JOURNAL I f / für ORNITHOLOGIE. BIN BENTRALOUUAN für die gegammte Ornithologie. Zugleich als Fortsetzung der Zeitschrift Natittiamiia. In Verbindung mit Dr. B. Ältum, F. W. Baedeker, Prof. Dr. J. H. Blasius, Justitiar F, Boie, Pr. C. Bolle, ’St.-Rath Academ. Prof. Dr. Brandt in Petersburg, Pastor Dr. Gh. I. Brehm, Prof. Dr. H, Burmeister in Buenos-Ayres, Dr. 0, W, L Gloger. Bar. Eug. v. Homeyer, Pr.-Lieut. Alex. v. Homeyer, Dr. G„ Hartlauo, Prof. Dr. J. Kaup, Kainmerherr Bar. R, V. Rönig-Warthausen, Pfarrer W. Paessler, Hof-R. Prof. Dr. L. Reichenbach, Prof. Dr. H. Schlegel in Leiden, Prof. G„ J. Sundevall in Stockholm, Prinz Max von Wied zu Neu-Wied, und andere Ornithologen des Inlandes und Auslandes. li e raus gegeben von Dr. Jean Cabanis, ■>? erstem Custos am König!. Zoolog. Museum der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. und Dr. Ed. Baldamns, Pfarrer zn Osternienburg bei Cölhen, Secretair der deutschen Ornithologen -Gesellschaft. X. Böljnjantj 1862. LONDON, UHlliotns & Itorqntf, 14, lenmtta dtmt, ®oofntqarbftt. 1. ißnillim, Kfijftt - jtr. 219. Cassel» 1§63. Verlag von Theodor Fischer. PARIS, X Brandt, m tlidjdmt, 67. 3.-0. 0aiUtm, ^nutcfcttillc 19. Liebr.d.l’aCad. nat.de niedec. NiW-YORK, 0. KUfftenmuttt & ß. 0nillicre, 0voobwnn, 440. j % Inhalt des X. Jahrganges. I. Heft, No. 55. Original-Aufsätze : 1. Die Balearen. Yon Alex, von Homeyer - . . . 1 2. Beiträge zur Ornithologie Nord-Ost-Afrika’s. Yon Dr. Th. v. H e ugl i n (Fortsetzung vom November-Heft 1861, S. 417—432.) 24 3. lieber die nordischen Jagdfalken. Yon Prof. Dr. J. H. Blasius 43 4. Die Yertheilung der Psittaciden über die Inseln des ostindischen Archipels. Yon H. von Rosenberg 59 literarische Berichte: 5. Filippo de Filippi, über einige Yogel-Milben. Aus dem Italie- nischen von Dr. R. Albrecht 69 Briefliche Mittheilungen* Oekonomisehes und Feuilleton : 6. Aus meinem Tagebuche. Yon Dr. Th. Kriiper 72 7. Der Brillenalk, (Plautus impennis) in Europäischen Sammluugen, Yon W. Preyer - • . . . 77 UTachrichten : 8. An die Redaction eingegangene Schriften 79 9. Berichtigungen zu dem Aufsatze: „Entdeckung der Nester des Seidenschwanzes etc.“ 80 II. Heft, No. 56. O riginal-Aufsätze : 1. Zusätze und Berichtigungen zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ (Fortsetzung.) Yon Dr. J. Gun dl ach 81 2. Zur Naturgeschichte des Girlitz, fringillaserinus Lin. Yon Alex, v. Homeyer 97 IY 3. Noch etwas über den Girlitz. Von- Dr. Carl Bolle 106 4. Ueber Plautus impennis Brünn. Von William Preyer . . . . 110 5. Beitrag zur Fortpflanzungsgeschichte des Tannenhehers, Nucifraga caryo catactes. Von E. Schütt 125 Literarische Berichte: 6. W. Me wes. Die röthliche Färbung bei Gypaetus barbatus, Yon Dr. Gloger 128 7. W. Me wes. Die rostig-braunen Bückenfedern des Kranichs im Sommer. Yon Dr. Gloger 132 Briefliche Bittheilangen, Oekonoinisches und Feuilleton: 8. Aufforderung zu Beobachtungen über die Wanderungen der Kra- niche. (Auszug aus einem Briefe des Prof. C. Sundevall in Stockholm an Prof. W. Peters in Berlin.) 134 9. Der Kehlsack der grossen Trappe, ( Otis tarcla). Yon Alfr. Newton 135 10 Ueber das Athmen des jungen Yogels im Ei. Yon A. v. Horn ey er und P. Kössler , . . 153 11, Joh. Heinr. Christ. Friedr. Sturm. Nekrolog. Yon Dr. H. Hauck 157 ATaehrichten : 12. An die Redaction eingegangene Schriften 160 III. Heft, No. 57. Original- Aufsätze : 1. Uebersicht der im Berliner Museum befindlichen Yögel Costa Rica’s. Yom Herausgeber 161 2. Zusätze und Berichtigungen zu den „Beiträgen zurOrnithologie Cu- ba’s“. Yon Dr. J. Gun d lach 177 literarische Berichte: Zur Ornithologie Jamaika’s. Yon Dr. R. Albreclit 192 Briefliche Mittheilungen, Oekonomisches und Feuilleton : 4. Notiz, Alca impennis betreffend. Yon Dr. Carl Bolle .... 208 Ueber Bastardbildung. Yom Rector Dr. Sommer. (Mitgetheilt durch Prof. W. Peters.) 209 6 Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze: Auch ein Wort über das Meckern d. Bekassine v.B . Borggreve. Yom Pfarrer J. Andr. Jäckel 212 7. EinCuriosum in Betreff einer Nistweise. Yon W. H. Trinthammer 222 8. Tagebuch-Notizen während eines ornithologischen Ausfluges auf der hohen Tatra i. d. Monat. Juli u. Aug. 1861. Von ErnstSehauer. 223 UTaehrichten: 9. An die Redaction eingegangene Schriften 240 V ■ JE. IV. Heft, No. m Original-Aufsätze: L Die Baleären. (Fortsetzung.) Yon Alexander von Homeyer . . 241 2. Beiträge zur Ornithologie N.-O.-Afrika’s. (Fortsetzung s. Jan. -Heft.) Yon Hof-Rath Dr. Th. v. Heuglin. 285 Literarische Berichte: 3. Bemerkungen und Berichtigungen zu dem Berichte: „Ueber Sunde- vall’s ornithologisches System.“ Yon Prof. Sun dev all .... 307 Briefliche Mittheilungen, Oehonoinisches und Feuilleton: 4. Das naturhistorische Museum der Otto’s -Universität zu Athen. Yon Dr. Th. Krüper 311 Nachrichten : 5. An die Redaction eingegangene Schriften 320 V. Heft, No. 59. Original- Aufsätze : 1. Uebersicht der im Berliner Museum befindlichen Yögel von Costa Rica. (Fortsetzung.) Yom Herausgeber 321 2. Ueber Plautus bnpennh. (Schluss) Yon William Prey'er. . . 337 3. Anthus Berthelotii , eine neue Pieperart. Aufgestellt von Dr. C. Bolle 357 4. Ornithologische Notizen über Griechenland. Yon Dr. Th. Krüper. 360 Literarische Berichte: 5. De Yogels vanNederland door H. Schlegel. Yon Dr. E. Baldamus 379 6. Ch. F. Dubois, Oiseaux de la Belgique etc. Yom Herausgeber. . 382 Briefliche Mittheilungen« Oehonoinisches und Feuilleton: 7. Picus numiclicus im Münsterlande erlegt. Yon Dr. Al tum . . . 382 8. Beschreibung seltener Drosseln. Yon Dr. Ludw. Brehm .... 384 9. Tagebuch-Notizen, während eines ornithologischen Ausflugs auf der hohen Tatra in den Monaten Juli und August 1861. Yon Ernst Schauer 392 Nachrichten: 10. Ornithologen- Yersammlung 399 11. An die Redaction eingegangene Schriften 400 VI VI. Heft, No. 60. Original-Aufsätze : 1. Beiträge zur Ornithologie N.-O.-Afrika’s. (Siehe Juli-Heft und Ja- nuar-Heft 1863, Seite 285. Von Hof-Rath Dr. Th. von Heuglin. 401 2. Hie Balearen. (Fortsetz.) Von Alexander von Homeyer . . . 417 3. Ornithologische Notizen über Griechenland. (Fortsetzung.) Von Dr. Th. Krüper 435 literarische Berichte: 4. Die Versammlungen der Ornithologen Mecklenburgs 449 Briefliche Mittheilungen; Oekonomisches undFeuilleton: 5. Notiz zu Alca impennis. Von Alexander von Homeyer . . . 461 6. Ueber eine kleine Vogelart der Familie der Ploceiden, Estrelda malanorhyncha , in der Umgegend von Alexandrien geschossen. Von Marchese 0. Antinori 462 7. Tagebuch-Notizen während eines ornithologischen Ausfluges auf der hohen Tatra, in den Monaten Juli und August 1861. Von Ernst Schauer 463 8. Zur Synonymie einiger Pipilo- Arten. Vom Herausgeber .... 473 Nachrichten: 9. Vakante Conservator-Stelle 474 10. Berichtigungen zu der Mittheilung: „Der Kehlsack der grossen Trappe (Otis tarda.) 474 Das 6. Heft des IX. Jahrganges erscheint in aller Kürze . Ausqeaeben am 17. März 1862. JOURNAL ORNITHOLOGIE. EIN CENTRALORGAN für die gesammte Ornithologie. Zugleich als Fortsetzung der Zeitschrift Naumannia. In Verbindung mit F. W. Baedeker in Witten a. R., Prof. Dr. J. H. Blasius in Braunschweig, Justitiar F. Boie in Kiel, Dr. C. Bolle in Berlin, Staats-Rath Aca- demiker Prof. Dr. Brandt in Petersburg, Pastor Dr. Ch. L. Brehm, Prof. Dr. H. Burmeister in Buenos-Ayres, Dr. Gloger in Berlin, Bar. Eug. y. Homeyer, Dr. Hartlaub in Bremen, Dr. Kaup in Darmstadt, Kam- merherr Bar. R. y. König-Warthausen tn Württemberg, Pfarrer W. PaeSSler in Anhalt, Hof-Rath Prof. Dr. L. Reichenbach in Dres- den, Prof. Dr. H. Schlegel in Leiden, Prof. C. J. Sunde- Vall in Stockholm, Prinz Max Von Wied zu Neuwied, u. A., h e r a u s g e geben von Dr. Jean Cabanis, erstem Custos am KÖnigl. Zoolog. Museum der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und Dr. Ed. Baldamus, Pfarrer zn Osternienburg bei Cöthen, Secretair der deutschen Ornithologen- Gesellschaft. Heft I. X. 3al)rgcmg: Januar 1862. Cassel 1862 Yerlag von Theodor Fischer. LONDON, MUtüttttitB & Kl or gute, 14, Ajenriettn .Street, douentgarbett. fij. jßaiUaire, ttegent-5tr. 219. PARIS, X Jratttk, rue Uidjeltett, 67. 3.-ß. ßailltere, ^autefenille 19. Liebr.d.l’acad. nat.de medec. NEW-YORK, ß. Deftermnmt & do. fij. MUiere,^Broolitöatj, JOURNAL für ORNITHOLOGIE. Zehnter Jahrgang. N° 55. Januar. 1862. Die Balearen. Yon Alexander von Homeyer, Premier-Lieutenant im Schlesischen Füselier-Regiment No, 38. E inlei tung. Mir ist es eine Gewissheit geworden, dass alles Das, was in der Jugend so recht lebhaft erfasst und in sich aufgenommen wurde, während des ganzen Lebens vor Augen bleibt; — man trägt es als ein Bild in sich, mit dem man sich gern beschäftigt. So ist es wenigstens mir stets und ins Besondere mit den Bale- aren ergangen, welche ich nie aus dem Gedächtnisse verlieren konnte, nachdem mein geographischer Lehrer Herr Wilhelm von Malachowski*) für sie ein so warmes Interesse zu erwecken gewusst hatte ; das herrliche Clima, Orangenhaine, Palmenwaldungen, das waren die Saiten, welche im jugendlichen Herzen Anklang fanden. Später, als ichanhng, die Journale für Ornithologie zu studiren, wurde das Interesse von Neuem wach, indem die wissenschaftliche Theilnahme hinzukam ; denn ich ersah, dass sowohl die spanischen Naturforscher, wie der sonst um die Ornithologie Hesperiens so hochverdiente Dr. Alfred Brehm von den Balearen nur im unsichern Tone sprachen: es sollte, könnte, möchte sein, oder dem Vermuthen nach u. dergl. m. So reifte denn der Entschluss, die Balearen zu besuchen, im- mer mehr, bis er Ende März 1861 zur Ausführung gedieh. *) Zur Zeit Bataillons-Commandeur im 19. Infanterie-Regiment. Jo um. f. Ornith,, X. Jahrg., Nr. 55, Januar 1882. I 2 Alex. v. Homeyer: Indem ich hoffe, dem ornithologischen Publikum durch eine Mittheilung meiner dort gesammelten Erfahrungen einen nicht un- willkommenen Beitrag zu liefern, füge ich gleichzeitig die Bemer- kung hinzu, dass ich denselben ins Besondere meinem, um die Ornithologie so verdienten Freunde Carl Bolle gewidmet wissen möchte und diesen hiermit auffordere, den Beweis meiner auf- richtigen Hochachtung darin zu erblicken. — Dem Plan gemäss, welchen ich mir vorgezeichnet habe, wird diese Arbeit in folgende Abschnitte zerfallen: I. Allgemeine Ver- hältnisse. — II. die Sommervögel der Balearen. — III. Skizzen. I. Allgemeine Verhältnisse. Die zwischen Frankreich, Spanien und Nord-Afrika mitten im Mittelmeer gelegene Inselgruppe der Balearen hat die Grösse von circa 82 1 □Meilen. Mallorka, die grösseste dieser Inseln mit einem Flächenraum von 60 DMeilen, liegt südlich des 40. Breitengrades zwischen dem 20. und 21° östlicher Länge; Menorka, die 2te Insel 12 DM. nordöstlich davon, circa 7 Meilen entfernt, der Länge nach durch den 40° der Breite durchschnitten, östlich durch den 22° begrenzt. Das kleine Dragonera liegt dem Westcap Mallorka’s vorgeschoben, Cabrera und Conejera 3 Meilen südlich Mallorka’s und Isla de Layre dem Südcap Menorca’s vorgelagert, übrigens kleine unbedeutende Inseln, wovon Cabrera die grösseste, Layre die kleinste ist. Der Karakter der Balearen im Allgemeinen schliesst sich vollkommen an den Totalkarakter des Mittelmeerbeckens an, vor allem an die benachbarten spanischen Küsten: kahl und öde, wo es trocken, üppig, wo es feucht ist. . Die Balearen sind Felseninseln, vor allem Dragonera und Ca- brera; Menorka ist ein mit Steinen überschüttetes Höhenplateau oder schroffes Hügelland, Mallorka eine Felsengebirgsinsel, denn fast 2/s des gesammten Flächenraumes nehmen Felsengebirge ein, den nordwestlichen, wie den südöstlichen Theil so durchzie- hend, dass der 3te Theil der Insel als ziemlich fruchtbares Acker- land mitteninne liegt. Die Gebirge sind vorzüglich plutonischen Ursprungs: Wild- heit, Steilheit und Zerrissenheit ist ihr Karakter; ihre For- men bekunden den Granit und Gneis, zahlreiche Tropfsteingrotten wie mitgebrachte Versteinerungen den Kalk, welch letzterer auch bisweilen durch Dolomit vertreten ist. Dabei steigen sie oft sehr Die Balearen. 3 steil an der ganzen Nordwestküste Mallorka’s, dem wildesten Theil der Insel, wie auch bei Arta direkt aus dem Meere hervor, mit einer Kammhöhe von wohl 2500 Fuss. Während viele Gipfel die Höhe von fast 3000 Fuss haben, steigt der höchste Berg der Puig de Torella zu 4400 Fuss an. Das vorgeschobene Dragonera scheint nur von Mallorka los-’ gerissen zu sein, die kahlen Felsen haben ganz das Ansehen des gegenüberliegenden Cap Ceroser; in demselben Verhältnisse steht Isla de Layre zu Menorka, während Cabrera und Conejera ins Meer hinausgeschoben sind ; den Karakter der steilen Küstenpar- tien Mallorka’s tragen auch sie vollkommen. — Diese Felsgebirge, mit welchen wir es auf den Balearen zu thun haben, sind wirklich äusserst karakteristisch mit ihren zacki- gen Formen, ihren kahlen Gipfeln, steilen Abhängen, tief einge- schnittenen Schluchten und Steingeröll-Plateau’s : wild, aber auch lieblich, malerisch möchte man sie aus der Entfernung, öde, trau- rig, leblos in der Nähe, nennen. Sie tragen ganz das Gepräge der östlichen Küstengebirge Spaniens, wie der nördlichen Partien Algiers, wie der Küstenpartien des westlichen Mittelmeerbeckens überhaupt, mit denen sie neben dem verwandschaftlichen Karak- ter der Formation und Vegetation auch dieselbe Längenrichtung haben. Namentlich dürfte Menorka hierfür sprechen, vorzüglich ihrer Gestalt wegen. In Hinsicht der Gipfel und der Profile zeigt Mallorka eine ausserordentliche Mannigfaltigkeit, während Küstengebirge Ost-Spaniens mehr Einförmigkeit zeigen, ohne viele Spitzen, und die Küstengebirge Algiers inclusive des kleinen Atlas ganz massenhaft auftreten mit kuppelförmigen Gipfeln, wie dieses an dem Küstenberg Matifou sehr karakteristisch ausge- prägt ist. — Das ganze westliche Mittelmeergebiet zeigt viele Ueberein- Stimmung, selbst auch die Gebirge Süd-Frankreichs stehen zu ihm in inniger Beziehung. Grade im Bhonethal gedachte ich oft des Strei- tes „ob Afrika hinter den Pyrenäe n beginne oder nicht,“ denn den afrikanischen Karakter glaubte ich im südlichen Thal schon vollkommen zu finden. Die Scheide dürfte südlich von Lyon etwa bei Valence anzunehmen sein, wo das Gebirge das Thal zu beiden Seiten einengt und somit den südlichem Theil gegen kalte Nordwinde schützt. Es könnten bezügliche Tagebuchs-Notizen von Interesse sein, weil sie schon am 6. April d. J. nach meiner Abreise von Lyon, 4 Alex. v. Homeyer: also zu einer Zeit gemacht wurden, wo mir der afrikanische Ka- rakter noch ganz fremd war. Gleich nach der Abfahrt von Lyon heisst es: Alles ist grün, die Abhänge der Berge sind mit Buschwerk bewachsen, die Gip- fel bewaldet, im Thale stehen Linden, Birnbäume und Aprikosen, die Obstbäume in voller Blüthe ; das Thal prangt vor Frische und Fruchtbarkeit, wie in Deutschland zur Maienzeit. Bei Valence ändert sich der Karakter, die Gebirge werden kahl und sehen wie mit Kreidestaub überdeckt aus, was ihnen ein fremdartiges, ich möchte sagen unheimliches Ansehen giebt. Bei Montdlimar ist diese Oede vollkommen ausgeprägt, die röthlichen Berge sind wirklich ganz kahl hier, während die untern Abhänge allerlei fremdartige Bäume zeigen, wie Cypressen, Man- deln, Maulbeerbäume und Oliven ; bei Tarascon tritt auch Arundo donax auf. — Ich gestehe, dieser ganz plötzliche Wechsel überraschte mich ausserodentlich und vielleicht um so mehr, da grade das eben verlassene Thal von so vorzüglicher Frische prangte; ich wusste das Ende nicht abzusehen, wenn dieser Naturwechsel etwa pro- gressiv weiter gehen sollte. Doch dieses Mal konnte ich ausser Sorge sein, es blieb derselbe Karakter, die Berge blieben nackt, die Vegetation blieb fast dieselbe. Valence war eben die Grenze, und der fremde Karakter, der mich so überraschte und ergriff, war der sich immer gleichbleibende Mittelmeerbecken-Karakter, den ich bei Barcelona, auf den Balearen und in Algier wiederfand. Deshalb rede ich nicht gern vom Afrikanischen, sondern von einem Mittelmeerbecken-Karakter. — Dahingegen erinnerten mich die Pyrenäen mehr an die westlichen Schweizergebirge, wie an den bayrischen Algäu, mit ihrer Frische, mit ihrem Grün, mit ihren an Wässern stehenden Erlen und an- deren deutschen Waldbäumen, zwischen denen einzig und allein die Korkeiche als eigentliche Repräsentantin Spaniens zu sehen war. In Mallorka beginnt das Gebirge bei Alcudia, jener alten Feste, welche jetzt mit ihren verfallenen Mauern ganz den Eindruck ei- nes Klosters macht, bei den östlichen Caps Formetor und del Pinar, urplötzlich aus dem Meere zu einer bedeutenden Höhe auf- steigend, und zieht sich dann in einer Breite von 4—5 Stunden (direkter Entfernung) der Nordwestküste entlang bis an die west- liche Küste, im Cap Ceroser und Cap de la Figuera endend. Die Balearen. 5 Diese Erstreckung ist eine mächtige, sie bildet die eigentliche Central-Gebirgspartie, welche Mallorka den Karakter des wilden Fels enge birgslandes giebt. Die Erhebung ist fast gleichmässig, doch zwischen Lluch und Sollier am Bedeutendsten; hier treffen wir die höchsten Berge der Insel, den Puig de Torella und gleich südlich davon den Puig Mayor. Der westliche Theil steht nicht um Vieles zurück mit seinem 3200 Fuss hohen Puig (Metro, welcher von Palma aus einen herrlichen Anblick gewährt, als dominiren- des Haupt des Westens dem Torella korrespondirt und ihm ge' wissermassen das Gleichgewicht hält. Die Abhänge sind in der Regel enorm steil, werden oft so- gar senkrecht; dies geschieht namentlich an der Küste, was hier noch augenscheinlicher wird, da die Berge mit grosser Schnellig- keit bis zur Kammhöhe emporsteigen. Die Passage im Gebirge ist oft sehr beschwerlich, oft ganz unmöglich, leicht nur höchst sel- ten; man bedient sich des Maulthieres zum Reiten oder vor dem zweirädrigen Karren, der „rippenzerstossenden“*) Charrette. Das Meer arbeitet übrigens immerfort an den Küsten weiter, so namentlich an den nordwestlichen Mallorka’s. Oft stehen die hohen Felsen jählings über, drohend jeden Moment einzustürzen; dass dieses oft geschieht, davon zeugen die vielen kleinen Küs- teninseln, welche plötzlich entstehen und im Laufe der Zeit vom Meer wieder weggespült werden. — Im südlichen Theil der Insel begegnen wir einem zweiten Zuge, welcher fast den ganzen südöstlichen Theil der Insel ein- nimmt, doch lange nicht so wild und zerrissen ist, wie der nörd- liche Theil. Er beginnt bei Cap Ferrutx und Cap Pent (östliche Punkte) und streicht fast in derselben Richtung wie der nördliche Zug in einer Breite von 3 — 4 Stunden bis zum Cap de Salinas. Die vorzüglichsten Höhen sind die nordöstlichen ; nordöstlich von Arta nehmen sie namentlich in der Nähe des Meeres fast den wilden Karakter des nördlichen Zuges an, ohne jedoch seine Höhe zu erreichen. Im Allgemeinen finden wir den Hügelcharak- ter namentlich nach Cap Blanco zu und in den Abfällen zur Ebene in der Richtung von Son Serre. In dem wilden Küstentheil von Arta dürfen wir eine mächtige Tropfsteingrotte nicht ausser Acht lassen, die Grotte von Arta, (La cueva del eremita) die riesige *) Für die Güte der Wege (excl. der Hauptstrassen) durchaus bezeichnend. 6 Alex. v. Homeyer: Eremitenhöhle, welche der Grotte im Mont Serrate bei Barcelona an Grösse fast gleich kommt, an Schönheit sie aber übertreffen soll. Es sind drei mächtige auf hohen Säulen ruhende Säle, welche theils neben, theils unter einander liegen, umgeben von einer Unzahl von Nebengemächern. Zwischen diesen beiden Haupthöhenzügen liegt das eigent- liche Ackerland mitteninne. Da dieses somit durch die Gebirge geschützt und durch das südliche Clima begünstigt ist, so gedei- hen alle Getreidearten wie die Obstbäume vortrefflich, ohne dass auf deren Cultur ein besonderer Fleiss verwendet würde.. — Die Niederung, welche ihrem Wesen nach dem neptunischen Gebilde angehört, wie dies Sandstein, Lehm und Mergel anzeigen? ist fast durchweg eben oder hügelig, und nur durch wenige isolirte nicht hohe Berge, wie der schöne Kuppelberg bei Algaide, bei Motuiri und gineu unterbrochen, welche dasselbe plutonische Gebilde zeigen, wie wir es im nördlichen und südlichen Gebirgs- theil kennen lernten. Somit glaube ich, dass Mallorka früher aus 2 Inseln bestand, der nördliche Gebirgstheil bildete die eine, der südliche die andere, während die Berge bei Algaide etc. als kleine Inseln zwischen beiden lagen. Erst später entstand Mallorka in seiner jetzigen Gestaltung, indem neptunische Kräfte den Zwischen- raum ausfüllten, wobei jene zwischenliegenden Inseln oder Berge hülfreich die Hand boten. Was Menorka anbetriflft, so hat es einen ganz andern Cha- rakter, das Malerische Mallorka’s hat es nicht. Es ist eine Fel- senplateau-Insel, welche früher über und über mit Steinen überschüt- tet war, jetzt von wohl Tausenden von Mauern durchkreuzt wird. Der fleissige Landmann, welcher, um Boden für den Ackerbau zu gewinnen, die Steine ablas und jene Mauern setzte, hat hierdurch zur Charakteristik der Insel selbst beigetragen. Menorka steigt in einer Höhe von 50 — 150 Fuss mit sehr steilen oft senkrechten Ufern aus dem Meere und bildet ein Plateau, das Höhenplateau der Insel selbst, auf dem sich im Centrum ein schöner Kegelberg El Tauro erhebt. Yon diesem Centralpunkte aus gehen 2 Abzwei- gungen, die eine nach Osten, die andere nach Süd-West; beide gehen nicht über die Hügelregion hinaus und sind dennoch der vielen Mauern wegen äusserst beschwerlich zu durchwandern. Die östlichen nach dem Bufera zu sind höher, als die südwestlichen nach Galdana zu. Die westliche Küstenerhebung bei Ciudadela ist eine isolirte. Die Balearen. 7 Beide Inseln sind an Quellwasser arm, grösstentheils bestrei- ten die Bewohner ihren Wasserbedarf aus Cisternen. Selbst im Sommer 1861, der ausnahmsweise so reich an Regen war, gab es nur kleine Rinnen mit wenigem oder keinem Wasser, oder still- stehende Lachen, die dem Austrocknen nahe waren. Die Betten aller dieser Wasser jedoch waren weit ausgeschnitten und mit gro- bem Geröll angefüllt, welches darauf hindeutet, dass diese im Sommer so unbedeutenden dahinsickernden Rinnen, im Winter zur Re- genzeit ganz nach Art der nordafrikanischen Flüsse ausserordentlich schnell anschwellen. Es giebt derartige Gräben oder Rinnen in allen Theilen der Inseln, doch werden sie zur Sommerzeit gar leicht über- sehen. In der Niederung von Mallorka giebt es 2 Sümpfe oder Teiche, wenn man will, einen grösseren, den Albufera bei Alcudia und einen kleineren, den Prat l£ Stunde südöstlich von Palma. Die Ufer des ersteren sind fruchtbar und bebauet, die sandigen des letzteren werden als Viehweide benutzt. Auch auf Menorka hat man 2 Stunden nördlich von Mahon einen Brackwassersee mit steilen felsigen Ufern, den Bufera. . Meine Beobachtungen über das Clima könnten leicht zu Irr- thiimern Veranlassung geben, da die Witterungs-Verhältnisse des Sommers 61 abnorm waren: oftmaliger bewölkter Himmel, Regen und Kälte verdrängten die wenigen schönen und sonnigen Tage; andererseits wurde mir der Frühling und Sommer für gewöhnlich als heiter und warm geschildert. Ich lasse deshalb einige darauf bezügliche Notizen der George Sand folgen, welche im Jahre 1838 gemacht wurden. Siehe „un hiver ä Majorque par George Sand“ p. 4.: „Die Witterung variirt ziemlich beträchtlich nach den ver- schiedenen Lagen des Ortes. Der Sommer ist brennend heiss in der ganzen Ebene, aber die nördliche Gebirgskette influirt be- deutend auf die Temperatur des Winters. So berichtet auch Miguel de Vargas, dass auf der Rhede von Palma während des strengen Winters von 1784 Reaumur’s Thermometer nur ein Mal und zwar an einem Januartage bis zu 6° über Null herabsank, dass es aber auch Tage gab, wo es bis zu 16° stieg, während es sich gewöhnlich auf 11° hielt. Diese Temperatur nun aber ist nahe- zu dieselbe, welche wir in einem gewöhnlichen Winter in Valde- mussa hatten, einem Dorfe, welches in dem Rufe steht, am käl- testen von der ganzen Insel zu sein. In den kältesten Nächten, und. als wir zwei Daumen hoch Schnee hatten, stand das Ther- 8 Alex. v. Homeyer: mometer auf 6 — 7° über Null. Um 8 Uhr Morgens stieg es dann bis zu 9 und 10°, und bis gegen Mittag auf 12—14°. Gegen 3 Uhr Nachmittags dann, d. h. wenn die Sonne hinter die uns umgeben- den Berge trat, fiel das Thermometer plötzlich bis zu 9, ja selbst 8°. — Die Nordwinde blasen oft mit Wuth, und in manchen Jah- ren fällt im Winter der Regen in einer solchen Fülle und Be- ständigkeit, dass wir in Frankreich keine Idee davon haben. Doch im Allgemeinen ist das Clima gesund und wohlthätig (genereux) in dem ganzen südlichen Theile, welcher gegen Afrika abfällt und geschützt ist vor heftigen Sturmwinden, sowohl durch die Gebirgs- kette, wie die ansehnlichen Abfälle der nördlichen Küsten. — “ Nach so günstigen Verhältnissen dürften meine Tagebuch-No- tizen ebenso überraschen, wie mich seiner Zeit das Wetter selbst in Erstaunen setzte: * Im April: 14. — 20. herrliches Wetter, ähnlich wie wir es in Deutsch- land Ende Mai haben Die Sonne scheint den ganzen Tag, der Himmel ist blau, keine Wolke, die Vegetation ist üppig. 21.*) Regen. 23. und 24. Regen und Wind. 27. Wind. 28. Auf den Markt werden die ersten reifen hellrothen Kirschen ge- bracht, ganz nach der Manier wie hier als Spielzeug für die Kin- der an Stäbe gebunden. 29. Sehr heftiger Platzregen, welcher drei Stunden anhält. Von der Höhe stürzt das Wasser stromweise in das Thal herab, — ich stehe am Abhange unter einem mässigbelaubten Johannisbrodbaum und durchnässe so stark, dass ich an dem achten Theil genug ge- habt hätte, — dabei ist es kalt, es friert mich. Ein in mein Zim- mer gesetzter spanischer Ofen (ein Kohlenbecken mit trichterförmi- gem Korbgeflecht darüber als Schornstein) lockt mir später ein Lächeln ab. 30. Es regnet den ganzen Tag. Mai: 1-3. Prächtiges Wetter. 5. Windig und trübe, Nachmittags klar und kühl. 8. Luftig, nicht warm. 9. und 10. Regen und Sturm. 12 Entsetzlich schwül, Gewitterluft. 13. In der vergangenen Nacht so starker Platzregen, dass heute alle Wege voll Wasser stehen; die Witterung ist kühl und launig wie im April, Sonnenschein, dunkle Wolken, Wind, Regenschauer. *) Die zwischenliegenden, nicht angeführten Tage, schönes sonniges Wetter. Die Balearen. 9 15. Sonnig und milde. 17. Sehr heiss. 20. (2ter Pfingstfeiertag) bedeckter Himmel, dann und wann Sonnen- schein. 21. — 29. sehr schön, am 29. Abends sehr schwül. 30. In der Nacht entlud sich ein Gewitter; Platzregen und gleich da- rauf ein solcher Sturm, wie ich ihn kaum kennen gelernt hatte, und wie tobte er mit den Jalousien und Fensterläden ; das Passagier- Schiff nach Barcelona ist unterwegs, wenn nur kein Unglück passirt. Juni: 2. leidlich. 3. Leider regnet es diesen Morgen wieder, so dass noch gegen 10 Uhr alle Sträucher nass sind, und die Jagd sehr erschwert wird. Auf Menorka: 8. Regen. 14. Entsetzlich heiss, man ist bei der Waizen-Erndte. Soweit meine Notizen. Ich glaube, dass man diese Witterung wird keine Maienhafte nennen können, was anzunehmen man so leicht der südlichen, wie oceanischen Lage der Inselgruppe hal- ber geneigt ist; trotz alledem dürfen wir nicht vergessen, dass dieser Sommer abnorme Verhältnisse gab. So zusagend nun auch diese Witterung für das Getreide wie für die ganze Vegetation war, so wenig behagte sie dem Bewohner selbst. Auf seinen Spaziergängen, wie namentlich des Abends nach dem Theater, sah man ihn bis über die Ohren in den Mantel gehüllt und da- bei laut raisonnirend, dass er sich so rauher Witterung nicht zu entsinnen wüsste. Der sehr schnelle Witterungswechsel war übri- gens oft ein sehr fühlbarer, so namentlich an den Abenden, welche oft nach einem schönen Tage kühl waren. Ich meinerseits hatte natürlich nicht so zu leiden, und doch trug ich oft Anfangs Mai einen dicken, bis an die Kniee gehenden Düffelrock, und fühlte mich behaglich darin, übrigens dasselbe Kleid, das ich auch im letzten Winter, der sich doch gewiss durch Strenge auszeichnete, oftmals in Mainz trug. Man sagt, dass Mallorka’s Clima, namentlich das der Niede- rung, sanfter sei, wie das von Menorka, ich kann darüber weiter nicht urtheilen, als dass ich im Sommer 1861 keinen Unterschied bemerkt habe. Ebenso kahl wie Mallorka’s Gebirgskämme, ebenso kahl sind gewöhnlich auch die höchsten Theile der Abhänge in einer Aus- dehnung von oft 500 Fuss und darüber abwärts. Nur hier und 10 Alex. v. Homeyer: da breitet sich eine elende trockene von der Sonne verbrannte Grasdecke aus, oder es klemmt sich eine krüppelige Kiefer (Pi- nus halepensis ) im engen Spalt fest, worin sie nur mit Mühe ihr Dasein fristet, — denn Humus ist kaum vorhanden. Kommt man auf eine solche Höhe nach langem mühsamen Steigen, nach vielleicht schlechter Jagd ermüdet und missmuthig an, so wird man von Neuem belebt, — man ist entzückt von der Fremdartigkeit des Panorama’s und überwältigt von der Grösse der Natur. — Wohin das Auge sieht, überall kahle Felsen, schroffe Profile, Geröll und übereinander geschichtete Blöcke; eine Wild- niss von Steinen und Felsen fast ohne jegliche Vegetation. Man sieht oft bis zum Meere, man hat es hier mit einer Felsgebirgs-Fern- sicht zu thun, das Licht wirkt dabei auf das Merkwürdigste, wie das ja vom Süden bekannt ist. Seltsame Oontraste bieten sich dem Auge dar, das gelblich graue Gestein ist bisweilen blendend weiss, dass man namentlich früh Morgens an Schnee denkt, wenn dichte Nebel, von der Sonne beleuchtet, die Gipfel umlagern, oder auch wieder dunkel mit fast schwarzen Schatten, dass es unheimlich aussieht. Am Pläufigsten und Schönsten sind die Lichteffekte Mor- gens oder Abends, am Seltensten Mittags. Zu dieser letztem Zeit liegt die Sonne gern mit brennenden Strahlen auf dem Gebirgs- kamin, sich bemühend, die dürftige Vegetation zu versengen. Es gehört eine gewisse Selbstverläugnung dazu, oder eine grosse Liebe zur Natur, zu dieser Zeit die vegetationsleeren und fast glühen- den Abhänge zu erklettern; ich selbst habe es einige Mal gethan ; todtmüde und vor Allem durstig bin ich auf der Höhe ange- kommen und habe der Ruhe gepflegt. Beschäftigte ich mich dann mit meiner Umgebung, so war ich immer von Neuem erfrischt, denn die Natur-S eenen sind grossartig da oben, aber, wenn man sie länger betrachtet, so erscheinen sie doch öde trotz aller Mannigfaltigkeit ; das erfrischende Grün ist es, was fehlt und wonach sich das Auge sehnt. Man fühlt sich einsam hier, — kein Haus ist zu sehen, kein Mensch, kein Thier, — man ist allein in der grossen Natur, ein heiliger Schauer überfällt uns. Nichts regt sich, — da endlich fliegt eine Felsentaube ( Columba livia) eiligst vorüber und — wieder ist Alles still. Ist hier denn Alles todt? Flötende Klage- töne entsteigen dem Felsgeröll, ein dunkler Vogel läuft in die Höhe, und wieder hört man dieselben lieblich melancholischen Töne, es ist die blaue Steindrossel ( Petrocossyphus cyaneus ), welche zu uns spricht. Sie singt so traurig, dass es zu Herzen geht, man Die Balearen. 11 fühlt den Gesang, die Weichheit der Töne rührt uns. — Jahre- lang habe ich Steindrosseln im Käfig gehalten und nie gefühlt, dass ihr Gesang so auf das menschliche Gemüth wirken könnte, aber das ist auch nur hier, wo er im Verein mit der grossarti- gen Natur zu dem Einsamen spricht. — Unvergesslich werden mir diese Momente sein. — Die Einsamkeit hat etwas Grossep, Ergreifendes. Immer wurde ich dabei an meinen hochgeschätz- ten Freund, den Herrn F. H. v. Kittlitz, jenen unermüdlichen Na- turforscher, erinnert und an seine Gemüthsaffectionen, welche ihm das öde Kamtschatka mit seiner Thierarmuth verursachte*). Ab- sichtlich habe ich mich hier ein wenig weiter ausgelassen, weil ich diese Oede für ein karakteristisches Merkmal der Gebirgshö- hen der Balearen und wohl vieler Theile Hesperiens halte. Ich schliesse mich hierin vollkommen der Ansicht meines Freundes Alfred Brehm an, dessen unvergleichliche Schilderung spanischer Gebirgslandschaften ich bei jedem meiner Leser als gegenwärtig voraussetzen darf. Ausserdem finde ich im geographischen Lexikon von Berg- haus Einiges von Interesse. Hausmann sagt daselbst Seite 482 beispielsweise über die Sierra Nevada: „Man gelangt nicht durch Laub- und Nadelholz Waldung in die Region der Alpenpflanzen. Sobald die kultivirten aus Gebirgs- schutt bestehenden Anhöhen überschritten sind, und das festere Gestein beginnt, tritt dieses als nackter Fels hervor, oder ist von kärglicher Vegetation bekleidet.“ — Seite 468 heisst es dann weiter über das bei Zaragossa lie- gende Tafelland Guadalajara: „Das Auge ermüdet, das Herz verengt sich, man müsste vor Traurigkeit sterben, wäre man verdammt, längere Zeit und ein- sam in solcher Gegend zu wandern.“ — Und nun frage ich, passen nicht die Worte zu meiner Schil- derung? Die Gebirgsabhänge sind durchweg bewachsen, doch oft un- terbricht ein isolirter Fels, oder eine ganze Felsengruppe, oder eine mächtige Schuttmasse auf weite Strecken die Vegetation, welche im Allgemeinen dürftig genannt werden muss. Der Grund der Dürftigkeit liegt in dem gänzlichen Mangel eines Hochwaldes, *) Siehe F. H. v. Kittlitz, Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem russischen Amerika, nach Mikronesien und durch Kamtschatka. Gotha 1858. 12 Alex.v. Homeyer : und der daraus erfolgenden langsamen Humusbildung; die Wald* bäume, womit das Gebirge früher vielfach besetzt gewesen sein soll, sind schon vor langen Zeiten verschwunden und als Schiffs- bauholz verwerthet. Die Vegetation der Abhänge besteht vor- zugsweise aus Gestrüpp, welches bald dürftig, bald üppig empor- sprosst, je nachdem wenig oder viel Boden vorhanden ist, dabei tritt es oft so massenhaft auf, dass ganze Bergdistrikte damit be- deckt sind, wie auch gern mit der Eigentümlichkeit, dass immer ein und dieselbe Art selbstständig einen oder einige Bergab- hänge bedeckt, ohne es zu lieben, dass noch andere Strauch- arten sich zu ihr gesellen. So sah ich schon bei Barcelona ein derartiges Auftreten von Erica arborea und von Coriana myrti- folia und später auf den Balearen von Pistacia Lentiscus , von La- vandula dentata und von Cistus monspeliensis, auf Mallorka in specie von der kleinen Fächerpalme, wie auf Menorka von Myrtus communis , der grossblättrigen Myrthe. Hierdurch wird im engem Sinne wieder eine gewisse Einsei- tigkeit, im weitern Sinne aber eine karakteristische Mannigfaltig- keit erzeugt. Die Lentiske (Pistacia Lentiscus), welche wir auf dem Sand- boden, in der fruchtbaren Ebene, am Sumpf, sogar so nahe am Strande finden, dass ihr Fuss von der spülenden Welle benetzt wird, treffen wir auch als Gebirgspflanze in den höchsten Theilen an, allerdings in niedriger Gestalt und oft zur Hälfte von Steinen verschüttet. Sie ist überall zu finden, und demnach eine eigent- liche Karakterpflanze der Inseln, was auch schon aus ihrem Na- men „Arbos“ hervorgeht, womit der Bewohner das Gebüsch im Allgemeinen (sonst auch bosque) und ganz speciell sie bezeichnet. In der Grösse variirt sie ausserordentlich, auf dem Fels erreicht sie die Höhe von 1 £, am Sumpf die Höhe von 6 Fuss. — Ausser ihr haben wir im Gebirge noch 2 fast ebenso oft vorkommende Straucharten, die Ciste mit kleiner weisser Blume Cistus monspe- liensis und den blaublühenden Lavendel (Lavandula dentata), beide jedoch gehen nicht bis auf die höchsten Höhen, sondern sind vor- züglich auf den mittleren Abhängen wie Vorhöhen vertreten. Cne- orum tricoccon und Arbutus unedo, Helicrissum Stoechas und Do- rycnium herbaceum sind andere Pflanzen der Abhänge. Der Erd- beerstrauch (Arbutus) liebt nicht die grosse Dürre und schiesst bei hinlänglicher Feuchtigkeit üppig 5 — 7 Fuss empor, als einzi- ges Gebüsch mit saftig grünen Blättern. Zum Gestrüpp gesellen Die Balearen. 13 sich auch noch Ranken, dieses oft so durchwachsend und verbin- dend, dass die Jagd recht erschwert wird; vor Allem ist es Smilax aspera mit seinen Hacken und Dornen, Asparagus acutifolius, Ru- biaperegnna, , ja selbst wenn auch nicht häufig, da es ihm an Feuch- tigkeit fehlt, unser gemeiner Epheu ( ’Hedera helix). Smilax und A 8paragus kommen auf jeglichem Boden vor, stets nach der Güte desselben die Form wechselnd, — während das geschmeidige Smilax auf dürftigem Fels dadurch, dass es immer in sich hinein- rankt und nur wenig Blätter ansetzt, igelartig erscheint, vergisst Asparagus seine Rankenbestimmung vollständig und stellt sich etwa in Form eines robusten Spargelstrauches unsern Augen dar. An dem Fuss des Epheu treffen wir oft den schönsten Blumenteppich von Ophris- Arten, welche hier an den feuchten Stellen der Ab- hänge, namentlich, wo solche von der Kiefer und immergrünen Eiche überschattet werden, recht heimisch sind, vor Allen ist es die schöne Ophris rosea und die zierliche fusca, welche mit ihrer Pracht den Boden so schön decoriren. Auf den Vorbergen begegnen wir ausser Lavendel und der kleinblüthigen Ciste dem Teucrium Polium, dem Anthyllis genis - toides und wieder dem Arbutus, doch hier häufig im Verein mit dem schönen Cistus salvifolius, mit grosser weisser Blume, und ei- nem ähnlichen Cistus mit fast gleichgeformter aber lila gefärbter Blüthe. Auch eine kleine strauchartige immergrüne Eiche tritt hier auf, die Quercus coccifera, entfernt unserer Stechpalme (in Neu- Vorpommern Hirschdorn genannt) gleichend, wofür ich sie wenig- stens im ersten Moment hielt. Von den Bäumen steigt Pinus halepensis , die einzige Kiefer Mallorka’s*) am Höchsten hinauf. Ganz oben tritt sie einzeln und krüppelhaft auf, weiter unten wird sie häufiger und schöner, und schon am Abhange bildet sie mit der der Korkeiche ( Q . suber) so ähnlichen balearischen Type, der Q. Hex, Waldgruppen**), welche tiefer unten sich zu grossem Waldstrecken vereinigen. Beides sind die eigentlichen Waldbäume, welche in einer Höhe von 12—20 Fuss die Dürftigkeit des Balearischen Waldes karakterisiren. Die immergrüne Eiche (Q. Hex) gewährt im April in ihrer vollen Blü- *) Auf Menorka ist P. halepensis auch die vorherrschende Kiefer, doch traf ich im nordöstlichen Hügellande am Sumpf Bufera auch Pinus pinea ziemlich häufig, aber auch nur hier an. **) Auf den Balearen kommt Q. suber nicht vor, auf dem Festlande beide suber wie ilex. 14 Alex. v. Homeyer: thenpracht einen freundlichen, aber schon im Juni einen durch und durch todten Anblick, was im Juli noch augenscheinlicher wird. Man möge sich demnach von immergrünen Eichen, die überdies hier im günstigsten Fall die Höhe eines Apfelbaums nicht über- schreiten, keine zu hohe Vorstellung machen; für den Winter al- lerdings mag es gelten, aber für den Sommer nicht. Freund A. Brehm hat dieselbe Ansicht, soviel ich mich dessen erinnere, schon vor mir ausgesprochen, ich aber gebe ihm vollkommen Recht. Es geht Nichts über unsere deutsche Eiche und Buche, Nichts über unsere deutschen Waldbäume. — Wo die Abhänge eine so geringe Neigung haben, dass sie sich zum Ackerbau eignen, fin- den wir Oliven und Getreide, vorzüglich Hafer und Gerste, Alles oft mitten zwischen Geröll, und namentlich den Hafer oft so dürf- tig, dass man in ihm der Jagd nachgehen kann, ohne etwas zu zertreten. Ueppiger sind die oft tief eingeschnittenen Thalgründe, na- mentlich wenn ein kleines Wässerchen sie durchrieselt. Man sieht hier wirklich kleine Wiesen mit saftigem Gras, darunter Briza major und minor, und allerlei Blumen, Stachys, Picridium Dale- champii, etc ., während Urtica püulifera, Genista, die wilde Feige ( Ficus carica) am Fuss der Felswände stehen, welche ihrerseits mit Farren Polipodium vulgare und Ceterach officinarum) bekleidet sind. — Der Fuss des Gebirges ist in der Regel mit Oliven be- deckt, Zeugen altmaurischer Cultur. In der Niederung finden wir alle unsere deutschen Getreide- arten*), welche vorzüglich gedeihen und Mitte Juni einen reichlb chen Erndteertrag liefern. Dieser ist, abgesehen vom Clima, ab- hängig vom Schatten, den die reichlich angepflanzten Bäume der Niederung gewähren, und von der Ausdünstung derselben. Aus- serdem bieten die Bäume, die übrigens der Niederung oftmals das Aussehen eines grossen Gartens verleihen, noch den Vortheil, dass sie selbst Früchte tragen: die Olive liefert das dem Spanier unentbehrliche Oel, als Ersatz für die Butter, die Mandel v.erwer- thet sich an Ort und Stelle als angenehmes Dessert wie als Aus- fuhrartikel, der Johannisbrodbaum giebt (im Verein mit der Gerste und der Saubohne) ein treffliches Pferde- und Schweinefutter, der *) Unsere Kornblume (Centaurea cyanus) wie Kornrade (Lychnis githago) finden wir nicht im Getreide, dafür einzeln den herrlichen Gladiolus se- getum mit lila Blüthe, wie ein knoblauchartiges Zwiebel-Gewächs mit dunkelblauer Blüthe. Von Letzterer habe ich eine Zwiebel dem botani- schen Garten in Berlin zukommen lassen. Die auf Menorka so häufige gelbe Distel (Scolymus hispanicus) fand ich auf Mallorka nicht. Die Balearen. 15 Nutzen der Feige ist vielseitig*. — Neben den G-etreidearten cul- tivirt man ausser der strauchartigen Kichererbse mit besonderer Vorliebe die Saubohne, welche als das beliebteste Nahrungsmittel der ärmeren Klasse der Mallorkiner gilt, und mit fast noch mehr Liebe genossen wird, wie bei uns in einigen Distrikten die Kar- toffel. Es genüge nur, dass die Bohne Morgens, Mittags und Abends kalt oder warm, in jeglicher Art zubereitet genossen wird, und dass z. B. ein reicher Bauer Morgens Chocolade stehen liess, um kalte Bohnen zu essen, die noch vom vergangenen Abend übrig geblieben waren. Auf Menorka liebt man die Bohne nicht, und dient als Ersatz dafür eine dickgekochte Suppe mit Fleisch, Reis, und Kartoffeln, mit einem Zusatz von einigen Speckwürfeln und Wurstschnitten. Dieserhalb wird auch die Kartoffel auf Menorka ziemlich stark angepflanzt, doch sah ich den Reis auf keiner der Inseln cultivirt, Hanf und Flachs wird nur wenig geerndtet, am Meisten noch bei Alcudie, lnca und Mahon. Der Tabackbau findet nur auf Menorka statt, für Mallorka ist derselbe verboten. — An den Gehöften und Bauernhäusern, selbst den allerunbedeutendsten, findet man Arundo donax und den Blät- ter-Cactus d. s. g. Maurische Feige; ersteres wird als Viehfutter geschätzt, namentlich für die Maulthiere, letztere wegen ihrer saf- tigen und erfrischenden Frucht. — Arundo donax ist übrigens im Verein mit einer Tamariske*) die Karakterpflanze der Sümpfe- Mehr von dem Wasser entfernt steht dann der unsern Wachhol- der**) vertretende Juniperus phoenicea, und unmittelbar am Wasser Salicornia fruticosa, ein Strauch, dessen Zweige mit Schachtelhal- men entfernte Aehnlichkeit haben. Waldungen von Orangen hat man nicht, wohl aber Gärten, in den gegen kalte Nordwinde geschützten Gebirgsthälern. Sol- lier hat die vorzüglichsten Orangen, dann kommt Esporlas, Valde- mussa, Polienza. Die Apfelsine gedeiht hier ohne weitere Pflege, die Limone jedoch ist weit zärtlicher, sie verlangt einen beson- ders geschützten Stand und aufmerksame Behandlung. — Den Maulbeerbaum, der namentlich durch Franzosen eingeführt wird? pflanzt man mehr und mehr an, und hebt sich dadurch die Sei- *) Dieselbe Art, welche auch in Algier so häufig ist. **) Unser Wachholder kommt nicht vor, dafür aber auf der Höhe zwischen Fortune und Andraix eine diesem sehr ähnliche, vielleicht noch nicht be- schriebene Art. 16 Alex. v. Homeyer: denzucht. Die Zwergpalme ( Chamaerops humilis), womit in alter Zeit ganz Mallorka überwuchert gewesen sein soll, findet sich vor- zugsweise noch auf den Hügelpartien des Fruchtlandes, wie auf den Vorbergen, doch weicht sie auch hier mehr und mehr dem Weinbau; gleiches Schicksal hat auf den Hügeln Menorka’s die grossblättrige Myrthe ( Myrtus communis), welche ebenda die Palme zu vertreten scheint. Merkwürdig bleibt, dass in Menorka die Myrthe auf ganz trocknem, dürftigen IBoden massenhaft vor kommt, während sie in Mallorka mit dem Granatbaum nur verein- zelt am Quell steht. — Eine andere Eigentümlichkeit Menorka’s ist das Auftreten des von Linnde Oleaster genannten wilden Oel- baums, der jedoch nie zu der Höhe des durch Cultur veredelten heranwächst, sondern mit ziemlich gradem aber kurzem Stamm seine abgeflachte Krone der Richtung der Nordwinde entgegen an den Abhängen mitunter fast auf den Boden legt, bezeichnend für den physiognomischen Karakter der Bergprofile. Die Riesenaloe treffen wir öfters an Wegen, wie auch als Einfriedigung der Weideplätze; sie kommt überall vor, bei Alcu- die steht sie im feuchten Sandboden, bei Andraix steigt sie bis zu l der Kammhöhe, ohne jedoch irgendwo die Grösse wie bei Bar- celona zu erreichen. Sie ist übrigens zur Bliithenzeit eine herr- liche Erscheinung. In Algier, wo sie in einer Ausdehnung von 3—5 Fuss angepflanzt ist und in dieser Weise einige Chausseen begleitet, sah ich sie Ende Juni in voller Blüthenpracht. Schliesslich kommen wir zur Dattelpalme, der hervorragend- sten Karakterpflanze Mallorka’s. Früher soll sie sehr häufig ge- wesen sein, und -sogar den Arabern Veranlassung gegeben haben, die Insel selbst wie die Hauptstadt nach ihr „Palma“ zu nennen. Pflanzen und Thierleben geht Hand in Hand. Wo wir Man- nigfaltigkeit in der Pflanzenwelt antreffen, finden wir auch Man- nigfaltigkeit im Thierleben. Zwar scheint der hohe Norden, wo die dürftige und einförmige Vegetation unter einer Eisdecke be- graben liegt, hiervon eine Ausnahme zu machen, denn Thiere in Unzahl kommen hier vor : Heerden von Vierfüsslern, Schaar en von Vögeln, unermessliche Züge von Fischen zeugen vom regen Leben in dieser kalten Zone; aber es fehlt dem Norden Mannigfal- tigkeit der Arten, indem jene Tausende von Individuen nicht vie- len Species angehören. Dagegen finden wir in den Tropen, wo die Pflanzen in überraschender Ueppigkeit sich entfalten, auch die Balearen. 17 eine ausserordentliche Mannigfaltigkeit in den Formen der Thiere in den Arten. — Auf den Balearen, wo wir es durchschnittlich mit dürftiger Vegetation zu thün haben, vermissen wir Mannigfal- tigkeit der Arten. Während ganz ähnlich wie im hohen Norden hier einzelne Klassen oder selbst einzelne Arten in kaum geahnter In- dividuen-Anzahl auftreten, zeigen andere Klassen kaum Repräsen- tanten. — Individuen mit Artenreichthum verbinden nur ganz we- nige Klassen; vor allen dürften es die Spinnen sein, wie auch Blattwanzen und Fliegen, und wollte man die die Balearen um- spülende See mit in den Bereich unserer Betrachtung ziehen, so ständen die Meerfische in erster Linie. Das Ueberraschendste vom massenhaften Auftreten bei sonstiger Artenarmuth (oder wenn man will, bei sonstigem nicht Artenreichthum) zeigen die Mol- lusken, wie auch wenngleich schon weniger die Schrecken (Or- thoptera ), Ohrwürmer und einzelne Vögelarten. In jeder Bezie- hung arm sind die Klassen der Schmetterlinge, und der Schlangen. Was dann die Fauna im Allgemeinen anbetrifft, so ist sie recht europäisch, mit einzeln interessanten Typen des Mittelmeerbeckens. Wenden wir nun unser Augenmerk auf einzelne Thierklas- sen: Am Merkwürdigsten ist die Armuth an Schmetterlingen^ excl. Bombyx dispar; oftmals habe ich mit Blumen decorirte Thal- säume beobachtet und auch nicht einen Schmetterling gesehen. In Barcelona traf ich doch einen schönen Segler (Feisthammel), so- wie auf dem Erdbeerstrauch die grüne Raupe des prächtigen Ja- sius, aber auf den Balearen ausser einigen wenigen Mikrodop- teren „nur“ deutsche Repräsentanten, den Schwalbenschwanz, den Distelfalter, den Admiral und sämmtliche Kohl-Weisslinge. Menorka ist an Käfern reicher, als Mallorka, doch ist auch hier keine Mannigfaltigkeit, eigenthümlich sind Feronia plicata, Asida brevicosta und Timarcha. Es gelang mir mit dem grössten Fleiss nur ein mässiges Resultat zu erzielen, ich glaube 4000 Stück in circa 500 Arten gesammelt zu haben. Um sich einen Begriff von dem massenhaften Vorkommen einzelner Schneckenarten machen zu können, so sei nur gesagt dass ein kleines trichterförmiges Landschneckchen oft zu Hun- derten, an einem einzigen, vielleicht nur einen Fass langen Kraut- stamme sitzen. Die Xerophilen sind vorherrschend. — Der auf Mallorka grade nicht häufige Scorpion, ist nach Herrn Joüro. f. Ornith,, X, Jahrg,, Nr. 55, Jauuar 1863. 2 18 Alex. v. Homeyer: J. Lichtenstein*) dieselbe Art, wie die Afrikanische; er ist klei- ner und wegen seiner Kleinheit ganz oder fast ungefährlich. Er sitzt unter Steinen, und bleibt, wenn man den Stein aufhebt, ru- hig sitzen, langsam den bewaffneten Schwanz senkrecht in die Höhe hebend. — Von Crustaceen fand ich Nichts im süssen Wasser ; in der See kommt sehr häufig ein Riesenkrebs (1£ Fuss lang) vor, die sogenannte Languste, welcher im ganzen Habitus unserer kleinen geschwänzten Ostsee-Krabbe gleicht, und ein vorzügliches zartes Fleisch hat. Häufig sind auch in der See namentlich bei Menorka die Taschen- und Einsiedlerkrebse, und ebenda in Unzahl wie auch auf dem Lande unter Steinen und an feuchten Orten die Asseln. Den Ichthyologen würde ich rathen, Studien auf den Balea- ren zu machen, der Fischmarkt ist in Palma wie in Mahon rei- cher als irgendwo, und bietet mit seinen fremdartigen Fischen, welche so ganz abweichend von denen der Ostsee sind, einen überraschenden, fesselnden Anblick. Ich besuchte den Markt oft und verliess ihn stets nach langem Weilen ungern. Gross ist die Mannigfaltigkeit in der Gestalt und in der Färbung, da sieht man eckige, runde, lange, fadenförmige, kurze Fische, mit dicken, lan- gen, spitzen, grossen und kleinen Köpfen, mit rothen, blauen, grü- nen Farben. Brackwasserfische sind wenig, Süsswasserfische sel- ten vorhanden. Frösche giebt es nur wenig, weshalb auch wohl der Storch fehlen mag; nur ein Mal fand ich unter einem Stein eine grau- grünliche Unke, und ein Mal auf Menorka einen etwas gelblichen Laubfrosch, der sonst dem unsrigen ganz ähnlich war. Von Schlan- gen traf ich immer dieselbe zierliche Goluher wohl 5 — 8 Mal, sonst keine andere Art, es sei denn, dass ich einer Wasserschlange erwähne, welche ich am Prat zu wiederholten Malen gesehen zu haben glaube. Oefters, obwohl stets vergebens, machte ich Jagd darauf, die Schlange sass fast stets im Kraut nahe am Ufer und glitt bei meiner Annäherung in den Süsswasserteich und schwamm dicht unter oder an der Oberfläche fort. Anfänglich hielt ich sie für einen Aal, dann aber glaubte ich ganz sicher in ihr eine Schlange zu erblicken, worin mich später die Exemplare des Mu- *) Ein Nefle unseres Lichtenstein. Er ist in Chartas, einem zwischen Barcellona und Valencia liegenden Küstenstädtchen Kaufmann und war- mer Verehrer der Natur. Die Balearen. 19 seums in Algier bestärkten. — Von Eidechsen fand ich vorzugs- weise 2 Arten ; eine Langgestreckte mit eckigem Kopf von brau- ner und grüner Farbe und von ausserordentlicher Schnelligkeit; in der Regel traf ich sie hoch im Gebirge, namentlich an den Ab- hängen zur See, häufig z. B. auf Dragonera. Ferner traf ich un- ter den verschiedensten Oertlichkeitsverhältnissen die südliche Type der plattschwänzigen Eidechsen (Platydactylus) aus der Fa- milie der Schreier (Gecko), mit vielen rothen Milben an den Ze- henwinkeln. Hierbei erwähne ich, dass 2 Franzosen, welche mir nach einander als Dolmetscher dienten, stets von einem Drachen (dragon) erzählten, welcher stäche. Sie suchten unter Steinen nach, ohne ihn zu finden, doch stimmten Beide dahin überein, dass die plattschwänzige Eidechse ihm ähnlich sehe; niemals habe ich dahinter kommen können, was sie darunter für ein Thier verstanden. Eine kleine geschwänzte Sumpfschildkröte fand ich in Me- norka im süssen Wasser; die Schildkröten sind mindestens selten auf den Balearen, denn niemals sah ich Schildkröten ausser dieser einen, und doch verrathen sich dieselben so leicht, na- mentlich die im Wasser Lebenden. Im Meer kommt die Riesen- schildkröte (G. Midas) ziemlich häufig, der Tintenfisch übri- gens sehr häufig vor. Delphine sieht man zu 5 — 10 gesellig bei einander, doch gehen dieselben nicht gern so nahe an das Ufer, dass man sie von hier aus sieht.*) Wenden wir uns nun zu dem, diese Blätter speziell interes- sirendem Gegenstände unserer Betrachtungen, den Vögeln, so be- merken wir von vorn herein, dass die grossen Hoffnungen, mit denen wir die Balearen betraten, nicht in Erfüllung gingen. Das Vögelleben der Balearen ist. ä priori in 2 Abschnitte zu theilen, da die Natur-Verhältnisse der Inseln je nach den Jah- reszeiten ganz verschieden sind, herbeigeführt durch die Eigen- thümlichkeiten des Klima’ s und der Witterung; denn während die Pflanze im Sommer fast vor Dürre eingeht, stürzt während des *) Ich erlaube mir im Hinblick darauf, dass es vielleicht von Interesse für einen oder den andern der Herrn Leser ist, zu bemerken, dass ich meine naturgeschichtliche Ausbeute excl. der Vögel einigen meiner Freunde un- ter der Bedingung verehrt habe, noch im Laufe des Jahres 1862 der Wissenschaft Bericht abzustatten. So behandelt Herr Kaufmann F.D. Hey- nemann zu Frankfurt a. M. und Dr. Dohrn jun. zu Stettin die Mollusken, Herr Schöff v. Heyden und Lucas von Heyden die Blattwanzen, Fliegen und Spinnen, die Herrn Gebrüder Semper in Hamburg die wenigen Schmet- terlinge , Herr Dr. Georg Haag-ßutenberg in Frankfurt a. M. die Käfer. 2* 20 Alex. v. Homeyer: Winters der Regen in Ueberfluss. Das Vorkommen der Vögel wird natürlich von diesen Verhältnissen beeinflusst, wird von ihnen ab- hängen müssen. Und so haben wir es auch erfahren, während im Winter Tau- sende von Schwimmern und Watern am Prat und Bufera ihr Do* micil aufschlagen, sind während des Sommers jene Ufer oft ohne Leben. Die Balearen sind arm an Brutvögeln; nur wenige von ihnen gewähren als karakteristische Vögel des Mittelmeer- beckens ein besonderes Interesse; andere Vögel treten in grosser Anzahl oft unter den verschiedensten Oertlichkeitsverhältnissen auf; viele Arten hingegen vermisst man mit Recht, weil sie in den benachbarten Küstenländern Vorkommen, so namentlich fast ganz die Afrikaner. Bei diesen ungünstigen Verhältnissen, die mir ja ganz fremd waren, wurde ich fast an mir selbst irre ; fast tagtäglich ging ich auf die Jagd, und fast nie sah ich Etwas von Interesse. Woher kommt das? fragte ich mich, ist es etwa meine Schuld, — kann ich nicht sehen, — verstehe ich nicht zu beobachten? — Ich hätte ver- zweifeln mögen. In Algier glaubte ich, müsste es sich entschei- den, an wem die Schuld läge. Und Algier beruhigte mich auch, hier sah ich Aedon hier sah ich A. bubulcus, hier sah ich die südlichen Saxicolae, welche ich auf den Balearen nicht gefunden, welche ich jedoch ganz bestimmt zu Anden erwartet hatte. So hoffe ich denn trotz alledem später doch Einiges, wenn auch nicht Vieles in diesen Blättern zu bringen, und ist die Reise nach Algier mir nach einem längern Aufent- halt auf den Balearen doppelt lieb geworden, weil sie mich in den Stand setzte über Streitfragen wie z. B. über klimatische Va- rietäten, Rassen und Arten, z. B. über Fringilla coelebs und spodi- ogenys, über Parus coeruleus und ultramarinus etc. zu entschei- den. Was dann mein Wirken auf den Balearen selbst anbetrifft, so machte ich einige Beobachtungen über Fortpflanzung, Lebens- weise, Stimme und Jugendkleider, wobei Silvia Cef Hi, Cisticola und sarda in erster Linie stehen. Gehen wir nun zurück zur Karakteristik : Die Steindrosseln sind echte G-ebirgsvögel, oder besser wohl noch gesagt, echte Felsenvögel, und deshalb auf den Balearen, namentlich aber auf dem gebirgigen Theil Mallorka’s recht zu Hause. Petrocossyphiis cyaneus hält die Höhe, saxätilis die Vor- berge doch treffen sie sich auf halbem Abhänge, am Liebsten in Die Balearen. 21 den alten Oliven-Plantagen, wenn daselbst Steingeröll vorhan- den, und nackte Felsen nicht zu fern stehen. Während wir ihren lieblich melancholischen Gesängen lauschen, kreist der König der Vögel, der Steinadler ( Aquila fulva) über uns, über dem Gipfel der Gebirge, und entschwindet unserm Auge nach der Ebene zu. Am Abhange ist es in der Strauchregion lebhaft, hier ist es Sylvia melanocephala mit ihrem Individuen-Reichthum fast allein, welche Leben schafft, es sei denn, dass sich zu ihr noch eine Cou- sine, die kleine sarda gesellt, doch dann darf das Gebüsch nicht zu üppig, auch das Meer nicht zu entfernt sein. — Auch Perdix rufa lockt aus dem dürftigen Haferland jetzt, während ein Trupp Kreuzschnäbel an den Zapfen von Pinus halepensis arbeitet, und die spanische Älauda cristata mitten aus dem Eichenwald ihre Klagelieder pfeift. Hier auch hören wir deutsche Stimmen, Frin- gilla coelebs schlägt uns freundlich entgegen, Cuculus canorus ruft, Parus major lockt, Columba palumbus ruchst, doch auch ein klei- ner Fremdling, die Sylvia Natter eri lässt dazwischen sein Lied- chen hören. — Auf den pflanzenarmen Plätzen, namentlich wenn sie von Geröll überschüttet sind, läuft Oedicnemus crepitans in abenteuerlicher Gestalt den Gebüschrand entlang und scheu ent- fliehend, wenn wir kommen, während Anthus campestris sein cirlui rufend jn die Luft steigt. In den üppigen Schluchten hören wir unsere Amsel ( Turdus merula), selbst unser Troglodytes parvulus schmettert uns mit be- kannter Kraft sein Lied entgegen, während Sylvia luscinia am Quell sitzend, ganz auf deutsche Weise uns entzückt; Emberiza cirlus hingegen treffen wir als eigentlichen Repräsentanten der Mittelmeer-Fauna. Auch am Fuss und auf den Vorhöhen hören wir Bekannte singen, hier ist es das muntere Corps der Finken, der Grünlinge, der Stieglitze, der Hänflinge und der Girlitze; doch auch Frin- gilla petronia schreiet aus dem Astloche hervor, und Strix noctua meridionalis in die Nacht hinein. — Lanius rufus, Emberiza mili- aria und Saxicola rubicola dürften für den Fuss des Gebirges als eigentliche Karaktervögel angesehen werden, die ersteren in den Baumgärten, die letztem auf den Sträuchern; — auf dem freien Felde hingegen ist es Älauda brachydactyla. Am Sumpf ist es vor- zugsweise Sylvia Cettii , welche Leben schafft, dann auch Rallus aquaticus mit seinem Grunsen und Quicken, wie Circus rufus und 22 Alex. v. Homeyer : Ibis falcinellus . Am Strande schliesslich läuft Charadrius cantia- nus und Maticida behende, während paarweise der unzertrennliche Corvus corax bedächtig schreitet, und weiter hinaus im Meere bei den Delphinen und fliegenden Fischen sehen wir Larus cachinnans , Puffinus cinereus und Thalassidroma pelagica. Was die Yierfüssler anbetrifft, so herrscht auch hier eine gewisse Armuth. Das Pferd ist klein, gedrungen und nicht schön übrigens ein guter Karrengaul; man kreuzt es vielfach mit dem Esel. Oft gehen diese Bastarde so in die Type eines der Eltern zurück, d. h. bei 2ter oder 3ter Mischung, mit einem der Racen- thiere dass sie kaum noch als Bastarde zu erkennen sind, wobei als Hauptkriterium stets die Länge des Ohrs und die Beschaffenheit des Schwanzes gilt; übrigens sind diese Mischlinge die nützlich- sten Zugthiere. Die Kühe werden mehr und mehr durch das Schwein ver- drängt; Butter braucht man ja nicht, Olive und Schweinefett er- setzen sie dem Spanier vollkommen. Die Schafe sind gross, sie haben das Gesicht und die Beine bis zum Knie kurz behaart, übrigens eine grobe lange haarige Wolle. Die Ziegen sind in der Regel von gemsenartiger constanter Färbung und von seltener Schönheit, zuweilen sind sie halb verwildert, wie auf den Höhen zwischen Arta und Son Serre. Es ist wohl möglich, dass der Mufflon (Ovis musimon) mit ihnen verwechselt wurde, welcher nicht auf den Balearen vorkommt. Das grösste wilde Thier ist Lepus timidus, unser gewöhnlicher Hase, vielleicht ein wenig röther, er ist nicht häufig und sitzt gern auf den gegen Süden gelegenen Vor- bergen. Lepus cuniculus ist dagegen ausserordentlich häufig, na- mentlich auf Dragonera und Conejera, welch’ letztere Insel über- setzt Kaninchen-Insel heisst. Die Jagd mit dem Frettchen, wel- ches nicht wild vorkommt,*) ist sehr beliebt, zum Hetzen bedient man sich eines kurz gestellten kräftigen Windhundes mit langen spitzen Ohren. Dabei sei auch bemerkt, dass ich in Palma eine Hunderace fand, welche ich für weiter Nichts, als für den im Aussterben begriffenen Mops halte. Ich habe die früheren Mopse nicht mehr aus eigener Anschauung kennen gelernt, das aber, was man mir von ihnen erzählt hat, passt vollkommen auf diese bale- arische Type. Auch unsern Igel sah ich 1 Mal auf Menorka, wie bei Herrn ') Die Viverra Genetta sah ich 1 Mal ausgestopft als auf Menorka erlegt. Die Balearen. 23 Dr. Weiler in Palma das Eichhörnchen im Käfig. In Esporlas traf ich einen hamsterartig gefärbten Schläfer von der Grösse ei- ner Ratte in einem alten Vogelnest sitzend, und zwei Mal auf freiem Felde das kleine Wiesel; Feldmäuse hingegen sah ich nie- mals, dagegen bei Alcudie Maulwurfshaufen; ob dieselben aber von unserm Maulwurf oder von caeca herrührten, konnte ich na- türlich nicht bestimmen. Die Fledermäuse flogen ziemlich häufig und fiel dabei eine Art auf, welche sich durch ihre Grösse aus- zeichnete, oft genug habe ich an Strix noctua gedacht. — Zum Schlüsse noch einige Worte über die Bewohner selbst: Der Baleare hat Araberblut in seinen Adern, der Körper ist pro- portionirt und schön, mittelgross mit freiem Blick. Die Sprache weicht von dem Spanischen ab und steht in Beziehung zum Ita- lienischen, Catalonischen und dem platten Süd-Französischen. Der Mallorkiner ist von dem Mahonesen, dem Bewohner Menoi'ka’s, sehr verschieden, er ist still, ein Wenig langsam, doch betrieb- sam, er liebt den Ackerbau, und ist zufrieden, wenn er zu leben hat, viele Bedürfnisse hat er nicht, dabei ist er ehrlich, und hasst das gemeine Verbrechen, namentlich den Diebstahl; von sich ist er sehr eingenommen. — Der Mahonese liebt den Handel und den Ackerbau, ist sehr lebhaft und hält sich dem Mallorkiner gegenüber für klug. Was das Weib anbetrifft, so ist das von Mallorka das Schönste, was ich je gesehen: die Andalusierin ist eine strahlende, die Mallorkinerin eine stille Schönheit mit rund- lichen Formen und äusserst sanftem und doch feurigem Auge, wobei die lange Wimper das Fächerspiel prächtig versteht. Glogau im Dezember 1861. (Fortsetzung folgt,) 24 Dr. Th. v. Heuglin: Beiträge zur Ornithologie Nord-Ost-Afrika’s. Von Dr. Th. v. Heuglin. (Fortsetzung vom November-Heft 1861, S. 417—432.) III. Uelier die flnkenartigen Vögel des obern Ain-Saba-Gebietes und der Samhar-Küste. Genannte Theile des Nord -Ost -Afrikanischen Küstenlandes sind nicht arm an Finken, doch fehlen namentlich die für das tropische Afrika so charakteristischen Ploceus- (Hyphantornis-) Arten fast gänzlich, ebenso Euplectes , Coliuspasser und eigent- liche Sperlinge, von welchen nur eine einzige Art vorkommt. Reichlicher treffen wir vorzüglich Amadina- und Estrelda- Arten, zwei Viduen und mehrere Serinus- ähnliche Finken. So ziemlich alle diese sind gute bis sehr gute Sänger: von Textor alecto habe ich nur einen drosselähnlichen Angstruf und ein unschönes Ge- zwitscher und zänkisches Geschrei gehört, Passer Swainsonii hat auch etwas gemein sperlingartiges im Ruf, die kleinen Estrelden und Amadinen singen angenehm aber wenig laut, auch Ploceus , Euplectes und Plocepasser, namentlich letzterer, hat manches von unserm Passer clomesticus und dabei ein ammerartiges Zirpen; Se- 7'inus xanthopygus ist ein sehr fleissiger und guter Sänger und hat — wie auch Crithagra leucopyga viel vom Gesang des Girlitz. Betreffs des Nestbaues und Färbung der Eier finden wir ganz auffallende Verschiedenheiten. Fringilla minima und theilweise F. Swainsonii nisten ziemlich kunstlos unter Strohdächer, Frin- gilla cantans ist theils Schmarozer und benutzt Webervogelnester, die sie nach eigenem Bedürfniss und Geschmack ausgefüttert, wahrscheinlich auch Fr. plioenicotis. Vidua erythrorhyncha baut wie Hyphantornis galbida sehr feste künstliche Beutelnester, Fringilla detruncata , Plocepasser super ciliosus und wohl auch Xanthodira haben sehr grosse, aus langen, nicht umgebogenen trockenen Gras- halmen gefertigte, oft mit besonderem Schutzdach versehene Woh- nungen, Textor alecto endlich brütet in grossen Gesellschaften und zusammenhängenden Bauen. Bei einigen Webervögeln und Plo- cepasser superciliosus hat a* nnd J ein besonderes Nest. Die Farbe der Eier variirt zwischen rein weiss, roth, grün, braun, in allen möglichen Zeichnungen und Hyphantornis galhula macht so ver- Beiträge zur Ornith. N.-O.-Afrika’s. 25 schieden gefärbte Eier, dass ich oft glaubte, offenbar nicht gleich- artige vor mir zu haben. 1. Alecto (Less.) albirostris Sw. Textor alecto Temm. Gemein in den Bogosländern auf Viehweiden und meist in Ge- sellschaft von Lamprotornis cyanotis, L. rußventris und L. ae- neocephalus Heugl. Brütet Ende September gemeinschaftlich auf Adansonien. Das Nest besteht aus dürrem Reis, von dem eine grosse Quantität, oft eine Masse von 5— 8' Länge und 3—5' Breite und Höhe zwischen tauglichen Astgabeln aufgehäuft wird. In ei- nem solchen sind 3—8 Nester tief im Innern angelegt und diese mit feinem Gras und Federn gefüttert. Sie enthalten 3—4 Eier von graulich weisser Grundfarbe meist mit grossem grauen, zu- weilen leberbraunen Punkten und Flecken bedeckt. Sie sind eigestaltig bis eiförmig, selten stumpf rundlich und sehr feinschalig. Alecto Dinemelii Horsf. — auch gesellschaftlich auf Viehtrif- ten lebend, kommt nur in Schoa und am mittlern Lauf des Bahr el abiad vor. Nach Lefebvre (Voy. en Abiss. Ois. p. 108) wäre diese schöne Art auch im östlichen Abyssinien. Sycobius melanotis Lafres. (nec. Pl. melanotis Swains. nec Guer.) haben wir aus Schoa und vom oberen blauen Fluss, aus Fazoglo, Kamamil, Beni-Schangol etc. erhalten, und eine ihr in Fär- bung nahe stehende zweite Sycobius- Art, S. pyrrhocephalus nob. ( Euplectes pyrrhocephalus Heugl. Syst. Uebers. Nr. 384.) kleiner, mit braungrauem Rücken vom obern Bahr el abiad. 2. Hyphanto rnis (Bp.) chrysomelas Heugl. Fring. chrysomelas Heugl. Syst. Uebers. Nr. 418. — Paar- weise auf Triften und längs Regenbetten in den Bogos. H. personato (Vieill.) similis sed minor, nigredine capitis mi- nus extensa pectus versus prolongata, in apicem decurrente; colli lateribus citreis (nunquam aurantiacis) nucha flavo vir i de. — Long. tot. 4"; rostr. ä fr. 5"'; al. 2" 3"'; cauda emarginata 1" 5"'; tars. 71'"; iride coccinea, rostro nigro, ped. coerulescentibus. Westafrikanische Exemplare von PL personatus, die ich zur Vergleichung benutzte, sind um ein Ansehnliches grösser, auch grös- ser als Hartlaubs Orig. Exemplar für seine Beschreibung in der Syn. W.-Afr. p. 123. Brütet im September in kleinen beutelför- migen, aus zarten Wurzeln gefertigten Nestern in denen ich 2 — 3 rein weisse Eier fand. 26 Dr. Th. v. Heuglin: 3. Textor Bp. flavoviridis Rüppell. Nach Rüppell im Modatthal in der Sjypihar-Küste. Ich be- merke hier beiläufig, dass ich der Ueberzeugung bin, dass Bo- naparte Unrecht hat, wenn er den abyssinischen Ploceus larvatus Rpp. mit P. flavo-viridis Rpp. vereinigt. Bekanntlich bauen bei den Webervögeln bloss die Männchen und ich habe in Central-Abys- sinien im Monat Januar PL flavo-viridis am Nestbau in Menge ge- funden, niemals aber ein Individuum dabei beschäftigt gesehen, das in Färbung nur entfernte Aehnlichkeit mit PL larvatus ge- habt hätte. Ebenso hat Bonaparte sicher PL intermedius Harris aus dem Londoner Museum nicht mit PL vitellinus Licht, verglichen ; denn von Gleichartigkeit derselben kann keine Rede sein. Auch Gesang, Betragen und Aufenthalts-Ort sind sehr verschieden. 4. Hypliantornis aurifrons Temm. Nach Rüppell im Samhar-Küstenland, nach Lefebvre um Adoa gefunden. Ob das der ächte PL abyssinicus Less.? 5. Textor (Bp.) galbula Rpp. Sehr häufig im Samhar und den Bogos, am Meer südwärts bis in’s Somali-Land angetroffen. Brütet ähnlich dem PL vitellinus in beutelförmigen, aus Grasblättern (nicht Halmen) erbauten Nes- tern, an deren Anfertigung die Männchen die ganze Brützeit über (von Juli bis October) in Vorrath arbeiten; zuweilen viele Paare auf ei- nem und demselben Baum, so dass man oft 30--50 Nester zählen kann. Die Eier haben weisse, röthlich weisse, bis rosenröthliche und spangrüne Grundfarbe und sind gewöhnlich gegen das stumpfe Ende kranzförmig gefleckt. Die Farbe der Fleckchen und Trop- fen wechselt zwischen violett, violettbraun und schwarz. Länge 9 — 10"'* auf 6— 6£'" Breite. 6. Textor melanotis Guer. — Hypliantornis Guerini Gray. Le- feb. Voy. Ois pl. IX. fig. media. Long. tot. 5" 9"'; rostr. vix 8'"; al. 2" 10'"; tars. 11"'; caud. 2" 2'"; iride pallide flava. Nicht häufig in der Provinz Mensa, am Fuss des Debra-Sina, auf Hochbäumen brütend, und ähnliche Nester bauend wie PL gal- bula. Ich fand diesen Vogel vor Jahren ziemlich häufig in Ost- Abyssinien (namentlich den Thälern des Takasseh) und hielt ihn einer unrichtigen Bestimmung im Stuttgarter Natur alien-Cabin et zu folge für identisch mit PL aurantius Vieill. (Heugl. syst. Uebers. Nr. 369.) Das Nest ist grösser, plumper und aus rauherem Ma- terial gefertigt, als das von P. galbula und daher leicht zu unter- scheiden ; die Eier dagegen sind nicht in Grösse verschieden, meist Beiträge zur Ornith. N.-O.-Afrika’s. 27 röthlich weiss mit purpurbraunen verwaschenen an den stumpfen Spitzen mehr zusammengedrängten Flecken. Ich fand in mehre- ren Nestern nur 2 Eier. Vielleicht gehört hierher mein PI. leu - cophthalmos, der das Winterkleid von PI. melanotis sein könnte. 7. Textor rubiginosus Rüpp.? Capite toto et collo antico nigris, dorso, pectore, abdomine, uropygio et tectric. caudae aurantiacis, collum versus intense et laete castaneo-lavatis; — subalaribus citreis, alis et cauda nigricantibus, flavo marginatis, iride rubrobrunnea. Long. vix 6" ; rostr. a. fr. 7"; al. 2". JO"'; caud. 1" 10'"; — rostro nigro, pe- dibus rubentibus. Wie es scheint — selten — in der Provinz Barka. 8. Plocepasser (Smith) super ciliosus Rpp. Häufig in den Bogos- Ländern. Brütet im August und Sep- tember in sehr grossen, aus dürren Strohhalmen erbauten tiefen Nestern, meist mit nach abwärts führender Röhre, oder mit einem besonderen Schirme bedeckter OefFnung. Neben dem Nest des 5 steht gewöhnlich das des cT, das immer zwei nach abwärts führende Zugänge hat. Ich fand zwei Eier in einem Nest, 10|'" lang und 6p" breit, eigestaltig, feinschalig, röthlich weiss mit kleinen verwaschenen, gegen das stumpfe Ende etwas zusammen- gedrängten, sehr hellrosenrothen Strichelchen und Fleckchen, die nur bei ganz genauer Betrachtung des Eies in die Augen fallen. Her als PI. superciliosus , alter Vogel, Lefeb. Voy. IX. Fig. 2. abgebildete Vogel vom Bahr el abiad ist PI. melanorhynchus Rpp., der nur in Schoa, aber nicht im eigentlichen Abyssinien vorkommt ! ! Nigrita Arnaudi Puch, vom Bahr el abiad ist identisch mit meiner Fringilla molybdocephala (Syst. Uebers. No. 421.) 9. Sporopipes (Cab.) frontalis Vieill. Sehr gemein auf Buschwerk, Hecken und um Wohnungen in den Bogos. Nest ähnlich dem von Plocepasser, aber kleiner und die Nesthöhle dicht mit feinen, wolligen Pflanzen und Federn aus- gefüllt. Ei rundlich, eigestaltig, gegen 7'" lang und 5'" breit, von bräunlich grauer Grundfarbe, glänzend, mit dunkleren graubrau- nen Flecken über und über gleichförmig bedeckt. Den verwandten Sp. lepidopterus haben wir nur im Siidwestl. Abyssinien und aus der Gegend von Fazoglo erhalten. 10. Quelea Reich, orientalis (Quel. sanguinirostrisf — ) Q. occidentali (Sund.) major, capite rubente ochraceo, loris 28 Dr. Th. v. Heuglin: genis gulaque (sed non fronte) nigris, rostro sanguineo, pedibus, unguibus et periophthalmiis nudis pulchre mineis, iride brun- nea. — Long. tot. 4", 10"'; rostr. a. fr. 6""; al. 2", 7 caud. 1", 6"'; tars. 9'". In grossen Schaaren zur Regenzeit in den Bogos-Ländern, scheint aber nicht da zu brüten. Die im benachbarten Abyssinien so häufigen Euplectes - Arten (E. franciscanus , E. Petiti , E. craspedopterus , E. xanthomelas ) und Pentheria- Arten habe ich hier nicht beobachtet. 11. Steganura (Rchb.) sphenura Yerr. — St. Verreauxi Bp. Nicht selten von August bis December an der abyss. Küste südwärts bis zum Adail-Land, in den Bogos und im Barka. 12. Vidua (Reiclib d) principalis L. — V. erythrorkyncha Sw. Nicht selten zur Regenzeit in den Bogos. Die hiesige Wittwe scheint etwas grösser als die west- afri- kanische; alle von mir untersuchten Exemplare haben schwarzes Kinn. 13. Hyp ochera (Bp.) ultramarina Gmel. cT coracino cyanea; rostro pallide rubro, pedibus mineis. Ziemlich selten in den Bogos-Ländern und nicht Dorfbewohner wie im Sudan. Dort unter Dächern brütend. Eier bläulich milch- weiss. — 14. Am a di na (Sw.) fasciata Gm. - — Fringilla detruncata Licht. In Flügen im Samhar-Küstenland. 15. Uroloncha (Cab.) cantans Gm. In kleinen Gesellschaften oder Familien im Samhar qnd den Bogos. Brütet in verlassenen Webervogelnestern, die fein aus- gefüttert werden auf 3—5 reinweissen, sehr feinschaligen Eiern. 61'" lang und 41"' breit. — Ortygospiza polyzona aus Abyssinien scheint hier nicht zu sein, Amadina sanguinolenta Lefeb. Ois. pag. 174 und Fring. erythrocephalq Lin. aus Ti grell sind mir nicht bekannt, als ost- afrik. Vögel. 16. Estrelda (Sw.) phoenicotis Swains. Sehr häufig im Samhar und den Bogos. Nest aus sehr feinen Strohhalmen erbaut, mit weichen Gras- blumen gefüttert, enthält 3 bis 4 rein weisse, etwas walzen- förmige Eier von der Grösse derer von F. cantans. Ich glaube, dass diese Art auch dann und wann die Nester von Ploceus gal- Beiträge zur Ornith. N.-O.-Afrika’s. 29 bula zum Brüten benutzt. Eierzahl 3 — 4 von rein weisser Farbe, angebrütet weniger durchscheinend und bläulich milchfarben. 17. Estrelda leucotis Heugl. Estrelclae astrild, rhoclopterae etc ., similis ; gula et genis argen- teo albis, crisso et subcaudalibus nigricantibus, puniceo indutis7 plumis apice albido - variegatis ; subcaudalibus, uropygio, margini- bus pogoniorum exteriorum, tectricum alae majorum et rectricum scarlatinis; gastraeo nunquam roseo induto; rostro rubento fusco; pedibus fuscescentibus; iride pallide brunnea. Long. 3", 8'"; rostr. a. fr. fere 4"'; al. 1", 8|"'; tars. öl"'; caud. 1" 7'". Foem. pallidior, colli colore absoletiore, subcaudalibus palli- dioribus, his et tectric. alarum ut in mare rubrö indutis ; rostro vix nigro. Nur 1 Paar um Keren angetroffen , und jedenfalls nicht mit E. rhodoptera zusammenfallend. 18 Estrelda minima Vieill. Nicht selten in Dörfern und längs Regenbetten in den Bogos und dem Küstenland. Zur Paarungszeit hat das * * 5. Psittacodis magnus. fy** m * 6. „ Tanygnaihus macrorhynchos. „ 7. » Aprosmictus No. 7, unter dem Namen- Arijat bekannt, ist bei Weitem der seltenste und leider mir nie zu Gesicht gekommen; ob der Yogel zu Aprosmictus amboinensis gehört, muss noch näher untersucht werden. Kak atu s und Loris fehlen der Insel. * Amboina. * 1. Psittacus, Trichoglossus capistratus. * 2. yy ,, placentis. * 3. yy Eos rubra. * 4. V ,, reticulata. * 5. yy Lorius domicella. * 6. yy Eclectus grandis. -X- 7. yy Psittacodis magnus. * 8. yy Tanygnathus macrorhynchos. -X- 9. yy Geoffroyus personatus. * 10. yy Plyctolophus moluccensis. „ Alle sind häufig mit Ausnahme von No. 10, welcher eigent- lich nicht als Standvogel auf Amboina angesehen werden kann, sondern nur von der nahen Küste Ceram’s überfliegt. Psittacus domicella ist unter dem Namen L uri e oder Ninri e, und Eclectus grandis unter dem von Kastor ie bekannt; Ersteren findet man ge- wiss in jedem Hause gezähmt vor. Von No. 3 besitze ich in meiner Sammlung ein prächtiges Exemplar, welches um die Hälfte grösser, und von No. 8 ein solches, das bedeutend kleiner ist wie gewöhnlich. * * •x- * * * * * * 1. Psittacus, 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. * Cer am. Aprosmictus amboinensis. Trichoglossus capistratus. „ placentis. Eos rubra. ,, reticulata . Lorius domicella. Eclectus grandis. Psittacodis magnus. Tanygna thus macrorhynch os . 62 H. v. Rosenberg: Die Vertheilung der * 10. Psittacus, Geoffroyus personatus. *11. „ Plyctolophus moluccensis. No. I der seltenste von Allen, lebt mehr im Inneren, an einzelnen Stellen jedoch auch an der Küste, wie z. B. in der Nähe von Wahai auf der Nordküste; er ist bekannt unter dem Namen Kastorie-Rad j a, und wird zuweilen lebend nach Amboina gebracht, stirbt aber bald in der Gefangenschaft. No. 2 findet sich zumal in den strichweise der Nordküste entlang wachsenden Kasuarinen, deren Saamen er sehr liebt. No. 3 und 10 finden sich nur in manchen Localitäten häufig, während dagegen alle übri- gen über die ganze Insel in gleicher Menge verbreitet sind. Namentlich gilt dies von No. 11, welchen man als einen der ge- meinsten Vögel überall sieht und hört und vor vielen Wohnungen gezähmt antrifft. B a t j a n. 1 . Psittacus, Trichoglossus placentis . Eos ricinata. „ Lorius garrulus. „ Psittacodes magnus. „ Tanygnathus macrorhynchos. „ Geoffroyus cyanicollis . „ Plyctolophus cristatus. ; , * Ternate. 1. Psittacus, Trichoglossus placentis. * 2. ,, Eos ricinata. * 3. „ Lorius garrulus. 4. „ Psittacodes magnus. No. 2 und 3 finden sich ausserordentlich häufig und sind be- liebte Hausvögel. Halmaheira. 1 . Psittacus, Aprosmictus hypophonius. S . nüilx . 2. Eos ricinata. 3. „ 3) coccinea. LJfc , 4. „ Lorius garrulus. 5. „ Tanygnathus macrorhynchus. 6. „ Geoffroyus cyanicollis. 7. „ Plyctolophus cristatus. No. 1 soll wie sein Gattungsverwandter auf Ceram mehr im Inneren leben. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Psittaciden über die Inseln d. ostind. Archipels. 63 * Misool. * 1. Psittacus, Chalcopsitta novae Guineae. - „ Opopsitta Desmaresti. % „ „ diophthalma. „ Nasiterna pygmea . „ Microglossus aterrimus. „ Plyctolophus aequatorialis. &*** • * 2. * 3. * 4. * 5. * ß u. ,, No. 1 ist nicht selten, lebt in kleinen Truppen und streicht bis zur Küste. No. 2 und 3 leben mehr im Inneren. No. 4, der seltenste von Allen, ist wegen seiner geringen Grösse und grünen Farbe schwierig zu bekommen, und No. 5 wird öfter ge- fangen und nach Ternate und Amboina gebracht, woselbst das Stück zwanzig bis fünfundzwanzig Gulden gilt. * Salawatti. * I. Psittacus , Trichoglossus nigrigularis. * 2. » Aprosmictus dorsalis. 3. V Lorius tricolor. PQ4 * 4. yy Eclectus cardinalis. 5. yy Opopsitta Desmaresti. 6. yy „ diophthalma. * 7. yy Psittacodis magnus. * 8. yy Tanygnathus macrorhynchus. 9. yy Nasiterna pygmea. * 10. yy Microglossus aterrimus. * 11. yy Plyctolophus aequatorialis. Alle angeführten Arten, mit Ausnahme von No. 9, sind in bestimmten Lokalitäten sehr häufig zu finden. * Waigeü. I. Psittacus , Chalcopsitta rubiginosa. 2. yy Eos guebensis. 3. yy Lorius tricolor. 4. yy Psittacodis Stavorini. 5. yy Microglossus aterrimus . 6. yy Plyctolophus triton. Unzweifelhaft beherbergt die Insel noch mehrere Species als die genannten. So sahen Quoy und Gaimard in den Wäldern von Kawak einen kleinen schwarzen Kakatu, dessen sie jedoch nicht habhaft werden konnten; während meines kurzen Aufent- haltes auf Waigeu erfuhr ich jedoch nichts von der Existenz eines solchen Kakatus. 64 H. y. Rosenberg: Die Vertheilung der * Neu-Guinea. * 1. Psittacus, Aprosmictus dorsalis. 2. Charmosyna papuensis. * 3. >> „ pectoralis mihi. * 4. Trichoglossus nigrigularis. * 5. >> Chalcopsitta scintillata. * 6. Eos lencopygialis mihi. * 7. Lorius tricolor. * 8. Eclectus cardinalis. * 9. >> Opopsitta Desmaresti. * 10. >? „ diophthalma. * 11. Psittacodis magnus. * 12. >> Tanygnathus macrorhynchus. 13. Geoffroyus Pucherani. 14. Nasiterna pygmea. * 15. Alicroglossus aterrimus . 16. „ Alecto. * 17. V Plyctolophus triton. No. 3 und 6 entdeckte ich im Mai 1858 gleichzeitig mit dem englischen Zoologen R. A. Wallace in der Gegend von Doreh und zwar in dem hohen Urwalde hinter dem Dorfe Lonfobie. Verschiedenartig schattirtes Braun mit scharlachrother Abzeich- nung an Kopf, Bauch und Flügeln und weisser Unterrücken sind die Farben von No. 6; merkwürdiger Weise giebt es eine selt- nere, genau ebenso gezeichnete Abänderung, welche jedoch gelbe Färbung an der Stelle der rothen hat. No. 3 ist ähnlich gezeich- net wie Charmosyna papuensis, nur sind die bunten Flecke anders auf dem rothen Grunde vertheilt und sieht man auf der Brust weisslich gelbe Längsflecke. Alicroglossus Alecto halte ich für keine besondere Art, sondern nur für den jungen AI. aterrimus. AI. Alecto habe ich niemals zu sehen bekommen, wohl aber ver- schiedene junge Vögel von AI. aterrimus , welche, wie es mir so vorkom, sehr auf die Beschreibung von Al. Alecto passten. Al. atemimus heisst an der Nordwestküste Kasmalos, und ist ziemlich häufig, sowohl am Strande, wie mehr im Inneren. Der gemeinste ■ von Allen aber ist Plyctolophus triton , welcher streng genommen, kaum zu unterscheiden wäre von Plyctolophus galeritus. Zufolge Aussage der wilden Bewohner, lebt im Inneren ein langgeschwänz- ter schwarzer Kak atu mit befiederten Wangen, der Al. aterrimus Psittaciden über die Inseln d. ostind. Archipels. 65 weit an Grösse übertreffen soll, und demnach wahrscheinlich der grösste aller Psittaciden wäre. Inseln im Geelvinks-Busen. * 1. Psittacus, Eos cyanogenia. 2. „ „ semilarvata. h'; - * 3. „ Lorius superbus. 4. ,, Dasyptilus Pecqueti. (?) Nr. I und 3 erhielt ich während meines Aufenthaltes zu Doreh lebendig, von welchen Exemplaren noch im Augenblicke einige am Leben sind. Yon No. 4 kennt man bekanntlich bis jetzt nur ein einziges Exemplar, dessen näheres Vaterland noch immer ermittelt werden muss. Aru-Inseln. * 1. Psittacus, Trichoglossus nigrigularis. 2. „ „ coccineifrons. * 3. „ „ placentis. 4. ,, Ghalcopsitta scintillata. * 5. Eclectus cardinalis. * 6. Opopsitta diophthalma. * 1. „ Psittacodis magnus. 8. „ Geoffroyus aruensis. 9. „ Microglossus intermedius. f ^ ; , - 10. h Plyctolophus triton. Alle aufgezeichnet nach einer Angabe des Herrn Wallace. Ob Microgl. intermedius eine wohl zu unterscheidende Species wäre, bezweifle ich noch mehr wie bei M. alecto. Key-Inseln. * 1. Psittacus , Tnchoqlossus placentis. * 2. „ Eos * 3. ,, Psittacodis magnus. und wahrscheinlich noch einige andere Arten. No. 2 ist reiner gezeichnet wie Eos reticulata und mit einem himmelblauen Fleck auf dem Ohre. Tenimber. I. Psittacus, Eos ein niedliches Thier, welches ich zu Amboina einige Zeit lebend besass, mir jedoch auf unbegreifliche Weise abhanden kam. Die Farbe ist roth mit schwarz, mit breiten ultramarinblauen Längs- flecken auf dem Rücken. Der Vogel ist selten zu bekommen. Journ, f. Ornith, , X. Jahrg. Nr. 55, Januar, 1862. 5 66 H. v. Rosenberg: Die Vertheilung der * 1. * 2. * 1. 2. 3. 4. 5. * 6. yy Wahrscheinlich leben auf der Insel noch verschiedene der timo- resischen Arten. * Banda-Inseln. Psittacus , Eos rubra. „ Trichoqlossus capistratus. * Timor. Psittacus, Platycercus vulneratus. „ Trichoglossus haematodus. „ Belocercus euteles. yy yy wis. Geoffroyus personatus. Plyctolophus citrinus. Alle aufgezählt nach einer Angabe von S. Müller. Sumbawa. 1. Psittacus, Ti'ichoglossus Forsteni und wahrscheinlich noch einige andere Arten. Zu Anfänge dieses Jahres sah ich auf Hila, einem Dorfe auf der Westküste von Amboina, einen kleinen weissen Kakatu mit scharlachrother Iris, welche sonst immerwährend und bei allen Arten dunkelbraun gefärbt ist; woher der Vogel gekommen, wusste mir der Eigenthümer nicht zu sagen. Eclectus Carolinae, Psittacodis intermedius und Westermanni , Tanygnathus marginatus und Plyctolophus chrysolophus sind mir bis jetzt noch nicht zu Gesicht gekommen. Betrachten wir die in vorstehender Uebersicht genannten Inseln nach der Anzahl der Arten, welche auf jeder Gruppe leben, und fangen wir mit derjenigen Insel an, welche die mei- sten Arten zählt, so erhalten wir nachstehende Reihenfolge: Neu -Guinea mit 17 Arten, Cer am Salawatti Amboina Aru Bürü Batjan Halmahera Misool Waigeü Timor Celebes )* 11 10 Psittaciden über die Inseln d. ostind. Archipels. 67 Ternate ) GeelvinkshJ mit 4 Arten’ Sumatra Borneo / Buton Key Java 11 ^ il Xulla Tenimber ( „ 1 „ Sumbawa ; Fassen wir die Arten zusammen, so fänden sich nachfolgende aufgezählt, von welchen ich die mit * bezeichneten in meiner Sammlung besitze. * Psittacus, Palaeornis barbatulatus. * ?? „ pondicarianus. ?? Nanodes stigmatus. V Platycercus vulneratus . » Aprosmictus amboinensis . >> „ hypophonius. * >? „ dorsalis. >> w (Buru.) * » Charmosina papuensis. * „ pectoralis. Trichoglossus haematodus. * ?> „ capistratus. * ?? „ nigrigularis. * » „ ornatus. » coccineifrons. >> „ Förstern. „ placentis. >> Chalcopsitta novae Guineae . ??. „ scintillata. Eos rubra. „ reticulata. „ ricinata . „ coccinea. „ guebensis. „ leucopygialis. „ cyanogenia. „ semilarmta. 5 68 H. v. Rosenberg: D. Verth, d. Psittaciden d. ostind. Archip. * Psittacus, Eos (Key.) w (Tenimber.) * Lorius garrulus. * „ domicella. ft ?j „ tricolor. ft 77 „ superbus. * 77 Eclectus grandis. * 77 „ cardinalis. * 77 Psittacodis magnus. 77 „ Stavorini. * 77 Tanygnathus macrorhynchus. 77 „ Mulleri. 77 Balocercus euteles. 77 „ iris. 77 Prioniturus platurus. ft 77 Geoffroyus personatus. 77 „ cyanicollis. 77 „ Pucherani. 77 „ aruensis. * 77 Opopsitta Desmaresti . ft 77 „ diophthalma. * 77 Loriculus galgulus. * 77 Loriculus vernalis. 77 Agapornis malaccensis . ft 77 Nasiterna pygmea. ft 77 Microglossus aterrimm. 77 „ intermedius. 77 „ Alecto. 77 Plyctolophus cristatus. * 77 „ moluccensis. * 77 „ Triton. * 77 „ aequatorialis. * 77 „ sulfureus. 77 „ citrinus. 77 Dasyptilus Pecqueti. Im Ganzen 62 Arten, welche man ohne Uebertreibung auf 70 bis 75 bringen kann, sobald manche Inseln, zumal das Innere von Neu-Guinea, zugänglicher geworden sein werden. Südküste von Ceram, im Juli 1861. F. de Filippi: Ueber einige Vogel-Milben. Literarische Berichte. 69 Ueber einige Vogel-Milben nach Prof. Filippo de Filippi in Turin. (Estratto dall’ Archivio per la Zoologia, Anatomia e Fisiologia, mese di Giugno 1861.) Von Dr. R. Albrecht. Wenn die Entdeckung neuer Vogelmilben zunächst am meisten den Entomologen interessiren wird, so liegt sie doch auch dem Ornithologen nicht ganz fern, zumal, wenn, wie Hr. Prof. Filippi gefunden hat, in jedem Individuum einer gewissen Vogelart eine bestimmte Milbenart, in verwandten Vogelarten verwandte Milbenarten sich finden, so dass man aus den verwandten Vogelarten auf verwandte Parasiten und aus verwandten Para- siten auf verwandte Wirthsthiere schliessen kann. Nachdem Gene in dem Unterhautzellgewebe über dem grossen Brustmus- kel an der Stria; flammea constant eine Milbenart gefunden hatte, fand Filippi eine verwandte Art an derselben Körperstelle, constant an allen von ihm untersuchten Ardea nycticorax, eine andere Art bei einer A. garzetta und eine dritte bei mehreren Älcedo. ispida. Jedoch konnte er bei den verwandten Vögeln A , purpwrea, cinerea, minuta keine Milben finden. Die gefunde- nen stellt er als neues Genus Hypodectes auf und beschreibt sie so : „Hypodectes nycticoracis hat einen ziemlich länglichen Körper, ist l,30mm lang; die Glieder sind wenig entwickelt, es fehlen ihnen die wahren Ambulacren der Sarcoptiden, oder sind kaum angedeutet an der vorderen Extremität und zwar durch einen kleinen cylindrischen und gebogenen Fortsatz, welcher sich von der Basis des letzten Gliedes ausdehnt, welches an allen Extre- mitäten lange Borsten, die längsten an den Hinterfüssen trägt. Ich habe an jeder Extremität fünf Glieder gezählt. Die Epime- ren sind sehr entwickelt, die vorderen besonders; die des ersten Fusspaares berühren sich längs der Mittellinie des Körpers, die folgenden sind grösser, lassen zwischen sich einen kleinen Raum und ähneln durch ihre Form gleichsam zwei Flügeln. Es ist sehr schwer, genau die Mundorgane zu bestimmen. Man könnte sagen, dass sie an einander gelöthet sind. Der Mitteltheil scheint in der That die Oberlippe und die in ein Stück vereinigten Kiefer darzustellen. Die beiden Seitentheile, welche ihnen angeheftet sind und die sich durch dieselbe braune Farbe der Epimeren 70 F. de Filippi: auszeichnen, sind wahrscheinlich die Fühler. In einiger Entfer- nung von den Hintergliedern und in der Mittellinie des Bauches stellt eine kleine, durch zweihornige Scheiden geschützte Längs- spalte den Geschlechtsapparat dar. In der entgegengesetzten Körperseite sieht man eine hornige Stirnplatte und zwei sehr verlängerte Rückenplatten.“ „Was die innere Organisation dieser Art betrifft, so sind der besonderen Aufmerksamkeit drei Augen oder Aeugelchen würdig, die unter der Form von drei Körperchen mit rothem Pigment, die innerlich d. h. unter den Bedeckungen der Bauchfascie an den entsprechenden Theilen der Oesophagus- Ganglinmasse gela- gert sind. Das mittlere Auge ist auf der Brustbeinlinie, die durch das Berühren der beiden Epimeren der vorderen Extremitäten gebildet wird, die beiden andern in dem Felde der beiden fol- genden Epimeren gelegen.“ „Sehr verwandt dem H. nycticoracis durch die gesammte Ge- stalt und durch die Grössenverhältnisse und die Gegenwart der drei Augen, an derselben Stelle ist H. garzettae, der kaum durch eine verschiedene Form und Stellung der Kopf- und Rücken- platten unterschieden ist. Den beiden andern Arten in der S trix -fiammea und Alcedo ispida fehlen die Augen, sie habeu einen kürzeren Körper und deshalb einen kürzeren Zwischenraum zwi- schen den beiden vorderen und den beiden hinteren Fusspaaren. Die Charaktere an den Füssen, dem Mund und zum Theil auch an den Epimeren, sind auch ihnen als Charaktere des Genus ge- meinschaftlich. Ein anderer wichtiger, allen vier Hypodectes- Arten gemeinschaftlicher Umstand ist der, dass alle Individuen unverehelicht (agami) und in demselben Grade der Entwickelung sind; es finden sich nie jüngere oder ältere. Um es genauer auszu drücken, so sind sie wegen der Gegenwart der normalen Fusszahl keine Larven und wegen des Mangels an Geschlechts- organen keine vollkommen reife Individuen. In dieser Hinsicht und wegen des Mangels an einem deutlichen Mund, haben die Hypodectes etwas gemeinsames mit jener eigenthümlichen Art der Acariden, auf die Dujardin sein Genus Hypopus gegründet hat. (Ann. des sc. nat. 3me Serie tom. 12). Sie stellen einen Ueber- gangszustand dar, den man Nympfe oder zweite Larve nennen kann. Die letztere Bezeichnung ist meines Erachtens vorzuziehen, da sie den einfacheren Gedanken an eine Hypermetamorphosis einiger Acariden entsprechend der einiger parasitischen Insekten Ueber einige Vogel-Milben. 71 zulässt. Auch bin ich geneigt, in den Augen mit rothem Pigment der Reiher - Hypodectes einen Larven - Charakter zu sehen, wie auch in Analogie mit vielen andern Thieren, die nur im Larven- zustand mit Augen versehen sind, und wegen der rothen Farben des Pigments, die im Allgemeinen rudimentären und vergäng- lichen, oder Augen beim Beginn der Entwickelung eigen sind.44 Camba jun., Custos am zoologischen Museum in Turin, hat bei 4 Ardea nycticorax , in der Gegend der Parotis, eine andere Milbe gefunden, die F. als Hypodectes par oticus so beschreibt: „Ihre Dimensionen sind viel kleiner als die Hyp. nycticoracis , da sie nicht mehr als l,5mm* in der Länge messen. Ihre Form ist weni- ger verlängert, durch welche Charaktere, wie auch durch die an den Epimeren sie mehr den beiden andern Arten bei Stria flam - mea und Alcedo ispida ähnelt, ausser dass sie sich von denen so- gleich durch die Gegenwart der 3 innern Augen, wie sie bei den beiden Arten beider Reiher Vorkommen, unterscheidet.44 Die ge- fundenen Hypodectes- Arten stellt Filippi so neben einander: A. Körper ziemlich verlängert. Der Abstand zwischen dem zweiten und dritten Fusspaar beträgt ungefähr das Doppelte von der Körperbreite. Die Zweige der Epimeren der beiden ersten Fusspaare fliessen in der Art zusammen, dass sie einen Zwischen- raum umschreiben. Die beiden Zweige der Epimeren des dritten und vierten Fusses sind von beiden Seiten mit ihrer Extremität an ein gemeinsames Hornstück geheftet: . . . ( Hypod. nycticoracis. a. Drei innere Augen OJ ° { „ garzettae. b. Ohne Augen?? B. Körper nicht viel verlängert. Der Abstand zwischen dem zweiten und dritten Fusspaar ist ungefähr gleich der Körperbreite. Die einzelnen Zweige der Epimeren sind an ihrer Extremität frei. a. Drei innere Augen, Hypod. paroticus. . . . [ ,, alcedinis. b. Ohne Augen In demselben Heft des Archivio per la Zoologia etc. giebt Filippi Nachricht von einer Linguatula (Pentastomum), die er bis- weilen bei Sterna hirundo gefunden hat. Es ist die erste Pen - tastomum - Axt , die bei Vögeln gefunden ist, während man sie bisher nur bei Säugethieren und Amphibien bemerkt hat. Die neuentdeckte Art ist wurmförmig, und mit der Lupe betrachtet, zeigten sich auf dem ganzen Körper kleine und dichte Poren mit auf- 72 Dr. Th. Krüper: geworfenem Rand, in denen die sogenannten Stigmen der Lin - guatulae erkannt wurden. Der cylindrische Körper des Thieres war 39mm- lang und zeigte keine Abschnitte, aber durch die äussere Bedeckung schimmerte klar der Intestinal- Canal wegen der schwar- zen Farbe seiner Wandung hervor. Der ganze Körper war mit einer grossen Masse von Eiern angefüllt, in deren jedem ein Embryo mit 3 Beinpaaren aber ohne Andeutung von Epimeren und Krallen, welche die 4 Füsse der wahren Linguatulae besitzen. Auch an erwachsenen Exemplaren der Linguatula aus Sterna hirundo zeigten sich nicht immer die Fusskrallen. Briefliche mttheilungen , Oecono- misches und Feuilleton. Ans meinem Tagebuche. Von Dr. Th. Krüper. Ae toi i co, den 25. Januar 1861, Abends. Den heutigen Tag hatte ich zu einem Ausfluge in die hinter der kleinen Klissura liegenden Waldungen bestimmt. Der heitere, wolkenlose Himmel half diese Tour verschönern. Auf dem Wege durch den Olivenwald, der einen Jagdliebhaber den ganzen Win- ter hindurch beschäftigen kann, hielt ich mich wenig auf; eine Sylvia Cettii, die unter den Gebüschen im Grase ihrer Nahrung nachgehend, ihr „tack“ und „tirr“ hören liess, bewog mich zum vergeblichen Lauern und Verfolgen; ebenso 2 Accentor modularis ; 6 — 8 Vögel in der Spitze eines Busches erkannte ich als spa- nische Sperlinge, von denen ich ein altes Männchen erlegte, wel- ches dem am 22. erlegten völlig glich. Am Fusse des Vorberges machte sich noch eine überwinternde Blaudrossel auf den Steinen bemerklich. Jetzt kam ich zum Eingänge in die von mir soge- nannte kleine Klissura, die durch einen Bach gebildet ist und an dessen Seite steile, an einigen Stellen terrassenförmige, hohe Fels- wände sich befinden. Hoch über dem Eingänge sah ich eine An- zahl brauner Geier, Vultus fulvus schweben, die in entgegenge- setzten Richtungen Kreise zogen; bei einer schnellen Zählung brachte ich 19 Exemplare heraus. Im vorigen Jahre hatte ich dort 3 Horste ausgehoben, die ich in diesem Jahre wiederum be- Aus meinem Tagebuche. 73 setzt zu finden hoffe, deren Untersuchung ich jedoch noch einige Zeit verschieben wollte. Als ich den Bach überschritten hatte, wurde ich durch ein Ammerngeschrei aufmerksam gemacht und erlegte das Weibchen von Emberiza cia. In Folge des Schusses stürmten oben von den Felswänden 2 Vultur fulvus fort, die dem Anscheine nach von den zwei mir bekannten Brutplätzen kamen, so dass ich vermuthen konnte, dass dieselben schon gelegt haben. Bald darauf sah ich einen schwärzlichen Adler mit halb grauweis - sem Schwänze, Aquila fulva, fliegen und an den Felswänden ent- lang eilen ; da ich diesen Yogel in der Schlucht noch nicht ge- sehen hatte, so verfolgte ich ihn mit den Augen so lange als ich konnte; es machte ihm Yergnügen, sich zu den Geiern zu erhe- ben und mit denselben zu kreisen. Ein zweiter Adler wurde sichtbar: er ging ebenfalls dorthin und hielt sich zu seinem Yor- gänger, so dass ich beide als Gatten annahm. Bald kehrten beide Adler zu den Felswänden zurück; abwechselnd ruhte auch der eine auf der Höhe der Wand aus; in eine Höhle flog keiner hin- ein. Bei meinem weitern Yorschreiten am Bache entlang, be- merkte ich einen andern grossem Adler, den ich an seinem blen- dend weissen Schwänze als Aquila albicilla erkannte; derselbe flog gerade aus und setzte sich auf die Ecke einer terrassenför- migen Felswand nieder, wahrscheinlich die Nisthöhle. In der Absicht, die von der- Ebene aus sichtbaren Waldungen zu erreichen, schreite ich auf dem schmalen Pfade vorwärts, als plötzlich der letztere auf hört und das Terrain enger wird: ich klettere weiter und bleibe endlich vor einem hohen Wasserfalle stehen. Es blieb mir niöhts anders übrig, als umzukehren. Um nicht denselben Weg zurückzugehn, stieg ich zu den Felswänden hinan und wanderte hart an denselben fort. Die Geier hatten sich vertheilt: zu gleicher Zeit sah ich nur einzelne. Das Aquila fulva- Paar zog hin und her. Soeben kommt Aquila albicilla wie- der und wird von den andern Adlern, besonders von einem der- selben, stark verfolgt. Der Angriff dauerte so lange, bis beide Adler bei den jenseitigen Felsen angekommen waren, wo beide in geringer Entfernung von einander Platz nahmen. Die Flug- schnelligkeit beider Adlerarten war ziemlich gleich, nur war Aq. fulva in den Schwenkungen viel geschickter als Aq. albicilla, der als der im Fluge verfolgte auf dem Sitzplatze verharrte, während Aq. fulva bald davonflog und zur Felswand, wo sein Gefährte geblieben war, zurückkehrte. Unter derselben Wand befand ich 74 Dr. Th. Krüper: mich gerade, und da ich vermuthete, dass hier der Horst des Paares angelegt werden sollte, verblieb ich dort, um von dort aus Beobachtungen anzustellen. In der warmen Mittagssonne, neben einem grossen Felsblocke sitzend, schaue ich in der Gegend um- her, mitunter das Fernglas benutzend. Beide Steinadler kreisen in der Luft, braune Geier fliegen ab und zu; aus der Ferne kommt wiederum einer herbei, den ich ebenfalls für F. fulvus annahm, als er jedoch näher kam, erkenne ich den Lämmergeier Gypaetus barbatus , der die Absicht zu haben schien, sich an den Felswänden niederzulassen. Ohne mich zu bewegen, verfolgte ich denselben, der den Kopf mehrmals hin- und herwendend mich jedenfalls erblickte und deshalb in die Lüfte sich erhob, einige Male in der Nähe der Steinadler, ohne beunruhigt zu werden, kreiste, und dann verschwand. Schon im vorigen Jahre bemerkte ich zweimal einen Gypaetos am Eingänge dieser Schlucht, ohne damals behaupten zu wollen, dass derselbe dort seinen Horst habe, was ich jetzt glaube. Vielleicht habe ich noch das Glück, denselben aufzuflnden. Darauf hatte ich wiederum das Verfolgungsschauspiel von Aq. fulva und albicilla, doch diesmal viel schöner. Ein Seeadler er- schien; der Steinadler eilt zu dessen Verfolgung hinzu; die wohl- bekannten Töne des Unwillens stösst der Verfolgte mehrmals aus, die noch öfters - gehört wurden, als von den Felsen her noch ein Seeadler hinzukam, der jedoch nicht den Steinadler vertrieb, sondern auf seinen Gefährten, jedenfalls sein Weibchen, Liebes- angriffe machte. Es war höchst lächerlich, diese drei Adler bald hinter bald über einander fliegen zu sehen. Durch das vielfache „klüff, klüff“ Schreien angelockt, kam noch von dem Strande ein dritter Seeadler, auch ein ganz alter Vogel mit schneeweissem Schwänze herbei, der jedoch keinen Antheil an der Verfolgungs- scene nahm. Eine Viertelstunde später fliegt ein Steinadler über die Schlucht fort und setzt sich an der andern Seite auf eine kleine Eiche nieder. Nach einigen Minuten sehe ich wahrschein- lich denselben Adler zurückkehren, der Baumaterial, welches den Schwanz überragte und wegen der Höhe die Dicke eines Hohrs zu haben schien, mit sich führte; schon freute ich mich, dass jetzt der Horst mir verrathen sein würde! Doch nein: der Adler erblickte mich und liess seine Last, wahrscheinlich nur dürre Baumzweige fallen, die kaum 100 Schritt von mir, aber hoch oben auf der Felswand liegen müssen. Aus meinem Tagebuche. 75 Wenn ich es heute auf das Leben der Geier abgesehen hätte, so würde ich mehrere haben erlegen können, da sie oftmals dicht an meinem Posten vorbeizogen, was mit ziemlich starkem Ge- räusche verbunden war. Endlich musste ich diesen interessanten Platz verlassen, es geschah mit dem Vorsätze, ihn nochmals zu besuchen. Ich stieg zum Plateau hinauf und verliess es an den Stellen, die der Insel- stadt Aetolico gegenüber liegen. An den Felswänden, die sich hier entlang ziehen, fand ich im vorigen Jahre den Horst eines Habicht - Adlers Aquila Bonellii auf, dessen 2 Eier vom Herrn Simpsson und mir am 27. Februar ausgenommen wurden. Da ich am 22. d. M. einen dieser Adler fliegen sah, vermuthete ich, dass das Paar diese Gegend nicht verlassen habe; ich ging heute zum alten Horste. In ziemlicher Entfernung von demselben kam mir ein Adler entgegen, der aber bald verschwand. Was dieses Ver- schwinden zu bedeuten haben würde, errieth ich wohl: der Adler nämlich, der Wächter des Nestes und Vertheidiger des Nistreviers holte seinen Gefährten zur Hülfe, und gerade als ich unter dem Horste ankam, kehrten beide Adler zurück und schwebten hoch über den Felsen ruhig. Ohne länger in jenem Reviere zu ver- weilen, stieg ich zur Ebene hinab, von Zeit zu Zeit nach den Adlern umschauend. Als ich beinahe unten war, flogen beide Vögel einem Felsen zu und setzten sich dort in einiger Entfer- nung nieder. Etwa nach 5 Minuten verliess der eine, das Männ- chen, den Platz und flog auf das Weibchen zu, und unter einem schwachen dreimaligen „gia“ wurde die Begattung vollzogen. Wie selten bei Raubvögeln die Begattung beobachtet wird, ist bekannt. Darauf entfernte sich das Männchen, während das Weibchen dort so lange verblieb, als ich es auf der Ebene noch sehen konnte* Hoffentlich werden die Eier in derselben vorjährigen Höhle gelegt. Obiges schrieb ich am Abende des 25. Januars d. J. nieder. Heute füge ich noch einige Bemerkungen hinzu. Von den Geiern liess ich in jenen Felsen im Februar sechs Horste ausnehmen; 4 — 5 schwieriger anszuhebende liess ich aus Mangel an Zeit und Lust ungestört; dieselben enthielten im Mai grosse Junge, von denen mein Freund, der Engländer Tindall, 2 Stück selbst aushob und auferzog. Der Horst des Lämmergeiers, der jährlich besetzt gewesen sein soll, wurde uns von einem Hirten nachgewiesen, jedoch war 76 Dr. Th. Krtiper: Aus meinem Tagebuche. der Horst oder seine beiden Horste heuer nicht bewohnt. Jeden- falls ist das Pärchen nicht vollzählig gewesen. Bei Aetolico hatte man einen Geier flügellahm geschossen und mehrere Tage lebendig gehabt; nach der Beschreibung scheint es ein Gypaetos und wahrscheinlich das zu jenem Horste gehörige Männchen oder Weibchen gewesen zu sein. Freilich beobachtete ich in der Schlucht später noch 2 Lämmergeier, jedoch war der eine ein sehr junger, nicht brutfähiger Vogel mit schwarzem Gefieder- Hoffentlich ist das Pärchen im nächsten Jahre vollständig. Das oben erwähnte Paar von Aquila fulva hat mir viel zu schaffen gemacht; ich konnte die Nisthöhle nie auskundschaften. Der Adler mit dem Baumaterial in den Fängen verleitete mich, den Horst dort zu suchen, wohin er flog; allein dios war nicht der Fall; gerade an der entgegengesetzten Felswand, von wel- cher der Adler kam, hatte er sein Nest. Durch Hirten erhielten wir bei unsrer Rückkehr nach Aetolico am 1. Mai die Nachricht, dass die Adler sich dort aufhalten. Am 4ten begab ich mich mit meinem Kletterer dorthin, und vernahm aus der Ferne das Hunde- gebell ähnliche Geschrei des Adlers ; wir sehen endlich den Adler auffliegen und auf Jagd ausziehen. Da wir voraussahen, dass das Weibchen noch beim Horste sein müsse und bald zu schreien beginnen würde, lauerten wir noch, bis ich das dumpfe Geschrei des Adlers vernahm. Jetzt war ich froh, den Horst aufgefunden zu haben. Nachdem wir in £ Stunde bis zur Felswand, von wo das Geschrei kam, gegangen waren, erblickten wir die Höhle, an deren Rand Nestreiser zu sehen waren. Unser Lärmen blieb er- folglos: erst ein Pistolenschuss brachte den Adler zum Abfliegen. Am 5. Mai war das Osterfest der Griechen, daher wurde der Montag zur Untersuchung des Adlerhorstes bestimmt. Mit den nöthigen Seilen ausgerüstet zogen wir, der Engländer Tindall mit seinem Bedienten und ich mit 2 Kletterern zur Felswand hinauf- Das Männchen vom Steinadler erfüllte die Luft mit seinem Klage- geschrei, verschwand jedoch gleich, als Herr Tindall mit seinen Spitzkugeln auf die fliegenden Geier schoss, von denen er einen tödtlich verwundete. Das Ausheben des Adlerhorstes war sehr schwierig, gelang aber doch. Der Kletterer brachte das einzige Ei herauf, welches jetzt in der Sammlung des Herrn Pralle ist- Das Ei war so sehr bebrütet, so dass das Junge ganz laut darin piepte; in Aetolico legte ich es in kaltes Wasser, um den jungen Adler zu tödten; als ich denselben erfroren glaubte, legte ich das Der Brillenalk in Europäischen Sammlungen. 77 Ei in die Kiste. Am folgenden Morgen war ich nicht wenig überrascht, als ich bei dem Oeffnen der Kiste den jungen Adler wiederum schreien hörte; den ganzen Tag hindurch liess ich nun das Ei im Wasser liegen. Um den Horst des Seeadlers aufzu- spüren und auszuheben, gaben wir uns keine Mühe! Das Pärchen des Bornelli’s Adler, dessen Begattung ich gesehen hatte, musste in den ersten Tagen des Februar legen; am 8. Februar kehrte ich von meinen Excursionen nach den Seen von Vrastori nach Aetolico zurück; am nächsten Tage ging ich zum Brutplatz: auf mein Lärmen flog der Adler ab, der jedoch nicht den vorjährigen, sondern einen andern, 30 Schritt entfernten Horst inne hatte. Am 10. Februar liess ich den Brutplatz er- steigen und erhielt 2, seit 8 Tagen bebrütete Eier. Dieses Pracht- gelege befindet sich jetzt in der Sammlung meines Freundes Odebrecht zu Greifswald. Ueckermünde, im November 1861, Her Brillenalk» ( JPiautus impennis) in Europäischen Sammlungen, Von W. Preyer. Seitdem wir mit ziemlicher Bestimmtheit wissen, dass der Brillenalk (Plautus impennis Brünn. , Älca impennis hin., nicht mehr den lebenden Thierarten zugezählt werden darf, ist natür- lich alles, was wir noch von diesem merkwürdigen Vogel besitzen? ungemein im Werthe gestiegen. Es ist allein schon deshalb in- teressant zu erfahren , welche Sammlungen im Besitze eines sol- chen Schatzes sind, und ich stelle daher folgendes Verzeichniss der in Europäischen Museen vund Privatsammlungen auf bewahrten ausgestopften Exemplare des Vogels hier zusammen. Es be- finden sich: 1) in Paris in dem Musee d’historie naturelle (Galerie de Zoolo- gie, 2. Stock, 3. Saal,) ein schönes Exemplar mit der In- schrift: Alca impennis L. I. Grand Pingouin. Pinguinus Bon.; 2) in London in dem British Museum (Eastern Zoological Gal- lery,) ein Exemplar genannt : Great Auk. Älca impennis. Labrador ; 3) ebenda in der Northern Zoological Gallery (Birds of British Islands) ein Exemplar aus Papa (West Orkneys) mit den- selben Namen; 78 W. Preyer: Der Brillenalk in Europäischen 4) in München in der Akademie (zootomisch-zoologische Samm- lung), ein sehr schönes Exemplar mit der Etiquette: Alca impennis Linn. Mare glacial. 1836; 5) ebenda, aus der Leuchtenbergischen Sammlung stammend, ein Exemplar mit den Namen: alca impennis Lin. Grand Pingouin. Grosser Alk. Grönland; 6) in Berlin in der kgl. zoologischen Sammlung ein Exemplar mit der Inschrift: Alca impennis Lin. Polarmeer. Reinhardt; 7) in Strassburg in der Akademie ein sehr beschädigtes Exem- plar mit einem künstlichen weissen (!) Oberkiefer. Es ist das schlechteste der mir bekannten Exemplare; 8) in Mainz im Naturhistorischen Museum ein sehr schönes Exemplar ; 9) das andere, von welchem Herr Dr. Hellmann schreibt (dieses Journ. VIII. Jahrg., S. 206,) kam im Jahre 1860 von Mainz nach Amsterdam; ein Naturalienhändler, Herr Frank, glaube ich, tauschte es gegen die Haut eines indischen Tapirs ein; 10) in Gotha in der herzogl. Sammlung ein „sehr schönes* Exem- plar; 11) in Wien in dem K. K. Museum ein Exemplar; 12) in Köthen in der herzogl. Sammlung (der frühem Naumann- schen) ein Exemplar; 13) in Dresden im kgl. Museum ein Exemplar; 14) u. 15) in Kopenhagen mindestens zwei Exemplare. 16) in St. Petersburg in dem Zoolog. Museum der kaiserl. Akad. der Wissenschaften ein Exemplar; 17) u. 18) in Flensburg im Städtischen Museum ein gutes und ein beschädigtes Exemplar, welche, aus der Mechlenburgi- schen Sammlung stammend, der Stadt geschenkt wurden; 19) in Flensburg in der Sammlung des Herrn Apotheker Meck- lenburg ein Exemplar.*) Von diesen 19 in Europäischen Sammlungen aulbewahrten Exemplaren von Plautus impennis sind mir nur die erstgenannten acht aus eigener Anschauung bekannt. Mein Gewährsmann für *) Da ich im verflossenen Herbste Gelegenheit hatte, einige hier nicht aufge- zählte Exemplare zu sehen, kann ich zur ersten Vervollständigung der obi- gen Liste hinzufügen, dass sich im Museum des Naturhistorischen Vereins zu Hannover und ebenso im Grossherzogi. Naturalien-Kabinet zu Oldenburg ein Exemplar von Alca impennis befindet. Letztere Sammlung besitzt zugleich auch ein sehr schönes Ei des genannten Vogels. In Prag dürfte ebenfalls das eine oder andere Exemplar sich befinden. Der Herausg. Sammlungen, — Eingegangene Schriften. 79 No. 9 ist Herr Dr. Wittmann in Mainz, für No. 10 Herr Dr. Hell- mann (dieses Journ. VIII. Jahrg., S. 206,) für No. 11, 12 u. 13 Herr W. Pässler (ebenda S. 60,) für No. 14 u. 15 Herr C. F. Siemsen in Reykjavik, für No. 16 Brandt im Bullet, de l’Acad. des Sciences de St. Peterb. 1837, p. 345, für No. 17 u. 18 Herr C. F. Siemsen in Reykjavik, für No. 19 derselbe und Herr W. Pässler (a. a. 0.) Es werden sich gewiss diesen 19 Exemplaren noch mehrere anreihen lassen — ich vermuthe in Christjania, Stockholm, Edin- burgh und Leipzig noch Exemplare — und ich bitte jeden, der im Besitze eines Plantns impennis ist, o der weiss, wo ein hier etwa nicht genanntes Exemplar sich be- findet, hierüb er Mittheilung zu machen. Heidelberg, im Januar 1862. Nachrichten. An die Redaction eingegangene Schriften : (S. September-Heft 1861, Seite 399 — 400.) 398. The Ibis, a Magazine of General Ornithology. Edited by Ph. L. Scla- ter. London. Vol. III., No. 11. Juli 1861; No. 12. October 1861. — Yon der British Ornithologist’s Union. 399. Note zoologische di Filippo de Filippi, Prof, nella Universita’ di Torino. (Estratto dall’ Archivio per la Zoologia, Anatomia e Fisiologia, mese di Giugno.) — Yom Verfasser. 400. Ch. F. Dubois. Planches coloriees des Oiseaux de la Belgique et de leurs Oeufs. Livraison 127— 141me. Bruxelles, 1859—1860. Schluss des Tome III. und somit der Vögel Belgiens. — Vom Verfasser. 401. J. M. Wheaton. Catalogue of $he Birds of Ohio. (From the Ohio Agricultural Beport for 1860.) — Vom Verfasser. 402. Reports of Explorations and Surveys for a Railroad Boute from the Mis- sisippi River tho the Pacific Ocean. Vol. IX.: Birds by Spencer F. Baird, with the Co-operation of John Oassin and Geo. N. Lawrence. Washington, 1858. — Von der Smithsonian Institution. 403. Th. M. Brewer. North- American Oology. Part. I. Baptores and Fis- sirostres. gr. 4to., tab. 1—5. — Von der Smithsonian Institution. 404. Annual Report of the Board of Begents of the Smithsonian Institution, for the Year 1859. — Von der Smithsonian Institution. 405. Smithsonian Miscellaneous Collections. — Catalogue of North American Birds, chiefly in the Museum of the Smithsonian Institution. By Spencer F. Baird. (First Octavo Edition.) Washington 1859. — Von Derselben. 406. Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia, for 1860, pag. 97 to the end; for 1861, pag. 1—96. — Von der Aeademie zu Philadelphia. 407. Charles B. Norton. Litterary Letter. The Bibliography of the State of Maine , and other Papers of interest : together with a Catalogue of a Large Collection of Works upon Bibliography and Amerika. 1859. No. 4. und Litterary Letter , comprising the Bibliography of the State et New -Hampshire etc. 1860, New-Series No. 1. Charles B. Norton, Agent for Libraries, New -York. -- Vom Herausgeber. 80 Eingegangene Schriften. — Berichtigungen. 408. Second Report of a Geological Reconnoissanee of the middle and Sou- thern Counties of Arkansas. Made during the Years 1859 and 1860. By David Dale Owen. Philadelphia, 0. Sherman et Son, 1860. — Pre- sented through the Smithsonian Institution by the State of Arkansas. 409. Svenska Foglarna. Med Text of Prof. Carl J. Sundevall, tecknade och lithographierade af Peter Akerlund. Stockholm, Querfol. IX. Lief. Taf. XXX Y. , XXXYI. , XLIH. u. XLIY., Text, pag. 69-80. - Von Prof. C. Sundevall. 410. Dr. Ph. L. Sclater. Catalogue of a Collection of American Birds. Bogen IX., August; Bog. X. Novbr. 1861. — Yom Verfasser. 411. Geo. N. Lawrence. Catalogue of a Collection of Birds, made in New- Grenada, by James Mc. Leannan, with Notes and Descriptions of New- Species. Part. II. (Abdr. aus Ann. Lyc. Nat. Hist. New.-York, Yol. Vn., 1861, pag. 315 — 334.) — Yom Verfasser. 412. Elliott Coues. A Monograph of the Tringeae of North-America. (Pro- ceedings Acad. Nat. Sc. Philad. 1861, p. 170 — 205) und: Notes on the Ornithology of Labrador. (Proc. Acad. Philad. 1861, p. 215—257.) — Yom Verfasser. 413. Dr. Anton Fritsch. Vögel Europa’s. YH. Heft. Taf. 25 — 28. fol. und Text in Octavo unter dem Titel: Naturgeschichte der Vögel Euro- pa’s. Dritte Abtheilung: Singvögel. Bogen 12 — 16. Prag, 1861. — Yom Verfasser. 414. Dr. L. Buvry. Mittheilungen des Central - Instituts für Acclimatisation in Deutschland zu Berlin. Dritter Jahrg. No. 10 — 12, Octbr. — Decbr. und Titelblatt. — Yom Central-Institut. 415. Dr. D. Korth u. H. Korth. Tauben- und Hühnerzeitung. Organ der gesammten Hausfederviehzucht etc. Sechster Jahrg. No. 51. 52; nebst Titelblatt und Inhalts-Verzeichniss. Siebenter Jahrg. No. 1—3. (Januar 1862. ) — Yom Herausgeber. 416. Dr. Ph. L. Sclater. Catalogue of a Collection of American Birds. Bogen XI. u. XH. Decbr. 1861. — Yom Verfasser. Berichtigungen zu dem Aufsatze: „Entdeckung der Nester des Seidenschwanzes ( Ampelis garrulus/1 u. s. f. Journ. f. Ornith. 1861^ Heft TI., S. 132 u. f. Seite 133 Zeile 3 von oben statt Linne’s lies Gmelin’s. 33 134 33 18 13 unten 33 Kittla 5) Kittila. 33 134 33 2 33 » 33 2 55 9. 33 135 33 3 33 oben 33 erwartete 55 erwarte. 33 135 33 4 33 33 33 dieser 55 Gellivara’s. 33 136 33 17 33 33 33 Elster 55 Eichelheher. 33 137 33 3 33 33 33 Watter’s 55 Walter’s. 33 137 33 10 33 33 33 Muorio 55 Muonio. >3 137 33 20 33 33 33 Terisjevi 55 J crisjervi. 33 137 33 31 33 33 33 Kemi-sun 55 Kemi-suu 33 137 33 32 33 33 33 Kenn 55 Kemi 33 139 33 15 33 unten 33 Karbi 55 Karlö 33 141 33 11 33 oben 33 Nester 55 Eier. El veden bei Thetford, England, den 26. Februar 1862. Alfred Newton. Berlin, Druck von Kornegg’s Buchdruckerei. Inhalt des 1. Heftes. Original-Aufsätze : . 1. Die Balearen. Von Alex, von Homeyer. 1 2. Beiträge zur Ornithologie Nord-Ost- Afrika’s. Von Dr. Th. v. Heuglin (Fortsetzung vom November-Heft 1861, S. 417—432.) ..... 24 3. Ueber die nordischen Jagdfalken. Von Prof. Dr. J, H. Blasius . 43 4. Die Verkeilung* der Psittaciden über die Inseln des ostindischen Ar- chipels. Von H. von Rosenberg 59 literarische Berichte: 5. Filippo de Fili pp i, über einige Vogel-Milben. Aus dem Italienischen von Dr. R. Albrecht 69 Briefliche Hittheilungen, Oeconomisches und Feuilleton: 6. Aus meinem Tagebuche. Von Dr. Th. Krüper 72 7. Der Brillenalk, (Plautus impennis) in Europäischen Sammlungen. Von W. Preyer 77 Nachrichten : 8. An die Redaction eingegangene Schriften . 79 9. Berichtigungen zu dem Aufsatze: „Entdeckung der Nester des Seiden- schwanzes etc.“ 80 Zugleich als Fortsetzung der Zeitschrift Naumannia. In Verbindung* mit F. W. Baedeker in Witten a. R., Prof. Dr. J. H. Blasius in Braunschweig, Justitiar F. Boie in Kiel, Dr. C. Bolle in Berlin, Staats-Rath Aca- demiker Prof. Dr. Brandt in Petersburg, Pastor Dr. Ch. L. Brehm, Prof. Dr. H. Burmeister in Buenos-Ayres, Dr. Gloger in Berlin, Bar. Eug. v. Homeyer, Dr. Hartlaub in Bremen, Dr. Kaup in Darmstadt, Kam- merherr Bar. R. v. König-Warthausen in Württemberg, Pfarrer W. PaeSSler in Anhalt, Hof-Rath Prof. Dr. L. Reichenbach in Dres- den, Prof. Dr. H.- Schlegel in Leiden, Prof. C. J. Sunde- vall in Stockholm^ Prinz Max VOn Wied zu Neuwied, u. A., von Dr. Jean Cabanis, erstem Custos am König]. Zoolog. Museum der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und Dr. Ed. Baldamos, Pfarrer zn Osternienburg bei Cöthen, Secretair der deutschen Ornithologen-Gesellschaft. Heft II. X. 3a!) r0ait0: März Cassel 1862. Verlag von Theodor Fischer. LONDON, PARIS, 31. Brandt, rite Kidjeliett, 67. 3.-ß. USaiUiere, fjautefettiue 19. Liebr.d. Facad.nat.de medec. NEW-YORK, ß. UPeftermamt & ®o. £j. jßaiUiere,^rooömiub ' JOURNAL für ORNITHOLOGIE. Zehnter Jahrgang. Ne 56. März. 1862. Zusätze und Berichtigungen zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ (In den früheren Jahrgängen dieses Journals.) Von Dr. J. Gundlach. (Fortsetzung vom November-Heft 1861, Seite 401—416.) i No. 148. Ortyx cubanensis Gould. Noch ist mir diö Geschichte dieser Art unklar. Es ist aus- gemacht, dass" die cubanische Wachtel eine eigene Art ist, und dennoch habe ich noch anderen Orts die Sage der Einbürgerung gehört. So z. B. kannte man vordem in der Gegend der Stadt Bayamo, im östlichen Theile der Insel, die Art nicht, und jetzt seit wenigen Jahren hat sie sich dort eingebürgert, von N.-W. herkommend. Bei Santiago de Cuba und Saltadero (Guantänamo) gab es keine und hat man einige losgelassen, die sich schon ver- mehrt haben. Da die Art nicht die Wälder bewohnt, so ist mir die Idee gekommen, dass sie sonst nur in den sabanas (Steppen) des westlichen Theiles der Insel lebte, und nach und nach zu den entwaldeten Ebenen des mittleren und östlichen Theiles der Insel gebracht wurde. Es ist dieses jedoch nur eine Vermuthung. Nach Gosse ist Ortyx virginianus auf Jamaica seit etwa 100 Jahren eingeführt worden. *4 No. 149. Grus canadensis Sws. In Reports werden 3 Arten Kraniche angeführt. 1) G. ame - ricanus Ord. ( Ardea L.) 2) canadensis Temm. {Ardea L.) und 3) G. fraterculus Cassin. Letztere Art nur nach einem Jungen gebildet. Grus canadens. hat folgende Synonymie : Ardea can . L. Gm. Förster, Grus can. „Temm.“ Sw. Nutt. Bon. Grus pratensis Joui-n, f. Ornith,,X. Jahrg, Nr. 56, März, 1862. 6 82 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen Bartr., Gr. fusca Vieill., Gr. poliophaea Wagl.? Grus americana juvenis Aud. No. J50. Ardea Herodias L. Mr. Baird gab eine sehr ähnliche Art A. Würdemannii zu erkennen. Bis jetzt habe ich diese nicht auf der Insel beobach- tet, werde aber darauf aufmerksam sein; denn da sie in Süd- Florida lebt, könnte sie auch hier Vorkommen. Ein Hauptunter- schied ist die umgekehrte Farbe des Kopfes. Bei Herodias ist der Kopf schwarz mit weissem Stirnfleck, bei Wurdemannii weiss mit schwarzem Stirnfleck. /'. No. 152. Herodias Egretta Gray. In der Synonymie steht in Reports noch Ardea alba Bon. Obs. Wils. 1825 (nec. Linn.) Egretta nistete im Juli, Pealii im September und October, candidissima und rufescens im Septem- ber, October und Juli. /f No. 15. Herodias rufescens Gray. Dieser Paragraph ist jetzt falsch. Audubon hatte mich irre geführt. Ich hielt die graue Art früher verschieden von der weissen, dann las ich Audubon und vereinigte sie, jetzt bin ich der ersten Meinung und ohne Spur von Zweifel; denn ich fand die weisse Art in grosser Anzahl gesellschaftlich brüten und sah auch nicht ein einziges Exemplar der rufescens . — In einem Briefe des Mr. Lawrence lese ich „Dr. Heerman visited the bree- ding places of Ard. rufescens and among hundreds of young did not find a white one but the colours of some just fledged were developing the colors of the adult. A. Pealii is a smaller bird, the young being white without elongated plumes which are never found in young birds. Es stellen sich also beide Arten so heraus, jr“ Herodias rufescens Gray. Ardea rufa Bodd. 1784. A. rufescens Gm. 1788, Lath. Wagler, Aud. Egretta ruf. Bon. Herodias ruf. Bon. Demiegretta Baird in Reports. Die Beschreibung Seite 342 in den drei ersten Zeilen gehört ihr an. Ich fand sie nur selten, einmal an der Südküste und zweimal an der Nordküste, oder auf den Cayos oder Inselchen. Sie nistet hier, denn ein Junges hat noch Flaum an den Federn. Herodias Pealii. Ardea Pealii Bon. 1828. Nutt. Egretta Pealii Gambel. Ard. cubensis Gund. juv. Bei Audubon ist diese Art als junger Yogel der i'ufescens. zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 83 Die Beschreibung beider Arten ist auf Seite 341 die neun untersten Zeilen. Ich fand diese Art einigemal an der Nordküste auf den Cayos aber in grosser Zahl neben der Mündung des Flusses Cauto im Mangle nistend. / ^No. 155. Herodias ruficollis Cab. In Reports ist der Name ludoviciana beibehalten, indem Baird sagt: there is no occasion to change Wilson’ s name for this bird on account of its having been employed by Linneus. The white A. ludov. is a synonym of Butorides virescens a bird of a very different genus. Gosse’s Name bezieht sich nur auf den jungen Yogel. v^-No. 156. Herodias caerulea . Auch im Juli nistend. In Reports steht noch bei der Syno- nymie *1 Ard. cyanopus Gm. Ard. caerulescensf Lath. „Ard. plum- bea Brown“. „Ard. chalybea Stephens“ *lEgr . nivea Gosse, junger Yogel. ^ f No. 160. Botaurus minor. Ich glaube, dass der Name lentiginosus von 1813 dem minor von 1814 vorzuziehen ist. \/~j- No. 161. Nycticorax Gardeni Jard. In Reports ist der Genusname Nyctiardea, weil Moehring’s Genus Nycticorax von 1752 nicht dasselbe ist als das von Stephens im Jahre 1819. Nach der Synonymie in Reports wäre Ardea naevia Bodd. von 1784 der älteste Name, aber es scheint dass man diesen einem jungen Yogel angehörigen Namen nicht annehmen will. Dieses wäre also das Gegentheil von dem, was Herr Cabanis bei Herodias ruficollis Gosse that. Ausserdem gehört hierher Ard. Bot. discors Nutt. und Nycticorax amencanus Bp. No. 163. Platalea ajaja L. Legt Eier im August. — Platea incarnata Sloane gehört hierher. \/ -/ No. 164. Tantalus loculator. Ich lese auf Seite 348 Ibis naudasson Yieill. Es scheint aber naudapoa heissen zu müssen.*) v No. 165. Eudocimus ruber. So gern ich auch eine so schöne Art in unserem Yogelkata- löge zu sehen wünsche, muss ich sie dennoch zum Anhänge ver- •) Gray schreibt: naudapoa; richtig aber ist: Ibis Nandapoa Vieili. Encycl. p. 1149. Der Herausg. 84 Dr. J. Gundläch: Zusätze und Berichtigungen weisen. Richtig sagt mein Freund Poey in seinen Memorias, dass Unwissenheit dem Irrthume vorzuziehen ist. Da ich nur im Cata- loge sichere Arten zu sehen beabsichtige, kann ich diese nicht aufnehmen. Jetzt habe ich Nachrichten an den verschiedenen Theilen der Insel über den rothen Ibis aufgenommen, ohne jedoch auch nur eine etwas sichere zu erhalten. Wie kann man glauben, dass ein so schöner, auffallend gefärbter Vogel, wenn er wirklich vorkäme, unbemerkt geblieben sei?! No. 167. Falcinellus erythrorhynchus. Mir scheint der Name erythrorhynchus nicht richtig, denn mein Vogel hatte ihn anders gefärbt. Ich bin fest überzeugt, dass unsere cubanische Art mit der nordamerikanischen gleich sei. Diese wird in Reports Ibis Ordii Bon. Tantalus mexicanus Gm. Ord. Ibis falcinellus Bon. Nutt. Aud. Ibis und Falcinellus Ordii Bon. Ibis guarauna Woodhouse genannt. Mr. Baird sagt: Admitting it to be distinct from the European Ibis falcinellus the earliest name for an american bird is Tant. guarauna L. which howewer is considered by Bonaparte to be distinct and confined to South America. The mexicanus Gm. referred to the same spe- cies by Bonaparte seems to have as much claim to identity with the North-american as with the more Southern bird. The chal- copterus of Temminck belongs to the South -american species. Setting aside T. mex. Gm. as too uncertain for the present case the next name in Order is the Ordi Bon. / No. 168. Numenius longirostris Wils. Scolopax arquata var. ß Gm. Num. arq. var. ß Lath. N. long. Wils. Bon. Nutt. Aud. Niem, melanopus Vieill. Nouv. Dict. N. rufus Vieill. Galerie. Num. brasiliensis Pr. W. N. occidentalis Woodh. > No. 169. Limosa hudsonica. ? Scol. lapponica var. ß Gm. Scol. hudsonica Lath. Limosa hudsonica Sw. Nutt. Aud. Lim. melanura Bon. (Speechio). L. aegocephala Bon. (Syn.) 1 L. Edwardsi Sw. Noch habe ich kein anderes Exemplar beobachtet. S No. 170. Lim. fedoa Vieill. Doch ist wohl Vieill. ein Druck- fehler für Ord. Scolopax fedoa L. Wils. Lim. fed. Ord. Bon. Sw. Nutt. Aud. Limicula fedoa Vieill. Encycl. p. ] 166. — Scol. marmorata Lath. Limicula marm. Vieill. Limosa americana Steph. „ Lim . adspersa Licht.“ zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 85 y -fNo. 171. Gallinago Wilsoni Bp. Obgleich im Journal die hauptsächlichste Synonymie auf- genommen wurde, so theile ich doch noch Zusätze mit, der Voll- ständigkeit wegen, im Falle Sie noch nicht die „Reports“ besitzen.*) Scol. Wilsoni Temm. (in den Pl. Col. aber im Texte Scolo - pax gigantea.) Bon. Sw. Nutt. Aud. Gallinago Wilsoni Bon. Sco- lopax gallinago Wils. nec. L. Scolopax Brehmii „Kaup“ Bon. nec Raup. Scol. delicata Ord. ? Sc. Drummondii, Sc. Douglassii und Sc, leucurus Swain. f No. 172. Macrorhamphus griseus. Mr. Lawrence trennte nach Say’s Vorgänge den scolopaceus. Ich sandte unsere Exemplare zur Vergleichung und er fand beide Arten darunter, und ausserdem gab er in den Notes nochmalige Unterschiede. Etwas zuvor schrieb er mir: I have made notes of Macror. scol. and griseus both species being represented by yours specimens. Prof. Baird and Mr. Cassin both have doubts of there being 2 species. I have none and hope my notes will throu some light on the matter when you get them and your birds are received back. I think you will agree with me and may be able by further investigations to strengthen my opinion. In diesen Tagen empfange ich die Exemplare, da das Schiff schon angekommen ist.**) Hier noch die Synonymie, wie sie in Re- ports steht. ’^Macror. griseus (G-mel.) Leach. Scolopax grisea Gmel. Mac. gr. Leach. Steph. Bon. Scol. noveboracensis Gm. Wils. Swains. Aud. Scol. leucophaea Vieill. nec Lath. ''Macror. scolopaceus (Say) Lawrence. Limosa scolopaceus Say. Scolop. longirostris Bell. y f- No. 173. Symphemia semipalmata Hartl, und speculifera Cuv. Aus den Notes des Mr. Lawrence werden Sie ersehen, dass auch er beide nur für Varietäten einer einzigen Art hält. Tota- nus crassirostris Vieill. gehört nach den Reports hierher. •4- No. 174. Glottis melanoleuca Gray. Nach Reports das Genus Gamhetta Kaup. 1829. Hierher Tot. sasashew Vieill. *) Erst kürzlich bin ich in den Besitz von Baird’s Report gelangt. Dass ich denselben in früheren Fällen leider nicht benutzen konnte, habe ich be- reits anderweitig zu bedauern Gelegenheit gehabt. Der Herausg. **) Ich habe jetzt die YÖgel mit der Beschreibung verglichen und sehe, dass der eine wirklich grösseren Schnabel und längere nackte Schienen hat. Ich lasse also beide Arten im Kataloge. Gundl. 86 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen ^ No. 175. Totanus flavipes Vieill. Vig. Gehört sicherlich zum selbigen Genus als melanoleuca . Scol. flav. Gmel. Wils. Tot. flav. Yieill. Sw. Aud. Gambetta flavipes Bon. Tot. fuscocapillus Yieill. Tot. natator Yieill. /-/No. 176. Totanus chloropygius Yieill. Der Name chloropygius ist später als solitarius Wils. In Reports lese ich: Tringa ochropus var. A. Lath. 1790. Tringa solitaria Wils. 1813. Totanus sol. Aud. 1839. Tot. chloropygius Yieill. Nouv. Dict. 1816. Bon., Sw., Wagl., Nutt., Aud., Gosse. Rhyncophilus chloropygius Bon. (Compt. Rend.) Tot. glareola Ord. Tot. macro- ptera Spix. — In la Sagra’s Werk ist der Name solitarius , ebenso in Reports angenommen, und ich bin derselben Meinung. In Re- ports nahm Mr. Cassin das Genus Rhyacophilus Kaup. 1829 für diese Art an. / Nr. 177. Actitis macularia Bp. In Reports sagt Mr. Cassin Tringoides macularius Gray. Das Genus Tringoides bildete Bonap. im Jahre 1831. Cassin nimmt Actitis Boie vom Jahre 1822 nicht an, weil Actitis in Illigers Pro- domus verschieden und älter ist. / ! No. 179. Euligia Bartramia. Sollte kein Zweifel vorhanden sein, dass dieser Vogel mit dem von Bechstein beobachteten gleich ist, so möchte doch wohl Bechstein’s Name vorzuziehen sein. In Reports wird er nicht angenommen, weil Mr. Cassin nicht die Zeit der Bildung kennt. Noch gehört hierher Tot. campestris Vieill. und vielleicht mela - nopygius Yieill. / f No. 180. Hemipalama himantopus. In Reports heisst die Art Micropalama himantopus. Mr. Cassin nimmt dieses Genus an, weil Hemipalama Bon. Synopsis 1828 (als Typus Tringa himantopus Bon.) nicht dem Hemipalama Bon. Obs. Wils. 1825 (als Typus Tringa semipalmata) gleich ist Das von 1825 gilt nichts wegen Illiger’s Ereunetes und das von 1828, weil es nicht dem früheren gleich ist. Im Journal lese ich Tringa multifasciata Licht, in Reports aber Hemipalama multi- striata „Licht“ Gray Genera.*) Auch wird hierhergezogen Tringa (Hemipalama) Auduboni Nutt. *) Das letztere Citat ist irrthümlich. Lichtenstein hat den "Vogel aber nicht beschrieben, sondern nur im Berliner Museum benannt. D. Herausg. zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 87 / No. 181. Ereunetes semipalmatus Cab. Hier stimme ich den Reports bei, die die Art petrificatus Illig. nennt, denn dieser Name ist vom Jahre 1811. (Mr. Cassin sagt hier: Proved identical with Tringa semipalmata Wils, by Ca- banis from actual examination of original specimen in Berlin Museum), was ich auch auf Seite 421 im Journal lese. — Mr. Cassin setzt hierher aber mit Zweifel ? Tringa pusilla Linn. , in diesem Falle (wäre es richtig,) wäre er der ältere Name. — Auch setzt er hierher : Tringa bremrostris Spix, Heteropoda Mauri Bon. und Hemip . minor Gundl. Mr. Lawrence, an den ich meine Exemplare zur Vergleichung sandte, sagt brieflich: Ereunetes Mauri. I do not think a good species, but myself and sons shot large number this summer. The individuals in the same flock varied exceedingly in size, but I would only consider them as the same.“ Da auch Hr. Cabanis, wie er Seite 421 sagt, und ich, verschiedene Grössen zusammen- fanden, ,.so wollen wir alle in eine einzige Art mit dem älteren Namen petrificatus beibehalten, oder wenigstens als zwei varietates ejusdem speciei. »/g- No. 183. Pelidna pectoralis Say. In Reports nennt Mr. Cassin diese Art Tringa , Actodromas (Kaup 1829), maculata Vieill. 1819 und giebt die Synonymie Tringa pectoralis Say 1823, Tringa campestris Licht, nee Vieill. Diese Art variirt auch in Grösse. ■S+ No. 184. Pelidna ßchinzii Bp. Aber Mr. Cassin in Reports - sagt : Tringa ßchinzii „Brehm“ Bon. (nec Brehm) Sw. Nutt. Aud. Pelidna ßchinzii Bon. Tringa cinclus var. Say. Tringa Bonapartii Schlegel (Rev. Crit. Ois. Eur. 1844), welcher Name von Cassin angenommen ist und ? ßco- lopax pusilla Gmel. (Die pusilla Linn. ist bei Nr. 181.) No. 185. Pelidna pusilla Bp. Da die Art von Tringa pusilla L. verschieden ist, hat Mr. Cassin richtig einen andern Namen vorgezogen, nämlich Tr. Wilsonii Nutt. Als Citat aber mit ? ist 'Tringa minutilla Vieill. Nouv. Dict. 1819 gesetzt. Wäre es gewiss, so würde Vieillot’s Name der beste sein. No. 186. Calidris arenaria Illiger. Ich habe auch auf der Insel ein Exemplar im vollständigen Winterkleide getödtet. In Reports ist die Synonymie vermehrt 88 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen durch Chciradrius rnbidus Gm. Wils. Tringa tridactyla Pall. Ca- lidris tringoides Vieill. Cal. americana Brehm. (Vögel Deutschi.) v No. 187. Macrotarsus nigricollis. Warum Macrotarsus als verschieden von Himantopus ? ! Mr. Cassin zieht noch hierher Kim. brasiliensis Brehm. Sehr gemein an süssen und salzigen Sümpfen. No. 188. Recurvirostra americana Gm. Ist stets sehr selten geblieben. Ist auch Rec. occidentalis Vig. Wagl. Baird. Cassin, im Jugendkleide. / - No. 189. Strepsilas interpres Illig. Als junger Vogel ist er Tringa Morinelia L. nach Mr. Cassin. Hierher Char. cinclus Pall. / • / No. 190. Haematopus palliatus Temm. Als synonym werden genannt H. arcticus Jard. und hypoleu- cus Pall. No. 191. Squatarola helvetica Cuv. Synonyme sind noch Charadrius hypomelas und pardela Pall., Squat. cinerea Cuv. t No. 192. Charadrius virginicus Borkh. Noch ? Char. pectoralis Vieill. Nouv. Dict. Ch. xanthocheilus Jard. No. 194. Oxyechus vociferus. Ich sehe im Journal Char. torquatus et jam. Gm. in Reports aber Ch. torquatus L. Syst. Nat. I. 1766. — Ich glaube 2 Arten ganz gleich gefärbter Aegialitis zu haben, die sich durch die Schnabellänge unterscheiden. Die mit länge- rem Schnabel ist die neue Art und sie fand ich nistend. Ich werde diese beiden nach New -York zur Ansicht schicken und Ihnen dann das Resultat schreiben noch vor Publizirung des Ka- talogs. [Mr. Lawrence hat den neuen tenuirostns benannt.] / -j - No. 195. Aegialitis melodus Bon. Ich fand sie im Juni und Juli nistend. — Im Journal steht in der Synonymie Char. hiat. Wils, nec L. Dieses ist aber nur theilweise richtig. Wilson gab diese und die folgende Art als hiaticula. Diese Art ist Ch. hiaticula var. Wils. Am. Orn. V. 1812? 30 pl. XXXVII, dagegen die folgende Art No. 196. Aegialitis semipalmaius Bp. Wils. Am. Orn. VII. 1813, 65, pl. LIX. Tringa hiaticula und Char. hiaticula Ord., ed. Wils. VII. 69. In Reports ist Kaup nicht erwähnt, was doch sein müsste. zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 89 / No. 197. Parva jacana L. Sonderbar, dass beim Drucke dieser Art die Worte „noch niemals das Nest etc.“ blieben; denn damals hatte ich gewiss schon Eier eingesandt. Die Eier liegen auf dem Blatte einer Nymphaea oder auf anderen Sumpfkräutern, kaum mit etwas fau- lenden Pflanzen umgeben, und fast stets befeuchtet. 3 — 4 Eier. Es gibt schon Eier im März. No. 198. Notherodius scolopaceus. Herr Cabanis vermuthete, dass die cubanische Art von der südamerikanischen verschieden sei, und gab ihr den Namen ho - lostictus. — Zu meiner Freude fand ich dieselben Gründe in Re- ports, aber die Art mit anderem Namen. Ich weiss jetzt nicht mehr, weshalb Wagler den früheren Genusnamen Aramus verwarf und mit Notherodius vertauschte. Sollte er keine trifftige Gründe haben, so müssen wir Aramus beibehalten, was auch Mr. Baird that. Jedoch zur Sache. Mr. Baird sagt: (ich copire, weil ich nicht weiss, ob Sie diese Reports besitzen.) Two species are at present known to naturalists until recently supposed to be one. Cabanis was the first to point out the differences between them and to insist that they were distinct and not merely adult and young. Comparative measurements of species. Ar.gig. Indian Key Flo- 24.00 . . . 12.80 5.88 5.03 4.26 0.69 5.04 5.28 skin. m . . . . . rida . . . 27.50 44.00 13.00 . . . . . . . . . . . . fresh. Ar. sc. Brazil .... 31.00 14.20 7.60 5.10 4.22 0.74 4.86 5.18 mntd. spec. Locality. Leng. Stret. ofwin Win. Tail tars. midi. its elaw. bill abov. along gape Spec. meas. Aramus giganteus Baird. — Rallus giganteus Bon. J. Ac. N. Sc. V. 1825, 31. A. scolopaceus Bon. Am. Orn. Bon. Consp. (only young.) Nutt. Aud. im Texte, aber nicht in Abbildung. Noth. holostictus Cab. Ar. scolopaceus Vieill. hat folgende Synonymie. Ardea sco- lopacea Gmel. Ar. scol. Vieill. Bon. (Consp.) nur der alte aber nicht der junge. Aud. Abbildung. Rallus ardeoides Spix. Rallus gigas Licht. Notherodius Guarauna Wagl. With a general resemblance to the typical Ar. scolopaceus of Brazil the species inhabiting North-America is readily distinguis- hable by its smaler size although the bill is of the same length. There is much more of the white streaks throughout. These in 90 Dr. J. Grundlach: Zusätze und Berichtigungen scolopaceus are confined to the head and nack and indeed not seen at all on the crown and the lower part of throat. A few concealed streaks may be found on the jugulum and middle line of the belly but they are not conspicuous. In the other bird all the small feathers show streaks of white except on the lower part of the back, rump and crissum and including the jugulum and top of head. The dark colors of the Florida bird are lighter, with less of the chocolate brown shade. Mr. Audubon appears to figure the true South -American species A. scolopaceus althoug describing A. giganteus as the young. There is nothing to show that the original of his figure was taken in Florida. No. 199. Rallus elegans Aud. und Nr. 200 R. crepitans Gm. Die Synonymie, wie sie in Reports steht, gefällt mir mehr als die im Journal. Sie ist: R. eleg. Aud. R. crepit. Wilsons Abbildung allein. Cab. Journ. R. crep. Gm. 1788. Wilsons Beschreib, allein. Bon. Aud. Cab. Journ. und wie es scheint llR. longirostris Boddaert. 1784. In diesem Falle würde letzterer Name dem crepi- tans vorzuziehen sein. / No. 203. Porzana Carolina . Ausser den Speciesnamen carolinus oder carolina nach Re- ports noch R. stolidus und melanops Vieill*). / f No. 206. Gallimda galeata. Im Journal steht als Autor Pr. Max, in den Reports Licht, und als Synonymie Gail. gal. Bon. Am. Orn. u. List. Nutt. Gosse, Cab. Gail, chlor opus Bon. Synopsis. Aud. / 4 No. 207. Porphyrio martinica Gray. Auch hier ist die Synonymie in Reports genauer. Fulica mar - Hnica L. Gail. mart. Lath. Bon. Nutt. Aud. Crex mart. Licht. Por- phyrio mart. Gosse, Cab. Fulica martinicensis Jacq. Gmel. lonornis martinic. Reich. Fulica flavirostris Gm. Porph. tavoua und cyani- collis Vieill. Gallinula porphyno Wils. Porph. americanus Sw. V , No. 208. Fulica americana Gm. Fulica americ. Gm. Bon. Aud. Hartl. Fulica Wilsonii Steph. Brehm. F. atra Wils. Orb. Ileucopyga Wagl. Mexico. No. 210. Sylbeocyclus carolinensis Bon. Wie ich aus Reports sehe, ist der daselbst gebrauchte Ge- *) Rallus melanops Vieill. ist der Typus meiner Gattung ffydrocicca, und gehört nicht hierher. D. Herausg. 91 zu den „Beiträgen zur Onithologie CubaTs.“ nusname wohl älter; denn Podilymbus, auf dieselbe Art gegrün- det von Lesson, ist vom Jahre 1831, da Sylbeocyclus wohl vom Jahre 1838 ist. Auch der Speciesname ist bei Reports besser, denn Linnd gab ihn im Jahre 1766, während carolinensis vom Jahre 1790 ist. In den Reports ist die Synonymie folgende: Podilymbus podiceps Lawrence. Colymbus pod . L. Col. ludovi - cianus Gm. Podiceps carol. Lath. Bon. Rieh. Nutt. Aud. Sylbeoc. carol. Bon. ? Pod. brevirostris Gray Genera. Podilymbus Uneatus Heermann. 1854. V No. 212. Chen hyperboreus Boie. Im Falle, dass die europäische Art mit der amerikanischen gleich ist, darf auch die Synonymie vermehrt werden. In Reports ist sie wie folgt: Anser caerulescens L. Cassin. Anser hyperboreus Pallas, Bon. Sw. Nutt. Aud. Eyton, Cassin. Anas hyp . Gm. Wils. Anas nivalis Förster. Tadorna nivea Brehm. ? Anser albatus Cassin. In dem Nachtrage zu Reports wird caerulescens als verschieden von hyberb. angesehen und auch die Meinung ausgedrückt, dass albatus eine andere Art sei. Mr. Baird sagt in den Reports: „The name caerulescens has priority of date over hyperboreus and if the species are the same should be used but for the fact, that the adult bird is not bluish, but white, thus eonveying a false Im- pression respecting it. — Ich glaube die zwei fraglichen Arten zu haben, wenigstens habe ich 2 ganz verschiedene Junge. Die Diagnose in Reports ist: Adult: Bill and legs red, color pure white. Primary quills black towards the end, silvery bluish gray towards the base, where the shafts are white. The spurious quills are also bluish. Inside of wings except primary quills, white. Ich habe diese Färbung und auch nach Cassel ein sol- ches J geschickt. Immature birds have the head washed with rusty. Ich habe diese auch und ausserdem ein Junges mit gräulichem Gefieder und rothfarbigem Kopfe, und ein anderes mit stellenweise schon weissem Gefieder. — ? young: Head and upper parts of neck white ; lover parts of neck to the wings dark brown, passing on the sides of body into a more ashy shade ; rest of under parts, concealed portions of the back, rump and over coverts white. The entire scapular and scapular region is ashy- brown, each feather with faint reddish brown margin. The upper surface of the wing is of a clear silvery ash, but passing into dark brown on the endsof the quills. The coverts, secondaries, tertials 92 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen and scapulars edged with white. Ich habe ein solches oder doch ähnliches Exemplar und sah einst mit dem Perspectiv in der Cie- nega de Zapata viele dunkle Exemplare mit rein weissem Kopfe und Oberhals. Diese Art wird wohl die caerulescens sein. Ich werde darüber Mr. Lawrence und Mr. Cassin befragen u. einstweilen nur die eine Art hy perbor eus im Kataloge anführen. *' | No. 216. Dafila acuta Bp. Anas acuta Lin. Gm. Wils. Bon. Aud. Phasianurus acutus Wagl. Anas (Dafila) acuta Jenyns. Diesen Namen führt sie in Reports, er ist vom Jahre 1835, dagegen Dafila acuta Bon. vom Jahre 1838. A. (Boschas) acuta Nutt. A. caudacuta Ray, Dafila caudacuta Steph. Jard. Eyton. Dafila longicauda Brehm. Defila acuta var. A. ame- ncana Bon. Compt. Rend. No. 218. Rhynchaspis clypeata Leach. Ich sehe aus Reports, dass der Genusname Spatula vom Jahre 1822 und der Rhynchaspis vom Jahre 1824 ist. Es ist also Spatula clypeata Boie besser. Der Gmelin’sche Name Anas rubens gehört auch hierher. Die weibliche Ente, die ich auf Seite 228 bespreche, ist keine cyanoptera. Mr. Lawrence in den Notes redet von ihr. No. 220. Querquedula carolinensis. Anas carolinensis Gm. Aud. Reinh. (von Grönland). Querq . carol. Steph. Anas crecca var. Förster, A. crecca Wils. Bon. A. (Boschas) crecca Sw. Nutt. VA. sylvatica Vieill.“ No. 222. Anas obscura Gm. V Ist zu streichen, es war jenes Exemplar eine weibliche dunkle zahme Boschas gewesen. Ebenso ist die moschata keine wilde Art, sondern eingeführt. Dass sie vom Herzoge und von Gosse äufgeführt wird, beweist nichts, denn ich selbst schoss ein Männ- chen in der Cienega de Zapata, was sich als ein aus der Nach- barschaft entflohenes Exemplar ergab. Es hatte auch stellenweise weisse Färbung. Mr. Gosse ist nicht kritisch; denn er führt Stubenvögel u. a. als jamaikanische Arten auf, z. B. 3 ^Ira-Arten, Numida meleagris u. a. .4* No. 224. Fuligula mariloides . Die Seite 230 gegebene Synonymie ist nach Reports nicht richtig; denn da ist si e Fuliv af Jinis Baird. Anas marila Förster nec L. Fuligula marila Aud. (aber nicht Aud. im Bd. VII. von* Birds of America) nec Stephens. Fuligula affinis Eyton. Gosse zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s,“ 93 Marila affinis Bon. (Compt. Rend.) Fuligula mariloides Yig. nec Yarrel Brit. Birds. Fuligula minor Giraud. Die anderen Namen gehören der auch in Europa vorkom- menden grösseren Art an, nämlich : Fulicc marila Baird. Anas marila L. Gm. Wils. Fulig. mar. Steph. Sw. Bon. (Aud. im Bd. VII.) Giraud, Eyton. Aythya marila Bon. „ Anas frenata Sparrm. 5 Marila frenata Bon. (Compt. rend.) Fuligula Gesneri (Wils.) Jard. >/ No. 226. Clangula albeola. Noch gehört zur Synonymie Anas rustica L. J. Vf- No. 227. Clangula americana Bp. Meinem Plane getreu, nur beobachtete sichere Arten aufzu- nehmen, unterdrücke ich diese Art gänzlich. Die von Lembeye beobachtete Art war übrigens nicht Clangula americana = Anas clangula Wils. — sondern Oidemia americana — Anas nigra Wils. etc. >/ No. 229. Emsmatura dominica. Bleibt das ganze Jahr hindurch auf der Insel und nistet. v'V; No. 230. Mergus cucullatus L. Als Seite 232 zum Druck kam, hatte ich selbst schon ein Weibchen gesammelt; auch schon im Jahre 1850 zwei Stück in Zarabanda erlegt. Seit jener Zeit ist die Art noch einigemal vorgekommen. Die Familien Longipennes, Totipalmes und Colymbidae sind in den Reports von 'Mr. Lawrence abgefasst worden. Er weicht etwas in den Namen und der Synonymie von Cabanis Ansicht ab. / Ich copire die Namen und Synonymie der cubanischen Arten. No. 231. St. frenata Gambel. St minuta Wils. Bon. Aud. St. argentea Nutt. vom Jahre 1834. St. frenata Gambel 1848* (Im Falle St. argentea Nutt. dieselbe als St. arg. Pr. M. wäre, dürfte arg. vorzuziehen sein. Der Vieillot’sche Name ist jedoch wohl der beste. Mr. Lawrence kannte bei seiner Abfassung noch nicht Herrn Cabanis Ansicht, sonst hätte er wohl etwas geändert.) i~ No. 232. Hydrockelidon plumbea Wils. Sterna plumbea Wils, junger Vogel. St. nigra Bon. Nutt. Aud. „St. surinamensis Gm/‘ Bon. (Wenn Bonaparte’s Meinung richtig ist, so wäre der Name surinamensis besser, als plumbea , d. h. wenn wir annehmen, dass die amerikanische Art von der europäischen abweicht.) No. 233. St. fuliginosa Gm., ohne andere Namen. — Ich habe Herrn Lawrence die letzten Bogen des Journals noch über- sandt, und nach Ansicht derselben schreibt er mir: • I will write 94 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen you äbout Sterna fuliginosa at some future time, as I wish to examine into the matter (über panayensis Gm.) If you send me any more birds for examination, I would like to see a specimen such as sent to Cabanis.“ Uebrigens glaube ich, dass, wenn unsere Art wirklich die panayensis ist, die Nordamerikaniche es auch ist; denn diese lebt dort von Texas bis Florida. r No. 234. Gelochelidon aranea Wils. Sterna aranea Wils. Bon. St. anglica Nutt. Aud. (Es scheint, dass Lawrence die anglica Mont, als verschieden ansah, was auch Bonap. that. No. 235. Thalasseus acuflavida Cabot. Sterna cantiaca Nutt. Aud. -/ f No. 236. Sterna regia Gambel, St. cayana Bon. Nutt. Aud. Thal. reg. Gamb. 1849. No. 237. Anous stolidus Leach. Sterna stolida L. Bon. Nutt. Aud. Dieses ist die von Mr. Lawrence gegebene Synonymie. Er nimmt nur 3 Genera an 1. Sterna, 2. Hydrochelidon, 3. Anous. Letztere 2 jedes nur mit l Art, (plumbea und stolidus.) Bonap. in Comptes rendus erscheinen die auf Cuba vorkom- menden Arten so: Anoüs (Leach.) stolidus L. (niger Steph. leucoceps Sw.) Hydrochelidon (Boie) surinamensis Gm. (plumbea Wils, nigra autorum americanorum). Gelochelidon (Brehm) aranea Wils. Thalasseus (Boie) acuflavida Cabot {cantiaca Aud.) Sternula (Boie) frenata Gamb. ( minuta Wils, nec L. argentea Nutt nec Wils. Antillarum Less.) Haliplana (Wagl.) fuliginosa Gm. Sylochelidon (Brehm.) cayennensis Gmel. No. 238. Chroicocephalus atricilla. Bietet keine Neuigkeit dar. No. 239. Larus zonorhynchus. Mr. Lawrence nennt sie L. delawarensis Ord. Dieser Name ist vom Jahre 1815. L. canus Bon. Rieh. L. brachyrhynchus Rieh, et Sw. L. zonorhynchus Rieh, et Sw. 1831. Nutt. Aud. Bon. Ga- vina zonorh . Bruch. Diese Art ist dem argentatus sehr ähnlich, hat aber die Spitzen der Schwingen schwarz, während sie bei argentatus weiss sind. Ich besitze den ächten alten L. argentatus. Es wäre mög- lich, dass der Herzog den zonorhynchus beobachtet hat, jedoch könnte auch#ein Jrrthum stattgefunden haben. Ich setze die Art 95 zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ zonorhynchus jetzt in den Anhang als unsichere Art, und streiche gänzlich No. 240. Larus marinus >1 1 aus dem Katalog. Das Individuum, welches Lembeye besass (jetzt in meiner Sammlung) sandte ich zu Mr. Lawrence, der es als Junges von ^argentatus erklärte. Die Art des Ausstopfens hatte es ver- grössert. Demnach blieben also nur 2 Mövenarten, die No. 23S und No. 241. Larus argentatus Brünn. Bon. Nutt. Aud. dem Mr. Lawrence Laroides argentatus Bruch. Bon. und Laroides argentatoides Bich, beisetzt. Diese Art wird zuweilen zum Markte in Habana gebracht, auch ward sie in der Bai von Cardenas lebend gefangen. / No. 243. Phalacro corax floridanus Aud. Diese Art, schon vom Herzoge angegeben, ist als richtig be- stimmt, ungeändert geblieben. Mr. Lawrence sagt: Phalacroc. florid. Aud. Graculus florid . Bon. Phalacr . brasiliensis Bon. und Graculus düophus Gray, aber letztes Citat ist auf 2 Seiten vor- her als Art Grac . dil festgestellt, (also ein Irrthum von Lawrence). Herr Cabanis setzte mit ? zu floridanus den düophus Vieill. Nach Mr. Lawrence heisst das Genus Graculus L. und hat die Subgenera J. Phalacrocorax Briss., mit den Arten carbo, perspicillatus und cincinnatus. 2. Graculus Bon. mit düophus , floridanus , mexicanus . 3. Urile mit penicillatus , violaceus . No. 244. Phalacr . Townsendi Aud. und No. 245. Ph. resplendens Aud. Herr Lawrence, dem ich meine Musterexemplare zur Ansicht schickte, sagt, die Art sei -'mexicanus. Carbo mexicanus Brandt. Graculus mex. Bon. Phal. lacustris Gundl. mss. „Phal. resplendens “ Lemb. adult. „Ph. Townsendi l“ Lemb. juvenis. Das, was ich früher bei 245 sage, gehört also zu mexicanus. 'S No. 246. Sula fusca Br. Es ist nur ein Druckfehler: Sula „fulva“ anstatt fusca Vieill. Mr. Lawr. lässt den Namen „ Snld “ für die Art „ bassana “ L. und „ Dysporus Illig.“ für die Art },fiber(l Linn. Letzte Art ist nach ihm Pelecanus flber L. Pelecanus sula L. Dysporus sula Illig. Bon. Sula brasiliensis Spix. Sula fusca Vieill. Bon. Nutt. Aud. In des 96 Dr. J, Gundlachs : Zusätze u. Berichtig, z. d. „Beitr.z.Orn.Cuba’s.“ Herzogs erstem Verzeichnisse steht Dysporus Sula was richtiger ist als die Aenderung Hartlaub’s in Sula bassana. 247. Phaeton aethereus L. Ich traf diese Art in grösserer Anzahl im Frühjahr am Cabo Cruz, d. h. der südlichsten Spitze der Insel in den Felswänden der steilen Küste nistend an. Ich erlangte IO Stück und sandte 1 Stück an Mr. Lawrence, der gerade diese Familie bearbeitete. Er sagt in den Reports: Phaeton flävirostris Brandt. — Lepturus candidus Briss. Phaeton candidus Gray. Ph. aethereus Bon. Nutt. Aud. Ph.flav. Brandt. 1837. Sclater. The above description is taken from a very perfect specimen obtained on the south side of Cuba. It is without doubt the species described and figured by Audubon and which recent wri- ters refer to the „candidus“ of Brisson (flavir . of Brandt). In a monograph of the Phaetonidae , given by the Prof. Brandt in the Bulletin of the St. Petersburg Academy, he says Gmel. Latham and others have confounded the- too species aethereus L. and candidus Br Mr. Sclater in Zool. Proc. adopts Brandt’s name of „davir“ for the reason that Br. was no binomalist and has no claim to bestow specific names in a binominal System. — Mr. Lawrence spricht dann noch von einem anderen, von einem Händler ohne Vaterlandsangabe gekauften. Dieses hat er später im Jahre 1860 als Ph. ßavo-aurantius in den Annals of the Ly- ceum of Nat. Hist, in New-York, Vol. VII. April 1860 beschrieben. s No. 248 Plotus Anhinga Linn. und folgende autores. Diese Art heisst bei Wilson melanogaster. * ; No. 249 Tachypetes aquilus Vieill. Schon von weitem kann man das Männchen am völlig schwar- zen Gefieder, das Weibchen an einem weissen Brustfleck und die Jungen an einem weissen Kopf und Hals erkennen. Nistet auf Bäumen. — Dieses sind die Anmerkungen und Verbesserungen die ich im Augenblick machen kann. Zufälligerweise bleibt sich die Zahl der Vogelarten gleich, obgleich viele Arten seitdem entdeckt wurden, während andere gestrichen werden müssen. Ich lasse nun die in den früheren „Beiträgen“ im Journal noch nicht angeführten Arten folgen. (Schluss folgt.) Alex. v. Homeyer: Zur Naturgeschichte des Girlitz. 97 Zur Naturgeschichte des Girlitz, Fringilla Serinus Lin. Von Alex. v. Homeyer. Sechs Jahre in Frankfurt a. M., — in einer Gegend, in der der Girlitz sehr häufig, vielleicht von ganz Deutschland am häu- figsten ist, dazu manche interessante Notiz in den ornithologischen Zeitschriften über seine noch nicht genügend bekannte Verbrei- tung, wie Aufklärung seiner Naturgeschichte selbst, — veranlassten mich, dem Girlitz meine Aufmerksamkeit zu widmen. Ganz be- sonders willkommen war mir der durch Herrn Dr. Julius Hoffmann gelieferte Aufsatz*), welcher mir bei meinen Beobachtungen viel- fach als Richtschnur diente, indem er auf das Interessante der Le- bensweise aufmerksam machte; möge mir demnach erlaubt sein, auch hier mich an diese, in jeder Beziehung vorzügliche Ar- beit**) zu halten und einige bezügliche Bemerkungen folgen zu lassen, wobei gleich gesagt sein mag, dass Vieles übereinstim- mend ist und demnach nur als eine Bestätigung gelten mag, und nur Weniges ab weicht, worüber von Anderen entschieden werden möge. Zur Sache also! Julius Hoffmann sagt 1. Ueber die Ankunft: dass einzelne Vögel Anfang April, alle erst in der Mitte dieses Monats da seien. Meine Beobachtungen sind folgende: Im Jahre 1854 sangen am 1. April sehr viele Girlitze in der Stadtpromenade von Frankfurt a. M., woraus hervorgeht, dass die ersten Ankömmlinge gewiss 8 Tage früher einpassirt seien, also am 23. März, einer Zeit, welche genau mit der Ankunft in den folgenden Jahren übereinstimmt. 1855 nämlich sang der erste Girlitz ebenda schon am 19. März, 56 am 24., 57 am 23. einige, 58 der erste am 24, viele am 2. April, 59 der erste sogar schon am 13. viele am 19. März. Im Jahr 1860 verliess ich Frankfurt am 9. März, und war bis dahin der Gir- litz noch nicht angekommen; den ersten sah ich am 5. April in Baden-Baden am Alten-Schloss, den zweiten am 15. April ebenda am Neuen-Schloss. Demnach dürfte für Frankfurt a. M. der Frühjahr szug etwas *) Naumannia II. 3. p. 58—64. **) Je mehr und länger ich mich mit dem Vögelchen beschäftigte, desto mehr lernte ich die Arbeit würdigen. Journ. f. Örnith., X. Jahr«., Nr. 56, März 1862. 7 98 Alex. v. Homeyer: früher als für Stuttgart fallen, etwa für die ersten Ankömmlinge am 20. bis 24. März, für den Hauptzug am 1. April. In Betreff des Herbstzuges bin ich ein schlechter Beobach- ter, wenigstens für die Details, und weiss ich desshalb auch nichts Näheres anzugeben, als dass im August die Girlitze mit ihren Jungen flugweise auf die Felder gehen und Ende September oder Mitte Oktober uns verlassen, während einzelne noch Anfangs No- vember zu sehen sind. — Am Mittel-Rhein überwintert der Girlitz nicht, und wurden mir nur 2 Ausnahme fälle bei Mainz bekannt, während ich es bei Frankfurt nicht beobachtete. Das erste Mal war es im Febr. 54, als ein laut lockendes Männchen an mir vorbeiflog, das 2. Mal im strengen Winter 60 bis 61, dass sich drei Vögel bei hohem Schnee dicht vor meinem Fenster auf einem Gartenstück des al- ten Kästerich sehen Hessen, ohne sich den Hänflingen und Stieg- litzen intim anzuschliessen, denn oft genug waren die Vögel ein- zeln oder unter sich; einige Tage darauf sass ein Trupp von 8 Stück vor meinem Fenster, welcher acht Tage lang blieb und dann der rauhen Witterung halber weiterzog. 2. Ueber sein Treiben gleich nach der Ankunft: Die ersten sind stets Männchen, unddiese machen sich sogleich durch ihren Gesang, den sie von den Baum- spitzen ertönen lassen, sowie durch ihr unruhiges Treiben sehr bemerkbar. Wenn die Witterung schön, d. h. hell, sonnig und milde ist, so hat es vollkommen seine Richtigkeit mit dem munteren Treiben des lebhaften Vögelchens und mit dem schnellen Sichbemerkbar- machen; denn die singenden Männchen schwirren immerzu oder treiben sich mit einem zizizi händel- und eifersüchtig aus dem kleinen Revier ihres zukünftigen Nistplatzes. Ist es aber kalt und unrüstig, namentlich windig und regnerisch dabei,, oder treibt gar Schnee, — eine Witterung wie wir sie Ende März und An- fang April so oft haben, — so macht unser Vögelchen ein ganz anderes Gesicht. Es hält sich niedrig, um Schütz gegen die Witterung zu finden, und lockt nur hier und da leise und verstoh- len aus einem Strauch heraus, oder trippelt der Nahrung halber auf der Erde neben einem Meldenstrauch, — aber immer ruhig? ohne bei seiner schlechten Laune viel Wesen’s und Lärm zu machen. So kann es bei anhaltend ungünstiger Witterung kom- men, dass schon viele Girlitze vorhanden sind, ohne dass man Zur Naturgeschichte des Girlitz. 99 viel von ihnen sieht, und dass dann beim ersten Sonnenblick er in Unzahl von allen hohen Bäumen herabsingt. Das eigenthümliche grünlings artige Fliegen, was immer von heftigem Singen begleitet ist, geschieht erst Mitte April; oder wenn dieser Monat kalt 'ist, erst von Anfang Mai ab, und scheint mir ein Balzen zu sein, herbeigeführt durch regen Geschlechtstrieb. 3. Der Gesang hat die meiste Aehnlichkeit mit dem des Accentor modularis . Hoffmann’s Vergleich ist vorzüglich; der Gesang ist durch- aus dem einer Heckenbrunelle (Accentor modularis) so ähnlich, dass er mit ihm verwechselt werden kann, wie es wenigstens mir am 1. April 1854 erging, als ich nach Frankfurt kommend, den Girlitzgesang noch nicht kannte. Dieser Irrthum dauerte jedoch nur wenige Minuten, dann wusste ich mir den „eigenthümlichen Bru- nellengesang“ sofort zu deuten; Hoffmann weiss dies „eigentümlich“ ganz prächtig mit seinem „Finkenschnabel“ zu charakterisiren, d. h. das Klangvolle der Brunelle fort, und dafür S- und B-Töne, wo- durch der Gesang hart wird, und nun noch das Tempo der Car- riere hinzu, wodurch fast ein Schwirren erzielt wird. — Dem Gesänge des Goldhähnchens (Regulus), wie Baldamus will, ist der Gesang allerdings auch ähnlich, doch gefällt mir Hoffmann’s Vergleich ungleich besser, wenigstens würde es mir nie passiren, Girlitz- und Goldhähnchengesang mit einander zu verwechseln; der Girlitzgesang entbehrt einmal jeglichen sanften Characters. Aehnlichkeitsbeziehungen erster Linie sind ferner noch mit dem Gesänge der Fringilla citrinella vorhanden, welcher zwischen Stieglitz- und Girlitzgesang „genau mitteninne“ steht. *) Der Vergleich des Gesanges mit dem Kanarienvogel will mir durchaus nicht gefallen; mit diesem hat der Girlitz nur die pie- penden Töne unmittelbar vor der Begattung wie das „äd“ gemein, welch’ letzterer Ton von beiden Vögeln in Mitten des Singens während einer kleinen Pause so gern gegeben wird und bei Bei- den mit einem Seitwärtswenden des hinteren Körpertheiles be- gleitet ist, welches beim Kanarienvogel langsam, bei Letzterem, bedingt durch die grosse Lebhaftigkeit, sehr oft und sehr schnell mit hängenden Flügeln und gehobenem Schwänze geschieht. Sehr bezeichnend für den Gesang ist übrigens der bayrische Name unseres Vögelchens „Hirngritterl“, wie es uns Pfarrer Jäckel *) Siehe darüber dieses Journal VIII. S. 372 und IX. S. 71. 7* 100 Alex. v. Homeyer: in der Naumannia III., S. 394, mittheilt, indem der ganze Cha racter des Schwirrgesanges mit seinen R-Tönen darin enthalten ist. Was den Gesang in der Stube anbetrifft, so hat er seine Liebhaber; Herr Eduard Kuhlmann*) schwärmt sogar für ihn; dieser hielt stets 1 — 3 Vögel „des Gesanges halb er “ im Käfig, und charakterisirte mir diesen 1852 in Mainz durch die Worte: ähnlich schwirrend und stotternd wie der Grauammer, aber der Ton klangvoller und der Gesang abwechselnder und länger. Mir ist der Gesang im Freien seiner Eigenthümlichkeit hal- ber stets willkommen, im Zimmer jedoch kann ich ihn nicht lei- den, und so wird es gewiss einem Jeden ergehen, dessen Ohr ein Wenig durch die sanften Töne der Sylvien verwöhnt ist, — ja ich sage, dass die Härte des Girlitzgesanges sogar nicht mit andern Finkengesängen harmonirt und somit auf die Dauer stört. 4. Sehr eigenthümlich ist die Vorliebe des Girlitz für bestimmte Orte. In der nächsten Nähe von Stutt- gart ist er ziemlich gemein, aber über eine Stunde ringsum ist gewiss kein einziger anzutreffen. Dies ist sehr richtig. Der Girlitz kann an einem Ort sehr häufig und 4 Meilen davon eine Seltenheit sein, wenn auch dem Anscheine nach die Oertlichkeitsverhältnisse die nämlichen sind; dies gilt (oder galt, wie wir gleich sehen werden), z. B. von Frankfurt a. M. und Mainz. Das Warum jedoch vermag man nicht zu deuten, und darin liegt eben das Räths eihafte, was noch vermehrt wird, wenn dann an einem solchen nicht besuchten Ort der Girlitz sich plötzlich sehr zahlreich einstellt, ohne dass die Verhältnisse günstiger für ihn wurden (s. Mainz und den Nach- trag über Hanau), oder auch plötzlich verschwindet (s. Rastatt). Bei Frankfurt a. M. also und ganz speciell in der dortigen Stadtpromenade ist der Girlitz ein so häufiger Vogel, dass man kaum dem Sperlinge**) das Vorrecht geben kann. Man findet ihn ferner bei sämmtlichen benachbarten Dörfern und den dazwischen liegenden Obstbaumpflanzungen, wenn auch nicht so häufig, wie in der Promenade selbst, welche als eigentlicher Lieblingsaufent- halt der ganzen Gemarkung zu betrachten ist. Als ich 1852 zu Mainz in Garnison stand, war der Girlitz daselbst eine grosse Seltenheit; im Gartenfelde, einem ausge- dehnten Baum- und Buschgartenstück, lebten damals kaum 2 Paare; *) Grossherzoglich Hessischer Oberzollamts-Revisor und Freund der Yögel. **) Der allerdings gerade nicht sehr zahlreich ist. Zur Naturgeschichte des Girlitz. 101 später etwa 1858 vernahm ich durch Herrn Conservator Nicolaus, dass der Girlitz etwas häufiger würde, und im Frühlinge 1860 hörte ich ihn daselbst überall in so unglaublicher Menge sin- gen, dass ich die Zahl eben so gut auf 100, wie nur auf 50 an- geben kann. In Hanau ist er jetzt häufig. (S. Nachtrag.) Bei Offenbach überall, jedoch nicht zahlreich. Bei Trier kam er 53 nicht vor. Bei Durlach im Rheingau war der Girlitz vor einigen Jahren nach Herrn Förster Diess ziemlich häufig, jetzt nicht. Bei Rastatt sah ich ihn nicht, obwohl für treffliche Oertlich- keit gesorgt zu sein scheint (Schloss Favorite). Durch den alten Vogelfänger Schwan, der unsern Vogel ganz genau kennt, und für den ich überhaupt einstehe, erfuhr ich, dass der Girlitz da- selbst früher sehr häufig gewesen, dass sein Vorkommen jetzt aber so vereinzelt wäre, dass er nur in einzelnen Jahren einige Junge während des Herbstes auf den Salatstauden gefangen hätte. Bei Baden-Baden beobachtete ich im April 1859 zwei Paare, und endlich am 16. Juni und die folgenden Tage ebenda viele singende Männchen. Da diese nun vorhin nicht daselbst gewesen waren, es überdies für die Zugzeit bedeutend zu spät war, so glaube ich, dass es Brutvögel des Schwarzwaldes waren, welche nun mit ihren Jungen in’s Thal hinabstiegen. — 5. Er ist nie auf der Höhe, sondern nur im Thal, oder auf ziemlich ebenem, tief liegendem Terrain zu suchen. Im Allgemeinen stimmt dieses allerdings, namentlich für Frankfurt, dem Lieblingsaufenthalte, aber nicht für Baden-Baden, Gernsbach, Ebersteinschloss, den Fremersbergen, dem Merkur, kurz den westlichen Schwarzwaldpartien. Hier in fast geschlos- senen 80jährigen Weisstannen -Waldungen, welche mit Buchen durchwachsen sind, trifft man den Girlitz, wenn auch gerade nicht häufig, so doch fast überall zu 1 — 3 Pärchen, namentlich auf den gegen Süden liegenden Bergabhängen. Ich gestehe, dass einerseits bei der Aehnlichkeit des Girlitz- und Citronenzeisig-Gesanges , wie andererseits wegen Hoffmann’s definitiven Urtheils „er ist nie auf der Höhe“, ich im Schwarz- walde bei einem mir sonst doch so bekanntem Vogel ganz irre wurde und lange nicht wusste, wen ich denn eigentlich vor mir hätte, bis ich denn endlich sicher beobachtete, dass dies hier der 102 Alex. v. Homeyer: Girlitz sei, während der Citronenzeisig im eigentlich hohen Schwarz- wald und dessen östlich nach Würtemberg zu liegenden Abhän- gen vorkommt. 6. Er hat für den Birnbaum eine ganz besondere Vorliebe, auch für den Zwets chenbaum; auf einem Apfel- oder Kirschbaum fand ich noch kein Nest, und im Nadelholz, wie HerrHeuglin im 3tenHeft der Nau- mannia vermuthet, möchte er wohl nie brüten. Bei Frankfurt a. M. nistet der Girlitz vorzugsweise auf Nadelholz. Ich erwähnte gleich anfangs die Stadtpromenade' als den Hauptaufenthaltsort unseres Vogels; diese ist im wahren Sinne des Wortes im englischen Geschmack angelegt: Laubholz ist vorherrschend, Laub- und Nadelholz aller Art wechselt mit offenen Gras- oder Wiesenplätzen oder den herrlichsten Blumenanlagen, bald für sich in Gruppen stehend, bald im bunten Gemisch, bald das Nadelholz isolirt eingesprengt. So ist es namentlich die Rothtanne, die Weisstanne, die Lärche wie die Weihmuthskiefer, welche oft in 3 — 5 Stämmen mit einer grösseren Laubholzgruppe vereint, den Promenaden ein so hübsches Ansehen geben, da sie so schön zum hellen Grün des Laubes contrastiren, was recht oft noch erhöht wird, wenn sich das an und für sich unheimliche Laub einer Blutbuche zu ihnen gesellt. Hier nun, — namentlich wenn diese Busch- und Baumgrup- pen ein Wenig zurückgezogen sind, so dass ein freies Rasen- plätzchen vor ihnen liegt, und vielleicht auch noch ein Teich, und seitwärts sich andere Baumpartien anschliessen, so dass da- durch ein gegen Süden offenes, gegen Norden vielleicht noch durch hohe Rothtannen geschütztes Plätzchen von circa I Morg. Grösse entsteht, ist der Girlitz zu Hause; hier sieht man ihn, hier gaukelt er im hellen Sonnenschein über den offenen Platz hin von Baum zu Baum laut singend, und oft fiedermaus- oder grünlingsartig flatternd. Hier nun fand ich das Nest fast stets in dem in einer Laubholz- gruppe einzeln eingesprengtem Nadelholz in einer Höhe von 6— 20Fuss; das Nest sitzt am häufigsten auf der Rothtanne, doch fand ich es auch oft genug auf der Weihmuthskiefer, der Weisstanne und Lärche, wie 1 Mal auf dem Taxusbaum und etliche Male auch auf dem Lebensbaum (Frankfurter Kirchhof). Man kann sich denken, dass ich nach Hoffmann’s Aufsatz gerade dieser Sache meine ganze Aufmerksamkeit schenkte, und ergab Zur Naturgeschichte des Girlitz. 108 sich das 8 jährige Resultat bei zu Laubholz wie folgt: Rothtanne 9 W eihmuthskiefer ... 4 Weis staune 3 Pinus halepensis ... I Lärche ........ 2 Taxus . . . 1 Lebensb. (Juniperus) 4 24 circa 40 Nestern von Nadelholz Apfelbaum ...... 6 Birnbaum 3 Z wetschenbaum ... 2 Traubenkirsche ... 2 Linde ......... 1 Querem Hex ..... 1 15 Der Platz des oft sehr variirenden Nestchens ist je nach dem Alter des Baumes verschieden; am liebsten sitzt es bei circa 50jährigen Rothtannen , auf den vielleicht 15 Fuss hoch entspringenden und bis zu 5 Fuss herabhängenden grossen Sei- tenästen, und zwar gewöhnlich 5 Fuss von der abwärts gewen- deten Spitze entfernt, zwischen der Hauptrippe selbst und 1 — 2 Nebenästchen. Ist der Baum jünger (10 — 15 Jahr), so steht das Nest gern auf | der Höhe neben dem Hauptstamm und der Gabelung zweier Quirläste (ähnlich wie so oft Fr, eoelebs bauet). — Ein Mal fand ich das Nest hängend angebracht, so dass ich es anfänglich für ein Goldhähnchennest hielt, um so mehr, da es in einer alten Rothtanne hing, welche mitten im Laubwald und wenigstens 150 Schritt vom Waldsaum entfernt stand; der Boden des Nestes hatte nicht die geringste Stütze, und waren die Seiten mit 3 senkrecht herabhängenden Zweigen verwebt, kurz, ganz wie beim Goldhähnchen. *) Im geschlossenen, d. h. dichten Nadelwald, kommt der Gir- litz meines Wissens nicht vor; sind jedoch Laubbäume einge- sprengt, so dass der düstere Charakter gemildert wird, Partien, wie wir sie im westlichen Schwarzwalde finden, so ist es unserm Yogel recht. Ja selbst in 20jährigen Tannenschonungen, welche mitten im Laubwalde liegen, kommt der Girlitz vor (Forsthaus bei Frank- furt), sie dürfen nur nicht zu dicht, sondern durch Laubbäume und offene Plätze durchbrochen sein. Der Yogel tändelt hier viel über der Nadelholzanlage selbst her, welche durch den hohen sie umstehenden Laubwald geschützt und warm ist, und setzt gern sein Nest am Saum der Schonung in einem Nadelholzbaum selbst. *) Natürlich ein Ausnahmefall. 104 Alex. v. Homeyer: Bei Frankfurt also ist nach meinen Erfahrungen eine wirk- liche Vorliebe für das Nadelholz vorhanden; oft genug habe ich das Nest in einer ganz isolirt stehenden Tanne oder Kiefer etc. mitten in einem Garten oder Weinberg gefunden, wo sonst nur Laubholz vertreten war; nur 1 Mal ist mir der entgegengesetzte Fall passirt, wo das Nest auf einer alten Linde stand, wo die schönsten gemischten Laub- und Nadelholzpartien in nächster Nähe standen. Es fällt mir übrigens eine kleine Neckerei Sei- tens des Herrn Dr. Bolle ein, welche angeführt zu werden verdient : Im Sommer 1858 war der Freund bei mir in Frankfurt, und viel wurde über den Girlitz und über die Vorliebe für das Na- delholz gesprochen; wir befanden uns gerade im botanischen Garten, als ein Girlitzmännchen vor uns aufflog, sich einige Mo- mente auf einen Fliederstrauch setzte und dann einem grossen Firnissbaum zuflog. „Nun,“ meinte Bolle, „der Vogel wird sein Nest hier haben und zwar nach Ihrer Theorie oder Praxis im Taxus- baum.“ „Allerdings,“ meinte ich, „wenn dieser Vogel sich an die alte Frankfurter Hegel seiner Kameraden hält, ja.“ Nun ging es an das Durchsuchen des riesigen Taxus; Bolle schüttelte mit dem Kopf, — wir durchsuchten die Laubbäume, — umsonst, — end- lich wieder zurück nach dem Taxus, und — das Nest sass wirklich in ihm. Ich lege auf diesen Fall natürlich kein Ge- wicht, denn andere ähnliche Fälle stehen ihm zur Seite; aber Freude machte es mir doch. Schliesslich noch einige Worte über das Nisten auf dem Apfelbaum; Hoffmann will es nicht gern, er hat noch kein Nest gefunden, während in meiner Verhältnis s-Rubrik die Zahl 6 steht, und ich beantworte die Sache mit dieser Frage: Wo nistet der Girlitz in jenen Apfelbaumpartien, welche zwischen Frankfurt und den benachbarten Dörfern fast das ganze Feld bedecken, ohne dass gerade andere Baumarten vertreten sind, und wo das Vö- gelchen so häufig ist?*) Der Girlitz ist nach verschiedenen Oertlichkeiten seines Auf- enthaltes (Frankfurt und Stuttgart) in seinen Lebensverrichtun- gen und Gewohnheiten bei sonst vielleicht ganz ähnlichen Ver- hältnissen verschieden, was allein ihn uns zu einem so interessan- ten Vogel macht, dass er unsere vollkommene Aufmerksamkeit verdient. , ’) S. Naumannia 1858. p. 146. Zur Naturgeschichte des Girlitz . 105 Wohlan denn, ihr Ornithologen des Rheinlandes und anderer girlitzbewohnter Gegenden, schenkt ihm die ganze Aufmerksam- keit, ergründet das Eigentümliche Eurer Gegend, erforschet alles Interessante, vor Allem die Ursachen des geheimnissvollen Wan- dertriebes, und theilt hierorts das Ergebniss der Studien mit. — Als Nachtrag gebe ich die Beobachtungen meines ehrwürdi- gen Freundes, des Pfarrers W. F. Trinthammer, welche um so interessanter sein dürften, da sie schon 1806 beginnen. Es ist eine bemerkenswerte Erscheinung, dass sich manche Vögel bisweilen von langgewohnten beschränkteren Standorten nach gewissen Richtungen hin allmälig weiter verbreiten. Auch an dem Girlitz hat man solch ein langsames Fortrücken von Süden .nach Norden wahrgenommen, und kurz sei Ihnen mitge- theilt, was ich selbst in dieser Hinsicht beobachtet habe. Zu- vörderst eine Vorbemerkung: Als warmer Freund der Natur hatte mein Vater schon früh in mir ein besonderes Wohlgefallen an dem gesammten gefiederten Völkchen zu wecken gesucht und auch mit dem Girlitz wenigstens par renommde mich bekannt gemacht. Wir wohnten eine Stunde nördlich von Frankfurt a. M., wo ich bis 1809 das Gymnasium besuchte, und jener niedliche Vo- gel im Weichbilde der Kaiserstadt, Gott weiss, seit wann her, ein freies Beisassenrecht nebst beliebigem Gartenvergnügen genoss. Da Letzteres im naturgeschicht- lichen Unterrichte zu Haus bereits öfters erwähnt worden war, so konnte es wahrlich nicht fehlen, dass „unser Frankfurter Vögelchen“, wie meine Schulkameraden gemeinlich ihn nannten, desto stärker mich anziehen musste, weil ich dasselbe nie zuvor in der heimischen Gemarkung gesehen hatte, jetzt aber es über- all in den diesseits gelegenen Gärten und noch viel häufiger in den Sachsenhäuser Baumstücken am Mühlberge vor Augen bekam. So wurde denn sechsmal von mir aufs freudigste der Girlitz be- grüsst, wenn er im Laufe der Ostermessen zur lustigen Feier des Nickelchestages sich einstellte, wobei nicht vergessen werden darf, dass seine Vermehrung von Jahr zu Jahr zu wachsen schien, nachdem die seit 1806 geschleiften Festungswerke Frankfurts sich nach und nach in herrliche Anlagen umgewandelt hatten. — 1818 kehrte ich in das elterliche Haus zurück und lebte dort bis 1835, während welcher Zeit mein Frankfurter Liebling mir etliche Mal von einem Bornheimer Vogelfänger, der ihn am Rö- derberge gefangen hatte, für meine Stubenvoliere geliefert ward. 106 Dr. Carl Bolle: Im Sommer 1829 wurde mir zum ersten Mal das Vergnügen zu Theil, in meinem Garten 2 junge Vögelchen an einem Kressen- beet zu sehen und ihrer habhaft zu werden. Sie mussten wohl in der Nähe ausgebrütet worden sehr, denn in den folgenden Jah- ren Hessen sich hin und wieder um das Dorf her Standvögel hö- ren, ohne dass ich jedoch ihre Nester ausfindig machen konnte. Seit 1835 ist Hanau mein Wohnort , wo ich schon früher von 1813 bis 1818 mich aufgehalten habe. Während jener Zeit ist mir nie ein Girlitz hier vorgekommen, — nach meinem 2. Einzuge aber gewahrte ich bald, dass mittlerweile rings um unsere Stadt, also 4 Meilen östlich von Frankfurt, eine ziemliche Ansiedlung stattgefunden hatte, und seit einigen Sommern zeigte sich regel- mässig auch in meinem kleinen Hausgarten ein Pärchen, ^as, da sich in der nächsten Nachbarschaft die günstigste Brutgelegenheit darbietet, sich ansässig gemacht haben muss. Auf Nadelholz soll der Girlitz am liebsten nisten. Hieraus erklärt sich wohl, warum es ihm zu Frankfurt, dessen Gärten mit allerlei Nadelholzarten von jeher geziert waren, so vorzugsweise behagt hat.“ — Glogau, den 24. Februar 1862. Noch etwas über den Girlitz. Von Dr. Carl Bolle. Im Anschluss an den vorstehenden Aufsatz meines Freundes, des Lieutenant A. von Homeyer, bemerke ich noch Folgendes : Der Girlitz ist bei Frankfurt so lange einheimisch, als wir überhaupt eine ornithologische Litteratur haben, d. h. seit wenig- stens drei Jahrhunderten. Konrad Gessner, dem Aldrovandi fast wörtlich nachschreibt, kennt ihn bereits daselbst unter der noch jetzt von uns gebrauchten Benennung. Er fügt hinzu, der eigent- liche deutsche Name sei Fademle, in der Schweiz Schwadeile, im Eisass Gyrle. Auch des Ausdruckes Hirngryll geschieht bei jenen älteren Autoren bereits Erwähnung. „Zu derselben Art gehören nicht minder die Scartzerini genannten Vögelchen, die bei Trient (in Welschtyrol) gefangen, und nach Deutschland gebracht werden. Dort heissen sie „Hirngryllen“, ihres beständigen Singens wegen, welches sie, gleich den Grillen auf sonnigen Aeckern oder den Heimchen um warme Bäder und Backöfen herum, unaufhörlich Noch etwas über den Girlitz. 107 vernehmen lassen. Auch in Kärnthen fängt man sie und in Augs- bürg werden sie häufig verkauft, wobei man die Bemerkung ge- macht haben will, das Weibchen singe ebenfalls. Man hat in Italien in den Vogelhäusern vom Girlitz Junge aufgebracht. Mit dem Zeisig gepaarte Sieen haben nur Eier gelegt, aus denen nichts auskam.44 Der Girlitz erscheint, allerdings höchst selten, von Zeit zu Zeit im nördlichen Deutschland und dehnt seine'' Flüge wahrscheinlich bis zu beiden Meeren aus. Er ist, soviel ich weiss, auf Helgo- land erlegt worden. Ausserdem kenne ich zwei Fälle seines Vor- kommens in der Mark Brandenburg. Sie betreffen Beide in der Jungfernhaide bei Berlin gefangene, vereinzelte, aber unstreitig wirklich wilde Individuen. Der Erste derselben ereignete sich vor länger als zwanzig Jahren, wo der Vater eines hiesigen Vo- gelhändlers und Vogelstellers, des Herrn Gustav Bless, für den ich mich als höchst zuverlässigen Gewährsmann verbürgen kann, einen Girlitz dicht bei der Möckernitz, einem verwachsenen Wald- sumpf am rechten Spreeufer, zwischen Berlin und Spandau, unter Zeisigen fing. Damals war der Girlitz den Berliner Vogelhändlern so gut wie unbekannt. Das ist seitdem anders geworden. Die durch die Eisenbahn so sehr erleichterte Kommunikation führt ihn uns nun aber nicht von Frankfurt her, sondern aus dem Südosten, aus Ungarn und Oesterreich, in ziemlicher Menge lebend als Stuben- vogel zu. Dies geschieht erst seit zwei bis drei Jahren. Jetzt fehlt es einem Vogelstande unseres so reich versehenen Marktes nicht leicht an einigen Paaren dieses niedlichen Finken, den man seines Gesanges halber weniger als seines hübschen Gefieders und sei- ner Kleinheit wegen schätzt und von dem die alten Hähnchen mit fast ganz goldgelbem Kopfe am beliebtesten sind. Besonders Schöne gelten das Stück etwa einen Gulden. Anfangs verstüm- melten nicht selten die Verkäuferinnen den wahren Namen des Vogels nach der Analogie des provinziellen „Zeising“ in „Girling“ jetzt haben sie ihn richtig aussprechen gelernt. Das Thierchen ist schon eine so alltägliche Erscheinung geworden, dass Alfred Hansmann, wenn er fortfährt unseren durch seine elegante Feder verherrlichten Vogelmarkt zu besuchen, jetzt die Schulknaben mit demselben Gleichmuth auf einen Käfig hindeutend „Das ist ein Girlitz/4 sagen hören kann, wie sie sonst wohl in ihren ornitho- logischen Erklärungen : „Das ist ein Stieglitz, das ist ein Hänfer- ling,“ etc. zu dociren pflegen. 108 Dr. Carl Bolle: Die Fortpflanzung des Girlitzes in der Gefangenschaft geht mit grosser Leichtigkeit vonstatten.*) Es unterliegt keinem Zweifel, dass derselbe mit geringer Mühe, gleich dem Canarienvogel, zum vollendeten Hausvögelchen gemacht werden könnte. Ich will hier ein Beispiel einer derartigen Vermehrung, de- ren Zeuge und Veranlasser ich ganz neuerdings gewesen bin, er- zählen, weil sie Nebenumstände zu meiner Kenntniss brachte, die für die Beurtheilung des Girlitznaturells nicht ohne Bedeutung sein dürften. Dieselbe kann zugleich als Beweis der Zutraulich- keit und der verhältnissmässigen Klugheit dieses Thierchens dienen. Ich unterhielt im Frühling 1861 ein Girlitzpärchen in einer geräumigen Voliere, unter Canarien vögeln und anderen Fringillen. Sie waren spät hineingesetzt worden, daher mochten sie wohl Zeit brauchen, sich mit ihrem neuen Aufenthalt zu befreunden. Trotzdem, dass das Hähnchen mit gewohntem Eifer sein Lied er- tönen liess und auch die eigenthümlichen flatternden Schwenkun- gen in der Luft ausführte, fing es doch erst in der zweiten Hälfte des Juni an, Paarungsversuche zu machen, welche anfangs vom Weibchen eigensinnig zurückgewiesen wurden, doch bald mit ei- nem, zu meiner Freude, keineswegs platonischen Ehebündniss en- deten. Nach längerem Zögern entschlossen sich die Vögel plötz- lich zum Nestbau. Binnen drei Tagen ward er begonnen und vollendet. Das Nest stand in einem jener bekannten Harzer Holz- bauer, war hoch aufgethürmt, enthielt oben aber nur eine ganz flache Vertiefung, gerade geräumig genug um die drei Eier, wel- che hineingelegt wurden, aufzunehmen. Vom Legen des zweiten Eies an, verliess die Mutter das Nest fast gar nicht mehr; sie liess sich auf demselben von ihrem darin sehr eifrigen Gatten aus dem Kropfe atzen. Das Merkwürdigste war, dass sie, hierin den gewöhnlich schüchternen und bei jeder Annäherung abstrei- chenden, oft die Eier mit sich hinausreissenden Canariensieen ganz ungleich, fast wie eine Glucke auf den Eiern und später auf den kleinen Jungen sass. Man konnte den Bauer sammt dem Nest herunternehmen und das brütende Thierchen mit der *) Der treffliche Beobachter Tristram bemerkt über den Girlitz in Algerien, derselbe werde daselbst oft zahm gehalten, und pflanze sich mit Leichtigkeit in der Gefangenschaft fort. Er fand den Yogel in dem hauptsächlich aus wilden Oelbäumen bestehenden Walde von Koleah, am Südrande des Sa- helgebirges, im Mai 1856 brütend und das Nest dem des Stieglitzes sehr ähnlich, aber weniger tief und wärmer ausgefüttert. % Noch etwas über den Girlitz. 109 Hand berühren und streicheln, ohne dass es von seinem Platze gewichen wäre. Dabei muss bemerkt werden, dass hier von keinem etwa aufgefütterten Yogel die Rede ist. Gegen Ende der Brut- zeit nahm die Emsigkeit im Brüten noch zu. Nur durch vorsich- tiges Beiseiteschieben des Vögelchens konnte man zur Ansicht der Eier gelangen. Ein Ei war klar. Die zwei ausgekommenen Jungen gediehen unter der Pflege ihrer Eltern anfangs vortreffllich. Das Hähnchen fütterte noch fleissiger als die Sie. Immer noch bedeckte sie Letztere, als ich eines Tages bemerkte, wie ein Kleines, schon mit Stoppeln bedeckt, gestorben war und bereits in Verwesung überzugehen begann. Die Alte hatte es weder zu entfernen gewusst, noch sich in ihrer Mutterpflicht durch den üblen Geruch beirren zu lassen. Sie hatte ihren Sitz auf dem Nest nicht aufgegeben. Das überlebende Junge wuchs heran und war vollständig befiedert, als es nach mehrmaligen, verfrühten Versuchen das Nest zu verlassen, bei einem abermaligen Herausspringen aus dem hoch hängenden Bauer, so unglücklich fiel, dass es mit zerbrochenem Kreuze am Boden der Voliere gefunden wurde. Was that nun das Girlitzpärchen? Es gab einen seltenen Beweis seiner Klugheit und Denkfähigkeit. Die Ursache des Todes seines Kindes bewog es nähmlich, das zweite Nest tief un- ten in einem, kaum einen Fuss über dem Erdreich erhabenen, Harzbauer anzulegen. Hier hätte ein flügges Junge dreist, ohne sich zu verletzen, herausspringen können. Da das Männchen in- dess, — es war Ende Juli, — zu mausern begonnen hatte, konnte das Weibchen keine genügende Befruchtung mehr erlangen und die zweite Brut unterblieb. Aus dem Gesagten scheint hervorzugehen, dass, nach Art der Buchfinken, die jungen Girlitze das Nest sehr früh verlassen müssen. Sie werden sich wohl, halbflügge auf benachbarten Zweigen sitzend, von den Eltern grossfüttern lassen. Im Winter mögen beide Geschlechter in getrennten Flügen leben; wenig- stens bemerkte ich zu dieser Jahreszeit an im Käfig Zusammenge- sperrten eine ebenso grosse Unverträglichkeit, als sie im Sommer einander Zärtlichkeiten zu erweisen gewohnt sind. Den Gesang lässt das Männchen in der Gefangenschaft auch nach beendeter Mauser, im Herbst, aber weniger fleissig als im Frühling hören. Es beginnt Ende Januar oder im Februar wie- der damit. Was die Fütterungsmethode anbelangt, so lehrt die 110 William Preyer: Erfahrung, dass, obwohl der Girlitz an fast alle Arten kleiner Sämereien geht, doch, wenn er gedeihen, d. h. sich halten soll, Mohn als Hauptfutter gereicht werden muss. In Frankfurt füttert man schwarzen, in der Mark geben wir mit ebenso gutem Erfolg den hier zu Lande gebräuchlicheren weissen Mohnsamen. ' lieber Plautus impennis Brünn. Yon William Preyer. Wenn irgend eine Thierart die zu ihrer Existenz nöthigen Bedingungen nicht gegeben findet, wenn sie durch ihre natürliche Anlage im Kampfe um’s Dasein im Nachtheil ist, so geht diese Art unter und macht andern besser organisirten Platz. So sehen wir Arten vergehen oder eigentlich unterliegen. Welches nun die unmittelbaren Ursachen des Unterganges der zahllosen jetzt nicht mehr durch lebende Repräsentanten vertretenen Thierge- schlechter sind, das ist für uns in den allermeisten Fällen in das geheimnissvollste Dunkel gehüllt. Nur bei einigen wenigen, in historischer Zeit ausgestorbenen Arten, welche, seitdem sie uns bekannt, immer auf einen sehr kleinen geographischen Verbrei- tungsbezirk beschränkt waren, kann kein Zweifel obwalten darüber, dass der Mensch und zwar der Mensch allein der Vernichter der Art gewesen sei; den Dodo z. B. (Didus ineptus) fanden Portu- giesische Matrosen noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts lebend auf den Inseln Mauritius und Rodriguez, wo er jetzt ganz aus- gerottet ist, und wenn es nicht gelingt, ihn in den unbekannten Sümpfen Madagaskars aufzufinden, was sehr unwahrscheinlich ist, so muss er den allein durch Menschenhand vernichteten Arten zugezählt werden*); ebenso die zu der merkwürdigen Familie der Apterygiden gehörenden riesigen, wahrscheinlich flügellosen Di - nornis ( giganteus , struthioides und didiformis Owenj in Neuseeland. Der letzte Vertreter dieser räthselhaften Familie, der Kiwikiwi (Apteryx austrolis ) wird zweifelsohne ebenfalls bald durch Men- schenhand ausgerottet werden; ein gleiches Schicksal steht viel- *) Nicht einmal ein Skelett, oder einen Balg, oder ein Ei besitzen wir von diesem Vogel. Es befindet sich bekanntlich nur noch ein Brustbein in Paris, ein Schädel in Prag, ein Schnabel in Kopenhagen, ein Kopf nebst zwei Füsseu in Oxford und ein Fuss in London (im British Museum). / lieber Plautus impennis. 111 leicht dem Cacas oder G-uacharo (S teatornis caripensis HumbJ bevor. In neuester Zeit ist ein Yogel aus einer andern Ord- nung als die vorgenannten, wie es scheint, spurlos von der Erde verschwunden. Wenigstens ist es den eifrigsten Nachforschungen in den Gegenden, wo er zu brüten und sich aufzuhalten pflegte, seit mehreren Jahren nicht gelungen, auch nur eine Spur von dem sonderbaren Vogel zu entdecken. Es ist der von Linnd Alca impennis genannte Brillenalk. Er ist das einzige mir be- kannte Beispiel eines zu Lebzeiten des Menschen ausgestorbenen Thieres, welches nicht ausschliesslich durch Menschenhand ver- nichtet wurde, sondern wobei Natur selbst zum Theil ihr eigenes Werk zerstört hat, indem sie durch wiederholte submarine vul- canische Eruptionen gewaltig unter den Brillenalken aufräumte, doch will ich nicht vorgreifen. Dass alle ausgestorbenen Thierarten vor ihrem gänzlichen Aufhören immer seltener und seltener wurden, findet sich auch beim Brillenalk bestätigt. Gab es doch zuletzt nur einige wenige dicht bei einanderliegende Klippen, welche von einzelnen Beprä- sentanten dieser Art bewohnt wurden, während ältern Berichten zufolge der Brillenalk auf gewissen Inseln des nordatlantischen Ocean’s in ungeheurer Menge gesehen und getödtet worden ist. Jene Klippen, südwestlich von Island gelegen, heissen die Geir- fuglasker (Geirvogelscheren) und Eldeyjar drängar (Feuerinsel- klippen). Ich hatte während meines Aufenthaltes in Island im Sommer 1860 Gelegenheit über das letzte Auftreten des Brillen- alks auf diesen Felseninseln, sowie an frühem um Island gele- genen Nistplätzen, manche Erkundigungen einzuziehen, so dass wol die Acten über das Aussterben des Brillenalks in Island, wenn auch vielleicht nicht als geschlossen, jedenfalls als ziemlich vollständig betrachtet werden können. Freilich ist immer noch die Möglichkeit vorhanden, dass der Brillenalk nicht ausgestor- ben sei, die Wahrscheinlichkeit aber spricht dagegen und es steht fest, dass er an dem Ort, wo er zuletzt beobachtet worden, jetzt nicht mehr anzutreffen ist, nämlich in Island. Ich beabsichtige nun keineswegs in den nachfolgenden Sei- ten einen vollständigen Nekrolog auf den Brillenalk zu halten, ich will nur wenige die Naturgeschichte und Geschichte des Vo- gels betreffende Punkte berühren, erstlich nämlich die Stellung, welche ihm im System zukommt, besprechen, und dann nach An- gabe des ehemaligen geographischen Gesammtverbreitungsbezirks 112 William Preyer: einige das Aussterben des Brillenalks auf seinen isländischen Brüteplätzen betreffende Mittheilungen machen, zu denen ich selbst, namentlich durch die zuvorkommende Güte des Herrn Carl Franz Siemsen in Reykjavik gelangte. » I. Ueber die Stellung des Brillenalks im System. Alca impennis ist der älteste, von Linn£ dem Vogel zuer- theilte systematische Name. Linnd stellte ihn mit Alca torda in sein Genus Alca , welches lange Zeit keine Species ausser diesen beiden aufzuweisen hatte.*) Neuerdings aber hat Steens trup ge- zeigt, dass A. impennis L. generisch von A. torda L. zu trennen sei, daher er sie nach Brünnich Plautus impennis zu nennen vor- schlägt. Er sagt : **) „Dass Alca impennis Lin. der einzige mit Recht der Art zu- kommende Name ist, dafern er in dem eigentlichen Alkengenus, Alca, verbleiben soll, wird von jedermann eingeräumt. Aber es werden wol eben so fast Alle darin einig sein, dass der Brillenalk in seinem Wesen und Verhalten so abweicht von der andern Spe- cies des Genus, Alca torda L., welcher der eigentliche Typus desselben ist und dem ganzen Geschlecht den Namen gab, dass er nach der jetzt allgemein üblichen Auffassung des Genusbegriffs ein eignes Genus für sich bilden muss. Die Kleinheit des Flü- gels, die vornehmlich darin ihren Grund hat, dass das Unterarm- bein in solchem Grade verkürzt blieb, dass es gerade nur halb so lang ist, als der Oberarm, während er bei A. torda fast von gleicher Länge ist (|)f) und das damit zusammenhängende Ver- halten der geringen Entwickelung der Flügelfedern der Hand, werden bereits die übrigen Kennzeichen aufwiegen, welche sonst *) Der als n. sp. unter dem Namen Alca camtschatica von Joh. Lepechin in den Nova Acta Academ. Petrop. (Tom 12. p. 369 — 371. 1794 (1801) beschriebene Vogel ist von Temminck in das Genus Phaleris gestellt wor- den ( Phal. cristatella ). Pallas nannte ihn Uria mystacea (Zoograph. II. p. 372). **) Jap. Steenstrup: „Et Bidrag til Geirfuglens, Alca impennis Lin., Natur- historie og aerligt til Kundskaben om dens tidligere Udbredningskreds“ in den: Videnskabelige Meddelelser fra den naturhistoriske Forening i Kjöbenhavn. 1855. p. 108 ff. f) „Einen Unterarm finde ich beim ausgewachsenen Brillenalken durch Mes- sung kürzer, als bei einem ausgewachsenen Alken und seine Hand ist kaum ein paar Linien länger, als beim Alken ungeachtet der Oberarm bei ihm bedeutend länger ist und weiter reicht, als bei jenem, und der Brillenalk an Körpermasse den Alken bei weitem übertrifft.“ Ueber Plautus impennis. 113 in der Classe der Vögel die Genusunterschiede bedingen. Auf die Lebensweise des Vogels wirken jene Verkürzungen in mehr- facher Hinsicht ein, indem sie ihn zum Fluge untauglich machen, und dadurch auch eine ganz andere Atzung der Jungen bedingt wird, als die beim eigentlichen Alken übliche. Während man jenen, wann er Junge hat, häufig vom Wasser zu diesen in das Nest fliegen sieht mit einem Fisch im Schnabel, muss eine solche Fütterung beim Brillenalk von selbst wegfallen, wie bereits Nau- mann bemerkt hat (Deutschlands Vögel XII. Th., S. 645.) Wenn der Vogel wirklich bei seiner aufrechten gehenden Stellung den Jungen Futter im Schnabel zubrachte, dann hätte das ein so auf- fallender Zug sein müssen, dass die Aufmerksamkeit darauf hin- gelenkt und es zum Wenigsten mitunter bemerkt worden wäre, als man über ihn von den einzelnen Nistplätzen berichtete. Ich bin daher geneigt das Stillschweigen hierüber als einen Beweis dafür auszulegen, dass die Atzung nicht der Art war; aber es konnte dennoch eine Atzung mit dem Schnabel Statt finden, wenn man annehmen will, dass die Jungen, unmittelbar nachdem sie ausgekrochen waren, in’s Wasser gingen, und das wird in der That in einigen Beschreibungen der Fischereien auf der New- foundlandsbank berichtet; jedoch ohne dass die ursprüngliche Beobachtung davon näher angegeben wäre. [Ein Bericht aus zweiter oder dritter Hand darüber, dass die Brillenalkjungen ins Wasser gehen, kurz nachdem sie ausge- brütet worden, ist folgender: „Der Pinguin ist ein anderer Vogel, schwarz und weiss ge- flecket. Er flieget nicht, und hat nur zween stumpfe Flügel, wo- mit er auf das Wasser schläget, wenn er fliehen oder unter- tauchen will. Man meynet er tauche bis auf den Grund hinab, um seine Speise auf der Bank zu finden. Man siehet deren ei- nige, wenn man noch 100 Meilen vom Lande entfernt ist: sie le- gen aber ihre Eier auf das Land, wie die anderen. Wenn sie nun Junge ausgebrütet haben, begeben sie sich mit den Jungen auf dem Rücken zu Wasser, welche sie also auf die Bank brin- gen, wo man einige findet, die nicht grösser sind, als ein Küch- lein, wiewol sie so gross werden wie die Gänse.“ Summarische Nachricht von dem Bakkeljau- u. Stockfischfang bei Terreneuf in den nördlichen Theilen von Amerika, aus den Schriften des Herrn Denys gezogen, welche als Anhang beige- fügt sind dem in Leipzig 1723 in deutscher Uebersetzung heraus- Journ, f, Ornith,, X. Jahrg,, Nr. 56, März 1862. 8 ■v- 114 William Preyer: gegebenen: „Alte u. neue G-rönländ. Fischerei u. Wallfischfang“ v. C. G. Zorgdrager. S. 459. Denys eigne Schriften habe icli bis jetzt nicht aufgefunden. Obiges ist nach einer Holländischen Uebersetzung wiedergegeben. — ] Hie von den St. Kilda-Bewohnern hervorgehobene Eigen- thümlichkeit, dass er nie zum zweiten Male ein Ei lege, wenn das erste Ei weggenommen werde, kann vielleicht in irgendeiner Beziehung stehen zu der ungleichen Atzung der Jungen und der grossen Schwierigkeit, die der Yogel unter gewissen Vorausset- zungen beim Füttern der Jungen haben muss, wenn er letzteres nur schwimmend und gehend besorgen kann, während seine näch- sten Artsverwandten im Fluge das Futter in’s Nest bringen kön- nen. — Die Beschaffenheit des Flügels ist indessen bei weitem nicht der einzige äuss erste Unterschied, durch den eine gene- rische Trennung begründet werden könnte: auch die Verlänge- rung des Schnabels bietet eine solche, und noch mehr die Klein- heit, Stärke und der ganze Bau des Fusses, welcher eine sehr grosse Fähigkeit zum Klettern auf den Abhängen der Scheren bedingt. (Sh. Michahelles. Isis 1833. S. 650.) Muss aber der Brillenalk zur Seite des Tordalks ein eigenes Genus bilden, dann muss er seinen eigenen Genusnamen haben, da der Name Alca nach jeder richtigen Nomenclatur, dem Haupt- inhalte des Genus verbleiben muss, und die Frage ist nur die, ob ihm ein ganz neuer muss gegeben werden, oder ob man un- ter den Synonymen des Genus einen findet, der mit annehmbarem Grunde dafür ausgesondert werden kann. Als eigenes Genus ist der Brillenalk bereits seit 1771 aufge- stellt worden von unserm Landsmann M. T. Brünnich, welcher in seinen „Zoologia fundamenta“*) grosses Gewicht auf die Beschaf- fenheit des Flügels bei Karakterisirungen von Familien und Ge- nera legt, und z. B. die Genera unter den Schwimmvögeln, welche „femöra** intra abdomen recondita“ haben nach dem erwähnten Verhalten des Flügels, der Hinterzehe und des Schnabels folgen- dermassen begränzt (p. 78, 79.): alae ad volatum ineptae, digiti antici palmati III., posticus unicus solutus, *■) M. T. Brünnicbii Zoologiae Fundamenta praelectionibus Academicis acco- domata Hafniae u. Lipsiae. **) Femora fälschlich statt tibias . . . reconditas. Ueber Plautus impennis. 115 rostrum compressuni, latius, apice incurvum, mandibula inferior integra: Pengidnus (Pinguine) mandibula inferior truncata: Spheniscus (Lappen- flügler) posticus 0., rostrum comprcssum latius, apicibus incurvum : Plautus (Brillenvog.) alae ad volatum aptae, digiti antici palmati III. posticus unicus- solutus, rostrum rectum, acuminatum, membrana digitorum lobata vel integra: Golymbus (Lummen) posticus 0., rostrum angustum rectum, acu- minatum : Uria (Lmnvien) rostrum latum compressim tränsversim striatum: Älca (Alke). Bereits seit 1771 ist demnach von Brünnich der Brillenalk (Geirfngl) als Genus gesondert worden, nicht blos von den bie- genden Alken unter dem Namen Plautus , Sondern auch von den andern flügellosen Vögeln, welche mit ihm unter der Benennung Pinguin verwechselt worden waren, und für die Brünnich nun die Genusnamen Penguinus und Spheniscus festst eilte. Ein Jahr vorher waren jedoch diese zuletzt genannten süd- lichen Formen als eigene Genera aus der nur wenig natürlichen Stellung entfernt worden, die ihnen Kinne in seinem System theils. als Arten des Genus Diomedea, theils als solche des Genus Phae- ton gegeben hatte, indem nämlich Brisson in seiner Ornithologia sive Synopsis methodica avium (1770. 4to. T. VI. p. 96 u. 102,) die damals bekannten Species der Fettgänse in seine zwei Ge- nera: genre du manchot (Genus Sphenisci) und genre du Gorfou (Genus Catarractis) gestellt hatte. Bei der Vergleichung der Kenn- zeichen dieser beiden Brisson’schen Genera wird man linden, dass sie durchweg Glied für Glied einander entsprechen, mit Aus- nahme des einen Merkmals des: Unterkiefers, welches bei dem ersten Genus mit: „apex mandibula inferioris quasi truncatus“ bezeichnet wird, während es beim zweiten heisst: „ap. mand. inf. rotundatus“; man wird daher gezwungen anzunehmen, dass Bris- 8* 116 William Preyer: son’s und Brünnich’s zwei Genera vollkommen zusammenfallen, und dass letzterer bei der Aufstellung der seinen wesentlich dem Brisson gefolgt ist, und nur darin von ihm abwich, dass er dem Genre du Gorfou jenes (Genus Catarractis ) den Namen Pengui - nus beilegte. Hierbei ist zu erinnern, dass Brisson’s Genuskennzei- chen nicht als nomina generica im Linnd’schen Sinne zu betrach- ten sind, folglich auch nicht als solche irgend ein Prioritätsrecht im System haben können, und ferner dass Brünnich einige Jahre vorher, 1764, in seiner Ornithologia borealis, den Namen Catar - racta bei dem Genus anbrachte, für welches später Illiger den Namen Lestris vorschlug und danach konnte er nicht hier wieder die Bezeichnung anwenden.*) Später als Brünnich haben noch Leach, G. R. Gray und Ch. Luc. Bonaparte gesagt, der Brillenalk behaupte eine selbstän- dige Stellung, die beiden erstem unter dem Namen Alca, doch Gray nur eine Zeit lang, da er ihn später wieder mit un- serer A. torda **) zusammenstellte; letzterer unter dem Namen Pinguinus, indem er im vorigen Jahre ihn in seine in den Comp- tes rendus aufgestellten synoptischen Tabellen der Genera der Vögel aufnahm, f) So wünschenswert es nun auch wäre, die Benennung Pin - guinus auf den Brillenalk zu übertragen, so halte ich das doch nicht für möglich ohne den bestimmten Regeln der Namengebung Abbruch zu thun, — und namentlich zumeist der oben angeführ- ten Brünnich’schen Begründung jener Genera, von der ich an- nehmen muss, dass sie Bonaparte unbekannt war. Von den Benennungen, welche Brünnich in seiner Begrän- zung der Genera in Anwendung brachte, können zwar mehrere, infolge der für eine bestimmte naturhistorische Nomenclatur ge- bräuchlichen Regeln, ihren Platz nicht behaupten, indem sie im Voraus eine bestimmte Bedeutung im System erhalten haben und bei festen Genera angebracht worden sind, z. B. die Namen Ca- tarracta und Spheniscus, die schwerlich den Genera entzogen werden können, an welche Möhring (Genera avium 1752) sie ge- *) „Ich weiss wol, dass der Brauch mich hierin nicht vollkommen bestätigt, aber ich will deshalb noch hinzufügen, dass Brissons Namen in dem hier er- wähnten Fall demungeachtet den Möhringschen weichen musste, wie man kurz darauf sieht.“ **) „Für den (Tord)-Alken nahm er unpassend den Leach’schen Namen Utamania an.“ t) „Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. 1856.“ Ueber Plautus impennis. 117 knüpft hatte. Selbst der Name Plautus , wenn er nur als eine andere Schreibweise von Plotus *) betrachtet wird, der 1766 von Linne auf den Anhinga angewandt wurde, kann nur unter der Voraussetzung beibehalten werden, dass jene Linne’sche Benen- nung der noch altern Möhring’schen, Ptynx, weicht; aber das muss wol ein Zufall sein, und es werden sowol Plautus als Penguinus **) als Genusbenennungen vermöge ihrer Priorität in der Brünnich’- schen Bedeutung anzuwenden sein, was um so passender ist, als sonst der Brillenalk die Einführung eines durchaus neuen Na- mens erfordern würde, indem keiner von den Synonymen des Genus Alca, z. B. Chenalopex Möhr., angewandt werden kann, da sie denselben Umfang wie Alca haben oder dem Inhalt des gan- zen Genus zukommen. Als Species in seinem eigenen Genus wird daher der Brillenalk zu nennen sein: Plautus impennis (Lin.) Sollten wider Erwarten die Voraussetzungen, auf die hin ich die Einführung des Genusnamens Plautus Brünn, für den Brillenalk gründete, nicht Stich halten, und ich namentlich eine Anwendung dieses Namens übersehen haben, welcher ihn un- brauchbar machen könnte, so muss ich für einen solchen mög- lichen Fall hinzufügen, dass ich in meinem mündlichen Vortrage (damals unbekannt mit dem Möhring’schen Namen Ptynx für den Anhinga), für den Brillenalk die Benennung Gyralca vorgeschla- gen habe, wenn nämlich Pinguinus , den ich für den passendsten Namen ansehe, von der südlichen Form der Pinguine auf die er angewandt geblieben ist, nicht freigemacht werden kann. Das Wort Gyralca wurde weniger wegen der nächsten Artsverwand- ten des Brillenalks gewählt, als wegen der nordischen Benennung, und dabei fällt dem Ohre die Analogie auf mit dem für einen andern nordischen Vogel gangbaren Namen: Gyrfalco.u *) „So Cuvier Regne animal I. p. 554. note 2; anders Agassiz im Nomen- clator zoologicus I. Aves p. 61, aber unrichtig; Klein, welcher zuerst, soviel ich weiss, in die Classe der Vögel als gleichartige Ordnungsnamen die Be- nennungen Plotus , Plautus und Plancus einfiihrte (damit drei der 8 grossen unnatürlichen „Familiae“ bezeichnend, in die er sämmtliche Vögel eintheilt), will durch ein Wortspiel mit diesen drei Ausdrücken für „ Plattfüsser “ an dreier berühmter Männer Namen erinnern: Rob. Plott, M. Acc. Plautus und Jan. Plancus (Historiae avium prodromus. Lubecae 1750, p. 14).“ **) „Wenn übrigens ein Genusnamen Pinguinus zurückgeführt wird auf Cuvier 1799 oder auf Bonnaterre 1790, so ist das meiner Meinung nach ein zwiefaches Missverständniss ; man muss wol unterscheiden zwischen des Ver- fassers Umschreibung eines Genus- oder Subgenus -Begriffs und seiner Be- zeichnung dieser; beide rechnen den Brillenalk und [Tord]-Alk zu Alca L., und wenn sie Pingouins als französische Benennung für eine Gruppe brauchen, wo ist dies hierbei der Inbegriff beider Alken und nicht des Brillenalks allein, wie bei Brisson.“ • ? 118 William Freyer. Soweit Stegnstrup. Ich habe absichtlich den ganzen Passus wortgetreu übersetzt, welcher die Stellung des Brillenalks im Sy- stem betrifft, weil er flicht jedem leicht zugänglich ist und meines Wissens die ausführlichste Begründung der generischen Trennung des Brillenalks von dem Tordalk enthält, ausserdem jedoch hierbei noch manches zu berichtigen und hinzuzufügen ist. Steenstrups hier angegebene Gründe für eine Trennung der Alca impennis Lin. von Alca torda Lin., sind folgende: 1) Die Kleinheit des Flügels und die dadurch bedingte Un- fähigkeit zu fliegen, mithin die von Alca torda Lin. verschiedene Atzung der Jungen; 2) die Verlängerung des Schnabels; 3) die Stärke, Kleinheit und der ganze Bau des Fuss.es. Diese drei Gründe sind die einzigen von Steenstrup geltend gemachten, und die beiden letzten hat er nur ganz kurz, gewis- sermaßen vorübergehend, ohne irgendwelche nähere Angabe ge- nannt (S. 110, mit Hinzufügung eines Citats für den letzten.) So sehr ich nun der Ansicht Steenstrups bin, dass A. im- ■pennü Lin. generisch zu trennen .sei von A. toa'da Lin. so wenig kann ich mich von der Gültigkeit der beiden letztgenannten Gründe dafür überzeugen: 1) Die Beschaffenheit des Schnabels des Brillenalks berech- tigt durchaus nicht zu einer generischen Trennung von A. torda L., es ist bei nur oberflächlicher Betrachtung die Aehnlichkeit sehr gross und bei genauer Betrachtung tritt sie noch mehr her- vor. Bei beiden ist der Schnabel vorn stark seitlich zusammen- gedrückt, bei beiden linden wir das kurze, knappanliegende, sammetartige Gefieder, das zum Theil den Oberkiefer und noch weiter den Unterkiefer bedeckt. Der Schnabel ist im Verhält- niss zu den übrigen Körpertheilen bei beiden von ziemlich der- selben Flöhe; ferner ist bei beiden die Firste hochgewölbt, bei beiden die Kuppe sanft abgedacht, bei beiden ragt die Spitze des Oberkiefers über den Unterkiefer hervor; bei beiden finden sich die bogig verlaufenden Querfurchen, welche keine Einschnit- te auf der bei beiden scharfen Firste erzeugen; die Dillenkan- te ist bei beiden hervorstehend, „sie zieht sich nach ihrer Erhe- bung in einer flachen Curve zu den etwas nach abwärts geboge- nen Ladenrändern empor;“ endlich sind diese bei beiden hinten breiter als vorn, wo sie scharf werden. Bei so ausserordentlichen Aehnliehkeiten fällt, dünkt mich, die von Steenstrup als gene- lieber Plautus impennis . 119 rischer Unterschied hervorgehobene im Verhältnis etwas grössere Verlängerung des Schnabels beim Brillenalk kaum in’s Gewicht. Es kommt noch hinzu der Umstand, dass es Individuen von Alca torda L. gibt — und dies ist vielleicht bei allen jungen Alca torda der Fall — , welche einen längeren Schnabel haben als andere. Ich selbst erhielt in Thorshavn auf Strömöe (Färöer) eine solche A. torda , welche einen bedeutend langem und seitlich weit mehr zusammengedrückten Schnabel hat, als dies bei gewöhnlichen Exemplaren der Fall ist.*) Somit erscheint es am natürlichsten den beiden Unterschieden des Schnabels des Brillenalks und Tord- alks, d. i. der Grösse desselben und der grossem Anzahl der Querfurchen, welche beide rein specifischer Natur sind, die Ver- längerung als drittes specifisches Unterscheidungsmerkmal anzu- reihen, nicht aber dieselbe als einen Grund zur generischen Tren- nung der beiden Vogelarten anzusehen und als Genuskennzeichen aufzustellen. [Ich will hier eine Bemerkung einschalten über die Quer- furchen am Schnabel des Brillenalks. Bei keinem der Exemplare, die ich mit Bezug darauf untersuchte, stimmt die Zahl der Quer- furchen am Ober- und Unterkiefer vollkommen überein: Das Pariser Exemplar hat am Oberkiefer 8, am Unterkiefer 9 weiss- liche, deutlich sichtbare Querstreifen, wogegen das aus Papa er- haltene im British Museum oben 8, unten 12 Querfurchen aufweist, von denen jedoch die 3 letzten nicht sehr deutlich sind; das an- dere im Brit.. Mus. befindliche Exemplar mit einem vollkommen schwarzen (wie es scheint, gefirnissten oder lackirten) Schnabel, zeigt auf dem Oberkiefer 7, auf dem Unterkiefer 8 Querstreifen, eine 9te ist äusserst schwach angedeutet. Das eine in München aufbewahrte Exemplar (welches aus der Leuchtenbergischen Sammlung stammt) zeigt oben 8, unten 14 Querfurchen, von denen die beiden letzten nicht ganz deutlich. Die Zahl der Furchen am andern Münchener Exemplar beträgt oben 8 (der letzte undeutlich) und unten II. Das Berliner Exemplar hat am Oberkiefer 8 und am Unterkiefer 12 Querfurchen. Aus diesen Angaben ergiebt sich, dass die Zahl der Querfurchen am Schna- bel des Brillenalks individuell verschieden ist, wie es scheint, immer mehr als 6 und weniger als 9 am Oberkiefer, und mehr *) Siehe das Nähere in meiner systematischen Uebersicht der Rückgrat- thiere Islands in: W. Preyer und Dr. »F. Zirkel: Reise nach Island im Sommer 1860. Leipzig, Brockhaus 1862. S. 425. f, 120 William Preyer: als 8 und weniger als J5 am Unterkiefer beträgt, dass also erste- rer immer weniger Querfurchen aufweist, als letzterer, dann dass die Zahl der Querfurchen am Oberkiefer bei weitem nicht so variirt, wie die am Unterkiefer, und schliesslich, dass sie immer grösser ist, als bei A. torda.'] 2) Der dritte von Steenstrup autgestellte Grund ist der Bau des Fusses. Michahelles sagt in der Isis (Jahrg. 1833. S. 650): „Ausser den drei grossen nach vorn gerichteten Zehen ist jedoch eine bis jetzt unbeachtet gebliebene vierte, gleichfalls nach vorn gerichtete, also ganz der vierten der Pinguine analog gebildete, rudimentäre, unter der Hautdecke der planta pedis verborgene Zehe vorhanden. Man sieht auf letzterer sehr deut- lich in Form eines dicken Wulstes mitten vom Tarsus entsprin- gend diese Zehe sich gerade unter die Mittelzehe hinlegen, eine Zehenbildung, die in ihrer Art einzig ist. — Diese ganze unter- geschlagene Zehe ist nur 6 — 8"' lang, und scheint mir, da ich den Fuss dieses seltenen Vogels nicht zum Skelett benutzen und so ganz deutlich untersuchen konnte , nur aus einem einzigen Phalanx zu bestehen.“ — Nur diese Stelle kann Steenstrup gemeint haben, wenn er Michahelles citirt, denn von der Stärke und Kleinheit (?) des Fusses (die überdies als generische Unterscheidungsmerkmale nicht in Betracht kommen können), sowie davon, dass der Fuss des Brillenalks besonders zum Klettern auf Felsen geeignet wäre, findet sich in der Arbeit von Michahelles nichts. Was aber die vierte Zehe betrifft, welche Letzterer beobach- tet haben will, so muss dabei vor allem sehr in Zweifel gezogen werden, ob das, was er so nennt, überhaupt eine Zehe, selbst nur eine rudimentäre, war. Denn: 1) heisst es, „er habe die Sache nicht so ganz deutlich unter- suchen können;“ 2) ist die problematische Zehe meines Wissens, noch von nie- mandem als von Michahelles beobachtet worden und nicht einmal von diesem am Skelett; 3) erwähnt Steenstrup mit keiner Sylbe „der in ihrer Art ein- zigen Zehenbildung“, sondern begnügt sich mit dem blossen Citat, legt also derselben offenbarkein grosses Gewicht bei; 4) gibt Michahelles nicht an, ob er die Zehe bei allen von ihm untersuchten Exemplaren fand. Wenn aber die Michahellesche rudimentäre Hinterzehe wirk- lieber Plautus impennis. 121 lieh existirt und was er beobachtete nicht etwa blos eine unbe- deutende Verdickung oder Protuberanz des Tarsalknochens war, oder, was mir das wahrscheinlichste ist, eine mit der Zeit — durch das Gehen — immer mehr verhärtete einfache Falte der die Sohle bekleidenden Haut (es heisst ja: in Form eines dicken Wulstes), so würde der Umstand allerdings ein wichtiges Genus- merkmal abgeben; so lange indessen diese vierte Zehe nicht am Skelett nachgewiesen ist, so lange sie noch nicht beobachtet worden (denn die Zehe selbst hat noch niemand — auch Micha- selles nicht — gesehen), so lange müssen wir auch anstehen, sie als vorhanden zu betrachten, und der Brillenalk hat nur 3 Zehen, wie der Tordalk, und keine Hinterzehe, was auch Briin- nich auf seinem Schema angibt und wie man es in jedem Lehr- buche findet. Es bleibt also von Steenstrups Gründen eigentlich nur der erste stehen, welcher allerdings schon allein genügt. Wenn uns auch thatsächlich unbekannt ist, wie die Brillenalke ihre Jungen fütterten, so war jedenfalls die Atzung dieser eine total andere, wie beim Tordalken, und es ist allerdings wahrscheinlich, dass die jungen Brillenalke, gleich nachdem sie ausgekrochen wTaren, ins Wasser gingen, was die Tordalk jungen nicht thun, zumal der ganze Körperbau des Brillenalks diesen zu einem weit geschick- teren Schwimmer und Taucher macht, als Alca torda L. ist. Ausser der Verschiedenheit im Flügelbau jedoch und der dadurch bedingten Flugunfähigkeit und verschiedenen Atzung der Jungen kommen als generische Unterscheidungsmerkmale des Brillen- und Tordalks noch zwei Thatsachen in Betracht, welche von Steenstrup nicht in Anschlag gebracht wurden, obwol sie wichtig genug sind, erstens die, dass beim Brillenalk die Flügel bei wei- tem näher nach dem hintern Ende des Körpers zu angebracht sind als bei A . torda L., was erstem wiederum den Fettgänsen der südlichen Hemisphäre näher bringt; zweitens hat E. Blyth in den Proceedings of the Zoolog. Soc. London, 1837, p. 122, 123 gezeigt, dass beim Brillenalk das Oberarmbein einen ungemein engen Hohlraum aufweist % und die, Tibia vollständig mit Mark an- gefüllt ist. Beim Tordalken sind fliese beiden Knochen vollkom- men hohl; er würde aucL-sonst mit seinen kurzen Flügeln unmög- lich fliegen können. Bgim Brillenälk hingegen sind jene Knochen ebenso schwer, wie sie bei Aptyftpdytes sind. Meine Gründe für generische Trennung der Alca im- 122 William Preyer: pennis L. von Alca torda L. sind daher, mit Beibehaltung des ersten von Steenstrup, folgende: 1) Die Kleinheit des Flügels (des Unterarmbeins und der Flügelfedern) und die dadurch bedingte Unfähigkeit zu fliegen, somit die von A. torda verschiedene Atzung der Jungen; 2) die Stellung der Flügel, welche bei A. impennis L. weit mehr nach hinten gerückt sind, als bei A. torda L.; 3) die anatomische Beschaffenheit der ossa brachii und der tibiae, welche bei A. impennis , erstere zum grössten Theil, letz- tere ganz mit Mark angefüllt sind, während sie bei A. torda vollkommen hohl befunden werden. Will man noch mit Steenstrup als vierten Grund 4) die Verlängerung des Schnabels bei A. impennis L. hinstel- len, so mag man es thun, wiewol sie streng genommen kein ge- nerisches Unterscheidungsmal darbietet, wie wir gesehen haben, indem der Schnabel im Uebrigen zu sehr mit dem von A. torda L. übereinstimmt. Es lässt sich indessen die Frage: „Was ist ge- nerischer, was specifischer Unterschied?“ nicht immer ganz scharf beantworten, namentlich wenn es sich um die Diagnose zweier Genera handelt, welche jedes nur eine einzige Species enthalten; es bleibt leider dabei einzelnes der Willkür überlassen. Ausser den von Steenstrup genannten Forschern hat noch C. W. Gloger im Jahre 1842 (also 13 Jahre vor Steenstrup) in seiner gemeinnützigen Naturgeschichte der Säugethiere und Vö- gel die Nothwendigkeit der Herstellung eines eigenen Genus für Ai impennis L. ausgesprochen und zu dem Zwecke das Ge- nus Mataeoptera aufgestellt. Dem Nachweis Steenstrups zufolge hat indessen der Briinnichsche Plautus die Priorität für sich. Soll- te dieser Name Plautus etwa der grossen Ausdehnung wegen, die Klein*) 12 Jahre vor Brünnich dem Begriffe gab, oder weil er nur eine andere Schreibart für Plotus ist oder aus andern Grün- den, nicht Stich halten, so darf er keinenfalls durch Gyralca Steen- strup ersetzt werden, sondern es muss in diesem Fall der sehr passende Name Mataeoptera Gloger**) seine Stelle einnehmen, welcher dann die Priorität für sich haben würde. *) Siehe Klein: Stemmata avium Lips. 1759. p. 36 — 38 u. dessen: Prodrom, histor. avium Lubecae 1750. §. 75. sowie, historia avium. **) Der von Gloger vorgeschlag'ene Name ;Schwimmalk“ scheint hingegen weniger passend, indem „Brillenalk“ charakteristischer ist. Immerhin kann Schwimmalk als deutsche Bezeichnung dem Genus verbleiben, wäh- rend die Species Brillenalk genannt bleibt. Ueber Plautus impennis. 123 Es bleibt nun noch übrig die systematische Stellung des Genus mit seiner einzigen Species Plautus impennis Lin. Brünnich fest- zusetzen. Dass es unmöglich da stehen bleiben kann, wohin es Brün- nich stellte, ist einleuchtend. Das B'rünnichsche von Steenstrup vorstehend mitgetheilte Schema der sechs Genera Penguinus, Sphe- niscuSy Plautus , TJria, Colymhus und Alca, welches Steenstrup wenn er es auch vielleicht nicht aufrecht erhalten will, nirgends missbilligt, ist durchaus unnatürlich. Dadurch wird der mit wahr- haften Federn versehene dreizehige Brillenalk von seinen nächsten Artsverwandten, den Alken weit weg in die Gruppe der vierze- higen, mit Schuppenfedern bedeckten Fettgänse verwiesen, und nun die Unterscheidungsmerkmale ! Das „digiti antici palmati III“ kommt allen 6 Genera zu, kann also nicht als Unterabteilung figuriren, das „r ostrum transversim striatum“ bei Alca ist in weit hohem Grade bei Plautus der Fall, also nicht am Ort; dassel- be gilt von dem „rostrum compressum latius apicibus incurvum“ bei Plautus was ebenso Alca zukömmt , und überdies auch noch bei Penguinus und Spheniscus angebracht ist u. s. f. Die 6 Genera Brünnichs sind seit der Entdeckung vieler neuer Species in viele neuere Genera zerspalten worden. In fol- gender Tabelle habe ich sie zusammengestellt und es geht daraus hervor, welches die natürlichste Stelle ist, die dem Plautus Br. zukommt: Brünnichsche Genera: Neue Genera: Impennes lllig. Penguinus Brünn. Aptenodytes Förster. Plautus Brünn. Plautus Alca Uria J Colymbus F am. Colymbidae 124 William Preyer: Ueber Plautus impennis. Plautus bildet den Uebergang von den Alken zu den Pingui- nen. Die Reihenfolge der übrigen zu der Familie der Alcadeae gehörenden Genera ist nach Brandt (Bullet, de l’Acad. de St. Petersb. 1837, p. 315—319) gegeben. Somit ist die Stellung des Brillenalks im Systeme folgende ; Plautus (Brün.) impennis (Lin.) ist einzige Species des Genus Plautus Brünn., welches das letzte Genus der grossen Familie der Alcadeae darstellt und von allen der Familie der Impennes 111. am nächsten steht, auf der andern Seite aber unmittelbar neben das aus der einzigen Species Alca torda Lin. bestehende Genus Alca Lin. gestellt werden muss. Synonymen und Namen des Plautits impennis sind: Klein. Brünnich. Linne Brisson. Möhring. Bonaparte. Gloger. Esarokitsok. Geirfugl. Goirfugl, Gaarfugl. Brillefugl, Tossefugl. Garefowl. Anglemage. Great Auk, Northern Auk. Penguyn. Grand Pingouin du Nord. Brillenalk. Auf den schottischen Inseln: Alk, Auk, Alka. Plautus pinguis Plautus impennis Alca impennis Alca maior Chenalopex impen . Pinguinus impenn. Mataeoptera imp. Grönländisch : Isländisch : Färöisch: Dänisch : Auf St. Kilda: Norwegisch: Englisch : Holländisch : Französisch: Deutsch: (Fortsetzung folgt.) E. Schütt: Fortpflanzung des Tannenhehers. 125 Beitrag zur Fortpflanzungs-Geschichte des Tannenhehers, Nucifraga caryocatactes. Von £. Schütt. Schon voriges Jahr hatte ich auf Anregung unseres hoch- verdienten Ornithologen Baldamus, alle nur mögliche Aufträge gegeben und ziemlich hohe Belohnungen für die Auffindung des Tannenheher-Nestes ausgesetzt; aber ich selbst hatte keine grosse Hoffnungen für Realisirung dieses Wunsches, weil bei der ange- borenen Indolenz der Gebirgsbewohner und dem leichten aber sicheren Verdienst jedes Streben nach einer ungewissen, wenn auch hohem Belohnung mangelt. Ausserdem hält es schwer, den Leuten eine Vorstellung von dem Gewünschten zu machen, wenn man auch, wie ich gethan, ausgestopfte Exemplare vorzeigt, sie hatten vorher zu wenig Acht auf so etwas gegeben. Ich machte mich selbst auf, um die Orte, an welchen ich den Vogel schon in den vorhergehenden Jahren häufiger beobachtet hatte, zu visi- tiren, hatte aber, auf der Höhe angekommen, nur das Vergnügen bei jedem Schritt durch die leicht gefrorene Decke eines 4' hohen Schnees zu brechen, eine Masse Schneedruckholz zu übersteigen und schliesslich nach Zurücklegung von mehreren Stunden Wegs nach kurzem Suchen mein V orhaben aufzugeben. Einige Monate später erhielt ich Nachricht, dass das Nest mit Jungen und Eiern zwar gefunden wurde, aber des hohen Grades der Bebrütung wegen mir nicht überbracht wurde!? Dieses Frühjahr sollte ich nun glücklicher sein und die ausnahmsweise zu dieser Zeit schnee- freien Gebirge begünstigten mein Vorhaben besonders. Ich bitte nun aber die Herren Leser, meine etwas minutiöse Beschreibung zu entschuldigen; denn wenn man so wenig von der Fortpflan- zung eines Thieres weiss, so hat oft das Geringste Werth. Gelegentlich einer vereitelten Au erh ahnen jagd, denn bei uns beginnt die Falz später als in Norddeutschland, durchstreifte ich mit einigen Taglöhnern, denen ich für Auffindung des Nestes eine hohe Belohnung versprach, auf einem südöstlichen, 3500 Fuss hohen Ausläufer des Kandels, die bereits durchforsteten jüngern Tannenbestände. Aber stundenlanges Suchen hatte nichts Wei- teres zur Folge, als dass eine Menge s. g. Eichhörnchen -Ballen von den Bäumen herabgeworfen wurden. Nun begab ich mich mit den Leuten in eine noch nicht durchforstete, etwa 30 Fuss hohe Fichtendickung, wo ich das Nest sicher vermuthete; doch 126 E. Schütt: Beitrag zur Fortpflanzungs- wer solche Gehölze kennt, besonders im Hochgebirge, wird er- klärlich finden*, wie wir nach einigen Stunden aussahen, da die abgestorbenen Aeste und der dichte Stand des Holzes ein regel- mässiges Durchgehen beinahe unmöglich machte. Schon war mir . einer der Leute durchgebrannt, auf seinen Tagelohn verzichtend, und ich selbst hatte in meinem zerkratzten Zustande die Absicht nach nochmaliger Erhöhung der ausgesetzten Belohnung den nichtsnutzigen Yogel (wie ihn Herr Baldamus nennt,) seinem Schicksal zu überlassen, als er dicht vor uns auf wenige Schritte wegflog, ohne sich aber hören zu lassen. Das gab nun wieder neuen Mutli, und im Verlauf einer halben Stunde fand ich in der Nähe auf einer etwa 35' hohen Fichte, hart an einem Schlitt- wege, das Nest. Aber, o Täuschung! ohne Eier. Es stand etwa 25' hoch, dicht am Stamm und war von unten schwer zu erkennen. Am 19. März wurde das Nest gefunden am 23. war das erste Ei gelegt und jeden dritten Tag die zwei weiteren. Nachdem der Vogel drei Tage lang kein Ei mehr hinzu gelegt hatte, nahm zu meinem Leidwesen der Bursche das Nest mit den Eiern weg. Als wir beim ersten Auffinden dem Neste ganz nahe waren, liess sich der Vogel erst in der Ferne hören, und als wir uns schon eine Stunde entfernt hatten, hatte sich der Vogel noch nicht beruhigt. Beim Ausnehmen des Nestes flog er erst ab, als der Bursche hinaufkletterte, und setzte sich auf den Gipfel des- selben Baumes, sah, ohne einen Laut von sich zu geben, dem Schicksal seines Nestes geduldig zu. Noch ist hier zu bemerken, dass von allen Verwandten nur die Elster so früh aber einige tausend Fuss tiefer in den Thä- lern brütet. Nur mit dem Nest und Ei des Eichelhehers hat das vorliegende einige entfernte Aehnlichkeit, aber dieser zeigt sich nur im Herbst zur Strichzeit hier oben, xluch hängt noch etwas Flaum vom Gefieder des Unterleibs im Nest, welcher noch sicher als dem Tannenhelfer gehörig zu erkennen ist. Aeusserlich besteht das Nest aus schwachen dürren Tannen- reisern, an welchen Bart- und andere Flechten haften, und ist | mit grünen Tannenzweigen durchflochten, die von dem Baume, auf welchem es stand, herzurühren scheinen, doch unterliegt hier vielleicht dieselbe Absicht, wie bei einigen Raubvögeln, die ihren Horst mit frischen Laubholzzweigen garnireir; fernere Bestand- teile sind Moos, zartere Baumrinden und Bast; die innere Aus- Geschichte des Tannenhehers, Nucifr. caryo catactes. 127 fütterung besteht aus Bartflechten, Bast und dürren Grashalmen und bildet eine schön gewölbte Halbkugel von 4" 8'" Durch- messer und 2" 10"' Tiefe. Das Gewicht der Eier differirt zwi- schen i 0,27 — 11,15 Grammes im gefüllten Zustande; die Länge zwischen 14,75 — 1575"' und die Breite von I I — 1.1,5""' par. M. Die Gestalt ist bei allen drei Eiern verschieden, von der ge- streckt eiförmigen spitz zulaufenden bis zur ausgebaucht ovalen. Grundfarbe sehr blass grünbläulich und gegenüber den zahl- reichen, gleichmässig über das Ei vertheilten, hell lederfarbenen Flecken, stark vorwiegend. Die Flecken sind theils gröber, bald feiner, manche zerfliessen mit einander, doch sind sie kleiner als bei allen mir bekannten Corvus -Eiern, ausgenommen jenen des Eichelhehers, welche aber viel zahlreichere und dichter stehende, mehr mit der Grundfarbe verschmelzende Flecken haben, so dass erstere beinahe verschwindet. Nur bei einem Ei findet sich am stumpfen Pol eine stärkere Anhäufung von Flecken, aber ohne kranzförmige Bildung. Das Korn ist fein mit sparsamen punktförmigen Vertiefungen, und die Schale glätter und glänzender als beim Eichelheher; auch fehlen die wellenförmigen Auftreibungen in der Richtung der Breite bei ersteren gänzlich. Die kleinsten Eier vom Tannenheher kommen den grössten vom Eichelheher an Länge gleich, doch ist dann die Ausbauchung bei ersteren grösser. Die Differenz in der Breitenaxe beträgt 1'". Mit der von Baron König- Warthausen in unserem Journal v. J. 1861 , S. 39, gegebenen Beschreibung stimmen vorliegende Eier im Maasse so ziemlich überein, ebenso in der Grundfarbe, die Flecken dagegen sind zahlreich und deren Farbe lässt selbst unter der Lupe keine Spur von Violetgrau noch Grünbraun er- kennen, auch fehlen die schwarzbraunen Tüpfel. In Betracht dessen möchte ich jene Eier für weniger authentisch erklären. Beiläufig erlaube ich mir zu bemerken, dass der Aufenthalt des Tannenhehers während seiner Brutzeit so ziemlich von dem Vorhandensein undurchforsteter Fichtendickungen und von der Bart- flechte abzuhängen scheint, welch’ letztere natürlich eine gewisse Höhe, Feuchtigkeit der Luft und Berglage nach Himmelsgegend bedingt. Unterdessen habe ich noch ein Nest gefunden und werde warten bis das Gelege vollzählig ist, um seiner Zeit weiteren Be- richt abstatten zu können. 128 W. Mewes: Sollte einer der Herren Collegen Bier dieses Vogels wün- schen, so bitte ich mit Angabe eines Tauschobjekts in Vögeln oder Eiern um gefällige Nachricht. Waldkirch, den 31. März 1862. Literarische Berichte. Die röthliche Färbung bei Qypaetus barhatu* « Von Cons. W. Mewes (in Stockholm. Aus der Oefvers. af. K. Vtt.-Acad. FÖrh., 1860, No. 10, S. 487 — 88 übersetzt von Gloger.) Bei der Zusammenkunft der königl. Akademie der Wissen- schaft im April hatte ich die Ehre, einen Bericht über meine Reise nach Jemtland vorzulegen, in welchem ich darzulegen ver- suchte, dass die rothbraune oder rostgelbe Farbe, welche man bei manchen Kranichen im Sommer wahrnimmt, und welche Prof. Nilsson und Dr. Gloger für das Zeichen einer theilweise vorhan- denen Sommertracht des Vogels angesehen haben, blos von äusser- lich festgeklebtem Eisenocher herrührt. Jetzt befinde ich mich in dem Falle, ein gleiches Vorkommen bei dem Bartgeier, Gypae- tus barbatus , mitzutheilen. Im letzten Sommer erhielt das Reichs-Museum, mit der Orts- angabe „Süd-Europa“ , ein Exemplar dieses grossen Raubvogels, welches, den Ansichten einiger neueren Ornithologen zufolge, zu G. barb. occidentalis Schleg. , G. meridionalis und G. subalpinus Br. gehören sollte. Diese Subspecies soll auf Sardinien und auf den Pyrenäen Vorkommen, und sich durch die am stärksten hervorstechende, orangeähnliche rostgelbe Farbe auszeichnen. Beim Ausstopfen des gemeinten Exemplars fand ich, dass das Gefüge der orangegelben Federn etwas verändert war. Die Strahlen waren nicht so deutlich und nicht so glatt anzufühlen, j wie jene der übrigen Federn; sondern sie erschienen bei der . Berührung mit den Fingern etwas hart und steif. Am kräftigsten zeigte sich die Farbe am Vorderhalse und der Brust, nahm da- gegen am Bauche ab; auch fand sich hier, da oder dort eine fast weisse Feder eingemengt. Der Hinterhals war entschieden bleicher. Die hellen Schaftstriche der graubraunen Schulter- und • der vorderen Flügeldeckfedern waren gleichfalls orangegelb ; aber Die röthliche Färbung bei Gypaet. barbatus. 129 diejenigen von ihnen, welche mehr bedeckt oder neu waren, er- schienen weiss. Die weiter hinter und seitwärts liegenden Federn hatten weisse Schaftstriche und Spitzenflecke. Alles dies führte mich auf die Vermuthung, dass diese Farbe später entstanden sei, als die Federn selbst, und dass sie von Eisenoxyd herrühren könne. Um mich über die Sache zu vergewissern, wurde eine kleine, schmale Halsfeder in verdünnte Salzsäure gelegt und letztere bis zum Kochen erhitzt. Hierbei löste sich die Farbe sehr schnell auf, und die Feder wurde weiss. Die Auflösung liess, mit Blut- laugensalz behandelt, einen sehr stark blauen Niederschlag zu- rück. Eine zweite, ebenso beschaffene und behandelte Feder gab mit kohlensauerem Kali einen orangegelben Niederschlag. Nun wurde auch eine beinahe weisse Feder von einem nicht an- gefärbten G-, barbatus aus Egypten untersucht, und sie zeigte mit Blutlaugensalz ebenfalls nur eine geringe blaue Reaction. Da ferner die Farbe der Eier des Bartgeiers sehr verschie- den beschrieben wird, — nämlich bald weiss, bald weiss mit braunen Flecken: — so schien es wichtig, ein solches kennen zu lernen. Das Reichs -Museum erhielt eins aus den Pyrenäen ; dieses war aber nicht weiss, sondern rostgelb mit einigen un- ordentlichen Flecken oder „Farbe-Anhäufungen.“ Auch hier rührte die Färbung, wie es die chemische Untersuchung vollständig er^ wies, von äusserlich hinzugekommenem Eisenoxyd her. Es ist hiernach, wahrscheinlich, dass der Yogel weisse Eier legt, (ein solches fand Meissner vollständig ausgebildet im Eileiter), und dass sie erst während des Brütens gefärbt werden, Eier aus Egypten oder sonst aus Landstrichen, wo der Yogel nicht gefärbt ist, sind wahrscheinlich stets weiss. Wie die Farbe auf die Federn kommt, müsste da, wo sich der Yogel vorfindet, an Ort und Stelle untersucht werden. In- dess wird man wohl vermuthen dürfen, dass es durch Baden des- selben in eisenhaltigem Wasser geschehe. Ebenso wird es währ- : scheinlich, dass man nach seiner mehr oder weniger intensiven 1 Färbung auf das Vorhandensein einer grösseren oder geringeren Zahl eisenhaltiger Quellen in der von ihm bewohnten Gegend schliessen dürfe. Welchen Werth aber diese Farbe für das Auf- stellen von Arten habe , ist jedenfalls leicht einzusehen. Die Exemplare der schweizer Alpen scheinen weniger stark gefärbt zu sein, als die aus dem westlicheren Süd -Europa. Journ. f. Ornith., X. Jahrg., Nr. 56, März 1862. 9 130 W. Mewes: Die vom Altai sollen bleich sein, würden also mit den egypti- sehen übereinstimmen. Zusatz. Auch mir war es längst aufgefallen, dass nament- lich an blos ausgefüllten, (nicht ausgestopften) Bälgen die kleinen obersten Vorderhals- oder Kehlfedern, jede für sich betrachtet, an der Spitze oft wie durch einen fremdartigen Stoff zusammen- geklebt erschienen, und dass man besonders hier durch Schnellen mit dem Finger einen röthlichen Staub recht sichtbar heraus- klopfen konnte. Ich schrieb aber das Erstere dem Umstande zu, dass dem Vogel bei dem Verzehren seines Frasses gerade an diesen Stellen leicht Etwas von den Säften der von ihm verzehr- ten Thiere anhaften und so das Zusammenkleben der Federn be- wirken könnte; besonders wenn er sich öfters mit Aas begnügen müsse, welches bereits mehr oder weniger in Zersetzung über- gegangen sei. Und in der That muss ihm, wegen der Kürze seines Halses, das Reinigen dieser Stellen durch Putzen offenbar schwerer fallen, als das Wiedersäubern anderer Theile, die er mit dem Schnabel erreichen kann.*) Bei dem Herausstäuben des puderähnlichen Stoffes, dachte ich zunächst an den ähnlichen Fall bei den Reihern, wo man freilich die von JNitzsch so genannten „Puderdunen“ als das Organ kennt, welches jenen bei ihnen talgähnlich fettigen Staub erzeugt. Aber das Gefieder unseres Eisvogels fühlt sich, im Gegensätze zu dem fettigen des Wasserschwätzers, ebenso wie mit dem fein- sten Talge durchstäubt an, wie das eines Reihers, obgleich jenem die Puderdunen fehlen. Rührt übrigens die röthliche Anfärbung des Geieradlers, wie Herr Mewes vermuthet, von dem Baden in eisenhaltigem Wasser her: dann könnte sehr wohl nicht bloss die Oertlichkeit, sondern auch die Jahreszeit, hierin einigen Unterschied bewirken. Denn überall wird sich der Vogel während der kühleren Jahreszeit weniger oft baden, als in der wärmeren; ja in der Schweiz, in Bayern, Tirol etc., wo er seit langer Zeit sich auf die höchsten Berge zurückgescheucht sieht, (während er weiter im Süden bereits wenige Tausend Fuss über der Meeresfiäche wohnt,) wird er ver- muthlich den ganzen Winter über nicht an das Baden denken. *) Nebenher bemerkt: sollte ihm hierbei nicht vielleicht sein langer, harter nnd steifer Bart gleichsam als Bürste oder Kehrwisch dienen? Ohne irgend einen „praktischen“ Zweck dürfte ihm diese eigenthümliche Zierde wohl kaum verliehen sein. Die röthliche Färbung bei Gypatt. barbatus, 131 Ebenso wenig dürfte er dies in dem sehr kalten Nordosten, also z. B. auf dem Altai, zu thun Lust haben. So aber kann es wohl geschehen, dass er zu Anfänge des Frühjahres überall heller ge- färbt erscheint, als gegen Ende des Sommers. Indess wäre es denkbar, dass das Anfärben theilweise auch auf trockenem Wege erfolgen, und sogar da Statt finden könnte, wo er es nicht nöthig hat, gerade eisenhaltiges Wasser zum Baden zu benutzen, oder wo er sich überhaupt nur selten badet. Denn man darf wohl annehmen, dass er, wenn er Letzteres thut und hierbei die Auswahl hat, reines Wasser vorziehen werde. (Doch wäre vielleicht auch das Gegentheil nicht unmöglich: insofern man annehmen dürfte, dass eisenhaltiges Wasser dem ihn plagenden Ungeziefer zuwider sei, und dass bei dieser Wahl sein Instinctihn leite. Suchen ja auch mehrere unserer grösseren Säugethiere das- selbe in kränklichem Zustande gern zum Trinken auf.) NämliGh: das Anfärben könnte im Zustande der Ruhe geschehen, wenn der Vogel sich dabei auf den Bauch legt, und wenn das Gestein seines Wohnplatzes eisenhaltig ist. Seiner, für einen Raubvogel auffallend kurzen Beine wegen muss er zum Ausruhen entweder eine ganz schmale Felskante wählen, die ihm gestattet aufrecht zu sitzen und seinen langen Schwanz niederhängen zu lassen; oder er muss sich, wo er keine solche findet, an einer flachen Stelle auf den Bauch legen. Das Eine, wie das Andere, hängt wesentlich von der Formation des Gebirges ab, welches er bewohnt. Sind nun die Stellen, wo er liegend ausruht, mit verwittertem, eisenhaltigem, oder in Staub zerfallenem Gestein, oder mit rothem eisenschüssigem Sande be- deckt, so macht sich das Anfärben mit Ocher von selbst, besonders wenn es gerade regnet oder geregnet hat. In wärmeren Ländern tritt dieser Fall bekanntlich am häufigsten während der kühleren Jahreszeit ein. Dort kann es daher Vorkommen, dass der Vogel sich eben dann am stärksten anfärbt, wenn er sich am wenigsten badet. Auch beim Liegen wird er sich übrigens den Vorderhals desshalb am meisten färben, weil er mit ihm bei jeder Bewegung des Kopfes an dem Boden hinstreicht. Schade nur, dass gegenwärtig kein zoologischer Garten einen Geieradler besitzt. An solch’ einem lebenden würde sich die Rich- tigkeit aller dieser Vermuthungen sehr leicht prüfen lassen. Einiges Gelb, wenn auch nur ein mattes, dürfte aber doch wohl, als von innen gekommene Farbe, stets vorhanden sein und bleiben, 9* 132 W. Mewes: Das von Herrn M. vermuthete Anfärben der Eier des Geier- adlers würde ein Seitenstück zu dem bekannten ähnlichen Falle bei den Eiern der Steissfitese bilden. In den Pyrenäen, aus welchen das von unserem Freunde untersuchte Ei herstammt, trifft übrigens das Legen und Brüten des Vogels auf eine Zeit, wo er das Bedürfniss des Badens wohl noch nicht häufig empfinden mag. Dagegen fällt namentlich sein Brüten mit dem Schmelzen des Schnees zusammen, bei welchem die Feuchtigkeit mehr oder weniger auch nach den meisten, sonst trocknen Höhlen und Schluchten durchsickert. Wo sie dann rothen Sand, oder Eisen- ocher durchdringt und letzteren erweicht, da wird sie nun das Anfärben der Eier beschleunigen oder verursachen , auch wenn diese wirklich vorher ganz weiss gewesen wären. Gl oger. Ute rostig - braunen Rückenfedern des Kranichs iin Sommer- Herr Conservator Mewes berichtet über seine Untersuchung derselben Folgendes:*) „Ich habe im hiesigen Museum ein, am 19. August 1832 in Norbotten geschossenes Männchen untersucht, welches sich in der Mauser befand und auf dem Bücken und den Schultern noch einen Theil der alten, sehr zerschlissenen, rostbraunen und rostgelb ge- färbten Federn besitzt. Schon bei äusserlicher Untersuchung sieht man und erkennt bei dem Berühren mit den Fingern, dass etwas Fremdes an diesen Federn festsitzt, und dass auch schwache Abdrücke davon sich auf den neuen, grauen, unmittelbar unter den alten liegenden Federn vorfinden.“ „Um mich zu versichern, ob diess wirklich ein fremder Stoff sei, und aus was derselbe wohl bestehen möge, wurde eine solche stark gefärbte Feder mit verdünnter Salzsäure behandelt. Diese löste den grössten Theil des fällenden Stoffes auf; die Lösung aber gab mit Blutlaugensalz einen reichlichen Niederschlag von Berliner Blau. Hierdurch war der starke Eisen-Gehalt dar- gethan. Es kann somit kein Zweifel darüber bestehen, dass die Färbung durch Eisenocher entstanden war, an welchem manche unserer grossen Moore bedeutend reich sind. Die Beobachtung des Herrn Eug. v. Homeyer dürfte mithin wohl Aufmerksam- keit verdienen. W. Mewes. *) „Bicirag tili Jemtlands Ornithologi.“ In „Oefvers. afVet. — Akad. Förli. Arg. 17, N. 4;“ S. 218; den 18. April 1860. Die rostig-braunen Rückehfedern des Kranichs. 133 Hieran hat es ja auch nicht gefehlt. Nur dürfte eben die Meinung oder versuchte Erklärung, dass der Vogel sich absichtlich mit solchem eisenhaltigen Schlamme einschmiere, gewiss keinen Beifall verdienen: da kein Vogel sich irgendwie absichtlich be- sehmutzt. :Es. geschieht also wohl auch beim Kraniche nur zufällig, wenn sein Schnabel vom Herumstechen nach Nahrung im Sumpfboden beschmutzt ist. Dass es gerade im Spätsommer häufiger und für längere Dauer geschieht, als zu jeder anderen Zeit, das lässt sich aus mehreren Gründen leicht genug erklären. Denn abgesehen davon, dass ihn dann vermuthlich die, sein Gefieder bewohnenden Schmarotzer mehr beunruhigen, als sonst, verursachen ihm zur Mauserzeit die neu. hervorwachsenden Federn, so wie die gleichzeitige Erneuerung der Oberhaut (Epidermis,) mit welcher das Abstossen der alten Federn erfolgt, ein sehr verstärktes Jucken. Dieses versucht er, wie in gleichem Falle alle andern Vögel, dadurch zu lindern, dass er mit dem Schnabel im Gefieder herumstört. Ist dieser also nicht rein, so beschmiert er sich hierbei mit dem, was daran klebt. Nun ist aber der Sumpfschlamm gerade in der trocken- sten Zeit des Jahres am dichtesten und zähesten. Er haftet da- her um so leichter und länger, je seltener dann Regenwetter ein- tritt, welches ihn wieder abwaschen hilft. Uebrigens möchte ich nicht glauben, dass dieser eisenhaltige Schlamm bloss mechanisch auf das Gefieder wirke. Hierdurch allein würde sich letzeres wohl kaum aus dem ursprünglichen Grau bis zu „rostgelb44 ent- färben, wie es der von Herrn Me wes untersuchte Kranich theil- weise zeigt. Vielmehr beizt der, unter solchen Umständen con- centrirte Eisengehalt die graue Farbe, indem er sie zersetzt oder chemisch verändert, recht eigentlich heraus, ähnlich, wie es „Rostflecke“ mit der Farbe von Geweben thun. Gloger. 134 Sundevall : Beobachtung, d. Wanderung, ff. Kraniche. Briefliche Mittheilungen , Oecono- misches und Feuilleton. Aufforderung zu Beobachtungen über die Wanderungen der Kraniche« (Auszug aus einem Briefe des Prof. C. S u n d e v a 1 1 in Stockholm an Prof. W. Peters in Berlin.) „Vor mehreren Jahren suchte ich die Wanderungen der Kra- niche so weit als möglich durch Schweden zu verfolgen, wie aus der „Oefversigt“ der K. schwed. Akademie für 1844 bis 1850 her- vorgeht. Da es sehr wünschenswert erscheint, diese Wanderun- gen durch Deutschland zu verfolgen, welches für diese Beobach- tungen viel günstiger liegt, so bitte ich Sie, die Ornithologen Deutschlands und anderer Länder, etwa durch Cab anis’ Journal, auf diesen Gegenstand aufmerksam zu machen, und sie aufzufor- dern, Beobachtungen über die Züge der Kraniche anzustellen. Wenn dies im Frühjahr, April und Mai und dann auch im Herbste geschähe, so würde man daraus wissen können, wo diese Vögel erscheinen und wo nicht und wohin sie gehen, um in Europa ein- oder auszuwandern, was besonders durch Frankreich und Spanien gesehen muss. Es müssten Tag, Tageszeit, Richtung und un- gefähre Anzahl der Individuen angegeben werden, auch ob diese Vögel in einem Districte nur selten oder gar nicht erscheinen. Durch solche Mitteilungen würde man schon im ersten Jahre wissen können, wo diese Vögel regelmässig durchziehen, wo sie etwa ausruhen, ob alle von Deutschland durch Frankreich gehen, oder ob einige mehr direct nach Süden ziehen.“ Sundevall. Indem wir die vorstehende Aufforderung zur geneigten Kenntnissnahme der Ornithologen und vielen Freunde der Orni- thologie bringen, schliessen wir hieran die Bitte um freundliche Mitteilung jeder auf die Wanderungen des Kranichs bezügli- chen Notiz. Das lebhafte Interesse für naturwissenschaftliche Beobach- tungen hat in Schweden bereits seit längerer Zeit zu den ausführ- lichsten Aufzeichnungen über das Vorkommen der dortigen Thier- arten geführt. Auch bei uns in Deutschland ist der Vorschlag zur Errichtung von „Beobachtungs-Stationen“ schon mehr- fach, und namentlich in den früheren Jahrgängen der „Naumannia“ lebhaft angeregt worden, ohne bis jetzt zu einer umfassenden, dauernden Ausführung gelangt zu sein. Um so mehr hoffen wir, für den vorliegenden speciellen Fall, die erwünschten Mittheilun- gen allseitig als einen praktischen Anfang zu solchen Beobach- tungs-Stationen betrachtet zu sehen, und sind gern bereit, jede hierauf bezügliche Notiz in diesem Journale zur Veröffentlichung zu bringen. D. Herausgeber. Alfr. Newton: Der Kehlsack der grossen Trappe. 185 Her Kehlsack der grossen Trappe (Otis tarda).*) Elveden, Hereford, 29. November 1861. An Hrn. Dr. Hartlaub in Bremen. Als ich das Vergnügen hatte, Sie im vergangenen September in Bremen zu sehen, machten Sie mir das gütige Anerbieten, für mich einige Bemerkungen zu übersetzen, welche ich auf Dr. Gloger’s Artikel in einem damals eben erschienenen Hefte des „Journal’ s für Ornithologie“ (1861. p. 153 — 55) zu erwidern für meine Pflicht erachtete. Zu einer Antwort auf die Beschuldigungen, welche Dr. Gio» ger so freundlich war, gegen englische Naturforscher zu schleu- dern, fühlte ich mich nämlich nicht nur deshalb verpflichtet, weil ich mich gerade für den Gegenstand seiner Abhandlung bereits seit längerer Zeit ganz speciell interessirt habe, sondern auch weil von den drei Herren, über welche er sich ganz vorzüglich lustig macht, bereits zwei diese Erde verlassen haben, zwei, welche ich stets mit Stolz unter meine frühesten ornithologischen Freunde zu zählen pflegte. In Betreff des dritten wage ich nicht zu reden, denn die Stellung, welche Professor Owen in der wissenschaftlichen Welt einnimmt, ist ja nach seines Angreifers eigenem Geständniss so erhaben, dass Dr. Gloger weder durch verkleinernde Aeusserungen noch durch verthei digende Beweis- gründe dieselbe auch nur im Geringsten afficiren würde. Ich will indessen nicht Dr. Gloger’s critisirenden Styl criti- siren, sondern überlasse es ^ vielmehr Ihren eigenen aufrichtigen Landsleuten, sich selbst ein Urtheil über den wahren Werth sei- ner Behauptungen zu bilden. In Betreff des verstorbenen Mitchell der zuerst als Illustrirer des berühmten Gray’schen Werkes „The genera of birds“ be- kannt, darin Secretär der zoologischen Gesellschaft zu London und später Director der Gärten der Acclimatisations - Gesellschaft zu Paris war — habe ich nur wenig zu sagen. Er scheint bei der Untersuchung der ersten von Yarrell secirten Trappe zugegen gewesen zu sein, bei welcher kein Kehlsack gefunden wurde; und ist sein Name nur in der Eigenschaft als Zeuge bei dieser Operation erwähnt. Was aber zunächst den sei. Yarrell betrifft, so gebe ich gern *) Auf Ersuchen des Herrn Dr. Hartlaub aus dem Englischen über- setzt von Ferd. Heine. 136 Alfred Newton: zu, dass er nur wenig mit der deutschen Literatur bekannt war, wie er es ja auch selbst freimüthig und mit unverhohlenem Bedau- ern gestand; aber Alle, die ihn kannten, bewunderten so sehr die Grösse der wissenschaftlichen Kenntnisse, die er in den wenigen Mussestunden seines mühevollen Lebens sich anzueignen gewusst hatte, dass sie gern seine Unkenntniss in einigen specielleren Zweigen seines Studiums übersahen. Leider trifft es sich indes- sen in dem vorliegenden Falle gerade recht unglücklich für Herrn Dr. Gloger, denn Yarrell kannte gar wohl die von mehreren deutschen Naturforschern, besonders von Nitz sch selbst aufrecht erhaltene Ansicht über den Kehlsack der Trappe, wie seine Correspondenz in Betreff dieses Punktes beweist, welche augenblicklich vor mir liegt. Yarrell’s Bemerkungen über den Bau der grossen Trappe wurden in der Linnd’ sehen Gesellschaft zu London am 18. Januar 1853 vorgetragen und in deren „Trans- actions“ veröffentlicht (XXI. p. 155 — 160), nicht in denen der zoologischen Gesellschaft, wie Dr. Gloger, ohne sich viel Sor- gen darüber zu machen, behauptet. In der dritten Ausgabe sei- ner „British Birds“ (II. p. 445—449), die im Jahre 1856 erschien, sind dieselben Angaben fast wörtlich wiederholt; und in einem seiner Briefe an mich vom 11. Januar 1856 heisst es folgen- dermassen : „Ich habe nun meinen Aufsatz über die grosse Trappe zum Drucke vorbereitet, ohne dabei auf die mannigfachen Einwürfe Naumann’s und Anderer Rücksicht zu nehmen. Das Vorhanden- sein oder Fehlen einer Oeffnung unter der Zunge u. s. w. hängt keineswegs vom Alter ab, denn von den zwei Exemplaren, die ich untersuchte, war das eine Jahr alt, das andere vierjährig. Die verschiedene Gestalt des Luftsackes in dem einen Fall mit einer Einschnürung in der Mitte wie eine Sanduhr, zeigt hinläng- lich an, dass er nicht dazu dienen kann, Wasser zu halten. Seine Schwere würde jede Theilung hindern. Die geringe Menge von Flüssigkeit ist nur eine temporäre Absonderung der Halsdrüsen und der damit zusammenhängenden Zellengefässe, welche die um- liegenden Theile, sclnneidigt. Die Gras-Saamen sind zweideutig, ich kann nicht begreifen, wie sie hineinkamen u. s. w., solche fremden Substanzen würden den Vogel durch Entzündung zer- stören.“ Offenbar bezieht sich diese Stelle grösstentheils mehr auf den Bericht, den Naumann (Vög. Deutschi. VH. p. 20—21) über Der Kehlsack der grossen Trappe, 137 seine .- eigenen Untersuchungen giebt, als auf den Nitz sch V, in- dessen hatte . ich in meinem Schreiben vom 5. Deceniber 18.55, worauf jenes die Antwort war, ganz besonders der Beobachtung gen dieses letztem talentvollen Anatomen , als von dem Erstem (L 1. p. 10) wiederholt Erwähnung gethan. Wenn der Arzt ein blutendes Glied zu stillen hat, wendet er sich zu den Arterien und überlässt es den andern Blutgefässen, sich allmählich „ aus zu- laufen, ohne grosse Furcht dem Patienten dadurch zu schaden; ebenso begnügte sich auch Yarrell ganz einfach damit, den Ori- ginal-Bericht über den vermeintlichen Kehlsack, so gut er es konnte, zu widerlegen, ohne die Schriftsteller zu beachten, die ihm, da sie neues Licht auf die fragliche Sache warfen, nur durch jenen irregeleitet schienen. Nun strengt sich Dr. Gloger gewaltig an, um den Anschein hervorzurufen, als sei der Glaube an dieses geheimnissvolle Or- gan nur auf die deutschen Ornithologen beschränkt gewesen r— ja, er deutet sogar an, dass ihnen das Verdienst dieser Ent- deckung gebühre. Diese Behauptung ist indessen geradezu der Wahrheit entgegengesetzt und beweist nur, wie ich weiterhin zei- gen werde, wie wenig achtsam er die Werke seiner eigenen Landsleute studirt hat, deren Vernachlässigung er uns Engländern zu einem so herben Vor würfe macht. Um nun daher die Leser des „Journals für Ornithologie44 in Stand zu setzen, sich selbst ein richtiges Urtheil über die Sachlage bilden zu können, muss ich sie um die Erlaubniss bitten, etwas ausführlicher auf alle Zeugnisse und Beweisgründe einzugehen. Ich werde dabei auf eine möglichst unparteiliche und folglich ganz andere Weise als Dr, Gloger zu Werke gehen, der das alte gute Sprichwort: „Phi- losophus non habet patriam44 ganz und gar nicht zu ken- nen scheint. Nach Schneider (Beliqua librorum Friderici II. impera* toris etc. I. p. 34) hat bereits Kaiser Friedrich II. den „grossum collum44 beider Geschlechter der grossen Trappe, besonders bei den Männchen „tempore coitus44 bemerkt: ebenso auch Sir Thomas Browne im Jahre 1681. Dieser gelehrte Herr, welcher in der Kenntniss der Naturgeschichte seinem Zeitalter so weit voraus- geeilt war, bemerkt ferner (Works, Wikin’s Edition, I. p. 311), dass, wie der Truthahn einen seltsamen grossen Auswuchs aussen, so hat die Otis tarda einen solchen inwendig in der Haut.44-- Um das Ende des 17ten Jahrhunderts wurden sechs 138 Alfred Newton: männliche Exemplare der grossen Trappe auf Veranlassung der französischen Academie der Wissenschaften secirt. Perrault, wel- cher sie untersuchte, erwähnt bei keinem derselben das Vorhandensein eines Kehlsackes (Mdm. de VAcad. Roy. des Sciences tom. III. 2te partie, p. 99 — 109); und es stimmen seine sonstigen ganz genau detaillirten Beobachtungen, wie Yarrell ganz richtig angiebt, mit Allem, was seitdem über den Bau die- ser Art bekannt geworden, völlig überein. * — Im Jahre 1688 wurde der „Royal Society of London44 von Allan Moulen eine Schrift mit- getheilt, welche einige anatomische Beobachtungen über die Köpfe der Vögel enthält. Unter den untersuchten Arten befanden sich auch Trappen (Phil. Trans. XVII. p. 714); aber nichts Kehl- sack-Aehnliches wird als dabei gefunden beschrieben. Ohne allen Zweifel verdanken wir unsere Kenntniss von der Existenz des vermeintlichen Kehlsackes bei der grossen Trappe einem britischen Anatomen, Dr. James Douglas, wel- chen Haller (Biblioth. Anatom. II. p. 31) als einen „vir erudi- tus et solers, diligentissimus incisor44 bezeichnet; und die erste mir bekannte Erwähnung dieser Entdeckung (denn Douglas scheint nicht so lange gelebt zu haben, dass er es selbst veröffentlichen konnte, geschah im Jahre 1740 von Albin (Nat. Hist. B. III. p. 36) mit folgenden Worten: „Dr. Douglas hat bei dem Männ- chen (der Otis tarda) zwei Magen gefunden, den einen zur Auf- nahme der Nahrung, den andern gleichsam als ein Wasserreser- voir, aus welchem sie auf trockenen Haiden, fern von Quellen und Flüssen zehren.44 — Im Jahre 1747 gab Edwards (Nat. Hist. B. II. p. 73) einen ausführlichem Bericht und auch eine Abbil- dung des fraglichen Organ’s: „Das Ueberraschendste aber44, sagt er, „entdeckte bei diesem Vogel der verstorbene James Douglas M. D., Mitglied der physikalischen Gesellschaft; es ist dieses ein Beutel oder Sack, der stets frisches Wasser hält, um den Vogel in dürren wasserarmen Gegenden damit zu versehen; dieser Sack ist aufgeblasen abgebildet als Fig. A. Ich goss in denselben, ehe der Kopf abgeschnitten war, 7 Pinten Wein, (d. h. gegen 7 Pfunde nach unserem Gewicht,) ehe er überlief; Fig. B zeigt die Luftröhre, Fig. C die gewöhnliche Speiseröhre. Dieser Sack fehlt bei der Henne44. Diese Stelle hat Seeligmann 1753 (Samml. verschiede- ner Vögel, HI. p. 41), ohne indessen Edward’s Namen zu nennen, fast wörtlich übersetzt, auch die Abbildung wiederholt und so den deutschen Ornithologen bekannt gemacht; so dass ich hier seine Der Kehlsack der grossen Trappe. 139 Worte wohl nicht anzuführen brauche. — Der nächste Schriftsteller, welcher diesen Umstand andeutet, ist Pallas in seiner Reisebe- schreibung unter’m 28. bis 30. Mai 1772. Leider kann ich augen- blicklich die betreffende Stelle nur aus der französischen Ueber- setzung Gauthier’s de la Peyronie (Voyages de Pallas IY. p. 309) citiren, welche, obschon im Allgemeinen nicht eben sorgfältig, hier doch ausreichend sein wird. Es heisst darin von Otis tarda : „Cet animal a un petit trou sous la langue, qui sert d’ouverture ä une bourse aqueuse, qui est de la grosseur d’un oeuf-d’oie“. Obgleich nun ohne Zweifel Pallas die in England veröffentlichten und in Deutschland wiedergegebenen Beobachtungen über dieses Organ gar wohl kannte, so scheint er doch jene Angaben ledig- lich nach seiner eigenen unabhängigen Untersuchung gemacht zu haben. — Später im Jahre 1781 erwähnt Barrington (Miscellanies p. 553) Douglas ’s Entdeckung und giebt zugleich an, Sir Ashton Lever habe niemals bei dem Weibchen den Kehlsack gefunden, sowie, dass ein Freund, der lange in Marocco gelebt, ihm mit- getheilt habe, dort, wo man häufig auch zur Trappenbeize die Falken benutzte, mache der Hahn von diesem Wasserreservoir gegen seine Angreifer Gebrauch, und überliste sie gewöhnlich auf diese Weise (Cf. Tristram in „Ibis*“ 1859, p. 285). Bereits vor einigen Jahren hörte ich von einem Aufsatze Bloch’s über den fraglichen Gegenstand, konnte aber, obschon ich dessen Wichtigkeit vermuthete, erst ganz kürzlich und zwar durch die gütige Yermittelung meines Freundes Dr. A. Günther, denselben zur Durchsicht erhalten und so seinen wahren Werth erkennen lernen. Ich kann nicht umhin, meine grösste Verwun- derung darüber auszusprechen, dass Dr. Gloger dessen Existenz nicht kannte, oder dass, wenn er wirklich darum wusste, er nicht weit eher auf diesen, als auf Nitzsch’s Angaben sich bezog, da er jedenfalls die stärksten Beweisgründe für seine Ansicht lie- fert, die ich je gefunden habe. Bloch veröffentlichte nämlich einen Bericht über den vermeintlichen Kehlsack der grossen Trappe nebst einer Tafel, welche die Oeffnung unter der Zunge höchst genau und deutlich dar stellt, in den Schriften der berlini- schen Gesellschaft naturforschender Freunde vom Jahre 1782, aus denen ich mir die folgende Stelle etwas ausführlicher anzuführen erlaube : „Bei diesem grossen Yogel sieht man einen Sack un- ter der Haut am Halse, dessen Oeffnung unter der Zunge nicht 140 .. :.A /Alfred Newton? ' sichtbar, ist' (Fi g. 7a).*) Er ist weit, war bei einem alten Hahn, deii ich untersuchte, einen Fuss lang, und erstreckte sich' von der Kehle bis an die Brust. In den Pariser Denkschriften tref- fen wir eine umständliche Zergliederung dieses Vogels an, . es ist jedoch darin dieses Sackes nicht erwähnt worden« Albin ge- denkt seiner zuerst, allein wie Catesby**) behauptet, .so hat man dem Dr. Douglas diese Entdeckung zu verdanken (Seeligmamfs Vögel, 3. Thl. p. 41), Wenn jedoch. Catesby. anführt, dass nur die Männchen allein mit diesem Sacke versehen wären, so wider- spricht diesem meine Erfahrung, denn ich habe ihn auch bei einem Weibchen gefunden Auch Herr Professor Pallas hat die- sen Sack bemerkt (dessen Reise 3. Thl. S. 220), wenn jedoch dieser genaue Beobachter sagt, dass er nur die Grösse eines guten Gänse-Eies habe, so ist derselbe wahrscheinlich von einem jungen Vogel gewesen.“ Sodann stellt Bloch einige Betrachtungen über den mög- lichen Zweck dieses sonderbaren Organs an, die ich hier un- wiederholt lassen kann. Das Merkwürdigste übrigens an der angeführten Stelle ist seine Angabe, dass er den Kehlsack auch „bei einem Weibchen“ gefunden habe, doch giebt es ja eine allen Juristen gar wohl bekannte Art von Zeugen, die zu viel beweisen wollen, und in diesem Lichte scheint schon Schneider, der im Jahre 1788 das oben erwähnte Falknerei- Werk Kaiser Friedrich’s II. herausgab, Bloch’ s Angaben aufgefasst zu haben. Derselbe lässt sich darüber (Op. cit. II. p. 9) folgendermassen aus: „Saccum gularem primus annotavit et pinxit in Otide vulgari Edwards Britannus; eundem deinde in mare vidit aquae- que recipiendae dicavit CI. Pallas Itinerarii Russici T. III. p. 220. Sed nuper demum exstitit vir doctus CI. Bloch, qui feminae otidi eundem saccum communem asseverat in Scriptis Societat. Berolin. Amicorum Naturae Curios. Vol. III. p. 370. Doleo me nondum potiri potuisse hac ave satis in his regio nibus frequenti, sed captü difhcili, quo ipse oculis meis de dubitatione hac virorum docto- rum decernerem. Si mas solus sacco gulari gaudet, potest turn eum in amore forte inflare, ut collum intumescat. Contra si fe-, mina eundem habet, quod vix credo, alium tum eidem usum *) So heisst es im Original, soll aber wahrscheinlich 2a heissen. •*) Wahrscheinlich nur eine leichte Verwechselung mit dem Oben erwähn- ten Edwards. Der Kehlsack der grossen Trappe. 141 excogitare debemus.“ In der Tath, man kann hier nur die feine und anständige Art und Weise bewundern, in .welcher Schneider seinen Zweifel ausgedrückt hat. — Von 1799 bis 1805 veröffent- lichte Dumeril Cuvier’s auch von Yarrell angeführte „Le 50ns d’Anatomie comparde“, in denen derselbe ziemlich ausführlich und lange bei den Blutgefässen, den Drüsen und überhaupt dem Zel- lengewebe im Halse der Vögel verweilt, ohne indessen irgend einer Eigentümlichkeit an dem Halse der grossen Trappe zu . er- wähnen. — Dagegen sagt Montagu (Orn. Dict. pagg. innumm.) im Jahre 1802, dass ein Exemplar des Kehlsackes im Leverianischen Museum zu sehen sei. Leider wurde diese berühmte Sammlung später bei dem Verkauf gänzlich zerstreut, und ich habe nie er- fahren können, was aus jenem Präparate geworden ist. Mir scheint es indessen durchaus nicht unmöglich, dass dasselbe Douglas’ Original-Exemplar gewesen, da Barrington, wie man sich erinnern wird, Sir Ashton Lever als damit in Verbindung stehend erwähnt. Nachdem sodann Montagu durch einen offenbaren Schreibfehler den behaupteten Gehalt des Sackes verdoppelt, fährt er fort zu beweisen, dass diese Grösse etwas übertrieben worden sein müsse. — Dieser Umstand hat einen anonymen Schrift- steller — in dem ich übrigens den verstorbenen Broderip ver- muthe — zu einer sehr spasshaften Bemerkung in Erazer’s Ma- gazin (No. 297. Sept. 1854, p. 339) veranlasst. — Tiedemann wie- derholt im Jahre 1810 (Zoologie, II. p. 398) viel von dem früher über diese Sache Geschriebenen, ohne irgend neue Einzelnheiten hinzuzufügen, und obschon er auf Seeligmann Bezug nimmt, so scheint doch seine Bekanntschaft mit diesem Schriftsteller offen- bar nur aus zweiter Hand zu stammen, da er höchst genau alle die zufälligen Irrthümer Bloch’s nachschreibt, weshalb ich es hier unterlasse, seine Worte zu wiederholen. — In Sir Everard Home’s „Lectures on Comparative Anatomy“ (I. p. 277 — 78) vom Jahre 1814 heisst es folgendermassen : „The male bustard in some particular species, which I have examined, has a long bag, which hangs down on the anterior part of the aesophagus as low as the middle of the neck communica- ting with the mouth by an opening under the tongue, which appears to have a sphincter-muscle. This bag was not met with in the young bustard, and is unknown to several very intelligent naturalists in Bengal, where the bustard is common and of several species.“ 142 Alfred Newton: Diese ganze Stelle zeichnet sich eben nicht sehr durch eine wünschenswerte Präcision aus, und lässt die Frage unerledigt, ob Sir Everard Home jemals selbst ein männliches Exemplar der grossen Trappe untersuchte, besonders wenn man eine damals noch unver- öffentlichte Schrift John Hunter’s damit in Verbindung bringt, welche ich gelegentlich noch anführen werde. — Im Jahre 1838 compilirte Vieillot (Nouv. Dict. d’Hist. Natur. XXIV. p. 286) aus Perrault’s und Pallas’ weiter oben besprochenen Beobachtungen eine Be- schreibung der Zunge, des Gaumens und des Kehlsackes der Otis tarda , die ich hier nicht zu citiren brauche, da sie uns nichts Neues darüber mittheilt. Im Verlaufe der auf 1821 folgenden 10 Jahre erschien Mek- kels grosses Werk „System der vergleichenden Anatomie“, das ich leider nur in der autorisirten Ueb er Setzung der Herrn Dr. Janson und Schuster zu Bathe ziehen konnte (Traitd gdndral d’anat. compar. tom. VIII. p. 236). Diese lassen Meckel folgender- massen von der grossen Trappe sprechen: „Chez le male on voit descendre de la face inferieure au-devant de la langue un sac fort spacieux et ä parois minces, qui placd immddiatement au- dessous de la peau, occupe toute la longueur du cou et dont la cavitö prdsente chez les adultes assez d’ampleur pour contenir deux litres d’eau. Selons M. M. Bloch et Tiedemann ce sac serait propre non seulement au male, mais encore ä la femelle. Mais il faut nöcessairement, que ces observateurs ce soient laisser aller ä quelque illusion, puisque j’ai examinö dix sujets femelles, qui ne m’en ont pas prdsentd le moindre indice. Je dois donc adhdrer ä l’opinion de M. M. Douglas et Home, qui avait dtd ddjä hypothdtiquement dmise par Schneider, et admettre que cet Organe ne se remontre que chez le male.“ „Quant ä l’autre assertion de M. Home, qui etablit que le sac en question n’existe pas chez les jeunes sujets je n’ai pas dtd en mesure de la vdrifier; cependant je ne serais pas loin de penser qu’une jeune femelle ait dtd prise par cet auteur pour un male; une semblable meprise, mais en sens iverse, semble avoir induit en erreur M. Tiedemann.“ Dass bei einer flüchtigen Untersuchung ein derartiges Ver- sehen leicht vorgekommen sein kann, halte ich für höchst wahr- scheinlich. Auch hat Herr von Boche brune (Trans. Soc. Linn. de Bordeaux, IV. p. 167.) die Bemerkung gemacht, dass völlig aus- gewachsene Weibchen im Alter von 3 — 4 Jahren dieselben Sei- Der Kehlsaek der grossen Trappe. 143 tenfedern am Kinn bekommen wie die Männchen, nur etwas we- niger entwickelt. Uebrigens scheinen die indischen Ornithologen den von Sir Everard Home hingeworfenen Wink aufgenommen zu haben; so machte z. B. Oberst Sykes im Jahre 1832 (Proc. Comm. Zool. Soc. II. p. 155) bei der Otis nigriceps (Eupodotis Edwardsi Gray) die Angabe, dass das Männchen dieser Art ebenfalls jenen merkwürdigen Kehlsack hat, den man sonst bei Otis tarda findet.“ Und, um diesen Punkt gleich auf einmal abzumachen, will ich hier noch erwähnen, dass Lieutenant Burgess im Jahre 1855 (Proc. Zool. Soc. XXIII. p. 32 — 33) auf A. J. Davidson’s Autorität gestützt erzählt, das Männchen eben dieser Art steige in der Brützeit gern auf einen hoch gelegenen Platz und stolzire dort mit erhobenem ausgebreiteten Schwänze und herabhängenden Flügeln einher, wobei es den Kehlsack so mit der Luft aufblase, dass derselbe wie eine grosse Schwimmblase erscheine. Auch fügt er dann noch zur Bekräftigung hinzu, dass Jemand ihm er- zählt,, er habe eine Trappe gesehen mit weisslich aussehendem am Halse herabhängenden Sacke; doch scheint er selbst nie ein Exemplar untersucht zu haben. Kürzlich hörte ich auch von Herrn J. H. Gurney dass vor einigen Jahren der verstorbene Frederik Strange in einer australischen Zeitung einen Aufsatz über die grosse Trappe jenes Landes ( Eupodotis australis Gray) veröffent- licht habe, worin er versichere, jene Art habe ebenfalls einen Kehlsack; doch habe ich bis jetzt nur mehrere erfolglose Ver- suche gemacht, um den Namen dieser Zeitung zu erfahren. — Im Jahre J834 gab uns Naumann seine eigenen und Nitzsch’s Untersuchungen über diesen Gegenstand, auf welche schon weiter oben Bezug genommen wurde; indessen unterlasse ich es, hier Einiges daraus anzuführen, in der Voraussetzung, dass Ihre Lands- leute ja sicherlich das Werk ihres grössten Ornithologen hin- länglich kennen werden. — Yarrell’s Ansichten über unsere Frage habe ich schon früher wiedergegeben, und, da auch Siebold und Stannius (Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, p. 296 — 297) uns nichts Neues lehren, so gehe ich nun zu den höchst interessan- ten Angaben über, welche im Jahre 1849 Degland (Orn. Eur. II. p. 73) veröffentlicht hat. Hier heist es u. a. folgendermassen: „Je dois ä mon honorable confrere, le docteur Dorin de Chälons-sur-Marne la connaisance d’un fait assez curieux, et que je ne dois pas omettre. A l’dpoque des amours, il se ddveloppe 144 Alfred Newton: dans le lieu meme, oü s’inserent les moustaches, une sorte de fanon formd pas une masse de tissu cellulaire graisseux, lache, dont le Volume est considerable, puisqu’il atteint et döpasse le poids d’un kilogramme. Cette sorte de fanon, qui occupe la partie antörieure et latörale du cou est formte de deux masses, qui se renaissent sur la ligne mediane, ä partir de la naissance des barbes jusqu’au bas du collier, C’est au moyen de muscles seanciers assez döveloppös, que l’oiseau peut imprimer des mouvements ä cette masse, et par consequent relever ou abaisser les plumes allongöes, qui s’y im- plantent. A la fin de juillet eile commence ä s’affaiser, les plumes tombent et se renouvellent, si bien qu’avant la lin de septembre, il ne reste plus rien de cette grande masse de tissu cellulaire.“ Doch ich muss, wie ich sehe, den schon zu langen Brief so viel wie möglich abzukürzen, und mich desshalb möglichst dar- auf zu beschränken suchen, nur solche Schriftsteller zu nennen, deren Angaben entweder wegen der Originalität ihrer Beobach- tungen, oder aus anderen gewichtigen Gründen, hier besonders und wörtlich angeführt zu werden verdienen. Es ist leicht möglich, ja es ist sogar höchst wahrscheinlich, dass ich manche zu er- wähnen unterlassen habe, und ich werde in diesem Fall gern von Dr. Gloger oder irgend einem andern Herrn weitere Be- lehrung entgegen nehmen, denn meine eigene Büchersammlung ist leider recht dürftig, und ich habe nur selten Gelegenheit eine gute Bibliothek zu Rathe ziehen zu können; trotzdem aber glaube ich, bereits eine ziemliche Menge mit einander streitender Zeug- nisse angeführt zu haben, welche sicherlich jeden unparteilichen Richter davon überzeugen werden, dass diese interessante Frage nicht gleich durch so wenige nur so leicht in einem Ton, wie ihn Herr Dr. Gloger annimmt, hingeworfene Bemerkungen erledigt sein kann, ohne dieselben nur durch die geringsten neuen Thatsachen unterstützen zu können. Ich muss deshalb noch einige weitere Beweise Vorbringen. Im März 1848 machte Professor Owen ein Präparat von dem Kopf und Hals einer männlichen Otis tarda , welches sich jetzt im Museum des königlichen Wundarzt-Collegiums zu London be- findet, und das er im Jahre 1852 folgendermassen beschrieb (Cat. Physiol. Ser. Mus. R. Coli. Surg. 2d. ed. I. p. 233): „No. 772. — The head of a bustard (Otis tarda) with the mouth and fames exposed showing the glandular orifices between the ramö of the lower jaw, the tongue, glottis, internal nostril Der Kehlsack der grossen Trappe. 145 and eustachian orifice. There is no trace of a gular pouch.“ Ich kann hier noch hinzufügen, dass eine Besichtigung dieses Exemplares, wie es öffentlich in jener Sammlung zu sehen ist, mir deutlich gezeigt hat, dass Professor Owen seine Section durchaus nicht in der ihm zugeschriebenen Art und Weise ausgeführt hat. Nun komme ich zu dem Aufsatze, welcher Dr. Gloger’s Kritik hervorgerufen hat, und um Yarrell’s Andenken gerecht zu wer- den, muss ich einige längere Auszüge daraus machen, damit die Leser des „Journals für Ornithologie“ selber entscheiden können, ob er in einem falschen Lichte dargestellt wurde, oder ob nicht. Yarrell sagt hier, wie folgt: „Ich hatte schon lange den Wunsch gehegt, einmal selbst ein Männchen der grossen Trappe genau seciren zu können, um den Kehlsack zu untersuchen, wie ihn Barrington in seinen „Miscellanies“ vom Jahre 1781 und Edwards in den „Gleanings in Natural History“ von 1811 beschrieben, und nach diesemBewick und ich selbst abgebildet hatten; aber erst ganz kürzlich wurde dieser Wunsch mir erfüllt. Ungefähr vor 4 Jahren erhielt nämlich die zoologische Gesellschaft sechs oder sieben junge Trappen käuflich aus Deutschland. Einer dieser Yögel, ein Männchen, starb nach Jahresfrist, Mitchell und ich untersuchten ihn, fanden aber keinen Kehlsacjk und schrieben diesen Umstand der Jugend des Yogels zu. Während des vergangenen Sommers des Jahres 1852 sahen wir eines der Männchen häufig einem Weibchen den Hof machen, u. s. w. Dieses vierjährige Männchen verunglückte leider im verflossenen December, und Mitchell erlaubte mir gern diesen ausgewachsenen Yogel zu un- tersuchen. Um anzudeuten, was ich zu finden hoffte, könnte ich zuvor Edward’s Worte aus den „Gleanings“ citiren [welche ich hier da ich sie bereits oben angeführt, nicht zu wiederholen brauche]. Meine Untersuchung dieses ausgewachsenen Tr appenhahns^ den ich aus den Gärten der zoologischen Gesellschaft erhielt, be- schränkte sich nur auf den Hals. Ich trennte höchst sorg- sam die Haut in einer geraden Linie von dem Yereini- gungspunkte der beiden Zweige des Unterschnabels nach dem Winkel des Gabel- oder Brustbeines. Als ich nun diese Haut auf beiden Seiten nach rechts und links trennte, erschien ein dünnes zartes Häutchen, welches die Vor- derseite der dicht an der Innenseite der Haut liegenden Luftröhre bedeckte und fest daran, sass. Indem ich die Haut noch weiter Journ. f. Ornith., X, Jahrg. Nr. 56, März, 1862. 10 146 Alfred Newton: trennte, fand ich auf beiden Seiten der Luftröhre eine lange dünne Membranen-Säule welche mit den Blutgefässen und Hals- drüsen zusammenhängend dieselben bedeckte und weiter unten an den seitlichen Zweigen des Gabelbein’s auf ihrer eigenen Seite befestigt war. Der Aesophagus neigt sich unten nach der rechten Halsseite. Unter der Zunge fand sich keine Oeff- nung, und versuchte ich mehrere Male vergeblich durch Luft oder Flüssigkeit irgend einen Theil der untern Membranen auszudehnen.“ „Ich wurde verdriesslich und begann die Genauig- keit meiner eigenen Untersuchung zu bezweifeln;“ und nun fährt Yarrell fort zu schildern, wie er nur, nachdem er Perrault’s und Cuvier’s Berichte gelesen, welche beide ich schon früher erwähnte, Professor Owen’s Ansicht adoptirt und seine Un- tersuchung der linnöischen Gesellschaft mitgetheilt habe. Als ich dann im folgenden Sommer in London war, zeigte mir Yarrell gütigst das Präparat, welches er damals gemacht hatte, und kann ich als Augenzeuge erklären, es zeigte sich daran keine Oeffnung unter der Zunge. Im Jahre 1854 theilte Dr. Crisp der zoologischen Gesellschaft die Resultate seiner Secirung dreier Trappen mit, von denen die eine, ein ungefähr 2|jähriges Männchen, in den Gärten an einer zufälligen Verletzung gestorben war. Indessen findet sich in den Schriften der Gesellschaft keine Erwähnung dieses Auf- satzes, vielmehr steht derselbe ganz in „Newmans Periodical“ jenes Jahres (Zoologist, XII. p. 4237 — 4239). Es ist übrigens bemer- kenswerth, dass, als dieser Aufsatz geschrieben wurde, sein Ver- fasser die Schluss -Folgerungen, zu denen Yarrell gelangt war, nicht kannte. „Ich bringe“, sagt Dr. Crisp, „die Anatomie dieses Vogels an die [zoologische] Gesellschaft in Bezug auf den Kehl- sack, welchen Yarrell in seinen „British Birds“ von 1843 und Professor Owen in dem Artikel über Vögel in seiner „Cyclopädia of Anatomy and Physiology“ abgebildet haben Eine sorg- fältige Untersuchung des Männchens liess mich nur ein dünnes Häutchen finden, das die ganze Länge der Luftröhre bedeckend oben am Os hyoides, hinten an der Speiseröhre und der Nackenhaut, unten an dem Schlüsselbein und dem Brustbein befestigt war. Der Zusammenhang dieses Häutchens vorn mit der Luftröhre ist sehr locker, und man kann leicht mit einer Sonde zwischen dasselbe und die Luftröhre hinabreichen, so dass, wenn man Luft oder Wasser darunter brächte , wahrscheinlich sehr bald ein Beutel entstehen Der Kehlsack der grossen Trappe. 147 würde; indessen hat dasselbe weder mit dem Munde oder dem Schlunde Zusa mmenhang, noch vermag ich zu begreifen, wie es zu dem ihm beigelegten Zwecke dienen können soll, denn mit Wasser gefüllt, würde es die Functionen der Luft- und der Speiseröhre ganz wesentlich beeinträchtigen. Vielleicht hat das Vorhandensein dieser Haut die Angabe, dass der männliche Vogel mit einem Sacke versehen ist, um während der Brützeit Wasser zu halten, veranlasst. Ich läugne zwar nicht, die Existenz eines solchen Sackes, halte aber sein Vor- handensein auf alle Fälle für höchst zweifelhaft Bei meinen Sectionen der Weibchen habe ich die Hälse leider nicht untersucht, und wird es desshalb später interessant sein, festzustellen, ob die soeben beschriebene Haut auch bei weiblichen Individuen oder auch noch bei andern Vögeln vorkommt.“ Dann schliesst er damit, dass auch er Professor Owen’s Präpa- rat in „Surgeons Hall“ besichtigt habe „welches deutlich zeigt, dass kein Zusammenhang zwischen den Pharynx und diesem vermeintlichen Kehlsack stattfindet.“ Dr. Crisp hat mich seitdem davon benachrichtigt, dass er noch zwei oder drei Trappenhähne untersucht, jedoch stets die- selben Resultate gefunden habe. Nach Vergleichung aller dieser verschiedenen Ansichten, die ich hier zusammengestellt habe, gelangte ich zu der so nahelie- genden Vermuthung, dass der Glaube an dieses geheimnissvolle Organ voreilig aufgegeben sei, und trachtete nun nur um so mehr danach, selbst einmal die Sache zu ergründen. Ich hielt desshalb die Untersuchung eines wirklich recht alten Hahnes für höchst wün- schenswerth, und zwar in einer Jahreszeit, wo diese Organe am meisten entwickelt zu sein pflegen; da aber unsere einheimische Trappen -Race bereits ungefähr seit 1838 ausgerottet ist, so war es gar nicht eben leicht ein Exemplar ganz nach Wunsch zu be- kommen. Endlich erhielt ich durch eines Freundes Güte am 15. März 1858 ein prachtvolles altes Männchen von Otis tarda , das wenige Tage zuvor bei Leipzig erlegt und mir mit der grösst- möglichen Eile übersandt worden war. Dasselbe wog 23 1 Pfund und kam in ausgezeichnetem Zustande an. — Mit der grössten Besorgniss sah ich unter die Zunge, — keine Höhlung war sichtbar, ich nahm eine Sonde, — keine Oeffnung er- schien. — Misstrauisch auf meine eigenen Sections-Künste eilte ich damit nach London und holte Herrn A. D. Bartlett noch zur 10* 148 Alfred Newton: Hülfe herbei. Sie kennen ihn ja längst diesen praktischen und sorgfältigen Beobachter; wir fingen zusammen abermals an nach einer Oeffnung unter der Zunge zu suchen und kamen doch schliesslich wieder zu der Ueberzeugung, dass bei diesem Vogel wenigstens sie nicht vorhanden war. Dann begann Bartlett den Hals zu enthäuten — nicht von vorn, sonst würden wir in den Kehlsack geschnitten haben — sondern an der Seite von der Achselgrube nach dem Mundwinkel hinauf, und legte so an beiden Seiten die Haut bloss — aber nichts einem Sacke Aehnliches war zu sehen. Alsdann trennten wir die Luft- und die Speiseröhre los und schnitten sie vom Kopfe ab; und nun war es ja leicht, vermittelst einer Blase- röhre den Leib durch den Aesophagus aufzublasen — durch die Trachea gelang es uns nicht, da die Luft durch ein zerbrochenes Flügelbein entschlüpfte — aber indem wir durch erstem bliesen, konnten wir den ganzen Leib und den Hals wunderschön an- schwellen lassen. Darauf entfernten wir die Haut von dem gan- zen Halse und dann vom ganzen Körper; der erstere war ganz mit Zellengeweben auf eine sehr bemerkenswerthe Weise beklei- det, dieselben waren sehr zart und lagen so dicht unter der Haut, dass wir sie sogar bisweilen beim Entfernen der Feder- wurzeln durchschnitten. Als wir eine Blaseröhre in eine der so zufällig entstandenen Oeffnungen des Zellengewebes brachten, entstand bald eine kleine Blase, die sich bei Anwendung grösse- rer Kraft zu einem fast 3 Zoll langen Beutel steigerte. Wir fan- den diese Eigenthümlichkeit an jedem Theile des Halses, aber nach zwei oder drei Versuchen war es uns klar, dass keiner dieser so gebildeten Beutel an und für sich existirte, sondern dass dieselben vielmehr nur durch das vermittelst des Luftdruckes hervorgerufene gewaltsame Zerreissen der . feinem Häutchen ge- bildet waren. Ein oder zwei Mal entstand bei dem Auf blasen dieser Zellengewebe eine Art von Sanduhrform (wie sie Nau mann beschreibt), gewöhnlich aber waren die Beutel an der Spitze weiter als am Boden. Diese Untersuchung dauerte drei bis vier Stunden, bis zuletzt die Häutchen so trocken wurden, dass wir schliesslich nur mit grosser, Schwierigkeit ein kleines Häufchen von Blasen so auf blasen konnten, dass wir es als Probe-Exem- plar präparirt aufheben konnten. Ich kann Ihnen in der That { aufrichtig versichern, dass, wenn ich neben dem Wunsche der Wahrheit auf den Grund zu kommen, noch ein Vorurtheil hegte, I Der Kehlsack der grossen Trappe. 149 dasselbe sicherlich für die Existenz des Kehlsackes sprach, und ich bin fest überzeugt, dass Bartlett sich nach Kräften die grösste Mühe gab, denselben zu finden. Ich hatte ihm Vieles erzählt, was darüber geschrieben, und Vieles , was ich darüber gehört, unter andern auch eine Mittheilung, die mir ein Freund, Mr. John Scales, gemacht hatte, dahin nämlich, dass er vor vielen Jahren, als er noch in diesem Theile England’s wohnte einen ausser gewöhnlich grossen Trappenhahn*) erhalten, „aus dem er den Kehlsack herausgeschnitten habe.“ Wie Sie wissen, hat Bartlett jetzt die Stelle eines Superintendenten der Gärten unserer zoologischen Gesellschaft zu London, und da ich wusste, dass derselbe seitdem andere Gelegenheiten zu Beobach- tungen gehabt hatte, wandte ich mich an ihn mit der Bitte, mich mit den Resultaten derselben bekannt zu machen. Soeben nun erhielt ich von ihm folgende Antwort; „Das Interesse, welches ich an der Existenz oder Nicht- Existenz des Kehlsackes bei der grossen Trappe nahm, hat mich natürlich zur sorgfältigsten Untersuchung aller Vögel dieser Art veranlasst, die mir unter die Hände kamen. Ungeachtet meiner Erfolglosigkeit — und ich muss wohl hinzufügen, meines Ver- drusses — bin ich jedoch der Meinung, dass es eben so unklug als unpassend sein würde, das gelegentliche Vorhandensein eines von dem, das ich gefunden, etwas abweichenden Organs zu läug- nen. Das schöne alte Männchen, welches Sie im März 1858 er- hielten, und bei dem wir weder eine Oeffnung unter der Zunge noch einen natürlichen Kehlsack irgendwo erspähen konnten, zeigte bei der Untersuchung eine Structur des Zellengewebes, die leicht zu einer Aehnlichkeit mit derjenigen gebracht werden konnte, welche ältere Schriftsteller so sorgfältig beschrieben haben. Seitdem habe ich noch zwei andere Männchen zu seciren Gelegenheit gehabt; eines davon am 14. Februar 1861. Dr. Albert Günther, Dr. Sclater und Herr E. W. H. Holdsworth waren dabei zugegen. Der Vogel war ein grosses Männchen, kein altes, aber anscheinend im zweiten Jahre, da die Bartfedern bereits etwas entwickelt waren. Die sorgfältigste Unter- suchung, die ich zusammen mit den oben genannten Herren vornahm, liess uns keine Oeffnung unter der Zunge entdecken. Von diesem Umstand hinlänglich über- •) Derselbe ist jetzt eine der Zierden des Norwich-Museum’a. 150 Alfred Newton: zeugt, machten wir einen Einschnitt in die Haut vom Mundwinkel herab, und fanden, wie bei dem Exemplare, welches ich damals mit Ihnen untersuchte, dieselbe Menge zarter Häutchen über den andern Theil des Halses und der Kehle ausgebreitet. Vermittelst einer Blaseröhre konnte jede beliebige Anzahl von Zellen auf- geblasen werden, deren Wandungen bei einiger Kraftanstren- gung nachgaben und so eine oder mehrere Höhlungen oder Beu- tel bildeten. Während dieser Untersuchung stritten wir uns darüber, wodurch diese Häutchen im Leben geweitet würden, ob durch Muskel - Erweiterung oder durch Aufblähung; und ich muss in der That zugeben, dass mir dieser Umstand seitdem einer weit grösseren Berücksichtiguug werth erscheint, als ich ihm an- fangs zugestehen wollte. Am 21. Februar 1861 untersuchte ich dann einen zweiten schönen grossen Trappenhahn von ungefähr demselben Alter und erhielt genau dieselben Resultate wie zu- vor. Nach diesen Erfahrungen kann ich nun nur die einzige Vermuthung als ein Auskunftsmittel für die Erklärung des Vor- handenseins eines Sackes im Vorderhalse aüfstellen, dass bei dem Männchen einige der die Kehle umgebenden Häutchen bis- weilen bei der ausserordentlichen Spannung zerreissen, welche bei den heftigen Paroxysmen, denen diese Vögel beim Nahen der Brützeit unterworfen sind, einzutreten pflegt. Ich habe es oft gesehen, wie sie dann die Kehle zu einer ausserordentlichen Aus- dehnung weiten und die Flügel bis zur Erde senken, während sich die Spitzen der Schwingen über dem Rücken kreuzen. In dieser verzerrten Stellung stürzen sie auf einander zum Angriff los, und da Hesse sich wohl mit Grund die Vermuthung aufstellen, dass in einem solchen Augenblicke jene zarten Häutchen nach- geben und so die so viel besprochene abnorme Bildung im Halse der alten Männchen hervorbringen könnten.. Als einen fernem Beweis für die Wahrscheinlichkeit dieser Erklärung möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die grosse Verschiedenheit der Form und Gestalt jenes sogenannten Kehlsackes lenken, wie sie von den verschiedenen Beobachtern angegeben wird. Auch würde sich, falls meine Hypothese sich als richtig erwiese, die darin gefundene Flüssigkeit als ganz natürlich und nothwendig heraus- steilen.“ — Ausserdem hat mir Dr. Günther noch seine Beobachtungen über die Section eines jener Exemplare mitgetheilt, bei der er nach Bartlett’s Angabe zugegen war. „Es war ein altes Männ- Der Kehlsack der grossen Trappe. 151 chen“ sagt er, „wie wir am Gefieder und an den Testikeln sahen. Es war bei ihm keine Spur von einer Oeffnung unter der Zunge oder von einem eigenthümlichen mit dem Munde in V erbindung stehenden Sacke zu finden. Der Aesophagus erweiterte sich in eine weite Höhlung, das Zellengewebe zwischen dem Aesophagus und der Trachea und in der Gegend oberhalb der Furcula zeigte keine grosse Abweichung von der bei andern Vögeln vorliegenden Entwickelung.“ Dr. Günther, glaube ich, stimmt nicht ganz der Glaubwürdigkeit jener geistreichen Ver- muthung Bartlett’s bei, sondern er fährt dann fort: „Es ist mög- lich, dass bei einigen, ja vielleicht bei den wenigsten Männchen ein diesem Geschleckte eigentümliches sackähnliches Organ ge- funden wird, bei andern hingegen nicht; und ich möchte gegen- wärtig von dem einzigen Exemplare, das ich gesehen habe, nur den Schluss ziehen, dass der Sack nicht bei allen Männ- chen constant gefunden wird.“ — Ich glaube nun hinlänglich gezeigt zu haben, dass die neuern englischen Ornithologen ihre Untersuchungen keineswegs in der ihnen von Herrn Dr. Gloger zugeschriebenen Art und Weise aus* geführt haben. Sie haben vielmehr dieselben in allen Fällen damit begonnen, dass sie zuerst nach der Oeffnung sahen, welche unter der Zunge existiren soll. Wenn sie diese nicht fanden, so war es sicherlich nur aus dem Grunde , weil in den von ihnen untersuchten Exemplaren keine vorhanden war. Dass diese Exem- plare aber nicht sammtlich junge unentwickelte Vögel waren, ist ebenfalls klar, und könnte ich, falls noch ein weiteres Zeugniss dafür verlangt würde, nur auf jene schöne Abbildung Wolfs (Zool. Sketches, p. 45) hin weisen, welche nach einem Exemplare unseres zoologischen Gartens entworfen wurde, das später zum Gegenstände einer der oben erwähnten Untersuchungen geworden ist. Niemand, der diese Abbildung sieht, welche das Männchen der Otis tarda in dem ganzen Stolze des Hochzeitskleides darstellt, kann bezweifeln, dass das Original ein wirklich ausgewachsener und völlig entwickelter Vogel war, den der naturgetreue Stift jenes grossen Künstlers hier verewigt hat. Nur ein Beweisstück will ich noch anführen. — Lange ist es in unserem Lande bekannt gewesen, dass bei dem Tode John Hunter’ s im Jahre 1793, dessen Manuscripte in die Hände Sir Everard Home’s übergingen, welcher sie später, nachdem er ihnen manche Gedanken entlehnt, verbrannte; glücklicherweise jedoch 152 Alfred Newton: Der Kehlsack d. gr. Trappe. nicht eher, als bereits Clift eine grosse Anzahl derselben copirt hatte. Bei dem Tode dieses Mannes kamen jene Copien in den Besitz Professor Owen’s, welcher sie in diesem Jahre sämmtlich veröffentlicht hat. In diesem Werke (Essays and Observations on Natural History, II. p. 300—301) findet sich folgende Stelle: „Der Trappenhahn hat einen sehr dicken Hals uud lange haarige Federn unter der Kehle. Am Yordertheile des Halses, der weiter als der mittlere hinabreicht, ist ein grosser Sack, so gross wie der dicke Theil eines Mannsarmes, er endigt unten in einem blinden Beutel, hat aber eine Oeflfnung am obern Ende vom Munde her. Diese Oeffnung fasst drei oder vier Finger; sie liegt unter der Zunge, und scheint das Frenum linguae hinein zu münden, auch scheint sie einen Schliessmuskel zu haben. Wozu dieser Sack dient, weiss ich nicht. Bei einem jungen, etwa ein und einhalbjährigen Trappenhahn, existirte derselbe nicht; und wird es daher fraglich, ob derselbe vom Alter abhängig ist, oder nicht.“ Diese Frage scheint augenblicklich ihrer Entscheidug noch ebenso fern zu sein, als sie es zu Hunter’ s Zeiten war, und müssen wir ihre endliche Lösung den Ornithologen und Anatomen der Länder überlassen, in denen Otis tarda noch häufig vorkommt. Ihre Erledigung fordert schon die Ehre der Naturwissenschaft. Wir haben in unserm Lande jedenfalls Alles gethan, was zu dem Ende geschehen konnte, aber die Schwierigkeiten, eine hinrei- chende Menge frischer Exemplare zu erhalten, sind so gross, dass die englischen Naturforscher gewiss Entschuldigung finden Wenn sie später den Untersuchungen Anderer nachfolgen sollten. In Deutschland liegt die Sache ganz anders; und hoffe ich, dass diese Bemerkungen, wenn ihnen die Ehre einer Stelle im „Journal für Ornithologie“ zu Theil wird, eine baldige Aufklä- rung der Wahrheit hervorrufen werden. Freilich werden nach meiner Ansicht getrocknete Präparate, wie das des verstor- benen Rammelsberg, worauf sich Dr. Gloger bezieht, keine sichere Ueberzeugung gewähren können. Wir haben solche bereits, wie ich oben zeigte, in England gehabt; ja, wir haben noch jetzt eines, und das von einem Vogel, welcher sicher- lich keinen richtigen Kehlsack besessen hat! Die Sache erfordert noch eben so viel Aufmerksamkeit und Prüfung, als je zuvor. Alle Naturforscher würden sich freuen, wenn ein wahrhaft wissen- schaftlich gebildeter und vorurteilsfreier MaHn — wie z. B. A. v. Homeyer u. Kössler : Athmen d. jungen Vogels im Ei, 153 Herr Professor G-iebel — neue Untersuchungen anstellte und deren Resultate veröffentlichte, der ja noch dazu, wenn ich nicht sehr irre, mitten in dem eigentlichen Herde des Verbreitungs- bezirks der grossen Trappe lebt. — Doch muss ich, bevor ich schliesse, noch zwei Fragen an Herrn Dr. Gloger stellen. Hat er nie von „Possen“ gehört, die selbst, wenn sie einen unterhal- tenden „Doppeltitel“ trugen, von den Zuhörern ausgezischt wur- den, weil der Autor einen zu schlechten Geschmack entwickelt hatte? Und hat er bei seinen Studien in „Ritter -Romanen“ nie jene Geschichte von einem Schilde gefunden, das auf der einen Seite golden, auf der andern von Silber war? Ich habe zu ihm das Vertrauen, dass er seine Antwort auf diese Fragen nicht bis nach der Vollendung seines grossen ornithologischen Werkes auf- schieben wird, das schon so lange erwartet worden ist. Ich verbleibe, mein lieber Herr Dr. Hartlaub, stets Ihr auf- richtiger Alfred Newton. Ueber das Athmen des jungen Vogels im Ei. Von A. v. Homeyer und Paul Kössler. Wenn wir den ausserordentlich entwickelten Zustand man- cher junger Vögel betrachten, in welchem sie das Ei verlassen, einen Zustand, der bei fast allen Hühnern, Wadvögeln und Schwimmern, als den sogenannten „Nestflüchtern“, so vollkommen ist, dass das Junge fast ohne Mutter sich weiterentwickeln und fortleben kann, — und wenn wir ferner erwägen, dass jede Ent- wickelung allmählig, nicht aber sprungweise verläuft, wie es ja in der Natur durchaus keine Sprünge giebt, so wird uns dieser hoch entwickelte Zustand des jungen Vogels nicht befremden können. Wir werden vielmehr zugeben müssen, dass es noth- wendig und naturgemäss ist, wenn er kurz vor dem Ausschlüpfen schon fast ebenso organisirt sein muss, wie unmittelbar nachher. Denn wir erkennen dann leicht, dass er fähig sein muss, bereits im Ei dieselben Funktionen zu verrichten, welche er im freien Verkehre mit der atmosphärischen Luft zu besorgen hat. Zu diesen Funktionen gehört aber vor Allem das Athmen. Doch, höre ich einwenden, — das ist keine nothwendige Folge: Das junge Säugethier ist oft schon ebenso vollkommen ausgebildet, und athrnet dessen ungeachtet nicht im Mutterleibe, wie dies die 154 A. v. Homeyer und P. Kössler: bekannte Lungenprobe bekundet. Das eben gesetzte Reh, oder gar die Gazelle, weiss mit Schnelligkeit der Mutter zu folgen und der Gefahr zu entrinnen. Hierauf antworte ich: Dies ist ein ganz anderer Fall. Frei- lich athmet das junge Säugethier vor seiner Geburt nicht: und es kann dies nicht, weil es bis dahin buchstäblich „im Wasser“, (nämlich in der Flüssigkeit der „Eihäute“) liegt; aber die Mutter, mit welcher es bis zur Geburt auf das Engste verbunden und fast Eins ist, athmet für dasselbe; oder wenigstens findet durch das Athmen der Mutter der erforderliche Stoffwechsel auch für das Junge mit statt. Dagegen ist das Yogel-Ei, also der Stoff zu dem künftigen, in ihm zu bildenden Organismus des jun- gen Vogels im Eie selbständig, sowie es den Legekanal verlässt, d. h. sobald es gelegt ist. Kann es uns hiernach befremden, dass dieses Junge, oder gleichsam schon das Ei selbst, athmen soll? Wir sehen ja, dass durch das Bebrüten ausserordentlich schnell ein sehr vollkommener Organismus sich zu entwickeln beginnt; und wir wissen nach Dr. Johannes Müller, dass selbst die Embryonen der Batrachier, so wie der der Haie und Rochen, äussere Kiemen zum Athmen im Wasser haben, und dass sogar die Embryonen der Mollusken durch drehende Bewegungen zu beweisen scheinen, dass sie durch die Thätigkeit ihrer Athem- organe schon Strömungen erregen. Betrachten wir demnach das Wesen des Eies, und stellen wir uns zuerst die Frage: Ob das Athmen in demselben überhaupt möglich ist? Da das Athmen auf einem gegenseitigen Austausche von Kohlensäure und Sauerstoff beruht, und da der Organismus, wel- cher da im Eie athmen soll, von der atmosphärischen Luft durch die Eischale getrennt ist: so ist zunächst die eigenthümliche Be- schaffenheit der Schale selbst zu untersuchen, um zu ermitteln, in wieweit sie einen solchen Austausch zweier verschiedener Luft- arten gestattet. 0. des Murs lässt uns in seiner Oologie ornithologique Fol- gendes über die Eischale wissen. Manesse sagt: der Stoff derselben ist nur eine kalkige Erde gleicher Art, wie die der Knochen ; nur enthält sie vielleicht nicht ganz so viel Phosphorsäure. Sie ist sehr reichlich im ganzen Vogelkörper vorhanden und macht z. B., dass zerbrochene oder Ueber das Athmen des jungen Vogels im Ei. 155 zerschossene Gliedmassen in sehr kurzer Zeit, und weit leichter als bei den Säugethieren, wieder verwachsen. — Nach Fourcroy enthält die Eischale 89 § kohlensauren Kalk und 5$ phosphor- sauren Kalk; Vauquelin behauptet, auch ein wenig Magnesia, Eisen und Schwefel in derselben gefunden zu haben. Die ein- zelnen, körnigen Massentheilchen, fgrains), welche aus der inni- gen Vereinigung dieser beiden Stoffe bestehen und die Körnung oder Krystallisationsmasse der Schale bilden, sind verbunden durch eine Art thierischen Leims, (glutin animal), und getrennt durch unzählige, oft schon mit dem blossen Auge sichtbare Zwi- schenräume. Diese Poren aber sind es, welche die Permeabilität der Schale bedingen, und eine gewisse gegenseitige Durchdrin- gung zweier Flüssigkeiten sowohl, als auch zweier Luftarten gestatten. Deshalb ist die Möglichkeit zu athmen vorhanden. Die zweite Frage dürfte sein: Liegen Beobachtungen vor, welche für einen wirkli- lichen Athmungsprocess des jungen Vogels bereits im Ei sprechen? Antwort: Ein frisoh gelegtes Ei sinkt im Wasser unter und legt sich der Länge nach auf den Boden; ein wenig bebrütetes sinkt zwar ebenfalls, bleibt aber stets aufrecht, mit dem dicken Ende nach Oben gekehrt, stehen; ein noch mehr bebrütetes verlässt den Bo- den und schwimmt mitten inne; ist endlich das Brütestadium be- reits ein sehr hohes, so schwimmt das Ei hoch oben. Man ersieht hieraus, dass das Gewicht des Eies in demsel- ben Masse abnimmt, wie das Brütestadium zunimmt. Diese Ab- nahme seines Gewichts nun lässt sich, da bekanntlich das Volu- men des Eies dasselbe bleibt, auf doppelte Weise erklären. Nämlich : sie geschieht entweder dadurch, dass ein Theil der Flüs- sigkeit, welche in dem Ei enthalten ist, verdunstet und durch die Schale entweicht; oder dadurch, dass andere Bestandtheile des Eies sich mit dem Sauerstoffe der atmosphärischen Luft verbinden, und dass das hieraus entstehende luftförmige Produkt in gleicher Weise durch die Schale entweicht; oder noch mehr dadurch, dass gleichzeitig Beides geschieht. Für die erste dieser Annahmen spricht der Umstand, dass das Eiweiss durch das Bebrüten eine dickere Consistenz erhält; für die zweite zeugt die Vergrösserung des lufterfüllten, nach Bischoff 156 A. v. Homeyer u. P. Kössler: Athmen d. jung. Yogels im Ei. sehr sauerstoffhaltigen , vom Fötus nicht eingenommenen Raums am dicken Ende des Eies, welcher von Leunis als eigentlicher Luft- und Athmungsbehälter genannt wird. Luft dringt also in das Ei und aus dem Eie; und es fragt sich nur, ob man diesen gegenseitigen Austausch von atmosphärischer Luft und von Luft- arten, welche sich durch eine theilweise Umsetzung der Bestand- teile des Eies erzeugen, einen Athmungsprozess nennen will und nennen darf, oder ob nicht. Wie sehr übrigens dieser gegenseitige Austausch nöthig ist und wie lebhaft er sein muss, beweist die Thatsache, dass ein Ei nur kurze Zeit mit Oel oder Firniss überzogen zu sein braucht, um vollkommen untauglich zur Entwickelung des Jungen zu wer- den: indem der so abgeschlossene Organismus erstickt; da dies auch bei ganz frischgelegten Eiern der Fall ist, so ersehen wir übrigens daraus, dass der Athmungsprozess im Ei sofort beginnt. Hiermit stimmt auch die fernere Thatsache überein, dass brü- tende Vögel dann und wann vom Neste Weggehen, oder eine Zeit lang stehend über den Eiern verharren. Beides thun sie offen- bar und instinktmässig, um den Eiern den ihnen dienlichen Zu- tritt von frischer Luft zu gestatten. Daher die Erfahrung, dass nicht selten die Eier faul werden, wenn Brutvögel gar zu fest sitzen, also diese Lüftung derselben verabsäumen: während es selbst bei kleinern Vögeln nicht schadet, wenn dieselben in offe- nen Nestern täglich stundenlang völlig kalt werden. Nunmehr kommen wir zur dritten Frage: Hat man ein wirkliches Athmen des Jungen im Ei beobachtet? Es ist eine jeder Bauerfrau bekannte Thatsache, dass junge Hühner etc. kurz vor dem Ausschlüpfen, und zwar ohne dass die Schale verletzt ist, piepen. Gloger schreibt mir darüber: Das Piepen gehört ja unter die allbekannten Dinge. Zum Piepen gehört aber das Athmen, und zwar das Ausathmen, welches wie- | der das Vorhandensein von Luft in den Lungen voraussetzt. Recapituliren wir demnach die vorstehende Auseinander- setzung, so haben wir kurz folgende drei Hauptpunkte: 1) die Möglichkeit zu athmen in Folge der Porosität der Eischale; 2) einen thatsächlichen Luftwechsel, erwiesen durch die Gewichts- ' abnahme.des Eies beim Brüten; und 3) ein factisches Athmen, bedingt durch das Piepen des Jungen innerhalb der noch unver- letzten Eischale. Glogau, den 11. März 1862. Dr. Hauck: Joh. Hein. Christ. Friedr. Sturm’s Nekrolog. 157 Job. Hein. Christ. Friedrich Sturm. Nekrolog. Herr Dr. Johann Heinrich Christian Friedrich Sturm wurde am 6. Februar 1805 in Nürnberg geboren. Sein ihm im Jahre 1806 (?) in die Ewigkeit vorangegangener Vater war Herr Dr. Ja- cob Sturm, seine schon im Jahre 1832 selig vollendete Mutter Frau Christiana Albertina Wilhelmina geb. Wagner. Schon früh entwickelte sich in* dem Sohne trefflicher Eltern, die demselben die sorgfältigste Pflege angedeihen Hessen, ein ausgeprägtes Künstler-Talent, so dass er schon in jenen Knabenjahren, die ge- wöhnlich mit kindlichen Spielen verbracht werden, Zeichnungen lieferte, die den künftigen Meister ahnen Hessen. Anfangs un- ter der Leitung seines Vaters, der es selbst in der Nachbildung naturhistorischer Gegenstände zur vollendeten Meisterschaft ge- bracht, später unter der des Directors Zwinger und Kupferstechers Gabler, widmete er sich von 1820 — 1828 als Eleve der hiesigen Kunstschule unter der Direcktion des trefflichen Reindel mit sol- chem Erfolge der ausübenden Kunst, dass er stets als einer der ausgezeichnetsten unter seinen Kunstgenossen sich hervorthat. Obwohl der Selige nie von der im engern Sinne so genannten „schönen“ Kunst sich trennte, namentlich im Portraitfache auch in späteren Jahren die Seinigen durch vortreffliche Leistungen erfreute: so wandte er sich doch auf Anregung seines im natur- historischen Fache mit ausgezeichnetem Erfolge wirkenden Va- ters jener Kunstphäre zu, der er ebenso reiche Begabung als rastlosen Eifer entgegenbrachte. Wohl ein liebliches Bild entrollt sich im Geiste derjenigen, die Zeuge sein durften jenes einmüthigen Zusammenwirkens des Vaters und der beiden Söhne, alle vereint im Dienste der Kunst und Wissenschaft, und doch in die Arbeiten sich theilend, je nach- dem Talent und Neigung sich entschieden. So ward der Ver- ewigte ein treuer Mitarbeiter an seines Vaters klassischem Werke: „Deutschlands Fauna,“ da er sich vorzugsweise von zoologischen namentlich entomologischen Studien angezogen fühlte, während der jüngere Bruder, Herr Dr. Johann Wilhelm Sturm, mehr den botanischen Studien sich hingebend, die Fortführung des von dem Vater begonnenen Werkes: „Deutschlands Flora“ unternahm. Auschliesslich und mit grösster Hingebung seinem Berufe sich widmend, verliess der Selige selten seine Vaterstadt. 1826 be- 158 Dr. H. Hauck: Joh. Heinr. gleitete er seinen allzufrüh vollendeten Freund, den Professor Dr. Wagler, nach München; 1832 folgte er einer Einladung des um die Naturwissenschaften verdienten Herzogs Paul von Würt- temberg nach Mergentheim. Das einträchtige Zusammenleben des Vaters und der beiden Söhne ward keineswegs getrübt, als sich die Brüder am 5. Febr. 1837 einen eigenen Hausstand gründeten, und der Selige seine nun tiefgebeugte Gattin, Frau Anna Margaretha Luise, geb. Zwin- ger, zur Lebensgefährtin sich erwählte. Den greisen Vater mit kindlicher Pietät pflegend, sich selbst mit brüderlicher Liebe umfassend, durfte das Brüderpaar wohl mit Recht als Beispiel jenes Schriftwortes gelten: „Wie fein und lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beisammen wohnen !u Nicht blos in wissenschaftlichen Arbeiten waren sie sich gegen- seitig Stützen, sondern auch in jenen Tagen, die jedes Men- schenleben aufzuweisen hat. Auch unseres Seligen sonst so glück- liches Familienleben erfuhr gar manche Trübung. Er musste den Schmerz erfahren, dass seine beiden einzigen Kinder, ein Töch- terchen schon nach einem Jahre und eine lieblich aufblühende Jungfrau von 16 Jahren, seine und der Mutter grösste Freude und Hoffnung, allzufrühe in das Grab sanken. Doch nie verliess den Seligen jenes Gottvertrauen, das gerade in den Tagen des Leides sich als die beste Tröstung und Stärkung erweist, und das ihn in den Stand setzte, seine tiefgebeugte Gattin, die jetzt so sehr vereinsamte, in ihrem grossen Schmerze aufzurichten, und obwohl selbst des Trostes bedürftig, zu trösten und zu ermun- tern. Was ihm an äusseren Freuden des Lebens versagt war, dafür fand er Ersatz in jenem stillen Wirken, von dem doch trotz all’ seiner Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit die Kunde weit hinausgedrungen war, und zu dessen Anerkennung ihm am 20. September 1848 die Akademie zu Gettysburg in Pennsylva- nien die philosophische Doktorwürde honoris causa ertheilte. Ehrend war ihm auch der Auftrag des als Naturforscher rühmlichst bekannten Prof. Naumann, den Schluss seines grossen Werkes: „Die Vögel Deutschlands “ in dessen artistischer Ab- theilung zu übernehmen, und noch in den letzten Jahren hatte der Selige die Freude, seine mit der grössten Sorgfalt durchge- führte Arbeit im Druck vollendet zu sehen. Früher schon hatte ein grosses Bildwerk von seiner Hand: „Die Ramphastiden“ ver- diente Anerkennung gefunden; des ungetheiltesten Beifalls aber Christ. Friedrich Sturm’s Nekrolog, 159 erfreuten sich seine wahrhaft mustergiltigen Käfer -Abbildungen, die wohl schwerlich übertroifen werden können. Doch nicht blos als zeichnender Künstler hat sich der Vollendete glänzende Ver- dienste erworben : auch als kunstsinniger Bildner hat er sich ein schönes Denkmal gesetzt sowol in den naturgetreu in Wachs ge- bildeten Conchylien, als in der herrlichen Naturaliensammlung, die, ein Werk Jahre lang fortgesetzten Fleisses zu den ersten Zierden seiner Vaterstadt mit Recht gezählt werden kann.*) Wie sehr auch competente Richter die Verdienste des Seli- gen zu schätzen wussten, das beweisen die Auszeichnungen, die ihm von Seite gelehrter Gesellschaften zu Theil wurden. So wurde er nach und nach theils zum ordentlichen, theils zum cor- respondirenden und Ehrenmitglied ernannt: von der Kaiserl. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Na- turforscher, „ „ Kaiserl. Gesellschaft der Naturforscher zu Moskau, „ „ General Union Philosophical Society of Dickinson Col- lege zu Carlisle in Pennsylvanien, „ dem entomologischen Vereine zu Stettin, „ der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammte Natur- kunde zu Hanau, „ dem zoologisch-mineralogischen Verein zu Regensburg, „ ,, Siebenbürgischen Verein für Naturwissenschaft in Her- mannstadt, „ der naturforschenden Gesellschaft „Isis“ zu Dresden, „ „ deutschen Ornithologen- Ge Seilschaft, „ „ naturforschenden Gesellschaft zu Bamberg. Doch wir würden die Wahrheit verletzen, wollten wir sagen, dass den Seligen nach solchen Auszeichnungen verlangt, oder dass er sich durch sie besonders befriedigt gefühlt hätte. Im Gegentheil — die Liebe, mit der er sich seinem Berufe widmete, fand ihre vollste Befriedigung in der Ausübung desselben, und keinem lag es ferner, als ihm, auf äussere Anerkennung allzu- hohen Werth zu legen. Wer den Seligen kannte, wusste, wie bescheiden er über sich selbst dachte, und wenn man in ihm den Künstler und Gelehrten hoch verehren durfte, so musste man in *) Vergl. „Dr. Sturm’s naturhistorisches Museum in Nürnberg“, Augs- burger Allgem. Zeitung 1860, p. 3174, (auch abgedruckt in Bonplandia, Zeit- schrift f. d. gesammte Botanik. VIII. N. 19 u. 20. [15. Oct. 1860] p. 317) und Dr. Carl Müller in Zeitung Natur N. 16. v, 19. April 1861, p. 127. 160 Dr. Hauck: Fried. Sturm’s Nekrolog. — Eingeg. Schriften. ihm den biederen Charakter, den treu besorgten Freund achten nicht minder als in Wahrheit lieben. Fern war es von ihm, sich über Andere zu erheben; Menschenfreund im wahren Sinn des Worts war er Allen zugänglich, gern bereit aus dem reichen Schatze seines Wissens mitzutheilen, sich an des Andern Freude mitzufreuen, und mitzutrauern, wenn dem Freunde Unglück be- gegnete. Ihm, der noch in rüstiger Arbeitskraft wirkte, der anschei- nend noch völlig gesund war, nahete der Tod unerwartet, unge- ahnet; eine Lungenlähmung machte am 24. Januar d. J. seinem theuern Leben ein Ende. Dr. H. Hauck. Nachrichten. An die Redaction eingegangene Schriften: (Siehe Januar-Heft 1862, Seite 79—80.) 417. Prof. Dr. H. Schlegel. De Kasuaris met een lei. Casuarius uniap- pencliculatus. (Met eene plaat.) — Yom Verfasser. 418. H. Schlegel. De Maleo. Megacephalon Maleo. (Met eene plaat.) — Yon Demselben. 419. Henry Bryant. Remarks on the variations of plumage in Buteo borea - lis and Buteo Harlani Aud. Boston 1861. — Yom Verfasser. 420. H. Bryant. Monograph of the Genus Catarractes. Boston 1861. — Yon Demselben. 421. Elliott Coues. A Monograph of the Genus Aegiothus , with descriptions of new species. (Proceedings of the Academy of Nat. Sciences of Phi- ladelphia 1861, p. 373 390.) — Yom Verfasser. 422. Dr. Ph. L. Sclater. Catalogue of a Collection of American Birds. Bog. XIII — XYI. (Januar u. Februar 1862.) — Yom Verfasser. 423. H. Masius. Die gesammten Naturwissenschaften. Für das Verständ- nis weiterer Kreise und auf wissenschaftlicher Grundlage bearbeitet von Düppel,. Gottlieb, Koppe, Lottner, Mädler, Masius, Moll, Nauck, Nögge- rath, Quenstedt, Romberg u. von Russdorf. Zweite, verbesserte und be- reicherte Auflage. II. Band. Essen, 1861. Druck und Verlag von G. D. Bädeker. — Yom Verleger. 424. Dr. D. Korth u H. Korth. Tauben- und Hühnerzeitung. Organ der gesammten Haus-Federviehzucht etc. Siebenter Jahrg. No. 4 - 12. (Fe- bruar u. März.) — Yom Herausgeber. 425. Dr. L. Buvry. Mittheilungen des Central -Instituts für Acclimatisation in Deutschland, zu Berlin. Dritter Jahrgang, 1862, No. I-IH. — Yom Central-Institut. Inhalt des II. Heftes. Original-Aafsätze : 1. ' Zusätze und Berichtigungen zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ (Fortsetzung.) Von Br. J. Gundlach 2. Zur Naturgeschichte des Girlitz, Fringilla serinus Lin. Von Alex, v. Homeyer . . . . . . 3. Noch etwas über den Girlitz. Von Br. Carl Bolle 4. Ueber Plautus impennis Brünn. Von William Preyer . . . . 5. Beitrag zur Fortpflanzungs-Geschichte des Tannenhehers, Nucifraga c arg o catactes. Von E. Schütt ...... literarische Berichte: 6. W. Me wes. Bie röthliche Färbung bei Gypaetus barbatus. Von Br. Gloger . . . 7. W. Me wes. Bie rostig - braunen Rückenfedern des Kranichs im Sommer. Von Br. Gloger Briefliche Mittheilungen, Oeconomisches und Feuilleton: 8. Aufforderung zu Beobachtungen über die Wanderungen der Kra- niche. (Auszug aus einem Briefe des Prof. C. Sundevall in Stockholm an Prof. W. Peters in Berlin.) 9. Ber Kehlsack der grossen Trappe, ( Otis tarda). Von Alfr. Newton 10. Ueber das Athmen des jungen Vogels im Ei. Von A. v. Homeyer und P. Kössler 11. Joh. Heinr. Christ. Friedr. Sturm. Nekrolog. Von Br. H. Hauck 134 135 Nachrichten : 12. An die Redaction eingegangene Schriften ......... 160 Berlin, Bruck yon Kornegg’s Buchdruckerei. JOURNAL Heft III. Cassel 1863 Yerlag von Theodor Fischer. LONDON, tüilltatns & Klorpte, 14, jjjenrtdta 5tmt, Couentgaröen. Ij, flaillatre, Hegent-5tr. 219, PARIS, 3t. Brandt, rue Ktfijeiteti, 67. 3.-ß. jßaiUim, flj ernte feuiU* 19. Liebr.d.l’acad. nat.de medec. NEW-YORK, ß. HPe|Ijrmattn & , zerspalten) zusammenfassen, es gehören ausser dem obigen hierher: 1. Ph. albirostris (Vieill.) — 2. Ph. Sclateri (Malh.) — 3. Ph. robustus (111. Licht.) Typus generis. — 4. Ph. rubricollis (Bodd. Gm.)] 138. Ceophlo eus scapularis. — Picus scapularis Vig. Zool. Journ. IV, 1829, p. 354. — Dry- ocopus scapularis Gray Gen. B. p. 436, no. 8. — Bonap. Consp. p. 133, sp. 9. — Sclat. Ibis 1859, p. 135, no. 232. — Campephilus leucorhamphus (Licht.) Rchb. Handb. p. 393, no. 906. cum. tab. Carpintero; Mas. et fern. v. Frantz. Mas; Aguacate Gebirge, im August: HofFm. Die eingesandten 3 Exemplare sind grösser als die nördli- cheren mexikanischen, auch ist der Schnabel nicht mehr elfen- beinfarben, sondern bei zweien entschieden dunkel hornfarben. Hierdurch wird die Annäherung an den südamerikanischen line- atus sehr bedenklich. Während die mexikanischen und südame- rikanischen Vögel gut auseinander zu halten waren, scheint auch in diesem Falle, in dem geographisch dazwischenliegenden Costa Rica, eine Uebergangsform aufzutreten. Für lineatus bleibt im Ganzen noch der etwas längere dunklere Schnabel, etwas grössere Körperformen und das entschiedenere Weiss ohne die merkliche gelbe Beimischung unterm Flügel als Unterschied von den Costa- Rica- Vögeln. [Der von Prof. Baird für pileatus gebrauchte Gattungsname Hylatomus wird orthographisch richtig Hylotomus zu schreiben sein und kann dann leider (wegen Hylotoma Latr.) nicht in An- wendung bleiben. Statt dessen, oder als Unterabtheilung der Gruppe, falls pileatus für sich bleiben sollte, wende ich Ceophloeus an (von xm, spalten, und yAotdc, Rinde, )und rechne hierher: 1. C. lineatus (Lin.) Typus generis. — 2. C. scapularis (Vig.) — 3. C. erythrops (Cuv.) — 4. C. pileatus (Lin.)] (Fortsetzung folgt.) Dr. J. Gundl. : Zusätze u. Berichtig, z. d. „Beitr. z. Ornith. Cuba’s.“ 177 Zusätze und Berichtigungen zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ (In den früheren Jahrgängen dieses Journals.) Von Dr. J. Gundlach. (Schluss ; s. März-Heft, Seite 81 — 96.) No. 38 a. Culicivora Lembeyei Gundl. Mr. Lawrence sagt in. seinen „Observations“ zu meinem Auf- sätze: „Dr. G. sends no description of the female u. s. w., ich be- merke aber, dass das § dem in Färbung gleicht. r v No. 52 a. Rhimamphus caeruleus (Wils). Sylvicola caerulea Sw. Bon. Aud. Sylvia rara Wils. Bon. Aud. Nutt. jung oder §. Vermivora rara Jard. Sylvia azurea Steph. Bon. Aud. Nutt. Sylvia bifasciata Say. Ein hübsches Männchen ward zwischen Matanzas und Cardenas getödtet. "'VNo. 57 a. Helminthophaga chrysoptera ( Motacilla L. Gmel). Sylv. chrysoptera Lath. Wils. Bon. Sylvicola chrysoptera Bich. Vermivora chrysoptera (Sw.) Bon. Helinaia chrysopt. Aud. Hel- mitheros chrysopterus Cab. Motacilla flavifrons Gm. Sylv. flavi- frons Lath. Mein Freund Don Ramon Forns schoss ein Exemplar bei Habana. / No. 57 b. Helm. peregrina (Sylvia) Wils. Bon. Aud. Sylvia (Dacnis) peregr. Bon. Nutt. Sylvicola peregr. Rieh. Vermivora peregr. Bon. Helinaia peregr. Aud. Helmitheros peregrinus Bon. Helminthophaga peregrina Cab. „ Sylvia tennessaei Yieill“ Gray. S No. 58 a. Teretistris Fornsi Gundl. In meinen „Notes“ ist das Nähere angegeben. / No. 83 a. Nephocaetes collaris (Cypselus) Pr. Max. Ebenfalls in meinen „Notes“ beschrieben. / No. 83b. Nephocaetes niger. {Hirundo Gmel). Cypselus niger Gosse. Gundl. and Lawrence. Cypselus bo- realis Kennerly. Hirundo apus dominicensis Br., ebenfalls in mei- nen Notes beschrieben. S No. Sialia Sialis Baird. (Motacilla) L. Gm. Sylvia sialis Lath. Vieill. Wils. Doughty, Aud. Saxicola sialis Bon. Ampelis sialis Nutt. Rubecula carolinensis caemdea Br. Buff. (pl. enl. 396). Sialia Wilsoni Sw. Aud. (Birds of Am.) Erythaca (Sialia) Wilsonii Sw. et Rieh. Diese Art kam 1860 in grosser Anzahl zur Insel. Ich töd- Journ, f. Ornith,, X. Jahrg. Nr. 57, Mai, 1862. 12 178 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen tete einige und es wurden viele zum Verkauf auf den Marktplatz ; zu Habana gebracht. y 4 No. Protonotaria citrea Baird. (Motacilla) Boddaert 1783. Mniotüta citrea Gray. Motacilla Protonotarius Gm. Sylvia pro - tonotariä Lath. Vieill. Wils. Aud. Sylvia ( Dacnis ) prot. Bon. Ver- mivora protonot . Bon. PLelinaia protonot . Aud. Helmitheros protonot. Bon. Compsothlypis protonot. Cab."*) Ficedula canadensis major \ Br. Buff. (PI. enl. 704, f. 2). Ward einige mal im botanischen Garten zu Habana im April 1859 geschossen. Ich glaube ihn auch früher einmal gefehlt zu haben. v «Nö. J04a. Hyphantes oder Icterus spurius Bon. Aud. (Orio- lus) L. Gm. Oriolus varius Gm. Turdus ater Gm. Oriolus casta- neus Lath. (dieselbe Art als 0. varius Gm.) Turdus jugidaris Lath. (dieselbe Art als Turdus ater Gm.) Yphantes solitaria Vieill. (p. „ Pendidinus nigricollis Vieill. P. viridis Vieill.“ Oriolus mutatus Wils. Xanthornus affinis Lawr.> kleine Varietät von Texas. In mehreren Exemplaren im Jahre 1858 April, und I. Stück am Ende März 1860 bei Habana beobachtet und getödtet. S - - No. 109 a. Xanthocephalus icterocephalus Baird. Icterus icterocephalus Bon. Nutt. (nec Oriolus icteroc. L.) Age- laius icteroc. Cab. Icterus (Xanthornus) xanthocephalus Bon. Ict. xanthoc. Aud. Agelaius xanthoc. Sw. Bon. Aud. Newberry. Age- laius longipes Swains. Psarocolius perspicillatus „Licht.“ Wagler 1 und Ict. persp. „Licht.“ Wagl. Xanthocepli. persp. Bon. (Consp.) Icterus frenatus Licht. Beinh. Am 2. Mai 1858 waren einige Stücke auf dem Markte zu Habana. F P No. 145 a. Melopelia leucoptera Bon. (Columba) L. Gm. Wagl. M’Call. Zenaida leucoptera Gray Gm. Turtur leucopterus Gosse. ? Col hoitotl Gm. Columba Trucleaui Aud-. Eine gemeine Taube an der Südküste im östlichen Departe- mento der Insel, aber nie im westlichen odeT centralen gesehen. Sie lebte bei Buyamo an den Flussufern am Cabo-Cruz, bei San- tiago de Cuba und Guantänamo an der Seeküste. Im Inneren des Waldes oder in fruchtbaren Ländereien habe ich sie nie ge- *)' So schreibt Baird in Beport und nach ihm Sclater; im Museum Hei- neanum (I. p. 20, nota 1), steht jedoch B elminthophaga Protonotarius. Baird bezog die Note durch ein Versehen auf die Gattung Compsothlypis und scheint hierin auch der Grund zu liegen, dass dessen Gattung Protonotarius von Hel - minthophaga entfernt und neben Compsothlypis gestellt wurde*; Cab. zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 179 sehen, auch nicht an der Nordküste des östlichen Departementes. Ihre Lieblingsnahrung sind Saamen von Yatropha curcas. Ich bemerkte in meinem Tagebuche, die zweite Schwinge ist die längste. Altes cT Schnabel schwarz. Wachshaut etwas bräunlich, Füsse mit carminrothen Schuppen, deren Zwischenräume rosen- farbig weiss. Lorum und Augenkreis türkenblau zur Heckzeit, mehr graulich zur anderen Zeit. Augenstern lebhaft ockerfarbig, oder gelbroth zur Heckzeit. Am Jungen ist der Schnabel blasser, die Füsse sind röthlich braun, die Wachshaut bräunlich, der Augenstern hasselbraun oder bräunlich ockerfarben. Der junge Vogel gleicht im Gefieder dem alten, er hat aber die Farben weniger rein und die grösseren Deckfedern der zehn ersten Schwingen und die Federn des Afterflügels mit weisslichem Saume. Die Seiten des Kopfes und Halses sind graubraun und der schwarze Fleck an den Halsseiten ist weniger begrenzt und ohne Metallschimmer. Länge des (T 0,308 Flugweite 0,482 Schwanzlänge 0,108 millimtr. „ „ ? 0,288 „ 0,474 „ 0,104 „ Die Flügelspitze ist von der Schwanzspitze 0,062 mill. entfernt. y'-h No. 215 a. Dendrocygna viduata (Anas) L. Am Palmsonntage des Jahres 1859 wurden bei Santiago de Cuba 23 Stück von einem Schwarme getödtet, von denen ich leider nur eine Probe erhielt, die übrigen waren auf dem Markte verkauft worden. Später im Juni tödtete mein dortiger Freund und Schüler ein altes schönes Männchen und sandte es mir aus- gestopft. 2 Schnabel schwarz, mit einer hellbleifarbigen Quer- binde hinter dem Nagel. Sie erstreckt sich jedoch «nicht bis zu den etwas angeschwollenen Schnabelrändern. An einem 2 war auch die weiche Haut der Nasenlöcher bleigrau. Schnabel unter- her wie obenher, nur bildet die Querbinde einen Halbkreis. Beine bleigrau, an einem mit schwarzen Schildchen vor dem Tarsus und auf den Zehen. Augen sehr dunkelbraun. Länge des 2 0,473, Flugbreite 0,872, oder beim anderen Exemplar 0,885, Schwanz 0,070. Flügel vom Flügelbug zur Spitze 0,230. Die Flügelspitze um 0,010 mill. kürzer als die des Schwanzes. t No. Oceanitis Wilsoni&on. oder Thalassidroma Wilsoni Bonaparte. Procellaria pelagica Wils, nec L. „Pr. oceanica Kühl“ Gray. Th. Wilsoni Bon. Aud. Schon seit langer Zeit hatte ich den 12* 4^ 180 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen Glauben , diese Art komme auch an den Küsten Cuba’s vor, — und obgleich Don Andrds Poey in seinem Kataloge diese Art anführte, sie aus des Herzog’ s erstem Verzeichnisse entnehmend, so wollte ich dennoch erst Gewissheit haben. 1858 am ersten Pfingstfeiertage , kehrte ich vom Cabo-Cruz nach Santiago de Cuba zurück. Etwa eine Stunde weit vom Hafen flogen 9 sol- cher Sturmvögel nur wenige Ellen weit hinter dem Schiffe her. Ich sättigte mich mit der blossen Ansicht, denn da das Schiff kein kleines Boot hatte, um den getödteten Vogel aufzunehmen, wollte ich auch keinen tödten. — Eigentlich kann ich nicht sagen, dass diese Art die beobachtete ist, jedoch muss man solches an- nehmen, da die drei nordamerik. Arten folgendes Vaterland an- gemerkt haben. Thalassidroma ( Oceanodroma ) furcata. Küste von Oregon u. rus- sischem Amerika. — — Hornbyi. Nordwestküste v. Amerika. — (Thalassidroma) Leachii. Atlant. Küste von Massa- chusetts bis Baffinsbay. — — melania. Küste von California. — (Oceanitis) Wilsoni. Atlant. Küste vom Golf von Mexico bis Baffinsbay. — (Procellaria) pelagica. Atlant. Küste Bank v. New- foundland. Fregetta Lawrencii von anderer Färbung als die beobachtete. Küste von Florida. Auch hat Wilson geradezu Cuba angegeben: „The Stormy Petreis breed in great numbers on the rocky shores of the Ba- hama and the Bermuda’s Islands and in some places on the coast ol East Florida and Cuba.“ Ich stehe also nicht an, diese Art als sicher aufzunehmen. Tags vorher sah ich auch südlich vom Turquinoberge, nahe beim Lande, zwei Stück fliegend. No. Rhyncops (und nicht Rhynchops ) nigra L. et autores. Auch diese Art vermuthete ich als Bewohner der Küste oder der Inselchen bei Cuba. Endlich 1858 erhielt ich Sicherheit. Ein Pilot von Manzanillo fand zwischen Manzanillo und Santa Cruz an der Küste etwa 20 Stück fliegend über eine salzige Sumpfgegend. Er schoss ein Stück, beschrieb mir die Farbe und wollte mir noch den etwas zerstörten Schnabel vorzeigen. Da er jedoch die Eigentümlichkeit des Schnabels und das Ge- zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s“ 181 fieder richtig angab und zudem den Beweis im Vorzeigen des Schnabels geben wollte, und er als einfacher Seemann kein In- teresse an einem Betrüge haben kann, so nehme ich diese Art ebenfalls in den Katalog auf. Der Schnabel war leider von der Familie als unnütz weggeworfen. Mein Rath an Personen, die nicht ausstopfen können, ist, mir bei Vorkommen unbekannter Vögel den Kopf oder andere Theile zu verwahren und zu schicken. So erhielt ich einen Kopf, den ich nur für _ 4- No. Turdus ( Planesticus Bp. 1854) migratorius L. halten konnte. Ein Schwarm des fraglichen Vogels kam nach dem west- lichen Theile der Insel zur Südseite und wurde dort getödtet und gegessen. Die Art ist jetzt identificirt; ich fand ein Exem- plar in einer Sammlung eines meiner Schüler, welches er vor etwa zwei Jahren auf dem Markte zu Habana kaufte, wo mehrere sich befanden. 1 No. 195 a. Aegialitis tenuirostris. In Guantänamo fing ich auf dem Neste einen Charadrius, völlig dem melodus gleich, aber mit einem schlankeren Schnabel wie bei vociferus. Mr. Lawrence, dem ich die Vögel zur Ansicht sandte, hält ihn für verschieden von melodus und nennt ihn tenuirostris. Die Art ist kleiner, Flü- gel und Schwanz abweichend gezeichnet. Ich besitze das brütende Weibchen, von dem ich die Eier nach Cassel sandte. Verwilderte Arten von Vögeln sind: Numida meleagris Linn. An verschiedenen Orten, besonders aber im östlichen Theile der Insel, weil viele Kaffeepflanzungen von den Eigenthümern verlassen wurden, um neue Pflanzungen an besseren Orten anzulegen. Somit blieben Perlhühner zurück, die sich nun sehr verwildert haben. Fringilla domestica Linn. Bis jetzt, wie es scheint, nur in Habana und ihren Vorstädten. Hat sich seit mehreren Jahren in unglaublicher Anzahl vermehrt, und verbreitet sich stets mehr nach aussen. Fnngilla carduelis Linn. Vor mehreren Jahren war ein Schwarm dieses Vogels nistend im botanischen Garten, am Fusse der Festung El Principe, scheint aber jetzt weggefangen zu sein. Ich sehe keine mehr. 182 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen Anmerkungen über die im Kataloge angewandten Genusnamen. Die io Klammern Vorgesetzten Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Species des Katalogs, (im September -Hefte 1861, S. 322 u. ff.,) welcher der betreffende Genusname vorgestellt ist. (38) Mr. Baird sagt Culicivora Swains. Class. Birds II. 1837, 243 type C. atricapilla. Not Culicivora (type stenura) of Swains. Zool. Journ. III. 1827, 359. Er nimmt also als Genusname Polioptila Sclater Pr. Zool. Soc. 1855, 11, type Motacilla caerulea an. (39) Mr. Baird sagt Seiurus Swains. Zool. Journ. III. 1827, 171 (sufficiently distinct from Seiurus ) type Motacilla aurocapilla L. Henicocichla Gray List of Genera 1840; also wohl besser der Name Seiurus. [Die alten Griechen schrieben aber Seisura und Vigors wandte diesen Namen für eine Gattung der Muscicapidae an. Cab.] (44) Mr. Baird sagt Myiodioctes Aud. Syn. 1839, 48 type Mota- cilla mitrata. Wilsonia Bon. List 1838 (preoccupied in Bo- tany) — Myioctonus Cab. Mus. Hein. 1850, 18. (46) Sylvicola Gray Genera Birds 2. ed. 1841 , 32 (not of Hum- phreys nor Swains.). Dendroica Gray Genera Birds, appendix 1842, 8. Rhimamphus Hartl. Rev. Zool. 1845, 342 (not of Rafinesque Amer. Monthly Mag. 1818 and Jour, de Phys. 1819. (60) Chloris Boie Isis 1826, 972 (not of Moehring 1752) type Parus americanus. Sylvicola Swains. Zool. Journ. III. July 1827, 169 same type; (not of Humphrey. Landschnecke.) Panda Bon. Geogr. and Comp. List, 1838, same type. — - Compsothlypis Cab. Mus. Hein. 1850—51, 20 same type. (63) Pyranya Vieill. Ois. Am. sept. I. 1807, IV. — ibidem Ana- lyse 1816, 32. Sclater Pr. Zool. Soc. 1856, 123. Phoeni - soma (Cab. schreibt Phoenicosoma) Sw. CI. Birds 11.1837, 284. (75) Sayornis Bon. ?Ateneo italiano 1854 — ib. Comptes Rendus 1854, Notes Orn. Delattre. Aulanax Cabanis Journal für Ornith. 1856, type nigricans. (77) Ampelis L. Syst. Nat. 1735 type A. garrulus. Bombycilla Vieill. Ois. Am. sept. I. 1807, 88 type B. cedrorum. (97) Guiraca Swains. Zool. Jour. III. Nov. 1827, 350 type Loxia caerulea L. zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 183 Coccoborus Sw. Class. Birds II. 1837, 277, some type. (98) f Goniophea Bowdich „Excursions in Madeira 1825“ Ägassiz type Loxia lucloviciana L. according to Gray. — Habia Rei- chenbach Av. Syst. nat. 1850 plate XXVIII. type Loxia lu - doviciana L.; not. Habia Lesson 1831. — Hedymeles Cab. Mus. Hein. 1851, 153 same typus. (103) Mr. Baird sagt als Einleitung der Subfamilie Icterinae: „in studying the North- American Orioles I have found it excee* dingly dilficult to arrange them in any sharply defined sect- ions as whatever characters be taken as the basis of Classi- fication, the other features will not correspond. Thus, spe- cies with the bill of the same proportions and amount of curvature differ in the shape and graduation of the tail, while tails of the same form are accompanied by entirely dissimilar bills and wings. The bill is sometimes much atte- nuated aud decurved, as in cucullatus, while in melanoce - phalus and baltimore it is stouter and straighter. The tail is usually much graduated; in I. baltimore and Bullockii it is only moderately rounded. These last mentioned species constitute the genus Yphantes etc. Nachher sagt er: In view ot the difficulties attendant upon the definition of subordin- ate groups among the United States Icterinae , I propose to consider them all under the single genus Icterus leaving it for some one with a fuller series of specimens at his ^ command to establish satisfactory divisions into genera. (119) Im Journal belässt Cabanis die Art Helenae, da er sie nicht kannte, beim Genus Orthorhynchus. — In Reports führt die sehr ähnliche Art Anna den Genusname Atthis. Reichen- bach. Cab. Journ. f. Ornith. Extraheft für 1853, App. B, (123) Mr. Baird setzt Picus varius zum Genus Sphyrapicus Baird. Pilumnus Bon. Consp. Zygod. Ateneo Italiano, May, 1854, (type Picus thyroideus). (141) In Reports steht die Art martinica im Genus Oreopeleia Reichenbach, Handb. der spec. Ornith. I., 1851, S. XXIV. type Col. martinica. Mr. Baird sagt aber „this genus is placed by Bonaparte as a subgenus of Geotrygon of Gosse. (146) Obgleich Mr. Baird Perissura Cab. kannte, hat er doch Ze~ naidura beibehalten. [Der Genusname Zenaida , als Stamm- wort, ist zu Ehren einer Frau creirt! — Sapienti sat. Cab.] 184 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen (151) In Reports werden die Arten anders vertheilt, nämlich: A. Ardeae , B. Botaureae und C. Nycticoraceae. Erstere zer- fallen wieder in Middle of back with elongated plumes, their fibrillae distant. Demiegretta. Plumes straight, fastigiate depending and elongated. Feathers of the head and entire neck lanceolate, narrow and well defined (in this differing from all our other genera). Toes very short the lateral not more than half the tarsus (a character entirely peculiar to this genus). Spe- cies Pealii, rufa, ludoviciana. Gar zetta. Plumes reaching about to the tail recurved at the end; the fibrillae horizontal but not fasti- giate. A full occipital crest, and lower part of the throat with similar plumose feathers, the fibril- lae festigiate. Color. white. Species candidissima. Herodias. Plumes reaching beyond the tail straight fastigiate, depending. Head perfectly smooth. Spe- cies Egretta. Back without elongated plumes, Scapulars usually elongated. Ardea. Occiput with greatly lengthened feathers, rea- ching far beyond the occipital crest. Scapulars equal to the tertials. Sp. Herodias , Würdemanni. Audubonia. Head without much lengthened feathers. Scapulars scarcely elongated. Species occidentalis. Florida. Head with occipital feathers moderately elon- gated; the webs decompounded; those of lower throat, lanceolate. Scapulars longer than the tail. Lower outline of bill nearly straight. Sp. caerulea. (157) Butorides Blvth 1849 type Ardea javanica Horsf. — Ocni- scus Cab. 1856. (160) ( Botaurus ) lentiginosus {Ardea Montagu) Orn. Dict. suppl. 1813, minor {Ardea Wils.) Am. Orn. VIII. 1814, 35, pl. LXV. Also besser ist lentiginosus als minor. (161) Nyctiardea Swains. Classif. Birds II. 1837, 354 type Ardea nycticorax L. — Nycticorax Stephens. Shaws Gen. Zool. XI. 1819, 608 same type, not of Moehring 1752. (174) Mr. Cassin sagt in Reports Glottis Nilsson Orn. Suec. 1817 type Scolopax glottis Linn. (Gray) und fügt hinzu „the genus Glottis differs very little from the American Gambetta and 185 zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ all their species might very appropriately be combined in a single genus Glottis. (176) Cabanis gibt der Art im Journal den Namen Totanus chlo- ropygius, besser scheint mir Rhyacophüus solitarius. Rhyacoph. Kaup. Sk. Entw. Europ. Th. 1829. type Tringa glareola L. (177) Tringoides Bon. Saggio di una dist. etc. 1831, type Tringa hypoleucus L. Actitis Boie Isis 1822, 560. Not of Illiger Prodromus 1811. (179) Bartramia Lesson Traite d’Orn. 1831 preoccupied in Botany. Actiturus Bon. Saggio etc. 1831 type Tringa bartramia Wils. Euliga Nutt. Man. II. 1834. Im Journal lese ich Euligia, wohl Druckfehler? [Doch wohl von hyv c, Hy&ta. Cab.] (180) Micropalama Baird. Eemipalama Bon. Synopsis 1828, 316 type Tringa himantopus Bon. Not. of Bonap. Obs. Wils. 1825. No. 212. which includes only Tringa semipalamat. Wils. (183) In Reports wurden die drei von Cabanis als Pelidna ange- führten Arten als Actodromas genannt. Actodromas Kaup. Sk. Ent. Eur. Th. 1829, type Tringa minuta Leissler. — Den Genusnamen Pelidna führen auch noch einige Arten, die in Reports zu anderen Genera gehören, nämlich Arqua- tella (Baird) maritima. — Erolia (Vieill.) subarquata. — Schoeniclus (Moehring) alpina. Hier lese ich Schoeniclus Moehring Gen. Av. 1752, type Tringa cinclus L. equal to Pelidna Cuv. (195) In Reports sind die Charadrius in drei Genera gestellt, nämlich Charadrius L. mit virginicus, Aegialitis mit den klei- neren Arten und Squatarola Cuv. mit helvetica. Die Aegia- litis Boie sind wieder eingetheilt in Oxyechus Reich., Ochtho- dromus Reich., Aegialeus Reich, und Leucopolius Bonap. Oxyechus hat die Arten vociferus und montanus; Ochthodr. die Art Wilsonius ; Aegialeus die Arten semipalmatus und melodus und Leucopolius die Art nivosa. (198) Herr Cabanis nimmt den Genusnamen Notherodius Wagl. an. Ich weiss nicht, wesshalb Wagler den Vieillot’schen „ Aramus “ von 1816 verwirft. \_Aramus ist ein willkürlich gemachtes Wort — also vielmehr kein Wort. Cab.] (209) Linnd nannte Colymbus alle Arten. Alsdann trennte Latham in 1790 das Genus Podiceps für die ungeschwänzten mit lappenartigen Schwimmhäuten und Colymbus für die mit gan- zen Schwimmhäuten und Schwanz versehenen. 186 Dr. J. Gundlach : Zusätze und Berichtigungen Meiner Meinung nach könnte man im neuen Katalog so setzen: Farn. Colymbidae , Genus Podiceps, Art dominicus. Genus Podilymbus, Art podiceps L. — Vielleicht bildet do- minicus ein andres Genus. (210) Cabanis führt die Art mit dem Namen Sylbeocyclus caroli- nensis an. In Reports lese ich jedoch: Podilymbus Lesson Traitö d’Orn. 1831 , 595 type Colymbus podiceps L. und Sylbeocyclus scheint von Bonap. in 1838 gebildet zu sein. (215) Ich glaube , dass, da Herr Cabanis die Subfamilien Ana- tinae, Fuligulinae, Erismaturinae und Merginae gab, er auch Phoenicopterinae und Anserinae hätte angeben können. Es wäre alsdann mehr Gleichheit eingetreten. Zu Anserinae würde dann am besten das Genus Dendrocygna gehören, wohin es auch Mr. Baird in den Reports gestellt hat. Also Farn. Anatidae. Anser Phoenicopterinae. Gambeli. Phoenicopterus ruber L. Anserinae. Chen hyperboreus L. oder wenn man die Den- drocygna nicht zu den Gänsen stellen will. Anatinae. Dendrocygna früher als arborea. \_Aix. viduata. Aix. sponsa u. s. w. Dendrocygna arborea L. viduata L. Anatinae. Aix u. s. w. (218) Spatula Boie Isis 1822, 564 type Anas clypeata L. Rhynchaspis „Leach“ Stephens, Shaw’s Gen. Zool. XII. 1824 same type. (219) Querquedula Stephens, Shaw’s Gen. Zool. XII. 1828 type Anas Querquedula. Cyanopterus Eyton Mon. Anat. 1838 (Not of Haliday). Pterocyanea Bonap. List. 1842. (220) Nettion Kaup. Entwick. 1829 type Anas crecca L. (Gray). Querquedula Bon. List. 1838 not of Stephens 1824. (223) Hier nur etwas über Orthographie. In Cab. Journ. lese ich Aethyia valisn. , in Reports aber Aythya vallisn., also ver- schieden in Genus und Species. Die Isis von 1822 kann über Boie’s Genus entscheiden. Ich habe Wilson’s Ornitho- logie herausgegeben von Brewer und lese daselbst Valis. mit einem l. Audubon schreibt auch valis. Linnd jedoch nennt die Pflanze Vallisneria. [Boie schrieb 1826 Aythya zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 187 (jedoch von ai&via, Aristot.!) und Wilson Valisineria. Ortho- graphisch richtig ist nur: Aethyia Vallisneria. Cab.] (224) Fulix Sunde vall Kong. Yet. Ak. Hand. 1835 (as restricted). Fuligula of authors but not of Stephens. Marita Bon. not of Reichenbach. (226) Bucephala Baird, type Anas alheola L. Clangula Fleming Phil. Zool. 1828 type clangula L. Not of 1822 which has A. glacialis for type according to Gray. Glaucion Kaup. Ent. Europ. Thierw. 1829 not of Oken 1816 Mollusca. (230) Lophodytes Reichenb. Syst. Av. 1852 p. IX. (234) Gelochelidon auch so bei Lawrence. Ich copirte aber aus Comptes rendus Geochelidon, vielleicht ein Schreibfehlerl (236) Bonaparte gibt dieser Art das Genus Sylochelidon. Rhynchops muss Rhyncops heissen. Man sieht fast stets Rhynchops und für dieses Genus muss man die Subfamilia Rhynchopinae annehmen. (243) Ich nehme mit Mr. Lawrence den Genusnamen Graculus an. (246) Mr. Lawrence sagt in Reports Farn. Sulidae „Prince Bona- parte has placed our Booby Gannet in the genus Dysporus Illig. but I have not considered there was sufficient generic distinction to separate it from S. bassana and have therefore admitted but one genus as existing in North America under this subfamily. Im Texte setzt er den Namen Dysporus Illig. der Voll- ständigkeit wegen. Unsichere oder gänzlich aus dem Katalog zu streichende Arten. I. Beobachtete, aber wohl aus Käfigen entflohene Arten. /\. Chrysomitris pinus Wils. (Fringilla) von Orbigny in La Sagra erwähnt. >' 2. Calyptrophorus dominicanus L. ( Loxia ) ebenfalls von Or- bigny in la Sagra angeführt und später 1 Exem- plar in Matanzas gefangen. 3. Calyptrophorus cucullatus Lath. (Loxia) in la Sagra bei der vorigen erwähnt. * 4. Cardinalis virginianus Br. (Coccothraustes) in Poey’s Ka- talog unter dem Namen Fringilla Cardinalis L. 188 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen und von mir im Januar 186J einige Stunden weit von Cardenas im Walde gesehen. ' 5. Crithagra brasiliensis Spix. (Fringilla.) Ein Paar ward bei Matanzas gefangen. ' 6. Pyrrhomitris cacullatus Swains. ( Carduelis ) im Mag. de Zool. par Gudrin unter dem Namen Fringilla Gubae Gervais beschrieben. II. Als cubanische beschrieben, jedoch irrthtimlich und mit wirk- lich vorkommenden verwechselte Arten. (Es sind jedoch die Arten hier nicht angeführt, die in den verschiedenen Kata- logen andere aber synonyme Namen führen.) Irrige Namen. Richtige Namen. Kataloge oder Bücher wo sie erwähnt wurden. Cymindis cayennensis Gm. yy uncinatus 111, Pandion haliaetus Lin, Morphnus Urubitinga Cuv. Pr. Max. Astur Cooperii Bon. „ fuscus Gm. Circus uliginosus Edw. cyaneus (Mont.) Linn. Falco communis Linn. yy peregrinus Gm. Linn. Regerhinus Wilsoni (Cass.) / « yy Pandion carolinensis Gm. Hypomorphnus Gund- lachi Cab. Accipiter Gundlachi Law. adult. „ Gundlachi juvenis. „ fringilloides Vig. Circus hudsonius Linn. Falco anatum Bon. / yy yy Tinnunculus domini - Otus brachyotus Gm. Brachyotus palustris Gould. Strix perlata Licht. Vireo olivaceus Wils. „ gilvus Bon. „ vir es eens Vieill. Sylvia aestiva Linn. censis (Gm.) Cab. Braci %trix furcata Temm. Phyllomanes barbatulus Cab. ( Rhimamphus ) Den - droica albicollis Gm. Poey. Lembeye. Cab. Journ. Poey, Lembeye. Poey. Lembeye. Lembeye, Cab. Journ. Lembeye, Cab. Journ. Lembeye, Cab. Journ. Pierzog v. Württemb. Sagra, Poey, Lembeye. Poey. Lembeye. Vigors, Herzog, Sagra, Poey, Lembeye. Poey, Lembeye. Cabanis Journal. Poey. Herzog, Lembeye. Sagra. Poey. Poey, Lembeye. zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 189 Irrige Namen. Richtige Namen. Katalog oder Bücher wo sie erwähnt wurden. Tanagra zena Linn. „ multicolor Yieill. Tyrannus phoebe Lath. „ nigriceps Sw. Muscicapa pusilla Sw. Caprimulgus semitor - quatus L. ,, vociferusWils. Emberiza pallida Aud. Hedymeles melanoce - phala Sw. ffyphantes costototl Gm. Sttcrnus praedatorius Wils. ßturnella ludoviciana Lin. Corvus jamaicensis Gm.? „ americanus Aud. ? Trochilus gramineus. . Todus viridis Linn. Picus ruficeps. „ radiolatus Wagl. Colaptes auratus Linn. Crotophaga ani Linn. Columba caribaea Tm. Ortyx virginianus Linn. Ardea aZ&aBelonLinn. Spindalis Pretrei Less. » » Myiarchus stolidus Gos. PMelittarchus magni- rostris Orb. Empidonax acadicus / Gm. Chordeiles minor Cab. y Antrostomus Cubanen- y sis Linn. Spizella socialis Wils. Hedym. ludovicianus L. ? Icterus cucullatus Sw. Agelaeus assimilis Gdl. Stumetta hippocrepis y Wagl. Corvus nasicus Temm. Ibis guarauna Licht. „ falcinellus Linn. Falcinellus erythro - i’hynchusPon. Scolopax gallinago Lin. Qhlorestes Ricordii. Todus multicolorGov^d. Chloronerpes percussus Temm. Centurus superciliaris Temm. Col. chrysocaulosus y Gundl. Crotoph. rugirostris Sw. Geotrygon caniceps Gundl. Ortyx cubanensisGoxAd. Herodias occidentalis Aud. P „ Egretta Gm. Falcinellus Ordi Bon. Gallinago Wilsoni Tm, Vigors, Sagra, Poey. Herzog. — Sagra, Poey, Lembeye. Herzog. Lembeye, Cabanis und ? Herzog. Poey. Sagra, Poey, Lembeye, Cabanis. Lembeye, Cab. Journ. Cabanis Journal. Cabanis Journal. Poey. Vigors, Sagra, Poey, Lembeye. Vigors, Sagra, Poey, Lembeye, Cab. Poey, Lembeye. Herzogin der 1 . Liste. Vigors. Herzog in der 1 . Liste. Herzog. Vigors, Sagra, Poey, Lembeye, Cab. Vigors, Sagra, Poey, Lembeye, Cab. Poey (ab. nicht Herzg.) Herzog, Sagra, Poey, Lembeye. Herzog, Poey. Sagra. Poey. Lembeye. Cabanis Journal. Sagra, Poey. 190 Dr. J. Gundlach: Zusätze und Berichtigungen Irrige Namen. Richtige Namen. Katalog oder Bücher wo sie erwähnt wurden. Tringa Temminckii Leisl. (Pelidna ) Actodromas Wilsoni Nutt. Sagra. Äramus scolopaceus Aramus giganteus Bon. Vigors. Gm. „ guarauna. X V V Sagra, Lembeye. Gallinula chlor opus L. Gallinula galeata Licht. Sagra. Fulica atra Linn. Fulica americana Gm. Sagra. Anser albifrons Bech. Anser Gambeli Hartl. Lembeye. Anas crecca Linn. Nettion carolinensis G. Poey. Sterna minuta Linn. Sternula super ciliaris Vieill. (frenata Gamb.) Lembeye. „ nigra Linn. Uydrochelidon plum- bea Wils. Lembeye, Cab. Journ. ,, panayensis Gm. Haliplana fuliginosa Linn. Herzog, Sagra, Poey, Lembeye, Cab. „ anglica Mont. ' Gelochelidon aranea Wils. Sagra, Poey, Lembeye. „ cantiaca Gm. Thalasseus acuflavidus Cab. Cabanis Journal. Larus marinus Linn. Larus arqentatus Br. juv. Lembeye, Cab. Journ. Pelecanus Thajus Mo- Pelecanus fuscus Linn. Herzog. lina. Phalacrocorax qraculus Gm. f Graculus floridanus Aud. Sagra. >? Townsendi Aud. ,, mexicanus Brandt juv. Lembeye, Cab. Jour. „ resplendens Aud. / ,, mexicanus adultus. Lembeye, Cab. Journ. ,, pygmea Azara. Poey. Sula bassana auct. Sula fusca L. = fiber L. Herzog (2. Liste von Hartl.) „ piscator Linn. Poey. Phaeton aethereus Lin. Phaeton ßavirostris Br. Sagra, Poey, Lembeye, Cabanis. III. Gänzlich aus dem Kataloge zu streichende Arten 7 die wohl alle auf irrige oder mangelhafte Beobachtung sich stützen : Stria occipitalis Temm. Scops asio Linn. Stria nyctea L. Lanius carolinus — carolinensis Wils. Vigors (in Cab. Journ. als synon. d. Glaucidium Siju Orb.) Herzog v. Württemb. Cab. Journ. Herzog. — Cabanis Journ. Herzog, ( carolinus in 1. Liste, ca- rolinensis in 2ter.) zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cuba’s.“ 191 Lanius ludovicianus L. Turdus jamaicensis Gm. Sylvia olivacea. Euphona musica Lath. Tanagva palmarum . Tyrannus forficatus. „ sulphurascens Herzg. ■„ ferox. Nyctibius jamaicensis Gm. Jacapa Passerini. Ammodromus maritimus Wils. Linaria caniceps Orb. Agelaeus phoeniceus L. Quiscalus versicolor. „ quiscala L., dieselbe als Cassicus niger. „ cayanus. Psittacus havanensis Linn. Conurus squamosus Lath. Columba caribaea. >> jamaicensis. „ squamosa. „ clominicensish&th.. annu- lata Wagl. Peristera albifrons Bon. olim mexicana. Ibis rubra Linn. Cairina moschata Linn. ' Anas bahamensis. Anas ( Querquedula. ) cyanoptera „ obscura Gm. Clangula americana. Lärus zonorJiynchus Rieh. Cab. Journ., diesel. Art als vorherg. Herzog, Cabanis Journ. Herzog. Poey, Lembeye, Cabanis Journ. Herzog. Poey in der Einleitung, Cabanis im Anhänge. Herzog, Cabanis. Herzog. Herzog, Cabanis Journ. Poey in der Einleitung, nach Rev. zoologique. Herzog, Cabanis Journ. Sagra, Poey, Lembeye, Cab. Jour. Cabanis Journal. Yigors, Herzog, Sagra, Lembeye. vorhergehende. Poey, Cab. Journ. Herzog. Herzog. Herzog, Cabanis Journ. Herzog. Herzog. Herzog. Herzog (2. Liste aber nicht lste.) Cabanis Journ. Cabanis Journ. (nach Bonap.) Herzog, Sagra, Poey, Lembeye, Cabanis Journ. Herzog, Cabanis Journ. Herzog. T ieill., Cabanis Journal. Cabanis Journ. Cabanis Journ. Herzog, Cabanis Journ. 192 R. Albrecht: Zur Ornithologie von Jamaica. Literarische Berichte. Zur Ornithologie von Jamaica. Nach Osburn, Sclater und Gosse zusammengestellt. Yon R. Albrecht. 1. List of a Collection ofBirds made by the late Mr. W. Osburn in Jamaica; by Sclater. (Proceedings of the Zool. Soc. of Lond. Febr. 26, 1861.) 2. Th e Birds of Jamaica by Ph. H. Gosse. Lond. 1847. 3. The Zoologist 1858 u. 1859. (Osburn.) Dr. Sclater hat neuerdings eine Uebersicht der von dem verstorbenen W. Osburn 1858—60 in Jamaica gesammelten Vö- gel gegeben, welche in Bezug auf die mehrfachen Mittheilungen im Journal über angrenzende Inseln willkommen sein wird und nicht fehlen darf. Da Dr. Sclater stets Bezug auf das treffliche Werk von Gosse nimmt, so scheint es gerechtfertigt, der Voll- ständigkeit halber, bei Uebersetzung der Sclater’schen Arbeit zu- gleich auch diejenigen Arten mit aufzunehmen, welche Gosse ausserdem noch aufführt, um so eine vollständige Uebersicht dessen, was auf Jamaica vorkommt , zu gewinnen. Sclater zählt 92 Arten auf. Wir werden die übrigen Arten von Gosse an der betreffenden Stelle einschalten und mit No. 93 beginnen. 1. Turdus jamaicensis Gm. Gosse. Birds Jam. pg. 142. -/■ 2. Turdus aurantius Gm. Merula leucogenys Gosse, pg. J36. 3. Henicocichla ludoviciana Aud. Sejurus ludovicianui Baird. Zwei Exemplare von Freemann’s Hall, Trehawny, 5. Sept. 1859. Diese ist nicht von Gosse erwähnt. Osburn bezeichnete sie als Sejurus noveboracensis. 4. Henicocichla noveboracensis Gm. Gosse, pg. 151. Ein Exem- plar von Savannah la Mar, Westmoreland, 28. Aug. 1858. Seju- rus Gossii Bp. Consp. pg. 306, ist auf einen jamaicanischen Vogel gegründet, scheint sich aber nicht von dem festländischen H. noveboracensis zu unterscheiden. 5. Henicocichla auricapilla Lin. Sejurus auricapillus Gosse, pg. 152. Ein Exemplar von Long Hall, 11. März. 6. Panda americana Lin. Gosse, pg. 154. Zwei Exemplare von Mahagony Hall. 7. Geothlypis trichas Lin. Gosse, p. 158. Drei Exemplare von verschiedenen Orten. R. Albrecht : Zur Ornithologie von Jamaica. 193 8. Mniotilta varia (Lin.) Gosse, pg. 134. Ein Exemplar von Freemann’s Hall, Januar. 9. Dendroeca canadensis (Linn.) Gosse, pag. 160. Mehrere Exemplare. 10. Dendroeca pannosa Sei. Sylvicola pannosa Gosse, p. 162. Osburn’s Sammlung enthält ein Exemplar dieses Vogels mit der Bezeichnung „Weibchen“. Sclater hält sie, wie Baird (B. Amer. pg. 271) für das Weibchen von D. canadensis, konnte sie aber nicht mit dieser vergleichen. 11. Dendroeca pharetra (Gosse). Sylvicola pharetra Gosse, pg. 163. Osburn in Zoologist pg. 6660. Acht Exemplare befinden sich in Osburn’s Sammlung, meist von Freemann’s Hall im Januar, April und August 1859 gesam- melt. Sie stehen an Färbung der D. striata zunächst. Die Ge- schlechter sind fast gleich gefärbt; nur ist das Weibchen weni- ger gestrichelt und mehr weiss an der Unterfläche und hat den Bauch und die oberen Schwanzdeckfedern blass braun. Im Männ« chen sind diese Theile mehr aschbraun. 12. Dendroeca petechia Lin. Cassin Proc. Acad. Phil. 1859, pg. 376. Sylvicola aestiva Gosse, pg. 157. Die drei Exemplare dieses Vogels, welchen Cassin mit Recht von der festländischen D. aestiva getrennt hat, sind von Osburn als Sylvicola eoa Gosse bezeichnet. Sclater kennt den letzteren Vogel nicht, hält ihn aber nach Gosse’s Beschreibung pag. 157 und Illustr. No. 34 für eine verschiedene Art. Die drei Stücke wurden im April, Mai und August erlegt. Die Krone des im Mai getödteten ist tief orange-roth, nicht so stark bei dem im April getödteten. Das im August erhaltene Exemplar ist in der Mauserung. 13. Dendroeca tigrina Gm. Baird. B. Amer. p. 286. Certhiola maritima Gosse, pg. 157. Zwei Exemplare, ein Männchen von Long Hill, St. Elisabeth, 12. März 1832 in ausgebildetem Ge- fieder, und ein Weibchen oder junger Vogel von Portland, Vere. 12. April, als Sylvicola aestiva bezeichnet. 14. Dendroeca palmarum Vieill. Baird. B. Amer. pg. 288 Die drei Exemplare aus Osburn’s Sammlung sind als S. aestiva bezeichnet. Ein Exemplar, getödtet am 6. April 1859, hat am Kopf einen Anflug der rothen Färbung, in einem zweiten Männ- chen, im November getödtet, ist die rothe Farbe deutlich zu unterscheiden. Das dritte ist ein J ohne Angabe der Todeszeit. Journ, f, Ornith., X. Jahrg., Nr. 57, Mai 1862, 13 194 R. Albrecht: 15. Dendroeca discolor. Vieill. Gosse, pg. 159. Drei Exem- plare aus dem Januar und August. 93. Mimus polyglottus Gosse, pg. 144. Dieser auf Jamaica häufige Yogel ist auffallender Weise in der Osburn’schen Samm- lung nicht aufgezählt. 94. Vermivora Pennsylvanica Gosse, p. 150. Es ist ein sel- tener Zugvogel auf Jamaica. Gosse traf sie zuerst am 7. Ocftbr. 95. Sylvicola coronata Gosse, p. 155. Ein ziemlich seltener Zugvogel in Jamaica. 96. Sylvicola pensilis. p. 156. Einer der frühesten Zugvögel? die vom Norden nach Jamaica wandern. Gosse traf ihn schon am 16. August und sah ihn bis in den April. 97. Sylvicola eoa. Gosse, p. 158. 98. Turdus mustelinus Gm. Gosse hat ihn zwar nicht erhal- ten, hält ihn aber für einen jährlich kommenden Zugvogel. 16. Setophaga ruticilla Lin. Gosse, p. 164. 17. Petrochelidon fulva Vieill. Hirundo poeciloma Gosse, p. 64. Es ist bekannt, dass dieser Inselvogel und nicht die nordameri- kanische H. lunifrons Say die wahre H. fulva Vieillot’s ist. (Siehe Cab. in Journ. f. Orn. 1856, S. 4.) 18. Petrochelidon euchrysea Gm. Gosse, p. 68. 99. Tachornis phoenicobia Milk Gosse, p. 58. Diese Schwal- benart ist nicht selten, sondern fliegt in Schwärmen von 50 — 100 umher, baut ihre haarige Nester nur aus Bombax-Fäden auf Cha- maerops-Bä umen. Zu beiden Seiten des Kammes des Brustbeins findet sich ein oblonges und in dem Kamme selbst ein rundes, nur durch eine Haut geschlossenes Loch. 100. Cypselus niger Gmel. Gosse, p. 63, hält sie für Gme- lins und Latharn Hirundo nigra, welche der Letztere als Bewoh- ner sowohl von S. Domingo als Guiana angiebt. 101. Progne Dominicensis Lin. Gosse, p. 69. sah sie im Win- ter nicht so häufig, als im Sommer und glaubt, dass sie dann nach Central-Amerika aus wandern. 19. Vireo modestus Sclater P. Z. S. 1860, p. 462. Vireo noveboracensis Gosse, p. 192. Drei Exemplare bei Ereemann’s Hall und Mahagony Hall, Trelawny, im Februar, October und November von Osburn erlegt, bestärkten Sclater darin, diese Art von V. noveboracensis zu trennen. Zur Ornithologie von Jamaica. 195 « — 20. Vireosylvia altiloqua Vieill. Muscicapa altiloqua Vieill. Ois. Am. Sept. I. p. 67. Vireosylvia olivacea Glosse, p. 194. Die drei von Osburn erlegten Exemplare sind von Juni/ Juli und August. Diese Art wurde von Gosse mit Unrecht, wie New- ton (Ibis 1859, p. 145) gezeigt hat, für V. olivacea gehalten. - 21. Laletes Osburni sp. et gen. nov. Laletes genus novum Vireonidarum , inter Vireonem et Vireolanium medium, rostro huic, illi vero coloribus magis affine: rostrum altius, fortius , compressius quam in Vireone et apice magis un= cinato, sed brevius quam in Vireolanio : alae modicae, dimidiujn caudae attingentes : reinige externo spurio praesente; quinto lon- gissimo, sed quartum et sextum, inter se aequales, vix super ante, secundo breviore quam secundarii: pedes et cauda fere sicut in Vireone , sed pedes majores et robustiores, et tarsi paulo longio- res (Sclater). Laletes olivaceus, pileo vis olivascente, subtus di- lutior, abdomine praecipue in medio flavicente: rostro plumbeo, pedibus corylinis. Long. tota 5, 7, alae 2, 2, rostri ä rictu 0,65 , tarsi 0,85. Hab. in insula Jamaica. Vier Exemplare wurden von Osburn bei Freemann’s Hall im Januar und April 1859 erhalten. Sie übertreffen Vireo flavifrom um f" in der Körperlänge, der Schnabel ist mehr zusammenge- drückt und würgerartig, ähnlicher den Vireolanius pulchellus, aber kürzer. Die erste falsche Primärfeder ist wohl entwickelt , da sie ungefähr f" misst. Tarsi und Fuss sind in Laletes stärker, der Schwanz etwas länger, als im Vireo. Osburn sagt über diese neue Art in Zoologist p. 6662. „Ein zweiter in dieser Gegend ziemlich häufiger und in Ihrer Liste nicht aufgenommener Vogel, ist ein ehrbar gekleideter* olivenfarbener kleiner Bursche , welcher meist auf den höheren Zweigen luftiger Bäume sich bewegt, obgleich ich ihn nicht sel- ten an weniger erhabenen Orten gefunden habe. Wegen seines starken , zusammengedrückten , tiefgezahnten Schnabels war ich zuerst geneigt, ihn zu Swainson’s Genus Thamnophilus zu rech- nen; aber eine bessere Kenntniss von seiner Lebensweise und Struktur, hat mich überzeugt, dass er wahrscheinlich unter seine Ampelidae, und ziemlich nahe an Pteruthius, vielleicht , obgleich ich es nicht bestimmt behaupten kann, unter eines von seinen Genera zu rechnen sei. Ich kann hinzufügen , dass sein Kopf grau -undeutlich olivenfarben ist und nach dem Rücken zu grü- 13* 196 R. Albrecht: ner wird. Die Schwingen und der Schwanz rauch-schwarz, mit oli- venfarbenen Kanten und schmutziggelber Unterfläche. Aber am charakteristischsten ist die unverhältnissmässige Höhe und Dicke des Kopfes, welche nur aus der Anordnung der Federn hervor- zugehen scheint, da sie an dem getrockneten Balg nicht bemerkt wurde. Der Vogel ist zahm und furchtlos, wenn er niedrig fliegt, kann man sich ihm leicht nähern. Auch ist er einer von den Liebhabern der tiefsten Waldeinsamkeit. Ich schoss zwei am Anfang des Jahres und zwei weitere im Frühling. Sie waren da- mals in grösseren Gesellschaften und nicht selten. Sie jagen In- sekten mit beträchtlichem Getöse. Es kann eine Idee von ihren Bewegungen geben, wenn ich hinzufüge, dass, als ich sie in grosser Höhe schoss, ich vor dem Abfeuern, die eine für Vireo - sylvia, die andere für Sylvicola pharetra hielt etc. 22. Ptilogonys armillata Vieill. Gosse, p. 198. 23. Certhiola flaveola Linn. Gosse, p. 84. 24. Glossiptila rußcollis Sclater P. Z. S. 1856, p. 269. Tana- grella rußcollis Gosse, p. 236. Mehrere Exemplare von beiden Geschlechtern. 25. Euphonia Jamaica Linn. Gosse, p. 238. 26. Spindalis nigricephala (Jameson). Sclater P. Z. S. 1856, p. 230. Tanagra zena Gosse, p. 231. 27. Loxigilla violacea Lin. Pyrrhula violacea Gosse p. 254. 102. Pyrrhula Robinsonii Gosse p. 259. 103. Guiraca ludomciana Sw. Gosse, p. 259 giebt an, dass er nach der Angabe von Mr. Hill in Spanish-Town, dem Mitarbei- ter von Gosse’s birds of Jamaica, auf dieser Insel vorkommt. 28. Loxigilla anoxantha Gos. Spermophila anoxantha Gosse, pag. 247. 104. Spermophila olivacea Sw. Gosse, p. 249. Dieser Vo- gel ist, wie der folgende, sehr gemein, und ähnelt dem europäi- schen Sperling in seiner Lebensweise. 105. Spermophila bicolor Lin. Gosse, p. 252. 106. Spermophila adoxa Gosse. Gosse, p. 253 hat nur ein Exemplar dieser von ihm neu aufgestellten Art am 9. August 1845 erhalten. 29. Coturniculus tixicrus. Gosse, p. 242. Osburn erhielt ein Exemplar im Juli 1859 bei Freemann’s Hall, ein anderes in den Santa -Cruz -Bergen, März 1860. Sclater hält sie für eine gut ab- gesonderte Art. Zur Ornithologie von Jamaica. 197 30. Sycalis Brasüiensis Gm. Crithagra Brasiliengis, Gosse, pag, 245. V? 107. Pyranga rubra Vieill. .Gosse, p. 235. Er berührt auf seinem Frühlingszug von Central- Amerika nach dem Norden bis- weilen Jamaica, überwintert hier nicht, wenn er es auch auf Cuba nach D’Orbigny thun soll. 31. Icterus leucopteryx Wagl. Gosse, p. 226. Plsarocolius leucopteryx Wagl. Syst. Av. sp. 16. 1. personatus Temm. 32. Dolichonyx oryzivorus Lin. Gosse, pag. 229. Ein Exem- plar im Oktober von Osburn erlegt. 108. Quiscalus crassirostris Sw. Gosse, p. 217. Einer der gewöhnlichsten, durch seine glänzenden Farben, fortwährendes Gezwitscher (deshalb Tinkling, Klingler genannt), auffallender Vo- gel. Er sucht wie die Staare dem Vieh die Insekten ab, frisst aber auch gern den Nektar aus der Agave keratto, von der er oft durch den Mocking-bird ( Mimus polyglottus) verjagt wird. 33. Nesopsar nigerrimus Sei. Ibis 1859, p. 456. Icterus ni- gerrimus, Blak Banana Bird, Osburn in Zoologist pgg. 6661 u. 6714. Sclater sagt über diesen Vogel: „Mr. Osburn’s Sammlung enthält 6 Exemplare von diesem Vogel, die mit meinen eigenen übereinstimmen. Diese Form muss, nach meinem Dafürhalten, unter die Quiscalinae nicht fern von Scolecophagus und zunächst dem Lampropsar Cab. gestellt werden. Wenn ich in meiner Deutung von Lampropsar guianensis Recht habe, so sind diese beiden Formen vielleicht kaum dem Genus nach zu trennen. Der Schnabel ist in beiden fast gleich; die Schwingen sind ver- hältnissmässig etwas kürzer in Lampropsar , aber ihre allgemeine Struktur ist dieselbe. Der Schwanz ist kürzer in Nesopsar und die Tarsen sind gleichfalls beträchtlich kürzer.“ Mr. Osburns sechs Exemplare dieses Vogels wurden zu Free- mann’s Hall erlegt, wie in dem Zoologist (p. 6661) berichtet ist, wo die folgenden Bemerkungen über diesen Vogel gegeben sind: ,. Gegen Ende des letzten Jahres liess sich, während ich durch die niederen Berge ritt, ein vollkommen schwarzer Vogel in senk- rechter Richtung auf eine wilde, ziemlich hohe Fichte (pine) nieder; und ihn beobachtend, bemerkte ich, wie er auf den stei- fen Blättern mit grosser Beweglichkeit herumkletterte, und eifrig ihre Schutzdecken durchsuchte. Ihre Vermuthung in Betreff des schwarzen Bapana- Vogels fiel mir sogleich ein. Ich konnte ihn mir nicht verschaffen; aber die Neger versicherten mir, dass sie 198 R. Albrecht; höher herauf .zahlreich wären, und ihre Auffindung war ein Haupt- ziel, dass ich mir für mein Herkommen setzte. Ich tand sie nicht sehr häufig und erlegte nur 4 Stück während der ersten 6 Wo- chen in diesem Jahr. Sie sind besonders in jenen tiefen, dum- pfen Schluchten zu finden, wo die Forstgewächse sich scheinbar bemühen, sich zu verstecken und wo Orchideen und wilde Fichten (pine) in Ueberfluss wuchern. Da kann man ihn sehen durch sie hin- durchschlüpfend, wie oben erzählt ist, oder von Baum zu Baum in kurzem Fluge ziehend, oder, wenn er nicht sichtbar, so ist j sein sehr eigenthümlicher Gesang hoch über dem Kopf hörbar. Ich möchte diesen mit Kepchur-r-r-r vergleichen, wovon der erste ein lauter, klarer Ton ist, dem ein Gerassel folgt, das mit ziem- licher Genauigkeit durch ein langes heiseres r hervorge bracht werden kann. Der ganze Vogel ist schwarz gefärbt, und das Gefieder hat den Purpurglanz unseres Quiscalus . Die Hinterzehe scheint etwas mehr entwickelt als in Icterus leucopteryx, und er hat, wie ich glaube, dem entsprechend eine grössere Kletterkunst, weshalb er öfter die senkrechte Stellung einnimmt. Der Eine, welchen ich schoss, hing eine zeitlang kopfunter, ganz so, wie es der gewöhnliche Bananen- Vogel zu thun pflegt. Ein anderer sehr bemerkbarer Unterschied ist, dass der Rücken oder die obere Kante des Schnabels abgeflacht und breit, die Stirnfedern gleich einer Platte theilt, aber nicht auseinanderbrei- tet. Es folgen die Maasse von zwei Exemplaren; das zweite war ein Weibchen und das erste, glaub’ ich, ein Männchen. Länge 8^", ausgebreitet 13, gebeugter Flügel 4|, Schwanz 2J- v „ 12, „ „ 4, „ 2-J- Mundspalte 1", Tarsus 1, Mittelzehe f, \U | 7 11 1 1 11 -* i il F* Erste Zehe |, also nicht so lang, als der Tarsus. Darm 8. Die Magen aller Vier enthielten Insekten-Stücke , besonders von Käfern; ich fand keine Samen-Reste. Am 11. Februar waren die Eier des Weibchen noch ganz klein, und als ich die Vögel ent- balgte, nahm ich einen widerlichen Geruch wahr, wie er bei vielen Corvidae zu sein pflegt. Ein Weibchen ward mir noch lebend und scheinbar, ausser einem Beinbruch, unverletzt gebracht; es zeigte, in die Hand genommen, nicht den geringsten Widerstand, und lebte mehrere Stunden etc. 34. Elainea cotta. Gosse, Ana. Nat. Hist. ser. 2, p. 257 (1849) 111. B. Jam. pl. 45. Zur Ornithologie von Jamaica. 199 Vier Stuck , an einem ist die gelbe Krone kaum sichtbar. Sclater hat zwei Exemplare, die er zu der Gruppe mit versteckter weisser Krone wie in E. pagana rechnet, während E. cotta sich mehr dem E. placens von Guatemala nähert, wo die Krone we- niger versteckt und von einem glänzenden Gelb ist. Sclater be- schreibt diese beiden Exemplare als neue Art, E. fallax: -)' 109. Elainea fallax Sei. sp. nov. Obscure olivaceo-viridis, alis caudaque fuscis, hac olivaceo extus limbata, illaruin tectricibus et secundariis virescenti - albo extus late marginatis; pileo suberistato interne albo; subtus flavi- cans, gutture olivaceo induto: rostro obscure corneo, basi albi- cante: pedibus nigris. Long. tota 5,2", alae 2,7, caudae 2,5, tarsi 0,75. Hab. in ins. Jamaica. i 35. Pitangus caudifasciatus (D’Orb.) La Sagra Cuba b. 1, 12. Tyrannus caudifasciatus Gosse, B. J. p. 177. -f~ 36. Myiarchus vaUdus Cab. Orn. No. II. p. 351. Tyrannula Gossii Bp. Consp. p. 189. Tyrannus crinitus Gosse, p. 186. 4- 110. Tyrannus Dominicensis Bon. Gosse, p. 169. (~ 37. MyiarcKus stolidus Cab. Myiobius stolidus Gosse, p. 168. 38. Blacicus pallidus Cab. Journ. 1855, p. 480. Myiobius pallidus Gosse, p. 166. Mehrere Exemplare dieser kleinen Art, welche, nach Caba« nis, dem B. caribaeus auf Cuba, dem Typus von dieser Abthei- lung der Tyrannidae 9 sehr nahestehen. f 111. Myiobius tristis. Gosse, p. 167. Gosse beschreibt ihn als eine häufig vorkommende Art, die sehr eifrig Fliegen sucht und schon vor Sonnen- Aufgang singt, -f- 39. Platypsaris nigra (Gm.) Lanius niger Gm. Pachyramphus niger Sei. P. Z. S. 1856, p. 72. Tityra leuconotus Gray et Gosse, p. 187. Pach. nigrescens Cab. r 40. Ceryle alcyon Linn. Gosse, p. 81. -j 41. Todus viridis Linn. Gosse, p. 72. 42. Nyctibius Jamaicensis Linn. Gosse, p. 41. f l 12. Nyctibius pallidus Gosse, p. 49. I 43. Chordeiles minor Cab. Journ. 1856, p. 5. C. GundlacMi Lawr. Ann. Lyc. N. Y. 5., p. 103. C. virginianus Gos. B. Jam. p. 33. / 44. Siphonorhis americanus Linn. Caprimulgus seu Noctua sylvatica jamaicensis minor Ray. „Syn. Av. et Pisc. (1713). 200 R. Albrecht: Small- Wood-Owl. (kleine Waldeule) Sloane Jam. II , p. 296. Caprinulgus jam. Brisson. Av. II., p. 480. Sclater beschreibt sie so: Caprimulgus americ. Linn. S. N. I., p. 346. Gm. S. N. II. 1032. Siphonorkis genus novum Caprimulgidarum , affine Nyctidromo sed rostro valde dilatato, apice uncinato, naribus tubnlaribus et longe eminentibus diversum: alae modicae: pedes gressorii, tarsis elongatis, nudis: digiti medii ungue pectinato, cauda rotundata. Typ. et spec. un. Siphonorkis americanus. cf. Fulvo nigroque variegatus, colore capitis cinerascentiore : maculis quibusdam, plumarum scapos occupantibus, in capite elon- gatis, in dorso magis quadratis; alis nigris, pallido fulvo extus regulariter ocellatis et intus transvittatis: cauda fulvo nigroque minute variegata, fasciis transversis indistinctis nigris, margine lato apicali, in rectricibus mediis angustiore, albo: subtus dorso similis sed cervice albo torquata, et ventris medii plumiis late albo terminatis. $. Torque cervicali et rectricum apicibus fulvescentibus. Long. tota 8,75", alae 5,3, tarsi 0,95, digiti medii 0,95. Hab. in ins. Jamaica. Osburn’s Sammlung enthält zwei Stück von diesem eigen- thümlichen . Ziegenmelker zu Freemann’s Hall, Trelawny, im Sep- tember 1859 erlegt. Sclater sagt über ihn: „Diese Art, welche mir ganz neu ist, kann von anderen amerikanischen Ziegenmel- kern leicht durch seinen verbreiterten Schnabel, welcher fast der des Nyctibius ist, durch die ausserordentliche Verlängerung sei- ner röhrenförmigen Nasenlöcher und die langen nackten Tarsi unterschieden werden. Ich möchte ihn zunächst zu Nyctidromus stellen, mit dem der in dem letzten Punkt übereinstimmt, und ich zweifle nicht, dass seine Gewohnheiten, von denen wir leider wenig Kenntniss haben, mehr oder weniger die der am Erdboden lebenden Vögel sind. Dass dieser Vogel (und nicht Nyctidromus Derbyanus , wie Mr. Cassin Proc. Ac. Phil. 1851, p. 180, zu zeigen versuchte), die jamaikanische Art Sloane’s ist, auf welchen Linnd seinen Caprimulgus americ. begründete, ist, glaub’ ich, unzweifel- haft. Mr. Cassin hat eingehend den ganzen Gegenstand behan- delt und kommt zu diesem Schluss, dass eine Art Nyctidromus Jamaica bewohnt, die nicht von Gosse erwähnt ist, wie Sloane’s Figur und Beschreibung klar zeigt.“ Doch, es ist nicht bekannt, dass ein wahrer Nyctidromus Jamaica bewohnt; aber diese ab- Zur Ornithologie von Jamaica. 201 weichende Art, welche diesem Genus vielleicht am nächsten kommt, nimmt wahrscheinlich seinen Platz ein. Er ist auch speciell kennt- lich durch seine röhrenförmigen Nasenlöcher, den einzigen Cha- rakter, der von Linnd zur Erkennung seines Caprim. amer. ge- geben ist, (narium tubulis eminentibus Linn. S. N. I., p. 346), und, wie ich glaube, an und für sich hinreichend, diese eigenthümliche Art von jedem anderen bekannten Caprimulgus zu unterscheiden. - 45. Chaetura zonaris (Shaw.) Acanthylis collaris Gosse, p. 51. Mehrere Exemplare, die sich von festländischen nicht wesent- lich unterscheiden. Auch auf St. Domingo findet sich derselbe Vogel. ■ f~ 46. Lampornis porphyrura (Shaw.) Lampornis mango Gosse, päg. 88. *j-- 47. Polytmus cephaiater Bp. Consp. p. 72. Trochäus polytmus Gosse, p. 97. • : 113. Mellisuga humüa Gosse, p. 127. Ornismyia minima Less. Ois. d. 79. Gosse sagt, dass dieser Honigsauger (Kolibri) unter allen, den Insekten in seinem Gebahren am ähnlichsten sei und rechnet die Vibrationen seiner Flügel in einer Minute auf 180. r 114. Turdus mustelinus Gm. Gosse, p. 144. G. hat ihn zwar nicht selbst gesehen, glaubt jedoch nach Berichten, dass er jähr- lich die Umgegend von Spanish-Town besuche. * 115- Mimus polyglottus Boie. Gosse, p. 144. Der Spottvogel (amerikanische Nachtigall) ist auf Jamaika, wie auf S. Domingo einer der allergewöhnlichsten Vögel und viel- leicht gerade wegen des häufigen Vorkommens in der Osburn- schen Sammlung ausgelassen. 116. Vermivora Pennsylvanica Sw. Gosse, p. 150, sagt, dass er ein seltener Zugvogel ist, jedoch traf er ihn drei- bis viermal, zuerst am 7. October. 117. Sylvicola coronata Sw. Gosse, p. 155. Ein Zugvogel, der spät im Herbst nach Jamaika kömmt und Ende März abzieht. 118. Sylvicola pensilis Bp. Gosse, p. 156. Dieser Vogel, der in seinem Wesen den Meisen und Baum- läufern ähnelt, ist einer der frühesten Zugvögel auf Jamaika, da Gosse ihn schon am 16. August sah. Er bleibt bis in den April. 119. Sylvicola eoa Gosse, p. 158. Gosse hat von dieser neuen, von ihm aufgestellten Art, nur zwei Exemplare am 21. und 24. Januar zu Crabpond gefunden. 202 R, Albrecht: 120. Ampelis Carolinensis Briss. Aud. pl. 43. Gosse, p. 197, sah ihn nicht selbst, jedoch glaubt er nach dem Bericht des Mitarbeiters an seinem Werk Mr. Hill, dass er in strengem Winter wie 1836 bei Spanish Town gesehen sei. f- 121. Corpus pileatus Illig. Gosse, p. 208, erwähnt, dass ein Exemplar zu Ende des Jahres 1844 Mr. Hill durch einen Neger ge- bracht wurde, der ihn in seinem Garten gefangen hatte. Jedoch zeigten seine wilden Manieren, dass er kein aus einem Käfig ent- schlüpfter war. 4 122. Corvus Jamaicensis Gm. Gosse, p. 209. Die jamaikanische Krähe findet sich in den wildesten Berg- gegenden, kömmt aber auch in die Pflanzungen, um die reifen Bananen zu fressen. Sie ist ein starker Vogel, der, wie Gosse sah, siegreich mit einem Habicht kämpfen kann. Unter allen Krähen, die alle mehr oder weniger der menschlichen Stimme ähnliche Töne erschallen lassen, schien ihm die von Jamaica es am besten zu können. Ihr Gesang klang ihm wie eine fremde, an Gaumenbuchstaben reiche Sprache. 123. Ara tricolor Le Vaill. Gosse, p. 260. Die Macaos, Mexico zur Regenzeit verlassend, kamen wohl im Winter jeden Jahres nach Jamaika, wo sie an der Westküste in Höhen von 2500—3000' sich aufhalten. Gosse giebt besonders Ara tricolor an, nach seinem Mitarbeiter Hill kömmt auch Ara militaris hin, und Latham führt, auf die Autorität von Brisson ge- stützt, auch Ara aracanga u. ararauna als Bewohner Jamaikas auf. 124. Ara militaris Gosse, p. 261. 125. Ficus varius Gosse, p. 270. Gosse erlegte fünf Exem- plare in den Monaten Dezember, Januar, Februar, und glaubt, dass sie alle Winter von N.-Amer. nach Jamaika kommen. 126. Saurothera vetula Vieill. Gosse, p. 272. Der Regenvogel ist nicht selten auf Jamaika. Da er nur kurze Flügel hat, hüpft er mehr mit hochgehaltener Brust auf. sumpfigen Stellen, sucht sich Insekten, Amphibien etc., ähnelt im Wesen dem Crotophaga. 127. Coccyzus Americanus Lin. Gosse, p. 279. Dieser Kuckuk kömmt Anfang Mai nach Jamaika und hält sich während des Sommers dort auf, während die andern dort vorkommenden Standvögel sind. 48. Coccyzus seniculus Lin. Gosse, p. 281. Zur Ornithologie von Jamaica. 203 49. Piaya pluvialis Gm.*) Gosse, p. 277. . 50. Crotophaga ani Lin. Gosse, p. 282. Beide Geschlechter dieses hier sehr häufigen Vogels sind gleich gefärbt, der scharfe Kiel am Oberkiefer ist an beiden gleich stark entwickelt. ■f 51. Centurus radiolatus Wagl. Gosse, p. 271. ' 52. Conurus nanus (Vig.) Psittacara nana Vig. Zool. Journ. p. 273. C* flaviventer 'Gosse, p. 263. Beide Geschlechter haben äusserlich keinen Unterschied, d 53. Chrysotis ' agüis (Lin.) Psittacus agilis Gosse, p. 266. - f 54. Chrysotis collaria (Lin.) Ps. coüarius Lin. S. N., p. 149. P. leucocephalus Gosse, p. 269. Pionus vinaceicollis Lafr. R. Z. 1846, p. 321. Sclater vermuthet, dass, weil sich C. leucocephala auf Cuba, C. Sallaei auf S. Domingo, Chr. collaria auf Jamaika, Chr. vittata in Porto -Rico ungemein ähnlich sehen, sie von einem Chr. priscus ab stammen, aus einer Zeit, als diese Inseln noch ein Ganzes bildeten. ■VC-128. Cathartes aura Illig. Gosse, p. 1. Dieser Vogel ist nicht in grosser Anzahl auf Jamaika, wird aber oft auf seinen Raubzügen bemerkt. Da er in Cuba und Trinidad, aber nicht in Hajti und den Inseln der Caraibischen See vorkommt, vermuthet Hill, dass er von Cuba nach Jamaika, nach Cuba aber von Florida gewandert sei. Es werden auf den ersten 10 Seiten von Gosse’s Werk viele Anekdoten erzählt, die von den scharfen Sinnen dieses Geiers Zeugnis s ablegen , beson- ders auffallend ist aber die Beobachtung, die von vielen glaub- würdigen Leuten gemacht sein soll, dass er öfter mit schwarzen Haushennen und schwarzen Truthennen, den Coitus vollziehen soll, ohne ihnen sonst ein Leid anzuthun; die Hennen stürben aber nach einiger Zeit an Krankheiten der Geschlechtsorgane. 55. Hypotriorchis columbarius. Falco columbarius Gss., p. 17. 129. Buteo borealis Bechst. Gosse, p. 11. *) Da der Regen-Kuckuk (Rain-Bird Sloane) mit gleichem Reckte zu Coccyzus wie zu Piaya ( ! ) gebracht werden kann, auch Beziehungen zu Sau- rothera nicht zu verkennen sind, so bleibt die generische Stellung dieses eigen- thümlichen Vogels zweifelhaft und wird derselbe füglich als Typus einer eige- nen Gruppe betrachtet werden müssen: Gen Hyetomantis, (von vtrouavrig, £io$, o, Regenprophet). Typus: Hyet. pluvialis. — Cuculus pluvialis Gm. — Coccyzus jamaicensis (Briss.) Hartl. — Piaya cinnamomeiventris Lafr. — Piaya pluvialis Sclat. Der Herausgeber. 204 R. Albrecht: Das ganze Jahr hindurch fliegt dieser Falke in grossen Zir- kelzügen über die Gefilde Jamaika’s. 130. Falco anatum Bp. Gosse, p. 16. Nur ein Exemplar erhielt Gosse, das im März 1846 erlegt war. 4131. Morphnus urubitinga Cuv. - 4-132. Pandion Caroliniensis Bon. i 133. N aucler us furcatus Vig. Diese drei Falken sind von Hill, aber von Gosse selbst nicht auf Jamaika beobachtet. 56. S trix pratincola Bp. Gosse, p. 23. 57. Pseudoscops grammicus (Gosse). Ephialtes grammicus Gosse, p. 19. Otus grammicus Kaup. Tran. Zool. Soc. IV., p. 231. I 58. Patagioenas caribaea (Linn.) Bp. Consp. Av. II., p. 54. Columba caribaea Gosse, p. 299. 59. Patagioenas leucocephala (Linn.) Columba leucoc. Gosse, pag. 299. I 60. Chloroenas inornata (Vig.) Bp. Consp. Av. II., p. 53. Co- lumba rufina Grosse p. 296. [ 61. Zenaida leucoptera (Linn). Turtur leucoptera Gosse, p. 304. 62. Zenaida amabilis Bp. Gosse, p. 307. 63. Chamaepelia passerina (Linn.) Gosse, p. 311. \ 64. Geotrygon montana (Linn.) Gosse, p. 320. 134. Peristera Jamaicensis. Gosse, p. 313. Diese Taube, von den Einwohnern Jamaika’s „Weissbauch“ genannt, zeichnet sich vor den andern, die wie P. caribaea fast nie den Boden berühren, sondern immer auf den Bäumen leben, dadurch aus, dass sie viel auf der Erde herumläuft, wozu sie durch ihre stärkeren Beine geschickt ist. -/ 1 35. Geotrygon sylvatica Gosse, p. 316. Sie hält sich in den dichtesten Bergwäldern zurückgezogen. Gosse hält sie für Columba sylvatica major nigro caerulescens in Browne’s Jamaica p. 468, und für den schönsten Vogel dieser Insel neben dem langschwänzigen Kolibri. ^ / 136. Starnoenas cyanocephala. Gosse, p. 324. Obgleich Albin, Brisson, Buffon und Temminck diesen Vogel als einheimisch auf Jamaika angeben, glaubt Gosse, dass er zwar sehr häufig von Cuba hingebracht, höchstens aber in den ab- schüssigen Wäldern, im N. der Insel, einheimisch sei. 65. Numida meleagris (Linn.) Gosse, p. 325. Von Afrika eingeführt. | Gosse, p. 19. Zur Ornithologie von Jamaica. 205 66. Ortyx virginianus (Linn.) Grosse, p. 328. Yon den vereinigten Staaten eingeführt seit 100 Jahren. 67. Aegialitis melodus Grosse, p. 330. / 137. Aegialitis vociferus Glosse, p. 300. Zum grössten Theil Wintergäste. 138. Aegialitis semipalmatus ; 139. Charadrius Virginiacus 140. Squatarola Helvetica j 141. Strepsilas interpres Diese Yögel hält Gosse, nach Hill’s Angaben, für Bewohner Jamaika’ s. 68. Gallinago Wilsonii (Temm.) Gosse, p. 353. 69. Gamhetta melanoleuca (Gm.) Totanus mel . Gosse, p. 352. 70. Rhyacophilus solitarius ( Tringa solitaria Wils.) Totanus chloropygius Gosse, p. 350. 142. Totanus flavipes Bechst. Gosse, p. 351. 71. Tringoides macularius (Linn.) Actitis macularius Boie. Gosse, p. 349. 72. Tringa Wilsonii Nutt. — Pelidna pusilla Gosse, p. 348. 4- 73. Tringa Bonapartii Schleg. 74. Herodias egretta (Gm.) Baird, p. 666. Dieser von Gosse nicht erwähnte Vogel hat einen gelben Schnabel mit schwarzem Fleck am Oberkiefer. Osburn hat ihn als Egretta leucef im Zoologist p. 6932 beschrieben. 75. Garzetta candidissima Bp. Baird p. 665. Gosse, p. 336. Osburn in Zoologist, p. 6932. Osburn beschreibt ihn: „Schnabel schwarz ausser am Grunde, welcher gleich der Stirn hellgelb ist; Tarsen vorn schwarz, hin- ten, wie die Zehen, grünlich gelb.“ f 76. Florida coendea (Linn.) Baird p. 671. Egretta coerulea et E. nivea Gosse, pgg. 334 u. 337. Osburn in Zoologist p. 6932. Zwei Exemplare, von denen eines blau gefärbt, das andere in dem weissen Jugendkleide ist. ( E . nivea Gosse.) 5 143. Egretta ruficollis Gosse, p. 339. Diesen von ihm entdeckten, nur in zwei Exemplaren gefun- denen Vogel hält Gosse für einen Standvogel in Jamaica. Er ist nach ihm durch die grosse Länge seines Darmkanals, der 7,2" mass, vor den verwandten Arten ausgezeichnet. 4144. Herodias virescens Bp. Gosse, p. 341. Gosse, p. 333. 206 R. Albrecht: Dieser Reiher wird, wenn auch einzeln lebend, sehr häufig auf der Insel angetroffen. 4145. Nycticorax Americanus Steph. Gosse, p. 344. Dieser Yogel wird oft in den Sümpfen gehört, aber selten gesehen, und ist als ein scheuer Yogel schwer zu schiessen. 77. Ardeola Herodias Linn. Gosse, p- 346. - 78. Ardetta exilis (Gm.) Gosse, p. 343. -4 79. Nycticorax violaceus Linn. ^ 148. Platalea ajaja ) ... 1 49. Ibis rubra 150. Numenius longirostris ■ 151. Numenius Hudsonicus ? aut Ibis alba f ) Diese sechs Yogel Arten sind von Hill öfter gesehen, Egretta leuce sah Gosse selbst und Ibis rubra kömmt in manchem Winter sehr zahlreich, wie 18£f zugleich mit den beiden zuletzt genannten. -f- 80. Aramus giganteus (Bp.) Baird. B. N. Am. p. 657. Nothe- rodius holostictus Cab. Jour. f. Ornith. 1856, p. 426. Aramus sco- lopaceus Gosse, p. 355. 81. Rallus crepitans (Gm.) Baird, p. 747. Rallus longirostris Gosse, p. 364. 152. Rallus concolor Gosse, p. 369. f- 82. Porzana carolina (Linn.) Gosse, p. 371. 83. Porzana jamaicensis (Gm.) Gosse 375. 84. Cr ex minuta (Lath.) Gosse, p. 372. ~f~ 85. Fulica americaria Gm. Gosse, p. 384. 86. Gallinula galeata (Licht.) Gosse, p. 381. 87. Porphyrio martinicus (Linn.) Gosse, 377. 153. Himantopus nigricollis Yieill. Gosse, p. 386. Gosse sah ihn vom December bis Mai öfter. • f 154. Recurvirostra Americana. Gosse, p. 389, ist nach Hill ein nur seltener Gast Jamaika’s. 155. Phoenicopterus ruber Linn. Gosse, p. 390. — 156. Dendrocygna arborea Sw. Gosse, p. 395. 157. Dendrocygna autumnalis Gosse, p. 388, selten. 158. Anas maxima Gosse, p. 399. 159. Cyanopterus inornatus Gosse, p. 402. Gosse giebt an, dass diese von ihm aufgestellte Art für das Zur Ornithologie von Jamaica. 207 Weibchen von C. discors gehalten ist. Sclater zweifelt noch an der Selbstständigkeit dieser Art. 88. Querquedula clypeata (Linn.) Gosse, p. 401. -|89. Spatula clypeata (Linn.) Gosse, p. 408. Rhynchaspis. / 160. Erismatura spinosa. Gosse, p. 404. 161. Chen hyperboreus. — 162. Ans er Canadensis. 4 163. Dafila acuta. — 164. Poecilonetta Bahamensis. 165. Mareca Americana , — 166 Aix sponsa. 167. Querquedula Carolinensis. — 168. Chaulelasmus streperus. 169. Anas obscura. — 170. Anas boschas. ; , 171. Cairina moschata. — 172. Oedemia perspicillata. 4— 4 173. Fuligula Americana. — 174. Fuligula affinis. *4- / 175. Fuligula rufitorques . — 176. Nyroca leucophthalma führt " Gosse, p. 408, nach Hill’s Angabe, zum Theil von ihm selbst ge- sehen auf. 4 90. Podilymbus podiceps (Linn.) Baird, p 4- 91. Podiceps dominicus Gosse, p. 400. 92. Sterna regia Gambel. Baird, p. 858. Gosse, p. 431. ~f 177. Pelecanus fuscus Gosse, p. 409. • 178. Sula fusca Gosse, p. 417. 179. Sula fiber. -- 180. Sula piscator. — 181. Sula parva von Gosse, p. 438, angegeben, aber noch nicht genau bestimmt. .4 182. Fregata aquilus Gosse, p. 422. : 183. Phaeton aethereus Gosse, p. 430. 4 184. Hydrochelidon fuliginosa Gosse, p. 433. — 185. Megalo- ' pterus stolidus. ■ — 186. Talasseus Cantiacus Gos., p. 434. Die Eier dieser drei Arten werden auf den Neben-Inseln, Pedro Kays, in grosser Anzahl gesammelt. 4 187. Sterna argentea Bp. — 188. Hydrochelidon nigra Boie. J 189. Xema atricilla Bp. Gosse, p. 437. ' 190. Thalassidromaf Gosse, p. 437. Ein Sturmvogel ward im Winter 1846 nach einem Sturm an der Küste gefunden. 1 , 191. Alca/t Gosse, p. 437. Auf den Gipfeln der Blue-Moun- tains wohnt ein Yogel, der eine Alca zu sein scheint. 898. Gos., p. 438. Thalasseus cayanus V- y 208 Dr. C. Bolle: Notiz, Alca impennis betreffend. Briefliche Mittheilungen, Oecono- misclies und Feuilleton. IVotix, Alca impennis betreffend, mitgetheilt von Dr. Carl Bolle. Um der Preyer’schen Aufforderung hinsichtlich noch in den Museen vorhandener Individuen des in der Ueberschrift genann- ten Vogels unsererseits nachzukommen, beeilen wir uns aus einem Briefe Dr. Hartl aub ’s an den Schreiber dieses vom 1. Mai d. J. Folgendes mitzutheilen: „In der Bremer Sammlung befindet sich ein prachtvolles Exemplar der Alca impennis. Dasselbe erstand ich für 40 Thlr. von dem Naturalienhändler Salm in in Hamburg, bei Gelegenheit von dessen Anwesenheit in Bremen , zur Zeit der V ersammlung deutscher Aerzte und Naturforscher in unserer Stadt. Für dieses Exemplar sind mir von England aus bereits 50 Pfund Sterling geboten worden. Wissen Sie, dass ganz kürzlich in einem ver- staubten Winkel des Royal College of Surgeons in London zehn Eier der Alca impennis entdeckt worden sind ! ! ! Eine grosse Arbeit über Alca impennis steht von Seiten Alfred Newton’s bevor. Kein Zweifel mehr an dem Didus- Schicksal des Vogels.“ Uebrigens bin ich im Stande, den von Herrn Preyer citirten Namen des grossen Alks, einen neuen hinzuzufügen: denjenigen nämlich, welchen die ersten französischen Neufundland- und Ca- nadafahrer der Sprache der Ureinwohner jener Insel entnahmen und in ihren Berichten aufgezeichnet haben. In der Reisebe- schreibung Jacques Cartier’s, welcher unter der Regierung Franz I. 1534, die Gewässer von Terre-neuve und den St. Lorenzgolf be- fuhr, geschieht der Alca impennis gelegentlich des Besuchs der Vogelinsel (Isle des oiseaux) Erwähnung, welche ein und dieselbe mit dem jetzt Funk-Island genannten Lande ist, wo, wie wir wissen, grosse Knochenanhäufungen heut noch von der früheren Häufigkeit des nordischen Pinguins zeugen. Trotz des dieselbe umgebenden Eises liess Cartier seine Boote auf ihr landen, um sich daselbst mit Proviant, den das Fleisch der Seevögel lieferte und zu dem die Brillenalken, zweifelsohne als die grössten, am meisten beigesteuert haben werden, zu versehen. Vögel überhaupt waren dort in unglaublicher Menge vorhanden. „Die etwa eine Dr. C. Bolle: Alca impennis. — Dr. Sommer: Bastardbildung. 209 halbe Meile im Umkreis haltende Insel, sagt der Bericht, ist so voll davon, dass es scheint, als seien sie express hingebracht und fast wie gesäet. Nichts destoweniger giebt es noch hundert mal mehr drum herum und in der Luft darüber, als darauf. Einige sind so gross wie Elstern*), schwarz und weiss, mit einem Ra- benschnabel. Sie halten sich immer auf der See, um so mehr, da ihre Elügel klein, nicht grösser als eine halbe Hand, sind; dennoch schiessen sie auf der Wasserfläche mit derselben Geschwindigkeit dahin, wie andere Yögel in der Luft. Sie sind enorm fett und die Eingeborenen nennen sie Apponath. Von diesen luden wir zwei unserer Boote in weniger als einer halben Stunde voll, als wären es Steine gewesen, so dass auf jedem Schiffe vier bis fünf Tonnen davon eingesalzen wurden, die nicht gerechnet, welche wir frisch verzehrten.“ Auch die in denselben Meeresstrichen gelegenen Margaux- Inseln wurden damals mit Apponath’s bevölkert angetroffen und gewährten ausserordentlich reiche Jagdbeute davon. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass die Eisbären schwimmend zu den Yo- gelinseln herüberkämen. Diese mögen unter den nicht flugfähigen und durch ihre Grösse am meisten zum Raube eines so gewaltigen Fleischfressers geeigneten Pinguinen am s tärksten aufgeräumt haben. Die französischen Akadier sollen dieselben Yögel später Bar- ricardieres geheissen haben. lieber Bastardjbildung. Von Rector Dr. Sommer , in Salzungen. Mitgetheilt von Prof. W. Peters.**) Yon den fraglichen Bastardir ungen kenne ich vier posi- tive Fälle, zwei zwischen Enten und Hühnern , einen zwischen Enten und Gänsen und einen zwischen Perlhuhn und Pfau oder Truthuhn. Den ersten habe ich beobachtet nach der Mitte der zwanziger Jahre auf dem Hofe Oeblitzmühle, halbwegs von Naum- burg nach Weiss enfels, Goseck gegenüber, wo ich meistentheils meine Schulferien zubrachte. Dort war aus einem Entenei ein *) „Grands comme pies.u Diese viel zu kleine Grössenbezeichnung muss auf einem lapsus calami beruhen , da die übrige Beschreibung vollkommen übereinstimmt und erstens im hohen Norden nur ein flugunfähiger Yogel exi- stirt, zweitens Funk-Island, als Wohnplatz der Alca impennis bekannt, deren zur Zeit seiner Entdeckung noch viel mehr als später besitzen musste. **) Als ich im vorigen Herbste das Vergnügen hatte , eine Zeitlang mit dem trefflichen Prof. Lenz in Schnepfenthal zusammen zu sein, kamen wir auch Journ, f. Ornith., X. Jahrg. Nr. 57, Mai 1862. X4 210 Rector Dr. Sommer: dunkelfarbiges Mittelding zwischen Huhn und Ente hervorgegan- gen, in der Körperform jedoch mehr der Ente, am Kopfe und in der Schnabelbildung mehr dem Huhne gleichend, mit vollständi- gen Hühnerfüssen, deren Zehen jedoch bis zur Hälfte durch eine Schwimmhaut verbunden waren. Flügel und Schwanz waren noch nicht ganz entwickelt, als ich das seltsame Geschöpf während der Hundstagsferien täglich vor Augen hatte. Es hielt sich zu der Entenbrut, unter welcher es ausgekommen war, liess sich mit diesen aufs Wasser treiben, schwamm auch recht gut, kehrte aber immer bald ans Ufer zurück, und ging freiwillig nur dann in’s Wasser, wenn sich’s baden wollte, und dann auch nur soweit, als es gründen konnte. Ob Männchen oder Weibchen konnte ich bei Ablauf meiner Ferien noch nicht unterscheiden. Als ich Ostern drauf wieder hinkam, hatte ein gewisser Thienemann in Naumburg, Gastwirth im braunen oder rothen Ross, meiner Tante das Wunderthier abgeschwatzt, in einen Lattenkäfig seines Hofes neben Raubvögel und anderes Unthier gesteckt und dort während des Winters umkommen lassen. Ich alterirte mich über diesen vandalischen Eingriff in mein naturhistorisches Spezialitätsinteresse dermassen, dass ich schon den andern Tag mein Ränzchen wieder auf den Rücken nahm und der Heimath vollends zuwanderte. Natürlich liess mich das Hing nicht ruhen und ich wollte nun planmässig herstellen, was dort durch Zufall entstanden war. Den Faden, der mich dabei leiten sollte, glaubte ich schon in der Hand zu halten. Ich hatte nämlich schon beobachtet, dass ein- zelne von Hühnern ausgebrütete Entriche eine ewige Hetzjagd auf Hühner machten, hatte dann umgekehrt Hühner von Enten ausbrüten lassen und dieselbe Leidenschaft gegen Enten schon an einem noch nicht halb ausgewachsenen Hähnchen wahrgenommen, und fiel nun darauf, dass dies Paarungsneigung sein könnte, wäh- rend der Geflügellärm, der dadurch auf dem stillen Pfarrhofe meiner Eltern angerichtet wurde, ich mochte fürbitten soviel ich wollte, die Anstifter davon als unerträgliche Störenfriede regel- mässig in die Küche brachte. Wollte ich daher den beabsichtig- ten Versuch wirklich ausführen, so musste ich zur List greifen. auf Bastardbildungen zu sprechen. Derselbe theilte mir einen Fall von Bas- tardbildung zwischen Ente und Huhn mit, den ich, da er ihn nicht selbst be- obachtet hatte, bezweifelte. In Folge dieses Gesprächs hatte Hr. Prof. Lenz die Güte, mir einen Brief von Hrn. Rector Dr. Sommer zu senden, welcher die folgenden interessanten Mittheilungen enthält. Der Brief vom 23. März 1862 war nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt gewesen, indess schreibt mir Hr. Prof. Lenz, dass ich auf seine Verantwortung die folgenden Notizen in einem Journale veröffentlichen könne. W. Peters. lieber Bastardbildung. 211 Ich wusste nämlich einen Entrich, der wieder einmal recht auf die Verfolgung der Hühner versessen war, so lange vor dem Schlachten zu bewahren, bis nur noch der übrig war, der im näch- sten Jahre die Art fortpflanzen sollte, dann schaffte ich diesen letztem auf die Seite und nun musste wohl mein geheimer Lieb- ling zur Zucht behalten werden. Als die Legezeit wieder begann, traf sich’s, dass der Entrich eine besonders zahme Henne vor allen anderen bevorzugte, wodurch es mir möglich wurde, ihrer Bereitwilligkeit noch ein bischen nachzuhelfen und die Eier zu sammeln. Aus diese# waren beim Ausschlüpfen, das leider in meiner Abwesenheit stattgefunden, zwei Monstra zum Vorschein gekommen, ein in allem Uebrigen vollständiges Hühnchen, nur mit förmlichen, blos etwas höheren Entenbeinen, das aber schon in der ersten Nacht von der Alten erdrückt wurde, und ein mehr entenartiges Geschöpf mit Hühnerfüssen und einem Mittelding zwischen Enten- und Hühnerschnabel. Letzteres befiederte sich auch ganz nach Art der Enten, indem die ersten Federn nicht an den Flügelspitz eil, sondern auf den Schultern hervorzubrechen begannen. Da ich es nicht selber pflegen und überwachen, son- dern ihm von Jena aus nur Sonnabends einen Besuch abstatten konnte, und darüber sogar einigemal Reinholds Geschichte der Philosophie schwänzte, so fand ich das Thierchen, als es unge- fähr 6 Wochen alt war, wahrscheinlich zur Strafe für diese wissen- schaftliche Versündigung, von einer Kuh ertreten todt zuhause vor. Es wird dies im Iahre 1829 oder 30 gewesen sein. Der dritte Fall ist Ihnen wohl selber aus eigner Anschauung bekannt. Im Jahre 1842 führte mich der verstorbene Kriegszahl' meister Pörsch in Gotha zu Herrn Holzvogt Heyn, um mir nament- lich einen Bastard von Perlhuhn und Pfau- oder Truthuhn, — ich erinnere mich des letzteren Umstandes nicht mehr genau — zu zeigen. Dieses Thier hatte überwiegend die Körperform des Pfau, nur in kleinerem Massstabe, der Kopf war ohne Krone, aber auch ohne Horn und Backenläppchen und bloss mit grau- braunen kurzen Haaren bewachsen, das Gefieder an Hals und Brust dunkel und unscheinbar und nur Bücken und Schulterdecken wirklich geperlt, wie beim Perlhuhne. Ein genauerer Eindruck ist mir nicht geblieben, weil ich das Geschöpf nur einmal habe betrachten können. Es schlich einsam und theilnahmlos herum, wie ein Kapaun. Der vierte Fall hat sich erst vor 5 oder 6 Jahren in dem 14* 212 Reet. Dr. Sommer: Ueber Bastardbildung. Dorfe Wellenborn bei Saalfeld zugetragen. Der damalige Pfarrer Pröscholdt daselbst hatte einen Entrich, der zur Legezeit allen Gänsen, denen er beikommen konnte, auf den Rücken flog. Die Besitzer beschwerten sich darüber und der Pfarrer versprach den Schaden zu vergüten, wenn solcher entstehen sollte. Gegen den Herbst hin brachte man ihm von verschiedenen Seiten gutbeleibte Mitteldinger zwischen Gans und Ente, die er billig kaufte und sich so wohl schmecken liess, dass eben das letzte verzehrt war, als ich von meinem Bruder, der ganz in der Nähe, in Obernitz, Pfarrer ist, von diesem interessanten Vorkommniss in Kenntniss gesetzt hineilte, um zu sehen, was noch zu sehen, und zu retten, was noch zu retten war. Leider kam ich, wie so oft im Leben, auch hier zu spät. Das ist alles, was ich über dergleichen Bastardirungen in thatsächliche Erfahrung gebracht. Hätte mich der Himmel anstatt zum Schul- zu einem Fasanenmeister gemacht, so würde ich der- artigen Studien mit dem Eifer der Liebhabereileidenschaft und unermüdlicher Ausdauer obgelegen haben. Ein bloss wissen- schaftliches Interesse reicht, glaube ich, nicht hin, um solchen Fragen auf den Grund zu kommen. Soviel ist mir aber bezüg- lich der vorliegenden zur unbedingten Gewissheit geworden, dass etwas von dem Wesen des brütenden Vogels auf die ihm unter- gelegten Eier übergeht, dass sich dieses bei den männlichen In- dividuen, die aus solchen Eiern hervorgehen, vornehmlich in der Neigung äussert, sich mit der Art ihrer Pflegemutter zu paaren, und dass man mit Benutzung dieser Neigung dergleichen Bastarde beliebig hervorbringen kann. Ein Hähnchen von Tauben ausge- brütet, ist bei mir noch jedesmal das bösartigste Ding gegen Menschen und Vieh geworden, das man nur sehen konnte. Erst kürzlich noch habe ich einen von Cochinchinesen ausgebrüteten Perlhahn weggethan, weil er sich durchaus nicht mit Seinesglei- chen paarte, sondern sich bei jeder Versetzung doch immer wie- der nur an Cochinchinas anschloss. Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze: „Auch ein Wort über das Meckern der Bekassine von B. Borggreve“ in diesem Journale, Jahrg. 1860, S. 63 ff. Herr Borggreve versichert, den wie „Tikküpp“ klingenden Kehlton der Bekassine ziemlich oft von der vorderen zweier vor Pfar. Jäckel: Bemerk, über d. Meckern d. Bekassine. 213 der Paarung sich in pfeilschnellem Fluge jagenden Bekassinen gehört zu haben. Hierbei sei wegen der fortwährend sich ändern- den Richtung und Entfernung, in welcher sich der fliegende Vo- gel dem Beobachter gegenüber befinde, eine Sinnestäuschung so gut wie unmöglich. Ich glaube auch, dass die gejagte Bekassine häufig, sogar ge- wöhnlich, das Weibchen ist und besagten Ton von sich gibt. Ich glaube es, weiss es aber auch nicht in einem einzigen Falle gewiss, wenn mir nicht Flinte und Messer Gewissheit geben. Wer ausser Herrn Borggreve getraut sich, zu unterscheiden, ob ein im Fluge ausgestossener Ton von dem vorne oder hinten fliegenden Vogel herrührt, wenn nämlich die sich verfolgenden pfeilschnell dahinschiessenden Vögel, wie dies in der Begattungs- zeit der Fall ist, wenige Zolle, höchstens einen oder zwei Schuhe weit von einander entfert sind? Gewöhnliche Menschenkinder, wie ich, können das nicht und wäre ich sehr begierig, den Mann, sei es Jäger oder Naturforscher, kennen zu lernen, welcher an- geben kann, ob von zwei ruhig dahin streichenden Wasserläufern, Brachvögeln oder Limosen (ich nenne absichtlich Vögel mit sehr lauten Stimmen) der vordere oder hintere ruft. Herr Borggreve irrt, wenn er die gejagte Bekassine immer für das Weibchen hält und auf das Geschlecht des Vogels nur schliesst, je nachdem derselbe Jagender oder Gejagter ist. Bis die Ehen der Vögel fest geschlossen sind, und noch Wochenlang darnach haben die Männchen oft genug Nebenbuhler abzutreiben. Am 8. Mai 1856 sah ich ein auf den feuchten Wiesen am Bücher Eichwäldchen bei Neuhaus sich aufhaltendes Bekassinen-Männchen in den Nist- bezirk eines in den Bücher Weihern wohnenden Pärchens, dessen Männchen sich aber hoch in der Luft herumtrieb, begehrlich ein- dringen. Noli tangere circulos meos! und hinschoss auf den Ein- dringling der eifersüchtige Eheherr, trieb ihn eine gute Strecke fort, kehrte zurück, schnurrte triumphirend etliche Male und fiel dann bei der Geliebten ein. Meine Behauptung, dass ich von einem und demselben In- dividuum das Schnurren oder Mäckern und das Tikküpp gehört habe, bezweifelt Herr Borggreve, ob er gleich mich längst nach meiner Sprache als einen nüchternen ehrlichen Beobachter schätzen gelernt hat, und hinter meine Mittheilungen in der Naumannia 1858, Seite 490 ff. viel lieber drei Ausrufer als drei Fragezeichen setzen möchte. Auf Zweifel war ich gefasst und habe mich 214 Pfarrer J. Andr. Jäckel: Seite 492 a. a. 0. darüber des Näheren ausgesprochen. Ich m u s s Herrn Borggreve verzeihen, wenn er meinen Angaben miss- traut, seinen Mittheilungen aber müssen die Leser, natürlich auch ich, auf das Wort glauben; denn otvrög ecpa. Was er frei- lich mit der allergrössten Genauigkeit sah, nämlich das Yibriren der Schwungfederspitzen, das hat seit der Zeit, wo man anfing, die Erscheinungen in der Natur anders zu betrachten, als der Schäfer von seinem Strickstrumpf aus, Niemand bezweifelt, wenn er sich nach Yater Naumann darum bemühen und die Augen auf- thun wollte. Ich habe die von Herrn Borggreve berichtete Thatsache längst geglaubt und war nie anderer Meinung, und hätte es der feierlichen Versicherung wegen der guten Augen und Ohren wenigstens mir gegenüber nicht bedurft. Ich bin nicht so ungläubig, als jene bayerische Sennerin, welche den ihr für einen Kuss versprochenen, angeblich in die Joppe des zärtlichen Jemsenjägers eingenähten Dukaten selbst dann noch herausge- schnitten sehen wollte, als der Kussbegierige beleidigt versicherte, wenn er sage: „uff Ehre! so sei es so viel als uff jeschnitten.“ Ich glaube Herrn Borggreve auf’s Wort. Derselbe hat seine Be- obachtungen in Ost- und Westpreussen, ich, ein Bayer, die mei- nigen in dem bierumschlungenen Böotien, dem Winkel politischer und anderer Finsterniss, gemacht. Daher kommt’s wohl, dass ich glauben muss und Herr Borggreve zweifeln darf. Er thut dies, weil meine Mittheilung der ziemlich bestimmten Behauptung Naumann’s widerspricht , dass nur das Bekassinen - Männchen schnurren, das Weibchen dagegen Tikküpp rufe, und letztere Behauptung auf Beobachtungen beruhe, von denen sich in der Regel etwas mehr wie 99 pCt. zu bewähren pflege. Naumann hat bekanntlich nie von einer fliegenden Bekassine das Tikküpp gehört, Herr Borggreve ist der Glückliche, welcher diesen Laut im Fluge gehört und dem anerkannten Grossmeister deutscher Vogelkunde eine nicht erkannte Wahrheit nachgewiesen haj. An- dere wussten es zwar längst, dass es also sei; bevor aber Herr Borgg. es hörte, waren die Beobachtungen derselben apokryph. Naumann bezweifelt übrigens nur die Bechstein’sche Angabe, dass zuweilen das Weibchen sich wie das Männchen hoch in die Luft schwinge und jene meckernden Töne hervorbringe. „Ich habe“, sagt er, „trotz unzähliger Beobachtungen so Etwas nie bemerkt. Auch ist mir nicht glaubhaft, dass auch das Männchen zuweilen Tikküpp rufe, obgleich ich dieses nicht behaupten mag, weil diese Bemerkungen über das Meckern der Bekassine. 215 lieblichen klaren Töne oft auch, ohne dass sich gerade ein wie- herndes Männchen in der Luft herumtummelte, anscheinlich ohne, wenigstens sichtbare Veranlassung aus dem grünen Sumpfgefild ertönen.“ Naumann hat also in diesem Punkte nicht absprechen, sondern künftiger Forschung Raum verstatten wollen. Es ist lobenswerth, dass Herr Borggreve vor Naumann’s Forschungen grossen Respekt hat und sich besinnt, ehe er ihm widerspricht. Denn heutzutage kann es Vorkommen, dass Jemand nie eine Be- kassine hat schnurren hören, endlich den berüchtigten Laut ver- nimmt, sogleich weiss, wie er entsteht, zur Feder greift und einem Forscher Irrthümer nachweisen will, welcher bei Abfassung sei- ner Naturgeschichte der Vögel Deutschlands dem Grundsätze „no- num prematur in annum“ drei- und vierfach Genüge gethan und anerkanntermassen mit einer Schärfe der Sinne ausgestattet war, wie nicht leicht ein Anderer. Wollen wir also nicht vorwitzig sein und Augen und Ohren gehörig aufthun, ehe wir einem sol- chen Beobachter widersprechen. So habe ich es bisher gehalten und so werde ich ferner thun. Nun habe ich mich aber mit aller Gewissheit überzeugt, das letzte Mal am 6. Mai 1859 in den Weihern bei Hesselberg und Poppenwied, dass auch die schnur- rende, also die männliche Bekassine, und zwar im Fluge, zuwei- len Tikküpp ruft. Dasselbe hat Pralle beobachtet, desgleichen der verstorbene Diezel, welcher anführt, dass die männliche Be- kassine nicht selten unmittelbar vor dem Mäckern ihr „Gazzi, Gazzi“ aus der Luft vernehmen lasse, und endlich der Recensent der zweiten Auflage der Diezel’schen Erfahrungen aus dem Ge- biete der Niederjagd,*) welcher versichert, sich hiervon durch eigene Wahrnehmung so vollständig überzeugt zu haben, dass ein Zweifel nicht übrig geblieben sei. Ich stehe demnach mit mei- ner Beobachtung nicht allein. Und was mein Auge sieht und mein Ohr hört, das glaubt mein Herz. Nach Herrn Borggreve ist die Feststellung des Instruments, welches den Schnurrlaut hervorbringt, einmal eine Sache, die durch Stimmenmehrheit von wirklich mit guten Sinnen versehenen Beobachtern entschieden werden muss. Um die Stimmenmehrheit ist es eine eigene Sache, und viele der resp. Leser werden mit mir anderer Meinung sein. Die guten Sinne anlangend, wünschte ich übrigens zu wissen, was derjenige, welcher in der Sache mit- *) Allgemeine Forst- und Jagdzeitung von Dr. Gustav Heyer, 1857. Seite 296 ff. 216 Pfarrer J. Andr. Jäckel: reden will, zu thun hat, um sich als stimmfähig zu documentiren. Reicht z. B. für mich ein Zeugniss meines Arztes hin, contrasig- nirt vom Landgerichts-Physikate? oder habe ich mich zur Unter- suchung irgendwem zu stellen? und wem? Mathematisch lässt sich nach Herrn B. nicht beweisen, dass zwei Beobachtungen, die Jemand mit verschiedenen Sinnen macht, in ursächlichem Zusammenhänge stehen. Wirklich nicht? Wenn ich also z. B. einen Hasen mit zerschmettertem Hintertheile auf der Erde elendiglich herumrutschen sehe und zugleich ein erbärm- liches Geschrei höre, oder wenn ich eine sitzende Krähe ge- wahre, welche den Schnabel aufreisst und Verbeugungen macht, während zu gleicher Zeit mit dem Schnabelaufreissen und aus der Richtung der Krähe her rauhes Gekrächze an mein Ohr schlägt, oder endlich (alle guten Dinge sind drei), wenn ein Trut- hahn seine schon ganz abgenützten Schwungfedern unter einem gewissen Rauschen zur Erde stösst, so kann ich nicht sagen, dass das Umherrutschen des Hasen und das Schnabelaufsperren, sammt den Bücklingen des Raben mit dem Geschreie und resp. Krächzen dieser Thiere und das Flügel-Rauschen des Puters mit dem Aufstossen der Schwingen auf die Erde in ursächlichem Zu- sammenhänge steht? Freilich so, wie ich mit Göthe sagen und mit Adam Riesens Rechenbuch beweisen kann, dass „vier und fünf ist neun, und zwei davon, bleibt sieben“, gerade so kann ich nicht beweisen, dass das Vibriren der Schwungfeder-Spitzen der abstürzenden Bekassine und der Schnurrlaut in ursächlichem Zusammenhänge stehen. Herr B. hat ganz Recht, wenn er sagt, dass wir selbst dann, wenn eine wohlerzogene Bekassine auf freundliches Zureden mit gespreizten und vibrirenden Federn in der Stube Salto mortales schlagen und den „Nesthockern“ in 1| füösiger Sehweite vormäckern wollte, mathematisch noch nicht beweisen könnten, dass der verschmitzt genug aussehende Vogel sich nicht ein Vergnügen daraus mache, seinen Laut trotz aller äusseren Anstrengungen gar mit demselben Instrument hervorzu- bringen, welchem Naumann das Murksen bei seiner zahmen Wald- schnepfe zuschreibt. Hiezu ist zu bemerken, dass Naumann sagt, dass die zahme männliche Schnepfe nicht selten auch ihre Balz- töne ausstösst, wo man nach jedem ausgestossenen „Psiep“ dumpf- murmelnde Bauchtöne vernimmt, welche klingen, als kämen sie aus dem Hintern. Er sagt nicht ; „sie kommen aus etc.“, sondern : sie „klingen als kämen sie etc.“ Aber, wie gesagt, Herr B. hat Bemerkungen über das Meckern der Bekassine. 217 vollkommen Recht, auch darin, wenn er auf die Möglichkeit hin- deutet, dass sogar noch der s. v. Hintere der Bekassinen als das Meckerinstrument bezeichnet werden könne, da die verschiedenen und doch bewiesenen Ansichten gelehrt hätten, was Alles a priori bewiesen werden könne. Auf dem geraden Wege zu dieser Er- klärung sind wir ja ohnehin schon gewesen, als wir bei den Schwanzfedern angelangt waren. Noch ein kühner Schritt und — „es farzt die Hexe,*) es stinkt der Bock.“ Dann haben wir ausser Kehl-, Erschütterungs-, Kiel- und Schwanzmäckereien auch noch s. v. — Mäckerer. Wenn etwa Jemand Lust trägt, den Steiss in Alfaire zu nehmen, so empfehle ich ihm die angeführte Stelle aus Göthes Hexenchor zur Benutzung als klassisches Motto und erlaube mir, auf unsere bekannten Bombardierkäfer, Brachi- nus crepitans und explodens > Bombarda , Sclopeta, efflans und exhalans, als Analoga aus dem Bereiche der Zoologie, aufmerk- sam zu machen. Diese Käfer pflegen nämlich auf der Retirade vor ihren Verfolgern denselben ein belästigendes Feuer in das Angesicht entgegen zu protzen, eine Kunstfertigkeit, von der sie, erkundet hat man das noch nicht, auch in der Begattungs- zeit zu Freudenschüssen Gebrauch machen dürften. Es ist Schade, dass ein gezähmtes Bekassinen -Männchen auf freundliches Zureden im Zimmer nicht mäckern wird. So wenig der Gamsbock unserer Alpen der freundlichen Einladung: „Liebes Jemschen halt man still, weil man dir mal runterpuffen will,“ Folge leistet, ebensowenig wird die wohlgezogenste Bekassine Jemanden Etwas vorschnurren. Und wenn sie es thäte, ich stimme hier Herrn B. im vollsten Ernste bei, so würde der Streit über das Mäcker-Instrument doch nicht abgethan werden. Der Todten- kopf-Schwärmer (Acherontia Atropos) bringt nach Art der Bock- käfer ( Cerambyces ), der Julikäfer (Melolontha Fullo) und des Windisch-Schwärmers (Sphinx Convolvuli) einen eigentümlichen lauten Ton hervor. Man weiss, dass die fraglichen Laute bei den Ceramby einen und dem Julikäfer auf mechanischem Wege durch Reibung des Rückenschildes an den Flügeldecken oder der letz- teren am Hinterleibe entsteht, man sieht, wie der Todtenkopf- Schwärmer bei dem Schreien das Bruststück und den Hinterleib bewegt, man kann hiebei den frisch geschlüpften oder gefange- nen, ruhig dasitzenden riesigen Schwärmer 3 bis 4 Zoll vor der ') Donnerhexe, Donnerbock, Moosbock sind alte Namen der Bekassine. 218 Pfarrer J. Andr. Jäckel: Nase mit blossen Augen, mit Brille oder Loupe con amore be- trachten, kann ihn schreien lassen, so oft man will, was er, bei- läufig gesagt, nicht auf freundliches Zureden, sondern nur dann tliut, wenn man ihn durch Berührung belästigt oder drückt, und trotz diesem Allen weiss die gelehrte Welt, Dank der deutschen Gründlichkeit, heute noch nicht gewiss, ob der mehrbesagte Laut durch Beibung der Flügel am Bruststück oder des Kopfes am Bruststück, oder des Bruststücks am Hinterleib, oder des Rüssels und der Bartspitzen oder endlich vermittelst eines besondern Organes im Innern des Schmetterlings entsteht. Tout comme chez nous. Mathematisch lässt sich natürlich nichts beweisen und — „was du mit Händen nicht greifst, das scheint dir Blinden ein Unding.“ Nachdem Herr B. seine Stimme für die Flügeltheorie abge- geben hat, sucht er sie noch durch eine wichtige, bisher nirgends erwähnte Thatsache zu motiviren. Das nicht aufgescheucht flie- hende; sondern aus eigenem Antriebe aufgestandene, die Gattin jagende Bekassinen - Männchen bringe bei jeder Wendung und neuen Schrägstellung der Flügel während des pfeilschnellen, meist nahe über der Erde sich hinbewegenden Fluges Laute hervor, welche man am besten mit dem Ausdrucke „Schnurren im ver- jüngten Maassstabe“ bezeichnen würde. Diese Laute hat er nur in der Paarungszeit während der jedesmaligen seitlichen Neigung des Vogels bei plötzlichen Wendungen und nur von jagenden Männchen vernommen, doch hütet er sich wohl zu behaupten, dass sie nicht auch sonst erschallen. Da hat er gar nicht übel d’ran gethan. Einen kurzen Schnurrlaut hört man im Momente einer urplötzlichen Schwenkung im Fluge sowohl von der männlichen, als von der weiblichen Bekassine und zwar zu jeder Jahreszeit. Oder will Herr B. wirklich behaupten, dass trotz vollständigster Uebereinstimmung im Baue des männlichen und weiblichen Be- kassinen-Flügels nur das verfolgende Männchen ein hörbares dumpfes Sausen (denn diess und nichts Anderes ist das Schnur- ren im verjüngten Maassstabe) hervorbringe, das verfolgte Weib- chen aber diese von beiden Gatten im nämlichen Augenblicke vollkommen gleichmässig ausgeführte Schwenkung ohne Erzeugung von Luft und Schallwellen, also lautlos, mache? Das wäre in der That eine starke Behauptung, die Herr B. nicht wagen wird. Er wird übrigens sagen, das von ihm gemeinte „Schnurren im verjüngten Maassstabe“ sei etwas Anderes, als der von mir ge- Bemerkungen über das Meckern der Bekassine. 219 meinte Laut. Dieser solle allerdings nicht bestritten werden, je- ner aber sei viel stärker und werde nur zur Begattungszeit ge- hört. Ich bedaure, unhöflich sein und sagen zu müssen, dass das nicht wahr ist. Wenn zwei Bekassinen eine urplötzliche Schwen- kung machen, so muss der hiedurch erzeugte Ton noch einmal so stark sein, als wenn diese Schwenkung nur von einem dieser Yögel gemacht wird. Weil aber unser Wasserschnepfchen ausser der Begattungszeit höchst ungesellig ist, sich nicht das Mindeste darum kümmert, ob zwei oder hundert Stücke zugleich mit ihm auf einem Moose liegen, vom Nachbar oder der Gesammtheit ganz und gar nicht beeinflusst, einzeln aufsteht, wenn es vom Jäger oder Hund hinausgestossen wird und dann fortstreicht, ohne darauf zu achten, wohin sich der nächste Genosse wendet, Charakterzüge, welche dadurch nicht aufgehoben werden, dass man in sehr guten Bekassinen-Lagen manchmal einen kleinen Haufen zufällig sich vereinigen und mit einander streichen sieht, so hat Herr B. das mehrerwähnte Schnurren im verjüngten Maass- stabe aber nur im Frühjahre von zwei sich jagenden Gatten, nicht aber im Herbste auf der Bekassinenjagd hören können, vorausgesetzt, dass er diese Jagd praktisch kennt. Schliesslich bestreitet er die Richtigkeit einzelner der in Altum’s und meinen Aufsätzen über die sosehr breit gedroschene Mäckerge schichte angewendeten Analogieen und Voraussetzungen. Was mich betrifft, kann Herr B. da und dort Recht haben. Augustins Grundsatz: „Dicant qui possunt, si tarnen possunt pro- bare, quod dicunt; ego me ignorare confiteor,“ ist jederzeit auch der meinige gewesen. Habe ich geirrt, was ja recht wohl sein kann, so bin ich Herrn B. zu aufrichtigtem Danke verpflichtet, wenn er dieses nachgewiesen hat. Darüber werden sich die ver- ehrlichen Leser unseres Journales ihr Urtheil gebildet haben. Er hat mich indessen in einem und dem anderen Punkte gewiss nicht recht verstanden. Die Bekassine bleibt während der gan- zen Dauer des Schnurrens in schiefer Lage, so dass der eine Flügel nach unten, der andere oben steht, und schiesst in einer geraden Linie abwärts. Ich nehme, nachdem ich eine Curven- bewegung abgewiesen, dieselbe in meiner weiteren Ausführung durchaus nicht wieder an. Ein Anderes ist eine Curve? ein An- deres eine gerade Linie. Um aus der schiefen Lage wieder in die horizentale Fluglinie einzuschwenken (dieses Wort wird das Miss- verständnis erzeugt haben) ist keine Curvenbewegung, weder 220 Pfarrer J. Andr. Jäckel: eine convexe, noch eine concave, nöthig, auch keine von beiden, weder in natura zu sehen, noch von mir angenommen worden. Wenn ich in schiefer Haltung meines Oberkörpers dastehe, die linke Schulter vor, die rechte zurück, so genügt eine kleine Be- wegung, bei welcher zugleich und in einem Augenblick die linke Schulter zurück, die rechte aber vorwärts geht, um Front zu machen. Ebenso, mit einem einzigen Ruck, legt sich die schnur- rende Bekassine aus der schiefen wieder in die horizontale Flug- linie uud glaube ich nichts mir Widersprechendes gesagt zu ha- ben, kann es wenigstens nicht finden, wie oft ich auch die inkri- minirte Stelle und Herrn Borggreve’s Ausstellung lese. Ferner irrt mein geehrter Herr Kritiker, wenn er meint, dass nachdem ich die von Altum angeführte Raubvogelpfeife als ein den Federn nicht analoges Instrument mit vollem Rechte ver- worfen habe, mich doch in dem zweiten, dem Tonhöhe -Beweise contra Altum auf schwingende Blättchen stütze. Wenn sich der geehrte Leser die Mühe nehmen will, in meiner Abhandlung (Naumannia 1857 Seite 26 unten und Seite 27 nachzulesen, so wird er finden, dass ich ausdrücklich sage, zur Hervorbringung des Mäckerns seien weder Ventile, noch Blättchen nöthig. Wie Herr B. sich auf das wellige Feld der Akustik nur darum bege- ben hat, um die in die „Mäckertheorie eingedrungene Krankheit homöopathisch zu behandeln, geradeso bin ich Altum gegenüber auf dessen Blättchen- und Ventil-Theorie eingegangen. Freund Baldamus glaubte, in seiner Anmerkung unter dem Texte meiner Abhandlung a. a. 0. Seite 28 über die Höhe und Tiefe des mit- telst des Blättchens hervorgebrachten Tones etwas Vernünftiges gesagt zu haben, bekommt aber von Herrn B. eine unliebsame Aufklärung. Welche die schwerlich als richtig zu beweisenden Behauptungen sind, zu denen ich mich durch Annahme der nicht ganz richtigen Baldamus’schen Bemerkung habe verleiten lassen, das hat Herr B. nicht näher bezeichnet und weiss ich nicht, kann also auch nicht nochmals dafür eintreten. Ich sagte : „Eine Feder mit starkem Schafte gebe unter Um- ständen einen tiefen, eine mit schwachem einen hohen Ton von sich,“ und Herr B. fragt mich, was das wohl für Umstände seien. Antwort:, Die Schwungfedern der meckernden Bekassine geben, wenn der Luftstrom sich durch dieselben hindurchpresst, Töne von sich, die je nach der Schaftstärke an Höhe oder Tiefe diffe- riren. Oder: Ein Gänsekiel, mit dem ich, wie früher angegeben, Bemerkungen über das Meckern der Bekassine. 221 an drei verschiedenen Punkten vom Nabel an aufwärts gegen die Federspitze an einen Tisch klopfe, gibt an Höhe zunehmende Töne von sich. Das sind die Umstände, welche ich im Auge hatte. Doch Herr B. weist das Analogon des geklopften Gänse- kiels, als nicht zur Sache passend, zurück, weil der schwingende Körper derselbe bleibt und nur die Schwingungsknoten durch Klopfen an verschiedenen Stellen verschoben werden. Gut! so nehme der Herr drei verschiedene, an Grösse und Schaftstärke sich stark abstufende Kiele resp. Schwungfedern, und schlage mit denselben an drei bis vier Stellen vom Nabel an schaftauf- wärts an einen Tisch. Ich mache dieses Experiment so eben mit einer Schwan-, Gans- und Rabenfeder. Doch dagegen könnte wieder ein naheliegender Einwurf gemacht werden. So nehme er drei Gänsefedern, eine von den Schwingfedern erster Klasse, also einen der stärksten Kiele, und von den Schwingen zweiter Klasse zwei Stücke, eine der stärksten und eine der schwächsten Federn dieser Ordnung und klopfe. Hoffentlich hört er dann eine Zunahme der Tonhöhe. Um zuletzt noch meine Ansicht über die Borggreve’sche Ar- beit auszusprechen, so muss ich gestehen, dass mir der Schluss, die Erklärung des an Tonhöhe wie an Tonstärke zunehmenden Schnurrens, sehr wohl gefallen und ich glaube, dass Herr B. hier das Richtige getroffen hat. Seine Ansicht empfiehlt sich schon durch ihre Einfachheit, bei der man viele Künste nicht zu suchen braucht. Möge er diese expositio galeata nicht übel aufnehmen. Ohne pikante Würze wird das endlose Gerede über diesen Ge- genstand zuletzt fade und eckelt an. Mich hat es, ehrlich ge- standen, verdrossen, dass Herr Borggreve von mir Glauben für seine Beobachtungen fordert, sich aber mir gegenüber davon dis- pensirt hat. Das ist nicht fein gewesen. Ich freue mich aber, dass er an seinem Theile wacker mitgeholfen hat, die N auman li- sch e Theorie zu verfechten. Zur Vervollständigung der Akten über unsern Gegenstand will ich noch Weniges aus der oben angeführten Recension der „Erfahrungen aus dem Gebiete der Niederjagd von C. E. Diezel. II. Auflage 1856“ in den litterarischen Berichten der allgemeinen Forst- und Jagdzeitung von Dr. Gustav Heyer, 1857, p. 296 ff. auszugsweise mittheilen. Recensent führt die Chiffre 87, und ent- scheidet sich für den Flügelschlag, jedoch mit dem Zusatze (ein überwundener Standpunkt!) dass bei dem Herabstürzen die hier- 222 Pfar. Jäckel: Bemerk, über d. Meckern d. Bekassine. bei vorkommende eigenthümliche Stellung der Schwanzfedern als nothwendig mitwirkendes Moment in Anschlag gebracht werde. Die Bekassine sei mit einer ausgezeichneten Muskelkraft der Flug- werkzeuge ausgestattet, und dadurch erkläre sich die Stärke des durch sie hervorgebrachten Lautes. Jedenfalls mache sich aber das aus der Stärke des Lautes abgeleitete Bedenken mit grösse- rem Rechte gegen die Annahme eines Kehllautes geltend, wenn man das ungleich schwächere Quarren der grösseren Waldschnepfe mit in den Vergleich ziehe und bedenke, dass die Stimmwerk- zeuge des Menschen das Meckern der Bekassine zwar täuschend nachahmen können, ihm aber eine gleiche Stärke zu geben, kei- neswegs ausreichen. Auf staunenswerte Kraftäusserungen ein- zelner Thiere habe ich schon in der Naumannia 1857, Seite 30 f. hingewiesen. Das non plus ultra dürfte in dieser Beziehung der sogenannte Pochkäfer (Anobium pertinax) leisten, welcher vom Volke „Todtenuhr, Erdschmiedlein“ genannt wird, und dessen, dem Picken einer Uhr ähnliches Pochen als Vorzeichen eines baldigen Todesfalles betrachtet wird. Dieser etwa 3"' lange Kerf schlägt mit solcher Kraft an das Holzwerk an, dass man in stiller Nacht sein Klopfen durch ein grösseres Zimmer hin- durch, nicht blos wenige Schritte von dem Gegenstände entfernt hören kann, in dessen Innerem er thätig ist. Unter den verschiedenen Erklärungsarten des Mäckerns er- achtet der Recensent diejenige des Herrn Controllers Stein- brenner für die schwächste. Sie könne sich im ganzen weiten Bereiche der Natur auf keine einzige Analogie berufen, und liesse sich, nicht ganz unpassend, mit der Meinung eines in die Geheim- nisse der Singkunst Uneingeweihten vergleichen, welcher den Triller unserer Sängerinnen etwa aus einem Trommeln der Fin- ger auf dem Kehlkopfe erklären wollte. Hätte die Bekassine aus der Kehle mäckern sollen, so würde die Natur sie ebenso wenig an die Mitwirkung der zum Fliegen bestimmten Werkzeuge vei^wiesen haben, als sie dies bei irgend einem andern befieder- ten Musiker gethan habe. Auch die Ziege mäckere, ohne mit den Extremitäten taktmässig zu zappeln, der Vogelaffe, Markolf,*) und der Mensch könnten dasselbe. Endlich sei Steinbrenners Behauptung irrig, dass die männ- *) Das rauhe hässliche Schnarren des Pirols (Oriolus galbula ) ist eher mit Katzenlauten, als mit dem Mäckern einer Ziege zu vergleichen. W. H. Trinthammer : Curiosum in Betreff einer Nistweise. 223 liehe Bekassine ausser dem Mackern einen anderen Begattungs- laut nicht habe. Sie lasse, wie Dietzel ganz richtig anführe, nicht selten unmittelbar vor dem Mackern ihr „Gazzi, Gazzi“ aus der Luft vernehmen, während das im Sumpfe liegende Weibchen den Ruf des Geliebten mit dem weichen „Dücki , DücM“ erwiedere. Recensent habe sich hiervon, wie ich oben bereits angeführt, durch eigene Wahrnehmung so vollständig überzeugt, dass ein Zweifel nicht übrig geblieben sei. Das „Gazzi“ und „Dücki“ sind nicht zwei, je nach dem Geschlechte verschiedene Liebeslaute, •sondern ganz dieselben Töne, was eines besonderen Nachweises nicht bedarf. Sommersdorf, den 9. November 1861. Joh. Andr. Jäckel, Pfarrer. Ein Curiosum in Eelreff einer Mist weise. Ton W. H. Trinthammer.*) Während der dreissiger Jahre befand sich in einem Kiefern- districte der Bulau bei Hanau eine Pechbrennerei, deren Ofen nebst Wohnhütte nach Bedarf des Geschäftes manchmal von einem Platze des Waldes zum andern verlegt werden musste. Der da- malige Forstmeister PL pflegte mich öfters einzuladen, ihn auf seinen amtlichen Excursionen zu begleiten, was ich in Mussestun- den um so lieber that, da gleiche Hinneigung zur Natur uns freundlich mit einander verbunden hatte. So waren wir eines Tages in die Nähe der Pechbrennerei gekommen und setzten uns, um unsern mitgebrachten Imbiss bequemer zu verzehren, auf die Bank neben der niederen Hütte. Da huschte ein Zaunkönig (Troglodytes parvulus ) mit Atzung im Schnabel, ohne die mindeste Scheu vor uns, in eine Spalte des Strohdaches. „Ei, da habt Ihr ja Miethsleute,“ sprach der Forstmeister zum Brenner, „und wie es scheint, lebt Ihr auch recht friedlich mit ihnen.“ — „Das will ich meinen,“ entgegnete Jener, „es ist aber auch unser Zaun- schlüpferchen, und schon lange kein fremdes mehr!“ — „Wie so? Was soll das heissen?“ fragte Herr H. „Ei nun,“ antwortete der Brenner, „das soll heissen, dass er sich schon viele Jahre bei uns aufhält, und wenn wir Frühjahrs weiterrücken, auch jedes- mal mit uns zieht.“ „Was? Mitzieht?“ lachte der Forstmeister ihm zu, „wollt Ihr *) Aus einem Briefe an Hm. Alex, von Homeyer. 224 Trinthammer: Curios. Nistweise. E. Schauer: Tagebuch- mir etwas weiss machen, Alter ?“ — Da trat der Mann einen Schritt näher und sagte ganz feierlich: „0 bewahre, Herr, ich belüge Sie nicht, Sie können es sicherlich glauben, dass er mit- zieht. Fragen Sie nur die Holzmacher dort drüben, die wissen es auch.“ Dies geschah. Auf’s Schlaueste wurden diese Leute inquirirt und — nach übereinstimmender Zeugenaussage — ver- hielt sich die Sache wirklich so seit einer Reihe von Jahren. Tagebuch-Notizen, wahrend eines ornithologischen Ausflugs auf der hohen Tatra, in den Monaten Juli und August 1861, verfasst von Ernst Schauer. Seit einer Reihe von Jahren, dass ich mich in Galizien be- finde, war es stets mein Wunsch, die Tatra zu besuchen, und er steigerte sich immer mehr, je öfterer ich die Augen auf die herr- lichen Bergspitzen warf, und je mehr ich zur Ueberzeugung kam, dass dieser Theil der Karpathen von ornithologischer Seite nicht bekannt ist. Eine Vermuthung ausgesprochen, hat ein zweiter bekräftigt, ein dritter beschworen. Kein Cabinet kann einen Vo- gel von der hohen Tatra aufweisen, und so sind falsche Gerüchte, kolossaler als die Granitmassen selbst, in Umlauf gekommen, die deutsche Ornithologen gern glauben, weil sie nicht zulassen, dass man etwas berichten kann, was nicht existirt. Wohl habe ich schon die Karpathen an einigen Stellen besucht, und war schon der Tatra zweimal nahe bis auf wenige Meilen; aber nie- mals wollte es mir glücken, hinauf zu kommen. Der lange Ge- birgszug von Schlesien bis Siebenbürgen hatte zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten verschiedene Namen: Karpat, Kr^pak, Krempak, Tatr, Tatra, Piennin, (synonym mit Appenninen, alpes penninae), Beskid, im ruthenischen Bes der Böse, der Teu- fel, Kid der Wurf, kidate werfen etc. Die neue Geographie hat für diesen ganzen Gebirgszug den Namen Karpathen angenom- men. Der höchste Theil derselben, genau südlich von Krakau gelegen, ein Gebirge im Gebirge, wenige Meilen lang, kaum zwei Meilen breit, schroffe zerklüftete Granitmassen mit ewigem Schnee durch mehrere Meilen breite Ebenen fast rund herum abgeschlos- sen, hat den Namen Tatra behalten, und ist bis jetzt ein ornitho- logisches Fabelland geblieben. Notizen: Ornitholog. Ausflug auf d. Tatra. .225 Der aufmerksame Vogelkenner, der in die „Fauna der gali' zisch-bukowinischen Wirbelthiere, Stuttgart, Schreizerbarts Ver- lagsbuchhandlung 1840,“ einen Blick timt, muss sich gestehen, ob- schon einige Facta angeführt, dass die meisten Angaben nur muthmasslich gemacht sind, dass Vögel als selten bezeichnet, die überhäufig Vorkommen, und manche sogar fehlen. Der Verfasser, der um die Naturwissenschaften grosse Ver- dienste hat, hat die Karpathenkette von Schlesien bis Transsyl- vanien mehrere Male zu Fuss durchzogen, die Flora mit neuen Species bereichert, er kennt als öffentlicher Lehrer und Gelehrter die Bedeutung des Vogels besser als ich, und wolle dem alten Jäger diese Bemerkungen verzeihen. Wenn er die Loxia serinus, die, wo nur das Land bergig und hügelig ist, in Unzahl vorkömmt, auf den Promenaden von Krakau, Krzesowica und Przemysl zu sehen ist, ängstlich in die Bukowina und in den zaleszczyker Kreis versteckt, so darf man sich nicht wundern, wenn sein Nach- folger, Herr Graf Kasimir Wodzicki, dieses Thierchen nicht auf- finden konnte, der eine Brochure von 100 Seiten erscheinen liess unter dem Titel: Wycieczka ornitologiczna w tatry i karpaty ga- licyjskie na pocz^tku czerwca 1850 roku.*) Andere Schriften, welche die Karpathen in ornithologischer Beziehung näher berühren, kenne ich nicht. Wenig Hoffnung, die Tatra zu sehen, zeigte sich mir auch dieses Jahr, als sich plötzlich die Umstände so gestalteten, dass ich die Reise unternehmen konnte; schnell wurde eingepackt, und am 22. Juni früh war ich schon auf der Reise und Abends in Lemberg. Dort besuchte ich Herrn Grafen Wladimir Dzie- duszycki, der mir zur Ausführung meines Vorhabens gütigst 300 Gulden anbot. 28. Juni. Früh um 6 Uhr in Bochnia angekommen, that ich mich sogleich um eine Fuhre um, und bald ging die Reise, leider mit schlechten Pferden, in die noch sehr niedrigen Vor- gebirge hinein. Ein Hausrothschwänzchen, einige Girlitze, ; *) Um diese Broschüre, auf den Wunsch competenter Beurtheiler, den deutschen Ornithologen durch auszugsweise Uebersetzung zugänglicher zu machen, hat unser Journal früher einen ziemlich ausführlichen Bericht gebracht, namentlich die systematische Aufzählung aller dort vorkommenden Yogel- Arten, so weit die damalige Kenntniss der Ornis dieses wenig durchforschten Striches es gestattete. Wir verweisen auf diesen Bericht, im Jahrgange 1853, S. 421 bis 446. Die gegenwärtigen „Tagebuch-Notizen“ liefern für manche dort hei- mische Art einen weiteren dankenswerthen Beitrag. D. Herausg. Journ. f. Ornith., X. Jahrg., Nr. 57, Mai 1862, 15 226 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: Flussregenpfeifer und Tamarix - Sträucher gaben schon An- deutung, wohin die Reise gehe. Bei Limanow, welches ich aber nicht berührte, sehe ich die erste Gebirgsbachstelze; bei Tymbark deren mehrere und viele Girlitze. 29. Juni zu Mit- tag erreichte ich Wielka por^ba, Eigenthum des Herrn Grafen Heinrich Wodzicki, es liegt in einem freundlichen Thale, von den höchsten Bergen dieses Complexes umgeben; einer der höchsten Trubacz, zur Herrschaft gehörig, mag nahe an 3000' über Meeres- fläche haben. Vor 12 Jahren habe ich mit Hrn. Grafen Kazi- mierz Wodzicki diese Gegend durchsucht, Rauchfusskäuzchen, Dreizehenspechte, Ringdrosseln mit Eiern gefunden und Auerwild geschossen. Der Güterverwalter Herr Szalewski nahm seinen alten Bekannten gütigst auf. Er hat sich eine kleine Sammlung von Vögeln angelegt; ich erwähne nur eines Gold- adlers und eines Natteradlers. Es giebt Natter adler mit drei und welche mit vier Schwanzbinden. Aquila chrysaetos horstet hier in den Fichtenwäldern. Ueberall, wo ich den Karpathenzug berührt, habe ich auch den Goldadler gefunden, während ich mit ihm im flachen Lande, weder in Polen noch in Galizien zusammen gekommen bin; die, welche einem die Hasen vor den Bracken wegnehmen, sind immer Steinadler. Im Fluge lässt sich der Goldadler noch besser von dem Steinadler unterscheiden. Es ist wie mit dem Hasen, im Laufen erkennt man leicht cujus generis er ist, den Geschossenen muss man gewöhnlich in die Hand nehmen. Eben so haben wir hier neben Aq. albicilla noch eine Species, die in östlichen Ländern zu Hause zu sein scheint. In der Ju- gend hat sie die Färbung des alten rothen Milan’ s und dunkelt mit dem Alter; sie ist etwas stärker, und der Schnabel schwung- hafter, kecker gebogen. Ich kenne seit vier Jahren zwei Exem- plare, die aus dem Horste genommen, in der Gefangenschaft gehalten worden. — 30. Juni setzte ich meine Reise weiter fort. Ueber die hohe steile Obidowa, den letzten Berg vor der Ebene von Nowy-Targ (Neumarkt), ging ich zu Fusse. Von oben hat man einen Anblick auf die Tatra wie vielleicht von keinem zwei- ten Standpunkte aus; man übersieht die 5 Meilen breite Ebene, und das Hochgebirge gleicht einer steilen Mauer. Vor 12 Jah- ren stand ich auf derselben Stelle und auf besseren Füssen als heute. Ich setzte mich auf einen Grenzhügel. Ein Zwergfalke machte Jagd auf Baumpieper und Haidelerchen; grosse Rin- Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 227 geltauben und ein Schwarzspecht liessen sich hören, und ein Hirtenknabe hatte so eben zu seiner grossen Zufriedenheit einen dreizehigen Specht gerupft. Es dürfte eine noch wenig bekannte Thatsache sein, dass die dreizehigen Spechte als Nestvögel, ohne Ausnahme des Geschlechtes, gelbe Köpfe haben. In Niwy tang 1828' über Meeresfläche, machte ich Mittag. Um 3 Uhr bekam ich andere Pferde, und weiter ging es durch die Dörfer Szaflary, Biali dunajec, Poronin an den Utern des Biali dunajec, weisser Dunajetz, entlang. Der zerfallenen Brücken und verschütteten Wege halber, muss man stellenweise über kof- fergrosse Granitstücke das Flussbett passiren. Ich kam mit Sonnenuntergang in den Eisenhammerwerken von Zakopane, am Fusse der hohen Tatra an, 3033'. — 3. Juli. Noch war kein Wetter, um auf die Berge steigen zu können. Hr. Mally, Beam- ter bei den Eisenwerken, der Geschäfte in der Orawa, Arva hatte, lud mich ein, mit zu fahren, ich nahm gern den gütigen Yorschlag an. Nachmittags heiterte sich der Himmel auf, und nun wurde ich gewahr, dass ich mich am Fusse des gewaltigen Rohacz be- fand. Es erfasste mich die Lust, hinauf zu steigen, wenn auch nicht dazu ausgerüstet, leicht war ich gekleidet, aber mit der Gutta percha versehen und hatte 10 Schuss Schiessbedarf. Hr. Mally recommandirte mir einen sicheren Führer, warnte, die Flinte nie aus der Hand zu legen und auf ihr zu schlafen, und fuhr nach Hause. Mein Mentor Jan Pitun aus Koscielisko führte mich in das Thal bobrowiec, bobr der Bieber (Bieberthal) zum salasz. Ein Salasch (ungarisches Wort) ist eine dürftige Hütte aus eini- gen Brettern, Baumrinden und Reisern, kaum vor Regen schützend, und von allen Seiten offen. Die Einwohner, 5 Schafhirten, trac- tirten uns mit z^tyca Molken, wovon sie den ganzen Sommer leben ohne etwas anderes zu gemessen, und dabei fett und fettig werden. Zu uns gesellte sich noch Jan Krzeptowski aus Koscie- lisko, der in Holzgeschäften hier war, er ist Gemsenjäger und Raubschütz, (unter uns gesagt), vor allen aber versteht er am besten im Herbst die Alpenmurmelthiere auszugraben. Auch Jan Pitun hat die benannten Geschäftchen betrieben, doch jetzt giebt er sich nur noch mit Haselhühnern ab. Auf der Tatra, sagten mir die beiden Männer, verlohnt es sich nicht der Mühe, nach Alpenmurmelthieren zu suchen, sie sind fast ausgerottet, einige finden sich noch über der Ebene, südwestlich von der Tatra, auf 15* 228 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: dem Dziumbir, dessen Gipfel Granit sein soll; vor 15 Jahren be- zahlte man ein solches Thier mit 1 Gulden , jetzt ist es schwer eins zu bekommen und kostet 8 — 10 fl., also theurer als eine Gemse. Dem Fette werden medizinische Wunderkräfte zugeschrie- ben. Ich hielt mir vor 12 Jahren ein zahmes im Zimmer. Polnisch nennt man es bobak, auf der Tatra swistak, von swistac pfeifen. Die beiden göralen (Gebirgsbewohner göra der Berg), waren übrigens auch treffliche Ornithologen und wussten genau auf meine Fragen zu antworten. Den Mauerspecht nannten sie mentel, schlechtes Wort für motyl, pol. der Schmetter- ling; eine recht artige Benennung für diesen Yogel. Im Sommer sagten sie sieht man ihn selten, im Winter kommt er an unsere Häuser. Auf meine Fragen nach Schneehühnern berichtete mir Jan Krzeptowski, dass er vor 1? Jahren auf der Osobita über dem Krummholze drei weisse Yogel gesehen habe: podobny (ähnlich) do koguta, kogut der Hahn, so heisst hier das Birkhuhn, pol. cietrzew. Die erste sehr schwache Spur die ich von Schnee- hühnern finde. Während unsrer Unterhaltung war die Sonne untergegangen, ich nahm die Flinte, stellte mich an einen geeigneten Ort um eine streichende Schnepfe oder eine Eule zu erwarten, aber nichts rührte sich; nur Amseln, Ringdrosseln und Hecken- braunellen Hessen sich hören. Bei Tage sah ich 2 Wespen- bussarde, wahrscheinlich einen zweimal. 4. Juli bis 8 Uhr regnete es, dann marschirten wir aus, nach 5 Stunden erreichten wir den ersten Bergrücken mit Krummholz, von 6 Paar Spino- letten bewohnt, die ersten Yogel welche ich heute sehe. Auf dem Bergrücken ging es nun auf Schneefeldern abwechselnd und auf blühenden Soldanellen aufsteigend weiter bis unter den Gip- fel des rohacz, wolowiec (von wol der Ochse) genannt, 6534", Granit. Es erhob sich ein so kalter Wind, dass wir uns hinab flüchten mussten. Wir überschritten die Grenze und befanden uns wieder auf galizischem Territorio. Auf meinen Weg zurück blickend, sieht man eine zierliche Bergspitze Iviciora und ganz nahe die präch- tige Osobita, (osobny allein, alleinstehend). Unten gab es wieder Spinolettpieper, die die bereits ausgeflogenen Jungen fütter- ten; ich suchte nach Nestern, fand drei, aber leer, und Pitun brachte eins mit einem jungen Kuckuck; 5000' hoch! Durchs Krummholz einige Ziegenwege verfolgend kamen wir Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 229 zum safasz; hier ruhten wir eine Stunde, es fiel wie im April etwas Schnee, wurde aber bald wieder warm. Pi tun führte mich durch das reizende Thal polana chocholowska, Kalkformation, zum salasz auf die polana jwanowska, wo ich die Nacht zu- brachte. Eine alte Frau mit ihrer Enkelin nahm uns herzlich auf, und damit ich weich schlafen sollte, legte mir die Alte eine Hand- voll Heu auf die Erde und gab mir überdiess ihren Pelz zum Kopf- kissen; es hiesse die Gastfreundschaft verletzen wollte ich etwas Näheres über diesen Pelz sagen. — 5. Juli. In der Nacht war Frost. Her Reif auf dem Grase blieb bis 8 Uhr. Den ganzen Morgen sass eine S. tithys auf dem Hache des Salasch, fing Flie- gen und wärmte sich im Rauche; sie heisst polnisch Kopciusko von kopec der Rauch, auf der Tatra aber gazda salasny, gazda ist der Hausherr, Hauswirth; polnisch gospodarz, ruthenisch ho- spodar, russisch gospodin, Wörter die jedenfalls eben so alt sind, als hospes und hospitium. Hie gazdynia, die Alte, tractirte mich mit einer Schüssel voll Kuhmilch, und die freundliche Oreade beglückte mich mit Engelsüss. Hie Mädchen haben hier den all- gemeinen Gebrauch, die Wurzel von Polypodium vulgare oder Fichtenharz zu kauen. Zu Mittag befanden wir uns bereits auf dem hohen Bergsattel, welcher den prächtigen ornak mit jwänows- ka skala (Johannsfelsen) verbindet. Iwanowska skala hat wohl hübsche Pflanzen und Reptilien aufzuweisen, aber keine Vögel. Jan schlug eine Vipera berus todt, ich steckte einen Thaufrosch und zwei Eidechsen in die Spiritusflasche, die jedenfalls eine an- dere sp. als agilis ist. Sie ist von derselben Grösse, der Schwanz stumpf, Ringelflecken, gelben Bauch, Bewegungen langsamer, Hals- band wie bei agilis ; 4500'. Vor 5 Jahren fand ich auf den Kar- pathen im stanislauer Kreise, bei Helatyn, im Walde als ich ein Stück Rinde von einem Fichtenstock abriss zwei Eidechsen bei einander cf ? sie flohen nicht. Sie sind an Grösse der agilis gleich, aber farbig gestreift, eine wie die andere, harte Schuppen, 9 Halsschilder, Schwanz so lang als der Leib, ein schmaler Rücken- streifen schwarz, zu beiden Seiten desselben ein breiter brauner, dann ein schmälerer gelber, Bauchseiten schwarz: und Bauch po- lirt kupferfarbig, Kehle bläulich. Wir stiegen am Fusse des Ornak in das Thal Koscielisko hinab ; um 0 Uhr befanden wir uns am Ausgange des Thals beim Forsthause; ich miethete einen Führer. Meine 10 Schuss Schiess- bedarf brächte ich wieder nach Hause. So hoch die Fichten 230 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: reichen sieht man Parus ater 9 cristatus, Phyllopneuste fitis , Anthus arboreus , Lusciola rubecula, Accentor modularis, Troglodytes parvu- lus, Fringilla coelebs, Turdus torquatus. Im Krummholze: Turdus torq. und Anthus spinoletta, über dem Krummholz: nur spinoletta und tithys, im Thale: Cinclus aquat. Motacilla alba, boarula, Tur- dus musicus, merula , Muscicapa grisola, Emberiza citrinella, Acti- tis hypoleucus . — 7. Juli. Mit mehreren Einwohnern von Za- kopane und einem andern Führer, ging ich früh 4 Uhr aus um czerwony wierzch 6718' zu besteigen, rother Gipfel. Einen Augenblick verweilten wir an der Quelle des weissen Dunajetz, der schäumend aus dem Berge stürtzt und bald darauf die Eisen- hämmer bewegt; durchwanderten sodann das halbkesselförmige Thal mit seiner ganzen Umgebung, Kondratowa genannt, und liessen uns, da wir nüchtern ausgegangen waren, im salasz die warme zQtyca gut schmecken. Man bereitet sie folgendermaassen: Gleich nachdem die Schafe gemolken, was täglich dreimal geschieht, wird die Milch in einen Kübel gegeben, dazu etwas von dem Wasser gegossen, in welchem ein Kälbermagen macerirt; nach einer halben Stunde ist die Milch geronnen, und knetet nun solange mit den Händen, bis ein Klumpen Käse heraus kömmt; was im Kübel bleibt, geht zum Kochen in einen kupfernen Kessel, darauf in den Kübel zu- rück, und wird stark umgerührt, weil sich Käse- und Buttertheil- chen zusammen geballt hatten; diess ist die sehr wohlschmeckende und nahrhafte z^tyca Molken, aus welcher noch Butter gemacht werden kann. Den Molken aber, welcher für die Brustkranken Gäste in die Dörfer geschafft werden, lässt man erst durch ein Tuch laufen. Um 7 Uhr befanden wir uns bereits im Krumm- holze, und 3 Stunden später erreichten wir den ersten Bergsattel 6115'. Jas Pitun war mir nachgekommen. Ich vernahm mir un- bekannte Vogelstimmen, ging näher und bemerkte auf einem Kalkfelsen 2 Vögel die mit einander spielten und die ich auch sogleich für Alp enflüe vögel erkannte. Nachdem ich sie sorg- fältig eingepackt hatte, suchte ich nach dem Neste, und fand ein halbvollendetes oder vielmehr in Reperatur begriffenes, das J trug Moos im Schnabel. Ein anderer Accentor , welchen ich verfolgte, führte mich zu einem Kalkfelsen , der in die herrlichste Blumen- pracht gekleidet war, keine Spalte aus der nicht das freundlichste Blümchen gesprossen wäre, und zwar am nördlichen Abhange* Viola alpina, Dianthus nitidus , glacialis, Ranunculus glacialis, rutae- Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 231 folius, Cistus alpestris, Primula minima, Gentiana cicaulis, tenella , Cherleria sedoides , Saxifraga etc. Ich erlegte 6 Alp enflüe Vögel und 12 Spino letten piep er und schoss zur Belustigung der Gesellschaft einige Thurmschwal- ben; aber der Tag sollte nicht so glücklich werden. Gewitter zogen herauf, der Wind steigerte sich zum Sturme, ein Thurm- falke schoss vorüber, 2 Raben beeilten sich ins Trockene zu kom- men. Pitun, nachdem er noch einmal mit prüfendem Auge die Wolken betrachtet hatte, eiferte mich an den Gipfel zu bestei- gen, ich gab nach, obschon ich wusste was mir bevorstand, denn ein alter Waidmann, der den grössten Theil seiner Lebenszeit auf der Jagd, im Winter im Walde, im Sommer, ein wahres Am- phibium, auf Teichen und Sümpfen zugebracht hat, kennt sich überall auf das Wetter. Ich blieb nur 5 Minuten oben. Ein zweites Gewitter rückte heran, wir eilten abwärts in Nacht und Nebel eingehüllt. Um 5 Uhr waren wir wieder beim salasz und zwei Stunden später konnte ich die durchnässten Kleider aus- ziehen; in solchen Fällen hilft auch die Gutta percha nichts. Der Alpen fl üevogel heisst polnisch: plochacz, auf der Tatra aber skalny wröbel, Skala der Felsen, wröbel der Sperling, Spinolett- pieper siwiarnik, siwy grau. In den Alpen am Stanislau nennt man ihn polaninka, polana Waldwiese, Cypselus, turnowiec, turnia thurmähnlicher Felsen auf der Tatra gebräuchlich; polnisch heisst die Mauerschwalbe jerzyk, diminutiv von Jerzy Georg, ruthe- nisch Jurko, so nennt man in Podolien an der bessarabischen Grenze den Bienenfresser, wovon ich an den Lehmwänden am Ufer des Dniesters 2 brütende Colonien, und über denselben auf Kreidefelsen, ebenfalls brütend Neophron percnopterus fand. 9. Juli. Ich besuchte im Thale von Koscielisko einen kleinen Teich smereczynski staw und ging bis ins Krummholz die Pyszna. Unten im Thale fand ich einige Nester von der Motacilla boanda mit Jungen und Eiern. — 10. Juli war bestimmt zu Hause zu bleiben, Bälge zu machen und einen kaum dem Ei entschlüpften Totanus hypoleucos auszustopfen, Schnecken zu waschen, Pflanzen zu trocknen etc. Ich trat vor die Thür und besprach mich, wie ich es immer thue, mit einigen Göralen, und einer sagte mir, dass er sich erinnere, die ihm beschriebene Tiehodroma an der kasprowa skala hinter der Magöra gesehen zu haben, da aber der Denunciant keine Zeit hatte mit zu gehen, so wollte ich mich allein dahin begeben, als Jas Pitun ankam. 232 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: Wirklich hatte ich das Vergnügen an der bezeichneten co- lossalen Kalkfelsenwand ein Pärchen bei dem unzugänglichen Neste anzutreffen. Bevor ich sie erlegte, erfreute ich mich eine lange Zeit an ihrem zierlichen Betragen. An derselben Wand horsteten ein Paar Thurmfalken. Ich schoss auf der Magöra einige Spinoletten und Alpenflüevögel, unter ihnen junge ganz flügge; im Krummholz gab es Ring drosseln, die weder Steinwürfe noch der Hund heraus bringen konnte, und traf ich auf eine Gesellschaft Gimpel. Ich habe irgend wo gelesen, dass die grauen Brustfedern des jungen männlichen Gimpels umfärben sollen; das Nestkleid ist allerdings grau, aber Ende Juli vermau- sern sie sich und die jungen Brustfedern wachsen de radice roth heraus. Ein solches Thierchen, wenn es erst einige rothe Federn zeugt, sieht sehr befremdend aus. Gewitter und Regen zwangen mich früher hinabzusteigen als ich beabsich- tigt hatte. In den ersten Fichten vernahm ich verdächtige V ogel- stimmen; nach mühevollem Suchen, der Regen schlug mir ins Gesicht, sähe ich ein kleines Geschöpf, welches sein nasses Ge- fieder putzte. Die Flinte wie aus dem Wasser gezogen versagte, und als ich nähere Betrachtungen anstellen wollte, flog der kleine Vogel mit einigen andern, die ich früher nicht bemerkt hatte davon; es waren keine Girlitze, keine Zeisige, ich möchte schwören, dass ich Citronen finken sähe. — 12. Juli. Bei meiner Ankunft hier, traf ich Niemand von der Familie Homolacz, der Grundherrschaft an, um meine Aufwartung zu machen und um Erlaubniss zum Schiessen erbitten zu können; in Voraussetzung aber, dass mir solche von der Güte der Herrschaft nicht verwei- gert werde, begann ich sogleich meine kleinen Wilddiebereien. In meinem lieben Vaterlande hätte man mir einen Prozess an den Hals geworfen. Ein polnischer Edelmann versagt Niemandem einen Schuss auf seinem Jagdreviere, selbst nicht auf jagdbares Wild. Unterdessen waren zwei Söhne angekommen, von wel- chen der eine die Berg- und Hammerwerke in technischer Be- ziehung selbst leitet. Ich wurde von ihnen freundlich aufgenom- men und mir ein Schrank mit ausgestopften Vögeln geöffnet, unter ihnen befand sich eine Stria; Tengmalmi , Aquila chrysaetos und fast weisse var. von Buteo lagopus. — 13. Juli. Regenwetter verhinderte mich am .10. die Kasprowa Skala ganz abzusuchen; bin darum heute noch einmal dort gewesen, um unbefriedigt zu- rückzukommen. — 15. Juli. Um die Gebirgsteiche zu besuchen, Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 283 fuhr ich mit Tagesanbruch, von Jas Pitun begleitet, und mit Lebensmitteln auf 4 Tage versehen, über Poronin, Gliczarow, Bukowina, bis an das Meerauge. Im Flussbette der Bialka, welche dem Meerauge entströmte, erhoben 2 brütende Actitis- Pärchen ein gewaltiges Geschrei. Misteldrosseln und zwei Gesellschaf- ten Kreuzschnäbel Hessen sich sehen. Ich schlug eine Vipera berus todt von 3J Fuss Länge. Morskie oko Meer äuge, ist ein Name von den Besuchern eingeführt. Die Göralen nennen es rybie von ryb der Fisch, weil dort die letzten Forellen, pstr%g, (pstry bunt,) Vorkommen; es liegt 4200' über der Meeresfläche, hat einen Flächenraum von 57 Morgen, ein Morgen zu 1600 □ Klafter. Man kann im Wagen bis an sein Ufer fahren, dahin- ter erheben sich steile Granitwände von beinahe 3000'. An den Ufern stehen Zirbelkiefern, Fichten und Krummholz. Von Vögeln sind zu sehen Ringdrosseln, Spinoletten, Finken, I Paar Thurmfalken und 1 S. tithys. Ich hatte mich mit Angeln ver- sehen und fing in Zeit von 1 Stunde 12 Forellen, die man für eine andere Species angesehen hatte, 9 waren auffallend dunkel, die rothen Flecken wenig oder gar nicht zu sehen, drei von ge- wöhnlicher Färbung. Im salasz, wo ich die Nacht blieb, zeigte man 12 im Fluss gefangene, 7 dunklere, 5 hellere, und am andern Morgen Hess ich im Meerauge noch 12 Stück fangen. Ich hatte 36 Forellen in allen Farbenabstufungen vor mir, auch waren sie alle fast von einer Grösse. Bei der grössten Aufmerksamkeit konnte ich kein anatomisches Unterscheidungszeichen finden; Flossenstrahlen, Kiemenstrahlen ganz gleich. Dass der Aufent- halt der Forellen auf ihre Färbung Einfluss hat, habe ich schon in den stanislauer Bergen beobachtet. Das Wasser des Meer- auges ist schwarz grün und äusserst durchsichtig; wie anders müssen die Lichtstrahlen einwirken als im schäumenden Bache? Dazu kommt noch, dass die Forellen 8 Monate lang unter der Eisdecke begraben sind und höchst wahrscheinlich in dieser Zeit keine Nahrung haben; sie sind im Sommer sehr hungrig und heis- sen an, so wie man die Angel einwirft. Ich kann nicht glauben, dass sie sich in diesem Teiche vermehren, alle mögen von unten eingewandert sein. — 16. Juli ungefähr 800' höher ebenfalls an schroffen Granitwänden mit Schnee umgeben, Hegt czarny staw, schwarzer Teich. Cascadenartig fallen seine Wässer in das Meer- auge, man braucht eine Stunde um hinauf zu kommen. Ich wollte heute noch die fünf Teiche pi^c stawöw sehen, und verlangte 234 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: von meinem Führer, dass er mich nicht den Weg führen solle, welchen schon tausende zarter Frauenfüsse betreten haben; denn ich suche Yögel. Wir beschlossen, über die middziana, miedz Kupfer, Kupfer- berge zu gehen. Jas war etwas vorausgegangen und rief mit einemmale erfreut mentel! Es war ein Pärchen, welches nicht an der Felsenwand, sondern auf in horizontaler Fläche liegenden Gesteinen herumkletterte, ich näherte mich ihnen auf 30 Schritte und beobachtete sie geraume Zeit, als beide unverhofft aufflogen, ein Lauf meiner Flinte war mit Kugel geladen und ich konnte nur das § erlegen. Die Ringd'ross ein waren stark in der Mau- ser, eine hatte nur noch in jedem Flügel die erste Schwungfeder; der Hund fing sie. Ich fand sechs Nester des Spinoie ttpie- pers, die bekanntlich aus feinen Grashalmen gebaut sind, und unter einem Steine, in einem Heidelbeer- oder Krummholzstrauche und im hohen Moose stehen, eins mit 5, eins mit 3 frischen Eiern. Es erhoben sich die furchtbarsten Windstösse von verschiedenen Seiten, und mit Mühe erreichten wir den salasz unter dem Mönche, pod mnichem. — 17. Juli. Die Nacht habe ich auf Granitsplit- tern geschlafen. Den Tag über regnete es, und ich brachte meine Zeit sitzend auf dem weichsten Granitblocke zu, die im salasz als Fauteuils dienten; balgte meine Yögel ab, und suchte während des Regens über 100 Käfer unter Steinen. — 18. Juli. Um 11 Uhr liess der Regen nach und wir gingen auf die midd- ziana, von deren Gipfel aus ich das Yergntigen hatte, den schwar- zen Teich, das Meerauge und die fünf Teiche zu gleicher Zeit zu sehen. Auf den Karpathen, im Kreise Stanislau, glaubte ich Arnica montana gefunden zu haben, wurde aber von unsern Bo- tanikern dahin belehrt, dass ich Arnica nicht auf den Karpathen finde, sondern Aronicum doronicum hier Ivozlowiec, Koziol der Bock, genannt; ich fand in Menge Aronicum und mit ihm die Gewissheit, dass ich mich damals nicht geirrt hatte. Arnica wächst auf hohen Bergwiesen und Aronicum immer zwischen Steinen und jeder Stengel trägt nur eine Blüthe. Jas rieth mir, die Wurzeln zu essen, um mich gegen Schwindel zu schützen, und setzte dazu: wir göralen thun dies und die Gemsen auch. Vielleicht möchten sich im flachen Lande mit dieser Pflanze Ge- schäftchen machen lassen? Auf dem Bergrücken wurde Mittags- tafel gehalten; ausser einigen weissen Tagschmetterlingen liess sich kein lebendes Wesen sehen. Vergebens gaben wir uns Mühe, Ornitliolog. Ausflug auf der hohen Tatra. 235 einen zu fangen; kein anderes Mittel als die sichere Flinte, denn nachlaufen kann man nicht, der kleinste Fehltritt, (eine tugendhafte Aufführung ist hier von Nöthen,) kann einem zerbrochene Glieder kosten. Er gehört in das Geschlecht Pontia , möglich, dass es rapae ist, zwei Punkte und Endspitze des Oberflügels sind fast schwarz. Keine andere Pflanze die der Raupe Nahrung geben könnte als Nasturtium officinale. Nach Art der Schornsteinfeger stiegen wir in einer steilen schmalen Felsenspalte hinab, die einem mehr Angst einjagt, als nothwendig ist. Zuerst warf ich meinen englischen Hühnerhund Droll hinunter und ich folgte zuletzt. Darauf fuhren wir mit Blitzesschnelle über zwei Schneefelder; eine harte Zumuthung für den Theil meines Körpers, der drei Nächte und zwei Tage in ununterbrochener Berührung mit Gra- nitstücken war; ich glaube, kein Cynocephalus sphinx hatte in diesem Augenblicke etwas Besseres aufzuweisen. Auf dem zwei- ten Schneefelde sehe ich die Fährte von zwei Gemsen, die mit- unter von der ungarischen Seite herüber kommen. Endlich kam ich an dem grössten der fünf Teiche an, 6000' , ich habe aber nur vier gezählt. Dort wo ich Schneefinken, Schneehühner, Alpenkrähen, Alpensegler etc. suchte, wurde ich alter Sumpf- jäger von drei unverschämten Kibitzen verlacht und verhöhnt, die einen wundersamen Eindruck auf mich machten; und die Pflanzen umher, die meinen Fuss berührten, Galtha palustris, Em- petrum nigrum, Parnassia, Pedicularis, Pinguicola; und die Cariceen neigten grüssend ihre schweren Häupter. Die Schuhe voll Wasser, blickte ich unwillkürlich auf den Hund; ich hätte mich nicht ge- wundert, wäre er vor einer Bekassine gestanden. Die Hirten sagten mir, dass sich auf diesen Teichen auch Enten haben sehen lassen. Ein Naturforscher hat hier „Enten“ gefunden, die soeben aus den Eiern geschlüpft. Ich zweifle nicht daran; aber dies ist eine Species, die die Ornithologie nicht anerkennt. Wir gingen in den salasz und hier brachte ich die schreck- lichste Nacht meines Lebens zu, zehn Männer sassen wir einer auf dem andern, fettige, stinkende Käsemacher, die Füsse bis an die Knieen mit Schaf koth besudelt, die nie trocken und nie gewaschen werden; das schwarze, mit Speck eingeschmierte Hemd, legen sie nie ab. Der salasz war voller Rauch von Krummholz, welcher am empfindlichsten ist; ich versuchte im Freien zu sitzen, aber bei Regen und Wind, das Thermometer auf dem Eispunkte, 236 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: war es auch nicht zum Aushalten. — 19. Juli. Erst um 8 Uhr konnten wir weiter gehen. Der Pass, durch welchen wir gehen mussten um nach Zakopane zu kommen, liegt 500' unter dem Gipfel der Swinnica (von swinia das Schwein, einem Schweins- rücken ähnlich, 7000' ungarische Grenzlinie), heisst Zawrat, (za- wröcic umdrehen, Schwindel bekommen.) Es dauerte drei Stun- den bis wir hinauf kamen; oben machten wir Mittag und verzehr- ten das letzte was wir hatten. Ich blieb zwei Stunden in der Hoffnung, einen Vogel zu sehen, wenigstens eine einzige von den Alpenkrähen, die man hierher versetzt hat in Haufen und Colo- nien ; aber mit solchen Colonialwaaren ist der Wissenschaft nicht gedient. Ein Tithys -P är chen hat hier seine Sommerwohnung aüf- geschlagen. Von der Swinnitza kann man einen tiefen Blick in die ungarischen Gebirge thun, und jetzt erst wurde ich gewahr, dass ich um die hohe Tatra, wie die Katze um den heissen Brei gestiegen war. An vielen Orten kann man an zerbissenem und zusammenge- tragenem Grase Spuren von Mäusen sehen; ich bot alles auf, um eine zu bekommen oder nur eine zu sehen, vielleicht sind es nächtliche Thiere ; ich bin nicht darauf bedacht gewesen, sonst hätte ich Fangapparate mitgenommen. Jas sagte mir, dass, wenn er im Winter im Gebirge Holz fällt, grosse rothe Mäuse in den salasz kommen und das Brod ihm fressen, dies mag Mus sylvaticus sein. Droll brachte mir einmal ein Stückchen Fell mit daran- hängendem Schwänze, das anderemal wieder ein solches Stück mit vollkommenem Schädel; die wenigen Haare am Felle gleichen denen der Arvicolinen. Ich bin nicht gelehrt genug, um über diesen Schädel mit Nagezähnen etwas sagen zu können. Wir machten Anstalten, den Zawrat hinabzusteigen; ein sehr steiles, gletscherartiges Schneefeld zwischen Felsenwänden, zu steil um hinabfahren zu können. Tief unten bemerkten wir drei Männer, und Jas musste sein Project aufgeben, einige Granit- stücke hinabrollen zu lassen, welche uns Stufen und Anhaltspunkte bereiten sollten; statt dessen fing er an, mit der Axt kräftig Stu- fen einzuhauen. Die Männer von unten thaten ein gleiches ; nach einer Stunde fleissigen Arbeitens begegneten wir uns. Es waren zwei Bergstudenten aus Schlesien; ich schenkte ihnen eine An- gel, und wir trennten uns. Sie die unsrigen, wir ihre Stufen be- nutzend, brauchten wir beiderseits nur die Hälfte Zeit und Mühe. Zmarzly staw, gefrorener Teich, thaut nie auf, ich ging nahe vor- Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 237 über zu G^cienicowy staw, soll 31 Morgen Flächenraum enthalten und gegen 5000' hoch liegen; er hat an der vorderen Seite eine kleine Insel, auf welcher sich ein Cinclus ciquaticus belustigte; so hoch habe ich noch keinen gesehen. — 23. Juli fuhr ich noch einmal in das Thal von Koscielisko, um meinem Versprechen nachzukommen, eine grosse Kiste voll gewünschter lebender Pflan- zen mit Wurzeln für den botanischen Garten in Lemberg zu sam- meln. Es war ein mühevoller Tag, sehr heiss, und auf der ma- turowa skala kein Wasser. Aber ein Pärchen von Tichodroma war hier, ich bekam nur (?, 2 fiel und verkroch sich angeschos- s&n in eine Felsenspalte. Reichlich sammelte ich zwei Species Schnecken, die eine ähnelt der Helix cricetorum , ist aber grösser, die andere der Helix fruticwn, ist grösser und ungenabelt. — 26. Juli. Vor einigen Tagen traf ich mit Herrn Buchhändler Friedlein aus Krakau, einem alten Bekannten, zusammen. Wir verabredeten eine Exkursion auf den Krywan. Herr Homolacz und der Herr Oberförster hatten die Güte, auf meine Bitte, dem Waldheger J^drzej Wala einige Tage Urlaub zu geben, um uns begleiten zu können. Wala ist Nestor aller Führer auf der Ta- tra, er kennt, kann man sagen, jeden Stein. Herr Friedlein, dessen Verwandter, Pitun, Wala und Sohn holten mich früh um 8 Uhr ab. Um 11 Uhr hatten wir die un- garische Grenze, den Sattel der Goryczkowa 5500' erreicht, (goryczka Enzion gentiana), und stiegen die andere sehr steile Seite in das Thal Wier cichy hinab. Unten am Wasser entdeckte ich die frische warme Spur eines überaus starken Bären, die deutlich ausgedrückte V orderbrante mass vom Daumen bis klei- nen Finger 8f polnische oder sächsische Zoll. Den beiden alten Bärenjägern sah man eine Verlegenheit an, dass ich ihnen, und nicht sie mir die Spur gezeigt hatten, und steigerte sich noch mehr, als ich ihnen sagte: der Bär ist zweimal hier gegangen, dieser Tritt ist von gestern, dieser von heute; in den gestrigen hat es ein wenig geregnet, auch hat er nicht weit von hier ein Thier geschlagen oder ist verwundet, denn zwischen Daumen und Zeigefinger ist ein wenig Schweiss zu sehen. Die beiden Göra- len massen mich mit grossen Augen , aber sagten nichts. So etwas geht gegen ihr punctum honoris. Polnisch niedzwiedz der Bär, ein verunstaltetes Wort, es soll Honigfresser bedeuten, von miöd der Honig; russisch, ruthenisch heisst er medwed, midwed, med, mid, der Honig, Meth. Wir traten in den salasz, die Slo- 238 E. Schauer: Tagebuch-Notizen: j waken bewirtheten uns mit Z^tyca; in einer Umzäunung lag ein schwer verwundetes Lämmchen, vor wenigen Stunden wollte es der Bär rauben, man hatte es ihm mit Steinwürfen abgenommen. Wier cichy ist das einzige Längenthal auf der Tatra. Wier, Wir- bel, wo sich das Wasser dreht, cichy still. Wir ruhten eine Stunde; die kleinen schmalen Wege, welche die Schafe in dem Krummholze machen, und perci heissen, benutzend, marschirten wir aufwärts auf den Sattel der Wier cichy; links hinter dem Berge liegen die fünf Teiche. Wir machten Halt und genossen des herrlichsten Anblicks auf gruby wierzeh und Krywan. Den ganzen Tag hatte ich nur einige Mauerschwalben, Spijj^- letten und Zaunkönige gesehen, um so mehr freute ich mich, als fast auf Schussweite ein G- old adle r bei uns vorüberstrich. Wir hatten noch einen weiten Weg zu machen und eilten hinab in das lange Thal von den Polen ciemna smereczyna, finstere Fichten, und von den Slowaken Koprowa genannt. Es zieht sich von der hinteren Wand der fünf Teiche bis in die Ebene hinaus; öffnet sich nach Süd-West und ist also auch ein Längenthal zu nennen. Zwei Teiche mit Wasserfällen blieben uns links. Es ist ein furchtbar wildes Thal; riesige Lärchenbäume vom Winde umgeworfen liegen umher, ungeheuere, vor Alter abgestorbene Fichten stehen noch, man geht durch weite Strecken mit Rumex alpinus bewachsen, dessen gewöhnlich nasse Blätter bis an die Brust reichen und überschreitet zwei Stellen, wo Lawinen gegan- gen sind. Wir traten im salasz ein; er ist geräumig mit Dach, Wänden und Thür. Wir hätten gern hier übernachtet, aber Wala erlaubte es nicht, und führte uns noch eine halbe Meile weiter, in einen anderen salasz, wo Ochsenhirten mit Frauen und klei- nen Kindern wohnten. — 27. Juli. Der Krywan, an dessen Fusse wir genächtiget, ist nur von einer Seite zu ersteigen; darum führte uns Wala noch weit in das Thal hinab, so dass wir fast die ganze Tatra im Rücken hatten. Um ein Stück Weg abzu- schneiden, kletterten wir zwei Stunden lang durch einen Fichten- wald, der so steil gelegen ist, dass man die Hände brauchen muss. Ein Taubenfalke fing vor unseren Augen einen Eich el- häher; rechts und links hörte ich einige Spechte arbeiten. (Bitte um Verzeihung, dass ich sie nicht aufgesucht habe, aber auf die- ser Stelle war es eine Unmöglichkeit.) Wala brachte Federn vom Auerwild und Häher oben, vom Birkwild, um mich in’s Examen zu nehmen; er ist ein zuverlässiger Vogelkenner, unterscheidet Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 239 acht Spechtarten. Unter dem Krummholze frühstückten wir, weil sich in einem verfallenen Schachte das letzte Wasser befand; bald darauf kamen wir in den Fahrweg, welcher zu dem dama- ligen Bergwerksbetriebe angelegt wurde, jetzt aber theil weise mit Krummholz bewachsen ist. Bei den letzten Büschen ruhten wir und ich machte, zum Aerger der G-emsenjäger, die Gesellschaft auf einen Gemsbock aufmerksam, der auf 200 Schritt Entfernung ruhig vorüberging. Wohl hatte ich eine Kugel in der Flinte, aber auf 200 Schritt zu schiessen, bedarf es eines gezogenen Rohres, und ein ehrlicher Jäger schiesst nur auf edles Wild, j^nn er es erlegen kann; auch wollte ich keinen unnöthigen ™m machen. Auf dem ersten Bergsattel angekommen, machte ich den Vorschlag, vorauszugehen, Wala sollte von der anderen Seite einen Felsen umklettern, und im Falle Gemsen dort seien, mir so dieselben zutreiben; er hatte „mir nicht Zeit gelassen und drei Gemsen gingen an dem zum Stand ausersehenen Orte langsam vorüber. Ich setzte mich ermüdet auf eine hervorragende Granitspitze und gewahrte 200 Schritt entfernt einen Gemsbock, welcher ruhig weidete sich dann niederthat und wiederkäuete, aufstand und auf die Felsenklippe herumspazierte. Ich rührte, mich an Gerstäckers Gemsenjagden erinnernd, kein Glied und dies dauerte | Stunden ; endlich bekam der Bock von der Ge- sellschaft, die 600 Schritt hinter mir hielt, und unruhig wurde, und während der Zeit ein Rudel von 16 Gemsen gesehen hatte, Wind, stampfte mit den Vorderläufern und pfiff J2 — 15 mal, wendete sich etlichemal um, konnte lange zu keinem Entschlüsse kommen, und kletterte langsam weiter. Ich habe gesagt, er pfiff, nur darum, weil in Jagd- und naturwissenschaftlichen Schriften dieser Laut ein Pfeifen genannt wird, wahrscheinlich aus Deli- catesse gegen dieses edle Thier; es ist aber mehr ein Schnaufen, auch möchte ich behaupten, dass dieser Laut nicht im Larynx sondern in der Nase gebildet wird. Die verwichenen Stunden reichten aus, mich mit der Natur der Gemse bekannt zu machen. Kaum war ich aufgestanden als auch Wala bei der Hand war, denn aus meinem Verhalten erkannte er nur zu wohl, dass ich etwas im Auge hatte, und störte mich nicht; er setzte sich auf die Stelle wo ich gesessen, und verlangte, dass ich ihm den Platz anzeigte wo der Bock gestanden; mit pfiffigem Lächeln sagte er : Ja Pana mam za dobrego mysliwego, ale na kozach dzikich Pan si$ nie rozumiesz. Ich halte Sie für einen guten 240 Nachrichten: Eingegangene Schriften. Jäger, aber auf Gemsen verstehen Sie sich nicht. Yon hier hätten Sie können zu jenem Felsen schleichen, (dabei glitt Wala mit Schneckengeschwindigkeit von der Klippe hinweg) sodann unter die Wand Weggehen, dort die Flinte langsam auf den Felsen legen, den Kopf ohne Hut naöhschieben und ruhig den Bock schiessen; denn so schloss er seine Strafpredigt: ko za dzika je st najgiupszem zwierz^ciem, sarna nie da si§ podcjsc, ale koz§ za nogi mozna zlapac. Die Gemse ist das dümmste aller Thiere, ein Reh lässt sich nicht beschleichen, aber die Gemse kann man beim Fusse ergreifen. Wala! sagte ich, ich habe doch gegen 30 Rehböcke mich anschleichend geschossen. Er wendete sich ächtlich ab, denn er hielt es für eine grobe Lüge. Zu H8Pn Friedlein aber sagte ich: es thut mir leid, dass ich diesen Bock nicht geschossen, aber noch mehr thut es mir leid, dass Herr Gerstäcker Walas Prolection nicht mit angehört hat. Ich kletterte noch 100 Klafter weiter, bis zu dem berühmten Goldschacht. Aufrecht gehend kann man den horizontal in den Krywan hinein gearbeiteten Gang betreten. Die Granitmassen umschliessen sehr dürftig goldhaltende Quarzgänge; ich habe in dem ausgefahrenen Schutte, auf welchem bis jetzt noch nicht ein- mal Flechten gewachsen sind, so lange gesucht, bis ich einige Stückchen fand, in welchen man mit der Loupe Goldkörnchen erkennen kann. Vor 90 Jahren hat eine Gesellschaft den letzten Versuch gemacht, Gold zu suchen, ist aber dabei zu Grunde ge- gangen. Die Anlage dieser Bergwerke, schreibt man Kaiser Max II. zu, nach anderen dem Könige Matthias. (Schluss folgt,) Nachrichten. An die Redaction ein gegangene Schriften: (Siehe März-Heft 1862, Seite 160.) 426. The Ibis, a Magazine of General Ornithology. Edited byPh. L. Scla- ter. London, N. Trübner u. Co. Yol. IV., No. 13. January 1862; No. 14. April 1862. — Yon der British Ornithologist’s Union. 427. Prof. W. Peters. Mittheilung des Hrn. Rieh, Schomburgk in Austra- lien über die Entwickelung der Leipoa ocellata. (Auszug aus dem Mo- natsbericht der Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Gesammt- sitzung der Akademie 21. Nov. 1861.) — Vom Prof. Peters. 429. Aug. v. Pelzeln Uebersieht der Geier und Falken der k. k. ornitho- logischen Sammlung. I. Abtheilung. Wien, 1862. (Separatabdr. a. d. Verhandl. der k. k. zöol -botan. Gesellschaft in Wien, 1862.) — Vom Verfasser. 430. Pr. D. Korth u. H. Korth. Tauben- und Hühnerzeitung. Organ der gesammten Hausfederviehzucht mit Inbegriff der Sangvögel. Berlin. Siebenter Jahrg., No. 13—16, (April 1862.) — Vom Herausgeber. Druck von K orne gg’s Buchdruckerei, ■m Inhalt des III. Heftes. Original-Auf sätze : 1. Uebersicht der im Berliner Museum befindlichen Vögel Costa Rica’s Vom Herausgeber 161 ^2, Zusätze und Berichtigungen zu den „Beiträgen zur Ornithologie Cu- ba’s“. Von Dr. J. Gundlach 177 VCiterarische Berichte: 3. Zur Ornithologie Jamaika’s. Von Dr. R. Albrecht. . .... 192 Briefliche Hittheilungen* Oeconomisches und Feuilleton: 4. Notiz, Alca impennis betreffend. Von Dr. Carl Bolle 208 5. Ueber Bastardbildung. Vom Rector Dr. Sommer. (Mitgetheilt durch Prof. W. Peters.) . • . . . . . 209 6. Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze: Auch ein Wort über das Meckern d. Bekassine v. B. Borggreve. Vom Pfarrer J. Andr. J aekel 212 7. Ein Curiosum in Betreff einer Nistweise. Von W. H. Trinthammer 223 8. Tagebuch-Notizen während eines ornithologischen Ausfluges auf der hohen Tatra i. d. Monaten Juli u. August 1861. Von Ernst Schauer. 223 Nachrichten : 9. An die Redaction eingegangene Schriften 240 Naturwissenschaftliches Prachtwerk ! Die Eier der europäischen Vögel, nach der Natur gemalt von V. W- JT. J V äde Ti e r. Mit Beschreibung des Nestbaues bearbeitet mit L. Brehm und Paessler- In zehn Lieferungen von je acht Tafeln in Farbendruck. Gross Fol. Subscriptionspreis jede Lieferung 4 Thlr. Lieferung 1 — 7 sind schienen. Die Schlusslieferungen 8 — 10 werden bald nachfolgen. Von P. Westennann & Co. in New-York ist durch Bernh. Hermann in Leipzig zu beziehen. £!lliot B. Cr. Monograph of the Pittidae. Sechs Lieferungen in gr. Folio, jede mit 5 colorirten Tafeln und Text. Preis jeder Lieferung 8 Thaler. 4 sind erschienen die anderen 2 folgen im Laufe des Sommers 1862. P. Westermann & Co. 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Bolle in Berlin, Staats-Rath Aca- demiker Prof. Dr. Brandt in Petersburg, Pastor Dr. Ch. L. Brehm, Prof. Dr. H. Burmeister in Buenos- Ayres, Dr. Gloger in Berlin, Bar. Eug. v. Homeyer, Dr. Hartlaub in Bremen, Dr. Kaup in Darmstadt, Kam- merherr Bar. R. v. König-Warthausen tn Württemberg, Pfarrer W. Paessler in Anhalt, Hof-Rath Prof. Dr. L. Reichenuach in Dres- den, Prof. Dr. H. Schlegel in Leiden, Prof. C. J. Sunde- vall in Stockholm, Prinz Mas VOU Wied zu Neuwied, u. A., erstem Custos am Königl. Zoolog. Museum der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. und Dr. Ed. Baldamns, Pfarrer zu Osternienburg bei Cöthen, Secretair der deutschen Ornithologen- Gesellschaft. X. Salugimg Cassel 1863 Verlag von Theodor Fischer. NEW-YORK #. mcPenttann & (&o. ißnilliere, ßroobumt). JOURNAL für ORNITHOLOGIE. Zehnter «Fahrgang. NS 58. Juli- 1862. Die Balearen. Yon Alexander v. Homeyer. (Fortsetzung; siehe Januar-Heft 1862, Seite 1 — 23.) IV, Ule Sominervögel der Balearen, 1. Vorbemerkungen. Unter „ Sommervögel u sind die Brutvögel, dann auch die- jenigen Vögel zu verstehen, welche überhaupt während der Som- merzeit auf den Balearen anzutreffen waren; solche, die nur auf dem Zuge durchpassirten, hernach sich aber nicht mehr sehen Hessen, wurden zwar im Verzeichniss erwähnt, aber nicht mit einer Nummer einregistrirt. Die beim Niederschreiben dieser Arbeit mich leitende Idee war, stets nur Thatsachen und keine Vermuthungen vorzuführen, also nur die Vögel anzugeben, deren Vorkommen thatsächlich constatirt wurde, sei es durch den Schuss oder durch ganz sichere Beobachtung. Hypothesen hingegen liess ich ganz fort, in der Meinung, sie lägen Anderen jedenfalls ebenso nahe wie mir, und in dem Bewusstsein, dass Trugschlüsse gerade hier ausserordent- lich leicht sind. Acrobates galactodes kommt z. B. in Süd -Ost- Spanien, in Algier, wie in Griechenland ziemlich häufig vor, was liegt näher zu vermuthen, als dass er auch auf den Balearen wäre, und doch irrt man. — Aehnlich würde es mit vielen an- deren Vögeln ergehen, so mit den Cormoranen, den Steinschmätzern, den Hypolais-Arten etc. etc. Wenn demnach mein Verzeichniss mit hundert Nummern etwas dürftig erscheint, so möge man nicht mir die Schuld beimessen, sondern die Ursache in der fast durchweg herrschenden faunisti- sehen Armuth der Balearen suchen. Den Grund dieser Thatsache Journ, f. Ornith,,X. Jahrg. Nr. 58, Juli 1862. 16 242 Alex. v. Homeyer: genügend zu erklären , dürfte nicht so leicht sein, um so mehr, da der landschaftliche Charakter der Gruppe ausserordentliche Mannigfaltigkeit zeigt; doch glaube ich als Hauptmotiv in den Vordergrund stellen zu müssen, dass wir es hier mit Inseln zu thun haben, und solche, wie wir es aus der Analogie wissen, im Allgemeinen stets ärmer an Thierklassen sind, als der Continent; und nenne dann als zweites Motiv den felsigen Boden, den Man- gel an süssem Wasser und vor allem die ausserordentliche Dürre des Sommers,*) wodurch trotz der reichen Gestaltung des Pro- fils dennoch das Gepräge gewisser Einförmigkeit entsteht. — Dass jedoch Gruppen, wie die Steinschmätzer (Saxicolae) so wenig Artenreichthum zeigen, da doch für sie die Gegend so ganz ge- eignet erscheint, - — welche Eigenthümlichkeit nach Dr. Carl Bolle auch auf den Canaren stattfindet, — bleibt mir ein Räthsel, oder findet in Bolle’s Ansicht (Journ. f. Ornith. V. 279.) seine Lösung. 2. Ueber s ichtliches Verzeichniss der Arten. 17. Corvus corone. 18. Cypselus apus. ,, melba. 19. Cecropis rustica. 20. Chelidon urbica. 21. Cotyle riparia. 22. Cuculus canorus. Oriolus galbula. 23. Merops apiaster. 24. Upupo epops. 25. Butalis grisola. 26. Muscicapa atricapilla. 27. Lanius rufus. 28. Cruciro8tra curvirostra var. balearica (Alex. v. Ho- — j meyer.) 29. Seiinus flavescens. 30. Chlorospiza chloris. 31. Petronia rupestris. *) Mit den Angaben meiner ersten Arbeit scheinen diese Worte in Wider- spruch zu stehen, da dort vielfach des Regens erwähnt wurde; dies ist jedoch eben nur scheinbar, indem gerade die Witterungsverhältnisse pro 1861 abnorm waren, und dennoch — trotz dieser vielen Regengüsse — eine grosse Dürre herrschte. 1. Cathartes percnopterus. Gyps fulvus. 2. Aquila fulva var. fuscicapilla j (Brehm). 3. „ Bonellii. 4. Haliaetus albicilla . 5. Pandion haliaetus. 6. Milvus regalis. 7. „ niger. 8. Dendrofalco Eleonorae? 9. Cerchneis tinnunculus . f 10. „ cenchris. 11. Circus rufus. 12. „ cyaneus. 13. Athene noctua var. meridio- nalis. 14. Sto 'ix flamme a. 15. Scops zorca. 16. Corvus corax. Die Balearen, 243 32. Passer domesticus und cisal- pinus. 33. Fringilla coelehs. 34. Cannabina linota. 35. Carduelis elegans. 36. Miliaria cana. 37. Emberiza cirlus. 38. Melanocorypha brachydactyla . 39. Galerita Teklae (Brehm)? 40. Corydalla campestris. Anthus arboreus. 41. Budytes flavus var. fasciatus (Brehm). 42. Luscinia vera. 43. Ruticilla phoenicura. 44. Petrocossyphus cyaneus . 45. „ saxatilis. 46. Turdus merula. 47. Pratincola rubetra. 48. „ rubicola. 49. Sylvia atricapilla. 50. >9 orphea. 51. Dumeticola melanocephala. 52. sarda. 53. Phyllopneuste Natt er er i. „ sibilatrix. 54. Calamoherpe arundinacea. 55. Cettia sericea. 56. Cisticola sclioenicola. 57. Troglodytes parvulus. 58. Regulus ignicapillus. 59. Parus major. 60. „ coeruleus. 61. Columba palumbus . 62. „ livia. 63. Turtur auritus. 64. Perdix rufa. | 65. Coturnix dactylisonans. 66. Oedicnemus crepitans. 67. Charadrius cantianus. 68. hiaticula , 69. minor. 70. Strepsilas collaris. 71. Glareola pratincola. 72. Ardea cinerea. 73. „ pur pur ea. 74. Egretta garzetta. 75. Nycticorax griseus. 76. Botaurus stellaris. 77. Phoenicopterus roseus. 78. Ibis falcinellus. 79. Numenius tenuirostris. 80. Limosa melanura. 81. Totanus calidris. 82. „ glottis. „ fuscus. 83. Machetes pugnax. 84. Himantopus melanopterus. 85. Rallus aquaticus. 86. Gallinula pygmaea. 87. „ porzana. 88. „ chloropus. 89. Porphyrio hyacinthinus. 90. Fulica cristata. 91. Lestris Skua. 92. Larus argentatus. 93. Gavina Audouini (Bp.) 94. Hydrochelidon nigra. 95. „ leucoptera. 96. Sternula minuta. 97. Sterna anglica. 98. Thalassidroma pelagica. 99. Puffinus einer eus. 100. Callichen rufinus. 244 Alex. v. Homeyer; 3. Balearische Vogelgestalten, ihr Wohnen und Treiben. a. Raubvögel und Hocker. 1 . Cathartes percnopterus. f) Degland bezeichnet den schmutzigen Aasgeier als Winter- vogel Spaniens und Süd-Russlands, womit für Spanien auch Alf. Brehm übereinstimmt, Dr. Erhardt hat ihn auf den Cycladen über- winternd angetroffen, während Dr. Lindermayer vom nördlichen Griechenland den Zug zu Anfang Mai angiebt. Auf den Balearen wollen ihn Hirten dann und wann im Winter, gewöhnlich mit Gyps fulvus zu grösseren Gesellschaften vereint, gesehen haben. Ich beobachtete ihn auf Mallorka erst am zweiten Mai. Es waren zwei alte Vögel, welche in Gesell- schaft einiger Adler und Raben vom nördlichen Gebirge kamen und sich dem Fruchtlande zuwendeten; dann zur Mittagszeit sel- bigen Tages wohl 15 — 20 Vögel, welche über der Stadt Palma ganz ebenso kreisten, wie es in Deutschland Milvus regalis so gern zur Zeit des jungen Federviehs zu thun pflegt. Tags darauf waren alle Geier verschwunden, und es wurden von nun an wäh- rend der nächsten Monate nur dann und wann einzelne alte Vögel, welche im Gebirge nisteten, auf beiden Inseln beobachtet. Ich glaube, dass Jene vom zweiten Mai auf dem Zuge waren; hierfür spricht sowohl das Correspondiren der von Dr. Linder- mayer für Griechenland angegebenen Zugzeit, als auch das Fac- tum,, dass vor dieser Zeit (von 18 Tagen), in der ich im Beob- achten sehr rührig war, kein einziges Individuum gesehen wurde, endlich der Umstand, dass alle Vögel schwarz und weiss gefärbt, d. h. also alt und brutfähig waren. Andrerseits müsste ich, wenn Cathartes hier Standvogel wäre, junge Vögel und zwar in ziem- lich bedeutender Anzahl zu Gesicht bekommen haben, weil diese bis' zum Anlegen des ausgefärbten Gefieders bekanntlich minde- stens drei Jahre gebrauchen. Dieses jedoch ist niemals geschehen, indem ich auch nicht ein einziges derartiges Individuum sah, und somit nehme ich für unsere Inseln den Zug an. Brutvogel aber, wenngleich nur in wenigen Paaren, ist der Aasgeier immerhin für die Balearen. Die alten Vögel ziehen nach dem Brutgeschäft mit ihren Jungen nach Süd-Spanien, oder nach Nord-Afrika, und schaaren *) Gypaetus barbatus kommt auf den Balearen nicht vor. Die Balearen. 245 sich ohne Unterschied des Alters und des Geschlechts zu hundert und mehr Individuen zusammen. Während des Winters führen sie ein vagabondirendes Nomadenleben und kehren im Frühling zu ihren Standquartieren zurück; indess die nicht brutfähigen, vom Paarungstrieb noch nicht berührten Jungen zusammenge- schaart bleiben und das Land auch ferner, nach Aas suchend, durchstreifen. Gestützt ist diese Annahme auf die Analogie mit dem Leben so vieler anderer Vögel, namentlich grösserer Raub- und kleinerer Sumpfvögel, wie auch durch meine in Algier Ende Juni und Anfang Juli gemachten Beobachtungen, dass die vielen, oft zu Hunderten zusammenschwärmenden Aasgeier das Jugend- kleid trugen, während einzelne alte Vögel nur selten bei ihnen waren. Diese durchzogen vielmehr weit lieber einzeln, paarweise oder zu fünf bis zehn das Land. So erklärt sich auch für die Balearen das Erscheinen des Aasgeiers im Winter, wie das Nichterscheinen der Jungen im Sommer. Im Winter ist alt und jung beisammen, und aus klimatischen Gründen Nahrungsmangel viel eher vorhanden wie im Sommer, und somit auch die Wahr- scheinlichkeit „grosse Türen zu dieser Zeit zu machen“ ganz nahe da eben die Noth dazu zwingt, und selbst eine Ausdehnung der- selben bis zu den Balearen hin, für einen so guten Flieger nicht unglaublich. Im Sommer jedoch findet ein derartiger Besuch deshalb nicht statt, weil zu dieser Zeit überall, namentlich aber in Afrika selbst, Nahrungsmangel nicht eintritt. — Geht der Aasgeier der Nahrung nach, so ist sein Flug schwimmend, fast ohne Flügelschlag; er kreist, zieht, oder win- det sich durch die Baumkronen oder an den Abhängen entlang, schwebt aber nicht ausschliesslich hoch im Aether. Will er grössere Entfernungen durchfliegen, so rudert er mit fünf bis sieben gemessenen nicht harten Schlägen und streicht dann eine weite Strecke dahin, gerade wie es auch Gyps fulvus thut, wo- bei, wie stets im Fluge, der Hals lang ausgestreckt wird. Bolle sagt: „der alte Vogel sieht im Fluge einem Storch nicht unähn- lich.“ Ich kann dies nur bestätigen, indem ich wirklich beim Erblicken der ersten fliegenden Geier denselben Gedanken hegte. Einen Ton hörte ich von ihm nie. Gyps fulvus.*) Der - kahlköpfige Mönchsgeier wurde von mir nicht bemerkt *) Vultur cinereus sive monachus kommt während der Sommermonate nicht auf den Inseln vor. 246 Alex. v. Homeyer : und kommt derselbe hier während des Sommers, wenigstens als Bewohner nicht vor. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass er während des Winters die Inseln, zuweilen sogar recht zahlreich besucht, und dass dann und wann ein Paar im nördlichen Gebirgs- theil Mallorka’s nistet. Mein Gewährsmann ist, ausser einzelnen Anderen, ein Bauernknecht, der mir folgende Mittheilung machte: „Der grosse Geier sei wohl JO Fuss breit, wenn er die Flü- gel ausspanne, gelbbraun mit weissem Kopf und Hals.*) Er komme von Zeit zu Zeit in die dortige Gegend,**) gewöhnlich, wenn ein grösseres Thier als Aas daläge ; man sehe selten einen allein, gewöhnlich viele beisammen; oft seien auch die weissen Geier***) dabei. Sobald das Aas verzehrt sei, verliessen sie das Land wieder.“ - — Tags darauf erfuhr ich durch denselben Hirten noch Folgendes: „Der Geier sei während des Sommers nicht auf Mallorka. Ein Fall sei ihm jedoch erinnerlich, wo ein solcher Vogel daselbst ge- nistet habe; er glaube, es sei im Januar 1856 gewesen, als man zwischen Valdemussa und Sollier oben in einem grossen Felsen- loche ein Nest gefunden habe, zu dem ein Mann an Stricken her- abgelassen worden sei. Dieser habe ein grosses weisses unge- flecktes Ei heraufgebracht, dessen Gewicht 16 spanische Unzen betragen hätte. Was das Erscheinen des Vogels betreffe, so finde er sich im November oder December oft wohl zu Hunderten bei einem Aase ein, ohne dass man Tags vorher auch nur einen gesehen habe; in der Regel seien es jedoch nur zehn bis zwan- zig, höchstens dreissig. Sie kreisten lange über dem Aase und stürzten dann plötzlich herab; sitzend, könnten sie nicht gleich auffliegen, sondern machten erst drei bis vier Sprünge, wobei sie die Flügel lüfteten. Vom Aase rissen sie lange Stücke mit dem Schnabel ab, und seien dann oft so zutraulich, dass man sich nahegenug anschleichen könne, um einen Steinwurf zu thun.“ — Soweit unser Knecht. Und nun frage ich meine geehrten Herrn Leser. „Wie gefällt Ihnen dieser Mann? Hört sich die von ihm gegebene Schilderung, welche ich fast wörtlich wieder- hole, nicht fast so an, als wenn Alfred Brehm uns eine Geier- Mahlzeit schildert? In meinem Tagebuche steht unterm 5. Juni: ,,In Wahrheit, dies war der erste Mensch auf den Balearen, bei *) Es geht ans dieser bündigen Beschreibung klar hervor, dass Gyps ful- vus wirklich gemeint ist. **) Dies ist das Dorf Feredell, eine Stunde nördlich von Yaldemussa, also ziemlich in dem wildesten Gebirgstheile Mallorkas. ***) Cathartes percnopterus. Die Balearen. 247 dem ich ein reges Interesse für die Natur antraf. Es ist zu be- dauern, dass er keine bessere wissenschaftliche Richtung hatte.“ — Nachträglich thut es mir leid, den Namen dieses Mannes nicht notirt zu haben, derselbe verdiente gewiss der Oeffentlich- keit übergeben zu werden. 2. Aquila fulva var. fuscicapilla (Brehm). Alfred Brehm sagt über diesen braunköpfigen Steinadler, den der Spanier wie der Baleare Aguila real nennt, in seiner Zu- sammenstellung der Vögel Spaniens:*) „ „ „Die einzige mir zu Händen gekommene Art des Stein- adlers. Auch der junge V^ogel hat dunkle Füsse und einen schwärzlichen Schwanz mit aschgrauer Querbinde. Er lebt paar- weise „einzeln“ (wenn auch Graells behauptet „häufig“) im Hoch- und Mittelgebirge ganz Spaniens. Beobachtet bei Murcia, auf der Sierra Nevada und bei Madrid. Ausserdem auch von Ma- chado, welcher ihn sogar „sehr gemein“ nennt, in der Sierra Morena, von Lopez-Seoane in Galicien und von Azüa in Arrago- nien. Standvogel. Brütet im März, April und Mai. Als furcht- barer Räuber überall bekannt. — “““ Und dann ferner ebenda über die von mir auf den Balearen nicht beobachtete Aquila imperialis: „„„Paarweise einzeln wie der vorige, aber mehr in Süd- und Mittel- Spanien. Beobachtet im Königlichen Thiergarten el Pardo bei Madrid. Graells nennt ihn „weniger häufig als den vorhergehenden“, ich aber sage: wenn man alle Exemplare bei- der Arten, welche beobachtet werden, für die einer Art rechnete und daraus das Resultat bestimmen wollte, dies immer noch Nie- mand berechtigen würde, diese Adler häufig zu nennen. Darnach mag das „gemein“ (bei Sevilla) Machados zu beurtheilen sein.“““ Soweit Brehm über den Continent! Auf den Balearen ist es Anders, hier ist der Steinadler ein ziemlich häufiger Raubvogel, während Aquila imperialis nach meinem Dafürhal- ten gar nicht vorkommt, denn bei den vielen Adlern, welche ich oft aus ziemlicher Nähe betrachtete, sah ich nie den weissen Schulterfleck, und doch stand ich so oft auf der Höhe und sah die Individuen unter mir schweben, so dass ich, wäre ein alter imperialis dabei gewesen, die karakteristische Färbung desselben *) Siehe: Allgemeine deutsche Naturhistorische Zeitung von Dr. Adolph Drechsler in Dresden 1857 p. 435. Gleichzeitig mit dem Bemerken, dass ich auf diese Arbeit oftmals zurückkommen werde. 248 Alex. v. Homeyer: hätte sehen müssen. In Algier kommt übrigens A. imperialis nach der mündlichen Mittheilung des Herrn Loche, dem Director des dortigen zoologischen Museums etc. nur zufällig vor. Unsere balearische Steinadler-Type ist ein fast einfarbig brau- ner Vogel ohne hellere Scliattirungen mit nicht hellem Nacken, mit weisslicher Schwanzwurzel, was sich stets in der Luft deut- lich markirte, und mittelstarkem Körper; zweifelsohne also die Aquila fuscicapilla (Brehm). Meines Erachtens ist dies keine ei- gene Art, wohl aber eine höchst interessante klimatische Rasse, denn der Schnabel, die Füsse und Körperverhältnisse, wie auch die Zeichnung sind im Allgemeinen ganz die unserer deutschen Aquila fulva. In Algier ist diese Type vielleicht ebenso häufig, wie auf den Inseln ; ich sah ihn lebend im dortigen durch Monsieur Loche neu angelegten zoologischen Garten und dicht neben ihm einen sehr starken, buntscheckigen Adler mit goldgelbem Nacken; beide un- ter sich fast gleiche Typen in wohl fünf bis acht Exemplaren. Hoffentlich werden wir bald über die Artberechtigung dieser ver- schiedenen Typen ins Klare kommen, denn sowohl Loche wie seine durch und durch naturwissenschaftlich gebildete Frau haben es sich zur Aufgabe gestellt, hier wie auch bei den echten Falken, end- lich einmal durch treue Beobachtung und genaues Notiren der Farbenveränderungen durch den Federwechsel Licht zu schaffen. Unsere Aquila fuscicapilla nistet in der ganzen nördlichen Gebirgskette Mallorka’s, von Andraix bis Alcudie und geht hier, wie in der Ebene auf Beute aus, welche vorzugsweise aus Kanin- chen, Hasen und rothen Steinhühnern (Perdix rufa) besteht. In der Regel sah ich diese Adler paarweise; ein Mal am 13. Mai, was fast unglaublich klingen mag, 21 beisammen, wobei ich mich ausdrücklich gegen den nahe liegenden Verdacht verwahre, dass hier eine Verwechselung mit dem jungen Aasgeier stattgefunden. Ein Paarmal sah ich ihn auch mit ein bis zwei Aasgeiern, einigen Thurmfalken und einem Kolkrabenpärchen, d. h. jede Art für sich, aber doch alle in Verbindung mit einander, was auch von den 21 Adlern gilt, welche immer zu zwei bis fünf vereint krei- sten. Der Flug des Steinadlers ist bekannt, und das Edle ihm nicht abzusprechen, aber das Leichte, ich möchte sagen das Hoch- elegante, wie es Percnopterus im Fluge hat, besitzt er nicht. 3. Aquila Bonellii ist trotz seines nicht seltenen Vorkommens im benachbarten südöst- lichen Spanien und Algier für die Balearen eine äusserst seltene Die Balearen. 249 Erscheinung, indem ganz sicher nur ein Exemplar am 6. Mai von mir beobachtet wurde. 4. Halia'etus albicilla. Drei junge Vögel hielten sich am 9. Mai bei Dragonera auf; ich glaube kaum, dass ein Nisten hier stattfindet, sondern dass diese jungen Individuen sich nur in dieser Gregend herumtrieben, wie wir es bei noch nicht brutfähigen Vögeln so oft finden. 5. Pandion h aliaetus. Der Fischadler, nach Vidal bei Valencia vorkommend, von Brelim selbst auf dem Continent nicht beobachtet, ist auch für die Balearen eine seltene Erscheinung, indem nur ein Pärchen bei 'Dragonera und zwei einzelne Vögel bei Cabrera und in der Bucht von Arta beobachtet wurden. Das Paar schien seinen Horst in der Nähe zu haben , es tändelte unter sich ebenso wie mit den Möven über dem Wasser her, und setzte sich dicht an die Strömung auf einen Felsen.*) 6. Milvus regalis, ist auf den beiden grossem Inseln ein ziemlich häufiger Brut- vogel, von 7. Milvus niger wurde nur ein Pärchen am Eingänge des Thaies von Esporlas gesehen. 8. Dendrofalco Eleonorae ? Nur bei Erwähnung dieser höchst seltenen und interessanten in ihrer Eigenthümlichkeit noch nicht genau bekannten Raub- vögelart möge es mir gestattet sein, von meinem Vorsatze, nicht über streng thatsächlich Beobachtetes hinauszugehen, um ein We- niges abzuschweifen. Unsere Inselgruppe liegt in verhältniss- mässig so geringer geographischer Entfernung von Sardinien, der Urheimath des Eleonorenfalken, dass auch aus diesem Grunde sein Vorkommen hier nicht unglaublich ist. — Zu wiederholten Malen habe ich einen in der Luft fast schwarz erscheinenden Falken gesehen, ohne ihn schiessen zu können. Oefters dachte ich an F. concolor Temm. oder ardesiacus VieilL, doch auf Dragonera notirte ich am 9. Mai: „Auch wieder ein Pärchen des kleinen schwarzen Falken, welches hier im Felsen nistet, es ist Falco Eleonorae, wie ihn Suhsemihl Taf. 54, Fig. 1 u. 2 abbildet, denn heute sehe ich die *) Circaetus gallicus wurde nicht beobachtet, ebenso auch nicht Buteo vulgaris und Pernis apivorus. 250 Alex. v. Homeyer: weissen Backen, den schwarzen Bart, wie die dunkelbraune Brust ganz deutlich. Die Vögel kreisen oft dicht vor mir, bald lang- sam, bald sehr gewandt und schnell. Sie erinnern während des Fluges im Halten der Flügel und des Schwanzes an F. subbuteo , von dem sie aber in der Grösse, wie durch das dunkle Colorit auf den ersten Blick, selbst in sehr grosser Entfernung, sich un- terscheiden. Sie brachten einen Corvus corax, der sich bei ihrem Neste sehen liess, durch heftige Verfolgung bald fort, wobei sie ein lautes aber weiches Küh, Küh, Kuh ausstiessen, und gingen dann mit demselben Geschrei auf drei langsam vorbeiziehende Seeadler los, ohne jedoch zu reussiren. Das Nest stand in einer fast senkrecht zum Meere abfallenden Felswand, vielleicht 500' über dem Wasser, während 100' tiefer einige Felsentauben und noch tiefer Puffine und Möven nisteten." — Trotz dieser, im Momente des Beobachtens mit grosser Sicher- heit und Ueberzeugung gemachten Notiz, stelle ich es der Kri- tik jetzt anheim, ob wir es hier wirklich mit F. Eleonorae zu tliun haben, was ich für meine Person ganz sicher glaube, oder mit concolor (Temm.) oder ardesiacus (Vieill.) und bemerke nur noch, dass es einer von diesen dreien ganz gewiss ist.*) Ueber die Manieren dieses Falken Folgendes: Er hält gern das Felsgebirge und streicht des Raubens halber in das tiefer- liegende Fruchtland, ähnlich wie es bei uns F. subbuteo aus den Waldungen tliut. Auf der Fahrt dorthin hält er sich nicht viel *) Sicherlich, und dann wird es nur F. Eleonorae sein können! Denn da es sich mehr und mehr heraussteilen wird, dass die bisherige Seltenheit des Vogels nur darin ihren Grund hat, dass die Art ausschliesslich ein Bewohner der Meeresküsten, Inseln und Klippen im Meere ist, mithin auf dem Festlande nur als verschlagen oder verflogen zu betrachten sein wird, so kann man gleich- zeitig annehmen, dass seine geographische Verbreitung, wie bei allen Raub- vögeln, keine so beschränkte wie etwa aut „Sardinien“ sein wird. Es werden die passenden Oertlichkeiten mindestens des ganzen Mittelmeerbeckens sein, mithin auch die Balearen. Dass F. dichrous Erh. von den Cycladen keine neue Art ist, sondern als Eleonorae sich heraussteilen wird, ist eine nahelie- gende Vermuthung, welche durch Dr. Krüpers diesjährige Untersuchungen hoffentlich erwiesen werden wird. Ebenso erkannte ich in einem von Smyrna gekommenen Vogel der Heine’schen Sammlung zu Halberstadt den alten (vorherrschend schwarzgrauen) Eleonorae. — F. concolor Temm (schistaceus Ehbg.) vom Rothen Meer und der ostafrikanischen Küste ist, nach Verglei- chung, kleiner und als specifisch verschieden oder mindestens als klimatische Abart zu betrachten. — F. ardesiacus Vieill. von Westafrika, weicht durch seine sehr kurzen Flügel generisch von Hypotriorchis ab, während die Klip- penfalken durch auffallend lange Flügel, die den Schwanz bedeutend über- ragen, anscheinend eine eigene Unterabtheilung bekunden, welche ganz passend Pontofriorchis benannt werden könnte. Zu derselben würden gehören: P. concolor' und P. Eleonorae. Der Herausgeber. Die Balearen. 251 auf, sondern schiesst echt edelfalkenartig, sehr hoch in der Luft dahin, wobei er gewöhnlich einzeln, selten paarweise zu sehen ist. 9. Cer chneis tinnunculu s ist ziemlich häufig auf beiden Inseln und nistet, wie auch der nicht ganz so häufige 10. Cer chneis tinnunculo ides es zu thun pflegt, sowohl in die Felslöcher, wie in alte Ruinen, Klöster etc. etc. Die Beobachtung des Dr. Alfred Hansmann, dass der auf Sardinien häufige kleine Thurmfalk daselbst mit Vorliebe in die Felsengrotten niste, wie mir Bolle mündlich mit- theilte, fand ich auf Mallorka in der (Seite 5) erwähnten Grotte von Arta bestätigt, wo ich ein Cenchris- Nest in nächster Nähe von Fels eil taub en~ und Mauersegler-Nestern fand; die Eigentüm- lichkeit, das Nest unter die Dächer der Wohnhäuser anzulegen, wie es in Griechenland geschieht, wurde nicht von mir bemerkt. Dabei erlaube ich mir zu erwähnen, dass die höchst interes- santen Wahrnehmungen Hansmann’s über diesen kleinen Falken sowohl, wie über andere befiederte Bewohner Sardiniens „leider immer noch nicht“ veröffentlicht sind : ein grosser Verlust, wie Jeder gestehen wird, der den Aufsatz des genannten Naturfor- schers „über die Sylvien Sardiniens“ gelesen hat!*) 11. Circus ruf us ist hier an geeigneten Orten ein sehr gemeiner Brutvogel, wel- cher unter dem Wassergeflügel grosse Verheerungen anrichtet. Ein Schuss scheuchte aus dem sumpfigen, mit S alicornia und Ta - marix vielfach überwuchertem Nebengelände des Prat, welches während des Sommers zum Theil unter Wasser steht, sechszehn dieser Vögel (alt und jung) auf, welche nun in der Luft zu krei- schen anfingen, welches Geschrei oftmals ganz deutlich durch die noch im Nest sitzenden Jungen beantwortet wurde. Der ja sehr bekannte Vogel macht übrigens so „en masse“ gar keine schlechte Figur in der Luft, wozu die Abwechselung der Färbung der ver- schiedenen Individuen, wie der leichte schwimmende Flug beiträgt. 12. Circus cyaneus ist, wenn auch nicht so häufig wie der Vorige, doch ein nicht seltener Brutvogel; dabei ist es möglich, dass auch Circus eine - raceus oder pallidus beobachtet wurde, ohne dass ich diese Arten im Fluge zu unterscheiden im Stande gewesen wäre. *) Der nach Brehm in ganz Spanien auch als Brutvogel einzeln vorkom- mende Falcu nisus L. wurde nicht von mir bemerkt 252 Alex. v. Homeyer: 13. Athene noctua var. meridionalis steckt während des Tages in Löchern von Felsen und alten Oli- ven, fliegt aber ganz gut zu dieser Zeit. Dieses Käuzchen ist nicht eigene Art, sondern nur eine klimatische Ausartung unserer noctua , mit der sie ganz dieselbe Zeichnung des Gefieders, die- selben Körperverhältnisse, denselben Aufenthalt und sonstige Manieren, vor allem aber ganz dieselbe Stimme gemein hat. Der . einzige ständige Unterschied liegt darin, dass, die Tinten des Ge- fieders etwas matter und bräunlicher erscheinen, wie dies die Ab- bildung Suhsemihls in seinen Vögeln Europa’ s trefflich zeigt. 14. Stria flammea hörte ich recht oft Abends in Palma, Mahon und Ciudadela schreien. 15. Scops zorka wurde nicht so oft wie Athene noctua beobachtet, was bei ihrer Häufigkeit in Spanien wie Italien auffallen muss; sie hält gern die alten Oliven, kommt Abends erst ziemlich spät zum Vor- schein, und ist nicht so rührig wie der Steinkauz; sie fliegt nicht so viel, sondern schreit ruhig vom Baume herab. 16. Corvus corax. Man sieht den Kolkraben überall paarweise, namentlich aber am Seestrande, wo er todten Fischen und anderen Seethieren, insbesondere dem Einsiedlerkrebse nachspürt. Diesen weis er geschickt zu fassen und aus seiner Wohnung, dem Seeschnecken- gehäuse, herauszuziehen; will' dieses aber wegen gänzlichen Zu- rückziehens des Krebses nicht gleich gelingen, so hämmert er mit dem Gehäuse so lange hin und her, bis der Insasse doch endlich zum Vorschein kommt. Der mir im Allgemeinen klein erscheinende Babe nistet hier, wie es wohl übrigens auch die meisten Raub- vögel tliun, mit V orliebe auf Felsen , indem die hohen Bäume oft fehlen; er ist ebenso scheu und vorsichtig, wie anderswo. 17. Corvus coro ne. Die Rabenkrähe kommt in einzelnen Paaren in Mallork a vor, was von Interesse ist, da sie von A. Brehm auf dem benachbar- ten Festlande Hesperiens nicht angetrolfen wurde, und sie sich nach Loche in Algier nur dann und wann im Winter sehen lässt Ein Irrthum meinerseits mit dem allerdings „kleinen“ Kolkraben ist nicht denkbar, denn einerseits wurde mir in Deutschland ein Unterscheiden beider Vögel selbst in grosser Entfernung und im Fluge niemals schwer, und andererseits fand ich auf Mallorka ein Nest von der Rabenkrähe noch Ende April, einer Zeit, in wel- Die Balearen. 253 eher C. corax gewiss nicht mehr brütet. Ich gestehe, dass ich damals die Wichtigkeit der Sache nicht kannte, sondern auf die- selbe erst später durch Brehm mündlich aufmerksam gemacht wurde, und somit damals (im Interesse meiner hellen Hosen) den Baum ( Pinus halepensis) nicht bestieg, auch nicht die Alten schoss. Dies Letztere geschah auch beim späteren Zusammentreffen nicht, sondern wurde nur immer einfach die betreffende Notiz ins Ta- gebuch eingetragen. Der Zukunft sei die Entscheidung Vorbehalten.*) 18. Cypselus apus **). Der Zug- des Seglers, wie auch der drei deutschen Schwalbenar- ten war noch vom 15. April bis zum 7. Mai in vollem Gange. Kleine und grosse Flüge kamen, hielten sich ein bis drei Tage auf und wan- derten weiter, während andere nachfolgten. So hatten wir in dieser Zeit oft unzählig viele, oft gar keine Schwalben. Die Zugzeit war also noch räthselhaft spät, indem Linder- mayer dieselbe für Griechenland schon mit Anfang März begin- nen lässt, was für die Balearen vielleicht auch der Fall sein dürfte indem die ersten Schwalben in Deutschland sich auch Ende März (am 29. 60. bei Rastatt die erste rustica ) oder Anfang April zei- gen. Hierdurch wurde mir die Gewissheit, woran ich schon lange nicht mehr gezweifelt habe, dass einerseits die Vögel derselben Art nicht gleichzeitig ihre Winterquartiere verlassen, und ande- rerseits in specie die Schwalben, trotz ihres rasend schnellen Flu- ges auf dem Zuge nicht hunderte von Meilen hintereinander durch- fliegen, sondern von Station zu Station wandern, ein bis zwei Tage ausruhen, wobei die oft sehr durch die Witterung bedingte Nahrung mitzusprechen hat, und dann erst wieder weiter ziehen. Ist die Witterung schön und die Jahreszeit noch nicht zu weit vorgerückt, so bleibt der Flug länger anwesend, da Nahrung vor- handen ist und der Nisttrieb noch nicht drängt; ist sie kalt und unrüstig, so macht der Vogel, aus Noth gezwungen, dass er wei- ter kommt, in der Regel nach der neuen Heimath zu, seltener dg~ hin, woher er kam; bleiben einige von den Thieren zurück, so sind diese marode, welche zur Weiterreise sich zu schwach füh- *) Corvus monedula (L.) und Pica caudata wie cyanea wurden nicht be- obachtet, ebenso auch nicht Pyrrhocorax graculus und alpinus **) Von den beiden Nachtschwalbenarten Caprimulgus europaeus und ruficollis wurde weder bei Tage ein Thier aufgestöbert; noch bei Abendzeit gesehen oder gehört. 254 Alex. v. Homeyer: len und nun sich kümmerlich forthelfen; wird die Witterung noch ungünstiger, so gehen dieselben vorzugsweise aus Nahrungsman- gel*) leicht zu Grunde, wird sie dagegen günstiger, so schliessen sie sich nachrückenden Flügen an und ziehen mit diesen weiter. So lässt sich auch die Erscheinung der vielen todten, oder bis zum Tode, ermatteten Segler ( Cypselus apus ) erklären, welche man im Frühjahr so oft findet. Cypselus apus ist als Brutvogel nicht sehr häufig; theils nis- tet er in den alten hohen Gebäuden der Städte, theils, und hier oft mit Falco tinnunculus und cenchris, mit Columba livia und Mus- \ cicapa grisola zusammen in den zum Meer fast senkrecht abfal- lenden Felsen. Cyps elus melba passirte am 23. April durch, und wurde bei Benoetiga, einem Ge- birgsorte Mallorka’s von mir gesehen. 19. Cecropis rustica ist als Brutvogel, in derselben Färbung wie in Deutschland, nicht gar häufig. C. Boissonneautii s. cahirica wurde, obwohl ich sehr darauf achtete, nicht beobachtet. 20. Chelidon urbica. Diese Schwalbe hält hier hauptsächlich das Gebirge; in der Stadt kommt sie ziemlich selten vor. Sie umkreist oft in star- ker Zahl die hohen kahlen Felsen, inmitten des nördlichen Ge- birgszuges, so dass man immer an C. rupestris denkt, oder sucht die senkrecht abfallenden Felsen des Strandes auf, um daselbst ihr Nest anzukleben; hier fand ich Colonien von oft nur zwei bis fünf Pärchen, einmal sogar ein einzeln nistendes Paar. 21. Cotyle riparia. Ich hatte die Uferschwalbe während des Zuges ziemlich oft in Gesellschaft von H. rustica und urbica , nachher aber nicht mehr beobachtet, so dass ich schon glaubte, sie hätte sich nicht ange- siedelt. Endlich fand ich eine kleine Kolonie von circa 20 Paa- ren bei Alcudie. Sie gingen eifrigst dem Fange der Wasser- insekten in der Weise nach, dass sie dieselben theils über dem Wasser in der Luft wegschnappten, theils von der Oberfläche des Wassers selbst aufnahmen, wobei sie oft die Flügel und den Schwanz eintauchten.**) *) Nach meinen Beobachtungen kann die Schwalbe ziemlich viel Kälte vertragen; so sah ich schon zu wiederholten Malen Hirundo rustica und Schneeflocken zu gleicher Zeit. **) Die mir in Algier so interessant gewordene Hirundo rupestris , von Die Balearen. 255 22. Cuculus canorus. Der Kuckuk ist während der Sommermonate ziemlich häufig in den alten Oliven und Waldstücken, welche sich um den Fuss. der Berge ziehen; er hat von hier einen freien Flug in das Ge- büsch der Vor berge, um daselbst sowohl der Nahrung, wie der Fortpflanzung nachzugehen. Die Erstere bestand vorzüglich oder sogar fast allein aus den Raupen des Bombyx dispar, welche in diesem Sommer zu Millionen auf Pistacia Lentiscus und Quercus Hex anzutreffen waren. Ich sah nur die graue Varietät des Kuckuks. Oriolus galbula wurde 1 Mal, und zwar ein Weibchen oder junges Männchen, von mir am 12. Mai auf den Vorbergen Mallorkas gesehen. 23. Merops apiaster wird nicht alle Sommer gesehen; erscheint jedoch mit Gewissheit von Zeit zu Zeit, wie mir dies von einem dortigen Lehrer ver- sichert wurde. Der mir erstatteten Beschreibung zufolge, kann ich nicht den geringsten Zweifel hegen und nehme deshalb den Bienenfresser hiermit unter die Balearenbewohner mit auf.* *) 24. Upupa epops. Ich sah ihn überall ziemlich häufig, namentlich aber zwischen den Mauern Menorka’s, in denen er mit Vorliebe sein Nest an- legte. Er lebt vorzüglich von den im Kuhdünger vielfach vor- kommenden Staphylinen, welche er mit grosser Geschicklichkeit hervorzieht. Vertreibt man ihn von dieser Arbeit, so ist es drollig zu beobachten, wie er bald zu wiederholten Malen zurück- kommt, um zu sehen, ob der etwa selbst nach Käfern suchende Störenfried noch da sei; ist dieser endlich fort, so kehrt unser Vogel schnell zurück. Beweist dies Gehässigkeit oder Neugierde? Ich glaube das Letztere, denn oft genug besuchte der Vogel nur den durchwühlten Düngerhaufen, um ihn in Augenschein zu neh- men und dann ohne weiter nach Würmern zu suchen, dävon- zufliegen. Brehm überall in Spanien paarweise oder in kleinen Gesellschaften beobachtet, sah ich während des Sommers auf den Balearen nicht; dabei soll die Unmög- lichkeit ihres Vorkommens nicht bestritten werden, da diese Schwalbe in ganz tief eingeschnittenen Thälern höchst zurückgezogen und still lebt, ohne viel Wesens von sich zu machen, jedoch sofort durch ihr eigenthümliches dunkel- graues Aussehen und ihren ruhigen, schwebenden Flug auffällt, wenn man durch Zufall in ihr abgelegnes, von Felsen umringtes Revier kommt. *) Jynx iorquxlla , Certhia 9 die in Griechenland so häufige Mandelkrähe ( Caracias garrula ) kommen nicht vor; die Sitta caesia glaube ich ein Mal bei Esporlas gehört zu haben. — 256 Alex. v. Homeyer: 25. Butalis grisola. Graf Wodzicki war der Erste, welcher in den Karpathen den grauen Fliegenfänger als Felsenvogel beobachtete : auf den Ba- learen trifft man ihn häufig, sowohl hoch oben im Gebirge und in den Felsen der Küste an, wie selbst auf den allerkleinsten, dem Festlande benachbarten Klippeninseln, selbst wenn kein Baum auf ihnen vorhanden ist. Im Gebirge sind die Felsen sein Lieb- lingsaulenthalt, im Fruchtlande die Feigenbäume. 26, Muscicapa atricapilla. Auf dem Zuge, wie als Brutvogel einzeln in den Waldpar- tien der Vor berge, wo Quercus Ilex und Pinus halepensis wech- seln, so z. B. beim Belvedere unweit Palma. 27. L anius rufus. Dieser für unsere Inseln alleinige Repräsentant des Würger- geschlechts*) tritt ganz ausserordentlich häufig auf; sowohl auf den bewaldeten Abhängen des Gebirges, wie an jedem mit Ta- mariscen besetzten Sumpf; sowohl in den oft fast isolirt stehen- den Feigen- und Mandelbäumen des freien Feldes, wie ganz beson- ders zahlreich in den Baumgärten. Er nistet in der Höhe von 4—20 Fuss, nicht minder im Gebüsch, als hoch oben in den Culturbäumen. 28. Crucirostra curvirostra var. balearica (Alex. v. Homeyer.) Plüt, plüt, plütplüt! Was, Kreuzschnäbel auf den Balearen? Kaum glaublich! Ich war wirklich sehr überrascht, diesen Yogel so südlich und dabei so zahlreich zu finden, indem mir die Mit- theilung Dr. Erhardt’s über die Cycladen (Naumannia VIII, 24) erinnerlich war, worin es von dem für Deutschland strengen, für die Cycladen mildem Winter von 1855 heisst: „ Coccothraustes vulgari sund Pyrrhula sanguinea wardn so häu- fig, dass man sie des Fleisches halber auf den Markt brachte. Noch mehr aber überrascht das Erscheinen wirklicher Kreuz- schnäbel, nämlich der Loxia curvirostra und pityopsittacus , davon ich junge Vögel auf dem Markte von Syra sah; und wenn auch anzunehmen ist, dass sich das Vorkommen dieser Arten nur sehr ausnahmsweise in besonders strengen Wintern wiederholen dürfte, so glaubte ich dennoch es hier erwähnen zu müssen.“ — *) A. Brehm hat auf dem Continent den Lantus excubitor, minor und collurio mit Bestimmtheit nirgends selbst getroffen; den L. meridionalis in Mittel- und Süd-Spanien überall, jedoch selten und einzeln; den Lantus rufus hingegen überall häufig. - Lantus cucullatus (Temm) wurde weder v. Brehm auf dem Festlande, noch von mir auf den Inseln gesehen. Die Balearen. 257 Für Mallorka, namentlich seinen nördlichen Gebirgstheil, ist Loxia curvirostra als Sommervogel eine ganz gewöhnliche Er- scheinung. Er zieht von einem Kieferwald zum andern trupp- weise zu 5 — 15 Stück, und macht sich durch seinen hellen Ruf „plüt, plüt“ sofort bemerkbar. Er scheint auf dem ersten Blick nicht verschieden zu sein von unserem curvirostra obwohl er „stets bedeutend kl ein e'r*) ist, und die Weibchen wie die Jungen ein eigentümlich graues Colorit“ haben. Dessen ungeachtet giebt es zwei interessante A bweichungen, nämlich die Form des Schnabels, die ganz an pityopsittacus erinnert, und die auffallende Kürze seiner Flügel. Im Lockton, wie Gesang und Lebensweise fand ich jedoch nicht den geringsten Unterschied, auch kommt das Männchen schön roth vor. Deshalb möge eine Abtrennung dieses Vogels von curvirostra gerechtfertigt erscheinen, d. h. nicht als Art, sondern als lokale Verschiedenheit unter dem oben angeführten Namen.' Der Oberschnabel ist sehr lang, hakenförmig, der Unter- schnabel ganz kurz und verdickt. Ich lege hierauf insofern Ge- wicht, als es uns beweist, wie sehr die Nahrung im Laufe der Zeit auf die Schnabelbildung influirt. Ich meine nämlich, dass diese Schnabelform erst im Laufe der Zeit im unaufhörlichen Verkehr mit Pinus halepensis, der Kiefer der Balearen, sich nach der Eigen thümlichk eit der Zapfen des genannten Nadelholzes bildete, und dass sie ebenso geeignet ist zum Oeffnen dieser Conife- renfrucht, wie der Schnabel der deutschen curvirostra zum Verkehr mit der Rothtannenfrucht, und der des pityopsittacus zum Verkehr mit der deutschen Kiefer. Die Gestalt der balearischen Kieferfrucht ist schön kegelförmig, grösser und länglicher als bei den Zapfen un- serer deutschen Kiefer oder Föhre, sonst ähnlich, die Farbe ist roth- braun. Ob der Vogel auch an die viel kompacteren Früchte der Pinus Pinea geht, glaube ich kaum, da ich diese Conifere nur ein Mal am Bufera Menorka’s und auch hier nicht häutig antraf, wäh- rend gerade die Pinus halepensis ein eigentlicher Charakterbaum der Balearen, und in seinen Wäldern unser Vogel so recht zu Hause ist. — Interessant wäre es, Kreuzschnäbel aus Italien zu sehen, denn ohne Zweifel hat auch der Verkehr mit der Frucht der dortigen Karacterkiefer, der Pinus pinea auf die Schnabelform influirt.**) — *) Der Unterschied ist bedeuter, wie zwischen pityopsittacus und curvirostra . **) Brehm hat für seine Person diese Kreuzschnäbel nicht im Freien be- obachtet, dafür sie aber auf dem Markte in Madrid gesehen, welche beim Lust- Journ. f. Ornith., X. Jahrg., Nr. 58, Juli 1862, 17 258 Alex. v. Homeyer: Was die kurzen Flügel betrifft, so geben sie den Beleg, dass dieser Kreuzschnabel schon von Alters her ein Standvogel der Balearen ist, womit ich jedoch nicht verstanden wissen will, dass er daselbst mit so kurzen Flügeln geschaffen worden sei, sondern der Ansicht bin, dass die Flügel nach und nach in der Entwicke- lung zurückgeblieben, weil sie eben zu grossen Wanderungen nicht verwendet wurden, wozu der stets reichlich vorhandenen Nahrung halber, der Yogel gar nicht genöthigt war. Nach Catalonien kommt der Kreuzschnabel von den Bergen, wahrscheinlich also von den Pyrenaeen herabsteigend, in manchen Jahren in Menge. So versicherte meinem Freunde Carl Bolle ein auf der Insel Gran-Canaria ansässiger vogelkundiger Catalan. Welche Schnabelform hier vorhanden ist, vielleicht nach der Frucht des Pinus maritimus gebildet, weiss ich nicht; man nennt den Yogel in jenem Lande höchst bezeichnend Rumpe -pinas, d. h. Tannenzapfenbrecher. 29. S erinus flavescens. Ein häufiger Yogel, der namentlich auf jenen Abhängen zu treffen ist, welche bald Waldgruppen, bald offene, bald nur von wenig Gebüsch bewachsene Stellen zeigen. Ist eine Verbindung mit Gartenstücken vorhanden, oder gar ein Quell in der Nähe, so ist damit ein Lieblingsaufenthalt für ihn geschaffen, nament- lich wenn die niedrige Vegetation durch einzelne hohe Bäume überragt wird. So kommt es hier denn häufig vor, dass der Girlitz sich im Nadelwald der P. halepensis aufhält; geschlossene Bestände dürfen es jedoch ebensowenig wie in Deutschland sein. Bei Son Oleza traf ich ihn mitten im Gebirge recht häufig an, und fand das Nest daselbst auf einer alten Kiefer, wohl 25 Fuss vom Boden entfernt, in den sich neigenden Nebenzweigen; ein zweites auf einer Quercus Ilex nur 5 Fuss hoch. 30. Chlor o spiza chloris ist äusserst häufig und als Stubenvogel sehr beliebt. Bolle ist (Cab. Journ. Y. 317.) über das Vorkommen dieses Vogels auf den Canaren nicht ganz ins Klare gekommen. Ich erlaube mir zu bemerken, dass bei seiner Häufigkeit auf den Balearen ich ein Vorhandensein auf den Canaren ganz na- türlich finden würde; dennoch lege ich auf die Ansicht des von schlosse Granga gefangen waren. Er fand auch im Museum von Madrid dickschnäblige Fichtenkreuzschnäbel, Crucirostra paracloxa seines Vaters; wie ein Mal auf dem Markte daselbst lebend die C. rubrifasciata (Brhm.) Die Balearen. 259 meinem Freunde erwähnten Catalanen viel Gewicht, weil der Grün- ling (Verdon oder Verderon) in Catalonien sehr häutig ist, und demnach von diesem Liebhaber gewiss genau gekannt war. Der Name Verdon ist bei Barcelona, Verderon auf den Balearen ge- bräuchlich. Anmerkung: Brehm sagt vom, Kirschkernbeisser ( Cocco thr austes vulgaris ) : „Ganz und gar der unsrige,*) aber aus dem Grunde merk- würdig, weil er im Winter wegzieht und erst im Mai im Lande wieder einrückt. Möglicher Weise kommt das daher, weil es we- nig beerentragende Bäume in Spanien und somit wenig Nahrung für ihn giebt u. s. w.“ — Dies stimmt für die Balearen nicht, denn zwei bis drei mal sah ich unsern Vogel im Winterkleide ausgestopft/ ohne ihn während des Sommers im Freien jemals gesehen oder gehört zu haben. — 31. Petronia rupestris (Bp.) ist über den ganzen gebirgigen Theil der Insel verbreitet, doch an einzelnen Orten häufiger, wie an anderen. Sehr gern ist er da, wo Dörfer und Gärten mit alten Oliven und Mandelbäumen in oder am Gebirge liegen; am häufigsten, wo ganz isolirte Felsen am Fuss des Gebirges, am Abhange oder am Thalrand stehen. Hier lebt er gern colonieweise, in den Oliven mehr zerstreut. Die Männ- chen sitzen Morgens auf der Höhe und schreien mit einem be- wunderungswürdigen Eifer ihr dreisilbiges ciüib, ciüib, welches höchst karakteristisch ist und kaum mit einer anderen Vogel- stimme verglichen werden kann; Bolle nennt es „schnalzend,“ welcher Vergleich nicht übel ist. Der Ton liegt übrigens ganz auf dem langen i. Kommt man näher, so sieht man nur diesen einen schreienden Vogel in ziemlich kecker Stellung, ein we- nig mit dem Schwanz seitwärts wippend; tritt man noch näher heran, so fliegt er in schnellem Fluge fort, und mit ihm fünf bis *) Um so interessanter ist, dass der Kernbeisser in Algerien merklich ab- weicht. Er ist augenfällig kleiner und nach dem von Herrn Dr. Buvry im Mai gesammelten Pärchen zu schliessen, weniger lebhaft gefärbt, namentlich beim Weibchen an der Unterseite, oben am Kopfe, am Bürzel und Schwänze mehr ins Graue ziehend. Während bereits manche algerische Art in Betreff ihrer Species -Dignität lebhaft in Betracht gezogen wurde, scheint man den Kern- beisser bisher ganz ignorirt zu haben. Es dürfte daher von wissenschaftlichem Nutzen sein, wenn derselbe (zur Erinnerung an den eifrigen Reisenden und so geschickten als erfolgreichen Sammler) als Coccothr austes Buvryi abgesondert würde — um die Aufmerksamkeit sicherer auch auf diese climatische Abart gelenkt zu sehen. Der Herausg. 17* 260 Alex. v. Homeyer: sechs seines Gleichen, welche ruhig und versteckt neben ihm ge- sessen hatten. Ist die Schaar auf dem nächsten Felsen oder Baum angekommen, so versteckt sich Alles sofort, um so schnell als möglich wieder wegzueilen, sobald man wieder durch Näher- treten stört. Merkt der Vogel, dass man auf ihn Jagd macht, so ist er ausserordentlich scheu und vorsichtig, und in den Fel- sen kaum zu erlegen. Ich begreife übrigens nicht, wie man die- sem schlauen und durch und durch vorsichtigen und aufmerksa- men Vogel hat das Prädikat „ stultus “ geben können, auf den Balearen scheint es wenigstens nicht gerechtfertigt. Am Besten schiesst man diesen Sperling in den Gärten zur Fortpflanzungszeit, wenn er, wie es Passer campestris s. montanus auch thut,*) zum Astloche herausschreit. Zur Sommerzeit verlässt er gern der Nahrung halber das Gebirge auf mehrere Stunden; man trifft ihn alsdann in der ganzen Niederung an, bald auf dem reifenden Waizen sitzend, bald an uns vorüber im schnellen Fluge, trupp- weise zu fünf bis acht „laut quietschend“ dahinschiessend. 32. Passer domesticus. Unseren Haussperling traf ich überall, doch nicht so häufig wie in Deutschland, an. Man hält ihn wie cisalpinus mit einer gewissen Vorliebe im Käfig „seiner Rührigkeit halber (parcequ’il bouge)“, wie man mich in Marseille versicherte. Passer dom. var. cisalpinus beginnt bei Lyon und hört bei Algier auf; in Lyon sah ich nur den echten braunköpfig -weiss- backigen Vogel; in den viel südlicheren Städten Marseille und Barcelona hingegen wieder nur domesticus , und auf den Balearen wie in Algier beide Typen ziemlich häufig. Im Museum zu Al- gier nahm ich Gelegenheit, die ganze Suite von Sperlingen zu mustern, und gestehe, so viele Uebergänge zwischen braun- und graubraunköpfigen, zwischen weiss- und graubäckigen Individuen gefunden zu haben, dass ich Passer domesticus, tingitanus (Bp.)**) und cisalpinus nicht als selbstständige Arten ansehen kann. In Lebensweise und Stimme, Beschaffenheit des Ei’s und der Fort- pflanzung ist übrigens wohl nicht der geringste Unterschied. *) Er nistet auch gern in der Weise dieses Vogels. **) Tingitanus , Ch. Bonap. Cat. Parzud. (1856), p. 18., sp. 12. Ich habe unterlassen eine genaue Notiz über das Original-Exemplar des Museums zu Algier zu machen, eben weil ich keinen erheblichen Unterschied fand, wenn ich mich dessen recht erinnere, so ist die etwas grössere Ausdehnung der dunklen Kropf- und Brustfedern die Ursache der Abtrennung. Die Balearen. 261 Passer saliearius. (Vieill.) kommt auf den Balearen nicht vor, ist aber in Algier, z. B. am See Hulula ausserordentlich häufig. Man will diesem interes- santen Vogel die Artberechtigung absprechen und ihn mit P. do- mesticus und cisalpinus entweder ganz verschmelzen, oder doch nur als klimatische Race bestehen lassen. — Ich halte beide An- sichten für nicht gerechtfertigt. Der europäische Haussperling variirt, und so entstanden domesticus, tingitanus (Bp.), rufidorsalis (Brehm) und cisalpinus, ohne jedoch irgend welche Uebergänge zu saliearius s. hispaniolensis zu zeigen. P. domesticus etc., d. h. also die Haussperlings-Type mit ungefleckten Flanken und rundlichen Schnabel-Formen ist europäisch und hört in Ae- gypten und Algier auf; saliearius hingegen, also die Type mit ge- fleckten Flanken und kantigen Schnabel-Formen beginnt auf den Canaren und zieht sich durch das ganze, in sich so ei- genthümliche Mittelmeergebiet weit nach Central- Asien bis in die Bucharei hinein.*) Letzterer scheint ebenfalls unter sich ein we- nig, aber nicht im Entferntesten in dem Maasse wie der Haus- sperling (P. domesticus) zu variiren. So hat er nach Bolle auf den Canaren einen sehr dunklen, fast schwarzen Rücken, in Ae- gypten als rufipectus (Bp.) eine sehr röthliche Flankenzeichnung. Dass die Weibchen sämmtlicher Haussperlingstypen, saliearius mit eingeschlossen, sich so ausserordentlich gleichen, so dass sie kaum oder nicht von einander zu unterscheiden sind, dürfte in Betreff der Artberechtigung nur für den ersten nicht für den zweiten Mo- ment störend sein, da wir wissen dass die Weibchen einiger den Sperlingen nahestehenden Ploceus-Ai'tQn ebenfalls sich ganz gleich kommen. Dahingegen dürfte uns Bolle ’s, durch ein im Berliner Mu- seum befindliches Exemplar uns Sardinien sichtlich bestätigte, Mit- theilung (s. Cab. Journ. 1857 p. 305.), dass der junge saliearius einen wachsgelben Schnabel hat, um so mehr interessiren, als ge- rade dieser Umstand für die Artberechtigung in die Waagschale fallen muss. Eine klimatische Varietät des Haussperlings ist un- ser Vogel ebenso wenig; woher käme es sonst, dass er beim Zu- sammenleben mit allen diesen fremden Sperlingen bei derselben Nahrung, demselben Klima, dennoch anders und ständig gefärbt ist, ohne Uebergänge zu zeigen? *) Der nachweislich mit der fortschreitenden Kultur (Ackerbau) in Sibirien hinaufgerückte Sperling ( P . Pallasii Bp.^ hat keinerlei Beziehungen zu un- serm domesticus sondern entschieden nur zu salicicolus s. hispaniolensis! Beide waren sicherlich schon im Alterthum verschiedene Species. D. Herausg. Alex. v. Homeyer: Nein! Wer unseren Vogel im Freien kennen gelernt hat, muss ihn als selbstständige Art betrachten, darüber sind mit mir einer Ansicht: Carl Bolle für die Canaren und Capverden, Alfred Brehm für Spanien und Egypten,*) Hansmann für Sardinien und Graf von der Mühle für das südliche Griechenland und die dor- tigen Inseln. Passer salicarius ist das für die Flur, was domesti - cus für das Haus ist. Deshalb nennt Savi ihn auch in seiner klassi- schen Ornithologia Toscana „Passera sarda“ mit dem Hinzufügen, dass derselbe nach seinen Beobachtungen in Korsika und Sici- lien, und nach Anderen auch in Calabrien vorkomme; dass der Franzose als Kolonist in Algier unter „le moineau des campagnes“ unsern Vogel versteht, dürfte übrigens ebenfalls den Aufenthalt und das Leben charakterisiren. Ja, Passer salicarius meidet in Algier die menschlichen Wohnungen, während domesticus sie aufsucht, und kommt mit diesem entweder gar nicht in Berührung oder nur auf dem Futterplatze, etwa einem Waizenfelde. Hier sieht man beide Arten vermischt, aber mit dem Unterschiede, dass domesticus etc. vom Hofe dahin, jener aber aus der Flur, aus der Wildniss dorthin kam, und dass, wenn man beide Vögel verscheucht, domesticus wieder dem Hause, salicarius aber wieder der Wildniss zufliegt. Carl Bolle schreibt mir so eben über Passer salicarius s. his- paniolensis Folgendes : „Dieser Vogel ist im Ganzen mehr ein Feld- als ein Haus- sperling; er hält sich in den meisten von ihm bewohnten Ländern von den Ansiedelungen fern. Doch erleidet diese Kegel auch ihre Ausnahmen. Wo kein anderer Sperling neben ihm wohnt, vie z. B. auf einigen canarischen Inseln, da folgt auch er der Neigung seiner Gattungsgenossen, sich dem Menschen anzuschlies- *) Nachdem ich dies geschrieben, bekomme ich nachträglich die schon mehrmals citirte Arbeit Alfred Brehms (Naturhistorische Zeitung 1857) in die Hände, und lese darin Folgendes über den Sumpfsperling, was ich um so lieber anführe, da es mir so ganz aus dem Herzen gesprochen ist. Brehm sagt da- selbst Seite 452: „In Mittel- und Südspanien an Flüssen und Sümpfen in Heerden. Ich habe schon früher irgendwo dieser, von der des Haussperlings gänzlich ab- weichenden Lebensweise Erwähnung gethan, und werde später mehr zu sagen haben. Für jetzt nur so viel: dass Einer, welcher helle Augen hat, auch von Weitem diese „klimatische Varietät“ unseres Haussperlings sofort von diesen im Flug und Betragen unterscheidet, obgleich letzterer gar oft neben dem Sumpfsperling lebt — vielleicht in der stillen Hoffnung, nun endlich bald um- klimatisirt zu werden. In Ost- und Nord-Spanien scheint er aber dazu noch wenig Aussicht zu haben, sintemal und alldieweil der Sumpfsperling dort gar nicht vorkommt.“ — 263 Die Balearen. sen. Palmenkronen allem Uebrigen als Wohn- und Niststätten vorziehend, haben eben diese Bäume, welche der Landmann um seine Wohnungen zu pflanzen liebt, ihn zuerst mit der Nachbar- schaft des Herrn der Schöpfung vertraut gemacht. So hat er sich nach und nach daran gewöhnt, seine Nahrung nicht allein auf den Fluren, sondern auch auf den Dreschtennen (Eras) der Höfe und an anderen belebteren Orten aufzusuchen, und ist zu- letzt in gewissen Strichen seines Verbreitungsbezirks ein dem Passer clomesticus an Individuenzahl und Zutraulichkeit kaum nach- stehender Hausgenosse des Menschen geworden.“ — Im Fluge hat mich unser Vogel vielfach an den Steinsperling erinnert, doch unterscheidet ihn sein schlanker Körperbau sofort, sein Flug ist auch noch schneller und hält sich in demselben die ganze Schaar von oft hundert und mehr Vögeln auch auf weite, gern direkt und ohne Aufenthalt zurückgelegte Entfernungen dicht geschlossen, was kein anderer Sperling thut. Er nistet wie Bolle dies sehr schön (Cab. Journ. 1857. p. 307,) von den Canaren schildert, in den Palmenkronen oder wo dergleichen fehlen, nach meinen Erfahrungen in Algier in anderen Bäumen, z. B. in den wilden Oliven oben in den Zweigen, colonienweise, so dass man zwanzig Nester auf einem Baum beisammen finden kann. Jedes einzelne ist eine unförmliche Masse von dem Aus- sehen des Nestes unseres Haussperlings, wenn dieses auf einen Baum gesetzt wurde. Die Stimme des Passer hispaniolensis ist ganz haussperlingartig, doch ist sie stärker, reiner und wohl auch mannigfaltiger, wenngleich auch wieder einzelne dem P. domesticus 'eigentümliche Laute fehlen. Eine grosse Verschiedenheit der- selben ist aus bekannten Gründen bei allen Sperlingen überhaupt nicht zu erwarten; und doch glaube ich, der Stimme nach unse- ren Vogel sicherer von domesticus *) unterscheiden zu können, wie manche andere sich nahestehende Vögel, so z. B. die bei- den hiesigen Kreuzschnäbel, welche dennoch gute Arten sind. 33. Fringilla coelebs. In Betreff des Buchfinken sind die Balearen mit Hinblick auf die Type spodiogenys des benachbarten Algiers von grossem In- teresse; und in Wahrheit, wenn es wirklich reine klimatische Racen gäbe, d. h. einzig und allein durch das Klima herbei- *) Ich kann insofern genau darüber urtheilen, weil ich zwei Passer hispa - niolensis aus Algier, einen P. domesticus und einen P. montanus s. campes - tris im Käfige habe. 264 Alex. v. Homeyer: geführte Abänderungen, so müsste der Buchfinke der Balearen mitteninne stehen, zwischen dem europäischen coelebs und dem afrikanischen spodiogenys. Dies ist nun nicht der Fall, sondern die balearische Type repräsentirt uns den deutschen Buchfink (coelebs) mit seiner Kopf-, Backen- und Brustzeichnung in höch- ster Farbenpracht, was natürlich beim Männchen am augenschein- lichsten hervortritt; ebenso ist der Lockton und der Gesang von dem des Unsrigen in keiner Weise verschieden, — kurz, es ist in jeder Beziehung unsere Fringilla coelebs. Die afrikanische Type spodiogenys ist also nicht eine Race, sondern wie der Teydefink und der Tintillon*) der Canaren eine gute Art. Der Yogel ist grösser und, worin ich mich nicht ge- täuscht habe, schlanker gebaut; er trägt sich im Sitzen, wie im Gehen auf der Erde bachstelzenartig mit wenig gehobenem Schwänze. Der Lockton ist ganz verschieden, nämlich dem des Budytes fla- vus sehr ähnlich und demnach mit dem des unsrigen nicht zu verwechseln. Sein Schlag ist echt finkenartig, zwar erkennt man den Edelfinken sofort, doch werden die einzelnen Sylben nicht so rein und hart, wie bei coelebs abgesetzt, sondern durch R-Töne (fri, fri statt fi, fi,) mit einander verbunden, wodurch der an und für sich kürzere Gesang unrein erscheint. Auf den Balearen lebt der gerade nicht sehr häufige Buch- fink an denselben Oertlichkeiten, wie ich sie bei Fringilla serinus beschrieben, doch können die Wälder der Pinus halepensis noch geschlossener sein, ohne dass es ihn stört. Diese belebt er na- mentlich am Fuss der Berge auf das Angenehmste. Ziemlich oft trifft man ihn auch in den fruchtbaren Thälern des nördlichen Ge- birgszuges an, wie auch in den Obstbaumpflanzungen der Gebirge mittlerer Höhe, um daselbst mit gewisser Vorliebe in den Oliven zu nisten. Für die Balearen ist der Buchfink Standvogel, denn sonst würde man ihn in Algier während der Zugzeit finden, was jedoch excl. eines Falls aus neuester Zeit nach der mündlichen Mittheilung Loche’s, nicht stattfindet, weshalb Nord-Afrika nicht als Wohnplatz unserer Fr. coelebs zu betrachten ist, wie Lenz es annimmt, (s. Lenz Naturgeschichte der Vögel S. 155.) A. Brehm sagt übrigens in der naturhistorischen Zeitung 1857 S. 453: „Der Edelfink Fr. coelebs lebt „ständig“ wahrscheinlich nur im *) Fringilla teydea (Berth.) und F* Tintillon (Berth.) Die Balearen. 265 Norden Spaniens ; im Winter ist er als Gast überall häufig anzutreffen. Ich habe nie einen Unterschied zwischen den in Deutschland leben- den und den in Spanien vorkommenden Edelfinken finden können.“ — Brehms Beobachtungen auf dem Continent passen also mit den meinigen für die Inseln vollkommen, nur dass seine Yermuthungen über das ständige Leben nicht ganz richtig sind, indem die Bale- aren doch nicht zum Norden Spaniens gerechnet werden können. Mag hier Einiges über den Vogelzug bemerkt werden: Ob- wohl im Allgemeinen ein Bücken in der Weise stattfindet, dass z. B. Vögel Schwedens nach Deutschland, die deutschen nach Ita- lien, und diese nach Afrika ziehen, so darf man andererseits doch nicht zu weit in dieser Annahme gehen; und ich meine, dass ge- rade Vögel, die so hoch nördlich leben, dass sie durch Klima und N ahrungs Verhältnis s e alljährlich gezwungen werden, zu wandern, auch zuweilen, da sie einmal im Beisen begriffen sind, nament- lich, wenn an Ort und Stelle ungünstige Witterung eintritt, ohne Bedenken noch weiter ziehen; während sich dieselbe Art, südli- cher lebend, und für gewöhnlich durch das Klima und den Ueber- fluss der Nahrung nicht zum Wandern genöthigt, schwer zum Zie- hen entschliesst. So kann es kommen, dass Vögel derselben Art nach Süden durchwandern, ohne dass die schon mittäglicher woh- nenden nach folgen, — eben weil sie an das Wandern nicht gewöhnt sind. Für Neu- Vorpommern, den mittleren Bhein und Schlesien lie- fert hierfür gerade der Buchfink einen Beleg, indem viele Vögel dieser Art während des Winters bleiben, indes s Vögel Schwe- dens und Norwegens in grossen Schaaren durchziehen. Man be- obachtet dies sowohl zur Periode des Herbstzuges , wie nament- lich auch im Frühlinge ; denn da sind unsere Standvögel schon vollauf mit dem Nestbau beschäftigt, während noch immerfort aus den Winterquartieren zurückkehrende Schwärme durchziehen. 34. C annabina linota. Ein äusserst häufiger Vogel der Vorberge. Vom deutschen ist er in Nichts abweichend ; als Zimmervogel hält man ihn nicht oft. 35. Carduelis eie g ans. Mit dem Hänfling gleich häufig in den Vorbergen. Auch zur Brutzeit sieht man Schaaren von Stieglitzen, Hänflingen und Gir- litzen, welche, meist aus Männchen bestehend, indem die Weibchen brüten, singend die Nachbarschaft des Nistreviers durchziehen. *) Siehe die übereinstimmenden Beobachtungen von unserm Altmeister Brehm (Allg. Nat.-Zeit. p. 219.) 266 Alex. y. Homeyer: 36. Miliaria cana. Der sehr häufige Grauammer lebt nach Art seiner in Deutsch- land wohnenden Artgenossen in den Feldern, wie auch in den Gärten. 37. Embe riza cirlus A) Der einzige südliche Ammer, der auf den Balearen vorkommt. Er findet sich da, wo Miliaria cana aufhört, d. h. also im Gebirge. Einem fruchtbaren Thal sowohl, welches er mit Vorliebe bewohnt, wie auch allen nur einigennaassen bewaldeten oder bebuschten Bergabhängen dürften ein bis fünf Pärchen nie fehlen. Der Vogel verräth sich bei seinem sonst so harmlosen und stillen Leben gar bald durch den scharfen Lockton, nicht minder durch den weithinschallenden Stottergesang. Ganz oben auf dem Ge- birge, wo der Baumwuchs auf hört, und nur ganz niederes Ge- büsch steht, oder gar auch dieses fehlt, kommt unser Vogel nicht vor. Zu grosse Dürftigkeit der Vegetation und Mangel jeglichen Wassers liebt er durchaus nicht. Die Männchen variiren kaum unter sich. 38. Melanocorypha br acliy dactyla. Diese kleine, hübsche Lerche ist in einer überraschenden An- zahl vertreten. Sie ist auf jedem Felde, selbst wenn es ziemlich mit Bäumen besetzt ist; auf den wenigen nassen Süss- und Brack- wasser-Wiesen, auf den dürftigen Sandpartien des südöstlichen Strandes, auf den Felsen der Vorberge, in dem fruchtbaren Ge- treide-, Mais- und Oelfruchtgelände, kurz überall, nur nicht in dem eigentlichen Gebirge und dem AValde; sind jedoch die cultivirten muldenförmigen Thaleinschnitte nicht zu klein und eng, so zeigen sich selbst hier einige Pärchen. Bald singt diese Lerche aus der Luft, bald von einem Stein oder einer Ackerscholle herab, na- mentlich Abends bei untergehender Sonne, oder Morgens, um gleichzeitig das Gefieder zu ordnen. Wird irgendwo gepflügt, so findet sich unsere Lerche aus der ganzen Nachbarschaft zu Hun- derten der Nahrung halber ein, welche ungefähr dieselbe ist, wie bei A. arvensis . Ihr Gesang ist nicht ausgezeichnet, wie dies auch schon v. d. Mühle angiebt. Die Jungen sind schön gelb gefleckt. Dass Alauda calandra auf den Balearen nicht vorkommt, muss _ *) Brehms Beobachtung über die Emberiza citrinella auf dem Festlande, dass dieselbe nämlich nur im Innern lebt und die Küsten meidet, findet in dem Nichtvorhandensdin auf den Balearen eine hübsche Bestätigung. Embe- riza schoeniclus wie cia wurden niemals gesehen, trotzdem wir soviel nament- lich nach der Letzteren ausschaueten. — Die Balearen, 267 um so mehr befremden, da sie sowohl in Spanien, wie in Italien und Süd-Frankreich heimisch ist. Während meines Aufenthalts schrieb ich der oceanischen Lage die Ursache zu, doch kann dies nicht richtig sein, weil A. calandra selbst als Brutvogel auf den Cycladen vorkommt. 39. Galerita Teklae (Brehm)? Unser Altmeister Brehm giebt in der Naumannia VIII. 204. eine karakteristische Beschreibung aller seiner Haubenlerchen- Species und Subspecies. Mich hat diese Arbeit sehr interessirt, und doch bin ich nicht so glücklich gewesen, die Arten etc. un- terscheiden zu lernen. Dessenungeachtet lässt sich nicht läug- nen, dass Vogelarten unter sich oft sehr variiren, wie es auch be- kannt ist, dass gerade die Haubenlerchen hier in erster Linie ste- hen, indem sie selbst nach der Beschaffenheit der Oertlichkeit in dem Maasse abweichen, dass sie auf schwarzem Moorboden dunkleres, auf lichterem Sandboden helleres Colorit, und ausser- dem noch andere kleine Abweichungen zeigen. So entstand bei- spielsweise Brehm’ s Galerita cristata nigricans vom schlammigen Ufer des Nil’s und Galerita flava von den hochliegenden Berg- abhängen derselben Gegend. Aus Spanien hat derselbe Autor mehre Unterarten, — seine Galerita Teklae aber will er als gute Art betrachtet wissen, und stellt sie fast, „den Körperverhältnissen, Schnabel etc. nach“ als Uebergang zu Alauda arborea hin. Ihre Diagnose lautet: „ Galerita cristata vulgari multo minor et striis longitudinali- bus distinctis et valde conspicuis in ingluvie, quibus Galeritae ar- boreae similis fit insignis.“ — Vor meiner Reise war ich hierüber genau unterrichtet und schenkte während derselben den Haubenlerchen eine grosse Auf- merksamkeit. Wenngleich die Haubenlerchen auf den Balearen variirten, so war doch eine mittelgrosse Type mit ziemlich kurzem, sehr hohem Ober- und sehr breitem Unterschnabel vorherrschend, deren Hinterzehen mit langem, wenig gekrümmten Nagel verse- hen ist. Das Colorit zeigt sich im Allgemeinen sehr gesättigt rostfarben; die weissliche Kehle ist wenig-, die intensiv rostgelb gefärbte Brust strak schwarz-, der rostgelbe Bauch gar nicht ge- fleckt. Kopf und Rücken sind gesättigt graubraun, der erstere deutlich schwarz gefleckt und nicht fein gestrichelt, der letztere oben deutlich, unten fast nicht gefleckt. Der rostfarbene Augen- 268 Alex. v. Homeyer: streif ist breit und deutlich; die Binden auf den Flügeln sind nicht deutlich, die Schwungfedern länger wie die Oberflügeldeck- federn, und zwar die zweite die längste; die Oberschwanzdecken rostfarbig, die mittleren Steuerfedern schwarzbraun mit hellbräun- lichen Enden, die äussere Steuerfeder ganz rostfarbig, die zweite schwarzbraun mit rostfarbiger Aussenfahne; die oberen wie un- teren Steissfedern sind rostfarbig. Ausser dieser Type sah ich zuweilen sehr kleine und dabei sehr gelbliche Exemplare. Beide Formen waren in Hinsicht ihrer Lebensweise ganz gleich und von unserer deutschen Haubenlerche sehr verschieden. Brehm sagt, dass seine A. Teklae den Uebergang zu A. arborea mache; — seltsam, hiernach haben alle Haubenlerchen der Balearen, sowohl in Hinsicht ihrer Lebensweise, wie auch ihrer Stimme, gerechten Anspruch zu A. Teklae zu gehören, denn sie leben auf den Balearen da, wo man bei uns die Haidelerche anzutreffen gewohnt ist. In der Ebene, namentlich auf dem fruchtbaren Felde, wo es fast überall kleine Gehöfte und mit diesen auch Wege und Strassen giebt, fand ich unsern Yogel nicht.*) Am Fuss des Gebirges beginnt er, an den Abhängen ist er überall häufig und selbst auf dem kahlen Kamme der hohen und höchsten Ketten steigt er hinauf, um hier auf Felsblök - ken sitzend, mit den Felsendrosseln Trauerconcerte auszu- führen. So dicht und so hoch wie in Deutschland ist der balearische Wald allerdings nicht, aber doch kann man ihm den Charakter des Waldes nicht absprechen, überdies spielt das Gebüsch oft die Rolle des Unterholzes in dem Maasse, dass man kaum durchdringen kann, am allerwenigsten eine freie Aussicht hat. Hier nun trifft man diese Lerche überall. Sind kleine offene Stellen vorhanden oder überragen einige Felsen- blöcke das Strauchwerk, oder führt ein schmaler Eselssteig hin- durch, so ist damit für sie ein Lieblingsaufenthalt geschaffen. Der Yogel fliegt dicht vor uns auf und setzt sich auf den nächsten Baum oder Strauch, wozu er factisch oft gezwungen ist, indem häutig das Gebüsch so dicht steht, dass ein freies Plätzchen auf dem Boden nicht übrig bleibt. So wie in Deutschland die Hau- benlerche auf der Dachfirste läuft und die Bewohner des Gehöf- tes durch ihren Gesang erfreut, also singt sie hier wie eine Hai- *) Lenz giebt in seiner Naturgeschichte der Yogel, für die deutsche Hau- benlerche grade die Ebene mit Wegen und Gehöften, als Lieblingsorte des Aufenthaltes an, was sehr richtig ist. Die Balearen. 269 delerche vom Baume herab. Der Gesang des deutschen Vogels ist zu charakteristisch, als dass er nicht von jedem Kinde ver- standen wurde, der unserer Type ist ein ganz anderer. Das Klagende der Haidelerche ist ihm nicht nur eigen, sondern er übertrifft diese liebe Sängerin gerade in dieser Eigenthümlichkeit des Gesanges noch bedeutend. Auch der Ton ist durchaus ver- schieden von dem der deutschen Haubenlerche, er ist so weich, so klagend, so silberrein, ähnlich wie bei A, arborea , aber noch melancholischer und dann, was den ganzen Vortrag anbetrifft, die Strophen stehen zur Tonweise in engster Harmonie. Ich kenne kaum etwas Schöneres, als den gefühlvollen Gesang die- ser Lerche, während im Vergleich damit der oft schreiende Ton und die Sangweise unserer AL cristata mir oft zuwider war. Den schreienden Lockton, der ja hier zu Lande beim Landmann auf Regen deuten soll, hörte ich niemals, dafür ein wehmüthiges Klagen „trüi, trüi, trüii,“ ähnlich aber nicht so stark und schreiend wie bei Alauda calandra. Schliesslich bemerke ich noch, dass ich den Gesang, als ich ihn zuerst hörte, durchaus nicht für den einer Haubenlerche halten wollte. — Bei Unterscheidungen von Arten und Racen lege ich viel Gewicht auf die Zeichnung und den Lockton; dass auch hier Ab- weichungen stattfinden können, ist mir bekannt, die grossen Edel- falken und der Hühnerhabicht geben mit ihren das Alter bestim- menden Längs- oder Querflecken einen sicheren Beleg, aber im Allgemeinen glaube ich, dass beide zusammen die Art bestimmen. Hier nun kann von der unbedeutenden Abweichung der Zeichnung eher abgesehen werden, da diese bei allen Lerchen nicht viel variirt, man sehe nur die nordafrikanischen Arten an, wie ich hierzu im Museum zu Algier Gelegenheit hatte. Was jedoch den gänzlich verschiedenen Lockton anbetrifft, im Verein mit einem ganz abweichenden Gesang und einer ganz anderen Lebensweise, so giebt sie uns den Fingerzeig, dass wir es hier mit einer gu- ten Art, und wie ich vermuthe mit Brehm’s Galerita Tehlae zu thun haben. Will man diese Ansicht jedoch nicht gelten lassen, so kann von jetzt ab beim Zusammenziehen nahestehender Vögel zu einer Art, nicht mehr davon die Rede sein, dass Vögel weil sie sich im Betragen durchaus nicht unterschei- den, zu einer Art gehören, denn noch ein Mal, in Hinsicht des Aufenthaltes, des Betragens und der Stimme ist die bale ari- sche Haubenlerche von der deutschen himmelweit verschieden. 270 Alex. y. Homeyer: 40. Cory dalla campestri s. Dieser Pieper ist überall häufig anzutreffen, nur den ganz geschlossenen Wald und die nächste Nähe das Prat meidet er. Seine Lieblingsplätze sind die nur mässig bewachsenen, unmittel- bar zur See abfallenden Fels- oder Bergabhänge, so dass ich anfänglich immer den Anthus aquaticits vor mir zu haben glaubte; dann auch die dürren, nur mit kurzem Gras, der Lentiske und dem Stechapfel dürftig bedeckten Sandfelder, die sich von Palma aus an der östlichen Seeküste entlang ziehen; und endlich hoch oben im Gebirge an allen den Orten, wie wir sie bei Alauda Teklae kennen lernten, und wo wir eher den Anthus arboreus als diesen Pieper zu finden geglaubt hätten. Das eigentliche Fruchtland liebt der Brachpieper nicht, da man in diesem jedoch so oft sterile, mit der Zwergpalme überwucherte Hügelpartieen antrifft, so fehlt er auch hier nicht. Der Yogel sitzt gern frei auf den zwischen dem Gebüsch liegenden und oben hervorsehen- den Steinen, auf Felsabsätzen, welche in die See hinausschauen, auf Mauern, Sandhügeln und selbst sehr häufig auf den untern Aesten der Bäume, wie oben auf den dichten Banken. Geht er der Nahrung nach, so läuft er behende zwischen dem Gesträuch umher, ist dabei ziemlich harmlos und nicht scheu; wird er aber gestört, so steigt er schräge in die Luft und ruft sein klares cirlui (Accent auf ui); in einer Höhe von 100 bis 150 Fuss wird der Flug zappelnd, der Yogel fliegt unregelmässig hin und her, ohne Kreise zu beschreiben, fieissig cirlui weiter rufend, woraus der ganze Gesang zu bestehen scheint. — Bei Glogau habe ich jetzt vielfach Gelegenheit, den hier ziemlich häufigen Brach- pieper zu beobachten, aber nie habe ich das cirlui so deut- lich rufen hören, wie es auf den Balearen stets geschah, auch kommt mir der deutsche Yogel viel wilder und ungestümer vor. Die in Deutschland zur Herbstzeit so oft gehörten Locktöne, splief oder spliet hörte ich weder auf Mallorka, noch jetzt zur Frühlingszeit hier in Schlesien. Der balearische Name Piula scheint ihm wegen seines Locktones geworden zu sein. Dieser Yogel giebt uns auch den Beweis, wie verschieden oft die Verbreitung ein und derselben Species auf dem Festlande und den Inseln ist; A. Brehm sagt vom Festlande: „Auf dem Zuge als durchwandernder Gast paarweise und in kleinen Gesellschaf- ten; wohl auch hier und da Brutvogel. Wir beobachteten ihn am 2. Mai bei Masnou in Catalonien, am 11 . Juli bei Enguera in Valencia, Die Balearen. 271 am 20. August und 20. September bei Murcia, immer sehr einzeln.“ Und ich von den Balearen: „Ueberall häufig als Brutvogel.“ — Was Zander von der Zeichnung der südlichen Brachpieper sagt, passt vorzüglich, denn von sechs Exemplaren haben vier nicht die geringste, und zwei kaum sichtbare Fleckenzeichnung des Un- terleibes und des Rückens. Der Oberkopf ist hingegen stets ziem- lich stark schwarz gefleckt. Was die Färbung anbetrifft, so ist sie bei vier Exemplaren sehr gesättigt ockergelb, bei einem stark ins Graue ziehend, während No. 6 mitteninne steht. Im Allge- meinen schliessen sich die von mir erbeuteten Individuen, nament- lich die vier ockergelben, ganz an die Original-Exemplare Ehren- bergs des Berliner Museums aus Arabien und Dongola an, sowohl hinsichtlich des ockerfarbenen Tons des Gesammtgefiders, wie der ungefleckten Brust. Das helle Flügelschild hingegen zeigen nur drei meiner Vögel. Den eigenthümlichen röthlichen Ton der Brachpieper Süd-Frankreichs des Berliner Museums haben meine Vögel nicht. Bemerken könnte ich noch, dass der oben erwähnte Brachpieper mit grauem Colorit ein wenig stärker ist, wie die übrigen ; dabei ist auch sein Schnabel augenscheinlich grösser und der Nagel der Hinterzehe länger, -selbst seine Lockstimme variirte dermaassen, dass ich endlich einen Richardii vor mir zu haben hoffte, was je- doch nicht der Fall war. Die abweichende Lockstimme lautete übrigens zlätel titt, (Accent auf titt;) im Gefieder fand ich zwei grosse Federläuse der Gattung Philopterus *), welche auf der Stirn förmliche Gänge gefressen hatten; im Magen ein Bruchstück ei- ner so gross beflügelten Heuschrecke, dass ich im ersten Augen- blick ein Salatblatt vor mir zu haben glaubte. Anthus arboreus zog vom 15. bis 20. April sehr zahlreich durch, ohne als Brut- vogel zu bleiben, und hielt sich vorzugsweise am Fuss der Berge auf. Ein mitgebrachtes Exemplar schliesst sich in der Kehlzeich- nung ganz dem thüringischen Vogel des Berliner Museums an, doch ist die Färbung der Kehle bei diesem weiss, beim Balea- ren gelb, ähnlich wie es ein Vogel vom Sinai zeigt. 4L Buclytes flavus j stimmt vollkommen mit Alfred Brehms Original-Exemplar (des Ber- liner Museums) Budytes fasciatus von Chartum, nur ist der Kopf der balearischen Type noch aschblauer und die Stirn wie der Zügel, d. h. *) Im Besitz des Dr. Adolph Schmidt in Frankfurt a. M. 272 Alex, v, Homeyer: also der Strich unter und hinter dem Auge noch dunkler, also fast schwarz. Der Vogel ist demnach fast so wie B. Feldeggii gezeichnet, jedoch mit dem Unterschiede, dass er den weissen Augenstreifen hat. Im Uebrigen halte ich ihn für eine südliche Race des Budytes flavus , mit der er fast übereinstimmt. Der Kopf ist jedoch beim Balearen aschblauer, der weisse Strich über dem Auge schmaler, und die Färbung des Gefieders intensiver, nament- lich das Gelb des Bauches. Im Schwanz sind in Summa nur 4 fast ganz weisse Federn. — Diese Bachstelze lebt nur auf den wenigen sumpfigen Thei- len Mallorka’s, und ist namentlich auf den nassen Wiesen des Prat und des Albufera, aber auch nur hier, als Brutvogel sehr häufig. Dies sind Salzwiesen mit eigenthümlicher Vegetation, Salicornia ist vorherrschend, Tamariske, Stachelbiese etc.*) In allen Lebensäusserungen, wie namentlich Stimme und Fortpflanzung ist unsere Type von B. flavus nicht zu unterschei- den. Hiermit stimmt auch Brehms Ansicht vollkommen überein (s. Nat.-Zeitung 1857. p. 457,); dieser Forscher beobachtete auf dem Continent folgende hierher gehörende Species: la. Budytes flavus lb. „ flavus fasciatus (Brm.) 2. B. einer eocapillus (Savi.) 3. B. atricapülus (Brm.) 4. B. neglectus (auct.) Ueber ihren Aufenthalt als Brutvogel ist er nicht ganz un- terrichtet worden, indem er schreibt: „Auf dem Zuge überall in Spanien; wahrscheinlich auch hier und da ständig, wenigstens fanden wir sie im Juni noch am Albufera de Valencia, während Ries sie als Standvogel San- tiagos angiebt.“ — 42. Luscinia vera. Alfred Brehrn schildert (Cab. Journ. VI. 46,) in anziehender Weise die Sänger Spaniens, und denkt mit Wohlgefallen an die schönen Tage zurück, wo er Hunderte von Nachtigallen zu glei- cher Zeit singen hörte. Ich stimme vollkommen bei. Auf den Balearen ist diese gefeierte Sängerin gleichfalls in den üppig bebuschten und bewässerten Gebirgsthälern recht häufig, während sie in den eigentlichen Gärten viel seltener auftritt; so war z. B. *) Siehe Verhandlungen des naturgeschichtlichen Vereins zu Passau: die Vögel Griechenland’s von Dr. Lindermayer, S. 93. Die Balearen. 273 in den schönen Orangengärten der G-ranja des Thaies von Es- porlas auch nicht eine Nachtigall, während ebenda Sylvia atrica- pilla mit seinen Flötengesängen diese Haine auf das Lieblichste belebte. Auch mir werden die Stunden unvergesslich bleiben, an denen ich den Nachtigallen lauschte, deren wohl 10 — 15 zu glei- cher Zeit in nächster Nähe schlugen. Es stimmte mich immer so froh und doch so wehmüthig, denn deutsche Klänge waren es hier, welche ich in der Fremde hörte. Zugleich aber fielen mir Brehm’s Worte ein: „Diese spanische Nachtigall ähnelt ebensowohl im Gesänge als auch in ihrem Kleide dem Sprosser auffallend.“ — Was das Kleid anbetrifft, so will ich nicht widersprechen, jedoch bemerken, dass auch in Deutschland die Nachtigall variirt, so ist sie z. B. bei Trier durchweg klein und röthlich, in der bairischen Pfalz gross und grau, spross er artig, gefärbt. Was aber den Ge- sang anbetrifft, so bin ich nicht mit Brehm’s Ansicht einverstanden, und erkläre, dass die Nachtigall der Balearen wie eine deutsche Nachtigall singt, ohne dass auch nur die geringsten Anklänge des Sprossergesanges vorhanden sind. — Die Nachtigall ( Luscinia vera) ist für unsere Insel nicht Stand- vogel, denn vom 14—24. April hörte ich sie an den Orten nicht singen, wo sie nachher sehr zahlreich war. Dies stimmt auch vollkommen mit Brehm’s Beobachtungen, indem er die ersten An- kömmlinge bei Madrid Ende April notirte. Der Sprosser (Luscinia philomela) der, wie Graf v. d. Mühle in seiner Monographie der Sylvien (Seite 33) angiebt, nach Tem- minck auch Spanien bewohnen soll, was ich übrigens bezweifle, umsomehr, da ich nachträglich erfahre, dass Brehm ihn niemals sah, kommt auf unsern Inseln zur Sommerzeit nicht vor. — Das schon in Catalonien seltene Rothkehlchen (Rubecula fami- liaris*) lebt auf den Balearen nicht, obwohl sich viele Felsen- schluchten ausserordentlich gut für seinen Aufenthalt zu eignen scheinen; ebenso ist es zu verwundern, dass Acrobates galactodes, dessen Heimath so recht Süd-Ost-Spa- nien**) und Algier ist, auf den Balearen sich nicht vorfindet, eben- so auch nicht die auf dem nahegelegenen Continent so seltene Rnticilla tithys, wenigstens al&JBrutvogel. *) S. Alf. Brehm in Cab. Journ. f. Orn. VI. 53. **) Brehm sagt kurzweg: „Im Sommer häufiger Brutvogel in Ost-, Mittel* und Süd-Spanien, namentlich in Valencia und Andalusien. Er lebt in den Jo- hannisbrod- und Oelbäumen des Hügellandes etc.“ — 1 Journ. f. Ornith., X. Jahrg., Nr. 58, Juli 1862. 18 274 Alex. v. Homeyer: 43. Ruticilla phoenicura. Dieses Vögelchen wurde sowohl Ende April wie Mitte und Ende Mai einige Mal von mir, und immer am Fuss des Gebirges in den alten Oliven angetroffen, woselbst es zweifelsohne nistete. Nach A. Brehm soll das Waldrothschwänzchen Spanien nur auf dem Zuge berühren. Alle Individuen zeigten das lebhafte Colorit, namentlich an der Brust, wie es auch einzelne Vögel in Deutschland haben. 44. Petr ocossyphus saxatilis 45. „ cyaneus. Die Felsendrosseln sind liebe Thiere und echte Charakter- vögel der Balearen, namentlich P. cyaneus. Diesen trifft man über- all in den engen Gebigsschluchten an, vom Fusse des Gebirges beginnend und bis zur höchsten Höhe hinaufsteigend. Das Ein- zige, was er verlangt, sind Felsen; eigentlichen Wald, wenn auch mitten zwischen Gesteinsmassen, meidet er; dahingegen sind ihm die oben auf dem Kamm, oder auch hoch oben im Gebirge in den weiten Thalmulden, isolirten wie zusammengewürfelten Fel- senpartien, welche sich hoch über dem Gebüsch aufthürmen, will- kommene Plätze. In freiem Felde kommt die Blaudrossel nicht vor; hebt sich jedoch, wie bei Motuiri, ein steiniger Berg aus die- sem mit einigen Spalten und Schluchten empor, so fehlt sie sicher- lich nicht. Was Menorka, woselbst sie nur einzeln beobachtet wurde, anbetrifft, so nimmt sie in der dortigen Hügelregion mit den oft fünf bis acht Fuss hohen Mauern fürlieb, selbst um ihr Nest hineinzustellen; sogar auf Dragonera hielt sich ein Pärchen auf. Die bunte Steindrossel (P. saxatilis) ist fast nie auf so kah- len Bergpartien, sie liebt die weiten steinigen Thalmulden, sowohl in der Höhe zwischen den eigentlichen Felsen, wie auch am Fuss und an den Abhängen, welche mit einzelnen alten Bäumen besetzt sein müssen. Hier in den Baumstücken alter Oliven ist sie über- all, die blaue Drossel nur dann und wann anzutreffen. Die er- stere setzt sich vorzugsweise auf die Oliven selbst, die letztere mehr auf die Felsblöcke, doch oft genug sah und hörte ich auch sie von einer Olive herab singen. Das Treiben beider Vögel* ähnelt sich sehr, nur liebt die blaue Drossel stets die Höhe ; selbst im Fluge geht sie höher in die Luft, während die bunte sich mehr zwischen den Bäumen auf- hält. Hier singen beide bald im Sitzen, bald im Fluge. Sie sind lebhaft dabei und bleiben selten lange an einem Orte, es sei Die Balearen. 275 denn, dass es ein Lieblingsplatz ist. Gehen sie der Nahrung, welche vorzüglich aus Käfern besteht, nach, so wird diese viel- fach „rothschwanzartig“ im Fluge weggeschnappt, oder zierlich, ohne sich dabei lange aufzuhalten, von der Erde aufgenommen. Im Gebirge sind beide Arten sehr scheu und nur mit Mühe zu erlegen; am Besten thut man, sich auf die Lauer zu stellen, aber da heisst es, Geduld haben und beim Sichzeigen des Vo- gels schnell zu schiessen, denn so plötzlich oft sein Kommen, so schnell ist auch sein Verschwinden. — Selbst in nächster Nähe menschlicher Wohnungen zeigt sich die Blaudrossel, — selten fehlt sie einer alten Kirche, einem alten Schloss oder Kloster, und singt von den Zinnen herab, wie es bei uns RuticiUa tithys thut. So sah ich fünf Pärchen mitten in der Stadt Palma selbst, ferner andere in Valdemussa und Andraix. Dabei benimmt sie sich so ungenirt und zutraulich zum Menschen, ohne jedoch die Vorsicht ganz ausser Augen zu lassen, dass man kaum glaubt, dass dies derselbe Vogel, wie im Gebirge sei. Die bunte Steindrossel jedoch, die in den rheinischen Ge- birgen oft ähnliche Manieren hat, sich gern in der Nähe von al- ten Burgen und Schlössern aufhält, selbst in diesen ihr Nest an- bringt, zeigt auf den Balearen niemals diese Zuthunlichkeit. Petrocossyphus cyaneus ist Standvogel für die Balearen, so wurde es mir wenigstens allgemein versichert, auch sah ich schon am 14. April ein Weibchen seine kleinen Jungen füttern; P. saxatilis jedoch ist Zugvogel, indem sie erst am 5. Mai an Plätzen häufig war, wo vorher keine bemerkt wurde. Beide Beobachtungen harmoniren mit Brehms Erfahrung, wobei ich nur noch bemerke, dass nach Diesem die bunte Steindrossel auf dem Continent eine Seltenheit ist, ja von ihm selbst nur 1 Mal in Ca- talonien gesehen wurde. Beide Arten nisten in den Felsen; die blaue jedoch auch gern in den Kirchen und alten Häusern der Städte und Dörfer, wie auch in den gemauerten Escarpen der Festungswerke. Als Merkwürdigkeit füge ich noch hinzu, dass ich ein Nest der bunten Steindrossel in einer uralten Olive fand, in einem sechs Fuss hohen Loche, das mit fast zur Erde vermo- dertem Holze (sog. Olm) angefüllt war. 46. Turdus merula . Die Amsel findet sich namentlich in den fruchtbaren Gebirgs- schluchten, weniger auf den trockenen Gebirgsabhängen , doch auch auf diesen trifft man sie bis auf die höchsten Höhen, wenn 18* 276 Alex. v. Homeyer: nur die Lentiske nicht ganz fehlt; selbst im Kiefernwalde des Seestrandes hält sie sich auf; nirgend jedoch ist sie häufig. Sie weicht übrigens in keiner Weise von der unsrigen ab. Ihr Be- nehmen ist ziemlich zutraulich , während Brehm sie auf dem Con- tinent als scheu bezeichnet. Ixos ob s cur us (Temm.) wurde auf den Balearen ebensowenig von mir, wie auf dem Con- tinent von Brehm beobachtet. — Sturnus unicolor welcher auf dem Continent als Standvogel vorkommt, dabei aber nach Brehms Beobachtungen die Küsten des Meeres zu meiden scheint, lebt auf den Inseln nicht, weshalb obige Meinung nur noch an Wahrscheinlichkeit gewinnt. 47. Pr atincola rubetra. Der braunkehlige Wiesenschmätzer war auf dem Zuge vom 15. bis 30. April sehr häufig, später als Brutvogel ziemlich sel- ten auf dem Quell- und Wiesengebiet breiter Gebirgsthäler. 48. Pr atincola rubicola. ist einer der allerhäufigsten Vögel der Balearen; man findet ihn überall, sowohl hoch oben im Gebirge, wie in den Wasserpartien des Prat und Albufera; auf dem Fruchtlande der Niederung, wie auf den öden Sandflächen; auf dem Steingeröll und den Schutt- ablagerungen nicht minder, wie auf den mit der Zwergpalme be- wachsenen Hügeln. Selbst mitten im Kiefernwalde des Gebirges und zwischen dem unmittelbar am Seestrande isolirt stehenden Len- tiskengebüsch fehlt dieser Vogel nicht. — Gerade an Steinschmätzern glaubte ich so reichliche Beute auf den Balearen zu machen, und dafür fand ich nur diese bei- den Arten, die erstere zahlreich und die andere zu Hunderten. Die so interessante Saxicola leucura L., welche schon am Monte serrate in Catalonien, wenngleich selten, vorkommt, beobachtete ich hier nicht, sogar nicht einmal die auf dem Continent Hespe- riens, in Algier und an der Rhonemündung so häufige S. stapazina. So häufig Vitiflora oenanthe auch auf dem Zuge Mitte April war, blieb doch keiner als Brutvogel zurück; es sei denn, dass man den einen, welchen ich noch am 10. Mai auf Dragonera be- merkte, als einen solchen betrachten wollte, wozu wir wohl kein Recht haben, indem es nur ein Verspäteter zu sein schien, um so mehr, da auch Brehm ihn nicht brütend auf dem Festlande beobachtete. Dies waren übrigens die ersten balearischen Landvögel, welche Die Balearen. 277 ich sah : Als nämlich das Dampfschiff sich der Insel am 14. April früh Morgens näherte, und in einer Entfernung von einer halben Meile die Küste entlang fuhr, kamen alle Augenblicke diese Stein- schmätzer, um dann kurz vor dem Schiffe Kehrt zu machen und wieder dem Lande zuzueilen. 49. Sylvia atricapilla. Der Mönch ist ungefähr in gleicher Anzahl wie die Amsel und der Zaunkönig vertreten; er ist nicht häufig, fehlt jedoch kaum einem fruchtbaren Thale oder grösseren Orangen - Gärten. Es ist ganz unser Vogel; jedoch bemerkte ich bei allen Vögeln des Thaies Valdemussa und Ferredell, denselben, aber von dem unsrigen, abweichenden Ueberschlag des Gesanges. Dieser bestand nur aus den Strophen didelt, didelt, didelt, wohl 8 Mal wieder- holt, laut beginnend und nach dem Ende in Moll übergehend.*) Sylvia nisoria, die sich durch ihren charakteristischen War- nungslaut so leicht verräth, wurde nicht beobachtet, ebensowenig Sylvia hortensis und curruca ; dass jedoch die auf dem Continent häufige Curruca cinerea , wie wir uns bei Barcelona davon selbst überzeugt haben, auf den Inseln nicht vorkommt, muss befremden; sehr möglich dass bei ihr dieselben Gründe, wie bei Curruca orphea maassgebend sind. 50. Curruca orphea. Für die Balearen ist der Orpheussänger eine enorme Sel- tenheit. Ich sah und erlegte nur einen Vogel, welcher sich am Südfuss des nördlichen Gebirgszuges Mallorka’s in den Oliven- kronen aufhielt, und sofort durch seinen weitschallenden Gesang meine Aufmerksamkeit auf sich zog. - Lindermayer sagt uns in Betreff dieser Species über Grie- chenland (Passauer Verein 1859, S. 114:) „Ebenfalls Standvogel in allen Provinzen des Festlandes, sel- tener im Peloponnes und gar nicht auf den Inseln.“ — Demnach scheint Curruca orphea überhaupt die Inseln mit ihrem mehr oceanischen Clima nicht zu lieben. 51. Dumeticola melanocephala. Dies ist auch ein echtes Charaktervögelchen der Balearen, das sich überall, also unter allen Verhältnissen, selbst dicht bei *) Etwas Aehnliches erlebte ich im Frühling 60 bei den Buchfinken (Fr. coelebs ), indem in dem Allerheiligen-Thale des Schwarzwaldes die Locktöne dieses Vogels nicht denen der Nachtigall, sondern denen des Sprossers ähnel- ten, also nicht sanft füit, sondern scharf fi klangen. 278 Alex. v. Homeyer: den Wohnungen findet, und kaum von den Cistenrosen, dem La- vendel und der Lentiske zu trennen ist. Er ist auf sämmtlichen, selbst auf den kleineren Inseln der Gruppe gemein, auf Mallorka jedoch am häufigsten. Von dem ganzen Geschlecht der Strauchsän- ger ist er der eigentliche Repräsentant, welcher sich auch durch sein munteres keckes Wesen und seine Häufigkeit sofort verräth. Hansmann’s Ansicht, dass von den Strauchsängern nur Syl- via leucopogon Bäume über sich dulde, ist für die Balearen nicht richtig, indem gerade Sylvia melanocephala sich auch an solchen Orten auf hält, selbst wenn nicht einmal Gebüsch unter den Stäm- men vorhanden ist. Ich fand sogar das Nest einige Mal in Sträu- chern, welche im dunkeln Schatten der Bäume standen. Dieses sitzt gewöhnlich 2 bis 4 Fuss hoch im Strauch, namentlich gern in dem so stark duftenden Lavendel ( Lavandula dentata ,) wie auch dicht an Mauern und Felsen in den Ranken des Epheu’s, des Smilax und Asparagus. In der Regel ist es sehr versteckt und nicht leicht zu finden, zuweilen aber auch ganz frei inmitten eines ganz durchsichtigen Busches angebracht. Wieviel Bruten alljähr- lich der Vogel macht, ist schwer zu sagen, zwei jedoch sind es gewiss, denn schon kurz nach Mitte April fand ich oftmals grosse j Junge im Neste und dann wieder Anfang Juni Nester mit frischen Eiern. Hansmann fand letztere sogar noch im August, so dass j drei Bruten wahrscheinlich sind. Die Nester variiren nach den Materialien, sie sind selten dickwandig, gewöhnlich zierlicher und tiefer als die der echten Sylvien es sonst zu sein pflegen. Die Zahl der Eier betrug stets vier, die der Jungen zwei bis drei. Dass die Färbung des Eis gewöhnlich die des Holzhelier-Eis ist, ist be- ( kannt; dass aber eine ständige Abweichung vorkommt, welche ganz das Ei der Sylvia curruca s. garrula repräsentirt, also hier dasselbe Verhältnis wie bei Curruca orphea stattfindet, dürfte um- somehr neu sein, da Hansmann darüber schweigt. Ich fand ein Nest mit drei grossen Jungen und einem so abweichend gefärbten Ei, und war überrascht, da ich an den Jungen die D. melanoce- phala erkannte. Um mich genau zu überzeigen, wollte ich die Ankunft der Alten ab warten; jedoch, nach längerem, vergeblichen Lauern, verlor ich die Geduld und nahm das Ei fort, indem ich nicht die Aussicht hatte, diesen Ort zum zweiten Mal zu besuchen. Später machte ich mir wegen dieser Uebereilung Scrupeln; endlich jedoch war ich so glücklich, Ende Mai wieder ein Nest mit vier gerade ebenso gefärbten Eiern zu finden. Ich schoss beide Alten Die Balearen. 279 und somit war jeder Irrthum unmöglich: Es war wirklich Z>. melanocephala , und die Eifärbung ganz die der Sylvia curruca. Was das Aussehen der kleinen Nestjungen in dem Alter an- betrifft, wenn eben die Federspulen anfangen aufzuspringen, so kann ich folgende, am 19. April beim Neste selbst gemachte Notiz geben: „Der Rachen und die Zunge der Thierchen sind hellgelb und auf der letzteren befinden sich zwei kurze schwarze Längsstriche ; Die Iris ist hornfarbig und das Augenlid fleischfarbig angeflogen; die Färbung des Gefieders ist bläulich, die des Kopfes schon in’s Schwärzliche ziehend, die des Rückens ins Bräunliche übergehend.“*) Sind die Thierchen flügge und folgen sie schon den Eltern auf ihren Streifereien, so gleichen sie dem alten Weibchen sehr in der Färbung, nur ist das Gefieder weicher, flaumiger, lockerer; der Schnabel intensiver gelb, die Füsse heller, der Oberkopf nicht so stark graubläulich und die ganze Brust- und Bauchpartie mehr rostgelb überflogen. Der Ton der Rückenfärbung ist jedoch ganz so wie beim Weibchen. Die Alten überwachen übrigens auf das Sorgfältigste ihre Jungen, und ist bei ihnen der eigenthümliche Kunstgriff, sich flü- gellahm zu stellen, um dadurch die Aufmerksamkeit auf sich und von den Jungen abzulenken, so stark, wie bei keiner der echten Sylvien ausgeprägt. 52. Dumeticola sarda**) Hansmann schildert das Treiben dieses, wie aller Strauch- sänger, Naumannia VII. 404 so meisterhaft, dass es wirklich schwer hält, noch Neues zu bringen, und daher hier nur zu bestätigen ist, dass bei D. sarda der Strauchsänger-Charakter so recht ausge- prägt wird. Bolle verglich meine erbeuteten Exemplare mit de- nen des Berliner Museums und schrieb mir darüber: „Ihre Exemplare sind echte Sarda’s , mit einem italienischen Vogel dieser Art ganz übereinstimmend; das hier befindliche sar- dinische Exemplar weicht dadurch ein klein wenig ab, dass die Vor- derbrust ein wenig dunkler und mehr dem Rücken gleich ist, doch das ist durchaus kein specifischer Unterschied.“ Ich führe dies um so lieber an, weil Brehm (Nat.-Zeitung 1857) schreibt, dass *) Das eine Vögelchen litt so durch die Hitze, dass es meinen ihm darge- botenen Speichel mit grosser Begierde sperrend aufnahm. **) Dumeticola subalpina kommt während des Sommers auf den Balearen nicht vor. 28Ö Alex. v. Homeyer: er auf dem Continent die Sylvia sarda weder im Freien, noch in irgend einem Museum gesehen habe, dafür aber die Sylvia pro- vincialis, welche ich wieder nicht auf den Inseln fand, nicht sel- ten in Nord- und Mittelspanien beobachtete. Auf Menorka traf ich diesen Vogel nicht, dafür aber auf Mallorka an drei Plätzen und daselbst immer ziemlich häufig. Das erste Mal war es bei Son Fortune; hier lebte er hoch oben im Gebirge, welches theils kahle Felsen zeigte, theils mit Ge- büsch bedeckt war, während überall einzelne, circa 20 Fuss hohe Kiefern eingesprengt waren ; er verkehrte nun hier viel mehr in den Baumkronen selbst, als wie unten in dem Gestrüpp. Auf Dra- gonera traf ich am 10. Mai den Vogel sehr häufig mit seinen flüggen Jungen an; diese Insel ist eigentlich nur ein mächtiger Felsen, der fast überall nackt, nur hier und da mit der kleinen, zwei Fuss hohen Cistenrose und der Lentiske dürftig bedeckt ist, aus denen grosse Gesteinsmassen blockartig hervorsehen. Das dritte Mal endlich waren es die mit der Lentiske und der Zwerg- palme überwachsenen Hügelpartie en von Son Serre, wo wohl 7 ‘bis 8 Mal singende Männchen gesehen und gehört wurden. Aus- serdem traf ich den Vogel noch hier und da im Gebirge, immer jedoch unweit der Küste, welche ähnliche Lage obige drei Punkte ebenfalls haben; mitten im Lande sah ich ihn nie, und somit ist eine gewisse Vorliebe desselben für die Nähe der See vorhanden. Der Augenrand der Männchen ist dunkelroth, mit einem kaum merklich orangen Schein und ausserordentlich entwickelt, der der Weibchen nicht so 'intensiv, und der der Jungen licht-orange gefärbt. Die Färbung der Männchen variirt kaum, die der Weibchen ist die- ser sehr ähnlich, doch der Ton nicht so ganz rein und lebhaft. Die Jungen in dem Alter, in welchem sie die Eltern schon überall be- gleiten, haben ein ausserordentlich weiches, lockeres Gefieder; ihre Färbung ist der der Alten sehr ähnlich, jedoch fehlt die dunkle, bläuli- che Beimischung, welche namentlich beim alten Männchen so schön ist; mithin ist also der Ton mehr rostfarbig und wärmer. Die Oberflügeldeckfedern sind bei ihnen deutlich roströthlich gesäumt, der Unterbauch rostfarbiger, wie bei den Alten, der Kopf jedoch wie der Rücken ohne die schwarz bläuliche Tinte dieser. — 53. Phyll opneuste Natter eri. Auf Mallorka beobachtete ich in den Olivenkronen, nament- lich in denen der am Fusse des nördlichen Gebirgszuges stehenden Die Balearen. 281 alten Oliven, diesen kleinen Laubsänger, der seiner Gestalt und allgemeinen Färbung nach zur rufa wie fitis zu stellen ist, einige Mal, während ich ihn auf Menorka nicht sah. Er ähnelt beim Aufsuchen der Nahrung, wie seiner ganzen Lebensweise der P. rufa fast ganz : Behende, doch still und harmlos, dann und wann seinen Gesang ertönen lassend. Dieser ist an und für sich un- bedeutend, indem ihm Tempo und Melodie fehlt, und eigentlich nur Stückwerk ist, dokumentirt sich aber sofort als Laubsänger- gesang. Er beginnt mit den sanften Strofen des P. fitis und endet nach einer kurzen Pause mit einem Stottern, ähnlich wie wir es bei sibilatrix finden, jedoch viel schwächer im Ton. Phyllopneuste sibilatrix passirte nur einzeln auf dem Zuge durch, und wurde ein ausser- ordentlich schön gefärbtes Weibchen von mir erlegt. — P. rufa , die auf den Canaren nach Bolle so ausserordentlich häufig, auch in Algier nach Loche und mir, und in Griechenland nach v. d. Mühle vorkommt, ist während des Sommers nicht auf den Balearen, was auch von P. fitis und der ganzen Gattung Hy- polais gilt: II. olivetorum selbst nicht ausgeschlossen. 54. Calamoher pe arun dinac ea. Man findet diesen Rohrsänger wie den unsrigen gefärbt und mit demselben Gesang und Lockton in den Anpflanzungen des Arundo donax, unmittelbar an den Bauernhäusern. Indem er hier auch sein Nest anlegt, wird er auf Mallorka dem Wasser eben- so untreu, wie dies oft in Deutschland stattfindet. In die be- nachbarten Hanf- und Bohnenfelder werden Ausflüge gemacht, selbst auch darin genistet. Im Allgemeinen ist der Vogel ziem- lich selten, indem ich ihn wohl nur zehn Mal beobachtete. In der scheinbar günstigsten Oertlichkeit, dem vielfach mit Arundo donax durchwachsenen Prat traf ich diese Art nur einmal, am Bufera Menorka’s aber nicht. Dem in Algier so häufigen Calamoherpe turdoides scheinen die Balearischen Seen zu klein zu sein, indem er daselbst auch nicht einmal bemerkt wurde. Calam. locustella s. Locustella Rayi, für die ich eine gewisse Vorliebe habe, und sie fast in allen Theilen Deutschlands beob- achtete, indem sie sich mir so leicht durch ihren charackteris ti- schen Gesang verrieth, sah oder hörte ich ebenfalls nicht. 55. Cettia sericea. Der Cettis-Sänger ist am Prat auf Mallorka ausserordentlich 282 Alex. v. Homeyer: häufig; ausserdem finden sich einige Paare unweit Valdemussa am Bach vor, d. h. also ungefähr eine Stunde weit ins Gebirge hin- ein. Auf Menorka traf ich den Yogel nicht; die Oertlichkeiten bei Valdemussa waren der Art, wie Hansmann sie uns schildert: Brombeerranken, Dickicht etc. etc. Am Prat jedoch, wie mehrmals schon erwähnt: nasse Wiesen von S alicornia überwuchert, mit Tamariscus und Arundo donax überall versehen, inmitten welchen Pflanzenwulstes ein Süsswasserteich von 800 Schritt Länge und 150 bis 200 Schritt Breite mit Einbuchtungen sich befindet. Der Cettissängergiebt uns wieder den augenschein- lichsten Beweis, wie verschieden oft die Verbreitung ein und derselben Art auf dem Continent und den In- seln ist, denn während er hier sehr häufig ist, wurde er dort von Brehm weder beobachtet, noch irgendwie im Verzeichniss erwähnt. — Der Vogel ist ausserordentlich lebhaft und fast immer in der Bewegung, er kommt nicht häufig zum Vorschein, verräth sich aber sofort durch seinen laut aufflackernden Gesang, und ist ausseror- dentlich schwer zu schiessen, wenigstens so lange wie man die Jagd auf ihn nicht kennt. Der Vogel durchstreift ein Revier von einigen hundert Schritten und überrascht durch seine Eilfertig- keit. Bald singt er zur Linken, bald zur Rechten, so dass wir uns anfänglich die Möglichkeit dieser Schnelligkeit gar nicht er- klären können, um so mehr, da wir den Vogel nicht zu Ge- sicht bekommen, ein Fliegen also nicht wahrscheinlich erscheint; endlich aber sehen wir, dass er nicht nur das Gebüsch eilfertig durchschlüpft, sondern auch niedrig über der Erde hin, in der Regel durch das Gesträuch gedeckt, weitere Strecken durch- fliegt. Hierdurch unterscheidet er sich recht auffällig vom Vet- ter Cisticola schoenicola , welcher bei der geringsten Störung gleich das deckende Gebüsch verlässt und fliegend die Höhe sucht. Das Gesammtgefieder beider Geschlechter des Cettissängers und auch der Jungen ähnelt sich in dem Maasse, dass die sichere Unterscheidung ebenso grosse Schwierigkeiten hat, wie beispiels- weise bei der Calamoherpe arundinacea , der Gartengrasmücke oder den Laubsängern. Die Männchen sind stets augenscheinlich grös- ser, es liegen zehn Exemplare (vier Männchen, vier Weibchen, und zwei Junge) vor. Das Gefieder ist bei den Alten, namentlich den Weibchen, sehr abgeflogen, was besonders an den Schwanz- federn sichtbar ist. Hier fehlen einerseits fast stets einige Fe- Die Balearen, 283 dern, oder sind zur Hälfte abgebrochen, andererseits aber ist das untere Schwanzende fast ganz weggestossen. Die Färbung des Männchens ist ein wenig mehr intensiv, wie beim Weibchen, auch ist der helle Augenstreif, wie überhaupt die Färbung um das Auge herum bei ihm markirter, doch nur unbedeutend. Der Rük- ken und der Oberkopf sind bei ihm kräftig braun, beim Weib- chen mehr fahl, und fast will es mir so scheinen, röthlicher, was auch für den Schwanz gilt. Dieser letztere ist beim Männchen am Steiss röthlichbraun, von schönem dunklen Colorit, nach der Spitze zu in einem bräunlich weissen Ton der Art übergehend, dass diese selbst fast weiss ist. Vollkommen ist dies allerdings nur bei zweien meiner männlichen Exemplare, hier aber sehr schön sichtbar, während meine beiden anderen Männchen, wie die vier Weibchen diese Partie fast oder ganz abgestossen haben. Die weissliche Brust und Bauchfärbung ist beim Männchen ein wenig brauner, wie beim Weibchen. Bei ersterem sind die Füsse dunkler, bei beiden die Iris gleich „dunkelbraun“ gefärbt. Das Gefieder der Jungen ist ausserordentlich locker, und nicht ganz so röthlich, was namentlich am Kopf und dem Unter- rücken zu sehen ist. Der weisse Augenstreif ist bei ihnen kaum angedeutet, und fehlt der ganzen Zügelpartie unter dem Auge jegliches Braun, welches Letztere ins Besondere bei den alten Mann- chen so schön vorhanden ist. Der Mundwinkel, wie der Rachen sind hellgelb, ebenso auch die Füsse, welche überdies fleischiger wie bei den Alten sind. Die Iris ist ebenfalls dunkelbraun. Im Magen des Cettissängers fand ich Spinnen, Raupen, Pup- pen, Maden, vorzugsweise aber kleine Cikaden und Heuschrecken. 56. Cisticola schoenicol a. Häufig, namentlich auf Mallorka. Hier fand ich den Cisten- sänger weniger in den eigentlichen Sumpfpartien des Albufera und des Prat, wie in dem fruchtbaren Getreideland, insonderheit bei Palma, unweit der Küste. In Menorka traf ich ihn zwischen dem Hafen von Mahon und dem Bufera zu wiederholten Malen im Getreide, den Tabacks- und Hanffeldern, einer durchaus gebir- gigen Gegend an, was mich seiner Zeit sehr überraschte , jedoch schon von Hansmann vor mir in Sardinien beobachtet worden ist. Die alten Vögel haben mehr Zeichnung, namentlich auf dem Rücken, was ihnen ein bunteres Aussehen, als den Jungen giebt, bei welchen die Zeichnung ineinander fliesst. Der Schwanz der Alten ist hell, der der Jungen dunkel. Mitte Mai traf ich viele 284 Alex. v. Homeyer: Die Balearen. flügge Jungen an, die sich in Zaunkönigs artigen Stellungen von den Alten füttern Messen. 57. Tr oglodytes parvulus. Unser Zaunkönig ist in fast allen den fruchtbaren Gebirgs- thälern anzutreifen, wo Wasser und Gebüsch nicht fehlt. Hier singt er ausserordentlich fleissig mit derselben Kraft und Weise, wie es der deutsche Yogel thut, von dem er sich in Nichts un- terscheidet. Häufig ist er nicht. A. Brehm glaubt einen Zaunkönig unter dem Namen Troglo- dytes Naumannii von dem Troglodytes europaeus, d. h. der deut- schen Type abtrennen zu müssen, „weil derselbe in Felsen lebe,“ womit ich mich nicht einverstanden erklären kann, indem die Fär- bung keinen Unterschied zeigt, und unser deutsche Zaunkönig ebenso gut in Felsen lebt, wie in Gärten oder Wäldern. 58. Regulus ignicapillus ist ziemlich selten und immer nur in ganz kleinen Trupps von ; mir auf Mallorka wie Menorka beobachtet und geschossen wor- den. Das feuerköpfige Goldhähnchen hält sich vorzugsweise in den alten immergrünen Eichen und Kiefern auf. Ich traf es im Tliale von Fortune, bei Yaldemussa und Senbahussa, Esporlas und Arta. Im Wesen, Lockton und Gesang ist es nicht abweichend. 59. Par us major. Die Kohlmeise ist auf den Yorbergen, namentlich in den Oliven wie den Kiefern ein recht häufiger Yogel mit denselben Manie- ren etc. unseres deutschen Yogels. — Da ich in diesen Zeilen schon mehrmals eine Parallele zwischen den balearischen Ornis- bürgern und ihren Yerwandten in anderen Mittelmeerländern ge- zogen habe, will ich von Gegenwärtigem noch bemerken, dass er nach einer mündlichen Mittheilung meines Freundes Carl Bolle in den Oelbaum-Pflanzungen Corfu’s (September 1860) eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist. 60. Parus co eruleus. Die Blaumeise ist selten auf den Balearen, denn nur 3—4 Mal wurde dieselbe von mir in den fruchtbaren Thälern oder zwischen den jungen Eichen der Abhänge beobachtet. Was ihre Färbung anbetrifft, so ist dieselbe vom deutschen Yogel nicht zu I unterscheiden, steht also durchaus nicht, wie man vielleicht der Lage der Inseln nach schliessen möchte, in irgend welcher Be- ziehung zu der afrikanischen Type, dem Parus ultramarinus . Nein, nehmen wir das erlegte Yögelchen, ein altes, ausgefärbtes Männ- Dr. v. Heuglin: Beitr. z. Ornith. N.-O. - Afrika’ s. 285 chen zur Hand, so sehen wir auf den ersten Blick, dass es die echte Blaumeise (Parus coeruleus) ist. Achten wir nun ferner auf sie im Freien, so finden wir in Manier, Lockstimme und Ge- sang nicht den geringsten Unterschied. Parus ultramarinus hingegen, welchen ich später in Algier, namentlich im Thale der Chiffa vielfach beobachtete, kommt auf den Balearen gar nicht vor. Dieser Vogel ist dem äusseren An- sehen nach unserem P. coeruleus so ähnlich, dass die Idee einer klimatischen Varietät allerdings nicht ausser dem Bereiche der Mög- lichkeit liegt; diese Idee jedoch kann nur beim Vergleich von Bäl- gen Wurzel fassen. Wer nur einmal diesen Vogel im Freien ge- sehen hat, und auch nur eine Idee von Beobachtungsgabe besitzt, muss sofort anderer, nämlich der Meinung sein, dass Parus ultra- marinus gute Art ist, denn Locktöne und Gesang»sind so abwei- chend, dass man viel eher einen Parus ater wie einen Parus coe- ruleus vor sich zu haben glaubt. Glogau, im April 1862. (Schluss folgt.) Beiträge znr Ornithologie Nord-Ost-Afrika’s. Von Hof-Rath Dr. Th. v. Heuglin. (Siehe Januar-Heft 1862, S. 24 u. f.) Meine Forschungen in den Bogos wurden vorigen Monat ge- schlossen, indem wir nach Ablauf der Regenzeit unsere Reise von dort nach Süden fortsetzten. Ich hätte noch manche nicht uninteressante ornitholog. Mittheilung aus den Quellenländern des Ain-Saba zu geben, muss dies aber auf eine nächste Station ver- schieben, wo ich etwas mehr Müsse zur Beobachtung haben dürfte. Gegen Ende Oktobers verliessen wir also Keren und schlu- gen eine auch in geographischer Beziehung wichtige Route über die Quellen des Ain-Saba und Mareb nach Adoa ein, von wo aus ich — sobald meine Correspondenz mit Europa abgeschlossen ist — ich denke in 8 Tagen — die Reise über West-Abissinien nach dem blauen Niel fortzusetzen gedenke, da die beabsichtigte nach Narea und Kafia zu meinem grossen Leidwesen vorläufig verscho- ben werden musste. Ich sah mich in Gedanken bereits an den Ufern des Baro oder gar am Nyanza in neuen Welten für den Forscher, in dem in zoologischer Beziehung gewiss interessantesten 286 Dr. Th. y. Heuglin: und wichtigsten Lande des ganzen afrikanischen Continents, wohin mir zu gelangen verhältnissmässig leicht gewesen wäre ! Thomme pro- pose mais Dieu dispose. Ich muss nach Chartum und dazu wähle ich einen in wissenschaftlicher Beziehung möglichst günstigen Weg, dessen Richtung übrigens noch durch verschiedene Verhältnisse bedingt werden wird; geht es an, so folge ich eine Strecke weit dem Lauf des Bahr el asrak. Von Keren bis Adoa habe ich in ornithologischer Beziehung wenig arbeiten können, obgleich ich sehr wichtige Punkte wie den Mareb, den wir zweimal passirten (nahe an der Quelle und bei Gondet 16 Meilen von hier) und die wasserreiche Ebene von Hamedo berührten. Das Land zwischen Mareb und den Ain- Saba -Quellen, die Provinzen Hamesen und Serani, bilden ein 6 — 7000' hohes, ziemlich ebenes, aber durch viel Wildbäche ^srrissenes Plateau mit wenig Baumschlag; hier ist die Nordgrenze von Corvultur crassirostris, Vanellus melanopterus , Alauda ruficeps, von Ploceus larvatus, einigen Drymoecen und Saxicolen (von denen ich unten einige beschreibe) auch nahe zu die von Buteo Augur , der nur wenig nördlicher geht und von Ploceus Guerini Gray, von Euplectus ignicolor , Bessonornis semi - rufa), Thamnobia semirufa , (Th. alboscapularis geht bis in die Bogos nordwärts,) Goliuspasser macrocerca Cab., C. laticauda Licht. (= C. torquatus Rüpp.) Rallus abissinicus, Alcedo maxima und cristata; Columba albitorques , Ciconia leucocephala. Der Mareb bei Gondet und Hamedo sind um fast 2000' tie- fer als die Hochebenen von Hamesen und Sarani, das Uferland ist zwar bedeckt mit den mannigfaltigsten Produkten des Pflan- zen- und Thierreichs und nur en passant erlegten wir dort u. a 2 Falco ardesiacus , Nisus sphenurus, Nisus niger , Malaconotus oli- vaceus, Aegialites cinereicollis mihi, und sahen ausser mehreren kleineren Sperberarten Circus pallidus, Falco cervicalis, Aquilastur spilogaster etc. während ich dieser Tage bei Axum einen weiteren mir neuen Astur (wohl rufiventris Smith) einsammelte. An Merops , Alcedo, Klettervögeln, Fringillinen und Sylvien ist der Mareb übri- gens kaum reicher als die Umgegend von Adoa und Axum. Die ersten Pterocles gutturalis A. Smith begegneten mir schon an der N.-G-renze Hamesen’s ; sie gleichen in ihrer Lebensweise sehr den übrigen Sandhühnern, haben aber eine ungemein rauhe, und knurrende Stimme, und das Vorkommen dieser capischen Art in N.-Abissinien und Schoa ist sehr interessant: ich konnte sie s. Z. übrigens bloss mit der Beschreibung von A. Smith in den 111. Beiträge zur Ornith. N.-O.-Afrika’s. 287 South Afr. Zool. vergleichen und nicht mit Südafr. Original-Exempla- ren und es ist nicht unmöglich, dass eine spezifische Verschieden- heit vorhanden ist. Die hiesige Fauna, in ornith. Beziehung wenigstens, ist durch Schimper sehr ausgebeutet, dagegen lässt sich in Säugethieren noch mehr machen. Die wenige freie Zeit die ich habe, verwende ich auf den Anstand auf Ottern und Grabthiere, bei welcher Ge- legenheit ich einen wenigstens für Abissinien neuen Ichneumon acquirirt habe. Von europäischen Zugvögeln fand ich auf der Reise durch Ha- mesen bis Adoa (Anfang Novbr.) Buteo ruftnus (Butaetes leucurus oder ferox ) Ciconia nigra , Motacilla flava, melanocephala, sulfurea und alba in Menge, Podiceps minor, Anas fuligula, crecca , marila, (A. clypeata ist hier Standvogel,) Gallinula chloropus (ob nicht auch Standvogel?) Emberiza hortulana, Anthus campestris, A. cer- vinus etc. Saxicola oenanthe und rubetra , Turdus cyanus und sa- xatilis, Circus aeruginosus et cyaneus, Falco tinnunculus, Totanus ochropus und glareola. — Ich gebe Ihnen hier einige Diagnosen von Species, die zu bestimmen mir hier auf der Reise die Mittel fehlen. Accipiter ( rufiventris Smith?) fern, adult., Axum. 20. Nov. 1861. Supra unicolore nigricante schistaceus subtus pulchre ochraceo- ferrugineus; macula poneoculari gula et subcaudalibus albis; cau- da subrotundata, supra grisea, subtus albida fasciis 6 nigricanti- bus (earum ultima, anteapicali minus distincta) apice margine alba; subalaribus pallide rufis, genis tibiisque ventre obscurioribus, regione inguinali pallidiore indistincte rufo-fasciata; remigibus, tergaei colore, subtus pallidioribus, pogoniis internis transversim albo notatis. Rostro nigricante, basi plumbeo; ceromate peri- ophthalmiis, pedibusque flavis, iride igneo -flava. Long. ad ap. cau- dae vix 13"; al. 8" 3'". — caud. 6" 9'"; rostr. a fr. 8'". — tars. 2" 0,3'". — dig. med. sine ung. 1" 31'". — caudae apice remig. superante 2" 8'". Einzelne grosse Schwungfedern haben auch auf der Aussen- fahne eine Spur von weisser Querzeichnung, wie dieselbe auch auf dem verdeckten Theil der Mantelfedern bemerkbar ist; die längsten Oberschwanzdeckfedern mit weisslichem Rand an der Spitze, an den Seiten der Mandibula einige dunkle Federschäfte. Dieser Vogel dürfte wohl zu A. rufiventris Smith, den ich für identisch mit A.perspicillaris Rp. und A. exilis Temm. halte, gehören. 288 Dr. Th. v. Heuglin: Merovs ? Adoa, November 1861. Simillimus M. erythroptero ; stria supraoculari vivide ultra- marina, macula gulari pulchre nigro-cyanea; pectore castaneo, ab- domine lulvo; rectricum prima mediis 3'" longiore. Iride coc- cinea, pedibus griseis. — Long. tot. 5" 10'"; al. 2" 10p"; caud 2" 9'"; rostr. a fr. 10'"; tars. 4'" — Jetzt häufig um Adoa. Ist Schmarotzer und legt seine Eier in verlassene Webervogelnester; sie sind weiss, rosenroth durch- scheinend, verhältnissmässig lang, fast 11'" auf 7'" Breite. Hirundo (ülifera Steph.??) Adoa 18. Nov. 1861. Supra nitide cyaneo-coracina, subtus alba, gula rubente se- mitorque supra nitide cyaneo-nigricante ; pileo toto pulchre cinna- momeo; subcaudalibus longioribus maculis anteapicalibus coracinis et scapis nigricantibus, rectricum prima elongata et apicem versus valde angustata, reliquis vix aequalibus quatuor exterioribus po- goniis internis macula anteapicali rotundata alba ornatis. — Long. ad ap. alae 5" 4'"; al. 4" 1'"; rectric. mediis 1" 4'"; tars. 41'"; rostr. a fr. 31'". — Baut an senkrechten Elussufern unter überhängenden Stei- nen aus Koth und Pflanz enstolfen ein solides Nest und hat in Mitte November 4 halbflügge Junge. Selten um Adoa, nur 2 Paare dort gesehen. Caprimulgus sp. Axum, 21. Nov. 1861. Minor, occipite fusco-griseo, maculis nonnullis nigerrimis, fer- rugineo marginatis; dorso et pectore griseo fuliginosis, nigricante undulatis et punctatis ; tectricibus alarum majoribus maculis sa- gittisformibus nigris, pogoniis exterioribus et apicem versus con- spicue ochraceo variegatis; gula brunneo rufa, nigricante fascio- lata, stria suboculari collique macula utrinque albescentibus; re- migibus quatuor exterioribus nigris macula mediana, magna alba, ex parte imfo-lavata ; Omnibus ferrugineo-fasciatis apicibus griseo vermiculatis; rectricibus duabus intermediis griseis, nigro fasciolatis et vermiculatis, 3., 4. et 5ta nigris maculis apicalibus angustis cinerascentibus et fasciolis interruptis rufo ochraceis, indistinctis ; 1. et 2 da albis, prima margine rufo fusco in pogonio externo; abdomine et subalaribus ochraceis, nigricante fasciolatis. Long. tot. 8"; al. 5" 9"'; caud. 4" 3"'; rostr. a fr. 4|'"; tars. vix 5"'. Alcedo (Ceryle) gigantea Sw.? Bei Adoa ein wohl jüngeres erlegt, das, was die Maasse anbelangt, ziemlich mit A. gigantea übereinstimmt. — [Bong. tot. Beiträge zur Ornith. N.-O.Afrika’s. 289 15"; rostr. a fr. 2" 9"'; al. 7" 4"'; caud. 4" 7"'; tars. 7";] dagegen in der Färbung des Unterleibes abweicht; dieser ist rein weiss mit schwärzlichgrauen Tropfen und Flecken und brei- tem, rostbraunem Halsband. Alcedo rudis ist sehr häufig an den hiesigen Bächen. Alcedo cristata ebenso. Schnabel, Füsse und Nägel sind corallroth. Unfern Axum erlegte ich einen ähnlichen Vogel, mit kurzem schwarzen Schnabel, schwärzlichen Füssen, röthlichen Nägeln, sehr stark gehäubt, mit schwarzem Bücken und breiten, ultramarin- blauen Spitzen der Federn; Die Brust ist weniger intensiv rost- gelb als beim alten A. cristata . — Long. 4" 9"; rostr. a fr. 10"'; al. 2" 2|"'. Die Streifung auf dem Kopf ist breiter und deutli- cher, die Flügel etwas länger, als bei cristata. Ob der junge Vo- gel oder ob A. cyanostigma. Rpp. doch verschieden von letzte- rem und zu A. coeruleocephala? Drymoeca flaveola Heugl. ( Cisticola flaveola Heugl. in Syst. ^ Uebers. No. 166.) d* . Occipite nuchaque ferrugineo fuscis, plumis mediis ni- gro striolatis, colli lateribus regione parotica et fronte viridi tinctis; dorsi et tectricum alarum plumis medio nigerrimis, mar- ginibus latis, conspicuis cinnamomeis; pogoniis remigum externis et internis pallide ferrugineis; rectricibus supra fuliginosis, ex- terioribus vix albo- interioribus ferrugineo-limbatis , macula lata anteapicali nigerrima, apicibus primae et secundae albidis, reli- quorum pallide fuliginosis; corpore subtus stria poneoeulari et periophthalmiis intense citreis, gula saturatius tincta; pecto- ris lateribus hypochondriisque ferruguineo indutis, tibiis ferrugi- neis, subalaribus et subcaudalibus is ab ellino- ferrugineo lavatis, mar- gine alari citreo. Mandibula tomiisque maxillae flavis, angulo oris aurantiaco, maxilla et unguinibus brunneis; iride brunnea, pedibus rubente flavis. Long. tot. 5'' 2"'; rostr. a fr. 5"'; caud. 2" 3"'; al. 2" 3f'"; tars. ID". — Die 5te Schwinge die längste, die 2. und 6. ihr fast gleich. Diese Art unterscheidet sich von allen N.-O. -Afrikanischen sogleich durch die intensiv gelbe Unterseite. Sie ist nicht eben selten in Sümpfen bei Adoa, Axum etc. Cisticola brunnescens Heugl. nova species. Sylv. cisticolae similis , cauda subrotundata et supracaudalibus nigro brunneis his pallide limbatis, illa apice dimidioque Journ, f, Ornith., X. Jahrg., Nr. 58, Juli 1862t 19 290 Dr. Th. v. Heuglin : apicali pogonii externi rectricis primae alba; occipite brunne- scente cinereo, plumis mediis obscurioribus ; macula nigra inter oculos et basin maxillae; regione parotica, genis et gastraeo fla- vente albidis; macula distincta laterum pectoris fuliginoso-brunnea; hypochondriis, tibiis subcaudalibusque ochraceo indutis; uro- pygio ferrugineo-isabellino; scapularibus fusco brunneiis, pallide flavente limbatis; rostro brunneo, mandibula pallidiore, pedibus rubentibus; iride ochracea. Long. tot. 3" 6"'; rostr. a fr. 4,8'"; al. 2" II"'; caud. 1" 3'"; tars. 10'". Die Tarsen sind sehr lang, der Schwanz nicht gestuft, son- dern ausgebreitet, wenig gerundet; die weissen Spitzen auf den mittleren, etwas helleren Schwanzfedern kaum angedeutet, auf den übrigen eine fast gerade weisse Linie bildend, die höch- stens 1"' breit wird; die braunschwarze Farbe der rectrices reicht bis zu ihrer Basis und die oberen Schwanzdeckfedern sind ebenso dunkel, aber hellgraugelblich gerandet; die Rostfarbe des Uro- pygium scharf davon abgesetzt; über dem Auge ein sehr undeut- licher hellerer Streif; die 4. Schwinge die längste, die 2. bis 7. ihr fast gleich. Die Innenfahne der Schwingen mit Ausnahme der Spitze blass röthlich, die Aussenfahne rostgrau gerandet. — Bis jetzt erlegte ich nur 1 Exemplar dieser, wenigstens fürN.-O.- Afrika neuen Species. Ich fand sie auf sumpfigen Wiesen und unfern Gudofelassi in Hamesen, beiläufig auf 6000' Meereshöhe. Saxicola sp.? Major, capite colloque supra schistaceo cinereis, dorso brun- neo fusco, alis et earum tectricibus nigro fuscis, ochraceo limbatis, pogoniis remigum interioribus basin versus albidis; loris niger- rimis; stria supraoculari a fronte decurrente, mento gula et supracaudalibus albis; regione parotica nigricante; abdomine fer- rugineo-ochraceo , pectoris lateribus et hypochondriis fuliginoso indutis; subalaribus albis ex parte griseo üammulatis; cauda di- midio basali alba, apicali nigra ; rostro et pe.dibus nigris. Long. tot. 6"; rostr. a fr. 6|"'; al. 3" 9"'; caud. 2" 3'"; tars. vix 1" 3'". — Die dritte Schwinge ist die längste. Ob Myrmecocichla Quartini Bonap. ? die ich nicht kenne. Die beschriebene Art fand ich nicht selten im November auf dem Hochlande von Hamesen auf Aeckern, Steinen und Büschen, oft in Gesellschaft mit S. isabellina, oenanthe , etc. Eine dieser sehr ähnliche, aber um $ kleinere Art sammelte ich vor Jahren um Gondar und habe sie in zahlreichen Exempla- Beiträge zur Ornith, N.-O.-Afrika’s. 291 ren an verschiedene Museen des Continents abgegeben, aber un- geschickter Weise unter der schon vergebenen Benennung S. leu- corhoides. So nennt auch Guörin in der Rev. Zool. 1843 einen abyssinischen Steinschmätzer, der übrigens ohne Zweifel identisch ist mit S. lugubris Rüpp. Adoa, ]. December 1861. Ueber verticale Verbreitung der Vögel in Habesch. Es ist nicht möglich, ohne dass ein Reisender sich verhältniss- mässig lange Zeit in verschiedenen Regionen aufhält, dass der- selbe im Stande sei, ein getreues Bild der zoologischen Vorkomm- nisse zu entwerfen ; er kann höchstens dann einige Umrisse geben, wie ich dies hier versuchen werde, in Bezug auf die Ornithologie der in einigen Wochen von unserer Expedition durchwanderten Nie- derungen des Takasseh, und Hochgebirge von Semiön bis herüber nach dem Becken des Tana-See’s. Von den 7—8000' hohen, meist baumlosen und nicht viele Abwechselung bietenden Plateaux von Tigreh stiegen wir am 1 . Januar d. J. in die engen, heissen Schluchten des Takasseh, unfern der Mündung des Worre in denselben (2700' Meereshöhe) herab, von dort am Ataba-Flüss- chen, theils durch prachtvolle Woina-Heqa- Wälder rasch wieder bergan, von der Region der Adansonie und des Büschelmaises zu der der kolossalen Feigen- und Sparmamiia- Bäume, der Kronleuchter- Euphorbien, Oliven, Brayera und Celastrus ? weiter auf zu der Zone der baumartigen Echinops , Hypericum und Erica - Arten, die hier dicht mit Flechten bedeckt sind, bis über 13000' Meeres- höhe, wo aller Baumwuchs selbst unter diesen tropischen Breiten (13 — 14 N. Br.) aufgehört hat, zur Region einer Dracaenen-ähn- lichen Lobelie der kolossalen Djibara (Rhynchopetaium montanum.) Ueber die mit letzterer bedeckten Grasfiächen ragen noch wenige kahle Trapp-Gripfel zur ewigen Eisregion empor, wo aber natürlich auch nur noch sehr wenige warmblütige Wirbelthiere Vorkommen. Von Säugethieren bewohnen die Djibara und Eis-Region nur: Theropifhecus Gelada Rüpp., der bis auf 8 — 9000' abwärts geht, die gefleckte Hyäne geht auf 13000' Meereshöhe, seltener der Le- opard und vielleicht einige kleinere Katzen- Arten, ein Fuchs (Ca- nis oder Vulpes Walqe mihi,) der ausschliesslich von den äusserst zahlreich hier hausenden Ratten etc. (M. habessinicus Rüpp; Oreo- mys nov. genus, Rhizomys etc.) lebt, die genannten kleinen Na- gethiere, Ibex Walia Rüpp. (von 11000' aufwärts, Antilope oreo - 19* 292 Dr. Th. v. Heuglin : tragus (von 3 — 12000',) möglicherweise erscheinen auch ausnahms- weise Antilope montana und A. redunca und Canis semiensis ( C . simensis Rüpp.) noch hier. Von Vögeln bemerkten wir hier: Gypaetos barbatus oder meridionalis Kays und Blas. Der nirgends fehlende Milvus parasitus, Cathartes monachus und percnopterus (vom Meer bis 13000') Aquila rapax (ebenso) Buteo augur (von 5 — 13000'). Falco tinnunculus und einige Geier, wohl Vxdtur Rüppellii und V. occipitalis , sind die einzigen Raub- vögel die ich hier noch zu Gesicht bekam, etwas tiefer (12000') Circus cinerascens und C. pallidus. Mein Begleiter, Dr. Steudner, traf dagegen unfern der höch- sten Gipfel des Bualiit (an 14000') einen weissen Falken von der Grösse des Thurmfalken, der jedoch nicht erlegt werden konnte (ob Varietät des F. tinmmculm ?) und unfern des Amba- Ras, auf einer Höhe von mindestens 11500' gelang es uns einen Falco cervicalis einzusammeln. Ueber 12000' gehen noch Nectarinia Takazze, ein Caprimulgus (unten beschrieben,) Hirundo melanocrissa , Cotyle rupestris, Cyp- selus Rüppelli nob., Corvultur crassirostris Rüpp., Corvus affinis Rüpp., Pyrrhocorax graculus , der in Paaren und grossen Schaa- ren pfeifend und schreiend seine Felsenwohnungen umzieht und bis 1J000' abwärts sogar die höchstgelegenen Dörfer und Ge- höfte besucht.*) Tichodroma phoenicoptera wurde von Dr. Rüppell in den abyssi- nischen Hochgebirgen beobachtet und nach Dr. Schimper käme auch Pyrrhocorax alpinus Vieill. auf den höchsten Bergen Semiöns vor. Von Glanzdrosseln, an denen das tropische Afrika so reich ist, fanden wir auf 11 bis 13000 Fuss Höhe eine einzige Art, und zwar Oligomydrus tenuirostris, die sich paarweise und in Flü- gen namentlich gerne auf den Blüthenschossen des Rhynchopeta - lum montanum hält, deren feine Saamen er jeder andern Nahrung vorzuziehen scheint. Sein theils dohlenähnliches Geschrei, theils glanzdrosselartiger Pfiff erinnern am meisten an die lebhafte *) Die Bartborsten-Büschel am Oberschnabel und Mandibula sind ausser- ordentlich scharf abgeschnitten und ihr Rand nach vorne bildet zwei grosse Bogensegmente. Die Iris ist braun, Schnabel und Fiisse corallroth, die Soh- len der letztem mennigroth, remiges und rectrices zeigen einen bronze-grünen Schiller. Long. tot. ad ap. caudae 15"; rostr. a fr. 2" 2"'; tars. 1" 11"'; al. 11"; caud. 5f". — Die Flügel überragen den Schwanz um 1". Gaumen und Zunge sind gelblich- bis morgenroth. Heisst auf amharisch Djadjade. Beiträge zur Ornith. N.-O.Afrika’s. 293 Stimme des ihm überhaupt sehr nahestehenden Pilorhinus albiro- stris (Riipp.) Cab. Saxicola sordida, S. albofasciata und wahr schein- eine 3te Art, sclimätzen munter auf Erica- und H^pmcwm-Büschen, während eine Myrmecocichla sich mehr auf Viehtriften hält. Serinus striolatus Rüpp.,, Citrinelia nigriceps Rpp., Euplectes xanthomelas , Serinus tristriatus , Anthus pratensis f (nicht einge- sammelt,) Macronyx flavicollis, Alauda cristata und ruficeps , Aedon abyssinicus Rüpp., Parus dorsatus Rüpp., Motacilla longicauda Rpp., eine" Drymoeca, wohl D. Ingens Rpp., Ixos leucopygius ; ein wohl neuer Crateropus (den ausgezeichnetsten Sänger den ich kenne, C. melodus mihi, conf. weiter unten.) Columba albitorques Riipp., in grossen Flügen, Streptopelia Ingens Rpp., sind die höchsten abyssinischen Alpenbewohner mit einigen Hühnerarten, Ibis ca- runculata und Eulabeornis (Rallus ) habessinicus Rpp., wTelch letz- tere ich noch wenige 300' unter dem Gipfel des Beredj-Woha und Ainba-Ras, also auf mindestens 13000' nicht selten gesehen habe.*) Steigt man aus der Zone der Djbärroa oder Djibara herab an die untersten Grenzen der Erica-Region , auf die 9 — 10,500' hohen Plateaux von Semien und Woggera, so nimmt die Indivi- duen- und Artenzahl der dort lebenden Vögel in grossem Maas- stabe zu; von Raben- Arten linden wir hier noch Corvus capensis und curvirostris (oder phaeocephalus Cab.) Der grosse Nashornvo- gel schreitet bedächtig nach Insekten schnappend oder sein tie- fes, Du-du klingendes, Brummen ausstossend über Felder und Trif- ten , auf denen 2 Venellus- Arten ( V. melanopterus und melanocepha- lus Rpp.J unter zahlreichen Steinschmätzern und Taubenflügen sich tummeln. Buceros limbatus zieht Hochbäume dem freien Felde vor, seine Standorte sind zwischen 7 und 10 — 11000'.**) Der niedliche Picus Hemprichii und Psittaculus Tarantae wie auch Jynx aequa- torialis klettern an Juniperus- und Colqual-Stämmen, die Sumpf- schnepfe, einzelne Strandläufer, Scopus umbretta , Ciconia nigra und leucocephala , Gypogeranus serpentarius treiben an Hochmoo- ren herum und Podiceps minor, Anas flavirostris und Bernicla cya - noptera, letztere immer paarweise, sind nicht selten an Bächen und Pfützen. Würger, (namentlich Lanius fiscus Cab.) Eulen, ( Otus montanus mihi, die wohl identisch mit O. habessinicus Guer, 0. ma- *) Dr. Rüppell fand an der Eisgränze von Semien noch eine Papagei-Art, die aber noch nicht genauer bekannt ist. Dr. Hartlaub vermuthet, sie möge zu Phaecocephalus pachyrhynchus gehören. **) In seinem Magen fanden wir ausser Sycomoren, Heuschrecken, Rau- pen, Käfern auch u. a. ein Chamaeleon. 294 Dr. Th. v. Heuglin: culosus ,) und mehrere Tagraubvögel, namentlich Helotarsus ecauda- tus und Falco cervicalis treten auf, Pilorhinus albirostris (von 6 — 9000',) Thamnobia alboscapulata u. semirufa (v. 4 — 9000',) Estrelda phoenicotis, Lagonosticta minima , die Coliuspasser, Euplectes stictus Heugl., Ploceus Guerini Gray, Passer Swainsonii, Muscicapa cho- colatina Rüpp., M. minima Heugl. , Tchitrea Ferreti Bp. Oriolus moloxita , Nectarinia guiaris etc. etc. treten hier auf, sowie einige Schwalben, namentlich Cotyle paludibula, Hirundo rufula , filicauda und Atticora cypseloides Heugl., eine sehr an A. melbina erin- nernde Art mit sehr langen Flug werk zeugen ausgerüstet. Die meist an Baumschlag reicheren Thäler der Deqa bis zur Woina Döqa hinab, beherbergen viele Eisvögel, Bienenfresser ( Alcedo maxima, semitorquata, cristata , coeruleocephala, rudis, Merops Le- febvrei, Irrisor senegalensis und cyanomelas ,) und den muntern pracht- vollen Corythaix leucotis , Pogonias Brucei und undatus , zahlreiche Drymoeca und Zosterops- Arten, Lamprotornis chalybaeus, Psittacus Mayeri , Aquila Verreauxii , Falco ardesiacus , viele Sperber- Arten, Melier ax polyzonus , Graucalus phoenicea Swains., Dicrurus Ingens , Lanius aethiopicus und Telophonus longirostns, Platysteira pririt, Nectarinia cruentata und habessinica , Melaconotus olivaceus . Von Taubenarten scheint die niedliche Columba brönzina Rüpp. den Tiefthälern Semien’s fast ganz eigenthümlich zu sein, Treron lia - bessinica und nudirostris Swains., Chalcopelia afra, Oena capensis sind hier häufig, wie auch Buphaga erythrorhyncha , Colins leuco- tis und senegalensis , Cossypha semirufa. Als ausschliesslich hier in den Tiefländern um den Mareb und Takasseh etc., also zwi- schen 2 und 5000' Meereshöhe lebend, glaube ich nennen zu kön- nen : Centropus monachus , Trogon narina, Chrysococcyx smaragdi- nus , auratus und Classii, Indicator albirostris und minor. Alle Chry- sococcyx und Indicator nur zur Regenzeit und letztere bis zum Be- ginn der heissesten Jahreszeit (März oder April.) Oxylophus afer, Palaeornis cubicidaris, Banius cubla und erythro gaster , Turdus pe- lios (T. olivaceus geht mit T. semiensis bis auf 9 und 10,000') Strix leucotis, Spizaetos spilo gaster Dubus, Nisus sphenurus und nigeri Pterocles quadricinctus , Hoplopterus spinosus , Pluvianus melanoce- phalus , Ardea Goliath , (bis 6000') Butorides atricapillus (Ardea nigricollis und purpur ea und Ciconia umbellata gehen bis auf 9000'.) Phalacrocorax melanogaster, Buphaga africana. Hier fand ich end- lich einen Malaenornis , über den ich unten einige Bemerkungen gebe. (Bei Dicrurus.) Beiträge zur Ornith. N.-O-Afrika’s. 295 Noten zum vorstehenden Berichte. Gypaetus barbatus, cT und ? kaum in Grösse verschieden, in Färbung ganz und gar nicht. cT long. ad ap. caud. 3' 2"; extens. al. 7'; long. ad apic. alae 2' 9|"; rostr. a fr. 2' 10"; ab ang. or. 3" 6'"; al. 2' 3|"; caud. 18" 2'"; tars. 4". Rostro pal- lide flavente brunneo, basi et eromate coerulescentibus, iride pal- lide rubente-albida, corallino circumscripta; ciliis nigris; pedibus fla- vescentibus, squamis digit.unguibusque coerulescentibus. — Die Rost- farbe der Kehle und Brust sind oft sehr intensiv, lässt sich jedoch theils ausstäuben und auswaschen. Erscheint oft in grösserer An- zahl an Orten, wo sich Schlacht-Vieh-Ueberreste finden und frisst Knochen von ganz erstaunlicher Grösse, die sehr rasch verdaut werden. Der Gang des Bartgeiers hat viel Rabenartiges, wie auch die Aasgeier-Arten, er ist nicht sehr scheu, bedarf aber na- türlich eines kräftigen Schusses, um rasch zum Fall gebracht zu werden. Verfliegt sich aus seinen Felsgebirgen bis auf 6 — 7000' Fuss herab gar nicht selten, tiefer ist sein Vorkommen ein aus- sergew ähnliches, doch habe ich ihn bis zum Meeresstrand gesehen. Zu Falco cervicalis Licht, (oder tanypterus Licht.?) Ein auf der Hochebene von Woggera erlegtes Exemplar, al- tes cT, hat geringe Grösse, 14|" Länge bis zur Schwanzspitze, die 6'" länger als die zusammengelegten Flügel; Tarsus so lang als Mittelzehe ohne Nagel, — 1"8"'; Flügellänge 12" 6'"; Schwanz 6|", Schnabel von der Stirn fast 1" und unterscheidet sich von andern namentlich durch braungrünen Grundton der Oberseite, rein weissen Voderhals, jede Feder mit sehr schmalem aber deutlichem Schaftstrich; der Unterleib dagegen weinröthlich an- geflogen, und namentlich seitlich mit grösseren, rhombischen, schwärzlichen Spitzfedern, die theils in Pfeilform übergehen; die Unterschwanzdeckfedern theilweise bräunlich gewellt und gestreift, sonstige Zeichnung nicht erheblich abweichend, die langen Flügel- deckfedern reichen zur Spitze der 9. Schwinge. Ein (f aus Semien ist etwas grösser, hat bräunlich weinroth überflogene Unterseite, Vorderhals grösstentheils mit grossem unten breiter werdenden Längsflecken. Hosen und Unterschwanzdeck- federn ungefleckt. Jedenfalls bezweifle ich, dass das Verhältniss der Länge des Laufes zur Mittelzehe beider sich so nahe stehenden Arten(??) F. tanypterus Licht, (wozu nach brieflicher Mittheilung Schlegel seinen F. Feldeg gii, F. lanarius Klein und F.rubeus Albertus Mag- 296 Dr. Th. v. Heuglin: nus und Thienem. rechnet,) und F. cervicalis Licht, (F. chiqueroi des A. Smith ~ F. biarmicus Tcmm.,) als massgebende Kennzeichen betrachtet werden dürfen; es ist sehr variabel, wie auch das zwischen Schwanz und Flügelspitzen. Lassen sich beide Arten wirklich specifisch trennen? Strickland vereinigt sie, Bonaparte und wie es scheint auch Hartlaub sind anderer Meinung. Ich habe zu viele Uebergangsformen beobachten können, als dass ich vorläufig einer Sonderung beistimmen könnte, obgleich nicht zu läugnen ist, dass der kleine cap’sche Vogel mit fast rostrother ganz ungefleckter Unterseite und dunkelschiefergrauem Bücken vom blassen nubischen auf den ersten Anblick ausserordentlich abweichend erscheint, aber auch in N. 0. Afrika kommen ein- zelne sehr intensiv gefärbte Würgfalken mit gänzlich fleckenlosem rostfarbigen Unterleib und Brust vor. Für wirklich gute Arten von N.-O.-afric. Edelfalken halte ich den F.peregrinoides und ebenso F. barbarus. Der Letztere ist der Falke, dessen die egyptischen und syrischen Grossen sich ausschliesslich zum Gazellenfang be- dienten, der Saqr-el’-hor J! ^ der Araber und Dughan der Türken, wogegen F. biarmicus oder tanypterus in beiden Spra- chen Schahin d. i. heisst. Falco Horus mihi, (von Dr. A. Brehm nach meinem Original- Exemplar aus Unteregypten in der Naumannia als F. gracilis be- | schrieben, dürfte ein junger F. concolor Tem. sein, obgleich die ; Flügel verhältnissmässig kurz, vielleicht unausgebildet sind u. bei ganz jungen unzweifelhaft ächten F. concolor, die ich aus dem Neste nahm und aufzog, weit stärkere rostbraune Säumung der Federn der Oberseite vorhanden ist. Gypogeranus serpentarius Gm. cf. Long. ad apicem caudae V 8"; tars. vix 11"; rostr. a fr. 2" 1"'; al. 2'; rectr. intermed. 2' 6". Regione nuda periophthalmica et ang. oris aurantiacis, papil- lis supraoeularibus violascentibus, rostro et pedibus coerulescente carnicolöribus, iride brunnea. Plumis occipitalibus elongatis uropygioque nigris, cauda pure cinerea fascia anteapicali tripollicari nigerrima, apice alba. Das Aschgrau der Oberseite schiesst bald ab und wird blass- gelblich grau. Ich halte diesen Vogel für einen Zugvogel in N. 0. Africa; die N. Gränze seines Vorkommens während der Regenzeit wohl nicht jenseits des 16° N. B. Beiträge zur Ornith. N. 0. Afrikas. 297 Caprimulgus. Capite supra fusco grisea, medio nigerrime striolato; plumis laterum mandibulae, albo variegatis, striam mystacalem formanti- bus. Collare integro ocliraceo; scapularibus fusco griseis, ochra- ceo nigroque maculatis; rectricum prima pogon. interno et apice alba, dimidio apicali pogonii externi in fundo albo fusco tincto; secunda dimidio basali toto albo ochraceo et fuliginoso induto; tertia, quarta et quinta dimidioque secundae fusco nigricantibus, fasciis 8—9 griseis. Gastraeo rufo-ochraceo subcaudalibus ex- ceptis fusco undulato; long. tot. 8"; al. 5" 41"'; caud. 4"; hac vix rotundata. Gleicht im Uebrigen sehr einem im Dec. v. J. in Axum erlegten Vogel, von dem ich Ihnen von Adoa aus eine Beschreibung sandte. Diese Art findet sich in Abyssinien vom Tiefland des Mareb und Takasseh bis in die höchsten Gebirge und verräth mit ein- brechender Dunkelheit ihre Anwesenheit alsbald durch einen kläg- lich pfeifenden Lockton des d*, den es oft die ganze Nacht durch fcjren lässt, wogegen es im Fluge ein kreischendes Knurren ausstösst. Ätticora cypseloides Heugl. Occipite rectricibusque fuliginosis, his medio chalybaeo ni tentibus; interscapulio alisque chalybaeis, remigum prima extus delicate albido limbata; uropygio et supracaudalibus pallide cine- reo fuscis; gastraeo, striolaque supraoculari albis, loris nigerrimis, rectricibus basin versus pallide fusco limbatis, prima valde elon- gata dimidio apicali angustata; subalaribus sordide albidis. Long. ad apicem caudae 5" 4"; rostr. a fr. vix2J'"; al 3" 6*'" ; tars. 4J'" — 5"'; rectr. extim. vix 3"; rectr. intermed. I" 41'". Ein Exemplar hat die Schäfte der Unterschwanzdeckfedern schwärzlich, die letzteren reichen bis zur Spitze der mittelsten rectrix; die erste Schwinge, die längste, reicht wie bei A. mei- bina Verr. zur Spitze der 2. Steuerfeder. Lebt in Central- Abys- sinien auf 6 — 8000' an Flussufern und auf Wiesen gemeinschaft- lich mit Cotyle paludibula und zeichnet sich durch reissend schnel- len Flug aus ; von H. melbina von Gabun scheint sich diese 2 te ostafrikanische Art vorzüglich durch die dunkle Färbung des Ober- kopfes, den weissen Streif über den sammetschwarzen Zügeln u. weit helleren Hinterrücken zu unterscheiden. Hi rundo me lano cris sus Rupp. Die Abweichung eines alten d* von der Beschreibung yon 298 Dr. Th. v. Heuglin: H. melanocrissus in Hartlaub Syst. W. Afr. veranlasste mich , eine grössere Anzahl dieser kleinen Schwalben zu genauerer Verglei- chung zu schiessen u. die Resultate meiner Untersuchungen schei- nen zu bestätigen, dass der abyssinische Vogel doch von dem Hartlaubs vom Casamanze abweiche. Die Maasse namentlich er- geben einen allzu namhaften Unterschied und auch einzelne Merk- male in der Zeichnung wollen nicht ganz mit genannter Beschrei- bung übereinstimmen. Grösse nach Hartlaub : Long. 5"; rost. 3"; al. 4" 2'"; rectr. med. (??) 3|"* Beim hiesigen Vogel finde ich: Long. ad apic. caudae 7£"; ad ap. alar. 5" 8 — 9'"; rostr. afr. 3, 2 — 3'"; al. 4" 7—9'"; rectric. med. 1" 9"'; rectr. extima 3" 10'"; tars. 61'" — 6|'". Dr. Hartlaub erwähnt endlich nicht der schwarzblauen obern Schwanzdeckfedern und sammt schwarzen Zügel, die Unterschwanz- deckfedern haben einen 12 — 15'" breiten blauschwarzen Spitzen- fleck, die röthlich braune fascia analis ist nur seitlich angedeu- tet und nicht durchgehend, die Wangen weisslich braungrau an- geflogen, die ganze Unterseite und Unterflügeldeckfedern weiss, rostgelb überlaufen, ein eigentlicher rothbrauner Nackenfleck fehlt und nur bei einem 2 erstreckt sich die genannte Farbe der re- gio parotica als kaum angedeuteter unzusammenhängender Streif über den stahlblauschwarzen Nacken. (f und J weder in Grösse noch Farbe sonst verschieden. Oben angegebene Maasse habe ich nach 3 und 2 2 zusammengestellt. Die Art scheint fast über das ganze abissinische Hochland verbreitet mit Ausnahme der östlichsten Theile. Ihre Standorte zwischen 6 und 11000'. Während der Regenzeit erscheint sie hier und zieht nach Lefebvre im Februar upd März weg, also nur auf kurze Zeit. Sie lebt, ähnlich ihren meisten Gattungs verwand- ten, gesellschaftlich, lässt sich schon aus weiter Ferne an der be- trächtlichen Grösse, rothbraunem Uropygium und eigenthümlicher Stimme, die sie mit H. habessinica gemein hat, leicht erkennen, ist aber gemeiniglich schwer zu erlegen, weil sie meist ausser- ordentlich hoch streift. Zu Hirunclo ülifera Steph. , habe ich zu bemerken, dass ich erst am Takasseh ein erlegte, das vollkommen ausgebildete äussere Steuerfedern hat; diese messen 3" 8'" und sind äusserst schmal auf der Spitzhälfte. (Die übrige Beschreibung von Adoa aus eingesandt.) Beiträge zur Ornith. N.-O.-Afrika’s. 299 Ob diese Art identisch mit R. Smithii Cranch. , ist aus' der mangelhaften Beschreibung derselben nicht zu ersehen. — Z oster op s eury ophthalma Heugl. Ich habe kurz vor meiner Abreise aus Europa noch das Ma- nuscript zur Publikation einiger hiesiger neuer Arten, darunter dieser, an Ph. L. Sclater in London eingesandt, gebe jedoch, da ich damals nur ein sehr kleines ? zur Beschreibung benutzen konnte, hier kurz die des alten — Z. major, supra virente flava, subtus albida, mento, collo antico, subcaudalibus flavissimis , pec- toris lateribus, hypochondriisque cinereis, macula majore anteocu- lari nigerrima, subalaribus tibiisque (his in fundo cinerascentis) fla- vis ; periophthalmiis niveis ; rectric. et remig. fuliginoso nigris extus ex parte virente flavo marginatis, his basin versus flavente albo- limbatis; rostro nigerrimo, mandibulae basi coerulescente; pedibus coerulescentibus, hypodactylis pallide griseis, iride brunnea. Long. tot 4" 9"' — rostr. a fr. 5'" — caud. 1" 11'" — tars. 8p" — al. 2" 4p". — Die fast rein weisse Grundfarbe der Bauchmitte theils auch gelblich überflogen. Ein sehr lebhafter Yogel, den ich hier und da in Zellemt und Semien auf Oliven und Feigenbäumen antraf. Er flattert ähnlich unsern Laubsängern um die Zweige und lässt zuweilen seinen Lockton, ein volles, tiefes „huid“ hören. Im Ma- gen fand ich ausschliesslich Saamen einer Feigen -Art. Unter- scheidet sich auf den ersten Blick von Z. habessinica. Die an- sehnlichere Grösse (letzterer ist 3" 7p" lang,) der viel schwärzere, kräftigere Schnabel, (bei Z. habessinica blass-fleischfarb) und die Färbung der Unterdeckfedern (bei Z. hob. weiss.) Crateropus melodus Heugl. — Medius, cauda paulo rotundata medio emarginata, totus fusco cinereus, loris nigerrimus, regio ne inguinale et subcaudalibus intense ferrugineis, fronte argentino-cinerea ; remigibus, rectricibus , ulnaque nigris, illis sub- tus fuliginosis, pogoniis externis ex parte delicate argentino lim- batis ; subalaribus griseis, rubente indutis marginem alae versus nigricantibus ; rostro nigro, tomiis mandibulae albido; iride cocci- nea, ciliis liliacinis; tarsis pedibus rubente brunneis. Long. tot. 6" 6— 8"'; rostr. a fr. 6"'; al. 3" 1"'; caud. 3" 2'"; tars. 1"-1" p". Die Männchen scheinen sich durch einen weissliehen Fleck auf der Mitte des Unterleibes von den Weibchen zu unterscheiden. Diese schöne Art lebt paarweise in dichtem Gebüsch und dickbelaubten Hochbäumen zwischen 9000 und 11500' Meeres- 300 Dr. Th. v. Heuglin: höhe in Senden und Woggera und macht sich — obgleich immer unter Laubwerk verborgen, sogleich durch ihren ebenso klang- vollen als lieblichen, dem unseres Sprossers sehr ähnlichen Ge- sang bemerklich. Das § assistirt dem singenden c? durch ein schnarrendes, etwa demLocken der Schilfsänger ähnliches terr-r-r-r. Im Magen fand ich Körner und kleine Beeren, namentlich die dunkelblauen Fruchte einer Gelastrus- Art, die auch die Eu- erem ent e schön veilchenblau färben. Merkwürdig ist die schöne Färbung der Augen gewisser Gra- teropus- Arten; hier und bei G. leucöpygius ist die Iris brennend* hochroth, bei G. leucocephalus schwefelgelb, bei G. cinereus mihi hellperlgrau. Ich gebe hier gelegentlich noch die Beschreibung einer sehr in Färbung aberranten Art vom mittleren Lauf des Bahr el abiad. Crateropus guttcitus nob.: Supra cinerascente rufus, subtus albi- dus, ferrugineo-lavatus ; fronte cinerascente, plumis medio abscu- rioribus; loris, orbitis et rnacula temporali sordide albis; regione parotica fuliginosa, ex parte albo-striolata. Juguli lateribus pec- tore et epigastreo maculis majoribus rotundatis nigro-brunneis; hypochondriis subcaudalibusque dilute rufescente brunneis, illis nigricante striolatis; uropygio caudaque intense ferrugineis; re- migibus basi ferrugineis apice fuliginosis, ex parte ferrugineo- limbatis; subalaribus albidis maculis nonnullis longitudinalibus fuscis. Bostro nigro, pedibus fuscis, iride castanea. — Long. tot. 6£"; rostr. a fr. 6*"'; al. 3" J'"; caud. 3"; tars. J I" 8'". Der Schwanz etwas gerundet, die Steuer- und grossen Flü- geldeckfedern zeigen eine feine Querstreifung, die Stirnfedern nach der Spitze zu sehr verschmälert und etwas steif, hornartig wie bei G. plebejus und dem ihm verwandten G. cinereus mihi, G. limbatus Harris. G . cinereus mihi. Dilute cinerascente brunneus, subtus palli- dior, pileo et gutture argentino einereis, plumis medio nigricante striolatis, gutturis et pectoris plumis macula parva apicali alba no- tatis et ex parte albido-marginatis; remigibus et rectricibus fuli- ginoso brunneis, his vix chocolatino indutis, subalaribus rufescente cinereis; uropygio cinerascente; rostro nigerrimo, iride dilute ci- nerea, pedibus fuscis. Long. tot. 9"; rostr. a fr. 9"'; al. 3" 9"'; caud. 3" 8'"; tars. 1" 1"'. Gesellschaftlich längs des Bahr el abiad zwischen 10 u. 5° N. Br. Ueber eine weitere neue, dem Riippellschen G. rubiginosus Beiträge zur Ornith. N.-O.-Afrika’s. »301 etwas verwandte Species vom obern weissen Nil, C. rufescens mihi, fehlen mir im Augenblick die nöthigen Notizen zur Publika- tion. Letztgenannte schliessen sich sehr innig an Sphenura squamiceps und Sph. acaciae an. Auch gehört Drymophila habes- sinica Rüpp. ihrer ganzen äussern Erscheinung nach eher hier- her als zu Aedon. Tchitrea Ferreti Guer. — Rev. zool. 1843 p. 162. Schon ehe ich Guerins oben citirte Publicationen kannte, war mir aufgefallen, dass die N. 0. afr. Tchitreen nicht recht auf die Beschreibungen von Tch. melanogastra u. cristata passen wollten, jetzt stellte ich wieder Vergleichungen an, und bin vollkommen von der spezif. Verschiedenheit zwischen Tch. Ferreti und mela- nogastra überzeugt. Beide gleichen sich namentlich in der Fär- bung des Kopfes und der Oberseite, der Unterleib ist dunkel aschgrau, die untern Schwanzdecken dagegen schmutzig weiss in’s Graue, die obern braunroth, theilweise schwarz und weiss gescheckt, die Unterflügeldeckfedern grau? ebenfalls weislich gefleckt, gegen die Ulna hin stahlblau bis schwarz, Schnabel und Füsse blei-blau, Mundwinkel und Augenring glänzend violett blau; Rachen gelb, Iris braun. Long. tot. ad. ap. rectricum intermed. 14 al. 3" 4'"; tars 6'"; rectr. prima 3" 2"';rectr. intermedia 12" 2"'; rostr. a fr. 6"'. Eigentümlich ist der Wechsel der zimmet-rothen Farbe des Rückens und Schwanzes in Weiss; doch glaube ich nur zur Re- genzeit Exemplare, und nur Männchen, gesehen zu haben, bei de- nen diese Abänderung vorkommt; die 2 sehr langen mittleren Steuerfedern sind dagegen meist weiss, mit schwarzen Schäften, aber nur dann, wenn sie ihre Normal-Länge ganz oder fast er- reicht haben. Nördlichstes Vorkommen in N.-O -Afrika etwa 16° N. ; Stand- orte zwischen 1000 — 10000'. Dem kleinern g fehlt der breite weisse Spiegel der Flügeldeck- federn und die mittleren Schwanzfedern sind verhältnissmässig wenig verlängert und immer braunroth. Ob M. cristata vom obe- ren Bahr el Abiad, Defilip. in Collect. Brun-Rollet? Nach Lefebvre käme Rhipiclura pespicillata Vieill. und Musci- capa pistrinasia Vieill. um Gondar und in Schireh vor!! Mus cicapa minima Heugl. Minima, supra fuscescente cinerea; fronte, loris, ciliis, gastreoque sordide albidis; lateribus colli, pectore, hypochondriis subalari- busque cinereo-fulvescente indutis; remigibus et rectricibus fuligi- 302 Dr. Th. y. Heugiin: nosis illis intus basin versus fulvis; tectric. alarum et rectrici- bus extus et apice ochraceo limbatis; rostro depresso lato nigro basi coerulescente carnicolore, ped. coeruleseente nigricantibus ; iride brunnea. — Long. tot. 4" 3'"; rostr. a fr. 3" 2'"; tars. 5'"; al 2" 4p"; caud. 2" 10*'" Dieses niedliche Vögelchen, ein allerliebster und fleissiger Sänger, lebt in dichtem Buschwerk paarweise in Central-Abissi- nien und Tigreh; ich fand ihn zwischen 4 und 9000/ Meereshöhe, meist in Thälern und Schluchten. Er hat, wie viele Fliegenfän- ger, seinen bestimmten Ruhe- oder Lauer- Platz auf einem dür- ren kahlen Zweig, von dem er auffliegt um eine Fliege zu er- haschen, was ebenfalls mit einem klappenden Geräusch des Schna- bels geschieht. Dort ist auch sein Standpunkt für Gesangübun- gen, zuweilen hüpft er auch in Gebüschen von Zweig zu Zweig, und schmatzt dazu wie ein Schilfsänger. M. Lais Hempr. u. Ehr. aus Dongola (Ambukol) ist mir nie vorgekommen, sie scheint doch der M. parva sehr nahe zu stehen. Das Schwingenverhältniss meiner neuen Art ist ähnlich dem von M. parva , und verschieden vom Subgenus Alseonax Caban. y der Schnabel aber breiter als bei M. parva , die Bartborsten dicht, steif und sehr entwickelt; der Schwanz etwas ausgerandet. Zu den Dicrurinae und Melaenornis. Die Dicrurinae N.-O.-Afrika’s im Allgemeinen scheinen mir sehr einer genaueren Prüfung zu bedürfen. Jch kenne mit Sicherheit nur zwei Arten eigentlicher Dicrurus: j 1. Dicrurus lugubris Ehr., der namentlich in baumreichen Ge- genden südlich vom 16° N. überall zwischen 1000 und etwa 10000' Meereshöhe vorkommt, südwärts bis in die Somali-Länder. 2. D. erythrophthalmos Herzog P. von Würtemberg, aus Fezogl, Kamamil, Schangol, etc. etc. mit dem nach Hartlaub der W. afrikanische D. modestus Hartl, nahe verwandt ist. Ausserdem führen einige Autoren auf: 3. D macrocercus Vieill. nach Lefeb. Ois. p. 102, am Bahr el Abiad. 4. D. aculeatus Cass. Aus Fazogl. — Nahe verwandt mit dem westlichen und capischen D. musicus Vieill. 5. D. divaricatus Licht. Aus Sennaar und Kordofan, (Lichtenst. Strickl. u. Cabanis) — Strickl. (Coli. Petherick) citirt übrigens als Syn. hierzu : D. lugubris Ehr.? 6. D. emarginatus Licht. Im Leydner Museum aus „Nubien“ | als Edolius emarginatus Tem. • • Beiträge zur Ornitli. N.-O.-Afrika’s. 303 Yon Melaenornis- Arten finden sich: Melaenornis edolioides. Aus Schoa (Rüpp.) Bell auch in Sennaar und Abissinien Vorkommen. Hartl. Syst. W. Afr. p. 102. — Melaenornis nigerrima Herz, von Würtemberg. = M. lugubris v. Müller, — M. melas Heugl. Yom Herzog Paul v. Würtemberg in Fazogl. entdeckt, von mir in der Kolla Central- Abissiniens und am Mareb gefunden. Das v. Müllersche Orig. ExempL stammt aus einer Schimperschen Sammlung aus Tigreh, wohl auch vom Mareb. Die Iris ist im- mer schön schwefelgelb, wie schon Herzog Paul beobachtet hat, und nicht braun, (v. Müller.) 3. Melaenornis intermedia Heu gl. Beim Uebergang unserer Expedition über den Takasseh er- legte ich eine der vorhergehenden ähnliche, jedoch etwas grössere Art mit brauner Iris und gerundetem Schwanz, kräftigen Yibris- sen, und grauen, langen Unterflügeldeckfedern. M. schistaceo niger; cauda et alarum tectricibus majoribus nigris ; remigibus primariis intus basin versus albido marginatis ; subcaudalibus tribiaeque plumis apice limbo albicante; subalarum longioribus griseis, distincte nigro -marginatis, reliquis schistaceo nigris. Cauda vix elongata, rotundata delicate fasciolata; rostro et pedibus nigricantibus ; iride brunnea. — Long. tot. 7" 5'"; rostr. a fr. 6'"; al 3f"; caud. 3" 6"f; tars. 9p". Diese Art hielt sich, so viel ich beobachten konnte, niedri- ger als D. lugubris , (der vorzugsweise gern die dürren höchsten Aeste von grossen Bäumen, namentlich von Tamarinden liebt,) und scheint nur einzeln und paarweise vorzukommen. Zu den Fringilliden habe ich wenig zu bemerken, da die buntfarbigen Hyphantornis, Euplectes, Goliuspasser , etc. etc. jetzt seit der Regenzeit ihr Prachtbild abgelegt haben, ist mir vielleicht manches aus dieser Gattung entgangen. Die Hyphantornis sind meist Tieflands- Yögel, H. larvata Rüpp. traf ich übrigens noch auf etwa 8500', H. Guerini noch höher; Euplectes Petiti und igni- color gehen höchstens auf 7500'; E. xanthomelas und E. stictus mihi (conf. Hartl. W. Afrika p. 129,) nur auf 8500 — 11000'. — - Die Standorte von Goliuspasser , die, beiläufig gesagt, vorzüglich und oft in immensen Flügen im Schilf (Arundo donax) und Gype - rws-Dickichten leben, scheinen zwischen 5 und 8000' zu sein. Ich habe auch keine der abissinischen Arten im Nilthal ge« 304 Dr. Th. v. Heuglin: fanden, wohl aber eine neue vom Sobat und weissen Nil: C.phoe- niceus (totus niger, scapularibus laete aurantiaco-rubris ; rectrici- bus latis valde elongatis.) Die Vidua-Ai'tew sind nur im Tiefland, höchstens bis 6 und 7000' herauf. Estrelda cinerea und ihre nächsten Verwandten fanden wir zwischen 1000 und 8000'; ebenso Lagonosticta larvata , L. mini- ma vom Meer bis Ö000', ungefähr ebenso Uraeginthus phoenicotis7 Estrelda Ernesti 11. von 4 — 10000', in Semien bis in die Gränze der Erica , Hypochera ultramarina bis gegen 8000'. Serinus strio- latus Rpp. ( Pyrrh . striolata Rpp.) Citrinella nigriceps, Poliospiza tristriata bis zur Eisgränze, Citnnella citrinelloides Rpp. nicht hö- her als 8000' wo auch die höchste Gränze von Passer Swainso- nii und Poliospiza xanthopyga zu suchen sein durfte; die Pytelien leben im Tiefland bis zu 6000'. Die Angabe Lefebvres über das Vorkommen vom Amadina sanguinolenta Tem. und A. erythrocephala Lin. um Adoa, dürfte wohl auf einem Irrthum beruhen. Merkwürdig ist, dass dieser Reisende Grithagra chrysopyga Swains., mit der wohl seine Frin- gilla batyriaca Gml. und meine F. aurifrons (v. Heugl. Syst, Uebers. No. 412) zusammenfallen, in Haramat und Semien einsammelte. Als Fundorte dieses Vogels bezeichnet Hartlaub: Bourbon, Ma- dagascar, Mauritius, Mossambique, St. Helena, Cap Coast, Sene- gambien, in N.-O.-Afrika wäre er in Abissinien u. O. Sennaar! Von Ammern fiel mir im Hochland nur Fringillaria septem- striata auf. Standort 1000 — 8000', und Glycispina hortulana, die den Winter über in ganz Abissinien gemein ist; von Lerchen Alauda cristata, vom Meer bis an 12000'; Megalophonus rußceps Rpp., ein ebenso lieblicher Sänger von 5500— über 10000'; Cora- phites leucotis trafen wir einmal in Zellemt, auf etwa 8000'. Colins leucotis lebt zwischen 2 und 10000', den C. senegalen - sis Gm. fanden wir nur um Adoa, Lefebvre auch C. capensisll Buphaga erythrorhyncha fehlt in Abissinien nirgends bis auf die Höhen derPlateaux von Semien und Woggera. Buceros erythrorliyn - chusmA wasate (hierher glaube ich aber bestimmt den P. poecilorhyn- chus als 1 jähr. Vogel rechnen zu dürfen), kommen wohl nicht höher als 6000'; B. limbatus auf 10 — 11000', B. habessinicus nicht viel niedriger, B. flavirostris und cristatus sind mehr im Süden Abis- siniens, Letzterer bis Schoa^ Ersterer bis zu den Somali-Ländern gehend. Aus der Ordnung der Klettei Vögel habe ich verhältniss- Beiträge zur Ornithologie N-Ö-Afrikas. 305 mässig im Gebirg wenig Erhebliches gesehen. Picus Hemprichii ist noch häufig auf 9 — 10000'; P. habessinicus bis in die Woina Deqa; den schönen lynx aequatorialis Rüpp. traf ich zweimal auf der Hochebene von Woggera, von Bartvögeln Pogonias Brucei und undatus bis zur Woina Deqa, ersteren etwas über 8000'. Psitta - culus Tarantae ist auf den Plateaux von Woggera keine Selten- heit, Palaeornis cubicularis nur Tiefland-Vogel, dagegen fand ich zwischen dem Takasseh auf etwa 8000', eine oder besser wohl zwei Arten von Phaecocephalus, von denen ich vermuthe, dass sie nicht bei Ph. Mayeri Rüpp. unterzubringen sind, von welch letz- terem ich keine Beschreibung bei Händen habe. 1. Ph. pileo, loris et genis pallide sed laete flavis, collo, pec- tore, interscapulio, alarum tectricibus et subalaribus olivaceo fus- cis, plumis omnibus late et nitide psittacino-viridi marginatis, ven- tre, uropygio, tectricibusque caudae superioribus et interioribus uni- colore nitidissime psittacino-viridibus ; remigibus et rectricibus ob- scure fuscis, his apicibus versus nitore nonnullo vierscente ; rostro graciliore albido, maxilla paullo obscuriore. Long. tot. 10"; rostr. a fr, 1"; al. 6" 3'"; caud. 3" 2'"; tars. 6-7'".— Sexus leider nicht bekannt, da die Etiquette verloren ging. 2. Ph. capite supra, genis, loris, apicibusque plumarum ulnae pallide citreis, collo antico , interscapulio , tectric. alarum et sub- alaribus in fundo fusco psittacino-viride indutis, marginibus plu- marum ex parte malachitino resplendentibus ; uropygio, ventre, ti- biis hypochondriisque laete beryllinis, nitore ultramarino. Subcaudalibus in fundo flavo psittacino-viridibus; remigibus rectricibusque iusco nigri cantibus, margine externo (his etiam apice) viride indutis. Maxilla coeruleo- mandibula unguinibusque pallide corneis, pedibus coeruleo-fuscis, periophthalmiis nudis nigris, iride brunneo rubra , ceromata fusca, rostro rubustiore ; praecedenti paulo minor. Long. tot. 9"; rostr. a fr. 1" 1"'; al. 6"; caud. 3"; tars. 7 — 8"'. Die Weichtheile von No. 1. im Uebrigen ganz wie bei No. 2. Der ganz gelbe Kopf der zweiten Art veranlasste mich — da ich solchen bei Ph. Mayeri nie gesehen hatte, viel Jagd auf die- se Vögel zu machen, deren auffallend glänzendes Gefieder schon sie vor den trübgrauen Farben der letzteren Art sehr vortrefflich auszeichnet; aber ohne Vergleichung, die ich hier nicht vorneh- men kann, wage ich nicht ein Urtheil über mögliche Art- Selbst- ständigkeit meiner Vögel von Takasseh u. Ataba zu geben. No. I. Journ, f. Ornith,, X. J&hrg, Nr. 58, Juli 1862. 20 306 Dr. Th. v. Heuglin: Beiträge z. Ornith. N.-O.-Afrika’s. scheint mit dem Rüpp eis chen Ph. flavifrons aus Schoa nahe verwandt, gegen specifische Verschiedenheit zwischen ihm und No. 2 spricht aber der Umstand, dass beide zusammen vorzukommen scheinen. Von Tauben-Arten ist bereits die Rede gewesen. Aplopelia bronzina Rüpp. kommt, nach Lefebvre, auch bei Adoa und in Bellesa vor, C. albitorques und arquatricula sind theils Bewohner von Häusern und Kirchen in Abissinien. Streptopelia semitorquata Rüpp. ist von der Meerküste bis auf 8000 — 9000'. Sie geht noch nördlich bis 21° N. B. in Don- gola und Sanakin. Oena capensis kommt im Gebirg bis auf 8000' herauf, wie auch Chalcopelia afra. Trotz aller Mühe ist es mir bis jetzt nicht gelungen, die von Lefebvre erwähnten C. larvata Temm. und C phasianella (ohne Autor) zu finden, oder sollte erstere zu bronzina gehören? Francolinus Erkelii und gutturalis gehören zu den Bewohnern der höchsten Gebirge Abissiniens, auch F. Rüppellii und Ptilopachys ventralis fand ich noch auf etwa 7 — 8000'; Numida wenig tiefer, Pternistes rubricollis ist nur Küsten- Vogel. Von Sandhühnern kommen bei Axum die schöne Pteroocles gutturalis Smith., am Takasseh Pt. Lichtensteinii vor. In Woggera u. Semiön habe ich nie einen Pterocles gesehen, dagegen Wach- teln bis zu 10000'. Otis melanogaster y häufig am Tana-See, geht bei Axum auf 8000'. An Sumpf und Wasservögeln ist das Gebirgsland arm, Eulabe - ’ ornis habessinica ist uns nie unter 6000', aber bis zu 11 u. 12000' in Semiön, Bernicla cyanoptera nur bei Axum und auf den Sümpfen von Woggera (sie soll auch in Enderta sein) zwischen 8 u. 9000' Meereshöhe zu Gesicht gekommen. Ebenso hoch gehen Podiceps minoTy Anas er ec ca, ßavirostris und sparsa, wolil auch Gallimda chlor opus, Oedicnemus crepitans sah ich noch auf beiläufig 6500'; Vanellus melanopterus zwischen 5000 u. 10500', Lobivanellus sene- galensis in der Kolla etwa bis 5500' aufwärts, L. melanocephalus nur auf 9 — 10000 ' , Hoplopterus spinosus u. Sarkiophorus pileaUts höchstens auf 3 — 5000'. Aegialites cinereicollis Heugl. zwischen 500 — 8000', Totanus glareola , ochropus u. hypoleucos bis 10000'; Ibis caruncu- lata u. comata vom Meer bis 1 1 000', erstere vielleicht noch höher. Von europäischen Zugvögeln trafen wir im December im Hoch- land Turdus cyanus und saxatilisy Cyanecula suecicay Motacilla sul - Prof. Sundevall : Bemerkungn und Berichtigungen. 307 furea, alba und Budytes flavus und melanocephalus, Emberiza hor- tulana , einige Anthus-Axteix, Sylvia rufa, die Wachtel, die schon erwähnten Strandläufer, Anas crecca und querquedula , Anas ny- roca , ferina und strepera, (A. clypeata, Podiceps minor , Gallinula chloropus scheinen Standvögel, wohl auch Totanus hypoleucos u. Falco tinnunculus ,) Ruticilla , Scolopax gallinago ; dagegen keine europäische Schwalbe, Kuckuk, Oriolus , Caprimulgus. Gon dar, den 24. Januar 1862. Literarische Berichte. Bemerkungen und Berichtigungen zu dem Berichte: „Ueber Sundevall’s or nitholo gisches System.“ in diesem Journal, Jahrg. 1861, Seite 350 und ff. Kürzlich erhielt ich das V. Heft für 1861 dieses Journales und fand darin den Bericht von Herrn Albrecht über meine Versuche in der Systematik der Vögel, mit Auszügen meiner Arbeit über „Svenska Foglarna.“ Es ist mir gewiss sehr schmei- chelhaft, dass diese, ausser dem Vaterlande vollkommen unbe- kannten Schriften der Erwähnung werth befunden wurden, wie auch dass sich der Herr Berichterstatter so viele Mühe damit gege- ben und diess auf eine für mich so freundlich wohlwollende Weise gethan hat. Doch muss ich dem Herrn Albrecht wegen eini- ger ganz unrichtiger Uebersetzungen und Meinungen, die er mir offenbar nur durch ungenügende Kenntniss der schwedischen Sprache in den Mund gelegt hat, leider in einigen Punkten be- richtigend entgegentreten. Ohnehin enthält die Abhandlung viele Druck- oder Schreibfehler, deren wesentlichste Berichtigungen wünschens werth erscheinen. Ich will mich nicht lange dabei aufhalten dass ich beschuldigt werde, alle Wichtigkeit der inneren Theile und besonders der Singmuskeln zu verneinen. Ich hoffe doch, das Unzutreffende die- ser Behauptung im Allgemeinen erwiesen zu haben. Aber der Satz wird richtig, wenn man nur die Worte: „für zoologische Charaktere oder Kennzeichen“ hinzufügt; d. h. in Schemen und Aufstellungen ; denn von Anderem kann hier nicht die Rede sein. Ich meine noch immer, dass die innern Theile dazu nicht benutzt 20* 308 Prof. Sundevall: Bemerkungen z. d. Berichte werden können, weil diese nicht leicht und überhaupt nicht an den ausgestopften Exemplaren der Sammlungen untersucht wer- den können, folglich fast immer oder sehr oft bei den ausländi- schen seltneren Formen, ganz unbekannt sind. Die Ornithologen, oder Zoologen, welche alle Gattungen und alle deren Formen- verhältnisse kennen, haben gewiss nicht Charaktere oder Kenn- zeichen nöthig; aber nur Wenige sind so glücklich und so kennt- nissreich. Den Meisten glaube ich, ergeht es wie mir selbst, der ich noch, nach 40jährigen zoologischen Studien, sehr oft gute äussere Charaktere für sehr willkommen und nützlich, selbst für nöthig halte und gar nicht mit Charakteren Von inneren, und viel- leicht Niemandem zugänglichen Theilen, befriedigt bin. Ich denke es liegt doch einige Wichtigkeit in der Kenntniss der äusseren Theile und daraus müssen die äusseren Charaktere, oft mit vie- ler Mühe entnommen werden. Aber dies hindert Niemanden alle möglichen Merkwürdigkeiten des innern Baues bei Beschreibung einer Art, Gattung, Familie oder grösseren Gruppe zu erwähnen, und deren Wichtigkeit für die Erkennung der Affinität m. m. aus- zulegen. Wie soll man endlich die Gattungen kennen lernen, wenn man innere und unbekannte Theile, in der Diagnostik für äussere und allen zugängliche substituirt. Wie würde sich z. B. ein Gattungscharakter für das Genus Euphorie ausnehmen, der nur den unvollkommenen Muskelmagen erwähnte, den Lund vor etwa 30 Jahren in einer Art entdeckte, den wohl wenige seitdem gesehen haben, der aber nicht immer so unvollkommen ist. Mir scheint es besser die Formen des Schnabels, der Flügel u. s. w. als Charaktere zu benutzen und dann den sonderbaren Magen zu beschreiben, soweit man ihn kennt. Ganz so mit Singmuskelapa- rat und hintererer Laufbekleidung. Unsere Kenntniss der letz- teren ist vollständig; die des ersteren noch sehr lückenhaft. Wenn ich daher sage, dass ich nach den Singmuskeln ein theile, so ist dies oft doch nicht wahr; denn in allen den Fällen, wo ich den Singmuskelapparat nicht kenne, muss ich doch nach den Füssen urtheilen und es könnte leicht der Fall eintreten, dass in einigen Formen, wie bei den Lerchen, die beiden Charaktere nicht über- einstimmen. Ebenso ist es mit meiner eigenen Entdeckung, dass der Flexor hallucis longus bei allen von mir untersuchten Pas- ser es mit oder ohne Singapparat, von den Flexoren der übrigen Zehen ganz frei ist, aber bei allen übrigen Yögeln mit diesen verbunden. Auch dies nehme ich nicht als zoologisches Kenn- „Ueber Sundevall’s ornithologisches System.“ 309 Zeichen, sondern nur die entsprechende äussere Form der Hin- terzehe. Wohl schon zuviel habe ich über diesen Gegenstand gesagt, den doch jeder, der nicht allzu gelehrt ist, gut verstehen und richtig würdigen wird. Ich muss zu den anderweitigen Berichti- gungen übergehen und beschränke mich auf die wichtigsten, in- dem ich die kleineren Druckfehler etc. wie z. B. in den 6 Bü- chertiteln und Citaten zu Anfänge, Seite 350, übergehe.) Seite 350, Zeile 5 — 7. Ich habe nicht das Verhältnis der hinteren Fussschilder entdeckt, und immer die Arbeiten Anderer darüber angegeben (wie Sv. Foglarna p. 10, 2te Spalte.) Ibid. Zeile 9—12. Ich habe immer gesucht, Linnd’s Regel zu befolgen: „Genus dabit characterem, nec vice versa,“ und stelle nur das als Charakter (Kennzeichen) auf, was ich selbst vollstän- dig kenne und was von einem jeden untersucht werden kann. Seite 35 J, Z. 11, von unten steht: „auf ihren Wanderungen“ muss aber, um mit meinen Ansichten zusammenzutrelfen, gelesen werden: „und zu Wanderungen.“ Seite 353, Zeile 10. steht: „eine starke Klaue,“ aber es ist wesentlich, dass diese Klaue (die hintere) bei den Singvögeln (oder richtiger Passeres od. Oscines mit und ohne Singmuskeln) stärker als die übrigen Krallen ist. Ibid. gerade in der Mitte muss etwa so verbessert werden: Sundevall sieht als die höchsten Vögel die an, welche Handschwin- gen haben, von denen die lste sehr klein ist, ungefähr wie die daneben liegenden Deckfedern. (Vergl. Sv. Foglarna, pag. 9, am Ende der ersten Spalte.) Meine Ansicht über die Flügel mit nur 9 Handschwingen steht daselbst, theils p. 38. gegen Ende der ersten Spalte. Ich be- trachte dies als überbildet oder als ein Zurücktreten, wie der Ver- lust von Haaren oder Zähnen bei alten Thieren. S. 354. in der Mitte: Die zwei Reihen der Oscines sind nur durch die Bekleidung der Hinter seite (Sohle)! des Laufs cha- rakterisirt, wie dies Cabanis auseinandergesetzt hat. Ibid. Z. 4 v. o. und Z. 10 v. u. Die dort gemachten Vor- würfe können gern bis auf Weiteres ohne Antwort bleiben. S. 355, Cohors 1 : Dessen Kennzeichen ist, dass die Tomien des Unterkiefers nach hinten sehr hoch aufsteigend, stark, schnei- dend, (aber nicht immer „spitz“) und gegeneinander eingebogen sind, was am allerbesten verstanden wird, wenn man den geö-ff- 310 Prof. Sundevall: Bemerkungen z. d. Berichte neten Schnabel einer Fringilla oder Emberiza betrachtet. Der Ausdruck, dass diese Tomien (Kanten, Schneiden,) „oft einige kürzere Falten, flik-plica, bilden,“ ist etwas ganz Missverstande- nes und kommt daher, dass im Originale (pag. 14 unter Cohors I) gesagt wird, dieselben seien oft wie ein Lappen geformt. Ibid. Cohors 2: steht „Zehe“ für Klaue. Die Klauen sind zusammengedrückt aber nicht besonders „nach oben gerich- tet.“ Auch in dem folgenden ist das Wort: „zusammen ge- drückt^ mit „aufgehoben“ oder „aufrecht“ übersetzt, wie z. B. S. 369, Drosselgeschlecht, 1. Zeile: „aufrechtem Schna- bel“ für „zusammengedrücktem Schnabel.“ Ibid. Cohors 3.: Ganz dieselben beiden Fehler: „Zehe“ für „Klaue“ und „nach oben gerichtet“ für „zusammengedrückt“. In der hier gegebenen Beschreibung der Schiefheit der Mit- telklaue muss man: „die innere Kante“ lesen. Wie dort steht, im Plural, wird die Beschreibung widersinnig. Ibid. Cohors 5: Die Erwähnung der Nasenlöcher ist ganz verkehrt, die Stelle muss so lauten: Kinnwinkel vor den Nasen- löchern (zuweilen wenig, aber immer deutlich) ausgezogen. Er erstreckt sich weiter als die Nasenlöcher gegen die Schnabel- spitze hin. S. 356, Farn. 1, steht: Hintere Armfeder „bei aufgerich- tetem Flügel über die Flügelspitze“ reichend. Der schwe- dische Text hat: Hintere Armfeder, „bei zusammen gelegtem Flügel, gegen die Flügelspitze“ hinausreichend. Ibid. Fringillifo7'mes , steht: Schnabel statt Unterkiefer. (Ver- gleiche die Berichtigung S. 355. Cohors 1.) Ibid. Z. 3 v. u.: Die Schwanzfedern von Loxia werden als zwei statt zwölf angegeben. S. 362: „l)a“ sollte nur a sein, steht: „vor den Nasenbei- nen“ statt: vor den Nasenlöchern. Ibid. no. 18.: Das Wort Elf bedeutet Fluss (Elbe) und nicht „Meerbusen.“ Die dortige Uebersetzung (Emberiza citrinella) ist, wie Jedermann sieht, zu Anfänge und am Ende ganz verunglückt. S. 368, Z. 14 v. u. ganz unrichtig. Ich betrachte, wie Glo- ger , die Motacilla melanocephala Licht, nicht als „besondere Art,“ sondern nur als „eine etwas mehr abweichende Form von M. flava.“ (Sv. Foglarna p. 46, am Ende der 3. Spalte.) S. 369. Z. 9.: „Nasenlöcher oberhalb gelb“ findet sich nicht im Originale, und in der folgenden Zeile muss man lesen: „Ueber Sundevall’s ornithologisches System.“ 311 „Nur wenige Arten entbehren die Borsten (vibrissae) an den Mundwinkeln.“ S. 371 am Ende der Abhandlung von Turdus varius: „die drei Exemplare“ sind von mir (Sv. Foglarna p. 53.) ganz unbe- stimmt angegeben : „vielleicht der vorige od. T. malayanus“ S. 373 in der Mitte: Der Gattungsname Luscinia ist nicht von mir gegeben sondern wird von mir (Sv. Fogl. 59, Note) als von Linnd im Syst. Nat. 1735 gegeben angeführt. Es ist. da ge- wiss nicht die Rede von einer „Sylvia luscinia“ sondern schlecht hin von der Gattung „Luscinia“ Aber die in Italien gewöhnliche IArt habe ich Luscinia vera genannt, weil alle früheren Namen unmöglich gemacht sind. S. 376, Sylvia abietina: nistet um 63° lat., ist aber von Nil- son, als am Polarkreise gesehen, angegeben. Anmerkung. Diese Art soll eigentlich S. collybita heissen; denn dieser Name, (der in Sv. Fogl. unter den Synonymen, pag. 68 steht,) ist der älteste, von Vieillot schon im Dictionnaire . . . gegeben, wie ich später bemerkt habe. Unter den unrichtig geschriebenen Namen will ich nur fol- gende anmerken: S. 361, no. 15, steht Fringilla montana statt F. domestica. S. 364, unter der Mitte, zu lesen: Die Gattung Chdronomus. , S. 372, Z. 4: Buskärla. (Das ist Gebüsch-Stelze; wie Bachstelze.) Ibid. no. 39, zu lesen: rubecula. S. 376, no. 51 : „S. hypolais.“ Ich habe eben eine Anmerkung, (Sv. Fogl. pag. 68, Note) beigefügt, dass dieser Name hypolais geschrieben werden muss. So schrieb ihn auch Gloger nach den alten Autoren. Stockholm, im März 1862. Prof. C. J. Sundevall. Briefliche Jtlittheilungen, Oecono- misches und Feuilleton. Das natnrhistorische Museum der Otto’s-Universität zu Athen. Yon Dr. Th. Krüper. Bei meinem vierjährigen Aufenthalte in Griechenland hatte ich Gelegenheit, das natur historische Museum zu Athen näher ken- / 312 Dr. Krüper: Das naturhistorische nen zu lernen. In den folgenden Zeilen werde ich versuchen, die Entstehung desselben, die Einrichtungen, sowie den jetzigen Inhalt mitzutheilen, damit dieses Institut, welches für die Wissen- schaft vielen Nutzen zu bringen verspricht, allen Naturforschern bekannt wird. Im Jahre 1836 bildete sich in Athen eine naturhistorische Gesellschaft, welche durch die Beiträge der Mitglieder, einen jähr- j liehen Geldzuschuss Sr. Maj. des Königs und eine kleine Unter- stützung von der Regierung nach und nach ein kleines naturhi- storisches Museum errichtete, dessen ornithologische und mine- ralogisch-geologische Sammlungen die ansehnlichsten waren. Die Anlegung der ersteren verdankt sie besonders dem Eifer des Dr. Lindermayer. Als später • — besonders vom Jahre 1843 an, wo die meisten deutschen Mitglieder Griechenland verliessen, — die Beiträge nicht mehr gezahlt wurden, und das Interesse für die Naturwissenschaften sich überhaupt verminderte, geriethen die Sammlungen der Gesellschaft aus Mangel an Mitteln und passen- dem Personal zur Conservation derselben, nach und nach in gänz- lichen Y erfall. Aus dem gemietheten Lokale wurden sie endlich im Jahre 1850 in der grossen Aula der Universität provisorisch aufgenommen und standen von nun an nur noch unter der Auf- sicht eines alten Invaliden und Dieners der Gesellschaft. Im Jahre 1858, auf Anregung des damaligen hochverdienten Cultusministers Christopoulos und mehrerer Professoren der Uni- versität fasste die Gesellschaft im Mai in einer Plenarsitzung den Entschluss, alle ihre naturhistorischen Sammlungen (mit Ausnahme jedoch der kleinen Bibliothek) der Universität für immer zu schen- ken, unter der Bedingung, dass die Universität eine Direktion ernenne, das nöthige Personal anstelle und für Erhaltung und Be- reicherung derselben fernerhin aus eignen Mitteln sorge, ferner, dass den Mitgliedern der Gesellschaft freier Gebrauch der, Sam- lungen für immer gestattet bleibe. Der akademische Senat nahm die Schenkung unter den bezeichneten Bedingungen an und er- nannte eine Commission, bestehend aus den Herren Professor Mitzopoulos, Th. Orphanides und Th. v. Heldreich, zur Ausarbei- tung eines Reglements (xarorMT/idg) des Museums. Nach kurzer Zeit wurde das Reglement dem Cultusministerium zur Genehmi- gung übergeben und von diesem auch mit wenigen Modifikatio- nen angenommen und bereits am 17. August 1858 durch Aller- höchsten Befehl zum Gesetz erhoben und als solches publicirt. Nach diesem Reglement besteht die Direktion ( öisvövraic) des Museums aus 2 Ephoren und einem General -Conservator (yenxög fnitteÄrjTtjc.) Ephoren sind die jedesmaligen Professoren der Zoologie, Mineralogie, Geologie und Botanik, und werden, sowie der Conservator vom Könige ernannt. Gehalt bezieht nur der Conservator. Sie sind verantwortlich und unterschreiben ge- meinschaftlich die Rescripte des Museums. Behufs der innern Verwaltung und der Arbeiten des Museums handelt indess jeder Museum der Otto’s Universität zu Athen. 313 Ephor unabhängig vom andern in seiner Abtheilung, stets jedoch in Gemeinschaft und mit Zustimmung des Conservators. Ausser den Mitgliedern der Direction ernennt das Cultusmi- nisterium auf Vorschlag des akademischen Senats und der Di- rection des Museums das übrige Personal, bestehend aus wenig- stens einem Präparator (TotQtxeinrjg) und einem Aufwärter oder Portier (yvla'S.) Im September 1858 wurde durch Königl. Dekret die Direc- tion des neuen Museums ernannt: Herr Prof. Mitzopoulos als Ephoros der Zoologischen, mineralogischen und geologischen, Herr Prof. Th. Orphanides als Ephoros der botanischen Abtheilung, Herr Th. v. Heldreich als General-Conservator. Später wurden durch Ministerialerlass bestätigt: G. Guicciardi (aus Mailand) als erster Präparator und A. Leontopoulos als Aufwärter des Museums. Die Gehalte und die übrigen Ausgaben des Museums bestrei- tet, wie oben angegeben, die Otto’s-Universität aus ihren eigenen Capitalien, wozu die Regierung vorläufig nur einen geringen jähr- lichen Beitrag bewilligt. Die Dotation belief sich im ersten Jahre 1859 auf 9140 Drachmen, wovon 4020 Drachmen für Gehalte des Personals nöthig waren; jetzt im Jahre 1861 beläuft sich die Do- tation auf 10640 Drachmen, wovon wiederum 4140 Drachmen für Gehalte abgerechnet, 6500 Drachmen (circa 1550 Thal er Preuss. C.) für Ankäufe und Bestreitung aller übrigen Bedürfnisse, Transport- spesen, Schränke, ausserordentliche Gehülfen etc. etc. übrig blei- ben. Möge doch bald die griechische Regierung den Bestrebun- gen der jungen Universität zu Hülfe kommen! — An litterari sehen Hülfsmitteln besitzt das Museum eine kleine im Entstehen be- griffene und grösstentheils aus Geschenken bestehende Bibliothek; die öffentliche und Universitäts-Bibliothek, deren naturhistorische Abtheilung erst neuerlich durch die vom seeligen Dr. J. R. Roth derselben vermachten Bibliothek besonders an entomologischen und molacozoologischen Büchern bereichert wurde, hat nur sehr wenig ornithologische Werke aufzuweisen. Schliesslich sind noch diejenigen Gönner des Museums na- mentlich zu erwähnen, die demselben bedeutende Geschenke ge- macht haben. Zuerst der verstorbene griechische Consul in Petersburg Herr Charit off, der eine reichhaltige werthvolle Sammlung russischer Mineralien schenkte. Herr Carron de Villards — leider gestorhen 1860, — der eine grosse Zahl Vogelbälge und Insekten aus Brasilien gab. König Otto verlieh ihm für diese Geschenke den Erlöserorden. Herr A. Senoner, Sekretair der k. k. geologischen Reichs- anstalt zu Wien, machte dem Museo zu wiederholten Malen, wie schon früher der naturhistorischen Gesellschaft, viele und bedeu- tende Geschenke aller Art. Vor Kurzem verlieh ihm der König in Anerkennung dafür und auf Antrag der Direktion des Museums den Erlöserorden. Herr E. W. Spielt er, griechischer Consul in Bremen, gab 314 Di\ Krüper: Das naturhistorische sehr bedeutende Geschenke aus Ostindien: Vogelbälge, Conchi- lien und ethnographische Gegenstände. Herr Professor Fr. Unger in Wien übermachte dem Mu- seo den grössten Theil seiner Werke. Die k. k. geologische Reichsanstalt in Wien gab einen grossen Theil ihrer Druckschriften etc. Herr Bonvicini in Padova gab viele Werke des berühmten Professors Raf. Molin und eine kleine Sammlung Entozoen. Ausserdem wurden dem Museo viele andre kleine Geschenke gemacht, sowohl von Griechen als von Ausländern, von denen und deren Geschenken jährlich ein genaues Verzeichniss im Jah- resbericht der Direktion des Museums veröffentlicht wird. Da das Museum zweimal in der Woche, am Mittwoch und Sonnabend, von 9 Uhr bis Mittag dem Publikum geöffnet ist und von diesem auch fleissig besucht wird, werden sich die Geschenke der Griechen bald mehren; hoffentlich werden auch die ausländi- schen Naturforscher und Freunde der Künste und Wissenschaften das Aufblühen des naturhistorischen Museums auf Hellas klassi- schem Boden zu fördern suchen! Jetzt wollen wir die Sammlungen selbst betrachten! Diesel- ben sind noch, wie oben angeführt, in der Aula der Universität aufgestellt; freilich ist das Lokal für ein Museum nicht geeignet, da es zu klein ist und bei Aufnahme der Sammlungen inwendig noch nicht ausgeschmückt war. Das Bedeutendste und in jeder Beziehung Kostbarste, was das Athener Museum aufzuweisen hat, ist die grosse und reiche Sammlung fossiler Säugethierreste von Pikermi, mit deren Reinigung von der Erde und zweckmässiger Aufstellung man noch immer beschäftigt ist. Zur Ausgrabung in Pikermi bewilligte der akademische Senat einen aussergewöhn- lichen Zuschuss von 2500 Drachmen. Die Ausgrabungen, die während des vorigen Winters und des Frühjahrs (1860 — 61) circa 6 Monate dauerten, leitete mit der grössten Umsicht, Sparsam- keit und Geschicklichkeit der Präparator des Museums G. Guicciardi. Besonders hervorzuheben unter den bereits aufgestellten Stücken sind ein oberer Theil des Schädels und Oberkiefer des Rhinoce- ros Schleiermacheri (kolossal), eine circa 95 Centimetr. lange Tibia nebst Perone vom Dinotherium. Ein Unterkiefer vom Sus Ery - manthius Roth, ein vollständiger Schädel vom Hippotherium gracile, sehr viele Hörner und Schädeltheile von verschiedenen Antilopen- Arten. Kiefer von Anoplotherium, von Hyaena eximia Roth, Ma- chaerodus leoninus , Affenschädel ( Mesopithecus Pentelicus Wagn.) und sehr grosse vollständig erhaltene Affenhände mit allen Car- pengliedern, etc. etc. Unter den mineralogischen Sammlungen ist die reichhaltige und durch Schönheit der Stücke ausgezeichnete, oben erwähnte Sammlung russischer Mineralien hervorzuheben. Die botanischen Sammlungen sind noch sehr klein; sie be- Museum der Otto’s-Universität zu Athen 315 stehen aus einem angehenden kleinen Herbarium und einer kar- pologischen Sammlung. Eine kleine ethnographische Sammlung wurde provisorisch mitaufgenommen, weil das Museum mehrere derartige Gegenstände aus Indien zum Geschenk erhielt. Ebenso sind 2 Mumien aus Egypten, die kürzlich geöffnet wurden, auf dem Museo ausgestellt. Die zoologischen Sammlungen mussten fast ganz neu gegrün- det und angelegt werden, da die Sachen der naturhistorischen Gesellschaft grösstentheils verdorben waren, selbst die Schränke waren unbrauchbar. Insekten hatten sich gar keine erhalten. Zu den neuen Insektensammlungen habe ich selbst das meiste Mate- rial geliefert, auch die Aufstellung und systematische Etiquettirung habe ich während meines jährlichen kurzen Aufenthalts in Athen ausgeführt; die ichthyologische und amphibiologische Sammlung ist noch sehr gering und die vorhandenen Exemplare harren noch auf wissenschaftliche Bearbeitung. An Säugethieren ist noch grosser Mangel, da deren Herbeischaffung und Aufstellung sehr kostspielig ist. Ueber die ornithologische Sammlung darf ich hier in diesem Journale nähere Mittheilungen machen. Wie schon erwähnt waren von der Vogelsammlung der naturhistorischen Gesellschaft nur wenige Exemplare so erhalten dass sie in die neue Sammlung aufgenommen werden konnten: einige seltenere Vögel sind jedoch restaurirt wor- den ; die übrigen stehen dort in 2 alten Schränken zusammengedrängt. Die neue Vögelsammlung war bei meiner Abreise von Athen — am 14. October — in 10 Schränke untergebracht, von denen die er- sten 5 nur solche Vögel enthielten, die in Griechenland erlegt wur- den; die übrigen 5 Schränke füllen die europäischen und exoti- schen Vögel: die sogenannte allgemeine Sammlung. Die erstere wird für die europäische Ornithologie jedenfalls von grossem Nutzen werden und soll von mir besonders erwähnt werden. Unter den Geiern ist ein diesjähriger junger Vultur fulvus her- vorzuheben, der etwas über i Monat alt ist; Kopf, Hals und Brust sind mit weissen Dunen bedeckt, der Rücken und Bauch ist von hellrothlicher Färbung; unter den Adler steht dort ausser alten Exemplaren von Aquüa fulva und imperialis ein interessan- ter junger Vogel von Aquüa imperialis ; von allen aber macht ein am 4. September d. J. flügellahm geschossener , später vom Herrn Schräder meisterhaft aufgestellter Schlangenadler, Circaetos galli- cus , einen imposanten Eindruck: in diesem Exemplar ist sein Uhu- artiges, ja ich möchte sagen sein Harpyia- artiges Wesen ausge- drückt; der zweite Circaetos ist mehrere Stunden von Athen bei dem Horste erlegt worden. Zwei Zwergadler, Aquüa pennata , sind ebenfalls aufgestellt, von denen der eine am 7. Juli 1857 im Par- nassgebirge, der andere am 30. October 1860 bei Athen erlegt wurde; letzterer gehört der weisslichen Brehm’schen Aquüa minuta an. Unter den Falken hebe ich mehrere Arten hervor, zuerst 2 Wespenbussarde, Pernis apivorus , die für die Ornis Griechen- 316 Dr. Ertiper: Das naturhistorische lands jetzt erst hinzugekommen sind, (siehe über diesen Vogel sowie über die folgenden meine späteren ornithologischen Notizen!) ferner 3 Exemplare des ebenfalls für Griechenland, sogar für Europa neuen Falken Astur badius s. Dussumieri ; dann 2 Exem- plare des selten beobachteten schwarzen Milan, Milvus ater , von denen der eine am 16., der andere am 18. August d. J. einge- liefert wurde, und ein sehr kleines Männchen der Wiesenweihe, Circus cineraceus, dessen Bauch roströthlich ist, sein Schwanz trägt 2 schwarze Binden, sein Schleier ist schwarz; am 28. August d. J. erhielt ihn das Museum; am interessantesten unter den Falken ist ein am 11. Mai 1858 bei Athen erlegter Falke, der in der Grösse zwischen dem Wander- und Baumfalken steht, er ist vorläufig mit dem Namen Falco concolor versehen worden, gehört aber keines- wegs dem wirklichen concolor an, es ist vielleicht der' ganz unbe- kannte sehr alte Vogel von F. Eleonorae ; nähere Mittheilungen sind in meinen Notizen nachzulesen. Unter den Eulen der Samm- lung ist ein junger Waldkauz, Strix aluco, im Dunenkleide aus der Umgegend Athens hervorzuheben. Die zur Schau gestellten Raubvögel waren damals 71 an Zahl; unter den aufgestellten 117 kleineren griechischen Vögeln ist ein rothbrauner Kuckuck zu erwähnen, dann ein von L. Schräder, der mich bei meiner Reise im vorigen Jahre begleitete, am 18. Juni im Taygetos erlegter Würger, Lanius meridionalis , 2 Muscicapa collaris und 1 Muscicapa parva ebenfalls vom Taygetos, ferner 2 Motacilla melanocephala und 2 Albinos eines Steinschmätzers, wohl Saxicola rubicola, vom Dr. Nieder aus Missolungi eingesandt. Der eine ist rein weiss, nur die Spitzen des rechten Flügels sind grau; die 4 ersten Schwingen des linken Flügels sind ebenfalls weiss, die Spitzen der folgenden sind jedoch grau; die Deckfe- dern der grossen Schwingen sind ebenfalls grau. Das zweite Exemplar ist von der Kehle ab weiss, an den Seiten des Bauches grau; die Oberseite ist mehr mit grauer Färbung gemischt, ebenso die Schwingen; die beiden mittleren Schwanzfedern tragen schon eine graue Spitze. Die in Griechenland so zahlreich vertretenen Grasmücken fehlen der Sammlung grossentheils, nur Sylvia elaeica und 1 S. Rüppellii ist hervorzuheben. Von den Ammern ist Fm - beriza caesia und ein Albino von E. miliaria , der gelbweiss ist, zu erwähnen. Von den Finken kann ich einen Kreuzschnabel, Loxia curvirostra vom Taygetos, L. coccothraustes und petronia anführen; von den in Griechenland zur Winterszeit unsäglich häufigen Dros- seln ist augenblicklich noch keine Art aufgestellt, sogar die dort brütenden Turdus merula und viscivorus fehlen noch, dagegen ist T, cyanus und saxatilis vorhanden. Vom Hirten vogel, Pastor roseus , sind 2 Exemplare, d* und ? am 5. Mai 1859 bei Athen erlegte, auf- gestellt, ebenso 2 Alpendohlen, Pyrrhocorax alpinus. Die Schwal- ben und Segler sind bis auf Hirundo urbica und riparia, „ vertreten. Unter den 49 aufgestellten Trappen, Reihern und Strandvö- geln sind nur Otis tetrax, Ardea garzetta, egretta, nycticorax etc. Museum der Otto’s-Universität zu Athen. 317 zu erwähnen, ferner Himantopus rufipes , Numenius tenuirostris, Hoplopterus spinosus, Glareola pratincola und ein bei Vrachori er- legter wilder Fasan, Phasianus colchicus ; von den 45 Schwimm- vögeln sind die in Griechenland überwinternden nordischen Enten anzuführen, sowie die schöne Anas ruüla , Anser minuius ferner einige Scharben und ein junger Pelikan, Pelecanus crispus. Aus dem Angeführten ersieht man, dass die Sammlung grie- chischer Vögel, obgleich noch klein, doch schon viele interessante Arten aufzuweisen hat. Die Stückzahl der aufgestellten Vögel betrug damals 282; wir können sie mit den noch in Arbeit ge- wesenen auf 300 angeben. Dr. Lindermayer führt in seinem vor- jährigen Verzeichnisse 345 in Griechenland gefundene Vögelarten auf. Im Interesse der Wissenschaft wäre zu wünschen, dass die ornithologische Erforschung Griechenlands durch das Museum zu Athen baldigst beginnen möge! Die allgemeine Sammlung enthält bis jetzt sehr wenig euro- päische Vögel, von denen kaum Eine Art hervorzuheben wäre; die exotischen, besonders aus Brasilien und Ostindien stammend, wie oben erwähnt, Geschenke von den Gönnern des Museums, machen die Hauptmasse aus, die damals 485 oder richtiger 500 Exemplare ausmachten. Diese Exoten, meistentheils von Herrn Schräder mit bekannter Künstlerhand aufgestellt, tragen viel zur Verschönerung des Museums bei; freilich ist bei diesen für die wissenschaftliche Seite noch nichts geschehen, sie stehen sämmtlich ohne systema- tische Namen, weil es bisher an Zeit und litter arischen Hülfs- mitteln gefehlt hat. Vielleicht wird mir selbst in den nächsten Jahren der Auftrag gegeben, die systematische Bestimmung der ornithologischen Sammlung zu übernehmen. Bei den Raubvögeln ist unter andern ein Haliaetos vocifer her- vorzuheben, ferner ein Bubo lacteus . Von Klettervögeln sind 18 Arten Spechte, 9 Eisvögel- und 4 Bienenfresser-Arten aufgestellt, ausserdem einige Papageien, 4 Arten indische Nashornvögel, die durch ihre Schnabelform und Grösse bei den Griechen viel Be- wunderung erregen, ebenso wie die Pfefferfresser. Die Singvögel sind nur sparsam vorhanden, so die exotischen Gattungen Tyrannus, Pipra, Tanagra etc; von den Finken sind einige Amadina aufge- stellt. Von den Honigvögeln und Kolibris sind c. 30 Arten vor- handen, von denen viele durch ihre Farbenpracht und Kleinheit viel betrachtet und gelobt werden; auch 2 schöne Paradiesvögel stehen diesen Zwergen zur Seite. Die grosse Gruppe der Tauben ist erst durch 6 Arten vertreten. Unter den Hühnervögeln sind mehrere indische Formen zu erwähnen, ferner die Goldfasane und ein prächtiger Haushahn, die früher den englischen Hühnerhof der Königin Amalie geziert haben. Unter den Beihervögeln sind der rothe Ibis sowie der Flamingo hervorstechend. An exotischen Schwimmvögeln ist noch grosser Mangel. Schliesslich wird den Lesern noch die Auskunft über die oolo« gische Sammlung des Athener Museums erwünscht sein. Der alte 318 Dr. Krüper: Das naturhistorische Bestand der Eiersammlung war sehr gering und zum Theil in de- fectem Zustande, wesshalb die Gründung derselben ebenfalls erst von der Umgestaltung des Museums an zu betrachten ist. Da ich bei meiner ersten Anwesenheit in Athen im Jahre 1858 die Lücken- haftigkeit dieser Sammlung sah, brachte ich bei meiner zweiten Reise nach Griechenland aus meiner grossen Sammlung eine Aus- wahl von beiläufig 900 Eiern mit, die ich theils selbst im Norden Europa’s und in Deutschland gesammelt, theils aus anderen Ge- genden aus guten Quellen erhalten hatte ; dieselbe übermachte ich dem Museo, so dass zur Zeit über 1000 Exemplare vorhanden sind. Ende August und im September d. J., nach meiner Rückkehr vom Veluchi-Gebirge, habe ich die Eiersammlung systematisch aufge- stellt, mit Etiquetten und Nachweis über Fundort etc. versehen. Die ganze Sammlung zertheilte sich in drei, von denen die erste die in Griechenland gefundenen Eier enthält, die zweite die allgemeine oder Haupts ammlung, die dritte eine sogenannte Schau- sammlung ist. Beide ersten Sammlungen werden später in Glas- kasten in einem dunkeln Schranke verwahrt und nur auf speciellen Wunsch den Naturfreunden gezeigt; die dritte für Studirende und das Publikum angefertigte enthält nur aus jedem Genus Eine her- vorstechende Species. Die Sammlung der griechischen Eier werde ich etwas genauer anführen, als die beiden andern, da durch dieselbe zu gleicher Zeit die griechischen Brutvögel zur Kenntniss kommen. Oben an liegen 2 Eier von Vultur fulvus, die am 6. April 1861 vom Parnes- Gebirge eingeliefert wurden. Ein schönes Gelege von Aquila fulva , ebenfalls vom Parnes am 28. März d. J. gebracht; beide Eier tragen lilafarbige Schaalenflecken, die rostrothen Flecken sind über die Eier vertheilt, stehen jedoch am spitzen Ende dichter. 1 Aquila naevia am 8. Mai 1859 und 1 Aquila albicilla von mir am 24. Februar d. J. in Akarnanien ausgehoben ; 1 gestrecktes, fleckenloses, weisses Ei von Circaetos gallicus/ am 14. April 1859 am Parnes genommen; 3 Falco peregrinus, ein Ge- lege vom 28. März d. J., das zuletzt gelegte Ei ist einfarbig roth ohne die intensiveren Flecken; das beim Horste erlegte Weib- chen steht in der Sammlung; 2 Gelege (6 Eier) von Falco tin- nunculus aus der Attica; 2 Falco cenchris vom 7. und 25. Mai 1859 aus Akarnanien; 1 Falco buteo aus der Attica, 1 Circus ruf us von mir am 16. April 1859 an den Seen von Vrachori ge- funden. 2 Stria; bubo vom 2. April d. J. aus dem Parnes; das eine Exemplar ist nicht rund, sondern scharf zugespitzt. 2 Stria; noctua vom April d. J. aus der Attica, 2 Striae scops vom 24. und 29. Juni d. J. von mir vom Yeluchi mitgebracht. 3 Merops apiaster aus Akarnanien, 5 Lanius rufus und 5 L. minor. 4 Motacilla alba von mir am Parnass und 5 M. melanocephala auf den La- gunen von Missolungi von mir aufgefunden. 9 Anthus campestris aus verschiedenen Gegenden, 4 Saxicola oenanthe von mir aus dem Parnass, 2 S. rubicola aus Attica. Von den Grasmücken Museum der Otto’s-XJuiversität zu Athen. 319 sind vorhanden 5 Eier von Sylvia tithys vom Parnass, 8 orphea aus verschiedenen Gregenden, 2 galactodes , 3 elaeica , 4 olivetorum, 1 passerina, 3 luscinia, viele cinerea und 3 von garrula vom Ye- luchi. 5 Parus major und 4 P. ater vom Yeluchi. Ausser meh- rern Exemplaren von Alauda braehydactyla , cristata und calandra auch 4 A. arborea. Yon Ammern ist eine grosse Anzahl von Emberiza melanocephala vorhanden, ferner 3 miliaria, 3 eia , 7 cir- lus, 7 caesia ; ferner 2 Ammereier von nicht genauer Herkunft, kleiner als E. caesia, mit wenigen Stricheln am spitzen Ende; diese Eier kenne ich nicht; es sind mir nie derartige vorgekom- men, weiss auch nicht zu welcher Art als Yarietät ich sie rech- nen soll. Ein Gelege 3 Loxia coccothraustes am 5. Juni 1860 vom Taygetos, 3 Sitta syriaca , 3 Hirundo rufula, 1 E Boissonneautii aus Akarnanien. 2 Corvus corax aus der Attica, 1 Pyrrhocorax alpinus vom Yeluchi, 2 Caprimulgus europaeus vom 13. Juli 1859 vom Parnass, ferner Perdix graeca und coturnix ; 3 Charadrius cantianus , sowie 6 Glareola pratincola und 1 Totanus calidris aus Akarnanien. 2 Oedicnemus crepitans aus dem Kephissus-Thale am 20. Mai d. J., 2 Pelecanus crispus, 2 Larus argentatus und mehrere Sterna minuta, hirundo und anglica aus den Lagunen von Mis- solungi. Die Hauptsammlung enthält die Eier der gewöhnlichen Yö- gel Europa’s und einiger Exoten. Hervorheben will ich die Eier von Falco lanarius aus Süd-Russland, F. lagopus aus Lappland, F. cenchris aus Steiermark, ebendaher Strix scops und otus; Picus Martins , vindis canus, Alcedo ispida , Lanius excubitor, collaris aus Süd- Afrika, Motacilla flava und boarula, Anthus aquaticus , Oriolus galbula, Saxicola rubicola, Sylvia luscinia, suecica, nisoria, sibilatrix, arundinacea, palustris , turdoides , phragmitis , Regulus ignicapillus, alle aus Deutschland; Emberiza nivalis und lapponica aus Nord- Europa, Pyrrhula vulgaris, Corvus corax, Sitta europaea, Tetrao tetrix und bonasia, Islandorum, Perdix petrosa, rubra, Grus virgo , Rallus aquaticus, Gallinula pusilla aus den Sümpfen von Padua, vom Herrn Senoner als Gallinula porzana gegeben. Charadrius auratus, hiaticula, minor, cantianus, Strepsilas interpres , Limosa melanura, Numenius arquata und phaeopus, Totanus glareola, ochro - pus , hypoleucus, Phalaropus einer eus, Platalea leucerodia , Ardea minuta; ferner sämmtliche von mir im Norden gesammelten En- teneier sowie Pufftnus Anglorum, Larus leucopterus , tridactylus, Lestris catarrhactes, parasitica, Sterna cantiaca , leucopareia , Podi- ceps arcticus, auritus , suberistatus , Colymbus arcticus, septentrionalis, Uria Troile und Brünnichii. Die später für das Publicum zur Schau gestellte Eiersamm- lung enthält I Vidtur fulvus , von mir in Akarnanien ausgehoben, 1 Neophron perenopterus aus Attica, ein Gelege von Aquila fulva, am 25. März 1861 aus dem Parnes gebracht; das stark rothge- fleckte Exemplar trägt am spitzen Ende mehr Flecken, das zweite schwach gelblich gefleckte zeigt die Flecken am stumpfen Ende. 320 Nachrichten; Eingegangene Schriften. 1 Aquila brachydactyla , am 2. April 1861 aus dem Parnes ge- bracht. Ein Gelege von 2 Falco peregrinus vom 25. März 1861, 2 Falco cenchis. 1 Pernis apivorus, 1 Cuculus canorus , 1 Cröto- phaga ani , 1 Cinclus aquaticus, 4 Hypolais olivetorum aus der At- tica. 1 Ploceus textor aus Süd-Afrika, 1 Spizella canadensis aus Labrador, 1 Tetrao urogallus , Grus cinerea , Otis tetrax, 2 Ortyx virginiana, Tringa alpina , Ardea cinerea u. minuta , Platalea, Föis fal- cinellus, Ciconia nigra 9 1 Sula alba , 1 Procellaria glacialis, Alca torda , Mormon fratercula , sowie ein Prachtexemplar von Dromaeus Novae Hollandiae und 1 Struthio camelus. Die Sammlung von griechischen Nestern ist noch sehr klein; vorhanden sind das Nest von Fringilla coelebs, Motacilla melano- cephala mit 5 Eiern, mehrere von Hypolais olivetorum , H. elaeica, Alauda brachydactyla mit 5 Eiern, Fringilla carduelis mit 4 Eiern, Sylvia cinerea mit 6 Eiern, S. orphea , Emberiza cirlus mit 3 Eiern, E. miliaria mit 4 Eiern, Lanius rufus, Turdus menda sowie 2 Sitta syriana. Aus dem oben Mitgetheilten ersieht man, dass das natur hi- storische Museum zu Athen in den 3 Jahren seines Bestehens einen guten Grund gelegt hat: im Interesse der Wissenschaft ist zu wünschen, dass die griechische Nation zu dem Aufblühen die- ses Museums hülfreiche Hand leiste. Ueckermünde (Pommern) im November 1861. Nachrichten. An die Redaction eingegangene Schriften. (Siehe Mai-Heft 1862, Seite 240.) 431. John Gould. An Introduction to the Trochilidae , or Family of Humming-Birds. 800. London, 1861. — Yom Verfasser. 432. Reports of Explorations and Surveys etc. for a Railroad-Route from the Missisippi-River tho the Pacific Ocean. Vol. IX and X. — Von Prof. Spencer F. Baird. 433. Protocoll der zweiten Versammlung (mecklenburgischer Ornithologen) der Section für Ornithologie in Plau am 1. und 2. October 1861. — Vom Prem.-Lieut. von Pr een 434. Dr. B. Al tum. Die Nahrung unserer Eulen. (Aus einem Provinzial- Blatte (?). — Vom Verfasser. 435. Dr. L. Buvry. Mittheilungen des Central-Instituts für Acclimatisation in Deutschland zu Berlin. Dritter Jahrgang 1862, No. IV— VI. — Vom Central-Institut. 436. Dr. D. Korth und H. Korth. Tauben- und Hühnerzeitung. Organ der gesammten Hausfederviehzucht mit Inbegriff der Sangvögel. Berlin. Sie- benter Jahrgang. No. 16 -22. (Mai und Juni.) — Vom Herausgeber. Berlin, Druek von Kornegg’ß Buchdruckerei. ?62 Inhalt des IV. Heftes. Original-Aufsätze : 1. Die Balearen. (Fortsetzung.) Yon Alexander von Homey er . . 2. Beiträge zur Ornithologie N.-O. -Afrikas. (Fortsetzung; s. Jan. -Heft.) Yon Hof-Rath Dr. Th. v. Heuglin . . literarische Berichte: 3. Bemerkungen und Berichtigungen zu dem Berichte : „Ueber Sunde - valFs ornithologisches System.“ Yon Prof. Sundevall. . . . . 241 285 307 Briefliche Mittheilungen, Oeconomisches und Feuilleton: | 4. Das naturhistorische Museum der Otto’s-Universität zu Athen. Yon Dr. Th. Krüper 311 Nachrichten : 5. An die Redaction eingegangene Schriften 320 I Berlin, Druck von Kornegg’s Buchdruckerei, JOURNAL g fesa ui Btt t e ie tt i t fi o I o g i e. Zugleich als Fortsetzung der Zeitschrift Naumannia. In V erbindung mit F. W. Baedeker in Witten a. R., Prof. Dr. J. H. BlasilS in Braunschweig, Justitiar F. Böie in Kiel, Dr. C. Bolle in Berlin, Staats-Räth Aca- deraiker Prof. Dr. Brandt in Petersburg, Pastor Dr. Ch. L. Brehm, Prof. Dr. H. Burmeister in Buenos-Ayres, Dr. Bloger in Berlin, Bar. Eug. v. Homeyer, Dr. Hartlaub in Bremen, Dr. laup in Darmstadt, Kam- merherr Bar. R. v. Köüig-Warthausen in Württemberg, Pfarrer W. Paessler in Anhalt, Hof-Rath Prof. Dr. L. Reich enbach in Dres- den, Prof. Dr. H. Schlegel in Leiden, Prof. C. J. Sinde- Vall in Stockholm, Prinz MfiX ¥01 Wied zu Neuwied, u. A., erstem Custos am König]. Zoolog. Museum de: Friediieh-Wilhelms-Universität zu Berlin • und •< Pfarrer zn Ostornienbiirg bei CÖthen,Seoretaif der deutschen Ornithologen-Gesellschaft. X. Stttjrgong: September 1862, Cassel 1862- Verlag von Theodor Fischer. PARIS, X /ran*, rue flidjclktt, 67. 3.-ß. fintUicre, $antf|emUe 19. Liebr.d.l’acad.natjde medec. NEW-YORK fi. üflcjftmnßntt & (So. t). fiaiUim,^firocbrottJ), LONDON, Dtlliams & Klorgate, 14. itnrietta Street, Cooentanriun. i. finiüiere, Kegent-Jtr. 219. JOURNAL für ORNITHOLOGIE. Zehnter Jnhrgnog. Nü 59. September. 1862. Uebersicht der im Berliner Hnseum befindlichen Vögel von Costa Rica. Vom Herausgeber. (Fortsetzung; s. Mai-Heft, Seite 161—176.) 139. Chlor onerpes uropygialis n. sp. Ch. simjllimus canipileo et yucatanensi sed differt interscapü7~ lio solum alis concolore aurulente brunneo, tergo laete viride. Mas; Candelaria Gebirge; 1 Expl. Hoffmann. [In Tschudi’s Fauna per. Orn. (1845—46) Seite 268, habe ich auf die Zusammengehörigkeit und die climatischen Abweichungen von rubiginosus und canipileus aufmerksam gemacht. Da jetzt in Costa Rica wiederum ein abweichender Vogel aufgefunden ist, so ersehen wir, dass es sich hier um eine Spechtform handelt, welche nach den verschiedenen Landstrichen in Abarten zerfällt. Dieselben sind: (1.) Chloronerpes yucatanensis (Cabot) Sclat. Proc. Z. Soc. 1856, p. 307. no. 200. — Ch . rubiginosus Gray (nec Sws.) Gen. B. tab. 110.*) — Picus aeruginosus Licht. Die grösste Art; der ganze Rücken bis zu den Schwanzdek- ken hellgrün, Unterseite lebhaft grasgrün angeflogen. Kopfseiten weissgrau, dunkler gestrichelt. Mexico. (2.) Chloronerpes canipileus. — Picus canipileus Orb. Voy. Ois. tab. 63. fig. 3. — P. rubiginosus Tschudi (nec Orb.) Faun, per. 1. c. — Kleiner als der vorhergehende; der ganze Rücken wie die Flügel gefärbt, aber noch lebhafter gelb- oder goldigbraun. Unterseite regelmässig dunkel gebändert. Bauch gelb. Wei- *) Hier ist die charakteristische Zeichnung und Farbe der Unterseite trefflich wiedergegeben. Bei den andern Arten sind es gleichmässige Querstreifen. Journ, f, Ornith,, X. Jahrg., Nr. 59, September 1862» -H 322 Cabanis : Uebersicht der chen ebenso gefärbt und nur verloschen quergebändert. Kopf- seiten hell schmutzig gelblich, ungestrichelt. Peru. (3.) Chloronerpes uropygialis n. sp. -— Dem vorhergehenden am ähnlichsten, unbedeutend kleiner, aber der Unterrücken und Bürzel grünlich, mithin ähnlich wie bei yucatanensis ; auch der Anflug des Bauches noch ins Grüne ziehend. Costa Rica. (4.) Chloronerpes rubiginosus Sw. Ulustr. Orn. I, tab. 14. — Die kleinste Abart; dunkler, weniger lebhaft gefärbt als canipi- leus, und ohne allen merklichen grünen Anflug. — Guiana, Ve- nezuela. (Spanish Main Sws.)] 7^140. Mel anerpes formicivorus Gray Gen. Birds p. 444, sp. 5. Picus formicivorus Sws. Synop. Mex. Birds in Phil. Mag. 1827, p. 439 no 80. — Picus melumpo- gon Licht. Temm. PI. col. 451. (1828.) — Licht. Preis-Verz. 1830, no 18. — Melanerpes formicivorus Bp. Consp. — Cass. Illustr. B. Californ. tab. 2. — Baird Report (= Birds of N. Amer.) p. 114. — Sclat. Ibis 1859, p. 137, no. 241. Carpintero; Augen gelb; Irazu in Juni. Hoffm. — Carpintero; v. Frantz. — Ellendorf. Den sehr ähnlichen Melanerpes flavigula (Malh.) von Neu-Gra- nada, dessen Weibchen gar kein Roth am Kopfe und dessen Männchen nur am Hinterkopfe Roth haben soll, also ähnlich dem Weibchen von formicivorus, nur weiter nach hinten beginnend, kenne ich nicht, zweifle auch etwas an dessen begründeter Exi- stenz. Alle von Costa Rica stammenden Exemplare, in verschie- denen Alters- und Geschlechtszuständen, unterscheiden sich nicht vom mexikanischen formicivorus , welcher auch mehr oder weniger Gelb an der Kehle hat. 141. Centurus Hoffmannii n. sp. C. simillimus aurifronti quoad picturam, statura vero multo minore et rectricibus duabus mediis non nigris sed albo nigroque variis sane diversus. Eine in der Färbung fast vollständige Wiederholung des gros- sem nördlichen aurifrons , zeigt diese Art dasselbe Roth der Scheitelmitte und das Orangegelb des Hinterkopfs und Nackens; nur das Gelb der Schneppen (anthiae) ist weniger intensiv und weniger über die Stirn ausgebreitet, vielmehr nur auf die Stelle unmittelbar hinter den Nasenlöchern beschränkt und bei vielen Individuen kaum von der übrigen grauen Stirn abstechend. Das Gelb der Bauchmitte dagegen ist dunkler und entschieden orange, Vögel von Costa Rica, 323 bei hochausgefärbten Individuen fast ins Röthliclie ziehend, wie auch im Nacken zuweilen angedeutet ist. Die Oberseite erscheint lebhafter und weniger überwiegend schwarz, da die weisse Quer- zeichnung am Rücken und an den Flügeln breiter auftritt; im Ganzen ähnlich mit der Färbung dieser Theile bei elegans Sws. Bürzel und obere Schwanzdecken sind rein weiss. Bei aller Aehnlichkeit mit aurifrons genügt aber schon der Unterschied in der Färbung der 2 mittelsten Steuerfedern: dieselben sind an der Innenfahne fast in ganzer Länge abwechselnd weiss und schwarz quergebändert oder gefleckt, häufig ist dies auch von der Aussenfahne der Fall, jedoch in geringerem Grade, mindestens zeigt letztere an der Basalhälfte die Andeutung eines weiss en Längsstreifens. Die Individuen differiren etwas in der Grösse,_ ich messe daher das grösste und das keinste Exemplar. Ganze Länge 71—81"; Schnabel von der Stirn 111 — 13"'; Flügel 4£ bis 4|"; Schwanz 2" 3"' bis 2" 9'". Carpintero. Augen gelb; Mas et Fern. Hoffm. — Ellendorf.. Carpintero. Mas. et Fern. v. Frantz. Die Art scheint in Costa Rica die gewöhnlichste Form von Centurus zu sein, und vertritt hier als südlicher Repräsentant denf nördlichen mexikanischen aurifrons . [Die continentalen Arten der Gattung Centurus scheinen bis-, her öfters verwechselt und deren Synonymie nicht immer richtig- gedeutet zu sein. Auch nach Bonaparte’s Conspectus lassen sich, die Arten nicht mit Sicherheit bestimmen, am wenigsten der von Bonaparte selbst aufgestellte subelegans. Ich lasse daher eine # < kurze Zusammenstellung der Arten nebst deren Charakteristik und geprüfter Synonymie hier folgen: \ •• (1.) Centurus aurifrons Gray, Gen. Birds App. p. 22. — Pi-, cus aurifrons Licht. Wagl. Isis, 1829, p. 512. — Licht. Preiss- Verz. 1830, no. 20. - — Centurus subelegans Bonap. Proc. Zool. Soc^, 1837, p. 109. (nec Bonap. Consp.!) — Centurus flaviventris Sws; Two Cent. p. 354. — Baird Report pag. 110. — Picus ornatus-. Less. Rev. Zool. 1839, p. 102. no. 10. — Picus chry sogenys Vig. — Centurus ornatus Rchbch. Handbuch d. sp. Ornith. II, p. 410, spec., 963. cum tab. — Hab. Nördl. Mexico. — Die grösste Art. Mitte des Scheitels; rot h; Stirn, Hinterkopf und Nacken sowie die Bauchmitte (auch eine Andeutung, aber matter, da, wo sonst bei den Spechten der; Bartstreif ist,) orangegelb. Mittelsten Schwanzfedern ganz; • ■ i if ’i - 2.1* v 324 Cabanis: Uebersicht der schwarz , ohne alles Weiss. Das Weibchen ist ohne Roth am Scheitel; Oberkopf grau, nur die Stirn u. der Nacken sind orangegelb. Baird zieht mit Recht hierher C. elegans Lawr. nec. Sws., ob aber auch C. Santacruzii Lawr. scheint fraglicher, vielleicht ist dieser Texas -Vogel von Lawrence der albifrons Sws. Bona- parte ist mit aurifrons nie in’s Klare gekommen, vermuthlich weil ihm eine kleinere Mss. - Art von Swainson, deren er bei Ge- legenheit seines subelegans (Proc. 1837) erwähnte, vorschwebte und zur steten Verwechselung verleitete. Unzweifelhaft gehört der ursprüngliche C. subelegans Bp. hierher, zu aurifrons Licht. Bonaparte’s Vogel ist entschieden vom nördlichen Mexico und wurde in Gesellschaft solcher Arten gesammelt, wie sie in der Umgegend der Hauptstadt Mexico vor- zukommen pflegen, (z. B. Melanerpes formicivorus und Colaptes rubricatus ), also da, wo vorzugsweise aurifrons Licht, anzutreffen ist. Später hat Bonaparte seine eigene Art nicht wiedererkannt und hat in dem Bemühen dieselbe zu deuten sich an tricolor Wagl. von Venezuela vergriffen, für welche Art Wagler irrthüm- lich Mexico als Vaterland angab. Bonaparte’s ursprüngliche Dia- gnose lautet: „albo nigroque fasciatus; subtus cum capite dilute cinerascens, vertice rubro, fronte et cervice subauratis,“ und fügt er hinzu dass der Vogel dem elegans ähnlich sei, aber ohne schwarzen Superciliarfleck und mit weniger brillanter Goldfarbe der Haube. Also sicherlich aurifrons Licht! — (s. weiter hinten no 7.) (2.) Centurus carolinus Baird, Report p. 109. — Ficus caroli- nus Lin. Wils. Audub. — Picus erythrauchen Wag.l Nordamerika. Kleiner als die vorhergehende Art, Schnabel und Flügel etwas kürzer. Charakteristisch für diese Art ist die Färbung des Oberkopfes, welcher von den Nasenlöchern an bis über den Nacken hin ununterbrochen roth ist, ebenso die Mitte des Bauches und zuweilen ein Anflug an der Brust. Die mittel- sten Schwanzfedern sind grösstentheils weiss und schwarz quer- gefleckt. Baird giebt die Stirn und die Gegend um den Schnabel weisslich an, ich finde aber die Schneppen unserer Exemplare schon bei jüngern Vögeln und bei Weibchen, (welche letzteren bekanntlich den Scheitel aschgrau und nur den Hinterkopf roth haben,) mehr oder weniger stark roth angeflogen. (3.) Centurus albifrons. — Picus albifrons Sws. Synops. Mex. Birds in Phil. Mag. 1827, p. 439 no. 82. — Centurus Santacruzii Bp. Pr« " 1 ~ ag. 119. — Vögel von Costa Rica. 325 Picus erythrophthalmus Licht. Mus. Ber. Rchb. Handb. d. sp. Or- nith. II. Abth. p. 409 no. 926, tab. 664. fig. 4407. 8. err. 4396. 97.— Picus dubius Cabot Journ. N. H. Boston V. pag. 91. Mexico. Bei uns von Xalapa und Santuario. Scheitel und Hinterkopf bis zum Nacken roth. Stirn schmutzig weisslich; die Schneppen lebhaft gelb wie die Bauchmitte, in höherer Ausfär- fung roth oder röthlich*) angeflogen. Mittelste Schwanzfedern fast ganz schwarz, nur an der Innenfahne etwas weiss gespren- kelt oder quergezeichnet. Charakteristisch für diese Art ist noch dass die Querzeichnung der Oberseite schmäler ist und, die fol- gende Art ausgenommen, dichter als bei allen anderen Arten steht. Die weisse Querzeichnung ist schmäler als die alternirende schwarze, was von der folgenden Art kaum gesagt werden kann. Das Weibchen unterscheidet sich durch den Mangel der dun- kelrothen Färbung oben auf dem Kopfe, die Federn daselbst sind am Grunde schwärzlich, mit hellgrauen Rändern ; Hinterhaupt bis zum Nacken hellroth, ähnlich nur heller wie beim Männchen. Die weisse Querzeichnung an der Innenfahne der beiden mittel- sten Steuerfedern ist entwickelter, auch befindet sich an der Wurzel der Aussenfahne ein etwas weiter als die Schwanzdecken reichender weisser Keilfleck, welcher beim Männchen oft kaum vorhanden oder angedeutet ist. Baird beschreibt die Art in Reports, Seite 110 unten und 111 oben, als früher irrthümlich für flaviventris gehalten und in Cali» formen und Mexico vorkommend. Auffallend ist dass keiner der neueren Autoren den P. albi- frons Sws. zu deuten gesucht hat. Swainson’s freilich nur kurze Beschreibung ist ganz unbeachtet geblieben und anscheinend in Vergessenheit gerathen, und doch kann neben flaviventris (— auri- frons) und elegans, die dritte von Swainson in der Synops. Mex. Birds aufgeführte Centurus- Art, keine andere als die hier abge- handelte sein, schon weil sonst keine passende dort vorkommt. Wenn auch die Schneppen gelb sind, so ist diess immer noch nicht die eigentliche Stirn und da der Vogel den Vorderkopf sonst bis zum Scheitel weiss oder weisslich gefärbt zeigt, und entschiedener als andere Arten, so passt sowohl der Name albi- *) So ist namentlich Lichtenstein’s Original-Exemplar des erythrophthal- mus von Santuario gefärbt. Da ich sonst keine wesentlichen Unterschiede be- merke, so halte ich dasselbe für eine höhere Ausfärbung des alten Vogels. Dies Exemplar wurde früher an die Herren Malherbe und Reichenbach mitge- theilt, wodurch der Name erythrophthalmus zur Veröffentlichung gelangte. 326 Cabänis: U ebersicht der frons als die Annahme, dass wir es hier sicherlich mit Swainson’s Vogel zu thun haben. Vielleicht hat auch eine Verwechselung mit ctlbifrons Kühl (— radiolatus Wagl. von Jamaica) bisher den albifrons Sws. übersehen lassen. (4.) Centurus polygrammus n. sp. — Eine noch unvollkom- men bekannte Art, da sie bis jetzt nur auf einem Exemplare des Berliner Museums, einem Weibchen von St. Bartholo, Mexico, basirt. Dasselbe hat den Kopf ähnlich wie das Weibchen von aurifrons gefärbt; die Schneppen und der Hintorkopf sind leb- haft orangegelb gefärbt, die Mitte des Bauchs ähnlich gelb, aber weniger intensiv angeflogen. Stirn bis zur Mitte des Scheitels sind weisslich und heller als beim Weibchen von aurifrons. Die Bückenzeichnung stimmt in der zahlreicheren Bänderung (an den einzelnen Rückenfedern lassen sich je 5 altcrnirende weisse und schwärzliche Binden von fast gleicher Breite zählen) mit der vor- hergehenden Art überein. Der viel kürzere weniger gebogene Schnabel und auch die abweichende Färbung der Steuerfedern widerstreben indess der Annahme, dass der Vogel als Weibchen zu derselben gehöre. Die mittelsten Steuerfedern sind nämlich zum grossem Theile weiss, da auch die Aussenfahne an der Ba- salhälfte längs des Schaftes eine ausgebreitete, keilförmige, spit- zer und schmäler werdende weisse Färbung zeigt. An der Innen- fahne befinden sich 4 — 5 ovale, von Weiss umschlossene schwarze Querflecken. Auch die äusserste Schwanzfeder jederseits ist ent- schiedener als bei der vorhergehenden Art schwarz und weiss quergebändert. Die orangegelben Abzeichen der vordem Stirn, (Schneppen,) des Hinterkopfes und der Bauchmitte lassen vermuthen, dass auch das Männchen dem aurifrons ähnlich (also vielleicht mit rother Scheitelmitte) sein werde. Die geringere Grösse, die zahlreiche schmälere Bänderung des Rückens und die Schwanzzeichnung las- sen aber keine Verwechselung zu. Die grösste Aehnlichkeit, auch in der schmalen Rückenzeichnung, findet aber mit dem vorherge- henden albifrons statt. Da indess bei allen Centurus- Arten die Färbung des Hinterkopfes in beiden Geschlechtern eine gleiche ist und als feststehendes Gesetz betrachtet werden kann, das Weibchen von albifrons am Hinterkopfe aber Roth, vorn schwärz- lich begrenzt hat, polygrammus dagegen Gelb zeigt, so ist die- ser Umstand für die Begründung der letztgenannten Art entschei- dend gewesen. Sie ist nach Grösse und Färbung als Mittelform zwischen aurifrons und Hoffmannii zu betrachten. Vögel von Costa Rica. 327 7 (5.) Centurus Hoffmannii. Siehe weiter vorn, S. 322, no. 141. — - (6.) Centurus elegans. — Ficus elegans Sws. Phil. Mag. 1827, p. 439, no. 81. — Centurus elegans Gray, Gen. Birds. pag. 412, sp. 6. — Bp. Consp. p. 119, sp. 5. — Mexico, Westküste; bei uns von Acapulco. Wenig grösser als die vorhergehende Art und dem aurifrons annähernd ähnlich gefärbt, also mit rothem Scheitel, gelber Stirn, gelbem Hinter- kopf und Nacken und gelber Bauchmitte, zeigt diese Art die fol- genden charakteristischen Unterschiede : Das Gelb des Hinterkop- fes ist viel lebhafter, goldgelber, und vorn ist es nicht blos auf den Vordertheil der Stirn beschränkt, sondern zieht sich rings um den Schnabel, am Kinn und gewissermaassen als Bartstreif von der Wurzel des Unterschnabels bis unter das Auge. Vor, über und hinter dem Auge als Augenstreif eine breite schwarze Stelle; der hellgraue Scheitel des Weibchens ist auch nach hinten, vor dem Goldgelb des Hinterkopfes mit Schwarz untermischt. Bürzel, obere .Schwanzdecken, die beiden mittelsten und die beiden aeus- s ersten Steuerfedern sind regelmässig schwarz und weiss querge- streift; die zweitäusserste Feder jederseits auch noch an beiden Fahnen, mehr oder weniger ausgebildet quergefleckt. ~H7.) Centurus tricolor. — Ficus tricolor Wagl. Isis 1829, p. 512. — V Centurus rubripentris Sws. Two. Cent. pag. 354 no. 214. — Cen- turus subelegans Bonap. Consp. p. 119. sp. 6. (?), nec Proc. Zool. Soc. 1837 ! — Centurus subelegans Rbch. Handb. S. 411, no. 966 cum tabula, nec Bonap. 1837. — Sclat. Birds Bogota no. 398, nec Bonap. 1837. — Raird Report p. 109. — Ficus Swainsoni Malh. sec. Gray. — - Hab. Venezuela und Neu-Granada. Die kleinste Art; Flügel kaum über 4" lang; rothbäuchig. Der Vogel ist nicht nach dem Modell der vorhergehenden Arten gebildet, sondern kann an- nähernd als Diminutivform des C. carolinus betrachtet werden. Mitte des Scheitels dunkelroth, der Nacken heller roth angeflogen. Beim Weibchen der Oberkopf grau und nur der Nacken röthlich. Die rothe Scheitelfärbung beim Männchen ist ringsum, auch nach hinten, von der grauen Kopffärbung begränzt, also von dem hel- leren Roth desNackens gesondert. Bürzel und obere Schwanz- decken weiss; die mittelsten Steuerfedern weiss und schwarz ge- zeichnet, ähnlich wie bei carolinus. Die Schneppen etwas gelb, beim Männchen zuweilen auch etwas orange oder röthlich leicht angeflogen. Ein Männchen unseres Museums, von Cartagena, (das Origi- 328 Cabanis: Uebersicht der nal-Exemplar zu Wagler’s Beschreibung,) hat auch das von Swainson zu stark hervorgehobene Goldgelb rings um den Schnabel ange- deutet, auch sind bei demselben der Bürzel und die oberen Schwanz- decken schwarz quergezeichnet, also übereinstimmend mit Baird’s subelegans (Report, p. 109, unten.) Die Art wurde zuerst von Wagler gut beschrieben, aber das Vaterland derselben irrthümlich als Mexico angegeben, und der Vogel sicher ohne Grund auf den Quauhchochopitli Hernand. = P. tricolor Gm. gedeutet. Der C. subelegans Baird, welcher 1. c. als kleine rothbäuchige Art von Mexico und Unter - Californien beschrieben wird, scheint mir entschieden hierher zu gehören und nehme ich an, dass die Angaben des Vaterlandes auf einem Irr- thum beruhen. Im entgegengesetztem Falle würde eine solche Miniaturform des carolinus in Mexico und Californien eine ganz neue, bisher aber sonst nirgend erwähnte Art sein. Die Annahme, das Bonaparte’s ursprünglicher subelegans , Proc. 1837, auf aurifrons Licht, zu beziehen sei, gewinnt um so mehr an Gewissheit, als Bonaparte bis zuletzt über Lichtenstein’s Vogel im Unklaren geblieben ist, da er von dieser grössten Art noch im Conspectus sagt: „similis praecendenti (subeleganti) sed etiam mi- nor.“ Eben daselbst fügt Bonaparte der ursprünglichen Diagnose des subelegans die Worte hinzu „abdominisque medio rubris; ma- cula oculari nigra nulla“ und passt so dieselbe mehr dem tricolor an, nur dass der Ausdruck „et cervice subauratis“ dennoch im- mer dem rothen Nacken des tricolor widerspricht. Anmerkung. Die Vögel aus dem Innern von Neu- Granada scheinen von denen von der Küste und von Venezuela etwas ab- zuweichen : Zwei Männchen von Baranquilla in der Sammlung des Herrn Ober- Amtmann Heine zu Halberstadt, haben die Haube vom Scheitel bis zum Hinterkopf und Nacken ohne Unterbre- chung roth gefärbt, also ähnlich wie albifrons sive erythrophthalmus . Die sonstigen Abweichungen erscheinen jedoch unwesentlich; Weib^ chen sind mir nicht bekannt. Sollten letztere gleichfalls differi- ren, so könnte diese Abart, wenn sie sich später bestätigen sollte, als Centurus rubricapillus bezeichnet werden. ■J* Centurus Pucherani Bp. Consp. pag i 20 sp. 9. — Zebrapicus (!) Pucherani Malh. Rev. Zool. 1849 p. 542 sp. 15. — Equador, und Central America nach Sclater. Im Ganzen nicht viel grösser als die vorhergehende Art und mit rother Bauch- mitte, weicht Pucherani wesentlich durch die schwarze Färbung Vögel von Costa Rica. 329 der Kopfseiten, welche sich hinter den Augen mehr oder weni- ger deutlich über den Kopf als Grundfärbung erstreckt, und durch die bis zur Brust hinaufsteigende schwärzliche Querzeichnung der Unterseite ab und erinnert durch diese Abweichung an Tripsurus , namentlich an T. flavifrons sive rufriventris Vieill. Das Weibchen (von Equador) hat die vordere Stirn goldgelb, nach hinten in gelbgrau übergehend, Mitte des Kopfes von Auge zu Auge schwarz, Hinterkopf roth. Das mir unbekannte Männchen soll den Vorder- und Hinterkopf roth haben. (Mr. Malherbe sagt: „toto vertice, sin- cipite, nucha et ventre medio sanguineo-rubris.“) Wir fänden also hier die von dem Färbungsgesetze abweichende Ausnahme, dass das Weibchen die Stirn gelb hat, während das Männchen dieselbe roth haben soll, da sonst immer die (vordere) Stirn bei beiden Geschlechtern gleich gefärbt ist, wenn auch weniger in- tensiv beim Weibchen. Bürzel und obere Schwanzdecken weiss. Die mittelsten Steuerfedern und die äussersten schwarz und weiss quergezeichnet. (9 )Centurus hypopolius Cab. — Licht. Nomenclat. Mus. Ber. p. 16. — Picus scalaris Licht, (bis) in Mus. Berol. nec Licht. Wagl., Isis. — Picus hypopolius Wagl. in Mus. Ber. — Id. Isis 1829, p. 514. — Centurus hypopolius Rchbch. Handb. d. spec. Orn. p. J40, no. 965 cum tab. Mexico. Weicht gleichfalls in einigen Beziehungen von den typischen Arten ab, besonders auffallend in der Schnabelform. Der Schnabel ist dünner, spitziger und mit eigenthümlich abgerundeter Firste. Das Grau des Kopfes, Halses, der Brust und des Bauches ist viel dunkler, ein dunkles röthliches Grau. Die Stirn ist hell, weisslich oder schmutzig weissgrau; Zügelgegend und Fleck über dem Auge schwarz oder schwarz untermischt, also nicht so entschieden markirt als beim elegans Sws. Das Männchen hat hinter der Stirn beginnend, auf der Mitte des Kopfes eine ver- hältnissmässig kleine dunkelrothe Platte, welche unserem angeb- lichen Weibchen fehlt. Einige unterhalb der Ohrengegend nach vorn sich bei unseren beiden Exemplaren zeigende rothe Feder- chen, möchten fast vermuthen lassen, dass die Art vielleicht im gut ausgefiederten Zustande einen Bartstreifen haben möge, oder wenigstens eine Andeutung, wie letztere sich auch bei alten In- dividuen von carolinus und aurifrons bemerkbar macht. Von ei- ner gelben oder sonst lebhafteren oder überhaupt abweichenden Färbung der Bauchmitte findet sich bei unseren beiden Exempla- 330 Cabanis: Uebersicht der ren keine Spur. Der anscheinend etwas längere Schwanz ist an- nähernd ähnlich dem des Picus varius Lin. gezeichnet, mit welcher Species auch in dem eigentümlichen Umstande eine Aehnlichkeit stattfindet, dass nämlich die weisse Zeichnung des Rückens und der Flügel hin und wieder olivengrau überwaschen erscheint. Diese Art scheint wenig gekannt zu sein, da Picus hypopolius Wagl. bis- her öfters falsch gedeutet wurde. Die beiden Exemplare unseres Museums von Tehuacan und Tecuapan führten ursprünglich den Namen scalaris, welchen Lichtenstein zweimal an verschiedene Specht- arten vergeben hatte, weshalb Wagler dieselben als Typen zu sei- ner Beschreibung unter dem Namen hypopolius benutzte. Später theilte ich Herrn Prof. Rcichenbach unsere Yögel mit, und ist I dessen gute Beschreibung daher gleichfalls nach Wagler’s Origi- nalen genommen. Die folgende Art ist mir aus Autopsie nicht bekannt : -H'o.) Centurus uropygialis Baird. — Proc. Acad. Philad. VII, (Juni 1854) pag. 120. — Id Report pag. 111. — Centurus hypopo- lius Bp. Pucher. (nec Wagl.) Rev. et Mag. Zool. 1853, p. 163. — Centurus sulf ureiventer Rchbch. Handb. (Octbr. 1854,) pag. 410, no. 964 cum tab. — Centurus Kaupii Bp. Mss. passim Mag. 1853, p. 162. — Nördliches Mexico. Dem hypopolius anscheinend sehr ähnlich, aber mit gelber Bauchmitte. Baird’s Behauptung, dass der Vogel von letzterer Art verschieden sei, wird durch den Umstand um so mehr bestätigt, dass Reichenbach, welcher die Typen des hypopolius kannte und beschrieb, mit Baird fast gleichzeitig diese verschiedene Art als sulfureiventer bekannt machte. Reichenbach sagt: ,, Durch seine gleichförmige schwarz und schön weiss gebän- derten Mittel- und Aussenschwanzfedern ist er leicht unterscheid- bar.“ Pucheran giebt die Mss.-Diagnose von Bonaparte wie, folgt: „Ex Mexico, Zacatecas. Albo nigroque fasciatus; subtus cum capite et collo rufescente cinereis; crisso subaureo. Mas. ma- cula verticis coccinea. Fern, vertice concolore.“] FAM. RH AMPH ASTID AE . SUBFAM. RHAMPHAS TIN AE. -—142. Aulac orhy nchus coerule ogularis. — Aulacorliamphus coerule ogularis Gould, Proc. Zool. Soc. 1853; Id. Monagr. of the Ramphast. 2. ed. tab. 51. — Pteroglossus coeru- leigularis Gray, List Coli. Brit. Mus. III, Sect. I, p, 14; no. 32. — Vögel von Costa Rica» 331 Cure; v. Frantzius. — Barba Vulcan; Hoffm. Gould beschrieb diese Art zuerst von Varagua. Unsere Exem- plare stimmmen sonst vollkommen mit Gould’s Abbildung, wei- chen aber in folgender Beziehung ab: Die Stelle am oberen seit- lichen Theile des Oberkiefers vor den Nasenlöchern ist nicht schwarz, sondern kirschbraun gefärbt; das weisse Band an der Basis des Unterschnabels ist nicht so breit als in Gould’s, Ab- bildung, daher weniger aulfallend breiter als bei alhivitta. Die Färbung der nackten Augengegend ist von den Reisenden leider nicht angegeben. [Hierher gehören ferner: 1. Aulacorhynchus prasinus (Licht.) Mexico. — 2. A. Wagleri (Sturm.) Mexico. — 3. A. albivitta (Boiss.) Bogota. — 4., A. atrogularis (Sturm.) Peru, Equador. Die Gattung Aulacorhynchus wurde von Gould 1834 begrün- det, und der Name, als bereits anderweitig vergeben, später durch Aulacorhamphus Gray 1840 ersetzt. Da indess, soweit mir be- kannt ist, Aulacorrhynchus Nees erst in der Linnaea 1835 — 36 als Pflanzenname angewandt wurde, so behält Gould’s Name die Priorität. Für die von Gray (Catal, Genera et Subgen. 1855.) abgezweigte, aber unbenannt gelassene Gruppe, könnte in An- wendung kommen: y Aulacops. ( Aulacorhamphus Gray pt. Bp.) Hierher gehören: 1. Aulacops sulcata (Sws.) Venezuela; Ty- pus generis. — 2. A. Derbyana (Gould) Peru, Bolivia. — 3, A . castaneorhyncha (Gould) Bogota. — 4. A. haematopygia (Gould) Brasilien? — 5. A. coeruleicincta (Orb.) Peru. Abweichende Form.] - 143. Pteroglossus torquatus Wagl. Isis 1829, p. 508. — Ramphastos torquatus Gm. Syst. p. 354. — Pterogl. torquatus Gould, Monogr. Ramphast. ed. 2. tab. 20. Sclat. Ibis 1859, p. 135 no. 229. — Pterogl. ambiguus Less. Traite d’Orn. p. 178. — Pterogl. regalis Licht. Mus. Ber. Gould Monogr. 1 . ed. tab. 14. Cur re; San Miguel de Costa Rica. Las Apiqui, Septbr. 59; junger Vogel, v. Frantz. Das einzige durch Dr. v. Frantzius eingesandte Exemplar ist ein junger, noch nicht ganz ausgewachsener Vogel. Derselbe hat jedoch schon das charakteristische Nackenband angedeutet, und die Schnabelfärbung zeigt nichts Widersprechendes, so dass diess Exemplar mit Sicherheit als junger Vogel des torquatus, und nicht der folgenden neuen Art, Pt. Frantzii , genommen werden kann, 332 Cabanis: Uebersicht der [Interessant ist das Vorkommen einer dem torquatus höchst ähnlichen Art, oder climatischen Abart, in Süd- America, in der Küstengegend von Neu- Granada. Unser Museum erhielt ein Exem- plar aus der Gegend von Porto Cabello : Pteroglossus nuchalis n. sp. Diese Art hat einen grösseren längeren Schnabel, welcher von der Wurzel bis zur Spitze 4 p' misst, und dessen Oberkiefer, ausser den dem Schnabel des tor- quatus entsprechenden Einschnitten, am Basaldrittel 3 kleinere Einschnitte mehr zeigt, welche bei torquatus nicht vorhanden sind. Die Unterseite des Unterkiefers ist nicht rein schwarz, sondern hin und wieder helldurchscheinend. Hauptunterschied in der Fär- bung ist fast nur der anscheinende Mangel eines vollständigen rothbraunen Nackenbandes. Statt dessen zeigt unser Exemplar nur in der Mitte des Nackens einen Fleck von hellerer rothbrau- ner Färbung, welcher durch die so gefärbten Spitzen der letzten schwarzen Federn der Haube gebildet wird. Anscheinend ist der schwarze Brustfleck bei unserem Vogel etwas kleiner, die schwar- ze rothuntermischte Brustbinde dagegen breiter, als bei torquatus. Trotz des unvollständigen, nur durch einen Fleck angedeuteten Nak- kenbandes, möchte ich unser Exemplar für einen alten ausgewachse- nen Vogel halten, selbst aber für den Fall, dass das Nackenband bei anderen Individuen entwickelter auftreten sollte, würden die angegebenen Charactere des Schnabels zur Sonderung genügen. — Vom Pteroglossus Aracari von Cayenne und Para hat man eine kleinere brasilische Abart als Pt. Wiedii getrennt, ebenso kann man eine grössere Abart von Venezuela unterscheiden: ^-Pteroglossus formosus n. sp. Wie Wiedii , mit schmälerm schwar- zem Streif am culmem, mit nicht entschieden sichtbarer röthlicher Brusteinfassung der schwarzen Kehle und mit grünen Hosen. Da- gegen aber in allen Verhältnissen nicht nur viel grösser als Wie- dii, sondern auch grösser als Aracari und mit fast P' längerem Schnabel als letzterer. Kinn und Kehle sind dunkel rothbraun und an den Seiten des Halses mit dem ebenso gefärbten Ohr- streifen verbunden, so dass die schwarzen Wangen dunkelrothbraun eingefasst erscheinen. Das Geschlecht des hier eben beschriebe- nen Vogels ist nicht angegeben, vielleicht deuten die rothbraunen Abzeichen auf ein Weibchen, und ist abzuwarten wie die Ohrge- gend und Kehle beim Männchen gefärbt sein wird. Bei den nächst- verwandten Arten kommt öfters, namentlich wohl bei den Weib- chen, eine Andeutung von Rothbraun an der Ohrgegend vor, nicht Vögel von Costa Rica. 333 aber an der Kehle. Ausserdem ist formosus grösser als Aracari und mithin wohl die grösste bekannte Pteroglosstcs- Art überhaupt.] +-'144. Pter oglossus Frantzii. — Pteroglossus Frantzii Cab., Sitzungs-Bericht der Gesellschaft i naturfors ehender Freunde zu Berlin am 19. November 1861. Currö; Aguacate Gebirge, im Januar; 1 Exempl., alter Vo- gel. v. Frantz. Im Ganzen etwas grösser als Pt . torquatus und diesem in al- len Beziehungen, auch selbst bis auf die dieser Art bisher aus- schliesslich eigenthümliche rothbraune Nackenbinde sehr ähnlich, dagegen wesentlich verschieden durch den viel längeren Schnabel, durch die feinere, zahlreichere Zähnelung des Oberkiefers, wel- cher an der Spitze nicht schwarz, sondern hochgelb, fast röthlich, gefärbt ist. Statt des seitlichen rothen Flecks an der Basis des Oberkiefers ist diese Stelle schwärzlich oder dunkelolivengrün gefärbt. Die nackte Stelle ums Auge ist am getrockneten Exem- plar vor dem Auge dunkel, nach hinten anscheinend roth. Die sehr breite einfarbig hochrothe Bauchbinde ist sehr verschie- den von der schmalen schwarzen, roth untermischten des torquatus . 145. Ramphasto s approximans n. sp. R . simillimus carinato , differt statura, rostrique magnitudine vix minore et torque pectorali distinctissima rubra. Curd; v. Frantz. Von dem mexikanischen carinatus Sws. (= piscivorus Lin.? — mlfuratus Less. — poecilorhynchus Licht.) hat Gould bereits eine kleine, an der Westküste vorkommende Art, R. brevicarinatus, abgesondert. Dieselbe unterscheidet sich durch den um | der Länge kürzeren Schnabel und ein rothes Brustband. Der Vogel von Costa Rica ist wiederum verschieden, indem er mehr die Grössen Verhältnisse des mexicanischen carinatus zeigt, und von diesem nur durch unbedeutend geringere Maasse abweicht, dagegen aber eine entschieden ausgebildete, etwa 5"', breite, rothe Brustbinde zeigt, während dieselbe bei carinatus nur sehr schwach angedeutet ist, oder öfters fast ganz fehlt. R. brevicarinatus , wel- chen ich nur aus Gould’s Abbildung kenne, hat einen viel kür- zeren Schnabel. Sclater führt (Ibis 1859, p. 135, no. 228.) für Central-Ame- rica nur den carinatus Sws. auf. Es bleibt daher fraglich, ob dar- unter der mexicanische oder mein approximans zu verstehen ist, und wo die Verbreitungsgränze beider Abarten eintritt. 334 Cabanis: Uebersicht der -7 146. Ramphastos Tocard Vieill. Encycl. möth. III, pag. 1430. — Wagl. Syst. Av. spec. 4. — Gould Monogr. Ramphast. 2. ed. tab. 4. • — Ramphastos S wainsonii Gould Proc. Zool. Soc. I, p. 69; Id. Monogr. 1 ed. — Curd; v. Frantz. Das Vorkommen dieser Art in Costa Rica, ist neu, bisher war dieselbe nur aus Peru und Equador bekannt. An der eigenthüm- lichen Färbung der Basalhälfte des Unterkiefers und des entspre- chenden Theils der Seiten des Oberkiefers, welche Gould „red- dish chesnut“ nennt und welche ich als annähernd Fleischfarbig bezeichnen möchte, ist der Vogel leicht kenntlich und vom ambiguus Sws sofort zu unterscheiden. [In der 2. Ausgabe seiner Monographie hat Gould beide Arten richtig gesondert und Swainson’s ambiguus hauptsächlich auf den Vogel von Bogota, Schnabellänge 51", zurückgeführt. Unser Exem- plar von Peru, (mithin Tschudi’s ambiguus ,) hat eine Schnabellänge, von 5|", stimmt aber sonst mit Gould’s Angaben ziemlich genau, überein, indem bei demselben bloss der Nacken einen dunklen purpurfarbigen Anflug zeigt („with a tinge of rufous at the back of the neck“ Gould), während die Brust und die Unterseite abwärts von derselben blau-schwarz schillern. Da ich kein Exemplar von Bogota zur genaueren Vergleichung habe, so muss ich die etwaigen - Abweichungen vom peruanischen Vogel dahingestellt sein lassen. Ein Exemplar unsersMuseums aus der Küstengegend von Neu-Grana- da, von Porto Cabello, betrachte ich jedoch als zusonderndc Abart: R. abbreviatus n. sp. Merklich kleiner; Schnabel wenig über 41" lang; Scheitel, Nacken, Oberrücken und die schwarze Bauch- seite, namentlich die Brust, röthlich angeflogen. Nackte Augenge- gend, nach Angabe des Sammlers, grün. Schliesslich möge hier noch die Bemerkung eine Stelle fin- den, dass auch die im südlichem Brasilien vorkommende, dem R . Togo von Peru und Cayenne entsprechende Form, constante- Abweichungen zeigt: R. albogularis n. sp. Etwas kleiner, mit etwas kürzerem Schnabel | und mit rein weisser Kehle ohne den gelben Anflug und ohne die feinen röthlichen Spitzen an der Grenze der Kehle, Es ist diess Azara’s Vogel, Apunt. no. 50.] FAM. PSITTACIDAE. Einer brieflichen Andeutung des Herrn Dr. von Frantzius zu Folge, hat derselbe II Arten von Papageien in CostaRica beobachtet. Vögel von Cota Rica. 335 Bis jetzt sind indess nur 3 Arten eingesandt und ist mir nur eine vierte (Ara militaris s. ambiguus) anderweitig aus Costa Rica be- kannt. Die Vervollständigung der Psittaciden muss daher der Veröffentlichung bis auf weitere zu erwartende Zusendungen Vor- behalten bleiben. SUBFAM. PS IT TA CINA E. f-147. Pion us senilis Wagl. Monograph. Psitt. p. 604. — Psittacus senilis Spix, Av. Bräs. I. Tab. 31, Fig. 1. — Psittacus leucorhynchus Sws. Syn. Mex. Birds in Phil. Mag. 1827, p. 438 no. 77. — Pionus senilis Bonap. Rev. Zool, Mars. 1854, Pionus spec. 7. — - Sclat. Ibis 1859, p. 138, no. 247. Chucuyo; v. Frantz. Vom brasilischen Vogel nicht verschieden. SUBFAM. CONURINAE. 148. : Eup sittaca Petzii. ~— Psittacus Petzii Leibi. Hahn Orn. Atlas Tab. 64. Sittace- Petzii Wagl. Monogr. Psitt. p. 650. — Psittacus ( Aratinga ) ebur- neirostrum Less. Rev. Zool. 1842, p. 135. — Conurus Petzii Gray, Gen. Birds II, p. 513. • — Eupsittula (!) Petzii Bp. Souancd Rev. Zool. 1856, sp. 39. Periquito; v. Fran£z. — Hoffmann, Scheint in Costa Rica häufig zu sein und ersetzt daselbst, wie überhaupt in Central-Amerika und Mexico, die brasilische Eupsit- taca aurea1 (Psittacus aureus Linn.) Letztere Art hat einen klei- neren dunkelgefärbten Schnabel, die orange Farbe der Stirn wei- ter über den Vorderkopf und als Einfassung um die Augen aus- gedehnt. Bei E. Petzii Ist nur die Stirn orange, die Umgebung der Augen ist nackt und der helle Schnabel grösser, stärker. Eupsittula Bp. ist vox hybrida und kann als solches nicht in Anwendung kommen, ich setze daher Eupsittaca. g— 149. Pyrrhura Hoffmannii. — - Conurus Hoffmanni Cab. n. sp. Sitzungs-Bericht der Gesellsch. naturforchender Freunde zu Berlin am 13. Nov. 1861. P. viridis macula auriculari caudaque subtus sanguineis. Long, tot. fere 9"; ala. 5"; cauda 41". Wir erhielten diese charakteristisch gezeichnete neue Species zuerst durch Br. Hoffmann von Agua caliente bei Cartago, später auch durch Dr. v. Frantzius. Die Art gehört zu den kleineren Formen der Conurinae und kommt in den Grössenverhältnissen mit den andern central-amerikanischen Conuren ziemlich überein. 336 Cabanis: Vögel von Costa Rica. Das ganze Gefieder ist grün, ebenso die Oberseite des Schwan- zes. Charakteristisch ist die blutrothe Färbung der Befiederung der Ohrgegend, ebenso ist die Unterseite des Schwanzes blutröth- lich gefärbt. Die Aussenfahne der 1 sten Schwinge ist schwarz, die der folgenden bläulich, mit grünem Aussenrande. Die Unter- seite des Flügels mehr oder weniger gelb. Die Federn der alula sind am Grunde gelb und scheint diese Farbe, je nach dem Alter oder Geschlecht, sich auf die Schwingen, namentlich am Grunde und an der Innenfahne der Armschwingen zu verbreiten, wodurch ein gelber Flügelfleck gebildet wird. Schnabel hell, Stelle dicht ums Auge nackt. Merkwürdiger W eise kommt, nach Sclater’s Abbildung zu schlies- sen, in Central-America gleichfalls eine äusserst ähnliche Pionus - Art vor, also mit kurzem, nicht keilförmigen Schwänze. Hier kann also keine Verwechselung stattfinden. Ebenso sind aber auch die Unterschiede zwischen Hoffmanni und der Pyrrhura hae- matotis Souancö von Neu-Granada sehr wesentlich, ORDO RAPTATORES. FAM. STRIGIDAE. SUBFAM. S URNIINAE. -H50. Glaucidium Gnoma Wagl. Isis 1832. pag. 275. — Surnia passerinoides Audub. (nec Temm.) Synops. pag. 23, 30. — Stria elata (err. pro elutal ') Bp. Consp. pag. 36, Glaucidium spec. 2. — Glaucidium infuscatum Cass. (nec Temm.) Birds Californ. pag. 189. — Glaucidium californicum Sclat. Proc. Zool. Soc. 1857, p. 4. — Glaucidium Gnoma Cass. Baird, Report, pag. 62. — Glaucidium infuscatum Sclat. Ibis 1859, pag. 220. no. 295. et Glaucium Jardinii Sclat. 1. c. no. 296. — Strix Pusio Licht, (mas.) et Stria: cinnamomea Licht, (fern, juv.) in Mus. Berol. — Estucuru; v. Frantz. Salitral bei S. Josö, im Juli; Hoffm. Diese meistens mit dem südamerikanischen Gl. infuscatum (s. 'passerinoides) indentificirte Art, vertritt dieselbe in Nord- und Mittel-Amerika. Sie ist etwas kleiner, namentlich die Männchen, und etwas lichter gefärbt als infuscatum , sonst demselben in vie- len Beziehungen äusserst ähnlich. Schwanz heller, nicht schwärz- lich sondern dunkelbraun, mit 5 — 6 weissen oder vorherrschend weissen Querbinden, welche nur unmittelbar am Schafte unter- brochen sind, mithin nicht gänzlich isolirte rundliche Flecke wie bei infuscatum. Die mehr ins Rothbraune ziehenden Individuen, (jün- gere) haben zahlreichere, 7 — 8 durchgehende rothbraune Binden. (Fortsetzung folgt.) W. Preyer: Ueber Plautus impennis. m Ueber Plautus impennis Brünn. Yon William Preyer. (Fortsetzung und Schluss ; s. Seite 110 — 124.) II. Geographische Verbreitung. Seiner rein oceanischen Natur gemäss hat der Brillenalk, wie es scheint, niemals auf dem Festlande oder auf grossem Inseln genistet, sondern immer nur auf den einige Meilen von der Küste entfernten Felseneilanden, Klippen und Scheren im Nordatlanti- schen Ocean. Weder auf Grönland, noch auf Island, noch auf La- brador und Newfoundland hat er jemals gebrütet, soweit unsere Kenntniss reicht, sondern nur auf den Inselchen an den Küsten dieser und anderer Länder. Als Nistplätze des Brillenalks kommen überhaupt in Betracht : 1. Die Norwegischen Scheren. 2. Spitzbergen. 3. Grön- lands Scheren. 4. Die Inseln und Klippen um Newfoundland, in der Bay of St. Lawrence und bei Labrador, nebst Cape Cod. 5. Die Färöer. 6. St. Kilda, die Orkneys und die Hebriden. 7. Die Dänischen Inseln. 8. Die Scheren und Felseninseln um Island. III. Geschichte. Ueber das frühere Vorkommen und das Aussterben des Bril- lenalks an den genannten Orten hat Steenstrup in seiner bereits erwähnten Abhandlung ausführliche und interessante Angaben zu- sammengestellt. Es ist aber noch gar manches hinzuzufügen. Ich beschränke mich hier darauf, über das Verschwinden des Brillen- alks von den zu Island gehörenden Inseln zu berichten, und schicke betreffs der übrigen Brüteplätze nur folgende Bemerkungen voraus. 1) Die Norwegischen Scheren. Hier scheint selbst vor mehrern Jahrhunderten der Vogel nicht häutig gewesen zu sein, wenigstens fehlen darüber alle Be- richte*). In den letzten 50 Jahren ist nicht ein Exemplar an der Norwegischen Küste gesehen worden. Das letzte war, scheint es, das 1814 im Kattegat erlegte, aber auch das war nur eine Aus- nahme. Steenstrup giebt ausdrücklich an, dass, seines Wissens, der Brillenalk an dem nördlichen Theile der Norwegischen Küste, niemals sei angetroffen worden. 2) Spitzbergen. Die einzige mir bekannte Stelle, wo der Brillenalk als Be- *) Habitat in mari Norwegico rarius. Linne Fn. Suec. 1746. Journ. f. Ornith,, X. Jahrg. Nr. 59, September 1862. 22 338 William Preyer: wohner von Spitzbergen genannt ist, findet sich in: John Gould „The birds of Europe“ (vol. V. 1 837. Text zn T. 400. Steenstrup 1. c. p. 6S). Sie lautet: „Er wird in Menge an den zerrissenen Küsten von Labrador angetroffen, und aus dem Umstande, dass er auch in Spitzbergen gesehen worden ist, können wir füglich schliessen, dass sein Verbreitungsbezirk sich über den ganzen Po- larkreis erstreckt.“ Welche Stelle Gould hier im Sinne hatte, ist mir unbekannt. Es wird schwer halten, irgend einen Beweis für das Vorkommen des Brillen alks in Spitzbergen beizubringen. Keine dahin einschlagende Reisebeschreibung erwähnt seiner. Ebenso ist er meines Wissens nie auf Jan Mayen und der Bäreninsel be- oachtet worden. 3) Grönlands Scheren. In dem Verzeichnisse der Vögel Grönlands von Reinhardt, welches dem Buche über Grönland von A. v. Etzel (Cotta 1860) als Beilage angehängt ist, findet sich ■„ Alca impennis L., Grönlän- disch Isarokitsok“ unter den zufällig und vereinzelt in Grönland erscheinenden Vögeln aufgeführt. Doch kann diese Angabe nur auf frühere Zeiten und den bekannten, südlichen Theil Grönlands sich beziehen. Jetzt findet sich wol keiner mehr dort. Steen- strup schreibt (1. c. p. 43): „Infolge der bisjetzt bekannten Beobachtungen sind wir durch- aus unberechtigt anzunehmen, dass der Geirvogel die Sommerzeit oder Brütezeit an Grönlands Küsten zugebracht habe; er ist nur ein Wintergast gewesen, gemeiniglich nur als junger Vogel und nie in einer irgend grossen Anzahl. Die Orte, an denen er in frühem Zeiten gesehen worden ist, waren die Inseln im südlichen Theile von Grönland, und er ist ebensowenig von unsern Kolo- nisten und Seefahrern und von den Grönländern in Nordgrönland gesehen worden, wie an irgend einer andern Stelle oben in der Davisstrasse bei Gelegenheit der zahlreichen Besuche, die, wie Ross’ und Parry’s Reisen und namentlich die letzte der zahlrei- chen Franklin suchenden Expeditionen, in diese Gegenden unternom- men worden sind.“ Hier geht Steenstrup offenbar zu weit, wenn er alle in Grönland beobachteten Exemplare als verirrte und nur zufällig anwesende, nicht an den Küsten Grönlands brütende, hin- stellt. Die Grönländer sagen im Sommer sehe man den Esarokit- sok nicht, weil er auf seinen Brüteplätzen sich aufhalte. Ist es nicht zum mindesten wahrscheinlich, dass er auf den Scheren des östlichen Grönland genistet hat, wie dies auch Thienemann u. a. .annehmen? Ueber Plautus impennis. 339 Im Jahre 1821 erhielt Benicken nach achtjährigem vergeb- lichem Bemühen ein Exemplar ans Disko zugesandt (Isis 1824, S. 887). Dieses war wol das letzte Grönländische Exemplar, welches nach Europa kam. 4) Die Inseln und Klippen um Newfoundland, in der Bay of St. Lawrence und bei Labrador (?) nebst Cape Cod. Ueber das frühere Vorkommen des Brillenalks an diesen Orten gibt Steenstrup (1. c. p. 41 — 70) ausführliche Nachrichten. Es geht aus alten Englischen und Französischen Reisebeschrei- bungen hervor, dass im 16. Jahrhundert der Vogel auf den um Newfoundland gelegenen Inseln zahlreicher als irgendwo anders gebrütet hat und zu Tausenden getödtet wurde, da sein Fleisch sehr schmackhaft war. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Zahl der an den Nordamerikanischen Küsten brütenden Bril- lenalken immer kleiner und zwar ausschliesslich*) durch die unab- lässigen Verfolgungen der Seeleute, welche förmlich im grossen betrieben wurden, indem man ungeheure Scharen des Vogels in die langen schmalen Buchten und aus diesen mittels Stöcken auf das Land trieb, wo man sie wie Schafe einpferchte, um sie jeder- zeit abschlachten zu können. Kein Wunder, wenn das unbehol- fene Thier sehr bald gänzlich ausgerottet wurde, so dass in die- sem Jahrhundert in Amerika kaum ein Exemplar angetroffen ward. 5) Die Färöer. Wann der Brillenalk von dieser Inselgruppe verschwunden ist, lässt sich nicht angeben. Es erscheint zweifelhaft ob er über- haupt in den letzten Jahrhunderten auf einer der Färöer anhal- tend und in einer erheblichen Anzahl genistet hat. 1786 schreibt Mohr, ein geborener Färöaner (in seinem Forsög til en Islandsk Naturhist. Kphgn. S. 28.): „Auf den Färöer, wo doch in den mei- sten Sommern einige vereinzelte Exemplare auf dem Lande un- ter den Lummen gefangen werden, weiss man nichts von seiner Blindheit.“ Diese vereinzelten Exemplare waren vermuthlich von Island aus dorthin verschlagen worden. 6) St. Kilda, die Orkneys und die Hebriden. Diese Inseln waren — wenigstens St. Kilda gewiss — im 17. Jahrhundert zeitweilige Brüteplätze des Vogels seit dem Jahre 1764 jedoch sind immer nur vereinzelte Exemplare daselbst ge- fangen oder erlegt worden. Das letzte hier — und überhaupt auf *) Es ist mir nicht bekannt, dass der Eisbär (Thalarctos maritimiis) dem Brillenalk nachgestellt habe. 22* 340 William Preyer: den zu Grossbritannien gehörenden Inseln — beobachtete war das 1829 bei St. Kilda erlegte. Im British Museum wird eines aus Papa (West-Orkneys) neben einem andern angeblich aus Labra- dor aufbewahrt. Erster es steht zwar in dem die Fauna Gross- britanniens repräsentir enden T heile, aber ein eigentlich Britischer Vogel ist ‘der Brillenalk wol nie gewesen. Fast mit eben dem Rechte wie die Engländer können die Franzosen den Vogel als zur Fauna ihres Landes gehörig beanspruchen, weil 1830 ein Exemplar davon an die Küste der Normandie antrieb. (Isis 1833 S. 648.) 7) Die Dänischen Inseln. Sie werden nur insofern als Aufenthaltsort des Brillenalks hier angeführt, als man bei Havelse auf Seeland und in Meil- gaard (Jütland) Knochen des Brillenalks gemeinschaftlich mit de- nen von Tetrao urogallus L. unter zahlreichen Muscheln ( Mytilus , Gardium, Ostrea spp J und andern Ueberbleibseln der Mahlzeiten (Kjökkenmöddingen d. i. Küchenmoder) der Ureinwohner Däne- marks gefunden hat,*) was darauf hinweist, dass Plautus impen- nis — in vorhistorischer Zeit — sich hier aufgehalten hat. 8) Die um Island gelegenen Felseninseln und Klippen. Als ehemalige Aufenthaltsorte des Brillenalks um Island habe ich gefunden: 1) Gunnbjarnareyjar (und Krosseyjar?). 2) Lätrabjarg im Lätravlk. 3) Grfmsey. 4) Geirfuglasker IV. 5) Geirfuglasker III. 6) Geirfuglasker II. 7) Reykjaneseyjar (d. i. Geirfuglasker I. oder Fuglasker und Eldeyjar drängar.) Ueber das frühere Vorkommen des Geirfugl an diesen Or- ten und über sein Verschwinden daselbst habe ich bis jetzt fol- gendes in Erfahrung gebracht: J) Gunnbjarnareyjar (und Krosseyjar?) Diese in der modernen Geographie, wie es scheint, gänzlich vergessenen Inseln liegen alten Angaben zufolge zwischen Island und Grönland und nach den „Grönlandske historiske Mindesmär- kerw (Kphgn. 1838. I. 71 fg.) zwischen 65° 30' und 65° 40' NB. Sie wurden zu Ende des neunten Jahrhunderts von Gunnbjörn *) Steenstrup : Oversigt over Vidensk. Selskabs Forhandlinger 1855, 8. 13 - 20 und 385-386. Ueber Plautns impennis. 341 IJlfson entdeckt und benannt, sollen aber jetzt Danells oder G-raahs Öer heissen. Von den zahlreichen Stellen, welche ich bisjetzt in alten Rei- sebeschreibungen, Chroniken, Sagas u. dgl. über diese verschol- lenen Inseln mit ihrem hohen Berge Hvitserk gesammelt, erwähnt nur eine einzige das Vorkommen des Brillenalks daselbst. Sie steht in einem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts geschrie- benen Isländischen Manuscript, welches abgedruckt ist in den Grönl. hist. Mindesmärker (I, 124), und lautet wörtlich über- setzt: „Clemens hiess ein Mann in Latur am Adalsvik, jetzt vor 50 Jahren. Der Clemens besass Lätur. Dieser Clemens war ein guter Bauer in seinem Haushalt (j bin siiiu,) bieder und wahrheits- liebend. Er war den Verfolgungen der Machthaber ausgesetzt und entfloh auf ein Schilf zu den Engländern, welche fortwährend dort umhersegelten und trieben. Damals hatten diese Engländer nicht aufgehört mit dem Angelfischfang in Boten. Er bat sie ihn den (selben) Sommer wieder an das Land zu setzen, aber die am dern, seine Feinde, sollten glauben, er sei fortgesegelt. Deshalb war er in einem Hause auf den Bergen, wo sein Dienstmann Thordr, welcher später der Treulose genannt ward, ihn verrieth. Dieser Lätra-Clemens sagt, dass sie gesegelt seien unterhalb der östlichen GJ-unbj arnareyj ar, ohne die Ausdehnung derselben über- sehen zu haben, dann seien sie mit 2 Boten an einige Scheren gefahren und hätten das eine Bot mit G-eirfugl geladen, aber das andere Bot ging in irgend eine Bucht hinein; sie wollten an das Land zu den Vögeln, aber da war das Meer voll Dorschen. Sie befestigten das Bot, während sie es mit Fischen luden , nur um davon erzählen zu können, dort oben in der Bucht. Clemens war dabei, da sie ihn Scherzes halber mitgenommen hatten in das Bot und er erzählte es gäbe Ueberfluss an Fang und Graswuchs auf dieser Inseln, obschon man (vom Meere) nichts sah, als Sche- ren und öde Inseln.“ Obgleich man nun seit 200 Jahren*) nichts mehr von dem Vorkommen des Geirfugl auf den Gunnbj arnareyj ar weiss, haben jene Nachrichten doch zu sehr ein historisches Gepräge, als dass man sie ins Reich der Märchen zu setzen berechtigt wäre. Ist der Vogel dort (vielleicht durch die periodische Zunahme des Eises) vertilgt worden oder sollte man ihn vielleicht jetzt noch *) Danells Reise 1652 und Graahs Reise 1829 habe ich noch nicht einge- sehen. Vielleicht finden sich Angaben in der einen oder andern. 342 William Preyer: da finden? dies ist eine schwer zu entscheidende Frage, da mit gewöhnlichen Schiffen die eisumpanzerten Inseln nicht erreicht werden können. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering hier noch lebende Brillenalke anzutreffen, die Möglichkeit aber ist vorhanden. 2) Latrabjarg im Latravik. Latravik (von lätr*) und vik Bucht) ist eine im Nordwesten Islands in der Isafjardarsysla am Eismeer gelegene Bucht mit ei- nem Vogelberge (fuglbjarg), welcher Latrabjarg heisst. Als Fa- ber in Island war (1819 — 21) besuchte er auch diesen Ort und es erzählte ihm ein Bauer daselbst, dass er im Jahre 1814 sieben Geirfugl auf einer kleinen Schere erschlagen habe, welche wie ihre Verwandten dahinauf geklettert waren, und nicht geschwind genug wieder herunter kommen konnten (Faber Prodr. Isl. Orn. Kphgen 1822 S. 49.) Ein achter entkam (Isis 1829. S. 682). Später hat man von diesen 7 Exemplaren nichts mehr gehört und in Latravik keinen Geirfugl mehr gesehen. 3) Grimsey. Grimsey (von Grimur Mannsname und ey Insel) liegt unter 66° 33' 42" N. B., also jenseit des Polarkreises und 13 geogr. Meilen nördlich von Akurevri, dem Haupthafenplatz am Eismeer. Ich erfuhr an letzterm Orte manches Interessante über diese In- sel: Grimsey ist die armseligste Pfarre von ganz Island. Die I wenigen Einwohner leben fast nur von Fischen und Seevögeln, deren es dort ungeheure Mengen giebt. Es herrschen in Folge j schlechten Trinkwassers schreckliche Krankheiten auf der Insel j u. dgl. m. Grimsey ist auch merkwürdig deshalb, weil zwei zur Fauna Islands gehörende Vögel ausschliesslich daselbst brüten: Calidris arenaria lllig. (sanderla der Isländer) und Mergulus alle Ray (Isl. haftirdill). Ausserdem erfuhr ich, als ich fragte ob wol der Geirfugl dort vorkomme, dass vor etwa 30 Jahren (also nach der grossen submarinen vulcanischen Eruption bei Reykjanes 1830) ungefähr 20 Stück dieser Vögel daselbst erschlagen wor- den wären. Die Fischer schlugen die aufs Land gekletterten un- beholfenen Thiere mit Knütteln todt. Was aus den 20 Exempla- ren geworden, vermochte mir mein Gewährsmann an dessen Wahr- heitsliebe ich übrigens keine Ursache habe zu zweifeln, nicht an- zugeben. Diesem Berichte zufolge scheint Plautus impennis auf Grimsey, wenn auch nicht anhaltend genistet jedenfalls vor etwa *) Lätr : der Seehunde Lagerstätte in den Buchten der Meeresküste oder auf den Klippen des Festlands. Nach Björn Haldorsen. Ueber Plautus impennis. 343 30 Jahren sich in grösserer Anzahl aufgehalten zu haben. Nur fällt auf, dass er auch hier plötzlich ausgerottet wurde, denn seit der Zeit ist in Grimsey kein Geirfugl mehr gesehen worden; und dann dass vor der Zeit vorn Brillenalk auf Grimsey, meines Wis- sens, nirgends die Bede ist. Schenkt man obiger Erzählung Glau- ben so ist Grimsey der nördlichste Punkt, an dem überhaupt der Brillenalk gesehen wurde , im entgegengesetzten Falle ist dieser Punkt das 7 — 8 Minuten südlichere Lätravfk. 4 ) Geirfuglasker IY. Südöstlich von Island, einige Meilen von dem Breidamerkur- sandr entfernt, liegt eine jetzt selbst in Island kaum dem Namen nach gekannte Felseninsel Geirfuglasker. Wann hier die letzten Geirfugl gesehen worden sind, lässt sich nicht angeben, fällt in- dess jedenfalls in weite Vergangenheit. Jetzt erinnert nichts als der Name an den Vogel. Eggert Olafsson schreibt (Olafsson og Päls- son Beise igj. Isl. Soröe 1772. §. 765): „Einige Meilen vom Lande entfernt liegt die Klippe Geirfuglasker, wo sich Älca rostri sul- cis octo alis minimis aufhalten soll, doch muss man diese Insel von der gleichnamigen in Südisland wol unterscheiden.“ Ebenso sind hiervon zu unterscheiden: 5) Geirfuglasker III. Sie liegen östlich vom Breiddalsvik an der Ost-Küste Islands. Von ihnen meldet Olaus Olavius (in seiner ökonomischen Beise in Island 1780 — übersetzt aus dem Dänischen 1787. Dresd. u. Lpzg. S. 313): „Zu den vorerwähnten sichtbaren Klippen kann man noch eine ziemlich grosse rechnen, die 6 — 7 Meilen vom Lande liegen soll, nemlich das Geirfugleskjär, wo man vor Zei- ten um Johannis hingezogen ist, Geirfugle und Seehunde zu fan- gen. Dergleichen Beisen sind nunmehro nicht mehr gebräuchlich, allein zur Sicherheit der Schifffahrt müsste auch wol diese Klippe auf der Charte angemerket werden.“ Dies ist auf den neusten Karten geschehen. 6) Geirfuglasker II. Die südlichsten der Westmännerinseln (Vestmannaeyjar), drei nur von Seevögeln bewohnte gewaltige Felsen haben gleichfalls den Namen Geirfuglasker erhalten, weil vordem, d. i. jedenfalls vor mehr als einem halben Jahrhundert, der Brillenalk auf einem von ihnen genistet haben soll. Olafsson schreibt (1. c. §. 832): „Sulusker liegt von Heimaey (der grössten der Westmännerinseln) gegen SW. und eine ziemliche Strecke gegen W. von derselben 344 William Preyer : Geirfuglasker, eine kleine flache Klippe*), auf welcher der Geir- fugl Eier legt, wie auch auf einer andern Insel gleiches Namens seewärts von Reykjanes.“ „Der Bauer auf den Westmännerinseln“ sagt Fab er (Prodr. S. 49), „der am meisten mit dem Vogelberge daselbst zu schaffen hatte, erzählte dass er vor ungefähr 20 Jah- ren [also etwa 1800] einen solchen Vogel, den einzigen der Art, den er gesehen hatte, unter dem Vogelberge genommen habe. Er lag auf seinem Eie, das der Bauer mir so gross als das des Cygnus musicus, aber an Gestalt und Farbe ganz wie das der A. torda beschrieb. Der Vogel und das Ei hingen lange im Han- delshause auf diesen Inseln, waren aber leider bei meiner Ankunft vernichtet.“ In der Isis (1827. S. 682) wird hinzugefügt, das Ei sei auf dem nackten Fels gefunden worden. Ueber das letzte Vorkommen des Plautus impennis bei den Westmännerinseln siehe unten Seite 349. Von 1800 — 1845 ist kein Exemplar daselbst beobachtet worden. 7) Geirfuglasker I oder Fuglasker, und Eldeyj ardrängar. Ungefähr drei Meilen südwestlich von der äussersten Süd- westspitze Islands von Reykjanes (d. i. Rauchcap) liegen viele Klippen und Felseninseln von den Isläudern sker (Schere, eigent- lich zerrissenes oder zerspaltenes Land von skera, scindere, la- niare) und drängr (Klippe) genannt. Die geographische Lage je- der einzelnenist noch nicht ganz genau bestimmt; es lassen sich je- doch 2 Inselgruppen wol unterscheiden, die Geirfuglasker oder Fug- laskerund weiter seewärts die Eldeyj ardrängar, ausserdem dicht bei Reykjanes 2 flache Klippen Karl und Kerling. Alle zusammen nennt man auch Reykjaneseyjar. Die mit fast stets gleicher Heftigkeit um diese Inseln tosende Brandung macht sie für Menschen nur aus- nahmsweise nahbar; sie sind daher ganz besonders geeignet ausser den gewöhnlich daselbst in unangeblicher Zahl nistenden Vögeln auch scheuere und seltenere Bewohner des Nordatlantischen Oceans zu beherbergen, und in der That ist es gerade hier, wohin der al- lerwärts vom Menschen verscheuchte Brillenalk zuletzt hinflüchtete und noch vor 19 Jahren lebend angetroffen wurde. Ich stelle hier nun das Thatsächliche, was ich über das Vor- kommen des Brillenalks auf den Geirfuglasker und Eldeyj ardrän- gar in Erfahrung gebracht, chronologisch zusammen: 1746 wurde nach Anderson, der freilich viel Falsches erzählt, *) Ein Irrthum : Es sind drei hohe Felsen. W. P. Ueber Plautus impennis. 345 der Yogel nur auf den G-eirfuglasker gesehen und zwar sehr sel- ten. (Nachrichten von Isl., Grönl. und der Strasse Davis. Frnkf. und Lpzg. 1847. S. 54.) 1752 schreibt Horrebow, Andersons Werk recensirend, aber nicht mit der nöthigen Unparteilichkeit und Wahrheitsliebe ver- fahrend: „Auf . diesen Klippen hält sich zwar eine grosse Menge Geirfugl auf, aber man findet ihn auch an andern Orten im Lande. Obschon es keine so grosse Mengen von Geirfugl wie von andern Seevögeln giebt, so ist er doch nicht so selten, oder kommt nicht so spärlich vor, dass nicht die Einwohner ihn gewöhnlich (jevn- lign) auf der See erhalten, er wenigstens jederzeit von denen ge- sehen würde, welche hinausfahren seine Eier zu nehmen, die so gross sind wie Strausseneier. In einer gewissen Jahreszeit und mit ziemlicher Gefahr suchen sie diese grossen Vogeleier und brin- gen eine grosse Ladung heim mit sich in einem Bot, welches 8 Mann rudern. Die Gefahr und Schwierigkeit besteht darin, die Scheren zu erreichen. (Tilforladeliga Efterretningar om Island 1752. g. 49.) 1772 schreibt Olafsson : „Der Geirfugl ist in Island selten und nistet nirgends, als auf 2 niedrigen Scheren, wovon die eine zu den Vestmannaeyjar, die zweite und bedeutendere zu Reykjanes gehört, von der wir sowol den Vogel als sein Ei erhalten haben. Der Vogel, der zwar so gross ist, wie eine Gans, hat sehr, kleine Flügel, weshalb wir ihn auch Alca alis minimis genannt haben. Der Linneische Name Alca impennis passt nicht auf ihn, da er sowol auf dem Leibe, wie an den Flügeln vollkommene Federn hat. Mehrere Geirfugl haben Nest und Ei gemeinschaftlich; genau ge- nommen, bauen sie kein Nest, sondern die Eier liegen auf ihrem Kothe dicht beisammen auf den Klippen. . . . Der Vogel ist sehr fett, hat ein sehr mürbes Fleisch und giebt daher eine recht gute Speise ab.“ „Reykjaneseyjar nennt man mit einem Wort einige bei Reyk- l'anes gelegene Klippen, vor denen die Seefahrer sich wol hüten müssen. Karl und Kerling, zwei hohe Felsen,*) dicht an der Lan- desspitze, haben in der Ferne die Gestalt von Menschen, wes- halb man sie für Hexen ausgiebt, welche die Reisenden berau- ben. Eldey liegt eine Meile von dieser Spitze entfernt und dicht dabei Eldeyjardrängar eine hohe Klippe. An diesen Orten hal- ') Jetzt flache Klippen. 346 William Preyer: ten sich Alken auf und andere See- und Bergvögel; aber sie sind jetzt so steil, dass Niemand hinaufkommen kann; doch hat man in frühem Zeiten auf Eldey Strickleitern gehabt, und man sieht noch grosse Nägel in den Felsen, wo die Seile befestigt wor- den sind. G-eirfuglasker liegt weiter seewärts,*) eine ziemlich grosse Insel, die niedrig und daher auch auf der Westseite be- steigbar ist. Dicht davor, landwärts liegt eine mittelhohe Klippe und seewärts eine andere sehr hohe, welche in weiter Entfer- nung das Ansehen eines Segels hat. Sie hat auch eine weisse Farbe wegen der Excremente der grossen Menge Bergvögel, welche sich hier aufhalten. Diese Inseln erstrecken sich bis Beykjanes 5 Meilen in die See hinaus, gerade nach Westen, und 2 Meilen weiter hinaus, in derselben Linie ist ein blindes Riff, welches für Segelnde gar gefährlich ist; doch sieht man oft Brandung dort. Fremde Seeleute nennen diese Inseln mit einem Fugleskjär (Vo- gelscheren) und die äussersten det blinde Fugleskjär. Wenn hier die Schiffe ans Land oder zwischen die Inseln kommen, sind sie in schlimmer Gefahr, denn hier ist ein Strudel (Rost oder Mal- ström), wo das Wasser mit einem starken Strome bald ein- bald ausströmt, jederzeit auf und um die Klippen, auch wenn das Wet- ter ruhig ist. Auf den Geirfugleskjär halten sich Pinguine auf, (Alca alis minimis) in grösster Menge, denn sie können dahinauf kriechen und sie werden mitunter von den Einwohnern des Süd- landes gefangen, welche sich hier hinauswagen, wenn das Meer am wenigsten braust; doch können sie nicht anlanden; sondern einer von der Mannschaft muss mit einem Seile den Sprung auf die Klippe wagen, und wann sie zurück wollen, müssen sie ihn oft durch das Wasser in das Bot ziehen.“ (E. Olafsson og Bjarni Pälsson Reise igj. Isl. Soröe 1772, g. 896. 831.) Olafsson war von 1752—1757 und 1760-1764 in Island (g. 852.) 1786 schrieb Mohr, der 1780 u. 81 in Island reiste, und den Vogel nicht lebend sah: „Der Geirfugl, Brillefugl ist nur dem Namen nach im Nordlande bekannt, hat seinen Nistplatz auf den Geirfuglasker südlich vom Lande. In frühem Zeiten haben die Isländer, wTie erzählt wird, ihre Bote mit seinen Eiern auf den Geirfuglasker gefüllt“ (Forsög til en Isl. Naturh. Kjbhvn. S. 28, *) Jetzt heissen diese Eldeyjar drängar und Olafsson’s Eldeyjar drängar Geir- fuglasker. Durch vulcanische Ausbrüche ist die Lage und auch die Gestalt der einzelnen Klippen oft eine andere geworden, so dass Olafssons Vergleiche mit Menschengestalten und Segeln nicht mehr zutreffen. Ueber Plautus impennis. 347 29.) Letztere Angabe ist zweifelsohne nach oben citirtem Horre- bow und durchaus übertrieben. „Einige Bauern, welche dabei waren, als er gefangen wurde, behaupteten, er würde blind, so- wie er an das Land käme, da sich eine dicke Haut über seine Augen zöge, weshalb er auch ganz ruhig dasässe, bis man ihn griffe und todtschlüge; wieweit dies wahr ist, kann ich nicht sa- gen, da ich den Vogel nie lebend sah.“ 1813 segelte nach Faber (Isis 1837, S. 682) ein Schiff von den Färöer an den Scheren vorbei, und da das Wetter gut war, landeten die Leute mit einem Bote. Sie ergriffen ungefähr 20 grosse alte Alken auf den Eiern. Sie brachten sie nach Reyk- javik, wo der Bischof Vidalin ein Stück bekam, das er aus- stopfen liess und später nach4England sendete. Die andern wurden gleich verkauft und gegessen. „Seit dieser Zeit (1813 — 1827) ist Niemand aus Island auf diesen Scheren gewesen. Dieser Ueber- fall hat sie da freilich nicht ausrotten, aber doch zurücksetzen und verscheuchen können. Ueberdies liegen diese Scheren ge- rade auf dem Wege der vorbeisegelnden Handelsschiffe, die zu dem Hafen von Westisland wollen, wie auch der Holländischen Fischerjachten. Wenn solche gerade die Scheren brandungsfrei fin- den, so gehen die Leute mit Booten ans Land und nehmen die Vö- gel zur Speise. Dies ist eine bekannte Sache, aber zuviel dergleichen Nachstellungen duldet diese an Individuen so arme Art nicht.“ 1821 unternahm Faber eine Botfahrt nach den Reykjanes- eyjar, ohne eine Spur von dem Vogel zu entdecken. J823 wurden nach Faber (Isis 1827, S. 683) 2 alte Vögel in Brüttracht auf einer Schere beim Handelsplatz Eyrarbakki un- weit der Reykjaneseyjar von einem Knaben mit einem Stocke todtgeschlagen, abgebalgt und an das Kgl. Museum in Kopenha- gen gesandt. (Reinhardt in Kröyers Naturh. Tidsskr. Bd. II, Heft 5. S. 533—535, nach der Isis 1841 S. 421.) 1828 wurde ein Balg von Reykjavik nach Kopenhagen ein- gesandt. (Reinhardt 1. c.) 1830 und 31 wurden, wie ich in Reykjavik erfuhr, nicht we- niger als 27 Bälge nach Kopenhagen zum Verkauf geschickt. Die Vögel waren an verschiedenen Stellen des Faxa- und Breidi- Fjord gefangen worden, und zwar an Stellen, wo man Brillenalke sonst nie gesehen hatte. Sie waren offenbar durch den vulcani- schen Ausbruch im Jahre 1830, welcher ziemlich lange andauerte, die flachen Geirfuglasker grossen theils zerstörte undviele Klippen 348 William Preyer: erniedrigte, verscheucht worden, verirrten sich, und wurden von den Fischern erschlagen. 1832 kamen in Reykjavik noch 3 schlechte Bälge zum Ver- kauf. Seit der Zeit hat der Vogel nicht mehr auf seinem alten Brüteplatz nisten können und ist nur einzeln auf der Eldeyjar- und Karlsklippe gefangen worden. Nach Reinhardt (1. c.) wur- den im Jahre 1831*) von der Mannschaft eines Schilfes von Thors- havn noch 24 — 25 Geirfugl auf der „Alkenklippe“ erbeutet und nach Reykjavik gebracht, wo man sie rupfte und einsalzte. Diese Zerstörung der Kolonie war natürlich von grösstem Einfluss auf das Verschwinden des Vogels von Islands Scheren. 1833 wurden auf der Karlsklippe 3 alte Vögel und 1 Ei er- beutet. Erstere verkauften die Fischer zu 8 Rgsd. (etwa 6 Thlr. Deutsch) in Reykjavik, und später eignete sie sich Herr Apothe- ker Mechlenburg in Flensburg käuflich an. Das Ei ward dem Prof. Thienemann auf seinen Wunsch zur Ansicht Übermacht, aber nicht zurückgesandt. Die Versuchung scheint diesem Gelehrten zu gross gewesen zu sein. Es weicht durch seine sonderbare Zeichnung von allen andern Brillenalkeiern ab und findet sich in Okens Naturgeschichte abgebildet. 1834 (Anfangs Juni) sandte ein in Reykjavik ansässiger Kauf- mann ein grosses wol bemanntes Boot hinaus. Auf der Karls- klippe war nichts zu sehen, dagegen fand man auf Eldey 5 Ne- ster mit je 2 Eiern. Die dazu gehörigen Vögel waren sämmtlich auf der Klippe und konnten, wie die Bootsleute erzählen, nicht sehen, indem sich eine dünne weisse Haut übers Auge zog, wenn sie aus dem Wasser kamen (?). Ein Vogel rettete sich ins Was- ser, die übrigen 9 nebst 8 Eiern 2 Eier zerbrachen im Boot — brachten die Leute nach Kjeblevig. Von den Vögeln erhielt der damals in Island anwesende Kronprinz — jetzt König — von Dänemark einen zum Geschenk ; die übrigen 8 wurden an ei- nen Naturalienhändler in Hamburg zu 13 Thlr. Deutsch das Stück (und die Eier zu 2£ Thlr.) verkauft. Aus den mir vorlie- genden Rechnungen und Briefen geht hervor, dass diese Preise dem Manne zu theuer schienen. Durch diese Expedition wurde der Untergang des Vogels wieder um ein Bedeutendes beschleunigt. *) Es ist wahrscheinlich, dass diese Jahreszahl 1813 heissen soll, so dass der Fang mit dem oben (S. 347) angegebenen zusammenfällt; alles übrige stimmt überein. Ueberdies würde man schon im Jahre 1831 keinen Brillen- alken mehr gerupft uud gegessen haben. lieber Plautus impennis. 349 1835—1839 wurden zwar von Reykjavik aus alljährlich El- dey und die Karlsklippe während der Brütezeit durchsucht; es fand sich aber keine Spur von den Vögeln, so dass die gefähr- lichen Bootfahrten ganz eingestellt wurden. 1843 kamen die Fischer wieder mit 2 Vögeln und 1 paar Eiern, welche sie von der Karlsklippe geholt hatten, nach Reyk- javik. Diese kaufte Prof. Eschriclit für einen sehr hohen Preis. Es waren ihm für den Balg von England aus 200 Florin gebo- ten worden. 1845 oder 1846 wurde im Hafen der Westmännerinseln ein alter, zweifelsohne von den Reykjaneseyjar dorthin verschlagener Vogel geschossen (alle übrigen sind mit den Händen ergriffen worden), was denn das letzte ist, was man von Plautus impennis in Island gesehen oder gehört hat. Die Nachricht von Dr. N. Kjärbölling (Naumannia 1857, IV, p. 200), es hätten sich im Som- mer 1857 „4 Eier von Alca impennis auf den Geirvogelscheren im SW. von Island gefunden,“ scheint sich nicht bestätigt zu haben. Es muss jedoch erwähnt werden, dass seit 1831 die einige Meilen weiter seewärts gelegenen Eldeyjardrängar nicht besucht worden sind. Infolge der vulcanischen Erschütterungen ist die Hauptklippe sehr niedrig geworden und rings von blinden Riffen umgeben, gewöhnlichen Boten unerreichbar. Möglich ist es so- mit immer noch, dass hier einige wenige Brillenalke sich aufhal- ten, möglich, aber unwahrscheinlich. Die vulcanischen Ausbrüche haben den Vogel theils von dort verscheucht, theils ihn vernich- tet. Vor einigen Jahren weilte ein junger Engländer (Newton) monatelang an der Küste, mit der Absicht, sämmtliche Klippen zu durchsuchen, er konnte aber, irre ich nicht, keinen Tag gutes Wetter treffen, und musste, ohne etwas von Plautus impennis ge- sehen zu- haben, abreisen. Dieses sind die Nachrichten, welche ich über das Verschwin- den des Plautus impennis von Islands Scheren habe in Erfahrung bringen können: ich verdanke sie grossentheils, wie ich schon oben (S. 112) hervorhob der zuvorkommenden Güte des Herrn C. F. Siemsen in Reykjavik, dessen briefliche Mittheilungen ich hie und da fast wörtlich wiedergab. Es ergeben sich aus vorstehender Zusammenstellung folgende Resultate : I) Wenn man die Geschichte der Species Plautus impennis soweit irgend möglich verfolgt, so stellt es sich heraus, dass ihre 350 William Preyer: Individuenzahl in einem fortwährenden Abnehmen begriffen und schliesslich auf wenige Exemplare beschränkt war. 2) Es sind in diesem Jahrhundert (von 1800—1846) auf Is- lands Scheren etwa 120 Exemplare getödtet worden. Davon wur- den 45 abgebalgt und nach Kopenhagen (30) Hamburg (9) Flens- burg (3) und England (3) geschickt, 43 wurden gleich nach dem Fange gerupft und verspeist oder eingesalzen, so dass das weitere Schicksal von 32 zwischen 1800 und 1846 auf Islands Scheren getödteten Exemplaren noch unbekannt ist. Sieht man i von den fraglichen Exemplaren von Grimsey ab (1831),, so blei- ben noch 12 (7 vom Lätrabjarg 1814, 3 in Reykjavik 1833 ver- kaufte und 2 auf den Geirfuglasker II 1800 und 1846 getödtete, von denen jedoch der 1800 gefangene, 1821 vernichtet gewesen sein soll, so dass nur 11 blieben). 3) Ausser auf Islands Scheren ist in diesem Jahrhundert der Brillenalk nirgends brütend angetroffen worden, und da man selbst da von 1835 bis 1846 nur 3 und von 1846 bis 1862 kein Exem- plar mehr trotz sorgfältiger Nachforschungen gesehen hat, so ist es 4) keinenfalls verfrüht, den Brillenalk den ausgestorbenen Thierarten zuzuzählen. Denn selbst, wenn sich das eine oder an- dere Exemplar jetzt noch sehen lassen sollte, zur Erhaltung der Species reicht es nicht aus, und der Untergang der einzigen Art des Genus Plautus nämlich Plautus (Brünn) impennis (L.), somit des Genus Plautus , ist eine vollendete Thatsache. 5) Gebrütet hat Plautus mit Bestimmtheit nur an folgenden Orten: auf den um Newfoundland und in der Bay of St. Lawrence gelegenen Inseln und Klippen, am Cape Cod, auf den Reykjanes- eyjar im SW. von Island, auf den Geirfuglasker II im S. von Is- land, auf den Färöer, auf St. Kilda, und in den ältesten Zeiten auf den Dänischen Inseln. 6) Ausserdem hat er wahrscheinlich genistet: auf den Gunn- bjarnareyjar (den Graahs Öer), auf Grönlands Scheren, auf den Geirfuglasker III und IV im SO. und O. von Island und auf den Orkneys, vielleicht auch in den ältesten Zeiten auf Norwegens Scheren. 7) Gesehen wurde Plautus ausserdem noch auf Grimsey, nördlich vom Polarkreise, im Lätravik im nordwestlichen Island und an den Britischen Küsten. 8) Es ergibt sich hieraus, dass der Verbreitungsbezirk des Plautus zwischen 42° und 60° 34' lag, und wenn wir nur die mit lieber Plautus impennis. 351 Sicherheit als Brüteplätze bekannten Punkte berücksichtigen, stellt es sich heraus, dass sie alle zwischen den^Jahresisothermen 10° C. und 0° C. liegen. Ja es fallen sogar alle wahrscheinli- chen Brüteplätze (mit Ausnahme der Grönländischen Scheren) in diese Isothermalzone. Steenstrups Behauptung, dass Plautus impennis kein arktischer Vogel sei ist somit vollkommen richtig. Er hat den Polarkreis nicht überschritten um jenseit desselben zu brüten. 9) Plautus impennis war ein rein oceanischer Vogel, der den grössten Theil seines Lebens auf dem Wasser zubrachte, und hielt sich demgemäss immer nur in der Nähe von und auf Inselchen und Klippen auf, die einige Meilen vom Festlande oder von gros- sem Inseln entfernt liegen. Er wäre auch sonst — Verfolgun- gen leichter ausgesetzt — früher untergegangen, wie z. B. in Dä- nemark es der Fall war. JO) Man hat keinen Grund anzunehmen, dass Plautus im pennis gern in der Nähe von Eisbergen sich aufgehalten habe, denn mit einer einzigen Ausnahme (Funk’s Island) war keiner der mit Sicherheit bekannten Brüteplätze dem Treibeise besonders ausgesetzt.*) (Nach Steenstr.) 11) Die westliche Seite des N.Atlantischen Oceans ist in historischer Zeit als die eigentliche Heimath des Brillenalks zu betrachten. (Nach Steenstr.) 12) An allen Orten, an denen zu allen Zeiten der Brillen- alk gesehen wurde, ist er durch Menschenhand ausgerottet wor- den; nur an dem, wo er zuletzt beobachtet wurde, auf den Reyk- janeseyjar, trat noch eine andere Ursache der gänzlichen Ver- nichtung hinzu: vulcanische Eruptionen. (Siehe unten S. 353.) 13) Wenn es gelingen sollte an Orten, die als Aufenthalts- orte des Plautus impennis hier nicht genannt sind, Knochen oder andere Ueberbleibsel des Vogels aufzufinden, so wird dadurch weder betreffs des hier angegebenen Verbreitungsbezirks, noch rücksichtlich der Ursachen des Untergangs des Brillenalks eine irgend wesentliche Aenderung bedingt werden. Dies geht aus der Geschichte des Vogels genugsam hervor. Vergegenwärtigen wir uns nun die Ursachen der Vernich- tung von Plautus impennis. Relativ mangelhafte Organisation, infolge davon Unvermögen *) Hier kommen wieder die zwischen Island und Grönland gelegenen Gunn- bjarnareyjar in Betracht. 352 William Preyer: zu fliegen und zu laufen, und unablässige Verfolgungen des Men- schen (wegen des schmackhaften Fleisches und der trefflichen Dunen), das sind die Nachtheile, welche Plautus andern nahe ver- wandten Vögeln gegenüber hatte, und denen er schliesslich erlag. InBezug auf die mangelhafte Organisation stehen sich der Brillen- alk, der Dodo nnd die Biesenvögel von Neuseeland biologisch ziem- lich gleich. Das Flugvermögen fehlte allen dreien, und alle drei wur- den durch Menschenhand ausgerottet. Ein Vogel, der weder flie- gen noch laufen kann, gewissermaassen das Zerrbild eines Vo-* gels, scheint von vorn herein in einer Periode wie der jetzigen dem Untergange geweiht. Hätte Plautus fliegen können, so würde es, trotz der grossartigen Verfolgungen, jetzt noch zahlreiche Scharen davon auf den Inseln des Nordatlantischen Oceans ge- ben. Aehnlich verhält es sich mit Didus und Dinornis . Diese drei Vogelgeschlechter liefern ein glänzendes Beispiel dafür, wie im Kampfe um’s Dasein das wol organisirte über das unvollkommnere die Oberhand gewinnt, bis letzteres ganz unter- liegt. Während der dem Brillenalk so nahe verwandte Tordalk, bei jeder Ueberrumpelung des gemeinschaftlichen Nistplatzes, so- fort wegfliegen, einen andern Brüteplatz sich suchen konnte und höchstens seine Brut verlor, fiel der Brillenalk stets selbst als Opfer mitsammt seiner Brut, seiner tölpelhaften Unbeholfenheit wegen, die freilich wieder der ausschliesslich zum Aufenthalt im Wasser geeigneten in fast jeder andern Hinsicht mangelhaften Organisation zur Last fällt. Hätte bei dieser Organisation Plau- tus, wenn auch nicht fliegen, wenigstens etwas behender gehen, nur wenig laufen können, so würde gleichfalls der Untergang der Art noch lange nicht herbeigeführt worden sein. Die Vögel hätten sich bei jedem Ueberfall rascher in das Meer begeben können, und da spotteten sie jeder Verfolgung. Sie waren die geschicktesten Schwimmer und Taucher. Die ihnen (auf dem Lande) eigene Schwerfälligkeit aber, welche nur dann dem betreffenden Individuum, der betreffenden Art, dem betreffenden Genus nicht verderblich wird, wenn sie dem Ueberlegenen, Gewandten, Mächtigen, dem Menschen z. B., unbe- kannt bleibt — wie vor der Entdeckung von Rodriguez beim Dodo • — , die unvollkommene Entwickelung des die Klasse der Vögel vor allem kennzeichnenden Organes, des Flügels, und in- folge davon, die Unfähigkeit den Verfolgungen der Menschen sich zu entziehen, haben sowol den Untergang des Didus und Dinornis Ueber Plautus impennis. 353 wie den des Plautus herb eigeführt. Bei letzterm ist jedoch merk- würdigerweise noch ein Agens hinzugekommen, welches mancher zwar nur als einen Zufall oder als ein Spiel der Natur anzusehen ge- neigt sein wird, welches indessen ebenso wie die andern Ursachen erfolgreich mitgewirkt hat an der Vernichtung des Brillenalks und deshalb auch unter den Ursachen der gänzlichen Vernichtung mit- angeführt werden muss. Es sind dieses die vulcanischen Aus- brüche und Erderschütterungen , von denen gerade der Ort wie- derholt heimgesucht wurde, auf welchen Plautus als letzte Zuflucht- stätte beschränkt war: die Reykjaneseyjar. Ich entnehme hier- über dem Verzeichniss der historischen Ausbrüche der Isländi- schen Vulcane, welches Herr Dr. Zirkel und ich zusammenge- stellt,*) folgendes: „1210. Eruption im Meere unweit des Vorgebirges Reykja- nes (Grüllbringusysla.) 1219? Eruption im Meere ebenda. 1222 — 26. Fortwährende Eruptionen im Meere bei Reykja- nes, darunter vier Hauptausbrüche. 1237. Siebente Eruption daselbst. 1240. Achte Eruption daselbst; eine Menge kleiner Inseln bildete sich im Meere unweit der Küste, welche zum Theil bei spä- tem Ausbrüchen ganz verschwanden, zum Theil an andern Stel- len des Meeres wieder zum Vorschein kamen. 1422. Neunte Eruption im Meere bei Reykjanes. Ueber dem Wasserspiegel erschienen Felsklippen von beträchtlichem Umfang und ungewöhnlich hohe Säulen von glühenden Aschen wurden ausgeschleudert. 1583. Zehnte Eruption im Meere bei Reykjanes. 1783. Elfte Eruption daselbst. Zu Anfang des Monats Mai fand in einer Entfernung von 15 Meilen von Reykjanes, ein vul- canischer Ausbruch statt: eine so unermessliche Menge Bimsstein ward ausgeworfen, dass das Meer 40 Meilen weit davon bedeckt war, und die Schiffe in ihrem Laufe gehindert wurden; eine neue Insel entstand, aus hohen Bergklippen gebildet, in deren Mitte das Feuer in gewaltiger Thätigkeit war. Die Insel wurde vom Kö- nige von Dänemark in Anspruch genommen und Nyöe, neue Insel, genannt; doch ehe noch ein Jahr verflossen, war sie langsam in den Schos des Meeres zurückgesunken. *) Preyer und Zirkel 1. c. S. 443 — 474. Durch ein sehr bedauerliches Ver- sehen ist gerade die entscheidende Eruption von 1830 S. 468 vergessen Worden. Journ. f. Oruith., X. Jahrg, Nr. 5if, September 1861» 23 354 William Preyer: 1830. Zwölfte Eruption im Meer bei Reykjanes. Im Früh- jahr begann der ziemlich lang dauernde submarine Ausbruch, welcher viele der dort liegenden Klippen grossentheils zerstörte und zum Sinken brachte. Die auf den Felsen brütenden Vögel wurden durch diesen Ausbruch und die ihn begleitenden Erschütte- rungen förmlich decimirt, und d er Brillenalk (Plautus impennis Brünn., Lin.), welcher nur hier nistete, erhielt dadurch seinen Todesstoss.“ Nach andern Berichten fand noch im Jahre 1390 eine hef- tige Eruption im Meere bei Reykjanes statt. Inwieweit nun diese Ausbrüche, die alle mehr oder weniger von Erschütterungen begleitet waren auf die Vernichtung des Plautus impennis eingewirkt haben, das ist für frühere Zeiten nicht zu ermitteln. Soviel steht jedoch fest, dass der letzte Ausbruch, der von 1830, gewaltig unter den Brillenalken aufgeräumt hat. An die 30 Stück wurden von ihrem Nistplatz vertrieben und an den umliegenden Küsten von den Isländern gefangen; da die Erup- tion im Frühling anfing und einige Monate dauerte, so gingen offenbar die Bruten dieser 30 Individuen ebenfalls verloren. Wie viele aber mögen ausserdem vernichtet worden sein? nicht wenige sind zweifelsohne durch die gewaltigen Aschen- und Bims- steinregenfälle umgekommen. Da Plautus impennis schon 1830 zu den seltensten Vögeln gehörte und in diesem Jahrhundert nur auf den Reykjaneseyjar brütend an ge troffen ward, so lässt sich mit grösster Wahrschein- lichkeit annehmen, dass durch die submarine Eruption in jenem Jahre der letzten Kolonie des Vogels der Todesstoss gegeben wurde. Es wurden freilich in den darauffolgenden Jahren immer ! noch einzelne Exemplare gefangen (von 1831 — 1845), auch nach einem allerdings vielleicht irrigen Berichte in dem auf das Erup- tionsjahr folgenden Jahre ein grösserer Fang von 24 — 25 Stück gethan (siehe S. 348), aber das hätte alles nicht ausgereicht, den Brillenalk gänzlich auszurotten. Ohne die vulcanischen Erschüt- terungen wäre zweifelsohne der Vogel noch auf den so äusserst selten zugänglichen Reyjaneseyjar in einer nicht eben kleinen An- zahl anzutreffen, Man ist daher im Unrecht, wenn man behaup- tet der Brillenalk sei ausschliesslich durch den Menschen aus- gerottet worden, nicht zum kleinsten Th eile haben dabei, seine gänz- liche Vernichtung beschleunigend, gewaltige Naturereignisse, näm- lich submarine vulcanische Eruptionen und Inseln schaffende, In- seln zerstörende Erschütterungen mitgewirkt. Heber Piautus impennis. 355 Es gestattet diese Thatsache von der (theilweisen) Vernich- tung des Piautus impennis durch vulcanische Eruptionen einen Schluss zu machen auf die Art und Weise des Untergangs der zahllosen uns nur zum verschwindend kleinen Theil bekannten paläozoischen Gebilde. Wenn auch die Hypothesen der ältern Geologie von unge- heuren plötzlichen Kataklysmen und periodischen Erdumwälzungen, welche alles Lebendige auf einmal vernichtet haben sollen, unbe- dingt verwerflich sind, und was man als die Folgen dieser Kata- strophen aufweisen möchte das allmählich zu Stande gekommene Werk von Millionen Jahrtausenden ist, so kann doch nicht ge- läugnet werden, dass local gewaltige Naturereignisse, wie sie auch jetzt noch stattfinden, von dem grössten, verderbenbringenden Ein- fluss gewesen sind auf die Fortdauer der Organismen, die auf dem unmittelbaren Schauplatz des Phänomens sich befanden. Traf es sich, dass gerade solche Thiere, welche zugleich selten und auf einen kleinen Verbreitungsbezirk beschränkt waren, heimge- sucht wurden von vulcanischen Eruptionen, Erdbeben u. dgl., so erklärt sich ihr plötzlicher und spurloser Untergang leicht. Wenn wir es erleben, wie vor unsern Augen ein Vogel, nachdem er von allen seinen frühem Aufenthaltsorten vertrieben worden, schliesslich selbst da, wo seine Verfolger ihn nicht oder nur sehr schwer erreichen konnten, durch plötzliche Eruptionen und Er- schütterungen den Todesstoss erhält, so gewinnt die Vermuthung ungemein an Wahrscheinlichkeit, dass nicht nur die Nachtheile, in denen seiner Natur nach ein Thier dem andern gegenüber ist, nicht nur klimatische Einflüsse und was sonst noch nach Darwin allmählich wirkend, die eine Art der andern weichen macht, Ursachen des Untergangs derselben sind, .sondern auch häufig plötzliche locale Katastrophen in grossartigem Maassstabe, vul- canische Ausbrüche, Erdbeben, Ueberschwemmungen u. a. m. ge- radezu die Vernichtung einzelner Thiergeschlechter herbeigeführt oder mindestens durch Reduction der Individuenzahl um ein Be- deutendes beschleunigt haben. Island bietet mit seinen 29 Vulcanen manche Belege hierfür. Im Jahre 1783 fand die grossartigste Eruption statt, die in hi- storischer Zeit auf unserm Planeten bekannt geworden, die des Skaptärjokull. Der directe Einfluss dieses Ausbruchs auf Islands Thierwelt ist unverkennbar. Die Fischereien an der südlichen und südöstlichen Küste der Insel haben seit jener Zeit ganz aus- 356 William Preyer: Ueber Plautus impennis. s er ordentlich an Ertrag eingebüsst. Die Vogelberge , bei denen ein einziger secundenlanger Erdstoss genügt, tausende von Bruten zu vernichten, litten ungeheuren Schaden. Seit der Eruption des Leirhnükur und der Krafla im NO. Islands in den Jahren 1724 bis 1727 sind die vor der Zeit durch ihre Güte und Menge in ganz Island bekannten Forellen des Mückensees an Zahl so ver- mindert worden, dass an den meisten ehemaligen Fischorten das Fischen ganz eingestellt ist. Diese wenigen Beispiele, deren Zahl mit Leichtigkeit sich vermehren lässt, zeugen von dem Einfluss, den vulcanische Naturerscheinungen — um hier nur bei diesen stehen zu bleiben — auf die Fortdauer vieler Thiergeschlechter ausüben. Nirgends deutlicher aber als bei Plautus impennis haben wir zugleich gesehen, wie eine Thierart vor ihrem Aussterben immer seltener und seltener wird, nicht etwa mit einem Male verschwindet. Sie wird allmählich von den von ihr zumeist bewohnten Or- ten durch überlegene Geschöpfe, vielleicht auch durch Wech- sel des Klimas, Treibeis oder dgl. vertrieben, bis sie zuletzt auf einen kleinen Bezirk beschränkt bleibt, wo sie vor Verfolgungen geschützt, die Bedingungen zu ihrer Existenz und Fortdauer am günstigsten flndet und wo sie ungestört selbst bei langsamer Ver- mehrung sich noch unberechenbar lange erhalten kann. Tritt nun aber gerade da eine solche locale Katastrophe ein, sei es nun eine Ueberschwemmung, sei es ein Erdbeben, sei es wie bei Plautus eine von wiederholten Erschütterungen und Bimsstein- und Aschen- regenfällen begleitete Eruption, sei es selbst ein gewöhnlicher Ausbruch von Lava, so wird dann die Thierart allerdings mit einer gewissen Plötzlichkeit ihrem Untergänge nahe gebracht, wenn nicht gänzlich vernichtet. So sind möglicherweise viele Geschöpfe der Vorwelt untergegangen, von denen jetzt nur noch einzelne Ueberbleibsel zeugen, und noch unendlich viele mehr, von denen wir durchaus nichts wissen. Man sagt zwar, die Natur macht keinen Sprung, aber es gehört zu ihrem Haushalt, dass sie mit- unter aufräume, das Unvollkommene vertilgend zu Gunsten des Vollkommenen, und an Mitteln dazu fehlt es ihr nicht. Heidelberg, im Juni 1862. Dr. C. Bolle : Anthus Berthelotii n. sp. 357 Anthus Berthelotii, eine neue Pieperart. Aufgestellt von Dr. Carl Bolle. Synonymie: Anthus trivialis Berthelot et Moquin-Tandon, Ornithologie canarienne; nec Linn. (sub Alauda.) C. Bolle, Be- merkungen über die Vögel d^r canarischen Inseln, in Cabanis Journ. II (1854.) p. 455. — A. campestris C. Bolle, mein zwei- ter Beitrag zur Vogelkunde der canarischen Inseln. 1. c. V. p. 288; nec Bechst. — ? A. pratensis E. Vernon Harcourt, Birds of Madeira in An n als and Magazine of natural history, No. 67., Juni 1853; nec Bechst Es' ist eine von mir selbst lange verkannte, jetzt aber durch genaue Vergleichung von Bälgen ausser allem Zweifel gesetzte Thatsache, dass der die canarischen Inseln in so grosser Anzahl bewohnende Pieper eine vollkommen gut charakterisirte selbst- ständige Art ausmacht. Die im Allgemeinen zwischen dem Gefie- der der europäischen M^/ms-Species obwaltende grosse gegen- seitige Aehnlichkeit hat unserem Vogel das Schicksal zugezogen, lange im Dunkeln geblieben zu sein, indem er von den Schrift- stellern abwechselnd mit diesem oder jenem seiner bekannteren Gattungsgenossen zusammengeworfen und verwechselt wurde : so namentlich mit dem Baum- und Brachpieper, höchst wahrschein- lich auch mit dem Wiesenpieper. Die Ehre, wenigstens eine An- deutung von Verschiedenheit in Betreff seiner ausgesprochen zu haben, gebührt von Kittlitz, welcher ihn im November 1826 zwi- schen Sta. Cruz u. Lagunä, als den ersten von ihm in Teneriffa überhaupt gesehenen Vogel, beobachtet hat. Die Worte dieses ausgezeichneten Naturforschers und Weltuinseglers lauten : „Die ersten Vögel, die wir antrafen, liefen am Wege. Ich schoss einen aus dieser Gesellschaft und fand ihn wenig verschie- den von dem auf dem Riesengebirge so häufigen Wasserpieper ( Anthus aquaticus;) nur die Fiisse waren heller gefärbt und der Nagel der Hinterzehe weniger lang, so dass es ein Mittelding zwischen jener Art und campestris schien.“ Diese kurze Schilderung, welche mich von dem Augenblick an wo ich sie las, frappirte, trifft, was das Kolorit anbelangt, den Nagel auf den Kopf. Sie ist eigentlich an sich schon eine förmliche specifische Selbstständigkeitserklärung, denn, frage ich, was kann „ein Mittelding zwischen Wasser- und Brachpieper, da wo es sich um emefi zahlreich vorkommenden Vogel, ohne jed- 858 Dr. C. Bolle: weden Verdacht von Bastardbildung, handelt, anders sein, als eine besondere Anthus- Art? Diesen Rang vindicire ich dem canarischen Pieper aufs Ent- schiedenste. Den Namen, welchen ich ihm beilege, indem ich ihn nach meinem würdigen Freunde Sabin Berthelot Anthus Berthe - lotii nenne, haben mir die Gefühle des Herzens, sowie dankbare Anerkennung hohen wissenschaftlichen Verdienstes zugleich, in die Feder diktirt. Diagnose: Nagel der Hinterzehe etwas länger als diese, ro- bust, leicht gebogen, Schnabel ziemlich lang. Allgemeine Fär- bung des Oberkörpers ein mehr oder weniger röthlich-fahles Grau- braun, mit Ausnahme des ungefleckten Bürzels und Unterrückens dunkel geflammt, am stärksten auf dem Kopfe. Unterseite weiss, an der Brust mit schwärzlichen Längsflecken. Aeussere Schwanz- feder weiss, der Länge der inneren Fahne nach mit Braun nüan- cirt; Schaft derselben der Hälfte nach unten weiss, oben dunkel- farbig. Zweitletzte Schwanzfeder ebenfalls weiss mit der äusse- ren Fahne braun, gelblichweiss gesäumt, Schaft ganz dunkelbraun. Drittletzte Schwanzfeder meist noch mit etwas Weiss an -der Spitze. Beschreibung. An Grösse steht Anthus Berthelotii dem Brach- pieper, mithin noch bedeutend mehr dem Wasserpieper nach, dem Wiesenpieper dagegen gleich, nur trägt er sich weit aufrechter als dieser. Seine Gestalt ist schlank und zierlich, sein Kopf klein, seine Flügel sind verhältnissmässig kurz, wie von einem nicht wandernden und stets mehr laufenden als fliegenden Vogel er- wartet werden kann. Sie erreichen nicht die Mitte der Schwanz- länge; nichts destoweniger sind die stark ausgebildeten hinteren Schwungfedern im Durchschnitt von der Länge der vorderen. Die Fiisse sind von lichter Farbe; diejenige des Schnabels ist, wenigstens am Oberkiefer, hornbraun. Die Grundfarbe des Gefieders ist, im Frühling, (u. ich glaube nicht, dass der Vogel nach Jahreszeit und Geschlecht bedeutend abändert,) oben ein mattes Graubraun, grös^tentheils mit dunklen Längsflecken, die auf dem Kopfe am dichtesten gedrängt stehen. Ein weisslicher Streif, der seinen Ursprung am Grunde des Ober- kiefers hat, verläuft über dem Auge. Der Bürzel ist hell fahl» röthlichbraun , ungefleckt und geht nach vorn unmerklich in die Färbung des Rückens über. Die hinteren Schwungfedern sind breit fahl - röthlichbraun gesäumt. (Diese Färbung verleiht dem Vogel die meiste Aehnlichkeit mit dem ebenfalls, aber noch in Anthus Berthelotii n. sp. 359 viel höherem Grade, fahlen Federkleide des Brachpiepers.) Die vorderen Schwungfedern sind einfarbig bräunlich. Die zweite Reihe der Flügeldecken ist mattweiss gesäumt, wodurch ein we- nig hervortretender weisslicher Streif quer über den Flügel ge- bildet wird. Die ganze Unterseite des Körpers ist mattweiss, an der Brust mit ziemlich entferntstehenden schwärzlichen Längs- flecken, welche zu beiden Seiten der weissen Kehle bis zum Grunde des Unterkiefers emporsteigen. - Noch verdient bemerkt zu werden, dass in dem ganzen Ge- fieder auch nicht eine Spur von Grün sichtbar wird. Länge des Vogels 5|". Länge des Tarsus 9'". Länge des Nagels der Hinterzehe 4"'. Länge des Schnabels von der Stirn an gerechnet 4"'. Die Fortpflanzung des Berthelots chen Piepers ist noch nicht genauer beobachtet worden. Hinsichtlich seiner Lebensweise ver- weise ich auf das in eben diesem Journal in meinen beiden Ar- beiten über canarische Ornithologie Gesagte. Ich wiederhole, dass er ein Standvogel ist und füge hinzu, dass man ihn entweder paarweis oder in ganz kleinen Flügen, die nur aus einer Familie zu bestehen scheinen, antrifft. Seine Trivialnamen, meist von der Vorliebe des Thierchens für gebahnte Wege hergeleitet ^ sind: Corre-camino, Caminero Pajarö cajon. Die geographische Verbreitung von Anthus Berthelotii dehnt sich über den gesammten canarisclien Archipel, von Fuertaven- tura im Osten bis Ferro im Westen aus. Diesem scheint Ma- dera als Vaterland hinzugefügt werden zu müssen. Für mich we- nigstens ist es eine fast zur Gewissheit gewordene Wahrscheinlich- keit, dass Vernon Harcourts Anthus pratensis mit dem canarisclien Vogel identisch sei. Diese sich auf allerdings nur flüchtige Re- miniscenzen gründende Annahme, wird durch Alles das, was I. Yates Johnson (Madeira, its climate and scenery. 1857.) über die Lebensverhältnisse des Madera-Piepers mittheilt, unterstützt, so wie nicht minder durch den Trivialnamen des Letzteren, der ebenfalls Corre de Caminho lauten soll und mithin gleiche wege- lagernde Neigungen voraussetzt. Johnson berichtet Folgendes: „ Anthus pratensis wird häufig auf den Feldern, nahe am Meere und in den Bergen angetroffen. Er stösst, am Boden herum- laufend, einen leisen Ruf fa low note) aus und erhebt sich nie zu weitem Fluge. Die Eingebornen halten den Vogel für heilig, 360 Dr. C. Bolle: Anthus Berthelotii . — Dr. Th. Krüper: und tragen sich mit einer Legende, derzufolge er der Jungfrau Maria bei der Geburt Jesu beigestanden haben soll.“ Wahrschein- lich in Folge seiner Zutraulichkeit und Furchtlosigkeit, Eigenschaf- ten, welche dem wahren Anthus pratensis fremd, wohl aber dem canarischen Pieper eigen sind. Als unterscheidendes Merkmal des A. Berthelotii von A. cam- pestris möge hier noch Folgendes Platz finden : Die Färbung des Unterrückens und der Flügel ist fast ganz wie bei campestris, nur ist der durch die Spitzen und Ränder der zweiten Reihe der Deck- federn gebildete Streif bei Berthelotii weisslich, bei campestris gelb- lich. Das Weiss geht auch beim Brachpieper nie auf die dritte Steuerfeder nach innen über, sondern beschränkt sich, stark aus- gebildet und sie grossentheils einnehmend, auf die zwei äusseren Steuerfedern. Der Hinternagel ist bei Beiden absolut gleich lang, also bei dem kleineren A. Berthelotii verhältnissmässig grösser. Dass der von Christiern Smith auf der capverdischen Insel Santiago erwähnte „lerchenähnliche Vogel“ ebenfalls ein Pie- per sei, ist höchst wahrscheinlich ; welcher Art er indess zuzuzäh- len, muss vor der Hand dahingestellt bleiben. Berlin, am 26. Juni 1862. Ornithologische Notizen über Griechenland. Von Dr. Th. Krüper. Cap Matapan, den 15. October 1861. Das südlichste Vorgebirge Griechenland’«, zugleich auch Europa’?, ist schon seit langer Zeit als ein von heftigen Stürmen umwehtes, und daher gefährliches Terrain, den Seefahrern sehr bekannt. Ich hatte es bisher erst einmal umschifft! Heute, einige Stunden nach Mitternacht, spürte ich, dass das Kriegsdampfschift' Otto, auf dem ich gestern Abend 6 Uhr den Hafen von Athen, den Piräus, verlassen hatte, in heftige Schwankungen gerieth: das ebenso sehr gefürchtete Cap Malea wurde passirt, und Cap Ma- tapan stand bevor. Der Himmel war heiter; das vom Sturme sehr bewegte Meer warf seine Wellen auf das Verdeck. Sobald die äusserste Spitze des Cap Matapan’s umfahren war, nahm der Sturm und der hohe Wellenschlag schnell ab. Ornitholog. Notizen über Griechenland. 361 Meine zweite Reise in Griechenland, die in die Jahre 1859, 60 u. 61 fiel, habe ich beendet. Obgleich ich mich nicht rühmen kann in 4 Jahren alle Tlieile Griechenlands durchreist und durch- sucht zu haben, so habe ich doch schon einige Gegenden besucht, die früher in zoologischer Hinsicht noch gar nicht durchforscht waren: 1858 war ich in Akarnanien, wie den Lesern aus der Nau- mannia bekanntist; 1859 verbrachte ich vorzugsweise imParnassosr Gebirge Nord-Griechenlands, 1860 am Taygetos-Gebirge int süd- lichsten Theile des Peloponnesos, in dem gegenwärtigen Jahre war ich am Veluchi, dem nördlichsten Gebirge Griechenlands. Wie sehr die von mir besuchten Gegenden einer längeren Untersuchung bedürfen, fühlt keiner mehr als ich. Sollte ich nochmals den klas- sischen Boden Griechenlands betreten, oder sogar für immer mei- nen Wohnsitz dort nehmen, so werde ich die mir bekannten Ge- genden noch mehrmals besuchen, vorher jedoch dem Hochlande Arkadien, den Cycladen und der Insel Euböa 3 Jahre lang meine Aufmerksamkeit widmen. Dass meine Absicht auszuführen für mich nicht leicht ist, zumal wenn ich weder von Griechenland noch von Deutschland aus unterstützt werde, kann der Leser sich wohl den- ken. Möge doch unsere deutsche Ornithologen-Gesellschaft jähr- lich einen kleinen Beitrag für die Erforschung unbekannter Ge- genden in Europa aussetzen! Was bisher über die Ornithologie Griechenlands bekannt ge- worden ist, hat der Leibarzt Dr. Lindermayer in seinem neuen Werke: „die Vögel Griechenlands“ Passau 1860 zusammengefasst; es wird daher für diese Zeilen am zweckmässigsten sein, . wenn ich diesem Buche folge, um meine eignen Beobachtungen zu geben: Der Aasgeier, N eophron percnopterus, wird in den nördlichen Theilen Griechenlands äGnoonuoet (der weisswangige) genannt, unter diesem Namen ist er im Parnassge birge überall bekannt; in Veluchi nennt man ihn lieber xövxov dioyov (das Pferd des Kuckuks.) Die Landleute wollen dort beobachten, dass der Aasgeier zu gleicher Zeit mit dem Kuckuke ankommt und abzieht, wesshalb sie den Aasgeier das Pferd des Kuckuks benennen. Nach meiner Beobachtung kommt dieser Geier viel frü- her an als der Kuckuk und zieht später ab als jener. Nach Dr. Lindermayer kommt er „Ende April alten Styls in Griechenland an, wenigstens in der nördlichen Hälfte desselben, da Dr. Ehrhardt in Syra behauptet, dass dieser Vogel auf den Cycladen den Winter hindurch zubringe.“ Nach meiner Beobachtung trifft der Geier 362 Dr. Th. Krüper: schon einen Monat früher ein; im Jahre 1859 erblickte ich die ersten Ankömmlinge am 27. März in Akarnanien, 1860 am 26. März am Parnass; im gegenwärtigen am 19. März ebendort. Der Aasgeier ist über alle Theile Griechenlands verbreitet, jedoch nirgends in grösserer Anzahl, zumal während der Fortpflan- zungszeit. Bis jetzt bin ich zu der Ansicht gekommen, dass in Griechenland nur ein oder sehr selten zwei Paare an benachbar- ten Felswänden ihren Wohnort aufschlagen, dagegen habe ich beobachtet, dass jede grössere Felswand, zumal wenn dieselbe einer Ebene (nah ist, von einem Paare bewohnt wird. Im Varas- sova-Gebirge in Akarnanien, welches nach der Westseite ziemlich steil abfällt und an der Südseite eine grosse Schlucht, die soge- nannte Prassula, zum Meere sendet, beobachtete ich 3 Paare, je- doch sind die Wohnsitze der einzelnen sehr entfernt von einander. Der Neophron ist in Griechenland sehr scheu und flieht den Men- schen auf grosse Entfernungen: man kann daher sich kaum vor- stellen, dass dies derselbe Vogel ist, der in andern Gegenden viel mit den Menschen verkehrt und in deren Städten und vor deren Thüren seine Nahrung sucht. Seine Scheu vor Menschen giebt er auch nicht während des Brutgeschäftes auf, worüber ich oftmals Bebachtungen angestellt habe. Bei Missolungi beobach- tete ich zum ersten Male einen brütenden percnopterus, und zwar an dem Felsen, an welchem Aquila Bonellii seine Wohnung hatte. Am 23. Mai 1858 flog der Aasgeier ungesehen aus seinem Felsloche; zwei Stunden später überraschte ich ihn und sah ihn abfliegen, ohne jedoch sicher zu sein, dass sein Horst sich dort befinde. Am 28. Mai kehrte ich dorthin zurück und traf ihn abermals jedoch zeitig abfliegend an. Am folgenden Tage stieg ich selbst vermittelst eines Seiles zu einem Absätze herab und nahm das einzige, ziemlich angebrütete Ei heraus. Während dieser Zeit sass der Neophron auf einem Felsen, sah unserm Treiben zu, stiess einige dumpfe Klagetöne aus und verschwand endlich. Am 23. April 1859 nahm ich aus demselben Loche 2 schöne Eier, welche wenig angebrütet waren; das Weibchen war ebenfalls scheu. 1860 war ich nicht zur Brütezeit bei Missolungi, erfuhr jedoch durch den Dr. Nieder, der auf meine Bitte den Felsen besuchte, dass der Aasgeier dort nicht gebrütet habe. Der Grund, dass die Nisthöhle 1860 nicht besetzt wurde, liegt wie ich vermuthe darin dass das Weibchen verunglückt war. In diesem Jahre konnte ich es nicht unterlassen, am 8. Mai bei meiner Reise über Ornitholog. Notizen über Griechenland. 863 Missolungi den Nistplatz wiederum zu untersuchen; ein Weibchen, welches ziemlich dunkel gefärbt erschien , flog von ferne aus der Höhle, in der mein Begleiter nur ein ziemlich kleines Ei fand. Jedenfalls war das Weibchen ein jüngeres, welches zum ersten Male gelegt hatte. Die Anzahl der Eier is gewöhnlich 2; dreimal fand ich je- doch nur 1 Ei, welches gewiss von jüngeren Individuen herrührt. Dass alte Neophron 3, sehr selten auch 4 Eier legen, wie Schrä- der behauptet, halte ich zwar für möglich, habe es jedoch noch nicht selbst gefunden. Die Eier eines Horstes sind in der Regel sehr verschieden; am 21. Mai 1861 fand ich bei dem Kloster St. Elias einen Horst mit 2 Eiern, von denen das eine den Eiern des Fischadlers (. Aq . haliaetos,) das andere denen des Sclireiadlers ( Aq . naevid) in Färbung glich ; das naevia - artige Ei enthielt ein Junges, das andere war faul gebrütet. Dieser Aasgeier benahm sich ebenfalls sehr scheu. Auf der Höhe der Felswand lösten wir einen Pistolenschuss; unter uns erschien in raschem Fluge ein Aasgeier und verschwand. Wir kletterten hinab zum Fusse der Wand, um das Nistloch aufzusuchen. Wir hofften, der Geier würde es selbst verrathen, doch nein! er kam nicht wieder. Endlich schlug mein Begleiter vor, eine ihm verdächtig aussehende Höhle zu untersuchen. In der That fand er darin die beiden Eier. — Am Yarassova beobachtete ich einen Neophron längere Zeit: meine 2 Begleiter stiegen in derPrassula voraus und schossen an einer passenden Stelle eine Pistole ab; ein Aasgeier strich ab und flog über 1 Stunde bald an der einen, bald an der anderen Seite der Schlucht entlang, um in sein Nest zurückzukehren, was wir im Versteck abwarten wollten, da wir den Ort des Abfliegens nicht genau beobachtet hatten. Endlich kam auch das Männchen und zog in der Schlucht umher, entfernte sich jedoch bald, als es unsrer ansichtig geworden war. Einer meiner Begleiter ging aus, um die Zugänglichkeit der Felswand zu untersuchen, während dieser Zeit machte das Weibchen mehrere Versuche in die Nist- höhle hineinzufliegen, was es auch endlich ausführte. Meine bei- den Leute erkletterten einen Absatz, der c. 40 Fuss über der Höhle war; vermittelst eines Seiles stieg der eine hinab; unten erwartete ich, dass der Aasgeier herausfliegen sollte: durch her- abfallende Steine sowie durch Lärmen wurde derselbe nicht her- vorgetrieben; erst als mein Steiger vor demEingange der Höhle er- schien, stürmte der Vogel vom Horste hervor, der 2 langgestreckte 364 Dr. Th. Krüp er- schön roth gefärbte Eier enthielt. Später berichtete der Steiger, dass der Eingang nur klein, die Höhle selbst sehr geräumig und tief gewesen sei; ferner dass die Höhle früher von einem Läm- mergeier Gypaetos barbatus bewohnt 'gewesen sei, was die Nest' unterläge ihm andeutete. Gleich nach seiner Ankunft in Griechenland schreitet der Aasgeier zum Brutgeschäfte; Ende April findet man schon ange- brütete Eier; am 25. Mai d. J. — April und Mai waren die Win- termonate — fanden wir schon Junge in dem Felsen, auf welchem die Akropolis der alten griechischen Stadt Lilaea am Parnass steht. Der braune Geier, Vultur fulvus, wird in allen Theilen des Landes als ein bekannter Vogel bonor genannt; in einigen Gegenden, wo hohe Felswände fehlen, wird er nur dann bemerkt, wenn ihn gefallenes Vieh herbeilockt. Ueber das Brutgeschäft des braunen Geiers in Griechenland werde ich ausführlicher berichten. Dr. Lindermayer, der sich durch sein 25 jähriges Studium um die Ornithologie Griechenlands sehr verdient gemacht hat, giebt in seinem im v. J. erschienenen Werke, welches vielen der Leser nicht zur Hand sein wird, Folgendes über die Fortpflanzungsgeschichte dieses Geiers an: „ Sein Nest bereitet er auf hohen unzugänglichen Felsenvorsprüngen; es be- steht aus grobem Reisig, nimmt einen ungeheuren Raum ein, wohl über ein Meter im Durchmesser, und giebt den Jungen wenig Schutz wenn die Alten sie nicht bedecken. Er legt gewöhnlich 2 grosse grobkörnige schmutzigweisse Eier, die fast immer an den beiden Enden mit dunkelbraunrothen Flecken und Spritzern bedeckt sind. Sein Aufenthaltsort ist freilich zunächst die Gebirgswelt.“ ln den neueren ornithologischen Schriften ist nur dasjenige beigebracht worden, was , man durch Hörensagen erfahren, oder aus älteren Werken entnommen hat. Den Horst selbst haben nur wenige Ornithologen gesehen, woran auch die schwere Zugänglichkeit Schuld hat. Ob und was der seel. Thienemann in seinem aus- gezeichneten zoologischen Werke über diesen Geier geschrieben hat, weiss ich nicht; Freund Pässler theilt in dem Bädeker’schen Prachtwerke mit : „Gyps fulvus horstet in derKlissura ^Griechen- land, und anderwärts auf den Absätzen und Klüften hoher, steiler, meist unzugänglicher Felsen. Der grosse Horst besteht unten aus starken Aesten, auf welchen dünne dürre Zweige folgen und ist oben mit Moos belegt. Zu Ende des Februar oder zu Anfang Ornitholog. Notizen über Griechenland. 365 des März hndet man darin 2 Eier. Brutzeit 4 Wochen“. — Nachfolgende Mittheilungen über den braunen Geier beruhen nicht auf Jägernachrichten, sondern auf eigne, in Begleitung meiner Leute, besonders meines unermüdlichen und unübertrefflichen griechischen Felsensteigers an Ort und Stelle gemachte Beob- achtungen. Dieser Geier verlangt Felswände zur Anlegung seines Horstes, wesshalb er vorzugsweise in gebirgigen Gegenden dieselben aufsucht; Felswände, die der Ebne nahe liegen oder bis ans Meer reichen, liebt der Geier jedoch mehr als solche, die in den höchsten Regionen der Gebirge sich befinden. Nur am Veluchi -Gebirge traf ich unmittelbar unter seinem Gipfel im Juli Geier an, die dort jedenfalls auch ihre Brutplätze hatten; an andern niedriger gelegen Felswänden, die in diesem Bezirk sehr selten sind, scheint kein Geier zu wohnen. Der Geier legt sein Nest jedesmal in einer Höhle an, so dass es von oben ge- gen Regen gedeckt ist. Der Eingang zur Höhle ist gewöhnlich klein, das Innere sehr geräumig; die Griechen benennen solche Höhle passend mit dem Namen „Backofen (< fovgvoc ).“ Nur ein- mal am Varassova-Gebirge sah ich ein Nest auf einem Felsen- vorsprunge so angelegt, dass von der Höhe aus das Ei in dem- selben gesehen werden konnte. Ein eigentliches Nest aus Baum- zweigen und Reisern, wie man sich nach den früheren Angaben vorgestellt haben mag, baut der Geier nicht j sondern nur eine spärliche Lage von zusammengetragenen trocknen Pflanzen, die meistens von frühem Bruten herrühren, bildet dasselbe; oftmals liegt das Ei ohne Unterlage auf dem beschmutzten Boden der Höhle. Man wird sich wundern und es für ungereimt halten, wenn ich behaupte, dass Vultur fulvus in Griechenland stets nur I Ei legt. Wenn ihn andere Ornithologen 2 auch 3 Eier legen lassen und nicht einmal erwähnen, dass er auch J Ei legt, so sage ich, dass dieselben falsch unterrichtet worden sind. Die Schöpferkraft würde dem Geier eine grosse Last auferlegt haben, wenn sie ihm befohlen hätte, 2 oder gar 3 Junge jährlich aufzuziehen. Wie schwer es zweien Geiern wird, 1 Junges mit Speise zu versehen, wird derjenige erst erfahren, der in einer einsamen Felsschlucht das beständige Schreien von hungrigen Geierkindern vernommen hat. Wie dem auch sein mag, so wenig wie ich, haben die von mir befragten Griechen mehr als 1 Ei oder \ Junges im Neste gefunden. Freund Simpson versicherte, dass er auch in Algier, wo er eine Anzahl Eier vom braunen Geier ausgehoben hat, nur 366 Dr. Th. Krüper: 1 Ei im Horste gefunden habe ; nur einmal habe er neben einem jungen Geier noch 1 Ei gefunden. Ueber den Beginn der Lege- zeit war ich früher ziemlich im Unklaren. 1858 .fand ich am 22. April bei Aetolico das erste Gfeiernest auf: ein Flintenschuss in der Nähe der Felswand scheuchte den Geier heraus. Ich ver- muthete Eier darin; am folgenden Tage begab ich mich dorthin in Begleitung zweier Griechen, von denen einer eine kleine Leiter trug. Der griechische Sonntagsjäger wollte den Geier beim Ab- fliegen erlegen; allein das Geräusch des abfliegenden grossen Geiers erschreckte ihn so sehr, dass er zu schiessen vergass. Unser Begleiter mit der Leiter kommt nicht zu uns: endlich kehren wir um und finden ihn in der Mitte des Berges liegend. Eine Woche später traf ich den Geier nicht mehr im Neste an, ver- muthete daher, dass die Eier ausgebrütet waren; an demselben Tage fand ich noch einen andern Horst auf, der jedenfalls auch Junge enthielt. Um zur Legezeit der Geier nach Griechenland zu kommen, reiste ich schon am 14. Februar 1859 von Berlin ab und kam am 16. April in Missolungi an, wo die Ausnahme des Horstes von Aq. Bonellii die ersten Tage vergeblich beschäftig- ten; am 21. ging ich zum Geierhorste bei Aetolico: ich klettere hin- auf, finde aber statt der Eier schon 1 ziemlich grosses Junges. Ich war zu spät gekommen, nach meiner Berechnung konnte das Ei in den ersten Tagen des Februar gelegt sein. 1860 verliess ich am 28. Januar Athen und landete am 7. Februar in Aetolico. Am 8. ging ich mit meinem Diener zum Brutplatze, der wiederum be- setzt war. Jetzt nahm ich eigenhändig das erste Ei des braunen Geiers aus; es war in jenen Tagen erst gelegt worden. Am näch- ten Tage nahmen wir wieder 1 frisches Ei aus; am 12. Februar nahmen wir 1 Ei aus, welches ziemlich stark bebrütet war, so dass es ungefähr um die Mitte des Januar gelegt war. Nach allen meinen bisherigen Beobachtungen über die Le- gezeit des Geiers, richtet sich dieselbe sowohl nach der Gegend, als auch nach dem Alter des Weibchen. In höher gelegenen, mit- hin kälteren Gegenden legt der Geier später. Die gewöhnliche Zeit des Legens fällt um die Mitte des Februar; aussergewöhn- lich ist es, wenn ein Pärchen schon im Januar oder erst im März legt. Am 19. März d. J. liess ich bei Yelitza am Parnass 2 Eier ausheben, von denen das eine, ein riesig grosses, einen jungen Geier enthielt, der die Schaale schon durchbrochen hatte, das andre Ei war sehr klein und erwies sich bei Entleerung als we« Ornitholog. Notizen über Griechenland. 867 nig bebrütet. Ein so grosser Unterschied in der Bebrütung fin- det sich bei Paaren derselben Felswand nur selten; jedenfalls ein sehr altes und ein junges Weibchen. Wenn dem Geier des Ei genommen ist, so macht er in dem- selben Jahre keine Anstalten mehr, noch eins zu legen; wenig- stens habe ich es bisher noch nicht beobachtet. In einer Hohle findet man nie 2 oder mehrere Nester, was zwischen den alten und jungen Geiern, obgleich sie sonst gesel- lig sind, zu grossen Streitigkeiten und Raufereien Anlass geben würde; jedoch kommt es vor, dass auf einem langen Felsabsatze, der von oben gedeckt ist, mehrere Paare in gehöriger Entfernung von einander brüten; so hoben meine Steiger am 22. Februar d. J. im Yarassova- Gebirge auf einem solchen Absätze, der eine Steigung von c. 45° hatte, vier Horste aus. Die Eier des braunen Geiers sind gewöhnlich ungefleckt; röth- lich gefleckte kommen nur selten vor. Die gewöhnlichste Form ist die rundliche; gestreckte und zugespitzte Eier kommen einzeln vor. Worin sich die Eier des braunen Geiers von denen des schwar- zen V. einer eus unterscheiden, kann ich nicht angeben, da ich au- thentische Eier des V. cinereus noch in keiner Sammlung sah. Ueber die Dauer der Brütezeit habe ich bisher keine siche- ren Beobachtungen gemacht, bin jedoch der Meinung, dass die gewöhnlich angegebene Dauer von 4 Wochen viel zu klein ist: ich schlage sie auf 6 Wochen an, hoffe später zu diesem Zwecke ein Paar beobachten zu lassen. — Begiebt man sieh zu den Brut- plätzen der Geier besonders im Frühjahr, so sieht man hoch in der Luft die Geier in solcher Anzahl ab und zu fliegen, dass man glaubt, dort eine grosse Menge Nester aufzufinden. So erging es mir in den ersten Jahren in der Klissura. Ich taxirte die Zahl der Brutpaare auf 100!*) Jetzt nachdem ich fast sämmtliche Nistplätze auf gefunden habe, wage ich die Zahl der jährlich dort legenden Weibchen nicht viel über 30 anzugeben. Im vorigen Jahre kam ich am 13. Februar in die Klissura; die Absätze und Löcher der Felswand über dem Chane und der Kirche waren so sehr von den Geiern beschmutzt, dass wir dort eine Anzahl Nester erwarten konnten. Wir gingen hinauf: die Geier entflohen, ich zählte *) Aufschneidende Touristen, welche die in ornithologischer Hinsicht so intressante Klissura beschreiben, geben an, dass dort so viel Geier, Adler und Dohlen sind, dass man den Himmel nicht sehen kann; ebenso sagen sie von den Seen von Yrachori, dass auf dem Wasser derselben soviel Yögel, Enten, Möven etc. sind, dass das Wasser gar nicht mehr sichtbar ist. 368 Dr Th. Krüper : 22 Stück, die in Gesellschaft kreisförmige Flüg emachten und end- lich, da wir den Ort nicht verliessen , verschwanden. Wir lau- erten vergeblich auf deren Rückkehr, nur I Geier kam wieder und schien dort sein Nest zu haben, welches wir jedoch nicht ausfindig machen konnten. Nach einigen Wochen fand ich dort 2 Nester auf. Die übrigen Geier waren keine Brutvögel, sondern von jüngerm Alter. Wie alt der Geier werden muss um brut- fähig zu werden, weiss man wohl nicht. Sollten 8 — 10 Jahre zu hoch angeschlagen sein? Während der Brütezeit sind die Geier weniger furchtsam als zu andern Zeiten: durch Geräusch und Händeklatschen kann man die meisten aus der Höhle heraustreiben, vorausgesetzt, dass man am Fusse der Felswand steht und das Felsloch nicht zu hoch ist; ich bediente mich gewöhnlich einer Pistole, um die Geier ihren Brutort verrathen zu lassen. Am Parnass sind die Geier viel dreister als in Akarnanien, namentlich bei dem Dorfe Velitza wo sich nach 2 Seiten hin hohe Felswände erheben, die den Gei- ern zu Wohnsitzen dienen. Durch den steten Anblick der Dorf- bewohner und das tägliche Schiessen sind die Geier so dreist ge- worden, dass sie sich nicht leicht hervortreiben lassen. Am 9. April 1860 stieg ich mit einem Begleiter und dessen Sohn zu den Felsen hinan und wunderte mich, dass aus 2 niedrigen Höhlen, in denen jährlich Geier brüten, auf einen Pistolenschuss kein Geier entfloh. Beim Hinaufklettern an der gegenüberliegenden Felswand kamen wir in solche Höhe, dass wir in die eine Höhle hineinsehen konnten: Ein Geier lag in derselben und wich nicht trotz unse- res Schreiens und Lärmens. Der unten gebliebene Knabe musste jetzt mit Steinewerfen versuchender traf oftmals in die Höhle hinein und einmal fiel der Stein auf den Rücken des Geiers nie- der, der jedoch unbeweglich liegen blieb. Als wir nach 1| Stunden zurückgekehrt waren, sandte ich von unten eine Ladung Hagel in die Höhle; auch dieses Mittel half Nichts; wir mussten den Geier in Ruhe lassen. Mein Begleiter untersuchte an diesem Tage mehrere Höhlen, fand aber in jeder einen jungen Geier. In die- sem Jahre kam ich am 19. März zu derselben Höhle; nach ei- nem Pistolenschüsse kam kein Yogel aus derselben. Als meine beiden Kletterer die gegenüberstehende Felswand erklettert hat- ten, berichteten sie, dass der Geier im Neste liege. Ob die zweite Höhle ein Nest enthielt, konnte nicht bemerkt werden. In den 2 Stunden, die meine Begleiter zur Aushebung von 2 Ornitholog. Notizen über Griechenland. 369 Horsten gebrauchten, sammelte ich Insekten und beobachtete die Geier, von denen einer in die erwähnte Höhle flog. Aus beiden Nestern nahmen wir am Abend je 1 Ei. Oben habe ich angegeben, dass Vultur fulvus kein Nest von Baumzweigen habe. Ich muss daher hier noch einen interessanten Pall erwähnen. In der kleinen Klissura bei Aetolico hat ein Lämmergeier sein Standrevier, in welchem er 2 Horste in nahe gegenüberliegenden Felsen hatte. In diesem Jahre waren beide nicht besetzt, da ein Stück des Paares im Winter erlegt war. Am 4. Mai passirte ich mit meinem Kletterer bei beiden aus Baum- zweigen erbauten Horsten ; in dem letzten liegt ein weisser Ge- genstand, den mein Begleiter für ein Ei hält. Am 6. Mai, nach- dem wir 1 Ei des Steinadlers, Aquila chrysaetos , ausgenommen hatten, stiegen wir hinab, um den GypaHos - Horst zu untersuchen und den weissen Gegenstand in demselben, (mein Kletterer sprach jetzt die Vermuthung aus, dass es eine 'ausgebleichte Schaale ei- ner Schildkröte sein könne!) kennen zu lernen. Herr Tindall, ein englischer Ornithologe und ich, bleiben auf einer Felswand; meine Leute begaben sich zur Stelle. Nach einer Stunde gehe ich denselben nach, sehe jedoch aus der Ferne, dass sie zur Rück- kehr sich bereiten und dass sie den weissen Gegenstand in der hochgehaltnen Hand mir zeigen. In grosser Spannung erwartet Herr Tindall und ich die Ankunft! Man denke sich unser Er- staunen, als mein Diener ein Ei von Vultur fulvus aus der Ta- sche zieht. Dieses Ei, welches ich als Andenken an diese Ex- cursiön meinem Gefährten verehrte, erwies sich bei der Präpara- tion als faul. Der Geier hat es, da er so oft von der gegenüber- stehenden Felswand aus von Hirten beunruhigt worden, verlassen. Der Kolbe’sche Geier, Vultur Kolbii , ist schon oftmals der Zank- und Streitapfel für die europäische Ornithologie gewesen; schliesslich war er ganz aus Europa ver- trieben. Vor 2 Jahren wurde er wiederum und zwar so kräftig eingeführt, dass Niemand an das Vorkommen dieses Geiers in Europa gezweifelt haben mag: es geschah durch den Dr. Ehrhardt in Syra, in seiner Fauna der Cycladen. Dr. Lindermayer in Athen protestirt in seinem neuen Werke gegen den Vultur Kolbii und be- müht sich darzuthun, dass der F. Kolbii der jüngere, ein- und 2jäh- rige Vogel von V. fulvus ist, worin er wohl Recht hat; er geht jedoch darin zu weit, dass er den V. Kolbii gänzlich von der Erde als Art vertilgen will. Es giebt wirklich einen V. Kolbii , Jouru. f. Ornith,,X. Jahrg. Nr. 59, September 1862. 24 370 Dr. Th. Krüper: nicht in Europa, sondern im südlichen Afrika, der aber keines- wegs ein junger V. fulvus* ist: es ist der berühmte Chasse-fiente von Le Vaillant. Der Ohrengeier, Vultur auricularis , ist auch von Temminck und Schlegel als häutig in Griechenland vorkommend bezeichnet worden ; auch Alfred Brehm führte nach seinem flüchtigen Besuche in Athen an, dass er den Ohrengeier in der Nähe von Athen habe fliegen sehn. Bis jetzt gehört dieser Geier sowie der vorige nicht zur Fauna Griechenlands! Der graue Geier, Vultur cinereus, ist den meisten Landleuten Griechenlands nicht bekannt; Seinen griechischen Namen habe ich bisher nur am Parnass erfahren, wo er Xvxoqvlov heisst. Ich selbst kann mich nicht rühmen, diesen Geier oftmals lebend gesehn zu haben: nach Athen'brachte man einen ge- flügelten zum Verkauf; beiLamia sah ich einen auf dem Felde sitzen; sehr wenige sah ich fliegend. Daher ist es auch nicht zu erwarten, dass ich Etwas über die wohl gänzlich unbekannte Fortpflan- zungsgeschichte sagen kann. Indess will ich behaupten, dass dieser Geier in Akarnanien (in der Klissura und dem Varassova- Gebirge) sowie im Parnass durchaus nicht brütet; denn, wenn dort nur ein Paar zwischen den braunen Geiern, von denen ich sagen möchte, dass es dort kein Individuum giebt, welches ich in den 4 Jahren noch nicht gesehn hätte, brütete, so müsste ich, meine Leute sowie alle Landleute denselben während der Brüte- zeit wenigstens einmal zu sehn bekommen. Den Behauptungen des Dr. Lindermayer kann ich nicht entgegentreten, da ich die Gegenden, in denen der graue Geier brüten soll — die Attica, von Korinth an bis hinauf gegen Livadien — v noch nicht durch- sucht habe. Die jungen Geier, die Dr. Lindermayer auferzog, beweisen, dass dieser Vogel dort brütet; die Angaben über Nest und Eier sind nur nach Mittheilungen der Griechen gemacht. Der englische Ornithologe Simpson sowie der deutsche Heeren, mit denen ich 1859 in Akarnanien Excursionen machte, reisten über Constantinopel, die Donau hinauf nach Hause, wobei sie in der Türkei noch gelegentliche Excursionen machten. Im Fe- bruar 1860 traf ich Herrn Simpson wiederum in Akarnanien, wo er die Walds chnepfenjagd betrieben hatte. Er theilte mir mit, dass er in der Dobrudscha Brutplätze der grauen Geier auf- gefunden habe und dass er beabsichtige, zur Brütezeit, die et- was später als die des braunen Geiers in Griechenland fallen Ornitholog. Notizen über Griechenland. 371 soll, dorthin zurückzugehn. Seinem Eifer günstige Resultate wünschend, brachte ich ihn am 9. März vom Missolungi zum Dampfschiffe, mit welchem er nach Athen abfuhr. Im Laufe des Sommers erhielt ich vom Herrn Simpson einen aus Dresden da- tirten Brief, in welchem er mittheilte, dass er in Constantinopel Nachrichten bekommen habe, die ihn zur schleunigen Rückkehr nach England getrieben haben, wesshalb er die beabsichtigte Durch- suchung der Dobrudscha unterlassen habe. In diesem Frühjahre traf ich in Akarnanien einen andern englischen Reisenden, Herrn Tindall, welchem ich die beabsichtigte, jedoch nicht vollendete Durchsuchung der Dobrudscha des Herrn Simpson mittheilte. Da Herr Tindall den Eifer, die Zeit und die Mittel bösas, versprach er, im nächsten Jahre dort zu sammeln, um die Unsicherheit der Fortpflanzungsgeschichte des grauen Geiers zu heben. — [Es ist meine Pflicht, nähere Nachrichten über Herrn Tin- dall zu geben. William Tindall war der Sohn des verstorbenen Banquier John Tindall zu Scarborough in Yorkshire in England, be- fand sich im 24 — 25. Lebensjahre, war von mittelgrosser, kräfti- ger Statur. Seit einigen Jahren reiste er im Süden Europa’s sowie in Egypten, um sich auszubilden. Den Winter 1860—61 brachte er in Corfu und Albanien zu, kam Mitte März nach Grie- chenland und nahm in Aetolico meine seit 14 Tagen verlassene Wohnung ein. Hier betrieb er die Yogeljagd, besonders zu Wasser; sämmtliche brauchbare Vögel präparirte er für seine Privatsammlung, die er erst seit der letzten Reise begonnen hatte. 2 grosse Kisten voll in Albanien gesammelter Vögel hatte er schon nach Hause geschickt. Bei meiner Rückkehr nach Aeto- lico am 1. Mai hing sein Zimmer wiederum voll von Vogelbäl- gen; unter anderen hatte er 2 prächtige Pelecanus crispus, Carbo pygmaeus , Larus minutus , viele Enten, Bienenfresser etc. Am 2. begleitete er mich zur Klissura, wo ich den Horst eines Stein- adlers ausheben wollte; das abfliegende Weibchen erlegte Tin- dall mit geübter Hand und präparirte es. An den nächsten Ta- gen machten wir noch einige Excursionen. Da Herr Tindall zu jener Zeit an Geschwüren litt, so konnte er meine Reise über das Parnassgebirge zum Veluchi nicht mitmachen ; hoffte jedoch nach mehreren Wochen direct dorthin zu kommen. Am 8. Mai zog ich von Aetolico ab und kam am 5. Juni in Carpenisi am Veluchi an. Von hier aus theilte ich Herrn Tindall meine An- kunft mit und stellte ihm mein Zimmer zur Disposition. Im Juli 24* 372 Dr. Th. Krüper: bekam ich aus Corfu einen Brief, worin er mittheilte, dass er ein Reisezeit anschaffen, einige Wochen in Thessalien reisen und dann nach Aetolico zurückkommen wollte, um später über Car- penisi, Lamia in die Türkei bis zur Donau zu gehn. Im Sep- tember schrieb ich von Athen aus einen Brief an den englischen Consul zu Missolungi, und erhielt durch den Dr. Nieder die Nach- richt, dass man nicht wisse, wo Herr Tindall sich augenblicklich aufhalte. Am 16. Oktober kam ich bei meiner Reise nach Deutsch- land nach Corfu, wo ich den Diener und Koch des Herrn Tin- dall — Namens Mathaeus, der im vorigen Jahre den englischen Ornithologen Simpson auf seiner Reise in Griechenland beglei- tete — aufsuchte. Durch denselben erfuhr ich, dass sein Herr nach England zurückgereist sei und beabsichtige, zu Weihnachten nach Griechenland zurückzukehren, um von dort seine Tour in die Türkei auszuführen. Von Ueckermünde aus theilte ich am 13. d. M. dem Herrn Tindall meine Ankunft mit und machte ihm den Vorschlag, die Rückreise nach Griechenland in Gesellschaft mit mir zu machen. Nun erhielt ich gestern einen Trauerbrief aus Scarborough vom 21. November, dessen Inhalt ich hier wört- lich anführe: „Werther Herr! Ich bin sehr betrübt, Sie zu benachrichtigen, dass Herr William Tindall sein Leben verloren hat am 2. d. M., indem er versuchte, das Leben mehrerer Schiffbrüchigen zu ret- ten; er und mehrere andere wurden gegen die Felsen geworfen und sogleich getödtet. Ich öffnete Ihren Brief, da ich einer von seinen Verwaltern bin. Ich verbleibe, mein Herr, Ihr W. Hebden.“ Diesem Briefe war noch eine Zeitung „Supplement extraor- dinary of the Scarborough gazette, of thursday, November the 7 th. , 1861.“ beigefügt, aus der ich Folgendes entnehme und mittheile : In der Nacht zum Sonnabend den 2. November entstand ein heftiger Sturm, der um 3 und 4 Uhr am stärksten war. Die- ser Sturm richtete nicht nur in der Stadt Scarbro vielen Scha- den an, wo er die festgebauten Häuser zittern machte, die Dä- cher von Häusern und einer Kirche abdeckte, sondern auch in der See, wo viele Schiffe verunglückten. Am Nachmittage 4 Uhr versuchte der Schooner Coupland, der mit Granit beladen war, Ornithologische Notizen über Griechenland. 373 in den Hafen von Scarbro einzulaufen, strandete jedoch dicht vor dem Hafen. Das Rettungsboot wird bemannt und versucht, die Schiff brüchigen zu retten, kann aber selbst nicht gegen die Wogen ankämpfen und geräth in die grösste Gefahr vor den Augen von mehr als 100 Personen, die vom Walle aus zuschaüen. Unter diesen Zuschauern befand sich auch mein Freund Tindall, der mit vielen andern den Wall hinabläuft, um die Mannschaft des Rettungsbootes zu retten. Eine Woge reist ihn, sowie meh- rere andere hinein. Der Berichterstatter schreibt: „Zwei oder drei andere wurden unter dem Boote gesehn, als es sich hob mit der Welle. Einer von diesen war Herr Wm. Tindall, Sohn des verstorbenen John Tindall, Esq., Banquier dieses Ortes. Die- ser junge Gentleman war einer der ersten in der Todscene, und er fiel als Opfer seiner menschenfreundlichen Bemühungen. Er ist früher durch Gefahren zu Land und Gefahren zu Wasser , in verschiedene Gegenden gegangen, aber es war ihm Vorbehalten gewesen, sein Leben in einer edlen Sache grade an der Schwelle seines Hauses zu verlieren. Er wurde in dem Wasser zu jener Zeit gesehn, aber später wurde er nicht mehr gehört. Er war 25 Jahr alt und war gelobt und geachtet von allen, die ihn kann- ten. Eine Belohnung von 20 Pfund St. wurde für die Auffin- dung seines Leichnams geboten.“ Durch den Tod des Herrn Tindall hat die Ornithologie einen eifrigen Förderer verloren! Aus London, am 26. November, schreibt mir Freund Simpson von dem traurigen Tode des Herrn Tindall und fügt hinzu : „Wir hatten die Absicht, ich und der arme Tindall, zusammen nach Griechenland zu reisen, und London gegen den 10. December zu verlassen. Nach seinem Tode habe ich keinen Gedanken an diese Reise; es ist wahrscheinlich, dass ich England diesen Win- ter nicht verlasse.“] D er Lämmergeier, Gypaetos barbatus , kommt in allen Theilen Griechenlands, die ich besuchte, vor; sein griechischer Name ist nicht allen Landleuten bekannt. Früher glaubte ich, dass dem Gypaetos der Name atavooaeTog zukomme ; erst im vorigen Jahre hörte ich, als ich mit Herrn Simpson das Paar der Klissura beobachtete, durch einen Hirtenknaben den wah- ren Namen; derselbe sagte uns, als ich ihn nach der Benennung de's über uns fliegenden Lämmergeiers befragte, dass derselbe nicht aravooaerog sondern 6%vd sei, und in der That bezeichnet in Akar- 374 Dr. Th. Krüper: nahten und Aetolien nur dieser Name unsern Yogel. Am Parnass nannte man ihn auch xläoa, im Peloponnesos am Taygetos wurde er schlecht weg äerog genannt. Hört man den Namen Lämmergeier aussprechen, so erinnert man sich unwillkührlieh an den kühnsten Räuber in der Vogel- welt und schaudert zusammen. So gebrandmarkt stellt sich die- ser Vogel vor das geistige Auge! Ist der Lämmergeier denn auch wirklich ein den Heerden und Menschen Furcht und Schrek- kßn einflössendes und so schädliches Thier? Oder ist er ohne sein Zuthun in den Ruf gekommen,, den er in den ornithologischen Schriften und Köpfen erhalten hat? Schon Dr. A. Brehm hat sich in seinem neusten Werke bemüht, den Lämmergeier in ein weni- ger dunkles Licht zu stellen. Der Lämmergeier wird als Bewohner der höchsten Gebirge betrachtet, von deren Spitzen er nie oder nur während der Win- terzeit hinabsteigt. In Griechenland bewohnt er weniger die höch- sten Kuppen der Gebirge, sondern mehr die mittlern Regionen und oft genug die Ebenen , wenn dieselben steile Schluchten in der Nähe haben. In Akarnanien, wo nicht sehr hohe Gebirge sind, beginnt sein Revier unmittelbar am Meere und reicht bis über die Berge. Was raubt denn dort in der Ebene dieser ge- fährliche Nachbar? Sucht er dort die Lämmer, Ziegen oder sogar die Kinder auf, um sie zu verspeisen? Man sieht ihn zuweilen in nicht grosser Höhe am Fusse eines gebüschreichen Berges kreisen, den Kopf nach unten gerichtet, spähend, plötzlich herab- fliegen und verschwinden. Sicherlich machte er in diesem Au- genblicke eine Beute! gewiss er hat eine Ziege? — nein, eine Schildkröte gefunden, die seinen Appetit stillen, oder seinen Jun- gen wohlschmecken soll. Um zu dem Fleische der Schildkröte zu gelangen, wirft er dieselbe aus der Höhe auf einen Felsen, damit sie zerschellt. Bisher hatte ich noch nicht Gelegenheit, die Zerschmetterungsmethode zu beobachten. Der Engländer Simp- son, der 1857 Algier bereiste, wo der Gypaittos häufiger sein soll, als in Griechenland, bestätigt das Verfahren und erzählte mir, dass jeder Vogel einen Felsen habe, auf den er die Schildkröten zertrümmert; solche Stellen sah Herr Simpson selbst. In Spa- nien soll der Lämmergeier, nach Brehm, ebenso mit den Knochen von grossem Thieren verfahren. Am 14. März d. J. besuchte ich den Horst eines Lämmergeiers bei Dragmana; unten an der nicht Ornitholog. Notizen über Griechenland. 375 hohen Felswand lagen eine grosse Menge Bruchstücke von Schild- kröten, sowie verschiedene Knochen. Ueber das Brutgeschäft des Gypaetos sind bisher nur wenige Beobachtungen angestellt worden. Wie schwer es ist, den Horst desselben ausfindig zu machen, selbst wenn man sein Revier ge- nau kennt, davon mögen sich nur wenige meiner Leser eine Vor- stellung machen. Sagt man mir, der Vogel sei ja so gross, dass man nur aufzupassen habe, wenn er in sein Nest hineinfliegt, so erwiedre ich, dass der Geieradler, wenn er Eier oder Jungen hat, nicht stündlich zu Horste fliegt, sondern täglich vielleicht einmal dorthin zurückkehrt, zumal wenn er merkt, dass Menschen ihn be- obachten. Hat man den Horst gefunden,, so kann man versichert sein, dass man ihn jährlich in derselben oder in einer benach- barten Höhle finden wird. Bisher habe ich selbst nur wenige Nesthöhlen entdeckt. Um den Leser näher mit dem Lämmergeier und seiner Fortpflanzungsgeschichte bekannt zu machen, will ich soviel ich beobachtet habe, hier mittheilen. In Akarnanien befindet sich ein Pärchen in der grossen äto- lischen Klissura. Im Sommer 1858 hielt ich mich oftmals in der Klissura auf, hatte aber nie das Glück, einen Geieradler zu se- hen. Am 1. Juni 1859, als ich Herrn Simpson und Heeren zur Klissura führte, bemerkten wir beide alten Vögel an den hohen Felswänden hin und her fliegen. Simpson vermuthete aus Ana- logie mit den in Algier gesehenen Bruthöhlen, dass in einer ge- räumigen Höhle, etwa in der Mitte der höchsten Felswand, der Horst sein könne. Am 13. Februar 1860 zog ich mit einem deut- schen Diener zur Klissura, wo wir uns in der Kaserne der Gens- d’armen einquartirten : unsere Absicht war, den Horst des Geier- adlers aufzusuchen. In Begleitung eines Gensd’armen begannen wir am nächsten Tage von dem äussersten Ende der Klissura alle Felswände der nördlichen Seite abzusuchen, wobei verschiedene Schüsse gethan wurden. Während des Tages sahen wir mehr- mals einen Lämmergeier allein umherfliegen, weshalb wir vermu- theten, dass der andere im Horste sein würde. Am dritten Tage stiegen wir zur andern Seite hinauf: unsere Bemühung blieb eben- falls erfolglos; den männlichen Geier sahen wir ruhig, umherflie- gen. Wir kehrten zur Kaserne zurück und beschlossen, da es noch nicht Abend war, nach Aetolico zurückzukehren. Unser Ge- päck wurde den schwer mit Taback belasteten Maulthieren noch aufgebürdet. Missgestimmt über den Verlust von 3 Tagen tra- 376 Dr. Th. Krüper: ten wir den Ruckweg an. Ungefähr in der Mitte der Klissura bemerkten wir den von dem Seestrande herkommenden Lämmer- geier, der einer hoch gelegenen Felswand zueilt und in einer Höhle verschwindet. Deutlich konnten wir das Freudegeschrei vernehmen: nach einer halben Minute zog derselbe Vogel wieder fort, wir hatten den Horst entdeckt. Da wir nicht wieder um- kehren konnten, beschlossen wir, in den folgenden Tagen zurück- zukehren, um den Horst auszuheben. Ein Unfall meines Beglei- ters am 16. Februar hielt mich von meinem Vorhaben ab. Erst am 1. März kam ich mit Herrn Simpson und dessen Begleiter zur Klissura zurück. Schon am 7. Februar hatte Simpson zwei Lämmergeier dort bemerkt, von denen der eine in jene oben er- wähnte Höhle in der Mitte der höchsten Felswand hineingeflo- gen sein soll. Dass die Höhle nicht der Brutplatz war, davon war ich überzeugt. Wir stiegen zu dem von mir gefundenen Horste hinan; da ich die Höhle in der Felswand nicht Wiederse- hen konnte, liess ich meine Begleiter zurück, ging höher hinauf, verfehlte aber die Schlucht. Nach 2 Flintenschüssen zeigten sich mehrere braune Geier, sowie ein Gypaetos, der nicht hoch über mir kreiste und endlich auf der entgegengesetzten Seite auf ei- nem Felsabsatze sich niederliess. Von den Seen von Vrachori kam der zweite Gypaetos zur Klissura, verschwand jedoch bald meinen Blicken. Jetzt gehe ich zum Herrn Simpson hinab, der keinen von den Lämmergeiern gesehen hatte, da er mit dem Fern- rohre die Horste der braunen Geier auszuspähn versuchte. Hir- tenknaben, die sich uns zugesellten, konnten uns keine Auskunft über den verlornen Horst geben. Während unseres Gespräches kommt der Gypaetos herbei und fliegt gerade in seine Bruthöhle zurück, der wir so nahe waren, dass wir deutlich den Rand des aus Zweigen gebauten Horstes sehen konnten. Von unten ab war der Höhle nicht beizukommen. Einer der Knaben wurde gedungen, um uns einen Pfad hinauf zu zeigen; derselbe wurde so steil, dass unsere Hunde und einer unserer Begleiter nicht folgen konnten. Unsere Bemühungen blieben erfolglos, da sich Niemand hinablassen wollte: die Felswand war etwas überhän- gend, so dass das Seil c. 20 Fuss von der Höhle abblieb. Ein Hirte schlug nun vor, dass wir am folgenden Tage wiederkom- men sollten, da sein jüngerer Bruder sich hinablassen werde. Wir versprachen es und kehrten am nächsten Tage von Aetolico zurück. Der Bursche von 14 Jahren war da; er forderte 6 spanische Tha‘ Ornitholog. Notizen über Griechenland, 377 ler (c. 9 Thlr. Pr. Ort.); Herr Simpson bot ihm die Hälfte, wo- rüber sie sich nicht einigten, da der Bursche überhaupt nicht den Muth zum Hinablassen zu haben schien. Unverrichteter Sa- che kehrten wir auch jetzt nach Aetolico zurück und störten den Geieradler im vorigen Jahre nicht mehr. In diesem Jahre stieg ich allein zum Brutplatze hinan; in einer Entfernung, in der ich den Horst schon sehen konnte, schoss ich meine Flinte ab, um den Lämmergeier hinauszuscheu- chen. Da er nicht erschien, stieg ich beinahe bis zum Fusse der Felswand: mein Lärmen und Händeklatschen störten das grosse Thier auf, welches einige Kreise in der Luft beschrieb und in die Höhle zurückkehrte; zweimal jagte ich ihn noch hin- aus. Einige Tage später liess ich Versuche machen, den Horst zu erreichen; am 19. Februar kam mein Steiger bis zur Höhle, konnte jedoch der Entfernung wegen das einzige im Horste lie- gende Ei nicht nehmen. Von nun an wurde der Vogel nicht mehr gestört. Im nächsten Jahre wird es jedenfalls gelingen, das Ei zu nehmen. Ein zweiter Geierhorst befindet sich dort in einer von einem Bache gebildeten Felswand; der Horst wurde erst in diesem Jahre meinem Steiger nachgewiesen, als er schon ein Junges enthielt. Am 7. Mai liess ich mir diese Brutstelle zeigen: die Lämmergeier sah ich an diesem Tage eben so wenig als früher, so oft ich auch die Schlucht besucht hatte. Ein dritter Brutplatz findet sich in der Schlucht bei Aeto- lico: die 2 benachbarten Horste lernte ich erst in diesem Jahre kennen; bisher hatte ich stets vergebens darnach gesucht. Da im vorigen Winter wahrscheinlich einer von diesem Paare erlegt war, blieben diese Horste in diesem Jahre unbewohnt. Ein vierter Brutplatz des Lämmergeiers in Akarnanien be- findet sich im Varassova- Gebirge; den Horst ausfindig zu ma- chen gelang mir bisher nicht. Am 22. Februar d. J. bemerkten wir den Gypaetos in der sogenannten Prassula, als wir verschie- dene Pistolenschüsse thaten, um die braunen Geier aus den Brut- höhlen zu treiben. Diese Schüsse riefen auch einen Lämmer- geier herbei, der an beiden Seiten der Felswand entlang zog, jedoch nach einer Stunde wiederum verschwand. Am 11. Mai sahen wir denselben wieder, als wir nach den Horsten der Aas- geier suchten. Am Parnassgebirge, wo der Lämmergeier von den Hirten 378 Dr. Th. Krüper: durchaus nicht gefürchtet wird, giebt es nach meinen bisherigen Beobachtungen 6 — 7, vielleicht 8 Brutpaare ; mit voller Sicherheit kenne ich erst einen Horst von diesen ; einen zweiten vom Paare bei Agoriani fanden wir am 26. Mai d. J., als ein heftiger Regen das Paar in die Höhle trieb. Die Horste der übrigen sind so- wohl mir als auch sämmtlichen Hirten des Parnasses unbekannt, wenngleich auch einige behaupten, einen oder den anderen Horst zu kennen. Trotz ausgebotener Belohnungen hat mir Keiner si- chere Auskunft gegeben. Der mir bekannte Horst befindet sich bei Dragmana; am 7. April 1S60 suchte ich mit einem Griechen in einer Thalschlucht nach Adlerhorsten, als zwei Lämmergeier durch ihr ängstliches und beinah sorgloses Wesen zu erkennen gaben, dass ihr Brutplatz in der Nähe sei. Oftmals sassen sie innerhalb der Schussweite auf einem Steine, dann flogen sie nie- drig in der Schlucht umher. Wir fanden den Horst nicht. Auf dem Heimwege trafen wir einen Bauer, der uns berichtete, dass an demselben Tage ein Hirte an dem gegenüberstchenden Felsen einen jungen Geieradler aus dem Horste genommen und getödtet habe. Am 14. März d. J. begab ich mich mit meinem Steiger dort- hin, um den Horst kennen zu lernen und vielleicht das Ei zu nehmen; ohne Schwierigkeit fanden wir den mächtigen Horst, der von starken Zweigen gebaut und mit verschiedenen Thier- haaren, besonders von Ziegen, ganz durchwebt war; er war ganz flach und verhältnissmässig weich ausgepolstert; an den benach- barten Felsen konnten wir so hoch steigen, dass wir den ganzen Horst, der Nichts enthielt, übersehen konnten. Unten an der Felswand waren eine Menge Knochen und Schildkrötenschaalen, wie oben schon berichtet, zwischen den Steinen zerstreut. Dass diese Gegend vom Lämmergeier nicht gänzlich verlassen war, I sahen wir an einem alten dort umherschweifenden Vogel. Wir zogen weiter, um die Felswände des Klosters St. Elias zu unter- suchen; auf dem Wege dorthin trafen wir einen Hirten, der uns versicherte, dass er den Lämmergeier in dem eben verlassenen Thale öfters aus einer Felshöhle hinausgejagt habe; dieselbe be- fand sich jedoch an der anderen, im vorigen Jahre untersuchten Seite. Am nächsten Tage eilten wir dorthin zurück und wirklich flog aus der bezeichneten Höhle der gesuchte Vogel; bei dem Fortfliegen vernahm ich eine feine Stimme, die ich von einem jungen Vogel kommend behauptete, was mein Begleiter jedoch nicht zugeben wollte. Ohne grosse Schwierigkeit erreichte die- Ornitholog. Notizen über Griechenland, 379 ser die Höhle und fand ein c. 3 Wochen altes Junges darin, des- sen Tafel mit Knochen, einem ganzen Eselsfusse, Schildkröten reich bedeckt war. Wir Hessen den Sohn des Königs der Lüfte unangetastet. Beide Eltern nahten und stiessen zuweilen ein Pfei- fen, welches dem eines Hirten nicht unähnlich klang, aus. Am 21. Mai sass der junge Lämmergeier noch iu seiner Wiege; seine Eltern waren jetzt noch ängstlicher um ihn besorgt als früher. Jedenfalls ist derselbe unbeschädigt ausgeflogen; im nächsten Jahre werde ich diesen Horst zeitiger untersuchen lassen. Die Legezeit dieses Paares fällt nach meiner Berechnung in die er- ste Hälfte des Januar; in den Tagen vom 20 — 25 Februar ist das Junge ausgeschlüpft; die Brütezeit schätze ich auf 6 Wochen. — - Im Veluchi-Gebirge kenne ich nur 2 Brutplätze; den einen glau- ben wir zwischen Thyrska und Coprina durch einen in die Höhle fliegenden Lämmergeier am 5. Juli d. J. entdeckt zu haben, der zweite einem Hirten bekannte ist bei Sello. Im Taygetos- Gebirge sind mir 3 Brutgegenden bekannt ge- worden: die eine unterhalb des Dorfes Althomyra, die zweite oberhalb Andruvista in der grossen Gebirgsschlucht, die dritte bei dem Dorfe Anavriti oberhalb Sparta. Im Taygetos müssen noch mehrere Brutplätze zu entdecken sein, da das Terrain sehr gün- stig ist. In der Gefangenschaft wird der jung aufgezogene Läm- mergeier sehr zahm, er erkennt seinen Wärter und nimmt dessen Liebkosungen mit grossem Behagen auf. Einen solchen besitzt der Herr Director v. Heldreich in Athen auf seinem Hofe. Dr. Brehm theilt mit, dass sein junger Geieradler in Spanien durch- aus nicht habe Vögel fressen wollen; der Athener verschlingt mit Behagen die Leiber der vom Herrn Schräder für das Muse- um präparirten Vögel, ja sogar verschmähte er nicht das ihm dargereichte Weissbrot. Obgleich ich diesen Lämmergeier nicht zu oft besuchte, so kannte er mich doch, und Hess sich gern von mir streicheln, was er von ganz fremden Personen nicht zu lei- den Schien. (Fortsetzung folgt.) Literarische Berichte. Fauna van Nederland, door H. Schlegel en J. A. Herklots, heisst ein bei P. W. M. Trap in Leiden erscheinendes Werk, dessen zweiter Theil: De Vogels van Nederland door H. Schle- gel, 1854—1858 — in 45 Bogen — kurz Octav-Text und 362 illu- 380 Dr. E. Baldamus, Bericht über minirten Stein druck- Tafeln vor uns liegt. Ueber die Entstehung dieses Werkchens sagt Dr. Schlegel in der Vorrede, dass er der Aufforderung des Dr. J. A. Herklots, sich bei dessen Fauna der Niederlande zu betheiligen, vorbereitet durch die Resultate seiner i seit mehr als 30 Jahren in der Natur gemachten Studien und |j Beobachtungen, und eine Menge von nach der Natur entworfenen Studien, Skizzen und Zeichnungen der einheimischen Vögel, leicht habe entsprechen können. Der Plan des Werkchens ist: „getreue ] Abbildungen und kurze Beschreibungen aller bis jetzt in den Nie- 1 derlanden im wilden Zustande beobachteten Vögel zu geben. Für jede Art wurde die sie am meisten kennzeichnende Stellung ge- wählt. Genauigkeit der Zeichnung wurde in den V ordergrund ; gestellt, und darnach getrachtet, die grö sstmögliclie Kraft im ; Kolorit zu erreichen, ohne doch die Wahrheit zu überschreiten oder der Kunst Concessionen zu machen, welche den Wissenschaft- j liehen Werth der Abbildungen benachth eiligen könnten. Die Land- schaften oder die Staffage der Tafeln sind im Allgemeinen den j Orten entlehnt, wo die verschiedenen Arten beobachtet wur- den. Bei der Beschreibung wurden die Beobachtungen S’s. über das Nachwachsen und die Verfärbung der Federn zu Grunde gelegt. Man wird sehen, dass demzufolge viele] Ergebnisse anders sind, als die meiner Vorgänger, dass die Wis- senschaft hierdurch, sehr vereinfacht wird, aber zugleich auch, dass es noch grosse Lücken in der Kenntniss vieler gewöhnlichen Ar- ten giebt, über die man seit lange im Klaren zu sein glaubte. Al- lein durch fortgesetzte neue Beobachtungen, angestellt mit Rück* i sicht auf den höheren Standpunkt und die jetzigen Forderungen der Wissenschaft, kann man hoffen, diese Lücken mit der Zeit j auszufüllen.“ Der H. Verf. hat uns damit selber den Maassstab zur Beur- theilung seines Werkes in die Hand gegeben. Was zunächst die j Abbildungen — nach der Natur entworfen, also Originalzeichnun- 1 gen, und nicht Copieen der Naumannschen Figuren, wie sie in so vielen neueren Werken bis zum Ueberdruss wiederholt werden — j anlangt, so ist im Allgemeinen der Effekt, trotz der Einfachheit ! der Mittel, doch ein guter. Die Zeichnung ist fast ohne Aus- nahme, ...stets correkt, wie das von einem Meister nicht anders! zu erwarten ist; die Stellung fast immer die charakterisirende, den geistreichen Beobachter verrathende; das Colorit fast immer vortrefflich und von seltener Genauigkeit, meist gehoben durch H. Schlegel: De Vogels van Nederländ. 3 81 die mindestens nach einer Richtung hin charakterisirende Staffage , whet bij werk,“ das wir, abgesehen von dem künstlerischen Effekt, in einer doch auch das populäre Element berücksichtigenden Lan- i des-Fauna ganz an der Stelle finden. Dazu passt die gefällige Form des Kurzoctav-Formats der Tafeln, die dazu hilft dem Werke i ein angenehmes, selbst elegantes Aeussere zu geben. Die Beschreibungen, kurz und bündig, und dabei deutlich und meist genügend, erstrecken sich auf die verschiedenen Ge- schlechter, Jugend und Alter. Ebenso kurz ist Verbreitung, Auf- enthalt, Fortpflanzung, Nahrung, Nutzen und Schaden angegeben. Auffallend ist, dass die Normalzahl der Eier zuweilen — bei vie- ! len Arten um eins bei manchen selbst um 2 — zu niedrig ange- i geben ist.*) Es sind 283 Arten als in den Niederlanden vorgekommen ; aufgeführt. Einige Arten mögen sich den schärfen Augen des Verf. bisher entzogen haben, und wir würden uns nicht wundern, wenn z. B. Sylvia nisoria und Calämoh. aquatica nachträglich ge- funden würden. Die erstcre glaube ich selbst einmal in Holland gesehen und gehört zu haben. Von diesen 283 Arten sind etwa 170 heimisch, d. h. sie brüten in Holland, und unter diesen sind einige Arten, die in Deutschland gar nicht oder an den äusser- sten Ost- und Südostgrenzen brüten. Dahin gehören C. luscinioi- des Ardea purpur ea , nycticorax , Platalea leucerodius , Phalacroco- rax cormoranus u. v. a. Von allgemeinem, das local-faunistische überragendem Intresse sind die mancherlei Berichtigungen über europ. Vögel und die von der früheren Ansicht abweichenden Angaben über den Wechsel der Kleider. Wir würden weit über den uns zustehenden Raum dieser Bl. hinausgehen müssen, wollten wir in die vielen interes- santen Einzelheiten in dieser Richtung eingehen, und fügen wir noch hinzu, dass auch die meist kurze kritische Angabe der Ar- ten und Racen des übrigen Europa und deren Repräsentanten in den anderen Erdtheilen das Werk allen Ornithologen zum Bedürf- nisse macht. Dabei empfiehlt sich dasselbe durch seine grosse Billigkeit. Dr. E. Baldamus. *) So z. B. sind bei F. subbuteo und tinnunculus 3-4, statt 5—7; bei Civc. ruf us , cyaneus gleichfalls 3—4 statt 5- 6; bei A. nisus 3 — 4 statt 5 bis 7 angegeben. 382 Ch. F. Dubois: Oiseaux de la Belgique. — Dr. Altum: €b. F. Dubois. Planches coloriees des Oiseaux de la Bel- gique et de leurs Oeufs. Tome III, avec 162 Planches. Bru- xelles 1860, ehez Muquardt. Seit der Anzeige des II. Bandes (s. d. Journ. Jahrg. 1859, S. 120 u. ff.) ist auch dieses mit Eifer und Fleiss begonnene und in der gefälligen naturgetreuen Darstellung der Abbildungen einen steten erfreulichen Fortschritt bekundende Unternehmen zum be- friedigenden Abschlüsse gelangt. Mit der 141. Lieferung schliesst der III. Band der Vögel Belgiens. Die Tafeln 191 — 3Ö0 enthalten den Schluss der Grallatores und die gesammten Natatores . Auf Taf. XXXVII. — LXXIV sind die Eier sämmtlicher dargestellter Arten abgebildet. Im Hinweis auf unsere früheren ausführlicheren Besprechun- gen in diesem Journale können wir nunmehr die Liebhaber der europäischen Ornis auf das vollendete Werk selbst verweisen, um so mehr, als die ansprechenden Abbildungen nicht verfehlen wer- den auf den Beschauer einen empfehlenden Eindruck zu machen. Wir wollen daher nur noch darauf hinweisen, dass, nach Absicht des Verfassers, die Vögel Belgiens, welche für sich ein Ganzes bilden, zugleich als „lre Sörie“ der „Planches colorides des Oi- seaux de l’Europe“ zu betrachten sind. Die „2de Sörie“ soll eben- falls für sich ein Ganzes bilden (zugleich aber auch als Ergän- zung der 1. Abtheilung dienen,) und sämmtliche seltene europäi- sche Vögel, darunter viele bis jetzt gar nicht abgebildete, zur Dar- stellung bringen. Jährlich sollen 16 Lieferungen (ä 3 Tafeln mit Text zum Preise von 21 Francs) erscheinen. Indem wir vor- läufig auf die Subscription verweisen, glauben wir das Unterneh- men um so eher empfehlen zu können, als durch die regelmässige, prompte Vollendung der ersten Abtheilung, auch der sichere Fort- gang der zweiten Serie verbürgt erscheint. Dr. Cabanis. Briefliche Hittheilungen , Oecono- misches und Feuilleton. 1 Picus numidicus im Münsterlande erlegt. Die erste Woche nach Ostern d. J. brachte ich auf Haus Geist bei Oelde zu und begab mich am 3. April in’s Geister- Holz, einem theilweise gemischten, noch mit uralten Bäumen be= standenen interessanten Walde, um ausser Anderem auch Picus Picus numidicus im Münsterlande erlegt. 383 major fern, zu erlegen, weil das einzige Exemplar unseres akade- mischen zool. Museums kurz vorher bedeutenden Schaden genom- men hatte. Die Pici (der Wald beherbergt eine grosse Menge von Buntspechten) jagten sich zur Paarung neckend umher, und ich fing an zu locken (pochen). Auf der Stelle setzte sich der gewünschte weibliche Rothspecht in meine Nähe und ward erlegt und verpackt. Schon im Begriff weiter zu gehen, entschloss ich mich, auch das Männchen zu schiessen, damit ich auf dem Museum ein schönes frisches Paar hätte. Auf mein Pochen kommt auch dieses. Al- lein, wie gross war mein Erstaunen als ich es von der Erde auf- nehme und nicht Picus major sondern major mit den inten- siv rothen Verbindungsstreifen zwischen den seitli- chen schwarzen Brustflecken, also numidicus in der Hand halte. Erst hielt ich die Zeichnung für Blut, da mir ein solches nur für Afrika und Spanien bekanntes Kleid für unser Münster- land zu merkwürdig war. Allein es war und blieb ein schön rothes natürliches Band, mit den unteren Schwanzfedern von gleichem Farbentone. Meine Vergleichung mit anderen Rothspechten con- statirte nur sehr geringe anderweitige Verschiedenheit, wie ja überhaupt kein Individuum dem anderen ganz vollständig gleicht; auch das zu diesem numidicus gehörende Weibchen war anderen weiblichen grossen Buntspechten gleich. — Ich musterte darauf später zu Haus das spärlich mir zu G-ebote stehende Material, und siehe, ich fand zwei Junge (mit rother Kopfplatte), welche eben- falls in 2 — 3 Federn dieses rothe Brustband, freilich blass aber doch hinreichend deutlich, an sich trugen, — und bin fest über- zeugt, dass, wenn man eine Menge dieser höchst nützlichen Vö- gel der Wissenschaft opfern wollte, sich dieses Kleid mehrfach bei uns finden würde. Doch wer schiesst einen Rothspecht?! Nur der unbedachtsame Knabe kann sich dazu verstehen, und wie würde es mir eingefallen sein, darnach zu fahnden ohne die er- wähnte Calamität unseres Exemplars. Was ich übrigens nach die- sen Erfahrungen von der SpeciesdignitätdeswwmÄcws halte, brauche ich wohl nicht ausdrücklich zu bemerken. Die ganze Gruppe der Rothsp echte, cruentatus, himalayensis, major , numidicus und wie sie heissen mögen, scheint mir der Revision sehr bedürftig und möchte ich Fachmännern, denen literarisches sowohl als naturhistorisches Material zur Genüge zur Hand ist, besonders dem Herausgeber dieses Journals, selbe recht warm ans Herz legen, und bitte hier gleich um eine Nachschrift. 384 Dr. Ludw. Brehm: Am 20. Juli wurde ganz in der Nähe von Münster ein Vultur fulvus geschossen. Münster, 29. October 1861. Dr. Altum. N a c h s c hr i ft . Für die genaue und kritische Sichtung aller bekannten Specht-Arten überhaupt, verweisen wir auf die seit ei- nigen Jahren als Prachtwerk in der Publikation begriffene „Mo- nographie des Picidds par M. Alfred Malherbe“, President de la Socidte d’Histoire naturelle, etc. ä Metz. Der genannte Herr Verfasser, welcher seit mehr denn 20 Jahren unermüdlich dem Studium der Spechte sich widmete, ist unbedingt der competen- teste Kenner der gesammten Familie der Picidae. Wir möchten daher eine Zusendung des im Münsterlande erlegten interessan- ten Exemplares an Mr. Malherbe zur definitiven Erledigung event. Aufnahme in dessen Monographie als besonders zweckdien- lich empfehlen. Der Herausgeber. Beschreibung seltener Drosseln. Von Dr. Ludwig Brehm. Herr Wilm, ein junger Kaufmann in St. Petersburg, ist ein grosser Freund der Stubenvögel und hat über sie recht hübsche Beobachtungen angestellt, welche wir nächstens bekannt machen werden. Er bekümmert sich aber um die Vogelkunde überhaupt und hat mir grossmüthiger Weise zu meinem letzten Geburtstage und später ein Geschenk mit Vögeln gemacht, welche ihn 50 Thlr. gekostet haben, was ich ihm, da ich ihm nichts dagegen zu bie- ten weiss, nicht genug verdanken kann. Dadurch bin ich in den Stand gesetzt, den Freunden der Vogelkunde eine Beschreibung der seltenen Drossel zu geben, welche gewiss jeden Leser die- ser Blätter mit Dank gegen den edeln Geber erfüllen wird. Turdus varius besitze ich zwar; aber da ich ihn nicht mit Turdus Whitii vergleichen kann: gebe ich keine Beschreibung von ihm. Turdus ruf icollis Pall. Das Männchen: Dieses ist sehr leicht zu erkennen an dem Rostroth, welches fast den ganzen Unterkörper bedeckt. Diese Drossel ist deswegen mit keiner anderen zu verwechseln; denn Turdus migratorius und rufiventris haben nicht nur ein ganz ande- res Roth, sondern auch gar keins am Halse, an welchem dieses bei T, ruficollis am ausgebreitetsten ist. Die rothhalsige Drossel Beschreibung* seltener Drosseln, 385 hält in der Grösse die Mitte zwischem unserem Turdus pilaris und musicus ; sie ist 8" 8'" par. M. lang, wovon auf den Schwanz 3" 4"' gehen. Der Flügel misst vom Buge an 4" 8"'. Der Schna- bel ist am getrockneten Vogel, auf dem Rücken und an der Spitze, matt horn schwärzlich, an der Wurzel des Unterkiefers hornfarben ; die Fiisse und Nägel sind dunkelhornfarben, über den Augen ein breiter rostrother Fleck; der Oberkopf ist sehr dunkelgrau, der Hinterhals und Oberrücken grau, hin und wieder ro stroth ange- flogen; der Unterrücken, Bürzel, der Schwanz und seine Ober- und Unterdeckfedern sind rostroth, die 8 mittleren Steuer- und ihre Deckfedern zumTheil dunkelbraun; die Schwungfedern sind schürz - lichgrau, auf der inneren Fahne zum Theil rostfarben, auf der äus- seren so gekantet; die Oberflügeldeckfedern sind tiefgrau, auf der äusseren Fahne rostfarben gekantet, der tiefgraue Unterflügel ist wegen der Rostfarbe auf der inneren Fahne der Schwungfedern grössten Theils rostfarben, an den Unterflügeldeckfedern rostroth; die Backen sind tiefgrau; ein Streif über den Augen ist gelblich weiss: der ganze Vorderhals, der Kropf, die Kopf-, Hals-, Brust- un d Bauchseiten sind rostroth, von der Brust an mit weissen Spit- zenkanten. Die Mitte der Unter brust und des Bauches ist rein weiss. Das alte Weibchen ist eben so gross, als das Männchen, aber ganz anders gezeichnet. Der Oberkopf, die Backen, der Hinter- hals und ganze Rücken, der Bürzel und die Oberschwanzdeckfe- dern sind grau. Die Schwungfedern schwarzgrau, auf der inne- ren Fahne zum Theil rostgelblich-weissgrau mit grünlichgrauem Saume; die tiefgrauen Oberflügeldeckfedern mit grüngrauen Fe- derkanten, der Unterflügel ist grau, etwas rostfarben angeflogen, die Steuerfedern sind mattrostfarben, von der 2. an auf der äus- sersten Fahne schwarzbraun gekantet; was an den beiden mitt- leren auch auf die innere Fahne übergeht und einen grossen Theil der Feder einnimmt. Der Vorderhals ist mattrostfarben, was sich auch auf die Halsseiten erstreckt, an der Kehle und Gurgel schwärz- lich gestreift, an dem Kropfe durch weissgraue Spitzenkanten un- terbrochen ist. Der übrige Unterkörper ist schmutzigweis s, an den Seiten der Oberbrust etwas rostbraun: von da an kaum merk- lich grau gefleckt, die Unterschwanzdeckfedern sind weisslich rost- farben überflogen. Diese beiden Vögel, welche mir Herr Wilm zu senden die Güte hatte, stammen aus Sibirien. JoUru, f, Ornith., X. Jahrg, Nr. 59, September 1862. 25 386 Dr. Ludw. Brehm: 2. Turdus atrigularis. Diese Drossel hat mit der vorhergehenden gleiche Grösse, sie ist 8" f>"' bis 8'" lang, wovon auf den Schwanz 3" 5"' gehen, der Flügel misst vom Buge an 4" 6'". Das Männchen im ersten Herbstkleide., Der Schnabel ist hornschwarz, an den hinteren Seiten des Unterkiefers liorn- farben; die Füsse sind hornbraun. Der ganze Oberkörper ist sehr tiefgrau, auf dem Kopfe mit verdeckten schwärzlichen Längestrei- fen; die Schwung- und Steuerfedern sind schwarzgrau, die erste- llen an der inneren Fahne lichter, nahe an der Wurzel weiss, auf der äusseren Fahne grau gesäumt. Die Oberflügeldeckfedern sind sehr tiefgrau, die längeren hellgrau, an der Spitze weissgräu ge- säumt, wodurch eine schmale helle Binde auf dem Flügel entsteht. Der tiefgraue Unterflügel ist an seinen Deckfedern rostfarben. Der Vorderhals und Kropf schwarz mit breiten grauweissen Fe- derkanten; der übrige Unterkörper schmutzigweiss, an den Sei- ten grau und kaum merklich tiefgrau in die Länge gefleckt. Dieses Männchen wurde am 10. September 1843 in Vorder- Asien geschossen. Ich erhielt es von dem seligen Professor Dr. Eversmann zu Kasan. Ein altes Weibchen: Der Oberkörper ist wie bei dem Männchen, nur etwas lichter, auf dem Kopfe ohne dunkle Strei- fen und auf dem Flügel ohne helle Binde. Die Unterflügeldeck- federn sind ebenfalls rostfarben. Das Kinn und die Gurgel sind weisslich mit schwarzen Längestreifen, der Kropf ist schwarz mit breiten weisslichen Kanten; der übrige Unterkörper ist weisslieh, auf den Seiten grau mit hellbraunen Schaftstreifen. Dieses Weib- chen wurde am 10. October 1817 auf dem Thüringer Walde ge- fangen. 3. Turdus N aumanni Temm. Die Naumanns-Drossel ist bedeutend kleiner, als die beiden vorhergehenden, nur 8" lang, wovon auf den Schwanz 3" kom- men. Der Flügel misst vom Buge bis zur Spitze 4". Der Schnabel ist hornschwarz, an der Wurzel des Unterkie- fers hornfarben; die Füsse sind hellbraun. Das alte Männchen. Ueber dem Auge ein mattgelber Streif; der Oberkopf und die Backen sind dunkelbraun, der ers- tere mit schwarzen Längeflecken, der Hinterhals und Oberrücken braungrau, sanft rostfarben überflogen mit wenig vortretenden tief- braunen Flecken, auf dem Unterrücken und Bürzel tritt das Rost- Beschreibung seltener Drosseln. 387 färben mehr hervor! Die Steuer- und längsten Oberschwanzdeck- federn sind tiefbraun; die Schwungfedern schwärzlich, auf der inneren Fahne grossen Theils rostfarben, auf der äusseren dun- kelrostfarben gekantet, was nach hinten zu immer breiter wird; die Oberflügeldeckfedern sind braun, rostfarben gekantet, wodurch 2 wenig bemerkbare helle Binden auf den Flügeln entstehen. Der Unterflügel ist rostfarben, an den Unterflügeldeckfedern hoch- rostfarben. Der Unterkörper weiss, an der Gurgel ins Gelbliche ziehend; hier "Und da an der Kehle schwärzlich gepunktet, an dem Obertheile des Kropfes mit braunschwarzen Fleken, welche einen unterbrochenen Ring bilden, unter diesem steht ein gelbweisser Ring ohne Flecken, an welchen die grossen schwarzen, einen in der Mitte unterbrochenen Ring bildenden, die ganzen Seiten zie- renden Flecken stössen. Das beschriebene Stück ist ein altes Männchen im Herbstkleide aus Japan. Das alte Weibchen ist etwas kleiner als das Männchen und auf dem Oberkörper ihm ähnlich gezeichnet, nur zieht der Rücken weniger in das Rostfarbige und hat auch kaum bemerk- bare dunkele Flecken; die Unterflügeldeckfedern sind ebenfalls hochrostfarben. Der Unterkörper ist von dem des Männchens sehr verschieden, auch er ist weiss, hat aber weit weniger dunkle Flecken als bei dem Männchen. Die Kehle und Obergurgel ist rein weiss, nur an den Seiten mit einer Reihe schwärzlicher Punkte besetzt; an der Untergurgel steht ein unterbrochener schmaler, aus schwärzlichen Fleckchen gebildeter Ring, unter diesem ein weisser, an welchen sich ein in der Mitte unterbrochener schma- ler, schwarzer anscldiesst. Diese 3 Ringe werden durch einen grossen schwarzen Seitenfleck mit. einander verbunden. An den Seiten bemerkt man nur wenige rostbraune Flecken. Dieses Weibchen, welches ich auch meinem theuern Wilm verdanke, ist ein alter, in Sibirien erlegter Frühlingsvogel. Glo- ger war, wie ich schon in meinem Handbuche p. p. S. 391 bemerkt habe, geneigt, Turdus Naumanni und ruficollis für eine und die- selbe Art zu halten. Diess lässt sich nur daraus erklären, dass er damals den sehr seltenen T. rufic. noch nicht gesehen hatte. Jetzt wird er gewiss ganz anderer Meinung sein und deswegen enthalte ich mich aller weiteren Auseinandersetzungen dieses Irrthums. Aber mit einer anderen sibirischen Drosselart ist Turdus Nau- manni zu verwechseln und wirklich verwechselt worden. Dies ist 388 Dr. Ludw. Brehm: 4. Turdus fuscatus Pallas. Ich freue mich deswegen garsehr, dass Herr Wilm mir auch diesen aus Sibirien stammenden Vogel zugesandt und mich da- durch in den Stand gesetzt hat, die Unterschiede beider Arten deutlich zu zeigen. Er ist vom Körper ebenso gross, als Turdus atrigularis , nur etwas weniger lang, weil sein Schwanz kürzer, als bei diesem ist. Er übertrifft also den Turdus Naumanni weit an Grösse. Die S I Länge des Männchens beträgt 8" 4"', wovon auf den Schwanz 3" 3'" kommen. Der Flügel misst vom Buge bis zur Spitze 4" 4'". Das alte Männchen. Schnabel und Füsse sind schwarz, über den Augen ein mattgelber Streif. Der Kopf, Nacken, Hinterhals, und Oberrücken, die Wangen und Halsseiten sind schwarz, gros- sen Theils mit rostgrauen, fast überall wenig vortretenden Fe- derkanten. Das Schwarzbraun des Unterrückens und Bürzels ist von den rostgrauen Spitzenkanten fast verdeckt. Die Schwung- und Oberflügeldeckfedern sind schwarz, aber mit so breiten rost- farbigen Kanten geziert, dass fast der ganze Oberflügel schön rost- farbig erscheint. Der Unterflügel ist matt-, an seinen Deckfedern hochrostfarben. Die Steuer- und Oberschwanzdeckfedern sind mattschwarz; der ganze Vorderhals ist gelblich, an den Seiten mit schwärzlichen Fleckchen eingefasst, übrigens ungefleckt. Auf dem Kropfe steht ein breites schwarzes nicht unterbrochenes Querband; die Seiten sind mit grossen schwarzen und wenigen rostfarbigen, weissgekanteten Flecken bedeckt. Die Mitte der Brust, des Bauches und Afters ist weiss, der Unterschwanz matt- schwarz, an seinen Deckfedern braun mit rostgrauen und weissen Spitzen. Dieses Männchen unterscheidet sich wesentlich von dem gleich- alten des Turd. Naumanni. 1. Durch die bedeutende Grösse. 2. Durch das Schwarz auf einem grossen Theil des Oberkörpers. 3. Durch den viel längeren Augenstreifen. 4. Den mehr rostfar- bigen Oberflügel. 5. Den schwarzbraunen Bürzel. 6. Das breite, schwarze nicht unterbrochene Querband am Kropfe, unter wel- chem kein helles steht. 7. Die schwarzen, bei Turd. Naumanni gelblichen Halsseiten. 8. Die fast ganz schwarzen Seiten des Kör- pers und 9. die schwarzen Schwung- und Steuerfedern. Bei Beachtung dieser Merkmale sind beide einander ähnliche Vogelarten nicht zu verwechseln. Nun folgen einige verwandte Drosselarten, auf deren Besitz ich stolz bin. Beschreibung seltener Drosseln. 389 5. Tut du 8 pallens Mus. Petersb. Auch diese Drossel, welche ich vorher nie gesehen hatte, ver- danke ich Herrn Wilms Güte, sie stammt auch aus Sibirien. Das alte Männchen ist grösser, als das unserer Singdros- sel, 8" 3'" lang, wovon auf den Schwanz 3" 2"' kommen; der Flügel misst vom Buge an 3" 1"'. Der Oberkiefer und der un- tere an der Spitze ist hornschwarz, der übrige Th eil des unteren hornfarben; über den Augen ein schmaler weisser Streif; der Kopf und Nacken ist schwarzgrau, der übrige Oberkörper dunkeloli- vengrüngrau. Die Schwung- und Steuerfedern sind dunkelschwarz- grau, auf der inneren Fahne lichter, und an der Wurzel weiss, die hinteren heller, alle mit olivengrauem Saume. Die letzten Schwung- und alle Oberflügeldeckfedern dunkelolivengrüngrau. Der Unterflügel grau, an seinen Deckfedern schwarzgrau. Der Anfang des Kinnes ist weiss; der Vorderhals, die Kopf- und Hals- seiten sind russschwarz; der Kropf graulich rostgelb, der übrige Unterkörper weiss, an den Seiten ungefleckt dunkelrostgelb, an den Unterschwanzdeckfedern schwärzlich gefleckt. 6. Turdus pallidus Gm. et Pallas. Auch von dieser seltenen Drossel verdanke ich Herrn Wilms Freundschaft ein altes Weibchen. Dieses ist so gross als eins unserer Rothdrossel, 7" 4'", wovon der Schwanz 2" 10'" wegnimmt; der Flügel misst vom Buge an 3" 1'". Der. Schnabel ist oben hornschwärzlich, der untere hinten hornfarben vorn dun- kel; der Fuss hell hornfarben ! Ueber dem Auge ist ein schmaler, unter ihm ein breiter weisser Streif. Der ganze Oberkörper ist hellolivengrau, auf dem Flügel eine weisse schmale Binde, Zei- chen des einjährigen Vogels; die Schwung- und Steuerfedern sind dunkler, als der Rücken, die erste der letzteren mit einer weissen Spitze ; der hellgraue Unterflügel ist an seinen Deckfedern weiss, dunkler gewölkt; die Kehle und Gurgel sind rein weiss, auf den Seiten mit einem dunkel olivengraugrünen Streifen eingefasst. Zwi- schen diesem und den dunkel olivengrauen, heller gewölkten Wan- gen steht ein breiter weisser dunkel gewölkter Streif ; der Kropf und die Seiten sind matt rostgelb, die Mitte der ganzen Brust, des Bauches und Afters ist rein weiss. Die weissen Unterschwanz- deckfedern sind dunkel gefleckt. 7. Turdus Seyjfertitzii Brehm. Man hat diese Drossel zu der vorhergehenden gezogen, aber mit Unrecht, wie ich sogleich zeigen werde. 390 Dr. Ludw. Brehm: Ein Männchen im ersten Herbste seines Lebens ist 8" 4"' lang, wovon auf den Schwanz 2" 9'" abgehen; der Flügel misst vom Buge an 3" 2'". Der matt hornschwarze Schnabel ist an der Wurzel des Unterkiefers hornfarben. Der Fuss und die Zehen sind hell hornfarben. Ueber dem Auge steht ein breiter graugelber Streif; der ganze Oberkörper, die Wangen, die Halsseiten sind olivenbraun- grün, die Steuerfedern etwas dunkler, die erste und zweite mit hellerm Spitzenrande, die Schwungfedern sind schwärzgrau mit dunkelolivengraugrünem Saume, welcher sich auf denen 2. Ord- nung über die ganze äussere Fahne verbreitet. Der Unterflü- gel und seine Deckfedern sind grau mit einem graugelben An- fluge. Der Vorderhals und ein Fleck unter den Wangen ist gelb- lich weiss, der erstere fein dunkel gepunktet und von einem dunkelplivenbraungrünem Reif eingefasst, der Kropf oben oliven- ; grün, unten ist dieser wie die Oberbrust und die Seiten hoch - ockergelb, die Mitte der Brust und des Bauches rein weiss. Die Unterschwanzdeckfedern sind weiss, dunkler gefleckt. Diese Drossel unterscheidet sich also von dein oben beschrie- I benen Turdus pallidus: ]) durch die andere Farbe des Ober- körpers. 2) durch den Mangel des weissen Streifs unter 'den Augen. 3) durch den olivengrünen Kropfanfang. 4) durch das weit verbreitete und sehr lebhafte Ockergelb des Unterkörpers,' welches bei T. pallidus wenig verbreitet und blass ist. 5) durch die Unterflügeldeckfedern, welche bei meinem Exem- plare rein weiss, dukler gewölkt, bei T. Seyffert. grau, kaum merklich gelbgrau angeflogen sind. 6) Der letztere Unterschied ist besonders hervorzuheben, weil er entscheidend ist. 7) Das beschriebene Männchen wurde bei Ahlsdorf unweit Herzberg in Sachsen im September 1823 gefangen und mir von dem Freiherrn von Seyffertitz giitigst übersandt. 8. Turdus libonyanus Smith. Auch diese Drossel hat sehr viel Aehnlichkeit mit den vor- hergehenden. Sie ist etwas grösser, als Seyffertitz’s Drossel, 8" 4"' lang, wovon der Schwanz 3" 1" wegnimmt. Der Flügel misst vom Buge an 3" 10"'. Der Schnabel ist wachsgelb, die ! Füsse sind hornfarben, kein heller Strich über dem Auge, der ganze Oberkörper ist dunkelolivengrüngrau, an den Schwung- und Steuerfedern fast schwarzgrau, die ersteren sind auf der innern Fahne rostgelb, auf der äussern kaum merklich heller gesäumt, Beschreibung seltener Drosseln. 391 der graue Unterflügel ist rostgelb überflogen, an seinen Deckfe- dern hoch rostockergelb. Die Kehle und Obergurgel ist beim Männ- chen rein weiss, auf den Seiten mit graubraunen Langeflecken, der Kropf und die Oberbrust sind hellgrau, die Seiten hochrost- ockergelb, die Mitte der Unterbrust, des Bauches, des Afters und die Unterschwanzdeckfedern sind blendend weiss. Das Weibchen unterscheidet sich von dem Männchen: 1) durch die dunkel gestreifte Kehle und Obergurgel und 2) durch das blässere und weniger weit verbreitete. Gelb an denä Seiten. Mein Sohn Alfred erlegte das beschriebene Männchen am 1. Januar und das Weibchen am 20. Januar 1851 in Sennaar. Beide sind alte Vögel. 9. Turdus obsoletus Brehm. Eine noch hierher gehörige, wahrscheinlich noch unbeschrie- bene Drossel besitze ich aus Japan. Da ich keinen Namen derselben kenne, habe ich ihr einen gegeben, werde ihn aber so gleich zu- rücknehmen, wenn ich den rechten Namen erfahren haben werde. Unsere unscheinbare Drossel ist grösser als die zunächst vor- hergehenden ; sie ist 9" lang wovon auf den Schwanz 3" 3'" kom- men; der Flügel misst vom Buge an 4" 2/". Der Schnabel ist dunkelhornfarben, an der Wurzel des Unterkiefers heller; die Füsse sind lichthornfarben. Ueber dem Auge kein heller Streif. Der ganze Oberkörper ist rostgraubraun, auf dem Kopfe und Bücken rein graubraun; die vordersten Schwungfedern sind grauschwarz, auf der inneren Fahne lichter, auf der äusseren grau gesetzt, die anderen Schwungfedern schwarzgrau, auf der äusseren Fahne rost- graubraun, wie die Deckfedern von denen die längsten helle Spit- zen haben, welche eine wenig bemerkbare, unterbrochene Binde bilden; der Unterflügel ist grau, an seinen Deckfedern weissgrau. Die Steuerfedern sind schwarzgrau, die 3 äussersten mit weisser Spitze, welche an der 1 . weit verbreitet ist. Die Kehle ist weiss, an den Seiten graubraun eingefasst; der Oberkropf nnd die Sei- ten sind grau, die letzteren rostfarben überflogen. Der übrige Unterkörper ist weiss. Unter den amerikanischen Drosseln befindet sich eine Art, welche sich wegen ihrer einfachen Zeichnung an den Turdus ob- soletus anschliesst, nämlich Turdus crotopezus Illig. Ihr grauer Oberkörper ist auf dem Oberrücken und Oberflügel gelblich grau. Der Unterkörper grau, an der Kehle weiss, schwarzgrau gestreift, am Bauche und After weiss. Renthendorf bei Triptis, 23. April 1862. 392 E. Schauer: Tagebuch Notizen : Tngebuch-Motizen, während eines ornithologi sehen Ausflugs auf der hohen Tatra, in den Monaten Juli und August 1861, verfasst von Ernst Schauer. (Fortsetz. ; s. Mai-Heft. S. 225—240.) Es war Mittag, wir stiegen dem Gipfel zu, welchen wir in drei Stunden erreicht hätten; doch plötzlich zogen Gewitter heran, ein empfindlich kalter Wind erhob sich, wir drückten uns in Fel- senspalten, ich nahm den Hund auf den Schooss um mich zu er- wärmen, der aber noch mehr zitterte, als sein Herr. Einige Al- pen flüe vögnl suchten die Tiefe, und Jas schwor, einen Mentel gesehen zu haben. Die Gesellschaft entschloss sich umzukehren und so gingen wir bis zum Schacht wo wir gefriihstückt hatten, in dessen Nähe Wala einen alten salasz wusste, wir suchten ihn auf; er war von dem Winterschnee zerdrückt. Aus dem Material, Stangen und Baumrinden, bauten wir eine neue Hütte. Jas ent- schälte mit bewundernswerther Geschicklichkeit 2 24 zöllige Fich- ten; bald brannte ein lustiges Feuer, wir zogen uns aus und trock- neten die Kleider. Bei dieser Gelegenheit füllte sich meine Kä- ferflasche mit den prächtigsten Sachen. Einige Nusshäher orze- chöwka, (orzech die Nuss), Eichelhähe r,ojka, Buntsp echte, dzi^ciol, Meisen, sjkora, K r e u t z s c h n ab e 1 Krzy wonos, krzy wy krumm, nos, Nase, machten uns Besuch. Im Herabsteigen erlaubte sich Wala einen kleinen Umweg und sähe 19 Gemsen. Unsere Gesellschaft hatte mithin, in Zeit von 3 Stunden, 4J Gemsen ge- sehen. Die Nacht war neblig aber still. 28 Juli. Um 4 Uhr standen wir auf und zogen die getrock- neten Kleider an; geschwind war ein Glas Thee gemacht, und nach 2 Stunden hatten wir die Stelle erreicht wo wir gestern umkehrten. Nun wurde der Weg mühsamer, von einem Granit- stück muss man auf das andere klettern. In schrägliegenden Plat- ten 45° sind Löcher eingehauen, dass man die halbe Sohle ein- setzen kann, sie sollen im Jahre 1844 für den König von Sachsen eingehauen sein. Hier wächst eine seltene Composita, Herbichia abrotanifol. , Senecio carniolicus Willd. Auf dem Gipfel, welchen wir um 10 Uhr erreichten, standen 3 Gemsen. Wir hatten das schönste heiterste WTetteiy konnten bis Krakau und in das unga- rische Flachland sehen, zu unseren Füssen, unter gruby wierzch liegen zwei Gebirgsseen, und südlich am Fusse des Krywan der Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 393 See von Csorba und die Quellen des Poprad und der Waag. Die Stadt Hibie Geib und die vielen Dörfer mit den weissen Kir- chen, in sächsischer Bauart, erinnerten mich lebhaft an mein Hei- mathsland. Aber verwundert starrt das Auge östlich in die Gra- nitspitzen der hohen Tatra, deren Klüfte und Thäler mit Firn ausgefüllt sind. „Da blühet kein Frühling, da grünet kein Reis.“ Es ist der Mond hinter einem guten Telescope. ,, Trümmer ei- ner Welt.“ Das Monument, welches man zum Andenken seiner Anwesenheit, dem Könige von Sachsen setzte, hat das Jahr 1848 in die Untiefen gestürzt; eine Eisenplatte liegt noch. Alte An- gaben stellen die Höhe des Krywans, (krzywy, krywy, krumm,) auf 8000', neuere Barometermessungen auf 7643' und auf der neu- steil ungarischen Karte ist er mit 7884' angegeben. Und hier suchte ich Vögel? Nun ja! und habe sie auch gefunden. Die höchste Spitze, neben dem topographischen Zeichen, bewohnt ein vergnügtes Tithys- Pärchen, welches ihren Jungen emsig magere Kost zutrug. Auf dem ganzen Karpathenzuge ist die Tithys nicht so schwarz, als ich sie an anderen Orten gefunden habe. Wir blieben bis Mittag, verdächtige Wolken mahnten zur Rück- kehr. Angekommen auf dem ersten Bergsattel, wo ich die 3 Gemsen gestern sah, und ein Alpenmurmelthier lebt, schlugen wir einen ande- ren Weg ein, Wala stimmte dagegen, und wir hatten es zu bedauern. Auf einem thurmähnlichen Felsen sass ausser Schussweite ein W ür gfalk e, polnisch rarog. Ueber keinen Falken ist vielleicht so viel geschrieben als über den Blaufuss. Wohl hat man be- merkt, dass auch welche mit gelben Füssen und gelber Wachs- haut Vorkommen, und es als einen krankhaften Zustand oder Fol- gen der Gefangenschaft genommen. Ich habe mehrere erlegt, auch brütende beim Horste, auch von anderwärts welche erhalten, so dass ich zu einer klaren Ansicht über diesen Vogel kommen konnte. Wer jemals Vögel gesammelt hat, mag sich erinnern, dass man wohl 20 Zwergfalken oder Hühnerhabichte er- legt, bevor man ein schönes altes Thier bekommt. So ist es auch mit dem Blaufuss. Schon im vierten Jahre hat er gelbe Fiisse und gelbe Wachshaut, dem sehr alten Männchen wird die Brust weiss mit schwarzen fast haardünnen Schaftstricheil, und die Erb- sen-, Linsen- und Bohnenflecke im Schwänze des jüngeren Vogels haben sich zu vollkommen durchgehenden Binden gestaltet. Unten stiess ich auf 2 Ketten Haselhühner. In einiger Entfernung sahen wir den bekannten Ochsensalasch und um 7 394 E. Schauer: Tagebuch Notizen: Uhr wurden wir von den Slowaken im Ziegensalasch, wo wir vor 48 Stunden unsere Visite abgestattet hatten, zum Nachtlager herz- lich aufgenommen. Wir baten um Z^tyca, Molken, aber die Schafe und Ziegen waren noch in den Bergen, kehrten jedoch bald zu- rück. Die Caprimulgi gingen an ihre Arbeit, und in einer Stunde war die warme Z^tyca fertig. 29. Juli. Wir nahmen denselben Weg zurück wie wir gekom- men. Noch in ciemna smereczyna blieb Wala stehen, und machte uns auf etwas aufmerksam: widzicie to, to my nazywamy plyn, Seht ihr, dass nennen wir den Fluss, das Fliessende,, plyne ich rinne, ich fliesse. Es waren die Maden der Marcus- oder Johan- nisfliege Bibio oder Tripula, in Prozession begriffen. Ein einzel- nes solches Würmchen ist 3 Linien lang, f Linie breit, grau durch- sichtig mit hartem schwarzen Kopf. Der ganze Zug war 4 Fuss lang und 2 Zoll dick und glich auf dem ersten Blick einer gros- sen natrix. Jedes Individuum änderte jeden Augenblick seine Stellung iu der Masse, so dass diejenigen, welche jetzt an der Oberfläche erschienen in die Mitte gingen; auch waren es nicht stets dieselben, welche den Zug anführten; immer neue Köpf- chen kamen zum Vorschein. Dieser Wechsel scheint nöthig um sie schlüpfrig zu erhalten; einzelne blieben zurück und starben bald. Um einen Fuss Raum zurückzulegen brauchten sie 7 Mi- nuten. Ich zerriss den Zug um einige mitzunehmen, und bevor ich das Spiritusgefäss geschlossen, waren sie wieder in Ordnung. Wala sagte, dass er weit grössere Züge gesehen habe. Beobachtet wurden: Turclus merula, musicus, torquatus, viscivorus > Troglodytes par- vuluSy Sylvia rubecula, Cypselus apus , Loxia pyrrhula > curvirostra, Accentor alpinus , modularis , Parus ater , cristatus, Aquila chry- saetos, Phyllopneuste titis, Garrulus glandarius, Nucif 'rag a caryoca- tactes , Pie us sp v Astur pahembarius , Falco lanarius, Corvus corax , Anthus spinoletta, arboreus. Falco tinnuncidus, Sylvia tithys, Re - gxdas flavic., Tetrao bonasia , Ginclus aquaticus , Motacilla alba, bo- anda, Fringilla coelebs. Spuren von Tetrao urogallus und tetrix. 1. August. Es waren mir Andeutungen gemacht worden, dass ich an der Nordseite des Czerwony wierzch Vögel finden könne, und so hatte ich Jas Pi tum nach Koscielisko bestellt. Wir gin- gen durch die finster enge Schlucht Krakow, wobei mehr als eine Stunde Zeit erforderlich ist, und stiegen sodann auf Czerwony wierzch. Die Nacht verbrachten wir iin salasz auf Uplaz. Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 395 2. August gingen wir durch die Thäler mi^tusia in die mala lg,ka, kleine Wiese. Beide Thäler öffnen sich nach Norden, lie- gen parallel und gleichen sich in Form; aber die Thalsohle von mala i^ka ist eine im Niveau liegende prächtige Wiese, während in mi^ntusia mächtige Kalkblöcke stehen, zwischen welchen Och- sen und Schafe dürftige Nahrung linden, die Ursache ist unver- kennbar. Mala l^ka war ehedem geschlossen und bildete einen Teich; miQtusia blieb offen und die Gebirgswässer führten den Humus hinaus, während er in mala l%ka abgesetzt wurde. Wir blieben die Nacht in einem Heuschuppen. 3. August durchstreiften wir das Thal Sügzysko, freundlicher noch, als die beiden letztgenannten, und gingen in ornithologi scher Hinsicht unzufrieden nach Hause. Auf Uplaz schoss ich einige Ringdrosseln, in mietusia ei- nige Haselhühner, in mala laka zwei Waldschnepfen. 5. August. Die genannten Vögel, die so eben auf dem Ti- sche liegen, geben mir, da ich nichts Besseres zu thun habe, An- lass zu folgender Bemerkung. Aus der Jugendzeit der R i n g- drossel scheint wenig bekannt zu sein. Im Neste, welches nach Art der Amseln angelegt ist, gleicht sie sehr der jungen Wach- holderdrossel, sieht dunkler und verräuchert aus; am dunkelsten ist die Stelle, wo gleich bei der nächsten Mauser der weisse Fleck erscheint. Ich habe in diesem Jahre wie im vergangenen, im Juli junge Vögel geschossen, noch mit den ockerfleckigen Nest- federn auf dem Kopfe, an welchem die Dunen hingen, und deren Brust bereits weiss wurde; so schnell geht die Mauser vor sich. Der Fleck der J ist erst grau, wird im Alter auch weiss. Die Schulter- und Flügel -Deckfedern des Nestvogels haben grosse gelbliche, rhombische Schaftstriche, die manchmal die Hälfte der ganzen Fläche der Feder einnehmen. Im Juli und August streifen die Ringdrosseln im Gebirge umher, ihre Nahrung sind dann aus- schliesslich Heidelbeeren; ihr Fleisch wird davon blau, die Kno- chen roth, und es ist eine abscheuliche Arbeit sie in dieser Zeit abzubalgen. Blut und Koth wo sie beflecken, lassen sich kaum abwaschen. Auf den Karpathen werden jährlich Millionen Kram- metsvögel gefangen, in Laufdohnen unter Wachholderbüschen. Eine Menge Ringdrosseln sind auch dabei. Der Haupthandelsplatz ist Krakau, von wo aus sie nach Warschau, Lemberg, Wien versen- det werden. Ich habe zur Zeit, als ich mich in Krakau aufhielt, alljährlich mehrere Tage dazu verwendet, solche Transporte zu 396 E. Schauer: Tagebuch Notizen: durchsuchen, und nie etwas anderes als einige Varietäten der W a c h h o 1 d er dr o s s e 1 gefunden. Der reizendste und lieblichste aller Vögel ist die W ald- schnepfe und verdient noch grössere Aufmerksamkeit, als man ihr bis jetzt erwiesen hat. Vielen macht die Waldschnepfenjagd nicht mehr Vergnügen als die plumpe Rebhühnerjagd, studire man aber die Eigenthümlichkeiten dieses Vogels genau, so wird sich eine Vorliebe zur Waldschnepfe einlinden, die alle anderen jagdba- ren Thiere auf die Seite stellt. Steht der Hund vor einer Dop- pelbekassine, so wciss man was geschehen wird; steht der Hund vor einer Bekassine, so erfolgt nur zweierlei; sie steigt schräg, immer gegen den Wind, auf, oder zieht in Bogenlinien auf dem Sumpfe hin, und dieses macht die Bekassinenjagd etwas mehr anziehender. Steht aber der Hund vor einer Waldschnepfe, so weiss man nie was geschehen wird; jedesmal passirt etwas Neues, auch wenn man sie wie gewöhnlich immer in demselben Busche hndet; ich habe erlebt, dass mich die Waldschnepfe mit dem Flü- gel in’s Auge schlug. Eine unzählige Menge Waldschnepfen habe ich erlegt, aber nie 2 unter gleichen Umständen; bei jeder ereig- nete sich etwas Unerwartetes. Und welche possirliche Haltung hat sie, wenn sie in der Schlinge hängt. Aber weit interessanter und bezaubernder sind die Schnepfen wenn sie ziehen. Alle sind von einem einzigen Geiste, von einer Seele belebt. Vorgestern zogen alle sehr niedrig und langsam, gestern niedrig und ge- schwind, heute sehr hoch und balzten nicht, morgen kommen sie so spät, dass man kaum noch schiessen kann, und übermorgen sind sie schon da gleich nach Sonnenuntergang. Manchmal bal- zen sie in zwei Tempo gur gur, manchmal in 5 und 6 gur, gur? gur, gur, gur, aber zick immer nur zweimal auch mitunter ein- mal. Die Haltung des Schnabels ist der Massstab nach welchem ich den Schnepfenstrich beurtheile; ziehen sie gemächlich, so hängt der Schnabel perpendikulär herunter; ziehen sie schneller, so wird er in einem Winkel von 45° gehalten ; ziehen sie aber geschwind und unruhig, so tragen sie ihn in horizontaler Lage vor sich her. Ich habe den Schnepfenstrich durch 17 Jahre in Polen und Ga- lizien fast täglich frequentirt, und die letzten 5 Jahre wohnte ich so gelegen, dass ich ihn jeden Tag ohne Ausnahme, vom ersten bis letzten April, bei dem schlechtesten Wetter besucht habe. Da- bei habe ich genaue Register geführt mit Rubriken : Datum, Ther- mometer, Barometer, Stunde des Striches, Anfang, Ende, Anzahl Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 397 der Schnepfen, geschossen, gesehen, gehört, Witterung des Tages, während des Striches, Wind, Wolkenzug, Winkel des Schnabels, Art und Weise des Zuges, besondere Bemerkungen. Die Uhr und das Thermometer hängen vor mir auf dem Buche. Sagt man mir: Sie gehen bei diesem Wetter auf den Schnepfenstrich, es wird keine ziehen, so antworte ich : Davon eben will ich mich überzeugen. Solche Beobachtungen lassen sich nur machen wo es nicht an Schnepfen fehlt, und man auch immer einige nach Hause bringt. Die alten Jäger sind der Meinung, dass der Schnepfen strich von der augenblicklichen Wit- terung abhänge. Dem ist aber nicht so! Am 7. April befand ich mich mit Herrn Grafen Dzieduszycki bei Jaroslau auf der Schweinsjagd. Die Wagen sollten mit Son- nenuntergang bei uns eintreffen, kamen aber später. Das Wetter war den Tag über unangenehm; aber um 5 Uhr erhob sich kal- ter Wind mit Regen, Schnee und Eis. Die Zeit des Schnepfen- striches' nahte heran; ich nahm die Flinte unter den Mantel und suchte einen Stand, die Jagdgenossen machten zwar witzige Be- merkungen aber folgten mir, da nichts besseres zu thun war. Fast ein jeder von uns schoss eine Schnepfe. Am anderen Tage hatten wir schönes warmes Wetter. Ein Jahr später am 14 April bei schönem warmen Wetter suchte ich mit einem Gesellschafter Schnepfen, mehr als 30 stiess ich auf, keine hielt aber vor dem Hunde, und keine kam zum Schuss; mein Gesellschafter wollte 50 gesehen haben und hatte einige Male vergeblich geschossen. Da so viele Schnepfen da waren, blieben wir natürlich zum Striche; aber keine einzige zog. Am anderen Morgen lag ein Fuss hoch Schnee. Ich könnte noch viele solche Fälle antühren. Meine genauen ununterbrochenen Beobachtungen haben mich zu der Ueberzeugung geführt, dass wie alle Thiere, so auch die Wald- schnepfe, durch ein Vorgefühl für die bevorstehende Witterung zu ihren Handlungen geleitet wird. Soll schlechtes Wetter eintreten, so hat sie nicht Zeit sich zu belus- tigen, sie muss Nahrung suchen, steht gutes Wetter in Aussicht, nun, so freut sie sich im Voraus darauf. Dass die Schnepfe bei ihrem Streichen oft denselben Weg zweimal nimmt, dafür habe ich Beweise. Beim letzten Schnepfenstriche hörte ich eine, die nicht zick zick, sondern einen abscheulichen hustenden Ton von sich gab, als hätte sie zerrissene Stimmritzen gehabt; sie zog genau zweimal denselben Weg. Wo die Schnepfen brüten, kann 398 E. Schauer: Tagebuch Notizen: man sie im Juni zu jeder Stunde, bei Tage wie bei Nacht zie- hen hören. Am 17. Juli 1856 habe ich auf den Karpathen im Stanislauer Kreise 4500' hoch, mehr als 15 Schnepfen balzend streichen gesehen. Bekanntlich ziehen sie auch im September und October, aber ohne zu balzen. Wüsste ich meine Worte so gut anzubringen, wie ich eine Unze Blei anzubringen weiss, ich würde Folianten über die Waldschnepfe schreiben. Sie heisst polnisch slomka. 6. August. Mittlerweile waren Gäste bei Herrn Homolaez angekommen, und zu meiner nicht geringen Freude, Jagdgenossen aus der Ebene. Wir verabredeten einen Streifzug in die Mitte der Tatra, die wildesten, fast unzugänglichsten Oerter zu besu- chen. Neun Gebirgsbewohner wurden mit Lebensmitteln beladen, unter ihnen befanden sich Wala, Pitum, Zamek, Jan und J^drzej Krzeptowski, Paj^k und Sieczka, der grösste Theil der Gemsen- jäger. Früh um 4 Uhr rückten wir 14 Mann froh aus, und gin- gen über den Zawrat, welchen ich am 19. Juli passirt war. Die tithys auf der Swinnica war verschwunden, nur einige Alp en fl üe- vögel hatten den Platz eingenommen. Wir kamen zu den 5 Tei- chen, Hessen die miedziana links, und stiegen über den Bergsat- tel, sodann neben den schon erwähnten 2 Teichen in die Ko- prowa, hinab, ein sehr beschwerlicher Gang, und bogen links ein, in das Thal zwischen gruby wierzch und sredni wierzch, dicker Gipfel, Höhe, und mittlere Gipfel Höhe, und nahmen Nachtlager inmitten von Granitblöcken und Krummholzkiefern. Obschon wir unser Feuer nicht grösser brennen Hessen, als nöthig war etwas Wasser zum Thee zu kochen und Räuberbraten anrichten zu kön- nen, (man construirt eine voltaische Säule von Fleisch, Speck und Salz an einen Fichtenstab gespiesst und bratet es über Kohlen,) so waren wir dennoch bemerkt worden. Wir gingen auf keinen guten Wegen; denn Wege giebt es hier überhaupt nicht, damit sei aber nicht gesagt, dass wir Wilddieberei im Sinne hatten; Wilddiebe schleichen allein herum, Raubschützen gehen in Masse. 7. August. In der Morgendämmerung sprangen, wie mit ei- nem electrischen Schlage, unsere sämmtlichen Begleiter auf und griffen nach den Flinten, ich that ein Gleiches, und bemerkte den übergrossen Hut eines Slowaken und unter demselben meinen al- ten bekannten gazda aus dem Ziegensalasch in der Koprowa. Er war natürlich nicht ohne Absicht, vielleicht auch nicht allein gekommen. Als es hell wurde erblickten wir auf sredni wierzch Ornithol. Ausflug a. d. li, Tatra. — Ornithologen- Versammlung. 399 5 Gemsen, auf gruby wierzcli 6 mit 2 Zicklein, die auf dem Schnee die lustigsten, herzerfreuendsten Bockssprünge machten, und spä- ter zeigte sich noch ein einzelner Bock. So schmal, so enge sind die Thäler, dass man zu gleicher Zeit auf zwei Bergen Gemsen sehen kann; man sollte sie besser 3000 Fuss tiefe Klüfte oder Spalten nennen. Wir Hessen diese armen Thierchen in Buhe, (sauere Trauben!) und kletterten hinüber in das Mengsdorferthal, südlicher Abhang der Tatra. Hoch oben im Thale liegen 2 kleine Teiche und unten im Krummholze ein grosser, welcher reichlich Forellen enthalten soll. In der Thalsohle weideten 13 Gemsen in enggeschlossener Gesellschaft, ich sähe zu wie sich ein Göral auf 40 Schritte nahe schlich, ein gezogenes Rohr und eine Doppelflinte auf sie ohne Erfolg abschoss. Diese Leute sind wie alle Gebirgs- bewohner schlechte Schützen; 6 andere Gemsen liefen flüchtig durch das Thal, zwei kletterten an den Wänden und ein alter Bock trieb sich im Thale herum, Hess sich aber nicht beikom- men, Auf der Stelle wo wir waren machten wir Nachtlager. (Schluss folgt.) Nacbrlchten. O r n i t holo^en- Ver samiii I ti ng- Der Vorstand der D. O. -Gesellschaft hat die folgende Einladung erlassen: Die diesjährige Versammlung der deutschen Ornithologen- Gesell- schaft wird Dienstag den 30. September in Thale bei der Rosstrappe am Harz, bis wohin die Eisenbahn von Halberstadt aus führt, eröffnet werden. Yon dort aus wird die Versammlung am zweiten oder dritten Tage über HalberstadtnachB raun schweig zur Besichtigung der trefflichen Samm- lungen daselbst weiter gehen. Vorversammlung Montag den 29. Sep- tember Abends 9 Uhr im „Waldkater“ am Ausgange des schönen Bode- thals bei Thale, wohin oder an den Secretair Dr. Bald am us Anmeldungen wegen Wohnungen etc. zu richten. Der Thüringisch-Sächsische Naturforschende Verein hat seine Versamm- lung auf den 29. September nach dem Bade Suderode am Harz, unweit Qued- linburg und Thale, verlegt, und wird die Mitglieder der Ornithologen-Ge- sellschäft gern empfangen wie auch viele Mitglieder des Vereins der so ganz in der Nähe tagenden Ornithologen-Versammlung beizuwohnen gedenken. Der Vorstand der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft. Dr. Altum. Prof. Dr. Blasius. Dr. J. Hopfmann. Pf. Dr. Baldamus. Pf. Dr. Brehm, Major a. D. Kirchhoff. Pastor Dr. Zander, 400 Eingegangene Schriften. 4. An die Redaction eingegangene Schriften. (Siehe Juli-Heft 1862, Seite 320.) 437. G. Seid 1 itz. Verzeichnis der Säugethiere, Vögel, Reptilien und Amphi- bien der Ostseeprovinzen, mit Bezugnahme auf die Sammlung der Na- turforscher-Gesellschaft zu Dorpat. — Vom Verfasser. 438. Uebersicht der bis jetzt in Finnland und Lappland vorgekommenen Vo- gelarten. von Arthur v. Nord mann. Durchgesehen und mitgetheilt von Alex, von Nordmann. Moskau 1860. Von den Verfassern. 439. Alfred Newton. On the supposed gular pouch of the Male Bustard Otis tarda Lin. [From the Ibis for April 1862.] — Vom Verfasser. 440. Some Remarks of the Genus Balaeniceps. By Dr. J. Reinhardt. Translated from the Transactions of the Royal Dan. Scientif. Soc. for April 1861, pp. 135 bis 154. (From The Ibis April 1862.) — Vom Uebersetzer. (Alfr. Newton.) 441. Elliott Coues. Synopsis of the North American Forms of the Colym - bulae and Podicipidae. (Proceedings of the Acad. Nat. Sc. of Phila- delphia, April 1862, pp. 226—233.) — Vom Verfasser. 442. The Ibis, A Magazine of General Ornithology. Edited by Ph. L. Sc la- ter. London, N. Trübner & Co. Vol. IV. No. 15. Juli 1862. - Vonder British Ornithologist’s Union. 443. Alfred Newton. On the Zoology of Ancient Europe. A paper read before the Cambridge Philosophical Society, on Monday, 31 st. March 1862. London and Cambridge 1862. Vom Verfasser. 444. A. W. Malm. Naturhistoriska Studier i det fria och i Kammaren. Gö- teborg, 1860. — Vom Verfasser. 435. Ph. L. Sclater. Catalogue of a Collection of American Birds belon- ging to Ph. L. Sclater. London, 1862. N. Trübner and Co. Schluss: Bogen XVII— XXIII, nebst Titelblatt und Index. — Vom Verfasser. 446. Zur Frage: Ist der Sperling vorwiegend nützlich oder schädlich? Von stud. med. Berthold Wicke in Göttingen. (Abdr. aus Henneberg’s Jour= nal für Landwirthschaft 16. Jahrg. 3 Heft.) — Vom Verfasser. 447. Dr. D. Korth und H. Korth. Tauben- und Hühnerzeitung. Organ der gesammten Hausfederviehzucht mit Inbegriff der Sangvögel. Berlin. Siebenter Jahrg. No. 23—30. (Juli, August.) — Vom Herausgeber. 448. H. G. Ludw. Reichenbach. Die vollständigste Naturgeschichte der Tauben uud taubenartigen Vögel. Zweite Abtheilung: Neu entdeckte Taubenvögel und Nachträge zu den schon beschriebenen. Mit 9 Tafeln mit 98 Abbildungen. Dresden und Leipzig. Expedition der vollstän- digsten Naturgeschichte. — Vom Verfasser. 449. H. G. Ludw. Reichenbach. Die Singvögel als Fortsetzung der vollständigsten Naturgeschichte und zugleich als Central- Atlas für zoologische Gärten und Thierfreunde. Ein durch zahlreiche illuminirte Abbildungen illustrirtes Handbuch zur richtigen Bestimmung und Pflege der Thiere aller Klassen. Lieferung I— IV. — Dresden und Leipzig: Expedition der vollständigsten Naturgeschichte und durch alle Buchhand- lungen des In- und Auslandes zu erhalten. — Vom Verfasser, Berlin, Druck von Kornegg’s Bnchdruckerei, Oct. SO & gl 2 Inhalt des V. Heftes. Original-Aufsätze ; Uebersicht der im Berliner Museum befindlichen Vögel von Costa Rica. (Fortsetzung.) Vom Herausgeber Ueber Plautus tmpennis. (Schluss.) Von William Preyer . Anthus Berthelotn, eine neue Pieperart. Aufgestellt von Dr. C. Bolle ................... Ornithologische Notizen über Griechenland. 321 337 Von Dr. Th. Küper. 357 360 Literarische Berichte: 5. De Vogels van Nederland door H. Schlegel. Von Dr. E. Baldamus 6. Ch. F. Dubois, Oiseaux de la Belgique etc. Vom Herausgeber. . 3791 382 Briefliche Mittheilungen, Oeconomisches und Feuilleton: Picus numidicus im Münsterlande erlegt. Von Dr. Alt um . • . 3821 Beschreibung seltener Drosseln. Von Dr. Ludw. Brehm . . . 384 Tagebuch-Notizen, während eines ornithologischen Ausflugs auf der hohen Tatra, in den Monaten Juli und August 1861. Von Ernst Schauer . . • . , # 392 Nachrichten s 10. Ornithologen- Versammlung . . . . . . ... . . . . . . 399 | 11. An die Redaction eingegangene Schriften . . .... . . . 400 Berlin, Druck von Kornegg’s Böchdruckerei. EIN CENTRALORGAN für die gesamittte Ornithologie. Zugleich als Fortsetzung der Zeitschrift Naumannia. In Verbindung mit F. W. Baedeker in Witten a. R., Prof. Dr. J, H. Blasius in Braunschweig, Justitiar F. Boie in Kiel, Dr. C. Bolle in Berlin, Staats-Rath Aca- demiker Prof. Dr. Brandt in Petersburg, Pastor Dr. Ch. L. Brehm, Prof. Dr. H. Burmeister in Buenos-Ayres, Dr GlOger in Berlin, Bar. Eug. v. Homeyer, Dr. Hartlaub in Bremen, Dr. Kaup in Darmstadt, Kam- merherr Bar. R. v. König-Warthausen in Württemberg, Pfarrer W. Paessler in Anhalt, Hof-Rath Prof. Dr. L. Reichenoach in Dres- den, Prof. Dr. H. Schlegel in Leiden, Prof. C. J. Sunde- vall in Stockholm, Prinz Max VOR Wied zu Neuwied, u. A., lierau-sgegebe.n' von Dr. Jean Cabanis, erstem Gustos am König], Zoolog. Museum der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und Dr. Ed. Baldamns, Pfarrer zu Osternienburg bei Cöthen, Secretair der deutschen Ornithologen-Gesellsehaft Heft VI. X. Saljrgttitg: 1862 Cassel 18©3 Verlag von Theodor Fischer. LONDON, \ PARIS, hflillinms & ilorqate, 14, 1 X Jrandi, rue fttdjelieu., 67. Ilettrielta 5treet, (Eouentgorlien. : 3.-B. Brilliere, $ anteferiüe 19. Ü). Brilliere, hegen -$tr, 219, | Liebr. d.l’acad. nat.de medec. NEW-YORK B, De|termaun & ®o. 4). Brilliere, Brooiwjat), 4o. Das Januar- Heft des folgenden Jahrganges ist bereits früher ausgegeben. JOURNAL für ORNITHOLOGIE. Zehnter Jahrgang. Ne 60. November. 1862. Beiträge znr Ornithologie Nord-Ost-Africa’s. Von Hof-Rath Dr. Th. v. Heuglin. (Siehe Juli-Heft 1862 und Januar-Heft 1863.) Ornithologisclies aus Chartum und Ost-Kordofän. Chartum, im November 1862. Im Monat October 1862 unternahm ich mit meinem unver- drossenen Begleiter durch Abissinien und die Galla-Länder , Dr. H. Steudner, von Chartum aus einen Ausflug längs der Westufer des weissen Nil südwärts bis in’s Östliche Kordofan nach dem sogenannten Sclierq el äqaba. Der Hauptzweck dieser Reise war keineswegs ein wissenschaftlicher: unserer während längeren Aufenthalts in Chartum sehr geschwächten Gesundheit wegen, mussten wir eine Luftveränderung vornehmen, und da ich keinen disponibeln Jäger oder Präparator hatte, beschäftigte ich mich nun mehr mit zoologischen Arbeiten; was davon auf Ornithologie Bezug hat, erlaube ich mir hier mitzutheilen, sowie einige Noti- zen über den diesjährigen Vogelzug. Die ersten Kraniche erschienen in der Gegend von Chartum mit Anfang September’s ; ich glaube es waren Grus cinerea , aber fast gleichzeitig fanden wir grosse Flüge von Grus virgo. Diese beiden Arten überwintern in Ost-Sudan in sehr beträchtlicher Anzahl und halten sich theils am Fluss auf Inseln, theils in Durah- Feldern und in der Steppe auf, wo sie von Cerealien und Heu- schrecken leben. Um erwähnten Zeitpunkt (i. Sept.) brüteten in Chartum auf Haräs- und Tamarhinden-Bäumen noch einzelne Paare von Ardea Journ, f. Ornith. X. Jahrg. Nr. 60, November 1862. 26 402 Dr- Th. v. Heuglin: bubulcus und Ciconia Abdimii. Erstere Art nistet erst seit weni- gen Jahren in dieser Gegend, wo sie sonst nur auf ihren Wanderun- gen unregelmässig erschien. Nach vollendetem Brutgeschäft ziehen Kuhreiher, Störche und Ibis religiosa südwärts (etwa Ende Oeto- ber,) der Zug der Schwalben begann dieses Jahr auch mit An- fang Septembers. Cypselus muranus war schon wohl etwas frü- her da; Cotyle riparia sammelte sich mit Abenddämmerung zu vielen Tausenden in Durah- und Anqoleb-Feldern längs der Ufer des blauen und weissen Nil zur Nachtruhe; auch einzelne Rauch- schwalben und Budytes flavus befanden sich darunter. Hirundo rufifrons ist hier Hausschwalbe, sie brütet während der ganzen Regenzeit bis November und ich glaube dass sie in Ost-Sudan Standvogel ist. Coturnix communis bemerkten wir zuerst am 4. September. — Sie ist diesen Herbst minder zahlreich in Sudan und überwintert nur in geringer Menge; die meisten Wachteln ziehen noch südlicher. Merops Savignyi und Merops superbus (letzterer von mir früher nie in Chartuni bemerkt) streichen vom 5. Sept. an in kleinen Flügen. Sie nähren sich zu dieser Jahreszeit, wie fast alle Reiher-Arten, Störche, Glareola , Sterna, Circus , Thurm- und schwarzfiüglige Falken fast ausschliesslich von Heuschrecken. Merops superbus sehen wir in Kordofan häufig sich auf Rindvieh, Eseln etc. nie- derlassen und sogar zuweilen auf gravitätisch im hohen trocke- nen Gras der Steppe wandelnden Abdim-Störchen, von denen aus sie auf von ihren Reittliieren aufgeschreckte Heuschrecken etc. abflogen, den Fang meist im Flug verzehrten und dann wieder auf ihren alten Standpunkt zurückkehrten. Nach 4 — 6 wöchent- lichem Aufenthalt ziehen die genannten Bienenfresser, zu denen sich noch M. apiaster gesellt, südwärts. Merops albicollis und ery- thropterus sind hier Standvögel; M. virülissimus, der in Mittelegyp- ten und Nubien das ganze Jahr sich aufhält, begegnete ich auch in Ost-Kordofan im October. Muscicapa grisola und die euro- päische Turteltaube, letztere in Flügen bis zu 20 Stück, waren zwischen 5. und 10. September um Chartum eingetroffen, zu derselben Zeit auch Glareola torquata und Gallimda porzana. Ich glaube, dass auch alle diese genannten Arten nicht hier über- wintern. Crex piatensis war Mitte Septembers ziemlich zahlreich, verschwand aber mit Anfang Octobers. Der Wachtelkönig scheint auch auf dem Festlande die Nacht über zu wandern. Ich war am 21. September Morgens gegen 4 Uhr mit einer astronomischen Beiträge zur Ornith. N.-O.-Africa’s. 403 29. 30. Beobachtung beschäftigt, als pfeilschnell ein Cr ex dicht an mir vorüber strich und mit einem pfeifenden Schrei auf einer benach- barten Tamarhinde bäumte. Mehrere Exemplare, die ermattet einfielen, konnten wir mit den Händen ergreifen; alle waren sehr abgemagert. Am 20. September bemerkten wir die ersten Ziegenmelker, Caprimulgus europaeus und Sylvia fitis. Am 28. Sept. Emberiza caesia und hortulana, Totanus calidris . Oriolus galbula, Alauda bracliydactyla , Machetes pugnax, Saxicola stapazina > oenanthe und saltatrix. Coracias garnda. Ciconia alba . Aquila imperialis. Lanius ruficeps und L. spinitorquus. Aquila pennata. Circus einer as eens , Sylvia curruca , Falco melano- pterus. Buteo tachardus. Sylvia erässirostris. fanden wir in den Sümpfen Ost-Kordofan’s eben ausgekrochene Junge von Parra africana, die pos- sirlichsten Geschöpfe die man sehen kann; sie haben ganz die Färbung junger Taucher im Flaumkleid. bemerkte ich die ersten Anthus pratensis , A. cer - vinus und campestris. Motacilla alba. Zu Mitte Octobers beobachteten wir in den Sümpfen Kordofan’s Aegialites hiaticula } Ibis falcinellus, Ardea comata , Totanus ochropus, glareola , stagnatilis , glottis und Tringa Temminckii; Anas er ec ca. Am 10. November Sylvia provincialis und Motacilla melano - cephala , Falco peregrinus. — 2. Oct. 5. „ 6. 10. 12. 15. Ich lasse weiter unten ein Verzeichniss der hühnerartigen Vögel Nord-Ost- Africas folgen, das einige Notizen über Coturnix histrionica und Hemipodius lepurana Smith enthält, welche beide Arten ich im October d. J. am Fusse des Djebel Araschkol in Ost-Kordofan gefunden habe. Beide dürften im September dort brüten, die Oury-Wachtel in grösserer Menge: sie ist auf dem Durchzug auch sehr gemein in den Ebenen der Schiluk; ebenso erwähne ich unter den mir im Schuq el äqaba aufgefallenen Zug- un d Strichvögeln der bereits aufgezählten Merops, Sylvia , Alauda) Antlius , Saxicola , Lanius , Totanus etc. Arten hier nicht mehr. 26* 404 Dr. Th. v. Heuglin: Von Tagraubvögeln beobachteten wir in Ost-Kordofan : Vul- tur auricularis, V. Rüppellii und Cathartes percnopterus ; mehrere Adler, darunter A. imperialis und pennata , Pandion weif er sehr häufig an den Sümpfen, Helotarsus ecaudatus mehr an den Gebir- gen; Falco eerviealis ; Tinnunculus Älopex Heugl. am Djebel Araschkol; Eianus melanopterus , (wohl nicht sedentär und nur auf dem Durchzug,) Poliornis rufipennis: Strichvogel im Östlichen Sudan, der hier mit Beginn der Sommerregen anlangt und in der trockenen Jahreszeit verschwindet: wir fanden diesen schönen Falken ziemlich häufig von Chartum an südwärts bis Djebel araschkol an Regenbetten und in der Steppe auf dürren Baum- ästen oder thurmfalkenähnlich schwebend auf Heuschrecken lauern. Iris, Füsse, Wachshaut und nackte Zügel sind hochgelb; der Schnabel an der Basis orange, Spitzhälfte schwärzlich! Das alte cT 14" 3"' lang. — Schnabel v. d. Stirne 1", — Flügel 11", — tars. 2", — Schwanz 6" 9'". — Am 6. October bemerkte ich auf einem Fels vorsprunge des Araschkol einen grösseren Raubvogel mit rein weissem Unterleib der sich als ein Buteo erwies und wohl identisch mit B. tachar- dus sein dürfte. Kinn und Kehlmitte sind schmutzig, die übrige Unterseite glänzend weiss, mit wenigen dunkeln, aber scharf mar- kirten Schaftflecken; die Seiten etwas ockerfarben überflogen; Grundfarbe des Schwanzes hellrostbraun mit 11 theils verwischten Querbinden. Tibiabefiederung ungefleckt, wie auch die unteren Schwanzdeckfedern, beide schmutzig isabell; der Tarsus ist hin- ten ganz nackt, vorne zu } befiedert; die zusammengelegten Flü- gel erreichen die Schwanzspitze; der Schnabel schwarz, an der Basis horngrau, Wachshaut, Mundwinkel und Füsse gelb, Augen- lieder schwärzlich, Iris weiss. Das misst 1" 5'" — Flüg. V 1" 3'" — Der Schnabel vom Mundwinkel 1" 3"' — Schwanz 7" — tars. 3" 2"' — Mittelzehe ohne Nagel 18— 19"'. Gypogeranus serpentarius ist in Ost-Kordofan mehr zur nassen Jahreszeit bis Januar; er brütet dort im September und October auf Hochbäumen. Polybor oides, im Sudan überhaupt selten, ob- gleich er wahrscheinlich hier brütet, habe ich am unteren weissen Nil nur einmal gesehen. Ob P. Malzacii Verr. gute Art ist, wage ich nicht zu entscheiden. An Weihenarten sind die Sümpfe und Steppen Kordofan’s ungemein reich. Circus pallidus und aeruginosus dürften hier wohl Standvögel sein; G. cyanus ist häufiger als C. cinerascens , aber nur im Winter. Beiträge zur Ornith. N.-O.-Africa’s. 405 Ich muss hier einer der Sumpfweihe ähnlichen, wohl selbst- ständigen Art erwähnen, die ich in meinem Verzeichniss der Vö- gel N.-O.-Afrika’s unter der Benennung Circus umbrinus aufge- führt habe. Es ist das einzige mir bekannte Exemplar, ein , das ich inass, ist nur 28" lang, Schnabel von der Stirn 6" 7'" — Flügel 13" 3"' — Schwanz 4" 7—8"'. — tars 4" 1"' — Mittelzehe 3" 7"'. — Flügel 13" 3"'. — Beträchtlich kleiner als Hartlaubs Messung des S • (W.-Afr. p. 226.) Die Luftröhre besteht aus zwei knorpelartigen Röhren, die am Band mit einander verwachsen sind, und im Querschnitt einem 8 gleichen, sie ist sehr lang und vom Kehlsack bis zur Brust noch einmal ab- und aufwärts gebogen. Von Reihern fänden wir in den Sümpfen A. goliath, A. fla- virostris, A. bubulcus, in der Steppe A. atricollis, alle fast aus- schliesslich mit Heuschreckenjagd beschäftigt. Ausserdem fand ich eine wunderschöne Reiherart am Canal von Om Kendn (die vielleicht zu A. gutturalis oder rufiventris ge- hört??) und welche ich für den Fall, dass sie neu sein sollte, Ardetta eulopha nenne. Mus. junior: supra pulchre et nitide schistacea; pileo, cervice capitis et colli lateribus, dorso et alaruin tectricibus ante apicem ex parte nigricantibus, omnibus laete fulvo limbatis; uropygio et tectricibus caudae superioribus delicatius ochraceo marginatis; collo antico et pectore pulchre brunneo-fulvis, nigro striatis; gu- lae lateribus pallidioribus , immaculatis; abdomine dilute fulve- scente, fuliginoso striato, subalaribus majoribus schistaceo-griseis, ex parte fulvo -limbatis, marginem alae versus fulvis, schistaceo maculatis. — Iride, rostro, ciliis, pedibusque viridibus, regione ante- oculari magis flava, culmine rostri nigricante, plantis flavo-viridibus, unguibus pallide brunneis. — Long. tot. 13". — rostr. a fr. vix 1|" — al. 6" — caud. 2" 3'" — tars 1" 9"' — dig. med. 1" 8"'. — Im Magen fand ich Heuschrecken. Die Art ist jedenfalls 408 Dr. Th. von Heuglin: nicht mit A. Sturmii zu verwechseln. Nur ein einziges Exemplar erlegt. Eine Haube von ziemlich langen Federn umgiebt — ähn- lich wie bei A. stellaris den ganzen Hinterkopf. Yon Rohrhühnern sah ich zwei Arten im Scherq el äqaba, konnte aber kein Exemplar einsammeln. Das eine dürfte die ge- wöhnliche Gallinula chloropus sein, (die in Abissinien Standvo- gel ist.) die anderen wohl G. porzana. Parva africana ist in den Sümpfen O.-Kordofan’s sehr gemein. Hartlaub giebt die Länge zu 10 — 12£" an, während meine Kor- dofaner Exemplare 15l" lang sind. Schnabel vom Mundwinkel 1" 3"'; al. 5"; tars 2" 5'"; Mittelzehe mit Nagel 2" 10'"; ciliis flavis; rostro, scuto frontali, pedibus et unguibus pulchre plumbeis, iride fusco brunnea, (alba Hartl.) crisso cruribus et subcauda- libus cinnamomeis. Die Ulna des Flügels ist ungefähr in ihrer Mitte stark gebrochen, indem sie dort eine beträchtliche verstärkte Ecke nach hinten macht, nach innen ist dieses Knie übrigens durch einen dünnen Knochengrat ausgefüllt. Im Magen von Parra africana fanden wir hauptsächlich Saa- men von Wasserpflanzen. Sterna caspia ist einzeln an den Sümpfen Ost-Kordofans; sie muss in Africa Standvogel sein. St. nigra (nilotica) und anglica dagegen wandern; wir trafen sie in kleinen Flügen in der Steppe Heuschrecken jagend, die sie geschickt im Flug erhaschen. Die stehenden Gewässer und dichten Rohr- und Gramineen- parthien wimmeln von Flügen von Dendrocygna viduata und Sar- cidiornis melanotus, welch letztere all-abendlich unter Ausstossen eines ganz eigenthümlichen, für die Grösse des Vogels sehr schwachen Pfeifens in Schaaren in die Durah- und Dohen-Felder fällt. Dendrocygna arcuata habe ich früher im Herbst nicht sel- ten in Ost-Kordofan gefunden, war aber auf der letzten Reise nicht im Stande auch nur ein Individuum zu acquiriren. Querque - dula cyanoptera (A. querquedula) war in kleinen Ketten hin und wieder zu finden. Pelecanus rufescens nicht selten in Gesellschaften von 3 — 15 Stück in grösseren Wasserbecken. Plotus melanogaster einzelner. Im Prachtkleid sind die weissen Federbüschel hinter den Ohren und längs der Halsseiten herab sehr verlängert und im Bogen herabhängend, wie diejenigen von Grus virgo . Beiträge zur Ornith. N.-O.-Africa’s. 409 Ueber die Hühnerartigen Vögel (Gallinae) Nord-Ost-Africa’s und der arabischen Küste. Im nordöstlichen Africa treten erst iunerhalb der tropischen Regengränzen und auf höheren Standpunkten zahlreiche Hühner- formen auf, während nördlich vom 18° N. Br. nur einige Pterocles- Arten, eine Turnix und zwei Wachteln gefunden werden, nach Rüppell auch der europäische Francolin. Auf der Westküste des Rothen Meeres und im peträischen Arabien finden wir in 3 — 4 Arten den asiatisch-europäischen Typus Chacura. Während wir hier nur ein Perlhuhn haben, weist das westliche Africa nicht weniger als 6 Meleagriden auf, darunter die höchst eigenthümlichen Formen Phasidus , Agelastus und Acryllium. Verhältnis smässig reich an Francolinen sind die abissinischen Gebirge, aber keine der 6 östlichen Arten ist auch im W. gefunden worden und nur Francolinus pileatus ist im Süden und Nord-Osten (Schoa.) Die gemeine Wachtel dürfte über den ganzen africanischen Continent verbreitet sein; sie brütet in Süd- und Nord-Africa. Coturnix histrionica ist Zugvogel in Ost- West- und Süd- Africa, scheint aber nicht nördlich und südlich von den Regenzonen zu ziehen. Von Hemipodius findet sich im Westen nur 1 Art, die auch im Osten vorzukommen scheint, ausserdem entdeckte ich in Kor- dofan eine zweite, wohl mit der südlichen H. lepurana identische, und aus Algerien herüber erscheint H. andalusicus nicht selten in der lybischen Wüste. Im Osten begegneten wir 7 Arten von Sandhühnern, aus dem Westen zwei oder drei Arten, welche letztere alle auch östlich sind. Ich gebe hier eine Liste der nordostafrikanischen Gallinaceen, der ich einige Notizen und Beschreibungen anhängen zu dürfen glaube. I. MELEAGRINAE. No. 1. Numida (Lin.) ptilorhyncha Licht. — Rüpp. Syst. Ueb. t. 39. Fig. opt; arab: = Didjädj el-Wädi. — amha- risch: Segra, tigrisch: Hagul (wohl vom semitischen Belen Jegrhäneh. Bewohnt ganz Nord-Ost-Africa südwärts vom 18° meist in grossen Ketten, die sich nach der Brutzeit noch mehr zusam- menrotten. Das Perlhuhn liebt hügeliges, mit vielem Unterholz bewachsenes Land, namentlich die Nähe von Regenbetten und grosser Hochbäume auf denen es bei Nacht Schutz vor Raub- 410 Di\ Th. von Heuglin: zeug hat. Seine Standorte sind zwischenlOOO und 10,000 Fuss. Die südliche Gränze dieser Art vermag ich nicht zu bestimmen. Sie findet sich noch längs des weissen Nil, im Wollo-Galla-Land, Schoa und der Bai von Tadjura; von Berbera ostwärts im Somali-Land habe ich sie nicht gesehen. Die Brutzeit fällt zwischen Juni und November. Die gelb- lich weissen sehr hartschaligen Eier sind durchschnittlich 1" 8'" lang und V* 5"' dick. 2. TE TRA 0 NID AE. No. 2. Cliacura (Hodgs.) Heyi Tem. — Tem. pl. col. 328. arabisch Hadjel. In kleinen Ketten in den Bergen und Vorbergen der sinai- tischen Halbinsel, bei Akaba, Moila, Djeda etc. Geht bis auf 1000' Meereshöhe herab. No. 3. Cliacura sinaitic a Bp. (oder Cli. graeca var?) Arabisch Senär. In Ketten bis zu 20 Stück in den Hochgebirgen des peträ- ischen Arabiens und Hedjas; wohl nicht unter 5000'. — Brütet im März. Die Eier haben braungelbliche Grundfarbe und sind über und über mit roth* und schwarz-braunen Punkten bespritzt. No. 4. Cliacura melanocephala Küpp. — Büpp. N.-W. Taf. 5. — Arabisch Sennär. Nicht selten in den Gebirgen um Djeda und Gonfuda in Arabien. No. 5. Cliacura ? yemensis Nicholson — Franc olinus yemensis Nich. Annal. and Mag. 1853 pag. 422. Im Hügelland unfern Musa im südlichen Arabien. Ich habe nie Gelegenheit gehabt, diesen Vogel zu sehen, der der Beschrei- bung nach, offenbar kein Frankolin sondern ein Steinhuhn ist. No. 6. Ptilopachus (Swains.) fuscus Vieill. — Perdix ventralis Valenc. — Petrogallus fuscus , J. E. Gray. — • Vieill. Gal. pl. 212. — ' Tigris ch : Derho-moqa. Dieses niedliche, äusserst fein schmeckende Huhn hat einen beträchtlichen Verbreitung^ bezirk in Nord-Ost- Africa. Es findet sich in Taka, dem Barka, Bogos, Galabat, durch ganz Abissinien, in Fazogl, Sennaar, Kordofan und am oberen Bahr el abiad und zwar immer in Ketten von 5 — 15 Stück, in Abissinien bis auf 8- — 9000' Meereshöhe, aber nur an felsigen Gehängen und auf Beiträge zur Ornith. N.-O.-Africa’s, 411 wildzerrissenen Gebirgen und nie im Flachland. Die Art trägt den Schwanz immer seitlich zusammengedrückt und aufgeschlagen wie die Haushühner. Verfolgt, ziehen sie sich meist laufend in Felslöcher oder auf dazu zugängliche Felsblöcke zurück, die sie äusserst behende kletternd und springend schnell erreichen. Ich habe Gelegenheit gehabt, die Kämpfe der Männchen während der Balzzeit im Juni bis September auf wenige Schritte Entfernung mit aller Müsse zu belauschen. In den Vormittags- und Abend- stunden hört man den pfeifend scharfen Lockton der Männchen einer Kette, der abwechselungsweise von den benachbarten Ketten beantwortet wird. Ist es dem Jäger möglich, unter dem Wind, und durch Felsen und Büsche gedeckt, sich einer Gesellschaft zu nähern, so findet man meist auf dem Gipfel kleiner Steinhügel einen förmlich arrangirten Kampfplatz von 4 — 5 Fuss Durchmesser, Die Zuschauer, wohl meist weiblichen Geschlechts, liegen in den benachbarten Gebüschen, während zwei oder mehrere Männchen sich gegenüberstehen, die Haube und das Gefieder sträuben, den Schwanz radförmig ausbreiten, die Flügel unter allen möglichen Verdrehungen des Halses und Kopfes auf der Erde reiben, und ähnlich kämpfenden Haushähnen sich gegenseitig angehen und mit Schnabel, Flügel- und Spornschlägen bedienen, sich im Kreis herumtreiben, überspringen etc. Die Füsse und der kahle Augenstreif sind hochroth, Schna- bel braun, Mundwinkel und Nasengegend ziegelroth. Das schmut- zig weisse Ei ist 1" 3f'" lang auf JQf Zoll Breite. (Senegambien, Oberguinea, Sierra Leone. — ) No. 7 Pternistes (Wagl.) rubricollis Rüpp. Rüpp. Atl. t. 30. — Lebt paarweise in kleinen Ketten im abissinischen Küsten- land bis Adail und zu den Soinalen ; die Art scheint nur auf die Meeresküste und die benachbarten Gebirge beschränkt zu sein. Ein nackter Streif durch das Auge und die sehr faltige Kehle sind knallroth, welche Farbe nur an der Basis des Kehlfleckes in feuriges Gelb übergeht. ?. No. 8. Francolinus (Briss .) vulgaris Stepli. Perdixfran - colinus Lin. Nach Rüpp. Wirbelth. S. 11. einige Male im Nildelta beob- achtet. Am häufigsten wohl noch in Kleinasien, seltener auf ei- nigen Inseln des Mittelmeeres, z. B. auf Cypern, von mir nirgends in Griechenland beobachtet, wahrscheinlich aber in der Gegend von Tripolis. (Malta, Sicilien, Kleinasien.) 412 Dr. Th. von Heuglin: No. 9. Francolinus Erkelii Rüpp. — Rüpp. N.-W. t. 6. Amharisch Goq. tigr. Goqah bädi. Nicht selten in den abissinischen Gebirgsländern südwärts bis zu den Galla, und in Schoa von 4 — 10000' Meereshöhe. In vielen Gegenden sehr gemein, meist aber nur paarweise. Im März fanden wir die Eier dieses stattlichsten Frankolins auf den Gebirgen von Begemeder; sie sind kaum kleiner als die von Numida ptilorhyncha , feinsehaaliger und schmutziger weiss. No. 10. Francolinus gutturalis Rüpp. — Rüpp. Syst. Uebers. t. 40. fig. opt. Tigrisch: Zeröneh. In Paaren und kleinen Völkern in Central- und Westabissi- nien, nordwärts bis in die Bogos, südwärts bis auf den Plateaux der Somali-Länder, Standorte zwischen 1500 und 8000 Fuss. No. 11. Francolinus icteropus Heugl. — Heugl. Syst. Aufzähl. S. 51. Die Aufstellung dieser Art gründet sich nur auf ein einzi- ges weibliches Exemplar, dass ich im Februar 1853 auf den Hoch- gebirgen von Semien in Abissinien erlegte; trotz aller angewandter Mühe war es mir unmöglich, auch ein Männchen zu erhalten, da sich diese Hühner immmer am Rand von mehreren 1000 Fuss tiefen Abgründen aufhielten, in die sie — flüchtig gemacht — sich pfeilschnell herabstürzten. Die Art ist ähnlich gezeichnet wie Fr. Erkelii, aber kleiner als Fr. gutturalis und der Schwanz verhältnismässig länger. Von F. Erkelii unterscheidet sie sich durch gelbe Füsse, schwarzbraune, in eine kleine Haube endigende Kopfplatte, die nach hinten rostroth eingefasst ist, schwarzen Streif über der Schläfegegend, mehr Rostfarbe am Hinterhals, dessen Federn zwischen Rand und Schaft jederseits einen weissen Längsstreif haben; die Federn des Bauches und Weichen jeder- seits mit breitem kastanienbraunem Längsstreif, der aber nicht bis zur Spitze reicht; die unteren Scliwanzdeckfedern mit durchge- henden Querstreifen; über die Steuerfedern laufen 12—16 isabell- gelb und schwarzbraune Querbinden, die sich am Schaft jeder Feder etwas pfeilförmig nach unten ausziehen. — Länge des gan- zen Vogels 11". — Schnabel vom Mundwinkel an 10"', von der Stirn 9'". — Schwinge 4" 9"' — Schwanz 3" 5'" — tars. 1" 4'" — Schnabel schwärzlich braun, Iris rothbraun. Dies die wörtliche kurze Beschreibung, die ich seiner Zeit vom frischen Vogel neben einigen F. Erkelii und F. gutturalis machte, nebst einer Zeichnung. Beiträge zur Ornith, N.-O.-Africa’s. 413 Vorkommen in Ketten von 3 — 6 Stück auf dem Süd-Abfall des Gebirgstockes von Semiön über dem Wuschan-Thal auf einer absoluten Höhe von 10 — 11000'. No. 12. Francolinus pileatus A. Smith. — A. Smith. S.-Afr. Zool. t. 14. In Schon: Dr. Rüppell. (Süd-Africa.) No. 13. Francolinus Rüppellii G. R. Gray. — Rüpp. Atl. t. 9. als Fr. Clappertonii. Arabisch: =• Didjadj el Gesch. — tigrisch: Berhe. Gemein in Taka^ Abissinien, Sennaar, am weissen Nil und in Kordofan, theils in Paaren theils in Ketten, auf 1000 — 6000' Meereshöhe. — No. 14. Coturnix (Möhr.) communis Bonn. Perdix co- turnix L. Arabisch: und jJL* *=■ Semän und Selu. — ainhar: Dert- schet. — tigrisch: Bernehigo. Im Herbst und Frühjahr auf dem Durchzug oft zu Millionen in Egypten und in Arabien, scheint in Kordofan, Sennaar und Abissinien zu überwintern; im Mai 1858 in Mittelegypten brütend gefunden. Im April 1862 hörte ich öfter ihren Schlag in den Djimba Bergen im Wollo-Land auf 12000' Meereshöhe. (Cap-Colonie, Casamanze, Algerien, Sibirien, China, Persien Kleinasien. No. 15. Coturnix histrionica Hartl. — C. Delegorguei Heugl. Hartl. Beitr. z. Ornith. W.-Afr. pl. 11. — Deleg. Voy. II. pag. 615. Heugl. Uebers. pag. 51. — Ehe ich Kenntniss von der Entdeckung dieser schönen Art durch Delegorgue und Hartlaub haben konnte, erhielt ich ein altes Männchen derselben, das im Januar 1854 am Berg Balenia, am oberen weissen Nil lebend gefangen wurde, und bald darauf Nachricht über ihr häufiges [Erscheinen an den Schilluk-Ufern. Im October 1862 traf ich in der Steppe um den Berg Araschkol in Ost-Kordofan zu meinem nicht geringen Erstaunen Ketten halb- flügger Wachteln an, die ich, eitrigst auf der sehr schwierigen und mühsamen Jagd auf Turnix beschäftigt, und in der Meinung, ich habe Cot. communis vor mir, nicht sogleich einsammelte, obgleich mir in ihrem Betragen, namentlich in ihrem Zusammen- rotten in dichten Dornbüschen einiges Eigenthümliche auffiel. Ich sah einen Hemipodius lepurana einen Moment durchs Gestrüpp laufen und fast im selben Augenblick ging in der nämlichen Rich- tung ein ähnlicher Vogel auf, den ich im Moment, als ihn mein Schuss schon erreichte, an dem eigenthümlichen prrrr, das er ausstiess, für eine Wachtel erkannte. Aergerlich über meinen Missgriff, wollte ich diese keines weiteren Blickes würdigen, als mir der Halskragen auffiel. Es war ein stark halbgewachsenes Junges cT der histrionica , und gleich darauf erhielt ich ein noch nicht ganz vollständig vermausertes altes hielt den Ort, wo er den Vogel getroffen, geheim, und sagte mir, es sei zwei Meilen von hier am Seestrande gewesen; es wären da- selbst immer ihrer mehrere beisammen und sehr scheu; er sei ihnen zu Lieb’ schon oft des Sonntags, wenn er Zeit habe, hin- gegangen, ohne sie jedoch regelmässig anzutreffen. Ich wollte jetzt mich ihm bei dem nächsten Ausfluge anschliessen, und er- hielt auch die bereitwilligste Zusage, doch kam es niemals dazu, der Franzose hatte stets Ausreden, bald hatte er zu thun, bald war er krank, bald hatte er Besuch, kurz, es wurde mir klar, dass ihm daran lag, sein Jagd -Terrain nicht zu verrathen , was mir dadurch zur Gewissheit wurde, dass eben dieser Franzose eines Tages von der Jagd heimkehrend, einen ganz jungen Fisch- reiher geschossen hatte. Am 15. Mai endlich berührte ich das Terrain ganz zufällig auf meinen Streifzügen, — und ist es der schon so oft erwähnte Prat, dessen Beschreibung ich hier kurz gebe : Der Prat, zwei Stunden südöstlich von Palma, ist ein Niede- 426 Alex, von Homeyer: rungsgelande von circa einer Stunde Länge „und einer halben Stunde Breite; von der See ist er durch einen Sanddamm von circa 100 Schritt getrennt, so dass er für gewöhnlich abgeschlos- sen ist. Getränkt wird der Prat durch kleine Wässerchen, welche ihm zufliessen, ferner durch kalte Quellen, welche er selbst be- sitzt, und durch die See, wenn diese ausnahmsweise bis über den Sanddamm steigt. Der Gehalt wechselt demnach, bald ist er süss, bald brackig. Die Fläche des Wassers ist, wie das aus Obigem hervorgeht, sehr verschieden, steigt die See, so steht die ganze Niederung unter Wasser, für gewöhnlich jedoch ist die Fläche nur 700 Schritt lang und 50 — 200 Schritt breit, woraus sich also eine sehr eigenthtimliche Form ergiebt. Die Tiefe wechselt zwischen 1 — S Fuss. Die Ufer nach der See zu sind durchweg flach und sandig, und nur hier und da bewachsen, während auf dem Damm selbst ein vielleicht 15' hoher, bald lichter, bald ge- schlossener Kiefernwald steht. Die Meeresküste ist ebenfalls sandig. Die andere Seite des Prat (nach dem Inlande zu) ist moorig, sumpfig und oft untief, nur ausnahmsweise sandig. Ein Tamarisken- und Salicornien- Wald in einer Breite von 50 — 150 Schritten umgürtet ihn der Art, dass die Tamariske das Ober-, die Salicornia das Unter -Holz bildet, in einer Höhe von je 20 und je 5 — 8', während das Wasser darunter 1 — 3' tief ist. Man kann sich denken, wie schwierig die Passage hier ist. — Die Seite nach Palma hin ist eine höchst merkwürdige, bei Bu- dytes flavits erwähnte, ich möchte sagen steppenartige Wiese mit sterilem Boden und dürftigem Pflanzenwuchs, theils trocken und hart, theils unter Wasser stehend. Die vierte Seite nach Luch- mayor endlich ist hügelartig, lehmig, fruchtbar und mit hohen Kiefern und mit üppigem Gesträuch bewachsen. Im Allgemeinen stimmen diese Plätze wohl mit denen, wie sie uns bei Ibis falcinellus in den Nachträgen zu Naumanns Na- turgeschichte durch Blasius und Baldamus geschildert wurden, und es entsteht desshalb die Frage, ob nun auch hier auf Mallorka die Ibisse wirklich nisteten. Ich traf dieselben bald truppenweise zu zwölf, bald zu zwei und drei, bald einzeln, bald jedesmal während acht Tage, bald zwei bis drei Tage hintereinander nicht an. Dabei sah ich die ersten am 15., die letzten am 25. Mai, während der vor- her erwähnte Franzose dieselben schon seit Mitte April beobach- tet hatte. Yidal sah dieselben nur im Winter, selten an der Die Balearen. 427 Abufera, Graells zuweilen in Castilien. Das „Zuweilen“ scliliesst den /Sommer nicht aus, bezeichnet aber auch nur ein sporadisches Auftreten. Dr. von Müller sagt im Journal f. 0. IY. 230, dass der Ibis in manchen Jahren sehr zahlreich im Mai nach der Pro- vence komme, und dass die meisten weiterzögen, währeud nur wenige in der Camargue brüteten; demnach glaube ich, dass un- sere Balearen-Ibisse auf dem Zuge waren, dass sie aber, wenn sie nicht fortwährend gestört worden wären, jedenfalls auf Mal- lorka in dem ihnen zusagenden Terrain genistet hätten, wofür sowohl der lange, über einen Monat dauernde Aufenthalt, wie endlich ihr ganzes von mir beobachtetes Leben spricht, — was aber nicht geschah, da jenes Terrain seiner geringen Ausdehnung we- gen bei all’den Störungen ihnen nicht genügenden Schutz versprach. Andrerseits ist der Ibis durchaus nicht ein ausschliesslich südlicher, an das Mittelmeergebiet gebundener Vogel; Schlegel bildet ihn in seinen „Vogels van Nederland“ im Jugendkleide ab, während ihn der Forstinspector Wiese als in der Provinz Ost-Preussen verkommend angiebt. Demnach ist also Ibis falci- nellus ebenfalls zn jenen Vögeln gehörig, welche seit neuerer Zeit sich auf die Wanderung von Süden nach Norden begaben, wie Fringilla serinus , Ruticilla tithys etc. 79. Numenius tenuirostris (Vieill.) ' Die dünnschnäblige Regen brach Schnepfe kommt am Prat als Brutvogel vor, denn während der ganzen Sommerzeit meines Auf- enthaltes hielten sich stets einige Individuen daselbst auf; ein Nest habe ich nicht gefunden, auch nicht einen Vogel als Prä- parat mitgebracht, doch mehrere bei Privaten ausgestopft gese- hen. In seiner Lebensweise weicht der Vogel von Num. arquatus dadurch ab, dass er nach Art der Limosen und des Kampfhahnes gern auf ganz nassen Wiesen, selbst bis an den Bauch ins Was* der watet. Herr Julius Lichtenstein aus Charlos (s. meine Ein- leitung S. 18) theilte mir mit, dass dieser Vogel zwischen Valencia und Barcelona unweit der Küste an geeigneten Plätzen nieht sel- ben niste, so bei Charlos selbst. Nach Rios ist er zufällig und selten in Galizien. 80. L imosa melanura (Leisl.) Ebenfalls Brutvogel, doch nicht häufig; am Prat sind stets einige Paare anzutrelfen. Nach Vidal gemein am Albufera. 81. Totanus calidris (Bechst.) Der Rothschenkel ist einer der häufigeren Sumpfvögel des 428 Alex, von Homeyer: Prat. Stets wachsam, ist er einer der Ersten, welcher bei unse- rem Kommen entflieht, und die Genossen durch sein klagendes „djub“ warnt. In ziemlich geschlossenem Fluge steuert er dann der See zu, kehrt aber bald wieder nach dem Prat zurück, doch nicht mehr so geschlossen, einzelne Vögel trennten sich ab, und umfliegen jetzt laut lockend das Wasser, dann fallen sie ein. Brut- vogel. 82. Totanus glottis wurde während der ganzen Zeit von mir regelmässig am Prat beobachtet, obgleich ein Brüten daselbst wohl nicht wahrschein- lich ist. Totamis fuscus. So wie bei Totanus glottis , doch wurden nach Ende Mai keine Vögel mehr gesehen. 83. Actitis hypoleucus (Boje.) Der trillernde Wasserläufer, welcher nach Bolle auf den Canaren nur ein Wintergast, ist an geeigneten, d. h. flachen Küstenstellen ziemlich häufig anzutreffen. Tags sieht man ihn hier der Nahrung nachgehen, Abends hört man ihn immerfort ganz so wie in Deutschland. Er ist unzweifelhaft Brutvogel. Von A. Brehrn wurde unser Vogel überall in Spanien beobachtet. 84. Tringa sub ar quata (Cuv.) Dies ist die Art, auf welche meine Benennung „Sommervögel“ d. h. Vögel, welche im Sommer Vorkommen, ohne Brutvögel zu sein, volle Anwendung findet. Die krummschnäblige Knelle wurde sehr häufig am Prat, aber stets in geschlossenen Flügen von 20 bis 50 Stücken gesehen. Der Flug hält dicht zusammen, und ist der Vogel mit Ausnahme von Tringa alpina und Strepsilas collaris von allen Sumpfvögeln am wenigsten scheu. Wurde er verscheucht, so flog der Flug der See zu, kehrte aber bald wieder nach dem Prat zurück. Ich habe mehrere dieser Vögel geschossen, und fast nur Weibchen angetroffen (5 ? und 1 cf), alle aber mit noch nicht abgestossenen Federkanten (also im Winterkleide) und ganz unentwickelten Geschlechtstheilen. — Nach meinem Dafürhalten unterliegt es demnach keinem Zweifel, dass Tr. subarquata für die Balearen nicht Brutvogel ist. Dessenungeachtet sagt Dr. v. Müller (Journ. f. Orn. IV. 230.) über ihr Vorkommen im Rhone- Delta ganz kurz, „wo sie brütet,“ während A. Brehm die Sache des Brütens gar nicht berührt, sondern nur mittheilt, dass der Vogel nach Vidal während des Sommers häufig bei Valencia sei. Die Balearen. 429 85. Tringa variabilis *) Dieser Strandläufer findet sich einzeln oder in Flügen zu zwei oder drei am Seestrande zwischen Palma und dem PraL wie am Albufera. Er ist nicht scheu, und leicht zu erlegen; aufgescheucht fliegt er nicht weit in die See hinaus und kehrt auch bald wieder an die Küste zurück. Er revidirt namentlich die kleinen durch die zurücktretende See gebildeten Lachen. Meine Tagebuchsnotiz über ein am 13. Mai geschossenes Weib- chen lautet: „Alter Vogel; im Magen viele kleine flohartige Krebse, Orch e sticij und Quarzkörner, sehr fett, namentlich zwischen dem Steiss und den Füssen. Eierstock gar nicht entwickelt.“ Dem zutraulichen Benehmen wie dem niemals flugweisen Geschlossensein nach, während April und Mai möchte man an- nehmen, dass wir es hier mit einem Brutvogel zu thun haben, wogegen jedoch die nicht entwickelten Geschlechtstheile des er- legten Vogels sprechen. Nach Vidal ist Tr. variabilis selten auf dem Frühjahrs- zuge bei Valencia. 86. Machetes pugnax (Cuv.) Dasselbe, wie bei Totanus fuscus. 87. Himantop us rufipes (Bechst.) Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen ob blos Sommer- oder Brutvogel. Am Prat wurden stets einzelne Vögel beobachtet. 88. Rallus aquaticus L. Die Wasserralle ist auf Mallorka und zwar am Prat ein häufi- ger Brutvogel; ich habe alt und jung geschossen, und werde später auf sie zurückkommen. 89. Gallinula pygmaea (Naum.) 90. Gallinula porzana (Lath.) 91. Stagnicola chlor opus (Brehm) Alle drei Wasserhühner (89—91) wurden von mir mehrfach im Freien (vorzugsweise am Prat) beobachtet, wie bei Privaten ausgestopft, G. porzana sogar einmal lebend im Käfige gesehen. Von glaubwürdiger Seite wurde mir versichert, dass die Wasser- hühner, besonders aber St. chloropus, im Winter ausserordentlich häufig seien, vielfach geschossen und oftmals auf den Wildprets- markt gebracht würden. Während des Sommers sind dieselben von mir nun nicht so häufig beobachtet worden und es frägt sich *) Tringa Temmincläi (Leisler) welche ich auf den Balearen gar nicht gese- hen, ist nach Vidall während des Sommers häufig an der Albufera von Valencia. 430 Alex, von Homeyer: nur, ob die Wintervögel wirklich Wanderer waren, oder ob sie sich aus den hier und da zerstreut liegenden kleinen Sumpfpar- tieen an einem an Grösse ihnen zusagenden Wassergebiete, wie dem Prat, für die Wintermonate einfanden. Ich glaube dies Letztere, denn einerseits fliegen diese Thierchen doch nicht vor- züglich, und andererseits wissen sie sich in den mit Kraut und Rohr überwachsenen Sumpfpartieen während des Sommers gut zu verbergen und dem Auge zu entziehen, — welche Ansichten mit den Angaben A. Brehm’s und den Beobachtungen Vidal’s für den Continent in Einklang zu bringen sind. 92. Porphyrio hy acinthinus (Temm.) Das Sultanshuhn kommt als seltener Brutvogel auf Mallorka vor, ich habe es zweimal, sowohl am Prat, wie am Albufera, auf Menorka jedoch nicht beobachtet ; ausserdem sah ich es zu wie- derholten Malen, sowohl im Sommer- wie im Winter-Kleide aus- gestopft und erhielt ich stets die Antwort, dass es am Albufera erlegt worden sei, wie auch, dass dieses schöne Huhn im Winter bedeutend zahlreicher, wie im Sommer sei. Demnach dürfte mein Schlusspassus der vorigen Nummer auch hier seine Anwendung finden, wie auch für die folgende Art. Nach A. Brehm lebt es blos an wenigen Orten von Ost- und Süd-Spanien, so namentlich am Albufera von Valencia. 93. Fulica cristata (Gm.) Etwas häufiger wie das Sultanshuhn, ich traf es am Prat brütend, und sah es öfters ausgestopft, ohne dass man jedoch seinen Werth kannte. Am 15. Mai traf ich von ihm ganz kleine Jungen an und sah sie in der grössten Ruhe, und doch konnte ich ihrer nicht habhaft werden, indem ich das Gewehr nicht zur Hand hatte und mich von den zutraulichen und ganz harmlos schwimmen- den Thierchen ein acht Euss breiter Graben trennte; das alte Weib- chen hielt sich unter dem Schutze des Gebüsches, etwas entfernter, zeigte sich jedoch, immer lockend und sich oft meinen Blicken aus- setzend, fast eben so zutraulich, wie die Jungen. Auf dem Wasser erinnert das Kammhuhn sowohl mit seiner Figur wie auch durch die Art des Schwimmens viel mehr an St. chlor opus wie an F. atra , von dem es sich im Aufenthalt auch dadurch unterscheidet, dass es viel- mehr den Sumpf liebt, und mit einer kleinen Wasserfläche für Lieb nimmt, welches Letztere F. atra doch durchaus verlangt.* *) Fulica atra wurde nicht von mir beobachtet, auch nicht ausgestopft gesehe». A. Brehm giebt es für den Continent häufig an. Die Balearen. 431 94. Lestris catarrhactes (111.) Es hilft Alles Nichts, wenn auch A. Brehm den Kopf schüt- telt und an eine Verwechselung mit dem jungen Lärm fuscus glaubt, so bleibe ich doch dabei, dass während des Sommers 1861 zwischen den Balearen und Barcelona sich stets einige Raubmö- ven herumtreiben. Ich, der ich an der See geboren und so zu sagen daselbst gross geworden bin, trete mit diesem Raubmöven- Vorkommen nicht mit einer V ermuthung sondern mit einem Factum auf, und kann nur versichern, dass die betreffenden Vögel, die ich an der Ostsee allerdings noch nicht gesehen, für mich einerseits so viel Fremdartiges hatten, andererseits aber mich sofort in Hinsicht ihrer Art unterrichteten, so dass für mich nicht der geringste Zweifel obwaltet. 95. L arus arg entatus L.*) Man sieht die Silbermöve überall an den Küsten sämmtlicher Inseln, nur nicht, oder doch nur selten an der steilen Nordwest- küste Mallorkas, am Häufigsten jedoch an der ganzen Südküste dieser Insel, besonders im Hafen von Palma selbst. Sie schwe- ben in bekannter Weise über dem Wasser, oder setzen sich um zu ruhen auf die niederen Strandfelsen , oder fliegen nach benach- bartem Sumpfterrain oder den Aeckern, theils der Nahrung hal- ber, theils um zu ruhen. — Sie nistet hier und da an den Küsten, wenn nur geeignete Nistplätze vorhanden sind, so vorzugsweise auf Dragonera und Cabrera mit Pufftnus einer eus zusammen. Die Eier, wie die Jungen werden gegessen. Der Landesname ist Gavias. 96. Gavina Audouini Bp. Diese, wohl eigentlich nordamerikanische Möve sah ich drei Mal an Mallorkas, wie Algiers Küste, ein Irrthum ist der hervor- ragenden Grösse, wie der characteristischen Zeichnung halber nicht denkbar. 97. Hydrochelidon nigra. Die schwarze Seeschwalbe ist ein sehr häufiger Brutvogel des Prat, wie des Albufera, während ihm die felsigen Ufer des Bufe- ra Menorkas nicht Zusagen. In der Regel hält der Vogel das *) Es muss befremden, dass ich nur so wenig Mövenarten anführe, doch um meinem Grundsätze treu zu bleiben, „nur Facta vorzuführen, und nicht Vermuthungen, so kann ich nicht anders, doch gebe ich A. Brehm s Mitthei- lungen nach Yidal für den Continent an: „marinus häufig, glaucus kommt vor, ferner auch fuscus, cachinnans , iridactylus , canus , gelastes , meianocephalus , und ridibundus Die Letztere kommt nach ihm in allen Mittelmeerhäfen vor und ich zweifle nicht daran, denn ich sah sie bei Marseille, Barcelona und Al- gier, auf den Balearen aber nicht. 432 Alex, von Homeyer: süsse Wasser, doch geht er auch ausnahmsweise an das Meer und folgt daselbst der Küste stundenweit. 93. Hydrochelidon leucoptera. Auch die weissflügelige Seeschwalbe bewohnt den Prat, wenn- gleich auch nur in kleiner Anzahl; sie ist ebenfalls Brutvogel. 99. Sternula minuta. Viel einzelner, wie die beiden vorhergehenden Arten; am Prat überdies nur selten, eher noch am Albufera, vorzugsweise jedoch an der See selbst, oder vielmehr da, wo Flüsse oder Bäche in diese münden. Hier sieht man sie fliegen, während ihnen die angespülten Sandgeschiebe willkommene Brutplätze abgeben. — 100. Sterna anglica. An denselben Punkten, wie die kleine Seeschwalbe, doch noch seltener. Ich habe sie drei Mal und jedes Mal einzeln be- obachtet. Ob daher Brutvogel, weiss ich nicht. 101. Thalassidroma pelagica. Der kleine Sturmvogel ist ein wahrer Seevogel; an der Küste grösserer Inseln sah ich ihn nicht, dafür aber im offenen Meere bis zu den Küsten der kleinen Eilande hin. Es macht einen selt- samen Eindruck, diesen ächten Bewohner des Meeres zu sehen, der das für den Meeressturm, was der Delphin für die hohe, schäumende Welle ist. Unser Schiff fährt mit Schnelligkeit dahin, — wir liegen auf ihm und sehen in die Luft, — Wolken ziehen hin und her und ; • | jagen sich, wir denken an Sturm und an die fatale Seekrankheit, und schon weht der Wind frisch, — da schiest ein Yogel seit- wärts beim Mast vorbei, schwarz ist er, — ein Segler ist es nicht, doch gleicht er ihm. Beim Steuer verschwand er und zu ihm gehen wir, und sehen alsda eine ganze Suite solcher Yogel: sie trippeln mit gehobenen Flügeln auf den Wellen, oder schlagen Haken' wie ein Totanus oder eine Tringa ; einige sind dicht hinter dem Schiffe, andere entfernter, doch alle damit beschäftigt ihre Nahrung aus dem Kielwasser zu suchen, folgen ohne Rast unserm Fahrzeuge. Man wird nicht satt, den Sturmvögeln, denn solche sind es, zuzusehen, denn einerseits ist es die Harmlosigkeit, anderseits die Geschicklichkeit ihres Fluges, wie endlich ihr Fremdartiges, was uns interessirt. Da kommen die Delphine, sie umschwärmen das Schiff und spritzen Wasser aus, — eine Heerde fliegender Fische hebt sich fünfzig Schritt weit aus dem Meere, die Sonue Die Balearen. 433 bescheint ihre langen Flossen und lässt uns ihre bunten Farben sehen, die Delphine stürzen ihnen nach, und mit ihnen auch die Sturmvögel, — welchen Zweck sie jedoch dabei haben, weiss ich nicht. Das ist das Treiben des Sturmvogels; im unaufhaltsamen Fluge folgt so die kleine schwarze Schaar dem Schiffe von Algier aus bis in die Nacht hinein. Am andern Morgen fehlen sie^ ach, sie sind umgekehrt, doch nein — da sind sie wieder, und folgen dem Schiffe wie gestern; erst bei Cabrera verlassen sie uns. — Der Sturmvogel meidet die beiden grossen Inseln; selbst das dem Mallorka nahe liegende Dragonera scheint ihm nicht zu- zusagen, um so mehr aber die weiter im Meer hinausliegenden Cabrera und Conejera, hier ist er in seinem Element, denn hier ist das Meer. 102. Puffinus cinereus Viel häufiger, wie Thalassidroma pelagica; ich sah ihn fast überall, so namentlich schon beim Chateau d’If unweit Marseiile^, im Golf von Lyon, an den Küsten Cataloniens, besonders zahlreich vor dem Hafen von Barcelona, ferner an den Küsten der Bale- aren, so namentlich bei sämmtlichen kleinen Inseln, vorzüglich dem Layre Menorka’s, woselbst er mit Vor- liebe brütet; kurz ich traf ihn im westlichen Mittelmeergebiet überall unweit der Küste d. h. ein bis fünf Meilen davon entfernt an, während er auf dem eigentlichen Meere kaum gesehen wurde. Ge- wöhnlich sieht man den Vogel fliegen, oft jedoch aueh schwimmen, es sind ihrer drei bis zwanzig beisammen; man sieht sie zu allen Ta- geszeiten, in der heissen Mittagssonne, wie des Abends spät, beson- ders zahlreich und munter aber kurz nach Aufgang der Sonnne. Das Leichtbeschwingte des kleinen Sturmvogels hat er nicht, und machte er niemals einen so günstigen Eindruck auf mich, wie auf andere Naturbeobachter, indem ich ihm eine Eleganz seiner Bewegungen nicht absehen konnte, die spitzen langen (sichelför- migen) Flügel schienen mir in Disharmonie zu stehen mit dem schweren, plumpen Körper; der Vogel segelt nicht, sondern schiest der Welle folgend und jeder Unregelmässigkeit ausbiegend eilig dahin, nachdem er durch mehrere eilige Flügelschläge Kräfte gesammelt hat; die Möve schwebt, der Puffin rudert; ich möchte dem Fluge unsers Vogels lieber die Eigenschaft des „Ungestümen“ geben. Schliesslich noch, dass ich Species-Verschiedenheiten beo- bachtete, ohne mit Gewissheit die Art nennen zu können, — anglorum und obscurus werden es wohl gewesen sein. Journ, f. Ornitfa., X. Jahrg., Nr. 60, November 1862. 28 434 Alex, von Homeyer: Die Balearen. 103. Callichen rufinus . Diese östliche Ente, welche nach Yidal während des Winters gemein bei Valencia, im Sommer jedoch daselbst nicht anzutreffen ist, ist Brutvogel Mallorkas. Am Prat habe ich zwei Paare be- obachtet. Eine kleine Kolbenente im Dunenkleide dürfte einer der interessantesten Gegenstände meiner gesammten naturge- schichtlichen Ausbeute sein.*) — C. rufina nistete in den unter Wasser stehenden Tamarisken und Salicornien, und führte mit grosser Vorsicht ihre Jungen nicht auf der Fläche des Wassers selbst, sondern stest am Saume desselben entlang, so dass sie durch die trauerweiden artig herabhängenden Tamarisken gedeckt war. Die alte Ente schwamm einen Schritt voran, mit dem Kopf derartige Bewegungen machend, wie wir sie bei der Cairina moschata kennen, und stets mit einem sehr lauten knarrenden Ton die Jungen lockend, welche zu sieben oder acht in einer Li- nie hinterherschwammen und bald links, bald rechts nach Wasser- insecten schnappten. Diesen knarrenden Ton hörte ich sehr häufig und zwar zu allen Tageszeiten ; gegen Abend sah ich die Enten öfters einzeln ziehen. Nach Art andrer Enten lebte der Er- pel ((/) während des Brutgeschäftes getrennt von seiner Familie. Ich habe zu allen Tageszeiten am Prat auf dem Anstand geses- sen, und nur 3 lebende alte Vögel beobachtet, und ein, von einem Raubthiere, wohl von Viverra Genetta zerrissenes und verzehrtes altes Weibchen gefunden, während ich ausgestopfte Präparate niemals sah. — *) Ich werde später auf diese Ente zurückkommen, und alsdann das Junge beschreiben, welches auf der Ornithologen- Versammlung 1862, wenn gleich auch nach langem Kampfe, doch endlich zu Braunschweig „einstimmig“ als acht anerkannt wurde. Dr. Krüper: Ornitholög. Notizen über Griechenland. 435 Ornithologische Notizen Aber Griechenland. Yon Dr. Th. Krüper. (Fortsetzung; s. Seite 360—379.) Der Röthelfalke, Falco cenchris, wird in Griechenland xiQxrveat, auch xiQxrjveov genannt; er ist nicht in allen Theilen des Landes anzutreffen, besonders nicht in solchen, die etwas hoch liegen, wesshalb man ihn in allen Gebirgsdörfern kaum kennt. Seine Aufenthaltsorte sind die Ebe- nen, die in der Nähe der Gewässer liegen; dort kommt er dann in grosser Anzahl vor, da diese Gegenden reich an Insekten, be- sonders an Heuschrecken sind, die grösstentheils seine Nahrung ausmachen. In der Luft rüttelnd erspäht er dieselben im Grase, stürzt sich nieder und steigt nach kurzer Zeit wieder empor, um seine Jagd fortzusetzen. Dem Beobachter macht der Röthelfalke viel Vergnügen, zumal, wenn eine kleine Gesellschaft jagt; auch dem Jäger bietet er dann eine gute Zielscheibe. Schon aus der Ferne macht er sich bemerkbar durch sein beständiges lautes Schreien, welches fast wie das von den Griechen wdwai ausge- sprochene Wort ßsßauoc, (ja, sicherlich,) klingt. (Ein anderer Vogel, der die neugriechische Sprache spricht, die Lach -See- schwalbe, Sterna anglica , ruft dem Jäger, der sich ihrer Brut- insel naht, ndqe rovcpext — nimm das Gewehr! — zu.) Die Stimme des Falco cenchris hörte ich zuerst am 12. April 1858, als ich in Missolunghi landete und mich in dem gastlichen Hause des Dr. Nieder befand. Da in den benachbarten Dächern die Nester dieses Falken waren, vernahm ich pft das Geschrei, ohne mir die Töne deuten zu können, bis mir endlich mein Wirth den Röthelfalken als den Urheber nannte. Den ganzen Sommer hindurch hatte ich Gelegenheit, diese niedlichen Vögel bei ihrem Brutgeschäft zu beobachten. Seine Ankunft setze ich in die letzte Hälfte des März; 1860 vernahm ich schon den ersten am 12. März, 1859 am 16. März. Die Legezeit fällt in die letzten Tage des April oder in die ersten des Mai. So fand ich 1858 am 29. April die volle Eierzahl und einige Nester mit einem Eie; 1859 fand ich am 7. Mai überall die vollständigen Gelege; in diesem Jahre traf ich, da im April und Mai wider die Regel schlechtes Wetter war, am 9. Mai noch sämmtliche Nester leer. Die gewöhnliche Zahl der Eier ist 4, mitunter 5; ein Gelege von 28* 486 Dr. Th. Krüper: 6 Eiern, wie Herr Seidensacher in Krain auffand, traf ich noch nicht. Der Röthelfalke baut kein Nest, sondern legt seine Eier oft ohne Unterlage in eine Höhle einer Mauer oder des Daches; in der Höhle findet man die Ueberreste von Heuschrecken und anderen Insekten. Manche Häuser enthalten mehrere Nester, die meisten findet man in alten Ruinen. Der Eingang zu den Nestern ist stets weiss von den Excrementen des Vogels, daher leicht kenntlich. In Akarnanien leben die meisten Paare in dem Dorfe Bouchori, 2 Stunden von Missolungi ; der Engländer Simpson er- wähnt diese Colonie in seinem Aufsatze in der Ibis. Am 25. Mai 1859 führte ich die Herrn Simpson und Heeren dorthin , wo sämmt- liche am 7. ausgehobene Nester zum zweiten Male Eier enthielten. Der Röthelfalke ist so besorgt für seine Brut, dass er dieselbe nicht verlässt und sich von dem Ruhestörer mit der Handergreifen lässt. — Dr. Lindermayer führt in seinem Werke über die Vögel Grie- chenlands 4 Falkenarten an, die wenig gekannt und oft verkannt sind. Falco c oncolor , Ar cadius , Eleonorae u. dichrous. Den ersten, F. concolor , führt Dr. Lindermayer aul Zeugniss des Grafen v. d. Mühle an und auf ein Exemplar, welches im natur- historischen Kabinet in Athen steht. Es ist am II. Mai 1858 er- legt worden. Bei dem ausgestopften Exemplar überragen die Schwingen den Schwanz um die zweite Schwinge ist die längste, die erste gleich lang mit der dritten; die ersten Schwingen sind an der Innenfahne If" von der Spitze eingeschnitten; die übri- gen Schwingen sind ohne Einschnitt. Die Fänge und Wachshaut sind gelb, die Nägel schwarz; die Unterseite des Schwanzes trägt etwa 16 schwache Querbinden. Die übrige Färbung des Vogels ist einfach schwanzgrau. Wenn gleich Dr. Lindermayer in diesem Vogel den F. concolor erkennt, so glaube ich nicht, dass derselbe zu dieser Art gehört. Schon Temminck, der erste Beschreiber von F. concolor , führte die Verwirrung bei der Taufe dieses Vogels ein, indem er den wirklichen F. concolor beschreibt und dazu eine Abbilbung von F. Eleonorae giebt.*) Der wahre F. concolor ist sicherlich noch nie in Europa getroffen, da er ein afrikanischer Vogel ist, und auf den Inseln des rothen Meeres vorkommt. Den zweiten Falken, F. arcadius , beschrieb Lindermayer in der Isis u. *) Temminck’s Abbildung stellt nicht F. Eleonorae sondern den kurzflüg- ligen F. ardesiacus Vieill. dar. — Alle 4 oben aufgeführte Falken werden schliesslich sich auf eine und dieselbe Species : Pontotriorchis Eleonorae zu- rückführen lassen. Der Herausg. Ornitholog. Notizen über Griechenland. 437 gab eine Abbildung dazu. Die Original -Exemplare sind früher nach Deutschland gesandt worden und nach Aussage des Ent- deckers gänzlich verschwunden. Im Interesse der Wissenschaft mögen die jetzigen Besitzer des F. arcadius in diesen Blättern die Existenz desselben mittheilen und die Exemplare einem Orni- thologen von Fach, z. B. Prof. Blasius oder der Versammlung der deutschen Ornithologen-Gesellschaft zur Untersuchung übergeben. Den dritten Falken, F. Eleonorae, führt Dr. Lindermayer nur auf Zeugniss des Dr. Ehrhardt an, da derselbe ihn als auf den Cycladen vorkommend angiebt. Man sieht, dass diese Stütze nur schwach ist, da Ehrhardt ebenfalls keine Original-Exemplare hat und kennt; und noch obenein den vierten Falken, F. dichrous, als neue Art beschreibt. Mit der Deutung dieses Vogels haben sich schon viele Ornithologen beschäftigt, ohne zu einem sicheren Re- sultate gekommen zu sein. Ich, für mein Theil, war weit entfernt in diesem Falken, als ich dessen Beschreibung las, (Abbildung sah ich nicht,) einen neuen zu erkennen: Ich vermuthete eine Verwechselung mit F. peregrinoides ; einige wollten in F. dichrous nur einen F. rußpes erkennen. Es wäre für mich eine Kleinigkeit gewesen, mir über diesen Falken Gewissheit zu verschaffen, da Ehrhardt die Inseln nennt, auf denen F. dichrous kolonienweise brüten und zwar im September kleine Junge haben soll, wenn ich, offen gesagt, den Angaben von Ehrhardt geglaubt hätte. Bei mei- ner zweiten Landung in Griechenland 1859, schrieb ich sogleich von Missolungi aus an Ehrhardt in Syra, und bat um Auskunft über diesen und andre Vögel: Ich blieb jedoch bis heute ohne Antwort, was meinen Verdacht, Ehrhardt theile nur griechische Jägernachrichten mit, bestärkte. Ich liess von der Untersuchung ab, da ich noch in anderen Theilen Griechenlands zu thun hatte. Als ich in diesem Jahre aus dem Veluchi nach Athen zurück- kehrte, lernte ich dort einen angehenden griechischen Ornitholo- gen kennen, den Herrn Othonaeus : da derselbe auf den Cycladen bekannt ist und dort Verwandte besitzt, stellte ich ihm die Ge- schichte mit dem F. dichrous vor und bat ihn, mir Kunde über den ßctQßdxi zu verschaffen. Mit zuvorkommender Bereitwilligkeit schrieb er einen Brief dorthin, liess ein Schiff bemannen und nach den Felseninseln absegeln. Am 22. September, als ich nach ei- mem Spaziergange mit Herrn Schräder spät nach Hause kam, theilte mir meine Wirthin mit, dass Herr Othonaeus dort gewe- sen, und mich bitten liess, schleunigst zu ihm zu kommen. Ohne 438 Dr. Th. Krüper: die Ursache dieser Bitte zu ahnen, ging ich zu ihm. Mein werther Freund theilte mir mit, dass die ßaoßdxi angekommen seien, welche die Kinder triumphirend herbeibrachten. Es waren 4 junge F. dichrous, deren Köpfe noch mit Dunen versehen waren. Diese 4 Vögel waren vollständig gleich in Färbung; ein breiter, schwarzer Backenbartstrich gab denselben ein niedliches Aussehen; jede Bückenfeder ist mit einem breiten, rostgelben Bande gesäumt. Bei meiner Abreise von Athen am 14. October, waren alle 4 sehr gewachsen und konnten schon ihre Flügel gebrauchen. Diesen Vögeln war auch ein Ei beigefügt worden, welches man lose in den Käfig hineingelegt hatte, wesshalb es gänzlich zertrümmert und von den Falken sehr beschmutzt war. Die Fragmente nahm ich mit, und reinigte sie: blassen Eiern von F. subbuteo waren sie am meisten ähnlich, die Grösse war nicht mehr zu erkennen. Jeden- falls war das Ei und die 4 Vögel in einem Neste gefunden worden, worüber uns leider nicht die geringste Nachricht, ebenso wenig über die ' Haüfigkeit wurde. Jeder Ornithologe wird nun erwar- ten, dass ich jetst über diesen Falken sichere Auskunft geben werde; jedoch will ich hiermit aussprechen, dass ich den Falco dichrous für den Eleonorenfalken halte, wass ich nach einigen Jahren zur Gewissheit bringen werde. Falco Eleonorae ist in den Sammlungen selten zu finden, ja, in den grössten Cabinetten fehlt er, wesshalb man sowohl über den Vogel selbst, als auch über seine Fortpflanzung wenig weiss. Als Aufenthaltsorte des F. Eleonorae sind mir nur die beiden kleinen Felseninseln il Toro und il Pe- dro bei Sardinien bekannt; wenn man auch schon einen solchen Falken in Dalmatien und bei Smyrna erlegt hat, so ist dadurch sein wahrer Wohnsitz noch nicht bekannt. Das Wohnen des F. dichrous auf den einsamen unbewohnten Inseln des Cycladenmee- res hat mich zur Vermuthung gebracht, dass er mit F. Eleonorae , der bei Sardinien ebenfalls Meervogel ist, identisch ist, auch die Abbildung des F. Eleonorae in Bonaparte’s Fauna Italica, die mir noch dunkel vorschwebte, brachte mich zu meiner Annahme. Freilich weiss ich nicht, ob das Brutgeschäft des F. Eleonorae auf Sardinien ebenso spät vollbracht wird, als das des F. dichrous. Gegen meine Annahme, dass F. dichrous Ehrhardt’s derselbe Vogel mit F. Eleonorae Gdnd und La Marmora ist, haben sich bis jetzt 2 Stimmen erhoben. Die erste von Herrn Kaufmann Gonzenbach in Smyrna, dem ich von Athen aus die Ankunft der jungen F. dichrous mittheilte. Am 4. October 1861 schreibt Gon- Ornitholog. Notizen über Griechenland. 439 zenbach in einem Briefe an den Herrn von Heldreich wörtlich: „Das endliche Auffinden des Ehrhardt’schen, ins Fabelreich gezo- genen F. dichr ous, ist wirklich eine grosse Merkwürdigkeit; das kolonienweise Nisten hat dieser Falke übrigens mit anderen ge- mein, ich meine darunter F. cenchris, von denen ein Freund von mir diesen Frühling aus einem einzigen Dorfe Taerbeli, von hier 2 Stunden entfernt, 150 Eier erhalten hat. Aber das späte Brü- ten ist etwas sehr Interessantes und noch bei keinem Falken beob- achtet. Nach der Beschreibung, die Dr. Ehrhardt von ihm giebt, und der Zeichnung, wovon das Original ich s. Z. sah, stimmt er nach meinem Dafürhalten durchaus nicht mit F. Eleonorae, wovon zwei Exemplare ich vor Kurzem besass; das eine brachte Freund An- tinori vor mehreren Jahren von Constantinopel und das andere er- hielt ich hier von einem Jäger ; das Smyrnaische Exemplar war viel dunkler, als das Constantinopolitanische. Die Farbe des F. di- chrous ist viel zu hell für F. Eleonorae , natürlich vorausgesetzt, dass das Ehrhardt’sche Bild ein getreues war. Doch ich will meine Ansicht der eines so ausgezeichneten Ornithologen wie Dr. Krüper nicht entgegensetzen, bevor ich selbst einen Falco diehrous ad. gesehen habe.“ An demselben Tage schrieb Herr Gonzenbach mir selbst: „Ich habe s. Z. die Original- Abbildung des Ehrhardt’ sehen F. di- chrous zu sehen Gelegenheit gehabt, als mir Dr. Ehrhardt die Manuscripte zur Einsicht sandte. Der Vogel scheint mir aber nicht zu F. Eleonorae zu stimmen; denn dieser letztere ist ganz dunkelchocoladenbraun oben und unten gefärbt, wie ich an einem Exemplare, das ich hier präparirte, und an einem etwas weniger dunklen, von Freund Antinori aus Constantinopel mitgebrachten, ersehen konnte. Es wird sich an den 2 lebenden Exemplaren, die Sie mit nach Deutschland nehmen, zeigen, von welcher Farbe das spätere Kleid dieses F. diehrous sein wird; die Färbung der Zeichnung der von Dr. Ehrhardt war zu hell, um F. Eleonorae sein zu können. Dass Ehrhardt den F. Eleonorae nicht kennt, erhellt daraus, dass er bei Ansicht meiner dunklen Exemplare (Dr. Ehrhardt hat mich mehrmals besucht) dieselben für F. tanypterus Licht, bestimmte. Ich sandte meine beiden F. Eleonorae an Herrn W. Schlüter in Halle, und bestätigte mir dieser, dass es ächte F. Eleonorae sein. Was aber das Merkwürdige bei F. diehrous Ehrh. ist, ist sein spätes Brutgeschäft; welcher Raubvogel legt im August noch Eier?“ 440 Dr. Th. Krüper: Bei meinem Aufenthalte in Dresden, besuchte ich am 29. Oktober das zoologische Museum, und war nicht wenig überrascht, dort den Gonzenbach’schen F. Eleonorae zu finden: es war das Exemplar aus Constantinopel. Nach der jetzigen Beschaffenheit zu schliessen, hat Antinori dieses Stück bei einem Händler, der es nicht kannte, ausgestopft erworben: jetzt war es als Weibchen bezeichnet, woran ich der Kleinheit wegen zweifeln möchte. Wenn dieser Falke wirklich der Eleonorenfalke ist, was ich glaube, (ich sah ihn bisher nie!) so haben die jungen F. dichrous noch viele Veränderungen durchzumachen, bis sie zum einfarbigen Vogel werden; dass es geschehen kann, ist nicht unmöglich. Dr. Ehr- hardt giebt an: „Im Fluge sieht er vollkommen schwarz aus, wie ein BabeV Ob ihn Ehrhardt selbst fliegen sah, ist nicht angegeben. Die zweite Stimme gegen meine Behauptung war die vom Professor Blasius. Derselbe schreibt mir vom 21. November : „Falco Eleonorae ist in letzter Zeit mehrfach aus Klein-Asien ge- kommen. (Hiermit sind die beiden Gonzenbach’schen Vögel ge- meint!) Ich selber habe den Vogel noch nicht, und bin dank- bar, wenn ich ihn erhalte. Ob F. dichrous identisch mit ihm ist, scheint mir nicht sehr; die nicht sehr gute Abbildung von Ehr- hardtkonnte höchstens einen jungen Vogel dargestellt haben. Die Abbildung, welche Ehrhardt Baldamus mitgeschickt hatte, konnte ebenso gut nach einem dunklen etwas röthlich überflogenen subbuteo gemacht sein. Auf Arten, die so naiv in die Welt tre- ten und so wenig die nächste Verwandschaft berücksichtigen, ist nicht viel zu geben. Es wäre seltsam, dass ein Falke aus dieser Gruppe dort gesellig brütete !“ Schliesslich will ich noch anführen, dass ein Verwandter des Herrn Othonaeus aus Andros, z. Z. Student in Athen, mir berich- tet, dass man diesen Falken gern gezähmt in den Häusern hält, wo er die Mäuse vertilgen soll. Jedenfalls wird es im nächsten Jahre meine Aufgabe sein, den F. dichrous im Freien zu beob- achten. So wie ich, werden auch alle Ornithologen dem Herrn Othonaeus für das der Wissenschaft gebrachte Opfer dankbar sein; zumal, da er versprochen hat, auch fernerhin zur näheren Kennt- niss dieser Vögel, die er gut pflegt, etwas beizutragen. Der Schlangenadler, Aquila brachydactyla (Circaetos gallicus) ist überall, ebenso auch in Griechenland nur einzeln anzutreffen. Den ersten in Griechenland sah ich am 7. April 1860 bei Drag- mana am Parnass fliegen; auch im Taygetos sah ich 1860 mit Ornitholog. Notizen über Griechenland. 441 Schräder einen fliegen. In den ersten Tagen des Aprils d. J., als ich von Delphi am Parnass aus Excursionen an den hohen Fels- wänden entlang machte, um die schönen Pieris Damone, die bis- her nur aus Klein-Asien bekannt waren, zu fangen, sah ich mit meinem Begleiter 2 blendend weisse Adler herbeikommen und über uns kreisen. Obgleich ich sie anfangs für Schlangenadler an- sprach, so glaubte ich später, dass ich mich irren müsste, da ich den einen mit Baumaterial der Felswand zueilen sah. Nachdem wir uns die Stelle gemerkt hatten, störten wir den Adler nicht mehr, und beabsichtigten, bei unserer Rückkehr nach 3 Wochen die Eier auszuheben. Ein Unglückstern stand über diesem Pär- chen und deren Neste. Am 16. Mai kehrte ich dorthin zurück: Ein Pistolenschuss scheuchte weder den Schlangenadler noch ei- nen der benachbarten Aasgeier hervor. Durch Umwege steigt mein Kletterer hinauf und findet unter dem Horste einen erschla- genen Adler. Am nächsten Tage erfuhren wir von einem Hirten, der den Horst kannte, dass er den brütenden Adler durch ein herabgewälztes Felsstück im Neste auf seinen zwei Eiern er- schlagen habe. Ob die letzte Aussage, dass der Adler 2 Eier gelegt habe, richtig ist, kann ich nicht verbürgen, glaube es kaum da sämmtliche Horste, die ich fand und von denen ich gehört habe, nur 1 Ei enthielten. Dass der Schlangenadler in Felsen horste, war mir eine neue Entdeckung: ich vermuthete, das jenes Paar auf einem Felsenabsatze sein Nest anlegte; ich wurde jedoch durch meinen Kletterer belehrt, dass es nicht auf dem Felsen, sondern auf dem. Stamme einer verkrüppelten Eiche, die an der Felswand stand, angelegt war. Am 28. April d. J. suchte ich mit meinem Begleiter in den Waldungen an den Seen von Yrachori in Akarnanien, um den mir von früher bekannten Horst von Aq. naevia aufzufinden, was mir des schwierigen Terrains wegen durchaus nicht glücken wollte. Als wir bei unserm Vordringen an eine freie Stelle kamen, er- blickten wir in der Ferne einen Horst, der auf der umgebogenen Spitze einer Silberpappel schwebte. In demselben Augenblicke stand ein Raubvogel auf, den ich als Schlangenadler erkannte. Die Ersteigung des Baumes machte meinem Begleiter viele Schwie- rigkeiten, da die Pappel von unten bis oben in Schlingpflanzen, zwischen denen Dornen aufgewachsen waren, eingehüllt war. Die Ausdauer siegte und der Baum wurde erstiegen. Das einzige Ei des Horstes wurde unversehrt herausgebracht: es war rundlich 442 Dr. Th. Krüper: von mitteler Grösse, da es gewiss von einem jungen Weibchen herrührte; es wäre ebenfalls schneeweiss, wenn es nicht zufällig im Horste beschmutzt wäre; ich wusch es nicht und trat es der Grossherzogi. Sammlung zu Oldenburg ab. Im Farnes bei Athen, brütete jährlich auch ein Schlangen- adlerpaar, von welchem das natur historische Museum zu Athen vor 2 Jahren 2, und in diesem Jahre je 1 Ei und zuletzt auch den erlegten Adler bekam. Im Jahre 1857, ehe ich meine Reise nach der Insel Gothland antrat, liess ich hier in Pommern am . . . April in der Stolz en- burger Forst einen Schlangenadlerhorst mit einem Eie auf einer hohen Kiefer ausheben; am . . . Mai nahm ich eigenhändig in der Armheider Forst ein Ei dieses Adlers aus einem Horste, der 2 Jahre vorher auch 1 Ei enthalten hatte. Der Seeadler, Aquila albicilla hält sich an den Meeresufern und den grösseren Binnenseen auf, wo er reichliche Nahrung findet. Am häufigsten beobachtete ich ihn in Akarnanien, woselbst ich auch mehrere Horste desselben kenne. Im Jahre 1859 fand ich in Begleitung der Herren Simp- son, Heeren und eines Italieners, bei Galata in der Sumpfwal- dung am Meere den ersten Horst auf einer starken Silberpappel. Da sich bei unserer Annäherung ein Vogel zeigte, den Herr Simp- son für Aq.fulva erklärte, stieg ich auf Zureden hinauf. Während des Kletterns kam der Adler zurück, welchen der Italiener erlegte. Der Horst war leer. Bei Ansicht des Adlers überzeugte ich Herrn Simpson, dass es ein junger, noch nicht ausgefärbter Seeadler war. Herr Heeren präparirte ihn für seine Sammlung. Am 24. Februar d. J., nachdem ich schon einen Horst von Aquila Bonelln hatte ausheben lassen, zogen wir zu jenem Seeadlerhorste, auf welchem das Weibchen brütete. Da mein Felsensteiger mit dem Klettereisen auf dem Baume nicht fertig werden konnte, musste ich selbst hinaufsteigen und nahm die 2 Eier heraus, von denen das eine schon sehr stark bebrütet war, während das andere unbefruchtet war: letzteres trat ich dem naturhistorischen Museo zu Athen ab. In der Thalschlucht bei Aetolico befindet sich ein anderes Paar, welches in einer Felsenhöhle sein Nest zu haben schien. In den Waldungen um den See von Vrachori befinden sich meh- rere Horste des Seeadlers, die mir bekannt sind. Ein solcher stand in einer Platane hart am Rande des Aspro-Potamos (Ache- Ornitholog. Notizen über Griechenland. 443 loos.) Die Legezeit für den Seeadler fällt für Griechenland in die letzten Tage des Januars oder die ersten des Februars. Der Steinadler, Aquila fulva s. chrysaetos , wird in Griechenland schlechthin aerog genannt; zuweilen auch öictvQoaetog (Kreuzadler,) weil die Hirten in dem durch die Mitte der Unterseite der ausgebreiteten Flügel gehenden weissen Bande ein Kreuz erkennen. Der (navQoaezög spielt in den Gedichten der Neu-Griechen eine grosse Rolle. Er ist in allen Theilen Griechenlands verbreitet, besonders in den gebirgigen anzutrelfen. Sein Vorkommen kann ich nicht als ein häufiges erklären, was schon aus seiner Lebensweise er- hellt, dessenungeachtet glaube ich, dass man den Steinadler noch öfter antrifft, als die übrigen Adler, welche nur in einzelnen Exemplaren Griechenland bewohnen. Erst in diesem Jahre war ich so glücklich, das Brutgeschäft des Steinadlers kennen zu lernen und eine Einsicht in dasselbe zu erhalten. Nach meinen Beobachtungen brütet dieser Adler, in Griechenland wenigstens, nur in Felslöchern an steilen Wänden und nie auf Bäumen. (Der Kaiseradler dagegen hat seinen Horst stets auf hohen Bäumen.) Ein Hirte vom Parnass berichtete mir in diesem Frühlinge von einem Steinadlerhorste auf einer star- ken Tanne; obgleich ich ihm eine gute Belohnung versprach, schaffte er die Eier nicht an, weshalb ich seiner Aussage keinen Glauben schenke. Wenn der Horst nicht etwa einem Bussarde angehört, der einzeln in der Nadelholzregion brütet, so gehört er dem Steinadler an, da der Kaiseradler die hohem Gebirgs- gegenden nicht liebt. Ueber den gewöhnlichen Beginn der Le- gezeit konnte ich in diesem Jahre keine stichhaltigen Beobach- tungen machen, da die Witterung im April und Mai sehr ungün- stig wurde, wovon die Vögel eine Vorahnung haben mussten. In der Attica, wo das Wetter weniger kalt wurde, waren schon am 25. März ein Gelege Steinadlereier aus dem Parnes dem Athener Museo eingeliefert worden. In Akarnanien beobachtete ich 2 Paare von den letzten Tagen Januars ab bei den Horsten welche in den ersten Tagen des März noch nicht gelegt hatten. Das Pärchen in der Klissura brütete am 2. Mai noch. Herr Tin- dall erlegte das abfliegende Weibchen und ich liess das einzige, mit wenigen Schalenflecken versehene Ei, welches jetzt in der Sammlung des Herrn Baron Richard Koenig-Warthausen ist, her- aufholen; es war freilich stark bebrütet. Vom zweiten Paare in 444 Dr. Th. Krüper: der Schlucht bei Aetolico liess ich am 6. Mai ebenfalls nur ein, sehr stark bebrütetes, schön gefärbtes Ei nehmen, welches Herr Pralle erhielt. Am 18. März entdeckte ich einen Steinadlerhorst am Parnass in einer Schlucht zwischen Yelitza und Dadi. Das Weibchen, welches zu Neste flog, verräth uns dasselbe; es war ebenfalls in einer Höhle in der Nadelholzregion, in der es zu dieser Zeit noch sehr kalt war, wesshalb dort überall Schnee lag. Als ich mit einem Begleiter schon über 1000' herabgestiegen un- ter einer Felswand ausruhte, wurde der eine Adler sichtbar und setzte sich tief unter uns in dem wasserlosen Bache dieses Tha- ies auf den grossen Steinen nieder und breitete die Flügel aus. Jetzt glaubten wir, es würde dieser Handlung die Begattung er- folgen: in der That, der andere Adler kam herbei und setzte sich etwa 25 Schritte entfernt von seinem Gefährten. In dieser Lage verblieben beide lange Zeit, dann erhob sich der eine und flog langsam umher; zu derselben Zeit kam ein Lämmergeier die Schlucht herab, beide Adler machten sich auf, ihn zu vertreiben. Als er schon entfernt war, blieb nur ein Adler bei der Verfolgung, die bis tief in die Ebene fortgesetzt wurde. Endlich kehrten die Adler zum Bache zurück und legten sich auf die grössten Steine ruhig nieder. Jetzt erst konnten wir uns das Manöver der Adler richtig erklären: Hie Kälte in dem hoch gelegenen Palaste trieb sie zum Bache hinab, wo sie auf den grossen, von der Sonne er- wärmten Steinen ihren Ofen fanden. Andere Gründe lagen of- fenbar nicht vor. Wir stiegen zu den Sitzplätzen hinab und konn- ten dort keine Spur von Beute oder andere Ursachen finden. Her Horst dieses Paares machte mir und meinen Leuten viel zu schaffen. Am 14. April bei der Rückkehr nach Yelitza ging ich mit meinem Hiener jene Schlucht hinauf, um zu untersuchen, ob der Adler schon brütet. Ich bleibe im Bache, um von dort aus Acht zu geben, während mein Begleiter hinanstieg und nach und nach 3 Pistolenschüsse löste. Her Adler erschien und liess ein bellendes Geschrei hören; wir sahen ihn jedoch nicht aus der Nisthöhle kommen. Obgleich wir keine Sicherheit hatten, dass das Weibchen schon gelegt hatte, zogen wir am 16. in Begleitung von Horfbewohnern aus, den Horst zu untersuchen. Bieser Tag wurde aber der schrecklichste, den ich je auf Reisen erlebt habe. Bei ziemlich gutem Wetter verliessen wir Yelitza in der Frühe, erreichten auch bald die Thalschlucht. Ein herannahendes Un- wetter treibt uns zur grössten Eile an: eine Höhle konnten wir Ornitholog. Notizen über Griechenland. 445 nicht mehr erreichen, wir flüchteten unter eine Tanne, so dass wir vor dem Regen und dem Sturme geschützt waren. Da sich die Kälte fühlbar machte, zündeten meine Begleiter ein gros- ses Feuer an, welches uns einige Stunden erwärmte. Von dem beständigen Regen wurde jeder Zweig des schützenden Baumes zur Dachtraufe, so dass wir trotz des Feuers gänzlich durchnäss- ten. Es blieb uns jetzt weiter Nichts übrig, als den Baum zu verlassen um eine höher gelegene Felsenhöhle zu erreichen. Je- der meiner Begleiter ergriff einen Feuerbrand und bei Sturm und Regen nahmen wir Reissaus. Obgleich die Höhle nicht geräumig war, gewährte sie uns doch so viel Schutz, dass wir unsre nas- sen Kleider trocknen konnten. Spät Nachmittags, da wir sahen, dass das Wetter sich durchaus nicht ändern wollte, verliessen wir unsern Zufluchtsort: ich mit meinem Diener begab mich zu den 3 Stunden entfernten Hütten von Agorien, während die bei- den anderen Leute nach Velitza zurückkehrten. Am 18. April verliessen wir den Parnass und reisten über Lamia, Karpenisi und Vrachori nach Aetolico zurück. Erst am 18. Mai gelang es mei- nen Leuten, den Horst dieses Steinadlerpärchens auszuheben, wel- ches nur 1 ziemlich grosses schön gezeichnetes und wenig bebrü- tetes Ei enthielt, welches jetzt in der Sammlung des Herrn Ode- brecht liegt. Kaum 8 Tage vorher war dieses Ei gelegt worden. Im Veluchi-Gebirge liess ich noch viel später einen Steinad- lerhorst ausheben. Am 18. Juni bekamen wir die Nachricht, dass oberhalb des Dorfes Koprina ein Adlerhorst mit 2 Eiern sich be- finde, woran weder ich noch mein Diener glauben wollte. Am 26. erhielten wir dieselbe Nachricht in Seltza; mein Diener er- bot sich, dieses Gerücht zu untersuchen und begab sich am näch- sten Tage mit Seilen versehen, dorthin, miethete noch einige Landleute und erreichte mit deren Hülfe den Horst, welcher wirk- lich noch 2 Eier enthielt, die von den Adlern verlassen waren, da man dieselben oft gestört und sogar auf sie geschossen hatte. Beide Eier waren jetzt faul und. nicht schön an Färbung. Die- ses Gelege erhielt Herr Heydemann. Der Horst des Steinadlers ist stets aus starken Baumzwei- gen gebaut, welche bis zum Eingänge der Höhle reichen, so dass sie stets zu sehen sind. Gewöhnlich sucht, der Adler hoch ge- legene Höhlen aus; am 14. März d. J. beobachtete ich bei Drag- mana einen Adler, der mit Baumaterial einer Felswand zuflog; als wir einige Stunden später die Gegend durchsuchten, fanden 446 Dr. Th. Krüper: wir dort wirklich den Horst, der ganz niedrig auf einem Felsen- absatze begonnen war. Für Menschen und Ziegen war dieser Absatz zugänglich, wesshalb der Adler auch keine Junge erzog, da wahrscheinlich die Hirten die Eier genommen und zerschlagen haben. Am 21. Mai besuchten wir wieder die Stelle, fanden das Nest leer bis auf einige Dunen. Der Steinadler legt 1 und 2 Eier. Ich vermuthe, dass die diesjährige schlechte Witterung daran Schuld gehabt hat, dass ich in den Horsten von 3 gewiss alten Paaren nur je 1 Ei aulfand. Der Kaiseradler, Aquila imp erialis, wird durch die Griechen vom Steinadler nicht unterschieden, wess- halb er nur deiog genannt wird. Wie es mit seiner Verbreitung in Griechenland steht kann ich nicht sagen, da ich ihn noch nicht oft beobachtet habe. Nach meiner Ansicht ist er nur ein Vogel der Ebene, der die Gebirge nicht besucht. Bisher sind mir nur 2 Brutplätze dieses Adlers bekannt geworden. Am 7. April v. J. fand ich den einen bei Dragmana auf. Der Horst steht in der Spitze einer ziemlich starken Platane. Das Weibchen flog bei unserer Annäherung vom Horste, in welchem mein Begleiter 2 frische Eier fand,* beide Eier hatten die characteristi sehen Merk- male der Eier von Aq. imperialis. Schon am J5. März d. J. sahen wir wiederum beide Adler in derselben Gegend umherschweifen und hofften ebenfalls Anfang Aprils die Eier in demselben Horste zu finden. Am 15. April gingen wir dorthin zurück, fanden je- doch keinen Adler im Neste; da man in der Nähe eine Platane gefällt hatte, um einen Wassertrog daraus zu machen, so nahmen wir an, dass die Adler, durch die Arbeiter vertrieben, den Horst aufgegeben haben; indessen fanden wir noch Spuren, dass die Adler vor nicht langer Zeit noch dort gewesen waren. Erst am 20. Mai kam ich nach Dragmana zurück und erfuhr dort, dass man den Adler im Horste erlegt habe, was ich der Grösse des Hor- stes wegen bestritt. Wir beschlossen am nächsten Tage dort- hin zu gehen, und sahen den Adler abfliegen. Da wir keine An- stalten zum Erklettern der Platane bei uns hatten, kehrten wir am 22. zurück und mein Steiger brachte das einzige Ei des Hor- stes herab, welches sich bei der Präparation als faul ergab. Da der Adler ziemlich scheu war, und mehrmalige Flintenschüsse ge- hört hatte, verliess er beim Herannahen eines Menschen stets den Horst, wodurch sein Ei erkältet wurde. Der Horst dieses Adlers hatte eine Menge Insassen, nämlich Sperlinge, Fringilla Ornitholog. Notizen über Griechenland. 447 domestica , die zwischen den Zweigen des Horstes ihre Nester ange- legt hatten. Mein Steiger füllte auch eine Schachtel mit diesen Ei- ern, die sich jetzt in den Sammlungen mehrerer Freunde befinden. Den zweiten Brutplatz dieses Adlers kenne ich inAkarnanien in der Waldung an den Seen von Vrachori. Erst am 6. Februar d. J. bei meiner entomologischen Excursion in dieser Waldung sah ich von weitem die 2 Horste des Adlers auf hohen Pappeln angelegt. Erst am 27. April kam ich zu diesem Horste zurück. Der erste Horst war unbesetzt, da der Baum, der unten vom Feuer halb durchgebrannt war, abgestorben war. Wir gingen durch Gestrüpp und Wasser zu dem andern sichtbaren Horste; schon aus ziem- licher Entfernung sahen wir den Adler im Horste sich aufrichten, an den Rand treten und fortfliegen. Da die Pappel ungemein stark war, konnten wir erst am nächsten Tage die Aushebung der Eier ausführen. Die 2 Eier waren ziemlich bebrütet und wie die früheren denen des Milvus regalis ähnlich. Dieser Horst war ebenfalls von Sperlingen bewohnt, welche zu jener Zeit noch keine Eier hatten. Yor 5 Jahren fand Herr Schräder diesen Adler auf dem er- sten Horste residirend; da es demselben nicht gelingen wollte, die Adler zu erlegen, liess er den Baum ersteigen und fand im Horste 2 ziemlich grosse Junge, die er mitnahm und lange Zeit mit Schildkröten ernährte. Der Schreiadler, Aquila naevia, findet sich nur in den sumpf- und wasserreichen Gegenden Grie- chenlands, in denen er nicht selten anzutreffen ist. Dort ist er Standvogel, da nicht nur ich denselben im Januar und Februar d. J. bei Aetolico und den Seen von Vrachori antraf, sondern auch der Engländer Simpson ihn im Februar v. J. bei Angelo Castro beobachtete. Dass die dort überwinternden Adler wirklich die- jenigen sind, welche im Sommer dort gebrütet haben, glaube ich daraus entnehmen zu müssen, dass ich dieselben täglich an dersel- ben Stelle, wo ihr Horst nicht entfernt steht, fliegen sah und kläglich schreien hörte. Aus Deutschland kommende Schreiadler verweilen kaum in den griechischen Sümpfen, sondern gehen nach Afrika über. Da ich die Sitten des Schreiadlers schon genugsam aus den Waldungen meines Vaterlandes kannte, so war es für mich interessant, dieselben im fernen Süden kennen zu lernen. Schon bei meiner ersten Reise 1858 machte ich hierzu den An- fang. Am 13. Mai begab ich mich zum ersten Male von Misso- 448 Dr. Krüper: Ornitholog. Notizen über Griechenland. lungi durch die Klissura nach Yrachori und drang, nachdem ich die von den Türken zwischen beiden Seen gebaute Brücke über- schritten hatte, in die sumpfigen, schwer zugänglichen Waldun- gen ein, um Insecten etc. zu fangen. Nach mehreren Stunden vernahm ich die bekannten Töne eines brütenden Schreiadlers: ich durchbreche die Hindernisse, durchwate das Wasser und be- fand mich endlich an der Stelle, von welcher aus das Geschrei zu ertönen schien. In einer dicht von Schlingpflanzen eingehüll- ten Rüster erblickte ich schliesslich den Horst, den der Adler nun erst verliess. Ich erhielt 2 etwas angebrütete Eier. 1859 nahm ich am 4. Mai von demselben Horste wiederum 2 Eier. 1860 be- suchte ich diesen Horst nicht und in diesem Jahre konnte ich trotz aller Mühe den Horst nicht wiederfinden, da der Baum viel- leicht abgehauen war. In den Sumpfwaldungen bei Galata nahm ich am 7. Mai 1859 aus einem Horste 1 Ei und am folgenden Tage aus einem andern 2 Eier des Schreiadlers. Auch in diesem Jahre hob ich eben dort einen Horst mit nur einem Eie aus. Bei den Schreiadlern von Galata will ich des grossen Schrei- adlers, Aq. clänga Pall., erwähnen, den Dr. Lindermayer als grie- chischen Vogel einführt. Ich will nicht behaupten, dass die wirk- liche Aq . clanga aus dem Ural in Griechenland nicht Vorkommen könne; glaube aber nicht, dass sie in Griechenland ansässig ist. Die Exemplare von Aq. clanga , welche Herr Schräder nach Deutschland gesandt hat und noch heute als wirkliche clanga be- trachtet, sind in den Waldungen bei Galata, die ich jährlich be- sucht habe, erlegt worden. Sämmtliche dort vorkommenden Schrei- adler halte ich bis jetzt nur für Aq. naevia und kann versichern, dass ich bei dem Adler im Freien, in seiner Stimme, Gewohn- heiten, Nestbau und Eiern durchaus keinen Unterschied von den in Deutschland vielfach beobachteten Schreiadlern gefunden habe. Von der bedeutenderen Grösse der Schreiadler bei Galata bin ich durch die Auffindung von Eiern nicht überzeugt worden; in Pommern fand ich viel grössere Eier als in Griechenland. Das Ei vom 7. Mai 1859 rührte von einem jungen Weibchen her und war das kleinste griechische; es ist jetzt in der Sammlung des Herrn Simpson, welchem ich den Horst selbst später zeigte. Ueckermünde im December 1861. (Fortsetzung folgt später.) 449 Literarische Berichte. Die Versammlungen der Ornithologen Mecklenburg*, (Im Anschlüsse an den „Verein der Freunde der Naturwissen- schaften in Mecklenburg“, haben die dortigen Ornithologen eine besondere Section gebildet. Die in den Versammlungen dersel- ben gemachten ornithologischen Mittheilungen sind auch für weitere Kreise von Interesse, und tragen wir daher durch Abdruck der Protokolle gern zur bessern Bekanntwerdung des ornithologischen Inhalts bei. D. Herausg.) Protocoll der zweiten Versammlung der Section für Ornithologie in Plau am 1. und 2. October 1861. Die Sitzung wurde um 10 Uhr eröffnet, und theilte der Schrift- führer zunächst der Versammlung mit, was der Verein der F. d. N. in M., über die Bildung der Section beschlossen hat. Dann meldete derselbe als neue Mitglieder an: die Herren: Bernin A., Ingenieur in Malchin; Erich, Rector in Stavenhagen; Erich, Can- tor in Plau; Fromm L., in Schwerin; v. G-rävenitz, Forstmeister in Bützow; Heydemann, L., in Thalberg bei Treptow; Kaysel, Senator in Teterow; Lübbert, G., in Schwerin; Maas, Ad., in Plau; v. Vogelsang, Hauptmann in Gutendorf; Wiese, Forst- meister in Greifswald; Wolf, Pastor in Plau. Die Section zählt also jetzt bereits 24 Mitglieder. Von den Separatabdrücken des Protocolls sind Exemplare an die deutsche Ornith. Gesellsch., an die Redaction des Journals für Ornithologie, und an den Herrn Professor Blasius in Braun- schweig gesandt. Es wurde beschlossen, die nächste Sections- versammlung in Bützow und zwar zugleich mit dem Verein, also ausnahmsweise in der Pfingstwoche zu halten, indem man sich vorbehält, den zweiten Tag zur Ornithologie zu verwenden. Herr Pastor Dr. Zander übergab einige Separatabdrücke sei- ner Uebersicht der Vögel Mecklenburgs, die mit grossem Interesse und Dank empfangen wurden. — L. v. Preen berichtet über ei- nige seltene Mecklenburgische Vögel der Sammlung des Dr. Bene- feld in Rostock. Diese Angaben sind schon in die Uebersicht d. V. M. aufgenommen. — Herr Riefkohl theilte Beobachtun- gen über das Verhalten der Vögel gegen fremde in’s Nest gelegte Eier mit, denen L. v. Preen noch einiges hinzufügte. (S. Anlage.) Herr Maas hatte einige von Helgoland mitgebrachte seltene Journ, f. Ornith,, X. Jahrg, Nr. 60, November 1862. 29 450 Die Versammlungen Vögel ausgestellt, und berichtete über die ornithologischen Vor- kommnisse und Sammlungen auf dieser interessanten Insel. Das häufige Vorkommen einiger der vorgelegten Vögel auf Helgoland, z. B. Motacilla hoarula , Mot . flava, flaveola (Gould), Merula rosea, Anthus Richardi , und der braunsternigen Sylvia suecica , lässt ihr Erscheinen in Mecklenburg erwarten, und regt zum Aufsuchen derselben an. L. v. Pr een zeigte einen Numenius tenuirostris von der Insel Sylt, der sich durch seine weisse Unterseite, den hell- gefärbten Kopf ohne Mittelstreif und den sehr dünnen Schnabel leicht von N. phaeopus unterscheidet und knüpfte hieran einen Vortrag über jene den Ornithologen schon so lange bekannte In- sel, und das Vogelleben auf derselben. Er legte vor einige ab- weichend gefärbte Eier daher von Larus argentatus und Sterna caspia, ferner mecklenburgische Gelege: Ficus minor, 6 Eier am 27 U aus einer Buche auf dem Schwefelwerder bei Schwerin, 18 Fuss vom Boden. Numenius arquata, 4 Eier (3 bebrütet 1 faul) am 7s von Dummerstorfer Torfmoor. Das Nest stand auf einer ebenen Wiese und war aus kleinen Reisern, Heide und Gras ziemlich gut erbaut. Der Vogel brütete so eifrig, dass er ziemlich lange vom Hund gestanden wurde, und stiess nach dem Auffliegen un- ter lautem Geschrei nach dem Jäger in der Weise der Meerschwal- ben. Dasselbe Paar hat später noch Junge aufgebracht. 1 Cuculus canorus mit 4 Sylvia nisoria frisch am 13/e auf dem Werder. Das Kuckucksei gleicht frischen Eiern der Sperbergras- mücke ganz vollkommen. An selteneren Vögeln erhielt v. Preen aus Mecklenburg: 2 Budytes flavus borealis (Männ.) am 17 U auf dem Schelffelde bei Schwerin; 1 Alauda cristata, (Weib.) rothgelblich • weisse Spielart, am 27/r auf dem Medeweger Felde: 1 Aquila nae- via , (Männ. juv.) der ganz die Charactere an sich trägt, die Bla- sius dem Aq. clanga zuschreibt. Am w/8 aus Hohen Sprenz. Riefkohl legte vor: 1 Ei von Tot. ochropus, welches auf den Wiesen bei Warnemünde gefunden sein soll. Das Ei hat eine sehr gestreckte Form, mit rothbraunen Flecken, eine stark röth- liche Färbung, und stimmt mit den von Möschler bezogenen über- ein. Die von Sammlern aus Pommern und Preussen geschickten Eier sind viel dicker, kurz- kreiselförmig und haben auf blass grünlichem Grunde schwarzbraune Flecken. Ob beide Abweichun- gen ächt und nur zufällige Färbungsextreme sind, konnte nicht ermittelt werden. Ferner einige im Bauer gelegte Eier von Fr. spinus, die fast gar keine Fleckenzeichnung hatten. Die ersten vor 4 Jahren von demselben (Weib.) gelegten waren lebhaft grün der Ornithologen Mecklenburgs. 451 mit vieler Zeichnung, was jedes Jahr abgenommen hat. Dieselbe Beobachtung war auch im Freien besonders bei L. collurio gemacht, und gefunden, dass die röthlichen, stark gefleckten den jungen, die grünen, spärlich gezeichneten den alten (Weib.) angehören. — Herr G. Lübbert hatte einige Tafeln mit selbst gezeichne- ten Copien aus dem Naumann’schen Werk mitgebracht, die mit grosser Genauigkeit und wunderschön ausgeführt waren, und all- gemeine Anerkennung fanden. Den 2. October brachte man mit Besichtigung der Sammlun- gen des Herrn Pastor Dr. Zander in Barkow zu. Die überaus reiche Vogelsammlung, in der sich fast jeder Europäer mehrfach vertreten findet, gewährte der Versammlung durch die Erklärun- gen des Besitzers die vielseitigste Belehrung und einen reichen Genuss, der durch die gastfreie freundliche Aufnahme noch bedeu- tend erhöht wurde. Die umfangreichen Besprechungen und in- teressanten Auseinandersetzungen des Herrn Pastor Dr. Zander waren so zahlreich, dass der zugemessene Raum eine Aufnahme derselben in’s Protokoll nicht gestattet, auch würden sie, ohne die bezüglichen Exemplare, nicht deutlich genug sein. Erst spät am Abend trennten sich die Besucher mit dem Wunsche, dass es allen recht bald wieder vergönnt sein möge, diesen lehrreichen und angenehmen Tag in Barkow zu wiederholen. (Anlage zum Protocoll.) Einige Versuche von Vertauschen der Vogeleier. Dass man den Canarien- Vögeln alle eigenen Eier nehmen, oder ihnen auch zu den ihrigen einige andere legen kann, ohne dass sie Nest und Eier verlassen, ist eine bekannte Sache. Ich selbst habe zu wiederholten Malen meinen Canarien- Vögeln statt der ihrigen, Eier von andern Canarien-Vögeln, von Hänflingen, Buchfinken und Grünlingen, und einmal von der Goldammer un- tergelegt, und jedes Mal haben sie die Eier ohne Bedenken an- genommen und ausgebrütet. In Bezug auf das Auffüttern der Jungen habe ich die Beobachtung gemacht, dass die Canarien- Vögel die Jungen der Hänflinge immer ohne grosse Mühe fütter- ten; dagegen starben mir jedes Mal sämmtliche junge Buchfinken bei drei, und sämmtliche Grünlinge bei zwei Versuchen, sowie auch die vier jungen Goldammern, wenn sie ungefähr 14 Tage alt waren. Ich weiss mir dies nicht anders, als aus der Fütte- rung zu erklären; denn die Canarien- Vögel, obgleiches ihnen an Ei und aufgeweichter Semmel nie fehlte, fangen, wenn ihre Jun- gen etwa 14 Tage alt sind, an, viel Samen zu füttern, während die 29* 452 Die Versammlungen Buchlinken und Goldammern gewiss, und vielleicht auch die Grün- linge zum Aulfüttern ihrer Jungen ausschliesslich Insecten, beson- ders kleine Raupen gebrauchen. Einmal habe ich Eier von Canarien-Vögeln in ein Hänflings- nest im Freien gelegt, und dagegen ebenso viele Hänflings-Eier dem Canarien- Weibchen untergelegt. Beide Vögel brüteten ruhig weiter, und die Jungen kamen zu gleicher Zeit aus. Nach 5 Ta- gen vertauschte ich die Jungen wieder, — sie sind nämlich an der Hautfarbe leicht zu unterscheiden. Die Canarien- Vögel so- wohl, wie die Hänflinge, nahmen die jungen Vögel willig an und fütterten sie gross. Mein Zeisig- Weibchen, das seit 4 Jahren regelmässig im Kä- fig sein Nestchen zurecht gebaut und gelegt hat, aber in den früheren Jahren nie hatte brüten wollen, fing in diesem Jahre an, ein faules Canarien-V ogelei, dass ich ihm statt der eigenen Eier ins Nest gelegt hatte, zu bebrüten. Nach einigen Tagen legte ich ihm 2 Goldammer-Eier unter, und wieder nach einigen Tagen statt dieser, 3 Eier von Sylvia hypolais. Das Weibchen brütete stets sogleich und eifrig fort. Da fand ich ein Nest von Sylvia horten- 8is mit 3 sehr stark bebrüteten Eiern. Ich nahm dieselben in der hohlen Hand mit, damit die Jungen im Ei nicht sterben möch- ten, legte sie dem Zeisig-Weibchen unter, und unverkennbar war die Freude des Zeisig-Pärchen, als nach 3 Tagen 2 Junge auska- men. Leider starben dieselben schon am dritten Tage, obgleich das Zeisig-Weibchen sehr eifrig, und nur mit Semmel und Ei fütterte. Im Freien habe ich in diesem Jahre mit Vertauschen der Eier drei Versuche angestellt, von denen zwei vollkommen ge- langen. Ich nahm am 1. Juni 5 frische Eier von Sylvia nisoria und legte sie in das Nest von Lanius collurio, dessen 4, allerdings sehr ähnliche Eier ich der Sperber-Grasmücke gab. Beide Vögel nahmen die fremden Eier willig an, — die Sperber-Grasmücke sass nach einer halben Stunde schon wieder auf den Eiern — und brütete ruhig weiter; das Neuntödter-W eibchen legte auch noch ein Ei zu den fünf andern. Ich besuchte die Nester häufig; die Jungen kamen ungefähr zu gleicher Zeit aus und wuchsen sämmt- lich auf. Als ich eines Tages kam, — die Jungen waren etwa 14 Tage alt, — flatterten die 5 Grasmücken sämmtlich aus dem Neste, und nur der junge Neuntödter blieb sitzen; die fünf Neun- tödter sassen aber noch ganz ruhig im Neste der Sperber-Gras- mücke. Nach weiteren 8 Tagen waren auch sie verschwunden, der Ornithologen Mecklenburgs. 453 d, h. aller Wahrscheinlichkeit nach sämmtlich ausgeflogen. Am 5. Juni vertauschte ich 4 ganz frische Eier von Sylvia hortensis gegen etwas bebrütete von Sylvia nisoria. Beide Vögel merkten das Vertauschen nicht, oder kümmerten sich nicht darum, denn beide brüteten ruhig weiter und brachten die Jungen aus. Ich habe die Nester mehrere Male besucht und die Jungen immer wohlbehalten gefunden, bis sie endlich das Nest verlassen hatten. Dagegen glückte der Versuch, das rothgefieckte Ei des La- nius collurio gegen diejenigen von Loxia chloris zu vertauschen, nicht. Ich fand nämlich, als ich nach einigen Tagen wiederkam, die Grünlings-Eier aus dem Neuntödter-Neste verschwunden, und es war wohl kein Zweifel, dass sie verzehrt worden waren, da ich noch einige Stücke der Schale im Neste und auf der Erde fand. Das andere Nest war leider ausgenommen. Noch will ich eine Vertauschung von Eiern erwähnen, die freilich nicht von mir vorgenommen, mir aber doch von glaub- würdigen Männern erzählt worden ist. Es wurde vor mehreren Jahren ein Nest von Stria otus mit einem Eie gefunden. Da der Fundort häufig von Knaben besucht wurde, holt der Finder aus einem nahen Jägerhause das kleinste Hühnerei, das er bekom- men konnte, und legt es statt des Euleneies ins Nest. Als er am folgenden Tage wieder kam, fliegt die Eule vom Neste, und siehe da, es liegt ein zweites Eulenei in demselben. Er nimmt dieses und geht nach dem Jäger-Hause, um ein zweites Hühnerei zu holen. Als er aber den Baum wieder ersteigt, ist das Hühnerei ver- schwunden und das Nest leer. Später erfuhren wir, dass Knaben das Nest gefunden und das darin liegende Hühnerei bona fide für ein Eulenei gehalten und mitgenommen hatten. Mir selbst wurde das Ei gezeigt und zum Kaufe angeboten. E. Riefkohl. Diese interessanten und lehrreichen Versuche werden uns wichtige Aufschlüsse über die Fortpflanzungsgeschichte der Vögel geben, und ich bitte alle, die Gelegenheit haben, dieselben fortzu- setzen und zu erweitern. Es scheint, dass die Unterscheidungs- gabe der Vögel in Bezug auf ihre Eier sehr gering ist, da sie in so vielen Fällen die fremden ganz unbedenklich annehmen. Meine Versuche in dieser Beziehung sind in diesem Jahre meistens missglückt, indem ich bald nach dem Tausch die Nester zerstört fand. In 2 Nestern der Cal. turdina im Weiden-Gebüsch mit je 4 unbebrüteten Eiern vertauschte ich am 10/6 sämmtliche Eier, und beide Pärchen brüteten die fremden aus. Am selben Tage legte ich ein 0, turd. in ein L. collurio 454 Die Versammlungen Nest mit 4 Eiern. Der Würger, und zwar das Männchen verzehrte vor meinen Augen das fremde Ei, und das Weibchen brütete dann auf den drei gebliebenen Eiern weiter. Cal. arundinacea nahm am 13/6 ein C. turdina Ei an, ich fand aber am 15/6 das Nest zerstört. Am l3/6 fand ich mit 4 S. nisoria Eiern ein frisches Kukucks- Ei, das den Nesteiern sehr ähnlich war. Ich legte es in ein Fr. cannabina Nest und der Hänfling nahm es unbedenklich an; am 15/# nahm ich es wieder fort, weil so sehr viele Nester in jener Gegend zerstört waren, und gab es einer S. hortensis mit 2 Ei- ern, die Grasmücke verlies s das Nest. Woher mögen die vielen Nester-Zerstörungen in diesem Jahre kommen, die von allen Sammlern beobachtet sind? Vielleicht hat es dem Lau. collurio bei der grossen Nässe an anderer Nah- rung gefehlt, und er ist so veranlasst, den Eiern und Jungen um so mehr nachzustellen. v. Pr een. Protocoll der zweiten Versammlung der Section für Ornithologie in Bützow am 12 Juni 1862. Zu der Versammlung des Vereins am 11. Juni waren mehrere Mitglieder der Section erschienen, die leider am Abend wieder abreisen mussten, und auch am 12. nicht wieder kommen konnten. Aus diesem Grunde war die Sections-Versammlung nicht so be- sucht, als zu erwarten stand, da es in Aussicht war, die schöne Sammlung ausschliesslich mecklenburgischer Vögel des Herrn Oberforstmeister von Grävenitz besehen zu können. Die Sitzung wurde um 9 Uhr eröffnet, und begrüsste man zunächst den Herrn Professor Münter aus Greifswald als werthgeschätzten Gast. Dann folgten durch den Schriftführer geschäftliche Mittheilungen. Als Ort für die nächste Sections-Versammlung im October 1863 wurde Rostock gewählt, und wird die Einladung hierzu seiner Zeit vom Schriftführer erfolgen. Pr.-L. v. Pr een zeigte ein Gelege von Falco peregrinus von dem Baron M. von Maltzan am 24. April d. J. bei Dobbertin gefunden. Es sind dies wohl die ersten mecklenburgischen Eier dieses seltenen Vogels, die in die Hände eines wissenschaftlichen Sammlers gelangen. Der Horst stand auf einer sehr hohen Tanne, nahe am See, war kleiner als ein Bussard-Horst, und nur dünn gebaut. Der Falke brütete sehr fest und entfernte sich erst vom Nest, als der Kletterer es fast berührte. Von den 4 Eiern waren 2 schon im Ausschlüpfen begriffen, die beiden anderen konnten der Ornithologen Mecklenburgs. 455 noch durch Ausschneiden eines Schalenstückes entleert werden Sie haben die gewöhnliche Färbung , sind aber stark eiförmig. Sie messen: Gr. Axe 0,166. Kl. Axe 0,121 vom stumpfen Ende 0,065. Der Jäger hat schon seit mehreren Jahren die Fänge der beim Horst erlegten jungen Wanderfalken abgeliefert. Ferner zeigte derselbe 6 Gelege Falco tmnunculus, in denen alle Färbungsstufen, von den einfarbig gelbbraunen, sparsam dun- kel-bespritzten, bis zu einem weissen mit wenigen grossen, schwarz- braunen Flecken gezeichneten Gelege in unmerklichen Uebergängen vertreten waren. Diese Gelege stammen aus einem kleinen Feld- holze, in dem auf etwa 200 alten Kiefern gegen 20 Pärchen horsten. Am Boden findet man in grosser Menge das Gewölle dieser Fal- ken, das lediglich aus Mäusehaaren und Knochen besteht, ein Beweis für die grosse Nützlichkeit dieses Falken. Die Aufhebung des Schiessgeldes für die nützlichen Mäusevertilger, welche kürz- lich von dem Grossherzoglichen Ober-Forst-Collegium verfügt ist, gab Veranlassung zu dem Wunsche, bei den Jägern auf eine ge- nauere Kenntniss der Raubvögel hinzuwirken, damit sie die vie- len nützlichen, von den wenigen schädlichen unterscheiden, und auch die seltenen Arten erkennen lernen. Hierdurch würde man- cher werthvolle Vogel, der jetzt für geringes Schiessgeld verdor- ben wird, in die Sammlungen kommen, und dadurch dem Jäger zuweilen eine nicht unbedeutende Einnahme erwachsen. Man beschloss, die Frage, wie dies zu erreichen sein möchte, auf die nächste Tagesordnung zu setzen. Herr Oberforstmeister von Grävenitz legte ein bei Bützow gefundenes Ei von Numenius arquata vor und bemerkte, dass die- ser Vogel noch alljährlich auf den Mooren der Umgegeud in ein- zelnen Paaren niste. Ferner mecklenburgische Eier von Stria bubo aus dem Tesdorfer Revier, und bei Dr. Matfeld in Doberan in der Gefangenschaft gelegte Eier von Aquila fulva, die er dann auf das freigebigste an einige Mitglieder verschenkte. Rerr Rief kohl zeigte zwei Gelege von Sylvia philomefo, die ersten sicheren aus Mecklenburg und berichtete darüber in der Anlage I. Der Sprosser ist wieder sehr häufig bei Rostock, und hat die Nachtigall dort fast verdrängt. — Herr Kr eis Wundarzt Schmidt hat von Poel ein Weibchen von Himantopus ruüpes er- halten, welches sehr entwickelten Eierstock hatte und mit seinem Männchen lange und oft an derselben Stelle gesehen war. Hierauf hatte der Hr. Oberforstmeist. v. Grävenitz die Güte seine Sammlung zu zeigen, wobei er aiff die vielen seltenen Vö- 456 Die Versammlungen gel in derselben aufmerksam machte, und die Auffindung dersel- ben mittheilte. Aquila chrysaetos mas, im Januar 1842 zu Jass- nitz erlegt. Der Vogel gleicht vollkommen dem Exemplare in der v. Preenschen Sammlung, hat aber schon weisse Flecke im Schul- ter-Gefieder. — Aq. fulva mas, im Jahre 1851, eben daher. — Aq. naevia. Ein altes beim Horst erlegtes Weibchen, trägt mi Ausnahme des fehlenden gelben Nackenfleckes, noch das bunt gefleckte Jugendkleid; und ein sehr kleines altes Männchen, ein ganz gelbrothes Gefieder, fast wie M. regalis gefärbt. Es ist merkwürdig, dass diese bunten Vögel bei uns so sehr viel selte- ner sind, als die einfarbig braunen, und es scheint nicht wahr- scheinlich, dass es nach der Meinung Naumanns die jüngeren Vögel sind, weil sie dann grade häufiger sein müssten. — Falco peregrinus ist in sehr schönen Exemplaren vertreten. — Circus cyanus. Ein Männchen in interessantem Uebergangskleid wurde 1852 in der Nähe von Bützow im Horste erlegt. — Strix bubo fenn Januar 1842 bei Tessdorf. — Strix nisoria im December 1839 bei Nossentin. — Str. dasypus, mehrere Exemplare sind im October 1835 und später in Tannenrevieren bei Doberan erlegt. Die Eule soll in den geeigneten Oertlichkeiten bei uns gar nicht selten sein, aber sehr leicht übersehen werden. Turdus atrigularis ist noch öfter bemerkt, aber leider nicht an Sammler gekommen. — Sylvia suecica ; alle bei Bützow gesam- melten, so wie alle in den dortigen Gärten nicht selten brütenden Blaukehlchen sind braunsternig, und bleiben auch bis zum Weg- züge so. Nur einmal wurde auf dem Frühlingszuge ein weiss- sterniges bemerkt. Hiernach ist Zanders Uebersicht S. 21 zu berichtigen. — Parus barbatus nistet vielleicht alljährlich am Coventer-See, und in arideren salzigen Rohrplaggen; wenigstens ist sie dort mehrmals während des Sommers beobachtet. Ardea minuta ist in der Sammlung von verschiedenen Fundor- ten, und war früher vor dem Ausrotten der Brücher bei den Seen sehr gemein. — Ardea comata. Das wunderschöne Exemplar ist am 25. Mai 1844 bei Doberan in einer Kopfweide umherkletternd, erlegt. Totanus fuscus, die beiden jungen Vögel sind im Herbste 1843 aus mehreren kleinen Schwärmen dieser Art bei Doberan erlegt. — • Tot. glareola und Tot. ochropus wurden in jedem Herbste bei Doberan einzeln und in kleinen Gesellschaften ange- troffen. — Himantopus ruftpes, im Juli 1828 bei Doberan aus ei- ner Familie von 4 Vögeln erlegt, gab die erste Veranlassung zum Anlegen dieser Sammlung*! der Ornithologen Mecklenburgs. 457 Otis Macquenii. Das wunderschöne Exemplar ist im Novem- ber 1847 auf dem Rederanker Felde bei Doberan geschossen, und von einem Bauer zur Stadt gebracht. Gallinula pusilla wurde am 31. März 1855 bei Bützow lebend ergriffen. — Podiceps cornutus , soll bei Brunshaupten gar nicht sehr selten von den Fischern gefangen werden. Ebenso auch Podiceps auritus. Anas strepera hat früher am Coventer See so zahlreich ge- brütet, dass auf einer Jagd gegen 30 Stück geschossen wurden. Anas nyroca soll auf einem kleinen See bei Turloff brüten. Ausser den genannten enthält die Sammlung noch manchen schönen Vogel, und hat überhaupt unter den mecklenburgischen Vorkommen nur sehr wenig Lücken. Es würde jedoch die Auf- zählung aller hier zu weit führen. Am Nachmittage trennte sich die Versammlung, und machten die Herren Riefkohl und Steen- bock noch eine Excursion in die Darnow, wo sie das Glück hat- ten einen für Mecklenburg neuen Brutvogel aufzufinden. Siehe Anlage I. Am Abend des Versammlungs-Tages ging ein Schrei- ben ein von dem Königlichen Förster Herrn W. Hintz mit Bei- trägen zur Fortpflanzungs-Geschichte seltener pommerscher Vögel, welches auszüglich in der Anlage II. den Mitgliedern mitzutheilen, der Schriftführer nicht unterlassen zu dürfen glaubt, da es so über- aus interessante Beobachtungen enthält. Derselbe behält sich vor, auf der nächsten Versammlung das Aussprechen eines besondern Dankes an den Herrn Verfasser zu beantragen, von Preen. Anlage I. Muscicapa parva kommt nicht nur in Mecklenburg vor, wie Herr Pastor Dr. Zander in seiner systematischen Uebersicht der Vögel Mecklenburgs vermuthet, sondern sie brütet auch bei uns, und habe ich die Freude gehabt, ein Nest dieses Vogels aufzufin- den. Am Tage unserer ornithologischen Sections- Versammlung zu Bützow am 12. Juni d. J., machte ich mit Herrn Conservator Steenbock, nachdem wir die Herren Mitglieder der Versammlung mit der Eisenbahn hatten scheiden sehen, einen Spaziergang in ein nahe beim Bahnhofe gelegenes Holz, das, wie ich glaube, die Darnow heisst. Wir gingen ohne hesondern Zweck im Walde hin und her, da bemerkte ich in einer 10 Zoll dicken Buche, etwa 12 Fuss hoch, zwischen frischen Auswüchsen, unmittelbar am Stamme ein kleines Nest. Herr Lieutenant von Preen hatte an demselben Tage noch, als wir über Muscicapa parva sprachen, 458 Die Versammlungen bemerkt, dass man das Nest dieses Vogels in solchen jungen Schösslingen suchen müsste. Herr Conservator Steenbock stieg hinauf und reichte mir mit den Worten: Es ist nur ein sehr klei- nes Ei im Neste, ein Ei von Muscicapa parva hin. Wir hätten das Ei gern liegen lassen, um später das ganze Gelege zu holen, aber es streiften Knaben in der Nähe umher. Das Nest war schlecht aus Moos und einigen Baumflechten gebaut und mit wenigen Haaren ausgelegt. Das Ei, das in meinem Besitze ist, gleicht den von mir beim Herrn Lieut. v. Preen gesehenen, sowie dem, das ich aus seiner schönen Sammlung bekommen habe, in Grösse wie in Färbung vollkommen, wie überhaupt diese Eier nicht sehr zu variiren scheinen. So wäre denn ein Brutvogel mehr für Meck- lenburg nachgewiesen, wenigstens glaube ich nicht, dass das Nest der Muscicapa parva früher schon bei uns aufgefunden ist. Ein Nest von Sylvia philomela — wenigstens war das dabei singende Männchen sicher ein Sprosser — sass zwischen abge- schnittenen Haselnuss-Sträuchern auf einer kleinen Anhöhe, un- mittelbar auf der Erde. Nur wenige grüne Schösslinge beschat- teten das ziemlich frei da sitzende Nest. Dieses war ein grosser dicker Klumpen von Blättern, nur dünn und schlecht mit Gras- halmen ausgelegt. Die Eier gleichen denen von Sylvia Luscinia sehr, nur sind sie etwas grösser, besonders runder und auch ein wenig dunkler. Rostock. Riefkohl. Anlage H. Aquila fulva. Im Jahre 1858 wurde der Horst zuerst gefunden, der Vogel hatte aber denselben im Winter 1857/58 beinahe einen Fuss hoch aufgebaut, und da ich nicht fulva, son- dern C. brachydactyla vermuthete, so liess ich den Horst erst den 25. April besteigen, erkannte aber gleich beim Abfliegen A. fulva und fand 2 Eier im Horste, die wohl schon 3/4 bebrütet waren. Das eine war stark rothgefleckt, das andere heller mit röthlichen und lila Schalen-Flecken, letzteres am meisten bebrütet. 1859 erkor er einen alten Horst, ca. 500 Schritt von ersterem entfernt, zu seinem Wochenbette und baute auch an diesem im Winter 1858/59, brachte ihn jedoch nicht so hoch. Den 16. April liess ich den Horst besteigen und waren wieder 2 Eier in demselben, beinahe ebenso gefleckt wie im vorigen Jahre. Dieselben waren c. 10 Tage bebrütet und das helle wieder am meisten. Im Jahre 1860 wurde keiner von den beiden Horsten besetzt, obgleich die der Ornitholögen Mecklenburgs. " 459 Adler hier waren und oft einer auf dem ersten Horste sich auf- hielt. 1861 wurde der Horst spät gefunden, und war derselbe 1000 Schritt von dem 1858er entfernt; es war ein alter Buteo - Horst, nicht sehr hoch aufgebaut, aber wohl schon 1860 besetzt gewesen, wie die unter dem Horste befindliche Knochenmasse schliessen liess. In diesem Jahre wurde nun der Horst nicht weit von dem letzteren gefunden, und war wohl von dem Adler- pärchen selbst gebaut, am 6. April wurde der Baum bestiegen und fand sich 1 wenig geflecktes Ei darin vor; der Adler sass schon 3 Tage auf dem Horste, doch war das Ei noch nicht an- gebrütet, und es halten sich die Adler noch immer in der Gegend auf. Erster und letzter Horst waren auf Kiefern in einem soge- nannten Donnerbesen angelegt. Hie Unterlagen des Horstes sind starke trockene Zweige , welche nach oben zu immer schwächer werden, auch liegen stets einige grüne Kieferzweige (ähnlich wie bei Perms apivorus ) auf dem Rande des Horstes. Cyanecula suecica ist manches Jahr häufig, jedoch ist das Nest schwer zu finden, es ähnelt den Nestern von Pratincola rubetra und ist von feinen Pflanzenstengeln und trockenen Halmen gebaut. Es ist merkwürdig, dass das Nest stets am Wasser an- gelegt ist, gewöhnlich an Graben-Ufern, wenn dieselben auch nicht viel Wasser haben, und stets an der Seite sich findet, wohin die Morgen- oder Mittagssonne scheint. Ich habe dies bei gewiss 50 Nestern gefunden. Um die Eier unangebrütet zu erhalten, ist die beste Zeit zum Ausnehmen vom 10. bis 20. Mai. Totanus glareola nistet hier an 2 Stellen auf kleinen Torf- brüchen, die mit Gras bewachsene Kaupen haben. Has Nest ist nur eine Vertiefung auf diesen Grasbüscheln, und ähnlich denen der Scolopax gallinago . Das Weibchen hält auf den Eiern gut aus. Hier wurde der Brutplatz zuerst im Jahre 1856 aufgefunden, wo ich den 25. Mai und 22. Juni viele Eier erhielt, die schon stark bebrütet waren. 1857 erhielt ich den 23. Mai ein Gelege von 3 Eiern. 1858 hingegen am 25. Mai 26 Eier, theilweise frisch, theilsbis zu Vs bebrütet, und dann noch vom 5. — 8. Juni 16 Stück, die Hälfte wenig, die anderen stark bebrütet. 1859 15 Stück; 1850 vom 7. — 21. Mai von einer andern Stelle 20 Eier theilweise bebrütet, von der alten Brutstelle vom 6. Mai bis 14. Juni einige Gelege, 1 861 habe ich keine Eier erhalten, auch in diesem Jahre nicht, weil es meine Zeit nicht erlaubte, diese Brutplätze zu be- suchen. Diese Eier variiren sehr nach den verschiedenen Nestern. 460 Die Versammlungen der Ornithologen Ich besitze ein Gelege — selbst ausgenommen — welches ich dreist als Totanus ochropus abgeben könnte , da es der hellgrün- lichen Färbung dieser Eier täuschend ähnlich ist. Totanus ochropus. Schon im Jahre 1834 fand ich den 26. April das erste Gelege — was ich notirt habe — in einem alten Drosselneste von Turd. musicus. Doch schon in früheren Jahren seit 1818 habe ich Nester gefunden: da ich aber damals noch keine Tauschverbindungen hatte, so nahm ich nur einige Gelege für meine Sammlung und habe bis 1852 weniger darauf geachtet; in diesem Jahre fand ich den 15. Mai ein Gelege von 4 Eiern, und wohl 4 Tage bebrütet in einem alten Drosselneste; den 18. Mai 4 eben ausgekommene Junge auf einem Eisstubben hart am Radüe-Ufer. Die Unterlage bildete ein sehr altes Nest und hatten die Eier auf trockenen Kiefernadeln gelegen. 1855 den 6. Mai 3, ca. 4 Tage bebrütete Eier auf einer Kiefer 18' hoch in einem alten Tauben- oder Holzschreierneste. 1856 24. April 4; 19. Mai 4 unbebrütete; 22 Juni 4 beinahe ausgebrütete Eier, alle in alten Drosselnestern. 1857 16. April 3 Eier, der Vogel war noch im Legen. 1. Juni 4, 3 Tage bebrütete; 18. Juni 3 frische Eier in Drosselnestern; 1858 ein Gelege von 4 unbebrüteten Eiern im Drosselnest. 1859 den 2. Mai 2, den 4. 4 Eier. 15. Mai eben ausgekommene Junge. 29. Mai 3, den 2. Juni 4 frische Eier in alten Drosselnestern. 1860 10. Mai 4 Eier 3A bebrütet. 1861 9. Mai 4 frische Eier, denselben Tag 4 zur Hälfte bebrütete Eier, wovon 1 beinahe ganz weiss mit einzelnen schwarzen Punkten am dicken, Ende, 10. Mai 3 Junge und das 4. Ei im Aussschlüpfen auf einem alten eingedrückten Eichhörnchenneste auf einer Birke, das höchste von mir gefundene Nest ca. 30' hoch. Die Jungen sprangen von oben herab, ohne dass es ihnen schadete und ver- krochen sich im Grase. 11. Mai 4 frische Eier in einem alten Taubenneste, welches voll alter abgefallener Nadeln lag, auf den Zweigen einer Rothtanne. 20. Mai 2 Eier zum Aus schlüpfen; 2 Junge schon fort in einem Drosselneste. 22. Mai 4 Junge in einem alten Lanius collurio Nest. 24. Mai 4 eben ausgeschlüpfte Junge in einer umgebrochenen Populus tremula. Der abgebrochene Baum hatte oben ein Loch, worin im vorigen Jahre Muse, luctuosa brütete. Dieses Loch nun hatte sich ochropus zum Brutplatz auser- sehen, die kaum V* Stunde alten Jungen hüpften bei meiner An- näherung heraus, und verbargen sich unter den alten Aesten und im Grase. 1862 11. Mai 4 Eier unbebrütet in dem alten Dros- selneste, worin im vorigen Jahre das eine weisse Ei lag. 23. Mai Mecklenburgs. — A. v. Homeyer : Alca impennü . 461 2 Eier über 7a bebrütet, es waren merkwürdiger Weise nicht mehr Eier im Neste. 26. Mai 4 Eier gegen 7a bebrütet, beide in alten Drosselnestern. — Alle Nester, die ich bis jetzt gefunden habe standen höchstens 3 Schritt vom Wasser entfernt, wenn nicht an einem Bache, doch an einem kleinen Wassertümpel. 1' hoch von der Erde habe ich sie gefunden, doch in der Regel in 3 — 6' Höhe. Muscicapa parva , diesen niedlichen Fliegenfänger habe ich erst im Jahre 1861 aufgefunden, nachdem ich früher ein Nest mit Eiern erhalten hatte. Er liebt vor allem Buchenwaldungen, und zwar solche, in denen die Buchen schon eine ansehnliche Stärke erlangt haben. Seine Nistzeit fällt in den Anfang des Juni, das Nest enthält gewöhnlich 6 Eier, selten weniger, und wohl nie mehr. Das Nest, welches sich meistens in der Höhe von 8 — 12' vom Boden befindet — (von den 15 im vorigen Jahre gefundenen Nestern waren nur l tiefer und 1 höher) — steht gewöhnlich in flachen Baumhöhlungen, ruht auf Aesten dicht am Stamme, oder auf dicht bebuschten Buchenstämmen in den Wasserreisern; es ist übrigens sehr versteckt angelegt, und wird vom Unkundigen schwer gefunden. Aus der Nesthöhle hängt oft etwas Moos, wonach sich der 'Kenner richten kann, doch wird gerade dies Kennzeichen den unkundigen Sammler täuschen, so dass er das Nest nur für etwas gelöstes Moos hält. Der Vogel ist beim Neste wenig scheu besonders wenn er stark bebrütete Eier oder eben ausgekommene Junge hat, wo man ihn bequem auf dem Neste ergreifen kann. Schloss Kämpen d. 28. Juni 1862. W. Hintz I. Briefliche Mittheilimgen, Oecono- misches und Feuilleton. üotiz xu JLlca impennis. An den Herausgeber. Auf desfallsige Publicationen dieser Zeitschrift Bezug nehmend, zur Mittheilung, dass auch das Museum der Senkenbergisch. Na- turforschenden Gesellschaft zu Frankfurt a. M. ein sehr schönes Exemplar von Alca impennü besitzt. Glogau, den 17. August 1862. Alexander von Homeyer. 462 Marchese 0. Antinori: Estrelda melanorhyncha. Ueber eine kleine Vogelart aus der Familie der Ploceiden, welche mit mehreren anderen seinesgleichen in der Umgegend von Alexandrien (Egypten) am 17. Decemb. 1861 geschossen wurde.*) Estrelda melanorhyncha Antinori. Minima, corpore toto supra eastaneo -olivaceo, subtus ochraceo -isabellino; remigibus fuscis, rectricibusque nigricantibus , lateralibus macula flavo-grisea ter- minatis; rostro nigro, pedibus corneis. — Diesen kleinen Vogel, aus der Familie der Ploceus, haben wir, als Species zu der Unterfamilie der Estreldinen gehörend betrach- tet, wegen seines sehr schwarzen Schnabels, Estrelda mit schwar- zem Schnabel benannt. Die Hauptfärbung der oberen Theile des Körpers ist casta- nien-olivenfarben und diejenige des unteren Theils rostfarben isa- bell. Die Schwungfedern sind braun, die Flügeldeckfedern von derselben Farbe, da aber einige davon ockerfarben gesäumt sind, so bilden sich zwei deutliche Binden in die Quere. Die Schwanzfedern sind ebenfalls braun, aber etwas dunkler, die ganz äusseren auf jeder Seite haben einen röthlichen Rand und an der Spitze einen grauen Flecken, welcher aber bloss auf der Unterseite bemerkbar ist. Die Füsse sind fleischfarben, die Iris kastanienbraun. Die Grösse dieses Vögelchens gleicht derjenigen der Amadina nitens. Ich vermuthe, dass dieser Vogel, welchen ich weder im Con- spectus C. L. Bonaparte’s noch in Rüppell, noch bei vielen anderen von mir zu Rathe gezogenen Autoren gefunden habe, und welcher, wie es scheint, in der strengen Jahreszeit von Zeit zu Zeit in Unteregypten vorkommt, aus Arabien und Palestina stammt; von Wo er über das Rothe Meer nach Africa hinüb erfliegt. Es ist mir von Herrn Mengarini, spanischer Konsul, ein jun- ger Mann von vielen Kenntnissen, versichert worden, dass dieser kleine Conirostre häufig bei Jaffa vorkomme und im Frühlingskleid sehr schön gefärbt sei, was vollkommen mit jenen sonderbaren und kaum glaublichen Farbenänderungen stimmt, welchen der grösste Theil der die Familie der Ploceus ausmachendenArten unterworfen ist. Vielleicht ist dieser Webervögel ein Bewohner der Ufer des Jordans, von deren dünnen Gräsern er das Material zu seinem Neste nehmen kann. Man braucht sich nicht zu verwundern, wie ein Ploceus Syrien bewohnen könne, wenn man bedenkt, dass unter den tropischen Vö- geln, wie die Nectarinia u. die Cinnyris} vom Fürsten von Vellam- brosa, die Art Cinnyris osea Bonap. in den schönen Ebenen von Jericho als Standvogel gefunden worden ist. — Alexandrien, December 1861. Marchese 0. Antinori. *) Aus dem Italienischen übersetzt von J. G. v. Gonzenbach. Smyrna, den 15. Mäiz 1862. E. Schauer: Tagebuch Notizen. 463 Tagebuch-ltfotizen, während eines ornithologischen Ausfluges auf der hohen Tatra, in den Monaten Juli und August 1861, verfasst von Ernst Schauer. (Schluss; s. September-IIeft., S. 392 — 399.) 8. August Hessen sich wieder Gemsen sehen. Zwei wurden verwundet und zwei erlegt. Es werden, kann man annäherungs- weise annehmen, jährlich auf der Tatra gegen 40 Gemsen ge- schossen; man schiesst sie nur, sich anschleichend mit Hasenschro- ten, noch keine einzige ist durch eine Kugel gefallen. Den Be- stand dieser Thiere schätze ich auf 500 Stück, man möchte ver- sucht sein ihn höher anzuschlagen, aber man versicherte mir, dass im Augenblick die Gemsen in der Nähe von Smocks stark beun- ruhiget werden, und sie sich deshalb auf der westlichen Hälfte der Tatra zusammengedrängt haben, und wo Schafe und Ziegen weiden, wandern die Gemsen auch aus. Aus dem Mengsdorfer- Thale stiegen wir auf die hohen Granitwände, 7000' welche über dem schwarzen Teiche und dem Meerauge hängen. Lebensge- fährlich ist das Herabsteigen zu den genannten Seeen, nur wenige verwegene Gemsenjäger sind bis jetzt dort gegangen, und nur zwei von unserer Gesellschaft wussten den Weg. Zwei Stellen sind furchtbar, kaum hat man Platz den Fuss einzusetzen, und unter sich, nicht eine senkrechte, nein eine concave Wand, von 1000' Höhe. Herr Homolasz, ein geborener Gebirgsmann, der die Tatra an allen Orten besucht hat, hält es für seinen grössten Triumph diesen Weg gemacht zu haben. Beim schwarzen See angekommen wurde es dunkel, aber hier konnten wir die Nacht ohne Brennholz nicht zubringen. Drei Kerzen wurden angezündet, und so stiegen wir einer dem andern die Hand reichend zum Meer- auge hinab. Es war 12 Uhr, wir hatten noch 1000 Sckritt bis zum Schuppen, welchen Herr Homolasz für die Reisenden hat hin- stellen lassen, aber unsere Ermattung war so gross, dass einer nach dem andern in das weiche Waldmoos niederfiel. Die kräf- tigsten Göralen brannten ein Feuer an, und so schliefen wir sanft bis Tagesanbruch. 9. August. Im Schuppen angekommen schickten wir nach Milch, machten Thee und frühstückten. Unter beständigem Regen gingen wir den kürzesten Weg über polana waxmundska u. Jasz- czurowka nach Hause, wo wir um 6 Uhr ankamen. 464 E. Schauer; Tagebuch Notizen: Ornithologische Bemerkungen kaum werth einzutragen. Im Mengsdorfer Thale sehe ich eine Tichodroma, einige Pärchen Alpenfluevögel und Spinoletten, sonst nichts anderes. Kein Wunder! Kahle, zerrissene, mit Firn ausgefüllte, über 2000' hohe Felswände, spärlich mit Flechten bewachsen, können einem Vogel wenig Nahrung anbieten, und die Spinoletten sind öfters auf dem Schnee so emsig beschäftigt Futter zu suchen, dass man sie mit dem Stocke schlagen kann. Ich erwähne nur dieser Reise, um Rechenschaft über die Anwendung meiner Zeit zu geben. 14. August. Früh bei Regen, aber bei Anzeichen des guten Wetters, fuhr ich bis unter das Meerauge, wo ich über dem Flusse, schon in Ungarn in der Zips, auf der polana biala wo da in einem salasz die Nacht blieb. Unterwegs begegneten mir bekannte Schafhirten, die mit den Heerden bereits in die Dörfer gingen. Mein Reiseziel war der Badeort Smocks, Smocks, Smeks, und ich hatte somit den westlichen, noch höheren Theil der hohen Tatra zu durchklettern. 15. August. Es zeigte sich, dass mein guter Mentor Jan Pitun in seinem ganzen Leben noch nicht hier gewesen war. Man muss in solchen Sachen vorsichtig sein, hätte uns Nebel oder böses Wetter überfallen, so konnten wir zu Grunde gehen, wie solche Fälle schon da gewesen sind. Pitun hatte sich den Weg von Zameck genau beschreiben lassen und ich muss den Scharf- sinn Beider bewundern. Wir gingen unter dem hohen Bergcomplex Zabie, (Zaba der Frosch, zabiniec der Granit, wegen Aehnlich- keit mit Froschlaich), und unter der Wysoka, die Hohe, vorüber, auf einem der höchsten Bergsättel, welcher schwerer zu ersteigen ist, als der Zawrat, denn das Gerölbe weicht unter den Füssen, und der Schnee liegt so, dass man ihn nicht benutzen kann. Hier blühen die freundlichsten Alpenpflänzchen, am bemerkbarsten macht sich das zarte Papaver alpinum. Dieser Sattel oder Kamm hat mehrere Spalten, nur durch eine, die links gelegene, die höchste, kann man auf die andre Seite gelangen. Ich trat in die Spalte und wurde überrascht, als ich in das nach Süden geöffnete Thal, welches sich ziemlich grade zwischen der Königsnase und der Eisthalerspitze (Kolbak) eine Meile lang, bis in die Ebene hinauszieht, meine Blicke richtete. Wie ein düsterer blauer Schleier hing es mir vor den Augen, ich rieb sie, ich blickte rückwärts, wo die Welt im hellen Lichte glänzte, und wieder in das finstre Thal. Es war halb sechs Uhr, von hinten fielen schräg erst zwei Ornitholog. Ansflug auf der hohen Tatra. 465 dann ein schmaler Sonnenstrahl ein, die auf Schneefeldern reflec- tirten. Das Thal glich einem verdunkelten optischen Cabinete, in welchem der Professor mit Sonnenlicht experimentirt. 10 Minu- ten später gekommen, hätte ich dieses Lichtspiel nicht gesehen. Unter mir lag ein zugefrorener Teich, umgeben mit Massen „Gletschereis, an dem umsonst der Strahl der Sonne übt die schmelzende Gewalt.“ Dieser Ort übertrifft alles, was ich je vom Gebirge gesehen. Wie anders wirkt die Steppe auf den Menschen ein, der Gedanke, wenn mir ein Pferd stürzt, ein Rad zerbricht, konnte mich zittern machen. Jas mahnte zum eiligen Hinabsteigen, um noch vor Nacht das Krummholz zu erreichen. Zuerst gings durch Gerolle, so steil als es nur immer liegen kann, es weicht unter den Füssen, man kommt schnell abwärts, dann fuhren wir über ein Schneefeld und zuletzt gings £ Meile weit über Granitblöcke; einer musste dem andern Hülfe leisten, sogar dem Droll, der schon keine Nägel mehr an den Pfoten hatte, mussten wir oft beistehen, und kamen gerade zu rechter Zeit im Krummholze an, um noch £ Kubikklafter Brennmaterial für die Nacht zu sammeln. Ich scalpirte ein be- moostes Granithaupt zu einer Matratze. Unter einem Blocke von 30 Kubikklaftern Gehalt, mit vorspringendem Dache, blieben wir die Nacht. Ein Ort der von Jägern und Hirten besucht wird wie wir aus Kohlen und Asche wahrnehmen konnten. 16. August. Um 7 Uhr begegnete uns ein Wurzelgräber, der, wie er selbst sagte, Enzian und Niesswurz suchte. Ein Zip- ser Sachse, dessen linguistische Fähigkeiten, zum grossen Verdruss meines geschwätzigen Mentors, sich nur auf die germanische Sprache erstreckten, die wir mit einander radebrechten ; denn ich bekenne mich leider auch zu denen, die im Auslande die Mutter- sprache vergessen und die fremde nicht gründlich erlernen. Ich miethete ihn sogleich mich nach Schmocks zu führen, worauf er auch sehr gern einging; denn ich hoffte, dass er trotz seiner Fertigkeit im Wurzelsuchen, die alles Uebels, bei mir nicht ge- funden hätte. Unterwegs erzählte er mir, dass er im Heraufgehen mehrere Auerhähne gesehen habe, und setzte hinzu, dass er sie jedesmal auf dieser Stelle antrifft, so oft er vorüber geht. Auch sagte er mir, dass sein Vater und der Nachbar heute auf die Gem- senjagd gegangen seien. Das Thal, in welchem wir uns befanden, nannte der Zipser Kohltbacher, Kaltbachenthal, (jedenfalls vom Berge Kolbak, hohe Journ. f. Ornith., X. Jahrg. Nr. 60, November 1862. 30 466 E. Schauer: Tagebuch Notizen: spitzige Mütze), und die Zirbelkiefer Linbaum, (polnisch limba), auf der östl. Hälfte der Karpathen heisst sie Kedryna, (Kedpos). Hingegen sind die Namen vieler Oerter auf der Tatra als: Ko- perszad, giewont; hale, nichts anderes als: Kupferschacht, jähe Wand, Halde. Germanisches, slavisches und magyarisches Element sind hier so in einander verwachsen, dass man sich kaum herauslinden kann. Wir erreichten Schmocks (307 7') im glücklichsten Augenblicke der Essenszeit. Ich machte Herrn Reiner, Eigenthümer und Gast* wirtli zugleich, meine Aufwartung und bat, (um das Monopol, wie es scheint, nicht zu umgehen), um einen Führer auf die Lomnica. Herr Reiner, umgeben von Ungarn und Engländern konnte natür- lich einem zerrissenen und ungewaschenen Vogelfänger, begleitet von einem zum Scelett ausgehungerten Hühnerhunde, der neben den fetten, wohlgenährten des Gastwirths ebenso zum Erbarmen dastand, wie sein zerfetzter Herr neben den bespornten magya- rischen Magnaten und britischen Lordschaften, keine grosse Auf- merksamkeit schenken. Uebrigens waren alle Führer und zwan- zig Pferde für den morgenden Tag von den Badegästen, zu einer Partie in das Völkerthal in Anspruch genommen. Ich liess mir ein Zimmer geben, balgte meine Gimpel, Kreutzschnäbel, Alpen- fluevögel und Spinoletten ab, und unterhielt mich lange Zeit mit einem alten Führer Jan, einem Polen, welcher so eben zum 81. Male von der Lomnica (8133') kam. Unter anderm sagte er mir: Oprocz pare Smetterlingöw, i czasem jednego orla, niema zadnego ptastwa na Lomnicy. „Ausser ein Paar Schmetterlingen (so nannte er die Tichodroma) und zuZeiten einen Adler, giebt es keine Vögel auf der Lomnitza.“ 17. August. Ganz früh erschien der radicale Botaniker von gestern mit einem Pferde und der Nachricht, dass sein Vater eine Gemse geschossen habe, die mir für 5 fl. zu Diensten stehe. Ich setzte mich auf und ritt nach Walddorf. Die beiden Jäger, welche die Gemse geschossen hatten waren der eine 74 der andere 60 Jahre alt, die barfuss den ganzen Tag auf Granitsplittern gingen. Sie forderten mich auf zu bleiben, und versprachen mir mich auf einen Ort zu führen und mir Gemsen von 4 Seiten zutreiben zu lassen, so dass ich bis 30 bei meinen Füssen sehen sollte. Ich berechnete dass ich dazu 2 Tage Zeit und für die beiden Alten, für Treiber, Pferde etc. 70—80 fl. gebraucht hätte, und erinnerte mich, dass Naturalienhändler und Naturaliencabinete die schlech- testen Zahler von der Welt sind, so gab ich das Vergnügen eine Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 467 Gemse zu schiessen, wenigstens für dieses Jahr, auf, balgte die erhandelte ab, sie war auf dem Rücken mit 3 Hasenschroten ge- troffen , und zahlte 5 fl. die mir von den Fingern gingen, wie Vogelleim von Federn; das erste Stück Wild welches ich alter Weidmann kaufte. Ich unterhielt mich mit den beiden alten Gem- sen- und Auerhahnsjägern , sie halfen mir beim Abbalgen, und blieben mir keine einzige Frage schuldig. Sie kannten alle Vögel; aber Schneehühner, Felsen huhner, Alpensegler, Alpen- krähen, Geyer hat keiner von ihnen gesehen. Am südlichen Ab- hange der Tatra wurden im verwichen en Frühjahre 12 Auer- hähne erlegt. Im polnischen heisst der Auerhahn giuszec, gluchy taub ; auf der östlichen Hälfte der Karpathen guttur, weil er gur- gelt wenn er balzt; unverkennbar ein Wort römischen Ursprungs, wie so viele andre die aus der Moldau in die Berge eingewan- dert sind; meringia die Mittagsmahlzeit , werberowac viel Worte machen, sylwaticzi Kobolde, Berggeister etc. Vom Steinbocke und Alpenhasen ist auf der ganzen Karpa- thenkette nicht die geringste Spur zu finden, und ich habe die Ueberzeugung dass sie niemals, wenigstens seit Menschengeden- ken hier gelebt haben. Das Volk hat auch für den Steinbock keinen Namen, und das Wort Koziorozec ist nicht im irdischen sondern im himmlischen Thierkreise zu Hause. Ohne Zweifel würde der Steinbock, hätte er hier gelebt, den Namen welchen heute die Gemse trägt, Koza dzika, wilde Ziege, sich ange- eignet haben , und die Gemse einen andern Titel führen. Doch nicht immer darf man so schliessen. Will man doch , und fast mit Recht annehmen , dass die Namen Wisant und Ur mit dem Verschwinden des einen verwechselt wurden. Der le- bende heisst polnisch zuber (sprich joubr) der ausgestorbene tur; ur, tur, taurus gehören wohl zusammen, und doch verschiedenen Thieren an; sowie Elenn und jelen der Hirsch in allen slavischen Sprachen. Ich miethete das Pferd auf den ganzen Tag, und ritt so hoch hinauf in’s Gebirge als es dem Thiere möglich war; ich nahm einen andern Weg, so dass mir die Lomnica beständig links blieb. Um die Lomnica und Königsnase kreisten 2 Adler, und als ich durch den Fichtenwald kam, bäumte in naher Schuss- weite ein Goldadler auf, das unlenksame Pferd erlaubte mir nicht zu schiessen. Während wir Mittag machten, kamen gegen 20 zipser Sachsen zu uns, Männer und Frauen 80 Pfd. schwere Säcke tragend, mit halbgetrockneten Wurzeln von Veratrum nigrum. 30* 468 E. Schauer: Tagebuch Notizen: in Apotheken bekannt unter Radix Hellebori. Sie hatten 6 Tage daran gesammelt und verkaufen den Ctr. zu 5 fi. und Enzianwur- zeln (Gentiana lutea) für 6 fl. Nur zwei von ihnen sprachen slo- wakisch. Ich gab das Pferd ab und wir gingen zu den der Stadt Kesmark gehörigen Weideplätzen, zum grünen Teich hinter der Lomnica und zu zwei noch höher gelegenen Teichen. Ausser Schussweite zogen 15 — 18 Yögel vorüber die ich in der Ebne für Zeisige gehalten hätte. Die Höhe auf der wir uns befanden vermag ich nicht anzugeben, aber sicher war sie nicht unter 6500'. Auf engen Ziegenwegen mussten wir uns durch unüberseh- bare Strecken Krummholz winden, welches hier Mannshöhe nie erreicht, es liegt verwickelt und verwachsen auf der Erde, ein geschickter Puss kann eine kleine Strecke weit darüber hingehen, der Hund verfängt sich. Ich hätte hier können Jagd auf Birk- wild machen, aber ein Citronen- oder Schneefink wäre mir lieber gewesen. Wir gingen höher und hatten uns geradezu verlaufen; suchten einen Platz zum Nachtlager. Jas trug einen klafterhohen Haufen Brennholz für die Nacht zusammen und ich machte mir unter einem Krummholzstrauche aus isländischem Moose ein Bett. In der Ebene kann man keinen wärmeren ruhigeren Sommerabend erleben. Um 12 Uhr weckte uns ein Hirt auf, der unser Feuer ge- sehen hatte, und uns für den morgenden Tag die Marschroute angeben konnte. Zwei grosse Haufen Brachvögel (Numenius) zogen von Süd nach Nord, und noch andere undeutliche Stimmen wan- dernder Wadvögel konnte ich vernehmen. 18. August. Um 2 Uhr legte sich plötzlich eine schwere Gewitterwolke auf das Gebirge. Ein Gewitter im Freien hat wohl schon jeder ausgehalten; aber sich in der Gewitterwolke selbst zu befinden, das kann niemand beschreiben, am wenigsten ich. Der Blitz blendet zum Erblinden, man sieht nicht wo es blitzt; der Donner klingt anders und erfolgt zu gleicher Zeit, es fällt wenig Regen und kein Lüftchen rührt sich; aber das Gebirge zittert auf welchem man liegt. „Rauschen hört der Mensch die dunkle Schwinge, Die den Ozean der Welt bewegt; Felsen hebt und Felsen niederschlägt.“ Ich lag in die Guttapercha eingewickelt, ein Brod und die Pulverflasche auf der Brust. Der eine meiner Begleiter betete, der anderere winselte. Was Jas sprach, waren die einzigen Ornitholog. Ausflug auf der hohen Tatra. 469 Worte: Glückliche Stelle; keine rollenden Steine. Fast noch im Finstern und im Regen gingen wir abwärts, und wiederum Berg- auf nach Koperszada, und in 3 Stunden hatten wir den elegan- ten salasz von Bela erreicht, in welchem wir 6 Ochsenhirten und 5 Bürger aus genannter Stadt antrafen; sie kommen wechsels- weise hierher zu ihrem Vergnügen und um die reichen Ochsen- herden vor Dieben und Raubthieren zu schützen. Ich wärmte mich, trocknete meine Kleider, die Flinte, die Gemshaut; aber meine Bälge, und die gestern geschossenen Vögel waren alle verdorben. Beständig abwärts steigend, kamen wir noch vor Abend im salasz unter dem muran an. Unterwegs schoss ich zwischen 2 Felsen, die mit Recht brama, das Thor, heissen, einen Mauerspecht. Der Name muran, mur die Mauer, deutet schon an was er ist, ein abgestutzter Kegel mit senkrechten Wänden, Kalkformation. 19. August. Den Jas Pitun schickte ich in die Eisenhämmer von Jaworzyna, nach Lebensmitteln, Cigarren, Papier (um die Vö- gel einzupacken, welche ich auf dem einladenden muran zu er- legen hoffte,) denn alles war uns zu Grunde gegangen. Der gazda aus dem salasz, ein 18 jähriger Bursche, begleitete mich heute, bis fast unter die Mauer konnte ich ein Pferd benutzen, welches frei gelassen munter davon lief. Der Berg auf welchem der muran steht, ist dicht mit Trauben, Hollunder und Himbeersträuchern bewachsen, die voller Früchte hingen. Was ich in meinem Leben zum erstenmale lebendig sah, war eine Doritis Apollo , als Zeitz er Quartaner hätte ich mich nicht mehr freuen können. Sie liess sich nicht fangen, aber die sichere Flinte verschaffte mir wenigstens 3 Flügel, die sorgfältig in die Brieftasche gelegt wurden. Von Tagfaltern kommt auf der gan- zen Tatra am häufigsten eine kleine HipparcJiia vor, zwei schwarze Augen mit weisser Pupille in der braunrothen Binde jedes Flü- gels, die Unterseite der Hinterflügel hat keine Augen. Im muran ist eine Höhle ; sie hat den Raum eines Dom’s, ist auch so ge- wölbt und mit Stalaktiten und Stalagmiten, wie Blumenkohl, aus- gekleidet, in welche sich der Slowak bei schlechtem Wetter oft mit seinen 500 Schafen flüchtet. Ich zündete, auf solche Fälle vorbereitet, meine Wachskerze an, und suchte vergebens nach einem Nachts chmetterlinge, einer Eule, Käfer, Fledermaus oder irgend einem andern Troglodyten. Den muran bewohnten im Augenblicke zwei Thurmfalk en