch plastische Rekonstruktion der so erhaltenen Bilder gelangte ich zu genauen Ergebnissen. Als eine sehr einfache und zuverlässige Kontrollmethode ist das Mazerieren der Tiere in Kalilauge zu empfehlen mit darauffolgender Lostrennung der zu untersuchenden Segmente aus dem Verbande der übrigen. Man kann an den so erhaltenen Präparaten, die in Canadabalsam nach voraufgegangener Pikrinsäurefärbung aufbewahrt werden können, einen guten Ueber- blick über die Gesamtform der Tracheentasche erhalten. Meine Untersuchungen ergaben nun folgendes: Eine Tracheentasche eines typischen Segmentes (wie sie der Mesotruncus zeigt) beginnt, wie schon kurz gesagt wurde, auf der Körperoberfläche mit einem kleinen ovalen Loch oberhalb der An- satzstelle jedes Beines. Dieses Loch durchbohrt die Chitinwand des betreffenden Segmentes, wobei ein kurzer Kanal entsteht, in den gitterartig zierliche Chitinleistchen vorspringen (siehe dazu Fig. 12, Taf. 30). Dieses Loch ist als „Stigma“ zu bezeichnen. Daran setzt sich die Tracheentasche an. Ihre Gestalt läßt sich nicht leicht mit einem bekannten Gebilde vergleichen und auch eine Beschreibung kann kein völlig klares Bild von ihrem eigen- tümlichen Bau ergeben. Die beste Darstellungsweise ist die figürliche. Man vergleiche daher die Abbildungen (Fig. 6), die nach einem Wachsplattenmodell entworfen sind und die Tracheentasche in der | Vorderansicht, in seitlicher Darstellung und in der Aufsicht zeigen. Man sieht, daß der Hohlraum der Tracheentasche aus einem Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 551 bauchig erweiterten Abschnitte und einem spornförmigen Fort- satze besteht. Der bauchig aufgetriebene Teil erfährt besonders auf seiner Unterseite noch eine ringwulstige Ausbuchtung. Fig. 12 auf Taf. 30 zeigt einen guten Frontalschnitt der rechten Tracheen- tasche des 4. Segmentes, auf dem beide Teile der Tracheentasche sehr gut getroffen sind. Die Wandung der Tracheentasche, die den Hohlraum umschließt, ist ziemlich gleichmäßig dick und trägt keine Fortsätze. VON ATTEMS beschreibt zwar „ein oder zwei große spitze Stacheln“, die von dem Anfangsteil der Tracheentasche, welcher aus einem Ring von stär- kerem Chitin gebildet sei, aus- gehen sollen. Ich konnte aber weder auf meinen Schnittbildern noch an einem sonst alle Fein- heiten zeigenden Mazerationsprä- parate diese Fortsätze auffinden. — Die Tracheentaschen ziehen im Segmente etwas schräg nach vorn und medianwärts. Ihr langer Sporn, der diese Richtung ein- hält und der sich durch sein enges Lumen auszeichnet, er- reicht fast die Medianebene des Körpers, so daß er fast mit dem entsprechenden Sporn der Tra- cheentasche der anderen Seite zu- sammenstößt. Am Ende biegt der un 6. Polydesmus complana- tus. er innere Hohlraum einer Sporn nach unten um, um gleich typischen Tracheentasche nach einem darauf blind zu enden. Das kann Wachsmodell dargestellt. sp Sporn, ö Oeffnung der Tracheentasche. man an Mazerationspräparaten yon hinten, B von außen, © von oben. unter dem Mikroskop deutlich erkennen, man sieht die Umbiegung dagegen nicht an Schnitt- bildern, daher das Rekonstruktionsbild dieses Verhalten nicht er- kennen läßt. — Die vorderen und hinteren Tracheentaschen eines Segmentes zeigen kaum wahrnehmbare Unterschiede der Form und Größe im Gegensatz zu den etwas komplizierteren Verhält- nissen bei Iulus, bei dem die hinteren Tracheentaschen größer sind als die vorderen. Die Tracheentaschen haben bei IJulus nach Krugs Untersuchungen die,Gestalt einer abgeflachten Flasche, die mit einer deutlichen Chitinschicht ausgekleidet ist und an deren 552 Walter Effenberger, Grund die Tracheen entspringen. An der Hinterwand setzen sich die Beinmuskeln an; am oberen Rande sind vorspringende Zapfen vorhanden, die gleichfalls zum Ansatze von Muskeln dienen. An der hinteren Tasche läßt sich außerdem noch ein stielartiger Fortsatz wahrnehmen, an dem ein schräg nach oben verlaufender Muskel ansetzt. Die Tracheentaschen sind nun der Ausgangspunkt für die Tracheen, die zu den Organen, resp. zu den Organabschnitten des Segmentes hinziehen. Somit kommen wir jetzt auf die Tracheen zu sprechen. b) Die Tracheen. Es ist charakteristisch für Polydesmus complanatus, daß nur eine Art von Tracheen vorkommt. Diese Tracheen haben alle dasselbe feine, sich stets gleichbleibende Lumen. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß sie sich auf ihrem Wege von der Tracheentasche zu den Organen, denen sie frische Luft zu- führen, niemals verzweigen, wie es z. B. bei Glomeris, Polyxenus, den Chilopoden und Insekten der Fall ist. Auch Verschmelzungen zwischen benachbarten Tracheen kommen nicht vor und ebenso- wenig lassen sich brückenförmige Verbindungen der Tracheen untereinander beobachten. Polydesmus steht in diesem Verhalten im Gegensatze zu Iulus, bei dem zweierlei Tracheen vorkommen, solche mit feinem Kaliber, das sich immer gleichbleibt, und solche, die mit starkem Kaliber beginnen, das sich im Verlaufe ihres Weges stark verjüngt. In meiner vorläufigen Mitteilung über die Tracheen von Poly- desmus complanatus (No. 6) bemerkte ich, daß an den Tracheen sich keine Spiralfäden bemerken ließen. Ich hatte diese Angabe auf Grund der Beobachtungen von Schnittpräparaten gemacht, in denen an den Tracheen ein Spiralfaden tatsächlich nicht wahrzu- nehmen ist. Meine Behauptung kann ich nicht aufrecht erhalten, nach- dem ich inzwischen an guten Mazerationspräparaten Tracheen auf- fand, an denen man in aller Deutlichkeit die Spiralfäden sehen kann. Die Tracheenenden zeigten in diesen Präparaten die Erscheinung, daß der Spiralfaden gelockert und abgerollt war und so überhaupt erst in die Erscheinung trat. Daß man den Spiralfaden an Schnitt- präparaten nicht sehen kann, erklärt sich daraus, daß er in so steile Windungen gelegt ist, daß die Ränder des Bandes sich un- mittelbar berühren und so den Eindruck eines einheitlichen Röhr- chens machen. — Auch in diesem Punkte zeigt sich der Wert des Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 553 Mazerationsverfahrens, das für das Studium chitinöser Organe nicht gut entbehrt werden kann. An gut gefärbten Präparaten kann man den Tracheen kleine flache Kerne ansitzen sehen, wie das Fig. 8 auf Taf. 30 zeigt, welche den Matrixzellen angehören, deren Zellkörper kaum wahrzunehmen sind. Die Tracheen gehen von den Taschen aus nicht regellos zu den Organen ab, sondern es lassen sich ganz deutlich mehrere Bündel unterscheiden, wie auf den Figg. 10 und 11, Taf. 30 zu sehen ist. Den Ausgangspunkt für die Tracheenbündel bildet der aufgetriebene Teil der Tracheentasche, während der Sporn keine Tracheen entsendet. Ein starkes Bündel von Tracheen nimmt seinen Ursprung von der dorsalen Wölbung der Tasche. Die Tracheen dieses Bündels strahlen fingerförmig nach den Organen dieses Segmentes, dem Darm, den Gonaden u.s.f. Die vorderen Tracheen des Dorsalbündels der vorderen Tracheentasche streifen eine kurze Strecke in den hinteren Teil des vorhergehenden Seg- mentes hinein, da die hintere Tracheentasche dorsalwärts eine etwas spärlichere Zahl von Tracheen abgibt als die vordere. — Auch von der ventralen Seite der Tracheentasche gehen zu Bündeln vereinigte Tracheen ab, und zwar, wie die Fig. 11 auf Taf. 30 erkennen läßt, von der vorderen und hinteren Tasche je ein Bündel in das vordere und in das hintere Bein derselben Seite. Wir müssen nun noch einige Worte über die Bedeutung der Tracheentasche nachholen. Die Tracheentasche von Polydesmus complanatus hat selbst keine respirotarische Funktion, denn für eine Diffusion von Gasen ist ihre Chitinwand sicher zu stark. Es ist aber möglich, daß die Tracheentasche Erweiterungen und Ver- engerungen ihres Hohlraumes durch die Tätigkeit von Muskeln erfährt, die sich daran ansetzen und von denen schon kurz in dem Abschnitt über die äußere Gliederung gesprochen wurde. Die so entstehenden wahrscheinlich blasebalgartigen Bewegungen der Tasche können die Gasbewegungen in den Tracheen beschleunigen. Was nun die Muskeln selbst anbetrifft, die sich an die Tracheen- tasche ansetzen, so dienen sie zur Bewegung der Beine. Von jeder typischen Tracheentasche gehen zweierlei Muskeln aus: 1. solche, die an das der Tasche entsprechende Bein herantreten, _ und 2. solche, die an das der Tasche entsprechende Bein der gegenüberliegenden Seite ziehen. Die erstgenannten Muskeln nehmen ihren Ursprung besonders von dem Sporn der Tasche aus, die letzteren von der inneren, unteren Seite der bauchigen Wölbungen 554 Walter Effenberger, der Tracheentasche. Ueber eine dritte Sorte von Beinmuskeln siehe den Abschnitt über die äußere Gliederung von Polydesmus. 2. Das Tracheensystem des Prae- und Metatruncns. In dem Abschnitt über die äußere Gliederung von Polydesmus complanatus hatten wir zum Metatruncus das 19. und das 20. Seg- ment (Analsegment) gerechnet, weil diese von den Segmenten des Mesotruncus, die die typische Ausbildung der Segmente des Diplopodenkörpers zeigen, abweichen. Wir hatten an jener Stelle schon bemerkt, daß das 19. Segment, gerade wie das 20., beinlos ist, daß sein Chitinring aber sonst den typischen Bau der Segmente des Mesotruncus zeigt. Den letzten beiden Segmenten fehlen wegen Mangels der Beine auch die Tracheentaschen. Sie werden vom 18. Segment aus mit einer ziemlich spärlichen Zahl von Tracheen versorgt. Während sich also der Metatruncus wegen der Rück- bildung der Beine in bezug auf das Respirationssystem sehr einfach verhält, zeigt der Praetruncus recht verwickelte Ver- hältnisse, auf die wir auf den folgenden Seiten genauer einzugehen haben. a) Die Tracheen des Praetruncus. Die 4 vordersten Segmente von Polydesmus bekunden auch in der Ausbildung der Tracheentaschen ihre Sonderstellung im Körper. Es empfiehlt sich, die Betrachtung der hier vorliegenden Verhältnisse mit dem 4. Segmente zu beginnen. — Wie sich aus den vorhergegangenen Betrachtungen ergeben hat, stehen die Tracheentaschen in engster Beziehung zu den Beinen, d. h. zu jedem Beine gehört eine Tracheentasche. Wir werden also an- nehmen müssen, daß das 4. Segment, das bekanntlich nur ein Beinpaar trägt, jederseits auch nur eine Tracheentasche besitzt und in der Tat ergibt die Untersuchung eine Bestätigung der so- eben ausgeprochenen Annahme. Die Tracheentaschen des 4. Seg- mentes unterscheiden sich in ihrer Form sehr wenig von denen des Mesotruncus. Ein geringes, abweichendes Verhalten liegt nur darin, daß von der Vorderseite der Tasche ein sehr kräftiges Tracheenbündel ausgeht, das zum Kopfe hinzieht und dessen Ver- lauf wir später noch ausführlicher zu besprechen haben werden. Die Tracheen des 4. Segmentes geben, wie man erwarten wird, in die Beine, denen sie entsprechen, je ein Bündel Tracheen ab, die auf der Ventralseite der Tasche ihren Ausgangspunkt haben. | | | | | | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 555 Während also das 4. Segment in bezug auf ein Tracheen- system noch nicht viel Bemerkenswertes zeigt, liegen die Verhält- nisse in den vordersten 3 Segmenten um so verwickelter. Wenn wir nach den Gründen für diese Abweichungen fragen, so dürfte man annehmen, daß die vordersten Segmente infolge einer Arbeits- teilung Umwandlungen erfuhren, die eine Rückbildnng der Tracheen- taschen nach sich zogen. Es ist anzunehmen, daß die Vorfahren des rezenten Diplopoden sich durch vollkommene Homonomie der Segmente ausgezeichnet haben und daß erst im Laufe der phylo- genetischen Entwickelung die Heteronomie der ersten 4 Segmente sich herausgebildet hat. Zur Begründung möchte ich folgende Ueberlegung anführen. Wir sehen im Praetruncus die hintere Speicheldrüse mächtig entwickelt (vergl. hierzu den Abschnitt über die Drüsen) und auch die sich fingerförmig verzweigende tubulöse Drüse, die am Gnathochilarium mündet, nimmt einen recht be- trächtlichen Raum ein. Die kräftige Entwickelung dieser Drüsen ist wahrscheinlich die direkte Folge davon, daß der Darmkanal keine Spur von verdauenden Drüsen besitzt. Die Speicheldrüsen und die tubulöse Drüse müssen das fehlende Verdauungssekret liefern. Eine weitere Ursache, die zur Heteronomie der Segmente des Praetruncus geführt haben wird, ist die folgende: Das 3. Seg- ment ist in beiden Geschlechtern das Geschlechtssegment, d. h. in ihm münden die Ovidukte und die Vasa deferentia nach außen. Wir wissen nun schon, daß wenigstens im weiblichen Geschlecht die Genitaldrüsen nicht einfach durch einen Porus genitalis nach außen münden, sondern daß dort besondere Kopulationsorgane, die Vulven, vorhanden sind, die infolge ihres verhältnismäßig volimu- nösen Baues viel Raum für sich beanspruchen. Mit der starken Entfaltung der eben genannten Organe dürfte es meiner Meinung nach zusammenhängen, daß im Praetruncus eine Reduktion der Zahl der Beinpaare auf 3 eingetreten ist. — Am stärksten redu- - zierend hat die starke Entwickelung der Drüsen und des Ge- schlechtsapparates auf das Respirationssystem gewirkt. In den ersten 3 Segmenten haben die Tracheentaschen die respiratorische Funktion völlig aufgegeben, und wir beobachten, daß diese Seg- mente nebst dem Kopfe vom 4. und 5. Segment aus mit Tracheen versorgt werden. Die Tracheentaschen, die wir im Mesotruncus in so schöner Ausbildung beobachten und die noch im 4. Segment typisch entwickelt sind, haben hier eine starke Reduktion er- fahren, und zwar in den einzelnen Segmenten in so verschiedener Weise, daß wir sie gesondert betrachten müssen. 556 Walter Effenberger, Die Tracheentaschen haben, wie wir oben sahen, neben der Funktion die Tracheen zu entsenden, noch die Aufgabe, die An- satzpunkte für die Beinmuskeln zu liefern. Die letztere Funktion haben die Tracheentaschen der vordersten Segmente allein behalten und demzufolge ist das Lumen der Taschen, das im Mesotruncus so auffällig in den Vordergrund trat, hier sehr eingeengt. Die Tracheentaschen haben an Größe sehr verloren. Im 3. Segment, dem Geschlechtssegment, zeigen die redu- zierten Tracheentaschen in den beiden Geschlechtern verschiedene Ausbildung. Sie dienen in beiden Fällen zum Ansatze von Bein- muskeln. Betrachten wir zunächst an der Hand der Textfigur No. 3, die nach einem Mazerationspräparate mit Hilfe des ABBE- schen Zeichenapparates entworfen wurde, die Verhältnisse, wie sie uns im männlichen Geschlecht entgegentreten. Wir sehen da deutlich die mit Zrt bezeichneten rudimentären Tracheentaschen in das Innere des Segmentes vorspringen. Die Form der Taschen weicht von dem gewohnten Verhalten stark ab. Jede der beiden Taschen läßt sich mit einem „T“ vergleichen. Der Stamm der reduzierten Tasche beginnt etwas vorn oberhalb des Ansatzes des Beines an der Ventralseite und läuft schräg nach oben in der Rich- tung der Querschnittebene nach der Mitte zu. Die Querbalken — um den Vergleich mit dem T weiterzuführen — stehen fast senk- recht auf dem Stamme, wie es die beigegebene Figur recht deut- lich erkennen läßt. Der Hohlraum der Tasche ist stark reduziert, seine Begrenzung ist durch gestrichelte Linien angedeutet. Man findet auf Fig. 5, Taf. 30 den Stamm der reduzierten Tracheen- tasche im Frontalschnitt getroffen, in dem er eine unregelmäßig rundliche Begrenzung aufweist. Er liegt etwas vor den Vasa deferentia. Ebenso ist der Stammteil auf dem Schnitt getroffen, den Fig. 13, Taf. 31 abbildet. Endlich ist die reduzierte Tracheen- tasche des 3. Segmentes auch in das Schema, welches das Ver- halten des Praetruncus in bezug auf das Respirationssystem zeigt, unter irt, eingetragen. Einen Sagittalschnitt durch die Tasche des 3. Segmentes des Männchens findet man auf Taf. 30, Fig. 9 abgebildet. _ | Gehen wir nun dazu über, uns mit der reduzierten Tracheen- tasche des 3. Segmentes beim Weibchen vertraut zu machen. Ich verweise da zunächst auf den einleitenden Abschnitt, in dem die Gliederung des 3. Segmentes des Weibchens beschrieben wurde. Wir sehen an jener Stelle, daß die Beine an einem mit dem hinteren geschlossenen Teile des Ringes beweglich verbundenen Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 557 Ventralplatte ansitzen, wie die Textfigg. 2 u. 3 deutlich erkennen lassen. Die reduzierten Tracheentaschen müssen, da sie zum Ansatz der Beinmuskulatur dienen, an der beweglichen Ventral- platte ansitzen. Sie haben, wie die Textfig. 3 zeigt, die Form zweier Stilette, die von der Ventralseite aus in das Innere des Seg- mentes eindringen. Auf der auf Taf. 30 befindlichen Fig. 6, die einen Frontalschnitt durch die vorderen Segmente des Weibchens darstellt, sieht man die beiden reduzierten Tracheentaschen quer- getroffen. Die Querschnitte haben die Gestalt von Ellipsen. Das 2. Segment erscheint, wie wir früher auseinandergesetzt haben, im ausgebildeten Tiere beinlos und besitzt aus diesem Grunde keine Tracheentaschen. Anders dagegen verhält sich das 1. Segment, von dem wir gezeigt haben, daß es augenscheinlich das 1. Beinpaar trägt, welches aber sehr wahrscheinlich vom 2. Segment auf das 1. im Laufe der Entwickelung verschoben worden ist. Ich habe mich bemüht, mit Hilfe des Mazerationsverfahrens die Tracheentaschen in diesem Segmente nachzuweisen und es ist mir auch gelungen, sie aufzufinden, nachdem ich sie schon aus Schnittserien kannte. Textfig. 5 zeigt die reduzierten Tracheentaschen des 1. Segmentes. Sie haben ähnliche Gestalt, wie wir sie im 3. Segment des Männ- chens beobachten, nur sind die Formen etwas weniger schlank als dort. In den Schnitten, die auf Fig. 5 u. 6 der Taf. 30 ab- gebildet sind, sind die Taschen des 1. Segmentes getroffen, und zwar nicht genau frontal, sondern in einer zur Frontalebene etwas nach vorn geneigten Ebene. Recht deutlich sind die reduzierten Tracheentaschen des 1. Segmentes auf Fig. 7, Taf. 30 zu sehen und ebenso auf einem Sagittalschnitt, welcher auf Fig. 9, Taf. 30 wiedergegeben ist. Auf letzterem Bilde sieht man auch deutlich die von der Tasche ausgehenden Muskeln. Die Ansichten, die Graf ATTEMmS über die Stigmentaschen der ersten Segmente in seinem „System der Polydesmiden“ ausspricht, kann ich nach meinen Befunden nicht ganz teilen. von ATTEMS sagt, daß das 1. Segment eine Tracheentasche besitze, die von einer seitlichen Grube des Hypostoma, das er als Ventralplatte _ des 1. Segmentes ansieht, in das Innere in Gestalt einer kurzen kegelförmigen Röhre vordringe. An der erwähnten Stelle konnte ’ "ich kein derartiges Gebilde finden. Weiter sagt von ATTEMS, das 2. Segment sei mit einer Tracheentasche ausgerüstet. Diese Be- obachtung ist richtig, falls“man das 1. Beinpaar, das im ausge- bildeten Tier unter dem Halsschilde liegt und über das schon Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 36 [} 558 Walter Effenberger, mehrfach gesprochen wurde, zum 2. Segment rechnen will, von ATTEMS hat also die dem 1. Beinpaare entsprechenden redu- duzierten Tracheentaschen gesehen. Er spricht auch von ab- gehenden Tracheen, ich konnte aber solche nicht finden. Die weiteren Beobachtungen von Graf ATTEMS, daß nämlich das 3. und 4. Segment nur je ein Paar Stigmentaschen trage, stimmen mit meinen Befunden überein. Was die Stigmentaschen im Praetruncus anbetrifft, so zeigt Polydesmus wiederum große Aehnlichkeit, ja sogar prinzipiell das gleiche Verhalten wie Iulus. Das 4. Segment hat wie bei Polydes- mus auch nur eine Tracheentasche, da es nur ein Paar Beine trägt. Von diesen Taschen geht ein starker Ast von Tracheen nach vorn. Verschieden von Polydesmus ist das 3. Segment, das Geschlechtssegment, das, da es hier bei Iulus beinlos ist, auch keine Tracheentasche besitzt. Dagegen sind das 2. und 1. Seg- ment, die hier mit je einem Beinpaar ausgerüstet sind, auch mit je einem Paar reduzierter Tracheentaschen versehen. Wir hätten nun noch kurz des 7. Segmentes des Männchens zu gedenken, dessen vorderes Beinpaar, wie bekannt, zu den Kopulationsorganen umgewandelt ist. Diesen Kopulationsfüßen entsprechen keine Tracheentaschen oder sonstige Chitingebilde, die den Tracheentaschen homolog wären. Nur das hintere Bein- paar dieses Segmentes hat eine typische Tracheentasche (siehe Fig. 15, Taf. 31). b) Der Verlauf der Tracheen im Praetruncus. Oben haben wir schon gesagt, daß nur das 4. Segment, das letzte des Praetruncus, eine typische Tracheentasche besitzt, welche Tracheen entsendet. Die Tracheentaschen des 3. und 1. Segmentes dagegen haben ihre respiratorische Funktion völlig eingebüßt. Der Kopf sowohl als auch die 3 ersten Segmente müssen also vom 4. Segment aus mit Tracheen versorgt werden. Auch das 5. Segment nimmt an dieser Versorgung teil. Es entsendet nämlich von seinen vorderen Tracheentaschen je ein starkes Bündel von Tracheen, die an deren Vorderflächen entspringen. Ebenso starke Bündel liefern die Tracheentaschen des 4. Segmentes, und zwar gehen diese Bündel ebenfalls von der Vorderseite aus, wie Fig. 12 auf Taf. 30 sehr klar erkennen läßt. Die rechten und linken Tracheenbündel der Tracheentaschen des 4. und 5. Segmentes vereinigen sich im hinteren Abschnitte des 3. Segmentes zu je einem rechten und linken Stamme, welcher nach vorn in den beiden Seiten des Körpers an Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 559 seiner Ventralseite hinzieht. Unterwegs gehen vereinzelte Tracheen zu den Organen des betreffenden Segmentes hin. Erst im 1. Segmente beginnen die beiden Bündel sich in eine größere Anzahl kleinerer aufzulösen, wie die Textfig. 7 schematisch darstellt. Diese kleineren Bündel treten in den Kopf ein. Ein Zweig eines jeden der beiden Hauptbündel tritt in die Seitenpartien des Kopfes ein. Der verbleibende Teil ver- läuft ein Stück weiter und spal- tet sich dann wiederum in 2 Aeste, von denen einer gerade fortläuft; der andere biegt nach innen ab und überkreuzt sich mit dem entsprechenden des anderseitigen Tracheenstam- mes. Die Aufteilung der late- ralen, ventral bis zum 1. oder 2. Segment verlaufenden Bündel spielt sich im 1. Segment iin dorso-ventraler Richtung ab. Der weitere Verlauf der Tra- Fig. 7. Schematische Darstellung 5 S ; der vorderen Segmente von Polydesmus cheen im Kopfe bietet keine be- zur Demonstration des Tracheensystems. merkenswerten Eigentünlich- a en keiten. Die Versorgung des Kopfes und der vordersten Segmente mit Tracheen ist nach Krug bei Iulus etwas komplizierter als bei Polydesmus. Es finden sich bei Iulus 2 laterale Tracheenbündel, die von den hinteren Tracheentaschen des 5. und von der vorderen Tracheentasche des 6. Segmentes ausgehen und unterwegs seitlich Tracheen abgeben. Außerdem gibt es noch einen medianen Stamm, der aus Tracheen gebildet wird, die von den Tracheentaschen des 5. und 4. Segmentes ausgehen und sich erst im Kopfe aufteilen. V. Der Darmkanal. Der Darmkanal der Diplopoden ist bisher am genauesten von . Prarkau (No. 22) und von Krug beschrieben worden !!), Diese Unter- 1) Die Arbeit von Vısarr, in der der Darmkanal von Poly- desmus behandelt wird, war'mir nicht zugänglich. Ich konnte daher nicht auf diese Abbandlung eingehen. 36* 560 Walter Effenberger, suchungen beziehen sich auf Iulus, während sich über den Darm von Polydesmus in der Literatur Keine genauen Angaben finden. — Ich habe daher auch den Darmkanal in den Kreis meiner Untersuchungen hineingezogen, ebenso wie die damit in Verbindung stehenden Drüsen. Nach meinen Befunden konnte ich eine ziem- liche Aehnlichkeit zwischen IJulus und Polydesmus konstatieren. Da jedoch auch eine Reihe nicht unerheblicher Abweichungen vor- kommen, so muß ich meine Befunde näher darlegen. Zunächst möchte ich die Hauptpunkte der oben genannten Arbeiten hervorheben zum Zwecke der Vergleichung mit Poly- desmus. Ä PLATEAU unterscheidet am Darm von Iulus drei Abschnitte, denen er die Namen Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm beilegt. Der Vorderdarm von IJulus ist nach PLATEAU eine einfache, etwa kegelförmige Röhre von geringerem Kaliber als das Mittel- darmrohr. Um diesen Vorderdarm herum liegt eine Gewebsmasse, die PLATEAU für Fettgewebe hält. KruG weist jedoch in seiner Arbeit nach, daß dieses Fettgewebe PLATEAus das Gewebe der hinteren Speicheldrüse ist, die mittels paariger Gänge zwischen Mandibel und Hypopharyux nach außen mündet. Auf den Vorder- darm folgt der Mitteldarm. An diesem unterscheidet PLATEAU drei Abschnitte, denen er die Namen Vorderdarm (= Oesophagus), Mitteldarm (= Magendarm) und Enddarm beilegt. Die größte Aus- dehnung hat von diesen Abschnitten der Mitteldarm, der mit Aus- nahme der ersten 6—7 dem Oesophagus zukommenden Segmente und der letzten 10 Segmente, die den Enddarm beansprucht, den ganzen übrigen Körper durchzieht. Der Oesophagus hat nur etwa 1/,; bis Y/, des Durchmessers des Magendarmes. Der Uebergang vom Vorderdarm zum Mitteldarm geschieht bei Iulus nach KruGs Beobachtungen ganz unvermittelt. Der Enddarm ist vom Mittel- darm durch eine Klappe abgesetzt, von welcher auch PLATEAU spricht. Den Enddarm teilt Krug wiederum in drei Uhnter- abschnitte. Wie schon oben bemerkt wurde, weist der Darmkanal von Polydesmus viele übereinstimmende Merkmale mit dem Darmkanal von Julus auf. Auch der Tractus intestinalis von Polydesmus be- sitzt drei Abschnitte, auf die ich die von Krug für Iulus benutzten Namen übertragen kann. Der Darm von Polydesmus gliedert sich demnach in den Vorderdarm oder Oesophagus, den Mittel- oder Magendarm und den Enddarm. Wir beginnen mit dem ersten Abschnitt. | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 561 1. Der Oesophagus. Der Vorderdarm (siehe die sche- matische Textfig. 8) zieht sich von der Mundhöhle an bis einschließlich zum 4. Segment nach hinten. Er ent- spricht also in seiner Längsaus- dehnung dem Bereiche des Kopfes und des Praetruncus. Den Anfang des Oesophagus, der seiner ganzen Länge nach mit einer ziemlich dicken Chitinschicht ausgekleidet ist, bildet die geräumige Mundhöhle, in der die kräftig entwickelten Maxillen liegen (siehe Taf. 29, Fig. 3). Hinter der Mundhöhle, die etwa die vordere Hälfte des Kopfes ausmacht, be- ginnt der eigentliche Vorderdarm. In seinem Anfangsteil hat er die Ge- stalt eines Sechseckes (d. h. sein Querschnitt, wie Fig. 14 auf Taf. 31 zeigt). Weiter nach hinten jedoch ändert sich das Querschnittsbild all- mählich und erhält ein Aussehen, wie es Fig. 19 auf Taf. 31 wiedergibt. Das Lumen des Oesophagus ist dort durch sechs ziemlich regelmäßig in das Innere vorspringende Längssepten eingeengt, die auf dem Querschnitt eine sehr zierliche sternförmige Figur bilden. Ganz am Ende des Oeso- phagus, dort nämlich, wo er im Be- -griffe steht, in den Mitteldarm'über- zugehen, sind die Längssepten wieder verschwunden und der Querschnitt nimmt kreisförmige Gestalt an, gerade so, wie sie der Mitteldarm zeigt. Bezüglich der histologischen Be- Schaffenheit des Oesophagus ist fol- ' gendes hervorzuheben. Er besteht: 1) aus der chitinigen Cutieula, die ' von den 2) Epithelzellen ausgeschie- peicheldrüse, id tubulöse Drüse, ahd Drüse, ad Afterdrüse des Weibchens, gsgang der tubulösen gesamten Darmkanals. vd Vorderdarm, md Mitteldarm, ed End- g (nur der rechte ist sichtbar), chf Chitinfalten im Endabschnitt des Enddarmes, vm Vasa Malpighi. Enddarmes, kd Kopfdrüse oder vordere Speicheldrüse, Ad hintere S vm planatus. Schematische Darstellung des gsgang der hinteren Speicheldrüse, atd Ausführun ad Fig. 8. Polydesmus com darm, eed Endabschnitt des wahrscheinlicher Ausführun S I eed -- aad deren Ausführungsgan 562 Walter Effenberger, den ist. Zu äußerst folgt 3) die Muscularis. Während die chitinige Cuticula von der Mundhöhle an bis an das Ende des Vorderdarmes in einer gleichmäßig dicken Lage verläuft, zeigen die beiden anderen Teile, das Epithel und die Muscularis, in den verschiedenen Regionen verschiedene Ausbildung. Im Bereiche der Mundhöhle bildet das Epithel des Vorderdarmes nur eine sehr dünne Schicht, deren einzelne Zellen nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind (siehe Taf. 29, Fig. 3). In diesem Verhalten stimmt Polydesmus mit Iulus ganz und gar überein. Weiter nach dem hinteren Teile zu wird die Epithelschicht allmählich dicker, ist aber noch immer nicht deutlich in einzelne Zellen differenziert. So verhält es sich noch in der Region, in der der Vorderdarm den deutlich sechs- eckigen Querschnitt hat, wie ihn Fig. 14 auf Taf. 31 zeigt. Die Epithelzellen werden erst dann recht deutlich, wenn die oben ge- nannten sechs Längssepten beginnen, sich nach dem Ende des ÖOesophagus hinzuziehen. In dieser Region bildet das Epithel schöne, deutlich voneinander zu unterscheidende Zylinderzellen, an deren Basis der Kern ruht (siehe Fig. 19, Taf. 31). Durch die Septenbildung verursacht entstehen in dieser Region zwischen der Basis der Epithelzellen und dem röhrigen Muskelschlauch sechs Hohlräume von etwa gleichschenkelig-dreieckiger Gestalt auf dem Schnitt, die mit einem homogenen Bindegewebe erfüllt sind, in dem ich Bindegewebszellen, wie sie Krug bei Iulus fand, nicht beobachten konnte. Ein merkwürdiges Verhalten zeigt im Bereiche des Oesophagus die Muscularis. Während nämlich im Gebiete des Mittel- und Enddarmes die Ringmuskulatur unter der Längsmus- kulatur liegt, ist das Lagenverhältnis hier gerade umgekehrt: die Längsmuskulatur liegt dem Epithel an und die Ringmuskulatur umgürtet sie. So verhält sich auch Iulus. Im übrigen ist die Längsmuskulatur nur schwach vertreten. Im Bereiche der Mund- höhle fehlt sie anscheinend ganz, tritt dann hinter dieser auf, be- gleitet den Oesophagus bis zu dem Punkte, an dem die Septen- bildung beginnt und hört dort wieder auf. Die Ringmuskulatur dagegen ist vom Beginne des Oesophagus s. str. bis an sein Ende gut ausgebildet” | Im Anschluß an die Beschreibung des Oesophagus, der also ' im wesentlichen, wie die Vergleichung mit Iulus gezeigt hat, das nämliche Verhalten erkennen läßt wie dieser, muß ich eine Ueber- sicht über die Muskeln geben, die den Vorderdarm im Kopfe be- festigen. Es lassen sich nun zwei Arten von Muskeln unterscheiden, nämlich: 1) solche, die sich an der Dorsalseite des Schlundes an- | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 563 setzen und 2) solche, die an seiner Ventralfläche inserieren. Be- trachten wir zunächst die ersteren. Auf dem Querschnittsbilde des Kopfes sieht man in der Medianen vom Dache der Kopfkapsel aus eine schmale Chitinleiste in das Innere des Kopfes vorspringen. Diese Längsleiste dient den Mus- keln als Ansatzstelle, die an die Dorsalseite des Vorderdarmes laufen. Von diesen Muskeln kann man wiederum mehrere Bündel unterscheiden. Ganz vorn am Kopfe liegen einige Bündel, die von der Innenseite der Kopfkapsel schräg nach vorn an den Vorderdarm ziehen. Diese wenigen Muskeln liegen noch vor der weiter unten zu beschreibenden „Kopfdrüse“. Dann folgen weiter nach hinten je zwei Bündel, welche die Kopfdrüse durch- bohren, dann eines, das durch das Gehirn hindurchzieht und endlich noch ein letztes Bündel hinter dem Gehirn (siehe dazu Taf. 29, Fig. 3). Neben diesen den Darm dorsal befestigenden Muskeln gibt es noch solche, die an seiner Ventralfläche ansitzen. Die kräftigen Muskelbündel, die in den beiderseitigen Backen- teilen des Kopfes liegen, sind durch eine kräftige Sehne mit- einander verbunden (Taf. 29, Fig. 3, sen). Sie liegt unterhalb des Vorderdarmes und etwas hinter dem Schlundring. Diese Sehne ist es nun, die den ventralen Muskeln als Ansatzstelle dient. Es geht davon rechts und links je ein fächerförmiges Muskelbündel ab und zieht aufwärts zu den Seiten der unteren Wölbung des Oesophagus hin. Diese fächerförmig angeordneten Muskeln einer jeden Seite liegen in einer Ebene, die dem Oesophagus an- nähernd parallel ist und die schief zur Medianebene steht. 2. Der Mittel- oder Magendarm. Der Mitteldarm ist der längste Abschnitt des gesamten Darm- traktus. Er beginnt zwischen dem 4. und 5. Segment, wo wir auch eine deutlich ausgeprägte Uebergangsstelle zum Oesophagus vorfinden. Diese stellt Fig. 23 auf Taf. 32 dar. Wir sehen, daß die Zellen des Oesophagus eine nach hinten vorspringende Falte bilden. Auf diese im Querschnitt kreisförmige Falte folgt ein Ring von Zellen, die offenbar aus Epithelzellen des Darmes hervor- gegangen sind, aber eine histologische Umwandlung erfahren haben. _ Diese merkwürdigen Zellen sind dadurch vor den gewöhnlichen Darmepithelzellen ausgezeichnet, daß sie eine andere Farbe an- nehmen als diese. Sie verhalten sich ähnlich wie gewisse Partien 564 Walter Effenberger, der Chitinpanzerung, wie sie z. B. an den Mandibeln und an den Vulven und Kopulationsfüßen vorkommen. In diesen histologisch umgewandelten Zellen sind die Kerne völlig rückgebildet. Hinter diesem Ringe von umgewandelten Zellen beginnt der eigentliche resorbierende Teil des Darmes, der Mittel- oder Magendarm. Er hat ein 3—4 mal größeres Kaliber als der Oesophagus und zieht sich ganz gestreckt ohne jede Windungen nach hinten. Der Mittel- darm besteht aus mehreren Teilen. Seine innere Auskleidung be- steht aus einer alle Zellen gleichmäßig dick überziehenden opaken Schicht. Darunter folgt die einschichtige Lage der Epithelzellen, dann die nicht recht deutliche Tunica propria und den Abschluß bildet endlich die aus Ring- und Längsmuskulatur bestehende Muscularis (vergl. Fig. 2, Taf. 29; Fig. 4, Taf. 29; Figg. 20 u. 22, Taf. 31). Was das Epithel des Darmes anbetrifft, so besteht es aus zylindrischen sechskantigen Zellen, die ziemlich dünn, dafür aber um so höher sind und ihrer ganzen Ausdehnung nach einander an- liegen (Taf. 31, Fig. 16). Nach dem Darmlumen hin haben sie, wie schon gesagt wurde, eine gemeinsame Hülle ausgeschieden, die etwa 1/,—!/; der Höhe der Epithelzellen dick ist, also eine recht beträchtliche Stärke besitzt. Dicht unter dieser Schicht hat das Protoplasma der Darmepithelzellen eine konsistente Beschaffen- heit. Es erscheint dort stark getrübt. Der mittlere Teil der Epithelzellen besteht aus schaumigem Protoplasma, das den Ein- druck macht, als sei eine Unzahl winziger wasserheller Tröpfchen darin enthalten. Unterhalb dieser Region liegen die kleinen rund- lichen, sich intensiv färbenden Kerne, die von einem deutlichen hellen Hofe umgeben sind. In dessen Umgebung ist das Proto- plasma wieder homogen. An der Basis der Zellen folgt eine Partie trüben Protoplasmas. An ihrer Basis sitzen die Epithelzellen auf einer Tunica propria, die nicht immer gut zu sehen ist. Auf diese etwas undeurnliche Tunica folgt zuletzt die Muscularis. Sie besteht aus den innen verlaufenden, ziemlich kräftig entwickelten und recht zahlreich vorhandenen Ringmuskeln und den außen folgenden schwach ausgebildeten Längsmuskeln. In bezug auf den Mittel- darm zeigt Polydesmus einige bemerkenswerte Abweichungen gegen- über Iulus, insofern nämlich, als bei Iulus 1) die Cuticula nur im vorderen Abschnitte des Mitteldarmes ausgebildet ist und 2) bei Iulus außerhalb der Muscularis noch eine Lage von Drüsenzellen liegt, die bei Polydesmus sich nicht nachweisen lassen. Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 565 3. Der Enddarm. Der Enddarm, der manche interessante Verhältnisse zeigt, ist ein wenig länger als der Oesophagus. Er zieht von seinem An- fangsteile an mit gleichbleibendem Durchmesser, der dem des Mitteldarmes entspricht, nach hinten bis etwa zum 19. Segment. Dort verengt er sich plötzlich sehr stark und bildet eine Art von Sphinkter, um dann im 20. Segment, dem Analsegment, sich nach außen zu öffnen. Der Enddarm ist gerade so wie der Oesophagus seiner ganzen Länge nach mit einer chitinigen Cuticula ausgekleidet. Der Uebergang vom Mitteldarm zum Enddarm ist auf Schnitten deutlich wahrzunehmen (siehe Taf. 32, Fig. 25). An der Ueber- gangsstelle bildet der Darmkanal eine Art von Schnürung, die da- -durch zustande kommt, daß die Epithelzellen auf eine kurze Strecke hin sehr niedrig werden. 4—5-mal niedriger als die des Vorder- darmes. Hinter diesen niedrigen Zellen beginnt der Enddarm, dessen Zellen wieder die gleiche Höhe haben wie die des Mittel- darmes. Die durch die Ringfurche bezeichnete Stelle bildet den Uebergang vom Mittel- zum Enddarm. Diese Grenze ist dadurch noch schärfer gekennzeichnet, daß hinter ihr die Epithelzellen wie im Oesophagus eine chitinige Cuticula ausgeschieden haben. Außer- dem münden kurz hinter der eben beschriebenen Grenze die Vasa Malpighi in den Anfangsteil des Enddarmes ein. Der Enddarm setzt sich aus den gleichen histologischen Elementen zusammen wie der Mitteldarm, d.h. einer hier allerdings chitinösen Quticula, den Epithelzellen, der Tunica propria und der Muscularis. Merk- würdig ist das Verhalten der Chitinauskleidung des Enddarmes. Eine kurze Strecke von ihrem Beginn an nach hinten zu ist die Chitinlamelle an ihrer Oberfläche ganz glatt. Dann folgt eine Strecke, wo sich über jeder einzelnen Zelle ein zierliches scharfes Zähnchen erhebt, das mit seiner Spitze nach hinten gerichtet ist und so ein Zurücktreten der Nahrung in den Magendarm ver- hindert. Die Region der Chitinzähnchen hat eine verhältnismäßig kurze Ausdehnung (vergl. dazu immer das Schema des Darm- kanals, Textfig. 8). Darauf folgt nach hinten zu wieder eine Strecke, die sich durch eine glatte Cuticula auszeichnet und im 19. Segment erfolgt endlich die plötzliche Verengerung des Darm- lumens. Auch an dieser Stelle bleibt die Cuticula glatt. Im Analsegment bildet der Darmkanal eine weite Höhle, in der die Chitincuticula in zahlreiche Falten gelegt ist, die in die Analhöhle vorspringen und auf den Schnittpräparaten ein wirres Bild zeigen (siehe dazu Figg. 20 u. 22 auf Taf. 31). 566 Walter Effenberger, Betrachten wir jetzt die Epithelzellen des Enddarmes. Sie haben dieselbe Höhe wie die des Magendarmes, sind auch sonst wie diese ausgebildet, nur fehlt ihnen die für die Mitteldarmzellen charakteristische schaumige Struktur. Während sich die Epithel- zellen des Enddarmes bis an die sphinkterartige Einschnürung hin gleich bleiben, werden sie im Endabschnitt des Enddarmes un- deutlich. Die Epithellage ähnelt dann sehr der des vordersten Abschnittes des Oesophagus. Der letzte Abschnitt des Enddarmes ist in seiner Form durch die Gestalt der Analklappen bedingt. Diese wölben sich nach außen vor und das Epithel des Enddarmes schmiegt sich an manchen Stellen der Innenseite dieser Klappen eng an, an anderen Stellen dagegen springt es faltig in den von den Klappen umschlossenen Hohlraum vor. Auf dem Schnitt erhält man dann meist unregelmäßig gestaltete, manchmal auch zufällig elliptische oder kreisförmige Bilder des Epithels. Die Tunica propria ist im Enddarm wiederum sehr schwach und undeutlich ausgebildet. Die Muscularis verhält sich im Enddarm bis zum Sphinkter hin gerade so wie im Mitteldarm, d.h. nach außen zu liegen die spärlicheren Längsmuskeln, die die inneren, kräftigeren Ringmus- keln umscheiden. Dieses Verhalten ändert sich am Sphinkter. Dort erlangen die Ringmuskeln eine beträchtliche Zunahme, sie um- ziehen in mehreren Lagen den Darm und können so eine kräftige Wirkung ausüben. Die Längsmuskulatur ist hier in den Hinter- grund getreten. Im letzten Abschnitte des Enddarmes ist eine Muscularis nicht vorhanden. Ich beobachtete aber, daß von der Dorsal- und Ventralwand des Analsegmentes Muskelbündel schräg an den Endabschnitt des Enddarmes heranzogen und ihn in seiner Lage befestigten. Einige Muskeln wurden auch in den Seitenteilen bemerkt. Im Analsegment haben wir also die zweite Stelle vor uns, an der der Darm am Chitinpanzer befestigt ist. VI. Die Drüsen. Mit dem Darmkanal stehen einige Drüsen in Verbindung, die im Anschluß an den Darm eine gesonderte Besprechung erheischen. Ich bemerke gleich am Anfange dieses Abschnittes, daß ich zwischen Iulus und Polydesmus in bezug auf die Drüsen weitgehende Aehnlichkeiten auffand. Die Drüsen sind bei Iulus schon mehrfach studiert worden, er Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 567 während ich bezüglich Polydesmus keine Angaben über diesen * Punkt in der Literatur auffinden konnte. Die Drüsen von Iulus untersuchten in neuester Zeit SILvESTRI (No. 30), Rossı (No. 28) und Krug (No. 16). Auch schon PLATEAU (No. 22) hat für Iulus eine tubulöse Drüse beschrieben (glande anterieure dite salivaire). - Er sagt darüber folgendes: „Die Vorderdrüsen sind in der Zweizahl vorhanden, sie liegen zu beiden Seiten des Darmkanals und erstrecken sich vom Munde aus bis gegen das hintere Drittel oder gar bis an das Ende des Mitteldarmes. Jede dieser Drüsen ist ein sehr langer, zylindrischer und ein wenig gewundener Schlauch von ungefähr 0,2 mm Durch- messer, der sich in die Mundhöhle durch einen engen Hals öffnet. Jeder der beiden Drüsenschläuche zieht am Oesophagus lang, mit dem er eine Strecke weit zusammenhängt. Dann geht er am Darm- kanal lang, ohne damit direkt verbunden zu sein, bis nahe an den Anfang des Enddarmes. Dort angekommen, wendet er sich plötz- lich um, kommt auf sich selbst zurück, verfolgt zunächst parallel laufend die erste Hälfte, der er innig anliegt, dann rollt er sich mehr oder weniger darum, um nicht weit von einem Ausgangs- punkte blind zu enden. Ein solcher Drüsenschlauch würde voll- ständig aufgerollt die ganze Länge des Myriapoden erreichen.“ In einer Arbeit aus dem Jahre 1892 (No. 26) berichtet Rossı über den Ausführungsgang dieses tubulösen Drüsenpaares (glandole anteriori).. Sie verlaufen in ihrem Endabschnitt zwischen den Stipites gnathochilarii und den Lamellae linguales (nach den Be- zeichnungen von voM RATH. resp. den Mala gnathochilarii und den Lobi linguales nach der Terminologie LATZELS). Die eben zitierten Beobachtungen von Iulus bestätigt Krug (1907) und nennt die von den früheren Autoren beschriebene Drüse die „tubulöse Drüse“ zum Unterschiede von den traubigen Drüsen, welche er bei Iulus auffand. Von letzteren gibt es zwei: Eine mächtige Drüsenmasse umgibt den Vorderdarm von Iulus, sie mündet mit paarigen Ausführungsgängen zwischen den Man- dibeln und dem Hypopharynx. SıLvsstki hält diese traubige Drüsenmasse wegen ihrer paarigen Ausführungsgänge für zwei selbständige Drüsen. Rossı bezeichnet sie noch als „Fettkörper“. — Die zweite traubige Drüse, die Krug die „vordere Speichel- drüse“ nennt, liegt vorn im Kopfe. Krug sagt darüber folgendes: „Diese Drüse liegt im Kopfe über und vor dem Gehirn, ober- halb der Mundhöhle. Ich nenne sie die vordere Speicheldrüse. Das Gehirn besteht aus zwei größeren seitlichen Teilen, die durch zwei Brücken miteinander in Verbindung stehen. In dem Raume zwischen der Chitinwand und diesen Brücken liegt die Hauptmasse der Drüse, welche nur wenig über die seitlichen Gehirnteile über- 568 Walter Effenberger, greift. Sie besitzt zwei kurze Ausführungsgänge, die, von Drüsen- gewebe umkleidet, medianwärts und vorwärts laufen und am Dache der Mundhöhle ungefähr in der Mitte derselben, nahe der Median- ebene münden.“ SıLvestrı faßt diese vordere Speicheldrüse als ein Drüsen- paar auf. Im Prinzip verhält sich nun nach meinen Untersuchungen Polydesmus genau so wie Iulus. Wir finden nämlich bei Poly- desmus: 1) ein Paar tubulöse Drüsen und 2) zwei traubige Drüsen, von denen die eine am Vorderdarm, die andere im Kopfe in der Gehirngegend liegt. Was zunächst die tubulöse Drüse anlangt, so zeigt sie in ihrem Verhalten beträchtliche Abweichungen von den für Iulus beschrie- benen Verhältnissen. Durch die beiden ersten Segmente läuft diese tubulöse Drüse geradlinig hindurch, etwa auf der Höhe des Vorder- darmes, dann aber wendet sie sich schräg nach unten und ver- zweigt sich fingerförmig in mehrere Aestchen. Diese ziehen eben- falls schräg nach hinten unten bis in das 3. Segment hinein und biegen dann ganz kurz vor ihrem blinden Ende nach vorn um. Verfolgen wir den Ausführungsgang einer solchen tubulösen Drüse nach dem Kopfe hin, so sehen wir ihn zunächst noch parallel dem Vorderdarm ziehen. An der Grenze zwischen dem Kopfe und dem 1. Segmente wendet er sich nach unten und zieht an das Hinter- ende des Gnathochilariums, geht unter diesem nach vorn bis etwa zur Mitte des Gnathochilariums und bildet dann von dort an eine chitinige Rinne zwischen dem Stammteile und dem Zungenblatte, die bis an das Vorderende des Gnathochilariums verläuft und nach außen einen sehr schmalen Spalt bildet, der auf dem Quer- schnitt in Fig. 21, Taf. 31 dargestellt ist. Am Beginn der Rinne geht das Drüsenepithel kontinuierlich in das Epithel des Gnatho- chilariums über. Die Ausführungsgänge der tubulösen Drüsen verhalten sich also genau so wie sie für Iulus beschrieben worden sind. Sie sind auf Textfig. 12 deutlich zu sehen. Histologisch zeigt die tubulöse Drüse wepig Bemerkenswertes. Auf dem Quer- schnitte (Fig. 26, Taf. 32) sieht man eine beträchtliche Zahl von Drüsenzellen radial um das Lumen des Schlauches herum gruppiert. Das Lumen selbst findet man meist mit einem feinen Gerinnsel erfüllt. Die Kerne der Zellen sind lang, kegelförmig, sie liegen dicht an der Basis der Drüsenzellen nach dem Lumen zu und er- geben in ihrer Gesamtheit eine strahlige Figur. Ueber die Funktion dieser tubulösen Drüse gehen die Ansichten auseinander. Manche Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 569 Autoren (so z.B. Rossı) halten sie für eine Drüse, die ein beim Nestbau zu verwendendes Sekret liefere. Dem stehen aber die neueren Beobachtungen gegenüber, nach denen der Kopf des Poly- desmus beim Nestbau stets über den Bau erhoben bleibt, das Sekret der tubulösen Drüse also keine Verwendung dabei finden kann. Vielmehr dient zum Nestbau das Sekret einer Drüse, die beim Weibchen über dem Enddarm liegt und in den After ein- mündet. Die tubulöse Drüse wird wohl, wie das schon PLATEAU vermutete, eine Spei- cheldrüse sein. Da- mi gegen könnte die merk- N x en würdige Art ihrer Aus- Ai 6 dor | N 70% mündung angeführt \d I ENGE N werden. Ueberlegt man ! aber, daßeinaus ihrer NK“ | Ile Mündung ausfließendes \ N IN 0/4 j Sekret die aufzuneh- \ HU NL mende Speise schon vor \ Pd I ee! der Aufnahme in den N ' | Mund mit Speichel be- | / NN netzte, weil das Gna- 7/7’ % Na thochilarium und mi- 7 £ u‘ Den hin auch der Ausfüh- “ f FD rungsgang der tubu- lösen Drüse infolge der en) nach unten gerichteten Fig. 9. Polydesmus complanatus. Das Gna- Halt d Kant thochilarrum mit den Ausführungsgängen (atd) altunzg des MopieS der tubulösen Drüsen (td). 1! Lamellae linguales einen sehr steilen Win- (Zungenplatten), me Mala exterior (äußere Lade), Be unterlase; bil- mi Mala interior (innere Lade), mt Mentum (Kinn), > sig Stipes gnathochilarii (Stammteil). det, das Sekret also schon bei geringer Senkung des Kopfes die Nahrung betupfen kann, so wird man in der Ansicht bestärkt, daß man in den tubulösen Drüsen Speicheldrüsen vor sich hat. Dieses Durchtränken mit Speichel wird namentlich bei trockener Nahrung von Nutzen sein. Was nun die traubigen Drüsen anbelangt, so will ich mich zunächst kurz mit derjenigen befassen, die Kruc als die hintere Speicheldrüse bezeichnet. Ich fand auch bei Polydesmus im Be- reiche des Vorderdarmes eine deutliche Drüsenmasse vor, die über dem Oesophagus, zum Teil auch zu seinen Seiten liegt. Sie ist aber nicht wie bei Iulus unterhalb des Oesophagus zu einer ein- heitlichen Masse geschlossen. Die beiden Ausführungsgänge dieser 570 Walter Effenberger, Drüsenmasse konnte ich auf allen meinen Präparaten nur ein kleines Stück in den Kopf hinein verfolgen, dann gingen ihre Spuren trotz aller auf diesen Punkt verwendeten Mühe verloren. Ich glaube aber nicht fehlzugehen, wenn ich annehme, daß die Ausführungsgänge dieser hinteren Speicheldrüse, die doch ohne Zweifel der von Iulus homolog ist, wie bei Iulus zwischen Mandibel uud Hypopharynx ausmünden. In dieser Annahme habe ich in dem Schema des Darmkanals und seiner Anhangsdrüsen (Textfig. 8) den angenommenen rechten Ausführungsgang der hinteren Speichel- drüse punktiert (ahd) eingetragen. Die zweite traubige Drüse, die bei Polydesmus vorkommt, ist die „vordere Speicheldrüse“ oder „Kopfdrüse“, wie sie ihrer Lage nach auch genannt werden kann. Sie stimmt in ihrem Verhalten ganz mit der für Iulus von Krug beschriebenen überein, so daß ich mich hier kurz fassen kann. Diese Drüse füllt den Raum zwischen Seitenlappen des Gehirns und die Region vor diesem aus (siehe wiederum Textfig. 8). Sie wird mehrfach von Muskeln durchbohrt, die den Vorderdarm dorsal am Kopfdache befestigen und von denen ich bereits früher in dem Abschnitte über den Darmkanal ausführlich gesprochen habe. Die Kopfdrüse besitzt paarige Ausführungsgänge. Diese beginnen tief in der Drüsenmasse und bilden zu beiden Seiten der Medianebene je ein enges Kanäl- chen, das sich in den dorsalen Teil der Mundhöhle öffnet (Fig. 24, Taf. 32). Die Afterdrüse. Schon mehrfach erwähnte ich, daß ich im Bereiche des End- abschnittes des Enddarmes eine Drüse entdeckte, die ich ihrer Lage wegen als. „Afterdrüse“ bezeichnen möchte. Ich habe diese Drüse nur beim Weibchen gefunden (Taf. 31, Fig. 20). Beim Männchen (Taf. 31, Fig. 22) fehlt sie. Die Weibchen legen ihre Eier nicht einfach in den Boden, sondern bauen mit dem vorgestülpten After ein zierliches Nestchen dafür, bei dessen Herstellung ein Sekret verwendet wird, das ich aus der Aftergegend in Gestalt heller Tröpfchen austreten sah. Ganz ohne Zweifel ist die in Frage stehende Drüse wegen ihrer Lage und der Mündung ihrer Aus- führungsgänge diejenige, welche das Nestbausekret liefert. — Ueber dem Enddarme und auch ein wenig auf dessen Flanken hinab- greifend sah ich in meinen Präparaten eine ausgedehnte Drüsen- masse liegen, die ganz dem histologischen Bild der Kopfdrüse ent- spricht. Die Drüsenmasse zieht sich vom Anfang des Analsegmentes Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 57l eine große Strecke am Enddarm hin. Die paarigen Ausführungs- gänge sind sehr schwer zu finden. Größte Sorgfalt habe ich ver- wenden müssen, ehe ich sie nach langem Suchen bei sehr starker Vergrößerung endlich fand. Die Ausführungsgänge beginnen schon im vorletzten Segment oder auch noch eher und verlaufen parallel dem Enddarm nach hinten, indem sie mitten durch die Drüsen- masse hindurchziehen. Ihre Mündung liegt zwischen den früher beschriebenen Chitinfalten des Endabschnittes des Enddarmes ver- steckt, und zwar etwa in der Mitte des Analsegmentes im oberen Teile seitlich der Medianebene (siehe Textfig. 8). Die Malpighischen Gefäße, Außer den soeben beschriebenen drüsigen Anhängen des Darm- kanals kommen auch bei Polydesmiden in der Zweizahl vorhandene MALPpıGHIsche Gefäße vor, die in den Anfangsteil des Enddarmes einmünden. Die Gefäße erreichen eine recht beträchtliche Länge. Schon dort, wo sich im Oesophagus die Längssepten befinden, be- gleiten sie den Vorderdarm (siehe Taf. 31, Fig. 19). Von dort aus ziehen sie in vielen Windungen dem Darme dicht angeschmiegt bis zu ihrer Mündung in den Enddarm nach hinten. Ausgestreckt würden die MArpıcHiIschen Gefäße den Darmkanal beträchtlich an Länge übertreffen. Auf dem Querschnitt durch Polydesmus sieht man die Malpighischen Gefäße oft mehrfach in verschiedener Höhe getroffen (vergl. Taf. 29, Fig. 2). In histologischer Hinsicht bieten die Vasa MarpıGHi nichts Bemerkenswertes. Die Gefäß- wand besteht nur aus einer einzigen Zellenschicht. Die Zellen gruppieren sich in geringer Zahl um das Gefäßlumen. Sie sind fast so dick wie hoch. Die Kerne sind deutlich färbbar (siehe Taf. 32, Fig. 32). Die Saftdrüsen (Glandulae odoriferae). Die Verbreitung der Saftdrüsen (= Wehr- oder Stinkdrüsen, Glandulae odoriferae) auf die einzelnen Segmente des Körpers von Polydesmus ist bereits früher gelegentlich der Behandlung der äußeren Gliederung besprochen worden. Ueber den Bau dieses eigentümlichen Drüsenapparates habe ich mehrere Angaben gefunden, die sich jedoch nicht auf Polydesmus, sondern auf Fontaria und auf Iulus beziehen. Während die Saftdrüsen unserer Gattung von denen von Iulus stark abweichen, sind sie denen von Fontaria gracilis (= Paradesmus gracilis) sehr ähnlich, wie 572 Walter Effenberger, denn überhaupt Fontaria und Polydesmus manche Uebereinstim- mungen und Aehnlichkeiten zeigen. Die Saftdrüsen von Polydesmus liegen in den Seitenkielen gewisser Segmente des Körpers, die früher aufgezählt wurden (p. 530), und münden an deren hinterem Rande durch die Saft- löcher (= Foramina repugnatoria) nach außen. Ein solcher Drüsen- apparat von Polydesmus besteht aus mehreren Teilen: 1) dem eigentlichen Drüsensäckchen, 2) dem Sphinkter und 3) dem Aus- führungsgang. Die Drüsensäckchen liegen zwischen den Muskeln, die sich in den Seitenkielen befinden, und dem überall reichlich im Körper vorhandenen Fettkörper eingebettet. Fig. 19, Taf. 30 stellt einen Frontalschnitt durch einen Seitenkiel von Polydesmus dar, auf dem das Drüsensäckchen seiner Längsausdehnung nach getroffen ist. Die Wandung des Säckchens besteht aus einem äußerst zarten Häutchen, dessen einzelne Zellen sehr flach und äußerst schwierig wahrnehmbar sind. Je nachdem das Drüsensäckchen mit dem öligen Sekret erfüllt ist oder nicht, sind seine Wandungen straff gespannt oder in knitterige Falten gelegt, ähnlich wie es WEBER (No. 40) für Fontaria angibt. Nach dem Inneren des Körpers zu verengt sich das Säckchen und endet blind. Nach außen zu verengt es sich ebenfalls, setzt sich aber in einen fischreußen- ähnlichen Apparat fort, der von einem sehr zarten chitinigen Häutchen gebildet wird. Dieser Apparat stellt ein Rohr dar, an dessen nach außen gerichtetem Rande 4 zarte, stachelförmige Fortsätze entspringen, die in einen Hohlraum hineinragen. Die Wandung des Rohres ist außen von zarten Muskelfibrillen um- geben, die um das Rohr herumlaufen und den Verschluß des Kanales bewirken. Nach dem Passieren des eben besprochenen Kanälchens gelangt man in eine’ziemlich geräumige Höhle, die mit Chitin ausgekleidet ist. Sie liegt in etwa gleicher Höhe mit dem Drüsensäckchen und hat in ihrem oberen Ende (Taf. 31, Fig. 18) eine nicht verschließbare Oeffnung von ovaler Gestalt, durch die das Sekret nach außen mündet. Diese Oeffnung bezeichnet man als Saftloch oder Foramen repugnatorium. Ich möchte bemerken, daß das Sekret bei Fontaria gracilis nach GULDENSTEEDEN-EGELING freie Blausäure ist!). Bei einem 1) Die chemische Zusammensetzung des Sekretes von Polydesmus kennt man noch nicht. Vielleicht ist darin auch Blausäure enthalten, da man in den Polydesmen-Terrarien gelegentlich einen ziemlich auffälligen Blausäuregeruch wahrnehmen kann. Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 573 Iuliden dagegen, Schizophyllum mediterraneum LATZEL, ist das Drüsensekret von Phisalix als Chinon !) bestimmt worden. VU. Die Geschlechtsorgane. Die merkwürdigen Geschlechtsverhältnisse der Diplopoden haben schon mehrfach das Interesse der Naturforscher auf sich gezogen und sind Gegenstand eingehender Untersuchungen ge- worden. Wenn trotzdem noch nicht alle anatomischen Einzel- heiten genau bekannt sind und wenn in dieser oder jener Frage noch Unsicherheit herrscht, so liegt das zum größten Teile in technischen Schwierigkeiten begründet, die sich der Untersuchung entgegenstellen. Bei der Kleinheit des Objektes und der Härte des Chitinpanzers kommt man mit den gewöhnlichen Arbeits- methoden nicht aus, muß vielmehr zu einer besonderen Technik greifen, welche die älteren Autoren noch nicht kannten. So ist es erklärlich, daß wir bei einem sonst so exakten Forscher wie FABRE manche Ungenauigkeiten finden, die ihm nicht zum Vor- wurf gemacht werden dürfen, sondern vielmehr in der Natur der Sache begründet sind. Selbst vom Rara, der die Methode des Schneidens bei seinen Diplopodenstudien schon anwendete, mußte manche Fragen offen lassen. Ich wurde beim Studium der Literatur auf die merkwürdigen Geschlechtsverhältnisse der Chilognaten auf- merksam und habe mich dann auch mit der Durchforschung des Geschlechtsapparates befaßt. Ich bespreche zunächst den weib- lichen Geschlechtsapparat und lasse dann den männlichen folgen. 1. Der weibliche Geschlechtsapparat. Die Weibchen von Polydesmus complanatus sind im Leben _ leicht daran zu erkennen, daß bei ihnen das 7. Segment stets - zwei Beinpaare trägt, abgesehen von den ersten beiden Larven- 1) Das Chinon (genauer Benzochinon) hat die Formel Bd. XLIV. N. F. XXXVII. aN 574 Walter Effenberger, stadien. (Siehe die Tabelle der postembryonalen Entwickelung von Polydesmus complanatus, p. 547.) Das Ovarium von Polydesmus complanatus ist unpaar und hat die Gestalt eines in dorso-ventraler Richtung zusammengedrückten Schlauches, welcher sich vom vorletzten Segmente aus bis zum 4. Segmente hinzieht, um dort in den Ovidukt überzugehen. Das Ovarium liegt direkt unterhalb des Darmes und oberhalb des Bauch- markes, wie man aus den Fig. 2 (auf Taf. 29) und 4 (auf Taf. 30) ersehen kann. An seiner dorsalen Wand (nicht an der ventralen wie FABRE sagt), befinden sich parallel mit der Medianebene ver- laufend rechts und links von dieser je ein Ei- bildungsstreifen, „deux stroma vouligeres“ oder „placentaires‘‘, wie FABRE (No. 7) sie nennt. Diese Eibildungsstreifen sind mit zahlreichen Eiern perl- schnurähnlich dicht besetzt, und je nach den Ent- wickelungszuständen der Eier erscheinen sie mehr oder weniger voluminös. In der Textfig. 10 findet man ein Ovarium mit seinen beiden Eibildungsstreifen abgebildet. FABRE ist geneigt, die Eibildungsstreifen selbst als „Ovarien“ zu bezeichnen und den sie um- hüllenden gemeinsamen Sack als „Ovarialsack“. Nach dieser Auffassung hat Polydesmus, also paarige OÖvarien, wie sie bei Craspedosoma polydesmoides vorkommen. Nur in den Eibildungsstreifen liegen die Mutterzellen der Eier und nur an diesen Stellen Fig. 10. Polydesmus complanatus. Darstellung des Ova- riums (0) mit den beiden Keimbildungsstreifen’ (kbs) und dem Ovidukt (od). hat die Ovarialwand ein zelliges Aussehen, während man im übrigen Teile keine Zellen erkennen kann. An den beiden Stromata kann man die Eier in den verschiedensten Altersstadien beobachten. Wir sehen dort die Keimepithelzellen in lebhafter Teilung. Sie bilden einen soliden, mehrschichtigen Zellenstrang (obls), wie ihn Fig. 4, Taf. 30 sehr deutlich erkennen läßt. In diesem soliden Strange wachsen eine Anzahl von Zellen auf Kosten der übrigen sie umgebenden, mächtig heran und bilden sich allmählich zu Eiern aus. Diese werden von Follikelzellen allerseits umhüllt und sind durch einen zelligen Strang mit dem Mutterboden in Ver- bindung. Die Follikelzellen haben in jungen Stadien des Eies die Gestalt von Plattenepithelzellen mit deutlich wahrnehmbarem Kern. | | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 575 Mit der Vergrößerung der Eizelle werden die Pflasterzellen immer undeutlicher und schließlich bleibt nur noch das von ihnen ge- meinsam ausgeschiedene, dünne, chitinige Chorion erhalten, das um die Eizelle eine allseits schützende Hülle bildet. In den Eizellen ‚selbst findet man eine große Menge von Nahrungsdotter in Ge- stalt von zahlreichen Dotterkügelchen angehäuft, die bei Anwendung der ArArtayschen Färbung eine schmutzig- gelbe Färbung an- nehmen. Wenn die Eier reif sind, lösen sie sich vom Mutter- boden los und fallen in den Hohlraum des Ovariums, von dem aus sie allmählich in den Ovidukt gelangen, den wir nun einer genaueren Betrachtung unterziehen müssen. Zuvor verweise ich noch auf Fig. 30, Taf. 32, die einen Frontalschnitt durch die Mitte eines stark mit Eiern gefüllten Ovariums darstellt und die Eier in verschiedenen Ausbildungsstadien zeigt. Im 5. Segment etwa verengert sich der unpaare Ovarialsack und geht in den Ovidukt über. Dieser verläuft, wie Textfig. 12 deutlich erkennen läßt, ein Stück weit in das 4. Segment in der Richtung des Ovars nach vorn, um sich dann in zwei Aeste zu gabeln, die eine kurze Strecke in divergenter Richtung nach vorn ziehen. Plötzlich biegen sich diese Schenkel dann nach hinten und außen um, um sich gleich darauf nach innen und unten um- zuschlagen, und von hinten her in die Vulva einzutreten. Dieses ‚Verhalten hat FABRE noch nicht genau beobachtet. Das Bild, was er vom ÖOvarium und den Ovidukten gibt, entspricht also nicht genau den wirklichen Verhältnissen und muß gemäß den eben gemachten Angaben korrigiert werden. FABRE sagt dazu in wörtlicher Uebersetzung folgendes: „Der Vorderteil des Ovarial- sackes verengt sich allmählich und teilt sich bald in zwei kurze Ovidukte, die von ihrem Ursprunge aus divergierend sich halb- kreisförmig biegen und sich direkt ohne Windungen auf die Ge- schlechtsöffnung derselben Seite hin begeben.“ FaABres Bild ist, Debenbei bemerkt, auch auf die bekannten LeuckArrschen Tafeln übergegangen, so daß diese hier eine kleine Ungenauigkeit ent- halten. | Was die Struktur des Oviduktes anbetrifft, so sei auf das | histologische Bild desselben (Fig. 29, Taf. 32) hingewiesen. Dieses zeist einen Querschnitt des Oviduktes.. Wir sehen darauf die 'Epitbelzellen ganz deutlich ausgebildet im Gegensatz zu der dünnen zellenlosen Wand des Ovariuns. Die Epithelzellen springen an manchen Stellen unregelmäßig faltig nach dem Lumen des Ei- leiters vor. Sie haben eine in Falten gelegte dünne Chitincuticula 37% 576 Walter Effenberger, ausgeschieden. Die äußere Umhüllung wird von einer kräftig aus- gebildeten Längsmuskelschicht geliefert. Die Ovidukte haben außerhalb der Vulven keinerlei Anhänge, also auch keine Receptacula seminis. Sie gehen in die beiden Vulven über, die, wie wir aus Abschnitt II wissen, im 3. Segment, dem Geschlechtssegmente, nach außen münden. Die Vulven sind der komplizierteste Teil des gesamten Ge- schlechtsapparates. Ein Gesamtbild gibt die Textfig. 11, die nach einem Präparate des Herrn Dr. vom RATH entworfen wurde. Die beiden Vulven, die in der Ruhe- lage im Inneren des 3. Segmentes vollständig versteckt liegen, haben einen sehr komplizierten Bau, der sich durch Worte nur ungenügend verständlich machen läßt, weshalb | ich gleichzeitig auf die Abbildung verweisen muß. Die Gestalt der Vulven ist etwa die abgestumpfter abe FRE und etwas verdrückter Kegel, die | \ mit breiter Basis dem Zentralteil des Segmentes ansitzen. Die Wand der Vulva wird von einer starken Chitinlage gebildet, die auf der Oberseite dieses Apparates mit kompliziert verlaufenden Leist- “ chen verziert ist. Einige Teile der‘ Er " he onen, En u Wand färben sich nicht wie Chitin. Präparat des Herrn Dr. vom RarH. Ueberall sitzen zahlreiche lange N nn Receptaculum Haare der Oberfläche auf: m der Oberseite betrachtet, sieht man in der Längsrichtung der Vulva in der Mitte einen geschlängel- ten Gang verlaufen, der am distalen Ende der Vulven etwas auf- getrieben erscheint, am proximalen Ende dagegen enger wird. Ueber die Art nun, wie die Ovidukte in die Vulva eintreten und dann nach außen münden, gaben mir Sagittalschnitte genauere Auskunft. Da diese Verhältnisse noch strittig waren, habe ich mir die größte Mühe gegeben, sie zu klären. Ich hatte einmal das Glück, ein Weibchen mit weit vorgestülpten Vulven zu finden, das ich sofort fixierte. Die Vulven blieben auch im Tode vor- gestreckt, und ich habe dann von dem Tier eine Sagittalschnitt-' Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 577 serie hergestellt. Es ergab sich mir nun aus dieser und anderen Serien folgendes: Der Ovidukt tritt am proximalen Ende der Vulva unterseits in diese ein und mündet in einen Hohlraum, dessen Mündung nach außen ich lange Zeit nicht finden konnte, bis ich endlich entdeckte, daß der Hohlraum an der Oberseite der Vulva in der Nähe des proximalen Endes ausmündet und zwar in Gestalt eines äußerlich schwer sichtbaren, im Sagittal- schnitt aber ziemlich deutlichen Spaltes in der Chitinwand. Man wird sich fragen, was die Mündung des Oviduktes der genannten Stelle für Zweck hat, man wird sie vielmehr am distalen Ende suchen. Diese Vermutung hegte auch ich so lange, bis ich die Schnittserie des Tieres mit den ausgestreckten Vulven vor mir unter dem Mikroskop hatte. Ich erkannte da, daß nicht das in der Ruhelage distale Ende der Vulva, sondern vielmehr das proximale Ende bei der Vorstülpung infolge einer Drehung am weitesten nach außen gelangt, so daß also der Spalt in die für die Ablage der Eier günstigste Lage kommt. Durch das Studium zahl- reicher Präparate der Vulva gelangte ich weiterhin zu der Ueber- zeugung, daß der geschlängelte Gang, den man schon gut jam Totopräparat der Vulva sehen kann, ein Lumen besitzt. Von den Seitenwänden der Vulva ziehen zahlreiche Muskelchen zu dem Gang hin. Er ist am distalen Ende bläschenförmig erweitert und blind geschlossen, öffnet sich dagegen am proximalen Ende in die Höhle, die man als den erweiterten Endabschnitt des Ovi- duktes auffassen kann. Außer diesen Teilen findet man zwischen der Höhle der Vulva und ihrem distalen Ende ein Drüsengewebe, das in die Höhle hinein ein Sekret abzuscheiden scheint. Viel- leicht liefert diese Drüse das Sekret, welches die Eier klebrig macht und sie so vor schädlichen Einflüssen schützt. (Siehe Ab- schnitt III, die Eiablage betreffend!) Ueber den Ausführungsgang dieser Drüse kann ich leider nichts Sicheres angeben, trotzdem ich viel Mühe auf die Lösung dieser Frage verwendet habe. Als was ist nun der geschlängelte Gang eigentlich aufzufassen ? Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, daß wir in diesem vielfach ge- schlängelten Gange ein Receptaculum seminis vor uns haben. _ Diese Ansicht stützt sich auf die von mir gemachte Beobachtung, _ daß sich in dem Lumen des Ganges, der infolge der Schlängelung eine beträchtliche Länge erreicht, die die mehrfache Länge der | Vulva ausmacht, unzählige en befinden. Nachdem ich nun hier meine eigenen Befunde und Ansichten - 578 Walter Effenberger, dargelegt habe, möchte ich noch angeben, wie sich FABRE und vom RATH über die Vulva geäußert haben. FABRE sagt folgendes: „Unter dem Mikroskop sieht man in der verdickten Wand der Vulva einen engen Gang sich schlängeln von einem Ende der Vulva zum anderen und an ihrer Oeffnung (?) münden. Dieser Gang ist sicher viel zu eng, um als Receptaculum betrachtet werden zu können. Seine Lage und seine Art der Endigung machen es mir wahrscheinlich, daß es eine Drüse ist, dazu bestimmt, an den Ge- schlechtsöffnungen eine Flüssigkeit abfließen zu lassen, die den Zu- gang der komplizierten Maschine erleichtern soll, die wir beim Männchen finden.“ (Wörtliche Uebersetzung.) Nach FABRE entbehrt Polydesmus also der Receptacula seminis. voM RATH (24) äußert sich folgendermaßen über die Vulven: „Die Vulva hat die Gestalt eines seitlich etwas komprimierten Zylinders; der Ovidukt tritt an der Unterseite heran, geht etwa in der Mitte der Länge in das Innere ein und mündet an der vorderen Fläche; die letztere besitzt einen sehr stark chitinisierten, etwas unregelmäßig verlaufenden Rand. Auf der Oberfläche der Oberseite der Vulva befindet sich jederseits der Mittellinie eine Reihe niedriger kantenförmiger oder gefähnelter Chitinleisten. Unterhalb des mit diesen Leisten besetzten Feldes sieht man ein geschlängeltes stark chitiniertes Gebilde vom Vorderrande der Vulva bis fast zum Hinterende sich hinziehen; dasselbe scheint ein ganz feines Lumen zu besitzen; als Receptaculum seminis darf es schwer- lich gelten.“ Wenn ich meine Befunde über die Vulva nochmals kurz zu- sammenfassen soll, so ist folgendes hervorzuheben): Die im 3. Segmente mündenden paarigen Vulven haben die Gestalt ab- gestumpfter Kegel. Die Ovidukte treten an der Unterseite des proximalen Teiles der Vulva ein und münden dort in einem Hohl- raum, der durch eine spaltförmige Oeffnung mit der Außenwelt in Verbindung steht und durch den die Eier austreten. Der an der Oberseite unter der Chitinwand sich schlängelnde Gang mündet in die genannte Höhle und ist als Receptaculum seminis auf- zufassen. Außerdem liegt zwischen der Höhle und dem distalen Ende eine Drüsenmasse, die wahrscheinlich ihr Sekret in die Höhle abgibt. 2. Der männliche Geschlechtsapparat. Vom Hoden von Polydesmus complanatus gibt FABRE folgende Beschreibung, die im wesentlichen mit meinen Befunden sich deckt: 1) Ich hoffe, später noch genauere Angaben und Figuren über die Vulven etc. veröffentlichen zu können. | Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 579 „Der Hoden ist aus zwei langen zylindrischen Armen gebildet, die sich in gewissen Abständen durch Querröhren verbinden, so daß das Bild einer Leiter entsteht, die im vorletzten Segment be- ginnt und sich bis gegen das 7. Segment hinzieht. Ich habe bald 13, bald 14 Maschen in dieser Hodenleiter (echelle testiculaire) gezählt. Die Querbrücken sind rechtwinklig gestellt, ein wenig länger als breit und im allgemeinen gleich. Jede trägt an beiden Seiten und an der Außenseite eine runde Blase gleicher Natur wie die übrige Leiter und ist mit dem Längsast durch einen sehr kurzen Stiel verknüpft. In seiner vorderen Partie, in der Gegend etwa des 7. Ringes, verliert der Hoden seine Transversalschläuche _ und gleichzeitig die seitlichen Blasen, während die beiden Längs- schläuche sich parallel gehend verlängern, sich dann trennen, um zwei Ausführnngsgänge zu bilden, die sehr kurz und ein wenig angeschwollen sind. Die Ausführungsgänge laufen jeder auf eine Oeffnung zu, die durch die Basalglieder des entsprechenden Genital- - beinpaares gebohrt sind. Es ist bemerkenswert, daß diese Genital- - beine wie beim Weibchen die des 3. Segmentes sind.“ - # Fig. 12. Fig. 13. oe ip. 12. Polydesmus complanatus. Ein Stück des Hodens. Das Bild wurde durch graphische Rekonstruktion einer Frontalschnittserie erhalten. & Fig. 13. Bold spec. Gesamtbild eines Kopulationsfußes nach ' einem Präparat des Herrn Dr.. vom RATH. h%k Häkchen, hpt Hauptast, nda _ Nebenast, sbl Samenbläschen mit seinem Eingang (eisbl), m Muskulatur. 580 Walter Effenberger, Die Bläschen konnte ich in meinen Präparaten nicht deutlich, auch nicht in so regelmäßiger Anordnung, sondern hier und da einmal eins, sehen. Ich habe meine Textfig. 12 durch graphische Rekonstruktion aus einer Frontalschnittserie gewonnen. Fig. 27, Taf. 32 zeigt einen Sagittalschnitt des Hodens. Der Hoden ist mit einem feinen Gerinnsel erfüllt, das zahlreiche dunklere Kon- kremente eingebettet enthält und über deren Natur mir nichts bekannt ist. Die Spermatozoen (Fig. 31, Taf. 32) zeigen ganz ungewöhnliches Verhalten. Es sind kleine kuglige, der freien Ortsbewegung entbehrende Zellen. Die Vasa deferentia sind in ihrem Verlaufe etwas komplizierter als FABRE es darstellt. Sie beginnen im 7. Segment. Von da aus ziehen sie bis zum 4. Segment nach vorn und vereinigen sich, um eine kurze Strecke gemeinsam zu verlaufen und sich im hinteren Abschnitt des 3. Segmentes zu teilen und in divergenter Richtung nach den Coxen des zweiten Beinpaares zu ziehen, die sie durchbohren und nach außen zu münden. Penisbildung fehlt. Vor der Kopulation müssen die Kopulationsorgane mit Sperma versehen werden. Wie das geschieht, wurde schon in Abschnitt III dargestellt. Die Kopulationsfüße selbst (Textfig. 13) sind schon von mehreren Autoren, besonders von v. ATTEMS und VERHOEFF, ganz ausführlich behandelt und sogar systematisch verwertet worden, so daß ich von deren Beschreibung absehen darf. Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 581 u te ee “ Literaturverzeichnis. 1) Arrems, Graf C., „Myriopoden“. Zool. Ergebnisse der dritten asiatischen Forschungsreise des Grafen Eusen Zıchy, Bd. II, Leipzig 1907. 2) — System der Polydesmiden I. Denkschr. d. Kaiserl. Akad. der Wissensch. Wien, math.-naturw. Klasse, Bd. 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Buchstabenerklärung: adr Afterdrüse ank Analklappe ans Analschuppe ant Antenne bl Bläschen im Darmepithel bis beinloses Segment bm Bauchmark bp Beinpaar bst Bindesubstanz chf Chitinfalte chl Chitinleiste chg Chitinzähnchen cop Kopulationsfuß cut Cuticula cutz Cuticularzähnchen d Darm dep Darmepithel dgf Dorsalgefäß drg Drüsengang ds Darmsepte el letzter Teil des Enddarmes ep Epithel eph Epipharynx (vom Rarh) fk Fettkörper for Foramen repugnatorium geh Gehirn gr Grenze der Darmabschnitte gsdr Gang der Saftdrüse hdr hintere Speicheldrüse hod Hoden hph Hypopharynx hyp Hypodermis kdr Kopfdrüse Im Längsmuskulatur mdh Mundhöhle mgf Marrıcnisches Gefäß msk Muscularis mtdr Mündung dertubulösen Drüse mus Muskel oEi obls Eibildungsstreifen obk Oberkiefer oes Oesophagus ov Ovarium rm Ringmuskulatur schg Schlundganglion sdz Saftdrüse sen Sehne sperm Spermatozoen sph Sphinkter sr Schlußring st Stigma tdr tubulöse Drüse ipr Tunica propria tr Tracheen irt Tracheentasche v Vulva vd Vas deferens ved Verengung des Enddarmes 2k Zellkern. Tafel 29. Fig. 1. Soeben ausgeschlüpfte Larve mit 7 Segmenten (I— VII) und drei Beinpaaren (1—3). Fig. 2. Querschnitt durch ein Segment des Metatruncus (zur Uebersicht über die Organe). Fig. 3. Sagittalschnitt durch den Kopf. PEN EEE RENT iueueN Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. 585 Fig. 4. Unterer Teil eines Querschnittes durch ein typisches Segment zur Demonstration des Ovariums, der Beinmuskeln und der Tracheentaschen. Tafel 30. Fig. 5. Frontalschnitt durch die vorderen Segmente (II, III, IV), um das Verhalten der Tracheentaschen und der Vasa defe- rentia zu zeigen. Fig. 6. Frontalschnitt durch die Segmente I—III eines Weibehens zur Demonstration der Tracheentaschen und Vulven. Fig. 7. Transversalschnitt durch das 1. Segment, um die reduzierten Tracheentaschen zu zeigen. Fig. 8. Ein Tracheenbündel sehr stark vergrößert mit den flachen Kernen. Fig. 9. Sagittalschnitt durch die ventrale Partie der Seg- mente I—III, um das Verhalten in bezug auf dıe Tracheentaschen zu zeigen. Fig. 10. Sagittalschnitt durch den Basalteil eines typischen Segmentes. Man sieht die Tracheentaschen getroffen. Fig. 11. Sagittalschnitt durch den Basalteil eines typischen Segmentes. Der Schnitt ist etwas weiter medianwärts geführt als der in Fig. 10 abgebildete, Fig. 12. Frontalschnitt durch die Tracheentasche (rechts) des 4. Segmentes. Man sieht das Tracheenbündel nach vorn gehen. Matelea3d: Fig. 13. Frontalschnitt der Segmente I/I[I—V des Männchens. Die Verhältnisse der Tracheentaschen sind aus dieser Figur er- sichtlich. Fig. 14. Querschnitt des Oesophagus kurz hinter der Mund- höhle. Fig. 15. Sagittalschnitt durch das Gelenkpolster des Kopulations- fußes der linken Seite. Fig. 16. Histologisches Bild einiger Epithelzellen des Mittel- darmes. Fig. 17. Frontalschnitt einer Wehrdrüse der linken Seite. Fig. 18. Abbildung eines Schnittes, der etwas höher geführt wurde als der in Fig. 17 wiedergegebene. Fig. 19. Querschnitt durch den mittleren Teil des Oesophagus. Fig. 20. Sagittalschnitt durch das Hinterende eines Weib- chens, um das Verhalten des Darmes und die Afterdrüse zu zeigen. Fig. 21. Querschnitt der Mündungsrinne der tubulösen Drüse. Fig. 22. Sagittalschnitt durch das Hinterende des Männchens, um das Verhalten des Darmes zu demonstrieren. Tafel 32. Fig. 23. Der Uebergang vom Oesophagus zum Mitteldarm im Längsschnitt. 586 W.Effenberger, Beitr. z. Kenntnis d. Gattung Polydesmus. Fig. 24. drüse). Querschnitt der vorderen Speicheldrüse (= Kopf- Fig. 25. Der Uebergang vom Mitteldarm zum Enddarm. Fig. 26. Querschnitt der tubulösen Drüse. Fig. 27. Sagittalschnitt durch einige Segmente des Mesotruncus, um den Hoden zu veranschaulichen. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. Fig. 31. Fig. 32. Einige Zellen des Enddarmes mit Cutieularzähnchen, Querschnitt durch den Ovidukt. Querschnitt durch einen Teil des Ovariums. Histologisches Bild des Hodens mit Spermatozoen. Querschnitt durch ein Marrıcnısches Gefäß. Die Entwickelung der Blättertracheen und der Tracheen bei den Spinnen. Von Reinhold Janeck, Weimar. Hierzu Tafel 33 und 67 Figuren im Text. Uebersicht. I. Einleitung. II. Material und Konservierungsmethoden. III. Geschichtlicher Ueberblick. IV. Die Spinnenlunge im ausgebildeten Zu- stande. V. Die Extremitätenanlage des Lungensegmentes. VI. Bildung der Lunge. VII. Anlage und Entwickelung der Tracheen. VIII. Anlage der äußeren Geschlechtsorgane. IX. Theoretische Schlußbetrachtungen. X. Litera- turverzeichnis. I. Einleitung. Die Arachniden besitzen sowohl echte Tracheen, als auch Blättertracheen, sogenannte Lungen. Die ersteren sind offenbar denjenigen der anderen Tracheaten homolog, aber in bezug auf die Blättertracheen sind in der Literatur zwei ganz verschiedene Auffassungen vorhanden. Nach der Ansicht mancher Forscher entsprechen sie ebenfalls echten Tracheen und stellen eine modifizierte Form derselben dar; nach der Meinung anderer Forscher werden sie auf die Kiemen- blätter der Xiphosuren zurückgeführt und haben demnach als Kiemen an den Beinen ihren Ursprung genommen. Die Lösung der Streitfrage wäre von großer Bedeutung, denn die systematische Stellung der Arachniden hängt von dieser Ent- scheidung ab. — Je nachdem man die eine oder die andere Theorie annimmt, werden die Arachniden an die anderen Trache- aten angeschlossen, oder aber in nähere Beziehung zu den Crusta- ceen gebracht. Mein hochverehrter Lehrer, Herr Prof. H. E. ZIEGLER, welcher in einer seiner Schriften (1904) diese Frage berührt und zu der- selben Stellung genommen hat, wußte mein Interesse auf dieses Gebiet zu richten. Obgleich sich schon zahlreiche Forscher mit der Lösung dieser Frage beschäftigt haben, so habe ich es doch unternommen, nochmals bei einer Spinne die Entwickelung der Lungen mit den neuen Methoden zu studieren, um womöglich zu 588 Reinhold Janeck, einer Entscheidung zu gelangen. — Allerdings zeigte sich in der Untersuchung, daß das Problem noch schwieriger ist, als die bis- herigen Forscher gedacht hatten. — Ich habe alle die Bilder wiedergefunden, welche für die Limulustheorie beigezogen werden, wie auch diejenigen, welche zugunsten der Tracheentheorie sprechen. Ich habe aber außerdem auch einige Stadien angetroffen, welche von den früheren Autoren nicht beachtet wurden, aber für die Entscheidung der Streitfrage von Wichtigkeit sind. Ich beschränkte mich bei meinen Untersuchungen nicht auf die Atmungsorgane allein, sondern habe auch die äußeren Ge- schlechtsanlagen und die Entwickelung der Spinnwarzen in den Kreis meiner Untersuchungen gezogen, einerseits weil dieselben zur Orientierung nötig waren, andererseits, weil ich einige noch nicht bekannte Punkte dabei aufklären konnte. Herr Professor ZIEGLER hat mir stets bei meinen Unter- suchungen mit gutem Rate und hilfreicher Hand in aufopfernder Weise zur Seite gestanden, wofür ich ihm hier meinen aufrichtig- sten Dank sage. II. Material und Konservierungsmethoden. Meine Untersuchungen beschränken sich auf die Araneen, speziell auf Lycosa amentata, doch habe ich auch andere Arten, darunter Epeira diademäta, zwei Dolomedesarten und Drassus lapidicola in den Kreis meiner Beobachtungen gezogen. Dadurch kam ich zu der Ueberzeugung, daß bei allen erwähnten Arten die Embryonalentwickelung in allen bemerkenswerten Punkten durch- aus gleichartig verläuft. Ich glaube mich also auf die Darstellung der Verhältnisse bei Lycosa amentata beschränken zu können. Außerdem sind gerade Untersuchungen an Lycosa amentata in der sonst sehr reichhaltigen Literatur nur in ganz geringer Zahl vor- handen. Die Lycosiden gehören zu den Dipneumones, speziell zu der Unterordnung der Citigraden oder Schnelläufer. Sie besitzen zwei Fächertracheen oder Lungen am vorderen Teil des Abdomens, außerdem aber auch Tracheen, welche vor den Spinnwarzen münden. Zunächst kam es darauf an, in den Besitz der verschiedenen Altersstadien zu kommen, was insofern leicht war, als die Lycosa amentata in hiesiger Gegend sehr häufig ist, und diese Spinnen | sehr gesellig leben, wenigstens immer bestimmte gemeinsame | Zu a nn Zu da a de a Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 589 Sonnenplätze haben, wie ich leicht feststellen konnte. Solche Sonnenplätze befanden sich vor allem an feuchten Stellen, auf schon verrottetem Heu. Ich war an heißen Tagen nicht selten imstande, auf einer kleinen Fläche (ungefähr 1), qm) 12—20 Weib- chen mit Eicocons zu fangen. — Ein weiterer günstiger Faktor liegt darin, daß die Mutterspinne ihren Eicocon am Hinterleib an- geklebt mit sich umherträgt, und daß auch die Jungen die Mutter nach dem Ausschlüpfen nicht gleich verlassen, sondern auf den Rücken des Muttertieres kriechen und auf diese Weise noch einige Zeit von der Alten herumgetragen werden. — Der Fang der Weibchen wurde mir insofern leicht, als die mit dem Eicocon belasteten Tiere an ihrer freien Bewegung sehr gehindert waren. Die Zeit, während der man so belastete Weibchen findet, ist sehr ausgedehnt. Ich begann mit Einsammeln von Material Mitte Mai und fand da schon eine beträchtliche Anzahl Weibchen mit Cocons, während ich meine letzten Ende September sammelte. Freilich ist dabei zu bemerken, daß die letzten meist von Ichneumoniden befallen waren und Larven, Puppen, ja selbst leere Puppen derselben enthielten. Offenbar trägt die Spinne in diesem Fall den Cocon viel länger mit sich herum als bei normaler Ent- wickelung; denn bei normaler Entwickelung wären die jungen Spinnen sicher längst ausgeschlüpft, und da diese den Cocon über einen ganzen Meridian längs einer Naht in zwei Hälften sprengen, wäre ein Weiterschleppen desselben so gut wie unmöglich. Die ausschlüpfenden Schlupfwespen sprengen jedoch diese Naht nicht, sondern fressen sich an beliebiger Stelle durch den Cocon, so daß die Gestalt desselben im wesentlichen erhalten bleibt, wodurch es erklärlich ist, wenn die Mutterspinne ihre vermutliche Brut weit über die zur Embryonalentwickelung nötige Zeit mit sich herumträgt. Zur Konservierung der Eier benutzte ich 80° heißes Wasser, heißes Sublimat, kalten und heißen konzentrierten Alkohol, und dann führte ich die Objekte langsam bis zu 70-proz. Alkohol über. Mit der Konservierung in heißem absoluten Alkohol erhielt ich die besten Resultate, wenigstens das zum Schneiden geeignetste Material. Ich übergoß die Eier in einem Reagenzglas mit kochen- dem absoluten Alkohol und führte die Eier langsam zurück in 70-proz. Alkohol, in welchem ich sie bis zur Benutzung aufhob. Ein Aufbewahren in absolutem Alkohol ist nicht ratsam, da der Dotter zu hart wird und’ beim Schneiden große Schwierigkeiten bereitet. Die zum Schneiden bestimmten Exemplare habe ich in Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 38 590 Reinhold Janeck, hartem Paraffin eingebettet. Hierbei ist zu beachten, daß man die Eier nicht zu lange im Paraffinofen läßt, weil auch hier eine allzustarke Härtung des Dotters erfolgt. Die besten Resultate erhielt ich bei zwei Tage langer Behandlung im Paraffinofen. Die größte Schwierigkeit beim Schneiden ist nicht in der Härte der Eihaut oder des Chitins bei älteren Exemplaren, sondern hauptsächlich in der Härte der Dotterschollen zu suchen, die bei nicht genau regulierter Einbettung leicht herausbrechen und den Keimstreifen zerreißen. Meine Untersuchungen sind an Schnitten von 5—10 u gemacht. Die Eier wurden zu zweien und dreien oder auch einzeln ein- gebettet und geschnitten. Zur Untersuchung wurden dann die- jenigen Schnittserien ausgewählt, die in günstiger Richtung gingen. Als Färbungsmittel benutzte ich Hämatoxylin und Ammonium- rubinpikrat zum Nachfärben, dadurch wurde eine gute Kernfärbung erzielt, wodurch die Lage der Kerne und damit auch der Zellen ohne Zweifel festgestellt werden konnte. Eine Vorfärbung erwies sich als unnötig. Zu Untersuchungen an ganzen Eiern benutzte ich die gleiche Konservierung wie oben, und wendete als Aufhellungsmittel Nelkenöl, seltener auch Xylol an. Um in den Besitz aller Altersstadien zu gelangen, hielt ich trächtige Weibchen im Terrarium bis zur Eiablage. (Hierbei ge- machte interessante Beobachtungen gedenke ich in einer späteren Arbeit zu veröffentlichen.) Die Eicocons nahm ich dann den Mutter- tieren ab, öffnete sie und bewahrte sie in einem den äußeren Temperaturverhältnissen entsprechenden Raume auf. Täglich früh 7 Uhr und abends 6 Uhr konservierte ich aus jedem Cocon drei Eier, zwei zum Zweck von Schnittpräparaten, eins für die Unter- suchung am Ganzpräparat. Kurz vor dem Ausschlüpfen sah ich mich infolge der schnell erfolgenden Umwandlung im Ei genötigt, noch einmal um 1 Uhr nachmittags zu konservieren. Um die Entwickelungsreihe möglichst vollständig zu bekommen, begann ich mit Konservieren der Eier bei einigen Cocons sofort, nachdem derselbe von der alten Spinne fertiggestellt war, andere ließ ich dem Muttertier eine längere oder kürzere Zeit. Trotzdem ich auf diese Weise 160 Eier geschnitten habe, bin ich nicht imstande, jedes Altersstadium an der Hand der Atmungs- organe aus dem nächst jüngeren abzuleiten. Kurz vor der Um- rollung treten plötzliche Veränderungen an den den Atmungs- Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 591 organen entsprechenden Stellen auf, die eine Beobachtung der in dieser Zeit erfolgenden Vorgänge sehr schwierig machen. Ich suchte durch die Anfertigung von zwei Plattenmodellen _ die gehofite Aufklärung zu erhalten. Hierbei wurde eine 300-fache _ Vergrößerung angewendet. Die Platten wurden, da die Schnitt- dicke 10 u betrug, von 3 mm Stärke genommen. Weitere Untersuchungen über diese schwer erklärbaren Stadien _ behalte ich mir noch vor. III. Geschiehtlicher Ueberblick. Was die Geschichte des vorliegenden Problems betrifft, so lagen mir die ältesten Schriften, die ja auch von geringerer Be- deutung sind, nicht vor, und habe ich mich in dieser Hinsicht auf die Angaben der späteren Forscher verlassen. Ich gebe aber der Vollständigkeit halber hier auch die ältesten Schriften mit an. Auch war es unvermeidlich, Schriften beizuziehen, welche die Atmungsorgane nicht zu ihrem Thema haben, aber in sonstiger Hinsicht wichtige Untersuchungen über Morphologie oder Ent- wickelung der Arachniden enthalten, um einen möglichst vollstän- digen Nachweis über unsere Spinnenliteratur zu geben, soweit sie für die systematische Stellung der Arachniden von Bedeutung ist. | Die älteste Arbeit ist die von Tre£vIRAnus (1812), darauf folgt eine bedeutendere von MEckEL (1816), beide leiten die Lungen von Kiemen ab. 1824 erscheint von HEROLD eine Untersuchung der Entwickelung im Ei. Hierauf folgt eine Arbeit von VAn DER HoEvEn (1838) über Limulus, in der sich der Verfasser über die Zuteilung des Limulus weder für die Krebse noch für die Spinnen entscheidet, weil seiner Meinung nach die Grenzen dieser beiden Klassen noch nicht hin- reichend fixiert seien. | Als nächster ist RATHKE (1542) zu erwähnen, der eine Ent- - wickelungsgeschichte der Lycosa saccata gibt, dann von WITTICH (1845 u. 1849), der die Entstehung des Arachnideneies im Eier- stock und die ersten Vorgänge in demselbeu nach seinem Verlassen - des Mutterkörpers beschreibt. | Diese ersten Schriften haben nur historischen Wert, da sie vor dem Bekanntwerden der Zellentheorie oder deren allgemeiner Annahme geschrieben sind. Auch war damals die Wichtigkeit, die der Embryologie bei morphologischen Studien zukommt, noch 385 * 592 Reinhold Janeck, nicht anerkannt. — Die erste Arbeit, die für uns von Bedeutung ist, ist diejenige von LEUCKART (1849). In ihr finden wir die Lungen aus den Tracheen abgeleitet. Der Verfasser bleibt voll- ständig auf morphologischem Gebiet und betrachtet fast nur die entwickelte Form der Organe. Er unterscheidet im Typus der Tracheenbildung drei Hauptmodifikationen: 1) die baumartig verästelten Tracheen, 2) die unverästelten Röhrentracheen und 3) die Blätter- oder Lungen-Tracheen; er findet bei den Acarinen verästelte und unverästelte Tracheen, bei den Araneen unverästelte Tracheen und Blättertracheen, bei den Scorpioniden Blättertracheen, bei den Myriopoden verästelte und unverästelte Tracheen, und bei den Hexapoden verästelte Tracheen. — Phylogenetisch leitet er die Hauptformen der Tracheen aus folgenden Tatsachen her. Er fand, daß der Spiralfaden der Tracheen durch ein Zusammentreten und Verschmelzen von feinen Chitinkörnchen der Haut seinen Ursprung nimmt. Wo nun der Spiralfaden fehlt, tritt leicht Unregelmäßigkeit in der Zylinderform der Tracheen ein. Dies würde die Kommunikation der Luft er- schweren, und infolgedessen verschwindet mit dem Spiralfaden auch die Verzweigung. Es erklärt sich auch weiterhin, daß die ungestützten Tracheen infolge des Druckes der anliegenden Organe ihre eigentliche Röhrenform verloren und bandartig abgeplattet wurden, auf welche Weise man sich die Blättertracheen der Araneen entstanden denken kann. Leider lassen sich diese theoretischen Anschauungen durch die Embryologie nicht stützen. Aber LEUCKARTS Ausführungen über den Bau der Organe im entwickelten Zustand weichen von unseren Funden nur wenig ab. Daß ihm manche Feinheiten entgangen sind, darf man ihm nicht zum Vorwurf machen, da die Technik jener Zeit gegen heute noch sehr zurückstand. Nach einem langen Zeitraum erschien 1860 in Utrecht die Arbeit von CLAPAREDE, die über äußere Entwickelung der Araneen handelt und mit einer Reihe schöner Zeichnungen ausgestattet ist. Die Beschreibung der äußeren Entwickelungsvorgänge ist sehr brauchbar. METSCHNIKOFF behandelt 1871 die Skorpione und Spinnen und stellt auf Grund der Embryologie infolge der parallelen Ent- wickelung die Spinnen in nahe Verwandtschaft zu den Skorpionen. Er findet keine Beziehung der Lungen der Skorpione zu den Ab- dominalbeinen, abgesehen davon, daß dieselben sich dicht hinter den Segmentanhängen des 4. Abdominalsegmentes entwickeln. ea u == De Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 593 Dourn (1871) sucht in seiner ontogenetisch-morphologischen Arbeit zu beweisen, daß Limulus mit den Gigantostraken ver- wandt sei; beide scheinen ihm wiederum verwandt mit den Tri- lobiten, obwohl diese Verwandtschaft nicht in allen Details nach- gewiesen werden kann. Die morphologischen Beziehungen dieser drei Familien zu den Crustaceen lassen sich vor der Hand nicht feststellen. Seine Untersuchungen haben zu folgenden Schlüssen geführt: Bei allen Krebsen haben wir 2 Antennenpaare, die beide vom oberen Schlundganglion innerviert werden; bei Limulus aber nur eine Extremität, die vom oberen Schlundganglion mit Nerven ver- sorgt wird. — Wie die Oberlippe, so ist die Unterlippe bei allen Krebsen eine Faltenbildung der Keimhaut gleich hinter der Mund- - öffnung. Beim Limulus hingegen erfolgt die Anlage weit vom Munde entfernt, hinter dem 6. Gliedmaßenpaare und mit 2 deut- lich getrennten Stücken, so daß die Meinung nahe liegt, sie als 7. Extremitätenpaar des Kopfschildes zu betrachten. Was nun die Stellung des Limulus betrifft, so ist er eher ge- neigt, den Limulus näher zu den Arachniden als zu den Crusta- ceen zu stellen, wenngleich er ihn nicht ganz von den letzteren lostrennt, vielmehr mit den Gigantostraken und Trilobiten ver- -einigt, und eine selbständige Ordnung im System der Arthropoden bildet, ebenso wie er die Pantopoden gänzlich von den Arachniden - losgetrennt wissen will (vergl. MEISENHEIMER 1902). Doch, um sich hierüber eine scharfe Meinung zu bilden, fehlten ihm noch _ Untersuchungen, vor allem auf embryologischem Gebiete. Wenn auch Donrns Arbeit nicht direkt in unser Gebiet fällt, so durfte doch seine Arbeit über Bau und Entwickelung der Ar- ' thropoden hier nicht übergangen werden, da er von der Idee ge- leitet ist, die Systematik der Arthropoden festzustellen. Eine sehr eingehende Untersuchung der Atmungsorgane in entwickeltem Zustande bei Araneen lieferte BERTKAU (1872). Seine - Beschreibung ist sehr ausführlich. Seine Fig. 1, die eine Tra- r cheenlunge darstellt, ist allerdings, was die Stellung der Lamellen betrifft, nicht einwandsfrei, wie wir später sehen werden. Bei seinen Untersuchungen an den Tracheen fand BERTKAU bei Dys- -dera und Argyroneta die in die Chitinwand eingestreuten Stäbchen zu einem Spiralfaden verschmolzen, der dem der Insektentracheen gleicht. Die von dem Stigma ausgehenden Haupttracheenstämme hat er bei Dysdera und Argyroneta bis in den Cephalothorax ver- folgen können, woselbst sie nach seinen Untersuchungen knopf- 594 Reinhold Janeck, förmig anschwellen und enden sollen. Er verfolgt dann bei den verschiedenen Spinnen die Verschiedenheit der Tracheenanlage. Leider darf man auf seine Theorie sowie auf alle die Au- toren, die er erwähnt (TREVIRANUS 1812, MEcKEL 1816, MÜLLER 1828, CLAPAREDE 1860 und LEUCKART 1843) nicht allzuviel Ge- wicht legen, da zu jener Zeit ontogenetische Untersuchungen noch fast ganz fehlten. — Teils sind die Forscher bestrebt, die Lungen von Kiemen abzuleiten (darunter MECKEL und TREVIRANUS), teils sind sie der Meinung, daß wir es mit modifizierten Tracheen zu tun haben; letzterer Meinung schließt sich auch BERTKAU selbst an. Seine Hypothese ist ganz plausibel: die als Luftsack be- zeichnete Ektodermhöhle wird als Tracheenstamm angesehen, und die Zwischenräume zwischen den Fächern werden als vom Haupt- stamm abgehende abgeplattete Röhren gedeutet. EmeERTON (1872) behandelt in seiner Entwickelung von Pholeus nur die ersten Stadien der Keimstreifenbildung und weist die Be- ziehungen der Cumulus primitivus zur ventralen Platte nach. VAn BENEDEN bearbeitet 1872 Limulus und kommt zu dem Schlusse, daß die Trilobiten ebenso wie die Euripteryden und Poecilopoden von den Crustaceen getrennt werden müssen, und daß sie mit den Scorpioniden und den übrigen Arachniden einen Zweig für sich bilden, dessen Ursprung noch zu bestimmen sei. Seine embryonalen und anatomischen Untersuchungen führen VAN BENEDEN zu folgenden Schlüssen: Die Limuliden sind keine Krebse, haben nichts mit den Phyllo- poden gemeinsam und ihre embryonale Entwickelung zeigt viel Aehnlichkeit mit der der Skorpione und anderer Spinnentiere. Es fehlen die charakteristischen Stadien der Entwickelung der Krebse, da keine Nauplius- oder Cyclops-Larve sich findet. Weiter sagt er aber, daß die Analogie zwischen Limulus und den Trilo- biten für denjenigen keinen Augenblick zweifelhaft sein könne, der die embryonale Entwickelung dieser Tiere studiert hat. Leider bietet der Forscher zu wenig Spezialuntersuchungen mit entsprechenden Abbildungen, so daß eine kritische Betrach- tung seiner Befunde nicht gut möglich ist. | Bargranı (1873) beschreibt im einzelnen sehr exakt die äußeren Züge früherer Entwickelungsstadien der Spinnen bis zur Bildung von Gliedmaßenanlagen, auch dringt er etwas in die Gewebelehre der früheren Stadien ein, doch seine Untersuchungen erstrecken sich noch nicht auf Stadien, wo die für uns wichtigen Organe ihre Anlage finden. j Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 595 Dasselbe gilt auch von H. Lupwıc (1876), der sehr wichtige Beobachtungen über die Entwickelung des Blastoderms gemacht, sich jedoch nur auf die frühen Stadien beschränkt hat. HATSCHER (1877) hält die Abstammung der Tracheaten von den Crustaceen für wahrscheinlich und bringt somit die Arachniden in enge Beziehung sowohl zu den Insekten als zu den Crustaceen. Seine Theorien sind aber nicht genügend gestützt. Die Schwierig- keit, welche der Systematik dadurch erwächst, daß die Crustaceen 2 Paar Antennen, die Insekten jedoch nur 1 Paar besitzen, räumt er damit aus dem Wege, daß bei den Crustaceen das Körper- segment, welchem diese Extremität angehört, durch eine Knospung des 1. Mundsegmentes entstanden sei, und daß dieser Knospungs- prozeß bei den Tracheaten eine Rückbildung erfahren hat. Dies ist meiner Meinung nach eine sehr gewagte Hypothese. Bei Arachniden sei auch die Extremität des Mundsegmentes verloren gegangen, doch wendet der Verfasser sich auf Grund der Inner- vation der Cheliceren gegen die Homologisierung der Antennen mit den Cheliceren. Die Innervation erfolge bei den Arachniden vom oberen Schlundganglion, während die Entwickelungsgeschichte bei den Insekten zeigt, daß die Mandibeln derselben an einem Segment entstehen, dessen Nervenanlage zur Schlundkommissur wird. Ob man auf diese Verhältnisse so viel Rücksicht nehmen kann, bezweifle ich allerdings, da Verschiebungen in der Ab- zweigung von Nerven sehr häufig sind, und bei der Frage der Verwandtschaft solche Verhältnisse nur mit großer Vorsicht in Be- tracht gezogen werden dürfen, zumal, wenn sich die Verhältnisse durch so eine geringfügige Verschiebung erklären lassen. Außer- dem haben auf Grund der nämlichen Organe LENnDL und BALFOUR (wie wir noch sehen werden) die Verwandtschaft der Arachniden mit den Insekten festzustellen versucht. BarROIS (1878) nimmt das Studium der Arachniden ganz von - neuem auf, fügt dem schon Bekannten eine ausgedehnte Beschrei- bung des von ihm benannten „limulusähnlichem Stadiums“ bei und gibt hierzu auch Figuren. Ueber die Entwickelung der Keim- anlagen enthält seine Arbeit einige bemerkenswerte Beobachtungen, jedoch beziehen sich dieselben nur auf die frühesten Stadien, und außerdem fehlen die Figuren hierzu. Für uns bietet die Arbeit nichts von Bedeutung. BALFOUR (1880) ist der erste Forscher, der Bilder von wirk- lichen Schnitten gibt, um die Keimblätter in ihrer Entwickelungs- geschichte zu illustrieren. Ueber die Atmungsorgane äußert er 596 Reinhold Janeck, sich nicht, doch schließt er die Spinnen an die übrigen Tracheaten an; er stützt sich dabei auf seine Untersuchungen am Mesoblast, am Darmkanal, an den MarpicHischen Gefäßen und am Nerven- system, weiter auf die Entwickelung der Cheliceren aus postoralen Anhängen und ihre Innervierung von einem postoralen Ganglion. Letzterer Grund gibt ihm die Möglichkeit, die Cheliceren den Mandibeln oder möglicherweise dem 1. Paar der Maxillen der anderen Tracheaten homolog zu setzen. Dies weiter hier auszuführen, würde den Rahmen meiner Betrachtungen weit über- schreiten. Interessant ist die Figur 15, Tafel 20, der erwähnten Arbeit, die einen Sagittalschnitt durch den Embryo darstellt. BALFOUR hat nur 4 Abdominalbeine gefunden, während ich auf Grund meiner Untersuchungen an gewissen Altersstadien zweifellos 5 Abdominal- beine nachweisen kann. Nach meinen Untersuchungen ist nun jede Beinanlage an eine ziemlich bedeutende Cölomhöhle im Keim- streifen an der Ansatzstelle gebunden; wenn nun BALFOUR auch das 5. Abdominalbein nicht gefunden, hat, so wäre es trotzdem wunderbar, wenn ihm auch die Cölomhöhle entgangen wäre. Dies ist aber nicht der Fall; denn auf erwähnter Figur zeigt das 5. Abdominalsegment deutlich eine derartige Höhlung. Daß Barrour allerdings das 5. Abdominalbeinpaar gesehen hat, zeigt Fig. 8 a und b, Taf. 19, doch bezeichnet er diese An- hänge als Kaudallappen; warum, ist mir nicht recht klar, denn erstens zeigen diese Anhänge eine große Aehnlichkeit mit den übrigen, vor allem mit dem 4. Anhang, so daß ich nicht einsehe, warum dieses Organ eine andere Bedeutung haben sollte. Anderer- seits erscheint mir in diesem Stadium die paarige Anlage des Kaudallappens fraglich. Fig. 8a ist insofern für uns noch von Interesse, da BALFOUR in derselben hinter diesem eben erwähnten 5. Anhangspaar 3 un- paare Falten angibt. Dies stimmt mit meinen Untersuchungen auffällig überein. Er selbst äußert sich über diese Faltenbildung nicht weiter. Nach meinen Untersuchungen sind aber diese Falten von hoher Bedeutung, denn in der 1. Falte, also direkt hinter dem 5. Anhangspaar, sehe ich die Anlage der großen, den Tracheen- eingang verdeckenden Falte, in der 2. und 3. die unpaaren medianen Anlagen der großen Spinnwarzenpaare. | BALFOUR erscheint es außerdem zweifelhaft, ob die Spinn- warzen durch Umwandlung aus dem 4. Abdominalbeinpaar hervor- gehen, wie einige Autoren behaupten. Seiner Meinung nach ver- Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 597 schwindet das 4. Abdominalbeinpaar. Eine eigene Ansicht über das Entstehen der Spinnwarzen äußert er nicht. SCHIMKEWITSCH (1884) bietet umfassende Untersuchungen über die innere Entwickelung der Araneen. Für uns von Interesse ist hauptsächlich die erst 1905 erschienene Schrift über Pedipalpen, speziell Telyphonus caudatus. In derselben stellt er fest, daß die Bildung der Gliedmaßen von der Bildung der Cölomhöhlen be- gleitet wird, wie ich es auch bei den Araneen fand. Ueber die Lungen sagt er, daß in den seitlichen Sinussen an der Ventral- seite des 'Abdomens sich die Anlagen der Lungen befinden, die bei dem Ausschlüpfen aus den Eihüllen schon vorhanden seien und an ihrem äußeren und oberen Rand mit einem charakte- ristischen Wucherungspunkt versehen sind. Ueber seine Arbeit: „Zur Entwickelungsgeschichte der Araneen“ (1884) ist wenig zu sagen. Sie behandelt ganz kurz die ersten Stadien, die Bildung der Keimblätter, des Mitteldarms, des Bauchmarks und die vorderen Gliedmaßenanlagen. Im übrigen verweist er auf die Untersuchungen von BALFOUR. Mac Leon (1884) leitet die Spinnentracheen aus den Spinnen- lungen ab und findet, daß sie den Tracheen der Insekten nicht homolog seien. Durch Vergleich von Spinnenlungen und Limulus- kiemen findet er, daß beide Gruppen nahe verwandt seien. Er hat eine große Anzahl von Spinnen auf ihre Atmungsorgane hin untersucht und fand überall die gleichen Verhältnisse, die mit den Befunden an Skorpionen übereinstimmen. Mac Leop findet die Lamellen nur nach einer Seite hin frei endend, und zwar nach hinten, doch, sagt er, kommt es vor, daß ein Teil des äußeren Randes, d. h. des von der Medianlinie am weitesten entfernten, teilweise frei ist. Den inneren Lungenhöhlenraum findet er mit einem feinen Integument bedeckt, einer Fortsetzung des äußeren chitinösen Integumentes. Die beiden Lungen stehen durch eine - äußere Querfalte in Verbindung, die aber nur bis zu einer gewissen Tiefe in den Körper eindringt. Die Lamellen sind von einer Chitin- haut umkleidet, die ventralwärts glatt ist, dorsalwärts mit einem Wald von Chitinstacheln besetzt ist. Die Spitzen sollen unter- einander‘ durch transversale Zweige verbunden sein, so daß sich über der Cuticula in einer gewissen Entfernung ein chitinöses Gitterwerk, aufrecht erhalten durch die Stacheln, befindet. Daß diese Chitinstacheln vorhanden sind, habe ich selbst und andere Forscher auch gesehen; das Gitterwerk konnte ich nicht bemerken, auch habe ich in anderen Abhandlungen hierüber keine Notiz 598 Reinhold Janeck, gefunden. Die Cuticula beider Seiten einer Lamelle ist durch 2-zellige Säulchen verbunden. Daß der Verfasser in den Lamellen eine verschiedene Breite findet, führt er auf Muskelkontraktion zu- rück, die herrühren soll von Muskelfibrillen, die von den 2-zelligen Säulchen gebildet werden. Ich halte erstens die verschiedene Breite der Lamellen für Konservierungsfolgen, auch haben andere Forscher ebensowenig wie ich diese Fibrillen bemerken können. Ich bezweifle demnach die Anwesenheit dieser Fibrillen, zumal die zahlreichen Muskeln, welche sich an den Blutraum anheften, von wo das Blut in die Lamellen strömt, wohl einen genügenden Druck auf denselben ausüben, um das Blut durch die Lamellen zu treiben. Außerdem ist das Herz mit äußerst starker Herzmuskulatur versehen. Mac LEop findet auf Transversalschnitten, daß der am meisten dorsalwärts gelegene Hohlraum zwischen der letzten Lamelle und der Wandung eine Neigung zeige, Röhrengestalt anzunehmen, so daß er große Aehnlichkeit mit einer etwas abgeflachten Trachee hat. Es ist dies der annähernd röhrenförmig ausgezogene Rest des Luftraums, an dem ich eine ähnliche Gestaltung fand. Hieraus und aus der Lage der Tracheen hinter den Lungen bei gewissen Spinnen schließt Mac Leop, daß die Tracheen sich aus den Lungen entwickelt haben, daß jedoch diese Art der Tracheen nicht homolog den Tracheen der Myriopoden und Insekten sei. Weiterhin beschreibt der Verfasser die Kiemen des Limulus eingehend und findet, daß die Lungen der Spinnen anzusehen sind als an die Luftatmung angepaßte Kiemen, und zu vergleichen sind mit den analogen Organen des Limulus. RAaY-LANnKESTER (1885) leitet Limulus und (1881) Scorpio von gleichen Ahnen ab. Er stellte 1881 eine ziemlich komplizierte Theorie über die Entwickelung der Lunge des Skorpions aus der Limuluskieme auf, die er 1885 widerrief und durch folgende Theorie ersetzte: Die lamellenartigen Anhänge bei dem gemeinsamen Ahnen von Limulus und Scorpio werden kleiner und kleiner und wachsen in das Innere des Körpers unter embryologischen Bedingungen, indem sie ihre Außenseite nach innen wenden, gleich Handschuh- fingern, welche in die Hand hinein umgestülpt sind. Sie wachsen dann in einen Venensinus, der dem Handhohlraum entsprechen würde. Es läge also eine ähnliche embryonale Entwickelung vor wie bei dem embryonalen Umstülpungsprozeß von Taenia solium. Den Grund für das Wachsen nach innen schiebt der Verfasser auf den Druck der Eihaut. Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 599 Meiner Meinung nach ist die Lunge des Skorpions in gleicher Weise wie die Spinnenlungen gebildet, was auch für die meisten Forscher nicht zweifelhaft ist. Ich war aber nicht imstande, irgendetwas von einer Um- stülpung in den embryonalen Stadien zu finden, auch halte ich den Druck der Eihaut für einen sehr unplausibelen Grund. KınasLey (1885) widmet in seiner „Embryologie of Limulus“ den Atmungsorganen eine eingehende Betrachtung. Auch die Ver- wandtschaftsverhältnisse faßt er scharf ins Auge und bespricht sie eingehend. Er setzt keinen Zweifel darein, daß sich die Lungen der Spinnen aus den Kiemen des Limulus entwickelt haben. Auch findet er, daß die Blätter des Lungenbuches als Auswüchse der hinteren Oberfläche des Abdominalanhanges entstehen, und daß neue Blätter an der Basis angefügt werden. Er ist der Meinung, daß die Kiemen des Limulus sich dadurch in die Lungen des Skorpions umwandeln, daß das ganze Organ einsinkt in einen Blutraum und das Integument mit in die Tiefe wandert, um die Lamellen zu umkleiden, und daß die Auswüchse entsprechend an Größe abnehmen. Die Tracheen hält er für umgewandelte Lungen, es seien hierzu nur wenig Umänderungen, seiner Meinung nach, nötig. Ueber die Homologie von Spinnentracheen und Insekten- tracheen äußert sich KınasLey dahin, daß wenn die Tracheen der Arachniden sich aus den Lungenblättern des Limulus entwickelt haben, wie RAY LANKESTER zeigt, die Tracheen der Insekten aus denen der Spinnen hervorgegangen sein müssen, oder daß sie sich unabhängig von diesen entwickelt haben. Kınastey schließt sich dieser letzten Meinung an. Eine Darstellung der Entwickelung der Atmungsorgane finden wir in der Arbeit von WEISSENBORN (1885) nicht; über die all- gemeine Stellung der Arachniden äußert sich WEISSENBORN dahin, daß die Atmungsorgane nicht umgewandelte Kiemen, sondern nur Modifikationen der bei Peripatiden, Myriopoden und Hexapoden auftretenden Respirationsorgane sind. Reich ist das Material, das die Arbeit in bezug auf die Systematik innerhalb der Arachniden gibt. LenpL (1886) sucht in seiner Arbeit die Verwandtschaft von Insekten und Spinnen auf Grund der cephalothorakalen Glied- maßen und deren Innervierung festzustellen. Die abdominalen Anhänge, sowie die an diesen sich entwickelnden Atmungsorgane erwähnt er nicht. Ebensogut, wie man mittels geeigneter Hypo- 600 Reinhold Janeck, thesen die Verwandtschaft von Crustaceen und Spinnen auf Grund des Nervensystems nachweisen kann, wie uns HATSCHEK gezeigt hat, kann man auf Grund derselben Organe die Verwandtschaft von Insekten und Spinnen feststellen, wie wir bei LENDL sehen. Locy (1886) beschreibt die Atmungsorgane der Spinnen sehr genau. Nach ihm entstehen die Tracheenlungen und Spinnen- drüsen im Stadium der Umrollung. Die Lungen entstehen aus ovalen Zellmassen mit parallel angeordneten Kernen. Dies stimmt völlig mit unseren Befunden überein, doch sind Locy die eigen- artigen Organbildungen, die sich auf jüngeren Stadien an den den Lungen zukommenden Stellen vorfinden, entgangen, wenigstens erwähnt er dieselben nicht. Auch Locy ist es ebensowenig wie mir gelungen, die von Mac Leop beschriebene muskuläre Differentiation in den zwei- zellisen Säulchen der Lungenlamellen nachzuweisen, wie er aus- drücklich hervorhebt. Ueber die Entstehung der Tracheen äußert Locy sich nicht weiter. Die Spinnwarzen leitet er aus Abdominal- beinen ab, was mit meinen Untersuchungen im Widerspruch steht, da ich glaube, zweifellos feststellen zu können, daß dieselben sich aus unpaaren, median vor dem After gelegenen, ventralen Falten entwickeln, lange nachdem die Abdominalbeine verschwunden sind. Ueber die systematische Stellung der Spinnen äußert sich der Ver- fasser nicht. Morım (1887) gibt eine eingehende Beschreibung der ersten embryonalen Erscheinungen, vor allem der Leibeshöhlen, die sich mit meinen Befunden vollständig decken. Er findet, daß die Aus- bildung der Leibeshöhle zu gleicher Zeit mit der Ausbildung der Extremitätenanlagen beginnt. Unter jeder Ektodermausstülpung entsteht ein mehrschichtiger Haufen von Mesodermzellen, in denen sich bald ein Spalt bildet, der die Anlage der Leibeshöhle dar- stell. Die Höhle wird schließlich von einer Schicht spindel- förmiger Mesodermzellen umgeben. — Ebenso wie JAWOROWSKY hat auch Morın die Lungen als Ektodermeinstülpungen an der Basis des ersten Abdominalanhangpaares gefunden, das sich selbst in die äußeren Decken der Lungen verwandeln soll. Es ist jedoch MoRrIıNn sowie JAWOROWSKY entgangen, daß sich noch eine Anlage eines Abdominalanhanges vor dem von ihnen als erstes Abdominal- bein beschriebenen Anhange befindet. Beide nehmen dann an, daß das 2. Abdominalanhangspaar verloren gegangen ist, das 3. und 4. Paar zu Spinnwarzen umgebildet sei. Meine Meinung über die Entstehung der Spinnwarzen habe ich schon bei Besprechung A Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 601 der vorhergehenden Arbeit von Locy erwähnt. Dieselbe findet im Kapitel über die Tracheenanlage, in der ich zugleich die An- lage und Entwickelung der Spinnwarzen beschreibe, ihre genaue Begründung. LAurIn (1892) schließt sich der Meinung KınasLeys über die Entstehung der Lungen und Tracheen der Spinnen an, glaubt aber nicht an die Einlagerung der Lunge in einen Blutraum wie KınGsLey, sondern an die Einlagerung in einen Luftraum. Eine eingehende Behandlung haben die Arachniden in dem Lehrbuch von KoRSCHELT und HEIDER erfahren. Die Verfasser sind der Meinung, daß die Arachniden aus den Paläostraken ent- standen seien. Die Lungen werden den Limuluskiemen homolog gesetzt. BERNHARD (1893) beschreibt die Röhrentracheen der Spinnen etwas eingehender und setzt sie modifizierten Hautdrüsen homolog. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen, da sich die An- lage der Tracheen nach meinen Untersuchungen in ganz ähnlicher Weise zeigt wie bei den Insekten. Sehr eingehende Untersuchungen hat Sımmons (1894) veröffent- licht. Er findet, daß die Lamellen am 2. Abdominalbein entstehen, und daß diese Abdominalextremität ohne weitere Komplikation in die Tiefe sinkt, so daß die Kiemen des Limulus und die Lungen der Spinnen homologe Organe sind. Die Tracheen sollen am 3. Ab- dominalbeinpaar entstehen und Aehnlichkeit mit den Lungenanlagen zeigen, so daß man annehmen könnte, daß das Lungenbuch das primitive Stadium ist und die Tracheen hiervon abgeleitet sind. Die Untersuchungen an den jüngeren Stadien sind sehr ein- gehend vorgenommen worden und stimmen zum großen Teil mit den meinigen überein. Sımmons findet am 2. Abdominalsegment ein Anhangspaar, unter dem sich je eine Furche an frühen Stadien befindet, die bei weiterem Wachstum zu einer regelrechten Höhle wird, aus der dann die Lungenhöhle hervorgehen soll. Im Laufe der Ent- wickelung bilden sich auf der hinteren Oberfläche des Anhangs Ektodermfalten, aus denen die Lungenblätter entstehen sollen. Die Falten zeigen ein starkes Längenwachstum, und zwar be- findet sich die Zone des stärksten Wachstums an der Basis der Extremität. Nach der Umrollung findet Simmons die Lungen ziemlich ent- wickelt. Fig. 7 seiner Arbeit zeigt die Lungen in diesem Alters- stadium, bei dem die einzelnen Lamellen fest aufeinanderliegen. 602 Reinhold Janeck, — Dabei ist jedoch Sımmons ein Entwickelungsstadium vor diesem letzten entgangen, das seiner Homologisierung der Lamellen auf Fig. 7 und derjenigen auf Fig. 6 (seinem nächstjüngeren Stadium) ziemliche Schwierigkeiten bereiten würde. Beim Ausschlüpfen der Spinne findet er die Lungen voll ent- wickelt. Was die Tracheen betrifft, so findet Sımmons dieselben hinter dem 9. Körpersegment, also hinter dem 3. Abdominalsegment, doch kann er dieselben nur auf frühen Stadien verfolgen. Er findet da dieselbe Höhlung hinter der Beinanlage wie bei der Lunge auf entsprechenden Altersstadien.. Am inneren Ende der Höhlung unter dem Bein will Simmons zwei Einwucherungen gefunden haben, die er als erste Andeutung der Bildung von Tracheenzweigen ansieht. Die innere Oberfläche der Höhlung findet SImMons gewellt, und in dieser welligen Beschaffenheit will er verkümmerte Lamellen sehen. Hieraus folgert er, daß das Lungenbuch das primitivere Gebilde sei, aus dem sich die Tracheen entwickelt haben. Meine Untersuchungen stimmen hier wenig mit SIMMONS überein. Auch ich habe die von Sımmons beschriebene Gestalt des 3. Abdominalbeines gefunden. Auch will ich ihm nicht gerade widersprechen, wenn er die gewellte innere Oberfläche der Höhlung unter dem 3. Abdominalbein als verkümmerte Lungenlamellen ansieht. Ich würde jedoch höchstens daraus folgern, daß hier noch eine rudimentäre Anlage eines zweiten Lungenpaares sich befindet, das bei den niedriger stehenden Tetrapneumones noch voll entwickelt ist. Meiner Meinung nach geht dieses Beinpaar völlig verloren bei den Dipneumones, womit sich erklären läßt, daß SIMMONS nur die jüngsten Anlagen gesehen haben will. Ich habe die Anlage der Tracheen rückwärts verfolgt, d. h. vom voll entwickelten Organ zu den jüngeren Stadien bis auf das Stadium der Umrollung. Nach meinen Untersuchungen nehmen die Tracheen von einer unpaar-medialen Einstülpung vor den Spinnwarzen ihren Ursprung. WAGNER (1895) stellt die Arachniden zu den Tracheaten. Er nimmt als Ahne der Arachniden eine Form an, die der Gestalt des Skorpions am meisten nahe kommt. Der Verfasser trennt bei den Arachniden zwei vollständig verschiedene Bildungen: 1) Lungen- säcke des Skorpions und der Araneen, 2) Tracheen der Acarinen (teilweise auch bei den Solifugen vorhanden). Die Atmungsorgane der übrigen Arachnidengruppen müssen Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 603 entweder der ersten oder der zweiten Art homolog sein. — Wie weit man dieser Annahme folgen darf, lasse ich dahingestellt. Die große Aehnlichkeit der embryonalen Entwickelung der Myriopoden und der Arachniden, die sogar größer sein soll, als die der ersteren und der Insekten, nötigen ihn zu der Meinung, daß die Verwandtschaft zwischen Arachniden und Crustaceen eine Hypothese ohne Zukunft sei. Interessant ist die Arbeit von BRAUER (1895), die an der Hand von deutlichen Zeichnungen die Entwickelung der Lungen bei den Skorpionen ontogenetisch betrachtet. Ein Vergleich mit weinen Zeichnungen läßt die große Aehnlichkeit der Spinnenlunge und Skorpionenlunge in ihren frühesten Anlagen erkennen. BAUER selbst ist der Meinung, daß Skorpione und Arachniden nahe Ver- wandte sind. Andererseits aber vertritt er auch die Verwandt- schaft von Limulus und Scorpio, da er nicht nur eine Aehnlichkeit in Lungen und Kiemen, sondern auch in der Divertikelbildung des Darmes findet. Eine speziell die Atmungsorgane betreffende Arbeit liefert JAWOROWSKY (1897). Er hat die Meinung, daß die Lungen aus Hauteinstülpungen hervorgegangen seien. Die Crustaceen wären von auf dem Lande lebenden Formen abzuleiten, so daß die Kiemen den Lungenlamellen homolog seien, wobei aber die Lungenlamellen die ursprünglichere Form seien. Limulus rechnet JAWOROWSKY zu den Krebsen ; der Verlust der Tracheen bei den Krebsen wäre durch den Uebergang vom Land- zum Wasserleben erklärlich. Die Annahme von Sımmons, daß die Extremitätenanlage zur Bildung der Lunge bei den Spinnen in die Tiefe sinke, bestreitet JAWOROWSKY entschieden und stützt sich dabei auf BRAUER, der zeigt, daß die erste Falte der Lungenwand am weitesten nach innen entstände, daher könne bei der Umstülpung die Extremität picht unter die Oberfläche des Körpers sich einsenken, vielmehr wären die Atmungsorgane schon da, bevor die Extremität gebildet _ sei und es werde diese als eine Art Lamelle dann vorgestülpt. — Die an der Extremität auftretenden Falten sollen einfach durch mechanischen Druck beim Vorstülpen entstehen. In seiner Arbeit über die Extremitäten kommt er zu dem Schluß, daß die Existenz der Abdominalanhänge bei den Insekten und Arachniden, sowie das Auftreten der Tracheenstigmen am ganzen Stamm der Spinnen für die Verwandtschaft mit den In- Sekten spräche. Nach seiner Meinung entstehen die Lungen aus den Anhängen des ersten Abdominalbeinpaares. 604 Reinhold Janeck, Die Existenz der Chitinmembran in der Ektodermhöhle be- weist ihm, „daß der Vorraum der Embryonaltracheen, der sich später in die sogenannten Lungen umwandelt, im wesentlichen denselben Bau, wie sonst die Tracheen bei anderen Spinnen hat“. — Da die Chitinmembran der Tracheen bei Insekten glatt ist, erklärt er sich die körnige Beschaffenheit derselben bei den Arach- niden damit, daß die Eischale, die unter dem Abdominalfüßchen eine tiefe Einstülpung hat, vielleicht sogar die respiratorischen Lamellen einhüllt. Betrachten wir nun seine Arbeiten kritisch, so ist erstens der sekundäre Uebergang der Crustaceen zum Wasserleben wenn auch nicht unmöglich, so doch wenigstens zweifelhaft. Die Einwände gegen Sımmons’ Auffassung müssen fallen, wenn wir meine Untersuchungen mit ins Feld führen, denn es existiert keine Umstülpung der Lungenlamellen. Seine Einwände gegen das Einsinken müssen auch schon aus dem Grunde fallen, daß bei Bildung der Lamellen wohl die erste Falte in der Nähe der Basis der Extremität entsteht, daß jedoch die neuen Lamellen sich nicht vor der ersten, also nach außen zu, sondern hinter derselben nach dem Körperinneren hin sich bilden. — Seine Annahme, daß die Atmungsorgane eher als die Abdominalbeinanlagen entstehen, ist völlig unberechtigt, wie aus meinen Untersuchungen hervorgeht. Die Faltung der Extremität auf mechanischen Druck zurück- zuführen, ist bei der genauen parallelen Anordnung, bei der gleich- artigen Gestalt, sowie bei deren enormem Wachstum direkt un- möglich. Weiterhin übersah der Verfasser bei seinen Untersuchungen das 1. Abdominalsegment, denn die Lungen entstehen, wie schon ältere Forscher richtig angegeben haben, nicht am 1., sondern am 2. Abdominalsegment. Die Erklärung der körnigen Beschaffenheit der Chitinmembran ist entschieden originell, muß allerdings bei einiger Ueberlegung fallen, denn es ist doch eigenartig, daß auch die Lamellen, die nach dem Verlassen der Eischale entstehen, genau die gleiche körnige Beschaffenheit besitzen. Außerdem liegt die Eihaut nur ganz in der ersten Zeit der Entwickelung der Extremitäten den Abdominalbeinen auf der Innenseite an, so daß sie höchstens mit den zuerst gebildeten Lamellen in gewisse Berührung kommt. Bei der Entstehung der Spinnwarzen will JAWOROWSKY ge- sehen haben, daß das 4. und 5. Abdominalbein in seinem Exopodit die hinteren großen, in seinem Endopodit die inneren kleinen Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 605 Spinnwarzen bildet. — Meine abweichende Ansicht über die Entwickelung der Spinnwarzen habe ich schon erwähnt. Da bedauerlicherweise dieser Arbeit Zeichnungen völlig fehlen, so ist man nicht imstande, die Ursachen zu so zahlreichen Irr- tümern herauszufinden. MEISENHEIMER (1902) will durch seine Arbeit die nahe Ver- wandtschaft der Pantopoden mit den Crustaceen beweisen. Er vergleicht sämtliche Organe der Protonymphenlarve mit den ent- sprechenden Teilen der Naupliuslarve und findet überall teils die größte Uebereinstimmung, teils mehr oder minder nahe Berührungs- punkte. Die Differenzen bei den Larvenformen erklärt er durch Umbildung früher gemeinsamer ÖOrgansysteme oder durch Neu- erwerbung, bedingt durch die verschiedene Lebensweise. Von den Spinnen möchte er sie weiter entfernt stellen, während sie DoHrn völlig isolieren will; letzterer Ansicht möchte ich mich auf Grund der Larvenform auch anschließen. SCHIMKEWITSCH (1903) findet bei Telyphonus caudatus die gleiche Cölomhöhlenbildung, wie MoRIN, die ich an der Hand meiner Untersuchungen bestätigen kann. In der Lage des Keimstreifens, dessen hinteres Ende nach vorn gestülpt wird, so daß es ins Niveau der letzten Abdominal- beine zu liegen kommt, erinnere der Embryo an die höheren Crusta- ceen und die Skorpione. Auch im übrigen findet ScHIMKEWITSCH vollkommene Analogie bei gewissen embryonalen Stadien mit den Spinnen. Abdominal- füße hat der Verfasser nicht gefunden. Auch läßt derselbe sich nicht weiter auf die Lungen und ihre embryonale Entwickelung ein. Der bedeutendste Systematiker der Spinnen, Dan (1904), er- klärt, daß alle Spinnen im embryonalen Leben 8 Spinnwarzen besitzen, wovon 4 in vielen Fällen zum Cribellum, in anderen zum Colulus umgebildet werden. In noch anderen Fällen sollen diese ganz verschwunden sein. Auf Grund meiner Untersuchungen möchte ich als ursprüng- lichste Form die ansehen, die nur 4 Spinnwarzen aufzuweisen hat. Ueber die Lungen ist er der Meinung, daß alle Spinnen ur- sprünglich 4 Lungen oder doch Atmungsorgane besessen haben, die den Fächertracheen am meisten zu vergleichen seien. f j ü ZIEGLER führt in seiner Schrift über das zoologische System im Unterricht 1904 in kurzen Zügen die Meinungen der wichtig- sten Forscher auf und wendet sich kritisch gegen die Limulus- Theorie. Er erwähnt vor allem die große Schwierigkeit für diese Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 39 606 Reinhold Janeck, Theorie, „daß die meisten Arachniden nicht nur Blättertracheen, sondern auch Röhrentracheen haben (zum Teil mit Spiralfaden wie bei den Insekten). Es ist schwer, diese Röhrentracheen aus Blättertracheen abzuleiten, besonders wenn auch noch Stigmen an Thoracalsegmenten gelegen sind, wie dies bei Solpugen, bei Trombidium und anderen Milben, sowie bei einigen Phalangiden der Fall ist.“ Eine andere bedenkliche Seite der Limulustheorie findet ZIEGLER darin, „daß man die Scorpioniden für alle Arach- niden zum Ausgangspunkte nehmen muß, da die ganze Theorie auf dem Vergleich des Limulus mit dem Skorpion beruht“. ZIEGLER ist der Meinung, daß die Röhrentracheen älter: seien als die Blätter- tracheen, und daß letztere von gewöhnlichen Tracheen, nicht von Beinpaaren abzuleiten seien. Ueber BÖRNER ist wenig zu sagen. Er gibt drei Schemata der Pedipalpenlungen, die im Prinzip zwar mit denen überein- stimmen, die Mac Leon (1834) beschrieben hat. Genauer be- schreibt er die Lagerung der Lungenlamellen, die für die Mehr- zahl der Arachnidenlungen zutreffen dürfte, denn dieselben stehen nicht horizontal, wie bei Limulus, sondern mehr oder weniger schräg vertikal. Daß auch die Blätter der Arachnidenlungen eine derartige Stellung besitzen, ist uns bekannt, doch glaube ich nicht, daß auf diese schräge Stellung irgendein systematischer Wert ge- legt werden darf. Merkwürdig ist, daß allen Autoren, welche die Spinnenlunge während ihrer Entwickelung verfolgt haben, ein Stadium entgangen ist, das kurz vor der Umrollung zu suchen ist, das sich auf die jüngeren und auf die späteren Stadien schwer beziehen läßt, und für welche auch ich noch keine befriedigende Erklärung finden konnte, trotzdem ich dasselbe, sowie das vorhergehende Stadium, auf Schnitten und an der Hand von Plattenmodellen eingehend studiert habe. Es müssen in diesem Altersstadium komplizierte Drehungen und Verwachsungen eintreten. — Meine Untersuchungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen, aus welchem Grunde ich mir meine Meinung über die Beziehungen dieses Stadiums auf die jüngeren und älteren Stadien noch vorbehalte. IV. Die Spinnenlunge im ausgebildeten Zustand. Des besseren Verständnisses halber ist es ratsam, zuerst das ausgebildete Organ zu betrachten (bei Lycosa amentata). An der ausgebildeten Spinne finden wir ventral am vorderen Me Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 607 Teil des Abdomens jederseits das Stigma, welches (Textfig. 1 si) in die Lungensäcke führt. In der Verbindungslinie der inneren Ecken der Stigmen nahm BERTKAU eine zarte Hautfalte wahr, die MENGE dazu verleitete, anzunehmen, daß ein gemeinsamer Spalt vorhanden sei. Meine Untersuchungen geben BERTKAU im großen und ganzen recht, wie auch Forscher nach BERTKAU der gleichen Meinung sind. Diese erwähnte Hautfalte (Textfig. 1 f) ist mit starker Cuticula überzogen. Sie zieht sich quer über die ganze Ventralseite des Abdomens, richtet sich in ihrem Verlauf medianwärts etwas nach hinten und geht hinter der Geschlechtsöffnung (g) vorbei. en DOAGEE RN Fig. 1. Vor den Stigmen, diese noch überdeckend, liegen die soge- nannten Elytren (e), hornige Gebilde von der Gestalt eines Vier- ecks, welche mit abgerundeten Ecken, mit leichter Wölbung sich der Körperoberfläche anschmiegen. Sie sind ausgezeichnet durch ihre Festigkeit, ihre kürzere abstehende Behaarung und ihre helle und glänzende Grundfarbe im Verhältnis zu ihrer Umgebung. Diese Elytren sind lediglich Teile der Körperoberfläche, welche sich durch eine starke Chitinschicht auszeichnen und offenbar zum Schutz des ventralen Teiles der Lunge dienen. Zu weiteren Untersuchungen der Lunge eignen sich am besten * Schnittpräparate. Betrachten wir daher eine Sagittalschnittserie, wie sie Fig. 1 bis Fig. 5 der Tafel darstellen. Fig. 1 zeigt das Stigma st und den Luftraum %, dessen Höhle vertikal aufsteigt. In diesen Luftraum tauchen die Atemlamellen 39* 608 Reinhold Janeck, (l) ein, die in Fig. 1 an ihrer äußeren, lateralen Grenze getroffen sind. Vor den Lamellen sehen wir einen Blutraum (®), mit dem die Lamellen in direkter Verbindung stehen. Fig. 2 zeigt einen benachbarten und der Medianebene etwas genäherten Schnitt. Die Lamellen haben bedeutend an Größe ge- wonnen und das Stigma ist verschwunden. Wie vorhin sehen wir innen den Blutraum, der infolge der Vergrößerung der Lamellen bedeutend an Größe verloren hat, und dessen dorsaler Teil nach der Herzgegend sich wendet, um auf weiteren Schnitten mit dem Perikardialraum in Verbindung zu treten. Fig. 3 zeigt dann die Lamellen in ihrer größten Ausdehnung, und man erkennt, daß ihr dorsaler Teil bis an den Perikardial- raum reicht; der Luftraum ist nur noch durch Spalten zwischen den Lamellen repräsentiert, der Blutraum durch die dünnen Blut- ‘ räume der einzelnen Lungenblätter. Gehen wir weiter medianwärts, so sehen wir, daß die Lamellen an Breite gewinnen auf Kosten der Lufträume zwischen ihnen, so daß, wie Fig. 4 zeigt, die inneren Bluträume viel breiter sind als die mit Luft erfüllten Lumina zwischen ihnen; wir sehen also hier die Blutkörperchen in den breiten Lumina, während sie in Fig. 2 in den engen liegen. — Diese Bluträume der Lamellen fließen am medianen Rande der Lunge wieder zu einem Blutraum zusammen. Dieser innere Blutraum, der also medianwärts liegt, ist nach hinten zu durch ein Septum abgegrenzt, an das eine ziemliche Anzahl von Muskeln sich ansetzt (Fig. 3 u. 4). Diese Muskeln zweigen sich von dem jederseits medianwärts von den Lungen gelegenen großen Bauchmuskel ab, der sich längs der Ventralseite durch den größten Teil des Abdomens hinzieht (Fig. 5) und bis in die Nähe der Spinnwarzen reicht. Der Bauchmuskel ist an zwei Stellen unterbrochen, indem sich da chitinartige Stücke (c) einschieben, welche mit der Oberhaut zusammenhängen und zum Ansatz der Muskeln dienen. Das eine liegt ungefähr in der Mitte der Längenausdehnung des Abdomens, das andere weiter vorn (Fig. 5 c). Von letzterem gehen haupt- sächlich die Muskeln an das erwähnte Septum des Blutraumes ab. Ein Ast der Muskulatur steigt dorsalwärts hinter dem Blutraum auf zum Stiel des Abdomens und geht durch denselben in den Cephalothorax über. Gehen wir nun zur Betrachtung der Lamellen selbst über. Die Anzahl der Lamellen ist im ausgewachsenen Zustand bei den | | | | Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 609 verschiedenen Arten sehr verschieden. Auch schwankt die Zahl bei den einzelnen Individuen einer Art. BERTKAU fand bei Dietyna nur 4 bis 5 allerdings lange und stark aufgetriebene Fächer, bei Segestria 10 bis 12, bei Thomisus und Xysticus gegen 20, bei Agalena und Epeira dagegen 60 bis 70, bei Lycosa fand ich 20 bis 22 Lamellen (Tafelfig. 3), während BERTKAU nur deren 10 angibt. Die Größe der Blätter entspricht nicht der des Elytrums, denn letzteres bedeckt nur den ventralen untersten Teil der Lunge (Fig. 3 e), während die Lamellen beiderseits vom Verbindungsstiel nach dem Cephalothorax hin weit empor reichen. — Die Größe der Lamellen nimmt von außen nach innen zu ab. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Von ihrer Morphologie wäre zu sagen, daß sie Taschen sind von der Form, wie sie Textfig. 2!) zeigt, die seitlich außen mit dem lateralen Blutraum in Verbindung stehen, median in den median - gelegenen Sinus breit übergehen; daher trifft man innerhalb der Lamellen zahlreiche Blutkörperchen. Ein protoplasmatischer _ Wandbelag ist kaum noch zu unterscheiden. Das einzig vorhandene Protoplasma umgibt die zwei Zellen, die die Säulchen bilden, welche dorsale und ventrale Seite einer jeden Lamelle verbinden. Die Anzahl dieser Säulchen in einer Lamelle ist sehr verschieden, ebenso ihre Anordnung (Textfig. 3). Mac Leon will an diesen 1) In Fig. 2 ist der freie Rand der Lamelle als Linie ange- geben. Die punktierten Linien geben die seitlichen Verwachsungen an. Die feinpunktierte Linie soll das Elytrum mit dem Stigma st vorstellen. 610 Reinhold Janeck, Säulchen feine Muskelfibrillen bemerkt haben, was mir und anderen Forschern nicht möglich war, wie ich schon in der Besprechung seiner Arbeit hervorhob. Der Luftraum, sowie die Lamellen sind von einer feinen Chitin- schicht überzogen. Dieselbe besitzt auf der kaudalen Begrenzungs- fläche des Luftraumes eine gekammerte oder wabige Struktur, wie sie Tafelfig. 1 u. 2 und in starker Vergrößerung Textfig. 4 zeigen. Die Cuticula der Lamellen ist viel feiner. Sie ist auf der ventralen Seite glatt, hingegen auf der Dorsalfläche dicht mit kleinen kegelförmigen Chitinstacheln besetzt, die eine regelmäßige Anordnung besitzen (Textfig. 3). Mac Leop beschreibt die Struktur der Lamellencuticula bei Argyroneta aquatica sehr ausführlich. Er findet, daß diese Stacheln an ihren Spitzen untereinander durch transversale Zweige ver- bunden sind, so daß sich über der eigentlichen Cuticula in einer gewissen Entfernung ein chitinöses Gitterwerk befindet, aufrecht erhalten durch die Stacheln. Von diesem Gitterwerk konnte ich weder bei Lycosa noch bei Epeira oder Dolomedes die geringste Spur finden, auch zeigten die Chitinzähnchen keine Verletzung, so daß ich nicht glaube, daß durch unvorteilhafte Behandlung das Gitterwerk zerstört wurde, vielmehr glaube ich, mit Gewißheit an- nehmen zu dürfen, daß dieses Gitterwerk den von mir untersuchten Araneen abgeht. Was die Lage der Lamellen betrifft, so ist dieselbe nicht genau horizontal. Die Lamellen neigen sich medianwärts der Ventralseite zu. Im ganzen folgen sie der Form der gewölbten Körperoberfläche. Dies ist insofern von Bedeutung, als man keinen Schnitt herstellen kann, der die Lamellen in ihrer ganzen Länge tangential trifft, so daß man die Flächenaufsicht auf eine Lamelle nie mehr als höchstens zur Hälfte bekommen kann. — Auch dürfte hier die richtige Stelle sein, einen Irrtum von BERTKAU zu be- richtigen. Er gibt nämlich in seiner Schrift über die Respirationsorgane der Araneen in Fig. 1 eine Zeichnung einer Tracheenlunge mit Stigma (siehe Textfig. 5), die in den größten Teil unserer heutigen Lehrbücher übergegangen ist. Die Figur erregt den Anschein, als ob die Lamellen annähernd vertikal gelagert wären, und senkrecht zu den Elytren ständen. Vertritt man BERTKAUS Meinung, SO müßte man auf Sagittalschnitten die Lungenanlage parallel den Lamellen treffen. Tafelfig. 2 bis 4 stellen nun Sagittalschnitte dar, auf denen die Lamellen jedoch quer, also senkrecht zur Fläche ge- ee Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 611 troffen sind. Textfig. 6 zeigt ein Schema für die Lage der Lamellen, und zwar würde dieselbe einem Querschnitt durch das Abdomen kurz vor dem Stigma entsprechen. Schnitte, die das Bild in natura vorführten, ließen sich wegen der Härte der Elytren von diesem Altersstadium nicht anfertigen, doch werden wir diese Stellung der Lamellen bei jüngeren Stadien wieder finden. Medianebene Fig. 5. Tracheenlunge nach BERTKAU. Fig. 6. Einige Worte nun noch über die Funktion der Lunge: Wir fanden medianwärts von der eigentlichen Lungenanlage einen Blutsinus, der nach hinten durch ein dünnes Septum abge- schlossen war (Tafelfig. 4 u. 5), an das sich zahlreiche Muskeln _ ansetzen, einen ähnlichen Blutraum lateralwärts, der mit dem Perikardialraum in Verbindung steht. Beide Bluträume stehen mit dem Innenraum der Lamellen in direkter Verbindung. Die Zirkulation in der Lunge, welche sich natürlich nicht direkt be- obachten läßt, ist nun höchstwahrscheinlich folgende: Das venöse Blut des Körpers sammelt sich in dem medianen - Sinus und tritt an der Begrenzungsfläche des Sinus in die Lungen- blätter ein. Von hier, arteriell geworden, gelangt das Blut in den _ lateralen Blutraum (Tafelfig. 1 und 2) und durch diesen in das - Perikardium und zum Herzen, V. Die Extremitätenanlage des Lungensegmentes. Das jüngste Stadium, das wir unseren Untersuchungen zu- grunde legen, ist ein Embryo von der Gestalt, wie ihn Textfig. 7 zeigt. — Der Keimstreifen’ ist schon wohlentwickelt und liegt mit seiner Dorsalseite dem Dotter auf, um den er sich wölbt. Die 612 Reinhold Janeck, Anlagen der Cheliceren, Pedipalpen und der 4 Thorakalbeine sind deutlich entwickelt und zeigen auch schon eine Gliederung angedeutet. Auf die Thorakalsegmente folgen 7 deutlich unterscheidbare Abdominalsegmente, von denen das 2. bis 7. Segment Abdominal- anhänge zeigen, von denen der Anhang des 2., 3. und 4. Abdominal- segmentes ziemlich von gleicher Größe sind. Die weiter nach hinten gelegenen sind weniger weit ausgebildet, während das 1. Abdominalsegment nur eine leichte Erhebung an der einem Anhang entsprechenden Stelle zeigt. Das stimmt mit den Be- funden von SIMMONS überein, der fand, daß das 1. Abdominal- segment einen eigentlichen An- hang nicht besäße. — Das 2. Abdominalsegment ist das Lun- l gensegment. IV Die Beinanlagen der letzten Fig. 7. 2 Thorakalsegmente sind am weitesten nach außen angelegt (d. h. relativ am meisten von der Medianebene entfernt), während die Ansatzstellen der nach dem Kopfende, sowie der nach dem Schwanzende zu gelegenen Segmente sich der Medianebene mehr und mehr nähern. Betrachten wir dieses Stadium auf Sagittalschnitten, so werden die erwähnten Lageverhältnisse noch klarer. — Textfig. 8 stellt einen Schnitt durch einen Embryo dar, der das Aussehen zeigt, wie Textfig. 7. IV bezeichnet die Ansatzstelle des 4. Thorakal- beines. Dahinter sind die 7 Abdominalsegmente mit ihren Cölom- höhlen erkennbar. Textfig. 9 stellt einen Durchschnitt aus der- selben Schnittserie dar, jedoch der Medianebene mehr genähert. IV bezeichnet den Durchschnitt durch das 4. Thorakalbein, das nach der Medianebene zu gekrümmt ist. Seine Ansatzstelle ist nicht erkennbar, während die Abdominalanhänge 2 bis 5 deutlich sichtbar sind. Eine äußere Differenzierung zeigen die Abdominal- anhänge noch nicht, wie aus den Figuren hervorgeht. Einen Beleg für die richtige Anzahl der Abdominalsegmente finden wir in den scharf umgrenzten Cölomhöhlen; denn jedes Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 613 Segment ist durch eine solche unverkennbare Höhle ausgezeichnet. Dieselben sind den Höhlen der Thorakalbeine vollkommen gleich. Ein Unterschied ist höchstens in den Größenverhältnissen zu sehen. Fig. 9. Mit zunehmendem Alter bleiben die Verhältnisse nicht so be- stehen. Es treten Einschnürungen und Abschnürungen an den Cölomhöhlen auf, und die Höhlen treten am Grunde der Extremität mit anderen Hohlräumen, namentlich Bluträumen, in Verbindung, wie wir später sehen werden. Insbesondere schnürt sich in den Thorakalbeinen die Höhle des Beines von der übrigen Segmenthöhle ab und erhält einen anderen histologischen Charakter. Die Höh- lungen in den Beinen zeigen ein Zylinderepithel, die Höhle des Segments ein Plattenepithel (Textfig. 31). Das nächste Altersstadium gehört einem Embryo an, bei dem die Thorakalbeine weiter entwickelt sind und eine deutliche Glie- derung zeigen. Hinter dem letzten Thorakalbein sind die An- 614 Reinhold Janeck, lagen von 5 Abdominalsegmenten zu erkennen. Es sind dem- nach die letzten zwei, also das 6. und 7. Abdominalsegment, rudimentär geworden. An ihrer Stelle sehen wir eine deutliche breite Hervorwölbung, auf der sich die Anlage des Afters mit einem Teil des Enddarms zeigt. Auf der vorliegenden Sagittalschnittserie sieht man nicht alle Abdominalanhänge zu gleicher Zeit, da die beiden Reihen der abdominalen Beinanlagen nicht genau in sagittaler Richtung verlaufen, sondern nach vorn divergieren und nach hinten konvergieren und außerdem nun noch die.ganzen Keimstreifen- hälften lateralwärts auseinander zu weichen beginnen, wobei die größte Entfernung beider Keimstreifenhälften in der Gegend des 1. und 2. Abdominalsegmentes sich befindet, wie das spätere Stadium Textfig. 13 zeigt. Gehen wir in der Schnittserie von der Medianlinie nach einer Seite, so erscheinen zuerst die Spitzen der Thorakalbeine und die letzten Abdominalanhänge derselben Seite. Zuletzt erscheinen dann die ersten Abdominalanlagen, die also am weitesten seitlich (nach außen) liegen. Eine weitere Aenderung in den Lageverhältnissen ist insofern noch eingetreten, daß die Rudimente des 1. Abdominalsegmentes sich unter die Anlage des letzten Thorakalbeines geschoben haben (Textfig. 12 2), so daß der Anhang des 2. Abdominalsegmentes (des Lungensegmentes) sich fast lückenlos an die vierten Thorakal- beinanlage anschließt. Verfolgen wir nun noch einmal die Schnitte von der Median- ebene seitwärts, so erscheinen also zuerst die Anhänge des 4. und 5. Abdominalsegmentes, die im Laufe der folgenden Schnitte nichts Besonderes zeigen. Dann erscheint vor diesen der 3. Anhang (Textfig. 10 u. 11). In seinem Inneren zeigt sich eine deutliche Cölomhöhle und nach hinten am Grunde die Andeutung einer Faltenbildung. Er neigt sich mit seiner Spitze der Körper- oberfläche zu. Der Anhang 2 erscheint erst als kleine Erhöhung. Er nimmt auf den folgenden Schnitten an Größe zu, neigt sich nach hinten und zeigt in seinem Innern eine zweiteilige Cölomhöhle (Textfig. 10 2). Auf den weiteren Schnitten entsteht auf seiner Rück- seite, also auf der dem Körper zugewandten Seite, eine scharf ausgeprägte Falte (Textfig. 11 u. 12). Die sich verjüngende Spitze des Anhangs ragt nach hinten und schließt damit den ektodermalen Hohlraum, der sich auf diese Weise hinter der Beinanlage bildet, Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 615 mehr und mehr ab. Seitlich geht die Beinanlage in den Körper über, nachdem schon vorher die Falte undeutlich geworden ist. Dieser 2. Anhang ist für uns von besonderer Wichtigkeit, weil sich an dieser Stelle später die Lunge bildet. Manche Autoren betrachten die an der Unterseite dieses Anhangs auftretenden Falten als die Anlage der Lunge, worauf ich später zurückkomme. Fig. 11. Nach dem Vorausgegangenen hat das 3. Abdominalbein mit dem 2. eine große Aehnlichkeit in seiner äußeren Gestalt. — Viele Autoren (Simmons u. a.) nehmen an, daß die Tracheen der Dipneumones von diesen Anhängen abzuleiten seien. Diese Ansicht läßt sich mit meinen Untersuchungen nicht in Einklang bringen, da die Tracheenanlage in der Nähe der Spinnwarzen sich befindet. 616 Reinhold Janeck, Das folgende Altersstadium zeigt uns den Embryo in einer Gestalt, wie ihn Textfig. 13 darstellt. Wir schauen auf die ventrale Oberfläche und sehen, daß die beiden Keimstreifenhälften in der Gegend des 2. Abdominalbeines lateralwärts weit auseinander gewichen sind, daß sich aber zu gleicher Zeit der hintere Teil, und zwar fast der ganze abdominale Teil, stark ventral nach vorn gewölbt hat, und zwar so, daß die Ansatzstellen der Abdominal- beine in einer geraden Linie liegen, welche zu der Verbindungs- linie der Ansatzstellen der Thorakalbeine nahezu senk- recht verläuft. Von Abdominalbeinen sind an Textfig. 13 das 2., 3., 4. und 5. deutlich zu erkennen. Auch die dem 1. Abdominal- segmente zukommende Vor- wölbung ist noch nicht ver- schwunden, wie wir auf Schnit- ten sehen können. Aller- dings ist sie auf vorliegen- der Zeichnung nicht sichtbar wegen ihrer stark lateralen Lage unter der Anlage des 4. Thorakalbeines. Die Anlage des 2. Abdominalsegmentes zeigt nun an ihrer Unterfläche mehrere deutliche Falten. Um die etwaigen Beziehungen zur Lunge zu verfolgen, fertigte ich von diesem Stadium ein Plattenmodell an. Textfig. 14 stellt den modellierten Teil des Keimstreifens in seiner Gesamtansicht dar. — Rechts haben wir das 2. Abdominalbein der linken Seite. Der Eingang zu dem Ektodermhohlraum unter demselben ist durch scharfe Schatten links von der Anlage deutlich zu machen versucht worden (@). — Links von dem 2. Abdominalanhang haben wir das 3. Abdo- minalbein, unter dem sich auch eine ziemlich tiefe Ektoderm- höhle befindet (db). Ueber den beiden Abdominalbeinanlagen be- findet sich ein Teil des 4. Thorakalbeines (IV). Die Medianlinie befindet sich links, die Lateralseite des Embryo ist rechts, das Kopfende ist vom Beschauer abgewendet, das Kaudal- ende ihm zugekehrt. — Textfig. 15 zeigt eine Aufsicht auf das Modell, wobei der mitmodellierte Teil des 4. Thorakalbeines nur durch eine punktierte Linie angegeben ist, um die unter demselben Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 617 _ befindlichen Teile nicht zu verbergen. Ein Vergleich dieser Figur mit Textfig. 17 läßt über die Lage des modellierten Teiles des Embryo keinen Zweifel aufkommen. Die Höhle ist in Textfig. 17 durch Punktierung, die Hohlräume zwischen den Falten sind durch dunklere Punktierung angedeutet. Y Fig. 16. Textfig. 16 zeigt nur einen Teil des Modells, und zwar ist _ dasselbe längs der in Textfig. 14 punktiert angegebenen Linie _ auseinander geschnitten. Zur Abbildung gelangte der vom Be- schauer abgewendete Teil des Modells. Die Figur gestattet uns einen Einblick in den Hohlraum unter der Beinanlage. Auf der 618 Reinhold Janeck, Innenseite sehen wir hier mehrere Parallelfalten, die in ihren Lage- verhältnissen der Falte am 2. Abdominalanhang voriger Serie (Textfig. 12) entsprechen. Fig. 17. Wenden wir uns nun einer Schnittserie durch die Abdominal- anhänge in diesem Alter zu. — Wollen wir die Abdominalbeine in gleicher Richtung treffen, wie bei den jüngeren Stadien, so müssen wir eine Schnittrichtung nehmen, die der punktierten Linie in Textfig. 13 entspricht. Eine dieser Schnittrichtung entsprechende Serie sieht man in Textfig. 18 (a bis e); die Figuren a und d finden wir auf Textfig. 19 und 20 wieder, wo dieselben im Zu- sammenhang mit ihrer Umgebung dargestellt sind. (Nach dieser Schnittserie ist das Modell Textfig. 14—17 angefertigt.) An der Verbindungsstelle der Extremität mit dem Körper finden wir eine Anhäufung von noch undifferenziertem Gewebe (Text- fig. 18 d), außerdem sehen wir, daß die Falten von außen nach innen zu an Größe abnehmen, so daß man vermuten kann, daß die Falten innen am Grunde der Extremität ihren Bildungspunkt haben. Betrachten wir die weiter nach außen und die weiter nach innen gelegenen Schnitte, so sehen wir, daß das Bein nach außen an Breite und Länge gewinnt und dementsprechend die Falten größer entwickelt sind. Nach der Innenseite hin, welche morphologisch als Median- seite anzusehen ist, verschmilzt das Bein in seiner ganzen Länge mit dem Körper und enden gleichzeitig die an seiner Unterseite befindlichen Falten (Textfig. 18e). Nach der Außenseite, die mor- phologisch die Lateralseite ist, treten allmählich die Falten zurück (Textfig. 18 5). Auf den nächsten Schnitten treffen wir das Bein nur noch kürzer. Schließlich vereinigt es sich mit dem Körper (Textfig. 19 resp. 18 a). Eine weitere Erscheinung zeigt sich auf diesem Stadium. Obgleich das 2. Abdominalbein infolge der Faltenbildung einen viel größeren Raum einnimmt als die übrigen Abdominalbeine, so Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 619 ragt es doch nicht außergewöhnlich weit über die Körperoberfläche hinaus. Textfig. 20 zeigt das 2. Abdominalbein in seiner größten _ Ausdehnung, daneben auch die drei folgenden Abdominalanhänge. — Die Erklärung liegt darin, daß der ektodermale Hohlraum unter der Beinanlage tief in den Körper eingedrungen ist. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Die übrigen Abdominalbeine zeigen wenig Neues (Textfig. 20). Die Anlage des ersten ist wegen der hier zu ungünstigen Schnitt- richtung kaum zu erkennen. Der 3. Anhang (Textfig. 20 3) unter- scheidet sich von den folgenden durch seine Schmalheit. Von diesem Stadium, das ebenso wie die jüngeren schon mehr oder weniger bekannt war, haben mehrere Autoren direkt auf die 620 Reinhold Janeck, vollentwickelte Lunge geschlossen. In der Tat ist eine Beziehung des entwickelten Organs auf dieses und die jüngeren Stadien nicht allzuschwer. Die Folge hiervon war, daß man sich durch die große Aehnlichkeit der Falten mit den embryonalen Kiemenanlagen des Limulus bestimmen ließ, die Arachniden von Limulus ohne weiteres abzuleiten. Dabei hat man aber die nun folgenden Stadien über- sprungen, welche diese Falten nicht mehr aufweisen. Aus dem Mangel dieser Falten an den nächst älteren Stadien glaube ich schließen zu dürfen, daß dieselben von keiner Bedeutung für die spätere Lunge sind, sondern infolge der Streckungen während der jetzt schnell aufeinander folgenden Umwandlungen wieder verschwinden. In dieser Auffassung, auf welche ich später noch zurückkomme, bestärkt mich die Tatsache, daß man auch an den Thorakalbeinanlagen ähnliche, wenn auch nicht so regelmäßige Falten finden kann, wie Textfig. 35 IV zeigt. Daßin diesen Alters- stadien ungemein rasche Umwandlungen vor sich gehen, läßt sich auch daraus erkennen, daß die nächsten drei von mir besprochenen Stadien überhaupt bei keinem Autor erwähnt sind, und das vierte hierauf folgende Stadium nur von BALFOUR besprochen ist. Die drei folgenden Stadien sind einander sehr ähnlich, und da für diese Stadien charakteristische Merkmale auf dem älteren Stadium noch deutlicher sind, so möchte ich zuerst das ältere von den Stadien behandeln, und von diesem dann rückwärts zu den jüngeren übergehen. Dieses Stadium steht der Umrollung sehr nahe. Der Dotter ist zum größten Teil in den abdominalen Teil des Keimstreifens gewandert, und der hintere Teil des Abdomens ist schon stark nach vorn gekrümmt, so daß man auf einer Frontalschnittserie, von der ventralen Seite ausgehend, zuerst Querschnitte durch das Ab- domen erhält, je weiter man sich jedoch der Dorsalseite nähert, Schnitte zwischen transversaler und sagittaler Richtung bekommt, bis schließlich der größte Teil des Embryo frontal getroffen ist. Auch von diesem Altersstadium war die Anfertigung eines Plattenmodells durchaus nötig. Das Modell in seiner Gesamtansicht zeigt Textfig. 21. Dem Beschauer zugewendet ist die Medianseite, rechts ist die dem Kopfende zugewendete, links die dem Kaudalende zugekehrte Seite. Das Modell ist von der rechten Seite des Embryo angefertigt. Rechts sehen wir auf der Figur das 4. Thorakalbein (IV) sich über den Keimstreifen dem Beschauer entgegenkrümmen, links davon die Wölbung über der Lunge, welche dem Abdominalbein des Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 621 früheren Stadiums entspricht, und das Stigma (st), das dem Be- schauer zugewendet ist. Textfig. 22 zeigt die Aufsicht auf das Modell. Dieser Aufsicht liegt auch Textfig. 23 zugrunde, die ebenso wie Textfig. 17 einen ventralen Oberflächenstreifen des Embryo darstellt, in welchen der Grundriß der Höhlungen eingezeichnet ist. Wir sehen die parallel ver- laufenden Lamellen, die in den ektodermalen Hohlraum hinein- ragen. Außerdem sehen wir aber u auch über der Ektodermhöhle im Körpergewebe selbst Spalten sich bilden, die in ihrer Lage und Rich- tung ganz den Spalten zwischen den Lamellen in der Höhlung ent- sprechen. Betrachten wir die entspre- chende Schnittserie, die zwischen sagittaler und frontaler Richtung geführt ist, so erscheinen zuerst Querschnitte durch das Abdomen und schließlich Frostalschnitte durch den größten Teil des Em- Fig. 22. 3 bryo, wie schon erwähnt. Auf i diesen letzteren erscheint zuerst ein stark entwickelter Blutraum t (Textfig. 24), und nach innen von demselben eine deutliche Cölom- höhle, die jedoch auf den folgenden Schnitten mit dem Blutraum Bd. XLIV. N. F. XXXVII. 40 622 Reinhold Janeck, verschmilzt. Medianwärts erscheint gleich darauf der Eingang in die Ektodermhöhle (Textfig. 25). Dieser Eingang schließt sich auf den nächsten Schnitten, und wir bekommen Schnitte durch die Ektodermhöhle (Textfig. 26). Dann erscheinen Schnitte, auf denen unten die ersten Abschnürungen der Hohlräume von der Ektoderm- höhle, oben Querschnitte durch die vom ektodermalen Hohlraum isoliert entstehenden Spalten (Textfig. 27) erscheinen. Schließlich erscheinen Schnitte, auf welchen alle Falten und Hohlräume ge- troffen sind (Textfig. 28). Wir treffen auf diesen Schnitten etwa 8 Hohlräume, wovon die 3 vordersten trotz ihres gleichartigen Aussehens den 5 hinteren nicht gleichwertig sind, denn diese letzteren stehen mit der Ekto- dermhöhle in direkter Verbindung, während die 3 obersten unab- hängig von dieser im Körpergewebe gebildet werden. I I Fig. 23. Allmählich verschwinden die ektodermalen Hohlräume, die darüber liegenden isolierten sind noch auf einigen Schnitten sicht- bar (Textfig. 29), um dann auch zu verschwinden. — Vergleichen wir nun diese Schnittreihe mit Textfig. 23, so sehen wir, daß dieser Grundriß der Schnittserie entspricht. Ein wichtiges Merkmal zeigt die Serie nach innen von den Lamellen. Daselbst befindet sich ein Blutraum, der die Lungen- anlage in ihrer ganzen Ausdehnung auf der Innenseite begleitet, und der sich medianwärts weiter als die Lungenanlage erstreckt, wie wir auch schon auf Textfig. 24 sahen. -— Besser läßt sich seine Gestalt an dem nächst jüngeren Stadium verfolgen. Von den übrigen Abdominalbeinanlagen ist noch die 3. und 4. erkennbar. Sie zeigen noch dieselben Dimensionen, wie auf Text- fig. 11 oder Textfig. 20. Hier möchte ich noch auf eine Erscheinung aufmerksam machen, die leicht Anlaß zu Irrtümern geben kann. Die Textfig. 27, | 623 S Ai . Sn 6 „ED a Eu an) Ye) s # N & E F Bi Ei Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. Fig. 24. 624 Reinhold Janeck, welche die Abschnürung der Hohlräume zeigt, erweckt den An- schein, als ob wir es mit einer Faltenbildung an der Innenseite des Hohlraumes zu tun hätten; dies ist nicht der Fall. Wir sehen auf Textfig. 23, daß die Lamellen am Boden der Höhle sich medianwärts fortsetzen, wodurch diese Erscheinung sich erklärt. Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 625 Gehen wir jetzt zu der nächst jüngeren Serie über. Die uns interessierende Region ist in gleicher Richtung getroffen. Auch sind die Bilder im wesentlichen die gleichen; Textfig. 30, 31, 32 und 33 stellen eine Reihe von Schnitten dar, von der Medianseite zur Lateralseite. Unterscheidende Merkmale sind, daß die Zahl der Hohlräume eine geringere ist, nämlich 5 bis 6 beträgt. Die isolierten Hohlräume, also die, welche unabhängig von der Ektodermhöhle entstehen, sind noch sehr undeutlich. Sie haben auch noch nicht die starke seitliche Ausdehnung. So kommt es, daß auf den letzten Schnitten lateral nur noch hinten der erste Hohlraum, der letzte Teil der Ektodermhöhle getroffen ist. Deutlich läßt sich hier, wie schon erwähnt, der Blutraum (Ah) auf der Innenseite von der Lungen- anlage verfolgen. Derselbe ist median weiter hinten gelegen, dann aber mit der Lunge auf gleicher Höhe getroffeu. Wenden wir uns noch einmal den Textfisg. 32 und 33 zu. Es sind dies Schnitte, auf welchen das 4. Thorakalbein im Begriff steht, zu verschwinden. Auf denselben sehen wir hinter dem letzten Thorakalbein eine kleine Falte, der weiter keine Bedeutung beizumessen wäre, befände sich nicht unter derselben eine kleine Cölomhöhle (e); man ist daher trotz der Kleinheit der Erhebung berechtigt, dieselbe als das Rudiment des 1. Abdominalbeines an- zusehen (vergl. Textfig. 32). Einem noch jüngeren Stadium sind die Textfigg. 34, 35 und 36 entnommen. Dieselben zeigen im wesentlichen dasselbe wie die vorangegangenen, doch sind noch keine vollständigen Abschnürungen an der Ektodermhöhle unter dem 2. Abdominalanhang (2) zu er- kennen. Von den übrigen Hohlräumen, die nicht mit der Ekto- _ dermhöhle in Verbindung stehen, sind 2, wenn auch nicht sehr deutlich, zu bemerken. Besonders hervorzuheben wäre auf Text- fig. 34, dem am weitesten median gelegenen Schnitt, die deutliche Ausbildung des 1. Abdominalsegmentes mit der dazugehörigen Seg- menthöhle, auf Textfig. 35, die vor allem die Segmenthöhle des 2. Abdominalsegmentes gut zeigt, ist amı Grunde der 4. Thorakal- m En extremität eine Falte zu bemerken, die, wie schon erwähnt, mit den oben besprochenen Falten große Aehnlichkeit zeigt. Text- fig. 36 zeigt, ähnlich wie Textfig. 26 und Textfig. 33, die Ektoderm- _ höhle unter dem 2. Abdominalsegment nach außen abgeschlossen. Ich habe diese Stadien so genau besprochen und durch Ab- bildungen von 3. Schnittserien (Textfig. 24—29, Textfig. 30—33, Textfig. 34—36) erläutert, weil diese Entwickelungsstufe den | 626 Reinhold Janeck, früheren Beobachtern völlig unbekannt geblieben ist. — Gerade aus diesem Stadium ergeben sich aber die theoretischen Schwierigkeiten, Vergleichen wir diese Stadien mit dem jüngeren Stadium (Text- fig. 18), so kann man annehmen, daß die Beinanlage etwas mehr mit dem Körper verwachsen ist, und daß die Höhle unter dem Bein der Ektodermhöhle der Textfig. 16 entspricht. Auffällig ist aber, daß die Richtung der Falten nicht übereinstimmt und auch durch Annahme einer Drehung schwer in Einklang gebracht werden Fig. 35. Fig. 36. kann. Ich habe mich lange bemüht, diesen dunklen Punkt aufzu- klären, habe aber unter meinen Schnittserien, deren Zahl sich auf etwa 160 beläuft, kein Uebergangsstadium gefunden, welches von Textfig. 18 auf Textfig. 34—36 vermittelt hätte. Auffällig ist ferner, daß die Hohlräume in Textfig. 28 nicht alle mit der großen Höhle im Zusanımenhang stehen, so daß es zweifelhaft ist, ob sie durch Ausstülpung von diesem Hohlraum aus entstanden sind. Besonders wichtig ist nun die Feststellung, daß die Falten der Textfig. 16, welche manche Autoren direkt auf die Lungen- blätter beziehen, gar keine genetische Beziehung zur Lunge haben, indem die Stadien der Textfig. 24—36 darauf folgen, und die Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 627 Faltenbildungen dieser letzteren Stadien nicht einmal als Vor- läufer der Lungenblätter sich erweisen. Wir finden in den älteren Stadien eine kompakte Anlage der Lunge, welche an einen Hohlraum sich anschließt, der wahrschein- lich der großen Ektodermhöhle der Textfig. 26 und Textfig. 33 e entspricht, aber von den kleinen Höhlen ist keine Spur mehr zu bemerken. Ich bin daher der Meinung, daß die ganzen in den jungen Stadien sich zeigenden Faltenbildungen, auf welche manche Autoren ihre theoretischen Schlüsse gegründet haben, mit der Bildung der Lunge in keinem nachgewiesenen Zusammenhang stehen. VI. Die Bildung der Lunge. Um die Entstehung der fertigen Lunge darzulegen, können wir nicht direkt an die früher besprochenen Stadien anknüpfen. Wir müssen zuerst: ein Stadium ins Auge fassen, welches in histologischer Hinsicht ganz primitive Verhältnisse zeigt; von der deutlichen Falten- bildung, die wir in ganz frühen Stadien gesehen haben, ist hier gar nichts zu erkennen, ebensowenig wie von den letztbeschriebenen Höhlungen. Dieses wichtige Stadium findet sich zu einer Zeit, kurz nach der Umrollung, wenn das Ab- domen sich vom Cephalothorax deutlich abgesetzt hat und Fig. 37. einen spitzen Winkel mit dem- selben bildet (Textfig. 37). Manche Autoren haben dasselbe mit Recht ınit einem halb zugeklappten Taschenmesser verglichen. Ich habe dieses Stadium auf Sagittalschnitten, auf Quer- schnitten und auf schiefen Schnitten sehr deutlich gesehen und einige Bilder aus einer Sagittalserie, einer schiefen Serie und einer Frontalserie gezeichnet. ° Man bemerkt vor allem eine sehr deutliche Einstülpung des Ektoderms, und mit dieser steht eine kompakte Zellenmasse in Verbindung, die der Lage nach genau der entstehenden Lunge entspricht, welche aber nicht in einzelne Lamellen zerfallen ist, wenngleich die Kerne größtenteils schon in der Richtung der 628 Reinhold Janeck, späteren Lamellen liegen. Meine Bilder und meine Ansicht über dieselben stimmen vollkommen mit denen von BALFOUR überein. Auch ist es möglich, daß Simmons dieses Stadium vor sich gehabt hat; denn seine Abbildung 7 hat große Aehnlichkeit mit meinen Bildern. Er will allerdings fest aufeinander liegende Lamellen wahrgenommen haben. Möglich ist aber auch, daß dieser Eindruck nur durch die Anordnung der Zellkerne entstanden ist. Man sieht die Oeffnung der Einstülpung auf den Textfig. 39, 47 u. 49. Man erkennt, daß sie auf der Lateralseite der genannten Zellenmasse liegt. Zuweilen geht die dünne Chitinschicht (von der sich die Hypodermis meist etwas abgelöst hat) deutlich in die Ausstülpung hinein (Textfig. 49c). Die Einstülpung hat aber in ihrer Mündungsgegend nur ein enges Lumen, welches auf manchen Präparaten ganz mit Chitin ausgefüllt erscheint (Textfig. 49). Die Einstülpung setzt sich nun nach innen am lateralen Rande der genannten Zellmasse (die der späteren Tracheenlunge ent- spricht) fort und zeigt ganz deutlich 2 Zellschichten, die an der Kuppe ineinander übergehen (Textfig. 45). In einzelnen Fällen war in diesem oberen Teile der Einstülpung ein bläschenartiger Hohl- raum zu erkennen. Der größte Teil der kompakten Zellenmasse ist von Blut- räumen umgeben. Lateral finden wir einen solchen, der in breiter Verbindung mit dem Herzbeutel steht. Andere Bluträume finden sich median, die miteinander in Verbindung stehen und durch den Stiel vom Abdomen zum Cephalothorax übergehen, um daselbst mit anderen Hohlräumen zu verschmelzen. Betrachten wir nun eine sagittale Schnittserie, wie sie die Textfigg. 383—43 darstellen, so treffen wir, von der Lateralseite aus- gehend, nach der Medianebene zuerst den oben erwähnten lateralen Blutraum und dahinter den hintersten Teil der kompakten Zellen- masse (Textfig. 38). Auf dem nächsten Schnitt (Textfig. 39) zeigt sich dann die Oeffnung nach außen und die tiefe ektodermale Ein- stülpung, die nur auf Textfig. 39 ein gewisses Lumen zeigt, das teilweise von Chitin erfüllt ist. Auf den folgenden Schnitten ver- schwindet der Eingang und die Einstülpung zeigt sich als tiefe, in das Körperinnere reichende Falte, ‚deren begrenzende Zell- schichten fest aufeinanderlieger. Die kompakte Zellenmasse ge- winnt an Größe auf Kosten des lateralen Blutraums, der nur noch in seinem vorderen Teil erhalten ist (Textfig. 40 und Textfig. 41). In dieser Zellenmasse sind die Zellkerne in langen Reihen parallel zur Oberfläche verlaufend angeordnet und deuten hierdurch den Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 629 Verlauf den entstehenden Lamellen an. — Die Ektoderm-Ein- stülpung ist verschwunden. — Auf den folgenden Schnitten ver- schwindet der letzte Rest des lateralen Blutraums (Textfig. 42). Die Breite der Zellenmasse nimmt ab und verschwindet schließ- lich ganz (Textfig. 43). Fig. 38. Fig. 41. 630 Reinhold Janeck, Betrachten wir nun die Schnitte einer schräg, zwischen fron- taler und sagittaler Richtung geführten Serie, und gehen wir auch von der Lateralseite nach der Medianseite, so sehen wir in Text- fig. 44 den lateralen Blutraum getroffen, der infolge der schrägen Richtung sehr langgestreckt erscheint («@). Aus demselben Grunde erscheint auch der tiefste Teil der Einstülpung zuerst. Sie hat die Gestalt einer kompakten Falte (Textfig. 44), die sich auf den folgenden Schnitten im Bogen nach hinten zur Körperoberfläche wendet (Textfig. 45 f). Die Verbindung nach außen tritt erst ziemlich spät ein (Textfig. 47). Fig. 44. Fig. 45. Die kompakte Zellenmasse, welche den Lungenblättern ent- spricht, erscheint schon auf dem Schnitt Textfig. 44 (bei 7) und nimmt schnell an Umfang zu (Textfig. 45 und 46). Auf dem Schnitt Textfig. 47 hat die Lungenanlage schon an Größe ab- genommen und verschwindet auf den nächsten Schnitten. — In- folge der schrägen Schnittrichtung erscheint der mediane Blutraum auch bald (Textfig. 46 und 47 8), er nimmt an Größe zu, ver- schmilzt auf den folgenden Schnitten mit einem weiter vorn a year Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 631 liegenden Blutraum (Textfig. 48), der schließlich in den Cephalo- thorax übergeht. Gehen wir nun zu einer Frontalserie über und beginnen wir mit der Durchsicht der Schnitte von der ventralen Seite des Ab- domens aus, so treffen wir gleich auf den ersten Schnitten durch das Organ die kompakte Zellenmasse, die Einstülpungsfalte in ihrer größten Ausdehnung und den lateral gelegenen Eingang in dieselbe. Die Einfaltung ist von einem Chitinstrang (c) ausgefüllt, der mit der etwas abgehobenen Chitinlamelle (d) in Verbindung steht (Textfig. 49). Auch auf dieser Serie kann man in der Zellen- masse die Anordnung der Zellen parallel zur Oberfläche deutlich erkennen. — Auf .den folgenden Schnitten verschwindet die Ein- stülpung und der Eingang in dieselbe. Die Lungenanlage nimmt. je mehr wir dorsalwärts kommen, an Umfang ab. Statt dessen erscheinen zu beiden Seiten derselben die Bluträume, zuerst der laterale (@), dann der mediane (ß) (Textfig. 50). Da, wo der letzte Rest der kompakten Zellenmasse verschwunden ist, stoßen die Bluträume aneinander, ohne jedoch ineinander überzugehen. Nach der entgegengesetzten Seite geht der laterale Blutraum in den Herzbeutel über (Textfig. 5l«), der mediane verläuft nach dem Cephalothorax zu, wo er mit anderen Hohlräumen verschmilzt. 632 Reinhold Janeck, Das folgende Stadium schließt sich nahe an das eben be- sprochene an. Es sind aber erhebliche Veränderungen dadurch entstanden, daß das Tier ausgeschlüpft ist und Luft in die Lunge aufgenommen hat. Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 633 Betrachten wir ein solches Stadium auf Sagittalschnitten. Man sieht zuerst lateral die eben getroffenen Lamellen (Tafelfig. 6), die- selben nehmen schnell an Größe zu (Tafelfig. 7 u. 8). Tafelfig. 7 zeigt den Eingang mit der dahinterliegenden Lufthöhle. In Tafel- fig. 8 sehen wir, daß das Stigma verschwunden ist und die vorderen Enden der Lamellen sich zu einer Spitze (S) zusammenlegen, die sich schon etwas dorsalwärts krümmt. Tafelfig. 9 zeigt die me- dianwärts zuletzt getroffenen Lamellen. Hierauf verschwindet die Lungenanlage und der mediane Blutraum erscheint, teilweise durch den schon stark entwickelten Bauchmuskel verdeckt. Letzterer zeigt eine Verzweigungsstelle mit dem eingelagerten chitinigen Körper, die der vorderen Verzweigungsstelle am entwickelten Tiere entspricht. Die von hier ausgehenden Muskelstränge, die nach der Lunge hingehen, sind nur in geringer Zahl angelegt. Der Bauchmuskel zieht sich als breiter geschlossener Strang durch das Abdomen. Bei der vorderen Verzweigung liegt er etwas nach außen, der Lunge entgegen. Dann wendet er sich dem kompakten Stiele zu, der zu dieser Zeit noch ziemlich breit ist, und geht in den Cephalothorax über. Infolge der seitlichen Ausbiegung zeigt Tafelfig. 10 denselben nur in seinem vorderen Teile bis zur Ver- zweigungsstelle. Die Lamellen selbst haben schon die endgültige Gestalt; nur besitzen sie noch nicht die definitive Größe und ihre Zahl ist noch auf 7 fertig entwickelte beschränkt. Weitere Lamellen sind jedoch nach innen zu in Bildung begriffen (Tafel- fig. 7). Die Chitinstruktur ist schon deutlich in ihrer endgültigen Be- schaffenheit wahrnehmbar (Tafel- fig. 7), indem die kleinen Chitin- stacheln auf der Dorsalseite der Lamellen schon zu erkennen sind. Betrachten wir die Tafelfigg. 6—10 und vergleichen sie mit der vorher besprochenen Serie, so sehen wir nur geringe Unterschiede: erstens die Trennung der Zellen- Fig. 32. masse mit den parallel angeord- neten Kernen in den Zellreihen entsprechende Lamellen, zweitens die Bekleidung dieser Lamellen mit einer Cuticula und die Bildung der Muskelstränge zwischen Lunge und Bauchmuskel. 634 Reinhold Janeck, Auf den Zeichnungen ist der laterale Blutraum nicht sicht- bar; daß er aber vorhanden ist, zeigt (Textfig. 52) ein etwas schräg getroffener Schnitt der anderen Seite an der entsprechenden Stelle. Textfig. 53 und 54 stellen Schemata dar für Gestalt und Lage der Lamellen und des Stigma im Spinnenleib. Textfig. 53 zeigt die laterale, Textfig. 54 die ventrale Ansicht des Spinnenkörpers. Auf eine weitere Erklärung dieser Figuren glaube ich verzichten zu können. UV Fig. 53. Fig. 54. Von diesem Stadium ist der Uebergang zur entwickelten Ge- stalt der Lunge nicht schwer. Vergleichen wir nochmals die Tafel- figg. 6--10 mit den Tafelfigg. 1—5, so finden wir, daß sich an der Lage von Stigma, Lufthöhle, Lamellen und Bluträumen nichts Wesentliches geändert hat. Auch die Struktur der Lamellen ist die gleiche. An unterschiedlichen Merkmalen wäre erstens die srößere Anzahl der Lamellen und die bedeutendere Länge der- selben zu erwähnen, denn die Lamellen erreichen ja in voll- entwickeltem Zustande dorsal den Perikardialraum, zweitens die Vergrößerung des lateralen und medianen Blutraumes, drittens die Bildung des den medianen Blutraum nach hinten begrenzenden Septums und endlich viertens die bedeutend stärkere Ausbildung der Muskulatur. Lee ee ee de Dis ii Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 635 VI. Anlage und Entwickelung der Tracheen. Unsere nächste Aufgabe ist es nun, die Tracheen näher ins Auge zu fassen. — Für das Verständnis dieser Organe ist es zweckdienlich, von dem fertig entwickelten Tiere auszugehen; da die Tracheen in unmittelbarer Nähe der Spinnwarzen liegen, so muß man, um bei den verschiedenen Faltenbildungen, die sich während der Entwickelung zeigen, nicht in Irrtum zu verfallen, auch die Entstehuug der letzteren berücksichtigen. Beginnen wir also mit Betrachtung des Organes bei der Sagittalschnittserie, die uns die Lunge im ausgewachsenen Zu- stande gezeigt hat und gehen wir von der Medianebene aus, so bekommen wir lateralwärts fortschreitend erst eine Reihe von Schnitten durch eine Einstülpung, die seitwärts auf beiden Seiten (Fig. 56. : tiefer wird (Textfig. 55). Schließlich verschwindet der Eingang und der innere Teil erscheint als elliptischer Querschnitt, welcher dann weiter lateralwärts beginnt, sich in 2 elliptische Querschnitte (Text- fig. 56) zu teilen, ein Zeichen, daß der Hohlraum sich in 2 Röhren geteilt hat. Die Querschnitte erscheinen auf den folgenden Schnitten weiter nach vorn verrückt und liegen dann weiter auseinander, so 636 Reinhold Janeck, daß wir einen Hohlraum mit abzweigenden Röhren vor uns haben, wie ihn Textfig. 57 zeigt. Was den weiteren Verlauf der abzweigenden Röhren betrifft, so war es mir wegen der Kleinheit des Organs nicht möglich, den- selben weiter zu verfolgen. Textfig. 55 und 56 sind mit gleicher Vergrößerung gezeichnet wie die Lungen, wir sehen also, daß die Tracheen relativ sehr klein sind. Dies gilt wenigstens für die mir vorliegende Art Lycosa amentata. Von verschiedenen Autoren sind die Tracheen bei anderen größeren Arten oder solchen untersucht, die verhältnismäßig nicht so bedeutend entwickelte Lungen besaßen. Dieselben fanden gleiche oder ähnliche Gestalt der Tracheen, nur daß sich die inneren stärker entwickelten Zweige durch den ganzen Hinterleib fort- setzten, oder daß diese und auch die äußeren engeren Zweige in zahlreiche Kapillaren sich teilten. Mich ließen hier so- wohl Schnittpräparate wie Ganzpräparation der noch mit Luft gefüllten Tracheen im Stich. Bei beiden Untersuchun- gen konnte ich nur die Gestalt finden, wie sie Textfig. 57 zeigt. Trotzdem glaube ich, daß die Tracheenanlage damit nicht abgeschlossen ist, sondern daß wir auch hier eine Kapillarzerteilung am Ende der Zweige haben. Ausgekleidet wird das Gebilde von einer der äußeren Haut entstammenden Cuticula. Diese ist nicht glatt, sondern zeigt innen auf den Längsschnitten feine Erhebungen, welche ich als die Quer- schnitte feiner Streifen betrachte. Gehen wir nun zu der Tracheenanlage des nächst jüngeren Stadiums über. Jedoch wollen wir nicht Sagittal- sondern Frontal- schnitte betrachten. — Wir finden daselbst ventral hinter den Spinnwarzen einen Querspalt, der sich auf mehreren Schnitten erhält, dann aber nach vorn zu schräg 2 kleine Aeste abgibt, die sich wiederum auf mehreren folgenden Schnitten zeigen (Textfig. 58). Wir finden hier also eine Bestätigung unseres Schemas (Textfig. 57). Was die Spinnwarzen von diesen beiden Altersstadien be- trifft, so zeigen sie noch nichts Wesentliches. Wir haben 2 Paar große und zwischen diesen 1 Paar kleine Spinnwarzen. Sie ent- Fig. 57. Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 637 halten ziemlich bedeutende Hohlräume, im übrigen haben sie einen drüsig-blasigen Charakter. Betrachten wir nun die Tracheenanlage an einem Stadium, das dem Schema Textfig. 53 u. 54 entspricht. Es ist das ein Stadium kurz nach dem Verlassen der Eihüllen. Die Schnittrichtung ver- läuft etwas schräg zur sa- gittalen Richtung. Gehen wir von der Medianebene aus, so fin- den wir zuerst Schnitte, die Textfig. 59 entspre- chen. Wir sehen hier vor den Spinnwarzenanlagen (sp) eine breite Einstül- pung, die sich dann plötz- lich durch 2 seitlich vor- springende Falten (f) verengt und sich dann mit viel engerem Lumen in den Körper fortsetzt, um schließlich sich in einem kom- pakten Zellfaden ziemlich weit in das Innere zu erstrecken. Betrachten wir einen weiter lateralwärts gelegenen Schnitt (Textfig. 60), so ändert sieh das Bild insofern, als die Einstülpung nicht die Tiefe wie auf Textfig. 59 erreicht. Innen ist die nach vorn Bd. XLIV. N. F. XXXVIL 41 638 Reinhold Janeck, gelegene Falte verschwunden, die hintere hat an Größe gewonnen dadurch, daß sich der breite äußere Hohlraum hinter derselben tiefer ins Innere einstülpt. In dieser Einstülpung haben wir die Anlage des kleineren seitlichen Tracheenastes zu sehen. Gehen wir noch weiter lateralwärts, so nimmt das Organ an Größe ab, und ver- schwindet dann ohne Besonderheit. Die beiden nach vorn hochsteigenden Aeste sind medianwärts. noch verschmolzen, denn der innere Hohlraum (Textfig. 59 i) geht über die Medianebene kontinuierlich von einer Seite zur anderen über. Ueber die Spinnwarzen ist zu sagen, daß dieselben sich in ihrer äußeren Gestalt wenig von der definitiven Form unterscheiden. Das Innere derselben ist noch nicht differenziert und weist ein verhältnismäßig kompaktes parenchymatisches Gewebe auf. Wichtig ist das vorhergehende Stadium, es ist dies das taschen- messerförmige, wie es Textfig. 37 darstellt. Es ist also ein Stadium vor dem Verlassen der Eihüllen. Fig. 61. Fig. 62. Verfolgen wir Sagittalschnitte, so finden wir lateral erst die Anlage der zwei großen Spinnwarzenpaare als Wülste (Textfig. 61 sp) und ventral davor eine Falte (f) dem Körper anliegend, auf deren äußerer Oberfläche sich noch eine kleinere befindet. Gehen wir -* Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 639 nach der Medianebene zu, so verstärken sich die Spinnwarzenwülste, die Doppelfalte vor denselben wird deutlicher, dadurch, daß die Einsenkung hinter dieser Falte tiefer in den Körper hinein- wuchert. In dieser Einwucherung erkennen wir die Tracheenanlage. — Gehen wir über die Medianebene nach der anderen Seite, so nehmen die Organe an Größe wieder in gleicher Weise ab und verschwinden. Wunderbar ist es hierbei, daß die Spinnwarzen von rechter und linker Seite in der Medianebene nicht getrennt sind, so daß die Anlage derselben den Anschein von zwei unpaaren hinter- einander liegenden Abdominalfalten erweckt. — Die zwischen den großen liegenden kleinen Spinnwarzen sind noch nicht gebildet. Betrachten wir jetzt Transversalschnitte durch das Abdomen, und beginnen wir mit dem kaudalen Ende, so erscheint zuerst - die Aftereinstülpung (Textfig. 65 «) und ventral davon eine Quer- falte (sp), die auf den folgenden Schnitten an Breite zunimmt und in den Körper schließlich übergeht. Vergleiche mit Textfig. 62 zeigen, daß das nur die Anlage des zweiten großen Spinnwarzen- _ paares sein kann. Gehen wir weiter nach vorn, so erscheint in gleicher Weise die Anlage des ersten Spinnwarzenpaares. Text- fig. 64 stellt einen Schnitt durch dieselbe dar, wo sie in den Körper übergeht. An der Zeichnung sieht man die paarige Anlage angedeutet, außerdem zeigen sich die im Innern gelegenen Enden der beiden Bauchmuskeln. 41* 640 Reinhold Janeck, Auf den folgenden Schnitten zeigt sich wieder eine Falte. Der durch dieselbe gebildete Spalt (f) ist der Tracheeneingang, der vor allem auf der Innenseite von dichtstehenden Kernen be- grenzt wird (Textfig. 63). Verfolgen wir die Schnitte noch weiter, so sehen wir, wie sich nach innen von der Tracheenanlage ein breiter Blutraum befindet, der auf Schnitten, wo die Tracheenanlage schon verschwunden ist, noch deutlich erkennbar ist und sich bis zum Beginn des Bauchmarks nach vorn verfolgen läßt. Wir sehen also, daß sich die Tracheenanlage der Spinnen in nichts wesentlichem von der Tracheenanlage der Insekten unterscheidet. Die Bildung der Tracheen geht von einer Einstülpung des Ekto- derms aus, allerdings ist diese Einstülpung bei den Spinnen nicht Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 641 paarig, aber sie kann wohl ursprünglich paarig gewesen sein. Ein Weiterverfolgen auf jüngeren Stadien ist nicht gut möglich, da wir auf solchen Stadien an den entsprechenden Körperstellen wohl Faltenbildungen nachweisen können, die sich jedoch durch nichts von anderen Falten am Abdomen unterscheiden, die ihren Ursprung wohl dem Drucke der Eihaut verdanken. Meiner Meinung nach sind die Tracheeneinstülpungen an Stadien vor der Um- wollung überhaupt noch nicht gebildet. VII. Anlage der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane. Bei meinen Untersuchungen fand ich schon frühzeitig, vor der Umrollung, am 2. Abdominalsegment median von den Lungen zwei kleine Oeffnungen (Textfig. 23 9), die in zwei kleine ektodermale Säck- chen führen. Da in dieser Körper- region kein anderes ektodermales Organ liegt, hielt ich dieselben für die paarige Anlage der äußeren Ge- schlechtswege, Auf den Stadien nach Fig. 66. Fig. 67. der Umrollung war aber von diesem Organ nichts mehr wahr- zunehmen; erst an dem eben ausgeschlüpften Exemplar konnte ich eine unpaare ektodermale Einstülpung in der Medianebene finden, 642 Reinhold Janeck, wie sie Textfig. 66 darstellt. Dieselbe ist nach hinten gekrümmt und gleich der übrigen Körperfläche mit einer Chitinschicht aus- gekleidet. Betrachten wir das ausgewachsene Tier, so sehen wir äußer- lich in der Medianebene auf der Ventralseite, etwas weiter nach hinten als die Lungeneingänge, die unpaare Geschlechtsöffnung (Textfig. 19). An dieselbe setzt sich nach innen ein schlauch- förmiger Gang, der im ersten Teile seines Verlaufes schräg nach vorn verläuft, dann umbiegt und in schräger Richtung nach hinten in das Körperinnere eindringt. In diesem Teile befindet sich eine blasenartige Erweiterung. Hierauf wird der Gang wieder enger und verläuft direkt nach hinten (Textfig. 67). Das Gebilde wird von einer feinen Cuticula ausgekleidet. IX. Theoretische Schlußbetrachtungen. Ueberblicke ich nun die Ergebnisse meiner Untersuchungen, so bin ich mir wohl bewußt, nicht alle Punkte aufgeklärt zu haben. — Es hat sich gezeigt, daß die Verhältnisse viel verwickelter sind, als die Forscher bisher angenommen haben, da gewisse Stadien bis jetzt überhaupt unbeachtet geblieben sind. Eine große Anzahl der Autoren, so schon TREVIRANUS (1812), MEckEL (1816), und dann HuxLry (1854), Van BENEDEN (1870), Mac Leop (1884), SCHIMKEWITSCH (1884), RAY LANKESTER (1885), KınassLey (1885), Simmons (1894) und BRAUER (1895) sind der Ansicht, daß die Lunge von Kiemen abzuleiten ist, und daß die an frühen Stadien beobachtete Faltenbildung am 2. Abdominal- fußpaar die Anlage zur späteren Lunge bildet. Auf Grund ähn- licher Bildungen bei Anlage der Limuluskiemen kommen diese Autoren dann zu der Annahme einer Stammesverwandtschaft der Xiphosuren und der Arachniden. Wenn diese Theorie Geltung haben soll, so ist dazu der Nach- weis notwendig, daß die erwähnte Faltenbildung an der Unterseite der Abdominalfußanlage der Vorläufer der Faltenbildung der Lunge ist; die genannten Autoren sind in der Tat der Meinung, daß die Lamellen der Lunge direkt aus jenen Falten hervorgehen, obgleich wohl keiner der Autoren die Zwischenstadien eingehend untersucht hat. — Meine Beobachtungen ergeben, daß bei der von mir unter- suchten Spinne eine direkte Beziehung zwischen der Faltenbildung an dem Abdominalfuß und der Faltenbildung der Lunge nicht besteht. | | | Blättertracheen und Tracheen bei den Spinnen. 643 Die Falten des Abdominalfußes gehen nicht in die Falten der Lunge über, vielmehr schieben sich Zwischenstadien ein, auf welchen diese Falten sich in merkwürdiger Weise verändert haben. Später findet man dann eine kompakte Anlage der Lungenblätter, so daß also die Falten der Lunge als eine Neubildung erscheinen. Ob der Faltenbildung an der Unterseite des 2. Abdominal- fußpaares eine phylogenetische Bedeutung zukommt, oder ob sie lediglich entwickelungsmechanisch zu erklären ist (wie die ähn- lichen Falten an den Thorakalbeinen), diese Frage will ich noch unentschieden lassen. Jedenfalls aber scheint es mir nicht be- wiesen zu sein, daß diese Falten den Lamellen der Lunge ent- sprechen. Aus diesem Grunde bin ich der Meinung, daß die Limulustheorie nicht ausreichend begründet ist. Mehrere Autoren, so LEUCKART (1849), HAECKEL (1866), BERTKAU (1872), WEISSENBORN (1885), LENDL (1886), Locy (1886), WAGNER (1895) und ZIEGLER (1904) sind der Meinung, daß die Lungen der Spinnen sich aus modifizierten Tracheen ableiten lassen; daraus ergibt sich die Folgerung, daß die Spinnen den Tracheaten anzuschließen sind; zugunsten dieser Auffassung spricht auch die Anwesenheit von echten Tracheen. Die Lungen gehen bei der von mir untersuchten Spinne aus einer kompakten Zellenmasse hervor, welche offenbar ekto- dermaler Natur ist und an einen durch Einstülpung des Ektoderms entstandenen Hohlraum sich anschließt. — So eigenartig die Bil- dung der Lungenblätter erscheinen mag, so ist sie doch von der Bildungsweise der Tracheen nicht prinzipiell verschieden. Die Tracheen gehen aus Einstülpungen des Ektoderms hervor; an die Stelle einer Einstülpung tritt aber oft eine solide Wucherung mit nachträglicher Höhlenbildung, wofür sich aus der ganzen Embryo- logie viele Beispiele anführen ließen. Die kompakte Anlage der Lungenblätter kann also theoretisch als Faltenbildung aufgefaßt werden. — Folglich bin ich der Meinung, daß man die Bildungs- weise der Lungen auf die Bildung der Tracheen zurückführen kann, und dann lassen sich die Spinnentiere ungezwungen den übrigen Tracheaten anreihen. 644 Reinhold Janeck, X. Literaturverzeiehnis. BaugIanı, Memoire sur le developpement des Araneides. 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Von - Paul Brohmer aus Nordhausen. Hierzu Tafel 34—57 und 15 Figuren im Text. Uebersicht. Einleitung. Material und Methoden. I. Allgemeines und Historisches. II. Ein Embryo von Chlamydoselachus anguineus. A. Aeußere Körperform. B. Die Kopfhöhlen. ©. Die Kopfnerven. III. Die Kopfhöhlen und Kopfnerven bei Spinaciden. A. Beschreibung der äußeren Körperform der bearbeiteten Embryonen. B. Die Prämandibularhöhle und die PLATTsche Kopfhöhle. C. Die Mandibularhöhle und ihre Divertikel. D. Die Hyoidhöhle und das 3. Somit. Einleitung. Die vorliegenden Untersuchungen wurden in den Jahren 1907 und 1908 im Zoologischen Institut zu Jena ausgeführt. Auf den Rat meines verehrten Lehrers, des Herrn Prof. Dr. H. E. ZıEGLER, wollte ich die Kopfnerven und die Mesodermsegmente bei ver- schiedenen Selachiern vergleichend-embryologisch untersuchen, um dadurch einen Beitrag zum Kopfproblem der Wirbeltiere zu geben. Ich hatte bereits die genannten Organe bei verschiedenen Alters- stadien von Acanthias, Spinax und Torpedo plastisch und graphisch rekonstruiert, als ich durch die Liebenswürdigkeit der Herren Geheimrat E. HAEcKEL und Prof. H. E. ZıegLer in den Besitz eines Embryos von Chlamydoselachus anguineus GArMm. gelangte. Ein so seltenes Objekt verdiente eine genaue Bearbeitung, die ich mit Freuden übernahm. | Ich habe den Chlamydoselachus in den Vordergrund meiner Untersuchungen gestellt, weil gerade dieser Hai am geeignetsten erscheint, uns Aufschlüsse über die Phylogenie der Wirbeltiere und besonders über die Kopffrage zu geben. Die Bearbeitung der übrigen Selachier, die ich schon vorher unternommen hatte, bot mir die denkbar günstigsten Vergleichsobjekte. In bezug auf die Betrachtung der Nerven reiht sich meine Arbeit an die im hiesigen Zoologischen Institut gemachten Unter- suchungen von KLINKHARDT (1905) und GUTHKE (1906) an, welche mir insbesondere dadurch eine wesentliche Erleichterung 648 Paul Brohmer, boten, daß sie eine Anzahl übersichtlicher Rekonstruktionsfiguren gegeben haben. Ich habe ebenfalls solche Bilder von den unter- . suchten Embryonen angefertigt. Durch eine Nebeneinanderstellung derselben ist eine Vergleichung der in Frage kommenden Ver- hältnisse ermöglicht. Ich möchte es nicht unterlassen, an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. H. E. ZiEGLER für die fortwährende Unterstützung meiner Studien meinen aufrichtigsten Dank zu sagen. Material und Methoden. Herr Baron PAuL von RAUTENFELD in Riga hatte die Güte, Herrn Geheimrat Prof. E. HaEckEeL 3 Embryonen von Chlamydo- selachus anguineus GARM. zu schenken. Der größte derselben (Textfig. 1) hat eine Länge von 7,5 cm und befindet sich noch auf ‘ ee n ei u ag Textfig. 1. Ei von Chlamydoselachus anguineus GARM. in natürlicher röße. dem ovalen Dottersack, der in der längeren Dimension einen Durchmesser von 11 cm hat. Dieser Embryo gleicht demjenigen, den NısHIKkAwA in seiner Tafelfig. 1 abgebildet hat. Er soll im Phyletischen Museum zu Jena aufgestellt werden und konnte daher nicht zur Untersuchung dienen. Die beiden anderen Embryonen sind vom Dottersack abgetrennt; sie befinden sich beide im gleichen Alter, etwa im Stadium L—M nach BALFOUR-ZIEGLER. Sie sind also: die jüngsten bis jetzt bekannten Embryonen von Chlamydoselachus, Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 649 wenn wir von den Furchungsstadien absehen, welche NisHIRAwA erwähnt hat. Sie sind etwas jünger als die Embryonen, welche er in seiner Fig. 5 abgebildet hat; in der Gestalt sind sie ihnen ähnlich, aber die Kiemenblättchen sind noch nicht so groß ent- wickelt. Diese seltenen Embryonen übergab Herr Geheimrat HAEcKEL zur Untersuchung an Herrn Prof. ZiEGLER, der mir ein Exemplar derselben zur Anfertigung einer Querschnittserie und zur Be- arbeitung überließ. Beiden Herren danke ich für ihre Freund- lichkeit bestens. Die Konservierung der Chlamydoselachus-Embryonen war nicht angegeben; sie eigneten sich jedoch zur histologischen Untersuchung sehr gut. Um die Körperform genau festzustellen, wurden von Herrn GıtLtscH Dorsal-, Ventral- und Seitenansichten der Embryonen gezeichnet. Herr Prof. ZIEGLER hat außerdem noch einige genaue Figuren angefertigt. Ich selbst modellierte nach dem Objekt und den Zeichnungen einen der Embryonen, etwa 25mal vergrößert. Durch dieses Modell wurde es mir später erleichtert, die Lage ein- zelner Schnitte festzustellen. Nach Vollendung von Zeichnungen und Modell zerlegte ich den einen der Embryonen in eine Serie von 10 u Schnittdicke. Zur Färbung benutzte ich Hämatoxylin nach DELAFIELD und Ammon-Rubin-Pikrat. Die Spinax-Embryonen, die ich untersuchte, entstammen einer Sendung, die das hiesige Zoologische Institut im Sommer i907 aus Bergen bezogen hat. Sie waren mit Perenyıscher Lösung kon- serviert. Graphisch rekonstruierte ich einen Spinax-Embryo von 7,78 mm Länge, während ich mich über die Organisation anderer durch das Studium des in Xylol durchsichtig gemachten Objekts und nachträgliche Vergleichung der Schnittserie mit der ange- fertigten Zeichnung zu orientieren suchte. Ich gehe auf diese Objekte in der vorliegenden Arbeit nicht näher ein, weil sie mir nur zur Ergänzung meiner Studien an den anderen Stadien dienten und nicht in derselben ausführlichen Weise bearbeitet sind. Der plastisch und graphisch rekonstruierte Acanthias-Embryo maß 22 mm und befand sich im Material des Instituts; als Fund- ort war Helgoland angegeben; seine Konservierung ist mir nicht bekannt. Der Torpedo-Embryo, den ich bearbeitet habe, war bereits als fertige Schnittserie von#+10 u Dicke im Besitze des Herrn Prof. ZIEGLER vorhanden. Es ist derselbe Embryo, der von H. E. und % 650 Paul Brohmer, F. ZiEeGLER 1891 in bezug auf seine allgemeine Anatomie be- schrieben worden ist. Diese Serie bestand aus Frontalschnitten, die mit Boraxkarmin gefärbt waren. Die Rekonstruktionsfigur ist bereits in der ZıesLerschen Arbeit „Die phylogenetische Ent- stehung des Kopfes der Wirbeltiere“ (1908) veröffentlicht worden. Meine sämtlichen Serien, die ich rekonstruiert habe, sind Querschnittserien, die ich mit Hämatoxylin nach DELAFIELD und Ammon-Rubin-Pikrat nach ApATny gefärbt habe. Ich habe jedoch auch Längsschnittserien von Spinax angefertigt, auf deren Re- konstruktion ich aber wegen zu schräger Schnittführung verzichten mußte. Bei Querschnittserien ist die schiefe Schnittrichtung leichter zu vermeiden, auch beeinträchtigt sie die Rekonstruktion nicht so erheblich, wie das bei Längsschnitten der Fall ist. Bei meinen Rekonstruktionen wandte ich sowohl die plastische als die graphische Methode an. Plastisch rekonstruierte ich nur einen Teil des Kopfes des 22 mm langen Acanthias-Embryos, wobei ich mich der Bornschen Wachsplattenmethode bediente. Die Schnittserie, die ich von diesem Objekt herstellte, besaß 5 « Schnittdicke. Ich zeichnete jeden 4. Schnitt in 50-facher Ver- größerung mit dem AsBeschen Zeichenapparat und pauste die Bilder auf 1 mm dicke Wachsplatten. Ich hatte den Embryo mit der Born-Prrerschen Richtplatte eingebettet und mit Nubian- Blacking eine Richtebene hergestellt, die ich aber leider bei der Anfertigung des Plattenmodells nicht benutzen konnte, da sie zu weit vom Objekt entfernt war. Es war mir daher von großem Vorteil, daß ich vor dem Einbetten ein genaues Oberflächenbild des Embryos gezeichnet hatte (Textfig. 12), so daß ich jetzt die äußere Körperform zum Anhalt nehmen konnte. Ich rekonstruierte deshalb von der linken Körperhälfte die Oberfläche, von der rechten die Nerven und Kopfhöhlen. Auf diese Weise gewann ich ohne Richtungslinien ein brauchbares Plattenmodell. Die plastische Rekonstruktionsmethode eignet sich für die vorliegenden Untersuchungen weniger gut. Oft sind Teile darzu- stellen, die sehr klein und dünn sind und daher im Modell nicht deutlich genug werden. Andererseits liegen Teile frei im Mes- enchym, und man ist gezwungen, sie durch Brücken mit festliegenden Teilen zu verbinden, was ungemein störend wirkt. Hierzu kommt noch, daß sich die Mesodermsegmente verschiedentlich in dichte Mesenchymmassen auflösen, was im Plattenmodell überhaupt nicht darstellbar ist. Ich wandte daher für meine übrigen Rekonstruk- tionen die graphische Methode an, indem ich die Ausdehnungen Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 651 der einzelnen Organe auf die Medianlinie projizierte und mit dem Zirkel auf Millimeterpapier übertrug. (Genauere Angaben über diese Methoden findet man in PETER, Die Methoden der Rekon- struktion.) Bei der graphischen Rekonstruktion hat man den Nachteil, daß man die 3. Dimension nicht darstellen kann, die jedoch für meine Untersuchungen nicht von Wichtigkeit ist. Man kann da- gegen kleine Nervenäste zeichnen und auch die Auflösung des epithelialen Mesoderms in Mesenchym andeuten. Ungenauigkeiten können allerdings entstehen, wenn man die Schnittrichtung nicht genau festgestellt hat; ich glaube aber, daß ich solche Irrtümer vermieden habe. Bevor ich die Objekte einbettete, suchte ich die Körperlänge festzustellen. Dies kann bei größeren und geraden Embryonen durch gewöhnliche Messung geschehen, bei kleineren und ge- krümmten Exemplaren half ich mir auf folgende Weise: Nachdem ich mittels des Objektivmikrometers die genaue Vergrößerung meines Mikroskops festgestellt hatte, zeichnete ich den Umriß des Embryos mit dem Aspeschen Zeichenapparat. Dann dividierte ich mit der Vergrößerung des Mikroskops in die Länge der er- haltenen Figur und erhielt so die richtige Größe des Objekts. Außerdem stellte ich noch ein Konturbild der Kopf- und Kiemen- region in 50-facher Vergrößerung her, das mir die Ausgangslinien für meine Rekonstruktion liefern sollte. Da aber das Objekt im Xylol noch etwas schrumpft, so mußte ich, bevor ich mit der Rekonstruktion begann, eine Parallele zu der Umrißlinie zeichnen. Die Größe des Abstandes beider Konturen stellte ich durch Messung der Schnittbilder fest. 1. Kapitel. Allgemeines und Historisches. Ich unternahm meine Studien in der Absicht, einen Beitrag zu der Frage der phylogenetischen Entstehung des Kopfes der Wirbeltiere zu geben. Seit GOETHE vor etwa 100 Jahren seine Wirbeltheorie aussprach, sind über diese Frage bekanntlich mannig- fache Theorien aufgestellt worden. Ich kann auf eine historische Darstellung derselben verzichten, da durch GAupp im HERTWIG- schen Handbuch eine Uebersicht gegeben worden ist, und da auch viele andere Autoren bereits vollständige Beschreibungen der 652 Paul Brohmer, historischen Entwickelung gegeben haben (vgl. z. B. GEGENBAURS vergleichende Anatomie, Ragıs Vortrag [1892] u. a.). In kurzen Zügen will ich nur eine Charakteristik der Hauptepochen geben. Die erste Periode unseres Problems steht vollständig unter dem Einfluß der GOETHE-Okenschen Theorie. Sie lehrt, daß der Knochenschädel der Vertebraten aus einer Anzahl von Wirbeln, die miteinander verschmolzen sind, hervorgegangen ist. Man berücksichtigte während dieser Zeit (etwa von 1808 bis 1859) nur die Knochen, und der Streit der Gelehrten handelte lediglich um die Zahl der ursprünglichen Wirbel. GOETHE nahm 6, OKEN erst 3, dann 4, andere Forscher nahmen mehr Wirbel an. Am meisten Anhänger fand die Zahl 4; man teilte danach später den Schädel in 4 Regionen ein, nämlich in die Oceipital-, Sphenoidal-, Otica- und Ethmoidalregion. Man untersuchte auch anfangs nicht die niederen Wirbeltiere, sondern hochstehende Säugetiere; GOETHE fand seine Theorie beim Anblick eines Schafschädels (1790), OKEN beim Betrachten des Schädels einer Hirschkuh (1808). Die GOETHE-OKeEnsche Theorie mußte bei der Weiterent- wickelung der Anatomie hinfällig werden. HuxLeY wies 1859 in seiner „Croonian lecture“ nach, daß man eine Wirbeltheorie des Schädels nicht auf das Studium der Knochen gründen könne, sondern auch den Knorpelschädel berücksichtigen müsse, welcher keine Segmentierung zeigt. Demnach könne der Schädel nicht aus 4 Segmenten bestehen, die Wirbeln des Rumpfes vergleichbar wären. Daraus ergibt sich ein scharfer Gegensatz zwischen dem Schädel und der Wirbelsäule. Der GOETHE-Okenschen Theorie war durch diese Untersuchungen der empirische Boden entzogen, und man lehnte jetzt die Wirbeltheorie vollständig ab. Mit GEGENBAURS Werk über den Selachierschädel (1872) be- gann eine neue Epoche für die Schädeltheorie; der Grundgedanke der Lehre von GoETHE und OKEN wurde durch ihn auf das knorpelige Primordialcranium übertragen; auch zog er die Nerven zur Bestimmung der ursprünglichen Segmentierung in Betracht. Die Kiemenbögen betrachtete er als die zu den Schädelwirbeln gehörigen unteren Bögen, die also den Rippen homolog sind. Er nahm an, daß der Schädel aus 9 — bei einigen Arten 11 — Segmenten verschmolzen sei. Diese ursprüngliche Gliederung werde noch durch folgende Skeletteile angedeutet: 1) Lippenknorpel, 2) Mandibularbogen, 3) Hyoidbogen, 4—9 resp. bis 11) fünf, selten sieben Kiemenbögen. Die Mehrzahl der Forscher schloß sich dieser Auffassung an. Ohne Zweifel ist durch die GEGENBAUR- en A A Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 653 schen Gedanken eine fruchtbare Periode vergleichend-anatomischer Forschung veranlaßt worden. GEGENBAURS ursprüngliche Theorie wurde von anderen Forschern weiter ausgebaut, so von STÖHR, SAGEMEHL, ROSENBERG U. a. Wir müssen aber daran festhalten, daß alle Schlüsse dieser Periode auf die Verhältnisse bei aus- gebildeten Tieren gegründet sind. Mit der Entdeckung, daß verschiedene Nerven des Wirbeltier- kopfes während der Embryonalentwickelung verschwinden resp. rudimentär werden, kam die GEGENBAURsche Theorie ins Wanken. Man konnte sich nicht mehr auf das Studium der ausgebildeten Organe beschränken, sondern mußte Embryonen untersuchen, um an ihnen das ursprüngliche Verhalten der Bestandteile des Kopfes zu erkennen. Der erste Forscher, der derartige Studien unter- nahm, war vAn WiJHE (1883). Mit ihm beginnt eine neue Periode unseres Problems, unter deren Einfluß wir noch jetzt stehen. Gleichzeitig veröffentlichte FRORIEP (1882) seine Beiträge zur Kopffrage. Er wies nach, daß sich bei Vögeln und Säugetieren der hintere Teil des Schädels im Embryo genau wie die Wirbel- säule verhält und demnach als ihr vorderster Teil anzusehen ist. Er gliederte den Schädel in 2 Teile: einen ehemals segmentierten — die Oceipitalregion — und einen vorderen, ungegliederten Teil. FRORIEP bildet den Uebergang zwischen der GEGENBAURSchen und van Wısneschen Periode, indem er zwar theoretisch den Ansichten des ersteren zuneigt, die Forschung aber auf Embryonalstadien ausdehnt. Die van Wısuesche Periode legt das Hauptgewicht auf die Mesodermsegmente des Schädels in embryonalem Zustande. Wieder ging das Streben einzelner Forscher darauf hinaus, nur die Zahl der Kopfsegmente festzustellen, und zwar einseitig an den Ur- wirbeln des Kopfes; ihre Angaben gehen weit auseinander. Als höchste Zahl wurden meines Wissens 17 bezw. 18 Kopfurwirbel gefunden, wie KıLLıan (1891) angab. Die Richtigkeit dieser Be- obachtung ist aber zweifelhaft; die meisten Forscher nehmen eine kleinere Zahl an, wie unten noch dargelegt werden soll. Die neuere Periode ist keineswegs rein deskriptiv-embryologisch; be- sonders VAN WIJHE und BrAus suchen in ihren Arbeiten die embryologische Forschungsmethode mit der vergleichend-anato- mischen zu vereinigen. VAn WısuE (1883) sucht seine Ergebnisse durch eine ver- gleichende Untersuchung der Muskelsegmente, der dorsalen und ventralen Nervenwurzeln und der sogenannten Kopfhöhlen zu er- Bd. XLIV. N. F, XXXVI. 42 654 Paul Brohmer, halten. Er kommt zu 9 Segmenten im Schädel der Selachier; wie er die einzelnen Organe aufeinander bezieht, zeigt nachstehende Tabelle, die seiner Arbeit (S. 42) entnommen ist. BE Cats dem Mo. "| Ventrale|8 rälum und den | Dorsal (=) us em yoO- entrale . cardıum un en OTS: es tome stammende | Nerven- 8 ee a Nerv gs Muskeln wurzel 8 5 höhlen Siaemontna wurzel D uskeln 1. |Musc. rect. sup.,int., Oculo- |1.}Vordere, bei Ophthal- inf. und obl. inf. |motorius.| |Galeus selb- \micusprofun- ständige Ver- ? dus längerungdes 1. Somites 2. Musc. obl. sup. | Troch- | 2.|Erste (man-|) = Trigeminus learis dibulare oder = (nach Abzug Kieferhöhle) s des Ophth. 3 prof.) 3. Muse. rect. ext. |Abducens 3.) Zweite y: e \ (hyoidale 5 \ a 4. Keine Keine |4. J Höhle) x S J A 5. Keine Keine 5. u (Höhle 3 = Glossopha- es ersten 3 ryngeus Kiemenbog.) \ FR Er 6. | Sehr rudimentär | Nicht |6.| Vierte =) 5 wahrge- 2a nommen ” 2 7. || Vom Schädel zum 7. Fünfte EN; chultergürtel = 8. |(ziehende Muskeln, Hypo- &.| Bechste = Vagus 9, |fnebst dem vor- 'f glossus | 9. Nicht von der a dersten Teile des Pericardial- E sterno-hyoideus. | höhle diffe- © | renziert |) | Am meisten anfechtbar bei dieser Auffassung ist das 4. Seg- ment. Der Acustico-Facialis stellt einen ursprünglichen Nerven dar, wie man sich an jedem Selachierembryo überzeugen kann. Die Trennung in Facialis und Acusticus stammt aus der mensch- lichen Anatomie und hat hier ihre Berechtigung, in der embryo- nalen Entwickelung treten aber beide Nerven vereinigt auf. Für das 4. Segment existieren also weder ein dorsaler noch ein ventraler Nerv, weder eine Kopfhöhle noch Muskeln. Dieses Segment müßte also vollständig wegfallen. Ferner ist die Zu- sammenstellung des Vagus mit 4 Segmenten einer kritischen Be- trachtung zu unterziehen. Der Vagus entsteht aus 3 Wurzeln; er entspricht daher 3 Segmenten. Van WıIsHE wußte damals noch nicht, daß noch Segmente hinter der Kiemenregion in den Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 655 Bereich des Kopfes gezogen werden; diese Entdeckung wurde erst später gemacht (siehe unten). In den Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft 1891 suchte man Klarheit in die entstandene Verwirrung zu bringen, indem man das Problem einer Beleuchtung von verschiedenen Seiten unterwarf. Die Ordnung, die man erhoffte, wurde aber nicht erreicht, auch nicht auf der Versammlung im folgenden Jahre. Der Streit um die Zahl der Wirbel im Kopfe blieb be- stehen. DoHrN hatte angegeben, daß bei Torpedo ocellata, von der Glossopharyngeus-Region nach vorn, 12 bis 15 Segmente vor- handen wären; nach KıLLıan sind am ganzen Kopfe von Torpedo 17 oder 18. ZIMMERMANN behauptete dagegen, daß überall 13 Metameren vorhanden sind, nur bei den Säugetieren 4 mehr. In den Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft erschien 1892 der bemerkenswerte Vortrag von RABL „Ueber die Metamerie des Wirbeltierkopfes“. Er hatte seine Ansichten bereits früher ausführlich in seiner „Theorie des Mesoderms“ (1889) dargestellt. Er steht im Gegensatz zu Donkn, von dem er auch bekämpft wird (1890). RagL faßt seine Anschauungen folgendermaßen zusammen: „Was die Ansicht betrifit, zu der, wie ich glaube, meine Beobach- tungen führen müssen, so ist dieselbe ungemein einfach. Sie geht dahin, daß wir am Kopf der Wirbeltiere ontogenetisch und phylo- genetisch zwei Abschnitte zu unterscheiden haben: einen vorderen, größeren, unsegmentierten und einen hinteren, kleineren, segmen- tierten. Die Grenze zwischen beiden bildet das Gehörbläschen, das aber noch dem Vorderkopfe zuzurechnen ist. Das Mesoderm des Vorderkopfes kann sich in mehrere Abschnitte teilen, die jedoch weder nach Art ihrer Entstehung und weiteren Ausbildung, noch auch nach ihren Beziehungen zu den Nerven mit Urwirbeln vergleichbar sind. Primäre Nerven des Vorderkopfes gibt es, ab- gesehen vom Olfactorius und Opticus, zwei, den Trigeminus und Acusticofacialis; die Augenmuskelnerven sind vielleicht ...... vom Trigeminus abzuleiten und die Augenmuskeln vielleicht von der in den ersten Kiemenbogen eintretenden, vom Trigeminus innervierten visceralen Muskulatur. Primäre Nerven des Hinterkopfes sind der Glossopharyngeus, Vagus und der aus den ventralen Wurzeln dieser Region entstehende Hypoglossus. Davon kann wieder ein Teil des Vagus als Accessorius eine größere Selbständigkeit er- langen. Nach Homologa‘von dorsalen Aesten glaube ich nirgends suchen zu sollen, da die Beobachtung lehrt, daß sie am Rumpfe 42* 656 - Paul Brohmer, erst in sehr später Zeit, wie es scheint, in Abhängigkeit von der Scheidung der ursprünglich einheitlichen Seitenrumpfmuskelmasse in dorsale und ventrale Muskelfelder entstehen.“ RABL vertritt demnach insofern noch die alte GEGENBAURSsche Ansicht, als er dem Vorderkopfe keine Gliederung zuschreibt. Eine Kritik dieser Theorie ergibt sich aus meinen späteren Ausführungen. Im Jahre 1891 beschrieb Miss I. PLATT noch eine neue Kopf- höhle, die „anterior head cavity“. Diese PLArTsche Höhle ist meines Erachtens nur als ein Divertikel der Prämandibularhöhle aufzu- fassen. Sie kommt bei verschiedenen Selachiern (Torpedo, Chla- mydoselachus) überhaupt nicht vor, aber man betrachtete sie trotz- dem als selbständiges Somit. Mit demselben Rechte könnte man auch aus den Divertikeln der Mandibularhöhle verschiedene Seg- mente konstruieren. Diese kleinen Höhlen, die keine Bedeutung für die Theorie der ursprünglichen Gliederung haben, sind von ZIEGLER (1908) Microcölen genannt worden; in meinen Ausführun- gen soll dieser Name beibehalten werden. Die vergleichend-anatomische Richtung arbeitete während dieser Zeit ebenfalls eifrig an der Lösung des Kopfproblems. Hier ist vor allem FÜRBRINGER (1897) zu nennen, der die spino-oceipitalen Nerven der Selachier studierte. Das Ergebnis seiner Arbeiten bestand in der Meinung, daß es unmöglich wäre, die Anzahl der Ursegmente im Wirbeltierschädel durch eine Zahl anzugeben, weil vermutlich die Ocecipitalregion bei den einzelnen Abteilungen der Vertebraten aus einer verschiedenen Anzahl von Segmenten ge- bildet wird. Bei den Cyclostomen ist überhaupt keine Occipital- region vorhanden, da hier das Cranium mit der Labyrinthregion abschließt (Palaeocranium, FÜRBRINGER). Bei den Selachiern ist eine wechselnde Anzahl (1—5) von Spinalnerven zu Oceipital- nerven geworden. Bei den Holocephalen hat ein nochmaliger Assimilationsprozeß stattgefunden, indem drei weitere Spinalnerven in das Cranium eingezogen worden sind, während die Zahl der schon bei den Selachiern vorhandenen oceipitalen Nerven auf 2 reduziert ist. Die durch den ersten Assimilationsprozeß in das Cranium aufgenommenen Nerven bezeichnet FÜRBRINGER als occi- pitale, die durch den zweiten Prozeß aufgenommenen Nerven als oceipito-spinale. Beide werden unter dem Namen spino-oceipitale Nerven zusammengefaßt. Beiden Ganoiden sind 1—-2 oceipitale und 1—5 occipito-spinale Nerven vorhanden, bei den Dipnoörn von jeder Art 2—3, bei Teleostiern keine oceipitalen, aber 2 Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 657 occipito-spinale Nerven. Noch kompliziertere Verhältnisse treffen wir bei den übrigen Abteilungen der Vertebraten. Eine Ergänzung der FÜRBRINGERschen Studien lieferte dann - Braus (1899), der die metotischen Urwirbel und spino-occipitalen Nerven bei Selachierembryonen in verschiedenen Altersstadien untersuchte. Da die ersten der sogenannten metotischen Urwirbel nebst ihren Nerven rudimentär werden oder ganz verschwinden, mußte eine vergleichend-embryologische Untersuchung dieser Ver- hältnisse die Befunde an ausgewachsenen Tieren oder großen Embryonen, auf die sich FÜRBRINGER beschränkt hatte, wesentlich erweitern. Es gelang BrAus, bei Spinax-Embryonen von 33, 44 und 55 Urwirbeln je 7 metotische Kopfsegmente festzustellen ; in späteren Stadien gehen die vorderen 4 Urwirbel sukzessive von vorn nach hinten verloren. Bei dem 1. Segment war allerdings keine Nervenanlage vorhanden; man muß annehmen, daß sie im Laufe der Phylogenie bereits vollständig geschwunden ist. Bisher fehlte noch eine Untersuchung, welche die Nerven und Ursegmente gleichmäßig nach den neueren Forschungen berück- sichtiste.. VAn WıJHE hatte zwar 1885 eine Zusammenstellung gegeben (siehe die Tabelle auf S. 654), aber seit dieser Zeit haben sich die Auffassungen bedeutend geändert. Eine solche Zusammen- fassung hat neuerdings H. E. ZIEGLER (1908) gegeben. Diese Arbeit beruht zum Teil auf eigenen Untersuchungen, zum Teil auf den Darstellungen von KLINKHARDT (1905) und GUTHKE (1906), in denen die Entwickelung der Kopfnerven bei Spinax und Torpedo beschrieben wurde. Es ging aus den Untersuchungen dieser Autoren hervor, daß das Trigeminusganglion über dem Mandibularbogen entsteht, das Facialis-Acusticus-Ganglion über dem Hyoidbogen, der Glossopharyngeus über dem folgenden Bogen. Der Vagus- komplex versorgt bei den Selachiern mit regelmäßiger Kiemenzahl drei Spalten. ZIEGLER bringt die Ganglien des Kopfes mit den Mesodermsegmenten folgendermaßen in Beziehung: zum Ciliar- ganglion gehört die Prämandibularhöhle, zum Trigeminus die Mandi- bularhöhle, zum Facialis-Acusticus, welcher Ektodermverbindun- gen am Spritzloch eingeht, die Hyoidhöhle, zum Glossopharyn- geus die erste echte Kiemenspalte und das dahinterliegende Seg- ment; die übrigen Kiemenspalten und die 3 zwischen ihnen liegenden Segmente gehören zum Vagus, der aus der Verschmelzung von drei Wurzeln hervorgegangen ist. Es wurde von ZIEGLER zum ersten Mal der Gedanke vollständig durchgeführt, daß jeweils zwischen zwei Kiemenspalten ein Mesodermsegment liegt; die 658 Panl Brohmer, Myomerie stimmt also mit der Branchiomerie über- ein. Jedem Somit des Kopfes entspricht auch ein Ganglion. Außer den Vorderkopf- und Kiemensomiten sind noch 5 Urwirbel in den Bereich des Kopfes einbezogen worden (wenigstens bei Torpedo), nämlich nach der BrAusschen Bezeich- nung die Segmente v—z. Will man also die Zahl der Kopfseg- mente angeben, so beträgt sie demnach 12. Meine Untersuchungen schließen sich den ZIEGLERSchen an. Während sich ZIEGLER hauptsächlich auf Beobachtungen an Torpedo stützt, habe ich mich mit den Mesodermsegmenten bei Spinax und Acanthias, sowie bei Chlamydoselachus beschäftigt. Dadurch, daß ich bei allen untersuchten Objekten die Methode der Rekonstruk- tion anwandte, wird eine Lücke in der Literatur ausgefüllt; denn die meisten Autoren haben sich nicht dieser mühsamen Arbeit unterzogen, sondern ihre Schlüsse auf der Betrachtung einzelner Schnitte oder durchsichtig gemachter Objekte aufgebaut. Während des Druckes dieser Arbeit erschien eine Mitteilung von H. E. ZieGLER im „Anatomischen Anzeiger“ (Bd. XXXIII, p. 561—574) unter dem Titel: „Ein Embryo von Chlamydoselachus anguineus GARM.“, in welcher auf meine Beobachtungen an Chla- mydoselachus Bezug genommen wird. 2. Kapitel. Chlamydoselachus anguineus GARM. A. Beschreibung der äußeren Körperform. Der von mir bearbeitete Chlamydoselachus-Embryo hat eine Körperlänge von 25 mm und stammt aus der japanischen Tiefsee. Ich verdanke ihn der Güte des Herrn Geheimrat HAEcKEL, welcher ihn von Herrn Baron PAauL von RAUTENFELD zum Geschenk erhielt. Chlamydoselachus ist bekanntlich einer der wenigen Haie, die mehr als fünf Kiemenspalten (außer dem Spritzloch) besitzen; er gleicht nach seiner Kiemenzahl dem Hexanchus, von dem noch keine jungen Embryonen beschrieben worden sind. Seit der Jura- zeit scheint sich der Chlamydoselachus unverändert erhalten zu haben und stellt somit vielleicht die älteste lebende Fischart dar. Embryonen von Chlamydoselachus waren bisher nur von NISHI- Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 659 KAwA (1898) beschrieben worden !). Er gibt kurz an, daß er drei ganz junge Entwickelungsstadien gefunden habe, von denen das älteste eine 3 mm lange Gastrula war. Außerdem besaß er 6 ältere Embryonen, die er einem Chlamydoselachus-Weibchen von 170 cm Länge entnahm. Sie maßen 32, 35, 43, 48, 50 und 60 mm. Wie also schon aus der Größe hervorgeht, stellt der von mir beschriebene Embryo ein jüngeres Stadium dar als es NısHI- KAwWA besaß; dementsprechend sind auch die Kiemenblättchen kleiner als in den Figuren von NIsHIKAwA; sie erreichen bei meinem Exemplar den Rand der Kiemenplatten noch nicht. Nach der BaLrouzschen Bezeichnung stellt der 32 mm lange Embryo, den NısHikAwA beschrieben hat, das Stadium M dar, während mein Objekt mit L—M zu bezeichnen wäre. NISHIKAWwA hat weder die Kopfnerven beschrieben noch auf die Mesodermhöhlen geachtet?). Ich betrachtete es daher als 1) Die Literatur über Chlamydoselachus ist sehr gering und außerdem zum Teil in schwer zugänglichen Zeitschriften ent- halten. Mir sind folgende Werke bekannt geworden, die ich leider nicht alle einsehen konnte: 1. Garman, S. Chlamydoselachus anguinens. Bull. Essex In- stitute, Vol. XVI, 1884, Jan. 17. 2. Garman, S., Chlamydoselachus anguineus. Science, 1884, Febr. 1, p. 116, March 21, p. 345, Nov. 28, p. 484. 3. GarMman, S., Chlamydoselachus anguineus — a living species of Cladodont Shark. Bull. Mus. Comp. Zool., Vol. XII, 1885. No. 1, p. 1. 4. GÜNTHER, A., Chlamydoselache anguinea. Challenger Reports, Vol. XXII, 1887, p. 2. 5. NıssikawA, T., Notes on some embryos of Chlamydoselachus anguineus-GArMm. Annot. Zool. japon., Vol. II, 1898. Abstr. Journ. R. Micr. Soc., London 1899. 6. Parmun, Om en intressant hajart, Chlamydoselachus angui- neus GArm. Meddel. Soc. Fauna Flora Fenn., 24. Heft, 1900, p. 25—16, 183. 7. Hawezs, Mes. OÖ. A. Merrıtt, The cranial and spinal nerves of Chlamydoselachus anguineus. Proceedings of the Zool. Society of London 1906, Vol. II, p. 359—991. 8. Hıwekzs, M., On the abdominal viscera and a vestigial seventh branchial arch in Chamydoselachus. Proc. Zool. Soc. London, 1907, Vol. IL, p. 471—478. 9. ZırsLer, H. E., Ein Embryo von Chlamydoselachus angui- neus GArum. Anat. Anz., Bd. XXXIII, 1908. 2) Offenbar sind die Hohlräume, die er in seinen Schnittbildern mit vas. als Gefäße bezeichnet, zum Teil Kopfhöhlen. 660 Paul Brohmer, meine Aufgabe, die Nerven und Mesodermgebilde möglichst genau darzustellen. Um gute Bilder der äußeren Körperform zu bekommen, zeich- nete Herr A. GittscHh die Textfiguren 2, 3 und 5, außerdem fertigte Herr Prof. ZIEGLER noch Textfig. 4 an, und ich modellierte Textfig.2. Embryo von Chlamydoselachus, Stadium L—M nach BALFOUR. Dorsalansicht. 1.K. erster Kiemenbogen. 2.K. zweiter Kiemenbogen. Ds. Dotter- strang. die Kopf- und Kiemenregion. Durch genaue Kontrolle der Zeich- nungen und des Modelles wird eine richtige Darstellung erzielt worden sein; fragliche Punkte wurden schließlich noch durch die Schnittserie entschieden. Der vordere Teil des Kopfes meines Chlamydoselachus-Embryos zeigt äußerlich keine wesentlichen Unterschiede von dem anderer a a 0 Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 661 Haifische im gleichen Stadium. Neben dem Ramus ophthalmicus superficialis zieht eine Rinne entlang, die — je nach der Beleuch- tung — als helle oder dunkle Linie sichtbar war. Die Nasengruben stellen flache Einsenkungen dar, die nach vorn hin sich gruben- förmig vertiefen. Am unteren Teile des Vorderkopfes be- merken wir drei Hautfalten, eine median, die anderen seitlich von ihr (siehe die Ventralansicht Textfig. 5). Die seitlichen Falten sind nur kleine Vertiefungen, die bald wieder endigen; dagegen ist die mediane Rinne bedeu- tend größer. Sie verbreitert sich nach hinten, zieht unter dem Infundibulum des Ge- hirns hin und geht dann in der Mundbucht auf. An der Hinterwand der Mundhöhle befindet sich eine Grube, die nach vorn scharf endigt und nach hinten ab- geflacht ist; sie ist auch in den Figuren von NISHIKAWA | Er, dargestellt und ist wohl die- x > En selbe Grube, die von ihm ö als „SEESSEL’s pouch“ be- zeichnet wird. ZIEGLER hat dieses Gebilde in Fig. 3 seiner Mitteilung (1908) dar- gestellt, die ich hier wieder- gebe (Textfig. 6). NISHIKAWA erwähnt Textfig. 3. Embryo von Chlamydo- auch die sogenannte „RATH- selachus. Seitenansicht. Kesche Tasche“ oder Hypo- physentasche. ZIEGLER hat in Fig. 4 mehrere Schnitte abgebildet, wodurch ihre Gestalt gut erkannt werden kann. Sie ist auch in meiner Textfig. 7 dargestellt. Die Rarukesche Tasche ist ein Divertikel der Mundhöhle nach vorn hin; sie berührt das infundi- bulare Ende des Medullarrohres. NısuikawA gibt an, daß der 662 Paul Brohmer, Eingang zu ihr von außen zu erkennen wäre; das ist nach meinen Beobachtungen nicht der Fall. Uebrigens fand ich die Rartakezsche Tasche auch bei dem unten beschriebenen Acanthias- Embryo, wo sie eine ähnliche Gestalt zeigt. Fig. 4. Fig. 5. Textfig. 4 und 5. Embryo von Chlamydoselachus anguineus, 25 mm lang. Fig. 4, Seitenansicht, Zeichnung von H. E. ZIEGLER. Fig. 5, Ventralseite, Zeichnung von A. Giltsch. Hy. Hyoidbogen. Kb. Kiemenbogen. Bj. Brust- flosse. Ds. Dotterstiel. In der Kiemenregion fällt auf den ersten Blick die Größe des Spritzloches auf und noch mehr die außerordentliche Weite der ersten echten Kiemenspalte. Die folgenden Kiemenspalten sind schmal und untereinander nicht viel verschieden. Auf beiden Seiten der Kiemenbögen befinden sich kleine Anlagen von Kiemenfäden, die dicht zusammenstehen. Der Abschluß der Kiemenregion wird durch einen kleinen Wulst gebildet, in dem auch Muskelanlagen entwickelt sind wie in den Kiemenbögen; bei dem unten be- Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 663 schriebenen Acanthias-Embryo von 22 mm Länge sind diese Ver- hältnisse ähnlich. Unter der Vereinigungsstelle der Unterkieferäste liegt beider- seits eine durch verdicktes Epithel ausgezeichnete Grube, an welche ein Nervenast, nämlich das Ende des Ramus hyoideus, herantritt (vergl. Taf. 37, Fig. 13, Sg.). Der Lage nach entspricht sie dem Haftapparat der Amphibienlarven, kann aber vielleicht nicht mit ihm homologisiert werden, da dieser nach THIELE!) nur drüsiger, keineswegs aber nervöser Natur ist. Die Extremitäten waren bereits gut entwickelt, man sah deutlich die in die Fiossen gehenden Muskelknospen, wie sie in den Zeichnungen dargestellt worden sind. Ihre Zahl konnte nicht genau bestimmt werden; es sind etwa 8 oder 9. Die Seitenlinie ist von außen als flache Rinne sichtbar. Auf den Schnitten zeigt sich an dieser Stelle unmittelbar unter dem Ektoderm der Ramus lateralis vagi, der in 3 paral- lelen Strängen unter der Seitenlinien- anlage verläuft. Die Differenzierung des Epithels zur Sinneslinie bereitet sich vor; die Epidermis ist verdickt, hat aber noch keine Sinnesknospen ausgebildet. B. Die Kopfhöhlen von Chlamydo- selachus. Gehen wir die Querschnittserie von oben her (d. h. von vorn her) durch, so treffen wir in gleicher Höhe auf 2 Kopfhöhlen, nämlich auf die Prä- mandibular- und die Mandibu- larhöhle. — . Textfig. 6 Schnitte durch die SEESSELsche Tasche an der dorsalen Wand der Mund- höhle. Die Reihenfolge der Schnitte geht von vorn nach hinten; jeweils der zweite Schnitt ist gezeichnet. Neben der Chorda sieht man die vor- knorpeligen Anlagen der Para- chordalknorpel (nach ZIEG- LER). Die erstere hat noch ein weites Lumen und ist von einem Epithel begrenzt, das meist einschichtig ist. Ihr angelagert finden wir ein Ganglienknötchen, in welchem der Oculomotorius 1) TuıeLe, Jon., Der Haftapparat der Batrachierlarven. Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. XLVI, 1887. 664 Paul Brohmer, mit einem Seitenast des Ciliarganglions sich vereinigt (siehe unten). Das mediane Verbindungsstück der Prämandibularhöhle verliert sein Lumen, ist aber noch deutlich als einfacher Zellenstrang zu sehen (Taf. 35, Fig. 5). In ihrem unteren Teile bildet die Prä- mandibularhöhle bereits einen Muskelzapfen (Textfig. 8), der an der Hinterseite des Augapfels herabzieht. Er gabelt sich an seinem Ende in einen oberen und in einen unteren Fortsatz. Nach den Lamgschen Rekonstruktionen ist der erstere die Anlage des Musculus obliquus inferior, der letztere die des Musculus rectus inferior. Der vorderste Teil der Prämandibularhöhle ist auf Taf. 36, Fig. 13 dargestellt; in diesem Schnitt ist nur ein kleines Lumen mit einer relativ dicken Wandung zu sehen; wir befinden uns also unmittelbar unter dem Dach der Höhlung. Vas... R.buce. E.M. \ Textfig. 7. Schnitt durch den Kopf von Chlamydoselachus in der Gegend. der Rarakeschen Tasche. Ch. Chorda. Dv. Divertikel der Mandibularhöhle (Mah.). E. Epithel der RATHKEschen Tasche. M. Vorderster Teil des Medullar- rohrs. Prinmd. Prämandibularhöhle R.o.s. Ramus ophthalmicus superficialis. R.mx. Ramus maxillaris.. R.buec. Ram. buccalis. 7r. Trigeminus mit Seiten- ästchen (*). Vas. Gefäße. Die Mandibularhöhle bereitet an ihrem oberen Ende die Bildung des Musculus obliquus superior vor. Wir finden zuerst einen kompakten Mesenchymzapfen, der sich aber weiter unten zum Teil in dichtes Mesenchym auflöst, das nach dem Auge hin Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 665 ausstrahlt. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einem vergäng- lichen Gebilde zu tun, das Lam als „temporary muscle derived from the mandibular somite“ bezeichnet. Auf der Rekonstruktions- figur (Taf. 34, Fig. 1) habe ich den „temporary muscle“ durch eine Anzahl roter Punkte angedeutet. Die histologischen Verhältnisse sind aus den Abbildungen Taf. 35, Fig. 5 und Taf. 36, Fig. 13 und 14 zu ersehen. In dem Vorderende des Mandibularsomits erscheint dann ein Lumen (Taf. 35, Fig. 5, linke Bildseite), welches bis zum Anfang des Kiefers reicht, von wo aus sich dann der Kieferteil des Mandibularsomits als schmales kompaktes Band fast bis an den vorderen Rand des Kiefers erstreckt. Be a Ze Textfig. 8. Schnitt durch den unteren Teil der Prämandibularhöhle von Chlamydoselachus. 7r. Trigeminus. Mdh. Mandibularhöhle mit Divertikel. R.inf. Rectus inferior, aus der Wand der Prämandibularhöhle herauswachsend. R.mx. Ramus maxillaris. R.bucc. Ramus buccealis. In ihrem vorderen Teil, wo die Prämandibularhöhle den Musculus obliquus inferior und den Rectus inferior entsendet, bildet die Mandibularhöhle ein Divertikel, das als sogenanntes ‘666 Paul Brohmer, Microcöl aufzufassen ist. Das Lumen desselben hängt in diesem Stadium nicht mit demjenigen der Mandibularhöhle zusammen, aber es besteht ein mesenchymatischer Zusammenhang zwischen den Wänden, wenn auch das Divertikel in manchen Schnitten eine gewisse Selbständigkeit zu besitzen scheint (Textfig. 7 und 8). Zuerst erscheint das Divertikel als dichtes Mesenchym, das median- wärts von dem Zapfen der Mandibularhöhle herabzieht. Es bildet sich dann ein Lumen, welches das der Mandibularhöhle an manchen Stellen an Größe überragt. Nach dem Auge zu wird ein schräg verlaufender Muskelzug gebildet. In seinem unteren Teile ist das Divertikel kompakt und hat schon das Aussehen eines Muskels angenommen. Es zieht unten mehr medianwärts und reicht bis in die Nähe der Parachordalknorpel. Wie aus den Figuren von LAmB und SEWERTZOFF hervorgeht, bildet sich aus diesem Divertikel der Rectus externus. Auch SEWERTZOFF rechnet das Divertikel zum Mandibularsomit, obwohl es in seiner Rekonstruktion vollkommen selbständig erscheint (vergl. KoLLmAnn, Handatlas, Fig. 323). Von der 3. Kopfhöhle van Wısues ist bei Chlamydoselachus nichts zu sehen. In Wirklichkeit stellt dieses angebliche Somit das Vorderende des Hyoidsegmentes dar, das sich aber bei manchen Arten ablöst und mit dem Hyoidbogen nur noch durch dichtes Mesenchym verbunden ist, wie unten genauer dargelegt wird. Bei Chlamydoselachus liegen diese Verhältnisse einfacher. Das Hyoid- somit treibt nach vorn keinen Ausläufer; ein Lumen ist überhaupt nicht mehr vorhanden. Das obere Ende des Hyoidbogens ist in dichtes Mesenchym aufgelöst; ein gleiches Verhalten zeigen die folgen- den Kiemensegmente. Der festbegrenzte Teil des Hyoidsomits ist bandartig und durchzieht so den zugehörigen 1. Kiemenbogen, der zwischen Spritzloch und 1. Kiemenspalte liegt. Ein gleiches Aus- sehen zeigen die Mesodermsegmente in den übrigen Kiemenbögen; sie sind ebenfalls scharf begrenzt und bandartig gestreckt. Ein Lumen ist auch in ihnen nicht mehr vorhanden (Taf. 37, Fig. 18, 19, 20). Die Muskelbildung ist hier schon eingeleitet, wodurch die ursprüngliche Natur der Segmente stark abgeändert ist. Die Muskelsegmente in den Kiemenbögen zeigen keine Abweichungen von dem Verhalten bei anderen Selachiern; ich kann daher auf eine weitere Beschreibung verzichten und verweise zur Orientierung auf meine Rekonstruktionsfigur der Mesodermsegmente (Taf. 34, Fie,29: Wir kommen nun zur Beschreibung der Myotome, welche auch in der Kiemenregion liegen, aber erst durch sekundäre Vorgänge | | Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 667 in diese Gegend geschoben worden sind. Es sind dies die soge- nannten metotischen Urwirbel, die man vielleicht ihrer Her- kunft nach besser als postbranchiale bezeichnen würde. Diese Segmente sind am genauesten von BRAus (1899) beschrieben worden. Sein Material bestand hauptsächlich aus Spinax-Embryonen. Er benennt nach dem Vorgange FÜRBRINGERS die metotischen Urwirbel mit den letzten Buchstaben des Alphabets, indem er das letzte Segment vor der Extremität mit z bezeichnet und dann nach vorn zählt. Er hat bei Spinax niger die Segmente von z bis t, also 7, gefunden. ZIEGLER hat diese Segmente mit den Zahlen 6—12 bezeichnet, und die Myotome mit den Kiemenbögen in Beziehung gesetzt. Der vorliegende Embryo von Chlamydoselachus ist zu alt, als daß man die ursprüngliche Lage der Myotome erkennen könnte. Ich kann daher weder die Zahlen von ZIEGLER noch die Buchstaben- benennungen von BRAus mit Sicherheit anwenden. Nur vermutungs- weise spreche ich die Meinung aus, daß das 1. Myotom, welches dorsalwärts hinter den Vaguswurzeln aufsteigt, das Somit v von BrAus, also Somit 8 von ZIEGLER ist. Aus der Betrachtung der ventralen Wurzeln geht hervor, daß noch ein davor gelegenes Myotom unter den Vaguswurzeln vorhanden ist. Taf. 36, Fig. 19 stellt einen Schnitt in der Gegend der ersten Vaguswurzel dar. Ueber dem Vagus sehen wir auf der linken Seite des Bildes in der Gegend des Ductus endolymphaticus den vor- dersten Teil des erstgenannten Myotoms. Unter dem Vagus liegt beiderseits von der Chorda je eine andere Mesodermmasse (mm), welche einem unter dem Vagus gelegenen Myotom angehört. Taf. 37, Fig. 20 ist ein Schnitt, der hinter der 3. Vaguswurzel geführt worden ist; den Vagus sehen wir als einen rundlichen Nervenkomplex, der nicht mehr im Zusammenhang mit dem Me- dullarrohr steht. Man sieht nun das dorsal hinter der Vagus- wurzel aufsteigende Myotom, welches bis fast zur Mittellinie des Rückens hinaufreicht. Man könnte die Myotome nicht voneinander trennen, wenn nicht ein Hilfsmittel dazu in den ventralen Nerven gegeben wäre. Ich habe aber im vorderen Teile der unter dem Vagus liegenden Myotome keinen Nerven gefunden und man kann annehmen, daß bereits einer der zu den Segmenten gehörigen ventralen Nerven ganz geschwunden ist. Die erste dieser Wurzeln ist sehr rudimentär und nur einseitig vorhanden. Nach hinten werden die ventralen Wurzeln sukzessive stärker. Dieses Rudimentärwerden der nach 668 Paul Brohmer, vorn gelegenen Segmente und Nerven ist bereits von anderen Autoren (z. B. BrAus) festgestellt worden. Ich habe zwischen den Vagusästen im ganzen 6 ventrale Wurzeln gefunden. Man muß also annehmen, daß hier mindestens ebenso- viele Segmente liegen. Offenbar sind diese jedoch nicht als die dorsalen Abschnitte der in den Kiemenbögen liegenden Segmente aufzufassen, sondern als postbranchiale Gebilde, die nach vorn verschoben sind. Eine definitive Feststellung der Anzahl der metotischen oder postbranchialen Urwirbel kann ich auf Grund des einen mir zur Verfügung stehenden Exemplars nicht geben; nur eine Untersuchung eines jüngeren Stadiums könnte uns die not- wendige Aufklärung bringen. C. Die Kopfnerven des Chlamydoselachus. Die primären Nerven im Kopfe der Selachier sind bekanntlich — vom Ölfactorius und Opticus abgesehen '— der Trigeminus, der Facialis-Acusticus, der Glossopharyngeus und der Vagus. Zum Trigeminus wird noch das Ciliarganglion gerechnet, das in den Verlauf des Ramus ophthalmicus profundus eingelagert ist, wahrscheinlich aber ursprünglich eine selbständige Stellung ein- nahm. Alle die genannten Nerven kann man als dorsale Wurzeln auffassen, und man rechnet ihnen dann die übrigen Nerven als ventrale Wurzeln zu. Da man über die Beziehungen der einzelnen Nerven zueinander noch geteilter Ansicht ist, will ich diese Fragen übergehen, zumal sie nicht in den Rahmen meiner Untersuchung fallen. Die ventralen Nerven des Vorderkopfes treten später auf als die dorsalen Nerven, welche von der Ganglienleiste ihren Ur- sprung nehmen. Unser Chlamydoselachus gleicht in bezug auf seine Nerven etwa dem Torpedo-Embryo, dessen Nerven GUTHKE (1906, Taf. 1, Fig. 3) dargestellt hat. Bei einer Vergleichung dieser Figur mit meiner Rekonstruktion der Nerven (Textfig. 10) fällt als Unterschied in die Augen, daß bei Chlamydoselachus zwischen den Vagusästen ventrale Wurzeln liegen, bei Torpedo nicht. Diese Angabe GUTHKEs deckt sich mit der von FÜRBRINGER, daß bei Torpedo keine spino-occipitalen Nerven vorkommen. Im wesentlichen zeigen sonst die Kopfnerven von Chlamydo- selachus dieselben Verhältnisse wie die von Torpedo, und noch ähnlicher sind die von Hexanchus, wie sie GEGENBAUR (1871) dargestellt hat. Immerhin zeigen sich doch verschiedene Ab- Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 669 weichungen von beiden Formen, auf die bei der Beschreibung noch hingewiesen werden soll. Das Ganglion des Trigeminus entsendet nach vorn den Ramus ophthalmicus profundus. In diesem Nervenaste liegt der Rest des Ganglion ciliare, das sich nahe an der Prämandi- bularhöhle befindet und einen Ast zu ihr abgibt, der ein kleines Nervenknötchen an der Wand der Prämandibularhöhle bildet. Textfigur 9 stellt diese Verhältnisse dar. Ich habe einen Schnitt abgebildet, der das Ciliarganglion zeigt, das einen Ast nach der Prämandibularhöhle hin abgibt, der an ihrer Wand ein Knötchen bildet. Bei schwächerer Vergrößerung wird der Eindruck erzeugt, Textfig. 9. Schnitt durch die Prämandibularhöhle (Prmd.). 0g. Ciliar- ganglion. Kn. Nervenknötchen an der Prämandibularhöhle. Mar. Mandibular- höhle. #. V, Medianes Verbindungsstück der Prämandibularhöhlen. Z. Linse. als ob dieses Knötchen vollständig in der Wand des Somits auf- ginge. Das histologische Bild (Taf. 36, Fig. 14) zeigt aber, daß keine Verschmelzung stattgefunden hat. Von dem Nervenknötchen zieht nach vorn ein dünner Nervenstrang frei durch das Mesenchym und endet schließlich zwischen Vorder- und Mittelhirn sehr nahe am Medullarrohr. Es ist dies offenbar die Anlage des Oculo- motorius, welche aber auffallenderweise noch keine Verbindung mit dem Gehirn besitzt. Von dem oberen Ast des Trigeminus werden noch 2 kleine Zweige abgegeben, die sich nach vorn hin noch einmal gabeln. Ihre Richtung und Ausdehnung ist aus der Rekonstruktionsfigur (Textfig. 10) zu erkennen. Bd. XLIV. N. F. XXXVIL, 43 670 Paul Brohmer, Der hintere Ast des Trigeminus spaltet sich bekanntlich in den Ramus maxillaris und in den Ramus mandibularis. Der erstere zieht in dem Oberkieferwulst bis an den vorderen Rand des Kiefers und endigt dort mit einer dünnen Ektodermverbindung. Der Ramus mandibularis zieht an der äußeren Wand des Mandi- Fr Arne Sn Ag Textfig. 10. Rekonstruktion der Kopfnerven von Chlamydoselachus. Oc. Oculomotorius. * Nervenknötchen an der Prämandibularhöhle. Cg. Ciliar- ganglion. R.buce. Ramus buccalis. R.mx. Ramus maxillaris. R.md. Ramus mandibularis. Spr.(D). Spritzloch (1. Kiemenspalte). R.hy. Ramus hyoideus. 1.v. erste ventrale Wurzel. I/., III, IV., V. zweite bis fünfte Kiemenspalte. R.o.s. Ramus ophthalmicus superficialis. 7r. Trigeminus. F.Ac. Facialis- Acusticus. Ac. Acustieus. G!I.v. ventrale Wurzel des Glossopharyngeus (G!.). D.e. Ductus endolymphaticus. Yg. Ursprung des Vagus. Ggl.,, @gl., zwei Reste der Ganglienleiste. 7.Sp. erstes Spinalganglion. N.I.v. Nervus lateralis vagi. Vg.5. der letzte Vagusast. Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 671 bularsomits entlang (Taf. 36, Fig. 15) und endigt im Unterkiefer ebenfalls mit einer feinen Ektodermverbindung. Der Trigeminus zeigt also keine wesentlichen Abweichungen von dem Verhalten bei anderen Selachiern. Von theoretischer Wichtigkeit ist der Verlauf des Ramus mandibularis an der Außenseite des Mandibularsomits. Wir werden nämlich eine derartige Beziehung der Nerven zu den Muskel- anlagen bei allen Somiten in den Kiemenbögen wiederfinden. Jedes Ganglion entsendet einen Hauptast, der an der Außenseite des zugehörigen Segmentes verläuft. Diese Beobachtung bildet ein weiteres Beweisstück zugunsten der ZIEGLERSchen Auffassung, daß jedem Bogen ein Ganglion zugeordnet ist. Der Facialis-Acusticus besitzt in bezug auf seine Ver- zweigung keine Verschiedenheit von anderen Selachiern, dagegen zeigt der Ursprung aus dem Medullarrohr ein Verhalten, das mir bisber noch nicht entgegengetreten ist. Die Wurzel besteht näm- lich aus 2 Strängen, von denen der eine (dorsal gelegene) etwas weiter nach dem Vorderende zu entspringt als der mehr ventral gelegene Teil (s. Taf. 36, Fig. 15). Man könnte auf den Gedanken kommen, die eine Wurzel als die dorsale, die andere als die ventrale Wurzel zu betrachten. Für diese Theorie ließe sich neben meinen Befunden auch die Tatsache anführen, daß der Facialis-Acusticus ursprünglich gemischter Natur ist. Ich lasse die Möglichkeit dieser Auffassung offen, schließe mich aber der- selben nicht an, wie ich bei der Besprechung des Glossopharyngeus darlegen werde. Wenn man die beiden Wurzeln weiter verfolgt, so findet man, daß sie sich bald vereinigen. Immer aber läßt sich noch eine gewisse Trennung der Faserstränge unterscheiden. Aus der äußeren Wurzel allein geht der Ramus ophthalmicus superficialis und der Ramus buccalis hervor, während die Hauptmasse des Ganglions mit beiden Wurzein zusammenhängt. Der Facialis-Acusticus entsendet nach vorn den Ramus ophthalmicus superficialis, nach der Kiefergegend den Ramus buccalis, an den Hyoidbogen den Ramus hyoideus und an das Öhrbläschen den eigentlichen Hörnerv. Dieses Verhalten, das bei allen Selachiern übereinstimmt, zeigt auch unser Chlamydoselachus; er besitzt nur einige Abweichungen in den Verzweigungen, die hier beschrieben werden sollen. Der Ramus ophthalmicus superficialis zeigt im wesentlichen den gleichen Verlauf wie bei Torpedo (cf. GUTHKE, Taf. 1, Fig. 5). Nur die Lage im Körper weicht etwas ab; GUTHKE 43 * 672 Paul Brohmer, zeichnet diesen Facialis-Ast mehr nach der Ventralseite, während er bei Chlamydoselachus etwa in der Mitte des Körpers verläuft. Er liegt unmittelbar unter dem Supraorbitalfeld, das vorn im Zu- sammenhang mit dem Ciliarfeld steht. Diese beiden Felder, in welchen das Ektoderm verdickt ist, haben dieselbe Form wie bei chi a, Textfig. 11. Endung des Ramus ophthalmicus superficialis (R.o.s.) am Ciliarfeld (©.f.) und Innervierung des Supraorbitalfeldes (8.f.). dem gleichen Stadium von Torpedo (GUTHEE, Taf. 1, Fig. 3). Der Ramus ophthalmicus superficialis biegt dann fast rechtwinklig in einem Bogen um, so daß er an seinem Ende in der Schnitt- richtung verläuft. Die Innervierung des Ciliarfeldes geschieht durch eine Ausfaserung des Nerven, der an dem verdickten Ekto- derm endet (s. Textfig. 11). Während seines ganzen Verlaufs unter den erwähnten Sinnesfeldern gibt der Ramus ophthalmicus super- fieialis feine Nervenästchen an das verdickte Epithel ab. Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete.. 673 Der Ramus buccalis zieht in gerader Richtung nach dem Oberkiefer und endigt in 2 kleinen Aesten im Ektoderm, das an den betreffenden Stellen verdickt ist. Diese Verzweigung am Ende des Ramus buccalis ist von den Autoren bei anderen Selachiern nicht beschrieben worden. Der Ramus buccalis verläuft unter einem Streifen verdickten Epithels, aus dem sich später eine Sinneslinie entwickeln wird, wie das schon durch MInckERT, KLINKHARDT und GUTHKE dargestellt ist. Auch dieser Zweig gibt in seinem Verlauf mehrere feine Nervenästchen ab, von denen ich 2 typische Bilder in Taf. 37, Fig. 24 und 25 gezeichnet habe. (Fig. 24 liegt an der Trennungsstelle des R. ophth. sup. und des R. hyoideus; die Nervenmasse ist daher noch mit R.o.s. bezeichnet.) Der Ramus buccalis zeigt also ein ähnliches Verhalten wie der Ramus ophthalmicus superficialis; sie stellen zusammen einen großen Sinnesbogen dar. Diese Befunde sind von Wichtigkeit für das Kopfproblem der Wirbeitiere, denn sie fügen einen neuen Be- weis zu der Annahme, daß der Facialis-Acusticus ein einheitliches Gebilde ist, dessen Hauptast der Ramus hyoideus ist. Eine besonders kräftige Entwickelung zeigt der Ramus hyoideus, der offenbar den ursprünglichsten Ast des Facialis- Acusticusganglions darstellt. Er ist nämlich der Nerv, der an der Außenseite des Hyoidsegments entlang zieht, ebenso wie der Ramus mandibularis des Trigeminus an dem Mandibularsegment entlang lief. Da der Facialis-Acusticus dem Hyoidsegment zuzu- rechnen ist, so muß auch der Ramus hyoideus als der primäre Ast des Facialis-Acusticus aufgefaßt werden. Der obere Teil des Ramus hyoideus läuft dem Spritzloch nahezu parallel und bildet an dessen oberem Ende eine starke Ektodermverbindung, wie dies auch GUTHKE bei Torpedo beschrieben hat. Der weitere Verlauf weicht aber von demjenigen bei Torpedo ab. Wie gesagt, geht der Nerv an der Außenseite des Hyoidsegmentes entlang. Er entsendet 3 kleine Aeste, die Ektodermverbindungen eingehen; er endigt schließlich in einem verdickten Teil des Epithels, das die Gestalt einer nach oben flachen, scharf begrenzten, nach unten allmählich flacher werdenden Grube besitzt (Taf. 37, Fig. 18). Wir haben es hier mit einem embryonalen Sinnesorgan zu tun, das bei anderen Selachiern meines Wissens noch nicht beschrieben worden ist. Seiner Lage nach entspricht es dem sogenannten Saugnapf (besser Haftapparat) der Amphibienlarven, darf aber vielleicht doch nicht mit ihm homologisiert werden, da der Haftapparat der Amphibienlarven nur drüsigen Charakter hat und keine Inner- 674 Paul Brohmer, vierung besitzt!). Bei einem Acanthias-Embryo von 22 mm Körper- länge befindet sich an der entsprechenden Stelle ebenfalls eine Grube mit verdicktem Epithel; ich konnte jedoch keinen Nerven finden, der an diese Grube herantritt. Vielleicht stellt der Besitz der Sinnesgrube — wie ich sie kurz nennen will — bei Chlamydo- selachus ein primitives Verhalten dar, während die Sinnes- funktion bei den anderen Selachiern verloren gegangen ist. Der eigentliche Hörnerv zeigt keine Besonderheiten gegenüber anderen Selachiern. Auch das Ohrbläschen weicht nicht von dem typischen Bau ab. Der Ductus endolymphaticus ist sehr lang und besitzt nur ein enges Lumen und eine sehr enge Mündung. Zwischen Facialis-Acusticus und Glossopharyngeus finden wir eine schwache ventrale Wurzel (Taf. 36, Fig. 16). In diesem Ge- biete ist bisher noch kein Nerv beobachtet worden, er stellt also ein vollkommenes Novum dar. Man kann diesen Nerven als den vordersten Ventralnerven der metotischen Urwirbel auffassen, ob- gleich er diesen Namen wegen seiner Lage zum Ohr nicht mit vollem Recht verdient; dabei muß man allerdings annehmen, daß das zugehörige Mesodermsegment bereits zugrunde gegangen ist. Mag man ihm nun diesen Namen geben oder nicht, so ist man doch gezwungen, ihn als die rudimentäre ventrale Wurzel des Glossopharyngeus zu betrachten?). Er muß dem Glosso- pharyngeus (nicht etwa dem Facialis- Acusticus) zugeordnet werden, da die ventralen Wurzeln in der Regel etwas vor den entsprechen- den dorsalen Wurzeln liegen. Ich zweifle nicht, daß dieser Nerv auch bei älteren Chlamydoselachus-Embryonen bereits verschwun- den sein wird, da er im vorliegenden Stadium nur sehr schwach ist. Die histologische Betrachtung zeigt, daß er sich aus mehreren Fasern zusammensetzt, welche sich zum Teil bis zu ihren im Medullarrohr gelegenen Ganglienzellen verfolgen lassen (Taf. 36, Fig. 17). Der Glossopharyngeus entspringt ein Stück hinter der obenerwähnten ventralen Wurzel als gleichmäßig dicker Ast. Der dorsale Teil desselben ist nahe an der Ursprungsstelle reichlich mit Kernen der Scawannschen Scheide versehen, während der 1) Vgl. Tuıeıe, Der Haftapparat der Batrachierlarven. Zeit- schrift f. wiss. Zool., Bd. XLVI, 1887. 2) Prof. Meex sprach brieflich die Ansicht aus, daß dieser Nerv wahrscheinlich der Abducens sei und wies auf seine Beobach- tungen an Larus hin (Anat. Anz., 1907, Bd. XXXI). Nach GUTHRE (1906) liegt aber der Ursprung des Abducens bei Torpedo weiter vorn, nämlich nahe am Facialis-Acusticus-Ganglion. Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 675 ventrale Teil fast ganz frei davon ist; es scheint hier, wie bei der 1. Vaguswurzel, ein mehrfacher Austritt der Faserbündel statt- zufinden. Wir haben hier also ein ähnliches Verhalten vor uns wie bei dem Facialis-Acusticus, nur daß die Trennung nicht so weit geht. Da wir zum Glossopharyngeus eine ventrale Wurzel gefunden haben, müssen wir also davon absehen, hier die Ver- schmelzung einer dorsalen und einer ventralen Wurzel anzunehmen. Wir müssen dann aber auch diese Vermutung für den Facialis- Acusticus ablehnen. — Am oberen Ende der ersten echten Kiemen- spalte teilt sich der Glossopharyngeus in einen Ramus prae- trematicus und in einen Ramusposttrematicus. Beide gehen Ektoderm- verbindungen ein, und zwar innerviert der Ramus posttrematicus ein großes Kiemensinnesorgan. Dieser Ast zieht dann an der Außenseite des Mesodermsegmentes entlang, teilt sich an seinem unteren Ende noch einmal in 2 kurze Aeste, von welchen der eine Zweig das Segment durchbricht und bald darauf endet. Der Vagus ist mit dem Glossopharyngeus durch eine Brücke verbunden, die ein Rest der Ganglienleiste ist und auf den Schnitten als Knötchen neben dem Medullarrohr erscheint. Der Ursprung der Vaguswurzel ist kein einheitlicher, sondern er ist mehrmals unterbrochen. Im ganzen sind etwa 8 einzelne Wurzeln vorhanden, die nach hinten immer stärker werden. Theoretische Folgerungen lassen sich aus dem Ursprung des Vagus nicht ziehen, da wir ein zu altes Stadium vor uns haben. Ein ähnliches Ver- halten zeigte ja auch der Glossopharyngeus und der Facialis- Acusticus. Meine Beschreibung der Verzweigungen des Vagus kürzt sich dadurch ab, daß die Aeste in typischer Weise verlaufen und wir bei allen ein gleiches Verhalten wiederfinden. Es werden 4 Aeste gebildet, von denen sich der letzte noch zweimal ver- zweigt. Der letzte Ausläufer ist der Anfang des Ramus intesti- nalis, der aber noch sehr kurz ist. Die übrigen 5 Aeste gehen je zu einer Kiemenspalte, wo sie die typischen lateralen und epi- branchialen Sinnesorgane innervieren. Der 1. und 2. Vagusast zeigen deutliche Lateralverbindungen mit dem Ektoderm, von denen ich die erste in Taf. 36, Fig. 19 dargestellt habe. Bei den übrigen Vaguswurzeln sind solche Verbindungen nicht mit Sicher- heit zu erkennen. Auch hier sehen wir alle Aeste in den Kiemen- bögen an den Außenseiten der Segmente entlang ziehen, wie ich das oben schon von dem Ramus posttrematicus des Glosso- pharyngeus, dem Ramus hyoideus des Facialis-Acusticus und dem Ramus mandibularis des Trigeminus gesagt habe. 676 Paul Brohmer, Der Ramus lateralis vagi, der bekanntlich die Sinnesorgane der Seitenlinie versorgt, zieht in 3 Strängen in der Furche ent- lang, welche die Anlage der Seitenlinie enthält. Das Ektoderm ist hier noch nicht wesentlich differenziert, sondern nur erheblich verdickt. Das Vagusgebiet meines Chlamydoselachus - Embryos gleicht ziemlich dem des Hexanchus, den GEGENBAUR (1871) be- schrieben hat. Der Vagus versorgt beim Chlamydoselachus 4 Segmente, bei den übrigen Selachiern nur 3. Diese Tatsache ist von Wichtigkeit für das Kopfproblem. Geht man von der begründeten Annahme aus, daß jedem Kopfsegment eine Nervenwurzel zugehört, so müßte man erwarten, daß beim Chlamydoselachus 4 Vaguswurzeln vor- handen wären. Das ist nach meinen Befunden nicht zu erkennen. Man könnte aus meinen Befunden auch eine Stütze der Auffassung konstruieren, welche die überzählige Kiemenspalte als sekundär erworben betrachtet. Ich bin der Ansicht, daß eine so wichtige Frage nur unter Berücksichtigung der paläontologischen, ver- gleichend- anatomischen und vergleichend-embryologischen Tat- sachen gelöst werden kann. Leider sind nur wenige Embryonen der Selachier mit überzähligen Kiemenspalten gefunden worden, so daß man von einer Lösung dieses Problems noch weit entfernt ist. Hinter den Vaguswurzeln finden wir vor den typischen dor- salen Wurzeln noch Reste der Ganglienleiste. Das oberste Stück dieser Rudimente ist klein und steht immer mit dem Me- dullarrohr in Verbindung. Das zweite Stück hat zuerst eine schwache Wurzel am Medullarrohr, löst sich dann aber von ihm ab. Es bildet sich eine zweite Wurzel, die aber mit der Nervenmasse der ersten in Verbindung steht. Wir haben hier Rudimente vor uns, die als Reste dorsaler Spinalwurzeln aufgefaßt werden können. Unter den Vaguswurzeln finden wir zwischen den Aesten dieses Ganglions eine Anzahl ventraler Wurzeln, die FÜRBRINGER be- kanntlich als spino-occipitale Nerven bezeichnet hat. Diese Wurzeln werden von vorn nach hinten successive stärker, so daß die erste die schwächste ist. Ich konnte den 1. Nerven nur auf einer Seite finden, wo er sehr schwach ist. Auf der anderen Seite schien er ganz zu fehlen und würde bei einem etwas älteren Embryo vielleicht beiderseitig nicht mehr vorhanden sein. Zwischen dem 1. und 2. Vagusast sind 3 ventrale Wurzeln vorhanden, zwischen den übrigen je eine, im ganzen also 6. Wenn man die spino- oceipitalen Nerven dem Vagus als ventrale Wurzeln zuordnen will, so muß man annehmen, daß bereits eine Verschiebung nach vorn Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 677 stattgefunden hat, weil wir zwischen den beiden ersten Vagusästen 3 ventrale Nerven finden. Es ließe sich auch die Ansicht ver- teidigen, daß bereits ein oder mehrere spino-occipitale Nerven gänzlich geschwunden sind, weil sich die unter dem Vagus liegende Mesodermmasse eine Strecke weiter nach vorn erstreckt als die ventralen Nerven. e Nach dem Abschluß der Vagusregion finden wir die dorsalen und ventralen Spinalwurzeln in typischer Ausbildung. Da offenbar in diesem Stadium nicht mehr alle Spinalganglien vorhanden sind, die ursprünglich angelegt waren, und da die ersten Myotome und die ventralen Wurzeln wahrscheinlich nicht mehr in der ursprünglichen Lage sind, so mußte ich darauf ver- zichten, die Wurzeln mit den Buchstabenbezeichnungen zu ver- sehen, welche FÜRBRINGER und BrAus eingeführt haben, oder mit den Zahlen, welche ZIEGLER zur Numerierung der Kopfsegmente verwendet hat. Fassen wir die Befunde an den Nerven der Kopf- und Kiemen- region von Chlamydoselachus zusammen, so erhalten wir folgende bemerkenswerte Resultate: 1) Der Rest desCiliarganglions liegt in der Nähe der Prämandibularhöhle, an deren Wand der Oculo- motorius ein Nervenknötchen bildet. Der Oculo- motorius steht mit dem Trigeminus in Verbindung. 2) Der Facialis acusticus entspringt mit zwei deutlichen Wurzeln. Der Ramus hyoideus endigt an einem embryonalen Sinnesorgan („Sinnesgrube*), das seiner Lage nach dem Saugnapf der Amphibien- larven entspricht. 3) Zwischen Facialis acusticus und Glossopha- ryngeus liegt eine schwache ventrale Wurzel, die dem Glossopharyngeus zuzurechnen ist. 4) Der Vagus ist dem des Hexanchus ähnlich, wie ihn GEGENBAUR beschrieben hat. 5) Zwischen den Vagusästen befinden sich sechs spino-occipitale Nerven, und zwar zwischen dem ersten und zweiten Ast drei, sonst je einer. 6) Zwischen dem Vagus und den typischen dor- salen Spinalwurzeln befinden sich Reste der Gang- lienleiste, die aus zwei Teilen bestehen. Das letzte dieser Rudimente hat zwei Wurzeln. 678 Paul Brohmer, Die Nerven des erwachsenen Chlamydoselachus hat kürzlich Mrs. Hawks (1906) untersucht. Ich kann auf ihre Befunde nicht näher eingehen, da ich ihre Arbeit erst nach dem Abschluß der meinigen fand. Im allgemeinen stimmen ihre Beschreibungen mit denen, die ich im vorstehenden gegeben habe, überein. So hat sie z. B. auch. eine direkte Verbindung zwischen dem Ramus ophthalmicus profundus des Trigeminus und dem Oculomotorius. gefunden. Einige Schlüsse, die Verf. zieht, scheinen mir aber vor- läufig noch nicht feststehend zu sein, zumal Verf. nur erwachsene und schlecht konservierte Exemplare untersucht hat. 3 Kapitel. Die Kopfhöhlen und Kopfnerven bei Spinaciden. A. Beschreibung der äußeren Körperform der bearbeiteten Embryonen. Um meine Untersuchungen möglichst eingehend durchführen zu können, habe ich mich auf wenige Stadien beschränkt, die aber wohl genügen dürften, um die in Frage kommenden Punkte zu entscheiden. Von allen Embryonen, die ich hier beschrieben habe, habe ich Rekonstruktionen hergestellt. Es handelt sich um einen Torpedo-Embryo aus dem Stadium I—K, einen Spinax-Embryo von 7,78 mm Länge und einen Acanthis-Embryo, der 22 mm maß. Der Torpedo-Embryo des Stadiums I—K ist bereits von H. E. ZIEGLER und F. ZIEGLER (1892) beschrieben worden. Herr Prof. ZIEGLER stellte mir von diesem Stadium eine Querschnitt- serie und eine Frontalschnittserie zur Verfügung. Nach der letz- teren fertigte ich eine graphische Rekonstruktion der Mesoderm- segmente an. Diese Figur wurde mit einigen Abänderungen von Herrn Prof. ZIEGLER (1908) bereits in seine Arbeit über die phylo- genetische Entstehung des Kopfes der Wirbeltiere aufgenommen ; ich kann daher auf eine Beschreibung verzichten. Der Spinax-Embryo von 7,78 mm Körperlänge zeigt 3 offene Kiemenspalten, gehört also dem gleichen Stadium (I—K) an und bietet somit ein interessantes Vergleichsobjekt zu dem Torpedo. Auf eine Beschreibung der äußeren Körperform kann ich auch hier verzichten, da derartige Stadien schon öfters beschrieben worden sind. Der Kopf eines Embryos von Chlamydeselachus ete. 679 Ich habe von diesem Embryo eine zeichnerische Rekonstruk- tion gemacht, um die Gestalt der Mesodermhöhlen genau zu er- kennen. Dabei fand ich die Ganglien in der Anordnung, wie sie Taf. 34, Fig. 2 zeigt. Die Figur stimmt im wesentlichen mit der- jenigen von KLINKHARDT (]. c. Taf. 14, Fig. 2) überein, welche sich auf einen etwas älteren Embryo derselben Art bezieht. Man kann in dieser Figur eine Bestätigung der Auffassung sehen, daß das Ciliarganglion zu der Prämandibularhöhle, der Trigeminus zu dem Kieferbogen und der Facialis-Acusticus zu dem Hyoidbogen gehört. Textfig. 12. Acanthiasembryo von 22 mm Länge. si. Anlage der Seitenlinie. 680 Paul Brohmer, Ein wichtiges Stadium ist auch der 22 mm lange Embryo von Acanthias vulgaris Rısso, den Textfig. 12 darstellt. Er entspricht etwa dem oben beschriebenen Chlamydoselachus, denn auch bei ihm werden die Kiemenfäden gebildet; die Anlagen der- selben treten als kleine Zapfen hervor. Die Geruchsgrube bildet. eine nicht allzutiefe Einsenkung. Die Gestalt des -Spritzloches und der Kiemenbögen ist aus der Zeichnung zu ersehen. Hinter der Kiemenregion befindet sich ein Wulst, wie ihn auch Chlamydo- selachus besitzt. Einige Falten und Rinnen deuten die Anlagen von Sinneslinien an; besonders beachtenswert ist die Rinne neben dem Ramus ophthalmicus superficialis, sowie die Anlage der Seiten- linie, die wir hinter der Kiemenregion sehen. Auf sie wird unten noch näher eingegangen werden. Auf den Schnittbildern fallen uns die Ektodermverdickungen am Kopf auf, welche die von KLinkHARDT (1905) und GUTHKE (1906) genau beschriebenen Ciliar- und Supraorbitalfelder darstellen. An den Kiemenspalten finden wir regelmäßig ein laterales und ein epibranchiales Sinnesorgan, die von starken Nervenästen versorgt werden. Taf. 35, Fig. 11 gibt einen derartigen Schnitt wieder, der die Sinnesorgane an der zweiten echten Kiemenspalte zeigt. Der zutretende Nerv ist hier der erste Vagusast. Das Epithel im epibranchialen Sinnesorgan scheint eine Ver- änderung durchzumachen; die Kerne haben sich abgerundet und zeigen auffallend viele Mitosen. Wahrscheinlich ist dies die Vor- bereitung zur Bildung der Thymus, die nach FRORIEP aus den Kiemensinnesorganen hervorgeht. Ich muß hier noch mit einigen Worten auf dieses Organ eingehen, da ich schon in meiner Arbeit über die Sinneskanäle und LorEnzınIıschen Ampullen einige An- gaben darüber gemacht habe. Nach WIEDERSHEIM (1906) sind bis jetzt Muskelelemente in der Thymus von Urodelen, Anuren, Ophidiern, Lacertiliern, Cheloniern und Vögeln nachgewiesen. Ich kann nun hinzufügen, daß auch die Selachier dieses Verhalten zeigen. Taf. 34, Fig. 4 stellt einen Schnitt durch einen 4,5 cm langen Spinax-Embryo dar. Man sieht, wie neben der Thymus mehrere Muskelzüge liegen und wie ein Strang quer durch diese Drüse verläuft. Durch eine Vergleichung mehrerer Schnitte läßt sich der Zusammenhang der Thymus-Muskelzüge mit der übrigen Muskulatur feststellen. Vielleicht ist anzunehmen, daß nicht die Muskelzüge durch die Thymus wachsen, sondern daß diese bei ihrem Vorwachsen die Muskelzüge umschließt. Auf einem interessanten Stadium ihrer Entwickelung befindet Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 681 sich die Seitenlinie. Mit der Entwickelung der Seitenlinie bei Selachiern haben sich u. a. BALFOUR (1878), Van WısuE (1883), MITROPHAnNOW (1893) und KLINKHARDT (1905) beschäftigt. Da letzterer eine eingehende Uebersicht der Ansichten der verschie- denen Forscher gibt, kann ich mich auf eine kurze Beschreibung meiner Befunde beschränken. Kurz hinter der Kiemenregion er- scheint die Anlage der Seitenlinie auf den Schnitten als bloße Ektodermverdickung. Etwa in der Gegend des Dotterstranges überwölbt sich die Anlage von beiden Seiten her, wodurch zuerst ein oben offener, dann vollständig geschlossener, kurzer Kanal entsteht. Dann endigt die Verdickung plötzlich, womit die vor- wachsende Seitenlinie ihr Ende erreicht. In Taf. 35, Fig. 12 ist das beiderseitige Verhalten des Endes der Seitenlinie zu erkennen. Die schräge Schnittrichtung gestattet uns, auf der linken Seite den oben noch offenen, auf der rechten Seite den geschlossenen Kanal zu sehen !). — Es wäre gewiß interessant, die vollständige Entwickelung der Sinneskanäle genau zu kennen, leider weist aber unsere Literatur in dieser Beziehung noch erhebliche Lücken auf. B. Die Prämandibularhöhle und die Prarrsche Kopfhöhle. Miss I. PLar'r entdeckte 1891 bei Embryonen von Acanthias vulgaris eine Kopfhöhle, die vor der Prämandibularhöhle liegen soll und die man nach der Entdeckerin als PrArrsche Kopfhöhle bezeichnet hat; sie selbst nannte dieses neue Somit „anterior head cavity“. Sie gibt eine Anzahl Rekonstruktionsbilder der Kopfhöhlen, der Augenmuskeln und der Augennerven von Acan- thiasembryonen, auch stellt sie Schnittbilder dar, in denen die „anterior head cavity“ der Prämandibularhöhle eng anliegt. Einen Zusammenhang beider Somite bestreitet sie aber. Die Verfasserin faßt ihre Resultate folgendermaßen zusammen: „Anterior to the premandibular cavity there is a pair of head cavities. These cavities arise independently, and are at no time continuous with the premandibular cavity. The cells of their walls are so modified in the course of development as to resemble the muscle cells forming simultaneously in the walls of the adjacent head cavities. No permanent muscle is formed, and the cells are later lost in the general mesoderm about the eye“ (p. 101). 1) Ein ähnliches Stadium zu der Bildung der Seitenlinie hat NısuıxawAa an Ohlamydoselachus beschrieben, 1. ec. Cut 3, p. 100. .682 Paul Brohmer, Gegen die Selbständigkeit der PrArTtTschen Höhle hat sich H. E. ZıesLer (1908) aus theoretischen Gründen gewendet. Be- reits früher hatte Dourn (1906) die Entstehung der „anterior head cavity“ studiert und den Nachweis erbracht, daß sie nur ein Divertikel der Prämandibularhöhle ist. Er sagt (p. 129): „Bis unter die primäre Augenblase kann man den äußersten seitlichen Teil der Prämandibularmasse verfolgen und gleichzeitig konsta- tieren, daß auf dem ganzen Laufe Mesektodermzellen von oben, unten und nach außen ihn umgeben. Verfolgt man die Schnitte nach innen, d. h. der Medianebene zu, so kann man wiederum konstatieren, daß diese ganze seitliche Partie der ursprünglichen Prämandibularmasse sich zu der sogenannten Anterior head cavity oder der PLarTschen Kopfhöhle umformt und sich als solche von dem übrigen Körper der Prämandibularmasse abtrennt.“ Daß die PLarrtsche Kopfhöhle keine Bedeutung für die Theorie der phyletischen Entstehung des Wirbeltierkopfes hat, geht daraus hervor, daß sie bei manchen Selachiern überhaupt nicht vorhanden ist. So gibt SEWERTZOFF (1898) an, daß bei Torpedo keine „an- terior head cavity“ vorkomme. DonHrn (1906) berichtet, daß die Zellen, welche bei Squaliden die PLATTsche Kopfhöhle herstellen, sich bei Torpedo nicht mehr von denen sondern, aus denen die spätere Prämandibularhöhle hervorgeht (p. 187). Bei Chlamydo- selachus ist nach meinen Untersuchungen von einer PLATTschen Kopfhöhle nichts zu bemerken. Es steht also die Tatsache fest, daß bei einigen Selachiern eine derartige Bildung nicht vorkommt. Einige Forscher, die die Existenz dieses Somites theoretisch ver- wenden, führen diese Tatsache auf einen cänogenetischen Vorgang zurück. Ich halte dagegen, gestützt auf meine Befunde, die im folgenden beschrieben werden sollen, die „anterior head cavity“ für eine sekundäre Erwerbung. Sie scheint mir aus einem Divertikel der Prämandibularhöhle entstanden zu sein, welches sich in späteren Stadien abschnürt. Außer den Donrnschen Befunden spricht hier- für noch folgende Ueberlegung. Wenn die anterior head cavity ein selbständiges Mesodermsegment darstellte, so müßte zu ihr ein Nerv gehören, dem man sie zuordnen könnte, wie dies bei den übrigen Segmenten der Fall ist. Zu der PLAarrschen Höhle kann man jedoch keinen Nerv auffinden, und man müßte annehmen, daß er vollständig geschwunden ist; es ist aber nicht einzusehen, warum ein Nerv gar nicht mehr auftreten soll, während ein ent- sprechendes Segment noch erhalten ist. Durch die folgenden Befunde glaube ich einen Beitrag zur Frage Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 683 der PLArTschen Höhle geben zu können. Sie beziehen sich auf einen 7,78 mm langen Embryo von Spinax niger BonArP. und auf einen 22 mm langen Acanthias-Embryo. Den ersteren rekonstruierte ich graphisch, den letzteren graphisch und plastisch. Miß PLATT hat zwar eine größere Anzahl von Objekten untersucht (sie gibt an, daß sie nahezu 1000 Exemplare von Acanthias-Embryonen als Material gehabt habe), sie hat jedoch wenig Wert auf junge Tiere gelegt, da sie die Bildung der Augenmuskeln usw. untersuchte. Die beiden Stadien, die ich hier kurz beschreiben will, halte ich für sehr ge- eignet, uns einige Aufschlüsse über die Natur der vorderen Kopf- höhlen zu geben. Zum Vergleich zog ich aber auch andere Schnittserien heran; ich beschränke mich aber absichtlich auf die Darstellung meiner Befunde an den erwähnten beiden Objekten. Bei dem 7,78 mm langen Spinax-Embryo ist die PLATTsche Höhle weiter nichts als ein Fortsatz der Wand der Prämandibular- höhle, in dem sich ein Lumen befindet. Er ist keilförmig und reicht bis in die Ecke, die durch Gehirn und Augenblase gebildet wird. Ich habe einen Schnitt abgebildet (Taf. 35, Fig. 7), auf dem rechts der Prämandibularfortsatz mit der PrLarTtschen Höhle zu sehen ist. Die Schnitte sind in dieser Serie etwas schief ge- führt, so daß links schon der Anfang der Mundbucht auftritt. Auf anderen Schnitten hat die anterior head cavity zwar ein etwas größeres Lumen, doch immer bleibt sie in fester Verbindung mit der Prämandibularhöhle Taf. 35, Fig. 7 zeigt ferner die Prä- mandibularhöhle, die in diesem Stadium verhältnismäßig dickwandig ist, sowie die Mandibularhöhle, die beiderseits ein sehr großes Lumen besitzt. Auf der linken Seite ist auch der Anfang der Hyoidhöhle zu sehen; es ist dies der abgeschnürte obere Teil, den man als das dritte Van Wısuesche Somit bezeichnet hat (siehe unten). Vergleichen wir mit dieser Figur den Schnitt, der Taf. 55, Fig. 6 dargestellt ist. Er ist etwas weiter nach vorn gelegen und zeigt die mediane Verbindung beider Prämandibularhöhlen, die sich durch ihre enorme Dickwandigkeit auszeichnen. Ein Microcöl ist an der darüberliegenden Mandibularhöhle zu sehen, das unten noch ausführlicher behandelt wird. Es geht aber auch daraus hervor, daß wir hier ein Stadium vor uns haben, in welchem die Divertikel der Kopfhöhlen — und als Divertikel ist auch die Prartsche Höhle aufzufassen — noch nicht von ihrem Mutterseg- ment getrennt sind). 1) In der Rekonstruktion (Taf. 34, Fig. 2) habe ich die Prarrsche Höhle wegen ihrer geringen Größe nicht dargestellt. 684 Paul Brohmer, Wesentlich fortgeschritten sind die Kopfmesodermsegmente bei dem 22 mm langen Acanthias-Embryo, aber alle Bildungen, die wir hier vorfinden, lassen sich auf das eben beschriebene Stadium zurückführen. Es ist jetzt eine Sonderung eingetreten, wie sie DOHRN schon eingehend beschrieben hat. Wir treffen in Taf. 36, Fig. 23 die Prämandibularhöhle, an deren Außenseite die Prarrtsche Höhle als ziemlich solider Mesenchymzapfen liegt. Sie ist sehr dickwandig und zeigt nur ein kleines Lumen. Eine Ver- bindung mit der Prämandibularhöhle zeigt die „anterior head cavity“ nicht mehr, doch ist sie ihr eng angelagert; an verschie- denen Stellen scheint es allerdings, als ob die PLArrsche Höhle nach der Prämandibularhöhle hin keine eigene Wandung besitzt. Auf der rechten Seite der Figur umgreift die Wand der Prä- mandibularhöhle etwas die anterior head cavity. Ueber der Prä- mandibularhöhle befindet sich der Anfang der Mandibularhöhle, links mit einem abgeschnürten Divertikel. Dieser Schnitt stimmt seiner Lage nach mit Taf. 35, Fig. 6 überein, was daraus hervor- geht, daß wir uns auch hier in der Gegend der medianen Ver- bindung der Prämandibularhöh’en befinden. Im Gegensatz zu dem jüngeren Spinax-Embryo stellt also der Acan- thias ein Stadium dar, in welchem die Divertikel von ihrem Muttersegment abgelöst sind. Dieser ontogenetische Vorgang darf wohl als palingenetisch aufgefaßt werden. Bei dem Chlamydoselachus, der die primitivste Form der heute lebenden Haie bildet, ist keine PLArTtsche Kopf- höhle vorhanden. Es ist also anzunehmen, daß die Selachier ur- sprünglich keine „anterior head cavity“ besaßen, daß diese zuerst als Divertikel auftrat, welches sich später abschnürte und so den Anschein eines selbständigen Somites erzeugte. Durch diese Be- funde glaube ich hinreichend dargelegt zu haben, daß der PLATT- schen Höhle keine theoretische Bedeutung für das Kopfproblem zukommt. C, Die Mandibularhöhle und ihre Divertikel. Die Mandibularhöhle der Selachier hat eine ein- gehende Beschreibung durch DoHrn (1906) in seiner 23. Studie zur Urgeschichte des Wirbeltierkörpers gefunden. DoHRN geht jedoch von einem theoretischen Standpunkt aus, den ich nicht teilen kann. Er glaubt, daß die Mandibularhöhle durch Verschmelzung von 4 bis 5 Somiten entstanden ist. Die einzelnen Ausstülpungen, Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 685 welche die Mandibularhöhle auf gewissen Embryonalstadien treibt, erklärt er für Rudimente der ursprünglich selbständigen Höhlen. Gegen eine derartige Auffassung sprechen die Verhältnisse, die wir bei den Kopfnerven finden. Wenn man eine ursprüngliche Gliederung des Wirbeltierkopfes annehmen will, so muß man zu jedem Mesodermsegment einen Nerven zuordnen können. Diesen vergleichend -anatomischen Gesichtspunkt läßt DoHrn vollständig außer acht. Ich will im folgenden meine Befunde kurz wiedergeben. — Bei den älteren Embryonen beginnt die Mandibularhöhle vorn mit einem langen Mesenchymzapfen, der sich bis über die Prämandi- bularhöhle erstreckt. Das zeigte sich bei dem beschriebenen Chlamydoselachus und bei dem 22 mm langen Acanthias, den ich hier besonders berücksichtigen will (siehe die Rekonstruktion Taf. 34, Fig. 3). Der Mesenchymzapfen hat in seinem vorderen Teile keine feste Wandung oder scharfe Begrenzung, sondern bildet eine dichte Mesenchymmasse, die nach dem Auge hinzieht. Es ist also schon die Bildung eines Augenmuskels, des Musculus obliquus superior, eingeleitet. Der Mesenchymzapfen bildet verschiedene Divertikel, die in diesem Stadium vollständig abgeschnürt sind. Taf. 36, Fig. 23 ist ein solches Divertikel dargestellt; es ist ein Analogon zu der PLarrtschen Höhle und könnte mit demselben Rechte als selbständiges Somit betrachtet werden, wenn wir nicht seine Ent- wickelungsgeschichte kennen würden. Aus diesem Divertikel geht der Musculus rectus externus hervor. Bei Chlamydoselachus, der ein ähnliches Entwickelungsstadium repräsentiert, fanden wir die Anlage dieses Muskels auch, und zwar in einem etwas weiter ausgebildeten Zustande. Ueber die Entstehung des Divertikels der Mandibularhöhle gibt uns der junge Spinax-Embryo Aufschluß. Betrachten wir Taf. 35, Fig. 6, so sehen wir ein interessantes Verhalten der Mandibular- höhle auf der linken Seite des Bildes. Die dorsale Wand hat nämlich keine feste Begrenzung, sondern geht in eine dichte Mes- enchymmasse über, in der sich ein kleines Lumen befindet, ein so- genanntes Microcöl. Ich glaube, daß wir hier den Vorläufer des- selben Divertikels vor uns haben, das wir bei Acanthias abgetrennt vorfanden. In Taf. 35, Fig. 10 finden wir ein neues Divertikel der Man- dibularhöhle von Acanthias an der Stelle, wo die Mandibularhöhle in den eigentlichen Mandibularbogen übergeht; rechts sehen wir, wie die Wand der Höhle einen Fortsatz bildet, in dem abermals Bd. XLIV. N. F. XXXVII, +4 686 Paul Brohmer, ein Lumen vorhanden ist. Es ist leicht zu denken, daß sich dieses neugebildete Divertikel in einem späteren Stadium von seinem Muttersegment abschnürt. Zählt man alle Höhlen im Kopfe der Selachier als selbständige Segmente, so kommt man schließlich zu der Auffassung, daß bei älteren Embryonen mehr Segmente im Kopfe enthalten sind als bei jüngeren. Da wir ontogenetisch die kleineren Höhlen aus den größeren entstehen sehen, so müssen wir die Microcölen, deren größte die PrLarrtsche Höhle ist, als sekundäre Bildungen ansehen. D. Die Hyoidhöhle und das 3. Somit. Ein ähnliches Verhalten wie die PrArtsche Höhle und die Divertikel der Mandibularhöhle zeigt auch das sogenannte 3. Kopf- somit vAn Wısues. Nach der Auffassung seines Entdeckers und verschiedener anderer Forscher soll es ebenfalls eine selbständige Höhle darstellen, die einem Segment entspricht. Es hat keinen Zusammenhang mit der Pericardialhöhle und wird dennoch dem Mandibular- und Hyoidsegment gleichgesetzt. Als dorsalen Nerven rechnet ihm van WısuE den Glossopharyngeus zu. Durch die Annahme der Selbständigkeit dieser Höhle ist van WIJHE ge- zwungen, dem Vagus 4 Segmente zuzuschreiben, obwohl derselbe ontogenetisch nur aus 3 Wurzeln entsteht. Ich schließe mich der ZıEGLerRSchen Ansicht an, nach der dem vAN WısHueschen Segment seine theoretische Bedeutung für das Kopfproblem abgesprochen wird. ZIEGLER stützt seine Folgerungen auf die Befunde von BrAus (1899) (siehe die Rekonstruktion eines Spinax-Embryos, die ich in Textfig. 13 wiedergegeben habe), sowie auf die Rekonstruktion eines Torpedo aus dem Stadium I—K, die ich ausführte und die Herr Prof. ZIEGLER bereits in seiner Arbeit (1908) veröffentlicht hat. Ich kann durch meine Rekonstruktionen einen weiteren Beitrag — ich hoffe, den Abschluß — zu dieser Frage liefern. Vergleichen wir die BrAusschen Rekonstruktionsfiguren von einem Spinax (Textfig. 13) und einem Pristiurus (Textfig. 14), so fällt auf, daß bei letzterem ein van Wısuesches Somit vorhanden ist, bei ersterem nicht. Bei dem Spinax steht der Teil der Hyoidhöhle, der als „3. Somit“ gedeutet wird, mit der Hyoidhöhle in Kom- munikation, so daß sie nach vorn einen langen Fortsatz besitzt, ähnlich wie die Mandibularhöhle bei dem beschriebenen Acanthias- Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. 687 R.o.pr. Ir: F.Ac. Textfig. 13. Rekonstruktion eines Spinaxembryos (nach BRATs). al. 5.8. (t.) I Ty.3382 Ric: : F I I I l I | ' l I t \ j \ Mdh. | A. Prmd. | Textfig. 14. Rekonstruktion eines Pristinrusembryos (nach BRAUDS). Erklärung zu Textfig. 13 und 14. A. Auge. (y. Ciliarganglion. F.Ac. Facialis-Acusticus. Gl. Glossopharyngeus. 4y. Hyoidhöhle. Man. Mandibularhöhle Pi. PLATrtsche Höhle. Prmnd. Prämandibularhöhle. «Tr. Trigeminus. Vy. Vagus. 3.8. sogenanntes drittes Kopfsomit. 1, 2, 3, 4 Kiemenspalten. ti, u, v, w, x, y die letzten Kopfsomite. 44 * 688 Paul Brohmer, Embryo. Auch nach hinten treibt die Hyoidhöhle einen langen Zapfen, den BrAus als 4. Somit bezeichnet. Außerdem besitzt sie noch ein Divertikel. Vergleichen wir hiermit den etwas älteren Embryo von Pristiurus, so können wir uns leicht das gleiche Bild der Hyoidhöhle wie bei Spinax herstellen, wenn wir das 3. Somit mit der Hyoidhöhle verbinden. Offenbar hat sich dieser Teil von dem Hyoidsegment abgelöst; den Beweis dafür will ich unten er- bringen. Betrachten wir die Rekonstruktionsfigur des Torpedo-Embryos (ZIEGLER, Taf. 23, Fig. 1), so sehen wir die Hyoidhöhle ganz ein- heitlich, ähnlich wie die Mandibularhöhle, von keulenförmiger Gestalt. Von Ausläufern nach vorn oder hinten ist nichts zu bemerken. Diesen Zustand halte ich für den ursprünglichen. Die Hyoidhöhle stellt ein einziges Segment dar, dem der Facialis-Acusticus zugeordnet ist. Eine weitere Entwickelungsstufe der Hyoidhöhle zeigt der 7,738 mm lange Spinax-Embryo (siehe die Rekonstruktion Taf. 34, Fig. 2). Hier scheint wirklich eine selbständige 3. Kopfhöhle zu existieren, wenn man nur die Hohlräume und die von festen Wandungen umgebenen Mesenchymmassen berücksichtigt. Da sich aber die Wandungen der Segmente — wie das bei Chlamydoselachus beschrieben worden ist — in späteren Embryonalstadien an ein- zelnen Stellen in dichtes Mesenchym auflösen, so kann eine Unter- brechung eines Segmentes eintreten. Bei dem rekonstruierten Spinax ist dies geschehen; der obere Teil der Hyoidhöhle hat sich losgelöst und bildet eine scheinbar selbständige Höhle; beide Ab- schnitte sind aber noch durch dichtes Mesenchym miteinander verbunden. Die Betrachtung einiger Schnitte wird das Gesagte erläutern. Taf. 35, Fig. 7 zeigt 4 verschiedene Segmente im Sinne mancher Autoren, nämlich (von unten nach oben) die PrArTsche Höhle, die Prämandibular- und Mandibularhöhle und den Anfang der Hyoidhöhle, die wegen der schiefen Schnittrichtung nur auf der linken Bildseite zu sehen ist. Diese Höhle, die sich in Taf. 35, Fig. 8 bedeutend erweitert hat und die Mandibularhöhle an Größe übertrifft, ist das 3. Somit van Wısues. In Taf. 37, Fig. 21 sehen wir, daß das besprochene Somit auf der linken Seite schon voll- ständig geschwunden ist und nur noch durch eine kleine Mesen- chymanhäufung angedeutet wird. Auf der rechten Seite ist da- gegen noch ein kleiner Rest der Höhle erhalten, umgeben von einer nicht scharf begrenzten Mesenchymmasse. Einige Schnitte weiter erhalten wir aber schon ein Bild, wie es Taf. 37, Fig. 22 zeigt. Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 689 Wir sind noch in der Region des Spritzloches und sehen unter ihm den Mandibularbogen, der ein festes Segment bildet. Auf der rechten Seite befindet sich über dem Spritzloch nur etwas dichtes Mes- enchym, während die linke Seite den Anfang des zweiten Teiles der Hyoidhöhle zeigt, die hier zwar ein deutliches Somit bildet, aber nicht allseitig fest begrenzt ist. Wie aus der Rekonstruktion dieses Embryos hervorgeht (Taf. 34, Fig. 2), setzt sich die Hyoidhöhle nun ohne weitere Unterbrechung bis in das Pericardium fort. Ich glaube, hiermit den Nachweis erbracht zu haben, daß auch van WısHes 3. Somit eine sekundäre Bil- dung, und zwar der abgeschnürte obere Teil der Prmd.” 2 Mi Textfig. 15. Halbschematisches Bild zu der Rekonstruktion eines Spinax- embryo (Taf. 34, Fig. 3). F.Ac. Facialis-Acusticus. GI. Glossopharyngeus. Hy. Hyoidhöhle. Mar. Mandibularhöhle. 0. Ohrbläschen. Prmd. Prämandibular- höhle. 7r. Trigeminus. Vg. Vagus. 8.8. achtes Kopfsomit. Offene Kiemen- spalten schwarz, fehlende schraffiert eingetragen. Das Ciliarganglion ist weg- gelassen worden; vgl. Taf. 34, Fig. 2. 690 Paul Brohmer, Hyoidhöhle ist. Ich stimme also in bezug auf diesen Punkt mit der schon von ZIEGLER ausgesprochenen Auffassung (l. c. p. 663) überein. Ich glaube, daß durch den Nachweis der sekundären Bedeutung der PrATrschen und van Wisueschen 3. Kopfhöhle eine Schwierig- keit für die Lösung des Kopfproblems beseitigt ist. Bisher pflegte man alle Kopfhöhlen als selbständige Segmente aufzufassen, zu denen man oft keine zugehörigen Nerven finden konnte. Die Re- konstruktion des jungen Spinax-Embryo zeigt in typischer Weise die ursprüngliche Gliederung des Wirbeltierkopfes, wenn wir die noch nicht durchgebrochenen Kiemenspalten nebst den zwischen ihnen liegenden Mesodermsegmenten ergänzen (siehe Schema zur Rekonstruktion, Textfig. 15). Wir erkennen daraus, daß alle Seg- mente mit Ausnahme der Prämandibularhöhle mit dem Pericardium zusammenhängen; diejenigen „Somite“, die diese Kommunikation nicht besitzen, müssen als bedeutungslose Divertikel aufgefaßt werden. Nur die Prämandibularhöhle kann keinen Zusammenhang mit der Pericardialhöhle haben, weil sie durch die Mundbucht abgetrennt ist. Daß die Divertikelbildung etwas Sekundäres ist, wird noch durch meine Befunde an Chlamydoselachus bekräftigt. Außer einer kleinen Nebenhöhle der Mandibularhöhle zeigt dieser primitivste Selachier keine Divertikelbildung. Auch eine van WısHesche Höhle (sogenannte 3. Kopfhöhle) ist nicht vorhanden. Er zeigt, daß die ursprünglichen prootischen Kopfsegmente nur Prämandibular-, Man- dibular- und Hyoidhöhle sind, denen Ciliarganglion, Trigeminus und Facialis-Acusticus zuzuordnen sind. Fassen wir die Resultate dieses Kapitels kurz zusammen. 1) Die PrLAarrtsche Kopfhöhle ist bei manchen Selachiern (Chlamydoselaches, Torpedo) nicht vorhanden; bei den übrigen Selachiern ist sie den Divertikeln vergleichbar, die von der Mandibularhöhle aus ent- stehen und später abgeschnürt werden. Für das Kopfproblem haben alle diese Divertikel keine Be- deutung (Gegensatz zu DoHRN, KILLIAN u. a.). 2) Das 3. Kopfsomit van WIJHES ist der obere Teil der Hyoidhöhle. In jungen Embryonalstadien bilden beide eine einheitliche Höhle, später schnürt sich der obere Teil ab und bildet ein scheinbar selbständiges Somit, das aber theoretisch zur Hyoidhöhle zu rechnen ist. Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 691 Literaturverzeichnis. 1) Barrour, F. M., A Monograph of the development of Elasmo- branch fishes, 1878. 2) Bearv, J., The system of branchial sense organs and their associated ganglia in Ichthyopsida. Studies from the Biolog. Laborat. of Owens College, Manchester 1886. 3) — The ciliary or motoroculi ganglion and the ganglion of the ophthalmicus profundus in Sharks. Anat. Anz, Bd. II, 1887. 4) — The transient ganglion cells and their nerves in Raja batis. Anat. Anz., Bd. VIII, 1892. 5) — The history of a transient nervous apparatus in certain Ichthyopsida. Part. I. Raja batis. Zool. Jahrb., Abt. f. Morph., Bd. IX, 1896. 6) — On the disappearance of the transient nervous apparatus in the series: Scyllium, Acanthias, Mustelus und Torpedo. 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Musculus rectus inferior R.hy. Ramus hyoideus R.md. Ramus mandibularis R.mx. Ramus maxillaris R.o.s. Ramus ophthalmicus super- ticialis R.o.pr. Ramus ophthalmicus pro- fundus Sg. Sinnesgrube Sl. Sinneslinie Spr. Spritzloch Thy. 'Thymusdrüse Tr. Trigeminus Vg. Vagus Vg,, Vg9, ete. Vagusäste d.W. dorsale Spinalwurzel v. W. ventrale Spinalwurzel I, II ete. Kiemenspalten * Ciliarnerv. Tafel 34. Nerven gelb, Mesoderm rot. Big. Körperlänge. Rekonstruktion eines Ohlamydoselachus von 25 mm Die Nervenmassen sind gelb schraffiiert dargestellt. Diese Figur ist — besonders in bezug auf die oberen Kopfhöhlen — halbschematisch. In Wirklichkeit würden Auge, Prämandibular- und Mandibularhöhle zum Teil aufeinander fallen. Der Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus ete. 697 Fig. 2. Rekonstruktion der Kopfnerven und Mesodermsegmente eines 7,78 mm langen Spinax-Embryos. Vgl. das Schema Textfig. 15. Fig. 3. Rekonstruktion der vorderen Kopfhöhlen und Ganglien eines 22 mm langen Acanthias-Embryos. (In Fig. 2 und 3 sind der Klarheit halber die Nervenäste teil- weise fortgelassen worden.) Fig. 4 Die Thymus eines 4,5 cm langen Spinax-Embryos. Man sieht die Muskelzüge, die durch die Thymusdrüse ziehen. Tafel 35. Nerven gelb. Fig. 5. Querschnitt durch Chlamydoselachus in der Gegend der medianen Verbindung der Prämandibularhöhlen. Ganglion ciliare. Nervenknötchen des Oculomotorius an der Prämandibular- höhle. Ektodermverbindung des Ramus buccalis. Vorderende der Chorda. Fig. 6. Querschnitt durch Spinax niger von 7,78 mm Länge auf derselben Höhe wie Fig. 5. Mandibularhöhle mit Divertikel. Fig. 7. Querschnitt durch Spinax 7,78 mm. Man sieht rechts die PLarrsche Höhle, darüber Prämandibular- und Mandibularhöhle, links den Anfang der Hyoidhöhle („3. Somit“). Fig. 8. Querschnitt durch denselben Embryo mit Mandibular- und Hyoidhöhle. Fig. 9—12. Querschnitte durch einen Acanthias von 22 mm Länge. Fig. 9. Ueber der Mandibularhöhle liegen abgeschnürte Diver- tikel. Ende der Prämandibularhöhle. Fig. 10. Uebergang der Mandibularhöhle in den Mandibular- bogen; Bildung eines Divertikels (rechts). Austritt des Facialis- Acusticus. Fig. 11. Das epibranchiale und laterale Kiemensinnesorgan an der 2. echten Kiemenspalte. Innervierung derselben durch den 1. Vagusast. Fig. 12. Das Ende der Sinneslinie; links ist der Kanal noch offen, rechts geschlossen. Datel 86 .und 37. Fig. 13—20. Querschnitte durch einen Chlamydoselachus von 25 mm Länge. Fig. 13. Anfang der Prämandibular- und Mandibularhöhle. Innervierung einer Sinnesliniie durch den Ramus ophthalmicus superficialis. Fig. 14. Die Anschwellung des Oculomotorius an der Wand der Prämandibularhöhle; der Ramus ophthalmicus profundus. Der Anfang der Mandibularhöhle. Fig. 15. Der doppelte Austritt des Facialis-Acusticus. Der Mandibularbogen mit dem Ramus mandibularis. 698 P. Brohmer, Kopf eines Embryos von Chlamydoselachus etc. Fig. 16. Die ventrale Wurzel des Glossopharyngeus. Fig. 17. Histologisches Bild zu Fig. 16. Dieselbe Wurzel stärker vergrößert. Fig. 18. Austritt des Glossopharyngeus. Endigung des Ramus hyoideus an der embryonalen „Sinnesgrube“. Fig. 19. Erste Vaguswurzel mit ihrem lateralen Ast. Erste echte Kiemenspalte. Mesodermmassen über und unter dem Vagus. Fig. 20. Dritte echte Kiemenspalte. Rest der Ganglienleiste. Verbindung der unter und über dem Vagus liegenden Mesenchym- massen. Fig. 21—22. Querschnitte durch Spinax von 7,78 mm Länge. Fig. 21. Facialis-Acusticus. Ende des „3. Somits“; an seiner Stelle nur noch Mesenchymanhäufung. Fig. 22. Links Anfang der eigentlichen Hyoidhöhle. In beiden Figuren unten der Mandibularbogen. Fig. 23. Querschnitt durch Acanthias. Prartsche Höhle. Mandibularhöhle mit Divertikel. Fig. 24. Schnitt durch die Kiefergegend von Chlamydoselachus. Man sieht ein Ektodermästchen, das sich an der Abzweigungsstelle vom Ramus ophthalmicus superficialis und Ramus buccalis abzweigt. Fig. 25. Ein Ektodermästchen des Ramus buccalis bei Chlamy- doselachus. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 3476 Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV Sterling gez. Lith.Anstv.KWesser, Jena. Verlag v. Gustav Fischer, Jena. > y = DR ” 2 j F t j . * 4 . _ Fa u ug — — — 2 $ Zn E - . Jenaüsche Zeitschrift Bd.XLIV. Sterling gez. Taf 11. 5 = o bm | N = Eo9 I Ba: / | \® .) "> Sgso CHE H | 23 Oo de o Fig. I. | LitklAnstvKWesser,Jena. stav Fischer, Jena. a Fig. 39. LınAnsenKWensor, Jana. 4 Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV. N _ Sterling £ez. Verlag v. Gust Lith. Anstv.KWesser, Jena. scher, Jena. _.Mmesz Lith Anstv.K.Wesser Jena. - Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV. Sterling i 2 erling gez Verlag Pe: Eyet Lith Anstv KWesser ler ker, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV. Tafı 13. CR 7 (a > ES N .@ ) I I} / U - 7 > @ a am! Fig. 29. fear ers Verlag v. Gusta Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV. Sterlind gez. | .. Verlag v.Gusti T ‚Jena. Lith.AnstvK.Wesser, Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV. Fig. 40c. _— Benno Verlag v- Gustav Lith AnstyK.Wesser, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV. Sterling gez. “ Verlag ıstav Fischer, Jena. < x f \ ' fi ’ ’ ‘ U ' x " Di X Lith.Anstv.KWesser,Jena. „> T = Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV. u Tafı 16. au 5 dmf Verlag v Fischer, RR Lith Anstv.KWesser, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV. Sterling gez. & 5 u \ En a || Indian wen 4 WETTER TEE nen ustav Fischer, Jena. Lith.Anstv.KWesser, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd.XLIV. il Fig. M 1. A Lich. Anstv.KWesser, Jena. Verlag “Gustav Fischer, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd.ALIV. Sterling gez- Taf 77. Lith Anstv.KWesser, Jena "Gustav Fischer, Jena. Jenaische Zeitschrift Bd.AXLIV. Taf 17. Lith AnstvKWesser, Jena Verlag v. Gustav Fischer, Jena. Sterling gez. terling Bez. Jenaische Zeitschrift Bd. XLV. nn Taf 18. Sterling gez. Verlag v. Gustav Fischer, Jena Tafı 19. Fe Lith.Anstv.KWesser,Jena DEE Eee EB esse Set enger Bene Verlag v Gustav Fischer , Jena. LithAnstvKWesser, Jena TE nn ne - u “ wer Taf. 20. Fig. Lith Anstv.KWesser, Jena. ') N 3 En RR) Y BE; Ah A Y 0" \aylnhdaVh H 2 27 2220 i = 222 BRITEN EBOLEL Hurt 407 PERRELLEL Fr ‚ .: len wir Piz We ans EZ A ds dA ÄLLEL LEER TLRRLLFER ı h Be ddteddaddsadi rt I r TR ee EEE ' ee 1} te, ... De | Kt LER ’ an he, " a eh LET „re, I. } A 9 a ; Fig. 1. 285 Jane” ae‘ N = auplul IM LAU LUD 2 £ ii) I AND SR nl OT a KH T—°——___NISS a- na We NR r © = - _—— MM 5 \ - a ee Er ! — —_ Ss = - £ j —— N HRCHER VEAAUÄRR LEE, 4040 2 ı 11141 Bl 10 IE 110 0XL £27 Sn er — wen 2 PRIROH LIEFERT ö y % ce C Lith Anstv.KWesser, Jena. Verlag v. Gustav Fischer, Jena. be ! h. D I ne Ju I u . R Die ran E 4 “ i ‘ — — —— dx . {I x | des Arts gez. ‚ F Lith.Anstx.KWesser,Jena sit 8 Verlag von Gustav Fischer in Jena. “ ’ = zu mr \ SR fa =} \L) X My il \ \ 5 rn LEER =Q . „ ‚ PAR FT TITLE LISTEN 7 ‚ Our ar d.u.m. Jenaische Zeitschrift Bd.XLN. Verlag von Gi 1 des Arts gez. 2 a] Lith.Anstv.KWesser, Jena. ischer in Jena. Verlag von Gustay Fischer in Jena. Taf 22, Lith.Anstv:KWesser, Jena. ven u) A, 2 h \ en ee ee : RER ng | Jenaische Zeitschrift Ba.XLMW. des Arts gez. L LTE ————— i 2 Bd >= ah HR? 170: Fig rg: Se r,Jena. Lith.Anstv.KWesse 29. 19. F Fischer in Jena. v ıD> FE f el Lith.Anstv.KWesser,Jena. Ü & © => {27 .Ä u © E=1 Oo a [2% 8 > > 2 on & & > —_ Pre ar Zieltuske. gez. Emz nn Mess | | | | | | Lith. Anst v. Johannes Arndt, Jena. Ban. i Mess 140 von Gustav Fisch d Lith. Anst v. Johannes Arndt Jena “ Jenaische Zeitschrift Bd. XLIV. Ep: “ TREII I a. Cölw------- ci — NephR Bm Mest VG NephR ee Zieimska gez. — DW et FUTT 0) u = RR ‚u_87: 2 au © 2 Am Littu Anst.v. Johannes Arndt, Jens R nn =\ ’ 9890 Obaal 0 IN. all v4 Eh Ay) dindb' IHN Lith. Anst v Johannes Arndt, Jena Jz Bm l Veph R v6 Mest von Gustav Fischen in Jena. Jenaische Zeitschrifi Bd. XLV. ska, gez elin i IN Taf. 26. II | SO USE 3847 Yogeo ‘ De : Ri BIKE NIEREN N — u "Per cher in Jena. Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena, a F- % i x AR S/ ___& 1 SZ “ Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena Jenaische Zeüschrift Dd. ALWV. Tr Im ONE DRS 24 >= = Fa TE Di DD 2 ® ı Peiß\an a SE BM-- NE v6 Gus N Verlag von Zielinska. gez. i Hi } ’ I E 1 ö > | 1% \ I), | n% a Y ” N 1 2 Im Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena. — Per -——---—— SE, 32005 INES 0% © X SL Yo Be her in Jena. Lith Anst.v. Johannes Arndt Jena. Verlag von GustayöH] nz I: [Omi Am Lm Bam.i Bam.a Dis“ L Zielmska, gez; Lat. Anst.v. Johannes Arndt, Jena. | en in » — nn IE - Er Me & ; i e ‚on Gustaw ‚Jenaische Zeischrift Bd. XLIV. T; Er F 14. Verlag von Gustav Tak, 29. hph ai Lith. Anst,v. Johannes Arndt, Jena geh mus hm, „ von Gustav Fischer in Jena. Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena ‚at = 4 dp Fig. 10. zur ‚2; Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena v. Johannes Arndt, Jena Verlag von Gust4 Jenaische Zeitschrift Bd. ALWV. 18 bls anık Fig. 20. Eier N, SITENDE Verlag von “ | —— — ischer inJena. - Lith. Anst.v Johannes Arndt, Jena ü Denn Jenaische Zeitschrift Ba. XLWV. eelellı el u FARBE) FAR THERHRAAAARAR N danaanesg st re) EEE! Fig. 23. a lade DENT N 00% Verlag von Gus er geze nberg ; PRE Zild Kr 32. . . Taf U. -sperm Fig. 30. + v. Johannes Arnd y T th. Anst E1 ı L fischer in Jena. SG 5 ee 67 = LE 2850 ec) 255957 > 77 c = e) 3 a 9, £ ” s 3 : 9 Oo ° RER A wnh © J y N R of % oo e-) o ge ”£ KR E) El = = a = rl 8 Fer 20052 7, BE, m fh Ve Fig. 30. Lith.Anstw. Johannes Arndt, Jena — nn — — Taf. 33. Lith.Anstv.KWesser, Jena. Typ 8 Jenaische Zeitschrü Janeck gez. Jenaische Zeitschrift Ba.XLM. Br = i Taf: 33. EEE ER CH Litk.Anstv.K Wesser,Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena. Taf. 3%. fenaische Zei x Re Re en Obl.s Prmdh Obl.inf. - _ Rinf -" Mdb. ------ -- Acanmtlir 3 22 mm 18 ER Gls-- | Be... Thy Re ( | Jenaische Zeitschrift Ba. XLIV I | Prmdh Prmdh Obl.int. RR. inf‘ * Gustav Fischeı Brohmer gez F % m. R LIE ohmer gez. Lith. Anst.v. Johames Arndt, Jena R 25 4 S - >. .uL Par .. .. = .- . . ._ = Se, \122 5 \ 2 or en 2] { 8 > vi .. / 4 En . = Ch - mul, 0m ge x = ..; -| lo; a a; A BI TE 1 Pc — /00| - it #=Z2 Fe No ne m! 42% We [ve8 NAT zes] Van ZA um | /on# & In 1% .. v 4 " er - Y #4 5 , g eu ı ei AENEN \ " « nn x v _ NN ‘® "emalage f \ ! » he NR Wr A Hr, x n \ ar A} vott i Kae) u Be E KIKV \ ‘ h ’ r re Se L i . a, ! ” wR „© x ‘ u“ N» a Lith. Anst.v. Johannes Arndt, Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena. 3. Chlamydoselachus, 6-8 Spinax, 9-12 Acanthias. a x - 302 = =: & . x F. EIRAC 19. ITME = (rl CIE Hyh Brohmer aez Lit. Anst.v. Johannes Arnd ze a: E « D Litk.Anst v Johannes Arı r = p rue | u ”: e; . ’ ».._ » rc ee eg f DDP —— m ln in inner | me, Anne nen ee en oe Brohmer ‚gez. rlag von Gustav Fischer in Jena. { hKlamnmdnsrlarhns Lith. Anst.v. Joha Anes Arndt Jena Tena., Arndt, Lith. Anst.v. 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MUT AOL EU I AR Antik, IR ATI EUR ALTER NER 4 wart DRAN res ngralnra] m NO UN DRIN NER SUR Wh BA NEUER 0 Sad DR BE a rd NR en no DEU NENNUNG KALTRURTT KRURE RT A IL En u MlSat Nun AR UN ae, x oe Men ARE na RER UN KH MAL LA EN KDPI RE Kar hrih BREI P nk Lan Ah DYoLn DAT G RA NR DA ANA TOT RER DRTLURRT RHE Naea Mr VAL, Our Nun RE Ar a ana ne RUN RUE HEN WAHR N MUS BE arte E EC tL tn N NA HNNSTNG. AS Armee Rd RENNER una er en ne ANA } n alt VE EU ENDE FA An, NEN an VERRTTER ENUIEE RZE NER erh hab anal 018 Kae a NEN ENTER AN A Dan RN EEE A ’ NEN AN RN EURE NEREDA LAUNE UN RBR huy Sand MATTE VERS ENRÄen ZUR it RULES OA NE h UNE REINE NA ER SRLELLN kr HEUER) irhishh. DR Re | ER EEE LEERE N RR DURCH CARL PL DS Be UL LIR BER IE TUR DE Dar DEE ER. DIE PERSRERE TEE BT FAHREN RUE LIE PEL ALTES IE. 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