EN EL h 5 -. Br er en JOURNAL ORNITHOLOGTIER GEGRÜNDET VON J. CABANIS Im Auftrage der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft mit Beiträgen von Hans Graf v. Berlepsch, F. Braun, W.R. Eckardt, O. Heinroth, E. Hesse, P. Kollibay, Harald Baron Loudon, @. J. Poljakoff, M. Sassi, H. Schalow, J. Schenk, P. Speiser, J. Thienemann, Otto Graf Zedlitz, Th. Zimmermann herausgegeben von Prof. Dr. Ant. Reichenow, Zweiter Direcktor des Kgl. Zoologiechen Museums in Berlin, Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, LVH. Jahrgang. Mit 9 Tafeln. Leipzig 1909. Verlag von L. A. Kittler. London, Paris, New-York, Williams & Norgate, 44 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co. Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway. T e f 2 h j Br “ r% 2 sr er ns . ee BA as AU Er ” u > De. f EN, Er er}, ) » ru Yr > u) u we 7 ni u Pr 15 - y un — es ET Zee" Emoımalanana.,! Llr im ef „7 J Bun ih Fi 1 f un Erd A N 2 Tan f \ f - A. \ j (48 y HAPpT u ! > wu j 44 4 > BY “ ' N SE - Pr u ’zı ! NRURALNS ' - y rans: N IT, \ Pa Dis N P \ 1 i Ir“ r 15 CET oe t f 7 LEE ILaEL Ad: ıi Hl ER Be 10 M ’ Atahe ’ ar a} “ u u "NS Inhalt des LVIL. Jahrganges (1909). Seite Hans &raf v. Berlepsch, Über eine neue Gattung aus der Familie der Tyrannidae . . - - ee Lt) F. Braun, Bemerkungen zur Ornis Konstantinopels RE — Vom Gesange der Vögel . . Er 17 Wilh. R. Ecekardt, Über die En me des Vogelzuges N): O0. Heinroth, Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkerss . 56 — [Beobachtungen in Ulmenhorst auf der Kurischen Nehrung] . . 226 — [Über wichtige ornithologische Ereignisse und en des Berliner Zoologischen Gartens] . . EI — [Über einen Zwitter von Pyrrhula europaea] . ul 508, 504 E. Hesse, Beobachtungen und Aufzeichnungen in der a von Leipzig während des Jahres 1907 } — Beobachtungen und Aufzeichnungen in der Umgegend von Leipäe während des Jahres 1908 . . . . 822 P. Kollibay, Eine vergleichende Besprechung der "Theinischen und schlesischen Vogelfauna . . . 223 Harald Baron Loudon, Meine dritte Reise "nach Zentral-Asien und ihre ornithologische Ausbeute . . . 505 G. J. Poljakoff, Zur ornithologischen Fauna des Moskauer Gouver- nements. Neues über die Vögel der Gruppe Palmipedes . . 573 Ant. Reichenow, [Beschreibung neuer afrikanischen Arten] . . 108 — [[Berichtigungen zum Katalog der Kollektion v. Erlanger] . . 233 M. Sassi, Bemerkungen zu den von E. Weiske in Britisch-Neu- Guinea und Nord-Queensland gesammelten Vogelbälgen . . . 365 H. Schalow, Über den gegenwärtigen Stand der Naumannforschung 49 — [Über einen angeblich im Harz erlegten Lanius meridionalis) 229, 236 J. Schenk, Der Frühjahrszug des weifsen Storches in Ungarn. . 89 2: Speiser, Ektoparasiten der Vögel . . ee N) J. Thienemann, VIII. Jahresbericht (1908) der Vogelwarte Bossitten der Deutschen ornithologischen Gesellschaft. . “me. 384 Otto Graf Zedlitz, Ornitholog. Beobachtungen aus Tunesien 121, 241 Th. Zimmermann, Über die Vogelwelt der Halbinsel Hella . . 98 IV Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Seite Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908 in Danzig . . . 43 Bericht über die Septembersitzung 1908 Bericht über die Novembersitzung 1908 Bericht über die Dezembersitzung 1908 Bericht über die Januarsitzung 1909 . Bericht über die Februarsitzung 1909 . Bericht über die Märzsitzung 1909 Bericht über die Aprilsitzung 1909 . Bericht über die Maisitzung 1909 . . Bericht über die Septembersitzung 1909 Mitgliederverzeichnis 1909 . Dem Herausgeber zugesandte Schriften Abbildungen. . 107 . 108 . 226 . 230 . 232 . 502 . 503 . 587 . 589 . 110 117, 236, 591 Taf. I-IV. Caprimulgus europaeus, alte Vögel und Jugendformen. Taf. V. Zug von Ciconia ciconia in Ungarn. Taf. VI. Routen-Karte der Sammelreise des Grafen Otto Zedlitz in Tunis. Taf. VII. Karte des Zuges der Nebelkrähe auf Grund der von der Vogelwarte Rossitten durchgeführten Ringversuche. Taf. VII. Karte des Zuges der Lachmöwe auf Grund der von der Vogelwarte Rossitten durchgeführten Ringversuche. Taf. IX. Zum Zug der Waldschnepfe am 16. u. [vergl. S. 470]. 17. Oktober 1908 JOURNAL ORNITHOLOGIE Siebenundfünfzigster Jahrgang. No. 1. Januar. 1909. Beobachtungen und Aufzeichnungen in der Umgegend von Leipzig während des Jahres 1907. Von Dr. E. Hesse. Wie in den Vorjahren mögen auch für das Jahr 1907 eine Reihe von Beobachtungen und Aufzeichnungen aus der Umgegend Leipzigs an dieser Stelle mitgeteilt sein. Ich bevorzugte wiederum das Gundorfer Gebiet und die Rohrbacher Teiche, in welche beiden Gelände die gleiche Anzahl Exkursionen wie vorher unternommen wurden. Weitere 25 Ex- kursionen widmete ich dem ca 3 Meilen südöstlich von Leipzig, zwischen Grolfssteinberg und Grimma gelegenen Müncherteich. Dieses Wasserbecken erwies sich jedoch, auch zur Zugzeit, in Anbetracht seiner Gröfse — es bedeckt etwa eine Fläche, wie der Grofse Teich und der halbe Mittelteich in Rohrbach zusammen- genommen — als relativ sehr vogelarm; und doch ist fast das ganze Ufer mit einem dichten breiten Schilfgürtel umsäumt, der also genügend Deckung bietet, auch befindet sich in der Mitte eine kleine reichlich mit Erlen bestandene Insel. Von Brutvögeln konstatierte ich, wie gleich hier vorweggenommen seinmag, folgende Arten: Zahlreicher Anas boschas L. (ca 25 Paare) und Fulica atra L. (ca 20 Paare); in nur geringer Zahl (2 — ca 6 Paare) Colymbus grisegena Bodd., C. nigricans Scop., Nyroca ferina L., Anas querquedulaL., A. crecea L., Gallinula chloropus L., Emberiza schoeniclus L. und Motacilla alba L.; endlich Acrocephalus arun- dinaceus L., A. streperus Vieill. und A. schoenobaenus L. in je ca 10 Paaren. Was sonst noch von Durchzüglern beobachtet wurde, wird weiter unten mit aufgezählt sein. Für Gundorf und Rohrbach führe ich bei den Brutvögeln die einzelnen genaueren Angaben über Aufenthaltsdauer, Zahl der Brutpaare, erstmaliges Erscheinen und Heranwachsen der Jungen u. s. w. nicht jedesmal wieder an, sobald sich nur un- wesentliche Schwankungen ergaben; nur wo es sich um neue Journ. f. Orn. LVII. Jahrg. Januar 1909, 1 2 Dr. E. Hesse: oder irgendwie bemerkenswerte Feststellungen handelt, wird derselben Erwähnung getan sein. Auch beim Müncherteich gebe ich nur in einigen Fällen die Aufentbaltsdauer an. Ebenso wurden die Buchstaben J., B., D. und W. nur bei neuen oder veränderten Beobachtungen eingestellt. Besonders habe ich wieder auf den etwaigen Aufenthalt von Durchzüglern geachtet, dafern es so gut wie ohne Zweifel immer dieseiben Individuen waren; die diesbezüglichen Beob- achtungen sind unter „ev. (entueller) Aufenthalt“ jedesmal auf- geführt. Einige specielle Angaben über Vogelstimmen wurden wieder- um beigefügt. — In landschaftlicher Hinsicht, insbesondere bezüglich des nor- malen Wasserstandes, waren in beiden erstgenannten Gebieten keine merklichen Veränderungen zu konstatieren. Botanisch wäre vielleicht noch für Gundorf hervorzuheben, dafs in einzelnen Parzellen der Luppensümpfe der Froschbils (Hydrocharis morsus ranae L.) stark an Ausbreitung gewann, was stellenweise z. T. schon in den Vorjahren der Fall war. Auf diesen von ihm ge- bildeten dichten schwimmenden Pflanzendecken trieben sich mit Vorliebe die grünfüfsigen Teichhühner herum. — (Die Reihenfolge der Gebiete bei der Aufzählung der ein- zelnen Arten ist: Gundorf; Rohrbach; Müncherteich.) 1. Colymbus cristatus L. Rohrbach: B. Zum ersten Mal wieder seit einigen Jahren hat der Haubentaucher hier gebrütet, und zwar in einem Paar auf dem Mittelteich. Aufenthaltsdauer: 4, IV. — 14.X. Am 23. V. erstmals ein Alter mit 2 Dunenjungen auf dem Rücken; am 11. VI. versuchten die halberwachsenen Jungen noch auf den Rücken des Alten zu krabbeln, was letzterer jedoch abwehrte; am 2. VII. waren die Jungen fast völlig erwachsen. Am 11. VI. hielt sich noch ein einzelner alter Vogel vorübergehend auf, sodafs an diesem Tag im ganzen also 3 Alte vorhanden waren. Das dumpfe „ärrr“, wohl eine Art Lock- und Unterhaltungsruf, der bis fünfmal nacheinander wiederholt wurde, hörte ich in der Zeit vom 8. IV. — 11. VI. — Müncherteich: D. Am 17. V. zeigte sich ein einzelner Vogel. Für 1888, 1891, 92 u. 94 wird der Haubentaucher als B. auf diesem Teich angegeben.!) 2. Colymbus grisegena Bodd. Gundorf: D. Vom 17.—29. IV. hielt sich gleichfalls ein einzelnes Stück anfänglich auf einer der Ausschachtungen an der Luppe, dann auf einer der am Waldwärterhaus gelegenen auf; an letzterem Tage wurde es erlegt; ev. Aufenthalt: 13 Tage. — Rohrbach: Einen eigenartigen wilden Kampf einiger dieser Vögel beobachtete ich am 6. V.; 3 St., offenbar Q', griffen einander wütend an; indem sie umeinander und aufeinander losschwammen, nabmen sie gewissermafsen Fechter- !) Meyer u. Helm. Sächs. Jahresber. IV, S. 181, VII—X, S. 132. (s. a. V, 8. 66.) Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 38 Paradestellungen ein, den Körper etwas seitlich nach hinten zurücklegend und den dem Gegner zugekehrten Flügel etwas ausgebreitet vorhaltend und gleichsam als Schild benutzend; pfeilschnell schossen sie die Sförmig zurückgebogenen Hälse gegen einander vor, um sich zu „stechen“; vor dem Losstechen waren die Schnäbel etwas geöffnet; in einiger Entfernung hielten sich 3 weitere Rothalstaucher, augenscheinlich die 9, auf, mit ihrem unschönen heiseren Gegröhl die erbitterten Kämpfer womöglich noch mehr anfeuernd; schliefslich liefsen letztere nach und zogen, mit den anderen Genossen sich zu Paaren vereinend, ohne ersicht- lichen Schaden genommen zu haben, nach verschiedenen Richtungen auseinander. — Müncherteich: B. (s. 0.) Aufenthaltsdauer: 22. III — 1. XL 3. Colymbus nigricollis Brehm. Rohrbach: In diesem Sommer haben wieder genau wie vor zwei Jahren nur 3 Paar gebrütet, während im Vorjahr mehr als doppelt soviel Brutpaare (8) anzutreffen waren; diese Art scheint also auch hier immerhin beträchtlichen Schwankungen im Brutbestand zu unterliegen. 4. Colymbus nigricans Scop. Noch spät hörte ich dies Jahr mehrmals Balztriller, nämlich am 28. IX. und 16. X. in Gundorf, sowie am 24. IX. und 14. X. in Rohrbach; auffälliger Weise entsprechen sich diese Daten in beiden Gebieten fast ganz. — Müncherteich: B. (s. 0.) Aufenthaltsdauer: 5. IV. — 29. XI. 5. Larus ridibundus L. Gundorf: Am 30. IlI. zogen 3 alte Vögel nordöstlich; überhin; am 21. VIII. zeigte sich ein ca zweijähriger Vogel, der sich längere Zeit zu 4 Tot. fuscus (s. u.) hieli und unter diesen herumschwamm; diese Möwe rüttelte auch mehrmals in etwa 4 m. Höhe über einem rüttelnden Turm- falken, wohl um dessen ins Auge gefalstes Beutestück zu erspähen; am 5. IX. traf ich wieder ein altes Tier. — Rohrbach: Am 18. Ill. und 8. IV. je ein alter Vogel; am 23. V. und 11. VI. je ein Paar, ersteres nur nach West überhinziehend; endlich am 29. X. ein junger Vogel. — Dr. E. Rey erwähnt in seinen „Beobachtungen aus der Avifauna von Klinga“!) bei dieser Art: „Brütet in mehreren Paaren auf einem Teiche bei Grethen ... .“ Dies Jahr haben weder auf dem Müncherteich noch auf den gegenüber- liegenden kleinen Teichen bei Grethen Lachmöwen gebrütet. 6. Hydrochelidon nigra L. Rohrbach: Am 13. V. hielten sich hier 12 St. auf, und zwar kreisten diese Seeschwalben und suchten ihre Nahrung nur immer über und auf dem Mühlteich; sobald eine von ihnen auf den benachbarten, nur durch einen Damm getrennten Mittelteich hinübergeflogen war und dort kurze Zeit gekreist hatte, kehrte sie unverzüglich wieder nach dem Mühlteich zurück. Letzterer mufste also wohl eine Nahrung bergen, die nur in oder über ihm zu finden war und die den Vögeln ganz besonders zusagte. Am folgenden Morgen war diese 1) Ornith. Monatsschr. 06. S. 179. 1* 4 Dr. E. Hesse: Gesellschaft verschwunden. Weiter zeigte sich am 24. VI. 1 St., das auffälligerweise noch das Winterkleid trug. (Vgl. u. b. Nyr. fuligula!) — Müncherteich: D. 28. VI. 3 St. 7. Nyroca fuligula L. Gundorf: Frühjahrzug: Vom 3.—13. IV. hielt sich ein unausgefärbtes 9 allein im ganzen Gebiet auf; ev. Aufenthalt: 11 Tage. Herbstzug nicht beobachtet. — Rohrbach: Frühjahrzug: 16. III — 22. IV. 1-5 St. Vom 16.—19. Ill. waren stets auf dem Mühlteich 5 St., 3 91, 2 © anzutreffen; ev. Aufenthalt: 4 Tage; 4. IV. 1 91; 22. IV. 1 9 mit Tafelenten zusammenhaltend. Herbstzug nicht beobachtet. 8. Nyroca ferina L. Gundorf: Frübjahrzug: 2. Ill. — 20. IV. 2—12 St. Vom 2.—9. Il. 2 S', stets zusammenhaltend, ev. Aufenthalt: 8 Tage; 13.—16. 11I. 5 St., 29,39, ev. Aufenthalt: 4 Tage; 20. DI. 3 St., 1 04, 2 9; 27. IE. 4 "St. sense (vielleicht auch hier die vorhergehenden Individuen, später nur noch um ein hinzugeflogenes Q vermehrt; dann ev. Aufenthalt: 8 Tage); 30. III. — 6. IV. 11 St, 4 0‘, 7 9, (am 30. III. waren 8 © vorhanden, am 3. IV. hatte sich das vorhin erwähnte N. fuligula-Q' diesem Trupp zugesellt) für die unausgesetzt dageblie- benen 4 91, 7 9 ev. Aufenthalt: 8 Tage; 10. IV. 1 Paar; 13. IV. 12 St. auf verschiedenen Lachen wie folgt verteilt: 1 09%, 2 9; 1 9.2 9,2 94, 4 9; im Ganzen ‘4 9, 8 9;.17. IV-A Era 39; 20.IV.29. (Möglicherweise waren auch in diesen letzteren Fällen einige dieser Enten immer wieder dieselben Stücke, doch tritt dies hier nicht klar hervor.) Sehr auffällig ist das starke Vorwiegen der ©. Herbstzug: 21. IX. 1 9. — Rohrbach: Hier seien nur ein Paar Daten vom Frühjahrzug angeführt. Am 25. III. schätzte ich die Zahl auf ca 35 St., doch war diese nicht sicher festzustellen, da die Enten sehr lebhaft tauchten, jedenfalls waren bedeutend mehr 9’ als @ vorhanden; am 28. IlI. betrug die Anzahl 42 St., 20 91, 229, also annähernd gleiche Geschlechter- verteilung; am 8. IV. waren es 25 St.. 11 0% 14 9, und endlich am 15. IV. 37 St., 21 9', 16 9, in erstem Fall demnach die ©, in letztem die 9 überlegen. — Müncherteich: B. (s. 0.) Aufenthaltsdauer: 22. III. — 20. IX. 9. Nyroca nyroca Güld. Rohrbach: Auch dies Jahr hat wieder ein Paar gebrütet, diesmal aber auf dem Grofsen Teich; am 17. VI. sah ich das @ zum ersten Mal mit 8 ganz kleinen Dunenjungen. Am 6. V. zeigte sich vorübergehend ein zweites Paar, am 14. V. ein überschüssiges q'. 10. Nyroca clangulu L. Gundorf: Frühjahrzug: 30. II. und 13. IV. je 19. Der Vogel an ersterem Tage flog auf, klingelte jedoch nicht. — Rohrbach: Frühjahrzug: 25. III. 1 9. 28. II. 2 91, 1 9; das Q scheuchte ich später am Damm des Mittelteiches ganz nahe auf, es klingelte gleichfalls nicht. Herbstzug in beiden Gebieten nicht beobachtet. — Müncherteich: D. Am 22. XI. traf ich 2 2 bez. junge Vögel; auch sie flogen mehr- Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 5 mals auf und kreisten über dem Teiche, liefsen aber ebensowenig das Klingeln vernehmen. (Vgl. die vor. Ber.). 11. Spatula clypeata L. Gundorf: Frühjahrzug: 30. III. — 24. IV. 1—3 St. 30. III. 1 91, 29; 6.—10. IV. ı Paar, ev. Aufent- halt: 5 Tage; 24. IV. 1 9. Ein einzelnes &* traf ich späterhin noch am 11. IX.; bemerkenswerterweise wurde fast um genau dieselbe Zeit, am 8. IX.,!) im Vorjahr (s. Ber.) eine Löffelente hier erlegt. Eigentlichen Herbstzug nicht beobachtet. — Müncher- beieh DE 20. IX..5.8t.,.2 84.3 Q. 12. Anas boschas L. Gundorf: Nur wenige Daten: Am 3l. XIL. 06 abends und am 1. I. 07 morgens hielt sich auf der Luppe eine aufserordentlich grofse, nach 100ten zählende Menge von Stockenten. auf; wie mir von Jagdberechtigten versichert wurde, ist diese Erscheinung schon einmal vor ca 6 Jahren etwa um die gleiche Zeit beobachtet worden. Am 2. Il. waren ca 100 St. in den Wiesenausschachtungen, am 16. II. ca 150 St. auf einigen Wiesentümpeln am Zschambert anzutreffen. Am 12. VI. sah ich zwei Flüge von 21 und 25 St., am 15. VI. ebenfalls zwei solche von 38 und 15 St. hoch und genau östlich überhinziehen; diese Schwärme bestanden fast ausschliefslich aus d'. 13. Anas strepera L. Rohrbach: 6. V. 1 9. Diese Art hat also auch dies Jahr hier nicht gebrütet. 14. Anas penelope L. Gundorf: Frühjahrzug: 30. II. — Ve: 2 81S1.30.:111488'St.,’3 81, 3:9; 6: IV. I Paan;024. IV. 4 9'; 1. V. 3 0“. (An letzten beiden Tagen möglicherweise z. T. gleiche Individuen; dann ev. Aufenthalt: 8 Tage). Herbstzug: 30. X. 1 9° auf der Luppe, auch zweimal pfeifend, zusammen mit 1 Paar Stockenten und 3 Paar Krickenten. Diese Ente zog also mit ihren Genossen das sehr stark verunreinigte Wasser genannten Flusses dem reineren der noch völlig offenen Lachen vor. Besonders die Krickenten, häufig auch die Stockenten be- vorzugen, wie hier eingeschaltet sei, im Herbst, Winter und zeitigen Frühjahr, also vornehmlich aufserhalb der Fortpflanzungs- und Brutzeit, jenes durch unser Gebiet flielsende Gewässer vor dem stehenden der Lachen auch dann, wenn letztere noch eisfrei sind; ist das Gegenteil der Fall, so ist ja natürlich das Aufsuchen des nächsten fliefsenden Gewässers seitens der Enten zum Nahrungs- erwerb ohne weiteres ersichtlich. Vielleicht birgt aber gerade das, wie betont, sehr beträchtlich verunreinigte Wasser der Luppe deshalb grofse Mengen niederster Organismen, zur Nahrung der Enten wohl geeignet, sodafs letztere diesem Fluflswasser den Vorzug geben, auch wenn eben dasjenige der Lachen offen ist. — Rohrbach: Frühjahrzug: 4.—22.IV. 1--7 St. 4.IV. 7 St., Bir BTVl 955715. IV. 11 Paar; 221.10: 308,.1708.2:9. t) Auf S. 80 d. vor. Ber. (Journ. f. Ornith. 08) hat sich ein Druckfehler eingeschlicben: Es muls auf d. 2ten Zeile bei Spatula heifsen 8. statt 18., was an dieser Stelle berichtigt sei. 6 Dr. E. Hesse: Herbstzug nicht beobachtet. — Müncherteich: D. 1.XI. 19 bez. junger Vogel. 15. Anas acuta L. Gundorf: Frühjahrzug: 13.—20.1IV. 7 St. Während dieser Zeit immer nur 4 91, 3 9; ev. Aufenthalt: 8 Tage. Am 13. IV. lebhaftes „hrüf‘ der 9. Herbstzug nicht beobachtet. — Rohrbach: Frühjahrzug: 25. III. 1 Paar; 29. IV. 1 9°. Herbstzug nicht beobachtet. 16. Anas crecca L. Gundorf: Auch in diesem Jahr zeigten sich von Oktober an bis gegen das Jahresende kleine Trupps von 2—ca 30 St. auf der Luppe. — Somit ist auch in diesem vierten Beobachtungsjahr der Herbstzug der Enten im Gundorfer Gebiet wiederum fast völlig ausgeblieben, was diesmal ebenso für Rohrbach gilt. (s. die vor. Ber.). — ve Anser fabalis Lath. Gundorf: D. Am Vormittag des 6. IX. trieb sich 1 St. auf dem Feldkomplex westl. v. Ort herum, junge Saat abweidend. Beim Auffliegen liefs das Tier öfters Rufe wie „rat“, „rat rat“ hören. — Müncherteich: D. 11.X. 1 St. von N.O. heranfliegend, längere Zeit über dem Teiche kreisend, auch einmal sich fast bis auf den Spiegel zum Niedersetzen herab- lassend, sogleich jedoch wieder in die Höhe gehend und nach O. abfliegend; auch diese Gans liefs mehrmals tiefe Rufe, die ich mit „kra—a“ notierte, vernehmen. — Rohrbach: Nach Aussage von Anwohnern sollen grofse Schwärme Wildgänse am 10. und 11.X. in südl. Richtung über- hingezogen sein; ferner sollen sich am 10. und 28.X. je eine einzelne und am 13. XII. 2 St. auf dem Grofsen Teich gezeigt haben. — Ich selbst sah am 1. IIL. im Scheibenholz 12 St. nach N. überhinziehen. — 18. Charadrius dubius Scop. Gundorf: Vom 25. V. — 15. VI. traf ich ein Paar, sich stets nur an zwei bestimmten Stellen ge- wisser Wiesenausschachtungen aufhaltend. 19. Vanellus vanellus L. Gundorf: Vom 2.—27. Ill. waren Kiebitze bis zu 15 St. zu beobachten; späterhin zeigten sich nur vereinzelt alte Vögel, und endlich nur noch in einem einzigen Bezirk ein Paar. Im Juni und Juli habe ich überhaupt keine Kiebitze mehr konstatieren können, es ist deshalb sehr fraglich, ob überhaupt eine Brut gezeitigt worden ist. Erst am 17. VIII. erschienen wieder 14 durchziehende junge Vögel, die sich vorüber- gehend anfhielten, und am 5. X. zogen 7 St. in der Ferne nach OÖ. Es würde also dies Jahr abermals ein ganz enormer Rück- gang im Kiebitzbestand zu verzeichnen sein. — Rohrbach: An den Teichen selbst haben wie im Vorjahr keine dieser Vögel ge- brütet. Zum Frühjahrzug vom 18. III. — 4. IV. kleinere Trupps bis zu 18 St.; zum Herbstzug wieder gröfsere Scharen vom 16. IX. — 21. X. zu ca 70—170 St., am 16. IX. waren nur Junge bez. Q, ca 90 St., vertreten; dagegen hielten sich vom 7.—21. X. Schwärme von ca 70—170 St., die stets fast genau zur Hälfte Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 7 aus alten 9° und Junger bez. 2 bestanden, auf; diese Scharen trieben sich immer auf dem freigewordenen Grund der um diese Zeit abgelassenen Teiche herum. Am Abend des 21. X. zog über Belgershain ein Schwarm von ca 150 St. westwärts überhin. — Müncherteich: Unmittelbar am Teiche haben Kiebitze nicht gebrütet. Zum Frühjahrzug vom 22. III. — 12. IV. in Trupps und Schwärmen von 6 — ca 70 St., namentlich auf den angrenzenden Ackern; dann wieder zum Herbstzug vom 20. IX. — 11. X. Gesellschaften bis zu ca 180 St., die sich aber auch öfters in kleinere Trupps von 40— 5 St. herab auflösten; diese Herbstwanderer zogen alle in westl. oder südwestl. Richtung überhin, nicht ein einziges Mal habe ich beobachtet, dafs sie in der Nähe des Teiches gerastet hätten, sie kreisten höchstens kurze Zeit in sehr beträchtlicher Höhe über diesem, um dann wieder in besagter Richtung weiterzuziehen. — Schliefslich sei noch eine kurze Mitteilung über den Balz- ruf angefügt. Diesen habe ich in unsern Gebieten bisher immer nur vierteilig gehört, entweder wie „knui qui qui knui“, die beiden knui heraufgezogen, oder aber es waren, namentlich wenn die balzenden Vögel sehr nahe kamen, vor dem ersten, selten auch vor dem letzten Rufe einige schnarchend-schnarrende Laute zu vernehmen, wie „chärrrchui qui qui knui“ (das zweite ch rauh gesprochen.)!) Diese Kombinationen kamen mir immer nur im Frühjahr zu Gehör, und nur von dem oft unter wuchtelnden Bogenflug dahingaukelnden Vogel. — Am 15. VII. rief bei Rohr- bach augenscheinlich ein einzelner eilig überhinziehender Vogel abends 9,206, als es schon ganz dunkel war, sehr lebhaft und fast erregt sein „kiebit.“ 20. Oedienemus oedicnemus L. Am 2. V. scheuchte ich in den Wiesen südl. der Gautzscher Ziegelei einen Triel auf, der beim Auffliegen ein leises „trii“ rief; in ca 500 m Entfernung fiel er wieder ein. 21. Tringoides hypoleucos L. Vom Flufsuferläufer, der sich im Gundorfer Gebiet vom 8. V. — 5. IX. zeigte, sei nur eine Beobachtung angeführt: Am 24. VIII. liefs einer dieser Vögel jenen im vor. Ber. (s. dort) erwähnten Ruf „siht“, der offenbar Angst oder Unruhe ausdrückt, an genau derselben Stelle an der Luppe hören, als ich beim Überschreiten des Fahrweges im aufgeschütteten groben Kies rasselte und der Vogel mich noch nicht sehen konnte; als dies geschah, hörte er zu rufen auf und strich ab. 22. Totanus pugnax L. Gundorf: Frühjahrzug: 4. V.— 1.Vl. 1—16 St. Am 4. V. trieben sich 16 St., unter denen sich auch ein altes 9° mit schwärzlichem Kragen befand, an den Wiesen- tümpeln am Zschambert herum, sich mit 6 T. httoreus (s. u.) zusammenhaltend; vom 8. V. — 1. VI. stets an gewissen Stellen 1) Vgl. Voigt, Exkursionsb. 06, S. 257. 8 Dr. E. Hesse: ein einzelnes Q, ev. Aufenthalt: 25 Tage. Herbstzug: 17.—21. VII. 1-2 St. Am 17. VIII. I © mit hängendem rechten Flügel, schwerfällig fliegend; am 21. VIII. 2 ©, in einer der seichteren Ausschachtungen bisweilen schwimmend. (s. a. u. b. T. fuscus.) — Es ist das erste Mal während der vergangenen 4 Jahre, dafs ich diese Art hier auch zum Herbstzug beobachten konnte. 23. Totanus totanus L. Gundorf: Frühjahrzug: 22. III. — 27. IV. 1—3 St. — Rohrbach: 15. IV. 1 St. hin und herstreichend. — Herbstzug in beiden Gebieten nicht beobachtet. 24. Totanus fuscus L. Gundorf: Herbstzug: 20. VIII. — 7. IX. 1—4 St. In einem erst im Vorjahre ausgehobenen neuen Lehmstich waren diese Vögel regelmässig anzutreffen, und zwar handelte es sich um Junge in ihrem braunen Jugendkleid. Gewöhnlich mit einigen 7. kttoreus (s. u.), am 21. VIII. auch mit 2 T. pugnazx (s. 0.) zusammenhaltend suchten diese überaus lebhaften und flinken Wasserläufer eifrigst nach Nahrung im seichten Wasser; wateten sie in tiefere Stellen, an denen ihre langen Beine den Grund nicht mehr erreichten, hinein, so schwammen sie schliefslich umher und gründelten nach Entenart, dabei mit den Stelzbeinen hinterrücks im Wasser plätschernd. Im :Flug liefsen sie ihre lauten kurzen „tjüt“ oder „tjüit“!) er- schallen; beim Auffliegen oder Niedersetzen hörte ich auch mehrmals ein „gi gi gi“ (Diese letzteren Rufe sind fast allen Totanen gemeinsam.) Der oben erwähnte Ausstich war ihr Lieb- lingsaufenthalt; von ihren Ausflügen zurückkehrend fielen sie immer wieder dort ein; an anderen Stellen sah ich sie. nur vor- übergehend. 25. Totanus littoreus L. Gundorf: Frühjahrzug: 1.—8. V. 1—6 St. Vom 1—4. V.6 St. an den Wiesentümpeln am Zschambert, an letzterem Tage auch mit 16 T. pugnax (s. 0.) zusammenhaltend, ev. Aufenthalt: 4 Tage. Herbstzug 17. VIII. — 11. IX. 1-3 St. 26. Totanus ochropus L. Gundorf: Frühjahrzug: Bereits vom 6.—9. III. zeigte sich ein einzelner an der Luppe; dann wieder regelmälsig vom 3.—27. IV. 1—4 St. Herbstzug: 27. VI. — 2. XI. 1—16 St. Endlich traf ich dann noch am 30. XI1L, bei 8° Kälte, 1 St. an der Luppe. Zunächst ging dieser Vogel von einer Sandbank dicht über den Flufs hin schweigend ab; als ich ihn jedoch kurz darauf weiter flufsabwärts von neuem aufscheuchte, flog er rufend ab, hob sich empor und über den Wald mit seinen alten Eichen dahinziehend liefs er sein klang- helles „dluiht“ durch die eisige Winterlandschaft ertönen. — In den vergangenen vier Jahren ist mir auch in der als Herbst- zug dieser Art angegebenen Zeit eine gewisse Scheidung aufge- fallen in der Weise, dafs man die Vögel bis gegen Mitte September regelmälsig sieht, worauf sie bis zum zweiten Oktoberdrittel ver- schwinden, um sich darauf bis in die letzten Tage dieses Monats 1) Vgl. Journ. f. Ornith. 07, S. 109. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 9 oder gar, wie dies Jahr, bis in die ersten Novembertage wieder einzustellen. Wollte man danach einmal den Gesamtaufenthalt dieses Wasserläufers im Jahre gliedern, wobei ich jedoch die obigen bisher vereinzelten Fälle vom 6.—9. III. und vom 30. XL. hier nicht in Betracht ziehen will, so würden sich folgende Zeit- abschnitte ergeben: Ende März, April; Juni bis Mitte September; Mitte und Ende Oktober. Ich habe indessen schon einmal früher !) ausführlicher darauf hingewiesen, dafs in diesem unsern Binnenlandgebiet, wo die verschiedenen Wasserläufer nur einzeln oder in relativ sehr kleinen Trupps sich zeigen und wo einzelne Herumstreicher auch aufserhalb der eigentlich sonst geltenden Zugzeit getroffen werden, eben eine ganz scharfe Abgrenzung der Zugzeiten in einzelnen Jahren kaum möglich ist. Immerhin ist diese dreiteiligePeriodicität im Aufenthalt des Waldwasserläufers nicht zu verkennen. — Rohrbach: D. Zum ersten Mal, nämlich am 4. IV., konnte ich ein einzelnes lebhaft rufendes, ostwärts überhinziehendes Exemplar konstatieren. Hier habe ich diese Art noch niemals beobachtet, auch Dr. Hennicke hat sie daselbst früher stets vergeblich gesucht. 27. Totanus glareola L. Gundorf: Frühjahrzug: 4.—15. V. 1—2 St.; Herbstzug: 6. VII. — 21. VIII 1-4 St. — In diesem Herbst hatte man wieder mehrfach Gelegenheit, verschiedene Totanusspecies unmittelbar nebeneinander beobachten und vergleichen zu können; esseien nurein paar Beispiele angeführt: 17. VIII. 1 Z. pugnax, 1 T. littoreus, 6 T. ochropus, 4 T. glareola ; 21. VIII 2 T. pugnax, 2 T. kittoreus, 4 T. fuscus, 3 T. ochropus, 2 T. glareola, dabei auch noch 2 St. des nächstverwandten Tringoides; 24. VIII. 1 T. littoreus, 1 T. fuscus, 4 T. ochropus und wieder 5 Zringoides. Mit grofser Beständigkeit halten verschiedene der genannten Wasserläufer gewisse Bänke und schlammige Ausbuchtungen an den Luppeufern als Aufenthaltsorte fest. Besonders trifft dies für T, litioreus zu. Ich kannte eine ganze Anzahl solcher Stellen, an denen ich zeitweise unausgesetzt einzelne dieser Vögel antraf; obwohl allenthalben in der Nähe derartige stille Plätzchen vorhanden waren, die ihnen, wie man hätte meinen können, dasselbe boten, waren sie doch immer nur an diesen ganz bestimmten Lieblings- stellen zu finden. 7. glareola und T. ochropus waren in dieser Hinsicht weniger wählerisch. — 28. Numenius arquatus L. Gundorf: D. 24. IV. 1 St., bei strömendem Regen auf einer z. T. unter Wasser stehenden Wiese weilend, dann nordwärts weiter streichend. — Rohrbach: Früh- jahrzug: 4. IV. 1 St. am Nordufer des Mittelteiches, stumm auf- gehend und nach N.W. abziehend. Herbstzug: 2. IX. 5 St. nach N.O. streichend, besonders angesichts der Teiche lebhaft rufend, ‚„tui tui 1) Vgl. Journ. f. Ornith. 07, S. 113, 114. 10 Dr. E. Hesse: tui twi twi twi“, das tui heraufgezogen, das twi fast trillernd; bei dem herrschenden starken Wind zogen sie mehr schwebend dahin. 29. Gallinago gallinago L. Gundorf: Bekassinen zeigten sich vom 16.—27. III. zu 2—8 St.; den ganzen Sommer über bis zum 13. VIII. habe ich sie immer nur ganz vereinzelt bemerkt, eigentliche Balzflüge mit anhaltendem Meckern waren überhaupt nicht zu konstatieren, es dürfte dies Jahr überhaupt kaum ein Paar gebrütet haben. Vom 13. VIII. — 18. IX. sah ich kleine Trupps bis zu 7 St. beisammen, dann vom 2. X. — 27. XI. gewöhnlich ca 10—15 St., stets an ganz gewissen für sie sehr geeigneten Ortlichkeiten, schliefslich den ganzen Dezember über immer noch 1—4 St. Höchstzahl im Herbst ca 30 St. am 23.X., an welchem Tag sehr starker Nebel herrschte; nachdem ich beim Abschreiten des betreffenden Geländes die Bekassinen in kurzer Zeit nach und nach aufgescheucht hatte, hörte man zunächst nach allen Himmelsrichtungen im Nebel sehr lebhaft das charak- teristische „ätzsch“; nach kaum einer Viertelstunde fiel die ganze Schaar in streng geschlossenenem Schwarm sausenden Flugs an einer der bevorzugten Stellen ein; die Vögel hatten sich augen- scheinlich im Nebel durch ihre Stimmen allmählig gegenseitig angelockt, um dann vereint sich wieder niederzulassen. Einen derartig fest geschlossenen Schwarm von soviel Individuen habe ich bei dieser Art hier noch nie beobachtet; gewöhnlich fliegen einzelne dieser Vögel oder wenige zusammen so, wie man sie aufgejagt hat, wirr durcheinander, ein jeder zunächst seine eigne Flugrichtung innehaltend, sodann sammeln sich wohl auch mehrere, lose vereinigt, zu kleinen Trupps, um nach einiger Zeit gemein- sam einzufallen, oder aber sie suchen wieder einzeln nacheinander die gewohnten Stätten auf. Wahrscheinlich war der Nebel der Anlafs zu diesem festen Zusammenhalt. Am 9. XL, als die Sümpfe vorübergehend etwas vereist waren, traf ich auch 1 St. am Luppenufer. — Rohrbach: Vom 28. III. — 29. IV. war regelmälsig auf dem sumpfigen Gelände der Nordwestecke des Grofsen Teiches ein Paar Bekassinen zu beobachten. Am 15. IV. balzte das Q' lebhaft; einmal ging es unter „diköp“ auf, warf sich hin und her, stieg höher empor und begann zu meckern,!) und zwar geschah letzteres 36mal in 9 Min.; des öfteren liels einer der Vögel am Boden das ‚tjepe“ hören. Ganz offenbar wollte das Paar an obiger Stelle brüten; in der Folgezeit wurde jedoch gerade zunächst auf diesen Bezirk der Teichufer zahlreiches Weidevieh (Ochsen) getrieben, das natürlich den morastigen Boden gründlich zerstampfte; seither waren auch die beiden Bekassinen verschwunden. Es würde das erste Mal gewesen sein, dals diese Schnepfen hier gebrütet hätten. (s. die vor. Ber.) Zum Herbstzug hielten sie sich vom 21. X. — 18. XI. zu 1—2 1) Vgl. hier auch: Ornith. Monatsber. 04, S. 37—41, 173—175; Journal. f. Ornith. 05. S. 112. Beobac htungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 11 St. auf. Am 29. X. hatte sich 1 St. an den Telegraphendrähten tot- geflogen; am 8. XI. wurde 1 St., wohl irgendwie leicht verletzt, lebend gefangen und in den Leipz. Zool. Garten eingeliefert, wo es sich noch einige Tage hielt. 30. Gallinago gallinula L. Gundorf: In demselben Sumpf wie im Vorjahr zeigte sich auch diesmal am 16. XI. eine kleine Bekassine. 31. Scolopax rusticola L. Gundorf: Frühjahrzug: 31. III. — 10. IV. 1—4 St. Herbstzug: 23. X. — 2. XI. 1-3 St. — Rohrbach: D. Am 8. XI. wurde 1 St. erlegt. 32. Otis tarda L. Gundorf: D. Am 27. IV. 1 St. nach S. überhinziehend. 33. Grus grus L. Gundorf: Am 19. III. kreisten 11 St. einige Zeit lebhaft rufend über dem Gebiet, dann nach N.O. weiterziehend; am 26. III. hatten sich 10 St. auf der Domwiese niedergelassen, die aber bald, gieichfalls unter wiederholten Rufen, aufflogen und abermals nordostwärts abzogen. 34. Rallus aquaticus L. Einzelne Rallenrufe hörte ich in Gundorf am 13. IV. und 19. X., in Rohrbach am 14. und 29. X., in beiden Gebieten also nur zur Zugzeit. 35. Crex erex L. Nachdem die Wachtelkönige, wie schon früher einmal erwähnt!), seit dem Jahre 1902 als Brutvögel von den Lindenauer Wiesen verschwunden waren, haben sie sich in diesem Jahre zum ersten Male wieder eingestellt. Ich hörte ihre Stimme immer nur in zwei bestimmten Bereichen, es dürften also wohl 2 Paar dagewesen sein; mitunter, so z. B. am 10. VI., ver- nahm ich dieselbe auch gegen Mittag längere Zeit (v. 11h ab). — Weiterhin stellte ich diesmal unsere Art während der Brut- zeit auf den Wiesen westl. vom Zschambert und auf einer solchen südl. von Quasnitz fest. — Gundorf: Am 21. IX. erhielt ich ein schon stark verwestes Stück, das auf einer Wiese am Kanitzsch gefunden wurde; es war flügellahm geschossen gewesen. 36. Ortygometra porzana L. Gundorf: Vom 21.—25. IX. einzelne Vögel. — Rohrbach: Vom 13.—16. IX. wurden auf dem zwischen den Teichen durchführenden Stück des Bahndammes 6 St. gefunden, die an den Telegraphendrähten verunglückt waren; am 16. IX. nahm ich 2 St. mit, ein altes und ein junges 9; der Körper des ersteren war von einer bis 1/, cm starken tranigen Fettschicht eingehüllt, bei letzterem Vogel war keine Spur davon vorhanden. Da die beiden Cadaver noch vollkommen frisch waren, dürfte ein nach dem Alter gesondertes Wandern nicht oder zeitlich nur wenig getrennt stattgefunden haben; denn offensichtlich hatte in diesen Tagen ein stärkerer Zug unser Gebiet berührt, da in der kurzen Zeit relativ viel dieser Sumpfhühnchen zu Grunde gingen, was 1) Vgl. Journ. f. Ornith. 07, S. 116. 12 Dr. E. Hesse: wiemir vom Bahnwärter versichert wurde, in den ganzen Jahren vor- her noch nicht geschehen war. Später wurde am 10. X. ebenda noch 1 St. gefunden. 37. Gallinula chloropus L. Die Zahl der in diesem Winter (07/08) sich an den Flüssen aufhaltenden Teichhühner erreichte namentlich in gewissen Bezirken dieselbe Höhe wie im Vorjahr; zuweilen sah ich bis zu 10 St. beisammen. — Auf der Elster unterhalb des Amelungenwehres zeigten sich am 25. X. die ersten Vögel. — Grünfülsige Teichhühner trifft man zuweilen recht hoch in Gebüsch in der Nähe der Gewässer, namentlich in solchem von Weiden, ruhend an. Die im hiesigen Zool. Garten gehaltenen Exem- plare übernachten teils am Boden teils aufgebäumt; 1 St. hatte sich sogar einen vorspringenden Stab unmittelbar unter der Decke als Schlafplatz auserwählt. Öfters beobachtete ich hier auch, dafs sie, ohne gejagt oder beunruhigt zu werden, unter flatternden Flügel- schlägen am Käfiggitter schnell bis zur Decke emporkletterten. 38. Fulica atra L. Gundorf: Bis zu Anfang März, wo alljährlich der Zuzug der Bläfshühner beginnt, hielten sich auf der offenen Luppe im Ganzen ca 6 St. auf; am 19. I. waren auch 3 St. auf die durch Hochwasser stark überschwemmten Lachen übergegangen. Nach dem Abzug der Hauptmasse Ende Oktober zeigten sich den November über noch etwa ein Dutzend; am 23. XI. traf ich auf der einzigen noch offenen Stelle der Lachen unmittelbar am Kanitzsch 10 St., und zwar einen alten und neun junge Vögel; das schneeige Weils des Schnabels und der breiteren Stirnplatte der alten Fulica unterscheiden sich aus nächster Nähe betrachtet auch noch um diese Jahreszeit sehr wohl von dem einen Stich ins Rötlichgraue aufweisenden, im Vergleich zu ersterem fast etwas schmutzig erscheinenden Weils des Schnabels und der schmäleren Stirnplatte der Jungen. — Rohrbach: Im November waren 6 St., im December 3 St. bald auf dem Mühl-, bald auf dem Mittelteich zu beobachten; da strengere anhaltende Kälte erst in den allerletzten December- tagen eintrat, waren die Teiche mit Ausnahme nur geringer und lokaler Vereisungen offen. — Müncherteich: B. (s. 0.) Auf- enthaltsdauer 22. Ill. — 29. XI. Hier konstatierte ich am 22. XI noch 27 St., am 29. XI. 6 St.; im December habe ich hier keine Bläfshühner mehr gesehen, obwohl natürlich auch dieser grofse Teich eisfrei blieb. 39. Uiconia ciconia L. Papitz: Das Paar hat diesmal nur 2 Junge grofsgezogen. Die Alten zeigten sich wie alljährlich auf den benachbarten Wiesen, also auch wieder bei Gundorf, — Rohrbach: Am 23. V. verweilte 1 Paar bald höher bald tiefer kreisend längere Zeit über dem Gebiet. — Nur zwei kurze Notizen möchte ich hier noch einfügen: Am 18. V. kreiste bei Gundorf ein Storch, der vor einem nach ihm stofsenden Turmfalken auswich, und von dem ebenerwähnten Paar bei Rohrbach tat dies der eine von beiden Vögeln vor einem stofsenden Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 13 Mäusebussard. — Auf den Sumpfwiesen des nördl. von Grethen gelegenen grölseren Teiches hielt sich je 1 St. am 5. und 26. IV. auf. — Ich babe mich im letzten Jahr. auch eingehender damit beschäftigt, etwaige Brutplätze des weilsen Storches in der näheren Umgegend von Leipzig ausfindig zu machen. Aus den gewonnenen Ergebnissen geht hervor, dafs unser Vogel ehedem in einer ganzen Anzahl Ortschaften gebrütet hat, jetzt aber fast völlig verschwunden ist und meist nur noch auf dem Durch- zug vorkommt. Das, was ich in den verschiedenen Gemeinden: erfahren konnte, sei hier kurz mitgeteilt. Zunächst ein paar Bemerkungen über Brutorte, die bereits Dr. Hennicke früher angeführt hat. Rohrbach: Bis vor ca 15 Jahren 1 Paar auf dem Strohdach einer Scheune am Mühlteich, die jetzt noch steht, nistend. — Muckern: Bis vor ca 7 Jahren, wenn auch nicht alljährlich, 1 Paar auf einer Pappel südöstl. v. Ort brütend; letztere damals gefällt, seitdem das Storchpaar verschwunden. — Kömmlitz: Seit ca 20 Jahren ausgeblieben; früher das Nest eines Paares auf einer Eiche nordöstl. v. Ort, die vor ca 15 Jahren gefällt wurde. — Grethen: Bis vor ca 12 Jahren auf einer Pappel nordwestl. d. Ortes 1 Paar brütend; als diese gefällt war, versuchten hierauf die Störche mehrmals, auf dem Schiff der Kirche 1 Nest zu bauen, vergeblich, da das Nistmaterial von dem steilen Dach herunterrutschte; seitdem verschwunden; (ein noch jetzt vorhandenes altes Rad auf einem Gebäude gegenüber dem Gasthof wurde wegen der augenscheinlich zu geringen Höhe nicht angenommen;) zur Zugzeit noch jetzt bisweilen bis zu „einer Mandel“ auf den feuchten Wiesen (Ss. a. 0.). — Ich erfuhr ferner aus: Knauthain: Vor ca 10 Jahren angeblich ein Nest auf einer hohen Weide nordöstl. v. Ort. — Wiederau: Seit ca 10 Jahren nicht mehr brütend; ein Nest ehedem auf der Ziegelei, Rad jetzt noch oben; doch wurden öfters, z. B. auch dies Frühjahr, daselbst wieder Nistversuche gemacht. — Grofs-Dalzig: Vor 5 Jahren 1 Paar auf einer Scheune im Ort brütend; im folgenden Jahr ein Nest auf der Pfarrscheune bauend und daselbst brütend; dieses wurde jedoch zerstört, es enthielt angeblich bereits 5 Eier. Das Paar seitdem weggeblieben. Auf dem Durchzug alljährlich mehrere auf den Wiesen. -— Vor 10 Jahren machte 1 Paar den Versuch, auf einer alten Eiche unmittelbar an der sogen. Stelzvogelwiese im hies. Zoolog. Garten zu bauen; obwohl auch ein flacher Korb auf die Spitze des Baumes transportiert wurde, der von den Störchen auch ange- nommen wurde, sind die Vögel, die man häufig über dieser Stätte kreisen sah, nach einiger Zeit ausgeblieben. Sie waren höchstwahrscheinlich durch die gefangenen Störche drunten an- gelockt worden, fanden aber dann möglicherweise in der nächsten Umgebung nicht die nötigen Nahrungsverhältnisse. — Herr Universitätsfechtmeister P. Roux teilte mir mit, dafs er im Jahr 1902 bei Oetzsch 1 Paar beim Nestbau auf einer Pappel 14 Dr. E. Hesse: beobachtete. — Des ehemaligen, lange Jahre besetzten Nestes in Böhlitz-Ehrenberg habe ich bereits früher einmal gedacht.!) — Endlich noch ein paar Angaben von Nestern, die sich vordem im Weichbild der Stadt selbst befanden. Meine 81 jährige Grofs- mutter, eine alte Leipzigerin, erinnerte sich noch aus ihrer Jugend- zeitan zwei Storchnester; das eine befand sich in Löhr’s Garten an der Pfaffendorfer Stralse, das andere in demselben grofsen Grundstück weiter nördl. an der damals natürlich noch nicht regulierten Parthe; beide Nester standen auf Pappeln. — Herr H. Kunz, einer der Mitbegründer der Deutsch. Ornithol. Gesellsch., gleichfalls eiu alter Leipziger, übergab mir folgende Mitteilungen: „In den dreifsiger Jahren gab esin Leipzig 2 ständige Nistplätze des weilsen Storches, Ciconia alba; der eine war im parkähnlichen Garten des Löhr’schen Grundstückes am alten Theater,?2) der andere dem alten Leipziger Schiefsgraben gegenüber an der jetzigen Albert- stralse. Das Grundstück hatte den Namen „das Storchnest.‘ 3)“ 40. Nycticorax nyeticorax L. Ein Vorkommnis aus einem etwas entlegenen Gebiet möge hier eingeschaltet werden. Herr P. Thiel teilte mir folgendes mit: Am 20. V. 07 zeigten sich im Schilf des ca 250 m vom Gebäude der Winkelmühle b. Doberschütz (nordöstl. v. Eilenburg) entfernten Teiches früh !/, 6 h zwei Nacht- reiher, von denen einer erlegt wurde; der andere Vogel hat abends wieder gerufen bez. gelockt, ist aber dann verschwunden. Das erlegte Exemplar, welches das getropfte Jugendkleid trägt, befindet sich gestopft im Besitz des obengenannten Herrn. 4]. Ardea cinerea L. Gundorf: Fischreiher, und zwar nur junge Individuen, waren vom 22. VII. — 11. IX. zu 1—4 St. anzutreffen. 42. Turtur turtur L. Im Universitätsholz hörte ich auch diesen Sommer wieder in demselben Bezirk jenen Taubert, der mit dem im vorigen Ber. erwähnten dreiteiligen Gurren balzte; es dürfte wohl derselbe Vogel gewesen sein. 43. Coturnix coturnix L. In einem kleinen Haferstück nordwestl. vom Müncherteich, das gerade geinäht wurde, schlugen am 9. VIII. zwei Wachteln. — Über Tefrao tetrix L. im Universitätsholz vgl. Journ. f. Ornith. 08, S. 269. — 1) Vgl. Journ. f. Ornith. 07, S. 118. ?) Dieser Nistplatz ist also identisch mit dem ersten der beiden vorhergenannten. — Verf. ®) Herr Kunz hatte weiter noch beigefügt: „In jener obenerwähnten Zeit war die sogenannte „Viehwejde“ vor dem Frankfurter Tore das Dorado der Ornithologen. Da nistete Lanius minor so häufig, dafs wir Eiersammler die Nester gar nicht mehr ausnahmen, aufserdem brütete daselbst Gallinula porzuna, die meisten Rohrsänger, Podiceps minor u.8.w. Aufserdem auf den Rohrteichen des Schimmelschen Gutes Ardea minuta.“ Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 15 44. Circus aeruginosus L. Rohrbach: Am 22. IV. 1Q bez. junger Vogel. — Müncherteich: D. Am 26. IV. schwebte ein Paar lange über dem Teich, insbesondere den Schilfwald ringsum absuchend; am 28. VI. und am 20. IX. sah ich je 1Q bez. junges Tier, von denen das erstere nach längerer Zeit am nordöstl. Ufer Beute machte und sich daselbst niederliefs. 45. Circus sp. Von Weifsbürzelweihen, die offenbar wieder Q resp. jungen Vögeln der Kornweihe (C. cyaneus L.) angehörten, beobachtete ich in Rohrbach am 7. I. 2. St. und am 15. I. 1 St., am Müncherteich am 10. I. 1 St. und am 17. I. 2 St.; einer der beiden letzteren Vögel liefs einmal eine kurze, etwas hastige Tonreihe vernehmen, die ich mit „kreckeckeck“ notierte. 46. Astur palumbarius L. Gundorf: D. Am 21. V. schofs der Waldwärter angeblich einen Habicht; da der Vogel jedoch noch eine Strecke in dichtes Unterholz hineinflog, konnte er nicht wiedergefunden werden. Ich selbst habe hier bisher nur einmal diesen Raubvogel gesehen: Am 22. VII. 05 strich 1 St. ostwärts überhin. 47. Accipiter nisus L. Im vor. Bericht machte ich eine Bemerkung über Rütteln des Sperbers; letzteres scheint nicht oft beobachtet zu werden. Beim Durchblättern älterer Jahrgänge der Ornith. Monatsschrift fand ich gelegentlich folgende Mitteilung von P. Roux: R. sah am 25. II. 1895 mitten in der Stadt einen Sperber über einer Droschke rütteln, der dann mit Erfolg nach einigen daruntersitzenden Sperlingen stiefs.!) 48. Buteo buteo L. Am 5.Ill. fand ein starker Durchzug dieser Vögel statt; vormittags sah ich im Rosenthal gruppenweise bis zu 12 St. kreisen; sie bewegten sich dabei in genau südl. Richtung weiter. 49. Archibuteo lagopus Brünn. Gundorf: Bis zum 20. II. konnte man einzelne dieser Vögel beobachten, gewöhnlich an immer wieder von ihnen bevorzugten Stellen. Am 16. II. mochten es im Ganzen ca 5 St. sein. — Sehlis b. Taucha: 29. I. 1 St. — Rohrbach: 16. XII. 1 St. am Grofsen Teich mehrmals rüttelnd, stets mit heruntergestreckten Läufen und Fängen, wie es häufig der Fischadler tut; doch habe ich Rauhfufsbussarde ebenfalls auch schon mit angezogenen Beinen rütteln sehen. 50. Pernis apivorus L. Gundorf: B. Vom 18. V. — 22. VII. sah ich auch dies Jahr regelmäfsig 1 Paar bez. einzelne dieser Vögel; von gewissen Wiesen, von denen sie namentlich einige grofse Waldwiesen bevorzugten, gingen sie oft mit prall gefülltem Kropf auf. Am 22. VIII. führte der eine Alte seine beiden Jungen, nachdem sich der andere nur einmal vorübergehend der Familie zugesellt hatte; die Jungen waren im Flug noch etwas unsicher, allerdings herrschte auch ziemlich starker Wind; fortwährend riefen unsere Vögel lebhaft ihr hohes, pfeifend -quiekendes 1) 1. c. 1895, S. 197. 16 Dr. E. Hesse: „qui,“t) was bei den Jungen noch etwas dünnerklang. Im übrigen habe ich die Wespenbussarde immer nur schweigsam gefunden. Den cha- rakteristischen Balzflug des S' konnte ich am 25. V. beobachten; der Vogel stieg plötzlich eine kleine Strecke steil in die Höhe, rüttelte kurze Zeit, wobei er die Flügel über dem Rücken zusammenschlug, sodafs sie sich dreimal sehr schnell nach einander berührten ; hierauf liefs er sich wieder etwas fallen, um noch zweimal in seschilderter Weise emporzustreben, sodafs also die Flugbahn eine dreiteilige Wellenlinie darstellte. Dieser Balzflug hat sehr srofse Ähnlichkeit mit demjenigen der Ringeltaube, nur dafs bei letzterer das Flügelklatschen beim Zusammenschlagen zuweilen ungeheuer laut und weithin hörbar ist, während ich in diesem Fall bei Pernis keine Spur eines Geräusches hörte. (Vgl. neu. Naumann Bd. V,S. 152. Auch Dr. E. Rey erwähnt ein ähnliches Flugbild beim Rütteln unseres Vogels.))) — Am 5. VII. salı ich 1 St. im süd- östl. Teil der Harth b. Zwenkau. Hier ist der Wespenbussard bereits in früheren Jahren als B. nachgewiesen worden.?) 51. Milvus korschun Gm. Gundorf: Das alljährlich in den grolsen benachbarten Wäldern erscheinende Paar hielt sich vom 23. 1V. — 7. VIII auf. Am 25. V. jagten sich die beiden Vögel gegenseitig in Flugspielen, wobei der eine Vogel immer genau die Bahnen des anderen innehielt. — Wie voriges Jahr am 27. VI. sah ich auch heuer am 21. VII. 1 St. in der Nähe des Amelungen- wehres im Rosenthal, möglicherweise wieder einer der obigen Milane.*) 52. Pandion haliaetus L. Rohrbach: Wie mir mehrere An- wohner versicherten, habe sich am 7. IV. ein „Karpfenheber“ auf- gehalten, der auf dem Mittelteich auch eine Weile geschwommen sei. lch kann mir das nur so erklären, dafs dieser Fischadler, wie dies jaschon mehrfach beobachtet wurde, einen fürihn zuschweren Fisch, den er nicht hochbringen konnte, gefalst hatte und nun erst mühsam seine Krallen von diesem befreien mufste. Am 23. V. zog 1 St. ostwärts über die Teiche, kreiste mehrmals über dem Grofsen Teich, stiefs plötzlich nieder, ging mit gröfserer Beute wieder empor und strich nach S.O. ab. Auf die weite Ent- fernung war das Beutestück auch mit dem Prismenglas nicht zu erkennen. 1) Vgl. Journ. f. Ornith. 08, 8. 47. 2) Ornith. Monatsschrift 06, S. 135. 3) Vgl. Meyer u. Helm l. c. V, S. 15. 4) Rohrbach: Um Mitte Januar sollen sich angeblich wieder 2 Adler an den Teichen gezeigt haben; ich möchte dies hier nur beiläufig mit erwähnen, da bei Laien mancherlei unter dem Namen „Adler“ geht. Allerdings würde dies wieder dieselbe Zeit sein, in der ich im Vorjahr jenen jungen Haliaetus beobachtete. : Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 17 53. Falco peregrinus Tunst. Gundorf: An einer bestimmten Holzecke des Domholzes hielt sich bis zum 16. II. ein alter Vogel auf; an letzterem Tage trieb er u. a. sein kühnes Spiel mit einem Turmfalken, den er vor sich her jagte. Am 2. XI. zog ein Junger schnell nach S. überhin, bei dem herrschenden Nebel sehr tief fliegend. Endlich traf ich am 23. XI. genau an derselben Stelle obigen Domholzes und auch auf demselben Baum sitzend 1 St., das jedoch eiligst, den Kropf stark gefüllt, abstrich. — Am 15. XI. flog ein Alter mehrmals über dem Scheibenholz hin und her. 54. Cerchneis merilla Gerini. 3 St. zogen am 3. III. nord- westl. v. Scherbelberg mit ihrem fledermausartig zitternden Flug ihre Kreise. 55. Bubo bubo L. Seit Jahren wird im hies. Zool. Garten neben mehreren Uhus ein Paar dieser Vögel gehalten. In dem betreffenden Käfig ist nahe der Decke als Nistplatz eine aufsen mit Rinde beschlagene Kiste angebracht, in der das Q in der Tat schon Eier gelegt, jedoch keine Jungen ausgebracht hat. Dies Paar habe ich in den verschiedensten Jahreszeiten balzend beobachtet. Das 9, ein Vogel von geradezu imponierender Gröfse, bält sich tagsüber meist im Kasten verborgen; gewöhnlich erst gegen Abend, wo auch das Futter gereicht wird, kommt es heraus. Das 9‘, bedeutend an Gröfse zurückstehend, scheint dann immer die Absicht zu haben, das @ möglichst bald wieder in den Kasten zu locken; es kriecht selbst hinein und zeigt hier ein ganz eigentümliches Gebaren; fortgesetzt etwa wie „hijijuck . . .“ oder Laute, die wie „butsche... .‘“ klingen, rufend, dazwischen auch einige „buhu“ einstreuend, dreht es sich ab und zu, wie man deutlich hören kann, im Kasten herum und lugt, in Pausen innehaltend, mit den goldroten Augen klotzend etwas heraus; zuweilen antwortet das Q mit einem sehr schwer wiederzugebenden Ruf, für den ich immer das Wort „njärrng“ (nasal) noch am besten gefunden habe, oder es gibt einzelne hohe, fast fistelnde „buhu‘“ zu Gehör; dies ruft jedesmal eine gesteigerte Tätigkeit des J° im Kasten hervor, und so wiederholt sich dies, bis das Q, nachdem es auch seinen Hunger gestillt hat, sich wieder veranlafst fühlt, den Kasten aufzusuchen, aus dem nun das J* entweicht. Einigemal stöfst auch wohl noch das © sein „njärrng“ im Kasten aus, worauf das 9‘ nunmehr draufsen mit seinem „hijijuck ... buhu .. .“ erwidert; allmählich werden dann beide Vögel schweigsam, oder man hört nur noch einzelne „buhu.“ Manchmal bleiben auch beide längere Zeit draufsen, ohne sich um einander zu kümmern. 56. Asio ofus L. Universitätsholz: Be Am 13. V. vernahm ich den Balzruf bereits !/,4 h nachmittags. An ebendiesem Nach- mittag machte ich folgende Beobachtung: In der Krone einer Kiefer saß eine fast függe Waldohreule, die von einem Eichhörnchen förmlich belagert und geneckt oder angegriffen wurde; sobald ersteres auf den Vogel losging, plusterte sich derselbe nach ; Journ. f. Orn. LVII. Jahrg. Januar 1909. 2 18 Dr. E. Hesse: Eulenart mit etwas abgespreizten Flügeln gewaltig auf, wiegte sich in bekannter Weise bald auf das rechte bald auf das linke Bein und knappte mit dem Schnabel; einen Ton liefs er nicht hören. 57. Asio accipitrinus Pall. Je 1 St. steilte ich bei Gundorf am 26. I, bei Rohrbach am 15. I., fest; aulserdem wurde noch Ende April 1 St. bei Gundorf vom Waldwärter erlegt. Die bei Rohrbach beobachtete Eule gab mehrmals im Fluge Rufe von sich, die den früher gehörten sehr ähnlich waren und die ich mit „tjärrp“ notierte. 58. Strix flammea L. Dafls Schleiereulen noch jetzt auf dem Kirch- bez. Schlofsturm von Belgershain brüten, wo sie ehe- dem bereits Dr. Hennicke konstatiert hat, bewiesen sie mir des öfteren, wenn sie von dort aus mit ihren heiseren „rrrei“ oder „chrreii“ die nächtliche Stille unterbrachen; am 15. VII. gegen !/, 10h ab. hörte ich diesen Ruf auch dicht hinter mir jenseits am Bahndamm, augenscheinlich von einem auf der Mäusejagd befindlichen vorbeistreichenden Vogel. 59. Cuculus canorus L. Rohrbach: Am 14. V. trieb sich am Mittelteich ein Exemplar der rostroten Form herum; am 23. V. hörte ich unweit einen rufen, bei dem die beiden kuk fast gleich hoch waren (s. a. vor. Ber.). — Am 26. VIlI. wurde, wie hier mit erwähnt sei, aufeiner Hühnerjagd bei Patzschwig (b. Bad Schmiede- berg, Prov. Sachs.) ein schöner, vollkommen schneeweilser Albino (JS! juv.) erlegt; er war später im Schaufenster einer Waffenhandlung gestopft ausgestellt.!) 60. Dryocopus martiu L. Gundorf: Der Schwarzspecht zeigte sich am 5.1. und 2.1IlI. im Bienitz, am 5. und 7. VIII. sowie 14. 1X. im Kanitzsch, am 18. IX. im Bienitz, am 5.X. in der Baumreihe entlang des Zschambert zwischen Kanitzsch und Bienitz, am 12.X. im Bienitz und am 19. X. in Parzelle Forst. Vielleicht immer dasselbe Individuum. — Harth bez. Brandholz b. Rohrbach: Am 28. III. balzte 1 9° lebhaft am Rande letzteren Forstteiles; es flog in Bogen nacheinander die alten Eichen an, dabei jedesmal seine vollen, weittragenden Balzturen erschallen lassend, „ceui qui qui qui... .“, das „cui“ heraufgezogen, die schnellen „qui“ nach und nach etwas in die Höhe steigend, zu- letzt schwach abfallend. Als ich am 14. V. bereits um 4h morg. an den Teichen weilte, flog an gleicher Stelle ein Q' eine früher vom Sturm zur Hälfte abgebrochene Eiche an und trommelte mehrmals; dieser Eicbenstamm war, wie sich in der Nähe ergab, schon jahrelang „bearbeitet“. Deu Balzruf vernahm ich später noch einmal am 23. V. Im übrigen zeigte sich der Schwarzspecht hier bis zum Jahresende. 61. Dendrocopus minor L. Am 5.IIl. führte ein Paar im Rosen- thalähnliche Balzspiele aus, wie ich sieim vor. Ber. von der folgenden Art erwähnt habe. Sobald die Vögel einen Baum angeflogen hatten, 1) S. a. Ornith. Monatsschr. 08., S. 196. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 19 rief das 9 „terret terret ... .*, worauf beide eine Weile regungs- los in „hypnotisierten‘“ Stellungen nicht weit von einander ver- harrten; dann wurden sie wieder unruhig, nahmen nach kurzem etwas schwebenden Balzflug einen neuen Baum in der Nähe an, und so wiederholte sich dies fort und fort. Wiewohl ich dem Treiben fast eine halbe Stunde zusah, kam es doch nicht zur Begattung. Auch am 26. III. balzten ebendort 3 St. wenn auch nicht in so lebhafter Weise, zwei davon waren Q', die sich jagten; die Vögel zerstreuten sich bald wieder. 62. Picus viridis L. Am 14. IX. bei Gundorf Balzrufe. Den im vor. Ber. mit „gjiep“ bezeichneten, im Balzspiel hervor- gebrachten Ruf hört man auch sonst noch, z. B. auch im Winter, von Grünspechten, nur zuweilen bedeutend leiser, auch wenn sie beispielsweise allein sind; vielleicht ist es aulserdem eine Art Unterhaltungston, der je nach dem mehr oder weniger psychologisch erregten Zustand des Vogels variiert zu werden scheint. Man vernimmt da mitunter Rufe wie „gjep“, gjüep“, „güep“ und auch „kjü“, alle mehrmals nacheinander wiederholt, die nur ganz schwach und in nächster Nähe hörbar sind. Am 30. III. salsen sich auf einem Erdwall 1 Q' und 1 Q gegenüber; beide wendeten takt- mäfsig den Vorderkörper nach rechts und nach links, dabei ein leises „quiä . . .“ von sich gebend, also wiederum ein ganz ähnlicher Ruf; beide Vögel strichen dann zusammen in den Wald ab; das Ganze war jedenfalls auch eine Art Minnespiel. — Am 5. VIII. ertönten am Rande des Brandholzes b. Rohrbach plötzlich sehr erregt und hastig die gewöhnlichen Rufe des Grünspechtes, die jedoch immer mehr einen geradezu schreienden und jammernd kläglichen Ausdruck gewannen; als ich mich umsah, hatte ein Sperber-Q' in rasendem Flug den Specht fast schon erreicht, als letzterer gerade noch ein dichtes Gebüsch gewinnen und sich dort bergen konnte, wohin ihm der Räuber nicht zu folgen ver- mochte. — Auf der an die Stadt grenzenden Rasenfläche östl. vom Johannaparkteich suchte am 23. XlI. ein Grünspecht unbe- kümmert eifrig nach Nahrung. 63. Picus canus viridicanus Wolf. Vom 15. III. — 9. IV. riefen und trommelten abermals im südl. (Connewitzer) Ratsholz einzelne Grauspechte. 64. Alcedo ispida L. Je ein einzelner am 24. IX. bei Rohrbach und am 28. VI. am Müncherteich. — Am 1.X. trieben sich wiederum am Rosenthalteich den ganzen Vormittag 2 St. herum, die sich öfters lebhaft jagten und hierbei jene trillerartigen „trri trri ... .“ hören liefsen; im Sitzen pfiffen sie dazwischen ihre gedehnten „sit“. 65. Caprimulgus europaeus L. Einen einzelnen Ziegenmelker scheuchte ich am 31. VIII. im Bienitz auf; seltsamerweise flog der Vogel am Rand des Kiefernbestandes mittags 12 h wenige Schritt vor mir direkt vom Erdboden auf, also an einer reichlichst von der Sonne beschienenen Stelle; er mufste sich geradezu 2* 20 Dr. E. Hesse: hier gesonnt haben. Schwanken Fluges strich er auf eine Kiefer, sich längs auf den Ast setzend, den Körper hebend und senkend, als hole er mehrmals sehr tief Atem; nachdem ich ihn noch mehrmals aufgejagt hatte, verschwand er schliefslich in dichtem Fichtengebüsch. 66. Apus apus L. Abermals waren seit dem 28. VII. morgens die Segler bei weitem spärlicher; bis zum 5. VIII. zeigte sich nur hie und da noch eine nach und nach immer kleiner werdende Anzahl. Am 16. VIII. erschienen wieder einzelne und ebenso noch einmal am 23. VII. 67. RKiparia riparia L. Am 17. V. kreisten über dem Müncherteich grofse, nach mehreren Hunderten zählende Mengen dieser Vögel; eine weit geringere Zahl war ferner am 17. VII. festzustellen; die übrige Zeit habe ich hier niemals Uferschwalben gesehen. 68.2, b. Lanius excubitor L. u. L. e. maior Pall.e. Gundorf: Die zweispiegelige Form vom 30. X. — 30. XI.; die einspiegelige bis zum 27. III. und wieder vom 16. XI. an. Einer der am 27. II. beobachteten Würger schackerte sehr rasch nacheinander, sodafs ich fast an das Schnärren der Misteldrossel erinnert wurde. — Rohrbach: Einzelne von Form II bis zum 28. II. — An der Mulde bei Grimma oberhalb des Rabensteines am 3. I. gleichfalls ein einspiegeliger. 69. Lanius collurio L. Gundorf: Am 11. V. stärkerer Durchzug von J‘, die allenthalben auf den Gebüschen auftauchten. — Rohrbach: Am 3. VI. sang ein Q' am Ufer des Grofsen Teiches auf einem Busch; der Vogel ahmte vor allen Dingen Rohrsänger- motive nach, und zwar von Acroc. streperus und A. schoenobaenus, in drolligster Weise bald in den Rhythmus des einen bald in den des andern übergehend; weiter erinnerten einige Touren an das Klingeln des Grünfinken, auch an das „girräh“ des Rephuhns oder an Schwalbenruf; es herrschte starker Wind und das Wetter war kühl. (Vgl. die vor. Ber. bei L. exeubitor!) 70. Pica pica L. Vom 8. III. — 24. IV. zeigte sich ein Paar auf dem Bienitz bez. den angrenzenden Wiesen. — Rohrbach: Am 15.1. 1 St. an den Teichen; 24. IX. 2 St. in dem Feldhölzchen südöstl. des Ortes; 14. X. 1 St. wiederum an den Teichen; 16. XII. 7. St. in dem Feldgehölzchen und den Baumgruppen westl. des Bahndammes zwischen Belgershain und Rohrbach. — 21. I. 2 St. an einer Feldscheune westl. vom Universitätsholz. 71. Garrulus glandarius L. Noch am 11. V. zog ein lockerer Schwarm von 16 St., die zuweilen Kreise beschrieben, in nord- westl. Richtung über das Rosenthal.!) 72. Sturnus vulgaris L. Gundorf: Am 5. I. trieben sich ca 25 St. an den Wiesentümpeln am Zschambert umher. Von Zusammenrottungen mit Zurd. pilaris seien wieder ein paar Daten 1) Vgl. Ornithol. Monatsber. 05, S. 124. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 21 angeführt: 2. III. ca 60 Sturnus + einzelne Turdus; 13. II. ca 200 St. 4 ca 25 T.; 3. IV. ca 50 St. + ca 200 Z.; 10. IV. ca 30 St. 4 ca 100 7. — Rohrbach: Auch hier traf ich am 7. I. einen Star mit5 Wachholderdrosseln vereinigt. — Endlich 16.1. Rosenthal: 3 Sturnus + 11 Turdus. 73. Coccothraustes coccothraustes L. Ein Schwarm von ca 35 St., die sich an den Nülschen von Carpinus und Fraxinus gütlichtaten, strich am 7. XII. in Grünitz herum; es ist dies die gröfste Schar Kernbeifser, die ich bisher in unserm Gebiet gesehen habe. 74. Fringilla montifringilla L. Gundorf: 19. I. 4 St. mit 2 Gimpel-S' zusammen; 20. III. ca 6 St. Dann wieder vom 9.—16. X. in Trupps und Schwärmen unter „quä“-Rufen südwestl. über- hinziehend; am 23. X. zeigten sich noch einige wenige. Von An- fang Dezember an waren hierauf einzelne im Gebiet herum- streichende zu beobachten, die sich gewöhnlich unter grofse Buch- finkenschwärme mischten. Diese Gesellschaften von Buchfinken zählten zuweilen weit über 100 St., unter denen auch die © sehr zahlreich vertreten waren. — Rohrbach: Am 25. u. 28. III. einzelne, auch mit Buchfinken. 21. X. ca 8 St. — Universitätsholz: 29. IV. ein Schwarm von ca 40 St. im Wald streichend, darunter &* im prachtvollsten Sommerkleid. 29. X. einzelne. — Müncherteich: 26. III. ca 30 St. mit Buchfinken. — Rosenthal: 6. u. 18. II. sowie 26. III. einzelne, z. T. an Futterstellen oder mit Buchfinken. — Zool. Garten: 10. H. ca 30 St. an einer Futterstelle. — Scheiben- holz: An einer grolsen Futterstelle vom 8 II. — 1. III. regel- mälsig zu 10 — ca 30 St. 75. Acanthis linaria L. Am 15. 1I. strich ein Schwarm von ca 50 St. durch die Birken an den sogen. Bauernwiesen (Connewitz. Holz), beim Abfliegen jedesmal lebhaft „‚tschätt tschätt ... .“ rufend. 76 a, b. Pyrrhula pyrrhula L. u. P. p. europaea Vieill. Gundorf: Gimpel waren bis zu ca 12 St. noch bis zum 9. Il. an- zutreffen. Im folgenden Winter (07/08) sah ich nur einmal am 18. XI. 1 9“ — Böhlitz-Ehrenberg: 16. II. 2 9° in einem Gasthofgarten. — Universitätsholz: 21. I. ca 6 St. streichend. — Grimma a. d. Mulde: 10.1. 1 0° oberhalb des Rabensteines. — Scheibenholz: 8. II. 2 9. — Zoolog. Garten: 12. II. einzelne in den Anpflanzungen. — Connewitz. Holz (Bauernwiesen): 15. Il. 4 <'. — Scherbelberg: 26. II. 4 St., 2 01, 2 9, die Beeren von Symphori- carpus verzehrend. 77. Emberiza calandra L. Gesang im Herbst oder Winter: Gundorf: 27. XI. (herrliches „Frühlingswetter“). — Rohrbach: 21.X. ca 40 St. im Schilf, z. T. nur leise singend.. Hier hörte ich auch am 24. V. von einem auf einem Pfahl sitzenden Vogel bei meinem Näherkommen eine Art Angst- oder Warnruf wie „errip“;!) etwas für mich auffälliges war in der Nähe sonst nicht zu bemerken. — Grofssteinberg: Am 29. XI. sangen auf einem 1) Vgl. Journ. f. Ornith. 08. S. 55. 22 Dr. E. Hesse: Feld östl. des Ortes 2 St. sehr lebhaft an der Erde, trotzdem es bereits den ganzen Vormittag mit wenig Unterbrechungen in Strömen regnete; auf jenen Feldern wurde aber gerade ganz frischer Mist abgeladen, aus dem sich eine gröfsere Anzahl Gold- und Grauammern Nahrung suchten. Man könnte hier vielleicht als psychologischen Grund des Singens die Befriedigung oder Freude an dem reichlich vorhandenen Futter annehmen. 78. Anthus pratensis L. Gundorf: 26. I. einzelne; dann regelmäfsiger Frühjahrzug vom 6. III. — 4. V. Herbstzug: 28. IX. — 2.XI.; hierauf noch einzelne am 16. und 27. XL, endlich am 18. XlI. 3 St. mit 5 weils. Bachstelzen (s. u.) zusammen. — Rohrbach: 25. II. 1 St. am Grofsen Teich; Frühjahrzug: 18. Ill. — 29. IV. Herbstzug: 7.—29. X. — Müncherteich: Einzelne am 12. V: und11. X: 79. Anthus trivialis L. Auf den Telegraphendrähten einer gewissen Strecke des Bahndammes zwischen Belgershain und Rohrbach safs im Sommer häufig ein Baumpieper, von hier aus seine Balzflüge unternehmend und ebendahin wieder zurückkehrend. 80. Anthus spinoletta L. Gundorf: D. In der Zeit vom 9.—13. III. konnte ich mehrere dieser Vögel in einem bestimmten Gebiet der Luppe feststellen. Sie verrieten sich beim Abfliegen durch die viel lautere Stimme, die mich zunächst an Budytes erinnerte; ich notierte „psiep“ und „psuip“ klingende Rufe. In unmittelbarer Nachbarschaft trieben sich Wiesenpieper herum, sodals ich auch die Unterschiede in Grölse und Färbung sehr schön vergleichen konnte. Auffällig war es, dafs die Wasserpieper das angrenzende Gelände, wo sich die Wiesenpieper auch nieder- liefsen, gar nicht beachteten, sondern ausnahmslos immer wieder unmittelbar am Ufer des Flusses einfielen. 81. Motacilla alba L. Gundorf: Am 13. III., an dem sehr starker Durchzug stattfand, sang u. a. 1 9° an der Luppe trotz heftigen Schneegestöbers unermüdlich ein monotones „zi sisi säsä zi sisi säsä ... .“ In diesem Jahr blieb eine auftällig grofse Zahl weilser Bachsteizen im Winter da, während ich ihrer früher um diese Zeit nur ganz vereinzelt und auch nur in einzelnen Jahren ansichtig wurde!) Nachdem wie alljährlich Ende Oktober die Hauptmasse abgezogen war, zeigten sich im November und De- cember einzelne oder auch kleine Trupps dieser Vögel; z. B.: 27. XI. 8 St., 3 91, 5 2 bez. Junge in den Ausschachtungen am Kanitzsch, eins von den ersteren mitunter einige kurze Strophen singend; 30. XI. 6 St. unter Rufen herumstreichend; 18. XII. 5 St., 2 91, 3 9 bez. J., mit 3 Wiesenpiepern (s. 0.) an einigen fast völlig vereisten Wiesentümpeln des Zschambert am Domholz sich berumtreibend; 30. XII. 1 ©! an der Luppe, stets mit einem Q der Gebirgsbachstelze zusammenhaltend. — Am 19. IV. sah ich 1 Paar am Johannaparkteich. 1) Vgl. Ornith. Monatsber. 05, S. 125; Journ. f. Ornith. 08, S. 56. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 23 82. Motacilla boarula L. Von Gundorf nur eine Beobachtung: Auf einer kleinen Sandbank der Luppe trippelten am 29. VI. 7 St. herum, 2 Alte und 5 Junge. — Weiter mögen noch einige z. T. neue Brutplätze dieser Art angeführt sein. Im vorderen Rosenthal hat 1 Paar in einem unter der Stralse durchgeführten und ausgemauerten Graben gebrütet; am 15. V. wurde in dem nach aufsen gelegenen, an den Uferwänden nur mit groben Bruch- steinen befestigten Teil desselben ein noch nicht ganz flügges Junges sefüttert. — 1 Paar hat sogar mitten in der Stadt gebrütet; an der Tauchnitzbrücke, gegenüber dem neuen Rathaus, fütterte am 5. VII. ein Alter ein flügges Junges, das drüben auf der Ufer- mauer safs; der alte Vogel lief mit Vorliebe gewandt in den Fugen der Rusticaquader des neuen Logengebäudes daselbst Nahrung suchend einher. In den Ufermauern münden zahlreiche Ausflufs- rohre, ein Wehr und mehrere Brücken und Stege sind ja auch noch in der Nähe, also gute Nistgelegenheit für unsre Art; immer- hin ist die Wahl dieses inmitten eines oft kolossalen Verkehrs gelegenen Brutplatzes bemerkenswert bei einem Vogel, der ur- sprünglich dem stillen Gebirge angehörte.!) — Ferner hat sich 1 Paar an der Elster in der Nähe der Schwimmanstalt (Schreber- stralse), wo sich ebenfalls zwei Wehre befinden, angesiedelt; hier habe ich diese Vögel bereits früher das ganze Jahr über angetroffen. — Auch an der weifsen Brücke im südl. (Connewitzer) Ratsholz war ein Paar zu beobachten. — Am 24. XII. mittags lief eine Gebirgsbachstelze in der König-Johannstrafse und einigen ihrer Seitenstralsen munter Futter suchend einher, ohne grofse Scheu vor dem herrschenden Verkehr. — Müncherteich: 12. IV. 1 St. nach 8.0. überhinziehend. 83. Budytes flavus L. Gundorf: Auffälligerweise zeigten sich noch einmal am 27. XI. 2 Kuhstelzen, die sich zusammen mit 8 weifsen Bachstelzen (s. 0.) in genanntem Lehmstich aufhielten, sich daselbst auch munter badend. Eine von beiden erhob sich sogar einmal und reihte in bekannter Weise einzelne „psuip“ und „psie‘“‘ zu kleinen Strophen als kurzen Gesang zusammen. 84. Alauda arvensis L. Gundorf: Bis zum Eintreffen der srolsen Massen Ende Februar waren vom Januar an nur einzelne Feldlerchen auf den Bienitzwiesen zu treffen. Lerchengesang im Herbst hörte ich vom 28. IX. — 9. X. Mit unabänderlicher Regelmäßsigkeit hielten sich während November und Dezember 3 St. in einem Brachfeld an den Wiesensümpfen auf; obwohl ich jedes- mal das gesamte angrenzende grolse Wiesen- bez. Feldgelände durchstreifte, waren nirgend sonst Lerchen anzutreffen; es mufsten also wohl in jenem Komplex ganz besonders günstige Nahrungs- verhältnisse herrschen. — Rohrbach: Am 11. III. war wiederum strenge Kälte eingetreten; bei reilsend schneidendem Nordwind 1) Vgl. Dr. A. Voigt in: Exkursionsbuch 06, S. 114; Ornith, Monats- ber. 06, S. 174. 24 Dr. E. Hesse: sah ich fort und fort Feldlerchen in Trupps bis zu ca 25 St. immer genau westwärts und dicht über dem Erdboden dahin ohne Rast über die völlig verschneiten Felder streichen. — Grofssteinberg: Auch hier hörte ich am 11. X. wieder eine Lerche lebhaft singen. 85. Lullula arborea L. Als ich am 30. XII. an der Nord- ecke des Bienitz stand, bemerkte ich, wie eine Bauersfrau, die einen breiten für Fuhrwerk bestimmten Feld- resp. Wiesenweg gegangen kam, auf diesem einen Schwarm kleinerer Vögel auf- scheuchte, die ich nach dem typischen schwebigen Flug als Lerchen, die mir jedoch sehr klein vorkamen, ansprechen mulste. Als die Schar wieder auf dem Weg eingefallen war, ging ich näher und erkannte nun, dafs ich eine Gesellschaft von 19 St. Heidelerchen vor mir hatte. Das saubere Gefieder dicht aufgeplustert — es herrschten 8° Kälte — und die Scheitelfedern haubenartig ge- sträubt, erschienen sie in ihrer Gestalt bei der Kürze des Schwanzes aulserordentlich gedrungen; emsig liefen sie Nahrung suchend einher. Mehrmals scheuchte ich sie empor; unter ihrem stieglitz- ähnlichen ‚‚düdelüt‘“ erhoben sich die Vögel, um bald wieder auf dem Weg oder der benachbarten Strafse einzufallen ; dieWiesen und Felder beachteten sie nicht. Vielleicht hatte der zumeist sehr laue Spätherbst diese Heidelerchen zum Verweilen veranlalfst. (Vgl. ob. die späten Daten bei Moi. alba und Budyies, sowie neuer Naumann, Bd. III, S. 34.) 86. Certhia familiaris L. Gesang im Herbst und Winter: 17. I. Parkanlagen in Grimma (strenge Kälte). — 9., 16., 19. und 23. X. sowie 9. XI. bei Gundorf; Wetter wechselnd; so sangen z. B. am 23. X., einem echten Oktobertag, 2 St. sehr lebhaft bei starkem Nebel, am 9. XI. war Frostwetter. — 24. IX. Universitäts - holz. — 20. XII. im Rosenthal; 21. XII. im Connewitzer Holz; an beiden Tagen laues Frühlingswetter. — Am 12. VIII. hörte ich auch bei Schkeuditz die typische Trillerstrophe.!) 87. Parus maior L. Einer eigenartigen Niststätte dieser Art sei hier gedacht. Am Grunde eines der hohlen, ca 125 cm hohen Eisenpfeiler des Geländers der weilsen Brücke im Connewitz. Holz hatte ein Paar ein Nest gebaut und Junge grolsgezogen. Von dem Pfeiler war die oberste Kuppe abgebrochen, sodals eine 4 cm i. Durchm. haltende Öffnung entstanden war, durch die die alten Meisen futtertragend in das Rohr einschlüpften. Im Grunde hörte man das Äschern der Jungen. Wenn! Passanten über die Brücke gingen, hielten sich die Alten fern; ich habe deshalb mehrmals längere Zeit auf ersterer in der Nähe des Pfeilers geweilt: Sobald einer der alten Vögel mit Futter ankam, trieb er sich erst ruhig, dann zeternd in den benachbarten Bäumen und Gebüschen herum, schlüpfte jedoch nicht ein; erst wenn ich mich ein ganzes Stück entfernt hatte, geschah dies. 1) Vgl. Ornith. Monatsber. 07, S. 39. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 25 88. Parus ater L. Unter Kohl- und Blaumeisen sowie gelbk. Goldhähnchen strichen am 27. XI. in einem der Fichtenbestände des Bienitz auch mehrere Tannenmeisen mit umher; in diesem Forst ist mir unsre Art bisher noch nicht aufgefallen. 89. Accentor modularıs L. Gundorf: Am 30. XII. hielt sich an der Luppe eine einzelne Braunelle auf, die eine Zeitlang ge- nau jenen gedehnten Ruf ‚„siht“ hören liefs, wie ich ihn im vor. Ber. erwähnte; als ich den unterhalb am Ufer sitzenden Vogel noch nicht sehen konnte, glaubte ich erst, einen Eisvogel rufen zu hören. 90. Sylvia nisoria Bchst. In dem Waldgebiet zwischen Gun- dorf und Lützschena konnte ich dies Jahr eine ganze Reihe Brut- paare feststellen.!) An einem beiderseits von dichten Hecken flan- kierten Dammweg brüteten 5 Paare, an einer in gleicher Weise eingefafsten Schneise deren 2. Die flüggen Jungen lassen ge- quetschte Quäktöne, wie „bäi‘ klingend, hören. Bekanntlich singt diese Grasmücke auch häufig im Fluge; nur führt sie dabei nicht eigentlich wirkliche Balzflüge aus, wie es z. B. die Dorngrasmücke, der Schilfrohrsänger oder vor allem der Baumpieper tun, es ist vielmehr bei jener mehr ein Singen im Platzwechsel, mit zuweilen etwas verlangsamten schwebendem Flug, wobei sie sich öfters in kleinen Bogen mit gehobenen Flügeln hin- und herwirft, ähnlich wie die Bekassine, wenn sie im Fliegen ihr „diköp“ ruft. Bei Misteldrosseln, die ja beispielsweise auch mitunter im Flug oder Platzwechsel singen, habe ich hierbei bisher keinerlei auffällige Flug- spiele bez. -bewegungen beobachtet. 91. Sylvia atricapilla L. Am 20. Vll. liefs sich in der Nähe der Luppensümpfe bei Gundorf abermals ein Plattmönch ver- nehmen, der in seinen Gesang Rohrsängermotive, und zwar solche von Acer. schoenobaenus und sireperus, von letzterem auch das Taktmäfsige, einflocht. (s. vor. Ber.). 92. Acrocephalus arundinaceus L. Gundorf: An gleicherStelle desselben kleinen Rohrbestandes wie im Vorjahr fand ich auch heuer um genau dieselbe Zeit ein Nest; am 6. VI. 1 Ei darin, am 8. VI. 3, am 12. VI. 6, hierauf unverändert bis zum 22. VI., dann abermals das Nest plötzlich leer. Am 28. VIII. hielt sich 1 St. in einem angrenzenden Weizenfeld auf. 93. Acrocephalus streperus Vieill.e. Rohrbach: Am 2. VII. trieb sich in den jungen Eichen am Damm zwischen Mittel- und Grofsen Teich eine Anzahl Teichrohrsänger Nahrung suchend umher; ich habe dies weder vorher noch nachher wieder beobachtet. — Am 8. u. 9. VI. sang ein Teichrohrsänger in den Ziersträuchern am Fufs des Scherbelberges. 94. Acrocephalus palustris Behst. Zur Zugzeit waren Sumpf- rohrsänger wiederum an den verschiedensten Stellen zu treffen; hiervon ein paar Beispiele: 22. u. 30. V. bei Gundorf allenthalben I) Vgl. Dr. A. Voigt in Ornith. Monatsber. 06, S. 174. 26 Dr. E. Hesse: im Unterholz mitten im Wald, 23. V. am Grofsen Teich in Rohr- bach in der Krone einer jüngeren Eiche, 29. V. am Rande des Tannenwaldes bei Lindenthal mehrfach im Fichtengebüsch, am selben Tage in einem Weidenbusch der Pleifse am Kaiserpark (Gohlis), endlich am 1. VI. in den Ziersträuchern des Scherbel- berges singend. Während der Brutzeit stellte ich diesen Vogel an folgenden Ortlichkeiten fest: 1 Paar in den Luppensümpfen bei Gundorf, an dessen Dorfteich sich noch am 15. VI. 1 St. vor- übergehend zeigte; 1 Paar in den Sümpfen südöstl. von Lützschena; 1 Paar in einem gröfseren Erlengebüsch nördl. vom Bienitz; mehrere Paare in Getreidefeldern südl. von Bückmarsdorf, des- gleichen in solchen nördl. von Lindenthal; schliefslich 1 Paar an einem Waldtümpel nördlich der Waldschänke b. Lösnig. Es ist seit 1903 das erste Mal, dafs der Sumpfrohrsänger wieder in den Gundorfer Sümpfen gebrütet hat. (s. die vor. Ber.). Einigemal hörte ich unsre Art, sowohl bei Gundorf wie bei Lützschena, auch um die Mittagszeit lebhaft singen. 95. Acrocephalus schoenobaenus L. Gundorf: 20. VII. 1 St. in einem Haferfeld singend; 17. VIII. 1 St. in einem Weizenfeld sich sehr auffällig benehmend, als ob Junge in der Nähe seien. — Rohrbach: 2. VII. 1 St. mitten in einem Roggenfeld lebhaft singend; 15. VII. 1 St. in gleicher Weise in einem Weizenfeld ; 19. VIII. 1 St. in einem Gerstenfeld Futter tragend. — Müncher- teich: 17. VII. 1 St. in einem Weizenfeld singend. 96. Acrocephalus aquaticus Gm. Gundorf: Je einen einzelnen Binsenrohrsänger traf ich am 20. VII. in einem kleinen Rohr- bestand, in welchem ich den kleinen Vogel öfters kaum 5 Schritt vor mir hatte und wobei mir der lebhafte Kontrast der Gefieder- farben besonders auffiel, und am 9. X. in einigen Weidenbüschen zwischen Riedgrasdickichten herumstreichend. Da ich diese Art nun schon zwei Jahr nacheinander, wenn auch nur zum Herbst- zug, in unserm Gebiet feststellen konnte, würde es vielleicht nicht ausgeschlossen sein, dafs sie sich in dem z. T. sehr geeigneten Gelände noch als B. ansiedelt. 97. Locustella fluviatilis Wolf. Wie schon auf S. 188 Ornith. Monatsber. 07 vorläufig kurz bemerkt, hatte ich das Glück, ein Exemplar des im westlichen Deutschland nur ganz vereinzelt nachgewiesenen Flufsrohrsängers oder Schlagschwirls im Nord- westen von Leipzig vom 20. VI. — 10. VII. konstatieren zu können. Als ich mich an erstgenanntem Tage auf einer gröfseren Exkursion in die ausgedehnten Auewaldungen zwischen Gundorf und Schkeuditz befand, hörte ich abends 1,10h in einiger Entfernung an einem Holzrand im niedern Gebüsch den Vogel sehr lebhaft und ausdauernd schwirren. Bald war ich, dem Tone nachgehend, in unmittelbarer Nähe des Sängers, den ich jedoch bei der schon zu weit vorgeschrittenen Dunkelheit in dem fast undurchdringlichen Pflanzenwuchs nicht mehr sehen konnte; als ich schliefslich noch einen Schritt vorwärts tat, hielt der Schwirl Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 27 inne und ich sah, wie sich etwas vor mir plötzlich einige Blätter und Zweige leicht und schnell bewegten: Der Vogel hatte sich rasch senkrecht herabfallen lassen; ich hatte, wie ich ja nunmehr noch erkennen konnte, kaum 3 Schritt vor ihm gestanden! Nach einiger Zeit ertönte das Schwirren etwa 20 m entfernt von neuem fast ununterbrochen weiter. In der Folgezeit traf ich den Vogel stets an einer ca 200 m weiter nordwestl. gelegenen Stelle. !) Was zunächst die Vegetation der Örtlichkeit anbelangt, so sei folgendes hervorgehoben. Dichtes Gebüsch und überaus üppiger niederer Pflanzenwuchs bilden an diesen beiden Stellen, die z. T.einem vor wenigen Jahren angelegten Kahlschlag angehören, wie erwähnt fast oder ganz undurchdringliche Dickichte. An Unterholz sind es vor allem die Stockausschläge von Ulmus und Acer campestre L., sowie Büsche von Corylus und Cornus san- guinea L.; dazwischen sind vereinzelt junge Carpinus- und Fra- xinusbäumchen angepflanzt. Den’Hauptanteil der niederen Pflanzen nehmen Urtica, Cirsium arvense Scop. und Filipendula Ulmaria Maxim., weiter von Gräsern neben Alopecurus pratensis L. und Brachypodium silvaticum R. u. Sch. ganz besonders übermanns- hohe Bestände bez. Horste von Phalaris arundinacea L. in Anspruch; eingestreut sind aufserdem noch Stauden von Lappa maior Gaertn. und Carduus crispus L. Dazwischen winden sich noch hindurch Humulus und Rubus caesius L., auch Galium Aparine L., ersterer natürlich besonders an den Sträuchern. Gewöhnlich seitlich in der Nähe der Spitze eines Busches sitzend, liels der Vogel seinen eigenartigen weit hörbaren Gesang vernehmen. Über diesen möchte ich einiges mitteilen.) Die Analyse dieses Schwirrens ist durchaus nicht so einfach, wie es nach dem ersten Eindruck den Anschein hat. Als eigent- lichen Grundton hört man Stimmlaute, die ich mit einem fort- gesetzten etwas rauhen ‚,„säsä....“ oder „srä srä.... .“ bezeichnen möchte, schneller als man die Silben nach einander aussprechen kann. Dieselben erschienen bei unserm Sänger durchaus gleich- wertig, eine Silbe wurde nicht stärker betont oder hervorgehoben als die andere, sodals sich keine deutlich ausgeprägte rhythmische Zweiteilung ergab, wie es Schauer u. a. beschreiben; nur zuweilen schien es ja, als ob die eine Silbe ein ganz klein wenig mehr accentuiert würde, aber jedenfalls war dies so gering, dafs man, sagen wir einmal, den guten Willen haben mufste, es herauszu- hören. Diesen Schwirrtönen liefs der Vogel, insbesondere wenn sein Sangeseifer beim Hereinbrechen tieferer Dämmerung oder der Nacht ersichtlich zunahm, bei Beginn einer neuen Strophe 1) Näher will ich den Fundort nicht angeben, da man leider hier auch Leute kennen lernt, die hinter dem Rücken gegebenen Falles bezügl. der Wegnahme der Eier u.s. w. nicht edelmütig handeln. 2) Vgl. bier auch die Zusammenstellung von Voigt, Exkursionsbuch 06, $S. 71, 72. 28 Dr. E. Hesse: nach kurzer Pause drei bis vier hohe kurz angeschlagene Laute als Vorschlag unmittelbar vorausgehen, die bald wie „bi bi bi,“ „pri pri pri“ oder „tri tri tri“ klangen. Ferner hörte man nun während des Schwirrens aufser dem rauhen Grundton in fast gleichem Rhythmus mit diesem, zuweilen aber auch etwas inter- mittierend, einen feinen hohen Klingelton, der etwa dieselbe Höhe hatte wie der Vorschlag und den Fr. Lindner (s. u.) als Oberton bezeichnet; es bewegten sich also bei dem Schwirren zwei Triller zu gleicher Zeit nebeneinander, der tiefe rauhe und der hohe klingelnde. Einigemal waren auch am Schlusse einer Strophe, wenn das „srä .. .‘* schon aufgehört hatte, schnell noch einzelne dieser feinen Klingeltöne allein zu vernehmen. — In dieser Weise schwirrte der Vogel des Abends; erst nur wenig, Strophen von einigen Sekunden, dann allmählich zu solchen von halben und ganzen Minuten übergehend, bis schliefslich bei tiefer Dämmerung und dem Anbruch der Nacht solche von mehreren Minuten bis zu einer Viertelstunde folgten; nur Pausen von wenigen Sekunden wurden nach derartigen erstaunlichen Stimmleistungen eingeschaltet, und schon setzte wieder eine neue Schwirrtour ein. Am 8. VII. verhörte ich diese Locustelle, wie gleichfalls früher 1. c. erwähnt, mit Prof. Dr. A. Voigt. Genannter Herr war gerade erst von einer Studienreise in Ostpreulsen zurück- gekehrt, woselbst er u. a. wieder genaue Stimmbeobachtungen an den dort nebeneinander vorkommenden L. naevia und L. fluviatilis hatte anstellen können. Auch an diesem Abend begann der Vogel erst von ca !/,10h an zusammenhängend zu singen, und wir haben dann noch lange dem unaufhörlichen viertelstundenlangen, nur durch jene minimalen Pausen unterbrochenen Schwirren zugehört. Den feinen Klingelton ahmten wir nach, indem wir leise unsere Schlüsselbunde klingen liefsen, man erhält da einen ähnlichen Laut. Am Tage, wo ich das Gelände natürlich auch aufsuchte, habe ich während der angegebenen Zeit das Schwirren nur einmal, am 10. VII. mittags vernommen, allerdings erst, als ich den Vogel in einem der Gebüsche aufgescheucht hatte; vorher war kein Ton zu hören gewesen. Er schwirrte 10,42h, 11,20h, 11,34h und 11,36h jedesmal nur Strophen von 12—15“. Einmal hatte ich ihn hierbei in einem Busch kaum 8 Schritt vor mir, sodafs ich mit dem Glas die Striche der Vorderbrust deutlichst sehen konnte; die Haltung des Kopfes war schräg nach oben, der Schnabel sehr weit geöffnet, der ganze Körper, vor allem aber die beträchtlich aufgeblasene Kehle stark vibrierend. Der Vogel kam mir jedoch im übrigen, ich möchte sagen, wie verschlafen vor. Bewundernswert bleibt, wie der Vogel bei fortgesetztem viertelstundenlangen Schwirren einen solchen hierzu nötigen kon- tinuierlichen Luftstrom erzeugt, wie er dabei aus- und einatmet, auf welche Weise zu gleicher Zeit der rauhe Grund- und der feine Klingelton hervorgebracht werden. Es mülsten da einmal genaue Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 29 vergleichend anatomische Untersuchungen über die Muskulatur des gesamten Atmungsapparates dieser und verwandter Gattungen ausgeführt werden. Was die Ähnlichkeit des Schwirrens mit anderen Vogel- oder Tierstimmen anbelangt, so ist der öfters gebrauchte Vergleich mit gewissen rauhen und schnellen Goldammerschlägen sicher zu- treffend; frappant finde ich jedoch aber auch, nach diesem oft verhörten einen Exemplar zu schliefsen, die Ähnlichkeit mit der Instrumentalmusik unsrer grofsen Orthopterengattungen Locusta und Decticus, von denen jene Vögel ja auch ihren lateinischen Gattungsnamen haben, der wahrlich nicht besser hätte gewählt werden können. Ich habe gerade in der Folgezeit wieder viel- fach Gelegenheit gehabt, Vertreter dieser Gattungen, die ja erst zu vorgerückterer Jahreszeit ihre Instrumentalmusik üben, zu hören, auch des abends, wo Angehörige des ersteren Geschlechtes gern auf Bäumen oder Gebüsch musicieren; ich würde in verschiedenen Fällen, die Klangfülle oder Intensität, die beim Schwirl natürlich ungleich stärker ist, und ebenso die bei späterem fortgesetzten Schwirren enorme Ausdehnung der einzelnen Strophen vielleicht abgerechnet, kaum einen Unterschied haben finden können; denn auch gerade den feinen Klingelton hört man bei den Heuschrecken sehr deutlich heraus. Was endlich dieses Vorkommnis in geographischer Hinsicht anbelangt, so ist zu bemerken, dafs es der vierte und zugleich westlichste Punkt im Kgr. Sachsen ist, an dem der Schlag- schwirl beobachtet wurde; 1887 wurde er von Liebers bei Schmiede- feld a. d. Wesenitz, 1901 von Kramer bei Grofshennersdorf b. Zittau, 1901—03 von Hanztsch im Saubachgrund b. Dresden kon- statiert. Aber nicht nur den westlichsten Punkt Sachsens be- deutet dies, sondern auch einen der westlichsten Fundorte Deutsch- lands sowohl wie Europas, ja des ganzen Verbreitungsgebietes von Loc. fluviatilis überhaupt, wie u. a. auch aus der früheren Zu- sammenstellung von Fr. Lindner in der Ornith. Monatsschriftt) hervorgeht. In Deutschland bez. Europa liegen auf etwa der gleichen Länge oder nur um ca Y/,—1° westl. die Vorkommnisse in Anhalt (Naumann, Päfsler), Thüringen (Liebe), Westmecklenburg (Clodius), Seeland, Dänemark (Arctander); den westlichsten Punkt (ca 41/0 westl. unsres Gebietes) stellt Helgoland (Gätke) dar. Ob es sich nun, wie in manchen anderen Gegenden, nur um ein vereinzeltes und sporadisches Vorkommnis handelt, oder ob der Schlagschwirl unser z. T. sehr geeignetes Gelände als Brut- gebiet, wenn auch nur vorübergehend, erwerben wird, kann erst die Zukunft ergeben. Nach dem 10. VII. trat in diesem unsern Gebiet sehr starkes Hochwasser auf, das auch den Aufenthaltsort des Schwirl tief unter Wasser setzte; seit jener Zeit habe ich dann nichts wieder von ihm bemerkt. ı) 1. c. 1896, S. 206—212; 1897, S. 214—226. 30 Dr. E. Hesse: Es waren dies während dergegebenen Beobachtungszeit gerade herrliche Sommerabende und -nächte; heller klarer Mondschein; wie ein feiner funkelnder Sprühregen bewegte sich beim Anbruch der Nacht der schwebende Flug der Lampyris-Q‘ allüberall durch das Unterholz des Waldes, während die noch heller am ganzen Körper im Eigenlicht erstrahlenden 9 da und dort im Grase glimmten; die Spiräen sandten ihren ätherischen Duft in die Lüfte; alles schwieg, nur das Schwirren von Locustella drang weithin durch die Stille; und in der Unendlichkeit das erhabenste Bild der Natur: Der nächtliche Sternenhimmel. 98. Phylloscopus sibilator Behst. Am 21. VI. und 5. VIL beobachtete ich an einer bestimmten Stelle der Harth b. Zwenkau einen Waldschwirrvogel, der seinem schwirrenden Triller noch einen zweiten, höher gelegenen, der gewöhnlich aus etwa 4 Tönen bestand und etwas hölzern klang, anhiug, in Voigtscher Zeichen- schrift: UP PRPPPEUEE 99. Phylloscopus trochilus L. Einzelne späte Sänger am 12. VIII. bei Mafslau und am 7. IX. bei Gurdorf. 100. Fhylloscopus rufus Behst. Gesang im Herbst: Bei Gundorf am 7. u. 28. IX., 2., 5., u. 9. X.; im Rosenthal am 30. IX. u. 1. X.; am Zool. Garten am 8. X.; endlich im Bistum b. Eythra am 3. X. — In der folgenden kleinen Tabelle möchte ich noch einmal kurz den Gesang dieses Laubsängers im Herbst, wie ich ihn während der vergangenen Jahre in hiesiger Gegend konstatieren konnte, zusammenstellen. Jahr. Daten im September.| Daten im Oktober. 1902. — 10. 13. 1903. 21. 15. 1904. —_ —_ 1905. 5. 13. 16. 17; 1906. 4. 6. 13. 1907. T.0IN 285 130. 12 278. Be Während sich nun hiernach bis zum Jahr 1906 inel. die Sänger um Anfang oder Mitte September und um Mitte Oktober gruppieren, ist im Jahr 1907 zu Ende September und Anfang Oktober eine ganz auffällige Steigerung zu bemerken, die allerdings auch mit einem zumeist herrlichen warmen Herbst- wetter zeitlich zusammenfiel. In den ganzen vorhergehenden Jahren, — nur 1904 nach dem heifsen Sommer, habe ich überhaupt keinen Zilpzalp im Herbst singen hören — in denen es aber doch Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1907. 31 auch an schönen Herbsttagen nicht mangelte, ist dagegen eine gewisse Periodicitätim Auftreten der Sänger zu den vorhin hervorgehobenen Monatsteilen ohne weiteres ersichtlich. Da ich tagtäglich Exkur- sionen im Gebiet während jener Jahre unternommen habe, dürfte diese kleine Zusammenstellung in ihren Daten immerhin bemerkens- wert sein. 101. Turdus iliacus L. Gundorf: Frühjahrzug: 23. III. — 10. IV.; Ilerbstzug: 17. X. — 13. XI. Im Frühjahr treten diese Drosseln oft in sehr grofsen Scharen auf und mit ihrem rauhen Geplauder nebst den eingestreuten eigenartigen Heultouren erfüllen sie dann nicht selten ganze kleine Waldparcellen; im Herbst erscheinen sie immer nur in geringerer Anzahl. — Universitätsholz: Am 8. IV. und vom 21.-29. X. einzelne oder in ganz kleinen Trupps. 102. Turdus viscworus L. Gundorf: D. Am 17. IV. 1 St. lebhaft schnärrend nach S. überhinziehend. 103. Turdus merula L. Bereits am 6. V. traf ich auf dem Scherbelberg eine ausgeflogene fast flügge junge Amsel, die noch gefüttert wurde. 104. Saxicola oenanthe L. Am Südabhang des Bienitz, wo ich den Steinschmätzer bereits: im Jahr 1901 in einem Paar als B. feststellen konnte, rüttelte am 20. VI. das Q' an gewissen Stellen der Gehänge lange in besonders auffälliger Weise in ab und zu plötzlich wechselnder Höhe. 105. Pratincola rubetra L. In den Wiesen südl. von Belgers- hain hat dies Jahr 1 Paar gebrütet; im Juli sah ich die flüggen Jungen des öfteren auch auf den Telegraphendrähten des nahen Bahndammes sitzen. Zum Frühjahrzug zeigten sich Braun- kehlchen vom 6.—14. V. auch häufig an den Rohrbacher Teichen. Dr. R. Hennicke hat bereits früher unsre Art in diesen Gebieten als B. konstatiert. — An dem ebenerwähnten Bahndamm habe ich übrigens, wie hier mitangeführt sei, in den letzten Jahren auch stets ein Paar der vorigen Art nistend gefunden. 106. Erithacus cyaneculus Wolf. Gundorf: Frühjahrzug: 3.—20. IV. 1—4 St. — Rohrbach: Frühjahrzug: 4. IV. — 6. V. 1—6 St. — Herbstzug in beiden Gebieten nicht beobachtet. Wie in den Vorjahren habe ich auch diesmal die Wahrnehmung machen können, dafs in unsern Gebieten eine zeitliche Sonderung der Blaukehlchen nach Alter und Geschlecht nicht statthat; man kann an ein und demselben Tage zuweilen alle Alterskleider fest- stellen; z. B.: 4. IV. Rohrbach: Weifssternige und Wolfsche Q'; 13. IV. Gundorf: Weifssternige und Wolfsche 91, @ bez. Junge; 20. IV. ebendort: Weilssternige 9, © bez. Junge. — Müncher- teich: 5. IV. 1 Wolfsches 9. — Scherbelberg: 15. IV. 1 weifsstern. ©' in den Ziersträuchern am Fulfse. 32 Dr. E. Hesse: Beobachtungen u. Aufzeichnungen etc. Am Schlufs seien nur ein paar ganz kurze Bemerkungen angefügt. In diesem Herbst und Winter habe ich nicht eine einzige Weihe, nicht eine einzige Sumpfohreule und nur einen einzigen Gimpel gesehen, während im Vorjahr genannte Vögel auf kaum einer Exkursion in die betreffenden Gebiete zu vermissen waren; es finden eben augenscheinlich von Zeit zu Zeit stärkere Invasionen gewisser Vogelspecies statt, öfter vielleicht und möglicherweise in grölserem Umfang, wie angenommen wird, nur mülsten erst von allüberall her — genaue alljährliche Auf- zeichnungen vorliegen; dann würde man auch die etwaigen Grenzen, bis zu denen und innerhalb welcher sich ebendiese Invasionen über die Länder erstrecken und ausdehnen, genauer festlegen können. — Neu bez. noch nicht nachgewiesen waren für das Gundorfer Gebiet 8 Arten, nämlich : 1. Anser fabalis Lath., 2. Numenius,argquatus L. 3. Otis tarda L., 4. Caprimulgus europaeus L., 5. Anthus spinoletta L., 6. Lullula arborea L., 7. Parus ater L.; 8. Turdus viscivorus L.; für die Rohrbacher Teiche eine Art, nämlich Totanus ochropus L. Dies möge für 1907 genügen. Über die Entstehung des Vogelzuges. Von Dr. Wilh. R. Eckardt. Wohl kaum ein anderes Phaenomen hat von jeher die Aufmerksamkeit der Gelehrten und selbst der weiteren Kreise in höherem Malse auf sich gelenkt als die alljährlich anscheinend unter ganz bestimmten Gesetzmälsigkeiten vor sich gehende Wanderung unserer Zugvögel. Und doch herrscht gerade über diesen Gegenstand noch eine grolse Verworrenheit der Ansichten; ja, die Rätsel, die dieses Problem aufgibt, wollen schier unlösbar scheinen, und sie wären es auch, begnügten wir uns mit der Kenntnis der heutigen Verhältnisse, unter deren Zwang dieses Phae- nomen alljährlich vor sich geht, und der hieraus abgeleiteten Begrün- dung. Wirmülsen vielmehreinen Blick rückwärts werfen in vergangene geologische Epochen, um die Eigentümlichkeiten dieser zu erforschen, die sich vor allem in ihren Klimaten und den Wirkungen dieser auf die Organismen äufsern, und man wird erkennen, dafs diese Wirkungen sich deutlich im Leben der Zugvögel bis in unsere Tage hinein verfolgen lassen. Aus Vergangenem und Bestehendem einen Kausalnexus zu konstruieren, wird also unsere vornehmste Aufgabe sein, oder mit anderen Worten: in der Achtung vor geologisch-geographischen Tatsachen erblicken wir, gestützt auf die Kenntnis von der Biologie und den Charaktereigenschaften unserer Zugvögel, die wesentlichsten Momente, die für die Entstehung des Vogelzuges malsgebend werden mulsten. Über die Entstehung des Vogelzuges. 33 Alle Veränderungen der Erdoberfläche in Boden und Klima müssen eine grolse Wirkung auf die Richtung der Veränderlichkeit der Lebewelt und damit ihrer Gewohnheiten ausüben; sie weisen neue Lebensgebiete an, verbinden oder trennen, Öffnen oder begrenzen alte. Wenn daher die Natur eines Raumes sich umgestaltet, so verändert er sich immer auch als Lebensraum. Werfen wir zunächst einen Blick rückwärts in die Tertiärzeit, wo eine der heutigen Ornis sehr ähnliche, z. T. vielleicht dieselbe, bereits existierte, so finden wir, dals in Europa zu Beginn derselben eine ausgesprochen tropische oder in ihren letzten Ausläufern doch noch subtropische oder gemälsigte Flora bis hoch in den Norden hinauf gedeiht. Um die Mitte des Tertiär aber kommt ein Wendepunkt: eine schärfere Zonengliederung wird bemerkbar, und wir erkennen schliefslich mit Sicherheit, wie einer alttertiären tropischen und einer miocän subtropischen eine pliocän boreale Flora folgt, bis die diluviale Eiszeit heranrückt und, alles Leben vor sich hertreibend, in Europa und Nordamerika sich aequator- wärts schiebt.!) Betrachten-wir uns nun einmal das eocäne „Mitteleuropa“ etwas näher. War dieses Land zu Beginn der Tertiärzeit auch in jeder Beziehung ein echtes Tropenland, wie unsere heutigen Tropenländer? Seinen 'Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen und infolgedessen auch seiner biogeographischen Beschaffenheit nach gröfstenteils wohl, nicht aber hinsichtlich seiner Lage auf der Erdoberfläche, denn es lag auch damals trotz der günstigen Wärme- verhältnisse nicht in der Aequatorialzone, sondern nördlich des Wendekreises, und sein Klima ging allmählich über in das ge- mäfsigte der nördlicher gelegenen Ländergebiete, ohne dafs sich der durch den Passatwind hervorgerufene, auch für frühere geolo- gische Epochen charakteristische Steppen-, bezw. Wüstengürtel dazwischen geschoben hätte. Auch zur Tertiärzeit lag dieser Gürtel südlich von Mitteleuropa, wenn er sich auch 15—20 Breiten- grade weiter nach Norden erstreckte als heute. Es kann selbst- verständlich nicht meine Aufgabe sein, hier die Gründe für diese auffallende Erscheinung genauer anzuführen: es genügt für unseren Gegenstand, festgestellt zu haben, dafs das eocäne Mitteleuropa hinsichtlich des Sonnenstandes kein Tropenland war mit Tagen und Nächten von ungefähr gleich langer Dauer im Lauf des ganzen Jahres, sondern dafs zur eigentlichen Sommerzeit die Dauer des Tages die der Nacht bedeutend überwog. In diesem Klimagebiet aber sind, wie die palaeontologischen Funde beweisen, zur Kreide- und Tertiärzeit die meisten unserer Zugvögel, bezw. ihre nächsten Vorfahren entstanden; ja, wir dürfen annehmen, dafs im Lauf der Tertiärzeit viele Arten bis in den warmen Norden, wo ja übrigens die Dauer des Tages während der günstigen Jahreszeit eine noch 1) Diese und die folgenden Ausführungen scheinen zweifellos auch für Amerika zum guten Teil in gewisser Hinsicht ihre Gültigkeit zu haben. Journ. f. Orn, LVIL Jahrg. Januar 1909. 3 34 Dr. Wilhelm Eckardt: längere war als in ihrer ursprünglichen Heimat, allmählich vordran- gen, um dann die ungünstigere Jahreszeit in der südlicher gelegenen Heimat zuzubringen. Es wären demnach jene Wanderungen der Zugvögel aus weiter unten noch näher zu erörternden Gründen bereits zur Tertiärzeit „im Keim‘ angelegt worden. Es ist das Verdienst W. Meydenbauers, darauf hingewiesen zu haben, dafs der einzige mit absoluter Sicherheit wechselnde Faktor zwischen höheren und niederen Breiten der Sonnenstand ist, und dieser Umstand legt es nahe, dafs in der Tat darin eine Haupt- ursache des Vogelzuges zu suchen ist. „Die merkwürdige Ver- dauungskraft gerade der meist in Betracht kommenden Vögel be- dingt, dafs diein den Aequatorialgegenden volle 12 Stunden dauernde Nacht vielleicht zu lang ist, um von den beständig nach Nahrung verlangenden jungen Vögeln ohne Schaden für ihre Entwicklung überstanden zu werden.“ In der Tat habe ich bei den sensibelsten aller europäischen Zugvögel, den Schwalben, sowohl bei den Mehl- wie bei den Rauch- schwalben, jahrelang die Beobachtung machen können, dafs sich die jungen Tiere der zweiten Brut, wenn sich diese verspätete, auch bei schönstem Septemberwetter in der Regel nur langsam und aufserdem nur zu schwächlichen Exemplaren entwickeln, die oft noch vor der Abreise meistens dem ersten Witterungswechsel erliegen. Das ist namentlich bei der Mehlschwalbe der Fall: die jungen Tierchen werden zwar vollkommen fiügge, erreichen aber bei weitem nicht ihre volle Gröfse und gehen bald nach Ver- lassen des Nestes ein. Solche Beobachtungen konnte ich fast in jedem Jahre im Werratale (Oberfranken) machen. Man könnte gegen die Theorie Meydenbauers einwenden, dafs doch gerade die Tropen, die sich eben durch relativ lange Nächte das ganze Jahr hindurch auszeichnen, das arten- und in- dividuenreichste Vogelleben beherbergen. Aber wenn man sich sewöhnt hat, darwinistisch zu denken, wird man bald klar erkennen, dafs es sich bei diesem Einwand doch nur um einen Scheingrund handelt. Meydenbauer ist der erste gewesen, der auf den wechselnden Sonnenstand als einen der Hauptgründe für die Ent- stehung des Vogelzuges hingewiesen hat, aber auf den Ursprung dieser Kausalität in dem von mir angedeuteten Sinne, sowie auf die Gründe der Erscheinung, dafs bereits im Tertiär viele Vögel aus dem europäischen Tropengebietnach Norden zogen, um hier das Brutgeschäft zu verrichten, ist Meydenbauer nicht näher eingegangen: es mu[s vor allem betont werden, dafsdielangeDauer des Tages insofern für das Brutgeschäft der Zugvögel von ungeheurer Wichtigkeit ist, als jene ein Hauptcharakteristikum der Urheimat der Zugvögel darstellt. Gewils liegt der Gedanke nahe, wenn man doch sonst der Anpassung in der belebten Natur eine so grolse Rolle bei der Entstehung der Arten beimifst, dals die Zugvögel der Postmiocän- Über die Entstehung des Vogelzuges. 35 zeit sich allmählich an die veränderten Lebensbedingungen, die ihnen ihr neuer nunmehr afrikanischer Winteraufenthalt bot, auch während der Brutzeit hätten gewöhnen können.!) Müssen sich doch auch die echten Tropenvögel jahraus jahrein mit den zwölf- stündigen Tagen begnügen. Was mulste also die Zugvögel ferner noch in allererster Linie veranlassen, sich zur Verrichtung des Brut- geschäftes immer wieder nordwärts zu wenden ?2) Warum bleiben sie nichtim warmen Süden, wo für sie, wieman doch allgemein annehmen sollte, das ganze Jahr hindurch der Tisch reichlich gedeckt ist? Nun bei Beantwortung auch dieser Frage spielt wiederum die herbe Magen- frage die erste Rolle, so paradox diese Behauptung zuerst auch klingen mag. Immer ist es die Ernährungskonkurrenz: der Nah- rungsüberflufs und der Nahrungsmangel, die die Individuenzahl einer bestimmten Tierart in einem gewissen Distrikt regulieren. Wenn im übrigen die Verhältnisse zu der Existenz einer Art passen, d. h. wenn die Oberfläche des Bodens das günstige Medium ab- gibt, wenn die vielen Schutzverhältnisse, welche die verschiedenen Arten zur Bergung ihrer Brut bedürfen, vorhanden sind, so richtet 1) Dafs wirklich eine Anpassung mancher Zugvögel an Länder statt- findet, die in der bezeichneten Weise klimatisch von der eigentlichen Heimat verschieden sind, gebt zweifellos aus folgender Tatsache hervor: Im äufsersten Norden und Süden Afrikas, wo früher die echten Schwalben z. T. überhaupt nicht, z. T. nur in beschränkter Anzahl brüteten, sollen sie namentlich in den letzten Dezennien häufiger Nester bauen. Es könnte das wohl, was namentlich den Süden des genannten Erdteiles an- belangt, damit zusammenhängen, dafs mit dem Fortschreiten der Kultur den Schwalben bessere Nistgelegenheiten geboten werden, die ihnen früher fehlten. Dazu kommt, dafs in diesem Falle ein „Kampf ums Dasein“ mit derselben Art, bezw. nächstverwandten Arten dieser Vögel in der Regel ausscheidet. Doch sind derartige Berichte, solange eine Bestätigung aus ornithologischen Fachkreisen nicht vorliegt, nur mit Vorsicht aufzunehmen. 2) Auf dieGründe derRückwanderung der Zugvögelnach Norden ist auch Chr. Deichler, der eine sonst vollkommen einwandfreie Theorie des Vogelzuges gegeben hat (Journal f. Ornithologie, Januar- Heft 1900), nicht näher eingegangen. Dafs jedoch auch die sogenannten Strichvögel eine Regelmäfsigkeit in ihren Zügen erkennen lassen, hat — beiläufig bemerkt — Deichler mit Recht besonders hervorgehoben, und wenn man auch über die Differen- ziierung von „Wandervögel‘“ und „Strichvögel‘“ nach dem heutigen Stand der Forschung noch geteilter Meinung sein kann, so ist doch jedenfalls soviel sicher, dafs viele Vögel der kontinentalen Teile Eurasiens im Winter sich dem mit einem wechselvolleren ozeanischen Klima ausgestatteten West- und Mitteleuropa zuwenden. Wir hätten es auch in diesem Falle mit zur Regel gewordenen Nahrungsflügen zu tun, während Vögel des eigentlichen, in der Hauptsache noch durch ein ozeanisches Klima ausgezeichneten Nordens, nur in abnorm ungünstigen Jahren, wenn die Not sie zwingt, in südlichere Gegenden wandern, um hier wenigstens einen Teil des Winters zuzubringen. 3*+ 36 Dr. Wilhelm Eekardt: sich die Frequenz der Art nur noch danach, wie viele Individuen in dem Distrikt ihre Nahrung finden. Mit diesem Satz aber ist, nach D. F. Weinland,!) ein Ge- setz der organischen Natur überhaupt ausgesprochen. Man denke hier an das Wort unserer Jäger und Hirten, die von einem über- setzten, d. h. mit Wild übervölkerten Revier, bezw. von einer über- setzten Weide sprechen. Das alles kommt auf denselben Grund- satz hinaus. Aus diesem Gesetz aber erklären sich auch die ver- schiedenen Charktere und Lebensgewohnheiten der Vögel. Ein Vogel, der durchschnittlich das ganze Jahr hindurch überall leicht und reichlich seine Nahrung findet, verträgt sich auch mit seinen Artgenossen und Verwandten, sowie den sonst in dieser Hinsicht bevorzugten Vögeln; es spricht sich unter ihnen ein Hang zur Geselligkeit aus. Gemeint sind hier die Körner-, bezw. Allesfresser, wie Sperlinge, Ammern, Finken etc. Eine andere Art dagegen, die das ganze Jahr hindurch auf eine schwerer zu erwerbende Nahrung angewiesen ist, lebt ungesellig infolge der Eifersucht des Individuums auf die eigenen Artgenossen, die ihm seine spezifische Nahrung vor dem Munde wegschnappen. Nun lebt aber weitaus die Mehrzahl unserer Zugvögel ungesellig und fast alle Arten nähren sich in der Hauptsache von Insekten, deren es ja auch genug zu geben scheint. Indessen sind die meisten Arten bei der Nahrungssuche sehr wählerisch und der wirklich bissige Neid gegen dieselbe oder nahverwandte Art und die strenge Wach- samkeit über den Verbreitungsbezirk eines Individuums, bezw. Pärchens, ist daraus zu erklären, dafs die Insekten, die von der betreffenden Art gern und vorzugsweise gejagt werden, doch nicht in solcher Zahl vorhanden sind, um innerhalb eines gewissen Dristriktes mehr als einem Pärchen und vor allem seiner Nach- kommenschaft als leicht zu erreichende Nahrung zu genügen. Man mulfs eben bedenken, dals die Arten Fähigkeiten der Natur sind: in jeder Art hat sich diese eine besondere Tätigkeit aus- gebildet, und je nachdem sie der einzelnen Tätigkeiten bedarf, gibt sie den einzelnen Arten den Vorzug oder schafft sich neue. Der in der Definition des Ausdrucks so oft recht mifsver- standene „Kampf ums Dasein“ existiert in der belebten Natur in erster Linie eigentlich nur als „Kampf um Raum“. Der weiteRaum wirktLebenerhaltend: wenn jedesLebewesen an sich einen Raum beansprucht, in dem es weilt, so braucht es einen weiteren Raum, aus dem es seine Nahrung zieht, und es erreicht die Höhe seiner Raum- forderung im Prozels der Vermehrung. Dieser Umstand ist es in erster Linie, welcher eine An- passung der Zugvögel an die geänderten Existenzverhältnisse in den Tropen während der Fortpflanzung vereitelte: es entstand, nachdem die regelmäfsig von Norden her eindringenden Vögel 1) Zur Bevölkerungsstatistikim Tierreich. Zeitschr. „Kosmos“ 1879/80. Über die Entstehung des Vogelzuges. 37 den in den Tropen einheimischen Arten sich zugesellt hatten, jedesmal wenn zum Brutgeschäft geschritten werden sollte, eine Wohnungsnot und ein damit Hand in Hand gehender Mangel an spezifischer Nahrung für die einzelnen Arten. Aus diesen Gründen wurden die Zugvögel immer wieder gezwungen, zur Fortpflanzungs- zeit die ursprüngliche Heimat wieder aufzusuchen, um hier das Brutgeschäft ungestört verrichten zu können. Dazu kommt, dafs auch die tropischen Klimaverhältnisse keineswegs das ganze Jahr hindurch den ständigen Aufenthalt aller Vögel an demselben Ort gestatten: man hat vielmehr auch hier ein Hin- und Herziehen vieler dort einheimischer Vögel, vor allem aber auch unserer Zugvögel während ihres Winteraufenthaltes daselbst, feststellen können: ein Wandern, welches im Rhythmus mit den Regenzeiten sich zu vollziehen scheint, die ja ihrerseits in den Tropenländern zeitlich dem höchsten Sonnenstand entsprechen. So scheint in der Tat der wechselnde Sonnenstand die Zugvögel von einer Halbkugel zur anderen zu leiten, bis sie schliefs- lich die nördlichen Länder des längeren Sonnenstandes regelmäfsig namentlich zum Zweck der Fortpflanzung aufsuchen. Wenn nun die Gunst des sich erweiternden nahrung- spendenden Raumes der Grund für die Rückwanderung der post- miocänen, d. h. also unsrer heutigen Zugvögel aus Afrika nach Europa ist, so wird auch die Auswanderung vieler Vogelarten aus dem tertiären europaeischen Tropengebiet nach dem höheren Nor- den verständlich. Auch dieser Schritt ist auf dieselbe Ursache zurückzuführen; auf Übervölkerung in dem eigentlichen Heimat- lande ihres Ursprungs: Ausdehnung des Verbreitungsgebietes be- deutet eben in der gesamten organischen Natur Erhaltung und Weiterentwicklung der Arten. So wandern denn die Zugvögel von heute in ihr ursprüngliches Heimatland zurück und wohl nur mit Hülfe des z. T. bereits im frühen Tertiär ausgeführten Wandertriebes, dersieschon damals nord- wärts führte zu den Ländern, welche die für die Er- haltung der Arten notwendigen Bedingungen unge- schmälertdarboten, konntensiesichüberhauptneben ihren tropischen Artverwandten im Kampf ums Da- sein überlebend erhalten bis auf den heutigen Tag. Wenn nun auch die Raumbewältigung, die dem Vogel von allen Organismen doch am leichtesten fällt, immer nur „Mittel zum Zweck“ bleibt, so mufste sie doch im Lauf der Zeiten viel zur Ausbildung und Umbildung dieser Lebewesen und ihrer Gewohn- heiten beitragen. Soviel ist indessen sicher, dafs unter den Gewohnheiten der Zugvögel die Zugrichtung, oder besser gesagt, der Verlauf der Zugstrafsen, z. B. über das Alpengebirge, bereits vor der Eiszeit derselbe war wie heute. Denn nur mit der im Laufe der Tertiärzeit vor sich gehenden Aufwölbung dieses Gebirges konnten diese Zugstralsen festgelegt werden und sind bis auf den 38 Dr. Wilhelm Eekardt: heutigen Tag beibehalten worden. Allen diesen Bewegungen müssen uralte als Instinkte vererbte Erfahrungen zugrunde liegen. Ja, dals die Wandervögel nicht den kürzesten Weg zwischen Festländern und Inseln folgen und vielfach nicht die Inseln des Mittelmeergebietes, an denen sie vorbeifliegen, als Raststätte benutzen, macht es zweifellos, dafs sie manchen Weg schon flogen, als dessen Inseln noch Festland waren. Das sind Tatsachen, die mit der geologischen Beschaffenheit des Mittelmeergebietes namentlich im Miocän vortrefflich übereinstimmen. Die eben erwähnte geologische Erscheinung der Eiszeit in den verschiedenen Stadien ihres Vorzuges und Rückzuges mulste natürlich die Verbreitung aller Organismen stark beeinflussen, zumal da sie gerade da ihren Höhepunkt erreicht, wo die Umrisse der heutigen Länder, die Ufer der Meere im grolsen und ganzen bereits festgelegt sind; es verringerten sich die Lebensräume für die an ein wärmeres Klima gewöhnten Lebewesen, und auf dem übrig bleibenden Boden fand zwischen Firn und Gletscher immer weniger Leben Platz. Auch während der Eiszeit waren die Zugvögel in Mitteleuropa vertreten, und man darf das Klima des nicht vergletscherten Gebietes in jener Zeit nicht etwa mit den moosbedeckten Tundren des nördlichen Sibirien und Lapplands vergleichen, sondern mit den im Frühling von einem bunten Blumenteppich bedeckten, von Insekten und Vögeln reich belebten, im Sommer ausdorrenden und im Winter unter meterhohem Schnee begrabenen Sand- und Lehmwüsten von Transkaspien. Während nun C. Deichler der Eiszeit eine hohe Bedeutung für die Entstehung des Vogelzuges beimilst, möchten wir auf Grund der oben angeführten Tatsachen glauben, dafs die Diluvialzeit trotz ihres gewaltigen Auftretens von nur untergeord- neter Bedeutung auf die Entstehung des Vogelzuges selbst gewesen ist, da[s vielmehr das bereits im Unter- miocän einsetzende kühlere Klima Europas!) den ersten Anstofs zum Wandern der Zugvogel nach südlicher gelegenen Gegenden zur ungünstigen Jahreszeit gab, bis jene schliefslich genötigt waren, das eigentliche Aequatorial- sebiet als Winterherberge aufzusuchen, während noch im Eocän die meisten der heutigen Zugvogelarten, bzw. ihre nächsten Vorfah- ren, Standvögel in Mitteleuropa waren, welches Land wiederum die 1) Bereits im Untermiocän kamen in Mitteleuropa Fröste während der eigentlichen Vegetationszeit vor. Das geht „greifbar“ deutlich hervor aus den an den Blättern einer Buchenart wahrnehmbaren Durchlöcherungen und der bisweilen hieraus enstehenden Schlitzblättrigkeit sonst ungeteilter Blätter oder Blatteile. Die fraglichen Blattabdrücke stammen aus dem Zschipkauer und Senftenberger Braunkohlenrevier. Diese Fröste sind vielleicht identisch mit unseren heutigen Eisheiligen und machten sich als erste Vorboten der herannahenden Eiszeit also schon damals bemerkbar. (Prometheus 1905 No. 796). Über die Entstehung des Vogelzuges. 39 Vögel zur ungünstigen Jahreszeit aufnahm, welche ihr Verbreitungs- gebiet nach Norden ausgedehnt hatten: in Länder, wo sich bereits im Tertiär ein ausgesprochener Jahreszeitenwechsel vor allem an den pflanzlichen Organismen deutlich bemerkbar macht. Was die Form der Wanderung der Zugvögel anlangt, so mag diese zunächst nur lose und ungeordnet gewesen sein, allmählich aber mit den immer schlechter werdenden klimatischen Verhältnissen zu einer in grofsen Zügen geordneten geworden sein, und zwar dürfte hierzu u. a. in erster Linie der Umstand Veranlassung gegeben haben, dafs sich beim Eintreten der ungünstigen Jahreszeit viele Vögel derselben Art an begünstigten Lokalitäten versammelten. Der Eintritt gewisser klimatischer Faktoren, die sich alljährlich wiederholten, bedeuteten dann wohl für die Vögel das Signal zum Aufbrechen in grölseren Zügen, wobei die der Gegend kundigen Alten die Führung übernahmen. — An dieser Stelle muf[s auch noch auf den Grund einer Erscheinung im Vogelleben eingegangen werden: ich meine dafs Überwintern mancher Zugvögel in gemälsigten Breiten, eine Erscheinung, die neuerdings sogar Anlals zur Aufstellung der Hypothese gegeben hat, dafs wir einer neuen Tertiärzeit entgegen gingen, einer Zeit mit heilsen Sommern und warmen Wintern, welch letztere nament- lich auf das Leben vieler unsrer Zugvögel ihre Wirkung insofern nicht verfehlen sollte, als nach den „neuesten“ Beobachtungen, Bachstelzen, Rotkehlchen, Stare, Finken u. s. w., oft sogar in grölserer Anzahl, bei uns überwintern. Auf die klimatologischen und geophysikalischen Gründe, die durchaus gegen eine solche Hypothese sprechen, näher einzugehen, ist hier nicht am Platz; es genüge der Hinweis, dafs Beobachtungen über das Überwintern der genannten Vogelarten auch in früheren Zeiten gemacht worden sind. Dafs aber eine derartige Hypothese überhaupt entstehen konnte, ist lediglich dem Umstande zuzuschreiben, dafs man eben neuerdings dem Problem des Vogelzuges sowohl wie überhaupt der leider immer seltener werdenden Vogelwelt gröfsere Beachtung schenkt als ehedem. Aus welchem Grunde aber ziehen diese Vögel nicht nach dem Süden fort? Soviel ist sicher, dafs wenn alle Vögel während des Winters von jeher genügend Nahrung in der nordischen Heimat gefunden hätten, auch kein Vogelzug entstanden wäre. Da indessen während dieser Jahreszeit für die mit einem guten Appetit gesegneten Zugvögel der Tisch nur knapp gedeckt ist, so findet auch eine nur sehr beschränkte Anzahl von Vögeln selbst an den zufällig begünstigten Lokalitäten genügend Nahrung. Andrerseits kommt jedoch für das Uberwintern als günstiger Umstand hinzu, dafs bei Abnahme der Individuen- zahl, d. h. durch Fortziehen der meisten Vögel nach dem Süden, die Gröfse und Leistungsfähigkeit des Raumes, aus dem die bedreffenden Vögelihre Nahrungziehen, für daseinzelne Individuum wächst. Die Gunst des sich erweiternden nahrungspendenden Raumes ist es also, die hier lebenerhaltend wirkt bei gleichzeitiger 40 Dr. Wilhelm Eekardt: Verminderung der Vögel und ihrer spezifischen Nahrung selbst. Die Vögel, die bei uns überwintern, brauchen daher keine kranken und reiseunfähigen Tiere zu sein, wie man gewöhnlich annimmt, es sind vielmehr die Nachkommen solcher Eltern, denen von jeher in der Hauptsache aus der Gunst lokaler Verhältnisse heraus die Möglichkeit erwuchs, in der Heimat den Winter ohne Schaden zu überdauern; es handelt sich zweifellos um Vögel, bei denen sich der Wandertrieb nicht mehr instinktmälsig vererbte. Freilich vermag auch ihre an sich schon geringe Zahl die Ungunst eines abnorm kalten Winters erfahrungsgemäls arg zu dezimieren, sodals man bald mehr, bald weniger bei uns überwinternde Zug- vögel beobachten kann. Überhaupt wird ja das ganze Vogelzugproblem dann erst ganz verständlich, wenn man bedenkt, dafs sich auch in diesem Falle das Selektions- prinzip in seiner schroffsten Weise geltend machen mufste, insofern als die natürliche Zuchtwahl nur diejenigen Vögel am Leben liefs, die relativ spät in ihre Heimat zurück- kehrten, d. h. zu einer Zeit, wo schon günstigere Ernährungs- bedingungen gegeben waren. Unausgesetzt spielt natürlich auch heute noch die Selektion, wie in der gesamten Biosphäre, so auch im Leben der Zugvögel eine entscheidende Rolle. Da indessen in früheren Zeiten infolge der ungeschwächten Regenerationskraft der einzelnen Arten, die durch die für die Fortpflanzung vorhandenen günstigen Verhältnisse in der nördlichen Heimat bedingt war, diese Wirkung auf die infolgedessen im allgemeinen konstante Zahl der Individuen von nur geringem Einflufs war, mufs bei den heute in der Heimat vielfach vernichteten höchsten Beding- ungen für die Erhaltung der Arten die Witterung im zeitigen Frühjahr von entscheidendem Einflufs sein auf die überlebende Zahl der in Anbetracht abnorm schlechter Witterungsverhältnisse allzuzeitig zurückgekehrten Vögel. Wiederum an den Schwalben, kann man seit Ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahr- hunderts die vorstehenden Ausführungen trefflich bestätigt finden. So kehrten im oberen Werratale in der Gegend von Hildburg- hausen in den letzten Dezennien!) des vergangenen Jahrhunderts die ersten Rauchschwalben in den letzten Tagen des März und in den ersten Tagen des April zurück, während das eigentliche Gros erst Mitte April eintraf. Als dann namentlich im Lauf der 90er Jahre aus verschiedenen Gründen, die z. T. noch nicht völlig aufgeklärt sind, die Zahl der Schwalben auffallend zurück ging, mulste sich natürlich am auffälligsten die Zahl der ‚„Vorposten“ verringern und diese, bzw. deren Nachkommen, auf die sich die Gewohnheit, früh zurückzukehren, so intensiv vererbt hatte, scheinen in der Tat ausgestorben zu sein, da heute (d. h. seit den letzten Jahren des vergangenen Jahrhunderts) nur selten 1) Seit dieser Zeit ist das genauer beobachtet worden. Über die Entstehung des Vogelzuges. 41 eine Schwalbe in der genannten Gegend vor Mitte April gesehen wird. Nur mit Hülfe des Selektionsprinzips erklärt sich ohne Schwierigkeit aber auch die auffallende Tatsache, dafs viele Zug- vögel ihre Abreise im Herbst bei noch günstiger Witterung und reichlichem Vorhandensein von Nahrung vornehmen. Ist doch der Herbst in einem gemälsigten Klima, wie dem unsrigen, eine hin- sichtlich seines Charakters äulserst wechselvolle Erscheinung: bald zeigt er sich sommerlich warm, bald winterlich kalt. Das wird auch in früheren Erdperioden, wie im Pliocän, wo das Klima dem heutigen sehr ähnlich war, und noch mehr in der Eiszeit, die demnach zweifellos heute noch in dieser Hinsicht im Leben der Zugvogel ihre Wirkung geltend macht, der Fall gewesen sein. Zweifellos sind die jungen Vögel aus verschiedenen leicht einzusehenden Gründen am empfindlichsten gegen Wetterstürze und deren Folgen. Es blieben demnach nur diejenigen Vögel über- lebend, auf die der Wandertrieb sich in der Weise intensiv ver- erbte, dafs dieser sie zwang, nach beendigter Brut so bald wie möglich mit den Eltern die nordische Heimat zu verlassen. So erklärt sich auch ohne Schwierigkeit die gerade bei den jungen Vögeln zuerst oder wenigstens am auffälligsten sich äulsernde Unruhe zur Zugzeit, bezw. unmittelbar vor der Abreise. Wir hätten nun zum Schlufs nur noch einer Frage kurz näherzutreten, deren Beantwortung für unseren Gegenstand eben- falls von gröfster Wichtigkeit ist: Ist der Vogelzug in seiner heutigen Art und Weiseinjeder Beziehung eine reine Instinkthandlung? Unter Instinkt hätten wir einen erblichen Trieb zu bestimmten Handlungen zu verstehen, der in inniger Beziehung steht mit der durch die Organisation des Körpers ge- gebenen Fähigkeit, diese Handlungen auszuführen. Die Aus- führung dieser Handlungen selbst aber ist eine seilb- ständige und bewulste Tätigkeit. Stimmt das auch beim Vogelzug? Dafs das in der Tat der Fall ist, geht aus folgender Beobachtung hervor: Infolge der abnorm schlechten Witterung im August und September 1905 in verschiedenen Teilen Deutschlands verspätete sich vielerorts die zweite Schwalbenbrut. Als das Gros der Schwalben sich zur Abreise rüstete, war jene noch nicht flug- kräftig genug, um die lange Wanderstrecke zurücklegen zu können. Die Eltern und älteren Geschwister flogen nach dem warmen Süden davon, ihrem Wandertrieb folgend, und liefsen die jüngeren Ge- schwister zurück. So wurden diese ihrer Führer über die Alpen beraubt und blieben, unschlüssig hin und herfliegend, namentlich in der klimatisch begünstigten Rheinebene in grofser Zahl zurück, wo sie noch in der ersten Hälfte des November beobachtet wurden. Auch rüsteten sie sich nicht zur Abreise, als wieder bessere Witterung eintrat. Aus dieser Tatsache geht deutlich hervor, dafs der junge Zugvogel seinen Weg nach Süden von selbst nicht findet. 42 Dr. Wilhelm Eckardt: Über die Entstehung des Vogelzuges. Er mufs ihn aus Erfahrung kennen, ihn bereits mit durchflogen haben, wenn er zu seinem Ziel gelangen will. Nur dann findet er sich zurecht, wenn er von seinen älteren Artgenossen, die den Weg bereits früher zurücklegten, geführt wird. Zwar be- sitzt auch der junge Vogel, der noch nicht gezogen ist, den Wander- trieb an sich, aber selbständig kann er aus ihın nicht den letzten Nutzen ziehen. Das können wir auch sonst noch deutlich an den jungen Schwalben der ersten Brut beobachten, die bald nach Ver- lassen des Nestes ihre „Ubungsflüge“ abhalten, aber deswegen nicht abziehen, weil die Eltern noch zu einer zweiten Brut schreiten. Erst wenn diese erfolgt ist, rüstet sich das ganze Gros, welches von den alten Schwalben geführt wird, endgültig zur Abreise. Das wärenim wesentlichendie kurzen Grund- züge einer TheorieüberdieEntstehungdesVogel- zuges, diebiologisch-entwicklungsgeschichtlichen Tatsachen ebenso gerecht wird, wie geologisch- geographischen. In den Rahmen dieser Theorie lassen sich alle bis jetzt über den Vogelzug bekannten Haupttatsachen ohne Schwierigkeit einfügen, und das Vogelzugproblem ist nicht mehr jene Frage, die, wie es nach der Meinung von W. Gallenkamp!) scheinen will, noch soviel Wunderbares und Dunkles in sich birgt, das noch lange unbeantwortet bleiben dürfte. Wir halten die Methode, nach der Gallenkamp die Entstehung des Vogelzuges ergründen will, für gänzlich verfehlt. 1) W. Gallenkamp, Die Entstehung des Vogelzuges. Beilage zur Allg. Ztg., No. 277, München 1904. 48 Bericht über die 58. Jahresversammlung der Deutschen Ornitholo- gischen Gesellschaft in Danzig, Rossitten und Königsberg am 2.—6. Oktober 1908. Anwesend von Mitgliedern die Herren: Braun (Graudenz), Heinroth (Berlin), Kollibay (Neisse), Krause (Berlin), Lakowitz (Danzig), v. Lucanus (Berlin), K. Neunzig, (Weidmannslust), Reichenow (Berlin), Rörig (Grofs Lichterfelde), Schalow (Berlin), Schiller (Berlin), Schuler (Bayreuth), Szielasko (Nordenburg), Thienemann (Rossitten), Tischler (Losgehnen), Ulmer (Quanditten), Voigt (Leipzig), Graf Zedlitz und Trützschler (Schwentnig). Als Gäste nahmen teil die Herren: Aschmoneit, Baedecker, Bock, Connor, L. Dobbrick, R. Dolle, Franke, Ganslandt, Glaubitz, E. und R. Hoffmann, R. Hopp, Ibarth, v. Jarotzky, Knoch, Korella, v. Kries, Kumm, Lieyin, Lippky, Moeschler, Momber, Mortzfeldt, R. Neunzig, Rahlfs, G. Riemer, Rodenacker, J. Schenk, K. Sieben- freund, Speiser, v. Stutterheim, Th. Zimmermann, Grols, Behrent, und die Damen: Fr. Connor, Fr. M. Heinroth, Frl. Anna Hopp, Fr. Ibarth, Fr. Hertha Knoch, Fr. J. Lakowitz, Frl. Else und Mar- sarete Lakowitz, Frl. Elsa Lietzmann, Fr. Lippky, Frl. Marie Lützow, Frl. Anna Naumann, Frl. Adolfine Steinmüller, Fr. Rörig, Fr. Thienemann. ee Herr Schalow, Schriftführer: Herr Hein- roth. Freitag den 2. Oktober öffentliche Sitzung im Hötel „Danziger Hof“ in Danzig Abends 71/, Uhr. Im Auftrage des Botanisch-Zoologischen Vereins der Provinz Westpreufsen wie der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig begrüfst der Lokalgeschäftsführer Herr Lako witz die anwesenden Mitglieder der D. O. Gesellschaft, heifst sie willkommen und wünscht ihren Arbeiten während der diesjährigen Tagung einer erspriels- lichen Fortgang. In Beantwortung der Begrüfsung dankt Herr Schalow Herrn Lakowitz für die liebenswürdige Bewillkommung und spricht zugleich dem Herrn Regierungpräsidenten für die Entsendung eines Vertreters zur Teilnahme an der Versammlung den ehr- erbietigsten Dank der Gesellschaft aus. In den 58 Jahren des Bestehens der D. O. Gesellschaft, führt der Vorsitzende aus, ist es das erste Mal, dafs die Mitglieder im Osten des deutschen Vaterlandes tagen. Gern sind sie der Aufforderung, hier eine Jahresversammlung abzuhalten, gefolgt. Denn die Provinzen West- und Östpreufsen bieten vom Standpunkte des Ornithologen ein ganz aufserordentliches Interesse. Hier beginnt bereits die Verknüpfung der Fäden, die von dem westlichen Teil der 44 Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908. palaearctischen Region zu dem östlichen hinüberleiten. Es ge- reicht den anwesenden Mitgliedern unserer Gesellschaft aus den zentralen Gebieten Deutschlands zu besonderem Vergnügen, etwas von dem Gelände der beiden Provinzen kennen zu lernen, preulsisches Vogel-Material in den Sammlungen zu sehen und, worauf ein Hauptwert der Tagung zu legen ist, die bereits oft gewünschte Gelegenheit zu finden, die preufsischen Fachgenossen kennen zu lernen und mit ihnen in persönlichen Verkehr zu treten. Mit nochmaligen Worten des Dankes an den Herrn Lokal- geschäftsführer eröffnet Herr Schalow die 58. Jahresversammlung der D. OÖ. Gesellschaft. Herr Graf Zedlitz-Trützschler erhält das Wort zu einem längeren Vortrag über seine Reise in Abessinien und Erythraea, den er mit vielen Lichtbildern illustriert. Der für denselben Abend angekündigte Vortrag des Herrn Reichenow mulste der vorgerückten Zeit wegen auf den nächsten Vormittag verschoben werden. Nach Schluss der Sitzung, der etwa gegen 9!/, Uhr statthatte, blieben die Anwesenden zu einem geselligen Abendessen im Danziger Hof vereinigt und trennten sich erst in später Nachtstunde. Sonnabend, den 3. Oktober. Um 9 Uhr versammelten sich die Teilnehmer an der Jahres- versammlung in den alten ehrwürdigen Räumen der Natur- forschenden Gesellschaft in der Frauengasse. Herr Regierungs- präsident von Jarotzky begrülst im Namen der Regierung u. Herr Professor Momber in dem der Naturforschenden Gesellschaft die anwesenden Teilnehmer der Jahresversammlung. Letzterer weist auf die Geschichte der von ihm geleiteten Gesellschaft, die im Jahre 1743 begründet wurde, hin, und erinnert in seiner Ansprache an den berühmten Danziger Ornithologen J. Th. Klein. Der Vorsitzende, Herr Schalow, erwidert mit warmen Worten und sprichtden verbindlichsten Dank der deutschen Ornithologischen Gesellschaft für die Teilnahme der erwähnten Herren aus. Er begrülst ferner den Abgesandten der Ungarischen Ornithologischen Zentrale, Herrn Jakob Schenk und sagt Herrn Otto Herman, dem Chef der genannten Üentrale, Dank für die Entsendung seines Assistenten. Durch die Anwesenheit des Herrn Schenk ist auch für unsere Vogelwarte Rossitten die Gelegenheit gegeben, in einen Gedankenaustausch über die verschiedenen Arbeits- methoden bezüglich Behandlung der Vogelzugfragen nutzbringend einzutreten. Herr Schalow teilt mit, dafs für das im Jahre 1907 hin- geschiedene Ausschufsmitglied Herrn Talsky eine Ersatzwahl stattfinden müfse, und schlägt Herrn Otmar Reiser in Sarajewo vor,. auf dessen grofse Verdienste um die Erforschung des Balkan hinweisend; der Vorschlag wird einstimmig angenommen. Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908. 45 Herr Reichenow verliest die eingegangenen Begrüfsungs- telegramme und Briefe der Herren Kuschel, Blasius, Helm, Nehrkorn, Hartert, OÖ. Neumann, v. Treskow, Szielasko, Reiser und Herman, die ihr Fernbleiben entschuldigten. Die Reihe der angemeldeten Vorträge eröffnet Herr Schalow mit einem kurzen Bericht über den augenblicklichen Stand der Naumannforschung (nachfolgend ausführlich abgedruckt). Herr Reichenow hält einen Vortrag über die Vögel des Weltmeeres, der mit vielen prächtig und naturwahr kolorierten Lichtbildern illustriert wurde. In der Diskussion wird darauf aufmerksam gemacht, dafs der Guano, welcher aus dem regenarmen Peru stamme, ein ganz ausgezeichnetes Düngermittel sei, während der, starken Regenfällen ausgesetzte, Bolivia-Guano so ausgelaugt ei, dals er für den landwirtschaftlichen Betrieb nur ein sehr minderwertiges Erzeugnis darstelle. An den Vortragenden wird die Frage gerichtet, ob diese Guanoformen auch von verschiedenen Vogelarten herstammen, oder ob ihre verschiedene Wertigkeit ausschliefslich durch die erwähnten Witterungseinflüsse bedingt sei. Herr Reichenow erklärt, dass es sich in beiden Fällen um dieselben Pelikan- und Kormoranformen als Erzeuger des Guanos handele. Herr Regierungspräsident v. Jarotzky, der im Auftrage des leider verhinderten Herrn Oberpräsidenten von Jagow erschien, spricht das Bedauern seines Chefs aus, durch anderweitige Inanspruchnahme verhindert zu sein, die Herren zu begrüfsen und übermittelt die angelegentlichsten Wünsche desselben für einen nutzbringenden Verlauf der Danziger Tagung. Herr Kollibay, der inzwischen den Vorsitz übernommen hat, spricht den besten Dank für diese Wünsche im Namen der Gesellschaft aus. Herr Braun berichtet hierauf in längerer Ausführung über die Ornis des Bosporus. (Ausführlicher Bericht nachfolgend abgedruckt). Nach diesem Vortrage läfst der Vorsitzende eine viertelstündige Pause eintreten. Nach derselben spricht Herr Heinroth über Beobachtungen bei der Zucht von Ziegenmelkern. 40 nach eigenen photographischen Aufnahmen hergestellte Lichtbilder erläutern seine interessanten Ausführungen, die nachfolgend er- scheinen. Herr Schalow dankt Herrn Heinroth für seinen Vortrag und richtet zugleich Worte des Dankes an dessen Gattin, durch deren treue Pflege und umsichtige Teilnahme an diesen Versuchen ein derartiger Zuchterfolg überhaupt ermöglicht werden konnte. Herr Schenk, berichtet über die Vogel-Zugbeob- achtungen der ungarischen Zentrale, insbesondere über die Wanderungen des weilsen Storchs (nachfolgend ausführ- lich abgedruckt). 46 Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908. Der Vorsitzende, Herr Schalow, schlägt vor, die Diskussion über diesen äufserst interessanten Vortrag wegen Zeitmangels am heutigen Tage dem gemeinsamen Zusammensein in Rossitten vorzubehalten. Herr Kollibay erhält das Wort zu einem Vortrage über eine Anzahl auf den kanarischen Inseln vorkommende Vogelarten und geht weiterhin auf eine vergleichende Besprechung der Vögel des Rheingebietes und Schlesiens ein (wird später ausführlich erscheinen). Es stellt sich hierbei heraus, dafs für Schlesien 29 Vogelarten mehr als für das Rheingebiet nachgewiesen sind. Herr Kollibay stützt sich für die Rheingegend vorwiegend auf die Angaben von Le Roi, in denen merkwürdigerweise die Lachmöwe, der Triel, der Kranich und der Zeisig nicht aufgeführt sind. Nach Schlufs der Sitzung um I Uhr mittags vereinen sich die Teilnehmer im Ratskeller zu einem gemeinsamen Frühstück, an welchem auch der Herr Regierungs-Präsident teilzunehmen die Güte hatte, und machen alsdann unter sachkundiger Führung der Danziger Herren einen Gang durch die Stadt Danzig, zur Besichtigung der interessanten Bauwerke, Sammlungen und dergl. Mit grofsem Interesse wurde u. a. die ornithologische Abteilung des Westpreußsischen Provinzialmuseums, welche eine Anzahl local seltener Arten enthält, durchgesehen. Abends 1/, 7 Uhr legt unter dem Vorsitz von Herrn Kollibay, in den Räumen der naturforschenden Gesellschaft Herr Zimmer- manneineSammlung von Vogelbälgen derHalbinselHela vor und bespricht dieselbe (nachfolgend ausführlich abgedruckt). Herr Speiser-Danzig hält einen ausführlichen Vortrag über verschiedene Vogelparasiten und weist darauf hin, dafs sich beim Studium der verschiedenen Lausfliegen, Federlinge, Milben u. s. w. auf verschiedenen Vogelgattungen und Arten recht interessante Anhaltspunkte für die systematische Stellung der letzteren ge- winnen lassen (ausführlicher Bericht nachfolgend). Herr Speiser richtet zum Schlufs an die Anwesenden die Bitte, ihm nach Kräften für seine Studien Material zu beschaffen. In der Diskussion richtet Herr Heinroth an den Vortragenden die Frage, ob er über die Entstehung der sogenannten „Feder- löcher‘‘, die sich als kleine durchsichtige Punkte oft in grolser Menge z. B. auf den Steuerfedern von Schwalben finden, Ge- naueres angeben könne. Herrn Speiser ist hierüber nichts be- kannt. Herr Schenk macht darauf aufmerksam, dafs sofort nach Beendigung der Brut die Schwalben, deren Nester ja bekanntlich von Ungeziefer wimmeln, im Röhricht übernachten, und dafs sie für die zweite Brut selten das erste Nest wieder benutzen. Er erklärt beide Handlungsweisen daraus, dafs die Vögel auf diesem Wege den zahlreichen kleinen Plagegeistern möglichst entgehen wollen. Ein gemeinsames Essen vereinigte nach Schlufs der Sitzung die Mitglieder und viele Gäste und deren Damen im Danziger Hof. Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908. 47 Sonntag, den 4. Oktober. Der Sonntag war einem Ausfluge in Danzigs Umgebung vorbehalten. Am Morgen führte die Strafsenbahn die Teilnehmer nach Langfuhr, an dessen Eingang die in den edlen Formen der Danziger Renaissance erbaute technische Hochschule gelegen ist. Ein kleiner Rundgang verschaffte einen Einblick in ihre innere Ein- richtung. Die bewaldete Höhe ‚Johannisberg“ gab Gelegenheit zu einem .‚Schönen Blick“ auf Danzigs ferne Türme und Werft- anlagen, auf Langfuhr und die aus dem Morgennebel auftauchende Ostsee. Weiter gings auf der Strafsenbahn durch Langfuhr hindurch, vorbei an den mit Buchen- und Tannenwäldern be- standenen Höhen zur Linken nach Oliva mit seinen Wiesen- sründen und waldumgebenen Tälern und Höhen mit schönem Fernblick auf die jetzt in der Morgensonne schimmerde Ostsee. ‚Ein kurzer Besuch der alten Klosterkirche und ein Rundgang durch den Schlofsgarten mit seinen alten Bäumen und ausge- dehnten Teichen liefs die Reize eines Aufenthalts in Oliva ahnen. An Glattkau vorbei führte der Weg durch den losen Dünensand, von dem einige Pieper aufflogen, an den Östseestrand und an diesem entlang nach Zoppot, wo ein gemeinsames Mittagsessen stattfand. Gegen 4 Uhr nachmittags nahm der von Hela kommende Postdampfer, welcher am Seesteg-Zoppot anlegte, die Mitglieder auf und brachte sie über See nach Danzig, vorbei an dem Leucht- turm auf der Mole von Westerplatte, an Neufahrwasser und der Festung Weichselmünde, durch die Anlagen der kaiserlichen und der Schichau-Werft, deren Stapel vorher ein riesiger Ozeandampfer verlassen hatte. Am späten Abend fuhren die Mitglieder in Begleitung vieler Gäste nach Königsberg. Montag, den 5. Oktober. Am Morgen des Montag beförderte ein Regierungsdampfer, welcherin dankbarster Weise zur Verfügung gestellt worden war, die Teilnehmer von Krantz nach Rossitten, wo sie nach sehr stürmischer und regnerischer Fahrt über das Haff etwa um Mittag, leider bei anhaltend schlechtem Wetter, eintrafen. Eine Anzahl Wagen führte die Versammlung nach dem etwa 6 klm entfernten Ulmenborst. Man gab sich alle Mühe, unterwegs eines Elches ansichtig zu werden, leider vergeblich. In Rossitten wurde ferner das neuerbaute Museum besichtigt, und schliefslich versammelte man sich abends zum Essen im Hotel, Nach Beendigung des Abendbrotes um 9 Uhr 30 Minuten wird die Sitzung durch Herrn Schalow wieder eröffnet. Herr Rörig richtet an die Gesellschaft einige Worte über die Begründung und Entwick- lung der Vogelwarte Rossitten. Er bedankt sich insbeson- dere bei dem anwesenden Herrn Geh. Reg. und Forstrat Bock für die eifrige, stets bereite Förderung des Unternehmens, gedenkt mit warmen Worten der Unterstützung des Herrn Ulmer-Quan- ditten, durch dessen Hilfe allein die Errichtung des trefflich % 48 Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908. gelegenen Zugbeobachtungs-Punktes „Ulmenhorst“ möglich war, und hebt schliefslich die Verdienste des Herrn Thienemann, des Leiters der Vogelwarte, der sich mit voller Hingabe der Erfor- schung des Vogelzuges gewidmet hat, gebührend hervor. Nach herzlichen Dankesworten des Herrn Thienemann hält Herr Rörig seinen Vortrag über die Wertschätzung unserer Raubvögel nach Magenuntersuchungen. Zur Beurteilung des Futterverbrauchs gibt es drei Mittel. Die Be- obachtung der Vögel im Freien, der Fütterungsversuch und die Magenuntersuchungen. Der Vortragende gibt Statistiken eines sehr zahlreichen und genau untersuchten Materials herum. Herr Schalow dankt für die interessanten Ausführungen des Redners und schliefst hierauf die 58. Jahresversammlung der Gesellschaft, indem er darauf hinweist, dafs den Teilnehmern an der Versammlung ein reiches Material interessanter und wichtiger Vorträge zur Verfügung gestanden hat, über welches er ein kurzes Resum& gibt. Mit dem Dank an den Ober-Präsidenten und Regierungspräsidenten von Westpreufsen, mit warmen Dankes- worten für Herrn Lakowitz-Danzig, der trefflich mit ortskundiger Führung, mit Rat und Tat den Teilnehmern der Gesellschaft zur Seite gestanden hat, schliefst Herr Schalow die Abendsitzung. Nach einigen Worten der Erwiederung seitens des Herrn Lakowitz spricht Herr Rörig noch den Behörden seinen Dank für die Stellung des Regierungsdampfers und den beiden Vorsitzenden für die Leitung der Tagung aus. Dienstag, den 6. Oktober. Nach stürmischer Nacht, welche der Mannschaft des an der Rossittener Mole liegenden Dampfers wenig Ruhe gegönnt hatte, klärte sich der Himmel am Dienstag morgen allmählich auf, und die stürmischen Regenböen waren einer frischen Briese ge- wichen, welche die weite Wasserfläche des Haffs leicht bewegte. Nach herzlichem Abschied von den Rossittener Damen und Herren und den auf der Nehrung zurückbleibenden Mitgliedern verliefs der Dampfer mit seinen Gästen gegen 9 Uhr vorm. Rossitten mit dem Kurs auf Labiau. Weit hinauf aufs Haff folgten die Sturmmöwen. Nach etwa dreistündiger Fahrt fuhr der Dampfer in die Deime ein, einen interessanten Ausblick auf das Gelände lithau- ischer Landschaft eröffnend. Überall lagen auf deren Uferwiesen srofse Scharen von Lachmöwen. Labiau war erreicht. Die grofse Liebenswürdigkeit des Führers des Dampfers, des Herrn Reg. Bauinspectors Aschmoneit, und die Aufmerksamkeit der Schiffsmannschaft hatte die Reisenden jeder Mühe um die Besorgung des Gepäckes zu dem Zug, welcher sie zurück nach Königsberg führte, enthoben. Gegen 3 Uhr fand unter Führung des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Braun die Besichtigung der reichen Sammlungen des Bericht über die 58. Jahresversammlung 1908. 49 Zoologischen Museums statt, der ein Besuch der Bernstein- sammlung der Universität folgte. Der Verwalter der Samm- lung gab die zum Verständnis der Sammlungen notwendigen Mitteilungen über Entstehung, Farben und Gewinnung des Bern- steins, sowie über Bernstein-Einschlüsse, unter denen sich auch vier mit Vogelfedern oder Teilen von solchen befanden. Den übrigen Teil des Nachmittags wurde der Besichtigung des „Königsberger Tiergartens“ unter Führung des Herrn Ge- heimrat Klaass gewidmet. Die grofse Ausdehnung des an landschaftlichen Reizen reichen Gartens ermöglicht es, den Tieren grofse Räume zu geben. Die grofsen Flugkäfige für Raubvögel, die in hügeligem Gelände erbaute, von einem Bach durchflossene grolse Voliere für Möwen, Kormorane, Reiher und verwandte Arten, das Haus für Kleinvögel sind besonders erwähnenswert. Ausgezeichnet ist das Aussehen der Tiere, grofs die Zahl der Züchtungen. Dank der tüchtigen Verwaltung des Gartens und der Unterstützung durch staatliche und städtische Behörden ist es ermöglicht, in eigenem landwirtschaftlichem Betrieb einen grofsen Teil der Futtermittel den Tieren in dem der Jahreszeit entsprechenden Entwicklungszustand zu bieten. Über die Vorteile einer derartigen Fütterung und die Verbindung eines zoologischen Gartens mit einem landwirtschaft- lichen Betrieb teilte Herr Geheimrat Klaass Näheres gelegentlich des gemeinsamen Essens, welches im „Tiergarten“ stattfand, mit. Es war das letzte programmgemälse Beisammensein der Teilnehmer an der aufserordentlich gelungenen Jahresversammlung der „deut- schen ornithologischen Gesellschaft‘ im Jahre 1908. O. Heinroth. K. Neunzig. Über den gegenwärtigen Stand der Naumannforschung. Bericht von Herman Schalow. Auf allen Gebieten geistigen Schaffens, wo es sich auch immer in den Dienst der Erweiterung unserer schwachen mensch- lichen Erkenntnis stellt, begegnen wir der Tatsache, dals zeitweilig Männer auftreten, deren Arbeiten einen Merkstein für eine bestimmte Epoche wissenschaftlicher Forschung darstellen, oft aber auch einen Schlufsstein innerhalb derselben bilden. Langes Tasten und Suchen kommt endgültig zum Abschluss. Die von solchen Männern gewonnenen Ergebnisse, im einzelnen vielleicht anfechtbar, bilden das Fundament zu späterem Ausbau. Ihre Arbeit regt zu weiterer Forschung an und weckt die schlummernden Kräfte. Eine neue umfassende Anschauungsweise gelangt zum Journ. f. Orn. LVI, Jahrg. Januar 1909. 4 50 Herman Schalow: Ausdruck. Die Bedeutung derselben beruht nicht nur auf dem Werte, welchen sie an und für sich besitzt, sondern auch in dem Einflufs, den sie auf die Nebenzweige der betreffenden Wissenschaft ausübt. Für unsere deutsche Ornithologie ist Joh. Fr. Naumann ein solcher Bahnbrecher. Er hat Neues geschaffen; er hat durch seine hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen und durch ein energisches Wollen ein hohes Ziel erreicht. Naumann war der Mann, der in rastloser Arbeit allmählich das gesamte Gebiet der Lebensgeschichte unserer deutschen Vögel durch exacte Beobachtungen in mustergültigster Weise förderte und festlegte. Er war der berufene Vertreter einer Richtung in der Ornithologie, von der manche damals schon meinten, dass sie sich ausgelebt habe, und dafs ein innerer Wert ihr nicht innewohne, von der wir heute aber wissen, dals wir eben anfangen in sie einzudringen. Als Naumann am 15. August 1857 in Ziebigk, in demselben Hause, in dem er geboren, die Augen schlofs, verlor die ornithologische Wissenschaft einen Jünger der ausgeprägtesten Individualität und von seltener Vielseitigkeit. Durch die überaus glückliche Vereinigung scharfer Beobachtungsgabe, starken zielbewulsten Willens und künstlerischer Veranlagung verlieh er seinem grofsen unsterblichen Werke eine specielle Signatur. In unserer Zeit, der eine über das Mafs des Notwendigen hinausgehende Speciali- sierung nicht mit Unrecht zum Vorwurf gemacht wird, wirkt der Rückblick auf Naumann’s Erscheinung, die bei tiefem Eindringen in Einzelfragen der individuellen Biologie nie den Blick auf das Gesamtgebiet verliert, doppelt sympatisch. Johann Friedrich Naumann war Doctor honoris causa, Träger hoher Orden und Professor gar; aber er war nach meinem Empfinden mehr als Alles das: ein allseitig entwickelter Mensch und ein charakter- fester Mann, zwei Eigenschaften, die in unserer Zeit des Specialistentums und des Opportunismus allmählich selten zu werden beginnen. In dem Grundzug seines Wesens war, nach den Mitteilungen seiner Zeitgenossen, eine von tiefer Herzens- bildung zeugende Milde der Gesinnung. Sie ward getragen von einem Idealismus, der nur Naturen von tiefem inneren Wesen eigen zu sein pflegt. Mit tüchtigen und trefflichen Männern hat er langjährige Freundschaft gepflegt. Er erkannte seine Leute und er kannte das Leben. Seine Polemik war oft scharf, wie uns Baldamus!) berichtet, aber sie richtete sich stets gegen die Sache, nie gegen die Person. Naumann hatte sich eine umfassende Bildung erworben; auf den verschiedensten Gebieten wissenschaftlicher Arbeit vermochte er den Fortschritten seiner Zeit zu folgen und sich Rechenschaft über die Aufgaben zu geben, die sie beschäftigte. Sein Kunstinteresse galt vornehmlich der Musik. 1) Baldamus, Ed., Die drei Naumanns; Daheim, 1866, S. 332 —337. Über den gegenwärtigen Stand der Naumannforschung. 51 Die langen Winterabende in der ländlichen Einsamkeit waren ihr gewidmet. Sie verschönte ihm und den Seinen die Stunden der Ruhe. Denn als ein wahrhaft ceultivierter Mensch konnte und wollte er der Mufse nicht entbehren. Johann Friedrich Naumann’s Leben ist den weitesten Um- rissen nach allgemein bekannt. Was in engem Rahmen über dasselbe zu sagen war, ist von berufener, oft auch unberufener Seite geschehen. Mehr von unberufener. Fast Alle, die es geschildert, folgen den autobiographischen Mitteilungen, welche der Vater, Johann Andreas Naumann, in der ersten Auflage seiner in Octav erschienenen ausführlichen Beschreibung aller Wald-, Feld- und Wasservögel im Jahre 1797 gab, und die der Sohn Johann Friedrich im ersten Teile seiner 12bändigen Natur- geschichte, 1820, wieder abdruckte Eigene Quellenstudien, zu denen doch mancherlei Material anregte, fehlen fast ganz. Ueber Naumann’s phänomenales Werk selbst herrscht beiallen Beurtheilern nur eine Stimme. Es sei gestattet, die Worte zu wiederholen, die ich im Jahre 1893, gelegentlich einer Versammlung unserer Gesellschaft in Cassel, über dasselbe sagte.!) „Im Jahre 1844 liefs Johann Friedrich Naumann den zwölften Band seiner Naturgeschichte der Vögel Deutschlands erscheinen. Dieser Band bildet den Abschlufs einer Arbeit, die der grofse deutsche Ornithologe als seine Lebensaufgabe bezeichnet hat, deren Lösung er, in zielbewufstem Streben, mehr denn fünfzig Jahre emsigster und eingehendster Tätigkeit gewidmet hatte. Allüberall und rückhaltlos ist Naumanns Werk als ein klassisches anerkannt worden, nicht nur in unserem engeren Vaterlande, sondern überall, wo man den Lebenserscheinungen in der Welt der Vögel ein eingehendes Studium widmet. Oft ist gegen die Schilderungen Naumanns der Vorwurf erhoben worden, dafs die- selben in allzu behaglicher Breite und Ausführung den Gegen- stand behandeln, und dafs die Darstellung vielfach des einheit- lichen Charakters entbehre. Ja, ein gewisses Ringen nach scharfem, präcisen Ausdruck, ein Suchen nach dem passendem Wort, ein breitgefügter Periodenbau sind dem Stile Naumanns nachgesagt worden. Diese Vorwürfe gegen die Darstellung sind nicht ohne jede Berechtigung. Allein in dem ganzen Bildungsgange, in der ganzen Entwicklung der wissenschaftlichen Tätigkeit unseres grofsen vaterländischen Ornithologen, der es ais Autodidact dahin gebracht, von den Fachmännern als ebenbürtig anerkannt zu werden, liegt der erklärliche Grund und zugleich die natürliche Entschuldigung für diese Erscheinung. Naumann besafs in her- vorragendem Sinne das, was Rolsmäßsler als erste Bedingung be- zeichnet, um sich, sowohl für sich selbst wie für die Wissenschaft, zum Naturforscher herauszubilden: er besafs fünf gesunde Sinne, ein nüchternes, scharfes Urteil, verbunden mit einem treuen Gedächtnis, 1) Journ. f. Ornith. 1894, 270—280. 4* 52 Herman Schalow: und eine an Verehrung streifende Liebe für die ihn umgebende Natur. Er war kein systematischer Kopf und viel Generalisieren nicht seine Sache. Alles, was er gab, schuf er aus sich selbst; in der Beschreibung des Lebens unserer deutschen Vögel war er ohne eigentlichen Vorgänger. Ich glaube, dafs die behagliche Breite der biologischen Darstellung bei Naumann, abgesehen von sicherlich individueller Anlage, zum überwiegend grölsten Teil auf eine ängstliche Besorgnis zurückzuführen ist, in möglichster Vollständigkeit, bei scrupulösester Wahrheitsliebe und Gewissen- haftigkeit, jeden Zug, wenn ich so sagen darf, eine jede Lebens- erscheinung des einzelnen Vogels, wie er sie durch eine Unsumme jahrelang fortgesetzter, einzelner, kleiner Beobachtungen fixiert hatte, peinlich so wiederzugeben, das auch nicht das unbedeu- tenste Moment dabei verloren ginge. Und von diesem Gesichts- punkte aus betrachtet müssen wir die Naumann’sche Darstellung des Lebens unserer heimischen Vögel auch heute noch als einfach mustergültige, als eine klassische bezeichnen.“ Überall teilt man diese meine Ansicht, auch aufserhalb Deutschlands. Henry Seebohm!) bezeichnet Naumanns Arbeit als ein Werk ohne Rivalen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Alfred Newton?) veröffentlichte gelegentlich des Abschlusses des „neuen Naumann“ im Jahre 1905 in der Nature einen Aufsatz, in welchem er u. a. von dem alten Werke Naumanns sagt, dafs „kein Werk, die Vollständigkeit des Inhalts angehend, in irgend einer Sprache existiere, das ihm gleiche“. Naumann schrieb, führt Newton aus, nach seinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen; sein Wissen war gesund: er hatte nicht nötig von Jemandem etwas zu borgen. Ein Mann von der hohen Bedeutung Naumann’s für die deutsche Ornithologie verdient ein literarisches Denkmal, zu seiner Ehre, zum Nutzen der Wissenschaft, zum Ansporn für die ornithologische Nachwelt. In seinem Vaterlande Amerika hat man ein solches Audubon?®) längst errichtet; Otto Herman) hat in seiner fortreifsendeu Begeisterung seinen Landsmann Janos Petenyi in einer wundervollen Monographie gefeiert; und 1) Henry Seebohm, A History of British Birds, vol. III p. X1I. (1885). 2) Alfred Newton, The Naumann Festival at Cöthen; The Nature 1905, May/Oct. p. 36—37; Vergl. R. Blasius, Ornith. Monatsschrift 1905, 400 — 404. 3) Horace St. John, Audubon, the naturalist in the new world: his adventures and discoveries. London 8; Longman, Brown, Green and Longmans, 1856, XIV —- 172. R. Buchanan, The life and adventures of J. J. Audubon the naturalist. II. Aufl. New York and London 1869. *#) Otto Herman, J.S. von Petönyi, der Begründer der wissen- schaftlichen Ornithologie in Ungarn. 1799—1855. Budapest 1891. fol. 137 pp. Über den gegenwärtigen Stand der Naumannforschung. 53 von dem bekannten Germanisten Ludwig Bechstein!) ist. die Erinnerung an Joh. Matthäus Bechstein in einem umfangreichen Quellenwerk festgehalten worden, welches von den ornithologischen Bibliophilen hochgeschätzt wird. Wie steht es nun mit einer Naumann Biographie? Jean Cabanis schrieb mir in dem letzten Briefe, den ich von seiner Hand besitze: „Es hat mir immer leid gethan, dafs in unserer ornithologischen Wissenschaft so wenig Sinn für die Biographie und für die historische Entwicklung der Örnithologie vorhanden war.“ Die Wahrheit dieser Bemerkung habe ich nie mehr empfunden als im Hinblick auf die Frage nach dem Stande unserer Naumann Forschung. Aufser den bereits genannten autobiographischen Aufzeichnungen und dem aus- gezeichneten Vorwort, mit reichen bibliographischen Einzelheiten, gewonnen auf Grund sorgfältiger Quellenstudien, welches Paul Leverkühn für den „neuen Naumann“ geschrieben, besitzen wir vorläufig nichts im Druck Vorliegendes, das man als eine um- fassende Naumann Biographie bezeichnen könnte. Dabei harrt schon jetzt ein, wenn auch nicht grosses, so doch wertvolles Material der Bearbeitung. Nur verhältnismäfsig wenige Briefe scheint ein günstiger Zufall in treue Hände gebracht zu haben. Unser Mitglied Jacob Moyat in Mainz besitzt etwas; ein anderer Teil des Briefwechsels soll sich in den Händen Leverkühns befunden haben. Hierunter vielleicht auch die an Baldamus gerichteten Briefe. Eugen von Homeyer?) erwähnt in seinem Buch nur dreier Schreiben von Naumann. Alles wäre zu sichten. Es wäre interessant, aus dem Briefwechsel u. a. die Beziehungen unseres grolsen Ornithologen zu seinem Leipziger Verleger Gerhard Fleischer zu erörtern und die finanziellen Opfer kennen zu lernen, die er sicherlich in damaliger Zeit der Herausgabe seines grofsen Werkes gebracht haben wird. Die Beziehungen Naumann’s zu den Ornithologen seiner Zeit könnten untersucht und ferner dargestellt werden, ob, wann und wie die ausländischen Vogel- kundigen und Fachzeitschriften von ihm und seinem Werke Notiz nehmen. Wir besitzen im Augenblick keine erschöpfende Biblio- graphie seiner Arbeiten. Aus den in seiner Bibliothek befindlichen Büchern, die sich noch heute in seinem Wohnhause in Ziebigk befinden, würden sich mancherlei Gesichtspunkte für die Be- urteilung der Persönlichkeit Naumann’s ergeben. Denn für ihn waren seine Bücher kein totes Capital. An seiner Bibliothek haftet ein Stück seiner geistigen Entwickelung. Daher wird in einer Biographie Naumanns der Nachweis von hohem Interesse sein, wie die feinen Fäden von fremden Büchern zu seinen eigenen Arbeiten hinüberführen. Besonderer Wert liegt auch !) Ludwig Bechstein, Dr. Johann Matthäus Bechstein u. die Forstakademie Dreifsigacker. Meiningen 1855. gr. 8. 420 pp. ?2) Eugen von Homeyer, Ornithologische Briefe. Blätter der Erinnerung an seine Freunde. Berlin 1881, 8°, VI -+- 340 pp. [32—36]. 54 Herman Schalow: in den Einzeichnungen, die Naumann auf den durchschossenen Blättern einzelner Bücher einzutragen liebte. Auch die hand- schriftlichen Dedikationen bieten ein Interesse. Die ersten Ver- suche und die spätere Entwickelung Naumann’s als Zeichner und Kupferstecher wären zu schildern, und was dergleichen Tatsachen mehr sind, die zusammen dann ein Bild des grofsen Gelehrten, wie es der Nachwelt erhalten werden mufs, geben sollen. Eine getreue Darstellung des Lebens und Schaffens bedeutender Menschen iäfst sich nur auf der Grundlage der Kenntnis und der sorgsamen Betrachtung ihrer sämtlichen Werke und ihres ge- samten Tuns gewinnen. Als ich vor langen Jahren, 1880, in Gemeinschaft mit meinem verstorbenen Freunde Leon Olphe-Galliard in Lyon das Lebens- bild eines französischen Ornithologen zu zeichnen suchte!) wurde ich auf die manigfaltigen Ähnlichkeiten aufmerksam, welche sich in dem Leben von Jean Crespon und dem J. Fr. Naumanns darboten. Beide Autodidacten. Der eine Friseur, Fecht- und Tanzlehrer, der andere ein einfacher Landwirt. Und Beide haben sie auf dem Gebiete der Ornithologie Grofses geschaffen. Als ich mich mit Studien über den eigenartigen Lebensgang Crespons beschäftigte wurde ich bereits damals mehr und mehr von der Notwendigkeit der Herausgabe einer umfassenden Biographie unseres grolsen Landsmannes durchdrungen. In Niemandes Hand konnte diese Arbeit besser gelegt werden, als in diejenige unseres tief beklagten Freundes Paul Leverkühn. Er hatte es unternommen, Joh. Fr. Naumann ein literarisches Denkmal zu errichten. Seit Jahren füllten Quellenstudien über diesen Gegenstand die kargen Stunden seiner Mufse. Mit Bienen- fleifs und der ihm eigenen Findigkeit ging er an die Sammlung des vorhandenen Materials, an die kritische Sichtung wissen- schaftlicher Notizen. Schon die Vorarbeit, die von mir bereits erwähnte bibliographische und biographische Einleitung zum „neuen Naumann“, enthält eine Fülle verblüffend neuer Facten und Ge- sichtspunkte, mit denen Leverkühn den literarischen Kennern und Feinschmeckern aufwartete. Diese Schrift, in einem wundervollen, mit Facsimile-Drucken ausgestatteten Separatdruck?) erschienen, stellt ein anziehendes bibliographisches Verzeichnis dar, mit seinem Sprudel literarhistorischer Bemerkungen. Es ist kein oberfläch- liches, amüsantes Compendium zum bequemen Blättern, es gibt vielmehr eine entzückende Menge von Details und positiven Tat- sachen. Nach der Veröffentlichung jener Arbeit hatte Leverkühn 1) H. Schalow und L&on Olphe-Galliard, Jean Crespon. Eine biographische Skizze; Ornith. Centralblatt, 1880, No. 14, 103—108. 2) PaulLeverkühn, Biographisches über die drei Naumanns und Bibliographisches über ihre Werke nebst den Vorreden zur zweiten Auf- lage der Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. Mit 8 nur für diesen Sonderdruck hergestellten Tafeln. Gera-Untermhaus 1/, gr. fol. 1904, 88 pp. Über den gegenwärtigen Stand der Naumannforschung. 55 noch in Ziebigk geweilt und an Ort und Stelle, unterstüzt von Frau Amtmann Elise Naumann, seine Quellenstudien getrieben.!) Mancherlei handschriftliches Material war ihm durch die Hände gegangen und manches davon ihm zu erwerben gelungen. Jacob Moyat in Mainz, der bedeutendste lebende Naumann Kenner und beneidenswerte Besitzer der reichsten Bibliothek Naumann’scher Veröffentlichungen, hatte Leverkühn in vorbildlicher Uneigen- nützigkeit bei der Beschaffung von Material unterstützt und die schwer zu erhaltenden Porträts zeitgenössischer Ornithologen Nau- manns, zZ. B. von Bruch in Mainz, Meyer in Offenbach, Wolf in Nürnberg — oft auf schwierigen Wegen — für die zu veröffent- lichende Naumann Biographie beschafft. So war denn die Aussicht vorhanden, eine zusammenhängende Darstellung des Lebensganges unseres grolsen Joh. Fr. Naumann zu erhalten. Wir durften überzeugt sein, das nach der Vollendung des Werkes eine aus- gezeichnete Leistung vorliegen würde. Es ist Leverkühn, wie ich aus seinen persönlichen Mitteilungen schlielsen darf, gelungen, den berühmten deutschen Ornithologen in seiner wissenschaftlichen Bedeutung zu erfassen und ihn als Menschen in harmonischem Zusammenklang seines Wesens zu schildern. Weit über die Be- deutung hinaus, die der Darstellung des Lebens eines ein- zelnen Menschen beigemessen werden kann, dürfte das Werk Leverkühns für uns wachsen, weil sich in der geschilderten Per- sönlichkeit Naumann’s die Entwickelung unserer ornithologischen Biologie wiederspiegelt.e. In frühem Alter — in noch nicht vollendetem 39. Lebensjahre — hat Leverkühn scheiden müssen. Seine Arbeit liegtunvollendet. S.M. König Ferdinand von Bulgarien, der des Verstorbenen Pläne bezüglich derselben genau kennt, hat sich die Herausgabe des nachgelassenen Werkes vorbehalten. In keine besseren Hände könnte sie gelegt werden. Möge diese Naumann Biographie bald erscheinen: zur Erinnerung an Paul Leverkühn und zur Ehre und zum bleibenden Gedenken an einen deutschen Gelehrten, dessen arbeitsreiches Leben fruchtbar gewesen ist und anregend und fruchtbringend für die Vogelkunde auch noch weiterhin sein wird. t) Paul Leverkühn, The ornithologieal correspondence of the late Professor Johann Friedrich Naumann. (Les Correspondances orni- thologiques du Professeur Fred. Naumann, Presentation de lettres de Temminck, Boie, Brehm, Kaup, Bechstein, Gloger, Bruch, and others); Proc. Fourth Internat. Ornith. Congress London June 1905. London 1907, gr. 8°, 157—162. 56 Dr. O0. Heinroth: Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers (Caprimulgus europaeus L.). Ven Dr. ©. Heinroth. (Hierzu Taf. I—IV). Es liegt etwas merkwürdig Geheimnisvolles über der Gruppe der Caprimulgiden, und obgleich man ihren deutschen Vertreter durchaus nicht als seltenen Vogel bezeichnen kann, so ist der eigenartige Geselle für die meisten Besucher seiner Wohngebiete eben nur ein „Nachtschatten‘“, der aus dem Dunkel auftaucht und geräuschlosen Fluges wieder darin verschwindet. Sonst macht er sich noch dem späten Wanderer durch sein knarrendes „Err-örr“ bemerkbar, der für den Erzeuger dieser Nachtmusik — steht sie doch anderen Vogellauten so fern — häufig einen Frosch hält. Den Vogelfreund und Forscher reizt es, diese Vogelgestalt in ihren Bewegungen, in ihrem Wesen näher kennen zu lernen, und da gibt es zwei Wege: die Beobachtung im Freien einerseits und das Studium des gefangenen Vogels andererseits. Die erstere Forschungsweise führt beim Ziegenmelker richt bis zu einem wirklichen Abschluls: das Dunkei der Nacht legt sich immer wieder als Schleier über die intimeren Lebensgewohnheiten des Vogels, sodafs selbst z. B. Liebe, der sich alle nur erdenkliche Mühe gab, die Art und Weise der Jungenatzung zu ergründen, zu einem fehlerhaften Resultat gelangte. Der zweite Weg führt zu dem Kapitel ‚‚Nachtschwalben in Gefangenschaft“, über das sich mehrfach Ornithologen geäufsert haben. Hauptsächlich sind zu erwähnen: Liebes ornitholog. Schriften S. 245—249; Friderich, Naturgesch. d. d. deutsch. Vögel, V. Aufl. S. 312; Tschudi, Tierleben d. Alpenwelt, III. Aufl. S. 87; Victor v. Tschusi, Journ. für Ornithol. 1869, S. 220 ; „Neuer Naumann“ S. 249. Dieses Kapital macht im allgemeinen einen wenig erfreulichen Eindruck, es ermuntert nicht gerade zur Haltung des Ziegenmelkers im Zimmer, ja vielfach ergibt sich der Schluls: „dafs die Nachtschwalbe für die Vogelliebhaberei durchaus ungeeignet sei.“ Bis zu einem gewissen Grade möchte ich diesen letzten Satz anerkennen, dann nämlich, wenn ich den Ton auf die Liebhaberei lege. Letztere arbeitet leider meist — und deshalb ergibt sie auch so wenig wissenschaftlich brauchbare Früchte — mit zu geringen ornithologischen Vorkenntnissen, sowohl in systematischer als vergleichend anatomischer und auch physiologischer Hinsicht. Für den Liebhaber, welcher von seinen Pfleglingen Gesang oder buntes Federkleid bei möglichst einfacher Wartung verlangt, ist der Ziegenmelker freilich nichts, vom rein naturwissenschaftlichen Standpunkte aus dagegen sind die Capri- mulgiden geradezu eine Fundgrube des Forschens: ihre systema- tische Stellung als Zweig der Coraciiformes oder Rakenvögel, ihre aufs höchste ausgebildete Schutzfärbung und Haltung, die Anpassung an die nächtliche Lebensweise, dazu noch die zum Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers, 57 grofsen Teil unbekannten Gewohnheiten während der Fortpflanzung »nd vieles andere machen sie für den Beobachter zu geradezu idealen Zimmergenossen — notabene wenn man die technischen Schwierigkeiten überwinden kann. Hier kam es eben auf einen Versuch an, und dafs dieser über Erwarten gut ausfiel und die kühnsten Hoffnungen übertraf, das verdanke ich zum gröfsten Teile meiner lieber Frau, die sich dieser eigenartigen Stuben- vögel mit voller Hingabe und dem bereits früher durch die Pflege unserer allerzartesten Weichfresser erworbenen Verständnis und Geschick annahm. Ich möchte daher die im folgenden veröffentlichten Resultate als Früchte unserer gemeinsamen Arbeit betrachtet wissen. In den Nummern 29—31, sowie 33 und 34 der „Gefiederten Welt“ von 1908 veröffentlichte meine Frau zwei Tagebuch- berichte unterdemTitel,Pflegeund Zucht der Nachtschwalbe in Gefangenschaft“, die alles Tatsächliche in gedrängter Übersicht enthalten, und die namentlich für Vogelliebhaberkreise berechnet sind. Da jedoch die erwähnte Wochenschrift in der zünftigen Fachornithologie weniger gelesen wird, so mufs ich das in obigem Aufsatz enthaltene hier insoweit wiederholen, als es zum Verständnis unseres Themas nötig ist. Am 9. und 22. November 1906 erhielten wir je eine vom selben Jahre stammende, jung aufgezogene Nachtschwalbe in sehr schlechtem Gefiederzustande — die Tiere waren flugunfähig und zum Teil kahl —: beide mulsten mühsam gestopft werden, von irgend welcher Initiative war bei diesen Vögeln keine Rede. Nach etwa 10 Tagen schnappte das etwas lebhaftere Stück zum ersten Male nach einem Mehlwurm, den wir an einem Faden vor ihm pendeln liefsen — damit war das Eis gebrochen. Es war uns gelungen, den instinktiven, aber durch Nichtbenutzung ein- geschlafenen „Schnappreflex‘“ wieder zu erwecken. Bald darauf ergriff das Tier auch mit der Pinzette vor seinem Schnabel bewegte Nahrung, und durch allmähliches Tieferhalten des Bissens erreichten wir es, dass es nach weiteren 29 Tagen einen auf dem Boden laufenden Mehlwurm aufnahm. Sehr bald regte sich in diesem Vogel eine durch tätliche Angriffe bewiesene Abneigung gegen seinen apathischen Genossen, der übrigens, da er schon in zu vernachlässigtem Zustande in unsere Hände gelangt war, bald einging. Inzwischen hatte die Mauser eingesetzt, und nachdem diese im Frühjahr 1907 beendet war, hatte „Kuno“, wie wir dieses Männchen nannten, ein tadelloses Gefieder angelegt. Der Vogel wurde in der Weise gehalten, dafs er sich vom Nachmittag bis zum Morgen im Zimmer frei bewegen durfte. Die übrige Zeit, in der er sowieso ganz still zu sitzen pflegte, wurde er in einen 70 : 35 | 30 cm messenden Kistenkäfig gesteckt. Der Boden des letzteren war mit Sand bedeckt, und auf diesem befanden sich einige der Länge nach halbierte, etwa 5,5 cm starke, rauhrindige Aeste, auf denen Kuno für gewöhnlich 58 Dr. ©. Heinroth: seine Tagruhe, der Länge nach sitzend abzuhalten pflegte. Wurde er Nachmittags etwas später als gewöhnlich herausgelassen, so kam es vor, dafs er in seinem Behälter unruhig wurde, und dann hatte er die Eigentümlichkeit, dafs er nicht wie andere Vögel es zu tun pflegen, vorn gegen das Stabgitter stürmte, sondern oft wie unsinnig gegen die glatten Holzwände des Käfigs tobte. Da die letzteren weils gestrichen waren, so liegt die Vermutung nahe, das dieses merkwürdige Verhalten des Vogels darauf zurückzuführen ist, dafs der Ziegenmelker beim Auffliegen stets ins Helle zu fliegen gewohnt ist. Diese „Helligkeit“ ist im Freien der Himmel, in unserem Falle dagegen waren es die weilsgestrichenen Holzwände, sie hielt er für den freien Raum, während er die Drahtstäbe an der Vorderseite als Hindernis erkannte. Gewöhnlich erhielt die Nachtschwalbe mittags um 2 Uhr eine knappe Futterration, um die sie meist recht energisch bettelte. Die übrige Zeit des Nachmittags verbrachte sie dann auf einer Schrankecke sitzend oder sich behaglich mit gebreiteten Flügeln und gefächertem Schwanz in der Sonne wärmend, wie dies auf Tafel I Bild 2 sehr gut sichtbar ist. Zum Abend durfte Kuno an unserem Abendbrot teilnehmen, d. h. er wurde in das erleuchtete Efszimmer mitgenommen, und dort pflegte er entweder auf einer Stuhllehne oder auf dem Fufsboden dicht neben mir zu sitzen. Um diese Zeit fand seine Hauptfütterung statt. Wir hielten ihm mit der Pinzette in etwas Eikonserve und Zecke gewälzte Fleischstückchen sowie getötete Küchen- schaben bin, und er erschien dann sofort, rüttelte gewöhnlich geräuschlos etwa 20 cm vor dem Bissen in der Luft, schnappte den Letzteren weg und kehrte wieder auf seine alte Warte zurück. Bei dieser Gelegenheit war die Entfaltung der Schnabel- borsten und das Vorwärtssehen der zur vollen Weite geöffneten Augen besonders schön sichtbar. Um dem Vogel Gelegenheit zu geben, sich Bewegung zu machen, liefsen wir ihn nach seinem Futter häufig durch mehrere Zimmer oder durch den Korridor fliegen, auch hatte er es bald gelernt, ihm zugeworfene Mehl- würmer aus der Luft zu greifen, dabei dem Beschauer Gelegenheit bietend, sich über die geschickte Verwendung des riesigen Rachens zu orientieren. Wie schon häufig auch von anderer Seite betont, öffnet Caprimulgus den Rachen erst unmittelbar vor dem Zu- schnappen; er fliegt also nicht mit weitgeöffnetem Schnabel der Beute nach, wie man dies bisweilen auf falschen Abbildungen zu sehen bekommt. War der Vogel satt, so liebte er es, sich auf ein Leopardenfell, mit dem ein unter einer Fächerpalme in der Zimmerecke stehender Diwan bedeckt war, zurückzuziehen. Dieser Ort war sehr geschickt, gewählt, hatte er doch seiner ganzen Be- schaffenheit nach viel Ähnlichkeit mit einem stillen Plätzchen im Walde. Der Vogel nimmt niemals Wasser zu sich, badet auch nie und wird nur ab und zumiteinem Palmensprenger bebraust, wasihm Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 39 im allgemeinen nicht sonderlich behagt. Von Mitte April ab liefs Kuno öfters den auch im Zimmer recht angenehm klingenden lauten Lockton „Quick“ hören, am 27. April knarrte er zum erstenmal, zwar kurz, aber laut. Ende Mai war der Vogel in schärfster Balz. Er kann es kaum erwarten, bis abends die Tür zum Efszimmer geöffnet wird: flügelklatschend erscheint er dann sofort, um sich nach einigen eleganten Rundflügen auf einen offen- stehenden Türflügel oder eine Stuhllehne zu setzen und nun sein wundersames und überaus stimmungsvoll klingendes Nacht- konzert zum besten zu geben. Das bereits besprochene Leoparden- fell wird in kurzen Zwischenräumen immer wieder aufgesucht. Der Vogel läuft darauf eifrig hin und her und pickt und scharrt in den Ecken und Falten herum; ohne Zweifel sucht das Tier einen Nistplatz. Zur selben Zeit lie[s Kuno auch sonst in un- zweideutiger Weise seine Sehnsucht nach einem Weibchen erkennen, denn er machte bei jeder Gelegenheit, z. B. wenn wir irgend einen Jungvogel in die Hand nahmen, oder sonst einer unserer Singvögel im Zimmer ruhig safs, sofort Begattungversuche auf ihm. Natürlich ging unser Bestreben nun dahin, unserem männ- lichen Caprimulgus wenigstens für das nächste Jahr ein Weib- chen zuzugesellen, und wir kamen denn auch durch Zufall am 6. Juli 1907 in den Besitz zweier knapp flugfähiger junger Nacht- schwalben. Kuno machte diesen sofort seine Liebeserklärungen, die beiden Jungen ihrerseits bettelten ihn um Futter an, eine Handlungsweise, über die der alte Ziegenmelker sehr entrüstet war, und auf die er stets durch Fortfliegen reagierte. Anfangs hatten wir mit den beiden jungen Dingern viel Mühe. Sie mufsten mit grolser Geduld gestopft werden, erst Ende Juli machten sie die ersten Versuche Futter von der Pinzette zu schnappen. Glücklicherweise war unter den beiden jungen Ziegenmelkern ein Weibchen, und es stellte sich heraus, dafs dieses der zutunlichere und angenehmere Vogel von beiden war. Die Haltungsweise der Neulinge war die bereits oben bei Kuno beschriebene. Gegen den Winter hin wurde das alte Männchen gegen den jungen Geschlechtsgenossen, namentlich bei den Fütterungen, oft recht feindlich: es verbifs sich bei seinen Angriffen bisweilen in die zwischen Augen und Schnabelspalte befindlichen Federn des Gegners und zerrte ihn daran herum. Wir gaben diesen Vogel deshalb am 19. Dezember 1907 nach dem Frankfurter zoolo- gischen Garten. Anfang Februar 1908 fing das alte Männchen, Mitte Februar das junge Weibchen zu mausern an, und der Federwechsel war gegen Mitte, bezüglich Ende März in prompter Weise beendet. Es erübrigt noch einige Worte über das Verhalten gefangener Ziegenmelker während der Zugzeit hinzuzufügen. Im Herbst und Frühjahr ergreift die Tiere gegen Abend und anscheinend auch in den Morgendämmerungsstunden die bekannte Unruhe, die sich bei ihnen darin äulsert, dafs sie wie unsinnig gegen die durch 60 Dr. ©. Heinroth: die Strafsenbeleuchtung erhellte Zimmerdecke fliegen; merk- würdigerweise toben diese Vögel dabei niemals gegen das Fenster, Leider schlagen sich die Tiere namentlich die Stirn und die Flügelbuge oft ganz blutig, und die Spuren dieser nächtlichen Tätigkeit zeigen sich durch zahlreiche rote Punkte auf dem weilsen Stuck der Zimmerdecke. Im zweiten Jahre war bei Kuno der Wandertrieb glücklicherweise fast vollkommen eingeschlaien, sodals die erwähnten Mifsstände bei ihm fortfielen. Im Laufe des April 1908 kam Kuno allmählich wieder in Balz, die sich zunächst in einer gewissen Rücksichtnahme gegen seine künftige Frau bemerkbar machte. Schnappte er früher das für „Nora“ — wie wir sie auch im Folgenden nennen wollen — bestimmte Futter dieser raschen Fluges gern vor der Nase weg, so kehrte er jetzt augenblicklich um, wenn der weibliche Vogel Anstalten machte, zuzulangen. Sehr bald folgte er ihr überall hin, setzte sich neben sie und bewegte, indem er die vordere Körperhälfte absolut still hielt, den Schwanz eifrig seitlich hin und her. Mitte April hörten wir von dem Weibchen einen leisen Knarrton, und dies war für Kuno das Signal, sofort laut klatschend durch das Zimmer zu fliegen und auf dem Leopardenfell zu knarren. Leider verlor das Weibchen am 22. April durch einen Unfall sämtliche Schwanzfedern, und dadurch mufste der sich bereits in den ersten Anfängen bei ihr geltend machende Fortflanzungstrieb wieder bis zum Nachwachsen der neuen Federn auf mehrere Wochen vernichtet werden. Während dieser Zeit machte Kuno alle möglichen Annäherungsversuche, die aber sämtlich mit stoischer Ruhe von Nora abgewiesen wurden. Wir hielten ihn absichtlich im Futter möglichst knapp, und glücklicherweise ent- wickelte das Weibchen inzwischen eine ausgezeichnete Frefslust. Etwa vom 20. Mai ab ändert sich das Benehmen Noras wieder, sie fängt an, dem Männchen überall hin zu folgen, ja, sie erscheint bisweilen wie durch einen Faden mit ihm verbunden: sie fliegt ihm von der Stuhllehne auf die Erde, von da auf das Leopardenfell, kurzum auf jeden Sitzplatz nach, wobei sie sogar ab und zu mit den Flügeln klatscht. Der männliche Vogel ist in dauernder Erregung. Das Flügelklatschen und Knarren in den Dämmerstunden scheint gar kein Ende nehmen zu wollen, ja, oft mitten in der Nacht hören wir das langgezogene „Errr-Orrr“. Wir verzeichneten, die Sekundenuhr in der Hand, einmal ein un- unterbrochenes Knarren von 5°/, Minuten! Merkwürdigerweise haben wir in dieser Zeit trotz aller Begattungsversuche Kunos nie eine wirkliche Paarung bemerkt, denn Nora verhielt sich in diesem Punkte stets abweisend. Erst am 29. Mai beobachtete meine Frau eine wirkliche Begattung, ich selbst einen Tag später. Zum Nestplatz hatte sich Kuno das Leopardenfell in un- serem Efszimmer ausersehen, aber auch ein im Wohnzimmer auf der Erde liegendes Pecarifell hatte sein Interesse erregt. Häufig flog er darauf, stützte sich auf die Flügelbuge und machte mit Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 61 beiden Fülsen zugleich rasche, scharrende Bewegungen. Die un- zertrennliche Nora war dabei stets an seiner Seite und drängte ihn häufig von der Stelle hinweg, auf der er eben gescharrt hatte, um sich auf diesen Platz zu setzen, gleichsam, als wollte sie die vom Männchen getroftene Wahl des Nistplatzes bestätigen. Weil uns daran lag, dafs die Vögel ihren Nistplatz im Vogelzimmer anlegten, so wurde das Pecarifell vor einen Schrank in diesem Raume auf die Erde gelegt, und das junge Ehepaar durfte fort- an nicht mehr in das Wohn- und Efszimmer. Kuno nahm auch im Vogelzimmer das Pecarifell sofort an, und Nora hatte gegen diese Ortsveränderung, da ihr Herr Gemahl mit dieser einverstanden _ war, nichts einzuwenden. Am 31. Mai begann das Weibchen eifrig nach hellen Punkten auf dem Granitmuster des Linoleum-Fufsbodens zu picken. Dies fiel uns um so mehr auf, als Nora sonst viel weniger dazu neigte, Futter von der Erde aufzunehmen, als Kuno: sie liels sich stets lieber von der Pinzette füttern. Sofort streuten wir Kreidestückchen nicht nur auf den Boden, sondern, um ihr das Aufpicken zu erleichtern, namentlich auf einen mit Sand und Erde gefüllten flachen Kasten. Fast augenblicklich bezeugte Nora, dafs wir das Richtige getroffen hatten. Sie verschlang geradezu unglaubliche Mengen dieses kohlensauren Kalkes: der beste Beweis, dafs die Eiablage bald bevorstand. Dieses Kalk- fressen ist ein schöner Fall rein instinktiven Handelns, denn hier kann, da der Vogel sonst kaum nach Futter, geschweige denn nach andern Dingen pickte, von irgendwelcher Betätigung einer Erfahrung in keiner Weise die Rede sein. Trotzdem wird instinktiv der Kalkbedarf des Körpers in überaus zweckmälsiger Weise von dem Tiere befriedigt. Am 2. Juni wird das Paar um die gewohnte Zeit aus dem Kistenkäfig genommen. Wie oftmals zu dieser Stunde wiege ich das Weibchen zufällig auch ‚heute und stelle das Gewicht mit 82 Gramm fest. Von der Wage weg fliegt Nora sofort auf das Pecarifell, und gleich darauf legt sie das erste Ei, dessen Länge 28 mm, dessen Breite 21 mm und dessen Gewicht 6,5 Gramm beträgt. Nora rollt das Ei mit dem Schnabel auf der Neststelle etwas hin und her, bringt es unter sich und bleibt bis zum Abend darauf sitzen. Etwa um 7 Uhr streicht sie ab, und es scheint, als wenn sie während der Nacht das Ei nicht bebrütet habe. Das Männchen ist an diesem Tage noch sehr paarungslustig, das Weibchen verhält sich jedoch abweisend und drängt auch einmal den Gatten aus der Nähe des Nestes fort. Am folgenden Tage sitzt Nora mit einer mittäglichen Unterbrechung von 10 Minuten dauernd auf dem Ei. Als sie abends um 8 Uhr die Niststätte verlälst, nimmt Kuno für etwa 10 Minuten ihren Platz ein. Trotzdem schien eine Bebrütung auch während der folgenden Nacht noch nicht stattgefunden zu haben, denn früh 1/4 Uhr lag das Ei frei da, erst um !/,6 Uhr sals Nora wieder darauf. 62 Dr. O0. Heinroth: Kuno zeigte von diesem Morgen an ein ganz verändertes Benehmen. Er knarrte nicht mehr und machte keinerlei Paarungsversuche, sonlern sals während des ganzen Tages dem Weibchen gegenüber auf einer Schrankecke und liefs seine Gattin nicht aus den Augen. Die Ablage des zweiten Eies erfolgte am 4. Juni gleichfalls mittags und zwar gegen 2 Uhr: es war etwas grölser und wog 7 Gramm. Die Bebrütung machte sich in der Folge so, dafs im all- gemeinen das Weibchen die Eier bedeckte (s. Tafel I, Bild 4), jedoch für die Zeit, in der es morgens, mittags und abends das Nest verliefs, vom Männchen abgelöst wurde. Entweder erschien dabei das Letztere auf einen leisen knarrenden Ton Noras hin neben dem Nistplatz, um die Ablösung vorzunehmen, oder aber Kuno drängte seine Gattin, wenn er Lust zum Brüten hatte, einfach von den Eiern herunter. Gelang ihm dies nicht, so setzte er sich bisweilen neben sein brütendes Weibchen. Trotzdem ereignete es sich bisweilen, dafs die Eier für kurze Zeit unbedeckt blieben, denn wenn wir die Tiere fütterten, so erschienen natürlich zunächst beide, sodafs dann die regelmäfsige Abwechselung nicht recht zustande kam. Das war eben eine Gefangenschaftsstörung! Nach dem ganzen Benehmen der Vögel zu urteilen, verhält sich die Sache im Freien wohl so, dafs zu den gewöhnlichen Jagd- zeiten in der Morgen- und Abenddämmerung das brütende Weibchen von seinem Gatten abgelöst wird. Während der eigentlichen Nachtstunden brütete Nora. Meine Frau stellte dies einmal in sinniger Art auf die Weise fest, dafs sie dem Weibchen einen weilsen Papierstreifen auf den Rücken klebte, sodafs man die beiden Ehegatten auch im unbeleuchteten Zimmer unterscheiden konnte. Hier sei bemerkt, dafs sich das Paar durch unsere Han- tierungen in keiner Weise stören liefs, die Tiere verhielten sich etwa wie recht zahme und ruhige Hühnerglucken. Man konnte z. B. das Weibchen mit der Hand von den Eiern nehmen, die Eier betrachten, dieselben photographieren u. s. w., ohne dafs der Vogel eine solche Störung übel nahm. Das Pecarifell lag unmittelbar vor einem Schrank, und beim unvermeidlichen Oeffnen der Schranktüre mufste sich die brave Mutter häufig bücken, um diese über ihrem Kopf weggehen zu lassen! Natürlich waren wir sehr begierig darauf, zu erfahren, ob die Eier befruchtet seien. Wir zweifelten daran, um so mehr, da wir ja nur so wenige Paarungen beobachtet hatten. Am 6. Juli früh 7 Uhr konnte ich Andeutungen von Blutgefälsen in dem erstabgelegten Ei erkennen, am folgenden Morgen stellte ich auch die Befruchtung des zweiten Eies fest. Dabei ergab sich gleichzeitig, dafs der Altersunterschied der Embryonen nicht der Zeitfolge der Eiablage entsprechend 2 Tage, sondern nur etwa einen Tag betrug, woraus gleichfalls hervorgeht, dals das erste Ei nicht von Anfang an fest bebrütet worden war. Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 63 Die Umgebung des Brutplatzes wird von den beiden alten Tieren tadellos sauber gehalten, ja, dieselben begeben sich, um sich zu entleeren, häufig in die äufsersten Zimmerecken, unter Schränke u. s. w. Wie bei sehr vielen anderen Vögeln, ist beim Männchen der Brutinstinkt weniger entwickelt als beim Weibchen. Das Letztere hat von Anfang an viel „Geschick“, die Eier in die richtige Lage unter sein Gefieder zu bekommen. Sie legt sich dann, etwas auf die Flügelbuge gestützt, flach auf das Gelege und scheint die Eier häufig so unter sich zu haben, dafs auf jeder Seite eins auf den Rücken der Zehen des brütenden Vogels zu liegen kommt. Kuno zeigt sich in diesen Dingen viel unge- _ schickter. Es passiert ihm bisweilen, dafs er nur auf einem Ei sitzt und dafs ihm, wenn er das Zweite mit dem Schnabel herbeirollt, das Erste wieder verloren geht. Bei ibm scheint mit der Zeit die Erfahrung den Naturtrieb zu ersetzen, denn am Ende der Brutzeit versteht er das Brüten fast genau so gut wie seine Gattin. Am 18. Juni mittags bemerkten wir an dem ersten Ei eine sehr kleine Pickstelle, und zugleich war in demselben ein feines Piepen vernehmbar: jedoch erst am 20. früh um 1,7 Uhr lag die kleine abgehobene Kuppe dieses Eies neben der brütenden Mutter, und eine Viertelstunde später befand sich die übrige leere Eischale neben der Neststellee Um 7 Uhr früh betrachteten wir den kleinen Erdenbürger, der bereits trocken und garnicht so hilflos war, als wir erwartet hatten, denn er krabbelte mit offenen Augen bereits recht tatkräftig in meiner Hand umher. Das Gewicht. betrug 5 Gramm, das der leeren Eischale !/, Gramm. Aus dem zweiten Ei erschien das Junge fast genau 12 Stunden später, es war etwas grölser und kräftiger als das Erste und wog 6 Gramm. Sehr bald sollten wir Gelegenheit haben, zu beobachten, in welcher Weise die kleinen Nachtschwalben von ihren Eltern Futter zu erlangen suchen. Schon das wenige Stunden alte Tier kommt, namentlich auf ein leises „Kurrrr, kurrrr, kurrrr‘“ des auf ihm sitzenden alten Vogels hin rasch unter dessen Brustfedern hervor, dreht sich um, richtet sich an der Brust des Alten hoch auf und falst schlielslich mit seinem Schnabel den Schnabel des Vaters oder der Mutter. Hat es diesen einmal gepackt, so hält es ihn ziemlich fest, ja es kann passieren, dafs, wenn der alte Vogel den Kopf hoch aufrichtet, der Kleine für kurze Zeit, da er den elterlichen Schnabel nicht loslälst, hängen bleibt. Leider zeigte sich das alte Weibchen in der ersten Zeit wenig geneigt, seinen Mutterpflichten, was das Füttern der Junger anbelangte, nachzukommen, und da jeder der beiden Eltern vor- läufig ein bestimmtes Junges bevorzugte, so kam der Spröfsling, welchen Nora übernommen hatte, zu kurz, sodals meine Frau hier helfend eingreifen mulste, nach einigen Tagen aber konnten wir beide Jungen getrost der elterlichen Pflege wieder allein überlassen. Wahrscheinlich war diese anfängliche Unvollkommen- 64 Dr. O0. Heinroth: heit in der elterlichen Nahrungsspende dadurch bedingt, dafs die alten Vögel meist am Tage von uns gefüttert wurden, während sie ihrerseits dazu neigten, ihren Kindern nach eingetretener Dämmerung Futter zu geben, hier war also eine Störung des Instinktes durch die veränderten äulseren Bedingungen eingetreten. Schon nach wenigen Tagen entfernten sich die Jungen auf weitere Strecken von der Niststelle,e und wenn wir früh das Zimmer betraten, so war äufserste Vorsicht geboten, denn wir konnten nie wissen, in welcher Ecke Nora oder Kuno mit ihren Kindern safsen. Die Entleerung der Jungen erfolgte in der Weise, dals die Letzteren unter dem sie bedeckenden Vogel hervorkamen, sich von diesem etwa 20 cm und mehr entfernten und ihren Koth absetzten, um dann wieder an ihren warmen Platz zurückzukehren. Da, wie bereits erwähnt, die Eltern mit ihren Kindern an ver- schiedenen Stellen umherzusitzen pflegten, so verriet sich der „je- weilige Nistplatz‘“ durch dieEntleerungen der Jungen nicht wesentlich. Wenige Tage nach dem Ausschlüpfen der Jungen regte sich zu unserm Schrecken bei den Eltern von neuem der Fort- pflanzungstrieb. Kuno fing wieder zu knarren und zu klatschen an, und Nora liefs sich willig von ihm treten. Unsere Befürchtung, dafs die Eltern ihre Spröfslinge nun vernachläfsigen und ganz aufgeben würden, hat sich glücklicherweise nicht erfüllt. Am 1. Juli nahm Nora wieder eifrig Kreidestückchen auf, und am 3. und 5. Juli wurde von ihr auf dieselbe Stelle des Pecarifelles, die bereits früher als Nistplatz gedient hatte, wieder je ein Ei gelegt, von denen das erste 8 Gramm und das zweite 7!/, Gramm wog. Die Jungen, welche nun ein Alter von 13 Tagen hatten, waren bisher immer noch von den Eltern gehudert worden, und sie versuchten nun natürlich auch unter die bereits wieder brütende Mutter zu kriechen, die jedoch diese Zudringlichkeit nicht gern zu sehen schien. Am folgenden Morgen fand ich beim Betreten des Zimmers die Mutter gut auf den Eiern sitzend, während der Vater auf einem anderen, etwa 2 Meter entfernt liegenden kleinen Fell seine Spröfslinge neben, bezüglich unter sich ver- sammelt hatte. In der Folge ereignete es sich jedoch oft, wohl weil die Jungen im engen Zimmer in zu grofser Nähe des Weibchens sein mulsten und dieses daher immer vor Augen hatten, dafs die Kinder ihre Mutter im Brutgeschäft störten, und wir stülpten deshalb bei Tage einfach eine Fliegenglocke aus Drahtgaze über die Brüterin. Nachts wurde diese Bedeckung natürlich entfernt, um eine Ablösung des Tieres durch das Männchen zu ermöglichen. Immerhin war eine Verzögerung in der Brutdauer zu konstatieren: denn während die ersten Eier zu ihrer Zeitigung 161/, Tage gebraucht hatten, vergingen bis zum Auskommen der zweiten Jungen 18 Tage. Die Fütterung der Jungen erster Brut wurde in diesen 18 Tagen vorwiegend vom Männchen besorgt. Auch als das 2. Gelege auskam, frafsen „Ernst“ und „Sybille“, wie wir das ersteGeschwisterpaar genannthatten, noch nicht selbständig, Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 65 sodals die Eltern nunmehr vier Junge zu füttern hatten, was sie auch in prompter Weise erledigten. Zu der Eientwicklung selbst möchte ich noch erwähnen, dafs irgend eine Befeuchtung der Niststelle während der Brutzeit nicht stattgefunden hat. Die Eier sind im ganz trockenen Zimmer, zum Teil bei sehr grofser Sommerhitze bebrütet worden und haben dabei normale Vögel ergeben. Was die jungen Ziegenmelker anlangt, so sei erwähnt, dafs sie sich, wie auch schon bekannt, von den Eltern fast bis zum vollen Selbständigsein bedecken lassen, so gut dies ihrer Grölse wegen eben angeht. Bild 1 auf Tafel II zeigt die beiden alten Vögel, wie sie im „traulichen Tete a tete“ jeder eins der sieben Tage alten Jungen der ersten Brut unter sich haben. Am 14. Tage etwa machen die Jungen unter Zuhülfenahme ihrer Flügel etwa handhohe Sprünge auf dem Fulsboden und mit 3 Wochen fliegen sie bereits auf den Tisch und andere Gegenstände. Bald darauf folgen sie ihren Eltern bettelnd überallhin durchs Zimmer. Das oben erwähnte, leise, von den Eltern ausgestolsene „Kurrrr-kurrrr“, welches anscheinend für die kleinen Jungen das Signal ist, unter der wärmenden elterlichen Brust hervorzukommen und Nahrung in Empfang zu nehmen, fällt späterhin weg, die Jungen piepen dann zwar viel, die Eltern füttern aber schweigend. Sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Brut hatten wir, um die kleinen Ziegenmelker an menschlichen Verkehr zu gewöhnen, schon in frühester Jugend versucht, ihnen mit der Pinzette Futter zu reichen, und dies glückte bei zwei Vögeln schon in den ersten Tagen recht gut. In kurzem bettelten diese nicht nur die Eltern, sondern auch den Menschen an, und es gelang uns dadurch, sie an eine, für späterhin bequeme und einfache Nahrungsaufnahme zu gewöhnen. Merkwürdigerweise schlugen alle diese Bemühungen bei dem vermutlich weiblichen Jungen der ersten Brut vollkommen fehl. Dieses Tier hat niemals vom Menschen Futter angenommen, dafür aber sich von den Eltern, speziell vom Vater, fast 9 Wochen lang füttern lassen. Der letzte Spröfsling lernte erst im Alter von vier Wochen Futter von der Pinzette zu nehmen. Während die alten Vögel Junge zu versorgen hatten, waren sie natürlich sehr futtergierig, und in dieser Zeit verlegten sie sich auch mehr darauf, selbständig Nahrung aufzunehmen. Wir ‚streuten nun gegen Abend Fleischstückchen, Schaben und Mehl- würmer auf eine in der Nähe des Fensters stehende, helle Tisch- platte sowie auf das weilse Fensterbrett, und bis zum folgenden Morgen war die Ration von Nora und Kuno sauber aufgepickt und verfüttert worden. Für uns hatte es natürlich etwas un- gemein Reizvolles, in den Dämmerstunden dieses Ziegenmelker- familienleben aus nächster Nähe zu beobachten. Die kleinsten Jungen liefen dann etwa wie halb federfülsige Hühnerkücken eilig auf dem Fufsboden herum, lebhaft mit den Flügeln schlagend und Journ. f. Orn. LVI. Jahrg. Januar 1909. 5 66 Dr. O. Heinroth: sich bekomplimentierend. Die Eltern trippelten geschäftig und eifrig pickend auf dem Futterplatz umher und wurden beim Ab- fliegen oft in zudringlicher Weise von den Jungen erster Brut überallhin verfolgt. Durch unsere Anwesenheit liefsen sich die Tiere nie stören und safsen uns oft auf Kopf und Schulter oder rüttelten bettelnd vor unseren Händen. Gegen fremde Personen waren die Eltern milstrauischer, wenn auch durchaus nicht scheu oder ängstlich, sodafs wir manchem ÖOrnithologen dieses schöne Familienbild aus unmittelbarster Nähe zeigen konnten. Näherten sich Fremde dem brütenden Weibchen, so geschah es oft, dafs Kuno von seiner Warte aus die betreffende Person umflog;, um schliefslich neben seiner Gattin Platz zu nehmen. Zum eigentlichen Angriff ging er dem Menschen gegenüber, da dieser ihm eine zu gewohnte Erscheinung war, nicht über. Als ich das erste, soeben dem Ei entschlüpfte Junge in die Hand genommen hatte, um es zu wiegen, erschien der Vater zwar SO- fort und verfolgte anscheinend besorgt alle meine Hantierungen, verhielt sich aber sonst ruhig dabei. Anders gestaltete sich der Vorgang, wenn einer unserer Singvögel aus dem Käfig herausge- lassen wurde und sich in die Nähe des Ziegenmelkernestes wagte: dann stürzte Kuno sofort herbei, erschreckte den harmlosen Ein- dringling mit seinem zur vollen Weite geöffneten Rachen, warf sich schliefslich auf den vermeintlichen Feind, versuchte sich in dessen Kopffedern zu verbeifsen und jagte den Entsetzten durch das ganze Zimmer. In der Folge unterliefsen wir, um die Eltern nicht unnötig aufzuregen, solche Experimente, bezüglich wieder- holten sie nur zwecks photographischer Aufnahmen. Nora ging in solchem Falle nicht zum eigentlichen Angriff über, sie beschränkte sich darauf, mit hocherhobenen, weit geöffneten Flügeln und auf- gerissenem Rachen den Gegner anzudrohen. Alle vier Junge gediehen gut und wuchsen zu kräftigen Vögeln heran (S. Tafel IV Bild 6). In der Färbung, d. h. in der Abstufung des grauen und braunen Farbentons waren sie alle etwas verschieden, sodafs sich nur bei den extremsten Stücken die Färbungsweise als männlich oder weiblich ansprechen liefs: ob mit Recht oder Unrecht, bleibe dahingestellt. Mitte und Ende September gaben wir je ein erwachsenes Geschwisterpaar an den Zoologischen Garten in Köln und Breslau ab, das alte Paar haben wir behalten. 3 Im folgenden sei es mir gestattet, der Übersichtlichkeit halber meine Beobachturgen nach Rubriken gesondert etwas ge- nauer auszuführen. Schutzfärbung und Schutzbewegung. Spricht schon die ganze Zeichnungs- und Färbungsweise der Caprimulgiden für eine geradezu raffinierte Schutzfärbung, und ist es auch selbstverständlich, dafs die Art und Weise, wie die Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 67 Tiere der Länge nach auf dicken Ästen sitzen, als eine Schutz- stellung aufgefafst werden muls, so ergeben sich bei wirklich ein- gehender Nahbeobachtung dieser Nachtvögel noch so viele Gesichts- punkte in dieser Richtung, dafs die diesbezüglichen Einrichtungen der Ziegenmelker als das Non plus ultra, das es bei einem Vogel gibt, bezeichnet werden müssen. Oft ist es passiert, dafs, wenn Kuno am Tage oder bei Gaslicht auf einer Stuhllehne, einem kleinen Rauchtisch oder einem sonstigen dunkelen Zimmergegenstande sals, er von zufällig zu Besuch weilenden fremden Personen selbst in nächster Nähe nicht bemerkt wurde. Sie baten dann häufig nach einer Weile, „Zeigen Sie uns doch einmal Ihre Ziegenmelker!“ und waren dann höchst erstaunt, wenn ich sagte: „Es sitzt gerade einer vor Ihnen!“ Ja bisweilen ereignete es sich, dafs wir im rechten Augenblick dazwischen treten mufsten, um den Gast zu verhindern, auf den Vogel irgend einen Gegenstand zu legen oder sich auf ihn zu stützen, weil er das Tier, trotzdem es offen vor ihm sals, einfach nicht bemerkt hatte. An dieser „Unsichtbarkeit“ ist nicht nur die Farbe des Ziegenmelkers schuld, sondern vor allen Dingen die absolute Ruhe, in der das Tier bei seinem Sitzen verharrt. Ferner ist der Umstand recht wesentlich, dafs der Vogel mit dem Bauch- gefieder aufliegt, er sich also nicht hoch über der Unterlage be- findet, und sich so nur wenig abhebt. Aufserdem schliefst die ruhende Nachtschwalbe die Augen bis auf einen feinen, nur bei senauerer Besichtigung wahrnehmbaren, oft „biskuitförmigen‘* Spalt: auch das Auge wird also nie zum Verräter des Vogels. Diese durch alle die erwähnten Umstände bedingte „Unsichtbarkeit‘‘ geht so weit, dafs selbst meine Frau und ich oft rechte Mühe haben, unsere Vögel im Zimmer zu finden, und wir es dann nur durch srofse Vorsicht vermeiden können, auf die Tiere zu treten. Im allgemeinen liebt namentlich Kuno es nicht, sich bei Tage oder bei Licht auf weifse, bezüglich sehr helle Gegenstände zu setzen. Er hat sich zwar mit der Zeit etwas daran gewöhnt, war aber im Anfang nicht dazu zu bringen, zum Beispiel auf einem weilsen Bogen Papier, einem Tischtuch oder etwas ähnlichem auszuharren. Aber auch wenn sich das sitzende Tier bewegt, sich zum Beispiel putzt oder kratzt, fällt es sehr wenig auf und wird auch meist dann noch übersehen. Caprimulgus geht nämlich im Hellen niemals aus der Ruhestellung unmittelbar in die beabsichtigte Bewegungsweise über, sondern leitet diese in höchst raffinierter Weise durch „UÜbergangsbewegungen“ein. Das zunächst stillsitzende Tier beginnt bei eingezogenem Kopf mit dem Vorderkörper erst unmerklich, dann immer lebhafter hin- und herpendelnde Bewegungen zu machen und gleicht dann täuschend einem durch den Wind bewegten Blatt oder Rindenstück. Erst nach diesen Einleitungsbewegungen beginnt der Vogel die beabsichtigte Tätigkeit, ohne das Wackeln dabei ganz einzustellen. Beim Putzen selbst bewegt er sich verhältnismäfsig langsam und 5* 68 Dr. O0. Heinroth: läfst auch häufige kurze Pausen dazwischen eintreten, der jedes- malige Wiederbeginn des Putzens wird durch verstärktes Wackeln eingeleitet. Aber nicht nur zur Einleitung wird diese Mimiery- bewegung benutzt, nein, sie dient auch zum Ausklingen, d.h. sie vermittelt den Ubergang z. B. vom Putzen in die Ruhelage des Vogels, wobei der Verlauf der Intensität natürlich ein um- gekehrter ist, d. h. die seitlichen Schwankungen des Körpers werden immer kleiner und gehen ganz unmerklich in das Still- sitzen über. Mich haben die geschilderten Vorgänge immer sehr an die entsprechenden ruckweisen Bewegungen der Stabheu- schrecken, bezüglich an das Flottieren des Flossensaums bei dem nordamerikanischen Molch Menopoma erinnert, deren eigenartige Schutzbewegungen ja bekannt sind. Beabsichtigt die Nachtschwalbe bei Tage zu Fuls einen anderen Platz aufzusuchen, so wird nicht nur das Gehen selbst durch allmählich immer stärker werdendes Pendeln eingeleitet, sondern auch die Fortbewegung wird durch das seitliche Wackeln des Körpers gewissermalsen verdeckt, sodafs der Gang des Vogels bei Tage etwas merkwürdig Watschelndes hat, das ihm in der Nacht vollkommen fehlt. Erschrickt die Nachtschwalbe, so pflegt sie sich häufig der Länge nach hinzuducken (S. Tafel III Bild 3), legt das Gefieder glatt an und ähnelt dann gewissermalsen einer Zigarre. Dabei bleiben die Augen bis auf einen mehr oder weniger feinen Spalt geschlossen. Verhalten der Augen. Der allgemeinen Anschauung nach gilt Caprimulgus als ein bei Tage sehr verschlafener Vogel, „der den nahenden Menschen erst auf kurze Entfernung bemerkt, um dann vom Tageslicht geblendet, unsicheren Fluges abzustreichen.“ Ich möchte dagegen die Behauptung aufstellen, dafs der Ziegenmelker überhaupt keinen eigentlichen Schlaf im menschlichen Sinne besitzt, wenigstens werden die Augen nach meinen Beobachtungen niemals völlig geschlossen, und in der Normal-Tagesstellung ist das untere Augenlid nur soweit emporgezogen, dals es die Lid- spalte zwar fast, aber nicht gänzlich schliefst. Dabei beobachtet der Vogel seine Umgebung dauernd. Oft machte mich ein Besucher darauf aufmerksam, dafs der Ziegenmelker schlafe; ich trat sofort den Gegenbeweis an, indem ich dem Vogel unhörbar mit der Pin- zette einen Mehlwurm zeigte. Augenblicklich war das Tier dann, die Augen weit geöffnet, bereit, den Bissen in Empfang zu nehmen, Ein Unterstecken des Schnabels unter die Schulterfedern — bekanntlich eine recht verbreitete Vogel-Schlafstellung — habe ich bei Caprimulgus niemals beobachtet. Will die Nachtschwalbe während ihrer Tagruhe einen Gegenstand genauer ins Auge fassen, so macht sie dies häufig so, dafs sie nur den Teil des Auges von den Augenlidern unbedeckt läfst, den sie gerade zum Sehen des betreffenden Gegenstandes braucht, und dadurch entstehen Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 69 sanz merkwürdige Gesichtsausdrücke. Dafs die Helligkeit, z. B. direktes Sonnenlicht, nicht unbedingt eine Verengerung des Lidspaltes hervorruft, kann man leicht beobachten, ja der Ziegen- melker macht sich garnichts daraus, mit weitgeöffneten Augen direkt in die Sonne zu starren, und zwar dann, wenn er seine Schutzstellung aus irgend einem Grunde nicht braucht oder sonst, z. B. in der Paarungszeit, in Erregung ist. Das fast völlige Schlielsen der Augenlider, das dem Tier bei Tage zur Gewohnheit geworden ist, möchte ich lediglich als eine Schutzstellung auf- fassen: das Entdecktwerden des Vogels durch die grofsen, pracht- vollen Augen ist eben auf diese Weise sehr gut verhindert. Die verschiedene Form der Lidspalte ist auf den beigegebenen Photo- graphien gut erkennbar. In der Zeit, in der sich die Nachtschwalbe normaler Weise am meisten bewegt, also jin der Dämmerung, sind die Augen gewöhnlich weit geöffnet, das Tier braucht dann diese Sinnes- organe zum Aufsuchen der Nahrung, des Gatten, der Jungen und anderer Gegenstände, und dann beherrscht der Vogel ein ungemein weites Gesichtsfeld. Nicht nur, dafs das Tier mit jedem Auge einen annähernd 180° betragenden Gesichtswinkel umfalst, nein, der Vogel ist sogar imstande, die Augäpfel nach hinten zu konvergieren. Hält man ihm z. B. genau von hinten einen Mehlwurm vor, so passiert es häufig, dafs er diesen, ohne den Kopf zu drehen, fixiert, indem sich beide Augen zugleich nach hinten einstellen. Dadurch erhält der Vogel einen geradezu erschreckenden Gesichtsausdruck: man wird dann an dem Kopf vollkommen irre und übersieht so den winzigen Schnabel noch mehr als sonst. Während des Erhaschens von Beute sieht der Vogel mit beiden Augen nach vorn, und man kann dies, wie bereits oben erwähnt, wundervoll beobachten, wenn man die Nachtschwalbe durch Vorhalten eines Leckerbissens veranlafst, wenige Zentimeter vor den Augen des Beobachters zu rütteln. In der eigentlichen Dunkelheit scheint Caprimulgus nichts zu sehen; ja, in einem Zimmer, in dem wir uns, zwar mit Mühe, aber doch immer noch ganz leidlich mit den Augen orientieren können, fliegt die Nachtschwalbe, wenn zum Auffliegen gezwungen, häufig gegen die Einrichtungsgegenstände. Im allgemeinen kann man sagen, dals Caprimulgus auf starken Lichteinfall mit Stillsitzen reagiert. Wollten wir z. B. den sich abends bei Gaslicht im Efszimmer tummelnden Kuno wieder in das dunkele Vogelzimmer zurückbringen, so kam es häufig vor, dafs er von dem untergeschobenen Aststück immer wieder abstrich und sich nicht wegtragen lassen wollte. Dann halfen wir uns sehr oft so, dafs wir ihn, wenn er auf dem Ast sals, unmittelbar unter die sehr helle Tischlampe hielten: dann trat bei ihm re- flektorisches Stillsitzen ein, und wir konnten ihn wegtragen, ohne dals er wieder abflog. Ich möchte ausdrücklich nochmals bemerken, dafs ich dabei von einer Blendung durch das Licht nie etwas 70 Dr. O. Heinroth: gemerkt habe; denn wie bereits erwähnt, starrt der Vogel mit weit geöflneten Augen bei manchen Gelegenheiten bisweilen in die intensivste Lichtqueile, sogar in die Mittagssonne. Caprimulgus ist den ganzen Tag über von einem Gefühl höchster Unsicherheit durchdrungen, er ist ja auch gegen all die vielen Räuber absolut wehrlos und muls sich auf das Übersehen- werden verlassen, sodafs jeder Furchtreiz das bekannte Stillsitzen und den fast vollkommenen Lidschlufs auslöst. Das Unterscheidungsvermögen der Tiere für kleine ruhende Gegenstände ist nicht sehr grols; denn es macht dem Vogel viel Schwierigkeiten, einen sich nicht bewegenden Mehlwurm von einer dunklen oder wenigstens nicht sehr hellen Unterlage auf- zunehmen, und sie picken sogar irrtümlicherweise wiederholt nach Flecken und Löchern der Tischplatte, indem sie jene für etwas Geniefsbares halten. Dagegen sehen sie, ihrem Nahrungserwerb im Freien entsprechend, sich bewegende Gegenstände ausgezeichnet. Bisweilen fliegt einer von ihnen im hellerleuchteten Zimmer ganz unvermutet auf, um einem kleinen Insekt, dafs unter der Zimmer- decke umherfliegt, nachzustellen. Ebenso greifen sie, wie bereits geschildert, ihnen zugeworfene Mehlwürmer im Fluge. Merk- würdigerweise besitzt der Ziegenmelker im Gegensatz zu den meisten anderen Vögeln keine physiologisch in Betracht kom- mende Nickhaut, am lebenden Tiere entdeckt man keine Spur einer solchen. Leider habe ich es versäumt, tote Stücke darauf- hin eingehender zu untersuchen. Bewegungsweisen. Der Gang des Ziegenmelkers ist für gewöhnlich ein rasches Trippeln, wobei Kopf und Hals in der der Ruhestellung des Vogels eigentümlichen Lage zu verbleiben pflegen. Dieses fördert recht schnell und sieht durchaus nicht ungeschickt aus, manch- mal hat es mich, wenn die Vögel in der Dämmerung hinge- streutes Futter aufpickten, an das Herumhuschen von Eidechsen erinnert. Nicht zu verwechseln ist mit dieser geschickten Geh- bewegung der oben unter Schutzbewegung beschriebene Wackel- gang, der für gewöhnlich am Tage ausgeführt wird, wobei der Vogel langsam mit eng an den Boden angeschmiegtem Körper läuft. Merkwürdig ist, dafs Caprimulgus im Hellen, namentlich, wenn er sich nicht ganz sicher glaubt, bei ihm notwendig erscheinenden kleineren Ortsveränderungen sich möglichst nicht der Flügel be- dient. Er kriecht dann geradezu, flach auf den Boden gedrückt, nötigen Falles unter Zuhilfenahme der Handgelenke, selbst über Hindernisse hinweg. Der Vogel vermeidet eben alles, was irgend- wie auffallen könnte, und das Ausbreiten der mächtigen Flügel würde zu leicht das Augenmerk eines Feindes auf ihn lenken. Die jungen Vögel haben bis zu ihrer Selbständigkeit eine ganz merkwürdige Art von Begrüfsung untereinander, seltener Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 71 ihren Eltern gegenüber. Sind z. B. die beiden Jungen im Zimmer etwas von einander entfernt, und begegnen sie sich dann wieder, so rennen sie, mit gerade nach oben bis zur vollen Länge aus- gestreckten Hälsen und häufig mit weit geöffneten und nach oben gehaltenen Flügeln unter eigenartig murmelnden Lauten auf einander zu. Dabei bleibt der Körper und die Längsachse des Kopfes genau wagerecht, und die Tiere geben in dieser Haltung ein sanz merkwürdiges Bild ab. Späterhin haben wir diese Zeremonie, die bei den Ehegatten unter einander nicht üblich ist, nie mehr bemerkt. Da auch im Freien gefangene, ins Zimmer gebrachte junge Ziegenmelker regelmäfsig, wenn sie sich in irgend einer Ecke treffen, die beschriebene Haltung beim Gehen annehmen, so glaube ich, dafs es auf eine Verallgemeinerung dieser sonder- baren Körperhaltung zurückzuführen ist, wenn diese von ver- schiedenen Autoren als typisch für den Gang der Nachtschwalbe angegeben wird. Der Flug ist, da er im Freien sich leicht beobachten läfst, häufig genug geschildert worden, hier sei nur erwähnt, dafs sich die Vögel in einem kleinen Zimmer von 5 zu 3 Meter Grundfläche und 3,5 Meter Höhe sehr geschickt und lautlos bewegen können. Sie verstehen es, fast senkrecht aus der Höhe auf einen bestimmten Punkt einzufallen und ebenso kerzengerade wieder aufzufliegen. Bekanntlich bewirkt der Ziegenmelker die z. B. beim Einfallen des Vogels notwendige Verkleinerung der Flügelfläche genau um- gekehrt wie die Anatiden, nicht durch Herabsenken der Flügel- spitzen, sondern durch steiles Anheben der weitgeöffneten Schwin- gen. Die Unhörbarkeit des Fluges ist durch die „Samtleiste‘, welche sich auf der Oberseite der Innenfahne jeder Schwinge da befindet, wo die folgende Feder bei geöffnetem Flügel aufliegt, bedingt. Die Reibung der grofsen Flügelfedern untereinander wird dadurch eine lautlose. Bei der Abwehr von Feinden sperrt, wie bekannt, Caprimul- gus den letzteren seinen weit geöffneten Rachen mit einem zischenden Laute drohend entgegen, und in der Tat erreicht der Vogel seinen Zweck damit gewöhnlich recht gut. Dabei ist auf- fallend, dafs die beiden Unterkieferäste sich bei weit geöffnetem Schnabel etwas nach aufsen und unten biegen, wie dies auf der bei- gegebenen Abbildung Tafel I Bild 3, die eine Vergrölserung einer in der Sonne gemachten Momentaufnahme darstellt, ersichtlich ist. In dieser Stellung hat der Vogel, auch bei stark einfallendem Sonnen- licht die Augen weit geöffnet, denn hier ist die Schutzstellung aufgegeben worden, und der Lidschlufs also nicht mehr nötig. Unsere Ziegenmelker baden nie, werden aber von uns ab und zu bebraust, oder wir setzen sie bei starkem Regen an das vergitterte offene Fenster. Hier breiten sie dann häufig Flügel und Schwanz aus und machen ähnliche Bewegungen, wie wir diese bei regenfrohen Tauben zu sehen gewohnt sind. Nach einer Weile pflegen sich die Vögel dann mit dem Schnabel 72 Dr. O. Heinroth: das Gefieder einzufetten und zu putzen. Will sich der Vogel kratzen, so macht er dies nach Art der Singvögel, d. h. der Fufs wird hinter dem Flügel, also zwischen Körper und Flügel nach dem Kopf zu durchgesteckt. .Ich erwähne dies absichtlich, weil derartige, scheinbar nebensächliche Bewegungsweisen bisweilen einen systematischen Wink geben können, und erinnere dabei daran, dafs z. B. die Cuculiden, Papageien, Tagraubvögel, Eulen, ferner Stelz- und Schwinımvögel den Fufs direkt vor dem Flügel nach dem Kopf bewegen, während Nashornvögel, alle Sing- vögel, Spechte, Bienenfresser und Segler auf dieselbe Art wie die Caprimulgiden sich hinter dem Flügel herum den Kopf kratzen. Die Zähnelung des Innenrandes der Mittelkralle hat meiner Ansicht nach den Zweck, dem Vogel, wenn er der Länge nach auf einem Aste sitzt, einen guten Halt zu geben, auch die eigentümliche Stellung der Hinterzehe erklärt sich so. Im Alter von 27 Tagen wird bei den Jungen diese Zähnelung als erste Quereinkerbung des Nagels sichtbar. Stimme. Von den Jungen hört man bereits im Ei ein sehr feines Piepen, das später an Intensität zunimmt und sehr häufig wiederholt wird. Dieser Jugendton bleibt den vom Menschen jung aufgezogenen Tieren bis tief in den ersten Winter hinein, erst dann tritt an seine Stelle das bekannte „Quick“, ein Ton, den unser altes weibliches Stück niemals so laut und schön hervorbrachte wie das Männchen. Diese letztere Stimmäufserung ist wohl der wirkliche Lockton, wenigstens konnten wir ihn in der Fortpflan- zungszeit sicher hervorrufen, wenn wir das Paar trennten, und sich die beiden Vögel dann gegenseitig über ihren Aufenthalt orien- tieren wollten. Bei Schreck stöfst Caprimulgus ein ziemlich leises, sedämpftes „„Dagh‘“ aus, namentlich, wenn man den Vogel über- rascht, und er dann auffliegt. Die eigentliche Warnung der Tiere untereinander ist jedoch ein ganz rasch und sehr leise ausgestolsenes „Dugdugdugdugdug“, das häufig nur in allernächster Nähe wahrnehmbar ist. Dabei nimmt der Vogel gewöhnlich seine bildsäulenartige Stellung ein, und in demselben Augenblick verfallen auch die übrigen Stücke, die für diese leise Stimmäulserung ein sehr feines Gehör haben, in dasselbe „Stillgestanden“. Dann ist mit den Tieren so leicht nichts anzufangen, und es dauert oft lange, bis sie ihre Erstarrung wieder aufgeben. Im Freien dürfte man den also beschriebenen Ton wegen seiner geringen Stärke wohl so leicht nicht zu hören bekommen. Einen Laut, den das Männchen auch aulserhalb aer eigentlichen Balzperiode bisweilen vernehmen Jläfst, ist ein ziemlich leises „Grollen“, wie man es am besten bezeichnen kann: ein ziemlich hoher und fortlaufend weiter geführter R-Laut. Dieser wird namentlich erzeugt, wenn der Vogel abends auf dem oft erwähnten Leopardenfell sitzt, Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 73 und man sich ihm nähert, meist wird dann der Ton seitens des Vogels mit wackelnden Bewegungen des Hinterkörpers begleitet. Der bekannteste Laut vom Caprimulgus europaeus ist sein Balzruf, das Schnurren, oder besser gesagt, das Knarren, das in der Hauptbalzzeit äulserst fleilsig vorgetragen wird. Wie schon oben angedeutet, beobachteten wir einmal mit der Sekundenuhr in der Hand einen Zeitraum von 5°/, Minuten, währenddessen der Vogel kein einziges Mal absetzte.e Bei diesen Laut- äulserungen verharrt Kuno in der gewohnten Ruhestellung, nur ist das Gefieder etwas knapper angelegt, und das Tier sitzt, wie abends häufig, ebenso oft der Quere wie der Länge nach auf der Unterlage. Während des Knarrens sieht man ein Vibrieren des Schnabels, speziell des Unterschnabels gegen den ÖOberschnabel, die Schnabelspalte selbst wird dabei nur kaum sichtbar geöffnet. Ganz irrig ist die Angabe Naumanns, dafs die musizierende Nachtschwalbe die Schnabelspitze auf den Ast, auf dem der Vogel sitzt, herabsenke; diese Stellung entspricht vielmehr derjenigen, die der Vogel häufig einnimmt. wenn er etwas Verdäch- tiges bemerkt hat, und wahrscheinlich hatte der von Naumann beob- achtete Caprimulgus seinen Beobachter wahrgenommen, verstummte daraufhin und nahm die Schreckstellung ein. Das Knarren selbst klingt im Zimmer sehr laut, aber nie unangenehm und hat etwas ungemein Stimmungsvolles. Das Weibchen knarrt sehr selten und leise, auch sind dabei nicht zwei deutlich abgesetzte Töne wahrnehmbar, dagegen liels Nora am Neste bisweilen das beschriebene Grollen vernehmen, das wohl eine Art Lockton für das Männchen darstellte. Schon erwähnt habe ich ein leises „Kurrrr-Kurrrr Kurrrr‘“, welches den Jungen gegenüber angewandt wird, um sie zu veranlassen, unter der Brust des sie wärmenden Vogels hervorzukommen und sich füttern zu lassen. Durch Nachahmung dieses Lautes gelang es uns bei zwei Jungen zu bewirken, dals sie uns anbettelten und schliefslich auch überallhin folgten. Vom September bis zum Frühjahr hin lassen unsere Ziegen- melker aulser ihrem leisen Warnungston keinen Stimmlaut hören. Fortpflanzung. Balz. Mit der beginnenden Fortpflanzungszeit zeigt sich das Männchen nicht nur in den Dämmerstunden, sondern häufig auch am Tage sehr erregt, und selbst im Zimmer wird das Flügel- klatschen, welches durch oft wiederholtes Zusammenschlagen der Schwingen über dem Körper im Fluge hervorgebracht wird, fleifsig geübt. Aber nicht nur dieses Klatschen ist für den Balzflug charakteristisch, sondern der männliche Caprimulgus weils jetzt auch seine weilsen Flügel- und Schwanzflecke in prächtiger Weise zur Geltung zu bringen. Immer nach dem Klatschen schwebt er mit hochgehobenen und weitausgebreiteten 74 Dr. O0. Heinroth: Schwingen und stark gefächertem Schwanz für kurze Zeit dahin und gleicht dann einem grolsen, bunt gezeichneten Schmetterling: es sieht gerade so aus, als wolle er durch das Klatschen die Aufmerksamkeit des Weibchens erregen, um sich dann im besten Lichte zu zeigen. Bisweilen, jedoch selten, kommt es sogar vor, dals der Vogel im Fluge knarrt. Die an das Weibchen gerichtete Paarungsaufforderung geschieht in folgender Weise: Kuno fällt mit schönem Schmetterlingsfluge dicht vor Nora ein, hält Kopf und Oberkörper absolut still und macht mit dem Hinterkörper und Schwanz weitausschlagende, seitliche und rasche Pendel- bewegungen. Mit einem Ruck fächert er dann den Schwanz zur vollen Breite, sodals die weilsen Endflecke leuchtend sichtbar werden, und unmittelbar darauf befliegt er das Weibchen, das, wenn es willfährig ist, den Schwanz nach oben klappt. Während der eigentlichen Paarung hört man von dem Männchen ein eigenartiges Murmeln. Im Gegensatze zu den meisten anderen, untereinander einigen, Vogelpaaren, versuchte Kuno sehr häufig die Gattin zu treten, ohne dafs letztere seinem Verlangen entsprach. Im allgemeinen pflegt sonst nach geschlofsener Ehe bei monogamen Vögeln das Weibchen der zur Paarung auffordernde Teil zu sein, oder das Verlangen dazu tritt gleichzeitig bei beiden Geschlechtern, höchstens nach kurzer Aufforderung von seiten des Männchens, ein: ein abweisendes Verhalten des weiblichen Vogels ist selten. Es ist klar, dafs bei einem Nachttier bunte Farben im gegenseitigen Verkehr der Geschlechter nicht zu Geltung kommen können; wohl aber absonderliche Formen und scharf abstechende helle Flecke. Beides ist bei der Caprimulgidenbalz ausgenutzt; denn was die Form anlangt, so erinnere ich an die afrikanische Flaggennachtschwalbe und den Vierflügel, und helle Flügel- und Schwanzflecke weisen ja fast alle anderen fortpflanzungsfähigen männlichen Nachtschwalben auf. Es ist geradezu raffiniert, wie geschickt diese leuchtenden Zierraten, welche den Träger bei seiner Tages-Schutzfärbung nicht stören, da sie dann vollkommen unsichtbar sind, von dem balzenden Vogel verwendet werden. Ein integrierender Bestandteil der Balz ist das Anlocken des Weibchens durch die Suche des Nestplatzes vonseiten des männlichen Vogels. Fortwährend fliegt dieser nach geeigneten Stellen, läfst sich darauf nieder, legt sich auf die Flügelbuge und scharrt eifrig mit beiden Fülsen zugleich. Dabei wird mit unermüdlicher Ausdauer das beschriebene „Grollen“, der Nest- lockton, hervorgebracht. Das legereife Weibchen reagiert auf diese Aufforderungen sehr prompt und folgt dem Männchen, wie bereits oben ausführlich erwähnt, überall hin. Brutgeschäft. Es ist bekannt, dafs der Ziegenmelker zur Ablage seiner Eier kein Nest baut, und man liest in unseren Naturgeschichtsbüchern dabei häufig die Redensart, „dafs er sich nicht die Mühe nimmt“; man schildert ihn also gewissermassen als einen faulen, liederlichen Vogel. Ich dagegen möchte das Fehlen Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 75 eines eigentlichen Nestes als eine Schutzerscheinung auffassen, denn jede Veränderung in der natürlichen Umgebung würde dem brütenden Ziegenmelker schaden, da die Niststelle dadurch nur auf- fallender gemacht würde. Die Eier sind bekanntlich recht leuchtend und weithin sichtbar, da der Vogel aber sofort nach dem Ablegen des ersten Eies den Tag über darauf sitzen bleibt, so kommt dem Ei bereits die Schutzfärbung der Mutter zu Gute. Andererseits ist die helle Farbe den Eiern wohl nötig, damit die Eltern in der Lage sind, diese im Dunkeln wiederzufinden; denn wie ich schon erwähnt habe, sind unsere Vögel im Auffinden kleiner, sich nicht bewegender Gegenstände, die sich durch ihren Helligkeitsgrad nicht von der Umgebung abheben, recht ungeschickt. Die Brutdauer währt normalerweise 161/, Tage, kann aber, wie es in unserem Falle beim 2. Gelege passierte, durch häufige Störungen auch um 2 Tage verlängert werden. Das Dunenkleid der Neugeborenen ist zu bekannt, als dafs ich es hier zu schil- dern brauche, merkwürdig ist jedoch, dafs die Tierchen auf der Rückenmitte einen fast kahlen Fleck haben, während ihre Unter- seite sehr dicht befiedert ist. Da diesen Dunenjungen die Wärme nur von oben her zugeführt wird, und sie nach unten hin mit dem kalten Erdboden in Berührung kommen, so ist der Zweck ihrer, von der vieler anderer Jungvögel recht abweichender Be- daunungsweise sehr einleuchtend. Schon nach wenigen Tagen bemerkt man vor und nach jeder Ortsveränderung der kleinen Dinger das oben beschriebene „Mimierywackeln“, und ein War- nungston der Eltern bewirkt ein sofortiges regungsloses Nieder- legen der Kinder. Sind sie hungrig, so kommen sie unter dem Gefieder der Eltern hervor, richten sich hoch an ihren Erzeugern auf, fassen diese am Schnabel und laden sie somit ein, ihnen Futter zu geben. Nicht immer wird dieser Wunsch erfüllt, häufig zieht der ärgerliche Alte den Kopf zurück, und das Junge verschwindet wieder unter dem Brustgefieder. Die Alten füttern in der Weise, dafs sie zunächst eine Anzahl Schaben, Mehlwürmer oder Fleischklümpchen rasch hintereinander aufnehmen, es bildet sich dann an der Kehle eine kropfartige Vorwölbung, und nun kehren sie zu den Jungen zurück. Die Nahrungsabgabe braucht dann nicht gleich zu erfolgen, sondern findet bisweilen erst nach mehreren Minuten statt. Entweder durch das beschriebene „Kurrr Kurrrr“ aufgefordert, oder auch von selbst, packt ein hungriger Spröfsling den Schnabel des Alten, der mit einem eigentümlichen Gesichtsausdruck darauf den Kopf senkt: es dauert noch ein paar Augenblicke, und unter einigen ruckweise nach vorn und unten ausgeführten Kopfbewegungen gleitet dem Jungen der Futterbissen in den Schnabel. Sind die Kinder gröfser, so reifsen sie oft tüchtig an dem Schnabelansatz der Eltern herum. Ihre Öber- schnabelspitze falst bisweilen ganz ernergisch in die Stirn- befiederung des alten Vogels (s. Tafel IV Bild 4, rechte Ecke), und es bildet sich bier dann geradezu ein „Fütterfleck“, wie 76 Dr. O0. Heinroth: ich diesen als Aralogon zu einem Brutfleck nennen möchte. Bei dem ganzen Vorgange schlagen die Jungen nach Art anderer junger Vögel lebhaft mit den Flügeln und piepen vor und nach- her sehr eindringlich. Die photographischen Aufnahmen des Fütterungsvorganges waren mit bedeutenden Schwierigkeiten verknüpft. Da die Alten am eifrigsten in schon vorgerückter Dämmerung fütterten, so mulste Blitzlicht benutzt werden, an ein Einstellen mit der Mattscheibe war aber bei der herrschenden Dunkelheit nicht zu denken, und es galt also, den auf eine bestimmte Entfernung eingestellten photographischen Apparat im richtigen Abstand an die betreffende Gruppe heranzubringen. Gerade dies war recht schwer, denn als Nestflüchter sind die jungen Ziegenmelker nicht an einen bestimmten Ort gebunden und rennen oft wie die Hühnchen im Zimmer herum, sodafs man ihnen mit der Camera fortwährend folgen mufs. Die Eltern ihrerseits sehen sich diese letztere doch etwas milstrauisch an, unterlassen bisweilen das Füttern und setzen sich schützend auf die Jungen. Trotzdem glaube ich, dals die beigegebenen Bilder den Umstand deutlich ersehen lassen, dafs die jungen Vögel den Schnabel der Eltern in ihren Schnabel nehmen, dafs also die von Liebe gemachte Angabe, der alte Ziegenmelker nehme den Kopf des Jungen in seinen Rachen, eine irrige ist. Diese unrichtige Beobachtung Liebes ist recht erklärlich, denn in der Dämmerung hat man sogar im Zimmer bei ganz zahmen Vögeln, denen man sich ruhig bis auf 20 cm Entfernung nähern kann, eine gewisse Schwierigkeit, den wahren Vorgang zu beobachten, namentlich wenn die Jungen noch klein sind, und die geradezu undefinierbaren Wollbällchen an der Brust der Eltern umherkrabbeln. Im Anfang verfüttern die Alten kleinere Insekten, späterhin stecken sie den Jungen grofse, im Schlunde aufbewahrte Käfer und ähnliches in den Rachen. Der Bissen ist stets tüchtig ein- gespeichelt, und bisweilen sieht man, wenn das Junge nach erfolgter Atzung den Kopf zurückzieht, einen langen Speichel- faden sich zwischen den Schnäbeln der beteiligten Vögel hin- ziehen: ein Umstand, der um so auffallender ist, als der Ziegen- melker nie trinkt und verhältnismäfsig wasserarme Nahrung zu sich nimmt. Während der Zeit, in welcher die Alten Junge zu füttern haben, stellten wir eine merkwürdige Veränderung der Ausleerungen der alten Vögel fest; diese wurden häufig erbsbrei- artig, ganz im Gegensatz zu dem sonst von den Tieren abgesetzten Koth. Die Jungen nehmen an Gewicht sehr.rasch zu, und wir haben es nicht unterlassen, von allen 4 Stücken in kurzen Zeit- abständen die Gewichte, sowie die Flügel- und Schwanzmalse festzustellen. Im Folgenden möchte ich die dabei sich ergebenden Daten eines sich gut entwickelnden jungen Ziegenmelkers anführen. Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 77 Länge 2 Schwanz- Datum Gewicht der M. feder- Bemerkungen Schwinge 8 länge 2au.NE | 35.8 BENL.4S. . 2a NT. 9614 '5 DENE. 11.75 .. 24.Vl. |13 „|4 mm EEE 26.VI. |23 ORGA 6 mm/Macht Pickversuche. SUN 189 .,,4 114 ‚5; GEH. BSML, 315, „|18.0;; Een SINE Al: „122... 14,5 „ aD VE. 485: 07 1. ish; 1811. 0 Erb WEDER 7 en 21,5 „ |Frifst viel Erde und Steinchen. 2.V1.50 „| ,„ Do 3.111: 155 ar KO RERER 30,9, NSG, 44; 34,5 , |Flattert handhoch. B.Wll.53., „147,5 „ SB: GaVL 38: 19251015D,,,, 43 ,, |Schnabelborsten aus- geplatzt, 6 mm lang. 7.V11./60 ,„:!56- ,„ [107 mm147 „, |9. VII. fliegt in Kopf- höhe. 12.VI1. 64, „ 140%, Fliegt auf Schrank u. Ss. W. KENLE69,, ., 159 „95 „ |Zähnelung der Mittel- kralle wird sichtbar. 22.VIll. KUN, Fängt an, selbst nach Futter zu picken. 2311-168 „ 6 Schnabelborsten sehr gut entwickelt. 14.1X. |85 an 180,7... 1133,05 Hierzu sei erwähnt, dafs das Durchschnittsgewicht des alten Männchens etwa 80—85 g, das des Weibchens etwas über 80 g bei normalem Körperzustande beträgt, sind sie sehr fett, so wiegen die Vögel bis über 100 g. Ich gebe beiliegend eine Anzahl photographischer Aufnahmen, die eine Auswahl aus der von mir aufgenommenen Bilderserie darstellen, und aus der das Wachstum der Jungen sehr gut er- sichtlieh ist. Wie schon eben geschildert, entschlüpften die Jungen der 2. Brut, als die der ersten ein Alter von 33 Tagen erreicht hatten (S. Tafel IV Bild 5). Das Männchen hatte während der Bebrütung des 2. Geleges die Fütterung der ersten Jungen übernommen, und diese waren beim Auskommen der zweiten Jungen noch nicht fähig, sich selbst zu ernähren. 78 Dr. O0. Heinroth: Lange Zeit bevor die jungen Nachtschwalben daran dachten, selbst Futter aufzunehmen, pickten sie nach kleinen, hellen Purkten des Linoleum-Fulsbodens. Ihnen daraufhin vorgelegte kleine Kreidestückchen nahmen sie auf, und auf einen mit Erde und Sand gefüllten Kasten gesetzt, suchten sie sich hanfkorn- grofse und kleinere Steinchen zusammen. Nach einigen Tagen war ihr Kreide- und Steinbedarf gedeckt, und wir haben sie später nicht wieder nach solchen Dingen picken sehen: ein schönes Ana- logon zu Noras Kreidefresserei! Der Pickinstinkt von Caprimul- gus ist nur für solche Dinge gut ausgebildet, die niemals in der Luft herumfliegen, denn diese mufs er eben auch ohne jede indi- viduelle Erfahrung finden und aufnehmen können, auch wenn sie aulserhalb seines für den eigentlichen Nahrungserwerb bestimmten Schnappreflexes liegen. Das häufige Zugrundegehen junger Ziegen- melker in Gefangenschaft durch Aufnahme von Watte und Ähn- lichem führe ich darauf zurück, dafs die Vögel zur Befriedigung ihres „Steinhungers“ keine geeigneten Objekte fanden. Im Alter von 5 Wochen dokumentierte sich ein Junges der ersten Brut deutlich als Männchen. Es machte bereits noch et- was unbeholfene Flügelklatschversuche, und als wir ihn abends allein in das Efszimmer mit herüber nahmen, strich er nach einigen Rundflügen klatschend auf das ja beim Vater schon so beliebte Leopardenfell und fing, zwar mit etwas dünner, „kindlicher“ Stimme, aber recht deutlich, zu grollen an. Bei meiner Annäherung verstärkte er seine Lautäulserungen und begann das bei dem „Nest- locken“ gewöhnlich ausgeführte, seitliche Schwanzwackeln, Auch das „Quik“ gelang ihm schon ganz gut. In allen seinen Bewegungen, ja sogar in der Auswahl des Sitzplatzes, war er ein absolut ge- naues Abbild des Vaters, so maschinenmäfßsig funktionierte der bereits in den ersten Anfängen vorhandene Balztrieb. Wenige Tage darauf beobachteten wir schon ein etwas gespanntes Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Vertrieb Kuno das junge Männchen ab und zu durch eine drohende Körperhaltung, so machte andererseits der kühne Jüngling bisweilen den Versuch, auf den Vater zu stolsen. Mauser. Die Hauptmauser unseres Caprimulguspaares fiel in das Ende des Kalenderwinters und erstreckte sich dann über das sesamte Grofs- und Kleingefieder. Die Schwingenmauser ver- läuft im Handschwingenteile descendent, d. h. die innerste Hand- schwinge fällt zuerst aus, und ihr folgen dann in je mehrtägigen Abständen die übrigen, sodafs die äufserste Handschwinge zuletzt nachwächst. Die Armschwingenmauser beginnt mit der äufsersten Feder, bald darauf fällt die innerste Armschwinge aus, und so rückt der allmähliche Federwechsel von beiden Seiten nach der Mitte der Armschwingen fort!). 1) $S. Verlauf der Schwingen- und Schwanzmauser der Vögel. Von O. Heinroth. Sitzungsber. d. Ges. Naturf. Freunde, Berlin 1898 No.8,8. 95— 118. Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 79 Auch die Schnabelborsten werden um diese Zeit erneuert, und zwar schieben sich, wie bei den Federn, hüllentragende Blut- kiele aus der Haut. Sobald die Hülle an der Spitze aufplatzt, rollt sich das Endteil der Schnabelborste heraus und steht zu- nächst schief zur Längsachse des Schaftes. Ist die Borste er- wachsen, so sieht man von dieser Abknickstelle nichts mehr. Morphologisch entspricht demnach anscheinend die Spitze der Schnabelborste nicht einer Federspitze. Interessant ist die verschiedene Stellung der Schnabel- borsten. Während der Ruhe des Vogels werden diese Gebilde ‚etwas nach vorn zusammengelegt getragen, sodafs ihre Enden zum Teil spitzwinklig zu einander gerichtet sind. Hält man nun dem Vogel Futter vor, so entfalten sich sofort die Schnabelborsten und stehen dann parallel oder sogar etwas zueinander divergierend, weit seitlich von der Rachenspalte ab, diese mit einem Fang- apparat umgebend. Ein zweiter, jedoch sehr unbedeutender Federwechsel tritt bei den alten Vögeln Ende Juli ein, wobei sie einen Teil des Bauchgefieders und einige Ellbogenfedern verlieren. Merkwür- digerweise erneuerte Kuno dabei sowohl in diesem wie im vorigen Jahre auch die innerste Handschwinge eines jeden Flügels. Bei den Jungen fallen im Alter von etwa 6 Wochen ebenfalls eine Anzahl Bauchfedern und wenige Federn der Oberseite aus. Da bei den Ziegenmelkern gerade das Bauchgefieder wegen der häu- figen Berührung mit der Unterlage und die Ellbogenfedern ge- wissermalsen als vor regenschützende Organe sehr stark verbraucht werden, so erscheint die zweimalige Erneuerung dieser Federpartien recht zweckmälsig. Ernährung. Am liebsten fressen unsere Ziegenmelker Mehlwürmer, dann der Reihe nach kleine Küchenschaben (Phyllodromia ger- manica), Fleisch mit Eiconserve bewälzt, grofse Küchenschaben (Periplaneta orientalis), Junikäfer (Rhizotrogus), Rolskäfer (Geo- trupes) und Nachtschinetterlinge. Anfänglich zeigten die ein- zelnen Individuen kleine Verschiedenheiten in ihrem Geschmack, verweigerten wenigstens einzelne der erwähnten Futtermittel, stellten sich aber, nachdem sie an all’ diese Dinge gewöhnt waren, schlielslich sämtlich auf dieselbe Reihenfolge in ihrer Auswahl ein. Ihre natürlichste Nahrung, grofse Käfer und Schmetterlinge, nehmen sie nur bei gröfstem Hunger an, Mehl- würmer lieben sie leidenschaftlich: dem erfahrenen Tierpfleger ist es nichts Neues, dafs viele seiner Schutzbefohlenen der ver- schiedensten Klassen und Gattungen das Ersatzfutter bald viel lieber nehmen als diejenigen Dinge, auf welche sie in der Freiheit angewiesen sind. Dort mufs das Tier sich eben mit dem begnügen, was es seiner ganzen Organisation gemäls erwerben kann, das schliefst aber nicht aus, dafs ihm nahrhaftere, weichere und schmackhaftere Stoffe viel lieber wären, es kennt sie aber 80 Dr. O0. Heinroth: nicht und kann sie nicht erlangen. Die Insekten wurden von unseren Nachtschwalben ebenso gern tot wie lebendig und natür- lich unzerstückelt verschlungen. Es sind verhältnismälsig genügsame Burschen, und von der „Unersättlichkeit des Rachens‘“, die ihnen von den Autoren wohl wegen der Grölse des letzteren zugeschrieben wird, haben wir wenig bemerkt. Wohl können diese Vögel sehr viel auf einmal zu sich nehmen, aber die Mahlzeit hält lange vor: ein zweimaliges Sattfressen am Tage befriedigt ihre Ansprüche reichlich. Da ihnen die „Fahrigkeit‘‘ der meisten Singvögel fehlt, so verbrauchen sie auch weniger als diese. Am 3. IX. notierte ich, dafs unsere 6 erwachsenen Ziegen- melker zusammen an einem Tage verzehrten: 56 g Schaben; 12,5 g Mehlwürmer — 70 Stück; 46 g Mahlfleisch mit etwas Eikonserve. Auf den Kopf kommen also 19 g Futter, eine Menge, die knapp !/, des Körpergewichts des Tieres beträgt. Bedenkt man, dafs dieses Quantum gegen den Herbst hin, zu einer Jahreszeit, in der unsere heimischen Vögel eine sehr starke Frefslust entwickeln, verzehrt wurde, so wird es nicht unver- hältnismäfsig grofs erscheinen. Eine ebenso schwere Singdrossel, ein Pirol hätten sicher mehr verzehrt. Psychisches Verhalten. Im allgemeinen neige ich der Ansicht zu, dafs die von mir in Gefangenschaft beobachteten Nachtschwalben Geschöpfe sind, die mit sehr vielen und komplizierten reflektorischen Vorgängen ausgerüstet sind, die aber aus eigener Erfahrung recht wenig dazu lernen. Der durchgreifende Unterschied zwischen Caprimulgus und den meisten andern Vögeln, speziell den Singvögeln, ist der, dafs der Fluchtreflex zum gröfsten Teil durch einen „Ruhereflex‘ ersetzt ist. Unter all den Umständen, die einen andern Zimmervogel gewöhnlich zum Flattern und zu verzweifelten Fluchtversuchen bringen, verläfst sich der Ziegenmelker, natürlich unbewulfst, auf seine Schutzfärbung und nur, wenn ihm die Gefahr so unmittelbar auf den Leib rückt, dafs eine fast direkte Berührung erfolgt, streicht er ab. Diese Eigenschaft des Stillsitzens erleichtert die Haltung der Nachtschwalbe als Zimmervogel ganz ungemein. Vor anderen, auch sehr kleinen Vögeln recht ängstlich, unterschieden sie an- scheinend schlielslich doch unsere, während einiger Stunden des Tages freifliegenden Zimmervögel, reagierten wenigstens durch Aufsperren des Rachens u. s. w. nur auf neu eingebrachte Stücke. Trotzdem geschah es bisweilen, dals eine Nachtschwalbe durch eine rasche Bewegung sogar ihrer Artgenossin so erschreckt wurde, dals sie augenblicklich „erstarrte“, durch ihr leises „Dugdugdug“ such die übrigen Familienmitglieder zum nunmehr ganz zweck- losen Stillsitzen bringend. Als die Jungen zum ersten Mal auf den erwähnten Futtertisch flogen, auf dem sich aulserdem noch ein grolser Käfig mit einem Paar Locustella naevia befand, so sperrten Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 81 sie bei Annäherung dieser auch in der Dämmerung noch recht regen Vögel sofort drohend ihren Rachen auf, hatten sich jedoch nach einigen Tagen vollkommen an diese Zimmergenossen gewöhnt. Einen geradezu panischen Schrecken ruft auch heute noch unser zahmer Baumfalk bei den Nachtschwalben hervor. Wird dieser ins Zimmer gebracht, so kann es passieren, dals die Tiere auch nach Entfernung des Falken für Stunden so verängstigt sind, dafs sie kein Futter annehmen und ihr „Stillgestanden‘“ durchaus nicht aufgeben wollen. Namentlich Nora bekommt geradezu Zustände beim Anblick des harmlosen Subbuteo und fängt dann bisweilen an, wie unsinnig gegen die Zimmerdecke zu stürmen, während unsere anderen Zimmervögel nicht entfernt so stark über den zierlichen Raubvogel erschrecken, denn die wenigsten reagieren mit dem Fluchtreflex auf ihn, auch wenn er dicht vor ihrem Käfig sich befindet. Als wir die Ziegenmelker gelegentlich einer Reise das erste Mal anderenorts in Pflege gaben, konnten sie sich über die veränderte Umgebung viele Tage hindurch nicht hinwegsetzen. Sie kamen einfach aus ihrer Schreckstellung nicht heraus! Wenn die jungen Nachtschwalben um Futter bettelten, so machten wir häufig die Erfahrung, dafs sie ihre Eltern offenbar nicht von den älteren Geschwistern, ja bisweilen nicht einmal von dem anderen Jungen derselben Brut unterschieden. Sie liefen ohne Unterschied allen übrigen im Zimmer befindlichen Artgenossen nach und versuchten von diesen Futter zu erlangen, trotzdem sie natürlich dann bei den Geschwistern nie etwas erreichten. Die vom Vogelzimmer zu unserem Wohnzimmer führende Tür liegt an der dem Fenster entgegengesetzten Zimmerecke und ist verhältnismäfsig niedrig (einflüglig). Der Ziegenmelker- Instinkt, der darauf gerichtet ist, dafs man bei beabsichtigten Örtsveränderungen ins Helle und nach oben fliegt, hatte unter diesen Umständen eine harte Nuls zu knacken, und Kuno brauchte in der Tat mehrere Monate dazu, um selbständig den Weg nach dem Wohnzimmer zu finden, schliefslich lernte er ihn aber und flog dann auch durch einen schmalen Türspalt. Nora, mit der wir uns in dieser Hinsicht weniger Mühe gegeben haben, findet sich heute noch nicht durch die erwähnte Tür. Nahmen wir sie, als sie Eier oder kleine Junge hatte, ins Wohnzimmer, so wurde sie bald unruhig und betätigte ihr Bestreben, wieder zu ihrer Brut zu gelangen, dadurch, dafs sie unter der weilsen Zimmerdecke umherflog. Selbst, wenn sie auf dem nach dem Wohnzimmer hin offenen Türflügel safs und dabei einen Teil des Vogelzimmers übersehen konnte, fand sie nicht den richtigen Weg. Versperrte ein sogenannter japanischer Vorhang die Tür- öffnung, so kamen die Tiere natürlich niemals auf den naheliegenden Gedanken, zu Fufs durch -die zahlreichen weiten Lücken, welche sich durch das Aufstofsen der einzelnen Schnüre auf dem Fufs- boden in dem trennenden Vorhang bildeten, zu wandern. Journ. £. Orn. LVL. Jahrg. Januar 1909. 6 82 Dr. O0. Heinroth: Noch eins möchte ich anführen, selbst auf die Gefahr hin, mich der Trivialität schuldig zu machen. Wenn man so ein Vogelpaar fortwährend vor sich hat und Anteil nimmt an seinem Wohl und Wehe, seiner Brutpflege und seinen Kindern, dann machen dem denkenden Menschen die alten Vögel doch einen recht, ich möchte sagen befremdenden Eindruck. Kuno und Nora sind vom Menschen jung aufgezogene Tiere, sie hatten sicher noch kein Ziegenmelker-Ei oder ein kleines Dunenjunges gesehen oder wenigstens mit Verständnis betrachtet. Aber als sie selbst Vater und Mutter wurden, da war nicht die Spur von Neugierde, durch nichts teilte die Gattin ihrem Manne das Vorhandensein von Eiern oder das Auskriechen der Jungen mit. Kam Kuno dann an den Nestplatz, so wunderte er sich nicht über das Ei, freute sich nicht über den wolligen Spröfsling: maschinenmäfsig reagierte er prompt auf das Vorhandene, das er um keine Sekunde länger betrachtete, als es eben zur Orientierung absolut nötig war. Das Suchen des Nestplatzes seitens des Männchens, das von der ganzen künftigen Brutpflege keine Ahnung hat, das durch das Vorhandensein von Eiern ausgelöste Brüten auch des Vaters, bei dem durch das Legen bedingte innere Reize keine Rolle spielen können, die bei dem ersten Füttern schon eintretende Nahrungsaufspeicherung der Eltern, das sofort in energischer Weise und mit grölster Vollendung und Selbständigkeit von den eben ausgeschlüpften Jungen ausgeführte Betteln, die Rein- haltung der Nestgegend: alles erfolgt so rein reflektorisch, dafs von irgend einer Spur von Verständnis für die ganze Sachlage bei diesen Tieren gar nicht die Rede sein kann. Die bei dieser Ziegenmelkerzucht gewonnenen Resultate möchte ich zum Schluss noch einmal kurz zusammenfassen. Der Vogel besitzt nicht nur einen Farben- und Gestaltsschutz, sondern auch eine Bewegungsmimicry. Das Schliefsen, bezüglich teilweise Schliefsen der Augen- lider ist nicht eine einfache Reaktion gegen helles Licht, sondern entspricht einer Schutzstellung. Bei dem Füttern der jungen Ziegenmelker seitens der Eltern wird nicht der Kopf und Schnabel der Jungen von den Eltern in den Rachen genommen, sondern die Spröfslinge ergreifen mit ihrem Schnabel den Schnabel ihrer Er- zeuger und lassen sich das Futter von diesen einwürgen. Da- bei gerät das Stirngefieder der Alten durch das Eingreifen der Oberschnabelspitze ihrer Kinder oft deutlich sichtbar in Unordnung. Beide Geschlechter brüten, und zwar löst das Männchen sein Weibchen für die Zeit, in welcher letzteres der Nahrungs- suche nachgeht, ab. Der Umstand, dafs unser Zuchtpaar 2 gewissermafsen in einander geschachtelte Bruten ausführte und gut aufzog, indem das Männchen, während das Weibchen auf dem 2. Gelege sals, Journ. f. Ornith. 1909. Tatl. Brklärung zu Tafel 1. Bild 1. Altes Männchen. Bild 2. r „ ,‚ sich sonnend. Bild 3. R P ‚in Abwehrstellung. Bild 4. Weibchen, brütend. Erklärung zu Tafel 1. Bild 1. Beide Eltern auf sieben Tage alten Jungen. Bild 2. Junges, !/, Tag alt ] Bild 3. ” 31, Tage ” | 1 . Bild 4 dpa ale | /, nat. Gröfse. Bild 5. ea Journ. f. Ornith. 1909. Tas. I. Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin W 35. A fe Ne 7 TE Sn a Zu Bu dd £ 4 TA u ee = Aa Journ. f. Ornith. 1909. Ta-Hr u x Ps ; RENT I Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin W 35, Erklärung zu Tafel II. Bild 1. Junges, 21!/, Tage alt Bild 2. x SL ee | /, nat. Grölse. Bild 3. Sal, ” ” Erklärung zu Tafel IV. Bild 1—4. Die Eltern beim Füttern der Jungen. (Nr. 4: 91 füttert ein Junges der ersten Brut, links vorn die Jungen der zweiten Brut, 17 Tage alt.) Bild 5. Junges zweiter Brut, 7/, Stunden alt, Junges erster Brut 33 Tage alt. Bild 6. „Alle sechs‘ Erwachsen. rn. f. Ornith. 1909. ' Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin W 35. Beobachtungen bei der Zucht des Ziegenmelkers. 83 die Fütterung der ersten Jungen vorwiegend allein besorgte, legt die Vermutung nahe, dals Caprimulgus europaeus auch in der Freiheit, nicht wie bisher angenommen nur eine Brut macht, sondern dafs er unter normalen Verhältnissen pro Jahr 4 Nachkommen erzeugt. Bei Durchsicht der oologischen Litteratur ergibt sich nämlich, dafs bei uns in Deutschlard von Ende Mai bis Mitte Juli Ziegen- melkergelege gefunden werden, und zwar enthalten die späteren Gelege durchaus nicht immer nur ein Ei, wie bisweilen angegeben wird. Zwar geben die Betreffenden Berichterstatter immer den Zusatz, dafs es sich bei den Julieiern um Nachgelege handelt, die von den Vögeln gemacht sind, nachdem ihre erste Brut durch irgend einen Unfall vernichtet worden war. Einen Beweis für diesen letzten Satz kann ich nirgends finden, und ich glaube, dafs dies eine Annahme ist, die ohne irgend wie auf Tatsachen gestützt zu sein, gemacht wird. Auch Naumann meint, dafs die kaum flüggen Jungen, welche man bisweilen bei der Heidelbeer- ernte findet, solchen Nachgelegen entstammen, die ihren Grund in dem Verunglücken des ersten Geleges haben, jedoch begründet er diese Behauptung in keiner Weise. Findet der Eiersammler z. B. Ende Juni oder Anfang Juli dunenjunge Ziegenmelker, so wird er nicht in der Nähe auch noch nach Eiern suchen, und stöfst er im Juli auf ein Gelege, so kommt er nicht auf die Vermutung, dafs sich in der Umgegend auch noch die Jungen der ersten Brut befinden könnten. Aus diesem Grunde ist es sehr leicht möglich, dafs es bisher nur der Beobachtung entgangen ist, dafs unser deutscher Ziegen- melker nicht pro Jahr eine Brut, sondern 2 Bruten hinter- einander macht. A priori liegt dies auch recht nahe, denn bei der Schwäche und Wehrlosigkeit des Vogels würde wohl eine Vermehrung, die sich auf nur 2 Nachkommen pro Jahr beschränkt, nicht ausreichen, um die Art zu erhalten: so weit kann selbst die raffinierteste Schutzfärbung einen Bodenbrüter nicht schützen. Die beigegebenen Tafeln zeigen meist von mir selbst ge- machte photographische Aufnahmen, die ohne jede Retouche wiedergegeben sind. Bemerkungen zur Ornis Konstantinopels. (Referat von Fritz Braun über seinen am 3. X. 1908 in Danzig gehaltenen Vortrag.) Recht oft machen wir in unserer Fachlitteratur die Wahr- nehmung, dafs Autoren, die die Vogelwelt ihrer engeren Heimat beschreiben, dabei za Historikern werden, denn sie berichten nicht nur von der Verteilung der Arten in dem Raum, sondern 6* 84 Fritz Braun: von ihrem Auftauchen und Verschwinden in der Zeit, das bald auf das Aussterben bestimmter species zurückzuführen ist, bald auch nur darauf, dafs gewisse Arten alte Wohnsitze aufgeben und sich dafür in neuen Gebieten heimisch machen. Steht so dem Rückgange der einen Art recht oft ein Vordringen anderer gegenüber, so beschleicht den Tierfreund dennoch bei solchen Angaben immer eine gewisse Wehmut. Sind es doch grade die srofsen, ansehnlichen Arten, die sich mit der Umgestaltung unserer Heimat durch die Kulturarbeit den Menschen nicht abfinden. können und ihm wohl oder übel das Feld räumen müssen. Nur zu leicht setzen wir bei solchen Erwägungen voraus, dafs in Ländern, wo der Kampf ums Dasein noch nicht mit gleicher Anspannung geführt wird, derartige Erscheinungen fehlen und die grolsen Räuber der Luft und des Wassers ungestört ihre Brut aufziehen dürfen. Zu diesen stilleren, der Zivilisation entrückten Ländern ge- hört auch die Türkei. Behaupten die Jungtürken, das Osmanen- reich sei durch die Verleihuug der Verfassung in der Nacht zum 24. Juli 1908 mit einem Schlage ein Kulturstaat geworden, so hat dieser Ausspruch doch nur die Geltung eines guten Witzes. Und doch nehmen wir wahr, dafs auch in Stambul eine Art nach der anderen verschwindet. Wir müssen uns beeilen, wenn wir der Nachwelt ein genaues Bild von dem Vogelleben des alten, türkischen Stambul hinterlassen wollen. Ja, bei mancher Art, wie bei Neophron percnopterus L. kommen wir schon zu spät. Wir erkennen bei diesen Studien über das Verschwinden mancher Vogelarten, dafs die Vorgänge, die es bedingen, nicht immer mit der Kulturarbeit des Menschen zusammenhängen. Schon gröfsere Veränderungen in der Geltung des einen oder anderen Bestand- teiles der Bevölkerung» werden den von ihr geschützten Arten gefährlich. Wir bemerken sogar, dafs auch die geringe Kultur- stufe der menschlichen Gastgeber den Siedlern grofser Städte gefährlich werden kann, indem grofse Brände den Bestand einer Art an einem gegebenen Orte schwächen oder gar vernichten können. Unter diesen Umständen ist es bedauerlich, dafs in Othmar Reisers trefflicher Ornis balcanica die Vogelwelt des pro- pontischen und bosporanischen Gebietes noch keine Stätte fand. Vielleicht wird ihm diese Arbeit nunmehr ermöglicht, vielleicht stellt die Verfassungsänderung in der Türkei eine Wiedereröffnung der Pforte auch für solche Abendländer dar, die bisher durch politische Rücksichten von diesem interessanten Gelände fern- gehalten wurden. Es wäre sicherlich eine dankenswerte Aufgabe der geographischen Vereinigungen des Donaustaates, solche Arbeiten zu unterstützen. Das Verbreitungsgebiet der bosporanischen Vogel- arten, die Mischung von Bewohnern ganz verschiedener Erdräume, die wir hier vorfinden, die grolsen Wanderungen im Frühling und Herbst, sie alle sind von so hohem geographischen Bemerkungen zur Ornis Konstantinopels. 85 Interesse, dals jene Gesellschaften, die erdkundliche Erkenntnis fördern wollen, ihrem Zwecke treu blieben, wollten sie dem Custos von Sarajewo die Mittel gewähren, seine Ornis balcanica durch einen letzten Band, der jenen Raum behandelt, zum Ab- schlu[s zu bringen. Wie erwähnt, ist Neophron percnopterus aus Stambul so gut wie verschwunden. Im Bewulstsein des Occidentalen tauchen, sobald man ihm das Wort Konstantinopel nennt, sicherlich so- gleich die Begriffe Strafsenhund und Geier auf. Jenen Vierfülser setzten eben erst die Jungtürken, die Konstantinopel möglichst schnell zu einer modernen Stadt machen möchten, auf die Liste der Geächteten. Neophron percnopterus ist dagegen schon verschwunden, und wir müssen es dem Geschick danken, dafs der CGonte Alleon uns ein anschauliches Bild von seinem Stadt- leben hinterlassen hat. (In Revue et Magazin de Zoologie. a. 1869.) Wie gänzlich änderten sich doch die Zeiten seit 1868, da, wie Alleon berichtet, in Stambul alljährlich wohl 1000 Aasgeier das Licht der Welt erblickten. Um die Jahrhundertwende herum erblickte ich noch hier und da, sonderlich in der Gegend von Ejub, einen Aasgeier. Im Juli 1908 dagegen durchstreifte ich vergeblich die Quartiere Stambuls; ich konnte keines einzigen ansichtig werden. Damit soll nun nicht etwa gesagt werden, der Aasgeier sei als Brutvogel der rumelisch-bithynischen Halbinseln zu streichen; nur als Stadtvogel ist er verschwunden oder, falls mir der eine oder andere entgangen wäre, doch wenigstens im Verschwinden begriffen. Stöfst dem Menschen ein solcher Vorgang in der Natur auf, so forscht er gern den Gründen der betr. Erscheinung nach. Und doch ist es oft schwer, ja unmöglich, sie aufzufinden. Jene, die am nächsten zu liegen scheinen, sind in unserem Falle wohl von der Hand zu weisen. Dafs Konstantinopel in dem letzten Menschenalter sich so sehr veränderte, dals Neophron percnopterus verschwinden mulfste, ist nicht anzunehmen. Zwar wurde P&era, das Europäerviertel, nach dem grolsen Brande im Jahre 1870 zu einer steinernen Stadt, doch war gerade in diesem Quartier nach All&eon der Aasgeierschon früher nicht vertreten. Sollte etwa — auch diese Frage liegt nahe — Milvus korschun Gm., der in Stambul allerorten sehr häufig ist, den Aasgeier verdrängt haben. Sah man auf wüsten Plätzen Stambuls, wie hinter den Fleischständen an der Mehmedie Tschami, gleichzeitig wohl ein Dutzend Milane um einen Bissen hadern, hörte man in den Strafsen der nordwestlichen Quartiere auf jedem zehnten Hause einen schwarzen Milan sein trällerndes Liebeslied singen, so mag man die Frage, ob vielleicht dieser Raubvogel die Erb- schaft des Aasgeiers antrat, nicht von der Hand weisen. Und doch fehlt mir der Mut, sie zu bejahen. Das Arbeits- gebiet und der Nahrungsspielraum der beiden Arten waren ge- 86 Fritz Braun: sondert. Das Land gehörte dem Aasgeier, Meilvus korschun herrschte dagegen auf dem Wasser. Dort lebt er nach Art der Möven von schwimmenden Abfällen, ja auch wohl von lebenden Fischen; an diesen wie an jenen ist in den Buchten des Goldenen Hornes kein Mangel. Auch wegen der Niststätten sind die beiden Arten kaum zur Fehde gezwungen, da allerorten genug Zypressen vorhanden sind, auf denen die Milane horsten können, zumal es diesen Königen des Luftreiches kaum darauf ankommt, ob sie ein paar Hundert m mehr oder weniger zum Meere, ihrem Jagdgebiet, zurückzulegen haben. Es wäre nur wünschenswert, wenn die Konstantinopeler, die den Rückgang des Aasgeierbestandes miterlebten, ihre An- sichten über das Verschwinden des Raubvogels zur Sprache brächten. Ich darf wohl hoffen, dafs das frühere Mitglied der D. OÖ. G., Herr A. Paluka-Konstantinopel, seine reichen ornitholo- gischen Erfahrungen auch weiteren Kreisen erschliefsen wird, herrscht doch an Ornithologen, die das Gelände der rumelischen Halbinsel als Jäger genau kennen lernten, kein Überfluls. Es verlohnt sich vielleicht, an dieser Stelle zu bemerken, dafs wir das Nationale von Melvus korschun wohl noch nicht genügend aufgenommen haben. Jene Forscher, die, wie sich später herausstellte, mit Unrecht annahmen, der stadtbewohnende Milan Konstantinopels Könnte doch nur parasiticus sein, dachten nicht daran, dafs Milvus korschun an vielen Plätzen Europas früher als Stadtschmarotzer auftrat und diese Lebensweise nur aufgab, weil sie durch die veränderten Lebensbedingungen an jenen Stätten unmöglich wurde. Ich bin überzeugt, dals unter den Riesenschwärmen von Milvus korschun, die Radde zur Zugzeit in den Sumpfgebieten am Kaspischen Meere beobachtete, nicht wenig sind, die den Sommer in der Nähe wasserreicher russischer und sibirischer Städte verleben, wenn mir auch die Kenntnis der bez. Litteratur abgeht, um diese Frage zu entscheiden. Wir wollen hoffen, dafs uns in Bälde jemand, der des Russischen kundig ist, mit einer Monographie von Milwus korschun und seiner Lokal- formen beschenkt. Sie würde uns sicher ermöglichen, das Auf- treten dieser Raubvogelart in Konstantinopel mit seiner Lebens- weise in klarere logische Beziehung zu bringen. Höchstwahrscheinlich haben die grofsen Brände, von denen Konstantinopel immer wieder heimgesucht wird, dem Aasgeier mehr geschadet als alle anderen schädlichen Einflüsse zusammengenommen. Fallen diese Feuersbrünste in die Winters- zeit, zu der die Geier im Winterquartier weilen, so ist die Sache für sie zwar nicht bedeutungslos, da die Brandstätten meist Jahr und Tag unbebaut bleiben, aber die Flammen vernichten wenigstens nicht den an dieser Stätte brütenden Bestand an lebenden Geiern. Dagegen genügen drei, vier nächtliche Riesenbrände, die in die Brutzeit des Aasgeiers fallen, den Bestand der Art in Bemerkungen zur Ornis Konstantinopels. 87 einem Quartier, in einer Stadt aufs schlimmste zu gefährden. Nicht nur die Pärchen, die in dem vernichteten Stadtviertel wohnten, fallen den Flammen zum Opfer. Rauch und Qualm so- wie der so vielen Vogelarten eigene Hang, geradenwegs ins Feuer zu fliegen, vermögen alle gefiederten Bewohner des Gebietes ins Jenseits zu befördern. Wie verhängnisvoll solche nächtlichen Schrecknisse der Vogelwelt der Stadt werden können, zeigte sich bei dem Riesen- brande im August 1908, dem furchtbarsten und schönsten Schau- spiele zugleich, das ich erlebte. Immer wieder kamen Tauben- pärchen auf das Feuermeer zugeflogen, um in seiner Nähe einen Kreis nach dem anderen zu beschreiben. Hoch aufstrebend stiegen sie dann über die Glut hinweg, aber der Gifthauch erreichte sie doch. Mit einem Male machten die Vögel halt: ein paar zitternde Flügelschläge, dann lohten sie auf und schossen in das Flammenmeer hinab. Als der grolse Brand im August 1908 Stambul heimsuchte, rüstete sich Milvus korschun, der vor anderen Arten ein aus- geprägter Sommergast ist, bereits zur Abreise. Immerhin möchteich bemerken, dafs mir in dem Tage nach dem Riesenfeuer der Milanbestand auch an den von den Flammen verschonten Teilen Stambuls sehr verringert schien. Auch berichteten mir Bekannte, dals die Milane in weit von der Brandstätte entfernten Stadtteilen nicht mehr an ihrer Schlafstätte erschienen seien. Es ist aber doch recht unwahrscheinlich, dafs grade das Feuer den Tieren das Zeichen zum Aufbruch gab. Wahrscheinlich haben viele, sehr viele von ihnen durch den ungeheuren Brand ihr Ende gefunden. Auch jene Vögel Konstantinopels, die der freundlichen Gesinnung der Osmanen eine gastliche Stätte verdanken, die zwar frei leben, aber doch auf eine bestimmte Art der Garten- kultur und auf häufige Hilfeleistung ihres menschlichen Gastgebers angewiesen sind, verschwinden allmählich. Man mufs heute schon eigens auf die Suche gehen, um Zurtur senegalensis L. zu finden. Ein Aufenthalt von wenig Wochen, in denen die Siedehitze der politischen Stimmung den Fremdling noch etwas benahm, ist zwar nicht hinreichend, in solchen Fragen eine endgiltige Ent- scheidung zu treffen, dazu ist auch der besiedelte Raum am Bosporus, Goldenen Horn und Golf von Ismid viel zu grofs: immerhin sah ich vor einem lustrum das weinrote Täubchen viel häufiger als in diesem Sommer. Immer häufiger erstehen Europäer gartenumfriedete Villen in türkischen Quartieren, immer zahlreicher werden die europä- ischen Hospitäler und Schulen, die geräumige Garten besitzen. In allen sollten die Besitzer die schmucke Taube hegen und pflegen, bewufst, dafs sie damit der europäischen Vogelwelt eine liebliche Art erhalten. Daraus ergibt sich auch die Mahnung: pflanzt Zypressen; der Vorrat an jungen Zypressen ist bei Konstantinopel recht gering. 88 Fritz Braun: Bemerkungen zur Ornis Konstantinopels. Dem entgegen wollen wir aber nicht verhehlen, dafs einige Neubauten in dem Weichbilde Konstantinopels den Gefiederten sehr zu statten kamen. In erster Linie sind die Hafenbauten in Haidar Pascha zu nennen, die riesige, mit zwei Leuchttürmen versehene Steinmole, die die Kaianlagen der anatolischen Eisen- bahn gegen Südstürme sichern soll. Diese riesige Steinmauer bietet in dem an natürlichen Klippen armen Gewässer unzähligen Wasservögeln einen erwünsch- ten Ruheplatz. Hunderte von Kormoranen und Silbermöwen sitzen hier zur Winterszeit in langen Reihen neben einander, und im Sommer nehmen Fischreiher (Ardea cinerea L.) neben ihnen Platz, die im seichten Ufergewässer ihre Beute finden. Auch der Reiherbestand in Ejub — ich war zur Brutzeit nicht dort — soll sich neuerdings wieder gehoben haben. Gewährsmänner berichteten, dafs neben Ardea cinereau auch Nycticorax nycticordx L. dort häufig sei. Zum Schlusse möchte ich noch einige Fragen wiederholen, die ich dem Anhange einer für den „Deutschen Ausflugverein“ zu Konstantinopel geschriebenen Broschüre einverleibte, um die Mitglieder des Vereins, die sich dafür erwärmen, zur Arbeit anzuregen. Sie zeigen besser als lange Auseinandersetzungen, was mir vor anderem als wissenswert, als Problem erscheint. Jene Fragen lauten: 1. Welche Gründe mögen den Rückgang des Aasgeierbestandes in Stambul verschuldet haben? 2. Wo nistet in Konstantinopel noch der Aasgeier und in welcher Zahl? 3. Welche Ortschaften in der Nähe Konstantinopels hegen den Rötelfalken (Oerchneis naumanni Fleisch.) als häufigen Hausbewohner? 4. Wurde in Konstantinopel und Umgegend Sirix flammea L. erbeutet? 5. Wo nistet bei Konstantinopel Turtur senegalensis L. und in welcher Zahl? 6. Wo brütetein der bithynischen Halbinsel Zmberiza citrinellaL.? 7. Wie oft zeigte sich in Konstantinopel auf den Dächern der Häuser zur Winterszeit neben der Gebirgsstelze Motaeilla flava Naum. als Stadtvogel? 8. Welche Wintergäste fand der Berichterstatter im Laufe der Jahre auf dem Vogelmarkt und der Feldfur? 9. Wo stammen die auf dem Vogelmarkte öfters ausgebotenen Bülbüls (Pyenonotus nigricans Vieill.) und Braunkehlammern (Emberisa luteola Sparm.) her? — 89 Der Frühjahrszug des weilsen Storches in Ungarn. Vortrag, gehalten auf der Jahresversammlung der Deutschen Ornitholo- gischen Gesellschaft am 3. Oktober 1908 in Danzig. Von Jakob Schenk, Adjunkt der U. O. C. Mit 1 Karte (Taf. V). Hochgeehrte Versammlung! In allernächster Zeit soll es uns vergönnt sein, eine der denkwürdigsten Schöpfungen der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, nämlich die „Vogelwarte Rossitten‘“ zu besichtigen. Der infolgedessen im Vordergrunde des Interesses stehende „Vogelzugversuch“, namentlich der Umstand, dafs die in Deutsch- land und Dänemark gezeichneten Störche fast sämtlich in süd- östlicher Richtung von ihren Geburtsstätten, teilweise gerade in Ungarn erlegt wurden, liefsen mir eine Schilderung der Zug- verhältnisse des weilsen Storches in Ungarn behufs Vergleichung mit den Daten des Vogelzugs zu versuchen, als vielleicht will- kommen erscheinen. Durch 15jährige intensive Beobachtung des von Otto Herman in’s Leben gerufenen ungarischen Beobachtungsnetzes ist der Frühjahrs- und teilweise auch der Herbstzug des Storches schon in dem Grade geklärt, dafs die geplante Vergleichungs- Studie durchführbar ist. Zur möglichst kurzen und anschaulichen Schilderung der eigeutümlichen und hochinteressanten Zugver- hältnisse des Storches erscheint es mir am zweckmälsigsten, die- selben mit denjenigen der Rauchschwalbe zu vergleichen. Der Frühjahrszug der Rauchschwalbe wurde deshalb herbei- gezogen, weil derselbe gewissermalsen den Normalzug in Ungarn darstellt. Die Besiedelung verspätet sich proportional der zu- nehmenden geographischen Breite und Höhenlage. An der Küste, im Süden, in den Tiefebenen und breiteren Flufstälern frühe Ankunft, im Hügellande, sowie im südlichen Gebirgslande mittlere Ankunft, im Norden und im Hochgebirge spätestes Erscheinen. Die Besiedelung schmiegt sich fast genau den klimatischen Ver- hältnissen an. Ganz anders gestaltet sich der Storchzug. Eine der zu- nehmenden geographischen Breite und Höhenlage proportionale Verspätung kann hier unmöglich nachgewiesen werden. Dagegen spricht in erster Linie die ungemein frühe Ankunft im östlichen gebirgigen Teile Ungarns im sogenannten Erdely. Der Storch erscheint hier in gewissen Teilen noch früher als in den Brutgebieten. Ebenso auffallend ist die groflse Verspätung im Westen, namentlich an der adriatischen Küste. Man wäre geneigt, 90 Jakob Schenk: hier eine Einfallspforte zu vermuten, faktisch ist es aber jenes Gebiet, in welchem der Storch am spätesten und spärlichsten er- scheint. Im Allgemeinen verspätet sich der Zug nicht so sehr von Süd nach Nord, als vielmehr von Ost nach West, also gegen die von den Alpen gebildete Verbreitungsgrenze. Mit der An- führung dieser hauptsächlichsten Unterschiede glaube ich mich wohl begnügen zu können. Es sollte nun die mutmafsliche Ursache dieser eigentüm- lichen und von der normalen so stark abweichenden Zugweise ermittelt werden. Beobachtung und Untersuchung erbrachten das Ergebnis, dafs dieselbe eine Folge äufserst komplizierter Durch- zugserscheinungen ist. Behufs anschaulicher Charakteristik der- selben zeichnete ich sämtliche bisher beobachteten Zugrichtungen auf eine Karte. Jeder Strich bedeutet die betreffende Zugrichtung. Einmal beobachtete Richtungen in kleinen Flügen sind durch Ringe, öfters frequentierte Richtungen und Massenzüge durch volle Punkte gekennzeichnet. Diese Massenzüge häufen sich besonders im Südosten, namentlich im Tale des Oltflusses und in den südlichen Gebirgs- pässen. Hier ziehen und rasten während des Frühjahrs- und Herbst-Zuges kolossale Storchmassen. Es werden oft Flüge von mehreren Tausenden oder unzählbare Mengen gemeldet. Massen- durchzüge werden aulserdem im ganzen Gebiete der Karpathen beobachtet, aber schon in bedeutend geringerer Menge als in dem erwähnten Territorium, welches sich im Frühjahre als Ein- fallspforte, im Herbste als Sammelbecken der durchziehenden Störche präsentiert. In der Tiefebene werden ab und zu eben- falls noch Massenzüge beobachtet, während in den westlichen Gebieten durchgehends geringer Durchzug stattfindet. Die Gebiete mit Massenzug decken sich augenscheinlich mit jenen der frühesten Ankunft, während die spätesten Gebiete durch vereinzeltes Durchziehen charakterisiert werden. Hauptrichtungen sind S.—N., SO.»NW. und O.—>W. Aufser diesen werden die entgegengesetzten Richtungen häufig als Rück- zugsrichtungen verzeichnet. Die Richtung SW.—»NO. wird im ganzen Gebiete, aber überall nur sporadisch beobachtet. Besonders wichtig sind aufser diesen die häufigen Abbiegungen von der ursprünglichen S.—N. oder SO.—»NW.-Richtung, welche oft von einem den Weg kreuzenden Flufstale hervorgerufen werden. Das Verfolgen der Richtung eines Flufstales wird von den Beobachtern ziemlich häufig hervorgehoben. Die erwähnten Ab- biegungen kommen besonders in Erdely, im hauptsächlichsten . Durchzugsgebiete vor. Der Vorgang gestaltet sich meistens so, dals eine von S. oder SO. angekommene Schaar sich rastend niederläfst, und am folgenden Tage in westlicher oder nordwest- licher Richtung weiterzieht. Aufserdem zeigen sich solche Ab- biegungen häufig nach dem Passieren der Gebirgspässe; von S. kommend biegen die Schaaren nach W. oder NW. ab. Der Frühjahrszug des weilsen Storches in Ungarn. 91 Um ein vollständiges Bild über den Frühjahrszug des Storches in Ungarn zu erhalten, mufs noch der Durchzugszeit gedacht werden. Dieselbe ist nämlich von sehr langer Dauer, beginnt je nach dem Eintreten des Frühlings vor oder nach Mitte März, und dauert beiläufig bis Ende April. Innerhalb dieses Zeitraumes können mehrere Zugwellen unterschieden werden, welche sich einander in Intervallen von 1—2 Wochen folgen. Diese späteren Zugwellen sind auf das ganze Durch- zugsgebiet verbreitet, herrschen jedoch besonders in den nord- westlichen Karpaten vor. Die früheste Zugwelle überflutet wohl auch das ganze Durchzugsgebiet, wird jedoch gegen Norden und Nordwesten hin immer schwächer, so dafs man unwillkürlich auf den Gedanken kommen mufs, dafs ein Teil der Storchmassen, welche die süd- östliche Einfallspforte passierten, im Lande zurückgeblieben ist. Die häufige O.—»W.-Richtung, sowie die erwähnten Abbie- gungen nach West und Nordwest im hauptsächlichsten Durch- zugsgebiete lassen in Verbindung mit der eben erwähnten Tat- sache vermuten, dafs ein Teil dieser Störche gewisse Brutgebiete Ungarns besiedelt. Verstärkt wird diese Annahme durch die Tatsache, dafs die Besiedelungszeit im Durchschnitte nur 1—2 Tage später ist als die früheste Durchzugszeit. Positive Beweise für diese Besiedelung können erst die Ringstörche Ungarns erbringen, doch mufs dieselbe auf Grund der angegebenen Tatsachen zum mindesten als hochwahrscheinlich erachtet werden. ... Der übrige Teil der frühen Durchzügler, welche nach dem Überfliegen der ungarischen Brutgebiete im nördlichen Ungarn beobachtet werden, dürften einerseits für die nächsten Brutgebiete, anderseits als sporadische früheste Erscheinungen für noch nörd- licher oder nordwestlicher gelegenen Brutgebiete bestimmt sein. Ebenso müssen auch jene Störche, welche mit den nächsten Zugwellen zu einem Zeitpunkte durchziehen, wo die ungarischen Brutgebiete schon besiedelt sind, für andere Brutgebiete bestimmt sein. Es bedarf nur noch des Nachweises, welche Gebiete diese Durchzügler besiedeln. Verlängert man die in Ungarn beobachteten Zugrichtungen, so erhalten wir jene, von Ungarn nordwestlich und nördlich liegenden Brutgebiete, welche annähernd von der Wesermündung bis zur Dünamündung reichen. Ob nun die mit den späteren Zugwellen über Ungarn hinwegziehenden Störche wirklich oder ausschliefslich diesen Brutgebieten entstammen, kann ohne strikte Beweise nicht endgültig entschieden werden. Diese Möglichkeit kann streng logisch höchstensals sehr wahrscheinlich ausgesprochen werden. Bildlich könnte man dieses Resultat als das Morgen- grauen darstellen, welches der Beleuchtung durch die ersten Strahlen des Vogelzugversuches wartet. Der strikte Beweis wurde denn auch tatsächlich durch die Vogelzugversuche von Mortensen in Dänemark und Thiene- 92 Jakob Schenk: mann in Deutschland, sowie durch zwei frühere gelegentliche Storchmarkierungen wider Erwarten rasch erbracht. Bisher ist das Resultat von 12 Storchmarkierungen bekannt, und zwar wurden von den gezeichneten Störchen einer in Spanien, zwei in Afrika, vier in Deutschland, zwei in Österreich und drei in Ungarn erlegt. Für uns sind vorläufig die in den drei letzt- genannten Ländern aufgefundenen von Bedeutung. Dieselben wurden nämlich ohne Ausnahme auf dem Herbstzuge in den Durchzugsgebieten südöstlich von ihren Geburtsstätten erlegt. Um diese Verhältnisse recht augenscheinlich zu machen wurden in die schon vorgezeigte Karte der Zugrichtungen die im Bereiche der Karte befindlichen Erbeutungsorte gezeichneter Störche samt den Verbindungslinien mit dem Geburtsorte sowie die Verlängerung dieser Linien eingetragen. Aufserdem sind die Verbindungslinien der afrikanischen, und die Verlängerungs- linien der deutschen Erlegungsorte ebenfalls eingezeichnet. Es sind dies die folgenden: 1. Die Verlängerung jener Linie, welche den Geburtsort Viborg in Dänemark mit dem Erlegungsorte Wulkow in Brandenburg verbindet. 2. Die Verbindungslinie Weseram in Brandenburg mit Keresz- tenysziget bei Nagyszeben in Ungarn. 3. Die Verlängerungslinie Viborg-Rostock. 4. Die Verbindungslinie Köslin mit Fort Jameson in Südafrika. 5. Verbindungs- und Verlängerungslinie YabOrB mit Marclowitz in Öst. Schlesien. 6. Verlängerungslinie Geschendorf in Schleswig H. mit Michel- witz in Preufs. Schlesien. 7. Verlängerungslinie Viborg-Dieckow in Brandenburg. 8. Verbindungs- und Verlängerungslinie von Lippehne in Nord- brandenburg mit Kassabela in Nordungarn. 9. Verbindungslinie von Seligendorf bei Königsberg mit Fitri- See im T'schadgebiete in Afrika. 10. Verbindungs- und Verlängerungslinie Viborg-Biecz in Galizien. 11. Verbindungslinie Vissing in Dänemark mit Zabola im süd- östlichsten Winkel Ungarns. Eine angenehme Dankespflicht erfüllend, möchte ich hier angeben, dals mir die noch unpublizierten Daten über das Erlegen gezeichneter Störche in Rostock, Biecz und Zabola von Herrn Mortensen in Viborg in zuvorkommenster Weise zum Gebrauche ” überlassen wurden. Selbstverständlich gibt weder die Verbindungs- noch die Verlängerungslinie den wirklich eingeschlagenen oder den ein- zuschlagen beabsichtigten Weg an. Wie schon erwähnt wurde, kommen Abbiegungen von einer früher eingehaltenen Zugrichtung gar nicht selten vor. Die übereinstimmende Abweichung der Der Frübjahrszug des weilsen Storches in Ungarn. 93 Verbindungslinien der in Afrika erlegten Störche von den übrigen Linien ist jedenfalls die Folge einer späteren Abbiegung von der ursprünglich südöstlichen Zugrichtung. Es kann jedoch nicht als reiner Zufall angesehen werden, dals aulser diesen beiden sämt- liche Linien Ungarns Gebiet in wesentlich südöstlicher Richtung durchschneiden. Die gezeichneten Störche entstammen sämtlich jenen Ge- bieten, welche auf Grund der ungarischen Beobachtungen als mutmafsliche Brutstätten der in Ungarn durchziehenden Störche angegeben wurden. Diese auffallende Coincidenz zwischen den Resultaten der Beobachtung und des Versuches ergibt daher den sesuchten strikten Beweis, dafs Ungarn das Durchzugsgebiet der in Dänemark und Norddeutschland nistenden Störche ist. Durch dieses Ergebnis kann nun so manche bisher uner- klärliche Eigentümlichkeit des Storchzuges in Ungarn richtig ge- deutet werden, namentlich die Jange Durchzugsdauer, die so sehr verschiedenen Zugzeiten, die Massenzüge und die charakteristischen Zugrichtungen. Eine sehr schwierig erscheinende Frage bleibt aber noch immer ungelöst, diejenige nämlich: warum wählen die Störche der erwähnten Gebiete gerade Ungarn, und haupt- sächlich den östlichen Teil desselben als Durchzugsgebiet ? Diese Frage erhält noch durch den Umstand einen ganz besonderen Reiz, dafs die süddeutschen Störche ganz andere Durchzugsgebiete zu frequentieren scheinen, wie dies durch den bisher einzigen Beweis, die Erlegung des in Berka a./W. in Thü- ringen gezeichneten Storches in Spanien wahrscheinlich macht. Obwohl mir dieser Fall damals noch unbekannt war, versuchte ich im vorigen Jahrgange der Aquila gelegentlich der Besprechung des Vogelzugsversuches von Mortensen die Aufmerksamkeit auf diese verschiedene Zugsweise der süddeutschen Störche zu lenken, damit womöglich auch hier Storchmarkierungen vorgenommen werden. Ich schöpfte diese Überzeugung aus der grofsen Ver- schiedenheit der Zugzeiten. In Süddentschland, und namentlich im Rheintale erscheinen die Störche ungemein früh, manchmal schon im Jänner, oft im Feber und sehr häufig Anfang März. Als Belege möchte ich folgende Datenserien anführen: Hanau. Hanau. Plochingen. Plochingen. I77276:°1856. 192821866 WIE 8. 1870. II. 26. 1881. PREE:2571 857; MR 27122086700 111.74. 1871. II. 25. 1882. III. 8. 1858. II. 24. 1868. H. 27. 1874. III. 17. 1883. 1127.174:1859. I 17.218692, 3117 8: 1875. Ill. 27. 1884. IV. 13. 1860. I, .2.1870.720 111. 12.1876: IV. 4. 1885. Ill. 10. 1861. IES23:1871@ EHE : 5.1877 III. 1. 1863. II. 23. 1872. II. 26. 1878. Ill. 7. 1864. III.:-4. 1885. IH. 11: 1879. II. 6. 1865. III. 7. 1880. 94 Jakob Schenk: Albersweiler. Hagenau. Neuhofen. Baden-Baden. I. 18. 1870. ll. 20. 1885. IIE 5. 91870. 1l. 21. 1885. 1. '20.:1871. :/ 12219; 1886. 11.23) 1871.01 987886; J. 25.1873. # DI 471887. II. 20. 1872. IILV SS 2887: 1:20. 21874. 11111. 795 91888. II. 21. 1873: II 981888; 11: "19. 1875.57 1029721888. II. 22. 1874. II. 15. 1889. IIL 26::1879. 111008 20:71:890. 1. 25. 1875. 1° 11:.>201890% Il. 15.1880... 11 1414/51891. II. 25.1876. Ill: 5.180: II 53: 21881: HE. 14. :1892:| II:010.1879; II. 10. 1892. 11113271893: II. 20. 1880. Ill. 6. 1893. 11.726.11894:1, (IL. 11.1887: II. 27. 1894. Derartig frühe Ankunftszeiten werden in Ungarn nirgends beobachtet, und bleibt gegen dieselben selbst das früheste Durch- zugsgebiet weit zurück. Logisch kann aus dieser Erscheinung nur der Schlufs gezogen werden, dafs diese Störche nicht über Ungarn hinwegziehen, sondern andere Durchzugsgebiete frequen- tieren müssen. Im Nachstehenden möchte ich auf Tatsachen gestützt eine natürliche einfache Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinung versuchen. Es ist wieder der Vogelzugversuch, dessen Resultate auch diesbezüglich den Fingerzeig geben, indem derselbe auch über die Einteilung des Reisefluges, namentlich über die täglichen Durchschnittsleistungen Aufschlüsse ergibt. Es stehen diesbe- züglich folgende Daten zur Verfügung: 1. Der in Berka a./W. gezeichnete Storch zog am 20. Aug. ab und wurde am 24. Aug. in Fornells im Nordostwinkel Spaniens erlegt. Die in 5 Tagen zurückgelegte Strecke beträgt 1200 klm, die tägliche Durchschnittsleistung daher 240 klm. 2. Aus Weseram zog der Storch am 19. Aug. ab und wurde am 24. Aug. in Keresztänysziget erlegt; das sind 1200 klm in 6 Tagen, also eine tägliche Durchschnittsleistung von 200 klm. . Der in Geschendorf gezeichnete Storch begann den Zug am 24. Aug. und wurde am 26. Aug. in Michelwitz erbeutet; das sind 670 klın in 3 Tagen, was einer Tagesleistung von 223 klm. entspricht. 4. Ein in der Nähe von Viborg gezeichneter Storch zog am 26. Aug. ab und wurde am 28. Aug. in Dieckow erlegt; das sind 500 klm in 3 Tagen, mithin eine Tagesleistung von 167 klm. Es darf keinesfalls unerwähnt bleiben, dafs diese spärlichen Daten noch keine unumstöfslich sichere Basis zu Schlufsfolgerungen ergeben. Das Übereinstimmen der täglichen Durchschnittsleistungen in den drei ersterwähnten Fällen ist jedoch so auffallend, dafs man wenigstens vorläufig mit Recht darauf best»hen kann, dafs die SB) Der Frühjahrszug des weilsen Storches in Ungarn. 95 Störche auf ihrem Zuge nach den Winterquartieren verhältnis- mäfsig kurze Tagesstrecken von 200 bis 240 klm zurücklegen. Meinerseits halte ich es für sehr wahrscheinlich, dafs die künftigen Resultate diese Grenzwerte kaum merklich ändern werden. Aufserdem glaube ich auch die wahrscheinlichen Ursachen angeben zu können, weshalb der als vorzüglicher Flieger bekannte Storch verhältnismäfsig so geringe Tagesstrecken zurücklegt. Es muls in Betracht gezogen werden, dafs der Storch seine Nahrung hauptsächlich zu Fu/s erbeutet und daher selbst in der höchsten Fütterungszeit niemals auch nur annähernd so vielfliegt, alsan einem solchen Reisetage. Die Störche ziehen sehr hoch, und ist das UÜberwinden von 1000—2000 Metern ebenfalls eine grofse Arbeits- leistung. Der grofse Nahrungsbedarf und die darauf folgende längere Verdauungszeit fallen ebenfalls schwer in die Wagschale, indem die Flugzeit dadurch wesentlich abgekürzt wird. Als schwerwiegenden (Grund erachte ich auch das noch ungenügend erstarkte Physikum der Jungstörche, welches anfangs noch sehr der Schonung bedarf, da die Störche sehr früh wegziehen. Die Tendenz, welche sich in dieser Zugweise offenbart, ist augenscheinlich das Vermeiden allzugrolser Anstrengungen, wo- durch das Erreichen der Winterquartiere gefährdet werden könnte. Auf die obigen Tatsachen und auf die Lebensweise des Storches gestützt kann daher ausgesprochen werden, dafs der Storch ein solches Durchzugsgebiet beansprucht, welches möglichst in der Richtung der Wintergnartiere liegend nirgends gröfsere Erhe- bungen als die gewöhnliche Zughöhe besitzt, und mit solchen Nahrungsstelien versehen ist, welche nach einer Tagestour von 200 bis 240 klm erreicht werden können. Untersucht man mit dieser Erkenntnis bewaffnet die Gebiete, über welche die dänischen und norddeutschen Störche hinweg- ziehen, so stellt es sich heraus, dafs dieselben diesen Anforderungen vollkommen entsprechen. Das einzige Hindernis könute der Wall der Karpathen bilden, doch ist dieser nur an wenigen Stellen über 2000 Meter hoch, und durchgehends mit niedrigen Pässen ver- sehen. Die Breite in der Zugrichtung überschreitet nirgends 200 klm, so dafs nach dem Überfliegen der nördlichen Karpathen entweder die Tiefebene, oder ein weites Flufstal, d. i. eine Nah- rungsstelle erreicht wird. Die nächste Tagestour geht über die Tiefebene, bis an den Fufs der Erdelyer Gebirge, die nächste Tagestour endigt nach Übersetzung dieser Gebirge im Maros- oder Olt-Tal, welche Brutgebiete des Storches sind, und von hier aus führt die nächste Tagestour in das rumänische Tiefland. Die transsylvanischen Alpen bilden die letzte Barriere des zum Meere führenden nächsten Weges, deshalb die kolossalen Storchansamm- lungen im Olttale beziehungsweise im Vorterrain der südlichen Gebirgspässe. Hier sind wir am Ende der Zwischenstationen angelangt, weshalb die Verfolgung des weiteren Weges eingestellt wird, ob- 96 Jakob Schenk: wohl dieselbe auf Grund der Massenzüge an den Ostküsten des ägäischen und mittelländischen Meeres, und zwar unter genauer Festhaltung der obigen Prinzipien, leicht bis zur Nilmündung fort- gesetzt werden könnte. Doch davon später, wenn die letzten euro- päischen Stationen durch Zwischenstationen mit den afrikanischen Winterquartieren in organischeVerbindung gebracht werden können. An der Hand der Karte läfst sich nun leicht nachweisen, dafs die hier durchziehenden Störche das ihnen zusagende Winter- quartier durch das Einschlagen anderer Richtungen entweder nur auf Umwegen erreichen könuten, also mit Zeitverlust, oder aber über solche Gebiete hinwegziehen mülsten, wo sie keine geeigneten Nahrungsstellen finden würden. Die südliche Richtung z. B. würde sie über die Alpen durch Italien oder aber der Ostküste des adriatischen Meeres entlang führen, wo der Storch tatsächlich nur sporadisch, und meistens aufser der Zugzeit vorkommt. Es wäre dies gleichbedeutend mit einer höheren Arbeitsleistung, hervor- gerufen durch die gröfsere Flughöhe und den längeren Weg über die Aipen bei herabgeminderter Nahrung, wodurch das Erreichen des Reisezieles ernstlich gefährdet würde. Wir erhalten daher das ebenso einfach als natürlich er- scheinende Resultat, dafs als Durchzugsgebiet diejenigen Territorien vom Storche frequentiert werden, welche die günstigste, d. i. sicherste Reise nach den durch den Nahrungsbedarf bestimmten Winterquartieren ge- statten. Das universale Gesetz der Erhaltung der Art ist daher auch in dieser Lebensäufserung mafsgebend. Genau dasselbe Resultat ergibt die Untersuchung der Durch- zugsgebiete der süddeutschen Störche. Die tatsächlich beobachtete und durch Versuch nachgewiesene südwestliche Richtung führt in kürzester Zeit und auf dem sichersten Wege nach den mutmals- lichen Winterquartieren in Südspanien und Nordafrika. Das Einschlagen anderer Zugrichtungen würde entweder langwierige Umwege veranlassen, oder aber lange Wegstrecken über das Mittelmeer oder die Alpen, also wieder höhere Arbeitsleistung mit Nahrungsmangel verbunden zur Folge haben. Die gestellte Aufgabe könnte daher auf Grund der voran- gegangenen Erörterungen wenigstens vorläufig als gelöst erachtet werden.. Der Nachweis eines günstigen Durchzugsgebietes in südwestlicher Richtung stellt uns jedoch vor die merkwürdige Tatsache, dafs die dänischen und ein Teil der norddeutschen Störche ebensogut nach Südwesten als nach Südosten ziehen könnten, dafs dieselben also zwischen zwei gleich günstigen Durch- zugsgebieten freie Wahl haben. Die Entscheidung, ob nun die tatsächlich nachgewiesene südöstliche Richtung durch die Lage der Winterquartiere, oder durch eine von Südosten erfolgte Ver- breitung, oder durch das vielleicht wegweisende Odertal, oder aber durch bisher ganz ungeahnte Ursachen hervorgerufen wird, mufs der zukünftigen Forschung anheimgestellt werden. Journ. f. Ornith. 1909. x zent ae i . Zug von Ciconia ciconia in Ungarn von Jakob Schenk. Häufiger beobachtete Züge. (Der durch den Punkt laufende Strich deutet die Zugrichtung an.) | Einmal beobachtete Züge. —Verbindungslinien von Geburts- u, Erlegungsort einiger gezeichneter Störche als deren Zugstrassen, Au — — Verlängerungen dieser Zugsirassen, \Kerksıtenyszıd Nach dem ursprünglichen Entwurf umgearbeitet von Georg Krause. Der Frühjahrszug des weifsen Storches in Ungarn. 97 Als eine unbedingt notwendige Arbeit dieser künftigen Forschung dürfte die der ungarischen ähnliche kartographische Darstellung der Zugzeiten, Zugrichtungen und hauptsächlichsten Durchzugsgebiete des Storches in Deutschland ausgesprochen werden. Die Aufgabe könnte unter der Aegide der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft mit Hinsicht auf das bedeutende historische Zugsmaterial in verhältnismäfsig kurzer Zeit durch- geführt werden. Die Tatsachen, welche sich aus diesen Karten und Untersuchungen unbestreitbar ergeben werden, möchten jeden- falls eine Menge heute noch herrschender Wahrscheinlichkeiten in der Zugsforschung durch positives Wissen ersetzen. Fast möchte es scheinen, dafs die zuletzt erörterte Frage den Rahmen meines Vortrages überschreite, tatsächlich gehören jedoch beide zusammen, indem nicht nur die Herkunft der über Ungarn massenhaft hinwegziehenden Störche zu ermitteln ist, sondern auch — wenn möglich — die Ursache dieser auffallenden Erscheinung ergründet werden mufs. Die nun zum Schlusse folgenden allgemeinen Bemerkungen über das Zugsproblem über- haupt dürfte zwar meiner vorgenommenen Aufgabe schon ferner stehen, dieselben sind jedoch teilweise eine direkte Folge der- jenigen Resultate, welche diese Untersuchung des Storchzuges ergab. Es steht wohl aufser Zweifel, dafs die geschilderte Zugs- weise des Storches den wenigsten Arten eigen ist. Es wurde im Gegenteil darauf hingewiesen, dafs diese Zugsweise, als die günstigste für die Erhaltung der Art, durch die spezielle Lebens- weise des Storches bedingt wird. Diese Feststellung enthält implicite den Satz, dafs der Zug eine mit den übrigen bio- logischen Eigenschaften derArtinCorreiation stehende Lebensäußerung ist, welche sich daher bei jeder Art anders gestaltet, und bei jeder Art separat untersucht werden muß. Um diesem Satze eine festere Grundlage zu geben, muls bemerkt werden, dafs ich denselben nicht zum ersten Male als Resultat meiner Zugsstudien antreffe. Derselbe ergab sich auch bei der Untersuchung des Besiedelungsvorganges der Rauch- schwalbe in Ungarn, besonders deutlich und unabweisbar aber bei dem Besiedelungsprozesse des Kuckucks in Ungarn. Bei diesem ist nämlich die Besiedelungszeit neben einer gewissen Abhängigkeit vom Klima in erster Linie der Brutzeit der gebiets- weise sehr verschiedenen Pflegeeltern des Kuckucks angepalfst. Die Correlation des Zuges zur Lebensweise ist daher augen- scheinlich. Ebenso lieferte ich auch über den Zug und das Wandern des Roseustares den Nachweis, dafs diese beiden Lebens- äufserungen mit den übrigen in innigstem Zusammenhange, also ebenfalls in Correlation stehen. In dieser Auffassung ist der Zug seinem innersten Wesen nach eine Lebensäufserung zur Erhaltung der Art, hervorgebracht Journ, f, Orn, LVII, Jahrg. Januar 1909. 7 98 Jakob Schenk: Der Frübjahrszug des weilsen Storches in Ungarn. durch den Wechsel der Jahreszeiten, ausgebildet bei jenen Arten und Individuen, welche sich in ihrem Fortpflanzungsgebiete einer periodisch ganz oder teilweise verschwindenden Nahrung augepalst haben. Der Herbstzug ist ein Vorbeugen gegen die durch Nahrungs- mangel und Kälte entstehende Herabminderung des Artbestandes, der Frühjahrszug das Aufsuchen bestimmter Fortpflanzungsgebiete, an welche bestimmte Individuen der Art am besten augepalst sind, an welchen dieselben daher zur Fortpflanzung, d. i. zur Erhaltung der Art das Maximum günstiger Lebensbedingungen vorfinden. Inwieweit sich diese Auffassung des Zuges bewähren wird, möge dahingestellt bleiben. Eine Folge derselben scheint jedoch meiner vielleicht etwas befangenen Meinung nach sicher zu sein, die nämlich, dafs in diesem Sinne geführte Untersuchungen in erster Linie immer nach dem Feststellen von Tatsachen trachten werden, was der Forschung keineswegszum Schaden gereichen kann. Ich möchte noch bemerken, dafs ich mit Vorwissen sämt- liche spekulative und theoretische. Schlufsfolgerungen, selbst die nächstliegenden zu vermeiden suchte und in diesem Vortrage nur das aussprechen wollte, was auf Tatsachen gegründet werden konnte. Bevor ich schliefse, möchte ich als dankbarer Schüler nicht versäumen, ausdrücklich zu betonen, dafs diese Zugsstudie zugleich . eine Demonstration der Methode der U. O. C. ist, welche Methode von meinem hochverehrten Chef und Lehrmeister Otto Herman begründet wurde. Über die Vogelwelt der Halbinsel Hela. Vortrag, gehalten auf der Jahresversammlung der D. O. G. in Danzig am 3. Oktober 1908 von Th. Zimmermann. Hochgeehrte Versammlung ! Auf Anregung des Leiters der Vogelwarte Rossitten, des Herrn Dr. Thienemann, habe ich mich seit dem Jahre 1906 zur Zeit des Vogelzuges im Frühjahr und Herbst einige Wochen auf der Halbinsel Hela zwecks ornithologischer Beobachtungen auf- gehalten. Die Halbinsei Hela erstreckt sich, wie sie auf der ausgestellten Karte sehen, von Nordwest nach Südost in die Ostsee, in einer Länge von 35 km. Das Fischerdorf Hela, welches sich allmählich zu einem vielbesuchten Badeorte mit grofsartigem Kurhause, mit Hötels, Villen etc. vermausert hat und von den Bewohnern Danzigs vielfach besucht wird, liegt auf der südwest- lichen Spitze der Halbinsel. Hinter dem 13 km langen Kiefern- walde, — von dem Dorfe Hela gerechnet, — zeigt das Gelände dünenartigen Charakter, welches rechts von einem magern, bald breiteren, bald schmaleren Kiefernwalde eingesäumt ist. An der Über die Vogelwelt der Halbinsel Hela. 99 Küste der Putziger Wieck, 13 klmtr vom Dorfe Hela entfernt, liegen die Ortschaften Danziger Heisternest, 1 klmtr weiter Putzig, von Heisternest 5 klm weiter Kulsfeld und 8 klmtr weiter Ceynova. Von dort nach dem ersten Dorfe auf dem Festlande — Grofsendorf — beträgt die Entfernung noch weitere 8 klmtr. Ich will noch bemerken, dafs die Breite der Halbinsel bei dem Dorfe Hela am gröfsten ist, fast 4 klmtr, weiter hinauf wechselt die Breite aufserordentlich, bei Kufsfeld beträgt sie nur !/, klmtr. Wenn nun die Halbinsel geographisch auch nicht so ganz in der Zugrichtung der Vögel liegt, so glaubten wir doch — Freund Thienemann und ich, — dafs diese Landzunge den im Herbste von NO über die See kommenden Vögeln und den im Frühjahr von SW. Heraufwandernden vielleicht als günstiger Anflugs resp. Rastpunkt dienen könnte. Jedenfalls wollte ich gleich damals im Frühjahr einen Versuch machen und zusehen, ob sich im Frühjahr Vogelzug auf der Halbinsel bemerkbar mache. Ich begab mich Mitte April 1906 zum ersten Male nach Hela und im Verlaufe der Wochen weiter die Halbinsel hinauf. Ich will gleich bemerken, dafs ich zu ganz überraschenden Resultaten kam. Einen ersten ausführlichen Bericht über den Vogelzug auf Hela 1906 erstattete ich im hiesigen botan. zoolog. Vereine im Febr. 1907; derselbe ist im Jahresbericht des Vereins enthalten. Dort habe ich weitere Details betreffs der über die Halbinsel wandernden Vogelarten, speziell über den grofsartigen Raub- vogelzug dort gegeben, über die Eigenart der polnisch-katholischen Bewohner der Fischerdörfer, über die fast völlige Unfruchtbarkeit des Bodens, — zumeist Sand mit spärlichem Graswuchs — kein Halm Getreide wird auf der Halbinsel gebaut, über Fischerei u. s. w. Es würde zu viel Zeit beanspruchen, wollte ich mich ausführlich darüber äufsern; ich verweise auf den Jahresbericht des Vereins. Einen zweiten Bericht habe ich im Verein im Februar d. J. gegeben, die Beobachtungen aus diesem Jahre ruhen vorläufig noch in meinem Tagebuche. Einen Auszug aus dem Tagebuche erhält Freund Thienemann alljährlich nach Schlufs der Zugperiode; eräufserte wiederholt, dafs ihm die Zugbeobach- tungen von Hela wertvoll seien. — Ein längerer Aufenthalt auf der Halbinsel in den sehr primitiven Gasthäusern der armseligen Fischerdörfer ist durchaus nicht als reizvoll zu bezeichnen; die Verpflegung — in der Hautsache Fische — allerdings in erfreu- licher Abwechslung, meistens aber Flundern in Margarine gebacken, — zu Mittag und abends — läfst viel zu wünschen übrig. Das nächt- liche Lager istaufSeegras, das Deckbett wiegt durchschnittlich 25 klgr! Doch ein eifriger Ornithologe, der hungrig und müde von den längeren Beobachtungstouren und der Jagd heimkommt, und der dann noch bis in die späte Nacht am Arbeitstische sitzt, um die Tagesbeute zu präparieren, macht sich aus dieser Lebensmisere nichts, er ist froh und guter Laune, denn draufsen im krüppligen Kiefernwalde, auf den mageren Wiesen mit ihren Tümpeln, auf Dr 100 Th. Zimmermann: Über die Vogelwelt der Halbinsel Hela. der grolsen See und am Wieckstrande entwickelt sich während der Zugzeiten ein herzerfreuendes Vogelleben. Die sichtbaren Resultate meines Aufenthaltes auf der Halbinsel während der Zugzeiten der 3 letzten Jahre in Gestalt von Vogelbälgen habe ich dort ausgelegt; ich bitte die sich für jene Präparate interessi- renden Anwesenden, sich nach Schlufs der Sitzung nach vorne zu bemühen behufs genauerer Besichtigung. Ich habe noch ein paar Bälge von in Westpreulsen seltneren Vogelarten der Sammlung dort beigefügt und zwar einen Balg der Gebirgsbachstelze Motacilla sulphurea Naum.; diese Art brütet alljährlich in einigen Paaren an den Schneidemühlen im Schmelztale bei Sagorsch. Ferner Bälge vom Zwergfliegenfänger; dieser Vogel ist in Westpreulsen stellenweise recht häufig, was Herr Amtsrichter Dr. Henrici bereits vor Jahren constatiert hat. Das Vögelchen wird leicht übersehen, da es sich meistens hoch in den dicht belaubten Baumkronen der Rotbuchen aufhält. Der dort aufgestellte Seestrandläufer Tringa maritima (Brünn.) ist ein recht seltener Gast an der Ostseeküste, er ist auf der sogen. Messinainsel bei östlich Neufähr erlegt und im Besitz des Herrn Glaubitz — Langfuhr — eines eifrigen Ornithologen. Ich habe den Herren immer um den Vogel beneidet, nun kann ich diese tadelnswerte Gefühlsregung ablegen: ich hatte vorgestern die Freude, in den Besitz eines solchen Vogels zu kommen und zwar von der Halbinsel aus Ceynova; das Balgpräparat befindet sich ebenfalls dort in der Sammlung. Den Balg eines weifsstern- igen Blaukehlchen besitze ich leider noch immer nicht, obwohl das Vögelchen nach Angabe des hier anwesenden Herrn Professor Ibart dicht an den Mauern hiesiger Stadt, aber auf gesperrtem Gelände alljährlich brütet. Auf Hela wird diese Art regelmälsig anfangs April beobachtet. Zwei Bälge des für Preufsen ziemlich seltenen Mornellregenpfeifer befinden sich noch dort, sie gehören meinem Freunde Ulmer — Quanditten —, der die beiden Vögel auf seinem Vorwerke Taplacken in Ostpreulsen am 26. August d. J. erlegt hat, er schickte sie mir zur Präparation. Ektoparasiten der Vögel. Bericht von Dr. P. Speiser (Sierakowitz) über seinen am 3. Oktober in Danzig gehaltenen Vortrag. Zur gesamten Naturgeschichte eines Tieres gehört allemal auch die Erkenntnis der Beziehungen zu anderen Tieren, sei es als erbeutender Räuber, sei es als Beute oder als Wirt für Para- siten. Und das genauere Studium dieser Beziehungen kann manchesmal Verhältnisse aufdecken, die für das Verständnis der übrigen Biologie des Tieres von wesentlicher Bedeutung sind. Ektoparasiten der Vögel. 11 Mit Recht ist daher in der neuen Ausgabe des Naumann jedes- mal ein Absatz auch den Parasiten der gerade behandelten Vogel- art gewidmet, wo diese Parasiten wenigstens dem Namen nach angeführt werden. Es soll hier meine Aufgabe sein, kurz hin- zuweisen auf die ganz ungeahnte Vielgestaltigkeit derjenigen unter diesen Schmarotzern, die das Federkleid der Vögel als dauernde äufsere Parasiten bewohnen oder sie doch von aulsen her anfallen, und auf die ebenso grolse Mannigfaltigkeit ihrer Lebensweise, die im Zusammenhalt mit der Lebensweise ihrer Wirte manche weitergehenden Ausblicke gewährt. Schon das Nest, die Wiege des Vogels, beherbergt eine Unsumme von Tieren, die auf Kosten der brütenden oder jungen Insassen leben, z. B. Scharen von Milben aus den Gattungen Dermanyssus, Argas und Ornithodoros und Flöhe, die, früher alle zusammen als eine Art Pulex avium betrachtet, heutzutage in immer eindringenderer Kenntnis als eine lange Serie verschiedener Arten aufgestellt werden. Sie gehören alle einer Gattung an, die wir heute mit OQudemans als Ceratophyllus Curt. bezeichnen, und sind noch lange nicht genügend erkannt; habe ich doch im west- preufsischen Kreise Berent sogar eine noch unbeschriebene Art auf Sitta caesia Wolff finden können (Ü. glaphyrus Dampf 1907). Wanzen, unserer Bettwanze sehr nahe stehend, aber nicht iden- tisch, leben in Schwalben- und Taubennestern; bei Rauchschwalben, Anthus-Arten und ähnlichen die Larve einer Fliege, die in ge- schwürigen Beulen der Körperhaut auf den Nestjungen schmarotzt, und deren Puppentönnchen wir oft in grolser Anzahl in den Nestern finden: Protocalliphora azurea Fall., eine Verwandte der srolsen Blauen Fleischfliege. Fliegen aus einer anderen, sehr eigentümlichen Familie sind aber schon viel mehr dauernde Schmarotzer der Vögel. Es sind die Hippobosciden oder Laus- fliegen, platte, derbe Tiere, die z. B. auf Raubvögeln oder deren Nestjungen oft in erstaunlich grofser Zahl vorkommen. Sie saugen Blut und auf sie ist meist die Erschöpfung eines zu Boden fallenden Seglers (Apus) zurückzuführen. Bei ihnen können wir schon Bemerkungen allgemeiner Natur machen, denn wir finden einmal unter ihnen neben solchen Formen und Formenkreisen, die in geringer und anscheinend regelloser Variabilität über ein weites Gebiet und die mannigfaltigsten Vogelarten verbreitet sind (z. B. Ornithoctona nigricans Leach und ihre Varietäten im Sunda- archipel und Umkreis), andere Arten, die sich strenge auf einen Wirt beschränken und nur ausnahmsweise auf einen anderen Wirt verschlagen vorkommen, und dann stets auf einen biologisch nahestehenden. Ganz besonders ist da FPseudolfersia spinifera Leach, der charakteristische Parasit des Fregattvogels zu nennen, eine grosse schwarze Fliege, die schon Osbeck 1752 auf seiner Ostindienreise bei Ascension auf diesem Vogel fand, wie sie dann 1903 wieder an derselben Stelle auf dem gleichen Wirt von Van- höffen, dem Zoologen unserer Südpolexpedition wiedergefunden 102 Dr. Speiser: wurde. ÜOrataerhina melbae Rnd. ist ein mit rudimentären Flügeln versehener ausschliefslicher Parasit des Alpenseglers, Apus melba L., ©. pallida Ol. der gewöhnliche Parasit unseres Seglers, auf den sich nur selten die für die Hausschwalbe (Chelidonaria) charakteristische Stenopteryx hirundinis L. verirrt!). Gerade die in Kolonieen nistenden Vögel haben solche charakteristischen Parasiten unter den Hippobosciden, die stummelflüglig sein können, weil sie es ja nur selten einmal, wern schon die Bewohner des Nestes, in dem sie sich entwickeln, nicht zurückkehren, weit haben bis zum nächsten bewohnten Nest. Und diese Tatsache, dafs sowohl Urataerhina als Stenopteryx als Puppe bei uns über- wintern, während sie in den Winterquartieren der Schwalben und Segler nicht vorkommen, gibt zu denken über das Alter der Be- ziehungen zwischen Wirt und Parasiten. Noch viel interessantere Fälle in letzt berührter Hinsicht bietet diejenige Gruppe der Ektoparasiten, welche dem Laien wie Ornithologen am ehesten auffällt, dank ihrer Massenhaftigkeit und fast regelmäfsigen Vorkommens auf fast jeder Vogelart: die Mallophaga oder Federlinge, von den Engländern treffend „biting lice‘ genannt. In der Tat sehen sie äufserlich den Läusen ähnlich, haben aber beifsende Mundteile, mit denen sie als relativ barm- lose Bewohner des Gefieders nur von den Federn und abgestossenen Hautschuppen ihre Nahrung aufnehmen. Sie kleben ihre relativ sehr grofsen Eier in ganz ähnlicher Weise, wie die Läuse ihre „Nisse‘‘ mit einer basalen den Federschaft oder doch ein stärkeres Fiederchen umfassenden Kittmasse fest. Auf allerlei Eigentüm- lichkeiten dieser Tiere, z. B. die merkwürdige Tatsache einzugehen, dafs nahezu regelmälsig 3 verschiedene Arten aus 3 verschiedenen Gattungen auf dem einzelnen Vogel vorkommen, würde hier zu weit führen. Es soll nur die wichtige Tatsache, auf die meines Wissens schon einmal in einer ornithologischen Zeitschrift hinge- wiesen wurde?), wiederum betont werden, dafs uns die sehr genaue Untersuchung dieser Tiere Stützen für phylogenetische Schlüsse in der ÖOrnithologie bietet. Es kommen ja auch unter den Mallophagen Species vor, die eine lange Liste verschiedener Vögel bewohnen, z. B. der Raubvogelparasit Degeeriella®) fusca (Nitzsch) Giebel; Philopterus icterodes Nitzsch die verschiedensten Enten, Gänse und Säger, Menopon pallidum Nitzsch allerlei Haus- geflügel, in der übergrofsen Mehrzahl der Fälle ist aber derParasit aus dieser Gruppe für den Wirt characteristisch und umgekehrt. Wenn wir daher Phelopterus pertusus Nitzsch sowohl auf dem !) vgl. P. Speiser. Die äufserlichen Parasiten des Mauerseglers. — In „Natur und Haus“ v. 14. Hft. 6 1905 p. 90 ft. 2) Kellogg in „The Auk“ n. ser. vol. XVI 1899 p. 232 fi, ®) Ich richte mich in der Nomenclatur der Mallophagengenera ganz nach der Arbeit von L. G. Neumann „Notes sur les Mallophages“ in: Bull. Soc. Zool. de France, v. 20 p. 54—60. 1906, Ektoparasiten der Vögel. 103 europäischen Bläfshuhn, Fulica atra L., als in ganz gleicher Form auf der vikariierenden Art in Amerika, F. americana finden, und Degeeriella signata Piag. nebst D. pileus Nitzsch gleichermalsen auf Recurvirostra avocetta in Europa und auf R. americana drüben, dann liegt die Schlufsfolgerung sehr nahe, dafs die gemeinsame Stammform, aus der sich die beiden Vogelarten divergierend entwickelt haben, schon vor dem Eintreten dieser Divergenz den oder die einheitlichen Parasiten hatten, und wir werden die Constatierung oder das Vermissen ähnlicher Parasiten gleichheit für phylogenetische Beurteilung bei der nötigen Vorsicht mit verwerten dürfen. Auch unter den Hippobosciden gibt es einen solchen Fall. Hippobosca struthionis Ormerod, die vom südafrikanischen Straufs ursprünglich beschrieben wurde, ist von Sjöstedt auch auf Siruthio massaicus Neumann in Deutsch-Ostafrika wiedergefunden. Mit derselben Regelmäfsigkeit wie die Mallophagen kommen auf den Vögeln die Vertreter einer ganz anderen Arthropodengruppe vor, deren kurzer Betrachtung wir uns nun zuwenden wollen. Es sind die Milben, die jene Insekten an Mannigfaltigkeit der Formen und anscheinend auch an Verschiedenartigkeit der Lebensweise weit übertreffen, deren Kenntnis aber, trotzdem schon lange Serien von Arten veröffentlicht worden sind, selbst hinsichtlich der Systematik noch weit entfernt ist von einer befriedigenden Ver- tiefung. Sie teilen mit den Mallophagen fast durchwegs die Eigen- tümlichkeit, dafs sie sich von den Detritus der Haut und ihrer Anhänge, der Federn, ernähren. Cytolichus und Laminosioptes bohren allerdings nach Art der echten Krätzmilben in den ober- flächlichsten Hautschichten ihre Gänge und erregen so z. B. bei Hühnern bedenkliche Krankheiten. Die anderen Milben sind dann aber zwar auch grölstenteils nahe Verwandte der gangbohrenden Krätzmilben, jedoch abweichend gebaut und werden als Sarcoptides plumicoles zusammengefaflst. Abenteuerliche Gestalten sind da- runter, ich erinnere an den Analges chelopus Herm. vom Sperling, wo das dritte Beinpaar des Männchens umgewandelt ist in ein Paar gewaltiger Klumpen oder Platten, jede fast so gro[s im Um- rifs als der ganze Körper. Eigenartig ist, dafs neben diesen heteromorphen Männchen auch homoeomorphe vorkommen, die diese enormen Beinverdickungen, oder, bei andern Gattungen, andere Auszeichnungen, nicht aufweisen, sondern dem Weibchen im Wesentlichen gleich sehen. Die Weibchen anderer Arten, z. B. auch der Gattung Proctophyllodes, erhalten, nachdem sie be- gattet sind, ganz eigenartige andere Körpercharactere als sie vor- her hatten; Haftnäpfe und Beborstung an den Beinen, Haftscheiben um die männlichen Genitalien, eine kaum glaubliche Veränder- lichkeit des Abdominalendes, alle diese Merkmale in verschieden- ster Combination ergeben die Vielgestaltigkeit. Die mannigfachen Häutungsverhältnisse, die Ablage der Eier, die oft in dicht ge- schachtelten Reihen zwischen je zwei Fiedern am Schaft einer 104 Dr. Speiser: Ektoparasiten der Vögel. Schwungfeder entlang sitzen, bisweilen auch zwischen den Fiedern entlang, die Tatsache, dafs man die Geschlechter durchaus nicht zu allen Jahreszeiten in gleicher Verteilung der Zahl nach findet, alle diese Verhältnisse lassen die zum Teil noch dunkle Biologie dieser Tierchen, die nur Bruchteile eines Millimeters an Länge erreichen, anziehend erscheinen. Besonders interessant aber sind die Beobachtungen, die an der auf Totanus lebenden Gattung Syrin- gobia, aus der Familie der Cheyletiden, gemacht wurden. Hier begeben sich gewisse Stadien beim Antritt des Herbstzuges des Totanus durch die obere Öffnung in die Spule der Schwungfedern, und je nachdem nur weibliche Individuen in eine Spule ge- raten sind, oder dazu auch männliche, kommt es da drinnen zu einer geschlechtlichen oder einer rein parthonogenetischen Ver- mehrung. Füge ich noch hinzu, dafs auch die Nasenhöhlen zahl- reicher Vögel Milben beherbergen, die in der Familie der Parasi- tidae (Gamasidae) eine besondere Gruppe für sich bilden, mit den Genera Pfilonyssus, Sternostomum, Rhinonyssus, Somatericola (in der Nase der Eidergans) u. a., so hoffe ich gezeigt zu haben, einen wie ungeahnten Reichtum an Lebensformen man findet, wenn man sich dieser Ektoparasiten der Vögel etwas genauer annimmt. Über eine neue Gattung aus der Familie der Tyrannidae. Von Hans Graf von Berlepsch. Snethlagea, genus novum Tyrannidarum, generi Euscarthmus dicto affine, sed naribus rotundatis, apertis (nec oblongis supra partim obtectis) rostro breviore, cauda magis gradata, necnon setis ad basin rostri in mari adulto valde elongatis, rostri apicem fere attingentibus. typus: Euscarthmus zosterops minor Snethl. — Snethlagea minor (Snethl.) synon: Euscarthmus zosterops Pelzeln partim! (specimina ex Borba, nec specimina ex Marabitanas, quae typica). In einer grofsen Kollektion von Vögeln des unteren Ama- zonengebiets, welche Fräulein Dr. E. Snethlage im vorigen Jahre mit nach Europa brachte und die sie mir freundlichst für einige Wochen zum Studium überliefs, befanden sich auch zwei von ihr selbst bei Arumatheua am Tocantins gesammelte Exemplare einer kleinen noch unbestimmten Tyrannenart. Nach flüchtiger Besich- tigung sprach ich schon damals die Vermutung aus, dafs es sich um Vertreter einer neuen Art und einer neuen Gattung handele, unterliefs aber eine sorgfältigere Untersuchung dieser Vögel in der Hofinung, später darauf zurückkommen zu können. Inzwischen hatte Fräulein Snethlage Gelegenheit gefunden, diese beiden Vögel mit Exemplaren des Euscarthmus zosterops Pelz. zu vergleichen und war zu der Überzeugung gekommen, Über eine neue Gattung aus der Familie der Tyrannidae. 105 dafs es sich nur um eine kleine Form dieser Art handele, die sie dann in den Örnithologischen Monatsberichten vom Dezember 1907 p. 193 als Euscarthmus zosterops minor beschrieben hat. Erst kürzlich kamen mir diese Vögel wieder zu Gesicht, als mein Freund C. Hellmayr in München, der sie sich aus Parä von Fräulein Snethlage erbeten hatte, meine Ansicht über diese Form hören wollte. Herr Hellmayr sandte mir nicht nur die Originale des E. 2osterops minor Snethl., sondern auch gleichzeitig alle von Johann Natterer gesammelten Exemplare des E. zosterops Pelz., welche er sich vom Wiener Museum hatte kommen lassen, sowie ein von Herrn G. W. Hoffmanns bei Calama im Madeira-Gebiete ge- sammeltes Stück, über welches er in den Novitates Zoologicae XIV. 1907, p. 355 s. n. E. zosterops berichtet hatte. Ein sorg- fältiges Studium dieser Serie hat mich nun überzeugt, dafs der erste Eindruck, den ich von den beiden Vögeln aus Arumatheua im vorigen Jahre erhalten hatte, ein richtiger gewesen ist. E. zosterops minor Snethl. ist nicht nur eine gute scharf charakterisierte Art, sondern mulfs als Typus eines neuen Genus angesehen werden, welches ich zu Ehren der ausgezeichneten und sehr verdienten Ornithologin Fräulein Dr. E. Snethlage Snethlagea nenne. Johann Natterer hatte allerdings bereits im Jahre 1830 Exemplare dieser neuen Art bei Borba am unteren Laufe des Rio Madeira gesammelt, ohne aber ihre Verschiedenheit von den Vögeln vom Rio Negro zu erkennen, auf welche Herr v. Pelzeln später seinen Euscarthmus gosterops gegründet "hat. Die von Natterer bei Borba gesammelten Vögel (von denen sich einer im Wiener Museum, ein zweiter im Brit. Museum befindet) gehören, wie ich mich durch deren sorgfältige Untersuchung überzeugt habe, be- stimmt zu sSnethlagea minor. Nach dem Vorgang Natterer’s vereinigte auch von Pelzeln die Natterer’schen Vögel von Borba, S. Carlos und Marabitanas unter einem Namen, nämlich E. zoste- rops Pelz. Bei der Aufzählung der Natterer’schen Arten auf S. 102 seines Werkes „Zur Ornithologie Brasiliens“ stel't er den Fund- ort Borba voran, aber die Beschreibung (S. 173) läfst erkennen, dafs nicht der Vogel von Borba, sondern diejenigen von Mara- bitanas (und S. Carlos) ihm in erster Linie als Vorlagen gedient haben. Die Phrasen: „tectricibus alarum mediis et majoribus viridi terminatis“ und „oculorum ambitu plumulis albis obsito“ können nur auf die Exemplare des E. zosterops von Marabitanas und S. Carlos gedeutet werden, wie schon Hellmayr (l. c. aus- geführt hat. Übrigens stimmt Snethlagea minor im allgemeinen Färbungscharakter mit Euscarthmus gosterops vom R. Negro überein, 106 Hans Graf von Berlepsch: und es war daher verzeihlich, wenn Fräulein Snethlage in den Arumatheua-Vögeln nur eine kleine Form des E. zosterops erblicken zu müssen glaubte. In der Tat ist Snethlagea minor durchschnittlich etwas kleiner als Euscarthmus zosterops. Die Flügel und namentlich der Schwanz erscheinen durchschnittlich etwas kürzer. Der Schnabel ist ein wenig kürzer und verhältnismäßig breiter und erscheint nach der Spitze zu mehr plötzlich verschmälert. In der Färbung gleicht Snethlages minor wie schon gesagt dem Euscarthmus zosterops so sehr, dafs selbst dem geübten Auge eine Verwechselung beider Arten leicht passieren kann. Indessen fehlen dem o' ad. der Snethlagea völlig die olivengelben Spitzen- flecken der Oberflügeldeckfedern, welche beim alten Vogel des Euscarthmus zosterops stets vorhanden sind. (Junge Vögel und O9? der Snethlagea zeigen schmale verwaschene gelbliche Säume an den Oberflügeldeckfedern.) Der Mittelbauch erscheint bei dem oJ‘ ad. der Snethlagea fast einfarbig weils (bei jüngeren Vögeln und QQ etwas gelblich gemischt und überlaufen), bei E. zosterops dagegen stets einfarbig gelb. Ferner hat das alte J' der Sneth- lagea mehr graulich überlaufene und geflammte Kehle und Ober- brust (bei E. zosierops mehr gelblichgrün gemischt) und entbehrt des weifslichen Augenrings, der bei E. zosterops stets mehr oder weniger deutlich hervortritt. Viel schärfer treten die strukturellen Unterschiede zwischen Snethlagea und Euscarthmus gosterops in Erscheinung: Die Nasenlöcher sind bei Snethlagea kreisrund und erscheinen von vorn gesehen weit geöftinet, während sie bei Buscarthmus eine längliche Form haben und nur seitlich geöffnet, oben aber teilweise durch eine Membrane überdeckt sind. Diese eigentümliche Form der Nasenlöcher würde schon allein die Aufstellung eines neuen Genus rechtfertigen. Aulser- dem sind die Bartborsten bei Snethlagea minor (und zwar namentlich bei den alten 0'C" dieser Art) erheblich länger als bei E. zosterops. Bei dem ©‘ von Arumatheua und bei einem J' von Borba reichen sie fast bis zur Schnabelspitze, während sie bei E. zosterops kaum über die Hälfte des Schnabels hinausgehen. Endiich zeigt Snethlagea einen etwas abgestuften Schwanz, während bei E. zosterops die äuflseren Schwanzfedern kaum merklich kürzer sind als die übrigen. Freund Hellmayr, der anfangs die Artselbstständigkeit von Euscarthmus zosterops minor Snethl. bezweifelte, teilt mir ınit, dafs er nunmehr durchaus mit mir einverstanden sei und die von mir angegebenen Gattungscharaktere völlig bestätigt gefunden habe. Zum Schlusse füge ich noch einige vergleichende Messungen hinzu: Snethlagea minor cal. caud. olur. tars. l. © Arumatheua 471), 40% 10°/, 13®/, 2.9 55 2 31%, 10%, 13%, Über eine neue Gattung aus der Familie der Tyrannidae. 107 al. caud. olur. tars. 3. 0' Borba (Natterer) 51 421), 101%, 141), in Mus. Brit. 4. © (juv.?) Borba (Natterer) 44 3l 103/, 123/, in Mus. Vindob. 5. Q' Calama, Rio Machados 511), 41ly, 10°/, 141/, (coll. Hoffmans) Euscarthmus zosterops 1. ©‘ Marabitonas 521/, 48 11 14!/, 2. 9 S. Carlos Bl mmAa!, 11?/, 14°/,. Deutsche Ornithologisehe Gesellschaft. Bericht über die September-Sitzung 1908. Verhandelt Berlin, Montag d. 7. Sept. abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren Heck, Koske, Schiller, K. Neun- zig, K. Kothe, Jung, Haase, Grafv.Zedlitz-Trützschler, Schalow, Reichenow, Deditius, Heinroth. Als Gäste die Herren R. Neunzig, Müller, Ahke und Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende gedenkt zunächst in warmen Worten des plötzlichen Hinscheidens des langjährigen Mitgliedes Dr. jur. Werner v. Quistorp. Als häufiger Teilnehmer an den Vereins- sitzungen war er, der Gutsherr von Crenzow in Pommern, der als Mitglied des Herrenhauses häufig in Berlin weilte, den Ber- liner Mitgliedern eine bekannte und von allen hochgeschätzte Persönlichkeit, in ornithologischer Beziehung hat er sich nament- lich um die Lokalfauna Pommerns verdient gemacht. Die An- wesenden ehren das Gedächtnis an den Verstorbenen durch Er- heben von den Plätzen. Betrefis der Jahresversammlung teilt Herr Reichenow mit, dafs der Adjunkt der Ungarischen Zentrale Herr Schenk einen Vortrag über den Storchzug angemeldet habe und legt hierauf im Verein mit Herrn Schalow die eingegangene Literatur vor. Der Katalog der v. Erlanger’schen Sammlungen ist erschienen, bearbeitet von Hilgert, er umfalst 12589 Stücke in 1421 Arten. Drei neu herausgekommene Lieferungen, der „Oologia universalis paläarctica“ von Krause, der ornithol. Bericht über Mecklenburg von 1907 von Clodius und andere Schriften werden besprochen. Der Vorsitzende begrüfst darauf den im Juni d. J. aus Abes- sinien zurückgekehrten Grafen Zedlitz, der sogleich das Wort zur Besprechung einiger von ihm dort gesammelten Arten ergreift und eine Schilderung seiner Reiseroute gibt. Von Massaua aus 108 Bericht über die September-Sitzung 1908. ging die Reise durch Erythrea nach Beni-Amer an die Grenze des englischen Sudans in Nord-Abessinien, um wieder in Massaua zu enden. Neue Arten von Scotopelia, Buteo, Crateropus, Poeo- cephalus, Passer sowie von Riparia von der Sinai-Halbinsel wurden vorgelegt. Die Verlesung eines ebenso anschaulichen als interes- santen in einer Tageszeitung erschienenen Berichtes über diese Expedition „Auf unbetretenen Pfaden“ beschlielst diese Aus- führungen. Auf eine Anfrage von Herrn Heinroth teilt Herr Graf Zedlitz noch mit, dafs Scofopelia durchaus Tageule sei, sich stets frei auf hohen Warten zeige und anscheinend von Fischen nähre. Herr Reichenow legt zum Schlufs aufser einem weils- köpfigen Baumhopf, einen von Herzog Adolf Friedrich ge- sammelten Nestjungen des grofsen Turako (Corythaeola) vor, ein sehr interessantes Stück, da das Jugendkleid dieser Art bisher unbekannt war, und beschreibt die folgenden neuen Arten: Malimbus gracilirostris. Dieser Vogel gleicht in seiner rein- schwarzen Färbung des Gefieders dem Ploceus nigerrimus, hat aber auffallend kleinen zierlichen Schnabel, kürzere und schmalere erste Schwinge, kleinere Fülse und nach Angabe des Sammlers dunkelrotes Auge, während bei Ploceus nigerrimus die Iris gelb ist. Ferner ist der Vogel nach Untersuchung des Sammlers als „Weibchen“ bezeichnet. Dieser Angabe traue ich um so mehr, als mir ein genau gleicher und ebenfalls als Weibchen bezeichneter Vogel aus dem Fangebiet (südlich Kamerun) vorliegt. Es scheint sich hier um einen ganz schwarzen Malimbus zu handeln, dessen beide Geschlechter vielleicht gleich gefärbt sind, wenn nicht das Männchen rote Abzeichen haben sollte © Awakubi IV. 08. Nicator chloris laemocyclus. Von N. chloris dadurch ab- weichend, dafs die Kehle hinten von einem schmalen blafsgelben Bande gesäumt wird. Bei N. chloris ist nur jederseits der Kehle auf der hinteren Wange unterhalb der Ohrgegend ein grünlich- gelber Fleck vorhanden, bei laemocyclus ftlielsen diese beiden Flecke hinter der Kehle in einem schmalen Bande zusammen. Urwald bei Beni und Awakubi. Cossypha heuglini occidentalis. Von ©. heuglini dadurch unterschieden, dafs die Farbe der Oberseite gar keine graue Beimischung hat; Rücken und Schulterfedern sind olivenrostgelb, auch der Schwanz ist olivenrostgelblich verwaschen. Lufuku im Westen der Tanganjika. O. Heinroth. Bericht über die November-Sitzung 1908. Verhandelt Berlin, Montag, d. 2. Nov. abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren Koske, K. Neunzig, Haase, Krause, Freiherr Geyrv.Schweppenburg, Grafv. Zedlitz, Rörig, Ehmcke, Reichenow, Deditius, Heinroth. Bericht über die November-Sitzung 1908. 109 Als Gäste die Herren Detmers, Schwarz und Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Reichenow, Schriftführer Herr Hein- roth. Der Vorsitzende gedenkt zunächst des plötzlichen Dahin- scheidens unseres sehr tätigen und durch seine Bearbeitung der Vogelwelt West- und Ostpreufsens bekannten Mitgliedes, des Herrn Dr. jur. Henrici in Deutsch-Eylau, die Anwesenden ehren sein Andenken durch Erheben von den Sitzen. Zu Kassen-Revisoren werden sodann die Herren Haase und Jung einstimmig gewählt, worauf die eingegangene Literatur vorgelegt wird. Herr Reichenow bespricht besonders die Neu- lieferung von „Monograph of Petrels“, Herr Neunzig, Hefte von „Bird-Lore“ der ,„Audubon-Societies“ und gibt ausführliche Erklär- ungen über den vortrefflichen und ausgedehnten Schutz, welchen dieVereinigten Staaten Nord-Amerikas ihren Vögeln durch Reservate u. Ss. w. angedeihen lassen. Durch die Schulen werden die Kinder für das Tierleben interessiert und durch Halten lebender Tiere u. Ss. w. zum Studium derselben angeleitet, die Lehrer werden zu diesem Zwecke besonders unterrichtet. Der Vorsitzende weist darauf hin, dafs die dortigen Museen für Schulzwecke besonders zusammengestellte Sammlungsobjekte verleihen. Herr Graf v. Zedlitz verliest hierauf im Anschlufs an seine Mitteilunger in der September-Sitzung eine Anzahl Art-Dia- snosen aus seiner Arbeit im Novemberhefte der „Ornitholog. Monatsberichte‘“‘ und macht einige Ergänzungen und Erklärungen dazu, inbesondere bespricht er: Scotopelia, Poeocephalus, Rıparia, Passer griseus und zeigt einen neuen, dem Ü. tingitanus ver- wandten Raben: Corvus corax krausei aus El-Tor am Sinai, ferner Stephanibyx, Zosterops und Estrilda. Herr Reichenow legt eine Anzahl Ohreulen vor und weist darauf hin, dafs die norwegischen Vögel dieser Art ebenso dunkel sind wie die gewöhnlich bei uns vorkommenden und auch in der Zeichnung der Unterseite nicht abweichen (vergl. Journ. f. Orn. 1908 S. 297). Im Anschlufs hieran geht Hr. Reichenow noch auf die Nomenklaturfrage der Sumpfohreule ein, deren blasse Kaspische Form wahrscheinlich zuerst als 4. accipitrinus beschrieben worden ist. Ein vorgelegter, in Nord-Turkestan gesammelter Steppenbussard gleicht ganz dem afrikanischen B. desertorum, es scheint demnach, als käme diese Art auf dem Zuge von ihrer Central-Asiatischen Heimat noch dem letzerwähnten Erdteil. Ferner hat Herr Reichenow von Herrn Niedieck aus dem nördlichen Britisch- Columbia eine Anzahl Seidenschwänze vom Juli erhalten, die sich durch den hellen Kopf auffallend von der gewöhnlichen Bombyeilla garrula unterscheiden. Unter einer Blutschnabelweber-Sendung aus Kamerun befindet sich ein „Rufs- Weber“, und der Vortragende wirft die Frage nach der Art- 110 Bericht über die November-Sitzung 1908. selbständigkeit dieser Form auf. Die Herren Neunzig und Heinroth bekunden, dafs die lebend importierten Rufsweber sich auch nach Janger Zeit in keiner Weise umfärben und durch- aus constant sind. Schließlich zeigt Herr Reichenow noch einen aus Sachalin stammenden sehr dunkeln Perisoreus. Der Vorsitzende teilt noch mit, dafs die bei Gelegenheit der Jahrensversammlungin Ulmenhorstaufgenommene Photographie von Herrn Dr. Thienemann gegen Erstattung der Unkosten zu haben ist. Dr. ©. Heinroth. Mitgliederverzeichnis der Deutschen Ornithologischen. esellschall, 1909. Vorstand: H. Schalow, Präsident. P. Kollibay, Vizepräsident. A. Reichenow, Generalsekretär. OÖ. Heinroth, Stellvertr. Sekretär. K. Deditius, Kassenführer. Ausschuss: M. Kuschel. Frhr. R. König-Warthausen. A. Nehrkorn. F. Heine. Graf v. Berlepsch. L. Heck. A. Koenig. K. Parrot. W. Blasius. OÖ. Reiser. Ehrenmitglieder: 1908. Herr Allen, J. A., Dr., American Museum of Natural History, New York, City. 1868. - Bolle, Carl, Dr., Gutsbesitzer, Scharfenberg bei Tegel. 1870. - Collett, Robert, Professor, Christiania, Oscarsgade 19. 1900. - Herman, O., Chef der Ungarischen Ornithologischen Zentrale, Budapest VIII. Jözsef-Körüt 65 I. 1862. - Krüper, Theobald, Dr., Konservator anı Universitäts- museum in Athen. 1908. 1900. 1900. 1900. . 1874. 1887. 1904. 1879. 1909. 1898. 1897. 1884. 1903. 1908. 1870. 1893. 1897. 1872. 1890. Mitglieder-Verzeichnis. a1 Herr Ridgway, R., Professor, 3413 13 th St. N E. Wa- shington, D. C. - Graf Salvadori, T., Professor, Vizedirektor des zoologischen Museums in Turin. - Sclater, P. L, Dr., Odiham Priory. Winchfield (England). - Sharpe, R.B., Dr., Assistant Keeper, British Museum, London SW., Cromwell Road. Mitglieder: Seine Majestät Ferdinand König der Bulgaren in Sofia. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Therese von Bayern in München. Seine Durchlaucht Johann Prinz zu Loewenstein, Kleinheubach (Bayern). Direktion des Zoologischen National-Museums in Agram in Kroatien, (vertreten durch den Direktor Hrn. Prof. Dr. Langhovffer). Herr Angele, Th., Ingenieur, Linz a. D. - Graf Arrigoni Degli Oddi, Ettore, Professor, Dozent der Zoologie an der Universität Padua (Italien). Örnithologische Gesellschaft in Bayern (vertr. durch den Vorsitzenden Herrn Dr. Parrot, München). Herr von Bardeleben, Friedrich, Generalmajor z. D. Frankfurt a. M., Beethoven-Strafse 49. - Bartels, Max, Pasir Datär, HalteTjisaat, Preanger, Java. - Berger, A. Dr., Berlin W. 30, Martin-Luther- Stralse 77. - Graf von Berlepsch, Hans, Erbkämmerer in Kur- hessen, Schlofs Berlepsch bei Gertenbach. - Freiherr von Berlepsch-Seebach, Hans, Cassel, Landau-Strafse 2. - Biedermann-Imhoof, Rich., Dr., Eutin, Wald-Strafse. - Blasius, Wilhelm, Dr. med., Prof., Geh. Hofrat, Direktor des Herzogl. Naturhist. Museums u. Botan. Gartens, Braunschweig, Gauls-Strafse 17. - Bolau,H., Dr., Direktor desZool. Gartens in Hamburg. Tiergarten-Strafse. (Für die Zoolog. Gesellschaft in Hamburg). 112 1902. 1895. 1886. 1907. 1894. 1907. 1884. 1902. 1884. 1908. 1868. 1868. 1900. 1882. 1905. 1863. 1868. 1888. 1892. 1890. 1905. 1908. 1905. 1898. 1871. Mitglieder-Verzeichnis. Herr Braun, F., Gymnasial-Oberlehrer, Graudenz, Blumen- Stralse 2. - Brehm, Horst, Dr. med., prakt. Arzt., Berlin N. 58, Wörther Stralse 48. - Bünger, H., Bankvorsteher, Potsdam, Victoria-Str. 72. - Buturlin, S., Friedensrichter, Wesenberg (Ehstland). - Chernel von Chernelhäza, Stef., Köszeg (Com. Güns), Ungarn. Ornithologischer Verein Cöthen, (vertreten durch Herrn Apotheker P. Gottschalk, Cöthen, Markt-Strafse 4). Herr von Dallwitz, Wolfgang, Dr., jur., Rittergutsbesitzer, Tornow bei Wusterhausen a. d. Dosse. Danziger Naturforschende Gesellschaft (vertreten durch Hrn. Prof. Dr. Lakowitz, Danzig, Frauen-Gasse 26. Herr Deditius, Karl, Rechnungsrat, Grofs-Lichterfelde W., Stubenrauch-Strafse 17. - Domeier, H., Forstreferendar, Einbeck. - Dohrn, H. Dr., Stettin, Linden-Strafse 22. - Dresser, H. E, 110 Cannon Street, London E. C. Gräfl. Dzieduszyckisches Museum (vertreten durch Herrn Dr. P. J. Mazurek), Lemberg. Herr Ehmcke, H., Landgerichtsrat, Rittergut Rehfelde (Ostbahn). Freifrau von Erlanger, C., Nieder-Ingelheim. Herr Evans, A. H., Cambridge in England, 9 Harvey Road. - Fritsch, Anton, Dr., Professor, Kustos d. National- Museums in Prag, Grube 7. - Fürbringer, M., Dr., Geh. Hofrat, ordentl. Professor der Anatomie a. d. Universität Heidelberg. - Gengler, J., Dr. med., Oberstabsarzt, Metz-Sablon, Militär-Strafse 9. Bibliothek des Herzoglichen Hauses in Gotha. Frau Grosser, G., Weilsenhof b. Liegnitz. Herr Grote, H., z. Z. Mikindani, Deutsch-Ostafrika. - Haagner, Alwin, Transvaal-Museum, Pretoria, Trans- vaal. - Haase, O., Adr. F. Sala & Co., Berlin NW. 7, Mittel- Strafse 51. - Hagenbeck, Carl, Handelsmenageriebesitzer, Stel- lingen (Bez. Hamburg). Mitglieder-Verzeichnis. 113 1902. Hamburger Ornithologisch-Oologischer Verein (vertreten durch Hrn. Landmesser H. Cordes, Hamburg, Lappenbergs-Allee 18). 1904. Herr Hanke, G., Rentmeister, Kentschkau b. Grofsmochbern. 1885. 1889. 1862. 1895. 1898. 1889. 1898. 1902. 1905. 1891. 1908. 1897. 1890. 1901. 1892. 1909. 1908. 1906. 1901. 1897. Hartert, Ernst, Dr., Direktor des Zoologischen Mu- seums in Tring in England. Heck, L., Dr., Prof., Direktor des Zoolog. Gartens in Berlin W.62, Kurfürsten-Damm 9. (Für den zool.Garten). Heine, F., Amtsrat auf Kloster Hadmersleben bei Hadmersleben. Heine,F.,Dr., Referendar, Domäne Zilly b. Halberstadt. Heinroth, O©., Dr. med., Wissenschaftl. Assistent am zoologischen Garten, Berlin W. 62, Kurfürsten- Damm 9. Helm, F., Dr., Lehrer an der Landwirtsch. Schule in Chemuitz, Maxst. 1. Hennicke, C. R., Dr. med., Spezialarzt für Augen- und Ohrenleiden, Gera (Reuls j. L.), Lorge 2. Henrici, Regierungs- und Forstrat, Lüneburg, am Sande 18. Heufs, Dr., Oberveterinär, Dozent für Veterinär- wissenschaft an der Offizier-Reitschule in Paderborn. von Heyden, Lucas, Major z. D., Dr. phil. h. c., Professor, Frankfurt a. M.-Bockenheim. Heyder, R., Rochlitz, Sa. Hilgert, C., Präparator, Nieder-Ingelheim. Hülsmann, H., Fabrikbesitz., Altenbach b. Wurzen. Hundrich, R., Kaufmann, Breslau, Königsplatz 5 a. Jacobi, A., Dr., Prof., Direktor des zool. anthrop. Museums in Dresden. Johansen, H., Conservator am zoolog. Museum der Universität Tomsk, West-Sibirien. Jourdain, Francis C. R., Reverend, Clifton Vicarage, Ashburne, Derbyshire (England). Jung,Rud.H., Apotheker, Friedenau-Berlin, Isoldestr.1. Klein, Eduard, Dr. med., prakt. Arzt in Sofia, Bulgarien. Kleinschmidt, O., Pfarrer, Volkmaritz bei Deder- stedt, Prov. Sachsen. Joum. f. Orn, LVIL Jahrg. Januar 1909. 8 114 Mitglieder-Verzeichnis. 1851. Herr Richard Freiherr König von und zu Warthausen, 1887. 1888. 1907. 1908. 1899. 1907. 1907. 1885. 1904. 1898. 1902. 1898. 1896 1908. 1907. 1900. 1906. 1907. 1891. 1895. 1905. 1894. 1892. Dr., Königl. Kammerherr, Schlofs Warthausen bei Warthausen. Koenig, A., Dr., Professor, Bonn, Koblenzer Str. 164. Kollibay, P., Rechtsanwalt u. Notar, Neilse, Ring 121. Koske, F., Eisenbahn-Verkehrs-Inspektor, Berlin NW. 87, Waldstr. 54. Kothe, K.. stud. philos., Berlin. Kraepelin, K., Dr., Prof., Direktor des naturhisto- rischen Museums, Hamburg, Steintor-Wall. Krause, G., Konservator am Kgl. zoologischen Museum, Pankow-Berlin, Wollank-Str. 114. Kullmann, K., Frankfurt a. M., Grofse Eschenheimer Stralse 72. Kuschel, Max, Polizeirat a. D., Guhrau, Rgbz. Breslau. Lampe, Ed., Kustos d. Naturhist. Museums, Wiesbaden. Lampert, Dr., Professor, Ober-Studienrat, Vorstand des Königl. Naturalien-Kabinets, Stuttgart. Lamprecht, H., Fabrikbesitzer, Jauer. Lauterbach, Dr., Stabelwitz b. Deutsch-Lissa. . Leipziger Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn Herr Herr Dr. R. Schulze, Leipzig, Sidonien-Str. 21). Lindner, C., Pfarrer, Wettaburg b. Naumburg a. S. Harald Baron Loudon,Lisden b. Wolmar in Livland. von Lucanus, F., Rittmeister im 2. Garde-Ulanen- Regiment, Berlin NW. 23, Lessing-Str. 32. Mann,R., Rittergutsbesitz., Konradswaldau b. Stroppen. Mannheimer Verein für Naturkunde, (vertreten durch Herrn Prof. W. Föhner in Mannheim). Mannkopf, Oskar, Königl. Hof-und Garnisonapotheker, Cöslin. Martin, Dr., Direktor des Grofsherzoglichen Natur- histor. Museums in Oldenburg (Grhzgt.). Menzel, Forstassessor, Bad Harzburg. v. Middendorff, E., Majoratsherr auf Hellenorm b. Elwa in Livland. Graf von Mirbach-Geldern-Egmont, Alphons, auf Schlofs Rogenburg in Schwaben, Kgl. Bayr.’Kammer- herr. Mitglieder-Verzeichnis, 115 1905. Herr Moyat, J., Mainz, Bauhof-Strafse 4. 1880. 1888 1907. 1868. 1893. 1901. 1896. 1906. Müller, August, Dr. phil.,, Inhaber des naturhistor. Instituts „Linnaea“, Berlin NW. 21, Turm-Str. 19. . Königl. Forst-Akademie in Hann.-Münden. 1908. Herr Nagel, F., Apotheker, Pritzwalk. Natorp, Knappschafts-Arzt, Myslowitz (Oberschl.) Nehrkorn, A., Amtsrat in Braunschweig, Adolfstr. 1. Nehrkorn, Alex., Dr. med., Chefarzt am städt. Krankenhause in Elberfeld. de Neufville, Robert, Sektionär der ornith. Samml. d. Senckenbergischen Naturh. Mus. in Frankfurt a. M. Taunus-Platz 11. Neumann, O., Professor, z. Z. Tring (England). Neunzig, K., Waidmannslust b. Berlin. 1895. Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes, (vertreten 1909. 1897. 1875. 1908. 1886. 1885. 1903. 1904. 1892. 1868. 1885. 1865. durch Herrn Dr. Köhler, Altenburg S. A.). Herr Oehmen, Dr. phil., Kevelaer. Paeske, Ernst, Berlin, SW. 48, Bessel-Str. 12 I. Palmen, J. A., Dr., Professor, Helsingfors, Finland. Paefsler, R., Kapitän des Kosmos-Dampfers „Assuan“. Hamburg. Parrot, Karl, Dr., med., prakt. Arzt, München, Theresienstr. 72 II. Pasch, Max, Königl. Hof-Lithograph und Hof-Buch- und Steindrucker, Verlagsbuchhändler, Berlin SW. 68, Ritter-Str. 50. Ponebsek, J., Dr., K. K. Finanzsekretär, Laibach (Krain), K. K. Gebühren-Bemessungs-Amt. Proft, E., Dr. phil, Oberlehrer, Leipzig-Lindenau, Harkort-Str. 30. von Rabenau, H., Dr., Direktor des Museums der Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz. (Für die Naturf. Gesellschaft). Reichenow, Anton, Dr., Professor, zweiter Direktor des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, N. 4, Invaliden-Str. 43. Reiser, Othmar, Kustos d. Naturwissenschaftlichen Abteilung des Bosnisch-Herzegowinischen Landes- museums in Sarajewo, Bosnien. Rey, E., Dr., Leipzig, Elisen-Str. 43. 8% 116 1906. 1894. 1906. 1893. 1907. 1888. 1872. 1903. 1907. 1898. 1870. 1904. 1908. 1898. 1906. 1908. 1905. 1905. 1908. 1905. 1879. 1906. 1904. 1893. 1908. Mitglieder-Verzeichnis. Herr Rimpau, W., Rittergutsbesitzer, Schlanstedt, Kr. Oschersleben. - Rörig, G., Dr., Prof., Regierungsrat, Grofs-Lichter- felde W., Potsdamer Chaussee 93. - le Roi, Otto, Dr. phil., Bonn, Beringstr. 18. - BaronvonRothschild, W.,Dr.phil., Tringi. England - Friedrich GrafSchaffgotsch, Warmbrunn in Schl. - Schäff, Ernst, Dr., Direktor des Zool. Gartens in Hannover. - Schalow, Herm., Rentner, Berlin W. 30, Traun- steiner-Str. 2. Schiebel, G., Dr. phil., Linz (Ober-Österreich), Makart-Str. 11. - Schiller, Major z.D., Schlachten-Seea. Wannseebahn, Heimstätten-Str. 2. - Schillings, C. G., Professor, Berlin, Friedrich-Str. 100. Schlüter, Wilhelm, Naturalienhändler, Halle a. S. Schneider, C., Rittmeister, Braunschweig, Petritor- Wall 19. - Schnöckel, J., Assistent an d. Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin N. 4., Invaliden-Str. 42. - Schöpf, Direktor des zoologischen Gartens in Dresden. - Schottländer, P., Dr. phil, Rittergutsbesitzer, Wessig b. Breslau, Post Hartlieb. - H. J. Schou, stud. phil, Berlin NW. 87, Nullen- weberstr. 8 II. - Schuler, F. W., Bayreuth, Park-Str. 12. - Freiherr Geyr von Schweppenburg, Hans, Hann. Münden, Wilhelm-Strafse. - Josef Graf Seilern, Grofs-Lukov (Mähren). - Selmons, Berlin-Fiedenau, Wieland-Str. 12 II. Stettiner Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn A. Rawengel, Stettin, Friedrich-Karl-Str. 23. Frl. Snethlage, E. Dr. phil., Assistentin am Museum Goeldi in Para, Brasilien. Herr Szielasko, Dr. med., Nordenburg. Kgl. Forstakademie Tharandt. Herr Teichmüller, B., Dr. Regierungsrat, Dessau, Beaumontstr. 4. Mitglieder-Verzeichnis. 117 1874. Herr Thiele, Hch., Forstmeister, Braunschweig. (Ausser- ordentliches Mitglied). 1901. - Thieme, Alfred, Lehrer, Leipzig, Johannis-Allee 7 II. 1899. - Thienemann, J., Dr. phil., Kustos an der zool. Sammlung der Univ. Königsberg, Leiter der Vogel- warte Rossitten a. d. Kurischen Nehrung. 1908. - Tischler, F., Gerichtsassessor, Losgehnen b. Barten- stein, Ostpreulsen. 1890. - von Treskow, Major a. D., Charlottenburg, Span- dauer Str. 29. 1868. - Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen, Victor, Villa Tännenhof bei Hallein. 1908. - Ulmer, Ernst, Rittergutsbesitzer, Quanditten b. Drugehnen. 1886. - Urban, L., Architekt u. Maurermeister, Berlin SW. 61. Blücher-Str. 19. 1908. - v. Versen, F., Rittmeister in Leib-Garde-Husaren- Regiment, Potsdam, Am Kanal 7. 1890. Frau Vieweg, H., geb. Brockhaus, Braunschweig. 1901. Herr Voigt, Alwin, Dr. phil., Prof., Leipzig, Färber-Str. 15. 1890. - Wendlandt, P., Kgl. Forstmeister, St. Goarshausen. 1907. - Otto Graf v. Zedlitz und Trützschler, Schwent- nig b. Zobten. Dem Herausgeber zugesandte Schriften. Annuaire du Musee Zoologique de l’Academie imperiale des sciences de St. Petersbourg. 1908 Nov. 3. The Auk. A. Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XXV. No. 4. 1908. Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. CXLV—CXLVI. 1908. The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (9.) II. 1908. Heft 4. Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunengebiet. Herausg. von Victor Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen. 19. Jahrg. Heft 5, 6. 1908. Ornithologische Monatsschrift. XXXIII No. 10-12. 1908. Zeitschrift für Oologie und Ornithologie. Herausg. H. Hocke. 18. Jahrg. No. 5-9. 1908. 118 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. R. Biedermann-Imhoof, Ornithologische Studien. Eutin 1908. (Selbstverlag des Verf.). R. Biedermann-Imhoof, Über Fufshaltung der Vögel im Fluge. Mit einer vom Verfasser nach frischem Materiale gezeich- neten Tafel. (Abdruck aus: Ornith. Jahrb. VI. Hft. 3.). . Boxberger, Vogelschutzgesetz (Guttentag’sche Sammlung Deutscher Reichgesetze No. 69. H. E. Dresser, On the Russian Arctic Expedition of 1900— 1903. Pt. VI. (Abdruck aus: The Ibis for October 1908). . Eckstein, Die fischereiwirtschaftliche Bedeutung der Vögel. (Abdruck aus: Deutsche Fischerei-Zeitung, Stettin). A. Haagner, The South African Birds of Prey. Their Economic Relations to Man. (Supplement to Journ. South African Ornith. Un. 1908). H. W. Henshaw, Does it pay the Farmer to Protect Birds? (Abdruck aus: Yearbook Dep. Agricult. 1907). <4 > P. Kollibay, Berichte des Vereins schlesischer Ornithologen. Zweiter Bericht (1906 und 1907). Neisse 1908. G. Krause, Oologia universalis palaearctica. Stuttgart. Lief. 41 — 47. E. Lampe, Über zwei seltene Gäste. (Somateria mollissima) und (Recurvirostra avosetia). (Abdruck aus: Jahrb. Nassau. Ver. Naturk. Wiesbaden 1908). H. Meerwarth, Lebensbilder aus der Tierwelt. Zweite Folge. Vögel. (Voigtländer, Leipig). Mushacke, Einige Betrachtungen über Vogelschutz, insbesondere Winterfütterung und Vogelschutzgehölze. (Abdruck aus: Die gefiederte Welt Hft. 12 und 13. 1908). O0. Natorp, Ornithologisches aus der Umgegend von Myslowitz (Abdruck aus: Orn. Mntschr. 33 No. 11). W. H. Osgood, The Game Resources of Alaska. (Abdruck aus: Yearbook of Department of Agricult. for 1907). T.S. Palmer and H. Oldys, Game Laws for 1908. Farmers Bulletin 336. Washington. 1908. C. Parrot, Verhandlungen der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern. 1907. Bd. VII. E. A. Preble, Birds of the Athabaska-Mackenzie Region. (North American Fauna. No. 27). Washington. 1908. E. Rössler, Hrvatska Ornitoloska Centrala. Agram. 1908. G. E. F. Schulz, Natur-Urkunden. Biologisch erläuterte photo- graphische Aufnahmen frei lebender Tiere und Pflanzen. Berlin. Heft 5—8. Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 119 W. Schuster, Warum nimmt der Schwarzspecht in den Wäldern rund um die Wetterau zu? — Der hessische Vogelsberg als Dorado der Welt-Gimpelzucht (Pyrrhula vulgaris). (Abdruck aus: Wetterau. Ges. f. ges. Naturk. 1908 Jubil.-Heft). W. Schuster, Wie stellen sich die Naturforscher zu den ornith’ Anzeichen auf eine wiederkehrende Tertiärzeit. (Abdruck aus: Jahrb. Oberhess. Ges. f. Naturk. Giessen). W. Schuster, Weitere ornithologische Anzeichen einer wieder- kehrenden Tertiärzeit. (Abdruck aus: Mitt. Österr. Reichb. f. Vogelk. u. Vogelschutz Wien VIII. Jahrg.). W. Schuster, Wertschätzung der Vögel. Dem heutigen Stand- punkt der Wissenschaft entsprechend dargestellt und mit sechs erschöpfend ausführlichen Tafeln versehen. Stuttgart, Franckh’scher Verlag. R. Snouckaert van Schauburg, Avifauna Neerlandica. Lijst der tot dusverre in Nederland in wilden staat waargenomen Vogelsoorten. Leeuwarden, 1908. R. Snouckaert van Schauburg, Ornithologie van Nederland. Waarnemingen van 1 Mei 1907 tot en met 30 April 1908. Abdruck aus: Tijdschr. Ned. Dierk. Vereen. (2.) DI. XI. Afl. 1). E. W. Suomalainen, Kallaveden seudun linnusto Topografinen tutkielma. (Abdruck aus: Acta Soc. pro Fauna et Flora fennica 31. No. 5 1908). J. Thienemann, Etwas über den Zug des Storches. (Abdruck aus No. 24 der Georgine 11 Sept. 1908). J. Thienemann, Bitte an alle Schnepfen-Jäger und Beobachter. (Abdruck aus: No. 33 der Georgine, Land- und Forstwirtsch. Zeitung vom 13. Nov. 1908). Nützliche Vogelarten und ‚ihre Eier. 48 prächtige Bilder auf 25 Tafeln mit Text. 46. bis 51. Tausend. Halle a. S. H. Gesenius. Schädliche Vogelarten. 35 prächtige Bilder auf 24 Tafeln mit Text. 19—24. Tausend. Mit einem Anhang: Vogelschutz- gesetz vom 30. Mai 1908. Halle a. S. H. Gesenius. % HE! tar x SE® Er On T\ ) IA 0% 120 Verlag von J. Neumann, Neudamm. Durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Die Vögel Afrikas. Von Ant. Reichenow. Drei Bände Lexikonformat mit Atlas. Preis 320 Mark. Die Kennzeichen der Vögel Deutschlands. Schlüssel zum Bestimmen, deutsche und wissenschaftliche BENPNNURGEN, geographische Verbreitung, Brut- und Zugzeiten der deutschen Vögel. Von Ant. Reichenow. Preis geheftet 3 Mark, geschmackvoll gebunden 4 Mark. Im Verlage von R. Friedländer & Sohn, Berlin, Carlstr. 11 erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen Urnithologische Monatsberichte herausgegeben von Prof. Dr. Ant. RBeichenow. Preis jährlich 6 Mark. Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein ergänzendes Beiblatt zum Journal für Ornithologie. In monatlichen Nummern bringen sie Aufsätze systematischen, faunistischen und biologischen Inhalts, Referate über die neu erscheinende Literatur, Nachrichten über Reisen, Museen, zoologische Gärten und Privatsammlungen. Ein sachlich geordneter Index am Schlusse des Jahrganges gibt eine bequeme Übersicht über die Jahres- literatur. Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen. Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. JOURNAL ORNITHOLOGIE Siebenundfünfzigster Jahrgang. No. 2. April. 1909. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien, speziell dem Chott-Gebiete. Von ©. Graf Zedlitz. (Hierzu Taf. VI). Es ist durchaus nicht meine Absicht, im folgenden eine vollständige Aufzählung der tunesischen Ornis zu geben. Die wäre überflüssig, nachdem eine derartige umfassende Arbeit soeben erst im Jahre 1905 aus der Feder eines der besten ornithologischen Kenner Nordafrikas, des Engländers Whitaker, unter dem Titel „Ihe Birds of Tunisia“ uns geboten worden ist. Ich möchte nur die Vögel aufzählen, von denen ich aus eigener Erfahrung zu berichten weils und insbesondere biologische Notizen daran knüpfen. Auf einige Erfahrung in diesem Gebiet mache ich in aller Bescheidenheit Anspruch, da ich drei Reisen nach Tunesien als Sammler und Beobachter hinter mir habe. Die Daten meines Aufenthaltes in diesem sehr interessanten Lande sind folgende: Im Jahre 1904 vom 19. Februar — 28. März, also 38 Tage, 1905 ;,.. 7, März — 15. Mai, ,„ 69 Tage, 1906, "5l@Januar '— 12, April, „ 97 Tage; insgesamt 204 Tage oder fast 7 Monate. In meiner Veröffentlichung schliefse ich mich möglichst an das Whitaker’sche Werk an, um das Nachschlagen dort zuerleichtern. Aus diesem Grunde adoptierte ich auch die dort gebrauchten, oft älteren Namen, soweit mir nicht aus besonderen Gründen die- selben direkt unzureichend erschienen, sodafs ich sie durch ternäre Nomenklatur ersetzen mufste. Bei diesem engen Anschluls an das englische Werk habe ich geglaubt, mir im allgemeinen Zitate und Wiederholungen aus demselben als überflüssig ersparen zu können, hingegen liefs sich des öfteren ein Hinweis auf andere bekannte Autoren nicht umgehen, so besonders auf unsere deutschen ornithologischen Erforscher Tunesiens, Professor König und’ C. Journ, f. Orn, LVII, Jahrg. April 1909, 9 122 O0. Graf Zedlitz: von Erlanger. Auch auf einige französische und englische Ver- öffentlichungen älteren Datums mufste nicht selten Bezug genommen werden, sei es auch nur, um zu betonen, dafs sie die betreffende Art schon unter den Vögeln des Gebietes aufgeführt haben. Ich schicke deshalb bei jeder Nummer eine kurze Aufzählung der Namen voraus, welche mir für den einschlägigen Fall besonders wichtig erscheinen; bei den angeführten Autoren ist dann die vollständige Synonymik nachzulesen. Besonders empfehlenswert für jeden, der sich mit der Literatur über das Atlasgebiet beschäf- tigen will, ist die im J. f. OÖ. Januar-Heft 1906 p. 100—143 erschienene Arbeit: „Beiträge zur ornithologischen Bibliographie des Atlas-Gebietes‘“ von H. Schalow, unserem verehrten Altmeister. Hier findet man mit äufserster Übersichtlichkeit und Knappheit, dabei mit bewundernswerter Gründlichkeit, alles zusammengestellt, was bisher über dieses hochinteressante Thema veröffentlicht wurde. Von einem kleinen Teil der dort aufgeführten Werke, auf welche ich häufig werde Bezug nehmen müfsen, seien hier anschliefsend die vollständigen Titel angegeben. Ich werde mir dann bei späteren Hinweisen erlauben, dieselben nur abgekürzt durch den Namen des Autors und die Jahreszahl zu benennen. Ich mufs mich, wo es angängig ist, möglichster Kürze befleifsigen, ist mir doch schon wieder meinen Willen diese Arbeit unter der Feder zueinem Volumen angewachsen, das mich schier unbescheiden dünkt. Trotzdem ist das Gebotene, wie ich schon eingangs andeutete, vielfach lückenhaft, aber wenigstens kann ich volle Garantie für absolute Zuverlässigkeit übernehmen, fremde Mittei- lungen aus unsicheren Quellen habe ich grundsätzlich ausgeschaltet. Dafür sind jagdliche Reminiszenzen und landschaftliche Schilde- rungen hie und da mit eingeflochten, beides gehört m. E. gewisser- mafsen mit zur biologischen Charakteristik der Tiere. Ich hoffe und wünsche, dafs auf diese Weise der Gesamt-Eindruck etwas von der „Trockenen Wissenschaftlichkeit“, die so oft gerügt wird, verlieren, dafür aber an Klarheit und Anschaulichkeit nichts einbüfsen möge. Titel einiger besonders wichtigen früheren Veröffentlichungen über die Ornis der Atlasländer. A. Malherbe 1846. ‚Catalogue Raisonne d’Oiseaux de l’Alg£rie, comprenant la description de plusieurs especes nouvelles, precede d’une notice sur le genre Dinornis. Erschienen in „Memoires de la Societe d’Histoire naturelle du Dep. de la Moselle“ Metz. 1846. A. Malherbe 1855/56. „Faune ornithologique de l’Algerie‘‘, er- schienen im „Bulletin de la Societ@ d’Histoire naturelle du Departement de la Moselle.“ Capitaine Loche 1858. „Catalogue des Mammiferes et des Oiseaux, observes en Algerie‘“ sowie Supplementliste „Liste suppl&men- taire pour les Oiseaux, qui nous ont &t@ signal&s comme se Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 128 trouvant en Algerie, mais que nous n’y avons pas encore rencontres.“ Gründet sich auf die Classification des Prinzen Charles Lucian Bonaparteim naturhistorischen Museum in Paris. Capt. Loche 1867. Fufsend auf den Resultaten der Exploration scientifique de l’Algerie und als Text zu dem Atlas von Le- vaillant (1851) erschien nach Jahren die „Histoire naturelle des Oiseaux‘“ als II. Teil des grofsen Werkes „Exploration scientifique de l’Algerie pendant les anndes 1840—42 publide par ordre du Gouvernement et avec le Concours d’une commission academique.“ 1) Reverend H. B. Tristram Ibis 1859. „Characters of apparently new species of Birds collected in the great Desert of the Sahara, southward of Algeria and Tunis“ vorausgeschickt auf Seite 57—59. Vol. I. Die grofse zusammenhängende Arbeit in 5 Teilen des Verfassers im Ibis 1859 und 1860 ist betitelt: „On the Ornithology of Northern Africa.“ Salvin Ibis 1859. Five Months’ Birds’-Nesting in the Eastern Atlas.“ Tristram 1860 London: „The great Sahara“, Wanderings south of the Atlas Mountains by H. B. Tristram. „Catalogue of Birds, British Museum“ von Sharpe, Saunders, Ogilvie-Grant u. a. Temminck 1815 „Manuel d’Ornithologie.“ Dresser 1871—1881 „A History of the Birds of Europe.“ Whitaker: Ibis 1894—1898 einzelne Veröffentlichungen. derselbe: 1905. „The Birds of Tunisia.“ König. Journal für Ornithologie 1888 und 1892/93 „Avifauna von Tunis.“ J. f. O. 1895/96 „Beiträge zur Ornis Algeriens.“ C. von Erlanger J. f. ©. 1898—1900 „Eine ornithologische For- schungsreise durch Tunesien.“ Hartert: Nov. 1903 — März 1907 die ersten vier Lieferungen von: „Die Vögel der paläarktischen Fauna.“ Familie: Turdidae. Unterfamilie: Turdinae. Turdus merula L. Deutsch: Schwarzdrossel, Amsel, französisch: merle noir, arabisch: Tird assued. Turdus merula Linne Syst. Nat. Ed. X. 1758 p. 170. — Turdus merula (L.) Malherbe 1846/55. — Merula vulgaris (Leach). König 1888/93/95. — Merula merula (L.) v. Erlanger J. f. O. 1899. S. 246. — Turdus merula (L.) Whitaker 1905. 1) Tristram hat als letzter Forscher in der Nord-Sahara den Strauls gefunden und sogar frische Eier desselben. 9x 124 O0. Graf Zedlitz: Die Schwarzdrossel ist Wintergast im Gebiet südlich des Atlas, wo ich sie z. B. im Februar 1904 häufig bei Gafsa ge- sehen habe. Im späteren Frühjahr und Sommer ist sie mir nie mehr zu Gesicht gekommen. Genau dieselben Beobachtungen wie ich hat v. Erlanger gemacht. König erwähnt 1888 die Amsel als Standvogel für Nord-Tunesien. In der Veröffentlichung seiner beiden späteren Reisen stellte er sie als häufigen Brutvogel noch im mittleren Tunesien, Dj. Batteria, sowie im südlichen Algerien in El Kantara und Biscra fest. Sie geht also im Westen offenbar etwas weiter südlich, soweit es sich um Brutvögel handelt. Wie so häufig, sind auch bei diesem Vogel die von König ge- sebenen biologischen Notizen über den Gesang, besonders die Imitation des Steinhahns so interessant, dafs ich besonders darauf hinweisen möchte. Monticola sasxatilis L. Deutsch: Steinrötel, französisch: merle de roche, arabisch: Sramram. Turdus saxatilis Linne 1766, p. 294. — Petrocincla sexatilis (L.) Malherbe 1846/55. Monticola sazxatilis (L.) Tristram 1859; König 1892/95; v. Erlanger 1899. p. 243; Whitaker 1905. Der Steinrötel berührt unser Gebiet auf dem Zuge, bei welcher Gelegenheit ihn auch v. Erlanger Mitte April 1897 be- obachtete. Gleichfalls Mitte April 1905 wurden einige Exemplare am Dj. Sidi Aich gesehen, doch gelang es mir nicht, eins davon zu erlegen. Auch als Durchzugsgast ist der Vogel wohl selten zu nennen. Spatz erhielt früher hier und da einzelne Stücke, be- stätigte mir aber ihre Seltenheit. Ein Pärchen, welches Spatz bekam, erwähnt auch König 1892. Keinesfalls glaube ich, dafs diese Art in Süd-Tunesien brütet. Monticola ceyanus (L.) Deutsch: Blaumerle, franz.: merle bleu, arab.: Tuttow-Khifan (nach Tristram). Turdus cyanus Linne, 1766, p. 296; Malherbe 1846. — Petrocincla cyanea Malherbe 1855. — Monticola cyanea Tristram 1859. — Monticola cyana (Boie) König 1888/92/95. — Monticola cyanus (L.) v. Erlanger 1899; Whitaker 1905. In den Jahren 1905 und 1906 habe ich in den Gebirgen nördlich und westlich von Gafsa die Blaumerle, wenn auch nicht häufig, so doch in mehreren Exemplaren beobachtet. Das Q' lenkt schon von weitem durch den Gesang die Aufmerksamkeit auf sich. König meint (88), der Gesang sei weniger voll und die Strophe kürzer als in Italien, ich kann es nicht beurteilen, da ich nicht in letzterem Lande war. Stets habe ich den Vogel Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 125 sehr scheu gefunden, was auch König bestätigt. Gelege fand ich ebensowenig wie K. auf seiner ersten Reise. Auf seiner zweiten Tunistour erhielt er ein Ei vom Dj. Batteria aus der Gegend von Sousse, das er als licht grünblau mit ganz vereinzelten kleinen roten Punkten (2,7 : 2 cm) beschreibt. Mehrere gesammelte vollständige Gelege sind dann im Reisebericht 1895 von Batna in Algerien erwähnt. v. Erlanger hält den Vogel für häufig in Nord- und Mittel-Tunesien, weniger im Süden, und stimmt darin ganz mit meinen Beobachtungen überein. Das er doch vereinzelt im Süden brütet, halte ich nach dem regelmälsigen Balzgesang für nahezu sicher, und es ist fast unmöglich, in den riesigen Felswänden das Nest zu finden. Unterfamilie: Saxicolinae. Sasxicola oenanthe L. Deutsch: Grauer Steinschmätzer, franz.: Motteux cul-blance oder Motteux vulgaire. — arab.: Nhaisch. Saxicola oenanthe Linne Syst. Nat. Ed. X 1758, p. 186; Malherbe 1846/55; König 1888/92/95; v. Erlanger 1899, S. 281; Whitaker 1905. Dieser nordische Steinschmätzer erscheint auf dem Durch- zuge im Frühjahr von Mitte März an, ist dann stellenweise häufig, bisweilen aber sehr spärlich vorkommend. v. Erlanger hat erstaun- licherweise kein einziges Stück sammeln können, König erwähnt ihn 1888 als in Nord-Tunesien spärlich auf dem Durchzuge, dann 1892 als häufig bei Monastir und ebenso 1895 als von Mitte März an auf dem Zuge in Süd-Algerien zahlreich beobachtet. Obwohl gerade in derselben Gegend wie Erlanger sammelnd, kann ich. mich den König’schen Erfahrungen nur vollkommen anschliefsen- Ich lasse einfach die Daten der in meiner Balg-Sammlung befind, lichen Suite folgen: 24. III. 04. erste Q' bei Gafsa. 21. III. 05 erste J' im östlichen Segui, dann 22. III. S' im mittleren Segui. 6. IV. 29 bei Madjen el Fedj, 14. IV. Q bei EI Hafeg (Nord); 30. III. 06. erste 9' bei El Guettar, sehr viele an dem Tage gesehen, 6. IV. S' am Dj. Sidi Aich. In den letzten März- und ersten Apriltagen der beiden letztgenannten Jahre hätte ich mit Leichtigkeit die dreifache Zahl sammeln können. Ich mufs diesen Steinschmätzer als recht häufig um diese Jahreszeit im Gebiet bezeichnen, er brütet aber dort nicht, so viel ich weils, Saxicola isabellina (Büpp.) Deutsch: Isabell-Steinschmätzer, franz.: Motteux isabelle, arab.: Boudjahar (allgemeiner Name für Steinschmätzer). Sazwicola isabellina Rüppell Zool. Atlas 1826, p. 52. — Dromolaea isabellina (Bp.) Loche 1867. — Sazicola isabellina (Cretzschm.) v. Erlanger 1899, S. 231; Whitaker 1905. 126 0. Graf Zedlitz: Von den meisten Autoren ist dieser Steinschmätzer für Tunesien gar nicht erwähnt, insbesondere König hat ihn offenbar nicht angetroffen, ebensowenig Malherbe, Tristram u. A. Die oben angeführten Autoren nennen ihn selten, so hat Erlanger nur ein Q' am 8. IIl. 97 am Dj. Tfell bei Gafsa zu Gesicht bekommen. Ich hege den Verdacht, dafs wohl hie und da ein 8. isabellina fälschlich für ein Q von $. oenanthe gehalten und deshalb nicht gesammelt werden mag. Ich will auch gestehen, dafs dieser schwarze Gedanke daraus entspringt, dafs es mir selbst zuerst so gegangen ist. Nur meinem Prinzip, von unscheinbaren kleineren Vögeln möglichst jedes Q@ mitzunehmen, dessen ich habhaft werden kann, verdanke ich die beiden ersten 5. ösabellina, denen dann noch 2 andere folgten. Erlegt wurden die Stücke am 22. Ill. 05. im Segui 9, am 18. III. 06. bei Gabes o' und 9, am 17. Ill. 06. ebenda 9. Ich bin über diese kleine Suite des recht seltenen Vögelchens für das Chott-Gebiet sehr erfreut. Saxicola stapazina (L.) Deutsch: Schwarzohriger Gilbsteinschmätzer (östl. Art), französisch: Motteux oreillard, arabisch: Boudjahar, Nhaisch: Motacilla stapagzina Linne 1766, p. 331. — Oenanthe albicollis Vieill.e 1818. — sSazxicola aurita, Temminck 1820; Seebohm Cat. Birds Br. Mus.; König 1888/92; Whitaker Ibis 1895. — Sazxicola albicollis Loche 1867. — 8. stapazina Dresser Birds of Europe 1874. — 8. aurita amphileuca (Hempr. u. Ehr.) v. Er- langer 1899, S. 224. — S. stapazina Salvadori Ibis 1904, S. 77. ff. — S. aurita Kollibay J. f. O. 1905. — S. stapagina Whitaker 1905. Zunächst bitte ich, sich die kleine Mühe zu nehmen und jetzt gleich die bald folgende Synonymik von Sawicola occidentalis (Salv.) mit der vorstehenden zu vergleichen. Man wird sehen, dafs mit den Namen der beiden unglücklichen Vögel eine heil- lose Verwirrung angerichtet und insbesondere dals „stapazina“ und „aurita“ mit Vorliebe durcheinander geworfen worden ist. Es ist wirklich nicht ganz leicht, sich hier zurecht zu finden, und das Verdienst Salvadoris, endlich Klarheit geschaffen zu haben. Neuerdings hat nun Whitaker die westliche Form als Sazxicola caterinae von der östlichen alten Form Saxwicola stapasina (L.) neu abgetrennt; schon früher hatte wiederum Erlanger den von ihm als aurita bezeichneten Vogel in eine östliche Subspecies S. aurita amphileuca (Hempr. und Ehr.) und eine westliche $. aurita aurita (Tem.) getrennt, diesmal die westliche als Stamm- form annehmend. Ich selbst kann mich mit dieser Teilung nach den Stücken meiner Sammlung nicht ganz einverstanden erklären, wenigstens nicht für Südtunesien. Des Näheren werde ich darauf bei 5. caterinae eingehen. Schon bei $. stapazina und $, occiden- Ornithologische Beobachtungen in Tunesien. 127 talis liegt der ganze Unterschied nur in der etwas abweichenden Färbung, biologisch stimmen sie ganz überein, zieben zu gleicher Zeit und gemeinsam, haben dieselben Brutreviere und sollen sich nach Kollibay’s Beobachtungen an der Bocche di Cattaro sogar verbastardieren. Einzelne Forscher behaupten, S. stapazina sei stets erheblich kleiner als 8. occidentalis, ich kann den Gröfsen- Unterschied nicht konstant finden, wie folgende Messungen zeigen: S. stapazina SEE IN408.. 8 1: EV} 052 SLOW. 105. | 9% 7. IV.03. 14,7 cm 14,8 cm 15, cm 15, cm Länge 8,9 „ gl ,„ 9,5 „ g: „ Flügel 61 „ 6,1 „ Ga, 6,2 ,„ Schwanz 1,6 „ 15 „ 1,6 „ 1,5 „ Schnabel S. occidentalis 8.6. IV. 05. g 2. IV. 0. 14,5 cm 15,5 cm Länge ee 9,3 „ .‚Elügel Ber 6, ,„ Schwanz 16. 1,6 ,„ Schnabel. Aus den beigefügten Daten der Erlegung geht auch hervor, dafs beide Arten zu gleicher Zeit in den ersten Tagen des April auf dem Durchzuge unser Gebiet besuchen; dafs sie als Brutvögel dort bleiben, habe ich nicht konstatieren können, einzelneExemplare sieht man allerdings noch spät im April. Ich stimme hier mit Erlanger überein, der sie ebenfalls nicht für Brutvögel südlich der Atlaskette hält, übrigens hat er nur ein 9° am 31. Ill. 97. am Dj. Sidi Aich erlegt. Bei Monastir hingegen weiter nördlich hat König nach seiner Beschreibung (1892) den $. stapazina (bei ihm aurita) mehrfach als Brutvogel angetroffen. Den ersten Vogel sah er dort am 15. III. 91., dann vom 22. III. viele und fand sie im Aprilangepaart, bald darauf brütend. Auch genaue Beschreibung der Nester ist dort nachzulesen. Bei Monastir soll diese Art häufiger sein als die schwarzkehlige 8. occidentalis. Bei allen Gilbstein- schmätzern fand ich auch auf dem Zuge eine ausgesprochene Vorliebe für steinige recht unfruchtbare Hänge und einzelne niedere Dornsträucher. Fast stets traf man sie am Fuls der Gebirge oder in den Vorbergen, bisweilen ziemlich hoch hinauf, dagegen sah man sie kaum inmitten der flachen grasigen Steppen, welche wiederum von S. oenanthe, S. isabellina, S. moesta und 8. deserti entschieden bevorzugt werden. Sasxicola caterinae (Whit.) Westliche Form der vorigen. Sazicola caterinae Whitaker Ibis 1898 S. 624; Erlanger J. f. O. 1900. 128 O0. Graf Zedlitz: Nach der von mir gesammelten Suite und Vergleich mit anderen Exemplaren kann ich mich, wie schon oben gesagt, mit der Trennung der beiden Formen nicht recht befreunden. Ich möchte annehmen, dafs die Färbungs-Unterschiede sich mehr nach dem Alter der Individiums als nach der Gegend richten. In Süd- Tunesien kommen jedenfalls männliche Vögel mit schwarzer Stirn- binde, ohne Stirnbinde und Mittelformen sowohl im Osten wie im Westen vor. Ich gebe aber zu, dafs dieses Land, welches doch vorzugsweise nur auf dem Zuge berührt wird, nicht geeignet ist, um abschliefsende Untersuchungen zu unternehmen, man mülste dazu naturgemäfs die Brutgebiete wählen. Will man 8. caterinae als selbständige Subspecies belassen, so wird man jedenfalls bei manchem Vogel aus Tunesien im, Zweifel sein, wohin man ihn rechnen soll, denn die Zahl der Übergangsformen ist grofs. Saxicola oceidentalis (Salvad.) Deutsch: Schwarzkehliger Ohrensteinschmätzer,; französisch und arabisch wie voriger. Oenanthe stapazina Vieill. 1818. — Sazxicola stapazina Temminck 1820; Seebohm Cat. Birds Br. Mus.; Loche 1867; König 1888/93; Whitaker Ibis 1894/95. — Sazxicola stapazina stapazina (L.) westl. Form und $. st. amphileuca (Güld). östl. Form Erlanger 1899, p. 222. — 8. stapazina Kollibay J. f. O. 1905. — 8. occiden- lalis Salvadori Ibis 1904, p. 78; Whitaker 1905. Wegen der Beziehungen zu S. stapazina verweise ich auf die obigen Ausführungen, möchte in systematischer Hinsicht dabei nochmals besonders Salvadori’s Aufsatz im Ibis 1904 sowie in biologischer Kollibay’s Bericht über die Vögel der Bocche die Cattaro (Brutgebiet!) im J. f. ©. 1905 hervorheben. Aus meinen Beob- achtungen kann ich einen anderen als den Färbungs-Unterschied zwischen 8. occidentalis und 8. stapazina nicht angeben. Beide erscheinen gleichzeitig Anfang April, werden von Mitte des Monats an wieder seltener und konnten als Brutvögel für das Chott-Gebiet und die Landesteile südlich des Atlas nicht festgestellt werden. Mit König stimme ich darin überein, dafs $. occidentalis auf dem Zuge wohl etwas seltener ist als sein Verwandter. Interessant war mir, bei beiden zu beobachten, wie sehr die Zahl der g' überwiegt, in den ersten Tagen des Zuges sieht man überhaupt nur 9', später © in verschwindender Anzahl, von $. occiden- talis habe ich trotz grolser Aufmerksamkeit überhaupt kein © sammeln können. Es ist also hier ein wesentlicher Unterschied gegen die gleichfalls durchziehenden S. oenanthe zu bemerken, bei welchen die Q wohl ebenso häufig waren als die 9; bei ®. isabellina habe ich sogar mehr Q als Q' gesammelt, doch will dafs bei der geringen Zahl nicht allzuviel sagen. Im Innern von Mittel-Tunesien konnte König auf seiner Reise 1891 auch $. oceidentalis (dort stapazina genannt) als . © Aa Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 129 Brutvogel, wenn auch selteneren, konstatieren, die Eier sind von ihm beschrieben als lichtblau mit grofsen braunroten Punkten, welche das stumpfe Ende kranzartig umgeben, Mafse 2,1: 1,6 cm. Bestimmt betonen möchte ich, dafs ich niemals ein Exemplar von 8. occidentalis, stapazina oder caterinae in unserm Gebiet überwinternd angetroffen habe. Sasxicola deserti (Rüpp.) Brsch: Wüsten-Steinschmätzer, franz.: Motteux du desert, arab.: wie vorige. Sazwicola deserti Rüppell 1825. — Sazxicola homochroa Tristr. 1859. SS. deserti Loche 1867; König 1888/93/95; Whitaker Ibis 1894; v. Erlanger 1899; Whitaker 1905. Der Wüsten-Steinschmätzer ist im Gegensatz zu den bisher angeführten Arten absoluter Standvogel für Südtunesien. An den ihm zusagenden Stellen der ödesten flachsten Steppe, in salzhaltigen Senkungen (Sebkhras), wo sonst kaum ein Vogel sich zeigt, sobald der letzte tropfen Wasser verdunstet ist, im Flugsande und auf dem Steingeröll der flachen welligen Erhebungen, welche das weite Segui durchziehen, dort überall findet man ihn Winter wie Sommer und zwar meist in Paaren auch in der kalten Jahreszeit. Dabei brütet er nicht vor Ende März nach v. Erlanger, nach meinen Beobachtungen der Regel nach erst Anfang Mai; so habe ich vom 9. Mai 05 bei Gabes ein ganz frisches Gelege mit 5 Eiern, das Q@ dazu besitze ich auch. Ebenso fand König 1891 bei Ouderef frisches Gelege von 3 Eiern, Mafse a 1,9: 1,5, b. 2 6.1.92 14.cm, Die Eier sind sehr zartschalig, blafsblau mit wenigen sehr feinen rostroten Pünktchen nach dem stumpfen Ende zu. Das Nest steht nach meiner Beobachtung seitlich in einem etwa fufshohen Wüstenstrauch, keineswegs besonders versteckt, König fand es in einer Uferwand, schon auf einige Entfernung leicht sichtbar. Die wohl nördlichste Verbreitungsgrenze unseres Schmätzers dürfte ebenfalls König mit 28 klm südlich El Djem gefunden haben, jedenfalls stimmen alle Beobachter darin überein, dafs es ein ausgesprochener Steppen- bezw. Wüstenbewohner ist, der jede Kultur meidet. Sehr drastisch kann man dies unmittelbar bei Gabes sehen: bis zur letzten Gartenhecke, zum letzten kleinen Rinnsal sah ich in der Oase nie einen Wüstenschmätzer, andere Beobachter ebenso wenig, aber kaum war man einige hundert Schritt auf der Strafse nach Ouderef oder Kebilli in die dort sehr sandige Steppe vorgedrungen, so safsen auch schon die ersten dieser Vögelchen am Wege. Durchaus bestätigen Kann ich nur, was König und Erlanger von ihrer grofsen Zahmheit sagen. Ich glaube, dafs sie direkt das Lager der Karavane aufsuchen, um dort etwas für sich zu finden, wie ja auch König von seiner algerischen Reise berichtet, dafs diese Schmätzer die Federn 180 O0. Graf Zedlitz: gerupfter Vögel sich immer frischweg aus dem Lager zum eigenen Nestbau holten, den sie ohne alle Scheu vor dem Menschen fortsetzten. Wie oft habe ich mich an diesen Vögelchen erfreut, wenn während der Mittagpause man ihren Besuch erhielt, sie kommen dann dem rastenden Menschen bis auf wenige Meter nahe, ähnlich den Sperlingen in unseren Sommerlokalen, nur dals sie unendlich viel zier- licher und graziöser sind. Der bevorzugte Sitzplatz der J' ist eine trockene Distel oder ähnliche Staude, immer will der kleine Kerl möglichst freisich zeigen, entfernt sich aber nicht gern gar zu sehr vom Boden. Vom Februar an lälst er dann eifrig sein anspruchsloses nied- liches Liedchen erschallen, während dasQ dicht unter der Staude oder auf einem benachbarten Distelkopf verständnisvoll zuhört; dann beginnt wohl ein lustiges necken, wie Schmetterlinge flattern beide über den Boden hin, sich jagend und haschend, bis nach wenigen Sekunden beide wie auf Kommando sich wieder gleichzeitig auf zwei Büschen einschwingen und das Konzert seinen Fortgang nimmt. Dafs dieses muntere zutrauliche Vögelchen so zahlreich gerade die ödesten verlassensten Partien unseres Gebietes bewohnt, trägt wesentlich dazu bei, sie fürden durchmarschierenden Tierfreund erträglicher ja bisweilen fast reizvoll zu machen. Bei der Zutraulichkeit des Vogels ist es kinderleicht, eine beliebig grofse Suite von Exemplaren beiderlei Geschlechtes zu sammeln. Schiefst man eins vom Pärchen, so bleibt das andere fast stets neben dem Gefallenen auf wenige Schritte sitzen. Ich muls sagen, dafs ich ordentlich froh war, als ich genügend viel Stücke beisammen hatte, um mich künftig mit gutem Sammler- Gewissen nur noch an den lebenden Tierchen erfreuen zu können. Saxicola moesta (Licht.) Deutsch: Schlupf-Steinschmätzer, französich: Rieur ä tete grise, arabisch: Boudjahar assoued (dunkler Schmätzer). Sazxicola moesta Lichtenstein Verz. Doubl. p. 23, 1823. — Dromolaea isabellina Loche 1867. — Sazxicola philothamna Tristram 1859. — Sazxiacola moesta Seebohm Cat. Br. Mus.; König 1893; Whitaker Ibis 1894/98; v. Erlanger 1899; Whitaker 1905. Auch dieser Schmätzer ist Standvogel in Süd-Tunesien, doch sieht man ihn während des Winters erheblich seltener als vom Monat März an. Es kommt hinzu, dafs mit dem Beginn der Paarungszeit, etwa von den letzten Februartagen an, das Q' durch lebhaften ziemlich lauten Gesang sich bemerkbarer macht als vor- her. Eigentlicher Zugvogel ist er jedenfalls nicht, denn einzelne Stücke habe ich regelmäfsig im Januar beobachtet. Der Lieblings- Aufenthalt des Schlupf-Steinschmätzers sind steinige Teile der Steppe, das Hochgebirge meidet er im Gegensatz zu anderen Gattungsgenossen wie 5. stapaeina, occidentalis, lugens, völlig, selbst die Vorberge sind ihm nicht sympatisch, dafür bevölkert er um so reichlicher die steinigen Schutthalden, welche den Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 181 Übergang der Lehmsteppe zu den Vorbergen bilden, häufig aber auch mitten in der Ebene auf flachen Bodenwellen sich entlang ziehen. Ein Dorado für diesen Vogel ist z. B. die nähere Um- gebung von El Guettar, wo auf kaum merklich ansteigendem Ge- lände die losen Steine so dicht gesät sind, dafs man meist keinen Boden mehr dazwischen sieht. Auch die Gegend von Onderefin der Richtung auf den Dj. el Meda sagt ihm sehr zu, ebenso die nächste Umgebung von Gafsa nach Osten und Westen hin. Auch weit im Süden habe ich ihn unmittelbar an der Küste auf dem Hoch- plateau oberhalb der Steilküste von Bou grara angetroffen, dort am 17. Februar schon singend. Meine Beobachtungen in dieser Beziehung stimmen ganz mit dem überein, was von Erlanger über das Verbreitungsgebiet gesagt wird. König hat den Vogel nur auf seiner Reise 1891 bei Ouderef gesaınmelt. Seinen Namen macht der Schlupf-Steinschmätzer volle Ehre. Die unzähligen Rattenlöcher der Steppe sind sein bevorzugtes refugium. Geflügelt verschwindet er sofort in solch einem Bau, wie zu König seinem Kummer erfahren mulste und ich selbst gleich beim ersten geschossenen Exemplar sehen konnte. Das Nest wird ebenfallsstetstiefin derartigen engen Löchern angelegt, sodals essehr schwer ist, dasselbe in dem steinharten Lehmboden auszugraben. Der beste Beweis dafür ist, dafs Erlanger kein Gelege hat sammeln können; das ist mir übrigens ein Trost, denn ich bin auch nicht glücklicher gewesen. Die Brutzeit ist früh im Jahr, da König am 4. V. 91 ein ausgewachsenes junges Exemplar bei Gabes erlegte. Von diesem stammt wohl die erste Beschreibung des Jugendkleides. Dieser Schmätzer wird nur an besonderen Lieblingsorten häufiger angetroffen, dann wieder sieht man Tage lang kein Stück, ich möchte ihn deshalb für das ganze Gebiet als nicht gerade gemein bezeichnen. Für Tunis wurde der Vogel zuerst von Alessi 1890 nachgewiesen. Sasxicola lugens (Licht.) Deutsch: Trauer-Steinschmätzer, französich: Motteux en deuil, arabisch: Boudjahar. Sazxicola lugens Lichtenstein Verz. Doubl. p. 33. 1823. — Sawicola erythraes« Hemprich und Ehrenberg 1833. — Sazicola halophila Tristram Ibis 1859. — Sazicola lugens Loche 1867; Spatz und von Erlanger Orn. Monatsberichte 1894; Whitaker Ibis 1895; König 1895. — 8. lugens halophila v. Erl. 1899. — 8. halophila Whitaker 1905. Zunächst einige Worte über die Nomenklatur. Hemprich und Ehrenberg sowie Tristram haben Q und junge {* als 8. erythraea bezw. halophila abgetrennt. Dieser von König im J. f. O0. 1895 S. 376—385 nachgewiesene Irrtum, war s. Z. von Dresser übernommen worden, dann schon einmal von Seebohm und auch Dixon berichtigt worden. Trotzdem bleibt Whitaker bei dem 132 O0. Graf Zedlitz: Namen halophila, dem ich mich in diesem Falle nicht anschliefsen kann. Von allen bisher erwähnten Sazxicolen hat diese ihre eigent- liche Heimat am weitesten südlich, nach Erlanger an der Grenze zwischen Gebiet III und IV, nach König in der Wüste bei Bis- cra und auch südlicher, doch dann wieder sehr selten. Malherbe kennt sie deshalb ebensowenig wie $. moesta. Auch der Trauer-Steinschmätzer hat ein charakteristisches Gelände, das er bevorzugt, es sind dies steinige, ganz vegetations- arme Hänge, welche aber nicht in der Steppe, sondern in den Randgebirgen liegen, etwa dieselben Ortlichkeiten, welche 8. stapagina auf dem Zuge gern aufsucht. Von den als Standvögel im Gebiet lebenden Schmätzern ist er derjenige, welcher das Ge- birge am meisten liebt, allerdings nicht die höchsten Erhebungen gerade, sondern mehr die Lehnen. Ich hatte Gelegenheit, an solchen ihm besonders zusagenden Orten ihn auch verhältnis- mäfsig weit nördlich, mitten im Gebiet III, zu sammeln, so im Januar 1906 an Dj. Sif Leham, südliches Kandgebirge der Segui, am 28. III. 06, bei Bir Mrabot, westliches Randgebirge der Segui, je ein , im Februar 1904 schofs ich am Dj. Tfell westlich Gafsa 3 Q' und 3 9, ich kann ihn für diese Stelle als häufig bezeichnen. Ganz übereinstimmend lauten Königs Angaben über die Orte seines Vorkommens, es sind nach ihm salzhaltge Wüstenberge, fast ganz ohne Vegetation mit sonst nur sehr spär- lichem Vogelleben. Auch König traf den Vogel an einer solchen Stelle bei Biscra häufig und auch Nester hatte er das Glück dort zu finden, sonst sah er ihn ebenfalls nur recht selten. Ein von ihm am 11. III. erlegtes 2 hatte schon legereife Eier, die Brut- zeit fällt also ziemlich früh. Die von mir Ende Februar erlegten Q waren noch nicht kurz vor dem Legen, doch sämtlich angepaart. lch vermute, dafs Ende März am Dj. Tfell wohl Gelege dieser immerhin recht seltenen Art zu finden sein dürften. Nach König stehen die Nester im Gegensatz zu denen von 8. deserti sehr versteckt am Boden, das o* hält sich meist in unmittelbarer Nähe auf. v. Erlanger fand, ebenso wie ich, keine Nester, da er auch noch in zu früher Jahreszeit bei Kebilli (Oued Nachla) war, wo er eine Kolonie dieser Schmätzer traf. Im Benehmen erinnerte mich der Trauerschmätzer am meisten an S. deserti, er ist auch keineswegs scheu, kommt gern an den Menschen heran oder in die Nähe des Lagers, sitzt vor- zugsweise auf den Spitzen niedriger Sträucher und flattert spielend und sich jagend dicht über dem Boden lebhaft auf einem be- schränkten Gebiet hin und her, wobei die Pärchen stets zusammen bleiben. Dromolaea leucura (&mel.) Deutsch: Trauer-Rennschmätzer, franz.: traquet noir, arab.: Boud- jahar mta Djebel (Bergschmätzer). Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 133 Turdus leucurus Gmelin Syst. naturae 1788, p. 820. — Sazicola cachinnans 'Temminck Manuel d’Orn. 1820; Malherbe 1846. — Dromolaea leucura Bonaparte 1858; Loche 1867; Tristram 1859. — Saxicola leucura Whitaker Ibis 1894. — Dromolaea leucura König 1893/95; v. Erlanger 1899. — 8. leucura Whitaker 1905.!) Die Abtrennung von Sazicola hat zuerst Cabanis befürwortet, vorzugsweise aus biologischen Gründen, später ist König in seiner Beschreibung der algerischen Reise J. f. O. 1895 nochmals darauf zurückgekommen, ich möchte in diesem Falle mich auch unseren namhaften deutschen Gelehrten im Gegensatz zu Whitaker anschliefsen und den Namen Dromolaea wählen, indem ich diese ‘Vögel gleichfalls als Mittelglied zwischen Monticola und Sazicola ansehe. Der Baumschmätzer ist häufiger Standvogel überall südlich des Atlas, geht aber auch etwas nördlicher hinauf, z. B. hat ihn König im Dj. Batteria bei Sousse schon gefunden. Er ist aus- gesprochener Bergbewohner, liebt besonders hohe Wände, einzeln vorspringende Felsen und überhaupt freie Aussicht. Im ganzen Be- nehmen erinnert er vielfachan die Blaumerle. Auch hier sitzt das Q' gern auf der höchsten Felsenzinne und schmettert sein Lied, das entfernte Anklänge an das der Amsel hat, mit jubelndem Triller ins Tal. Schon im Februar läfst das 9° sein melodisches Lied ertönen und bleibt ein fleifsiger Sänger bis Ende April. Dieser srofse, durch Figur, Farbe und Lied auffallende Schmätzer fehlt wohi in keinem Gebirge Süd-Tunesiens und dürfte dem Neuling zuerstins Augefallen. Seine Erbeutung ist aber nicht so leicht wie die mancher anderen Art-Verwandten, teils trägt daran das schwierige Gelände Schuld, teils die Vorsicht des alten Vogels, die er nur in der Nähe seines Nestes vergilst, da aber soweit, dafs er sogar gern nach meiner eigenen Erfahrung in bewohnten Borelj’s brütet. Gar manche Stunde, die ich hoch obenin einer Wand an einem Raub- vogelhorst ansals, hat mir mein besonderer Freund, dieser schwarze Gnom der rotgelben Felsen, verkürzt. Schon vom Februar an sah ich stets die Vögel angepaart, und ein bestimmtes Gebiet betrachtet offenbar jede Familie als ihr ausschliefsliches Eigentum. Dort kann man sie von früh bis spät in Bewegung sehen, bald flink und possierlich an der Erde herum rennend, bald in sehr gewandtem Fluge von einem verspringenden Stein zum andern, dann wieder mitten in die Felswand flitzend, plötzlich sich hoch hinauf auf die höchste Zinne schwingend, um dort ein lustiges Liedchen zu schmettern und dann wieder zu Tal zu sausen. Zwischen durch jagen Q' und Q sich in verliebter Neckerei, bald sitzt er oben auf einem freien Felsblock, bald sie, dabei wird mit 1) Logisch fände Dromolaea ihren Platz zwischen Monticola und Sazxicola, doch wollte ich, wie eingangs erwähnt, mich in der Reihenfolge an Whitaker halten, um das Nachschlagen zu erleichtern. 134 O0. Graf Zedlitz: Stimme, Schwänzchen, Flügel und Köpfchen eine lebhafte Konver- sation gemacht, deren interessanteste Partien durch zierliche Knixchen, Pirouetten und allerhand Flug-Kunststückchen markiert werden. Das ganze Spiel ist so possierlich und graziös dabei, dafs ich nie müde geworden bin des Zuschauens. Lebhaft muls ich es bedauern, dafs ich keine Gelegenheit hatte, eben ausgeflogene Junge zu beobachten; es mus ein einzigartiges Bild sein, ein Glück nur, dafs diesgerade dem Meister der biologischen Beobachtung, Prof. König, am 5. V. 91 beschieden war. Seinem warm empfin- denden Herzen und der geübten Feder ist es gelungen, das Bild der kleinen Kobolde mit den gestelzten Schwänzchen so lebendig festzuhalten, dafs der kundige Leser sie wahrbaft vor sich zu sehen glaubt, wie sie bald auf den Warnungsruf blitzschnell im Gestein spurlos verschwinden, bald auf den Lockruf wieder aus der Versenkung auftauchen. Wer Sinn für Familien-Idylle im Vogelleben hat, mufs an dieser wie an so vielen anderen biologischen Notizen von König seine helle Freude haben. Die Brutzeit fällt ziemlich früh, wie schon daraus hervorgeht, dafs König bereits am 5. V. halb erwachsene Junge fand. Für Süd-Algerien gibt er in der Veröffentlichung von 1895 aus Erfahrung Ende März als Beginn der Brutzeit, den April als Haupt-Brutmonat an, nachdem er aus seinen Beobachtungen von 1891 in Tunesien nur die gleiche Vermutung hatte aussprechen können. Mir ist es nie gelungen, vor dem April ein Gelege zu finden. Frische Gelege von je vier Eiern fand ich am 13. IV. 05 im Bordj El Hafeg nördlich Gafsa, am 21. IV. 05 in einem Loch unter Steinen in Dj. Sidi Aich, am 4. IV. 06 im alten verfallenen Bordj Sidi Aich. Die Eier sind blafsblau, in der Form rundlich, mit blafsrostgelben verwaschenen ziemlich grofsen Flecken unregel- mälsig gezeichnet, aufserordenlich feinschalig im Verhältnis zu ihrer Gröfse. Ich habe mit ihnen ein entsetzliches Pech gehabt, ein Gelege rifs mir der Wind vom Tisch, als ich eben beim aus- blasen war, ein zweites wurde beim Ausnehmen z. T. vernichtet, die Eier fielen fast als einzige aus hunderten der Rückreise zum Opfer, kurz und gut ich besitze heute von den angeführten Gelegen nur noch die Erinnerung, und diefs ist naturgemäls nicht ganz ungetrübt freudiger Natur. Bei Nest-Anlagen in den Schiefsscharten oder Luftschächten der Bordj wird nach aufsen ein wahrer Wall von allerhand weichem Material aufgetürmt, hinter dem erst die eigentliche Nestmulde im hintersten Winkel sich versteckt. Bei Nestern am Boden unter Felsen wird von den Vögeln ein bald kleinerer Haufen von losen Steinen vor der Öffnung aufgetürmt, zum Schutze gegen Reptilien und Ratten, wie König meint. Da ich nur ein Nest in dieser Weise am Boden gefunden habe, sind meine Beobachtungen in diesem Punkte leider gänzlich ungenügend. Jedenfalls steht es für mich fest, dafs dieser gewandte und kluge Vogel beim Bau seiner Kinderstube auf den Beschauer womöglich noch anziehender wirkt als sonst Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 135 im Leben, und als ob er dies wülste, läfst der sonst so wenig zutrauliche kleine Bursche gerade bei dieser Arbeit sich keineswegs durch Publikum stören. Dromolaea leucopyga (Brehm) Deutsch: Weilsteifsiger Rennschmätzer, franz.: traquet A cul blanc, rieur noir, arab.: Bou aooud (Loche), Boupschira (nach König in Süd-Algerien.) i Vitiflora leucopyga Brehm. Vogelfang 1855, S. 225 — Dromolaea monacha Loche 1858. — Dromolaes nigra Loche 1867. — Dromolaea leucopyga u. leucocephula Tristram 1859; König 1895. D. leucopyga (Br.) v. Erlanger 1899. — Sazicola leucopyga (Br.) Whitaker 1905. Da der Vogel in der Jugend schwarze Kopfplatte zeigt, welche erst vom 3. Lebensjahre an weils wird, haben manche Forscher, so Brehm, Tristram und Loche, zwei verschiedene Arten, leuco- pyga und leucocephala angenommen; Shelley, Seebohm und Dresser haben diesen Irrtum schon richtig gestellt, indem sie nachwiesen, dafs die Jungen von schwarz- und weilsköpfigen Eltern stets ohne Ausnahme schwarzköpfig seien, diese Färbung also lediglich ein Ju- gendkleid darstelle. König (1895) fand im Süden Algeriens, wo er allein diesen Wüstenvogel antraf, stets Pärchen, wo beide ent- weder schwarz- oder weilsköpfig waren, und will sich deshalb nicht entscheiden, ob er zwei Arten annehmen soll oder nicht, v.Erlanger bestätigtedann aber wieder, dafsschwarzköpfige eben ein- jährige Vögel derselben Spezies seien. Dieser Rennschmätzer ist der Vertreter von D. leucura nach Süden hin in den felsigen Erhebungen mitten in der eigentlichen Wüste, besonders dem Gebiet III. Bei den Schwierigkeiten, welche meinem Vordringen weit nach Süden entgegengesetzt wurden, kann ich aus eigener Anschauung leider nichts von dem Vogel berichten, als dafs er seiner engeren Heimat sehr treu bleibt und scheinbar in den Randgebirgen der Chotts sowie im ganzen Ge- biet II und an der Küste bis hinab nach Bongrara vollkommen fehlt. Biologisches berichtet auch von dıesem Vogel König manches Interessante, das in seiner algerischen Reise-Beschreibung J. f. O. 1895 nachzulesen ist. Besonders möchte ich hervorheben, dafs er ihn als häufigen Brutvogel in den Bordj der algerischen Wüste fand, ebenso wie ich D. leucura entsprechend nördlicher in Tunesien. Eier hat auch König nicht gefunden, ebenso wenig wie v. Erlanger, dafür hie und da Junge, dann stest aber nur eins. Es wäre immerhin sehr ungewöhnlich, wenn dies gerade bei diesem einzigen Schmätzer die Regel bilden sollte. Weitere Beobachtungen jeglicher Art erscheinen hier besonders erwünscht. Pratincola rubetra spatzi (Erl.) Deutsch: Spatz’ braunkehliger Wiesenschmätzer, arabisch: Boufsiou, französisch: traquet Tarrier oder Tarrier-Grasset. 136 O0. Graf Zedlitz: Pratincola rubetra spatzi v. Erlanger J. f. ©. 1900, p. 101. — Pratincola rubetra (L.) Loche 1867; König 1888/92; Whitaker Ibis 1895; v. Erlanger 1899; Whitaker 1905. — Sazicola rubetra Malherbe 1846. Der Wiesenschmätzer ist nicht häufig und zieht meist wohl zur Brutzeit nach nördlicheren Gegenden. Als Brutvogel bei Gafsa hat ihn meines Wissens nur Erlanger bestimmt konstatiert. König traf ihn nach seinen Mitteilungen (88) vereinzelt auf dem Zuge in Nord-Tunesien, später auf seiner Reise 1891 mehrfach bei Monastir und in der Steppe. Ich erlegte am 15. IV. 05 am Fufs des Dj. Sitonn, Nordgrenze des Gebiet II, ein sehr schönes altes S. Im Benehmen dürfte er sich kaum von unserem hei- mischen Wiesenschmätzer unterscheiden. Ich beobachtete ihn meist auf einer hohen Distelstaude balancierend oder schräg an einen kahlen senkrechten Stengel geklammert. Diplootocus moussieri (Olphe-Gall.) Deutsch: Diadem-Rotschwanz, französisch: traquet äa bandeau, arabisch: Boufsiou. Erithacus moussieri L. Olphe-Galliard in Annales d. 1. Soc. d’Agriculture de Lyon 1852, p. 101. — Pratincola moussieri (O.- G.) Cabanis J. f.. O. 1853. — Kuticilla moussieri (O.-G.) Bonaparte 1856 (Parzudaki); Malherbe 1855 ; Loche 1858/67 ; Tristram 1859; Whitaker Ibis 1894. — Erythacus moussieri König 1888. — Pratincola moussieri König 1892/95. — FPinarochroa moussieri (0.-G.) v. Erlanger 1899. — Diplootocus moussieri Hartert Nov. Zool. 1902, p. 324. Dieses reizende Vögelchen wird jedem Natur- und Tier- freund bald in die Augen fallen, besonders die 9‘, doch ist es nur einen Teil des Jahres südlich der Atlaskette zu finden, dann allerdings recht häufig. Es ist ein Irrtum von Tristram, wenn er den Vogel als charakteristisch für die südlichsten Teile unseres Gebietes anführt, gerade das Gegenteil ist der Fall, wie übereinstimmend aus den neuen Beobachtungen, besonders denen von König und Erlanger, hervorgeht, die ich nur vollkommen bestätigen kann. Alle sind sich darin einig, dafs der Rotschwanz südlich der Atlaskette nicht brütet, sondern dort nur Wintergast ist. Übrigens beobachtete ihn auch in Nord-Tunesien König während des Winters in gröfserer Zahl, dabei befanden sich auf- fallend viel Q, während im Süden die Q' vorzuherrschen scheinen. Ich möchte auch hier wieder auf die überaus fesselnden biolo- gischen Notizen Königs hinweisen über das Auftreten im Norden, J. f. O. 1888 p. 206. ff., über die Beobachtungen in Mittel-Tunesien bei Monastir und am Dj. Batteria im J. f. O. 1892, schliefslich über Lebensweise und Vorkommen in Algerien, J. f. OÖ. 1895 p. 306—314. Ornithologische Beobachtungen von Tunesien. 137 Im Winter bis Mitte März sah ich das auffallende bunte Vögelchen ailerorten, wo an steinigen Hängen einzelne Dornen- sträucher standen, oft auch in unmittelbarer Nähe der Oasen Gafsa, Mareth, Medenine. Die o* überwogen weitaus an Zahl. Bis das Federkleid seine volle Farbenpracht erreicht hat, vergehen offenbar mehrere Jahre, denn die Färbung ist fast bei keinem Stück meiner Suite ganz übereinstimmend mit dem nächsten; besonders auf dem Rücken sind jüngere Stücke noch ganz verwaschen, je älter der Vogel, desto leuchtender werden seine Farben. Am häufigsten sah ich unseren Vogel Ende Februar 04 bei Gafsa und Mitte Februar 1906 zwischen Gabes und Me&ed£enine, ich möchte aber nicht entscheiden, ob die Zugzeit daran Schuld trug, oder ob die betreffenden Ortlichkeiten besondere Anziehungs- kraft ausübten. Fast möchte ich letzteres annehmen, denn einzelne Stücke sah man zu jeder Zeit im Winter. Anfang März verschwinden fast alle aus dem Gebiete, ich habe als spätestes Datum der Erlegung den 28. III. 06 (Bir Mrabot) mir notiert, doch hatte ich vorher mindestens 14 Tage lang keinen Diadem-Rotschwanz mehr gesehen. Als Brutvogel kommt er, wie gesagt, für unsere Gebiete nicht in Betracht. Unterfamilie: Sylviinae. Agrobates galactodes (Temm.) Deutsch: Hecken-Nachtigall, französ.: rossignol d’Algerie, arab.: Bel-bel. Sylvia galactodes Temminck Man. d’Orn. 1820, p. 182. — Sylvia rubiginosa Temm. ibid. 1835; Malherbe 1846/55. — Agro- bates galactodes Swainson Qlass. of Birds 1837, p. 241. — Sylvia galactodes Seebohm Cat. Birds Br. Mus.; v. Erlanger 1899. — Aedon gelactodes Boie Ibis 1826; Loche 1858/67; Tristram 1859; König 1888/93; Whitaker 1895. — Agrobates galactodes Whitaker 1905. Die Hecken-Nachtigall ist Brutvogel für Süd- und Mittel- Tunesien, wandert für den Winter weiter ins Innere des warmen Erdteils und erscheint wieder in den ersten Tagen des April. Fast mit einem Schlage ist sie dann über ihr ganzes Brutgebiet verbreitet und scheint mit ihrem Eintreffen recht pünktlich zu sein. König gibt als Datum dafür zunächst (1858) Anfang April für Nord-Tunesien, dann (1893) den 2. IV. für die Gegend von Monas- tir, also Mittel-Tunesien, an. Ich sah und sammelte die ersten am 6. IV. 05 bei Maajen el Fedj, am 7. IV. 06 etwas weiter westlich nach dem Dj. Sidi Aisch zu, beides in Süd-Tunesien. Das Haupt-Verbreitungs-Gebiet des Vogels liegt nach allen Beobach- tungen wohl eher nördlich des Atlas, doch ist er auch noch südlich desselben Brutvogel, wie Erlanger in der Landschaft Tballa, nicht weit vom Segui, feststellen konnte. Die Brutzeit fällt spät, meist in den Mai, König fand das erste Gelege auf seiner Reise 1891 Journ. f. Orn, LVII, Jahrg. April 1909. 10 138 0. Graf Zedlitz: am 13. V. Wohl aus diesem Grunde ist es mir nie gelungen, in den Ebenen nördlich Gafsa, wo der Voge lhäufig ist, ein Nest zu finden, ich bin nie später als im April dort gewesen. König sam- melte 1891 im ganzen 22 Gelege und gibt erschöpfende Be- schreibung der Eier und Nist-Gelegenheit, J. f. 0. 1893, p. 406—411. Die Hecken-Nachtigall hat einen Lieblingsstrauch, der für ihr Verweilen die Haupt-Bedingung bildet, es ist der Opuntien- Kaktus. Auf ihm sitzt das 91, um sein Lied zu schmettern, in einer Gabel zwischen seinen dicken Blättern und dem krüppel- haften Stamm, wird das Nest angelegt, kurz das ganze Familien- leben spielt sich aufihm ab. Hin und wieder schwingt sich das og‘ auch auf die Spitze eines Judendorns, beide Alten kriechen wohl zwischen dessen stachelbewehrten eng verschlungenen Zweigen geschickt umher, aber stets kehren sie wieder zu ihrem geliebten Kaktus zurück. In allen Bewegungen ist das Bild des Vogels so charakteristisch, dafs es nicht wohl mit anderen zu verwechseln sein dürfte. Der verhältnismäfsig lange, am Ende stark weils gebänderte Schwanz, welcher bald beim Gesang gefächert, bald beim Hüpfen an der Erde und Kriechen durch das Gezweig graziös sestelzt getragen wird, verrät die Identität sofort. Besonders das oJ" ist sehr lebhaft und immerfort in Bewegung. Sein Lied ist wohlklingend, entbehrt der langgezogenen Töne unserer Nachtigall und klingt darum nicht so elegisch, sondern mehr lustig zwitschernd. Es erschallt auch meines Wissens nur bei Tage. Liebespaare, welche vom süfsen Nachtigallenschlag bei silbernem Mondenschein ihr zartes Gemüt erquicken lassen wollen, bleiben nach meinem Rat deshalb lieber in Europa — das Chottgebiet ist in dieser wie in mancher anderen Hinsicht für sie doch wohl nicht ganz zu empfehlen. Für meine bescheidenen musikalischen Ansprüche hat unser Agrobates stets durchaus genügt, aufserdem finde ich es sehr nett, dafs er weniger im Verborgenen lebt als sein deutscher Vetter. Zunächst einmal für seinen Vortrag wählte sich das 9‘ sicher einen freien Sitzplatz auf der Spitze eines Kaktus oder Dornenstrauches, gröfsere Bäume scheint es zu meiden. Kaum ist die Strophe verklungen, so stürzt es sich auf die Erde, als wenn es wer weils was für einen Wertgegenstand dort verloren hätte, hüpft emsig um einige Sträucher und Grasbüsche herum, dabei fortwährend mit dem bald gestelzten, bald wippenden Schwänzchen kokett monövrierend. Husch husch geht es dann durch das dichteste Dornengewirr, um gleich darauf wieder von erhöhter Warte herab ein weiteres Liedchen so recht seelenvergnügt, mit sich und aller Welt zufrieden, ertönen zu lassen. Für Iyrische Dichter ist gewifs unsere Nachtigall unübertrefflich, für ausge- sprochen prosaische Tier-Beobachter, wie mich, hat auch die tune- sische in ihrer Art genau denselben Reiz! Das © ist auch be- weglich und munter, fällt aber weniger auf, da es ja doch nicht singt und sich überhaupt mehr am Boden oder in den Sträuchern Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien, 139 aufhält. Ich möchte aber selbst unter Anrechnung dieser Momente immer noch glauben, dafs die 9‘ zahlreicher vertreten sind. Nach meiner Beschreibung brauche ich kaum noch hinzu- zufügen, dafs es sehr leicht ist, das auffallende und ganz ver- traute Vögelchen zu erbeuten. Erfreulicherweise ist die Färbung der einzelnen Individuen eine so gleichmälsige, dals gar zu grolse Suiten für den wissenschaftlichen Zweck nicht erforderlich sind. Schon von der nächst verwandten ostafrikanischen Art unterscheidet sich unser tunesischer Vogel fast nur durch die geringeren Malse. Für alle Kaktus-Anlagen gröfseren Stils im östlichen Atlasgebiet ist dieser muntere graziöse Sänger absolut die typische lebende Staffage und in dieser Verwendung im grolsen Ganzen mir auch eigentlich lieber denn als toter Balg in meiner Sammlung, welche an einem halben Dutzend vollkommen genug hat. Sylvia subalpina (Bon.) Deutsch: Bartgrasmücke, franz.: babillarde subalpine ou bec fin passerinette, arab.: Tuer-schääl. Sylvia subalpina Bonelli in Temm. Man. d’Orn. I. 1820, p. 214. — Sylvia passerina Temminck Man. d’Orn. I. 1820, p. 213; Malherbe 1855. — Stoparola subalpina Loche 1867. — Sylvia subal- pina König 1888/92/95; Whitaker Ibis 1895 und 1905; v. Erlanger 1899. — Sylvia subalpina leucopogon (Heckel) Erlanger 1900. Die Bartgrasmücke ist in Nord- und Mittel-Tunesien regel- mäfsiger Brutvogel und wurde als solcher von König und Er- langer übereinstimmend festgestellt. Bei Monastir sah sie König1891 täglich, fand später Mitte Mai mehrfach auch Nester mit meist 4 Eiern im Gelege in den Malsen 1,9:1,5 und 1,8:1,4 cm, Farbe: rosa- cremefarbig mit dichten rotbraunen und aschfarbenen Tüpfeln. Ich verweise hier auf König, da ich selbst im Süden den Vogel nicht am Nest zu beobachten Gelegenheit hatte. Im März sieht man ihn wohl hie und da, doch dann wohl meist auf dem Zuge. Ende März 05 sammelte ich einige Exemplare im östlichen Segui bei Bir Sidi Mansour. Nach König ist diese Sylvia übrigens im nördlichen Tunesien auch wieder viel seltener als in der Gegend von Monastir. Bei Ouderef im Süden erbeutete er auf der ersten Reise 1887 auch nur ein Stück. Erlanger fand bei den tunesischen Stücken eine hellere Unterseite als bei den europäischen, ich möchte es dahingestellt sein lassen, ob dieser Unterschied konstant ist. Biologisch wülste ich über das Vögelchen bei der spärlichen Gelegenheit, es zu beobachten, nichts Neues zu berichten. Sylvia conspiecillata (Marm.) Deutsch: Brillen-Grasmücke, franz.: Bec fin ä lunettes, arab.: Tuer- schääl. Sylvia conspicilluta Marmora in Temm. Man. d’Orn. 1820, p. 210; Malherbe 1855; Stoparola conspicillata Loche 1867; Tristram 1859; König 1888/92/95; v. Erlanger 1899; Whitaker 1905. 10* 140 O0. Graf Zedlitz: Die Brillen-Grasmücke scheint im Norden weniger häufig als die vorige zu sein, vgl. König 88 u. 92, im Süden ist sie öfter anzutreffen als die vorige. Bedingung ist ihr ein reicher Bestand an niederen kugelförmigen Wüstensträuchern. Da diese vorzugs- weise an ganz Öden Stellen, am Rande von Sebkhra’s z. B. stehen, so muls man auch dort diese Grasmücke suchen. Meist fand ich sie paarweise, auch im Winter. Lautlos schlüpfen sie im Innern der dichten niederen Sträucher herum, verkriechen sich bei Gefahr und sind gar nicht leicht zu bewegen, ihr Versteck zu verlassen. Sie tun esnur, um sofort im nächsten Busch wieder zu verschwinden. Den Sammler kann dies Benehmen zur hellen Verzweiflung bringen, denn er sieht das Ziel seiner Sehnsucht immer nur Sekunden lang blitzschnell fliegend auf wenige Meter Entfernung, dann ist es seinen Blicken wieder entrückt. Am besten bedient man sich einer ganz schwach geladenen Dunst-Patrone von 7 oder 9 mm, mit der man auf 2—3 Schritt schiefsen kann, ohne den zarten Balg zu zerreifsen. Mit viel Geduld mufs man dann den dichten Kugelstrauch, welcher den Vogel verbirgt, so lange beobachten, bis man an der Bewegung eines Astchens den Sitzplatz errät und dann schnell hinschiefsen kann. Übrigens versteht es die Grasmücke auch prächtig, sich ganz heimlich auf der entgegen- gesetzten Seite des Busches davonzumachen; in solchem Falle kann man lange warten, bis man ein Astchen sich bewegen sieht. Am häufigsten traf ich dieses in seinem Benehmen an Scofocerca saharae mich erinnernde sehr heimliche Vögelchen im Februar 1906 auf dem öden sandigen Plateau ost-südöstlich von Med£nine. Die Stücke, welche ich dort erbeutete, haben aber nicht geringe Mühe gekostet. Den Gesang vernahm ich nie, höchstens mal ein ganz feines pfeifendes ‚pist‘“, wenn das Pärchen sich von Strauch zu Strauch gegenseitig lockte. König (1888) vergleicht den Gesang mit dem unserer Dorngrasmücke und beschreibt später (1892) ein Gelege, das er am 28. IV. 91 mit 5 frischen Eiern in Mittel-Tunesien südlich El Djem fand. Ob wir auch für den Süden dies Vögelchen als regelmäfsigen Brutvogel ansprechen können, erscheint mir nach den bisherigen Veröffentlichungen noch als zweifelhaft, nördlich des Atlas brütet es jedenfalls sehr viel häufiger, ist dafür im Winter wieder im Süden zumeist anzutreffen. Sylvia melanocephala (6m.) Deutsch: Sammetköpfchen, franz.: Bec fin m&lanocephale ou Fau- vette babillarde, arab.: wie vorige. Motacilla melanocephala Gmelin Syst. nat. I 1788, p. 970. — Sylvia melanocephala Malberbe 1846/55; Whitaker Ibis 1895 u. 1905. — Pyrophthalma melanocephala (Bp.) Loche 1858/67; König 1888/92; v. Erlanger 1899. Vorausschicken möchte ich, dafs auch nach meinem Befunde, der sich mit Erlangers Ansicht deckt, der Vogel aus dem Atlas- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 141 Gebiete eine Übergangsform zwischen der P. m. iypica und der P. m. leucogastra von Teneriffa darstellen dürfte. Er ist einerseits deutlich kleiner als der europäische Vogel, stimmt in den Malsen also mit den Teneriffa-Vogel etwa überein, doch hat letzterer eine bräunliche Oberseite, der tunesische Vogel eine ausgesprochen schwarzgraue, aufserdem ist die Kopfplatte beim Tunesen scharf abgegrenzt. Mir fehlt nur bisher genügendes Material, um diese Auffassung durch entsprechend lange Suiten belegen zu können. Als Brutvogel ist das Sammetköpichen bisher nur für die Länder nördlich des Atlas angegeben. Erlanger meint sogar, dafs es auch in der Zugzeit nur an der Küste des Südens, nicht ' aber im Innern vorkomme. Königs sehr sorgfältige und interessante Nest-Beobachtungen beziehen sich gleichfalls auf das Ufer des El Bahira-Sees bei Tunis, wo er am 14. IV. 87 schon ausgeflogene Junge fand, sowie auf die Küste bei Monastir, wo er am 13. IV 91 am Dj. Batteria Nest mit 3 Eiern fand. Das Nest war sehr zierlich nach Sylvien-Art angelegt, die Eier teils oval, teils etwas bauchig (1.) auf grünlichem Grunde olivfarben gefleckt, Mafse a. 1,9 : 1,5, b. 1,8 : 1,4, c. 1,7 : 1,4 cm. Näheres, besonders auch über den Balzgesang der Jim Fluge, findet sich in Königs Veröffentlichungen J. f. O. 1888 und 1892. Ich bin so glücklich, das Sammetköpfchen nicht nur an der Küste bei Gabes in der Zugzeit, sondern auch im Innern am Dj. Souenia bei Gafsa am 7. IV. 06, also in der Brutzeit, gesammelt zu haben. Gelege habe ich allerdings nicht gefunden, doch ist das Vorkommen dort in dieser späten Jahreszeit minde- stens sehr auffallend. Phylioscopus trochilus (L.) Deutsch: Fitis-Laubvogel, franz.: bec fin Pouillot ou Pouillot fitis, arab.: Millil (n. Tristram), El Aghonat (n. Erlanger). Motacilla trochilus Linne Syst. Nat. I, 1766, p. 995. — Phylloscopus trochilus Boie Ibis 1826; Tristram 1859; Whitaker 1895/1905; v. Erlanger 1899. — Sylvia (Ficedula) trochilus Malherbe 1855. — Phyllopneuste trochilus (Bp.) Loche 1858/67 ; König 1888/92. Der Fitis-Laubvogel ist nach übereinstimmenden Berichten im Winter überall im Norden häufig, im Süden nicht selten. Dafs er südlich des Atlas brütet, ist bisher nicht nachgewiesen, was wohl kaum anzunehmen. Im März 05 traf ich ihn im Segui recht häufig, er bevorzugte die höheren Sträucher in den aus- getrockneten Regenbetten und war durchaus nicht scheu, bisweilen fand ich ihn unmittelbar neben Sylvia subalpina. Das späteste Datum der Erlegung im Süden ist der 4. IV. 06 (Dj. Sidi Aich), Phylioscopus sibilatrix flavescens (Erl.) Deutsch: Wald-Laubvogel, franz.: Pouillot siffleur, arab.: wie voriger. Motacilla sibelatrix Bechstein, Naturforscher 1793, XXVII, p. 47. — Phylloscopus sibilatrix Blyth Cat. Birds Mus. As. Soc. 142 O0. Graf Zedlitz: 1849; Whitaker Ibis 1895/1905. — Sylvia (Ficedula) sibilatrix Malherbe 1855. — Phyllopneuste sibilatrix Loche 1858/67; König 1888/92. — FPhylloscopus sibilatrix flavescens v. Erlanger 1899, J. f..O.,:p. 254/55. Abgetrennt wurde dieser Laubvogel als Ph. s. flavescens v. Erlanger auf Grund der intensiver gelbgrüngefärbten Unterseite bei den 4 von ihm gesammelten Exemplaren. Der Vogel ist nirgends häufig. König beobachtete ihn uur vereinzelt auf dem Zuge, im Winter gar nicht, sowohl bei seinen ersten Studien im Norden, als auch 1891 an der ganzen Ostküste. Ebenfalls auf dem Zuge sah ich mehrere Exemplare am 6. IV. 05 bei Maajen el Fedj nördlich Gafsa und erlegte auch 2 Stück. Als Brutvogel ist er für den Süden noch nicht nachgewiesen. Erlanger vermutet, dafs er bei Gafsa brüten dürfte, weifs aber nichts Bestimmtes. Loche ist der einzige Beobachter, welcher wenigstens für Algerien Nester und Gelege bespricht, doch ist dies für das tunesische Gebiet keineswegs ohne weiteres mafsgebend. Sichere Notizen über das Brutgeschäft dieser Art würden also sehr willkommen sein, heute läfst sich darüber noch nichts Bestimmtes sagen. Cisticola ceisticola (Temm.) Deutsch: Cistensänger, franz.: le cisticole oder bec fin cisticole, arab.: F’seü. Sylvia eisticola Temminck Man. d’Orn., p. 228, (1820); Mal- herbe 1846. — d(isticola cisticola Sharpe Cat. Birds Br. M., p. 259; v. Erlanger 1899; Whitaker B. of Tunesia 1905. — (isti- cola schoenicola Loche 1858, 1867; König 1888, 1892. — Cisticola cursitans König 1895; Whitaker Ibis 1896. Dieser unscheinbare kleine Vogel ist über das ganze Gebiet verbreitet und zwar auch als Brutvogel. König fand ihn im Norden sehr häufig (1888), weniger oft im Süden, doch konnte er am Dj. Batteria am 12. IV. 1891 ein Nest mit 4 Eiern und am 18. V. desselben Jahres bei Monastir ein Nest mit fast flüggen Jungen feststellen. Über Nist-Gelegenheit und Balz-Gesang teilt er uns in dem ersten Reisebericht von 1888 wieder höchst inter- essante eigene Beobachtungen mit. Ich möchte aus meinen Er- fahrungen nur hinzufügen, dafs der Cistensänger im Süden der Atlas-Kette allerdings mir nicht gar zu häufig zu Gesicht kam, dafs ich aber an einem meiner südlichsten Punkte, noch jenseits Medenine, am 20. II. 06 zwei Exemplare erbeuten konnte. Als Brutvogel stellte ich ihn bei Gafsa 1906 fest. Scotocerca saharae (Loche) Deutsch: Wüsten-Buschsänger, franz.: drumoique du sahare, arab.: Bou-F’seü. Malurus saharae Loche Rev. de Zool., p. 395 (1858). — Seotocerca saharae Sharpe Cat. Birds Br. Mus,, p. 214; Whitaker Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 145 Ibis 1895 und Birds of Tunisia 1905; v. Erlanger 1899. — Drymoica striaticeps Tristram Ibis 1859. — Drymoica saharae Loche 1867. — Drymoeca saharae König 1892, 1895. Der Wüsten-Buschsänger führt ein überaus heimliches Leben und dürfte selbst in den ihm zusagenden Gebieten des Südens nirgends häufig auftreten. Seine Lieblingsplätze sind die mit niederem Buschwerk bewachsenen Ränder des Sebkhra. So sah und erlegte ich ihn im März 1905 an der Sebkhra Sidi Mansour im Segui. König erwähnt ausdrücklich, dafs er ihn auf seinen tunesischen Reisen nicht gefunden hat, dafür hatte er später bei Biscra Gelegenheit zu eingehenden Beobachtungen, welche er uns in der Beschreibung seiner algerischen Reise 1895, J. f. O. pag. 265—271 mit gewohnter Anschaulichkeit vorträgt. Nester dieses charakteristischen Wüstenbewohners habe ich leider nicht gefunden. v. Erlanger fand am 11. V. 97 ein Gelege von 5 Eiern im Segui, am 4. VI. 93 eins von 4 Eiern am Dj. Tfell. Grölse 15,5:12 bis 16,5:12 bezw. 15:11,5 bis 16:12 mm. Unterfamilie: Crateropodinae. Argya fulva (Desf.) Deutsch: Wüstenlärmdrossel, franz.: craterope numide, arab.: Erbib el H’djela = Adoptivsohn des Steinhuhns. Turdus fulvus Desfontaines, M&em. de l’Acad. Roy. sc. p. 498, pl. XI, 1787. — Crateropus acaziae (Rüppell) Malherbe 1855. — Malurus numidicus Levaillant jr. Explor. scient. de l’Alg., Atlas, Ois. pl. 9 bis Fig. 1. — Crateropus numidicus Loche 1858, 1867. — Crateropus fulvus (Desf.) Bonaparte 1856; König 1895. — Argya fulva Dresser Birds of Europe 1875; Sharpe; v. Erlanger 1899; Whitaker 1894, 1905. Die Lärmdrossel ist ein Charaktervogel der grolsen, zumeist recht kahlen Steppen in der südlichen Regentschaft. Im Norden und unmittelbar an der Küste dürfte sie nicht vorkommen, wurde deshalb auch von König auf seinen tunesischen Reisen nicht be- obachtet, wohl aber später im Süden Algeriens. Er vergleicht sie da in Bezug auf ihr Herumkriechen in dichten Sträuchern sehr treffend mit einer grolsen Drymoica. Wer die Segui-Steppe oder die grolse langgestreckte Ebene zwischen Dj. Sidi Aisch und Dj. Sidi Ali ben Aoun einerseits und dem Dj. Souenia andererseits durchwandert oder von Gabes nach Medenine südwärts reitet, wird nicht lange brauchen Umschau zu halten, bis er eine Gesell- schaft Lärmdrosseln entdeckt. Wo an einem Regenstrombett einzelne gröfsere Dornbüsche stehen, da fühlt sich der Vogel am wohlsten. Meist traf ich kleine Trupps von 4—8 Stück bei- sammen, in der Brutzeit ab Mitte März auch oft einzelne Paare. Nur sehr ungern legen sie eine gröfsere Strecke auf einmal fliegend 144 0. Graf Zedlitz: zurück, sondern fast immer geht es von einem höheren Busch zum anderen. Dabei folgen sich die einzelnen Glieder der Gesellschaft in kurzen Abständen; wo der erste ins Gezweig schlüpfte, da folgen unfehlbar alle anderen nach, um dann wieder sozusagen „im Gänsemarsch‘“ auf der entgegengesetzten Seite den schützenden Busch zu verlassen, wenn man ihnen auf den Leib rückt. Dank dieser Eigentümlichkeit, dafs niemals alle gleich- zeitig auffliegen, ist es nicht schwer, einen der Nachzügler zu erbeuten, sagt doch schon der alte Spruch: „Den Letzten beifsen die Hunde!“ Ebenso kann man sich sehr leicht die ganze Gesell- schaft zudrücken lassen, wenn man sich an einem so bewachsenen Wasserrils vorstellt und einen Gehilfen langsam auf sich zukommen lälst, der die Vögel dann von Busch zu Busch in beliebigem Tempo vor sich hertreibt. Übrigens habe ich ziemlich genau dasselbe Benehmen auch bei einem Verwandten unserer Argya, dem Orateropus leucocephalus Cretzsch. in Abessynien auf meiner Reise 1908 beobachten können. Im April 1905 sowie Ende März bis Anfang April 1906 fand ich mehrfach frische bezw. angebrütete Gelege der Lärmdrossel nicht weit nördlich von Gafsa. Die Nester, in Dimensionen und Bauart etwa an die unseres Turdus musicus erinnernd, standen stets mitten in 2—3 m hohen dichten Dornsträuchern. Die Zahl der Eier betrug meist 3, mehrfach fand ich angefangene Gelege mit 1 oder 2 Eiern. Die Eier, einfarbig matt blaugrün, differieren nur wenig in der Form, wie folgende Malse zeigen mögen: 1905. Gelege 2 Eier 20. IV. a: 25.8.0709 arm b: 24,1: 17,65 mm 10,25 mm Dopphöhe. Il mm D. H. 1905. Gelege 3 Eier 22. IV. a: 24,35:18,35 mm : b: 24,45:17,85 mm - c: 22,9:18,1 mm ii mm DIE 11mmD 0 10,755 mm D. H. 1906. Gelege 3 Eier 3. IV. a:. 23.9183, Di... 23,3: 18 0m c: 22,9:17,4 mm 1l;mm DH. 10,755 mm D. H. 10,755 mm D. H. Familie: Paridae. Parus caeruleus ultramarinus Bp. Deutsch: Ultramarin-Meise, franz.: mesange & dos bleu, arabisch: el Aroussa —= Die Braut. Parus ultramarinus Bonaparte Rev. Zool. IV, p. 146 (1841); König 1892, 1895; Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Parus caeruleanus Malherbe 1842, 1846. — Cyanistes ultramarinus Loche 1858, 1867. — Parus teneriffae König 1888. — P. coeru- leus ultramarinus v. Erl. 1899. — P. caeruleus ultramarinus Hartert Vögel d. paläarkt. Fauna 1905. . Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 145 Diese Vertreterin der Meisen-Familie ist über ganz Tunesien verbreitet, soweit es Olivenbäume gibt, welche sie allen anderen vorzieht. Naturgemäls findet sich der Vogel deshalb am häufigsten in den nördlichen und zentralen Landesteilen, wo ihn König eingehend beobachtete. In seinen Veröffentlichungen von 1888 und 1892 bietet sich uns wieder eine Fülle höchst interessanten biolo- gischen Materials besonders in Bezug auf Balz-Gesang, Begattung, Nest-Anlagen, Verhalten am Nest u.s. w. Die Meisen sind im allgemeinen schon gewifls keine Phlegmatiker, aber dieser kleine bunte Bursche leistet zur Begattungszeit geradezu Erstaunliches. Dann sind nach König auch seine Testikeln so angeschwollen, . dafs sie einen grofsen Teil der Leibeshöhle einnehmen und die übrigen Organe zur Seite drängen. Der Magen wird dann z. B. nach oben geschoben und so komprimiert, dafs nur für wenig Nahrung darin Raum bleibt. Südlich der Atlaskette habe ich diese Meise besonders häufig in der Oase Gafsa beobachtet, v. Erlanger fand sie auch in den südlichen Oasen Tozeur und Nephta und meint, dafs sie sich in ihrer Verbreitung an das Vorkommen von Oliven- und Granatbäumen halte. Dieser Ansicht möchte ich in Bezug auf letzteren Baum entgegentreten, denn in Gabes und den umliegen- den kleinen Oasen sind die Granaten reichlich vertreten und sogar berühmt, die Meise kommt aber dort nicht vor, wie mir in Über- einstimmung mit meinen Beobachtungen Herr Friedensrichter A. Blanchet bestätigte, derseit Jahren alssorgfältiger Beobachter und Sammler in Gabes lebt. Ich möchte glauben, dafs unser Parus ausschliefslich an die Oliven gebunden ist. Ich fand ihn in der Nähe von Gafsa auch dort, wo nur ganz kleine Haine dieser Baumart standen, inmitten sonst kahler Steppe. Ich wülste kaum einen anderen afrikanischen Vogel dessen Verbreitungsgebiet sich so genau mit dem einer Pflanze deckt, wie es bei diesen beiden der Fall ist. Natürlich will ich nicht etwa behaupten, dafs diese Meise nun etwa ausschliefslich auf Olivenbäumen zu finden wäre, sie klettert selbstverständlich auch überall sonst herum, selbst an Gebäuden, aber niemals habe ich sie dort angetroffen, wo ihr Lieblingsbaum ganz fehlte. Familie: Motacillidae. Motacilla alba (L.) Deutsch: Weilse Bachstelze, franz.: hoche queue grise, bergeronette, arab.: Umsissi serga. Motacilla alba Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 185 (1758); Loche, Tristram, König, v. Erlanger, Whitaker. Unsere Bachstelze ist in der ganzen Regentschaft ein sehr häufiger Wintergast. Besonders in der Nachbarschaft von Oasen, an Wegen, sowie an fast allen offenen flachen Wasserstellen trifft 146 O0. Graf Zedlitz: man sie regelmäfsig an bis gegen Mitte März, später sah ich sie nur noch vereinzelt. Das graziöse Vögelchen ist hier in seinem Winterquartier noch vertrauter als im Sommer bei uns und läfst den Beschauer meist auf wenige Meter herankommen oder nähert sich selbst so weit trippelnd und Schwanz wippend dem rubig sitzenden Beobachter. Motacilla flava (L.) Deutsch: Schafstelze, franz. : bergeronette jaune,arab.: Umsissisafra. Motacilla flava Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 185 (1758); Malherbe 1846; Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Budyites flava Loche 1867; König 1888; 1892. — Budytes flava flava v. Erlanger 1899. Die Schafstelze ist zumeist Durchzugsgast in Tunesien und wird von fast allen Autoren in diesem Sinne erwähnt. Nach meinen Beobachtungen erscheint sie meist Anfang April, dann bisweilen sehr zahlreich. Ich habe am 6. IV. 05 bei Maajen el Fedj ca. 40 klm nördlich Gafsa so viele angetroffen, dals ich sogar mehrere Exemplare auf einen Schufs erlegte.e Der Durch- zug geht ziemlich rasch vonstatten, Ende April habe ich den Vogel nicht mehr beobachtet. Interessant ist mir v. Erlangers Bemerkung, dafs die Schafstelze bei Thalla brüten „soll“. Ich habe darüber nichts feststellen können, bin allerdings gerade in dieser Gegend zu früh im Jahre — Ende März — nur gewesen. Während des Zuges trifft man den Vogel nicht nur in unmittel- barer Nähe des Wassers, sondern auch in der Steppe zwischen Buschwerk und am Rande der Felder, häufig zusammen mit Anthus. Anthus pratensis (L.) Deutsch: Wiesenpieper, franz.: cujelier oder pipi des pres, arab.: Seliech. Alauda pratensis Linne Syst. Nat. Ed. X, pag. 166, (1758), — Anthus pratensis Loche, König, Whitaker, v. Erlanger, Hartert. Der Vogel ist nach übereinstimmenden Beobachtungen aller Autoren regelmäfsiger Wintergast, der an Stellen, welche ihm zusagen, häufig vorkommt. Ich traf ihn im Februar 06 bei Gabes zumeist unmittelbar am Meeresufer. Im März verschwindet er. Etwas Deckung am Boden liebt er. Anthus campestris (L.) Deutsch: Brachpieper, franz.: pipi rousseline, arab.: Seliech. Alauda campestris Linn Syst. Nat. Ed. X, pag. 166, (1758). — Anthus campestris Malherbe (1855); Tristram, Whitaker, v. Erlanger. — Anthus rufescens Malberbe 1846 (nach Temminck 1820). — Ayrodroma campestris Loche 1867 (nach Swainson 1837); König 1888, 1892. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 147 Im Gegensatz zum vorigen ist dieser Pieper in Tunesien Stand- und Brutvogel. Als anspruchsloser Gesell, der kahlen Boden und weite Steppen bevorzugt, findet er sich häufig nur im Süden, wo sich ihm solches Gelände im Überflufs bietet. Hier treibt er sich gern in Gesellschaft anderer Vögel, besonders der Kalandrellen, herum. Diese Beobachtung erwähnt schon v. Erlanger, ich fand sie durchaus bestätigt. Wenn ferner derselbe Autor meint, dafs die Färbung der Brachpieper im Süden gelb- licher sei, so möchte ich dies nicht als allgemeine Regel unter- schreiben, wohl aber fand ich innerhalb desselben Gebietes bei diesem Vogel häufiger als bei einem anderen sehr erhebliche Farben-Varietäten. Am 6. IV. 05 erlegte ich bei Maajen el Fedj auseinem grolsen Fluge von Kalandrellen gemischt mit Piepern einen Anthus campestris 9, dessen Gefieder zu etwa zwei Dritteln weils ist. Dieser Fall erinnerte mich lebhaft an die Notiz von König (J. f. 0. 1892) über eine sehr helle Varietät von A. pratensis aus der Gegend von Gabes, sowie an Naumann, der in „Die Vögel Deutschlands“ Bd. III, p. 779 eine fast weilse Spielart desselben Vugels erwähnt, die nur auf den Flügeln gelblich war, und als A. pratensis candida benannt wurde. Eine Neigung zu heller Färbung bis zu teilweisem Albinismus dürfte also beiden Pieperarten eigen sein, ohne dafs sich lokale Grenzen dafür angeben lassen. Als Brutvogel bei Gabes wurde A. campestris von König (J. f. O. 1892) festgestellt, Gelege hatten 4 Eier. Ebenso wird er von anderen, z. B. v. Erlanger, als Brutvogel erwähnt. Familie: Oriolidae. Oriolus galbula (L.) Deutsch: Pirol, franz.: loriot vulgaire, merle dore, arab.: Tuör- bargug. Coracias oriolus Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 107, (1758). — Oriolus galbula Linne Syst. Nat. Ed. XII, p. 160 (1766); Malherbe, Loche, König, Whitaker, v. Erlanger. Die Winterquartiere unseres „Vogel Bülow‘ dürften zumeist weit im Süden liegen. Er erscheint in der Regentschaft auf dem Frühjahrszuge im April oder Anfang Mai. König beobachtete ihn in Nord-Tunesien im April (J. f. O. 1888) sowie in Mittel- Tunesien (Monastir) etwa um dieselbe Zeit (J. f. O. 1892). Ich selbst habe ihn im April noch nicht angetroffen, wohl aber Anfang Mai 1905 in der Oase Gabes. Der Durchzug geht, wenigstens im Süden, in der Regel rasch vonstatten. Zeitlich stimmt der Zug ziemlich genau mit dem von Coracias garrulus (L.) überein, nur dals die Blaurake in grolsen Schwärmen reist, eine Gewohnheit, 148 O0. Graf Zedlitz: die ich beim Pirol nicht gefunden habe. Von den europäischen Jägern Tunesiens wird dem Pirol wegen seines auffallenden gold- selben Gewandes meist eifrig nachgestellt, viele essen ihn auch. Familie: Laniidae. Lanius excubitor algeriensis (Less.) Deutsch: Algerischer Raubwürger, französ.: pie-grieche de l’Al- gerie, arab.: Boupschira, Bou Ras. Lanius algeriensis Lesson Rev. Zool. 1839, p. 134. — La- nius meridionalis Malherbe 1846. — Lanius algeriensis Loche, König, Whitaker, v. Erlanger. — Lanius excubitor algeriensis Hartert V.; d: pal.F.:11907. Bei Besprechung der Würger kann ich nicht umhin, mich von Whitaker zu trennen, an dessen Werk „Birds of Tunisia“ ich mich sonst mit diesen Aufzeichnungen möglichst in Klassifi- kation und Reihenfolge aus lediglich praktischen Gründen an- schliefse. In diesem Falle mufs ich aber Hartert folgen, auf dessen Ausführungen über die nordafrikanischen Subspecies des Lanius excubitor ich zunächst hinweisen möchte (Vögel d. paläarkt. Fauna IV, pag. 425—428 [1907]). Bei der Neu-Einteilung in L. e. al- gariensis, L. e. dodsoni und L. e. elegans gegenüber den früheren beiden Formen L. algeriensis und L. elegans (dealbatus) ist es naturgemäls, dafs die Notizen der älteren Autoren sinngemäls nach Lage der Fundorte auf die neu aufgestellten Subspecies verteilt werden müssen. Dabei werden sich Lanius elegans (de- albatus) im allgemeinen mit Z. e. elegans einerseits, L. algeriensis mit L. e. algeriensis und L. e. dodsoni abwechselnd andererseits decken. Die wenigsten Beobachtungen dürften dabei auf L. e. algeriensis entfallen, da sein Verbreitungsgebiet im äufsersten Norden der Regentschaft recht eng begrenzt ist. Die Notizen Königs (1888) über L. algeriensis aus der Umgegend von Tunis dürfen wir wohl jedenfalls hierher ziehen, und ich verweise auf die dort mitgeteilten interessanten biologischen Momente, z. B. die Nachahmung des fremden Vogelgesanges, das Aufspielsen grolser Insekten (Skorpionen) auf Dornen, Nest-Anlagen und Brutzeit. Ich selbst habe nur kurze Zeit im betreffenden Gebiet gesammelt und den echten L. e. algeriensis nicht eigenhändig erbeutet. Lanius excubitor dodsoni (Whit.) Deutsch: Dunkler Wüstenraubwürger, französ.: pie-grieche päle, arab.: wie voriger. Lanius algeriensis dodsoni Whitaker Ibis 1898, p. 599. — Lanius excubitor dodsoni Hartert V. d. pal. F. 1907, p. 426. Dieser zunächst aus Marocco beschriebene Raubwürger dürfte sich in seinem Verbreitungsgebiet ostwärts bis ins mittlere Tu- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 149 nesien erstrecken. Dals einzelne Exemplare an den Grenzen des Gebietes Übergänge zur dunkleren oder helleren Form darstellen, hat schon v. Erlanger ausdrücklich hervorgehoben. Auch König (1892) spricht von Übergangsformen, welche er an der Küste Mittel-Tunesiens fand. Da er ausdrücklich erwähnt, dafs sie heller als typische algeriensis seien, kann man alles, was er in diesem Bericht über algeriensis sagt, wohl auf L. e. dodsoni beziehen, ohne sich einer allzu kühnen Hypothese schuldig zu machen. Das gleiche gilt von Erlanger. Erwähnen möchte ich noch Königs Auffassung, dafs die Würger nach Westen zu dunkler, nach Osten zu heller gefärbt seien. Die südliche Verbreitungsgrenze des L. e. dodsoni in Tunesien dürfte etwa mit der Linie Feriana-Dj. Freiou- Mahares angedeutet werden können. Ein Exemplar, das ganz dem Typus dodsoni entspricht, erbeutete ich 1905 noch etwas südlich vom Dj. Freiou, wo sonst schon die helle Wüstenform L. e. elegans vorherrscht. Übrigens konnte ich feststellen, dafs etwa dieselbe Grenze für lokale Farben-Unterschiede mittel- und südtunesischer Subspecies auch noch bei anderen Arten gilt; so trifft man am Dj. Freiou sowohl Caccabis petrosa petrosa (Gmel.) wie Caccabis petrosa spatzi (Rchw.), Caprimulgus ruficollis ruficollis (Temm.) und C. r. desertorum (Erl.), Chersophilus duponti duponti (Vieill.) und, Ch. d. margaritae (Kg.) und andere. Exemplare, welche den Übergang von der einen Unterart zur anderen bilden, sind gerade in dieser Region natürlich keineswegs selten. Über das Brutgeschäft werde ich mich eingehender bei Z. e. elegans äufsern. Abweichungen in dieser Hinsicht von L. e. dodsoni dürften kaum bestehen, wenigstens nicht in erheblicheren Malse, als sie die einzelne Subspecies schon in sich besonders mit Be- zug auf die Form der Eier zeigt. Lanius excubitor elegans (Swains.) Deutsch: Heller Wüsten-Raubwürger, französ. u. arab.: wie voriger. Lanius elegans Swainson Faun. Ber. Amer. II, p. 122 (1831). — Lanius dealbatus de Filippi Rev. Zool. p. 289 (1853), Loche, Tristram, König, v. Erlanger. — Lanius elegans Whitaker B. of #:11905: Wir haben hier einen für Süd-Tunesien ganz typischen Vogel, der zu keiner Jahreszeit dort fehlt, wo in der Ebene einzelne höhere Dornsträucher sich finden. Im Segui ist er aufserordent- lich häufig, doch auch westlich sowie nördlich von Gafsa direkt gemein. Zwischen Gabes und Me&d£nine sitzt er allenthalben auf den Spitzen der Büsche, und Erlanger fand ihn noch fern im Süden bei Douz an der Grenze der Sanddünen. In seinem ganzen Benehmen ist er eben ein echter Würger, im allgemeinen frech, bei häufigen Nachstellungen aber bald vorsichtig. Der Sitzplatz wird so gewählt, dafs er freie Umschau bietet, und von dort aus beobachtet der Vogel die nähere Umgebung, besonders den Boden, 1 0. Graf Zedlitz: bis er eine Beute erblickt, auf die er sich stürzt. Mit dem Fang, meist grölseren Kerbtieren oder kleineren Mäusen, kehrt er auf seinen Posten zurück, um sie sofort zu kröpfen oder als Vorrat aufzuspiefsen. Oft steht er rüttelnd über einer Stelle, an der er ein begehrenswertes Objekt verschwinden sah. Seine Stimme ertönt in der Begattungszeit zu jeder Stunde, am häufigsten aber des Morgens. Kurze Strophen, die er anderen Vögeln abgelauscht hat, werden bisweilen eingeflochten, einen eigentlichen Gesang möchte ich es aber nicht nennen. Mitte März beginnen die ersten Paare mit dem Bau des Nestes, das stets in einem dichten Strauche ziemlich versteckt in 1—2 m Bodenhöhe angelegt wird. Vor allen anderen wird hierbei anscheinend der Christusdorn (Zizy- phus) bevorzugt. Im letzten Drittel des März fand ich schon mehrfach angefangene Gelege, das volle Gelege von 6 Eiern dürfte in der Regel erst im April im Nest liegen. — Während das Weibchen brütet, hält sich das Männchen stets in der Nähe auf und erleichtert so das Auffinden des Geleges. Das Weibchen sitzt oft sehr fest auf den Eiern, sodals wir z. B. Ende April 1905 ein vollkommen gesundes Exemplar dadei mit der Hand fangen konnten. Gelegentlich kommen abnorm frühe Bruten vor, so schofs ich am 28. IV. 05 im Segui zwei etwa flügge Junge, deren Bälge mir besonders wertvoll sind, da L. e. elegans im ersten Jugendkleid nicht gerade häufig in unseren Sammlungen sich befindet. Normalerweise sieht man flügge Junge erst Mitte Mai, etwa vom 10. V. an. Dies erste Jugendkleid ist noch ganz fleckig, schmutzig-weils und grau-braun verwaschen, sodafs ein richtiges Ansprechen nur möglich ist, wenn man die Alten gleichzeitig mitnimmt. Dies bietet keine Schwierigkeiten, da die kleine Ge- sellschaft sich noch immer mit Vorliebe füttern läfst, auch wenn sie schon den Platz im Neste mit dem Sitz im Dornenstrauch vertauscht hat. Die Eier des L. e. elegans variieren so erheblich in der Form, dafs ich es nicht für uninteressant halte, die Mafse einer gröfseren Anzahl mitzuteilen, welche ich in den Jahren 1905 und 1906 zumeist in der Umgegend von Gafsa sammelte. Der früheste Termin, an welchem ich ein Ei im Neste fand, war der 21. III. 1906. 26,75: 18,8 , 27,55: 18,4 mm 1. Angefangenes Gelege 2 Eier: a 19 D. H.° Ts Da \ R 26,1: 18,55 25,6 : 18,3 2. dıto Alto: ER A b. Tr Ta ; 5 24,95: 16,95 24,9: 17,4 3. dito dito 11700, . 11,25 3 { 25,55:18,4 26 : 18,6 4. dito dito a. ET: . r alao 5, a, ie nn eg D 24,3 :19,2 10,25 10,5 Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 151 6. Angefangenes Gelege: 25,5:18,85 25,75:18,85 27,05:18,35 a. 1° SR 7. dito 2, 260319 25,65:18,65 26: 19,8 En To 8. volles Gelege : a. 23,95 :18 24,3 18,8 24 :18,65 I had d. 24,33.:18;6 24 :18,4 I 20 | 9. Einzelnes Ei (früheste Brut) v. 21./IIl. 06: 27,7: 19,1 Mr ä ach f ‚2:18,25 1.952 1754 1,9 : 18,2 10. Gelege a. Era Tı TER b —— le or ‚Da mir dieses Gelege gebracht wurde am (5. IV. 06), ist es nicht ausgeschlossen, dafs Ei a doch nicht dazu gehört trotz der Versicherung der Beduinen. & 25,75 : 19,25 25,95 : 19,45 11. Gelege (spät 19. IV. oa _—_ Eva Es Ins 24,85 : 19,35 24,6: 19,35 i 24,2 : 19,4 11,25 11239825 #170,50 12. Von 28 weiteren Eiern führe ich nur noch die Malse an, welche besonderes Interesse beanspruchen: 28,3 : 18,8 28,3 : 18,3 eb: de mm Anfang April 06. 129520 11,75 26,5 : 19,4 23,75:19,2 25 : 19,1 1075... 10,75. 7° 11,25 25,50 : 19 24,4 :19,15 25,35 :19,1 I; 1075113 11,25 24,5 : 17,95 24,6 : 17,8 23,55 : 18 105.9) 10: 10,25 23,8: 19,05 24,35 ::18,2 23,3 : 18,5 10:7" 10,752 10,5. Von insgesammt 58 Eiern, welche ich selbst gesammelt und gemessen habe, erhielt ich als . grölste Länge: 28,3; 28,3 mm, . gröfste Dicke: 19,8; 19,45 mm, . gröfste Dopphöhe: 12,25 mm, . geringste Länge: 21,95; 21,9 mm, . geringste Dicke: 16,95; 17,4 mm, c. geringste Dopphöhe: 10 mm. Also ist der Durchschnitt der Länge 25,11 mm, der Dicke 18,40 mm, der Dopphöhe 11,12 mm. Diese Malse sind etwas geringer als der Durchschnitt, den König (1892) mit 2,6 : 2 cm po 152 O0. Graf Zedlitz: angibt. Die Eier, welche ich hier erwähnte, befinden sich mit meiner gesamten oologischen Ausbeute aus Tunesien jetzt im Zoolog. Museum zu Breslau, dem ich sie nach beendeter Bear- beitung überwiesen habe. Lanius senator senator L. Deutsch: Rotkopf-Würger, franz.: pie grieche a tete rouge, arab.: Bou-Ras oder Hamra-Ras, Bogeia. Lanius senator Linn& Syst. Nat. Ed. X. p. 94 (1758). — Lanius rutilans Temminck Man. d’Orn. IV. p. 601 (1840); Malherbe 1846, 1855; König 1892, 1895. — Enneoctonus rufus Loche 1858, 1867. — Lanius pomeranus Sparmann, Museum Carlson. Fase. I, No. 1 Taf. 1 (1798.); Whitaker Ibis 1895, B. ofT. 1905. — Lanius senator rutilans v. Erlanger 1899. — L. s. senator Hartert V. d. pal. F. 1907. Vielfach ist der Versuch gemacht worden, den nordafrikanischen Rotkopf-Würger als Unterart abzutrennen, wobei zumeist die blassere Färbung von Oberkopf und Nacken als mafsgebendes Kennzeichen für den Afrikaner angeführt wurde. Nach Hartert’s Ausführungen in „die Vögel der paläarktischen Fauna“ p. 435/36 Heft IV 1907 läfst sich diese Behauptung aber nicht aufrecht erhalten. Auch die bei südlichen Vögeln mehr gelbliche Unterseite, welche Erlanger als Merkmal anführt, dürfte bei Vergleich grofser Suiten sich nicht als konstanter Unterschied herausstellen. Ich kann mich deshalb bis auf weiteres nicht dazu entschliefsen, den tunesischen Vogel als artlich verschieden vom europäischen anzusehen. In unserem Gebiet ist der Würger Brutvogel, der recht regelmäfsig in den ersten Tagen des April erscheint. Besonders häufig fand ich ihn im April 1905 an der Nord-Grenze der Steppen- Region um den Dj. Freiou herum. Gegenden mit zahlreichen hohen Büschen scheint er den kahleren Flächen mit nur einzelnen Dornsträuchern vorzuziehen. Die Brutzeit fällt etwas später als bei den Raubwürgern, welche als Standvögel früher mit der Gründung eines Hausstandes beginnen. Im übrigen verweise ich betreffend Brutgeschäft und Eier auf Königs Ausführungen J. f. O. 1892, p. 384—386, denen ich nichts hinzuzufügen habe. Telephonus senegalus cucullatus Tem. Deutsch: Tschagra, franz.: le tschagra, arab.: ? Lanius cucullatus Temminck Man. d’Orn. 2 nd. ed. IV, p. 600 (1840). — Telephonus cucullatus Bonaparte 1850. — Lanius telephonus Malherbe 1855. — Telephonus tschagra Loche 1867. — T. erythropterus König 1888, 1892. — T. cuecullatus Whitaker 1905. Der Tschagra, in Tunesien überhaupt erheblich seltener als seine vorerwähnten Vettern, beschränkt sich in seiner Verbreitung Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 158 auf die nördliche Landeshälfte. König (J. f. O. 1888) beobachtete ihn mehrfach in der Nähe der Stadt Tunis und beschreibt bei dieser Gelegenheit sein Benehmen sowie den charakteristischen Pfeifgesang. Ergänzende biologische Notizen finden sich sodann in der zweiten Reise-Beschreibung (J. f. Ö. 1892). Hier ist auch erwähnt, dafs der Vogel wohl erst sehr spät, etwa im Mai, brütet, und zwar sein Nest gern in Thuja-Bäumen nach Aussage der Araber anlegt. Viel und dichtes Buschwerk ist ihn jedenfalls Bedürf- nis, deshalb meidet er auch die Steppen des Südens. Da ein so sorgfältiger Sammler wie Erlanger ihn nicht erwähnt, so geht schon daraus hervor, dafs er wahrscheinlich im Süden gar nicht, im Norden aber nicht häufig vorkommt. Ich kann mich nach meinen Beobachtungen dem negativen Befund von Erlanger nuranschliefsen, im Süden habe ich den Tschagra niemals angetroffen. Familie: Hirundinidae. Hirundo rustica (L.) Deutsch: Rauchschwalbe, franz.: Hirondelle de cheminee, arab.: K’hotefa. Hirundo rustica Linne Syst. Nat. Ed. X, pag. 191, (1758). Malherbe, Loche, König, Whitaker, v. Erlanger. Die Rauchschwalbe ist Wintergast in Tunesien. Zahlreich sah ich sie besonders zur Zugzeit im Frühjahr. Chelidon urbica (L.) Deutsch: Haus-Schwalbe, franz.: Hirondelle de fenötre, arab.: Schuschöia. Hirundo urbica Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 192 (1758); Malherbe 1855. — Chelidon urbica Boie Isis 1822, Loche, König, Whitaker, v. Erlanger. Die Haus-Schwalbe ist in Tunesien ebenfalls zumeist Durch- zugvogel, in geringerer Zahl Wintergast. Dafs sie in den südlichen Landesteilen auch als Brutvogel auftritt, glaube ich nicht, hingegen erwähnt v. Erlanger (J. f. O0. 1899) Brut-Kolonien aus dem Norden. Cotile riparia (L.) Deutsch: Ufer-Schwalbe, franz.: Hirondelle de rivage, arab.: Chotefa. Hirundo riparia Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 192 (1758); Malherbe 1855. — Cotile riparia Boie, Isis 1822; Whitaker Isis 1895, B. of T. 1905. — Cotyle riparia Loche 1867; König 1888/92, v. Erlanger 1899. Die Uferschwalbe ist regelmäfsiger Durchzugsgast im Früh- jahr, wo sie nach König etwa gleichzeitig mit Chelidon urbica Journ. £. Orn, LVD. Jahrg. April 1909. 11 154 0. Graf Zedlitz: ihre Reise antritt. Einzelne Exemplare trifit man aber noch recht spät im Süden an, so besitze ich ein Stück, das ich am 25. IV. 14905 bei El Guettar unweit Gafsa erlegte. Es wäre danach fraglich, ob die Schwalbe nicht auch gelegentlich in dem Gebiet brütet, doch ich habe keine positiven Beweise dafür sammeln können. Familie: Fringillidae. Carduelis elegans (Steph.) Deutsch: Stieglitz, franz.: chardonneret, arab.: ?. Oarduelis elegans Stephens, Shaw’s Gm. Zool. XIV, p. 30, (1826), Loche (1867), König 1888, 1892, Whitaker, B. of T. 1905. — Carduelis meridionalis Brehm, Vogelfang, p. 109, (1855). — Carduelis carduelis meridionalis v. Erlanger 1899. — Acanthis c. africanus subsp. nov., Hartert V. d. pal. F., Heft I (1903). Dieser Stieglitz, der hauptsächlich wegen seiner kleineren Malse von dem europäischen abgetrennt worden ist, bewohnt als Stand- und Brutvogel ganz Tunesien. Er ist kein Steppenvogel, sondern liebt die Nähe von Wasser und dichtes grünes Gebüsch. Wo in einer Schlucht bei einer Quelle Oleanderbüsche stehen, hält er sich mit Vorliebe auf. An einer solchen Stelle am Dj. Sidi Ali ben Aoun habe ich ihn auch gefunden. Im allgemeinen ist jedoch im Süden an Quellen und Oleander-Dickichten gerade kein Überflufs, so gehört denn auch dieser niedliche Vogel dort zu den selteneren Erscheinungen. Als Brutvogel ist er im Gebiet mehrfach nachgewiesen, näheres über Gelege von 5 Eiern aus dem Anfang April, Durchschnittsmafse der Eier 1,7:1,3 cm, gibt König an (J. f. O. 1892). Acanthis cannabina (L.) Deutsch: Bluthäntling, franz.: linotte, arab.: ? Fringilla cannabina Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 182, (1758); Malherbe 1846. — Fringilla linota Gmelin Syst. Nat. I, p. 916, (1788). — Linota cannabina Loche 1867; Whitaker Ibis 1894. — Cannabina sanguinea König1888, 1892; v. Erlanger 1899; Whitaker B. of T. 1905. Der Blut-Hänfling ist in ganz Tunesien Wintergast bezw. Durchzugsvogel, im Norden ist er von König (1892) auch am Dj. Batteria als Brutvogel nachgewiesen worden. Südlich des Atlas dürfte er nach meinen Beobachtungen nicht brüten. Auf dem Zuge traf ich ihn Anfang April 1905 nördlich Gafsa. Fringilla spodiogenys Bp. Deutsch: Maurenfink, franz.: pinson d’Afrique aux joues grises, arab.: Saueb. | Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 155 Fringilla spodiogenys Bonaparte Rev. Zool. 1841, p. 146; Malherbe (1855), König 1888, 1892, v. Erlanger 1899, Whitaker B. of T. 1905. — Fringilla afrikana Levaillant jr. 1855. — Fringilla spodiogena Loche 1858. Als Vertreter unseres Buchfinken bewohnt der Maurenfink die ganze Regentschaft, er tritt im Norden häufig, im Süden seltener als Brutvogel auf. Der Grund hierfür liegt wohl vor allem daran, dafs im Süden die Oliven spärlich vertreten sind, welche er allen anderen Bäumen vorzieht. Schon König und v. Erlanger haben darauf hingewiesen, dafs sich in der Regentschaft das Verbreitungsgebiet dieses Vogels mit dem der Olivenbäume deckt, und ich hatte Gelegenheit, dies vollkommen bestätigt zu finden. In der Oase Gabes, ebenso in M&denine, Ouderef und den benachbarten kleinen Oasen, welchen die Olive fehlt, kommt auch der Fink nicht vor, dagegen traf ich ihn gar nicht selten in Gafsa, das einen starken Bestand dieser Bäume aufweist. Wir finden hier bei der Fringilla dieselbe Geschmacks-Richtung wie bei Parus caeruleus uliramarinus. In der Oase Gafsa ist unser Fink jedenfalls Brutvogel, da, ich ihn noch Ende April 1905 dort mehrfach gesehen habe. Über Brutgeschäft, Eier und Junge gibt uns König, der 18 Gelege aus der Gegend von Monastir untersuchte, sehr interessante Auskunft im J. f. O. 1892, p. 59. Diese Mitteilungen sind so eingehend und auf so reiches Material gestützt, dals ich ihnen nichts hinzufügen möchte. Passer hispaniolensis hispaniolensis Temm. Deutsch: Weidensperling, franz.: moineau espagnol, arab.: Zäousch. Fringilla hispaniolensis Temminck Man. d’Orn., p. 353, 1820, Malherbe 1846. — FPasser hispaniolensis Rüppell 1845; König 1888, 1892. — Passer salicicola Loche 1867; Whitaker Ibis 1894, 1898. — Passer italiae hispaniolensis v. Erlanger 1899. — Passer hispaniolensis Whitaker B. of T. 1905. — Passer hispa- niolensis hispaniolensis Hartert V. d. pal. F. Über den tunesischen Weidensperling ist viel geschrieben und manche verschiedene Ansicht geäufsert worden. Zweifellos kommen Farben-Varietäten gerade bei ihm häufig vor, sodals einzelne Stücke bald mehr dem spanischen P. hisp. hispaniolensis, bald wieder dem italienischen P. :£. italiae ähneln. In dieser Beobachtung stimmen wohl alle neueren Forscher so ziemlich überein, nur ziehen sie daraus verschiedene Schlüsse. Erlanger (J. f. 0. 1899) falst den Tunesen subspecifisch unter P. italiae als P. italiae hispaniolensis. Dieser Ansicht ist später mehrfach widersprochen worden, z. B. von Tschusi im Orn. Jahrb. 1903 u. Oro. Jahrb. 1906, Heft I, ebenso von Hartert V. d. pal. F. II, 1904, p. 156 ff. Danach ist die Frage heute zwar noch nicht ganz geklärt, aber die dominierende Auffassung ist doch die, 11% 156 OÖ. Graf Zedlitz: dafs der nordafrikanische Weidensperling als echter Weiden- sperling Passer hisp. hispaniolensis bezeichnet wird. Subspecifisch ist dann für Aegypten von Tschusi Orn. Jahrb. 1903, p. 9 nach RP. hisp. washingtoni, sowie von Kleinschmidt Orn. Monatsb. 1904, p.7 P.hisp. flückigeri für Süd-Algier abgetrennt worden. Letzterer Typus nähert sich wieder recht merklich dem P. ialiae und entspricht etwa den Vögeln, welche Whitaker als Hybriden be- zeichnet. Tschusi und Hartert bestreiten nun wieder das Vor- kommen irgend eines P. itZaliae in Nord-Afrika und damit auch die Möglichkeit von Kreuzungsprodukten zwischen ihm und P. hispaniolensis. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschliefsen, wie ich später bei P. ifaliae noch erörtern werde. Ich halte demnach auch für Tunesien Hybriden beider Arten für keineswegs ausgeschlossen, spreche aber die mir vorliegenden Bälge von Weidensperlingen als P. hisp. hispaniolensis an, obwohl unter den grolsen Suiten aus der Erlanger’schen Sammlung, der Berliner Sammlung und den auf meinen Reisen erbeuteten Stücken, welche ich sämtlich verglichen habe, die Intensität der schwarzen Weichen-Fleckung keineswegs eine gleichmälsige ist. Verbreitet ist der Weidensperling über ganz Tunesien, mir erscheint deshalb Königs Bemerkung (1892), dafs er ihn bei Monastir u. s. w. nicht angetroffen habe, als einen neuen interessanten Beleg für die alte Tatsache, dafs durch eine Verkettung von Um- ständen nicht seltene Objekte auch einem sorgfältigen Sammler gelegentlich ganz entgehen können. In der Wahl seines Domizils ist unser Sperling nicht wählerisch, er lebt in unmittelbarer Nähe der menschlichen Wohnungen, in Oasen, in der Steppe und auch in den Schluchten der Berge, überall wo er Nahrung findet. In der Steppe konzentriert er sich um die Getreidefelder, die er mit seiner lebhaftesten Aufmerksamkeit beehrt, sobald die ersten Körner sich bilden, und erst nach läugst beendeter Ernte wieder verläfst. In der Zeit der reifenden Ahren machen sich die Beduinenkinder nützlich, indem sie von Sonnen-Aufgang an durch ohrenbetäubendes Gebrüll in allen Tonarten die ungebetenen gefiederten Gäste zu verscheuchen suchen, natürlich ist der Erfolg nur ein minimaler. Zum Schlafen sammeln sich die Sperlinge in grofser Zahl in ge- schützt stehenden Büschen, besonders an bewachsenen Felswänden. So beobachtete ich im Februar 1904 in den engen Schluchten am Fufse des Dj. Tfell westlich Gafsa grofse Flüge von Weiden- sperlingen, welche dort unter lebhafter Diskussion ihre Schlafplätze einnahmen. Dies Gebaren erinnert ganz frappant an das unserer heimischen Haussperlinge, wenn sie im wilden Wein, Epheu oder anderen Kletterpflanzen an den Wänden unserer Wohnhäuser ihr Nacht-Logis aufschlagen. Auch in den Städten nimmt vielfach der tunesische P. hispaniolensis die Stelle unseres P. domesticus ein, indem er unverfroren in der unmittelbaren Nähe des Menschen seine Nahrung sucht. Erlanger meint, dafs er auch häufig in Häusern bezw. im Mauerwerk brütet. Ich will keineswegs be- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 157 streiten, dafs es vorkommt, möchte aber behaupten, dafs der P. hispaniolensis im allgemeinen sein Nest lieber auf Bäumen aufbaut, meist auf Oliven oder Palmen in den Oasen, auf Dorn- sträuchern in der Steppe. Auch König spricht sich J. f. ©. 1888 in diesem Sinne aus, und ich möchte auf seine interessanten Aus- führungen über den Nestbau hier besonders hinweisen. Die vollen Gelege von 5—7 Eiern fand er gegen Anfang Mai. Erlanger hat allerdings eine ganze Reihe von Sperlings-Gelegen aus Gebäuden gesammelt, dies geschah aber zumeist in Gafsa, und ich kann mich vorläufig nicht der Vermutung entschliefsen, dafs es sich hierbei um den P. italiae bergeri gehandelt habe, der in Gafsa häufig brütet, dabei fast stets in oder an Häusern das Nest an- legt, was Erlanger offenbar entgangen ist. Ich habe mich über- zeugt, dafs unter den Erlanger’schen Bälgen dieser häufige Be- wohner von Gafsa nicht enthalten ist. Übrigens wundert mich dies gar nicht, denn ich selbst bin erst bei meiner dritten An- wesenheit in Gafsa 1906 auf diesen Vogel aufmerksam geworden, während P. hisp. hispanvolensis aus der näheren Umgebung der Stadt mit zu den ersten gesammelten Objekten der ersten Reise i. J. 1904 gehörte. Den Passer hispanvolensis flückigeri Klschd. habe ich im Süden nirgends angetroffen, ich möchte hier nur bemerken, dafs er meinem P. it. bergeri im Äufseren sehr viel näher steht als P. hisp. hispaniolensis. Im übrigen möchte ich hier nochmals betonen, dafs ich eine gelegentliche Verbastardierung und daraus resul- tierende Übergangsformen keineswegs für ausgeschlossen, ja für wahrscheinlich halte. Passer italiae bergeri Zedlitz Deutsch: Italienischer Rotkopfsperling, französ.: moineau d’Italie a tete rousse, arab.: Besuisch. Fringilla italiae Vieillot Nouv. Dict. d’Hist. Nat. XII. p. 199 (1877). — Passer italiae Loche 1867, König 1888 (nicht gesehen 1891), Whitaker B. of T. 1905. — Passer ituliae bergeri Zedlitz Orn. Monatsber. 1908. Nr. 3 p. 41—44. Wegen der systematischen Einreihung dieses Sperlings ver- weise ich auf meine Ausführungen bei seiner Beschreibung in den Orn. Monatsberichten 1908 Heft 3, p. 41—44. Ich weils sehr wohl, dafs ich mit dem Versuch, einen P. italiae für Nordafrika nach- zuweisen, mich im Gegensatz zu den namhaftesten neueren Forschern befinde. Hatten schon früher Malherbe und Tristram den Vogel nicht beobachtet, so bestreiten in neuerer Zeit v. Erlanger, v. Tschusi und Hartert ganz entschieden sein Vorkommen im fraglichen Gebiet, selbst Whitaker nennt die ihm vorliegenden P. ifaliae aus Gafsa „not. typical.“ Trotzdem kann ich vorläufig von meiner Auffassung nicht abgehen, dafs in einzelnen gröfseren Oasen des Südens, speziell Gafsa, ein Sperling nach Art unseres P. domesticus 158 0. Graf Zedlitz: lebt, der auch äußerlich sich konstant vom P. hisp. hispaniolensis unterscheidet und in dieser Hinsicht etwa in der Mitte zwischen P.hisp. flückigeri und P. italiae steht. Als lokale Subspezies von P. hispaniolensis kann ich ihn jedoch nicht ansehen, da er erstens biologisch sich scharf von ihm unterscheidet und zweitens neben echten P. hisp. hispanvolensis vorkommt. Wollte ihn jemand als Resultat einer Verbastardierung von Vertretern beider Artenkreise ansehen, so hätte ich auch nichts dagegen, nur mülste der Be- treffende doch dann zugeben, dafs P. ialiae in irgend einer Form in Nordafrika vorkommt, andernfalls vermag ich mir die Ent- stehung von Hybriden nicht recht zu erklären. Passer domesticus tingitanus Loche. Deutsch: Haussperling, franz.: moineau domestique, arab.: Besuisch. Passer domesticus A. tingitanus Loche, 1867 Expl. Alger., Oiseaux p. 132. Dieser Sperling steht dem vorigen biologisch sehr nahe und weist auch in seinem Äufseren viele Anklänge an ihn auf. Charakteristisch ist für ihn hauptsächlich die Oberkopfplatte, welche kein rot, sondern grau mit mehr oder weniger schwarz (besonders in der Mitte) zeigt, wie es ja auch einem P. domesticus zukommt. Dank diesem Sperling besitzen wir nun in Tunesien alle Abstufungen von rot über grau zum schwarz auf den Kopf- platten, welche man sich nur denken kann. Er koınmt anscheinend in den mittleren Landesteilen des Westens vor an der Grenze von Gebiet I und 11. v. Erlanger erbeutete ein Exemplar am Oued Kasserine nördlich Feriana. Im eigentlichen Chott-Gebiet habe ich den Vogel nicht gefunden. Passer simplex saharae Erl. Deutsch: Wüstensperling, franz.: moineau du desert, arab.: Besuisch. Passer simplex saharae v. Erlanger J. f. ©. 1899, p. 472, Taf. 14. — Passer simplex König 1896; Whitaker 1905. — Corospiza simplex Bonaparte 1850; Loche 1867. Dieser Wüstensperling, welcher sich vom nubischen P. simplex simplex (Licht.) durch etwas gröfsere Malse und hellere Färbung unterscheidet, ist ein ausschliefsliicher Bewohner der Sand- wüste. Im gegensatz zu anderen typischen Vögeln dieses Gebietes, welche gelegentlich auch einmal die Grenzen desselben nach Norden überschreiten, wie z. B. Rhamphocorys Clot- Bey und Eremomela alpestris bilopha, scheint der blasse Spatz niemals seinen geliebten Sanddünen, oder vielmehr den wenigen dazwischen eingebetteten Brunnen, untreu zu werden. Ich habe ihn nicht im Gebiet II angetroffen und weils keinen Sammler, der in dieser Beziehung glücklicher gewesen wäre. Im Sahel ist er regelmäßsig Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 159 zu finden, auch König nennt ihn bei Ouargla nicht selten (J. f. O. 1896). Erythrospiza githaginea zedlitzi Neum. Deutsch: Wüstentrompeter, franz.: bouvreuil rose, boncanete githagine, arab.: Besuisch ach mar. Erythrospiea githaginea zedlitzi Neumann Orn. Monatsber. 1907. No. 9. pg.\145. Was die Unterscheidungsmerkmale des tunesischen Wüsten- gimpels von den verwandten Unterarten E. g. güthaginea (Lcht.) in Agypten und E. g. amantum (Hart.) auf den Canaren betrifft, so verweise ich zur genauen Orientierung auf O0. Neumanns Aufsatz über Krythrospiza githaginea in den Orn. Monatsberichten 1907, Heft 9, pag. 144—146. Hier sei nur erwähnt, dals E. g. zedlitzi grölser als die beiden anderen afrikanischen Arten ist, etwa gleich E. g. crassirostris Blyth aus Persien, von der er sich wiederum durch lebhafter rote Färbung der Unterseite unter- scheidet. Die rote Tönung von Brust und Schnabel nimmt übrigens bei beiden Geschlechtern mit dem Alter zu. Unser Wüstentrompeter ist eigentlich ein ausgesprochener Gebirgs-Bewohner, doch traf ich ihn auch in der Steppe, wenn nur dort auf einer Bodenwelle Steine angehäuft waren, z. B. an den Ruinen von Sidi Mansour im Segui, sowie in der sehr steinigen Umgebung von El Guettar. In der steinarmen Lehmsteppe sowie in den sandigen Partien fühlt sich der Vogel offenbar nicht wohl, doch hört man oft, besonders nachts, seinen lauten Lockruf, wenn er hoch über solche Ebenen hinweg von einem Gebirgszuge zum anderen streicht. Im allgemeinen ist der Wüstentrompeter sehr gesellig, ich fand ihn bald in gröfseren, bald in kleineren Trupps den Winter und Frühling hindurch bis gegen Ende März; bei beginnendem Brutgeschäft sondern sich erst die einzelnen Paare ab. Es ist ein hübsches anregendes Bild, von gutem Versteck aus im Frühling den Vögelchen zuzuschauen, wie sie sich an einer Felswand entlang jagen, herumbalgen, verfolgen, und dabei fühlt man, dafs es ihnen nicht bitterer Ernst ist, sondern mehr lustiges Spiel und liebenswürdiges Getändel. Im Grunde sind die munteren stets beweglichen rosenroten kleinen Kerle sehr verträglich, aber sie meinen, „Scherz mufs sein“ und „Motion tut wohl“. Zwischen den Spielen wird natürlich jede Felsspalte, jeder Stein eingehend nach interessanten Objekten abgesucht, und oft habe ich beobachtet, wie die besetzten Horste grofser Raubvögel in Abwesenheit der Inhaber von den neugierigen kleinen Nachbarn eingehend visitiert wurden. Der Bau des Nestes erfolgt im März oder Anfang April. Ich glaube, dafs alte Vögel damit wesentlich früher beginnen als Jüngere, die ich, wie oben gesagt, noch in den letzten Tagen des März in grölseren Trupps angetrofien habe. Das Nest steht an der 160 O0. Graf Zedlitz: Erde recht versteckt. König (J. f. O. 1892) fand es am Dj. el M&da bei Gabes unter Schlammstücken bezw. unter Ackerschollen, ich fand ein Nest mit vollem Gelege von 5 Eiern Anfang April 1906 unter einem Halfabusch auf Dj. Sidi Aisch. Die Malse der Eier sind: a. 1,95: 1,45 b. 1,95: 1,45 | Dopphöhe 197534 8,75—9. d. RIES A e. zerbrochen. Übereinstimmend gibt König die Durchschnittsmafse der von ihm gesammelten Eier mit 1,9:1,4 und 1,8:1,4 cm an. Trotz der Häufigkeit des Vogels findet man nur verhältnismäfsig wenig Ge- lege, weil es keineswegs leicht ist, die versteckten Nester, oben- drein im oft schwer zugänglichen Gebirge, zu entdecken. Der sonst so lebhafte und zutrauliche Vogel, weils sich in der Nähe des Nestes auch ganz unauffällig zu benehmen und nötigenfalls heimlich zu drücken. Fringillaria saharae (Lev. jr.) Deutsch: Sahara-Ammer, französ.: fringillaire (bruent) du sahare, arab.: Buabibi. Emberisa sahari Levaillant jr. Expl. Scient. de !’Alg., Atlas Ois. Taf. IX bis, Fig. 2, 1850; Whitaker Ibis 1894; Malherbe 1855; König 1888. — Fringillaria saharae Tristram Ibis 1859; König 1893, 1896; v. Erlanger 1899; Whitaker B. of T. 1905; Loche Expl. Scient. de l’Alg. Ois. I, 1867. — Emberiza striolata sahari Hartert V. d. pal. F. II, 1904. Der Buabibi ist ein erklärter Freund des Menschen und hält sich am liebsten in der Nähe seiner Wobnungen auf. Seine Heimat ist Gebiet II und auch noch die Steinwüste, aber immer hält er sich bei Oasen. Es genügen ihm jedoch schon ein Bordj oder sonst ein paar Hütten mit wenigen Bäumen dabei, um sich dort wohl zu fühlen. An der Küste habe ich ihn nie gesehen, auch Erlanger bestätigt, dafs er dort nicht vorkommt. Der öst- lichste Punkt seiner Verbreitung im Gebiet II dürfte nach meinen Feststellungen etwa der Bordj El Hafey im nordöstlichen Segui sein. Als nördlichsten Fundort gibt v. Erlanger Feriana an. Im Süden geht der Vogel offenbar so weit, als er ihm zusagende Plätze findet, König (J. f. G. 1896) fand ihn überall in den Oasen der algerischen Steinwüste. Als dauernder Nachbar des Menschen ist der Buabibi sehr zutraulich, er sitzt nicht nur mit Vorliebe in den Höfen und auf den Häusern oder Mauern, sondern benutzt auch gern eine offene Tür, um sich die Häuser von innen anzu- sehen. Im Bordj EI Guettar habe ich ihn mehrfach auf der Schwelle unseres Schlafraumes sitzen sehen, und im März 1905 fing der Präparator einen Vogel in demselben Zimmer mit seinem Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 161 Hut. Nirgends traf ich diese Ammer auch so häufig an wie in den beiden Oasen El Guettar und Gafsa. Die Brutzeit fällt in die zweite Hälfte April und später, Erlanger erwähnt ein Gelege aus Gafsa von Ende Mai 1897. Das Nest wird in Ritzen des Mauerwerks und in Löchern angelegt, wie sie die Häuser der Eingeborenen im Überflufs bieten. Sehr gern werden auch die Moscheen gewählt, um in ihrem Gemäuer zu brüten, aus diesem Grunde gilt der Vogel bei den Arabern direkt für heilig und wird entsprechend rücksichtsvoll behandelt. Emberiza calandra L. Deutsch: Gerstenammer, französ.: le proyer, arab.: Sorees. Emberiza calandra Linne Syst. Nat. Ed. X. pg. 176, (1758). — Emberiza miliaria Linne Syst. Nat. Ed. XII. p. 308, (1766); Malherbe 1855; König 1888, 1892; v. Erlanger 1899; Whitaker B. of T. 1905. — COynchramus miliaria Loche 1858, 1867. — Emberiza calandra calandra Hartert V. d. pal. F. Il. 1904. Als Standvogel bewohnt die Gerstenammer die ganze Regent- schaft und ist überall dort anzutreffen, wo etwas Feld oder Wasser mit grüner Weide sich findet. Im Winter bilden sich gröfsere Flüge, welche dicht gedrängt auf den Dornbüschen der Steppe einzufallen pflegen, sodafs der ganze Strauch mit Vögeln dicht besetzt erscheint. Später dann, vom März an, sondern sich die Männchen ab und nehmen ihren Stand einzeln auf freien Zweigen, um von dort unermüdlich ihr zirpendes Lied erschallen zu lassen, gerade wie bei uns. Ich habe mehrfach die Beobachtung gemacht, dafs man beim Anblick solcher Ammer auf einem fernen Busch sich unter dem Einflufs der klaren Luft eicer momentanen Täuschung hingibt und einen ganz anderen viel grölseren Vogel zu sehen glaubt, bis sich dann bei weiterer Annäherung der Irrtum aufklärt. Interessante Beobachtungen über das Brutgeschäft finden wir - wieder bei König, J. f. O. 1888 und 1892, der die Zahl der Eier mit 4—7 bei vollem Gelege angibt und dabei die Beobachtung gemacht hat, dafs sich in grofsen Nestern auch starke Gelege, in kleinen aber stets schwache Gelege fanden. Von dem häufigen Variieren der Färbung bezw. sehr hellen Spielarten, welche er beobachten konnte, habe ich leider nichts konstatieren können. Familie: Alaudidae. Alaemon alaudipes alaudipes (Desf.) Deutsch: Grofse Wüstenläuferlerche, französ.: sirlis bifasciee, arab.: Müka. Upupa alaudipes Desfontaines, M&m. de l’Acad. 1787, p. 504. — Alauda bifasciata Lichtenstein Verz. Doubl. Zool. Mus. Berlin 162 O0. Graf Zedlitz: 1823. — Certhilauda salvini Tristram Ibis 1859. — Certhilauda desertorum Loche 1867, König 1893. — Alaemon alaudipes Whitaker Ibis 1894, B. o T. 1905. — Certhilauda alaudipes König 1895; v. Erlanger 1899. — Alaemon alaudipes alaudipes Hartert V. d. pal. F. III, 1905. Wenn auch typischer Wüstenvogel, also eigentlich in Er- langers Gebiet III zu Hause (nach Hartert „Sahara von Rio de Oro bis Egyten“), kommt die grofse Läuferlerche doch auch nörd- lich im Gebiet II vor und zwar nicht nur gelegentlich, sondern regelmäfsig. Erlanger meint, sie sei südlich der Chotts häufig nördlich derselben aber sehr selten, sei noch vereinzelt bei Gabes, nördlich des Dj. el Meda aber gar nicht mehr beobachtet worden. König hat sie bei Gabes überhaupt nicht selbst gesehen und erwähnt nur die von Alessi bei Gabes gesammelte Suite. Ich bin in der Lage, diese Lerche im Gegensatz zu Erlanger als häufige Erscheinung und Standvogel im Gebiet II nachzuweisen. Regelmäfsig fand ich sie in der Nähe von Gabes, meist in den sandigen Gebieten, welche an der Stralse nach Kebilli liegen. Dort sah ich am 17. IIl. 1903 längere Zeit zu, wie zwei Männchen eifrig um ein Weichen balzten und erlegte dann Q' und Q mit einer Dublette. Ebenso sammelte und beobachtete ich die Lerche südlich von Gabes in der Rich- tung auf Medenine. Am häufigsten jedoch sah ich den Vogel nordwestlich des Dj. el M&da im östlichen Segui, auf dem wasser- armen „Schneckenplateau“ und noch weiterbin westlich. Mar- schiertt man im März — Mai irgendwie zwischen dem Bordj el Fedjej und dem Bir Sidi Mansour, so begleitet einen fast un- unterbrochen der Balzgesang dieser Lerche. Ich habe im Jahre 1905 und 1906 genau die gleiche Beobachtung gemacht. Es ist in dieser Region dann gar kein Kunststück, in einer halben Stunde 5—6 Exemplare zu schielsen, ich bekenne aber, dafs in diesem Falle in mir stets der Naturfreund mit dem Sammler in Konflikt geriet, denn ich habe für den melancholischen Gesang dieses so gar nicht scheuen Vogels eine soiche Vorliebe, dafs ich ihn nur ungern. schiefse. Das eigenartig melodische Lied und das charakteristische Benehmen bei der Balz ist schon wiederholt Gegenstand eingehender Beschreibung gewesen, z. B. von König J. f. 0.:1895. p. 437, von Hartert V. d. pal. F. Il. p. 251. Hier heifst es: „der wehmütige Gesang hebt an mit einer aus 3—4 Tönen bestehenden aufwärts steigenden Scala, an den sich ein lebhafter Triller anschliefst.“ Ich möchte über den Balzgesang, wie ich ihn unzählige Male gehört und beobachtet habe, im An- schlufs hieran noch kurz berichten, da sich dabei einige Ab- weichungen von der eben angeführten Beschreibung ergeben: Das oJ" erhebt sich mit charakteristischem Lerchenflug fast senkrecht emporstrebend zu mäfsiger Höhe, hält dort rüttelnd mit ge- spreizten Schwanzfedern und pfeift dazu in moll meist 6 Töne, die drei ersten unter sich gleich, ebenso die drei letzten, diese aber in einer höheren Lage. Beim letzten Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 163 Ton überschlägt sich der Vogel fast, dabei oft keineswegs immer einen kurzen Triller ausstolsend, und stürzt wie ein Stein zu dem bewundernden @ an die Erde herunter. Bei diesem plötzlichen Überschlagen fällt die sich scharf abhebende schwarzweilfse Zeichnung der Unterflügel schon auf grofse Entfernung deutlich ins Auge. Durch dieses äufserst charakteristische Balzspiel ver- bunden mit dem ins Ohr fallenden Gesang in moll mufs der Vogel eigentlich jedem, auch dem uninteressierten Reisenden auffallen. Keineswegs singt das Q' nur im Fluge, vielmehr habe ich manches- mal auch die Bodenbalz beobachten können. Es wird dann der- selbe sechsfache Pfiff in zwei Oktaven vorgetragen, doch stets ‘ohne Schlufstriller. Der Sänger sitzt dabei gern auf einem etwas erhöhten Punkte, einem Erdhaufen oder niederen Strauch. In der eigentlichen Paarungszeit singt das Q fast ununterbrochen bald an der Erde, bald im Fluge. König teilt uns im J. f. O. 1895 ein Märchen mit, das die Araber des algerischen Südens zu dem melancholischen Lied ihres Heimatsvogels gedichtet haben. Es ist für den zarten Zauber, der bisweilen diese am Lagerfeuer der braunen weltfremden No- maden spontan entstandenen Poesien umwebt, so bezeichnend, dafs ich nicht umhin kann, es hier wörtlich nachzuerzählen: „Einst kam die L&fa (Hornviper) gleilsnerisch zur Müka (Wüstenläufer- lerche) und bot ihr treue Freundschaft an. Muüka ging darauf ein und lebte friedlich mit der Schlange. Diese entbrannte in Leidenschaft zu ihr und knüpfte das eheliche Band. Die Müka baute ihr Nest neben dem Schlupfloch der Schlange und brütete die Jungen aus. Als sie dann Futter holen ging, übertrug sie der Lefa die Aufsicht über die Jungen. Diese versprach zu wachen, aber als die Mutter fort war, frals sie die Jungen auf. Als die „Omma‘“ zurückkam, erkannte sie am listigen Blick der Schlange, was geschehen war, seitdem klagt sie im Liede ihr Leid.“ Die Brutzeit beginnt nach meinen Beobachtungen ziemlich spät in der zweiten Hälfte des April oder im Mai. v. Erlanger fand bei Kebilli ein Gelege von 5 Eiern am 10. V. 1893. Ver- hältnismälsig früh sind die Gelege, welche König (1895) beschreibt vom 13. und 14. IV. 1893 aus Süd-Aigerien. Eines derselben stand ganz frei am Boden, das andere auf der Spitze eines Strauches (letztere Anlage möchte ich als eine seltenere Ausnahme betrachten). In die Peripherie der Nester waren feine mit Sand durch- setzte Netzklümpchen eingewoben, welche von Spinnen herrühren dürften. Die Fleckung der Eier variiert sehr von lehmbraun bis zu violett. Die Durchschnittsmafse gibt König mit 2:1,5; 2:16 cm an. Ifn Winter, wenn das g' nicht seinen Gesang ertönen lälst, übersieht man leicht den gewandt an der Erde laufenden Vogel wegen seiner vorzüglichen Schutzfärbung. Er wird deshalb für seltener gehalten, als es wirklich der Fall ist. Aufserdem scheint er innerhalb seiner Verbreitungszone bald zahlreich, bald sehr spärlich aufzutreten. Ich sah im Juni 1908 eine recht reichhaltige 164 O0. Graf Zedlitz: Sammlung, welcheHerr Steinbach in demselben Frühjahre bei Biscra zusammengebracht hatte; in dieser befanden sich nur 2 Exemplare unserer Alaemon, welche der Erbeuter mir als die einzigen bezeichnete, die er dort gesehen hat. Also dort in einer Gegend, welche vollkommen Erlangers Gebiet III entspricht, war die Lerche sehr selten, mitten im Gebiet II hingegen habe ich sie auf Schritt und Tritt gefunden, wie schon oben erwähnt, wurde. Erlanger schneidet die Frage an, ob eine subspezifische Teilung nicht gerechtfertigt erscheint, und schlägt für den südlicheren Vogel den Namen C. a. salwini (Tristram) vor. Ich glaube, dafs die beiden von ihm vermuteten Unterarten lediglich 9° und 2 desselben Vogels sind, welche grolse Abweichungen zeigen sowohl im Gefieder wie in den Mafsen, besonders des Schnabels (Vgl. auch Hartert V. d. pal. F. III p. 250/251). Mir liegen 22 Exemplare im Balg vor, 18 9, 4 9, in dieser ganzen Suite erscheint konstant das © kleiner, sein Schnabel kürzer, Rücken und Oberkopf rötlichgelber, der Nackenring verschwindet, auf dem Kopf erscheinen die dunklen Flecke verwaschen, vielfach mit gelblichem Anfluge. Dies alles deckt sich im allgemeinen mit Hartert’s Ausführungen, als weiteres Unterscheidungs-Merkmal möchte ich aber noch folgendes hinzufügen: Die ersten 4—5 Hand- schwingen sind beim 2 innen wie aufsen bedeutend heller gefärbt als beim &. Innerhalb der Geschlechter variieren die Federn noch etwas, meist haben die 9° ausgesprochen schwarze Hand- schwingen, nur die ersten beiden etwas fahler, die der Q sind dagegen vielfach direkt isabellfarbig. Immer zeigt hier das © mit den dunkelsten vorderen Handschwingen noch eine sehr viel hellere Farbe derselben als das hellste S'. Dafs die charak- teristischen Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern erst verhältnismäßig spät genau festgelegt worden sind, hat wohl auch seinen Grund darin, dafs bis vor wenigen Jahren die © dieser Lerche überhaupt nicht zahlreich in unseren Sammlungen vertreten waren, die Zahl der 9° überwog um das vielfache. Letztere haben eben stets durch ihre Balz die Aufmerksamkeit der Sammler auf sich gelenkt, jene entgingen ihnen meist dank ihrer Schutzfärbung. Chersophilus duponti duponti Vieill. Deutsch: Kleine Wüstenläuferlerche, franz.: alouette courante, ara.: Lubeda. Alauda duponti Vieillot, Faune franc. p. 173, Taf. 76, Fig. 2. (1820). — Certhilauda duponti Bonaparte 1842; Loche 1867. — Chersophilus duponti Sharpe Cat. Birds Brit Mu$8. XIII. p. 526; Whitaker B. of T. 1905. — Alaemon duponti König 1888. — A.d. duponti v. Erlanger 1899. — Chersophilus duponti duponti Hartert V. d. pal. F. 11l. 1905. Die Heimat dieser Lerche liegt nördlich des Atlas, wo sie als Standvogel lebt, aber nicht zu den gerade häufigen Erschein- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 165 ungen zu gehören scheint. Im eigentlichen Süden kommt sie nicht vor, doch ist keine scharfe Grenze ihres Verbreitungs-Gebiets zu ziehen. In den Steppen nördlich Gafsa, insbesondere zwischen Maajen el Fedj und Bordj El Hafey (Nord) sowie dem Dj. Freiou, traf ich bald dunklere, bald hellere Läuferlerchen. Es scheint hier die typische Or. d. duponti allmählich in die südlichere Ch. d. margaritae überzugehen, wie es in derselben Region bei Lanius excubitor dosdsoni u. L. e. elegans sowie Caccabis petrosa petrosa und C©.p. spatzi beispielsweise der Fall ist. Gelege habe ich selbst nicht erbeutet, Erlanger gibt die Malse mit 23 : 17, 24 : 18 durchschnittlich an. Chersophilus duponti margaritae (Kg.) Deutsch: Königs Wüstenläuferlerche, franz. u. arab. wie vorige. Alaemon margaritae König J. f. O. 1888, p. 228; König 1893. — Chersophilus margaritae Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Alaemon duponti margaritae v. Erlanger 1899. — Uhersophilus duponti margaritae Hartert, V. d. pal. F. III. 1905. Als Verbreiterin der vorigen Art bewohnt diese Lerche den Süden der Atlasländer bis tiefin die Wüste hinein, ausgesprochenen Flugsand scheint sie nicht zu lieben. König, ihr Entdecker, gibt uns reichliches biologisches Material, auf das ich hier zunächst verweise, zuerst im J. f. OÖ. 1888 von Seite 228 an, sodann in J. f. O. 1893 Seite 51. Als auffallend verdient hervorgehoben zu werden, dafs der Forscher ausdrücklich bemerkt, dafs er die Stimme des Vogels nicht gehört habe. Im allgemeinen hält diese Lerche keineswegs den Schnabel, sondern singt eifrig und sehr wohllautend bald im Fluge, bald auf der Erde. In letzterem Falle, wenn sie am Boden herumläuft, stölst sie oft einen eigen- artigen pfeifenden Triller aus, durch den ich zumeist erst auf den Vogel aufmerksam wurde, den man sonst in seinem sandfarbenen Kleide gar zu leicht übersehen würde. In mancher Beziehung erinnert der Balzgesang an den von Alaemon alaudipes alaudipes, doch ist er abwechselungsreicher. Meine Beobachtung vom fleifsigen Singen findet sich bei anderen Forschern, z. B. bei Erlanger, vollkommen bestätigt. Uber die Färbungs-Unterschiede zwischen Ch. d. duponti und Oh. d. margaritae sowie die verschiedenen Kleider bei 9, © und juv. ist schon von Erlanger (J. f. O. 1899) und Hartert V. d. pal. F. III p. 253 alles charakteristische hervorgehoben worden. Ich kann das Gesagte nur bestätigen, aber nichts neues hinzufügen. Insbesondere konstatierte auch ich beim jungen Vogel die deutlichen weifsen Säume der Federn auf der Oberseite sowie dunkleres Zimmtbraun auf Kopfplatte und Rücken, sodafs der Gasamt-Eindruck viel bunter ist. Beobachtet habe auch ich die Lerche zahlreich in der Ebene westlich des Dj. Sidi Aisch, ferner im östlichen Segui, vereinzelt nördlich sowie südlich von Gabes und wenige Exemplare bei 166 O0. Graf Zedlitz: Medenine. Stets setzt uns der Vogel wieder durch seine „Schnell- füßsigkeit“ in Erstaunen; selbst bei nahender Gefahr sucht er sich meist laufend derselben zu entziehen. Bei Med£nine schofs ich im Februar 1906 von einem Pärchen mit dem Flobert auf kurze Entfernung das eine Stück; dafs andere flog nicht auf, sondern lief schleunigst weiter und wufste, während ich meine Beute ‚schnell aufhob, solchen Vorsprung zu gewinnen, dafs ich das Vögelchen nicht wiederfand.. Wie manchesmal narrt uns auch das 91, indem er an einer Stelle am Boden sein Lied ertönen läfst und dann rasch weiter läuft, um an einer anderen Stelle einen neuen Triller verlauten zu lassen. Mar kann dabei lange hinter- herlaufen und weifs eigentlich nie, hat man den gesuchten Vogel dicht vor sich oder ist er über 100 m weit. Erschwerend kommt m. E. hierbei auch noch die für Hervorbringung akustischer Täuschungen besonders günstige Steppe in Betracht, denn auch beim ganz still sitzenden Vogel weils man oft nicht, ob wir ihn nach der Stimme in unmittelbarer Nähe oder weiter weg zu suchen haben. Ähnliches ja erlebt bei uns auch häufig der Jäger, z. B. ist schon mancher bis unmittelbar unter den balzenden Auerhahn angesprungen, ehe er endlich merkte, von wo eigentlich der Ton kam; auch bei einem rodelnden Birkhahn, den man nicht sieht, ist es oft sehr schwer zu sagen, ob er 50 oder 300 m weit steht. Bei der Lerche kommt dann noch hinzu, dafs man bisweilen im Zweifel ist, ob sie an der Erde oder in der Luft singt. Nach übereinstimmenden Mitteilungen fällt die Brutzeit der Regel nach in die zweite Hälfte März und den April. Ich habe das Glück gehabt, eine abnorm frühe Brut zu konstatieren, indem ich am 21. IV. 1905 in der Steppe am Dj. Sidi Aisch einen jungen Vogel erlegte, der zwar noch nicht ganz die Mafse der Alten erreicht hatte, sich aber schon ganz selbständig durchs Leben schlug. Im Gegensatz dazu fand ich am 7. IV. 1906 in derselben Gegend ein ganz frisches Ei von einem soeben begonnenen Gelege her- rührend, und Mitte April 1905 ein noch wenig bebrütetes Gelege. Die Mafse der von mir gesammelten Eier sind 23:17 mm und 225:16,5 mm, 19D.°H: SIDE die Mafse nach Erlanger sind 22 (23):16 (17) mm, also über- einstimmend. Die Zahl der Eier ist 3—4. Galerida cristata macrorhyncha (Tristr.) Deutsch: Langschnäblige Haubenlerche (nördl. Form), französ.: cochevis de Randon, arab.: Goba. Galerida macrorhyncha Tristram Ibis 1859, p. 57, 426; König 1888. — Galerita randoni Loche 1858, 1860. — Galerita macrorhyncha König 1893, 1895. — Alauda macrorhyncha Whitaker Ibis 1894. — Galerita eristata macrorhyncha v. Erlanger 1899. — Galerida cristata macrorhyncha Hartert V. d. pal. F. II. 1904. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 167 Die systematische Klassifizierung der tunesischen Hauben- lerchen ist keine ganz einfache und auch heute noch umstritten. Es würde mich zu weit führen, hier die verschiedenen Auffas- sungen zu wiederholen. Zweifellos steht heute die Teilung in zwei grolse Artenkreise fest, die langschnäbligen Haubenlerchen = Galerida cristata und diekurzschnäbligen = Galerida theklae. v. Er- langer (vgl. J. f. O. 1899, p. 329) nimmt von jedem Artenkreise drei bezw. vier verschiedene Subspecies an und zwar @. c. ma- crorhyncha für Gebiet I (vgl. Zoogeograph. Karte der Atlasländer J. f. ©. 1898), @. ce. arenicola für Gebiet II u. @. ce. reichenowi für Gebiet II—IIIl. Diese Unterart, deren Typus übrigens aus Ge- biet II (Togeur) stammt, zieht Hartert mit der vorigen zusammen, vgl. seine Ausführungen in Vögel d. paläarkt. Fauna II, p. 232. Von kurzschnäbligen Haubenlerchen führt Erlanger auf derselben Tafel folgende an: @. theklae harterti für Gebiet I, G. t. superflun für Gebiet II, @. t. deichleri für Gebiet III, und @G. t. carolinae für Gebiet IV. Hartert zieht hier wiederum @. £. superflua und @. t. deichleri zusammen und begründet dies eingehend in Vögel d. paläarkt. Fauna II. pag. 238, vgl. auch Ibis 1898 pag. 603. Whitaker in ‚Birds of Tunesia 1905“ hält im Gegensatz dazu an der Berichtigung der Form @. t. deichleri fest. Ich schliefse mich an Hartert an und teile die tunesischen Hauben- lerchen also ein in: 1) a. Galerida eristata macrorhyncha nördlich des Atlas, b. @. ce. arenicola südlich des Atlas, 2) a. @. theklae harterti — nördlichstes Tunesien (Gebiet I), b. @. t. superflua — Gebiet II—II, c. @. t. carolinae :— Gebiet IV (Peträische Sahara.) Sämtliche Unterscheidungs-Merkmale, Malse u. s. w. sind bei Hartert nachzulesen. @. c. macrorhyncha scheint weiter im Westen auch noch bis ins Gebiet II vorzudringen, sie ist bei Laghonat im mittleren Algier festgestellt worden. In Tunesien habe ich sie im Gebiet II niemals angetroffen. Galerida cristata arenicola (Tristr.) Deutsch: langschnäblige Haubenlerche (südliche Form), franz. und arab.: wie vorige. Galerida arenicola Tristram Ibis 1859, p. 58, 426. — Galerita arenicola König 1895. — Galerita cristata arenicola v. Erlanger 1899. — Galerita cristata reichenowi v. Erlanger 1899, p. 351. — Galerida cristata arenicola Hartert V. d. pal. F. II. 1904, p. 232. Kaum ein Vogel dürfte in den weiten Steppen südlich der Atlas-Ausläufer so häufig sein wie diese Haubenlerche. Überall 168 0. Graf Zedlitz: wo tennenartig hart sich die flache Lehmsteppe in schier unabsehbare Form dehnt, begegnet man dem Vogel tagtäglich, ja sozusagen auf Schritt und Tritt. Gerade wo recht wenig Vegetation ist, scheint es ihm zu behagen, nur recht flach mufs der Boden sein. Sobald steinige Höhenzüge auch von geringer Ausdehnung die Ebene unterbrechen, macht dort sofort die @. eristata der @. theklae Platz, welche letztere sie sowohl in allen gebirgigen Landes- teilen wie auch in Oasen, Gärten und buschreichen Regionen vertritt. So zeigt sich hier auch ein ganz prägnanter Unterschied zwischen beiden Artenkreisen in biologischer Hinsicht. Unsere Galerida ist aufserordentlich vertraut und tummelt sich mit besonderer Vorliebe auf den Karavanenstrafsen, wo sie dem Menschen kaum ausweicht. Der gewöhnliche Lockruf, den sie besonders oft beim Auffliegen hören läfst, erinnert sehr an die Stimme unserer heimischen Haubenlerche. Von Ende März an fand ich häufig Gelege, meist von 4 Eiern,Malse durchschnittlich 7 nn mm, Hartert gibt die Malse entsprechend an, kleinste 23:16, grölste 26:17. Das Nest steht nach meinen Beobachtungen oft ziemlich frei, seitlich an einen kleinen Busch angeschmiegt. Nach Erlanger und Hartert beträgt die Zahl der Eier bisweilen 5. Galerida theklae harterti Erl. Deutsch: Kurzschnäblige Haubenlerche (nördliche Form), franz.: cochevis huppee, arab.: Göba. Galerita theklae harterti v. Erlanger J. f. O. 1899, p. 332. — dGealerita theklae major (Brehm) Naumann 1858, p. 218. — Galerida cristata König 1888. — Alauda cristata Whitaker Ibis 1894. — A. cr. theklae Whitaker Ibis 1895. — Galerida theklae major Whitaker B. of T. 1905. — Galerida theklae harterti Hartert V. d. pal. F. II 1904, p. 238. Das Verbreitungsgebiet dürfte im allgemeinen dem von @. c. macrorhyncha entsprechen, doch liegen bisher keine bestimmten Mitteilungen über ein Vorkommen auch im Gebiet II vor. v. Erlanger beschreibt ein Gelege (3 Eier) vom Oued Kasserine und gibt die Mafse wie folgt an: 22 (24) : 16 (17) mm. Eigene Beobachtungen über diesen Vogel fehlen mir. Galerida theklae superjlua Hart. Deutsch: Kurzschnäblige Haubenlerche (südlichere Form), franz. und arab.: wie vorige. Galerida eristata superflua Hartert Nov. Zool. 1897, p. 144. — Alauda cristata pallida Whitaker Ibis 1895. — Galerita theklae superflua v. Erlanger 1899. — Galerida theklae superflua Hartert V. d. pal. F. II. 1904; Whitaker B. of T. 1905. — Gealerita theklae deichlert v. Erlanger J. f. O. 1899, p. 339. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 169 Bei der grofsen Unklarheit, welche vor der Arbeit Erlangers in der Benennung der tunesischen Haubenlerche herrschte, ist es eigentlich nicht verwunderlich, dafs diese typisch kurzschnäblige Lerche auch gelegentlich mit @. arenicola bezeichnet und somit zum langschnäbligen Artenkreis gezogen worden ist. Wie ich schon bei @. c. arenicola erwähnte, unterscheiden sich aber beide nicht nur ganz scharf äufserlich, sondern auch auffallend in biolo- gischer Hinsicht. Von den anderen Vertreterinnen ihres eigenen Artenkreises zeichnet sie sich durch besonders helle sandfarbene Oberseite und hellere Fleckung des Kropfes aus. Die Unterflügel- decken sind isabellfarben mit grauem Anfluge, also rötlicher als bei den anderen Zheklae-Arten, aber nicht so rötlich wie bei G. cristata. Innerhalb der Art und auf beschränktem Raume finden sich bald hellere, bald dunklere, bald rötlichere, bald grauere Stücke. Auf Grund dieser Abweichungen ist s. Z. die @. £. deichleri abgetrennt worden, deren Berechtigung als lokale Unter- art Hartert jedoch bestreitet, vgl. V. d. pal. F. II p. 238. Sobald die Lehmsteppe von einer noch so kleinen steinigen Erhebung unterbrochen wird, tritt in Süd-Tunesien sofort die G. theklae an Stelle der sonst so häufigen @. cristata, z. B. am Pafs von EI Fedjej auf der Strafse von Gabes nach dem Segui und an den Ausläufern der Matmata-Berge südlich Gabes, hier also recht nahe am Meere. In allen Segui-Gebirgen fand ich G. t. superflua sowohl unten am Fuß, sobald die Steinhalden begannen, als auch höher hinauf bis zum Gipfel. Nördlich von Gafsa bewohnt die Lerche ebenfalls alle Gebirge bis zum Dj. Freijou, doch findet sie sich hier auch in der Ebene dort, wo es viel Strauchwerk und Felder gibt. So sah und erbeutete ich sie z. B. häufig beim Bordj Madjen el Fedj und in den Kaktus- pflanzungen am Fufse der Dj. Sidi Ali ben Aoun und Dj. Sidi Aich. Rings um die Oase Gafsa findet sich @. t. superflua allenthalben, nur an der Karavanenstrafse nordwärts nach Kaironau, soweit sie durch flache sehr sandige Partieen geht, scheint sie zu fehlen, nach etwa 30 klm bei den Ausläufern des Dj. Souenia sah ich sie wieder häufig. Am Rande der Kaktuspflanzungen am Dj. Sidi Aich sowie an den flachen Bodenwellen, welche sich weit hinein ins Segui erstrecken, habe ich bisweilen Vertreter von @. theklae und @. cristata auf engem Raume angetroffen, es sind dies eben Punkte, wo die beiderseitigen Verbreitungsgebiete sich berühren, im allgemeinen hält sich aber jede Art streng an ihr Revier. Die Brutzeit beginnt mit dem April. Die Ebene südöstlich der Dj. Sidi Aich ist ein ganz sicherer Fundort für viele Gelege beider Arten, die Nester von theklae suche man im Kaktus und auf den Vorbergen, die von eristata mitten in der Steppe. In der Regel enthält das Zheklae-Gelege 3 Eier. Erlanger fand Gelege noch Anfang Juni. Im allgemeinen sind die Mafse der Eier etwas kleiner bei Zheklae als bei cristata, die Form ist bei ersterer Journ. f. Om, LVI, Jahrg. April 1909. 12 170 0. Graf Zedlitz: meist eiförmig bis rundlich, bei letzterer der Regel nach oval, also länglicher. Auch in der Zeichnung glaube ich, einen Unterschied konstatieren zu können, obgleich innerhalb der Art die einzelnen Eier in Bezug auf die Flecken-Zeichnung nicht unerheblich differieren. Bei Zheklae ist die Grundfarbe trübweils mit einem Stich ins gelbliche; zarte violettgraue Schalenflecke sind gleichmäfsig über die Oberfläche verteilt, darüber Flecken- zeichnung aus feinen gelbbraunen Punkten, am stumpfen Pol etwas dichter; bisweilen zeigen sich die violett-grauen Schalenflecke nur zwischen der Zeichnung am stumpfen Pol. Die Eier von cristata haben ähnlichen schmutzig gelb-weilsen Untergrund mit violett-aschgrauen Schalenflecken, doch darauf eine so dichte gelbbraune Punkt-Zeichnung, dafs bisweilen der Untergrund nicht mehr zu sehen ist, am dichtesten um den stumpfen Pol herum, dort vielfach die einzelnen Punkte in einander übergehend. Nach meinen Aufzeichnungen messen die Eier von Ihe 22,5:16 BIER theklae durchschnittlich 105 D. H. mm, die von 3 DEE TED erıstala y „ 115 D.H. mm, doch kommen hier Längen bis zu 26 mm nicht selten vor. Das volle Gelege der cristata beträgt 4—5, das der theklae in der Regel nur 3 Eier, ich persönlich habe wenigstens niemals mehr in einem Nest finden können. Galerida theklae carolinae Erl. Deutsch, franz. und arab.: wie vorige. Galerida cristata carolinae v. Erl. Orn. Monatsb. 1897, p. 186. — Gealerita theklae carolinae J.f. O. 1899, p. 342; Hartert, V. d. pal. F. II 1904. Nur im äufsersten Süden wird es dem Sammler gelingen, diese Lerche mit der rostroten Oberseite anzutreffen. Als echte theklae zieht sie die steinigen Regionen unbedingt dem Sande vor und lebt deshalb vorzugsweise in der peträischen Wüste. Bei Medenine habe ich sie noch nicht angetroffen. Alauda arvensis L. Deutsch: Feldlerche, franz.: alouette des champs, arab.: Seliech. Alauda arvensis Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 165, (1758), Malherbe (1846); Loche (1855/67); Tristram (1839); König (1892), v. Erlanger (1899); Whitaker (1905). — 4. a. arvensis Hartert V. d. pal. F. III (1905). Als Wintergast finden wir unsere Feldlerche aufserordentlich zahlreich in den Landesteilen nördlich des Atlas, die sie wegen der vielen grünen Felder den öderen Steppen des Südens vorzieht. Sie lebt in gröfseren Gesellschaften vereinigt und kann bis Mitte März in grofser Zahl beobachtet werden. Dann verschwindet sie Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 171 allmählich, König (1892) stellte sie noch im Mai bei Monastir und zwar als Brutvogel fest. Ich vermute, dafs im nördlichsten Teile des Landes wohl alljährlich brütende Paare zurückbleiben werden, im Süden der Atlas-Ausläufer dürfte dies nicht der Fall sein. Ammomanes deserti algeriensis Sharpe Deutsch: Algerische Wüstenlerche; franz.: Ammomane isabelline od. A. du desert, arab.: Tliesch m’ta Djebel. Ammomanes algeriensis Sharpe Cat. B. Brit. Mus., XIII, p. 645 (1890); König 1893, 1895, v. Erlanger 1899. — Ammomanes deserti - Loche 1858; Whitaker 1894. — Ammomanes isabellina Loche 1867; Tristram Ibis 1859. — Ammomanes deserti algeriensis Hartert V. d. pal. F. Il, 1904. Nur südlich des Atlas finden wir diese Lerche, welche in der Wahl ihrer Standorte einen ähnlichen Geschmack zeigt wie Galerida theklae superflua. In der Ebene fand ich sie auf steinigen Bodenwellen, so ganz dicht bei Gafsa, zumeist aber lebt sie im Gebirge, an den mit Halfa bewachsenen Abhängen und auch in den höchsten Lagen. Gerade das Halfa scheint sie sehr zu lieben, und es ist oft. gar nicht leicht, den zwischen den hohen Gras- büschen herumlaufenden Vogel mit der ausgezeichneten Schutz- färbung zu Gesicht zu bekommen. Dabei ist er aber sehr zu- traulich und fliegt erst auf, wenn man ihm auf wenige Meter nahe gerückt ist. Die Färbung ist sehr variabel, wie ich bei einer grölseren Serie von Bälgen aus eigener Sammlung und der des Berliner Museums feststellen konnte, doch sind die Vögel aus dem äulsersten Süden nicht durchweg heller als die nördlicheren. Ebenso finden sich bei beiden Geschlechtern hellere und dunklere Exemplare. Die Färbungs-Unterschiede beziehen sich auf die ganze Oberseite sowie auf die Unterseite der Schwanzfedern, doch zeigt auch bei den dunkelsten Stücken die Schwanzspitze an der Unterseite niemals einen schwarzen Fleck wie bei Ammomanes phoenicura arenicolor. Meist ist das @ etwas kleiner als das 9, hat auch kürzeren Schnabel, letzterer Unterschied erweist sich aber nicht als konstant. Den Balzgesang läfst der Vogel ebensowohl im Fluge als an der Erde ertönen und wählt dann gern einen erhöhten freien Sitzplatz, z. B. auf einem grofsen Stein. Wird er verjagt, so läuft er nicht weit und schnell fort wie die Läuferlerchen, sondern sucht sich in der Nähe zu drücken. Das Gelege besteht meist aus 3 Eiern, v. Erlanger und Hartert erwähnen als Seltenheit auch 4. Ich fand am 2. April 1906 auf dem Dj. Ain Guettar westlich Gafsa ein Nest, das unter einem schräg liegenden flachen Stein sehr gut versteckt war. Der brütende Vogel strich erst ab, als ich auf einen Schritt heran war. Dies Gelege muls als ein recht frühes angesprochen werden, 12* 172 0. Graf Zedlitz: denn v. Erlanger fand seine einzigen 2 Gelege am 11. und 14. Mai 1897, und Hartert gibt als Hauptbrutzeit den Mai an. König (J. f. O. 1892) beobachtete am 5. V. auf dem Dj. el Meda ein Q, das schon fütterte. Weitere interessante Mitteilungen über diesen Vogel gibt er uns nach den Erfahrungen in Süd-Algerien im J. f. O. 1895, p. 441—448. Die Malse der Eier sind nach Könige” 20:15, 21:15, 21:16, 22715, 22 322 nach Erlanger 21:15 bis 23:16 mm 21: 16,5 22:16,5 103D.H.”P’AOSDSE die meinigen Ammomanes phoenicura arenicolor (Sund.) Deutsch: Kleine Wüstenlerche, franz.: Ammomane elegante u A. regulus, arab.: Tliesch. Alauda arenicolor Sundevall Oefv. K. Vet. Akad. Förh. Stockholm p. 128, (1850). — Ammomanes cinctura König 1893, 1895; Whitaker Ibis 1895, v. Erlanger 1899. — Ammomanes elegans Loche 1858. — A. regulus (Bp.) Tristram Ibis 1859. — A. cinctura arenicolor Whitaker B. of F. 1905. — A. phoenicura arenicolor Hartert V. d. pal. F. II. 1904. Das Verbreitungsgebiet deckt sich im allgemeinen mit dem der vorigen Lerche, doch zieht A. d. algeriensis die Berge, dagegen A. p. arenicolor die flachen steinigen Plateaus vor; am liebsten lebt sie Mitten in der Steppe, auch in sandigen Partieen, sie ist durchaus nicht an Steine gebunden, wie vielfach behauptet wurde. Sie ist aber überhaupt weit weniger häufig als die grölsere Art, es ist gar nicht so einfach, eine gröfsere Suite zusammen zu bekommen. In Tunesien hat z. B. König sie selbst gar nicht gesehen, er erwähnt nur die von Alessi gesammelten Stücke (J. f. ©. 1893). Abgesehen von den Gröfsenmafsen unterscheidet sich diese Lerche von der vorigen stets durch einen ungefähr herzförmigen schwarzen Fleck auf der Schwanzspitze, der auf Ober- und Unter- seite sichtbar ist. Aufserdem erreichen bei der kleineren Art die Spitzen der zusammengelegten Flügel fast die Schwanzspitze, während bei A. d. algeriensis der Schwanz erheblich übersteht. Diese meine Beobachtung stimmt vollkommen mit den von Hartert (V. d. pal. F. II, 1940, p. 222 und 225) gegebenen Zahlen überein, wie folgende Gegenüberstellung zeigt: A. d. algeriensis. A. ph. arenicolor. Flügel: 91—103,5 mm (01 99—103,5 mm) — 92—97 mm Q 91—99 mm) Durchschnitt also: 97,25 mm — 94,5 r Schwanz: 68—72,5 mm — 56-59 „ Durchsebnitt also: 70,25 mm — 57,5 “ also Flügel nur im Durchschnitt 2,75 mm länger (kürzer), dagegen Schwanz im Durchschnitt 12,75 mm länger (kürzer). Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 173 Die Geschlechter variieren ebenso wie bei A. d. algeriensis nach Gröfse, Schnabellänge und Färbung etwas, ebenso Exemplare gleichen Geschlechts auch unter sich, daher haben einzelne Forscher die Trennung in 2 Arten, A. elegans (A. Brehm) und A. regulus (Bp.) hergeleitet. Ich halte diese Teilung ebenso wenig für gerechtfertigt wie fast alle neueren Forscher. Nester habe ich selbst nicht gefunden, doch bin ich über- zeugt, dafs die Lerche in unmittelbarer Umgebung des Brunnens Selondja mitten im Segui brütet, da ich dort jedesmal bei meinem Durchmarsch ein bis mehrere Exemplare dieses sonst recht seltenen Vögelchens sah bezw. erbeutete, so am 8. III. 04 ein Q' dicht am Brunnen, am 24. III. 05 ein Stück (Geschlecht unbe- stimmbar) ca 2 klm. westlich, am 30. IlI. 05 je ein Q' und 9 (offenbar schon angepaart) ca 10 klm. südwestlich desselben Platzes. Auch v. Erlanger sammelte nur ein (zweifelhaftes) Gelege bei Kebill. Wegen Notizen über das Nest, das mit Steinchen befestigt wird, sowie Eier verweise ich auf König (J. f. O. 1895, p. 441—448) und Hartert V. d. pal. F. II 1904, p. 225. Calandrella brachydactyla brachydactyla (Leisl.) Deutsch: Kurzzehige Lerche, französ.: Calandrelle ordinaire, arab.: Tliösch. Alauda brachydaciyla Leisler, Ann. d. Wetterauischen Ges. II. p. 357, Taf. 19. (1874); Malherbe 1846. — Alauda arenaria Vieillot Nouv. Dict. d’Hist. Nat. I. p. 343, (1876). — Calandrella brachydactiyla, Kaup, Nat. Syst. p. 39, 1829; Loche 1857, 1865; Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Calandritis brachydactyla König 1888, 1893. — Calandrella brachydactyla itala v. Erlanger 1899. — C. b. brachydactyla Hartert V. d. pal. F. II. 1904, p. 214. Diese Lerche ist in ihrer Färbung ganz besonders variabel und hat demgemäfs den Systematikern schon viel Kopfzerbrechen gemacht. Kurz zusammengestellte Mitteilungen darüber finden wir bei Hartert V. d. pal. F. II, 1904 p. 215 und 216. Für Asien ist ©. b. hermonensis (Tristr.) als zweifelhafte Subspecies dort bezeichnet, dagegen wird ©. b. longipennis (Eversm.) auf- recht erhalten. Des ferneren wird: von Hartert auf einen Wider- spruch im Cat. of Birds XIII, p. 512—513 (Lerchenschlüssel) zwischen b* und a aufmerksam gemacht. Ich begnüge mich hier damit, nur auf die angegebenen Stellen zu verweisen. v. Erlanger (1899) glaubt, ©. b. itala als westlichere Form von C. b. brachydactyla unterscheiden zu sollen. Ich habe bei dieser Lerche sehr verschiedene Farben-Varietäten gefunden, auf welche ich weiter unten noch zurückkommen werde, konnte aber auf Grund konstanter Unterschiede lokale Subspecies in Nord-Afrika nicht konstatieren. Nach Erlanger soll die westliche Form sich durch hellere sandfarbene Oberseite, lehmfarbenen Oberkopf, hellere Unterseite, lichtere Brustzeichnung, kräftigeren Schnabel 174 OÖ. Graf Zedlitz: unterscheiden. Ich habe aufser der von mir gesammelten Suite noch die sämtlichen Erlanger’schen Bälge sowie die Sammlung des Berliner Museums herangezogen. Letztere weist leider mehrere Exemplare aus Nord-Afrika auf, denen die Geschlechts- Angabe fehlt, sodafls sie für meine Zwecke unbrauchbar sich er- erwiesen. Ich möchte nun behaupten, dafs im allgemeinen beim Oo‘ der ©. brachydactyla die rostrote Färbung auf Oberkopf und Rücken von Westen nach Osten zu immer mehr abnimmt. Wohl- gemerkt kann hierbei nur von einem Vergleich zwischen alten Vögeln im nicht abgenützten Federkleide die Rede sein, junge sowie Stücke im abgenützten Brutgefieder sind nicht malsgebend. Am lebhaftesten gefärbt sind die 0° von Erlanger und mir, ge- sammelt in Tunesien am 30. I. 97 (v. E.), 6. 11. 97 (v. E.), 26. 111. 05 (v. Z.), 30. III. 06 (v. Z.), 5. IV. 06 (v. Z.). Bei 2 Q', gesammelt v. Erlanger 23. IV. 97 bei Gafsa, ist das Gefieder schon etwas mehr abgerieben, die Seitenflecke am Kropf sowie die Strichelung auf dem Rücken sind nur noch angedeutet, allgemeine Färbung über- haupt etwas blasser. Bei den Exemplaren des Berliner Museums aus Dalmatien mit nicht abgenutztem Gefieder zeigt die Ober- kopfplatte zwar noch deutlich rotbraune Färbung, der Rücken ist aber so grau wie bei den Q aus Nord-Afrika. Weiter erwähnt Hartert (V. d. pal. F. Il, 1904, p. 215 letzter Absatz) „frisch vermauserte Stücke aus Palästina (Jerusalem) sind auffallend graulich, weiter nach Osten hin aber nimmt die graue Färbung zu...“ Es ist dies gesagt mit Bezug auf die zweifelhafte Art C. hermonensis (Tristr.), welche nach abgetragenen Brut-Exem- plaren beschrieben wurde und sich nach Tristram (Proc. Zool. Soc. London 1864 p. 434) gerade durch rötliche Oberseite aus- zeichnen soll. Schliefslich ganz im Osten haben wir dann (C. b. longipennis (Eversm.) mit ganz grauer Oberseite ohne jede rötliche Beimischung. Ein Exemplar, das ich zu dieser Subspezies mit Bestimmtheit rechnen möchte, ist die graueste Calandrella, welche ich überhaupt untersucht habe. Sie wurde gesammelt von E. Hoffmann bei Samarkand am 28. 3.03 und ist im Besitz des Berliner Museums. Ich wiederhole, dafs es sich um ein Q' handelt, das im gleichen Monat gesammelt wurde, aus dem mehrere meiner tunesischen lebhaft gefärbten S' stammen. Bei den Q konnte ich im Gegensatz dazu keine Unterschiede zwischen westlichen und östlichen Vögeln entdecken, hingegen weichen sie konstant in Tunesien so erheblich von den 9‘ ab, dafs ich nicht verfehlen möchte, dies hier besonders zur Vermeidung von Irrtümern zu betonen. Es liegen mir 15 Vögel aus Tunesien, 9 9, 6 9, aus den Monaten Januar— April sowie Oktober vor, niemals zeigt eins der Q eine so rostrote Färbung von Oberkopfplatte und Rücken wie das 9. Am geringsten ist der Unterschied bei 2 S' und 19, erlegt am 23.—26. X. 96, also im Herbst. Ich glaube hier mit der Behauptung, dafs es sich um junge Vögel handelt, nicht fehl zu gehen, spricht doch schon die verstärkte Strich-Zeichnung auf Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 175 dem dunkleren Rücken dafür. Diese Strichelung variiert überhaupt etwas zu jeder Jahreszeit, und ich möchte annehmen, dafs bei noch nicht einjährigen Vögeln im ersten Frühjahr diese dunkle Zeichnung als Rest des Jugendkleides noch stärker sichtbar ist als bei alten; eine rostrote Zeichnung auf der Oberseite zeigt hingegen kein einziges Q aus den Monaten Januar—April, wieder- um fehlt sie bei keinem 9 aus dieser Zeit. Also Harterts Be- schreibung (V. d. pal. F. II, 1904 p. 215, 3. Zeile des Textes) „Oberkopf meist stark rotbräunlich“ bezieht sich ausschliefslich auf Q', ebenso möchte ich den Satz in Zeile 17 „Q wie 9‘, nur wenig kleiner‘ entsprechend ergänzen. Die Differenz der Mafse ‚bei beiden Geschlechtern habe ich ebenfalls bestätigt gefunden, beim &" ist insbesondere der Flügel vom Bug aus gemessen durch- schnittlich um ca. 1 cm. länger. Ich hielt es für geboten, auf den konstanten Färbungs-Unterschied der Geschlechter bei diesem Vogel etwas ausführlicher einzugehen, da auch andere Forscher als Hartert den rotbraunen Oberkopf als allgemeines Attribut anzusehen scheinen, so König (1893), welcher sagt: ‚Bei älteren Vögeln der Kopf schön zimmtbraun gefärbt.“ Das „ältere“ stimmt voll- kommen, doch mülste anstatt „Vögeln“ nur ,„oQ“* dastehen. Die grofse Stummellerche ist Standvogel sowohl nördlich als südlich der Atlaskette. Den Winter hindurch bis etwa zum März lebt sie meist in grolsen Flügen, welche sich in der Nähe der Oasen sowie auf den jungen Saaten herumtreiben. Es ist dann leicht, mit einem Schuls bis zu !/, Dutzend dieser Vögel zu er- beuten, welche von den Franzosen ihres Bratens wegen mehr als alle anderen kleineren Sänger geschätzt werden, und ich kann ihnen nicht so unrecht geben, denn in den ersten Monaten des Jahres sind die Kalandrellen wirklich „speckfett.“ Die Brutzeit beginnt Anfang April; zur Gründung ihres Hausstandes suchen sich die Lerchen gerade die wasserarmsten und kahlsten Teile der südlichen Steppen aus. Sehr häufig fand ich ihre Gelege in der schon oft erwähnten Steppe nordwestlich Gafsa zwischen Dj. Sidi Aich und Dj. Souenia. Erlanger nimmt noch eine zweite Brut im Juni an, ich besitze darüber leider keine Beob- achtungen. Das Nest steht, oft wenig versteckt, an einem niederen Wüstenstrauch, die normale Zahl der Eier ist 3, doch habe ich auch zweimal Gelege mit 4 Stück gefunden. Ebenso werden 4 Eier im Nest als seltener Fall von Erlanger erwähnt, und König (J. f. ©. 1893, p. 38/39) gibt in Anschlufs an seine sonstigen sehr interessanten biologischen Notizen nebst Beschreibung des Ge- sanges auch die Malse eines Geleges von 4 Eiern unter anderen an. Hartert gibt die Eierzahl sogar mit 4—5 an, ich glaube, dafs bei den europäischen Vögeln wohl häufiger eine hohe Zahl vor- kommen dürfte als bei den Afrikanern. Auffallend grofs sind die Maflse der Eier, welche König fand, nämlich im Durchschnitt 22:16 mm. Den Durchschnitt von 14 Gelegen aus Montenegro gibt Hartert nach Reiser mit 19,7:14,6 an, Erlanger aus Tunesien 176 O0. Graf Zedlitz: mit 20:14 mm. Damit stimmen die Messungen von mir an 7: aus- gewählten Gelegen gut überein: 1a, 209: 14,75 „ 20:14,75 „ 19:1475 |, 20,5:14,5mm Typ HR TOD Hr 5 DON 20.5:14 20,25:14 _ 19,75:15,5 20:14,5 2) d. a b. Pag ud c. TrRIGE RER d. BE 19,5: 14,5 19,5: 14,5 19,5: 14 3) Na er ,b. Ten .c. Te 21,5:15 22,5:16,5 21,5:16 Rn Te, Write en ’ 20,25:15,5 20:15 Dana Als ZuTE9,5 29,5:165 , 21,5:165 Pa Ing en Prater yo ar 16: 13,5 16:13 7)a Aal FR b: Serge Die Gesamtfärbung der Eier ist zwar recht wechselnd, bald sehr hell, fast weifslich, bald dunkel in verschiedenen Schat- tierungen zwischen grau-braun und olivfarbig, doch ist die Zeich- nung mit den feinen dicht zusammenstehenden dunkleren Pünktchen eine so charakteristische, dafs man die Eier leichter ansprechen kann als manche andere. Einen grünlichen Grundton, bald matter, bald kräftiger, habe ich bei meinen Gelegen auch stets gefunden. Stets ist das ganze Ei mit den feinen dunkleren Tüpfelchen wolkenartig bedeckt, doch schliefst das nicht aus, dafs sie sich bisweilen am stumpfen Pol zu einem Kranz verdichten. Calandrella minor minor (Cab.) Deutsch: Kleine Kalandrelle, franz.: petite calandrelle, arab.: Tliesch. Calandritis minor, Cabanis Mus. Hein. I, p. 123, 1851; König 1888, 1893. — Calandrella reboudia Tristram Ibis 1859, Loche 1858. — Calandrella deserti Tristram Ibis 1866. — ©. minor Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — C. pispoletta minor v. Erlanger 1899. — ©. minor minor Hartert V.d. pal. F.. II, 1904. Die Unterscheidungszeichen dieser Kalandrelle von der vorigen sind ganz charakteristisch. Trotzdem fand ich bei einigen sonst ornithologisch nicht ganz unbewanderten Herrn in Tunesien gänz- liche Unklarheit darüber und möchte deshalb kurz die Kennzeichen angeben, welche zur Bestimmung auf den ersten Blick genügen. C. brachydactyla C. minor Innere Armschwingen so lang als die Handschwingen oder wenig kürzer. Kropfseiten mit je einem dunklen Fleck, Kropfmitte nicht merklich gefleckt. Innere Armschwingen erheb- lich kürzer als die Hand- schwingen. Der ganze Kropf, Seiten und Mitte, scharf dunkel gefleckt. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 177 Diese Notiz soll natürlich nicht etwa eine neue ornithologische Weisheit bedeuten, sondern nur dem Laien bezw. Anfänger dienen. Erlanger hat den Vogel als ©. pispoletta minor von ©. 2. pispoletta (Pall.) aus Klein-Asien und Rufsland unterschieden, indem er den rötlich braunen Anflug auf dem Gefieder von ©. ?. minor betont. Hartert führt in V. d. pal. F. II, 1904 auf p. 219 bei CO. minor heinei aus, dals der Name pispoletta zu verwerfen sei als alteingewurzelter Irrtum. Pallas änderte s. Z. den Linn@’schen Zusatznamen spinoletta deritalienischen Aussprache zu Liebe in »pispoletta. Es erscheint aber nicht angängig, ihn der Lerche zu belassen, da er bei Linne (Alauda spinoletta) einem Anthus gehört, somit tritt der nächst jüngere Name ‚minor Cabanis“ an seine Stelle. Auch bei C. m. minor zeigt das J' etwas grölsere Mafse als das 9, bisweilen scheint jenes auch in der Färbung von Oberkopf und Rücken um eine Nuance rost- farbener zu sein, doch zeigt es niemals eine ausgesprochen rost- rote Kopfplatte wie das 9 von ©. b. brachydactyla. Das Verbreitungs-Gebiet liegt ein wenig nördlicher als bei der vorigen. Gerade im nördlichen Tunesien findet man die kleine Kalandrelle allgemein, im Süden dagegen spärlicher. Im Winter streicht sie in grölseren Flügen herum und geht dann im Südosten bis in die Gegend von Gabes herab. Beleg-Exemplar aus dem November 1906, gesammelt von meinem Freunde Blanchet zugleich mit mehreren anderen, besitze ich in meiner Sammlung. Im späteren Frühjahr ist diese Lerche in den Steppengebieten des Südens und erst recht in der Wüste nur ganz ausnahmsweise anzutreffen, dann aber stets unmittelbar an einen Brunnen mit offenem Wasser, oder am Rande einer Oase, nicht aber mitten in der kahlen Steppe wie C©. b. brachydactyla. Schon König hebt ihre Vorliebe für Wasser hervor und bemerkt ferner, dafs er beide Kalandrellenarten im Winter in Flügen vereinigt gefunden habe. Die gröfseren Flüge, welche im Winter bisweilen Gabes besuchen, erwähnt auch Erlanger. Dafs C. minor, wenn auch sehr vereinzelt, auch zu anderer Jahreszeit im Süden vorkommt, beweisen mir 3 Fälle, wo im März 05, Mai 05 und März 06 diese Lerche westlich Gabes und bei El Fedjej im Segui gesehen und geschossen wurde, ein Exemplar von M. Blanchet, zwei von mir. Stets fand ich das Vögelchen sehr vertraut, weniger scheu als die ©. b. brachydactyla, doch erschwert die dem Boden vorzüglich a rostgelbliche Farbe der Oberseite manchmal das Auf- nden. Über das Brutgeschäft kann ich aus dem Süden keine eigenen Erfahrungen mitteilen. König (1893) beschreibt Gelege von Ende April, die Mafse sind 20:15 — 22:15, v. Erlanger erbeutete im April 1897 ebenfalls mehrere Gelege an der Grenze zwischen Gebiet I und II. — Mafse 20:15 bis 21:16 mm, 1 Fall 18:14 mm. Die Mafse bei Hartert (V.p. pal. F. 11 1904, p. 219) liegen zwischen 18: 14 und 20:16 mm. Die Form ist gedrungener 178 0. Graf Zedlitz: als bei ©. b. brachydactyla, der Grundton gelblicher, aufser der dunklen Fleckung findet man häufig lila gewässerte Schalenflecke. Ausnahmsweise kommen Gelege mit spärlichen aschgrauen Schalen- flecken auf reinweilsem Grunde vor. Die Zahl der Eier ist nach bisherigen Beobachtungen 3. Als Brutgebiet kommt, von seltenen Ausnahmen abgesehen, in den Atlasländern Gebiet I in Betracht. Melanocorypha calandra calandra (L.) Deutsch: Kalanderlerche, franz.: calandre, arab.: Sureia. Alauda calandra Linn& Syst. Nat. Ed. XII. I. p. 288, (1766.). — Melanocorypha calandra Boie Isis 1828; Malherbe 1846; Loche 1858; König 1888, 1893; Whitaker Ibis 1894, B. of. T. 1905; v. Erlanger 1899. Die Kalanderlerche ist eine regelmälsige Erscheinung in allen Mittelmeerländern. In Tunesien fand ich sie nördlich wie südlich des Atlas. Sie hält sich nur dort auf, wo ihr Getreide- felder winken, meidet aber die Steppe und die Wüste. Demgemäls ist sie auch im Norden häufiger als in Süden, wo der Feldbau doch ein recht beschränkter ist. Im mittleren Tunesien, zwischen Sousse und Sfea, habe ich im frühen Frühjahr mehrfach ungeheure Scharen vereinigt gesehen. Auch König (1893) nennt sie einen der häufigsten Vögel Tunesiens, der im Winter sich zu Flügen zusammentut ‚welche in wolkenartigen Zügen ganze Strecken bedecken und die Luft verdunkeln“. Im Gegensatz hierzu behauptet Loche von der Lerche: ‚„Ses habitudes sont solitaires, on ne la rencontre jamais en troupes nombreuses, mais seulement par petites familles apres les nichees et isol&ment dans les autres saisons.“ Diese sich scheinbar widersprechenden Behauptungen enthalten beide Richtiges für gewisse Gegenden und Jahreszeiten. Für die Region nördlich des Atlas und auch noch im Südosten weiter an der Küste hinab ist Königs Ausspruch durchaus zutreffend. Das Vorkommen vereinzelt oder in kleinen Familien, wie es Loche als die Regel hinstellt, beschränkt sich auf den Süden und die Zeit nach begonnener Balz, also etwa ab Mitte März. Ich glaube auch, dafs selbst dann keineswegs irgend ein einsiedlerischer Hang der Vögel den Ausschlag gibt, sondern die bescheidenen Acker der Beduinen sind einfach so klein, dafs sie nur für wenig Paare die Lebensbedingungen bieten. Wo gröfsere Flächen mit gut stehendem Getreide bedeckt waren, z. B. im mittleren Segui 1904, habe ich auch noch Mitte März viele Kalanderlerchen auf einmal zu sehen Gelegenheit gehabt, dabei aber nie beobachtet, dafs die einzelnen Paare sich bei der Balz nennenswert störten. In Jahren, wo die Ernte schlecht geraten ist, findet man diese ausgesprochen kulturfreund- liche Lerche auch entsprechend seltener oder gar nicht an den- selben Plätzen, die sie zahlreich bevölkerte, als Weizen und Gerste dort üppig grünte. Ist aber irgendwo im Schutz der Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 179 Berge durch einen Strichregen das Aufgehen der Saat im Gegen- satz zur ganzen Nachbarschaft begünstigt worden, so findet sich in dieser „Oase“ mit Sicherheit auch unser Vogel ein, der vorher im Winter, solange der Boden noch kahl war, dort fehlte. Dies beruht auf eigenen Beobachtungen, welche ich im Januar und März 1906 im Segui bei Selondja gemacht habe. Ich möchte ferner als sehr wahrscheinlich annehmen, dafs die Lerchen, welche erst im Frühjahr dort eingezogen waren und Ende März in voller Balz standen, auch daselbst gebrütet haben. Beweisen kann ich es leider nicht, da ich schon in den letzten Märztagen die Gegend verlassen mulste, um rechtzeitig in die für oologische Ausbeute ganz besonders günstige oft genannte Steppe am Dj. Sidi Aich zu gelangen. Allerdings bin ich im Jahre 1905 noch Ende April im Segui gewesen, doch fehlten in diesem Jahre des Mifswachses dort Getreidefelder ebenso wie Kalanderlerchen fast ganz. Es wäre interessant gewesen, das Brüten, welches ich für nahezu gewils halte, durch Auffinden von Gelegen bestimmt nachweisen zu können, denn bisher ist es nur für das Gebiet I sowie den nördlichsten Rand des Gebiets II festgestellt. Die südlichsten Fundorte in Tunesien sind wohl die von Erlanger am Dj. Sidi Ali ben Aoun, 4 Gelege am 2. IV. und 6. IV. 1897. Der Lock- und Balzlaut ist ganz charakteristisch und weithin wegen seines metallischen Klanges vernehmbar. Die meisten Forscher übersetzen ihn mit „klytra‘“, ich meine, für mein Ohr erklang er mehr wie „klryt‘“, doch bleibt sich das ja schliefslich ganz gleich. Jedenfalls erkennt man den Ton sofort wieder, wenn man ihn einmal gehört. hat, und wird so oft auf den Vogel aufmerksam, den man vorher noch gar nicht sah. Ebenso ist der Balzflug absolut eigenartig und hat schon die Aufmerksamkeit fast aller Beobachter gefesselt. Ich verweise auf die Beschreibung bei König J. f. O. 1893, p. 225. Hier ist ganz besonders der eine Vergleich wunderbar wohl getroffen: „Jg schlägt die Flügel wie ein Totanus, indem es sie rückwärts unter das Niveau seines Körpers bringt und ihnen ein sichelför- miges Aussehen verleiht“. Ebenso treffend ist der Passus: „Das 9° versteht sich ein gröfseres Aussehen zu verleihen‘. v. Erlanger bemerkt, dafs der singende Vogel sich zu aulseror- dentlicher Höhe emporschraubt, ich glaube, dafs er hierbei wohl alle anderen tunesischen Lerchenarten schlägt. Hartert in V. d. pal. F. II. (1904), p. 210 beschreibt besonders den Gesang: „schnarrend und flötend, häufig von dem laut und klar gepfiffenen Wort „klytra, klytra“ unterbrochen sowie den wunderbar nach- geahmten Strophen anderer Singvögel durchsetzt“. Meine eigenen Beobachtungen möchte ich wie folgt zusammenfassen: Es gibt 2 Formen des Balzfluges und jede hat ihren spezifischen Gesang. Die seltenere, wie mir scheint, ist das senkrechte Emporschrauben nach Art unserer Feldlerche. In sehr beträchtlicher Höhe an- gekommen, meist für das Auge nurnoch als Pünktchen wahrnehmbar, 180 0. Graf Zedlitz: bleibt der Vogel rüttelnd anscheinend auf einem Punkt stehen und schmettert mit aufserordentlicher Stimmkraft bald trillernd, bald flötend einen ausgesprochen lerchenartigen Gesang hinaus in die klare Frühlingsluft. Bisweilen werden hierbei Strophen, welche fremden Sängern entlehnt sind, eingeflochten, aber das Ganze klingt stets melodisch und rechtfertigt den Ruf als einen der allerbesten Musikanten, welchen ältere Forscher, z. B. Brehm, dieser Lerche verschafft haben. Bei diesem Lied aus sonniger Höbe habe ich das kekannte „klryt“ nicht zwischendurch vernommen. Diese eben beschriebene Art der Balz beobachtete ich zumeist an schönen Spät-Nachmittagen, z. B. Mitte März 1904 am Dj. Sidi Ali ben Aoun, dem schon seit Erlanger bekannten Brutplatz. Auch früh bei Sonnenaufgang kann man dieselben Produktionen geniefsen. Sonst während des ganzen Tages sah ich häufiger die zweite Form der Balz. Da kreisen die 9‘ mit ganz langsamen gleitenden Flügelschlägen, an den Eulenflug dabei erinnernd, dann wieder schneller nach Art der Regenpfeifer, wie es König so anschaulich beschreibt. Dazu singen sie in abgerissenen Strophen, oft schnarrend und dabei fortwährend daslautemetallische „kiryt“ ausstofsend. Hierbei erheben sie sich nur wenige Meter über die Gerstenfelder. Oft erhebt sich dann nach einiger Zeit auch das 9, kenntlich an den weniger deutlich hervortretenden schwarzen Kropfflecken, und gleitet in eleganten Kurven voran, während das Q' lebhaft schnarrend und rufend ihm mit gefächerten Schwanz und unter besonders kühner Gymnastik der Flügel folgt. Die Silhouette des Werbers im Balzfluge ist dann oft geradezu abenteuerlich und hat gar nichts mehr von Lerche an sich, der ganze Vogel erweckt dabei die optische Täuschung, als sei er viel grölser, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Das Nest steht in natürlichen Mulden, meist unter Gras versteckt. Die Zahl der Eier ist 4, selten 5, für Süd-Tunesien. Hartert gibt 5, seltener 6, Eier an, dies bezieht sich aber auf das ganze weite Verbreitungs-Gebiet. Die von ihm angeführten Durchschnittsmafse sind 24,3:17,9 mm, Maximum 27,1:18,9, 26,8:19,2. Minimum 24: 17,2, 22,8:18 mm. König fand bei Monastir am 23. 3.91 ein Gelege von 4 Eiern mit den Malsen 26 : 19.bis 23:18 mm, ferner am 24. 4. 91 ebenfalls 4 Eier 26:19 bis 25:19 mm. v. Er- langer sammelte 1 Gelege von 5 Eiern am 2. IV. 97 beim Dj. Sidi Ali ben Aoun, sonst fand er ebenfalls stets 4 Eier im Nest. Das Wildbret dieser grofsen Lerche, welche an Masse etwa einer geringen Wachtel gleichkommt, wird von den Franzosen und Italienern sehr geschätzt. Ich kann mich diesem Geschmack nur vollkommen anschlielsen, ein Gericht gebratener Kalandern ist wirklich mit das Beste, was man dort unten sich leisten kann, und bei der Häufigkeit des Vogels kommt es wirklich auf die Stücke nicht an, die man sich zum Essen schiefst, besonders in der Steppe des Südens, wo ihnen sonst nie im Leben ein Mensch nachstellt. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 181 Rhamphocorys celot-bey (Bp.) Deutsch: Falkenknackerlerche, franz.: alouette clot-bey, arab.: Boumangar. Melanocorypha clot-bey Bonaparte Consp. Avium I, p. 242, 1850. — lerapterhina Cavaignacü Des Murs et Lucas Rev. et Mag. de Zool. 1851, p. 25. — Hierapterhina clot-bekii Heuglin J. f. O. 1868, p. 220. — Bhamphocorys clot-bey Bonaparte, Comptes rendus, XXI, p. 423, 1851. — Alauda clot-bey Malherbe 1856. — Rhamphocoris clot-bey Loche 1867; König 1888, 1895, 1895; Whitaker, Ibis 1896, B. of T. 1905; v. Erlanger 1899; ‚Hartert V. d. pal. F. 1904, p. 206. Wo nach Süden das Gebiet der Kalanderlerche aufhört, da beginnt etwa die Heimat der Falkenknackerlerche. Die südöst- lichen Teile von Gebiet II werden von beiden Arten besucht, doch von keiner in grofser Zahl. Die eigentliche Heimat der Falkenknackerlerche ist die Steinwüste, also Peträische Sahara, weiter nördlich streift sie zumeist entweder nur im Winter herum, oder wenn sie sich dort dauernd niederläfst, wählt sie dazu steinige Abhänge niederer Gebirgsrücken. Nördlich des Atlas, sowie im Sahel kommt sie nicht vor. Auf seiner Wüstentour erbeutete Anfang 1897 v. Erlanger 3 Stück am Dj. Bahir unweit Kebilli, also noch im Gebiet II, später 6 Stück am Oum-el-Graf in GebietIV. In letzterem ist der Vogel nach seinen und Herrn Spatz’s Mitteilungen häufig. Erlanger nenntihn eine seltene Erscheinung im Segui, scheint ihn aber selbst dort nicht erbeutet zu haben. Ich bin immerhin etwas glücklicher gewesen. Am 28. II. 1904 sah ich zum ersten Mal diese eigenartige Lerche auf dem steinigen Plateau zwischen Gafsa und El Guettar, ohne ihrer habhaft zu werden. Im April desselben Jahres wurdean derselben Stelle von Spatz ein Exem- plar gesammelt, der ein anderesStück schon vor meiner Ankunft 1904 ebendort erbeutet hatte. Am 15. I. 1906 erlegte ich bei Bir Mrabot nach einem starken Regen selbst mein erstes Exemplar, es war ebenfalls allein. Da Nachmittags das Wetter sich auf- geklärt hatte, machte ich mit Herrn Blanchet noch einen kleinen Ausflug. Ohne entfernt an besondere Seltenheiten zu denken, krebsten wir mühsam durch den aufgeweichten Lehm der Kara- wanenstrafse, als uns beiden gleichzeitig eine Lerche, die vor uns herlief, wegen ihrer bunten, stark mit weils durchsetzten Färbung auffiel. Nach meinem Prinzip, alle ungewöhnlichen Er- scheinungen der Vogelwelt erst einmal zu schiefsen und mir erst hinterher mit der Bestimmung den Kopf zu zerbrechen, (was N. B. dann meist gar nicht mehr nötig ist, hält man das Tier erst in der Hand!) machte ich schleunigst Dampf und konnte ein S' der Falkenknackerlerche auflesen. Am 26. I. 1906 sals ich im Lager bei Sidi Mansour friedlich beim ersten Frühstück, als mein: vortrefflicher Ali, Spatz’s alter Jäger, mir einen Flug „Boumangar“ meldete. Ich stürzte hinaus, fand dicht am Zelt 182 0. Graf Zedlitz: die Gesellschaft von 6 Stück, und es gelang mir, sie sämtlich zu erlegen. Dies also war eine der kleinen Familien, wie sie Loche erwähnt: „il se rencontre particulierement sur les plateaux sahariens entre Zaghonat et Guerrera (Algerien) par petites familles de six & huit individus.“ Die von mir Beobachteten liefen meist an der Erde ziemlich behende fort, flogen aber nur ungern und nie weit, sodafs es mir gelang, sie auch nach wiederholten Schüssen stets im Auge zu behalten. Im laufen erinnerten sie mich an Wüsten-Ohren- lerchen. Nach jedem Schufs fogen die Überlebenden ca. 100— 150 m weit flach über den Boden in leichten Wellenlinien, dabei entfernt an Käuzchen erinnernd. Waren sie eingefallen, so liefsen sie mich stets mühelos wieder auf Schufsweite herankommen. Sehr schätzenswerte und eingehende Mitteilungen über diesen im Gebiet II immerhin selteneren Vogel finden wir bei König in seinen drei Reise-Beschreibungen. Zunächst im J. f. O. 1888, p. 226 berichtet er von seinem ersten Zusammentreffen mit ihm und Erlegung von 3 Stück am Dj. El Meda westlich Gabes am 15. Ill. 87. Später erbeutete er bei Gabes noch ein Exemplar mit stark entwickelten Genitalien, also stand die Brut nahe bevor. Im J. f. O. 1893, p. 47 werden weitere Angaben über das Vorkommen bei Gabes gemacht und das Jugendkleid beschrieben. Aufserdem ist hier ein auffallender Gröfsenunterschied zwischen oJ" und 9 erwähnt. Die interessantesten Daten finden sich aber im J. f£ O. 1895, p. 429 bei Beschreibung der Reise in Süd- Algerien. Hier fand König am 20. IV. 1893 auf steinigem Hoch- plateau bei Gardäia ein Nest und erlegte mehrere adulte Exem- plare. Er beschreibt das Nest als grofs und schön gebaut, zumeist aus fein gekräuseltem Bast, versteckt in einer Mulde unter Halfabüscheln, umringt von kleinen Steinen, ähnlich wie man es bei Ammomanes-Arten findet. Die 2 Eier sind gedrungen mit mattem Glanz, Grundton cr&mefarben mit zartem Aprikosen- schimmer, mit rostroten und rosavioletten Schalenflecken besät. Die Schale ist sehr fein, Malse: a. 24:18, b. 24:19 mm (J. f. ©. 1895, Taf. 14.) Nest-Beobachtungen eines anderen Forschers sind mir nicht bekannt, auch Hartert in V. d. pal. F. I 1904 nimmt nur auf König Bezug. Eremophila alpestris bilopha (Tem.) Deutsch: Wüsten-Ohrenlerche, französ.: alouette a oreilles, arab.: Sebäscha. Alauda bilopha Temminck Pl. Col. III, p. 244, fig. 1, 1823. Otocorys bilopha Bonaparte Consp. Avium p. 246, 1850; Loche 1858; König 1895; v. Erlanger 1899; Whitaker B. of T. 1905. Eremophila alpestris bilopha Hartert V.d. pal. F. III. 1905, p. 257. Das © unterscheidet sich sehr deutlich vom 9‘ durch weniger ausgedehnte und scharfe schwarze Zeichnung an Kopf Ban Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien, 185 und Hals, auch ist es etwas kleiner. Bisher wurde diese Ohren- lerche als ein ausschliefsiicher Bewohner des äufsersten Südens, der peträischen Sahara sowie des Hochplateaus inmitten der Sahel, angesehen. Schon Tristram (Ibis 1859) weist ihr als Aufenthalt diese Gebiete an, König schliefst sich ihm an und beschreibt den Vogel nur aus Süd-Algerien, wo er ihn häufig auf den Hoch- plateaus der Wüste fand (J. f. ©. 1895 p. 454, und 1896 p. 101), in Tunesien hingegen sah er ihn nicht. v. Erlanger sah ihn zuerst im Dezember 1896 an der Grenze zwischen Gebiet III uud IV am Ploum-el-Chadamsi, dann im Jahre 1897 häufig in der Pe- träischen Wüste und fand ihn dort recht scheu. Er nennt es sogar höchst „merkwürdig“, dafs Alessi in einem Briefe aus dem Djerid (Gebiet II) 1892 ihn von dort erwähnt. Schliefslich Hartert in V. d. pal. F. III 1905, p. 257 sagt ebenfalls über die Ver- breitung: „In den hochplateauartigen Teilen der Sahara findet man dies überaus anmutige Vögelchen namentlich da, wo Helian- themum, Erodium und distelartige Pflanzen spärlich den Boden bedecken. Standvogel, aufser der Brutzeit in kleinen Flügen und etwas mehr umherstreichend.‘‘ Nach meinen Beobachtungen ist das Verbreitungsgebiet ein ausgedehnteres, als hier überall angenommen wird, die Ohrenlerche bewohnt auch das Gebiet II in seinem ganzen südöstlichen Teil, und zwar als Standvogel. Mir liegen zunächst die schon oben erwähnten von Alessi bei Nefta in Djerid gesammelten 2 Stück Q' 9 vor, welche sich als Bälge im Berliner Museum befinden. Sodann konnte ich selbst folgende Beobachtungen machen unterstützt von meinem Freunde Blanchet in Gabes: Dicht bei der Stadt, etwa 10—15 klm vom Rande der Oase auf den grolsen Strafsen nach Sfax nördlich und Kebilli westlich trifft man die Lerche stets an. Sie sitzt dort in Kleinen Gesellschaften oder auch einzeln auf den Haufen von Maultier- bezw. Pferdemist und fliegt erst unmittelbar vor den Fülsen der herankommenden Zugtiere auf, um möglichst bald zu demselben Platz zurückzukehren. Im Februar und März 1906 habe ich ganz regelmälsig einige Exemplare beobachten können, nachdem mich Blanchet darauf aufmerksam gemacht hatte, dafs er seit Jahren an genannten beiden Strafsen, aber auch nur dort, diesen charak- teristischen Vogel stets angetroffen habe. Wir beide haben dann in gedachten zwei Monaten auf diesem kleinen Fleck ca 1 Dutzend Exemplare beider Geschlechter mit leichter Mühe gesammelt. Ferner fand ich die Lerche mehrfach im Segui, so im Januar 1906 bei Sidi Mansour und am 30. IV. 1905 ein Pärchen zwischen Sidi Mansour und El Fedjej, von dem ich das ° erlegte. Alle die angegebenen Fundorte tragen Steppencharakter, dicht bei Gabes ist auch viel loser Sand. Zwischen Sidi Mansour und EI Fedjej liegt ein Teil des „Schnecken-Plateaus“, ganz wasserarme Lehmsteppe mit sandigen Partien, aber wenig Steinen. Auf meine besondere Bitte setzte Blanchet nach meinem Weiter- marsch die Beobachtungen bei Gabes, wo der Vogel am häufigsten 184 0. Graf Zedlitz: im Gebiet II vorkommt, fort, erlegte Ende März 1906 ein © mit vollkommen legereifem Ei und beobachtete im Mai desseiben Jahres ca. 3 Wochen alte Junge, welche noch nicht flogen, aber gewandt liefen. Auch den ganzen Rest des Jahres hindurch ver- schwand die Lerche nie aus der Gegend, zeitweilig war sie sogar häufig. Nehme ich den Fall vom 30.1V.05 hinzu, wo ich im Segui das Q erlegte, das ersichtlich angepaart war und stark entwickelte Genitalien zeigte, so kann ich wohl mit aller Be- stimmtheit als erwiesen betrachten, dafs die Ohrenlerche im ganzen süd-östlichen Teile des Gebietes II Stand- sowie Brutvogel ist. Die Nester enthalten nach König 2, seltener 3 Eier, milch- bis rötlichweifs mit variablen bräunlichen Punkten und violettgrauen Schalenflecken, welche oft sehr dicht stehen. Sie messen im Durchschnitt 21:15 mm. Familie: Sturnidae. Sturnus vulgaris L. Deutsch: Star, französ.: etourneau vulgaire, arab.: Sarsour. Sturnus vulgaris Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 167, (1758); Malherbe 1846/55, Loche 1858/67 ; Tristram Ibis 1859; König 1888, 1893; Whitaker B. of T. 1905. — Sturnus vulgaris vulgaris v. Erlanger 1899, Hartert V. d. pal. F. I, 1903. Unser heimischer Star ist massenhafter Wintergast in Tunesien nördlich des Atlas. Man trifft ihn besonders in den Olivenpflanzungen in grofsen Scharen. Noch Mitte März 1905 sah ich ihn bei der Stadt Tunis mehrfach. König stellte ihn noch bei Monastir (J. f. O0. 1893) in kleinen Trupps fest, welche im letzten Drittel des März verschwanden. Von den angesessenen Europäern wird ihm wegen des Bratens eifrig nachgestellt. Sturnus unicolor Temm. Deutsch: Einfarbstar, französ.: &tourneau unicolore, arab.: Sarsour. Sturnus unicolor Temminck Man. d’Orn. p. 133 (1820); Mal- herbe 1846/55, Loche 1858/67, Tristram Ibis 1859; König 1888/93, v. Erlanger 1899, Whitaker B. ofT. 1905; Hartert V.d. pal. F.I. 1903. Auch dieser Star kommt anscheinend nur nördlich des Atlas vor. König gibt uns im J. f. O. 1888 p. 171 eingehende biolo- gische Notizen, auf welche ich verweise, nach seinen Beobachtungen in der Nähe von Tunis. Auch bei Monastir fand er ihn bei seiner nächsten Reise (J. f. O. 1893). Dieser Vogel ist Brutvogel im angegebenen Gebiet, als Hauptlegezeit gibt König den April an. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 185 Pastor roseus (L.) Deutsch: Rosenstar, französ.: etourneau rose, arab.: Sarsour. Turdus roseus Linn Syst. Nat. Ed. X. p. 170 (1758). — Pastor roseus Temminck Man. d’Orn. p. 136 (1820); Loche 1867, König 1888, p. 170; Hartert V. d. pal. F. I, 1903, Whitaker B. a 1.11, 1905. Dieser dem Osten angehörige Vogel ist als nicht häufiger Gast mehrfach auch für Nord-Tunesien festgestellt worden, er wird als solcher von Loche und Whithaker erwähnt, König sah ihn nicht, sondern bezieht sich nur auf Loche, ich habe ihn dort ‚lebend niemals gesehen. Er ist unregelmäßig in seinem Er- scheinen, bisweilen tritt er plötzlich in grofser Zahl an Orten auf, wo man ihn Jahre lang nicht beobachtet hatte. Familie: Gorvidae. Pica mauritanica (Malh). Deutsch: Maurenelster, französ.: pie de Mauritanie, arab.: Agag (nach ihrem Lockton benannt.) Pica mauritanica Malherbe M&m. Soc. d’Hist. Nat. Mus. de Metz p. 7, 1843; Loche 1858/67, Tristram Ibis 1859, König 1888, 1892, 1895; v. Erlanger 1899, Whitgker B. of.T. 1905. — Pica pica mauritanica Hartert V. d. pal. F, I, 1903. Die Elster ist ein typischer Vogel des Südens, wenn auch nicht bestritten werden soll, dafs gelegentlich ein Exemplar sich weit nach Norden verfliegen kann. König (J. f. O. 1892) fand die Nordgrenze ihres Verbreitungsgebietes bei El Djem, halbwegs zwischen Sousse und Sfax. Im Gebiet II ist sie regelmäßig von mir an Lokalitäten angetroffen worden, welche viel Gummi-Akazien oder wenigstens zahlreiche hohe Büsche aufwiesen, besonders in der Landschaft Thalla und am Dj. Freiou. Im höheren Gebirge fand ich die Elster ebensowenig als in der kahlen Steppe. An ihren Lieblingsplätzen ist sie das ganze Jahr hindurch Stand- vogel und legt auch ihre Nester auf den Gummi-Akazien mit Vorliebe an. Dort, wo diese Bäume in der Thalla-Niederung ver- hältnismäfsig dicht stehen, fand ich fast auf jedem Stamm ein Nest, sehr oft aber auch zwei bis drei. Dies stimmt mit Erlangers Beobachtungen überein, der auch gerade hier die Elster sehr zahl- reich antraf und am 8. Mai 1897 noch ein Gelege fand. Meist wiesen zu dieser Zeit die Nester aber schon Junge auf oder waren schon verlassen. Ich habe am 32. März 1909 festgestellt, dafs die Brutzeit zu dieser Epoche noch nicht begonnen hatte, nicht nur dafs alle untersuchten Nester leer waren, auch die alten Vögel trieben sich noch in Gruppen von 4—5 Stück herum, seltener in Paaren. König (J. f. O.) hatt allerdings am 26. IV. Jonrn. f. Orn. LVI. Jahrg. April 1909. 13 186 0. Graf Zedlitz: 1899 schon ausgeflogene Junge erlegt, es muls sich aber hier um eine abnorm frühe Brut handeln. Hartert gibt über das Brut- geschäft überhaupt keine Notizen, ich mufs aber nach den vielen von mir untersuchten Nestern annehmen, dafs die normale Lege- zeit erst im April beginnt. Die Elster ist recht scheu und vorsichtig, so dals es oft nicht leicht ist, sie zu beschleichen, hingegen läfst sie sich sehr gut treiben, gerade wie bei uns. Da die Gummi-Akazien von Thalla untermischt mit viel niedrigen Sträuchern in langgestreckten flachen Senkungen stehen, lohnt es, sich vorzustellen und einen Mann langsam das Gebüsch durchdrücken zu lassen. Die Elstern sehen unfehlbar nach vorn und kommen zum Schufs, wenn die bewachsene Schlucht nicht zu breit ist und der Schütze einiger- malsen die gebotene Deckung ausnützt. Corvus corax tingitanus (Irby) Deutsch: Nordafrikanischer Rabe, franz.: corbeau, arab.: H’rabb. Corvus tingitanus Irby, Ibis 1874, p. 264, König 1892/95, Whitaker B. of T. 1905, v. Erlanger 1899. — Corvus corax König 1888, Malherbe 1846, Loche 1858/67, Tristram Ibis 1859. — Corvus corax tingitanus Hartert V. d. pal. F. Ip. 6. Das Gefieder ist im Winter etwas bräunlicher, sonst zeigt es im Gegensatz zu ©. umbrinus schönen violetten Schimmer. Erwähnen möchte ich noch, dafs unser Ü. ce. tingitanus sich vom ©. corax corax merklich durch die Stimme unterscheidet: der corax ruft knarrend, wie wenn trockenes Scheitholz gehackt wird oder in der Ferne ein Hund bellt, der Zingitanus erinnert in der Stimme an die Graukrähe, wenn sie auf Raubvögel stöfst oder ruft ein deutliches kurzes „Rab, Rab“. Der Rabe ist Stand- und Brutvogel durch ganz Tunesien. Für den Norden erwähnt ihn König (J. f. O. 1888) als häufigen Brutvogel, ebenso stellt er ihn (J. f. ©. 1895) in dieser Eigen- schaft für die algerische Wüste fest. Erlanger fand ihn häufig sowohl im Gebiet I wie II horstend, und ich kann dies nur durchaus bestätigen. Im Winter bis in den März hinein hält sich der stets hungrige Bursche gern in der Nähe der Oasen und besonders am Wasser auf. Bei Gafsa erschienen alltäglich Morgens und Abends am offenen Bach östlich der Stadt grofse Schwärme im Februar und März 1904. Sie waren dort verhält- nismäfsig wenig scheu, da sie an Menschen aller Art sich gewöhnt hatten; es genügte also, in einem Spalt der steilen Lehmufer etwas Deckung zu nehmen, um bald zu Schufs zu kommen. Am 12. III. 1904 erbeuteten wir auf diese Weise innerhalb kurzer Zeit 5 Stück. In der zweiten Hälfte des März lösen sich die gröfseren Gesellschaften in Paare auf, welche ihre Brutplätze aufsuchen. Diese befinden sich in den zahlreichen Felswänden, Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 137 welche allenthalben die Gebirge bieten, und wo auch die vielen verschiedenen grofsen Raubvögel willkommene Nistgelegenheit finden. Aus Algerien berichtet im Gegensatz dazu König (1895), dafs die Raben bei Batna in Menge auf Aleppokiefern horsten, auch Taczanowski hat schon dieser Rabenkolonie früher Erwähnung getan. In Süd-Tunesien würden die Vögel allerdings stark in Verlegenheit kommen, wenn sie geeignete Bäume sich suchen müfsten, deshalb sind sie dort ganz und gar Felsenbrüter ge- worden, wie auch manche andere grölsere Vögel, die in bewaldeten Gegenden sonst auf Bäumen sich anzusiedeln pflegen. Überein- stimmend berichtet auch Hartert, dafs er die Nester in Marokko bald in einer Felswand (am Kap Blanco), bald auf Dattelpalmen (bei Mazagan) gefunden habe. Der Vogel richtet sich also ganz nach der Lokalität. Im Süden der Regentschaft sieht man zur Brutzeit überall im Gebirge, ob hoch ob niedrig, mindestens an jeder Wand stets ein Pärchen Raben, oft auch mehr. Ich habe nicht gefunden, dafs sie sich gegenseitig erheblich befehdeten, aber auch niemals 2 Horste dicht beieinander angetroffen. Es scheint jede Familie doch ein gewisses beschränktes Revier als ihr Spezialreich zu betrachten. Nur wenn sich dort etwas Besonderes ereignet, wird von dem eingesessenen Paar die ganze Nachbarschaft alarmiert, sodafs nach kurzer Zeit dann ein halbes Dutzend oder mehr dieser schwarzen Gesellen laut krächzend herumkreisen. Dafs jedes Pärchen sein eigenes Brutgebiet an der Felswand hat und hält, wurde mir auch von Arabern versichert, die oft Keine schlechten Beobachter sind. Auch aufserhalb der Brutzeit schläft der Rabe gern in Höhlen des Gebirges, z. B. beim Bir Mrabot ist in den Vorbergen ein Felsenloch, das stets von einzelnen Exemplaren selbst bei Tage aufgesucht wird, um dort ungestört der Ruhe zu pflegen. Ich habe wiederholt einen der schwarzen Burschen heraus gejagt, als ich Ende März 1906 dort lagerte, und durch eigene Untersuchung festgestellt, dafs keine Spur eines Nestes sich in der Höhle befand. Hingegen entdeckte ich eines Tages ein blankes Taschenmesser mit Nickelschale. Ob es ein Rabe hineingeschleppt hat, kann ich natürlich nicht sagen, es ist aber immerhin nicht ausgeschlossen. Dafs ein Eingeborener bei der Suche nach Eiern es dort verloren haben sollte, ist wenig wahrscheinlich, denn derartige Messer bedeuten einen teuren Besitz, auf den jeder sorgsam achtgipbt. Im allgemeinen ist der Rabe klug und vorsichtig, etwa in dem Sinne unserer Graukrähe. Den harmlosen Beduinen kennt er ganz genau und zeigt vor ihm keinerlei Scheu, beim Europäer merkt er aber sofort die böse Absicht und wird verstimmt. Dies ist umso merkwürdiger, als in den Gebieten des Südens zumeist kein Mensch ihm nachstellt, wenn nicht gerade das Unglück einen Ornithologen daherführt. Woran der Rabe diese gefährliche Subspezies vom homo sapiens erkennt, ist mir 13" 188 0. Graf Zedlitz: vollkommen schleierhaft, aber er bringt es jedenfalls fertig. Unmittelbar an den Oasen, wo es von Menschen aller Farben wimmelt, gelingt es eher, ihn zu überlisten, wenn man sich ansetzt, wie ich schon oben erwähnte, aber mit dem Hinterherlaufen macht man stets schlechte Geschäfte. Ganz gut bekommt man den schlauen Gesellen am Luder, das er schneller als irgend ein anderer Vogel annimmt. Hat man z. B. ein Mähnenschaf geschossen, so erscheinen hoch in den Lüften die beiden ersten Raben meist schon während der Arbeit des Aufbrechens; auch bei jeder anderen Gelegenheit, beim Kadaver eines Schakals, einer Hyäne, finden sie sich fast stets als die ersten Tischgäste ein. Will man sie bei dieser Gelegenheit erlegen, so mufs man sich den Ansitz mit gröfster Sorgfalt bauen, denn der Rabe äugt am besten von allen Vögeln, die auf Aas stofsen. Besonders nach oben mufs man tadellos gedeckt sein, sonst kreisen die Burschen wohl mit infernalischem Geschrei, kommen aber nicht herunter. Sind sie eingefallen, so bemerken sie unfehlbar sofort die leiseste Bewegung, welche man mit der Flinte macht, und verschwinden schleunigst, ehe man fertig geworden ist. Es empfiehlt sich deshalb, von vornherein sich so hinzusetzen, dafs die Mündung der Flinte bereits in dem möglichst kleinen Schiefsloch auf das Luder gerichtet ist, sodafs man im entscheidenden Moment nur den Kolben einzusetzen und zu feuern braucht, ohne weiter viel herumzuagieren. Genau dasselbe gilt vom Ansitz am Horst. Der Rabe kommt sehr schnell zu seinem Gelege zurück; auch wenn es ganz frisch ist, wird man selten mehr als 20 Minuten zu warten brauchen. Sitzt er aber wieder auf dem Nest, so sind Auge und Ohr stets wachsam, die geringste Bewegung des Gewehrlaufes, ein leises Anstreichen an die Zweige des Ansitzes genügen, um ihn sofort zu verscheuchen. Ich halte es deshalb für praktisch, auch hier die Flinte schon gleich einzurichten und möglichst Dampf zu machen im Moment, wo der Vogel auf dem Horst Platz nimmt. Die Eier liegen meist so tief und vom Gestein geschützt, dafs sie dabei nicht in Gefahr kommen. Es kann allerdings passieren, dafs der verendete Vogel oben liegen bleibt, doch waren die Rabenhorste, die ich gefunden habe, sämtlich mit Hilfe des Seiles erreichbar. Man holt sich doch die Eier, kann also bei der Gelegenheit auch ohne weiteres den erlegten Vogel mitbringen. Die Gelege, welche ich fand, bestanden aus 4—6 Eiern, der früheste Termin für ein volles Gelege von 6 Eiern ist der 28. III. 1906 (Dj. Sif Seham südlich des Segui). Meist standen die Horste in kleineren Wänden von 10—12 m Höhe. Unmittelbar neben dem vorerwähnten brüteten 2 Pärchen Turmfalken, an- scheinend in gutem Einvernehmen. Sonst ist der Rabe ein arger Nesträuber, der Eier und Dunenjunge aller Gattungen nimmt, wo er sie bekommen kann. Dieses Gesindel bedeutet deshalb eine stete Gefahr für alle in demselben Gebirgsstock nistenden Ornithologische Beobachtungen in Tunesien. 189 sonstigen gröfseren Vögel. Gelegentlich tut sich zum Zwecke gemeinsamer Diebereien auch der Rabe mit einem gleich grofsen Gauner, dem Melvus kurschun reichenowi, zusammen. Ich habe selbst aus nächster Nähe einmal einen interessanten Kampf zwischen diesen zwei Freibeutern einerseits und dem Q eines Circaetus gallicus auf der anderen am Horst der letzteren beobachtet. Ich gebe noch die Mafse zweier Gelege, gesammelt von mir am 9. IV. 1905 nördlich Gafsa und am 28. Ill. 1906 im südlichen Randgebirge des Segui: 1... 4475: 38,85 , 45,6:32,1, 43,6:31,45 | 41,9: 30,08 2=750D.H.'.1935D.H ‘ ı9DH’ '187D.H. k „4785:3445 , 492:387 _ 48,25:34,25 "20,5 D. H.’ A "22,5 D. H. a, 47,95 : 34,15 „16:3: 32,9 ; 45,55: 31,65 "31,25 D. H. "20,5 D. H’ "20,25 D. H. Hartertfand beiseinen Gelegenaus Marokko noch etwas grölsere Differenzen in den Malfsen, nähmlich: 54 : 35,6; 50: 34,6; 53,1: 33; 50 :35,3 als gröfstes, dagegen: 46,9: 32; 44 : 32,5; 45 :32,1; 45,1: 32,1; 45,1:32 mm als kleinstes Gelege, er gibt die Zahl der Eier mit 4—5 an. Corvus corax umbrinus (Sund.) Deutsch: Wüstenrabe, franz.: corbeau du de@sert, arab.: H’rabb. Corvus umbrinus Sundevall Oef. K. Vet. Akad. Förh. Stock- holm 1838, p. 199, v. Erlanger 1899, Whitaker B. of T. 1905. — Corvus corax umbrinus Hartert V. d. pal. F. I, 1903, p. 8. Ein echter Sohn der Wüste, bewohnt dieser Rabe, der sich vom vorigen besonders durch bräunlichere Farbe des Gefieders unterscheidet, ausschliefslich die eigentliche Wüste, also Gebiet III und IV in Tunesien. Erlanger und Hartert weisen ihm überein- stimmend die Sahara als Heimat an, und auch ich habe ihn bei Medenine als nördlichsten Punkt gefunden; dieses liegt zwar nach Erlangers Karte (J. f. O. 1898) noch im Gebiet II, doch treffen nach meinen Beobachtungen dort die typischen Erscheinungen von Gebiet II und IV (z. T. selbst von III) zusammen, ähnlich wie man am Fulse des Dj. Freiou im Norden die charakteristischen Vögel aus Gebiet I und II oft nebeneinander bezw. in Über- gängen sehen kann. Im Februar 1906 hielten sich mehrere Exemplare stets in der Nähe der Stadt Medenine und ihrer winzigen Oase auf, doch nicht annähernd in der grofsen Zahl, wie der (©. c. tingitanus bei Gafsa. Nestbeobachtungen fehlen mir leider. Bei Hartert finden wir darüber die Bemerkung: „Eier typische Rabeneier, 44 :31,5 mm.“ (V. d. pal. F. 1903, I, p. 8). Dals zum mindesten 190 O0. Graf Zedlitz: in der tunesischen Wüste die Horste der Regel nach in Felsen angelegt werden, ist schon aus dem Grunde als sicher anzunehmen, weil es dort an geeigneten hochstämmigen Bäumen fehlt. Familie: Cypselidae. Cypselus apus (L.) Deutsch: Mauersegler, franz.: Martinet, arab.: Chotefa. Dirundo apus Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 192 (1758). Oypselus apus Jlliger, Prodromus p. 229, (1811), Malherbe 1846, Loche 1857, Tristram Ibis 1859, König 1888/1892, v. Erlanger 1899, Whitaker B. of T. 1905. — Micropus apus Hartert Cat. B. Brit. Mus. XVI, p. 442. Unser Maurersegler erscheint im Frühjahr etwa um den März nicht selten auf dem Durchzuge. Im Norden dürfte er auch als Brutvogel zurückbleiben. Die im Süden brütenden Exemplare sind heller, ich verweise zur Frage der tunesischen Bruten von C©. apus L. und C. pallidus (Shelley) auf Königs Ausführungen im J. f. O. 1888 und seine Ergänzung bezw. Richtig- stellung J. f. O. 1892. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dafs der Maurersegler keineswegs zu den alltäglichen Erschei- nungen gehört und dafs ich deshalb nicht in der Lage war, ge- nügende Suiten zu sammeln. Ganz besonders möchte ich aber zu diesen Fragen auf die Arbeit von Kollibay „Die paläarktischen Apodiden“ J. f. O. 1905 hinweisen. Cypselus affinis koenigi (Rehw.) Deutsch: Nordafrikanischer Mauersegler, franz. u. arab.: wie vorige. Cypselus affınis Gray and Hard. Ill. Ind. Zoolog. I, pl. 35, fig. 2, König 1888, 1892, Whitaker Ibis 1895. — Micropus affınıs Hartert Cat. B. Brit. Mus. XVI, p. 453. — Apus affınis koenigi v. Erlanger 1899. — Cypselus affınis galilejensis (Antinori) Whitaker B. of T. 1905. Im Süden, speziell auf einigen Gebirgen des Gebiets II, ist dieser Segler regelmäfsiger Brutvogel. König sah ihn schon ge- legentlich seines ersten Besuches des Dj. el Meda bei Gabes (J. f. O. 1888) und berichtet später (J. f. O. 1892 p. 363) ausführlich über eingehende Beobachtung und Erlegung einer gröfseren Suite gelegentlich seines zweiten Besuches. Der Segler „mit weilsem Bürzel und Weichen“ ist danach in genanntem Gebirge zahlreich als Brutvogel vertreten. v. Erlanger fand ihn auch in anderen Gebirgen des Gebiets Il, besonders nördlich von Gafsa. Er tritt in seiner Beschreibung J. f.O. 1899 für eine Teilung in die westliche Form C. a. koenigi (Rchw.) und die östliche ©. a. galilejensis (Antin.) ein, indem er diese weniger mit den Farben-Unterschieden begründet, Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 191 welche er nicht für konstant hält, sondern mit den Mafsen von Flügel und Schwanz, die bei koenigi stets etwas länger seien. Flügellänge danach bei ©. a. koenige 135—140 mm, bei C. a. gabilejensis 127—133 mm. Ich fand diesen Segler mehrfach in den Gebirgen nördlich von Gafsa, am häufigsten im Dj. Freiou, wo er Anfang April ein- trifft und bestimmt brütet. Ein Gelege in den unersteiglichen Felswänden zu erbeuten, gelang mir aber ebensowenig, wie schon manchem Sammler vor mir. Cypselus melba (L.) Deutsch: Alpensegler, franz.: martinet a ventre blanc, arab.: Chotefa. Hirundo melba Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 192, (1758). — Oypselus melba Illiger, Prodromus p. 230, (1871), Malherbe 1855, Loche 1867, Tristram Ibis 1859, König 1888/1892, Whitaker B. of T. 1905. — COypselus alpinus Malherbe 1846. — Apus melba v. Er- langer 1899. — Apus melba tuneti v. Tschusi, Orn. Jahrb. 1904, p. 123. Der Alpensegler erscheint im späteren Frühjahr, Ende März oder Anfang April, und brütet in ganz Tunesien. Im Norden wurde er von König, im Süden von Erlanger als Brutvogel fest- gestellt. Alle Forscher erwähnen neben diesem Umstand, dafs es fast stets unmöglich sei, zu den Nestern zu gelangen. Dies fand ich vollkommen bestätigt. Vom 1. April an sah ich 1905 und 1906 den Alpensegler häufig in den meisten Gebirgen bei Gafsa und weiter nördlich. Besonders zahlreich findet man ihn an der mächtigen Wand des Dj. Freiou. Ein Gelege zu erbeuten, war mir unmöglich. Wegen Abtrennung des tunesischen Alpen- seglers als besondere subspecies „Apus melba tuneti“ verweise ich auf v. Tschusi Orn. Jhrb. 04, p. 123. Familie: Gaprimulgidae. Caprimulgus europaeus meridionalis (Hart.) Deutsch: Ziegenmelker, franz.: engoulevent vulgaire, arab.: Ker- naef-t-el-liela. Caprimulgus europaeus meridionalis Hartert, Ibis 1896 „On some species of Oypselidae, Caprimulgidae; Hartert „Tierreich“ 1897. — Caprimulgus vulgaris Malherbe 1846, 1855. — Capri- mulgus europaeus Loche 1858, 1867, König 1888, 1892, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — C. europaeus meridionalis v. Erlanger 1899. Dem Samnler fällt dieser Ziegenmelker durch sein Gefieder sofort auf, es ist erheblich dunkler als das der anderen hier vor- ‚kommenden Vertreter seiner Familie. Zu den häufigen Erschei- 192 O0. Graf Zedlitz: nungen in der Regentschaft gehört der südeuropäische Ziegen- melker nicht, am wenigsten im Süden, den er zumeist nur beim Durchzuge berührt. Im Norden ist er als Brutvogel nachgewiesen, Erlanger fand 1897 ein Gelege, enthaltend 1 Ei, bei der Quelle Bon-Dries im Südwesten vom tunesichen Gebiet I. Nachdem ich am 5. V. 1905 in einer kleinen Oase dicht bei Gabes ein Exem- plar erlegt habe, erscheint es mir wahrscheinlich, dafs der Vogel vereinzelt auch im Gebiet II brütet. Caprimulgus aegyptius isabellinus (Temm.) Deutsch: Ägyptische Nachtschwalbe, franz.: engoulevent isabelle, arab.: Dolea. Caprimulgus aegyptius Lichtenstein Verz. Doubl. p. 59, (1823), Hartert Cat. B. Brit. Mus. XVI p. 562, Malherbe 1846, König 1888, 1892,,1895, Whitaker Ibis 1895. — C. isabellinus Temminck PI. Col. p. 379 (1825), Malherbe 1855, Loche 1867. — CC. aegyptius saharae v. Erlanger 1899. — CO. uegyptius isabellinus Whitaker B. of T. 1905. Diesen Ziegenmelker, den Erlanger als subsp. nova unter dem Namen Caprimulgus aegyptius saharae beschreibt, fand er weit im Süden, zumeist in Gebiet III, nur selten im Gebiet II und dann stets erheblich südlicher als Gabes. Mir gelang es, Anfang Mai 1905 etwa 40 klm nördlich Gabes bei Skyrota ein Exemplar zu erbeuten, das schon Anklänge an den im Gesamt- Kolorit dunkleren (©. a. aegyptius zeigt. Der Vogel sals auf einer ganz freien Sandstelle unmittelbar am Meeresufer. v. Erlanger fand am 27. III. 1893 ein Gelege am Oued Beschima nahe der Grenze von Gebiet II und Ill. König fand am 14. IV. 92 ein Ei bei Biscra (J. f. O. 1895). Caprimulgus ruficollis desertorum (Erl.) Deutsch.: Rothalsiger Ziegenmelker, franz.: engoulevent & collier roux, arab. kerna£f-ft-el-liela. Caprimulgus ruficollis Temminck Man. d’Orn. p. 438. (1820); Hartert Cat. B. Brit. Mus. XVI. p. 531. u. „Tierreich“ 1897. — Malherbe 1846, Loche 1867. — C. ruficollis desertorum v. Erlanger 1899, Whitaker B. of T. 1905. Erlanger hat zuerst nachgewiesen, dafs sich zwei Subspezies von ©. ruficollis feststellen lassen und zwar ©. r. ruficollis (Tem.) nördlich des Atlas, ©. r. desertorum (Erl.) südlich desselben. Nach seinen Ausführungen sind die Unterschiede in der Färbung folgende: ©. r. ruficollis. ©. r. desertorum. Halsring: braungelb. Halsring: rotgelb. Oberseite: ähnlich gefärbt Oberseite: bräunlich - gelb, wie bei ewropaeus, Schwanz und ins Rötliche gebend, Flügeldeck- Flügeldeckfedern heller. federn mit hellen gelben Flecken. Ornithologische Beobachtungen von Tunesien, C. r. rufieollis. Handschwingen:am oberen Enderostbräunlich mitgleichfar- biger heller Bänder-Zeichnung. Unterseite: heller als bei europaeus nach der Aftergegend schmutzig gelbbraun. Auf der Brust ist die Unterseite am dunkelsten gefärbt. 193 ©. r. desertorum. Handschwingen und Flü- geldeckfedern mit rotbrauner Grundfarfe. Unterseite: gelbbraun, ins Rötliche gehend, in der Afterge- gend heller, nach der Brust zu mehr rötlich. Oberkopf: hell mit silber- grauem Glanz. Dieser Ziegenmelker scheint nicht an der Küste vorzukommen, da er von allen Forschern, welche genaue Lokalitäts-Angaben beifügen, inbesondere von Erlanger, weiter im Innern erbeutet wurde, König auch ausdrücklich bemerkt, dafs er ihn nicht in Tunesien gesehen hat. Es hat danach den Anschein, als bevor- zuge C. aegyptius isabellinus mehr den Osten, dazu ©. ruficollis desertorum den Westen, soweit die Gebiete südlich des Altas in Frage kommen. Auch (©. ruficollis ist Zugvogel, der im allgemeinen recht spät eintrifft. - Erlanger sagt, er komme erst im Mai und ziehe im September wieder fort. Das mag die Regel sein, denn an der alten wasserreichen Römer-Cisterne bei Maajen-el-Fedj traf ich Anfang April 1905 noch keinen einzigen Ziegenmelker, obgleich dies nach den Erfahrungen von P. Spatz einer ihrer Lieblingsplätze ist. Ich fasse es als eine Ausnahme auf, dafs ich das Glück hatte, am 10. IV. 1905 am Dj. Freiou ein Exemplar zu erlegen, das wohl als Quartiermacher vorausgeeilt war. Auch noch in anderer Beziehung ist dieser Caprimulgus interessant, denn er bildet einen Übergang zwischen den Typen beider Subspecies, wie ich sie nach Erlanger oben kurz beschrieben habe. Immerhin ziehe ich ihn noch eher zu (©. r. desertorum als zu ©. r. ruficollis. Mitteilungen über Gelege von C. ruficollis verdanken wir ebenfalls Erlanger, der am 9. VI. 1897 bei der Quelle Bon Driös deren 2 fand. Die Legezeit fällt also recht spät entsprechend dem meist späten Eintreffen des Vogels im Brutgebiete. Familie: Picidae. Iyns torquilla (L.) Deutsch: Wendehals, franz.: torcol ordinaire, arab.: Augou. Iynx torquilla Linn& Syst. Nat. Ed. X. p. 112, (1758), Malherbe 1855; Loche 1867; König 1888, 1892, Whitaker Ibis 1895 und B, of T, 1905, v. Erlanger 1900. 194 O0. Graf Zedlitz: Als Durchzugsgast passiert unser Wendehals die Steppen des Südens im März oder Anfang April. Die meisten Daten über seine Erlegung liegen vom März vor, eine der frühesten ist wohl die von König am 8. III. 1887 (J. f. O. 1888). Nach König soll er in Nord-Tunesien Brutvogel sein. Ich erlegte am 22. III. 1906 ein Exemplar im Segui, das ersichtlich vom Zuge sehr ermüdet war und sich flach auf den Boden drückte. Am 7. IV. 1906 schofs ich am Dj. Souenia nördlich Gafsa noch ein Stück, das ganz munter in einem Dornstrauch herum kletterte. Den Lockruf habe ich nie gehört, glaube auch kaum, dafs der Vogel südlich des Atlas brütet. Von anderen Angehörigen der Spechtfamilie habe ich nie etwas zu Gesicht bekommen, da sie naturgemäfs sich an die bewaldeten Gebiete im nordwestlichen Tunesien und in Algerien halten. Aus letzterem Lande erwähnt Loche noch: Picus numidieus (Malh.), Picus minor (L.), Geeinus vaillantii (Bp.), Sitta caesia (Meyer u. Wolf), Certhia familiarıs (L.). Auch Erlanger hatte Gelegenheit, im Westen Tunesiens noch interessante Beobachtungen über einige dort vorkommende Spechte zu machen (J. f. J. 1900). Familie: Alcedinidae. Alcedo ispida (L.) Deutsch: Eisvogel, franz.: Martin pecheur, arab.: Tur-el-aschdar. Alcedo :spida Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 115, (1758.), Malherbe 1855, Loche 1867, König 1892, Whithaker Ibis 1896 und B. of T. 1905. — Alcedo ispida spatei v. Erlanger 1900. Erlanger will den tunesischen Eisvogel als gesonderte Unter- art gefafst wissen und behauptet, dals er sich von unserem 4A. ispida durch kürzeren Schnabel und hellere Unterseite unter- scheide. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschliefsen, da auch bei den Vögeln aus Deutschland die Länge des Schnabels variiert und die Farbe der Unterseite bald heller, bald dunkler ist. Ein von Alessi in Tozeur (Tunesien) gesammeltes Exemplar in der Balg-Sammlung des Berliner Museums ist zwar heller als irgend ein europäisches Stück, das ich kenne, dafür liegen aber mehrfach dunkle Varietäten aus derselben Gegend Afrikas vor. Wären sie alle in Mafsen und Färbung so wie das von Alessi, so würde die Abtrennung vollauf gerechtfertigt erscheinen, das ist aber keineswegs der Fall. König (J. f. O. 1892) sammelte ebenfalls 2 Exemplare in Gabes, welche etwas kleine Mafse zeigen, hält aber doch eine Neu-Benennung für unstatthaft. In den Oasen mit offenem fliefsenden Wasser scheint der Eisvogel überall vorzukommen. Besonders häufig sah ich ihn bei Gabes und Gafsa. Immerhin ist es gar nicht leicht, ihn zu erbeuten, weil es meist mifslich erscheint, in dem unübersichtlichen, von Menschen wimmelnden Gelände niedrig zu schielsen. Mein N En... Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 195 Präparator C. Müller erlegte im Mai 1905 2 Exemplare in Gabes. Nach Erlangers Mitteilungen soll der Vogel im Norden häufiger als im Süden vorkommen, der Forscher fand ein Gelege bei Gafsa (vgl. J. f. ©. 1900). Familie: Goraciidae. Coracias garrulus (L.) Deutsch: Blaurake, franz.: rollier commun, arab.: Schragschrag. Coracias garrulus Linne, Syst. Nat. Ed. X. p. 107, (1758). — Coracias garrula Linne Syst. Nat. (1766.), Malherbe 1846, zone 1867, König 1888, 1892, Erlanger 1900, Whitaker B. of «1905. Im Süden ist die Blaurake Zugvogel, der ziemlich spät erscheint. König sagt (J. f. O. 1888), dafs sie Ende April ein- trifft, und später (1892), sie kommen etwa gleichzeitig mit dem Bienenfresser. Letztere Angabe gilt für den Süden, die Bienen- fresser erscheinen dort Mitte April. Ich hatte Gelegenheit, am 28. IV. 1905 bei der Sebkhra El Fedjej einen grofsen Zug von Blauraken zu beobachten. Sie flogen in losem Verbande, gruppen- weise zu 3—5 Stück, ziemlich niedrig und sich oft in grölseren Sträuchern aufhaltend. Im ganzen mögen es 50—80 Stück gewesen sein. Nester habe ich im Süden nicht gefunden, und auch Erlanger meint, dafs der Vogel nur im Gebiet I brüte. Dort an der Quelle Bon-Dries und am Oued Kasserine fand er im Mai—Juni 1894 viele Nester in Spalten von Ruinen, Felsen und Lehmwänden, niemals auf Bäumen. Nähere Angaben darüber finden sich J. f.O0. 1900. Familie: Meropidae. Merops apiaster (L.) Deutsch: Gemeiner Bienenfresser, franz.: chasseurd’Afrique, gu&pier vulgaire, arab.: Tuer-el-juhud, Scharrgrak. Merops apiaster Linn& Syst. Nat. Ed. X, p. 117, (1758); Malherbe 1846; Loche 1867; König 1888, 1892; v. Erlanger 1900; Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. Im Laufe des April trifft dieser Vogel ein, der durch sein lebhaftes Wesen und die bunte Uniform, welche ihm auch den Namen „chasseur d’Afrique“ eingetragen hat, jedem auffallen mufs. König beobachtete die ersten bei Monastir am 12. IV. 1892, ich sah im Jahre 1905 schon am 7. IV. beim Dj. El Hafey nördlich 196 0. Graf Zedlitz: Gafsa einen ganzen Schwarm. Auf einmal sind sie da, und überall an niederen Felswänden, in Flufsbetten, besonders aber bei den Oasen sieht man ganze Scharen, während kurz vorher kein einziger sich zeigte. Es scheint bei ihnen nicht dieselbe Sitte wie bei so vielen Zugvögeln zu herrschen, erst einige Quartiermacher, meist alte 9, vorauszusenden. Wie auf dem Zuge so ist auch im Brutrevier der Bienenfresser aulserordentlich gesellig. Er treibt sich noch lange nach seiner Ankunft in Gesellschaften mit obligatem Geschrei herum, ehe die einzelnen Paare zur Brut schreiten. Die frühesten Termine, an denen König Nester mit Eiern fand, sind der 29. IV. 86 (im Norden) und der 25. IV. 91 im Süden. Diese Gelege sind immer noch als frühe anzusprechen, denn nach meinen Beobachtungen beginnt die eigentliche Legezeit erst im Mai. Ende April 1905 konnte ich an den Lehmwänden des Flusses bei Gafsa, welche ein sehr beliebter Brutplatz sind, noch keine einzige besetzte Nisthöhle finden. Mit besonderer Vorliebe sitzen die Vögel auf den Drähten der Telegraphen- und Telephon-Leitungen; zur Nachtruhe suchen sie meist die dichteren Palmen-Bestände der Oasen auf. Anfang Mai 1905 beobachtete ich allabendlich Schwärme von Hunderten, welche bei Gabes oder Ouderef so ihr Naächtquartier wählten, nicht ohne vor dem Einschlafen noch längere Zeit laut schreiend herumzukreisen und zu spielen. Scheu habe ich sie niemals gefunden. Die Nester stehen ausschliefslich in Löchern von Lehm- oder Felswänden. Nicht zu hohe, steil abfallende lehmige Flufs- ufer werden besonders bevorzugt. Die Nistlöcher sind meist recht tief, nach Erlanger bis zu 3 m, am Ende etwas erweitert. Jedes Jahr werden diese langen Gänge fein säuberlich frisch ausgeräumt, nicht selten auch neu ausgegraben. Am Schlupfloch, deren es für eine Nisthöhle meist 2 gibt, ist der Tunnel ziemlich eng. Es ist eine saure Arbeit, sich bis zu der Nisthöhle durch- zuarbeiten, oft ist es gar nicht möglich. Ich verweise auf Königs sehr interessante Beschreibungen J. f. O. 1888 und 1892, sowie auf Erlanger J. f. O. 1900 mit seinen reichen Beobachtungen des Brutgeschäfts. Die Zahl der Eier ist 5—7, sie sind weils und glattschalig. Die Mafse sind nach König: 25:21 mm als gröfstes, 20:21 mm als kleinstes Ei eines am 12. V. 1886 aus- gegrabenen Geleges von 5 Eiern (J. f. ©. 1888, p. 168). Reiser gibt aus Bulgarien etwas grölsere Malse an: 27:21,6—25,9:21,9 mm. Über das Vorkommen von Merops persicus saharae (Naum.) in Tunesien liegen noch meines Wissens keine bestimmten Nach- richten vor von Forschern, welche selbst dort Exemplare gesammelt hätten. Immerhin erscheint es wahrscheinlich, dafs der in Süd- Algerien nicht seltene Vogel auch gelegentlich weiter nach Osten streicht. Mehrere in Algerien bei Biscra von Steinbach gesammelte Bälge aus dem Frühjahr 1908 sah ich wieder erst kürzlich in Berlin. Erlanger hat ihn nicht angetrofien, vgl. J. f. O. 1900, p. 5. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 197 Familie: Upupidae, Upupa epops (L.) Deutsch: Wiedehopf, franz.: la huppe, arab.: T’bib (der Arzt). Upupa epops Linn& Syst. Nat. Ed. X, p. 117 (1758); Malherbe 1846; Loche 1867; Tristram Ibis 1859; König 1888, 1892, 1895; Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Upupa epops pallida v. Erlanger 1900. v. Erlanger trennt den nordafrikanischen Vogel von Upupa epops epops (L.) als U. e. pallida subsp. nova ab mit der Begründung, beim Afrikaner sei die allgemeine Farbe heller, besonders an den Stirnfedern und am Bauch, die Afterfedern seien reinweils, beim U. e.epops aber grau. Ich kann mich nicht für die Abtrennung entscheiden und halte die angegebenen Unterschiede nicht für konstant. Bei den Wiedehopfen, welche ich vom Februar bis April in allen 3 Jahren 1904—1906 in Tunesien erlegte, kann ich keineswegs sagen, dafs ihre Haubenfedern oder die Unterseite blasser seien als bei Exemplaren aus Europa. Lebhafter und matter gefärbte Exemplare findet man hier wie dort, das Sommer- gefieder dürfte in Tunesien unter dem Einflufs der Witterung schneller und mehr verblassen als bei uns. Gerade auf rötliche Farbentöne übt die afrikanische Sonne am ehesten diesen Einflufs aus, wie wir z. B. auch an der roten Kopfplatte des Lanius senator sehen, dieimSüden erheblich blasser wird beim abgetragenen Kleid als im Norden. Die Unterschwanzdecken sind bei allen meinen tunesischen Exemplaren weils, doch zeigen Vögel aus Europa bisweilen die gleiche Farbe. Im Norden der Regentschaft ist der Wiedehopf Zugvogel, welcher nach König um den 10. März eintrifft; im Süden ist er Standvogel, den ganzen Winter hindurch kaum seltener anzutreffen als im Frühjahr. Bis Ende März sah ich ihn meist in kleinen Gesellschaften, später paarweise. Vom März an läfst er auch fleifsig seine Stimme ertönen. Dazu überliefert uns König (1892) folgendes Märchen der Eingeborenen: „Der Wiedehopf litt im Herbste Not und borgte sich von der Ameise 2 „Wiba“ Körner. Im Frühjahr gab er nur eine zurück und behauptete, nicht mehr erhalten zu haben. Nun streiten sich die beiden noch heute, die Ameise beharrt auf ihren „2 Wiba‘“ oder „Wib’tien‘“ und er antwortet: „Wiba bis, Wiba bis“ d. h. „nur eine Wiba!“ Von den Arabern wird der Vogel auch für heilkräftig gehalten, daher sein Name T’bib oder Tubib soviel als Arzt. Als Mittel gegen innere Leiden soll sich der Kranke den Kopf des Wiedehopfes auf die Brust legen. Diesen von König aus Algerien berichteten Aberglauben fand ich auch im Süden Tunesiens verbreitet. Sein Lieblings-Aufenthalt sind die hohen Dornsträucher in den ausgedrockneten Oueds, doch steigt er auch hoch hinauf 198 0. Graf Zedlitz: ins Gebirge. Die Legezeit dürfte im März beginnen, König (1888) erwähnt sogar schon flügge Junge vom Ende des Monats. Obwohl der Vogel nach Aussage der Araber in den südtunesischen Steppen brütet und dauernd von mir gesehen wurde, habe ich leider ein Nest nicht finden können. Familie: Guculidae. Cuculus canorus L. Deutsch: Kukuk, franz.: coucou gris, arab.: Taguk. Cuculus canorus Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 110 (1758); Malherbe 1846; Loche 1867; König 1888/1892/1895; Whitaker Ibis 1894; B. of T. 1905; v. Erlanger 1900. Nördlich des Atlas häufig, ist unser Kukuk südlich des Gebirges seltener Durchzugsgast. v. Erlanger erlegte einzelne Exemplare am Dj. Sittoun u. Dj. Freiou. Am 7. IV. 1905 wurde das einzige Exemplar auf meinen Reisen am Dj. El Hafey einen Tagemarsch nördlich des Dj. Sitoun erlegt. Familie: Strigidae. Asio accipitrinus (Pall.) Deutsch: Sumpf-Ohreule, franz.: chouette des marais, arab.: Bäf. Strix accipitrina Pallas Reise Russ. Reich. I, p. 455, (1771). — 4Asio accipitrina Sharpe Cat. B. Br. Mus. II, p. 343, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905, v. Erlanger 1898. — Stryx (Otus) brachyotus Malherbe 1846, 1855. — Brachyotus aegolius Loche 1858. — Brachyotus palustris König 1888, 1892. Als Gast in der Zugzeit und gelegentlich wohl auch im Winter kommt die Sumpf-Ohreule in der ganzen Regentschaft vor, doch keineswegs häufig. König (J. f. O. 1892) ist ihr in den Steppen des Ostens nahe der Küste mehrfach begegnet, Erlanger konnte nur ein Exemplar sammeln, das „unser“ Ali am 23. XI. 1896 zufällig erbeutete. Ich habe gleichfalls nur ein Stück er- legt am 26. III. 1905 auf dem „Schnecken-Plateau“ bei Sidi Mansour. Es ist interessant, dafs dieser Sumpfvogel hier aus- gerechnet in der wasserärmsten Region gefunden wurde, welche das ganze Gebiet II aufweist. Er war natürlich auf dem Zuge, schien auch ermüdet. Pisorhina scops erlangeri Tsch. Bentech: Zwerg-Öhreule, franz.: hibou scops, arab.: Bouma-mta- raba. . _Serix giu Scopoli Ann. I, Hist. Nat. p. 19 (1769). — Scops giu Sharpe Cat. B. Br. Mus. II, p. 47; König 1888, 1892, 1895; Se Mn Me Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 199 Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Strix scops Malherbe 1846. — Scops aldrovandi Malherbe 1855. — Scops zorka Loche 1858, 1867, Tristram Ibis 1859. — Pisorhina scops v. Erlanger 1898. — Pisorhina scops erlangeri v. Tschusi, Orn. Jahrb. 1905, p. 101 ft. v. Tschusi hat die nordafrikanischen Zwerg-Ohreulen ab- getrennt und die nördlich des Atlas vorkommende FPisorhin« scops tuneti, die südliche desselben beheimatete P. s. erlangeri benannt. Wegen der Unterschiede beider Arten verweise ich auf die oben angeführte Stelle in den Ornith. Jahrbüchern. Interes- sant ist, dafs auch hier Exemplare vom Dj. Freiou bekanut sind, welche einen Übergang beider Formen darstellen. Diese reizende kleine Eule ist Zugvogel, der regelmäfsig in der zweiten Hälfte April einzutreffen pflegt. Wenn König (1888) erwähnt, dafs einzelne Exemplare auch im Winter von anderer Seite erlegt worden seien, so dürfte es sich wohl um Stücke handeln, welche aus anormalen Gründen zurückgeblieben sind. Im allgemeinen stimmen die Angaben über das Eintreffen im Frühling ganz wunderbar überein, ich erwähne nur folgende Daten, an welchen von den Forschern persönlich das erste Exemplar gesehen wurde: 26. IV. 1887 von König, J. f. O. 1888; 23. IV. 1893 (Süd-Algerien) von König J. f. O. 1879; 17. IV. 1897 (Dj. Freiou) von Erlanger J. f. O. 1898; 23. IV. 1905 (Dj. Sidi Aisch) von mir. König konnte 1893 konstatieren, dafs die Eule auf dem Zuge gesellig ist, er sah am oben genannten Tage fünf Stück auf einem Zweige. Als Brutvogel ist sie bis weit in den Süden hinein verbreitet, sie nistet stets auf Sträuchern oder in Bäumen, ist aber nicht wählerisch in Bezug auf die Art (von Nestern in Felsenlöchern, wie sie in Europa nicht selten vorkommen, habe ich in Tunesien nichts gehört). In den Oasen des Südens be- wohnt sie die Palmen. In Gabes z. B. konnte ich allabendlich hören, wie nach Eintritt der Dämmerung mehrere Zwerg-Ohreulen von Palme zu Palme sich ihr glockenhelles „klütt‘“ zuriefen. In der Landschaft Thalla nördlich des Segui bewohnen sie die verlassenen Eisternester, wie Erlanger feststellen konnte, der am 8. V. 1897 dort ein Gelege von 4 Eiern fand. Auch König fand 1893 bei Biscra in einem alten Elsternest ein Eulen-Gelege von 3 Eiern und fing das © lebend, das er sogar glücklich bis nach Bonn brachte. Weiter im Norden brüten sie gern auf den Aleppokiefern, wie uns ebenfalls Erlanger berichtet. Die Mafse der Eier sind nach König: a. 30:25; b. 29:25; c. 28:25 mm. Fernere Angaben über die von ihm gefundenen Eier finden sich bei Erlanger J. f. O. 1898. Carine noctua glaux (Sav.) Deutsch: Wüstenkauz, franz.: petite chouette du sud, cheväche, arab.: Bouma. 200 O0. Graf Zedlitz: Noctua glaux Savigny Syst. Ois. de ’Egypte etc. p. 45, (1810). — Carine glaux Irby Orn. Str. Gibr. p. 58, (1875). — Strix passerina (Athene noctua) Malherbe 1846, 1855. — Athene persica Loche 1858, 1867. — Stryx numida Tristram Ibis 1859. — Athene glaux König 1888, 1892, 1895, Whitaker Ibis 1894, v. Erlanger 1898. — Carine noctua glaux Whitaker B. of T. 1905. Der tunesische Kauz zeigt erhebliche Varietäten, bald nach der hellen, bald nach der dunklen Seite. Erlanger unterscheidet 3 Formen: 1) eine dunkle, ähnlich unserer Athene noctua im Ge- biet I; 2) eine Übergangsform in Gebiet Il; 3) eine ganz helle Form in Gebiet III und IV. Verbastardierungen gibt er aus- drücklich zu, doch meint er, dafs bei der letzten Form auch das Jugendkleid stets heller sei entgegen früheren Annahmen (Tristram), welche die dunklen Exemplare als jüngere Vögel ansprechen. Erlanger stützt diese Ansicht hauptsächlich auf einen Balg juv. gesammelt von P. Spatz auf Djerbah am 2. VII. 1894, jetzt im Besitze des Berliner Museums. Im Gegensatz hierzu steht wieder die Behauptung von Taczanowski, dafs die Vögel im Osten, an der Küste also, dunkler seien als im Innern. Ich habe viel Käuze gesehen, eine ganze Reihe geschossen und auch noch Vergleichs- Material zur Verfügung gehabt, kann aber nicht finden, dafs südlich des Atlas in irgend einer Gegend konstant die hellere oder dunklere Varietät auftritt. Im Gegenteil habe ich die entgegen- gesetzte Beobachtung gemacht, z. B. an einem ihrer Lieblings- plätze bei Bir Mrabot sowohl ganz helle wie auch mein dunkelstes Exemplar gesammelt. Ich gebe ohne weiteres zu, dafs im Süden die hellen Stücke häufiger sind, aber auch recht dunkle, fast wie unsere Athene noctua, sind dort keine sehr grofse Seltenheit. Ich habe das angeführte sehr dunkle Exemplar am 22, III. 05 erlegt, von einem jungen Vogel desselben Jahres kann also keine Rede sein. Bei anderen Raubvögeln kommen so häufig dunkle und helle Varietäten vor, auch bei manchen Eulen, z. B, Strix flammea und Bubo-Arten, dafs ich nicht einsehe, warum das Gleiche nicht auch bei unserem kleinen Kauz zugestanden werden soll. Der Wüstenkauz kommt in der ganzen Regentschaft als Standvogel vor, im Gebiet II ist er häufig. Er fehlt kaum an irgend einem Bordj; auch in der Steppe auf den Steinpyramiden, welche die trigonometrischen Punkte markieren, sowie auf ge- wöhnlichen Steinhaufen, Ruinen, Mauerresten, trifft man ihn ge- wöhnlich an. In den Vorbergen liebt er die kleinen felsigen Schluchten, hingegen sah ich ihn nie an den mächtigen Felswänden, wo die Beherrscher der Lüfte hausen. Er ist ein zutraulicher, beweglicher Gesell und führt keineswegs ein verstecktes Dasein. Den ganzen Tag kann man ihn draufsen beobachten, bald auf einem freien Stein blockend, bald von einem Aussichtspunkt zum andern fliegend. Schon im Januar 1906 sah ich Pärchen regel- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien, 201 mälsig beisammen, besonders über Mittag friedlich vereint dicht beieinander auf stets demselben Steinhaufen ausruhen. Früh und Abends führen sie bisweilen auch nette Flugspiele ge- meinsam auf. Anfang März beginnt das 0’ zu balzen und ent- wickelt eine staunenswerte Ausdauer. Ziemlich pünktlich zwischen 4 und 5° Nachmittags beginnt der kleine Musikant sein Liebeslied zu singen, indem er auf einem erhöhten freien Punkt Posto falst, und hört damit eigentlich vor dem frühen Morgen nicht wieder auf. Mit Vorliebe wird die Dachecke eines Bordj als Podium benützt, und wer etwa ausnahmsweise nicht den in der Steppe üblichen totenähnlichen Schlaf haben sollte, kann dann die ganze Nacht ‚hindurch Gratis-Musik geniefsen. Ich meine, dafs bei hellem Mondschein der Gesang besonders eifrig ertönt, ausgesprochen dunkle Nächte scheint der Kauz nicht zu lieben. In Bezug auf seine Ernährung hält er sich wohl ausschliefslich an Mäuse und sröfsere Insekten. Die anderen Vögel beachten ihn gar nicht, ein Zeichen, dals er ihnen nie etwas zu Leide tut, er ist eben ein allerliebster guter kleiner Kerl, der kein Wässerchen trübt. Der Horst wird im Süden meist in Löchern der Flufsufer oder zwischen Steinen angelegt, im Norden dienen dazu auch hohle Olivenbäume nach König (J. f. ©. 1892), der am 28. IV. 1891 bei Sidi Hedj-Kassem im Astloch eines Olivenbaumes ein Gelege von 3 Eiern fand, später am 2. V. desselben Jahres erbeutete er noch ein Gelege von 5 Eiern. Die Malfse sind sehr gleichmäfsig zwischen 34:29 und 32:28 mm. Erlanger konnte am 15. V. 1897 bei Bir Mrabot schon 4 leidlich grofse Junge ausnehmen, von denen er eines grofs zog. Bubo ascalaphus ascalaphus (Sav.) Deutsch: Pharaonen-Uhu, franz.: hibou ascalaphe, arab.: Bäf relid. Bubo ascalaphus Savigny Syst. Ois. de l’Egypte etc. p. 50, (1810), Loche 1858, 1867, König 1888, 1892, 1895, Whitaker Ibis 1898, B. of T. 1905. — Ascalaphus savignyı Tristram Ibis 1859. — Bubo ascalaphus barbarus subsp. nov. v. Erlanger 1898. Erlanger unterscheidet zwei Unterarten, den B. a. barbarus nördlich des Atlas, den B. a. desertorum südlich desselben. Wegen der Begründung für diese Trennung verweise ich auf seine eingehenden Ausführungen im J. f. OÖ. 1898. Da der Uhu südlich des Atlas zu den seltensten Raubvögeln gehört, dürfte es nicht ganz leicht sein, gröflsere Suiten zu sammeln, um zu der Frage der Trennung endgültig Stellung nehmen zu können. Im Norden soll der Uhu häufiger sein, ich habe ihn lebend nicht gesehen, doch werden an den Händler Blanc in Tunis alljährlich einige Exemplare eingeliefert, meist natürlich mit ungenauer Orts-Bestimmung. Die Mitteilungen der älteren Forscher mufs man sinngemäls auf die beiden Subspezies verteilen, wenn man an der Trennung Journ, f, Urn, LVL, Jahrg. April 1909, 14 202 O0. Graf Zedlitz: festhalten will. Ich beziehe die sehr interessanten biologischen Notizen von König im J. f. ©. 1892 auf B. a. ascalaphus, da der Dj. Batteria noch tief im Gebiet I liegt. Dort fand der Virtuose im Nestersuchen zunächst am 26. III. 1891 einen Horst mit 4 mittelgrofsen Dunenjungen, erlegte auch dabei das 9%. In einem kleinen Vorberge ebendort entdeckte er am 16. IV. nochmals 3 schon mehr entwickelte Junge, wobei das 9' erlegt wurde, das zustrich, auf dem Boden einfiel und mit lautem „Uh“ sein Mils- fallen bekundete. Die Legezeit fällt somit sehr früh, wohl schon in den Februar, die Zahl der Eier bezw. Jungen ist 3—4. In den Horsten fand König Reste von Steinhühnern, denen stets der Magen herausgeschält war. Im weiteren gibt er dann noch sehr fesselnde Schilderungen über die Aufzucht und den Charakter der Jungen. Bubo ascalaphus desertorum (Erl.) Deutsch: Wüsten-Uhu, franz.: hibou du desert, arab.: wie voriger. Bubo ascalaphus desertorum v. Erlanger Orn. Monatsb. 1897, p- 192, J. f. O. 1898, Whitaker B. of T. 1905. Zu meinem grofsen Kummer ist es mir nie gelungen, eines Uhus in Süd-Tunesien ansichtig zu werden. Er gehört heutigen Tages dort zweifellos zu den grofsen Seltenheiten. Mein Freund Blanchet hat in den mehr als 6 Jahren seines Aufenthaltes ein einziges Exemplar bei Gabes zu Gesicht bekommen, aber nicht erlegen können. König kaufte 1887 eines lebend in Tripolis. v. Erlanger erbeutete mit grofsem Glück ein Pärchen nebst Gelege in einem Vorberge des Dj. Sidi Ali ben Aoun. Zuletzt gelang es Spatz im April 1904, nachdem ich leider schon abgereist war, ebenfalls am Dj. Sidi Ali ben Aoun 3 recht grofse Nestjunge auszunehmen und das alte J' (?) zu erlegen. Damit sind meine Daten über den B. a. desertorum aus letzter Zeit erschöpft. Mir scheint, dafs beide Uhuarten lieber die kleinen Vorberge als die grofsen Wände in den Haupt-Gebirgen aufsuchen. Dies ist auch ganz verständlich, denn sie sind keine geselligen Naturen, werden auch von den Raben und Raubvögeln an den viel bewohnten Felspartieen manches zu leiden haben, deshalb ziehen sie es vor, sich in weniger belebten Gegenden anzusiedeln, müssen dann auch allerdings mit leicht zugänglichen und wenig geschützten Brutplätzen fürlieb nehmen. Immerhin ist es nicht leicht, den Horst zu finden, da die alten erst im allerletzten Moment abzustreichen pflegen, für gewöhnlich sich aber drücken. Familie: Vulturidae. Gyps fulvus oceidentalis (Scehleg.) Deutsch: Atlas-Gänsegeier, franz.: Vautour au col blanc, arab.: Nisr. az 7a VW SE Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 203 Vultur fulvus occidentalis Schlegel Mus. d’Hist. Nat. d. Pays- Bas. II, 1862. — Gyps fulvus Malherbe 1855, Loche 1858, 1867; Tristram Ibis 1859, König 1888, 1892. — Vultur kolbii Malherbe 1846. — Gyps hispanvolensis Sharpe Cat. B. Br. Mus. I, p. 6. — Gyps fulvus occidentalis v. Erlanger 1898, p. 448 fl. — Gyps fulvus Whitaker B. of T. 1905. Sehr richtig hebt Erlanger als die konstanten Merkmale des @. f. occidentalis gegenüber dem typischen @. fulvus aus Südost-Europa hervor: kleinere Malse, Färbung des Körpers rostfarben, Unterseite ins Rostgelbliche ziehend, nicht sepiabraun, Schnabel horngelb, nicht dunkel-hornbraun. Die Farbe der Hals- ‚krause variiert sehr nach Mafsgabe des Alters. Am Gänsegeier habe ich mit Bedauern eine ziemlich schnell fortschreitende Verminderung konstatieren müssen, wie sie mir in gleichem Mafse bei keinem anderen Vertreter der tunesischen Ornis Platz zu greifen scheint. Alle älteren Forscher sind sich darin einig, dals dieser Geier s. Z. eine häufige Erscheinung war und überall in den Gebirgen horstete. Noch in den 80er Jahren fand ihn König im Norden häufig, z. B. auch brütend auf dem Dj. R’sass unmittelbar bei der Stadt Tunis. Bei seiner späteren Reise hörte er noch von einer früher auf dem Dj. Batteria befind- lichen Kolonie, fand jedoch schon keine Brutplätze mehr dort. Seitdem ist die Zahl der Horste offenbar weiter zurückgegangen, denn Erlanger fand 1897 nurnoch 4 bewohnte Kolonien und zwar den Dj. Aiaischa am Nordrand des Segui, den Dj. Ain Guettar bei Gafsa, den Dj. Attigk und den Dj. Sidi Aisch im Westen. Beim Namen der Dj. Attigk dürfte ihm ein Irrtum untergelaufen sein, denn dieser kegelförmige Gebirgsstock bietet keineswegs die hohen und langgestreckten Wände, wie sie der @Gyps liebt, wohl aber birgt der unmittelbar daneben in südlicher Richtung liegende Dj. Tfell an seiner mächtigen Wand, die man bei der Fahrt kurz vor Gafsa schon auf einige 20 klm weit von der Bahn aus sieht, noch heute die am stärksten besetzte Kolonie im ganzen Gebiete. Auch an einzelnen von diesen 1897 noch gut besetzten Brutplätzen wird man heute vergeblich nach Horsten suchen. Den Dj. Aiaischa habe ich in allen drei Jahren während meines Aufenthalts im Segui meist vor Augen gehabt, auch gelegentlich die Wand sorgfältig abgesucht, kann also mit grofser Bestimmtheit behaupten, dafs dort keine Horste mehr stehen. Überhaupt ist der Gäuse- geier im Segui heute schon eine recht seltene Erscheinung. Ich erleste im März 1906 beim Bordj EI Fedjej ein jüngeres 9‘, das eine alte Verletzung am Fang zeigte und jedenfalls nicht zur Paarung geschritten war, da es sich immer in den kleinen Vor- bergen herumtrieb, wo nur Aasgeier und Wüstenbussarde horsten, Am Dj. Berda oberhalb Bir Mrabot sah ich im Jahre 1905 allerdings etwa ein halbes Dutzend Gyps an den Resten einiger Mähnen- schafe, doch ist dieser Punkt in direkter Luftlinie von den Brut- kolonien westlich Gafsa nicht so weit entfernt, dafs ein Zustreichen 14* 204 0. Graf Zedlitz: von dort unwahrscheinlich erscheine. Für einen Geier sind 50 kim ein Spazierflug. Aufserdem treiben sich stets auch im Frühjahr eine ganze Anzahl jüngerer und nicht angepaarter älterer Vögel ganz unabhängig von den Brutplätzen herum. Den Dj. Ain Guettar, die zweite von Erlanger erwähnt Horststelle, besuchte ich eingehend Ende März bis Anfang April 1906. Die alten Nester und Schlaf- plätze sind noch deutlich an dem weilsen Geschmeifs kenntlich, das sich Jahre lang hält, wenn es ordentlich dick aufgetragen war, aber ein einziger Geier belebte als Eremit die Wände, über denen früher Dutzende kreisten. Gerade zu diesem Zeit- punkt war es aber ausgeschlossen, dafs die Jungen schon ausgeflogen sein sollten. Überdies pflegen alle Gänsegeier auch aulserhalb der Brutzeit ihre Brutplätze mit Vorliebe zum Schlafen aufzusuchen. In der Nähe jedes Horstes findet man die Schlaf- plätze der Alten, welche ebenfalls durch Geschmeifs schon von weitem auffallen. Noch heute bewohnt ist der Brutplatz am Dj. Tfell. Als ich ihn das erste mal im Februar 1904 besuchte, zählte man dort noch 30—40 alte Vögel. Schon im Januar noch vor der Brutzeit hatte dort ein österreichischer Herr in Begleitung von P. Spatz an einem Abend 2 Stück erlegt, als sie zu den Schlafplätzen kamen. Bei unserem Besuch lag schon in den meisten Horsten das Ei, es wurden im Vormittag ohne besondere Mühe 2 alte Geier erbeutet. Als im Jahre 1906 ein mir bekannter deutscher Weidmann, den ich in Gafsa traf, den Dj. Tfell besuchte, gelang es ihm zwar, einen Gyps zu erlegen, doch berichtete er mir von einer starken Abnahme, nach seiner Schätzung horsteten dort damals nur noch 3—4 Paare. Die Kolonie am Dj. Sidi Aisch habe ich in allen drei Jahren meiner Anwesenheit besucht. Sie zerfällt in 2 Abteilungen, die eine an der (mittleren) Haupt- wand, ziemlich verstreut über eine Länge von mehreren Kilometern, die zweite in der (dritten) obersten Wand mehr konzentriert. An der unteren schossen wir im März 1904 an zwei Tagen 10 Stück, es waren dort mindestens 10—12 Horste besetzt, ebenso erschien die oberste Wand recht belebt, doch hatten wir keine Veranlassung zu dem sehr schwierigen Aufstieg. Im Jahre 1905 fanden wir an der unteren Wand nur noch 3—4 besetzte Horste, an der oberen müssen nach der Zahl der kreisenden Alten etwa 5—6 gestanden habe. Ich schofs dort nicht, da ich einen Bart- geier-Horst dort oben in Behandlung hatte, neben dem natürlich alle anderen Interessen verblafsten. Immerhin hatte ich während des Ansitzes in der obersten Wand genügend Zeit zu Beobachtungen. Im Jahre 1906 fand ich unten keinen einzigen Horst mehr, oben an der zweiten Stelle kreisten wohl einige Geier, es waren aber jämmerlich werige im Vergleich zu dem schönen Anblick vor 2 Jahren. Nach diesen Beobachtungen ist leider ein erheblicher Rückgang der Brut-Kolonien durchweg nicht mehr zu leugnen. Das numerische Zurückgehen der Vögel selbst scheint aller- dings nicht ganz in demselben Verhältnis stattzufinden, denn Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 205 bei meinem Besuch des Dj. Sidi Aisch Anfang April 1906 konnte ich eine diesbezügliche interessante Beobachtung machen. Oberhalb des alten Bordj Sidi Aisch am südlichen Ende der über 20 klm langen mittleren Wand schwangen sich jeden Abend 6 Gänsegeier semeinsam zum Schlafen ein, gerade als ob wir gar nicht in der Brutperiode wären. Nun habe ich selbst oben gesagt, dafs einzelne Exemplare wegen Jugend oder mangelnder Gelegenheit wohl alljährlich nicht zur Brut schreiten, wenn man aber hier sieht, dafs eine ganze Kolonie unbewohnt bleibt und einige Kilometer daneben in demselben Berge die Vögel gleich halbdutzendweise Schlafplätze beziehen, dann drängt sich doch die Vermutung auf, ‚dafs aus äufseren Gründen wohl die meisten Bruten unterblieben sein müssen. Die Verfolgung durch Menschen kann hier nicht in Frage kommen, denn der Beduine tut dem nützlichen Vogel nichts zu Leide und aufser den fremden Sammlern schiefst auch kaum je ein Europäer im Süden auf ihn, denn wer dort jagt, der hat es ausschliefslich auf Fleisch abgesehen und spart mit den Patronen. Auch jagen dort die Franzosen fast ausschliefslich mit Schrotflinte, die ist dem Geier ungefährlich, oder mit dem Militär- gewehr, dann ist esausschliefslich auf Mähnenschafe abgesehen. Ich möchte die Erklärung für den mangelnden Paarungstrieb in dem aulserordentlichen Notjahre 1905 suchen. In demselben ging die Zahl des Viehs und auch manches Wild derart zurück, dafs natur- gemäfs im folgenden Winter 1905/06 sich sehr wenig Luder fand. Die spärlichen Reste der zahmen Herden waren leicht zu hüten, es gab also da fast keinen Abgang mehr, nachdem die Zeit der Not einmal vorüber, und beim Wilde hatte ssich ein Teil in fruchtbaren Gegenden verzogen, vom anderen Teil waren nur die stärksten Individuen, aber so gut wie keine Jungen übrig geblieben, es fehlte also auch in der folgenden Periodean Fallwild. Kein Wunder, wenn es da mit der sonst für die Geier meist reich gedeckten Tafel recht knapp aussah, und bei knurrendem Magen vergalsen eben alle Lebewesen bis zu einem gewissen Grade die Liebes-Gedanken. Ich streife mit diesen Ausführ- ungen eine von mir aufgestellte Theorie, welche ich in Bezug auf andere Vertreter der Tunesischen Ornis an der Hand gesammelten Materials in einem besonderen Aufsatz (J. f. OÖ. 1908, Heft III, pag. 480—487.) niedergelegt habe. Beim Gyps bin ich meiner Sache nicht so sicher, möchte aber den angegebenen Zusammenhang immerhin als möglich betrachten. Hier würde nur der ganz logische Fall eintreten, dafs die Notzeit für Geier nicht gleich- zeitig mit der allgemeinen Hungerzeit eintritt, wo sie gerade viel Aas finden, sondern hinterher, wenn es den anderen Tieren wieder beginnt besser zu gehen. Die Erlegung des Gänsegeiers geschieht fast stets mit der Kugel. Das weiche Dunengefieder mit den deckenden harten Federn bildet einen förmlichen Panzer, den auch ein Schrotschufs aus guter Flinte auf mälsige Entfernung fast nie durchschlägt. Gelingt es, den Kopf oder nackten Hals zu treffen, so liegt der 206 O0. Graf Zedlitz: Vogel natürlich, aber dafür genügen feine Schrote, und man muls ruhig abkommen können auf ganz nahe Distanz. Ich habe der Wissenschaft halber ein Stück mit Schrot No. 0 im Fluge auf ca 20 m spitz von hinten geschossen. Abgesehen von einigen Körnern in Hals und Kopf war ein Flügel gebrochen und ein Teil der Ladung zwischen den Schenkeln und dem Stofs in den Bauch gedrungen, da an dieser Stelle das Gefieder weniger fest ist — das konnte der Geier allerdings nicht vertragen. Sonst isteram bequemsten, beim Ansitz am Horst mit der Kugel zu schiefsen, und es ist wirklich kein Kunststück, den Vogel zu treffen, da er stets erst frei sitzend etwas Umschau hält, ehe er sich auf das Nest setzt, das oft hinter einem Felsvorsprung einigermalsen gedeckt steht. Am Horst ist auch der Geier keineswegs scheu. Der Wissenschaft halber habe ich es versucht, mich ohne jegliche künst- liche Deckung nur an einen Felsblock gelehnt anzusetzen, und nach einiger Zeit ist der Vogel doch zugestrichen. Man spart aber Zeit, wenn man sich etwas Deckung schafft, nur mufls man darauf achten, dafs die Lage bequem zum sofortigen Schiefsen ist, damit man den Moment, wo er frei sitzt, ausnützen kann. Verpalst man diesen, so ist es oft schwer, von dem im Horst gedrückten Vogel noch etwas Rechtes zu sehen, aufserdem bleibt der erlegte dann leicht oben liegen und erfordert zum mindesten eine lang- wierige Arbeit am Seile, ehe man ihn hat. Viele Stellen in den mächtigen Wänden sind aber überhaupt nicht erreichbar. Abgesehen vom Horst ist unser Gyps keineswegs ganz leicht zu erbeuten, besonders begegnet er dem Luder mit einem er- staunlichem Mifstrauen, benimmt sich also ganz anders wie seine Verwandten in den südlicheren Teilen Afrikas, die man am Luder vom Zelt aus nicht nur täglich schielsen könnte, sondern selbst photographiert. Zunächst einmal nimmt der tunesische Geier nach meinen Beobachtungen niemals ein Aas in der Nähe seines Brut- platzes z. B. am Fufse des betreffenden Berges an. Ferner ver- meidet er meist, sich an Stellen niederzulassen, welche nicht ge- nügenden Überblick gewähren, und auch dann noch äugt er sehr mifstrauisch nach unten, ehe er einfällt. Der Ansitz mufs also sut und dicht, besonders nach oben, verblendet sein, aufserdem möglichst mitten in der flachen Steppe liegen. Nach meinem Geschmack ist der Vogel so viel Umstände nicht wert, man be- kommt ihn, auch ohne endlosen Ansitz, am Horst oder sonst gelegentlich, und schliefslich ist mit Rücksicht auf seine starke Abnahme die möglichste Schonung auch dringend anzuempfehlen. Die normale Legezeit fällt in den Februar. Angebrütete Eier auszublasen gehört mit zu den härtesten Aufgaben, die einem Ornithologen gestellt werden können, ich meine in puncto „odeur“, der moschusartige Geruch des frischen Eis wandelt sich gar leicht in sogenannte „mephitische Düfte“. Ich behaupte bis auf weiteres, dafs ein © stets nur ein befruchtetes Ei legt, allen gegenteiligen ef u RETTET Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 207 Mitteilungen stehe ich skeptisch gegenüber. Die Mafse der Eier sind nach Erlanger: 81:65; 90:70; 93,5:68 mm. Auch König gibt uns im J. f.O. 1888 p. 143 ff. neben anderen sehr anschaulich geschilderten biologischen Beobachtungen interessante Notizen über das Brutgeschäft, das er damals noch auf dem Dj. R’sass bei Tunis beobachten konnte. Neophron percnopterus (L.) Deutsch: Aasgeier, franz.: perenoptere, arab.: Bachma. Vultur percnopterus Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 87, (1758). — Neophron percnopterus Savigny Syst. Ois. de l’Egypte ect. p. 16, (1810), Malherbe 1846, 1855, Loche 1858, 1867, Tristram En 1859, König 1888/1892/1895, v. Erlanger 1898, Whitaker B. 01,2..1905, In ganz Tunesien heimisch, zieht dieser Geier das Gebiet südlich des Atlas dem Norden vor. In der eigentlichen Sand- wüste fand ihn Erlanger nicht, doch dürfte es kaum ein Gebirge in den Gebieten II und IV geben, das nicht zur Herbstzeit min- destens ein Paar beherbergt. Auch sonst ist der weilse Vogel ' überall eine häufige Erscheinung, wo irgend ein Frals winkt, und er ist nicht wählerisch. Besonders gern werden Daonars in ihrem ganzen Umkreise abgesucht, wobei nur wenig Scheu gegenüber den Beduinen zu Tage tritt. Schon Anfang März beginnen die Flugspiele, welche die Balz anzeigen, dabei entwickeln beide Geschlechter grofse Gewandtheit und Eleganz. Der Anblick der leuchtend weilsen Vögel mit den tiefschwarzen Schwungfedern ist ein herrlicher, wenn sie, sich scharf vom blauen Himmel abhebend, ohne Flügel- schlag sanft hingleitend ihre Spiralen ziehen, bald sich hoch empor- schraubend der Sonne entgegen, bald niedrig über den Gebirgs- kamm segelnd oder mit jäher Wendung in die Schluchten hinab- stürzend. Ich habe immer bedauert, dafs ein Vogel, der in so hervorragendem Malse die Scenerie verschönt und in den starren Ernst der afrikanischen Gebirgslandschaft eine helle freundliche Note hineinträgt, einen so häfslichen deutschen Namen trägt. Nur wer die angenehme Aufgabe hat, ein Exemplar abzubalgen, das sich vielleicht gerade den Kropf mit Stoffen gefüllt hatte, dieschon einmal in einem fremden Verdaungs-Apparat den Zersetzungs- prozefs alles Fleisches durchgemacht hatten, wird den Namen recht bezeichnend finden. Von den Arabern wird dem Aasgeier eine srofse Heilwirkung zugeschrieben: Der Kropf am Feuer geröstet, zerrieben und mit Schnupftabak gemischt soll schwere Erkältung heilen (vgl. Erlanger J. f. O. 1848), aufserdem verwenden sie das Fleisch als Mittel gegen Schlangenbils. Verfolgt wird er deshalb von den Eingeborenen garnicht, sondern eher geschätzt. Die bekannte Beobachtung bei so vielen afsfressenden Vögeln, dafs sie mit erstaunlicher Geschwindigkeit zur Stelle sind, wo es etwas zu kröpfen gibt, auch wenn vorher kein Schatten von ihnen zu 208 O0. Graf Zedlitz: sehen war, kann man häufig auch beim Aasgeier machen; er gibt, was Sähärfe der Sinne anlangt, dem Raben wohl nichts nach. König erzählt unter einer Fülle anregender biologischer Beob- achtungen auch eine diesbezügliche im J. f. OÖ. 1892; ich habe oft Ahnliches erlebt, wenn auch nicht gerade mit einem ge- schossenen Milan. Am Luder ist der Aasgeier leichter zu schiefsen und weniger vorsichtig als der Gyps fulvus, sonst aber traut er dem weifsen Mann gar nicht und zeigt sich besonders am Horst äufserst mifstrauisch und übelnehmerisch, wieder in geradem Gegensatz zu seinem grolsen Verwandten. Unter allen Umständen merkt er es, wenn man sich unterhalb seines Hauses viel zu schaffen macht und kreist dann unendlich lange, ehe er zustreicht. Ich möchte nach einer Reihe von Erfahrungen glauben, dafs er so schlau ist, den künstlichen Ansitz als eine Veränderung des Geländes zu erkennen und zu fürchten, wenn derselbe nicht ganz besonders glücklich mit Benutzung natürlicher Deckung angelegt werden konnte. Ich habe an drei verschiedenen Horsten beob- achtet, dafs nach Bau des Ansitzes fast der ganze Tag verstrich, ehe der Vogel sich entschlofs, wieder den Horst anzunehmen, ob- wohl er oft kam und offenbar unschlüssig längere Zeit kreiste. Es ist deshalb nicht praktisch, sich von vorn herein in die Deckung zu begeben, denn man sitzt darin Stunden lang ganz sicher umsonst. Auch kann es vorkommen, wie ich einmal er- lebte, dafs der Vogel am Rande des Horstes aufblockt, sich von dort ganz genau den Ansitz betrachtet und dann schleunigst wieder abstreicht. Er hat offenbar auch den ganz bewegungslos verharrenden Jäger erkannt. Will man absolut auf dem Anstande zu Schufs kommen, so wähle man einen Horst in der Nähe des Lagers und nehme erst gegen Sonnen-Untergang in der Deckung Platz, dann kommen die Alten bald mit Eintritt der Dämmerung ziemlich sicher, be- sonders wenn der leere Ansitz schon den ganzen Tag über gestanden hat, sodafs sie sich an ihn gewöhnen konnten. Im allgemeinen möchte ich von dieser bei den meisten Raubvögeln so bewährten Methode ganz abraten, es ist wirklich schade um die schöne Zeit. Sehr viel schneller kommt man zum Ziel mit Anschleichen. Hat man einen Horst entdeckt und geht gleich weiter, ohne irgend wie Interesse zu verraten, so kommt eines der Alten bald wieder. Es gilt dann nur, nach einigen Stunden oder am folgenden Tage, wie es gerade pafst, sich ungesehen an die nun bekannte Stelle anzuschleichen. Etwas Geräusch schadet gar nichts, an rollende Steine sind die Tiere im Gebirge gewöhnt, freilich gegen ihr scharfes Auge mufs man bis zum letzten Moment ge- schützt sein, sonst ist alle Liebesmüh umsonst. Also steigt man nicht etwa von unten direkt zum Horst auf, sondern erklimmt den Fuls der Wand genügend weit seitwärts, um nicht gesehen zu werden, und geht dann an dieser entlang, bis man zur Nist- stelle kommt, die man sich gut merken mufs. Bei einiger Vor- sicht findet man fast stets bis zuletzt hinter vorspringenden Felsen- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 209 teilen gute Deckung, und das Vorwärtskommen ist auch nicht schwierig, da in der Regel am Fulse jeder grolsen Wand, aus- getretene Wechsel von Mähnenschafen entlang führen. Liegt ein- mal ein Horst so unglücklich, dafs man nicht gedeckt herankommen kann, so lasse man ihn lieber ganz aus dem Spiel, es gibt deren ja genug andere. Hat man den abstreichenden Vogel glatt ge- fehlt, was in den besten Ornithologen-Familien vorkommen soll, so versuche man ruhig sein Heil von neuem nach einiger Zeit, die Schüsse werden viel weniger übel genommen als dauernder Ansitz unterm Horst. Dieser zeigt zwei ganz verschiedene Typen. Der häufigere, welcher auch von König eingehend beschrieben wird, ist folgender: äufserlich sieht man nur einen wagerechten, meist ziemlich breiten Felsspalt, das Gestein der unteren Seite ist durch eine dicke weilse Geschmeils-Schicht gezeichnet. Blickt man ins Innere, so liegen die Eier ganz weit hinten auf einer sehr spärlichen Unterlage, König fand rote Lappen, ich stets Ziegen- und Schafwolle, aber nur eine ganz dünne Schicht, so dafs man das harte Gestein darunter mit der Hand fühlt. Der zweite Typ ist ähnlich dem Horst anderer grofser Raubvögel, und ich glaube, dafs dazu auch alte Wohnungen fremder Erbauer benützt werden. In einem einspringenden Winkel steht ziemlich frei auf einer Felsenplatte oder halb versteckt in einer Nische zunächst ein ziemlich hoher Aufbau von starken Knüppeln. Diese sind, wie ich vermute, älteren Datums und Reste eines früheren Baus. Darauf ist dann ohne eigentlich tiefe Nest- mulde etwas Wolle verteilt, und der Horst des Aasgeiers ist fertig. Die Dimensionen fand ich ganz verschieden, der kleinste entsprach der Gröfse eines Rabennestes, der grölste gab einer Steinadler- burg wenig nach. Auch dies spricht dafür, dafs schon vorhandene Bauten mit wenig Umständen annektiert werden. Auch die Lage ist mit keinem bestimmten Prinzip gewählt. In den mächtigsten Wänden am Dj. Sidi Aisch, Dj. Freiou und Dj. Aiaischa brütet der Aasgeier ebensowohl regelmäfsig wie in den kleinsten Vorbergen z. B. bei El Fedjej, im Dj. Souenia und Dj. El Haflay (Nord.). Meist liegt der Horst niedrig, sodafs er bequem zu ersteigen ist, bisweilen steht er aber auch an einer der schwierigsten Stellen recht hoch. König hält dies sogar nach seinen ersten Erfahrungen (J. f. O. 1888) für die Regel, hat aber nach seinen späteren Beobachtungen seine Ansicht geändert. Etwas, das ich ihm aber jedenfalls nicht nachahmen möchte, das wäre, mich selbst am Seil zu den Horsten herunter zu lassen. Man schindet sich und die Leute sanz unnötig. Zum Ausnehmen der Horste hatte ich stets einen Beduinenjungen von 12—14 Jahren. Der Bengel war federleicht und konnte bequem von einem Mann am Seil gehalten werden, ferner kletterte er mit seinen nackten Beinen an den glatten senkrechten Felsen ganz anders wie unsereiner mit Schuhen, und zer- schlagen hat er mir nie ein einziges Ei, wie es dem Europäer trotz aller Vorsicht bei so ungewohnten Kletter-Kunststücken doch stets mal 210 0. Graf Zedlitz: gelegentlich passiert. Schlug sich der schwarze Boy auch wirklich mal Knie und Schienbeine blutig, so war es mir so immer noch viel lieber, als wenn ich die Schrammen erwischt hätte, denn unsere Heilhaut kann mit der schwarzen nun einmal nicht konkurrie- ren. Sind keine Horste zu besteigen, so findet der Jüngling in der Küche stets Verwendung, sein Gehalt ist gleich Null, der Spafs also auch noch billig. Streicht der Vogel zu, so fulst er zunächst am Rande des Horstes und hält Umschau. Bei den Anlagen in tieferen Fels- spalten sieht es ganz possierlich aus, wie er zunächst auf der Kante Posto falst, dabei gern den weilsen Anstrich der Facade etwas erneuernd, nach einiger Zeit sich gravitätisch umdreht und ins Innere seiner Gemächer watschelt. Scheint ihm die Sache in der Umgegend nicht ganz geheuer, so kommt er nach kurzer Zeit nochmal an die Haustür gelaufen und wirft einen prüfenden Blick hinab, um schnell wieder zu verschwinden, wenn alles in Ordnung scheint. Auch wenn er im Brutgeschäft gar nicht ge- stört wird, sieht er sich in Pausen von 1—2 Stunden immer ein- mal wieder die schöne Aussicht an, ist also offenbar begeisterter Naturschwärmer. Über von mir beobachtete Horste mögen hier einige kurze Daten folgen: 1) 5. IV.06 2 Horste im Dj. Sidi Aisch, je einer in Felsspalte und frei auf einem Vorsprung. Ersterer ohne Mühe ausge- nommen. 2) 9. IV. 1906 Dj. Souenia, Horst in wagerechter Felsspalte nach Typus 1, niedrige Wand, von oben leicht ersteigbar. 2 Eier ausgenommen, 0" erlegt. 3) 10. und 11. IV. 1905 Dj. Freiou 3 Horste, davon 2 dicht neben einander, der dritte einige Meter neben dem Horst von einem Erlanger-Falken. Mächtige Wand, unersteigbar oder nur mit grofsem Apparat, deshalb nur ein Q ad. geschossen, Eier nicht ausgenommen. Es wurden von mir noch aulserdem mehrere Pärchen beobachtet, welche noch Flugspiele trieben und wohl kurz vor dem Legen standen, ebenso ein Paar am Dj. El Haflay (Nord) am 13. IV. 1905. 4) 22. IV. 1905 im Dj. Sidi Aisch oberhalb des alten Bordj. Horst stand noch ganz niedrig, wurde von mir selbst von unten ohne jeden Apparat leicht ausgenommen, die Eier lagen ca. 11/, m tief drinnen auf Unterlage von Wolle und Ziegen- haar. @ am Horst erlegt. 5) 23. 1V. 1905. Etwas weiter nördlich, Horst in der untersten Wand mäfsig hoch, dicht neben Schlangenadler-Horst. War nach Typus 2 auf alter Unterlage von Asten. Die Eier wurden nicht ausgenommen, ein alter Vogel beim Abstreichen gefehlt. 6) 30. IV. 05. In ganz kleinem Vorberg bei Bordj El Haflay, östliches Segui, Horst auf Felsvorsprung, von oben gut ein- zusehen und leicht auszunehmen. Da die Eier offenbar schon Routen - Karte der Sammelreise des GRAFEN OTTO ZEDLITZ durch TUNIS im Jahre 1906. PP BE GEZEICHNET v. GEORG KRAUSE. Faunen-Geblete Abkürzungen. u Bir » Brunnen. m Bj.” Bord) » befestigles Rasthaus. Dj.= Djebel- Berg. 5%» Sebkhra « Salsee. 0. Dued« Fluss, 82.= Sidi. heilig. RZ + Rdir» Wasserstelle Nunststrasse —— Karawanenweg —— Eisenbahn Landesgrenze Reiseweg CHOTT DIERID Autographie v.Wilhelm Greve, BerlinS.W. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 211 sehr stark bebrütet waren, habe ich sie nicht ausgenommen und die Alten geschont. Am 21. III. 1906 war derselbe Horst schon wieder bebaut, aber die Alten, welche sich stets in der Nähe hielten, hatten noch nicht gelegt. Erlanger (J. f. O 1896) erwähnt mehrere Horste vom 12. IV. 97 an gefunden, die meisten am Dj. Freiou. Mafse der von mir gesammelten Gelege sind wie folgt: 65,6 : 51,1, „, 654: 51,6 1, 2072350. 02 31:5°D. H. 9, 2, 7905 : 53,9, „, 664: 51,05 erssn = ' 32,5 D. H. 3 65,2: 553, b 64,24 : 49,6 m rem 324 D; H.} B3ED.H: Etwas kleiner sind die Malse bei Erlanger: a5... -fa.,6075090,...j8.66 : 51,5 \b. 62,5 : 50,5° 1b. 68:52° 1b. 65:51 MM König fand: a, 64 : 52 mm, 2770 : SL. ja 69.51 Ib. 69 : 48° Ib. 61:50 MM Das gröfste Ei milst also 70,05 : 53,9, der kleinste 61 : 50 mm. Es ist bekannt, dafs in dem Gelege von 2 Eiern stets das eine sehr viel intensivere rotbraune Fleckenzeichnung aufweist, die am stumpfen vielfach die Schale ganz bedeckt. Neben diesem Unterschiede haben die einzelnen Gelege bald eine allgemeine Tendenz zu dunklerer, bald zu hellerer Färbung. Königs Vermutung, dafs der von ihm im Horst gefundene rote Lappen (J. f. O. 1892) und die rote Färbung der Eier in Beziehung ständen, vermag ich nicht zu teilen, denn ich habe prachvoll rot gezeichnete Eier auf einfacher Unterlage von Ziegenhaar gefunden, dem zumeist benutzten Nistmaterial. (Schlufs folgt). 212 Vom Gesange der Vögel. Von Fritz Braun. Eine Entgegnung auf die Arbeit des Dr. Plascek in der „Gef. Welt“ Jahrgang 1908. No. 25 ff. Eine Arbeit des Dr. Plascek ist daran schuld, dafs ich wieder zur Feder greife, um mich über den Gesang der Vögel zu verbreiten. Die Tatsache, dafs der genannte Forscher die Arbeiten des Fachgenossen von Lucanus sowie meine eigenen Arbeiten über den Vogelgesang, als wären es Schüleraufsätze, „richtig zu stellen“ bemüht ist, würde mich an und für sich noch nicht dazu veranlassen, auf den Kampfplatz hinabzusteigen. Ich halte es aber für meine Pflicht gegenüber weiten Kreisen unseres Volkes, denen von solchen Lehrmeistern wie Plascek ein Lesestoff vor- gesetzt wird, der sich in erster Linie an die Einbildungskraft wendet, allerneueste Erkenntnis zu bringen behauptet und in Wirklichkeit doch nur das Urteil mifsleitet, in dem er dazu verführt, Dinge, über die die Logik zu Gericht sitzt, mit der Phantasie zu entscheiden. Ich werde es mir nicht an der Behauptung genügen lassen, an zahlreichen Einzelfällen will ich zeigen, zu welchen Versuchen logischer Notzucht der mährische Ornithologe durch seine Leitgedanken gezwungen wird. Selbstverständlich sehe ich nicht scheel, wenn jemand sein gutes Recht der Kritik an meinen Schriften ausübt. Zeigt er mir mit klaren Gründen der Logik, dafs ich im Irrtum bin, so will ich seine Mühe mit Dankbarkeit und Verehrung entgelten. Wenn er dagegen angibt, er wolle meine Arbeiten „richtig stellen“ und dies doch nur in der Weise geschieht, dafs er im Augenblick geborene Worterklärungen hinwirft und selber mit einem logischen Rüstzeug erscheint, das zu lächerlichen Schlüssen führt, sobald er es an wirklichen Einzelfällen erproben will, so darf er sich nicht wundern, dafs ich ihn nicht allzu ernst nehme und mich weniger mit tiefer Entrüstung, als mit der Waffe des Spottes versehe. Schon rein äulserlich scheint die Arbeit über „Vogeltonalität‘, in der Plascek das Quellengebiet des Vogelgesanges „exploitiert‘“ — P. schreibt in dem knarrenden, von Fremdwörtern starrenden „Deutsch“, durch das sich die slavischen Völkerschaften schlecht und recht verständigen — auf einen anspruchslosen Leserkreis berechnet zu sein. Zu Beginn weist der Schriftsteller seine Zeugnisse auf, ein Verfahren, das zur Zeit der Scholastik üblicher war als heutzutage und mich an jene Händler erinnert, die an der Langen Brücke meiner Vaterstadt Danzig die Seeleute auf die Vorzüge ihrer Stiefel und Hosen aufmerksam machen. Die Stelle ist so bezeichnend, dafs ich sie hier ausführlich abdrucken möchte. „So lautet“, schreibt Pl. unter Hinweis auf die Überschrift seines Artikels, „der Titel‘ eines Buches, dafs teilweise im Kosmos Bd. XII. S. 465 f. als Quelle des Vogelgesanges und vollständig in dem 22. Bande der Verhandlungen als Naturforschenden Vereins Vom Gesange der Vögel. 213 zu Brünn, 1884, von mir erschienen ist und seither in zahlreichen Aufsätzen weitere Ergänzungen erfuhr. Die genannten Studien haben nicht nur schadlos, sondern mit Erfolg die Linie passiert, das Urteil hochstehender Meister der Fachwissenschaft, [in einer Anmerkung aufgeführt: Ernst v. Brücke, B. v. Carneri, Wilhelm Wundt, ©. B. Brühl, Fürst Ferdinand von Bulgarien, der eminente Ornithologe u. s. w.], sie wurden und werden noch immer von namhaften Forschern in längeren Auszügen zitiert‘‘, [in einer Anmerkung: der allzufrüh dem Leben und der Wissenschaftentrissene Hofrat Paul Leverkühn (Sofia) und unter vielen anderen besonders der namhafte Zoologe Friedrich Knauer wäre hier zu nennen]. Nachdem Dr. Plascek sich auf diese anspruchslose Weise vorgestellt hat, macht er darauf aufmerksam, wie notwendig es ist, dafs der Naturforscher, der über Vogelgesang schreibt, „etwas Poet und Tonkunstverständiger sei und, um die Vogelseele zu verstehen und zu deuten, sich in dieselbe versetzen könne“. Erberei- tet dadurch den Leser auf die kecken Sprünge der Phantasie vor, die er sich sogleich zu leisten gedenkt. Immer wieder stölst uns in seiner Arbeit die Leichtigkeit auf, mit dereralleserklärt. Jahrhunderte haben sich über diesen Fragen ohne rechtes Ergebnis abgemüht, Plascek-Caesar „kommt, sieht und siegt“. Er deutet alles, er „stellt“ alles „richtig“, Höchstens sagt er in verzweifelten Fällen „vielleicht ist es so“. Wir sehen, was das Streben nach „Erkenntnismöglichkeiten“ anrichtet, das auch der so vielbedeutendere Bölsche aufseine Fahne geschrieben hat. Wer diese Erkenntnismöglichkeiten vor den Fachge- nossen ausspinnt, dürfte sein Tun vielleicht rechtfertigen können, denKreisderLaienmitsolcher Kost zu füttern, ist eineSünde wider den heiligen Geist der Wissenschaft. Überall schiebt Plascek den Tieren Absichten unter, oft so geschickt, dafs man zwei-, dreimal über die Stellen hinwegliest, bis man sich sagt: „Herr Gott, hier hat er ja schon wieder etwas behauptet, wofür er den Beweis schuldig bleibt“. „Bei vielen ornithologischen Schriften handelt es sich in erster Linie darum“ so meint der Verfasser, „ob ihre Verfasser Geschmack und Verständnis, einen weit umschauhaltenden Blick für Neues und Notwendiges besitzen und bekunden.‘“ Unseres Erachtens kommt es viel mehr darauf an, dafs sie sich zu keinen Behauptungen verleiten lassen, auf die sie nicht durch die klaren Gesetze der Logik mit Notwendigkeit hingeführt werden. Der „Blick für das Neue“ macht sich nur allzuleicht dadurch geltend, dafs die Forscher mehr mit der Phantasie als ‚mit dem Verstande arbeiten und das grolse Publikum, dem es in erster Linie um „Sensation“ zu tun ist, kommt ihnen gern entgegen. Sind doch die Ergebnisse des nüchternen Forschers, der nicht an jeder Wegbiegung weite Ausblicke in das unbekannte Land er- öffnet, sehr viel schlichterer Art. Plascek beginnt seine Auseinandersetzungen, indem er von einer ornithologischen Erfahrung berichtet. In seinem Garten 214 Fritz Braun: nistet ein Paar Klappergrasmücken (Sylvia curruca). Doch wir wollen ihm selbst das Wort gönnen: „Ich bemerkte da vor allem, als die Fütterungszeit begann, dafs die gesteigerte Sorge vor Ent- deckung des Nestes sich zunächst in einem Aufhören des Ge- sanges äufserte.“ (Ein hübsches Beispiel, wie Plascek seine Er- klärungsversuche, ohne eine Miene zu verziehen, als selbstver- ständlich einschmuggelt. d. V.). Ein Gärtnerbursche stört die Brut. Das Weibchen und zwei Junge verschwinden, das Männchen und das dritte Junge bleiben zurück. :Plascek setzt das Junge in einen Käfig und läfst es von den Alten auffüttern. Vor dem Käfige beginnt das Männchen seinen früher eingestellten Gesang von neuem. „Was bedeutete“ sagt der Berichterstatter „der zusammenhän- gende Gesang? Wollteesdamit die Traurigkeit des verwaisten Jungen zerstreuen? Oder wars die Abwesenheit des Weibchens, was ihm wieder die Sangesfreudigkeit gab? Viele Männchen hören zu singen auf, sobald das Weibchen zu ihnen in das Bauer gegeben wird — ein Sprichwort, womit junge Ehemänner, wenn sie mifslaunig sind, geneckt werden. Trat vielleicht unter den veränderten Nist- verhältnissen, welche die Sorge vor Entdeckung der jungen Brut entfallen liefsen, die Singgewohnheit in ihre Rechte? Wollte das Männchen ein Weibchen wieder anlocken oder mit anderen Männ- chen rivalisieren? Solche Fragen boten mir gelegenen Anlals, über die Tendenz und den Werdeprozels des Vogelgesanges nach- zudenken.“ Damit dafs Plascek die Vögel beständig „wollen“, „streben“, „beabsichtigen“ läfst, müssen wir uns schon abfinden, obgleich es unserer Ansicht nach nicht wohlgetan ist, ihnen a priori eine solche persönliche, individuelle Entschlufsfähigkeit zuzuschreiben. Bezeichnend für Plasceks Denkweise ist es, dals er die Frage aufzustellen wagt, ob vielleicht „unter den veränderten Nistver- hältnissen, welche die Sorge vor Entdeckung der jungen Brut entfallen liefsen, die Singgewohnheit wieder in ihre Rechte trat.“ Er rechnet also allen Ernstes mit der Möglichkeit, dafs die Zaun- grasmücke sich sagt: „Der Käfig ist ein sicheres Verliefs; in ihn kann niemand hinein. Es fiel mir schwer genug, solange wegen der kleinen Kerle den Mund zu halten. Gott sei Dank kann ich nun wieder lustig darauf lossingen.“ So fehlt Plascek allerorten, in dem er mit tierischen Hand- lungen als etwas einfachem rechnet und sie sogleich deutet, ohne sich zu fragen, welche logischen Schlüsse von dem Tier gezogen werden mülfsten, damit seine Deutung zulässig würde. Einem anderen würde an der ganzen Geschichte am wunderbarsten sein, dafs die Vögel, wie allbekannt, dem Reize, den die Töne der futter- heischenden Jungen auf ihr Willenszentrum ausüben, so blindlings und automatenhaft folgen, dals sie sich in Lagen begeben, die eine klare Überlegung ihnen als besonders gefährlich erscheinen lassen mülste. Bezüglich des Verstummens "und der Wiederauf- Vom Gesange der Vögel. 215 nahme des Gesanges hat Altum eine Erklärung geliefert, die ich für meine Person (endgiltig „richtig stellen“ kann ich solche Dinge leider nicht, darin ist Plascek mir über) für viel annehmbarer halte als die Gedanken des mährischen Forschers. Altum schreibt (der Vogel und sein Leben, Münster i. W. 1898, p. 88). „Ist der Gesang die notwendige Einleitung des ganzen Fortpflanzungsgeschäftes, ist er das erste Glied in der Reihe der darauf abzielenden Lebensäufserungen, so darf er 1. an dieser Stelle nie fehlen; er muls 2. so oft im Jahre erneuert werden, als die Vögel sich . von neuem zur Fortpflanzung anschicken“ und „dem aufmerksamen Forscher wird es auch nicht ent- gehen können, dals der Gesang vor jeder neuen Brut desselben Sommers wiederum erneuert wird. Achten wir auf das sonstige Verhalten des Vogels, so werden wir unschwer genau so viel Bruten als Gesangsperioden entdecken.“ Das besagt für den geschilderten Fall folgendes: Der Gesang der Müllerchens liefs während der ersten Brut nach, weil die Brunstperiode, die zu ihr geführt hatte, vorüber war. Als das Junge dieser Brut seiner Selbständigkeit entgegen reifte, rückte auch schon die Zeit der nächsten Brut heran. Das Männchen kam wieder in Brunst und begann von Tag zu Tag lauter und kräftiger zu singen. Der Leser hat zwischen beiden Erklärungen die Wahl. Hierauf verbreitet sich unser Partner über seine Ansicht von den Lebenserscheinungen, indem er sie im weitesten Sinne be- trachtet. Er möchte den Satz „tendo, ergo sum‘ („die Absicht, seine Sonderheit geltend zu machen zu Gunsten oder auf Kosten anderer, das Streben, sich von anderen zu unterscheiden, der Trieb und die Fähigkeit, seine Eigenheit oder Eigenart fortzuerhalten und zu propagieren, all das zusammengenommen und verbunden mit dem Anpassen an die malsgebenden Verhältnisse und mit dem Auffinden der geeigneten Mittel und möglichst kürzesten Wege zur verhältnismäfsig raschesten Erreichung von Zielen gibt das Wesen der Tendenz‘) zum Ausgangspunkte seiner Betrachtungen machen. Hierüber mit Plascek zu rechten, geht nicht an. Es ist eine philosophische Weltanschauung, die durch logische Kriterien nicht derart zu fassen ist, um sie zu widerlegen oder mit Plascek zu reden „richtig zu stellen.“ Wir haben ja Forscher, die den Streit zwischen Monismus und Dualismus, die alte Frage, ob Causalität oder Zielstrebigkeit die Welt beherrsche, in Handumdrehen ent- scheiden möchten. Ich gehöre aber nicht in diesen Kreis hinein. Mir persönlich scheint es für die praktische Arbeit wichtiger zu sein, sich nicht an „Tendenzen“, sondern an die sinnlich ge- gebenen Reize zu halten und festzustellen, was auf sie hin von den Tieren unternommen wird. Aber, wie gesagt, das ist Ansichts- 216 Fritz Braun: sache. Es ist sein eigenes Pech, wenn Plascek an dem Stabe dieser Weltanschauung auf solche logischen Knüppeldämme gerät wie auf den, wo wir ihn bei seinem Bericht über „das krähende Steinrötel‘“ dahin chwanken sehen. Nun geht Plascek zu der Besprechung des Gesauges über. Der Gesang verhält sich zu den gewöhnlichen Vogellauten, wie die menschliche Kunst zu den handwerksmäfsigen, für des Lebens und des Leibes Not berechneten Verrichtungen. Wie die Kunst wird auch der Vogelsang, öfter geübt, zu gewohnheitsmälsigen Aufserungen. Immerhin kann er auch dann als eine selbstzweck- liche Lautgebung gelten.“ Solche Aufserungen wie diese haben nur eine bildliche Be- rechtigung, aber keinen begrifflichen Wahrheitswert. Gehört die Liebe nicht auch zu des Lebens und des Leibes Not? „Die Liebe macht mir Not“ heifst es im deutschen Volksliede. Es liegt in der Sache und ist nicht Plasceks Schuld, wenn selbst der Ver- gleich mit dem menschlichen Künstler hinkt. Der echte Künstler macht die Kunst zum Inhalte seines Lebens, teils „von seinem Gott getrieben,“ teils aber auch aus freiem Entschlußs. Dazu will es schlecht stimmen, dafs grade die besten Sänger nur eine scharf umrissene Zeit des Jahres singen. Durch zweckent- sprechende Kost kann man unter Umständen zu rechter Zeit den vollen Gesang schier über Nacht hervorrufen. Doch wohl ein wichtiger Hinweis darauf, dafs die geistige Selbständigkeit der Vögel dabei nicht allzu grofs sein dürfte, dafs der schallende Gesang mehralsdienotwendigeFolgekörperlicherVeränderun- gen und Vorgänge aufgefafst werden mufs. Im Umkreise der Tierwelt von Handlungen zu sprechen, die sich „Selbstzweck“ sind, ist ein kühnes Unterfangen. Vielleicht stellt uns Plascek noch einmal einen gröfseren Kreis von solchen zusammen. Die Versicherung, dafs die Liebe eigentlich den wesentlichen Inhalt des Lebens bildet, glauben wir dem Verfasser auch ohne die Fülle der Zitate. Wie es denn uns überhaupt mehr ansprechen würde, wollte er sich in erster Linie an die Tatsachen und die logischen Folgerungen halten, die sich aus ihnen ergeben. Ein Buch wie Büchners am Schreibtisch entstandenes Werk „Liebe und Liebesleben in der Tierwelt‘ möchte ich lieber nicht zitieren. Meines Erachtens ist es ein schlechtes, irreführendes Machwerk, in dem so gut wie gar keine eigenen Sinneserfahrungen verarbeitet sind, eines jener Werke, wie sie heute wieder modern werden, die nicht realistisch, sondern phantastisch sind und weniger eine wissenschaftliche, logische Untersuchung als einen Roman darstellen. „Dessenungeachtet,“ glaubt Plascek, „der Ansicht sein zu dürfen, dafs dieser mächtige Lebensfaktor den genuinen Sanges- trieb nicht erzeugte, vielmehr die aus anderen Quellen stammende Tendenz erhöhte. Es ist die Lust am Leben, die sich in Ton- weisen zu künden das unbezwingliche Verlangen zeigt, und wo Vom Gesange der Vögel. 217 dieses Lustgefühl im Organismus seinen Höhepunkt erreicht, ge- langt auch der Gesang zur höchsten Stufe. Vögel im freien Zustande beginnen ja schon lange vor der Paarung zu singen und setzen es, wenn auch nach Unterbrechungen, noch viel später fort, obschon jede Brunst erloschen; und vornehmlich in der Domestikation singen die Vögel unbekümmert um die Brutzeit fast das ganze Jahr hindurch, wenn sie auch kein Weibchen und keine Nebenbuhler zu Gesicht bekommen. Es sind solche, die in der Gefangenschaft geboren, die Freiheit nicht schmerzlich ver- missen und in sorglicher Pflege sich wohl und behaglich fühlen.“ Was jene Fälle angeht, in denen der Gesang spielerisch geübt wird, bin ich selber dieser Ansicht. Dennoch weicht Plasceks Meinung sehr wesentlich von der meinigen ab. Während ich davon ausgehe, dafs der Gesang seine Hauptrolle in der Brunst und in den Erscheinungen des Werbens spielt, hält Plascek diese Betätigung der Gesangesgabe nur für sekundär. In erster Linie soll sie nach ihm „die Lust am Leben“ zum Ausdruck bringen. Ich streite hier nicht für eigene Gedanken, sondern breche eine Lanze für den trefflichen Groos. Ihm pflichte ich darin bei, dafs alle Bewegungen der Tiere entweder dem Schutz, der Ernährung und Fortpflanzung dienen, oder solche Bewegungen, die das tun, spielerisch .einüben. Von einer gewissen Lust am Sein kann man wohl bei allen Bewegungen sprechen, die Plascek auf seine oben erläuterte „Tendenz“ zurückführt, dann ist aber dieser Begriff so weit, dals er sich nicht mehr zur Bestimmung eines Sondergebietes, eines Teiles der tierischen Bewegungen eignet. Was Pl. sagt, gilt dann namentlich von allen Spielen der Tiere, den Gesang natürlich mit eingeschlossen, soweit er spielerich ein- und vorgeübt wird. Pl. will aber den Gesang gesondert behandeln; darum ist für ihn dieser Begriff viel zu weit. Haben wir ein Recht anzunehmen, dafs Vogelarten, bei denen Balzflüge und Tänze die Stelle des Gesanges vertreten, bei denen die Bewerbungskünste einfacherer Art sind, weniger Lebenslust empfinden und betätigen als unsere besten Sänger? Läfst man den Gesang als Brunstruf gelten, so erstaunt man nicht darüber, dafs der Vogel „oft gar lustig schmettert, wenn er sich allein weils.“ Auf die Ansicht, das Vogelmännchen singe vielleicht, um das Weibchen während des beschwerlichen Nistens und Brütens [warum „beschwerlich“? In persönlichem, individueilem Widerstreit gegen sein ganzes Triebleben tut ein frei- lebendes Tier doch wohl nichts; d. h. das was es in Wirklichkeit tut, ist ihm in der gegebenen Lage auch das liebste. D. V.] zu ergötzen, gehe ich nicht ein, da Altum m. M. n. das zur Sache gehörige bereits gesagt hat. Er weist darauf hin, dafs die Vögel, je weiter die Brut fortschreitet, je unterhaltungsbedürftiger die Weibchen werden, um so weniger singen [was ja auch Plascek selbst bei seiner Sylvia curruca auffhiel] und dafs sie bei der zweiten und dritten Brut weniger singen als bei der ersten. Journ, f. Orn. LVII, Jahrg. April 1909. 15 218 Fritz Braun: Dafs die Vögel singen ‚um dem Herrn und Pfleger ein Vergnügen zu bereiten“, ist meines Erachtensein logischer Irrtum. Wenigstensist die Sache nicht klar ausgedrückt. Man könnte eher sagen, sie singen, weil das Erscheinen ihres Pflegers, Fütterers und Gesellschafters ihnen Vergnügen macht, weil in ihnen dadurch ein durchaus intransitiver Lustzustand erregt wird, der sie in spiellustige Stim- mung versetzt. Wir müssen doch, wenn wir die Sache logisch erörtern, (daran festhalten, dafs der Vogel nicht im Anschauungsunterrichte dar- über belehrt ist, das grolse, schwer übersichtliche Wesen, das vor ihm stehe, könne vermittels eines äufseren, mittleren und inneren Ohres und des dazu gehörigen Nervenapparates Töne wahrnehmen. Es genügt hier doch nicht, sich in bildlichen Ausdrücken zu ergehen, es gilt, die begriffliche Natur des Gesanges festzustellen. Auf solche Einwände mit rührseligen Entgegnungen zu kommen wie: der mufs zeitlebens keine zahmen Vögel gesehen haben u. a. m. genügt nicht; wir müssen uns an die Begriffe halten. Ich persönlich bin mit Vögeln aufgewachsen; neben Flugbauern stand meine Wiege. Seit meinem elften, zwölften Lebensjahr sind wenig Wochen vergangen, in denen ich mich nicht tagtäglich mit gefangenen Vögeln abgab. Arbeitete ich wie Plascek, so hätte ich nun die erhaltenen Zensuren aufzuweisen. Damit werden, so meine ich, auch die Angaben Plasceks hinfällig, dafs die Vögel „aus einer Art von Dankbarkeit singen, um dem Herrn und Pfleger zu gefallen, nachdem sie die Wahrnehmung gemacht, dafs sie ihm durch ihr Liedchen eine Freude bereiten, was zugleich eine wohltuende Wirkung auf sie selber ausübt.“ Meines Erachtens haben die Vögel garkeine Möglichkeit festzustellen, wie ihre Weise den Pfleger berührt. Das Höchste in dieser Richtung wäre vielleicht — ich für meine Person hege selbst dagegen gewisse Bedenken —, dafs sie erfahrungsgemäls den Gesanges- vortrag und die nach ihm verabfolgten Leckerbissen in eine Ideenassoziation bringen. Dann mülsten wir uns aber ınit engeren Begriffen begnügen und nicht solche wie „Darkbarkeit“ einführen. Ich kann mir wohl denken, dafs die Anhänger der phantasie- volleren Richtung beim Lesen solcher Auseinandersetzungen fast physische Schmerzen verspüren. Ich will sie auch an ihrem Treiben gar nicht hindern, nur dürfen sie ihre Thesen nicht für sicheren Besitz der Wissenschaft ausgeben. Von diesem Standpunkt aus tadelt Pl. die Weitschweifigkeit meiner Schreibart. „Weniger wäre ihm mehr“. Mit einem kühnen Phantasiesprunge setzt er über den Graben, der die sichere Habe der Empirie von dem Reiche der Phantasie scheidet, hinweg und schlielst trotz dem lustig weiter, ohne einzugestehen, dafs er nun nicht mehr wissen- schaftlich arbeitet. Sehen wir aber einmal zu, wohin Plascek bei dieser Art zu arbeiten gelangt. Der mährische Forscher hielt in seiner Wohnung ein Männchen des Steinrötels (Monticola saxatilis) und machte an ihm folgende Erfahrungen. Vom Gesange der Vögel. 219 „Einige Male hörte ich am frühen Morgen das Krähen eines Hahnes, aber so melodisch rein, dafs es mir auffiel.... Von dem Steinrötel nicht bemerkt, sehe ich durch eine Falte des Vorhanges ... . Nun setzt er mit der Stimme ein und — kräht, wie ich es vom anderen Zimmer oft gehört. Ich trete plötzlich hinter dem Vorhang hervor. Kaum dafs er meiner ansichtig wird, bricht er mitten im Krähen ab, was er sonst im gewöhnlichen Gesange, wenn ich zu ihm hintrete niemals tut und flattert unruhig hin und her, als hätte er was Schlimmes angestellt. Er kräht nicht mehr, auch den anderen Morgen nicht, erst zwei Tage später... . Mitten im Krähen öffnete ich die Tür, er hört auf und ist auch in Gegenwart von anderen zum Krähen nicht zu bewegen. Es konnte nur ein gewisses Schamgefühl sein, das ihn bestimmte in meiner Gegenwart nicht zu krähen. Er mufste die spottende Imitation des Hahnes als eine für einen solchen edeln Sänger ungeziemende Handlung ansehen, für etwas Unanständiges, für einen losen Streich, dessen sich sein aesthetisches Vogelgewissen besonders vor seinem Herrn zu schämen hätte, an dessen Achtung und Beifall dem Vogel gelegen war.“ Kurz, das Steinrötel hat Scham- und Sittlich- keitsgefühl und Gewissen. Man vergegenwärtige sich nun einmal, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit das möglich wird. 1. Mufs das Steinrötel wissen, dafs andere Wesen die Laute, die er hervorbringt, hören. Es geht doch nicht an, das a priori anzunehmen. 2. Mußs das Steinrötel wissen, dafs ein Geschöpf „Hahn“ das Geräusch hervorbringt, das es wiedergibt. 3. Mufs das Steinrötel von sich die Meinung haben, es sei ein „edler Sänger“. Vielleicht hat es Kenntnis genommen von den Ranglisten der Sänger, die immer wieder in Liebhaber- zeitschriften (vom Standpunkte des Liebhabers aus kann man ja auch dagegen nicht das geringste haben) veröffentlicht werden. 4. Mufs das Steinrötel in dem Hahn eine Bassermannsche Gestalt, einen Paria in der sozialen Gesellschaft der Vögel erblicken. Noch eine ganze Reihe solcher Voraussetzungen müfste erfüllt werden,damit dasSteinrötelsich schämen könnte. — Plascek sieht sie als erfüllt an, er mag sich bei so kleinlichen Auseinandersetzungen nicht aufhalten, kann auch die nicht leiden, die das tun, sondern begnügt sich, jenes „weniger“ zu geben, das in seinen Augen „mehr“ ist. Bei dieser Gelegenheit werfe man wieder einen Blick auf das wahrhaft trojanisch hohe Pferd, auf das sich Plascek seinen Fachgenossen gegenüber setzt, von dem aus er gegnerische Ansichten „richtig stellt“, oft garnicht auf Grund langer, mühsamer Gedankenarbeit, sondern mit einer kurzen Seitenbemerkung, wie sie ihm der Augenblick eingibt. Dafs 15* 220 Fritz Braun: die wandernden Zugvögel nicht singen, hat nach ihm — ein Gedanken- blitz sagt es ihm — einen „protektiven Zweck“. Dabei sind z. B. Rotkehlchen, Sylvien u. a. mehr nirgends sicherer als in den dichten Macchien und dem Scrub des Mittelmeergebiets. Bei solcher Arbeitsweise mufs man sich allerdings für fähig halten, „Fragen zu lösen, die selbst der grofse Lebensergründer Charles Darwin als offene behandelte.“ Wir machen in unserem Schrifttum immer wieder die Bemerkung, dafs die Herren, die in der Beurteilung der Tierseele am weitesten links stehen, nicht weniger dogmatisch denken als ein Wasmann und die um ihn. Gilt es Einwände, die von der rechten Seite kommen, zu entkräften, so beschränkt man sich nicht auf logische Analysen, die hier doch am nächsten liegen, sondern erzählt kompilatorisch rührsame Geschichten. die man von vorn- herein von einem bestimmten Standpunkte aus beurteilt und ruft dem Gegner vielleicht noch in einem gewissen Mitleidstone zu: „Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen.‘ Auf eine aus Laien bestehende Leserschaft macht das einen sehr guten Eindruck; dort der kleinliche Begriffskrämer, hier der weitherzige, phantasiebegabte Mann, der wie ein Seher die Welt durchschaut! Ob uns diese Arbeitsweise aber in der begrifflichen Beherrschung des Stoffes weiter bringt? — Unserer Ansicht nach verdient nur die Tätigkeit, die darauf abzielt, den Namen: „Wissenschaft.“ Die nächste Geschichte von einem Star kann ich übergehen, da sie nur ein Seitenstück zu dem krähenden Steinrötel darstellt und meiner unmafsgeblichen Meinung nach auf die gleiche Weise beurteilt werden mufs. Ob das Wort „Ton-Mimikry,'* das Plascek für die Erscheinungen des Spottens braucht, glücklich gewählt ist, halte ich für fraglich, denn selbst sein Erfinder dürfte doch kaum behaupten wolien, dafs die Vögel spotten, „um für Feinde und Beute unauffällig zu bleiben, um jener leichter zu entgehen und diese besser beschleichen und überfallen zu dürfen.“ Ich gebe zu, dafs es in vielen Fällen geschieht, aber sicher nicht in der Art, dafs man diese Erscheinungen jenen, die man sonst unter Mim. versteht, gleichsetzen könnte. Doch wir wollen diesen terminus hinnehmen! Wie automatisch die Tiere handeln, zeigt sich, als Plascek eine Spötterbrut in den Käfig steckt und die Alten beim Füttern unterstützt. „Nach sechs Tagen nahmen sie auch aus meiner Hand animalisches Futter, grade so gierig als aus den Schnäbeln der Eltern, nur mit dem Unterschiede, dafs sie es von mir lautlos nahmen, während sie die Alten, sobald sie ihrer aus der Ferne ansichtig wurden, mit lautem, stofsweisem Gekreische ..... begrülsten.“ Der Anblick des Dr. Plascek ist eben nicht der gewohnte, sinnliche Reiz, auf den die Jungen mit der zur Fütterung ein- ladenden Tönen antworten. Auch bezüglich dieser Frage empfehle ich meinem Partner das Lesen, sagen wir lieber die jahrelange Vom Gesange der Vögel. 221 Beschäftigung mit dem Altumschen Werk. Wenn ich auch Altums Weltanschauung durchaus nicht teile, bekämpfe ich ihn doch nicht in dem Malse, wie Plascek in seiner Kritik meiner Arbeit zu glauben scheint. Im Gegenteil, ich blicke trotz aller Meinungs- verschiedenheit zu ihm mit Verehrung auf als zu einem Manne, der in die Kenntnis der lebendigen Schöpfung tief eingedrungen ist. Wo er sich auf die logische Deutung seines empirischen Materials beschränkt, ist er m. M. A. E. Brehm weit überlegen. Dafs er da, wo er Gott und Welt überblicken möchte, auf selt- same Wege gerät, liegt wohl daran, dals er dort seiner Phantasie, . dieser zwar notwendigen, aber doch sehr unsicheren und mit weisester Beschränkung zu gebrauchenden Dienerin der Wissenschaft zu freien Spielraum gönnt. Nach anderer Richtung zu bewegt er sich auf dem Gebiet ganz ähnlich wie Plascek. Wenn der mährische Gelehrte in seinem Erstaunen darüber, dafs die Jungvögel von ihren Organen sogleich den richtigen, zweckmäfsigen Gebrauch machen, die These aufstellt, „dafs das . Organ der Kausalität zwischen Wahrnehmung, Lust und Unlust oder Tätigkeit erblich ist,‘‘ so hat er damit — ich gebe das gern zu— eine hübsche Formel gefunden. Wäre er nicht voreingenommen, so hätte er m. A. n. gefunden, dafs gerade dadurch die grofse Aktivität, die er dem Tiere zuschreibt, in mancher Hinsicht be- schränkt werden dürfte. Eine Ansicht, die von Plascek auch kurzer Hand gebilligt wird, die aber mit der Wirklichkeit sich kaum vertragen dürfte, ist die, dafs die Vogelweibchen die Männchen wählen. Um den Satz „Weibchen wählen gemeiniglich den besten Sänger und Schläger“ annehmen zu können, erwarten wir von unserem Partner eine Menge dem Leben entnommener Beispiele. Er mag vielleicht glauben, dafs andere diese Arbeit schon geleistet hätten. Das ist aber m. W. nicht der Fall. Den Zusammenhang zwischen Schönheitsempfindung und Geschlechtsleben bei den Lebewesen zu leugnen, fällt uns nicht ein. Nur vergilst Plascek, dafs das bez. Lustgefühl bei jeder Tierart durch andere Dinge geweckt wird. Schon bei den Menschen- rassen kommt ja dieses Verhältnis zum Ausdruck. Finden wir etwa eine Hottentottendame schön, zu der die brünstigen Hotten- totteriche in Liebe entbrennen ? — Mit diesen Dingen ist eigentlich der rein psychologische Inhalt der Plascekschen Arbeit erschöpft; was nun noch folgt, ist ein gelehrt scheinender Apparat, der auf Plasceks Lehr- meinung nur geringen Einfluls hat. Dahin gehört auch der phi- lologische Teil. Ich bin ja selbst Philologe, weils aber aus Er- fahrung, dals sprachliche Erörterungen zwar jenen nützen, die nach Hehns Art die Geschichte des Verhältnisses zwischen Mensch und Tier ergründen wollen, dals sie aber versagen, wo es sich um rein biologische Fragen handelt. Jenes Kapitel scheint jedoch voll „profunder“ — warum soll ich nicht auch einmal 222 Fritz Braun: Vom Gesange der Vögel. ein Fremdwort gebrauchen? — Gelehrsamkeit zu stecken. Auf den Laien macht das einen sehr guten Eindruck! ,,O lafst mich scheinen, bis ich werde, zieht mir das schöne Kleid nicht aus!“ Damit will ich meine Entgegnung schliefsen. Es kommt mir nicht in den Sinn, die in dieser Arbeit genannten Fragen „richtig gestellt“ zu haben. Vielleicht ist aber der eine oder der andere Leser der Ansicht geworden, dafs Plascek besser getan hätte, sich Herrn von Lucanus und mir gegenüber nicht als psycho- logischen Gesetzgeber aufzuspielen. Die Ansichten des mährischen Ornithologen werden von manchem geteilt. Auch in den Veröffentlichungen des „Kosmos“ machen sie sich recht breit. Es fragt sich aber, ob die Leiter dieses an sich hocherfreulichen Unternehmens nicht gut täten, sich in jedem Einzelfalle zu prüfen, ob das, was sie ihrem grölsten- teils aus Laien bestehenden Leserkreise vorsetzen, auch wirklich feste, durch klare Begriffe gesicherte wissenschaftliche Er- gebnisse sind. Dem Forscher, der sich der Eigenart dieser Dienerin bewulst bleibt, kann die Phantasie eine schätzbare Gehilfin werden, den Laien führt sie leicht in das Reich der Träume. Ihr allzu- sehr nachzugehen, liegt jedem temperamentvollen Menschen nahe. Noch heute weils ich unserem lieben, zu früh verblichenen Henriei Dank, dafs er vor zehn Jahren den ungestümen Jüngling auf die Gefahren solcher Arbeitsweise aufmerksam machte. Der Ton, auf den diese Erwiderung gestimmt ist, darf auf übergrofse Zartheit keinen Anspruch erheben. Ich bin aber nie ein Mann des Friedens gewesen und nicht gewohnt, den mit Glace- handschuhen zu berühren, der mich selber derb anfafst. Die Ton- höhe, in der die Plascekschen „Belehrungen“ klangen, entsprach nichts weniger als ritterlicher Bescheidenheit. An Plascek liegt es, den Ton zu bestimmen, falls es zu weiteren Erörterungen zwischen uns kommen sollte. Gilt es doch nicht, in maiorem gloriam eines Herrn Plascek, v. Lucanus oder Braun zu schreiben. Meiner Ansicht nach ist es in der Wissenschaft gute Gepflogenheit, die Person hinter der Sache zurücktreten zu lassen. Schliefslich werden wir ja alle „obsolet“. 9. XI. 1908. 223 Eine vergleichende Besprechung der rheinischen und schlesischen Vogelfauna. Von Paul Kollibay. Ein eigener Zufall hat es gefügt, dafs fast genau zur gleichen Zeit wie mein Buch „Die Vögel der Preufsischen Provinz Schlesien“ das Werk von Dr. Otto le Roi „Die Vogelfauna der Rheinprovinz“ erschienen ist. Beide Arbeiten sind im Wesentlichen auf den nämlichen systematischen und nomenklatorischen Anschauungen aufgebaut, und gleich mir hat auch le Roi bei der Verwertung des in der Literatur zerstreuten Materials die schärfste Kritik geübt und lieber auf diese oder jene „Seltenheit“ verzichtet, als seine Schrift mit unzuverlässigen Angaben ausgestattet. So liegen zwei Arbeiten vor, die für den nämlichen Zeit- punkt in gleicher Weise die Vogelwelt der südwestlichsten und der südöstlichsten Provinz der preufsischen Monarchie behandeln und ihre derzeitige Kenntnis feststellen. Dieser Umstand lälst es angezeigt erscheinen, nunmehr einen Vergleich zu ziehen zwischen den Vogelfaunen dieser beiden ex- tremen preußsischen Gebietsteile, um vielleicht einige Winke in zoogeographischer Beziehung daraus zu gewinnen. Le Roi zählt für die Rheinprovinz insgesamt 282 Vogelarten auf, zu denen noch 5 nicht besonders nummerierte, als Subspecies aufgefalste Formen treten. (Das in derselben Weise wie letztere rubrizierte Rackelwild kann als blofses Kreuzungsprodukt nicht in Betracht kommen). Diesen 287 Vögeln treten nun gegenüber die 316 schlesischen Arten und Unterarten, die ich in meinem Buche aufführen konnte. (Ich habe eigentlich 317 Arten. Da aber le Roi den Phasianus colchicus als importiert nicht mitzählt, lasse ich ihn hier auch bei Seite.) Das ergibt ein Mehr von nicht weniger als 29 Arten zu Gunsten Schlesiens. Wir werden nicht fehlgehen, diesen gröfseren Reich- tum meiner Heimatprovinz zum Teil zurückzuführen auf die mannigfaltigere Bodengestaltung des Landes. Fehlt uns auch die Nähe des Meeres noch mehr als den Rheinländern, so gehören uns doch die höchsten Erhebungen Norddeutschlands einerseits und ausgedehnte Teich- und Seeengebiete andrerseits. Einen weiteren Grund werden wir am Schlusse dieser Vergleichung erkennen. Ist schon das Gesamtbild der Vogelfauna der beiden Pro- vinzen so durchaus zu Gunsten Schlesiens ausfallend, so ist dies noch in höherem Mafse der Fall, wenn man nur die Brutvögel mit einander vergleicht. Da ergibt sich, dafs für die Rheinprovinz an gegenwärtigen und früheren Brutvögeln 152 Arten festgestellt sind (le Roi, der nur 150 Arten angibt, hat übersehen Turd. torquatus alpestris Br. mitzuzählen und sich auch um eine weitere Nummer verrechnet), während sich die Zahl der schlesischen auf 203 beläuft. Es ist also das Rheinland um volle 51 Arten an Brutvögeln ärmer als Schlesien. 224 Paul Kollibay: Von der Gesamtzahl der Brutvögel sind 146 Arten beiden Provinzen gemeinsam. Das ergibt, dafs Schlesien 57 Arten be- sitzt, die ihm allein als Brutvögel eigen sind, während die Rhein- provinz über deren nur 6 verfügt. Um nun ein plastisches Bild zu gewinnen, ist es nötig, diese 57 bezw. 6 Arten, namentlich aufzuführen, da nur dann wirkliche tiergeographische Schlüsse gezogen werden können. Der Rheinprovinz fehlen folgende schlesische Brutvögel: von den Tauchern 2, Colymbus griseigena Bodd. und Col. nigricollis (Br.), von den Seefliegern 2, Larus ridibundus L. und Hydrochelidon nigra (L.), von den Ruderfüfslern 1, Phalacrocorax carbo (L.), von den Zahnschnäblern 10, Mergus merganser L., Nyroca ferina (L.), N. nyroca (Güld.), N. clangula (L.), Spatula clypeata (L.), Anas strepera L., A. penelope L., A. acuta L., Anser anser (L.) und Oygnus olor (Gm.), von den Laufvögeln 14, Charadrius morinellus L., Ch. hiaticula L., Oedienemus oedic- nemus (L.), Totanus fuscus (L.), T. ochropus (L.), T. glareola (L.), Philomachus pugnax (L.), Gallinago media (Frisch), @. gallinula (L.), Otis tarda L., O. tetrax L., Grus grus (L.), Ortygometra pusilla (Pall.) und O. parva (Scop.), von den Schreitvögeln 4, Ciconia nigra (L.), Nyeticorax nyeticorax (L.), Ardea pur- purea L. und Herodias alba (L.), von den Raubvögeln 7, Asio accipitrinus (Pall.), Glaucidium passerinum (L.), Aquila chrysaetus (L.), A. maculata (Gmel.), A. pomarina Br., Milvus korschun (Gmel.) und Cerchneis vespertina (L.), von den Spechtvögeln 2, Picoides tridactylus (L.) und Merops apiaster (L.), den Singvögeln 15, Muscicapa parva Bchst., Nucifraga curyocatactes caryo- catuctes (L.), Petronia petronia (L.), Acanthis linaria (L.), Chrysomitris spinus (L.), Carpodacus erythrinus (Pall.), Lozxia leucoptera bifasciata Br., L. pityopsittacus Behst., Anthus spipgletta (L.), Remisa pendulina (L.), Accentor collaris (Scop.), Sylvia nisoria (Bchst.), Locustella fluviatilis (Wolf), Turdus pilaris L. und Erithacus philo- mela Bchst. Von diesen 57 Arten sind 11 der Rheinprovinz überhaupt fremd; sie sind dort noch nie vorgekommen, weder als Zugvögel noch als gelegentliche Erscheinungen, diese 11 Arten sind oben- stehend gesperrt gedruckt. 01 - Eine Besprechung der rheinischen und schlesischen Vogelfauna. 225 Die 6 rheinischen Brutvögel, welche Schlesien fehlen, sind die folgenden: Caccabis saxatılis (Wolf u. Meyer), Emberiza cirlus L., Emb. cia L., Aegithalus caudatus roseus (Blyth), Locustella lusci- nioides (Savi) und Monticola saxatılis (L.). Auch als blofse Besucher sind fast alle von diesen 6 Arten unserer Provinz fremd. Nur die Steindrossel ist als gelegent- liche Erscheinung in Schlesien nachgewiesen. Das Steinhuhn wird niemals erwähnt, und von Zaun- und Zippammer, Rosenmeise und Nachtigallrohrsänger liegen nur durchaus unbeachtliche Be- hauptungen über angebliche Beobachtungen vor. Zieht man nun den Vergleich zwischen beiden Provinzen weiter hinsichtlich des Vorkommens von Nichtbrütern, so er- gibt sich auch hier ein erhebliches Plus zu Gunsten Schlesiens. Denn die Zahl der dem Rheinlande abgehenden schlesischen Nicht- brüter beträgt 39, umgekehrt diejenige der nur in der Rhein- provinz, nicht aber bei uns vorkommenden nur 15. Hier dürfte es genügen, unter Aufserachtlassung der nordischen Durchzügler und Wintergäste nur diejenigen hervorzuheben, welche wegen der Lage ihres Brutgebietes für Mitteleuropa von Interesse sind. Danach haben Schlesien besucht: Pelecanus onocrotalus L., Erismatura leucocephala (Scop.), Chenalopex aegyptiacus (L.), Numenius tenuirostris Vieill., Otis macqueeni (Gr.), Herodias Yarzetta (L.), Vultur monachus L., Buteo buteo desertorum (Daud.), Aquila pennata (Gm.), Falco cherrug Gray, Pastor roseus (L.), Melanocorypha calandra (L.), Parus cyanus Pall., Turdus nau- manni Tem., T. dubius Behst., T. ruficollis Pall., 7. atrigularıs Tem., Geocichla sibirica (Pall.). Die Rheinprovinz dagegen hat an bemerkenswerten Er- scheinungen: Cursorius gallicus (Gmel.), Cerchneis naumanni Fleisch., Monticola cyanus (L.). Erhalten wir aus den verschiedenen Brutvögeln wie Alpen- braunelle, Tannenheher und Mornell, sowie den verschiedenen Tauchern, Enten, Lauf- und Schreitvögeln die Eingangs erwähnten Vorzüge bestätigt, welche Schlesien durch das Riesengebirge und die ansehnlichen Seengebiete verliehen werden, so beweisen uns gelegentliche oder regelmäfsige Brutvögel wie Zwergtrappe, Nacht-, Purpur- und Silberreiher, Bienenfresser, Karmingimpel, Flufs- rohrsänger und Sprosser, noch mehr aber die zuletzt aufgeführten schlesischen Nichtbrüter den starken Zusammenhang unserer Avifauna mit derjenigen östlicher und südöstlicher Gebiete, während rheinische Vorkommnisse wie Zaun- und Zippammer und Steinrötel als Brutvögel, Rennvogel, Rötelfalk und Blaumerle als gelegentliche Erscheinungen unverkennbare ornithologische Bezieh- ungen des Rheinlandes zum mediterranen Faunengebiete dartun. Eine Aufgabe der Zukunft wird es sein, die bei manchen Arten (z. B. Aegithulus caudatus, Parus palustris, Parus atrica- pillus, Phylloscopus collybista) bereits erfolgte Feststellung zoogeo- 226 Paul Kollibay: Eine Besprechung ete. graphischer Verschiedenheit schlesischer und rheinischer Formen derselben Art noch weiter auszubauen, ferner nachzuweisen, wo und wie in den dazwischen liegenden Gebieten der Übergang solcher Formen in einander stattfindet. Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die Dezember-Sitzung 1908. Verhandelt Berlin, Montag, d. 7. Dezember abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren v. Lucanus, v. Versen, Krause, K. Neunzig, Schou, Koske, Haase, Jung, Schiller, v. Treskow, Ehmcke, Rörig, Schalow, Reichenow, Dedi- tius, Heinroth. Als Gäste die Herren G. Schulz, Schwarz, Detmersu. Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende gedenkt zunächst des kürzlich dahin- geschiedenen Mitgliedes E. Ziemer, der durch seine ornithologischen Arbeiten auf seinem Gute Klein-Reichow in Pommern bekannt ist; speziell im Journal, den Monatsberichten und den Monatsheften hat er seine Resultate veröffentlicht. Die Anwesenden ehren das Andenken an den Verstorbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Die Kassenrevisoren Herr Haase und Herr Jung bestätigen die Richtigkeit der Kassenführung. Da gegen die Entlastung des Kassenführers ein Einwand nicht erhoben wird, so spricht der Vorsitzende Herrn Deditius den Dank der Gesellschaft für seine Mühewaltungen aus. Herr Reichenow macht die Mitteilung, dafs der Vorstand eine Glückwunsch-Adresse zur 50 jährigen Jubilaeums-Feier der British Ornithologists’ Union abgesandt habe, Herr Krause hatte die künstlerische Ausschmückung übernommen. | Nachdem die Herren Reichenow und Schalow die ein- gelaufene Literatur vorgelegt haben, berichtet Herr v. Lucanus über seine Vogelzugbeobachtungen in Rossitten während der ersten Oktoberhälfte dieses Jahres unter Verlage einer Anzahl von ihm selbst und von Herrn Heinroth aufgenommener Photographien. Der Vortragende gibt eine Beschreibung der Beobachtungs- station Ulmenhorst mit seiner sehr günstigen Lage: ein über- sichtliches Dünengelände an schmalster Stelle der Nehrung in der Nähe Rossittens. Kein Vogel kann ungesehen am Beobachter vorbeiziehen. Besonders günstig ist der Umstand, dafs der Rossittener Wald hier aufhört: viele Vögel, wie Krähen, Tauben, Bericht über die Dezember-Stitzung 1908. 227 alle Singvögel, Raubvögel ziehen gerade gern über oder am Wald entlang; sodafs der Waldausläufer Ulmenhorst ein aus- gezeichneter Beobachtungspunkt ist. Der Hauptzug findet in den Vormittagsstunden gleich nach Sonnenaufgang bis gegen 11 Uhr statt. Mittags läfst der Zug nach oder stockt ganz. Nachmittags ist auch nur wenig Zug. In Ulmenhorst wurden folgende Vogelarten beobachtet: Nebelkrähen, Dohlen, Saatkrähen, Eichelheher, Tauben, Merlin- falke, Sperber, gewöhnliche und Rauhfufsbussarde, Gänse, Drosseln, Stare, Rotkehlchen, Meisen, Buchfinken, Zeisige, Hänflinge, einige Bergfinken, Feld- und Heidelerchen, Goldhähnchen und Zaunkönige. Am 16. 10. die erste Alpenlerche auf einer der höchsten Dünen. — Verlauf des Zuges der einzelnen Arten: Nebelkrähen ziehen einzeln oder in kleineren Trupps, dann aber mit weiten Abständen, meist eine lange, ununterbrochene Kette bildend. Man hat den Eindruck, dafs jedes Individuum für sich zieht und nur die gleichen Bedingungen die Vögel zusammenführt und ihr massenhaftes Auftreten veranlafst. Häufig dauert der Zug der Nebelkrähen stundenlang ohne Unterbrechung. Saatkrähen und Dohlen ziehen in einzelnen Scharen, eng zusammen- fliegend.. Tauben in kleineren Trupps von etwa 4—20 Stück, Raubvögel stets einzeln. Die meisten kleineren Singvögel, wie Drosseln, Rotkehlchen, Finken, Zeisige, Meisen und Goldhähnchen scheinen nicht gern gröfsere Strecken auf ihrem Zuge zurückzulegen. Sie sieht man von Deckung zu Deckung fliegen. In den Dünen werden die einzelnen kleinen Baumgruppen und Büsche als solche Raststationen benutzt. Krähen, Tauben, Gänse, Raubvögei und Stare zogen ohne Unter- brechung über den Ulmenhorst hinweg. Man kann also wohl 2 Arten des Zuges unterscheiden: 1. den Dauerflug und 2. den Etappenflug. Die Geschwindigkeit aller Vögel, die im Etappen- Fluge wandern, ist erheblich gröfser, als die der Dauerflieger. Auf dem Zuge begriffene Vögel scheinen sich nicht um einander zu kümmern. Man sieht den Sperber friedlich neben Finken oder Tauben ziehen, ohne dafs jener irgend welche Raubgelüste verrät, oder diese die geringste Angst vor dem sonst so gefürchteten Räuber verraten. Auch um den Uhu beküm- mern sich die auf dem Zuge befindlichen Krähen oder Raubvögel wenig oder gar nicht. Der Zugtrieb scheint so gewaltig zu sein, dals er alle anderen Triebe und Reflexe unterdrückt. Höhe des Vogelzuges: Bei klarstem und warmem Wetter niemals höher als etwa 150 bis höchsten 250 Meter beobachtet. Häufig bei klarem und warmem Wetter nur sehr spärlicher Zug. Dann drängte sich die Frage auf, ob die Vögel nicht vielleicht in den grofsen Gätkeschen Höhen ziehen. Hiergegen sprechen aber folgende Erscheinungen: 228 Bericht über die Dezember-Sitzung 1908. 1. Man en niemals aus grofsen Höhen Stimmen ziehender Vögel. 2. Die an solchen schlechten Zugtagen beobachteten wenigen Vögel waren stets nicht höher als etwa 150—250 Meter. Eine charakteristische und stets wiederkehrende Erscheinung, die man an guten Zugtagen immer beobachten konnte, war es aber, dafs alle Vögel annähernd in derselben Höhe zogen. Es ist daher unwahrscheinlich, dafs die wenigen Vögel, die man an Tagen mit schlechtem Vogelzug in der genannten Höhe wahrnimmt, so sehr von der eigentlichen Zugstrafse abweichen und so viel tiefer als ihre Artgenossen wandern sollten. 3. Zur Mittagszeit unterbrechen die Vögel den Zug. Man sah dann an guten Zugtagen zahlreiche Vögel, besonders Krähen, im Walde oder auf den Viehweiden rasten. An klaren, warmen Tagen mit geringem oder keinem Vogelzug waren auch zur Mittagszeit keine rastenden Vögel zu sehen. Würde an solchen Tagen aber ein Zug in höheren Regionen statt- finden, so müfsten diese Vögel dann während ihrer Mittags- pause sichtbar werden. Eine solche Erscheinung wurde aber niemals beobachtet. — Die Höhe des Vogelzuges wird ferner von der Windstärke beeinflufst; starker Wind veranlalst die Vögel zu niedrigem, oft nur kaum 1 Meter hohen Zuge. Aufser der Bewölkung muls also auch die Windstärke als ein wichtiger Faktor, die die Höhe des Vogelzuges bestimmt, angesehen werden. Starker Sturm läfst den Zug völlig stocken. Auch die Feuchtigkeit der Luft übt einen wesentlichen Einflufs auf den Zug aus. Wir hatten an einem Morgen mälsig trübes, ziemlich kühles, fast windstilles Wetter, aber die Luft war so feucht, dafs unsere Kleidung in kurzer Zeit, ohne dafs Regen fiel, stark durchnäfste An diesem Tage war kein Vogelzug. Dr. Thienemann hat jedoch an klaren Regentagen mit Sonnenschein starken Vogelzug beobachtet. Hiernach scheint also nalskaltes Wetter von den Vögeln unangenehm empfunden zu werden und sie zur Einstellung des Zuges zu veranlassen, während Feuchtigkeit in Verbindung mit Wärme dem Vogelzug nicht hinderlich erscheint. l Der Aufenthalt in Rossitten hat voll und ganz die Über- zeugung erweckt, dals die Vogelwarte hier auf der richtigen Stelle steht, weil die kurische Nehrung nicht eine Raststation der wandernden Vögel ist, sondern eine wirkliche Zugstralfse. Man hat also hier die beste Gelegenheit, die Vögel auf ihrem Zuge zu beobachten und die vielseitigen, noch wenig geklärten Fragen betreffs des Verlaufs des Zuges eingehend zu studieren. Am Schlufs des Vortrages dankt Herr v. Lucanus Herrn Dr. Thienemann und dessen Frau Gemahlin für die so liebenswürdige Aufnahme auf der Vogelwarte. Bericht über die Dezember-Sitzung 1908. 229 Herr Heinroth weist im Anschlufs an diesen Vortrag auf die Notwendigkeit der Anlage eines Vogelherdes bei Rossitten hin, nur durch einen solchen wäre es möglich, eine grofse Anzahl von Vogelindividuen zu beringen, bezüglich auf ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten geographischen Form zu prüfen. Während Herr Rörig die Thienemann’schen Fluggeschwindig- keits-Angaben nicht verallgemeinern möchte und glaubt, dafs die Krähen z. B. über das Meer bedeutend rascher flögen als über den Wald, bemerkt Herr Reichenow, dafs Oberförster Loos zu denselben Resultaten gekommen sei wie Thienemann. Herr Schalow wendet sich hierauf gegen die in der Li- teratur unausrottbare, irrtümliche Angabe Gätke’s, dafs das Blau- kehlchen den ganzen Frühjahrszug in 16 Stunden zurücklege; aus den Ausführungen des Herrn v. Lucanus gehe im Gegenteil hervor, dafs derartige Gebüschvögel als „Etappenwanderer‘ wohl mehrere Wochen dazu brauchen, um aus dem Winterquartier an den Brutplatz zurückzukehren. Herr Heinroth wendet sich insofern gegen die Angaben des Herrn v. Lucanus, als dieser nur solche Gebüschvögel beobachtet hat, die vorwiegend am Tage ziehen und daher auch eine Deckung nicht gern aus den Augen lassen. Die Nacht- wanderer dagegen, also auch das Blaukehlchen, fliegen anscheinend viel längere Strecken auf einmal, sie reisen im Schutze der Dunkelheit, brauchen also nicht an einzelnen ihnen zusagenden Örtlichkeiten zu „kleben“. Die im vorigen Jahre gelegentlich seiner Beobachtungen über den Vogelfang in Norditalien von Rörig gemachte Angabe, dafs sich die Italiener nach den deut- schen Wetterberichten insofern richten, als sie etwa 2 Tage nach dem Einsetzen klarer Witterung in Deutschland die Sylvien u. a. erwarten, bestätigt diese Annahme. Herr Reichenow regt die Frage an, wie sich ziehende Vögel zu starkem Mitwind verhalten, und Herr v. Lucanus meint, dafs jeder starke Wind von den Vögeln vermieden würde. Im Gegensatz zu Herrn v. Lucanus hat Herr Dettmers beobachtet, dafs viele kleine Vögel, insbesondere Meisen, auch auf dem Zuge eine entsetzliche Angst vor Raubvögeln haben. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich wohl so, dafs die wandernden Raubvögel, insbesondere die Sperber, bis gegen Mittag hin nicht auf Beute ausgehen, wie auch die Magen- untersuchungen von Herrn Rörig ergeben haben. Da sie dann selbst nicht auf die Kleinvögel achten, so nehmen auch diese nicht viel Notiz von ihren Feinden. In den Nachmittagsstunden dagegen, die dem Nahrungserwerb gewidmet sind, tritt das Verhältnis von Räuber und Beute wieder in den Vordergrund. Nach einer in der Ornithologischen Monatsschrift (1908, S. 448) veröffentlichten Mitteilung des Herrn Pastor Bank ist am 4. Februar 1908 bei Ringelheim im Harz, Kr. Goslar, ein Exem- plar von .Lanius meridionalis Temm. geschossen worden. Herr 230 Bericht über die Januar-Sitzung 1908. Schalow berichtet über diesen interessanten Fall des Vorkommens der genannten mediterranen Art. Er weist darauf hin, dafs das betreffende Stück, sofern die Bestimmung richtig ist, das dritte Individuum dieser Spezies sein würde, welches im mittleren Europa nachgewiesen wurde. Denn die Angabe Gätkes (Vogelwarte, II. Aufl. 229) der Erlegung eines Stücks auf Helgoland bedarf der Be- stätigung. Herr Schalow entsinnt sich nicht, einen Lanius meridionalis in der genannten Sammlung gesehen zu haben. Wahrscheinlich handelt es sich hier um ein falsch angesprochenes dunkles, vielleicht auch etwas aberrantes Exemplar von L. ex- cubitor excubitor L. Die beiden bis jetzt aus dem mittleren Europa bekannten Individuen wurden in England erlegt: bei Colchester am 3. Nov. 1875 (The Field, 13. Nov. 1875) und bei Drayton nahe Norwich im Dez. 1890 (Trans. Norf. and Norw. Nat. Soc. 1907, vol. VIII, Pt. 3). Bei den beiden vorgenannten Exemplaren wie bei dem von Ringelheim sind die Winterdaten der Erlegung insofern bemerkenswert, als L. meridionalis in den nördlichsten Gebieten seines Vorkommens, in Südfrankreich, nur in äufserst milden Wintern Standvogel sein, in härteren aber nach Spanien und Portugal streichen soll. Uber das Mittelmeer nach Süden geht er bekanntlich nicht. Das im Harz erlegte Exemplar befindet sich in der Sammlung Kollibay’s in Neifse und hofft Herr Schalow, dasselbe in einer der nächsten Sitzungen vorlegen zu können. Herr Neunzig bemerkt hierzu, dafs nach einer Angabe in der „Frankfurter Zeitung‘ der Hesperidenwürger bei Frankfurt sogar gebrütet |!?] habe, und erwähnt ferner als Gegenstück dazu, dafs in Norwegen Mönchsgasmücken ständig überwintern. Herr Rörig macht die Mitteilung, dafs nach der „Tägl. Rundschau“ der Kriegsminister eines aufserdeutschen Staates in Hinblick auf die drahtlose Telegraphie die Aufhebung der Prämie auf Falken angeordnet habe. Dr. ©. Heinroth. Bericht über die Januar-Sitzung 1909. Verhandelt Berlin, Montag den 4. Januar abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren v. Lucanus, v. Versen, le Roi, K. Neunzig, Bünger, Koske, Haase, Schiller, Jung, Krause, v. Treskow, Rörig, Ehmcke, Schalow, Reichenow, Deditius, Heinroth. Als Gäste die Herren Emmerichs, Reschke und Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende berichtet zunächst den Dank der British Ornithologists’ Union für die Glückwunschadresse und teilt aus einem Briefe des Herrn Reiser-Sarajewo mit, dafs Bosnien zur Zeit ein grosses Militärlager darstelle, in dem ornithologisch nicht Bericht über die Januar-Sitzung 1909. 231 viel zu machen sei. Schon im September sank die Temperatur bedeutend, die Tauben zogen sehr früh ab, und seltene Winter- gäste, darunter Oidemia fusca und Oygnus olor, trafen ein. Von Herrn Hantzsch-Plauen ist die Nachricht eingetroffen, dafs er seine Reise nach der Baffins-Bai bis zum Sommer verschiebt. Herr Reichenow bespricht die eingelaufene Literatur, und Herr Deditius gibt ein längeres, kritisch beleuchtetes Referat über B. Hoffmanns „Kunst und Vogelgesang‘“, woran sich eine längere Discussion zwischen dem Referenten und den Herren Reichenow, Schiller, v. Lucanus, Rörig, Bünger, Hein- roth und Schalow schliefst. Insbesondere wird dabei die Frage erörtert, ob die besseren Singvögel (z. B. Schama) im Stande sind, jeweilig neue Strophen zu erfinden, oder ob sie nur durchaus feststehende Touren haben. Herr Schalow betont besonders, dafs beim Verständnis, bezüglich zum Erkennen von Vogelstimmen durchaus nicht das Musikverständnis des Beobachters mals- gebend sei. | Herr Heinroth berichtet hierauf die wichtigeren ornithologi- schen Ereignisse und Erwerbungen des Berlin. Zool. Gartens. Zum ersten Male lebend eingeführt wurden Agapornis nigrigenis, Priono- teles temnurus, Coccystes glandarius, Dierurus cineraceus, Melanotis caerulescens, Myiadestes obscurus, Sitta cınnamomeiventris, Argya malcolmi, Trochalopterum ningpoense, Pyrenestes coccineus, Fringilla maderensis und teydea, Cerchneis sparverioides, Columba phaeonota, Zenaidura carolinensis, Limnobaenus fuscus, Chauna derbyana, Rhea darwini, Casuarius papuanus, sowie ein blauhalsiger Straufs vom Zambesi-Gebiet. Ferner sind von selteneren Arten Deropiyus accipitrinus und Sazxicola stapazina hinzugekommen. Aufser einer ganzen Anzahl speciell für die spätere anatomische Unter- suchung wichtiger Entenmischlinge sind auch Kreuzungen von Turteltaube und Haustaube, sowie von Lachtaube und Haustaube vertreten. Erstere stammen aus Wien, wo ein Liebhaber diese Tiere seinen Fliegetauben beigesellt, aber die Erfahrung gemacht hat, dafs sie in der Herbst-Zugzeit auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Ein Gleiches beobachtete der Vortragende auch bei einer Zurtur turtur, die er von einem freifliegenden Lachtauben-Paare erbrüten und aufziehen liefs. Auch im vergangenen Jahre hatte das alte Vultur monachus-Paar wieder gebrütet, das nach 50—51 tägiger Brutzeit ausgeschlüpfte Junge verschwand aber am folgenden Tage wieder spurlos. Die freifliegenden Lampronessa sponsa haben sich bedeutend vermehrt, ein wiederholter Versuch, ein Gelege durch eine wilde A. boscas ausbrüten und aufziehen zu lassen, endete wieder damit, dals die letztere sich der ausgeschlüpften Jungen nicht annahm, sondern auf den leeren Eierschalen noch eine Zeit lang sitzen blieb. A. boscas reagiert nach Ansicht des Vortragenden also nicht mit dem „Führungsinstinkt“ auf die durch junge Brautenten hervor- gerufenen optischen und akustischen Sinneseindrücke Auf die 232 Bericht über die Februar-Sitzung 1909. diesjährigen Zuchtresultate von drei Paaren Aix galericulata, die sich freifliegend bisher gut gehalten haben, darf man gespannt sein. An den Vortrag schliefst sich eine von den Herren Reiche- now und Schalow geführte Diskussion speciell über die Auffassung des erwähnten „Führungsinstinktes“ und über den Umstand, dafs Nesthöhlen suchende Brautentenweibchen des öfteren in Schorn- steinen verunglücken. Herr Neunzig berichtet von einer geglückten Zucht von Agapornis nigrigenis, wodurch das Jugendkleid dieser Art bekannt geworden ist und wobei sich herausgestellt hat, dafs diese Vögel nicht, wie es die verwandten Formen (auch Lorieulus!) zu tun pflegen, das Nestmaterial im Bürzelgefieder in die Höhlung tragen, sondern sie bedienen sich dabei ausschliefslich des Schnabels. Herr Neunzig schlielst mit einigen Bemerkungen über den Nestbau der Beutelmeise. Dr. ©. Heinroth. Bericht über die Februar-Sitzung 1909. Verhandelt Berlin, Montag den 1. Februar abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren v. Lucanus, v. Dallwitz, v. Ver- sen, Koske, K. Neunzig, Schou, Jung, K. Kothe, Freiherr Geyr v. Schweppenburg, v. Treskow, Ehmcke, Schalow, Reichenow, O0. Neumann, Heinroth. Als Gäste die Herren Miethke, P. Kothe, Schwarz, Detmers und Frau Heinroth. | Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Anschliefsend an die Protokoll-Verlesung fügt Herr Reiche- now zu dem in voriger Sitzung von Herrn Heinroth bei der Stockente erwähnten „Führungsreflex“ hinzu, dafs von einem solchen, der durch bestimmte akustische und optische von den Küken ausgehenden Eindrücke ausgelöst werde, schon deshalb nicht die Rede sein könne, weil z. B. ein Milan, der Enteneier erbrütet habe, die Jungenten bemutterte und mit Fleischstückchen stopfen wollte. Herr Heinroth verteidigt seine Ansicht damit, dafs sich Nesthocker und Nestflüchter ganz verschieden verhalten, bei ersteren ist ein genaues Erkennen der Jungen eigener Art nicht nötig, da in der Natur Verwechslungen nicht zu befürchten sind. Der Kuckuk z. B. hat seinen Nestparasitismus auf diese Unkenntnis der Nesthocker-Eltern begründet, bei den Nestflüchtern komme daher ähnliches nicht vor. Die Herren Schalow und Reichenow legen hierauf die eingegangene Literatur vor, und ersterer berichtet aus einem Briefe des Herrn O. Reiser-Sarajewo, dafs an der serbischen Grenze im Januar 3 Anser albifrons erlegt worden sind. Desgleichen legt er eine stark beschädigte Uhu-Schwinge vor, die Herr Reiser einem geschossenen Uhu entnommen hatte: die Feder hatte, um Bericht über die Februar-Sitzung 1909. 233 180° ihrer Längsaxe gedreht, in der Haut gesteckt und so ihren Träger stark belästigt. Herr v. Dallwitz schildert die Vogelsammlung des mär- kischen Provinzialmuseums und tadelt, dafs die Sammlung nicht nur unvollständig, sondern auch dunkel und unübersichtlich sei. Die Etikettierung sei ganz mangelhaft und die ganze Anordnung verfehlt. Herr P. Kothe, technischer Mitarbeiter dieses Institutes, bestätigt die Ausführungen des Vorredners, die Schuld liege nicht an ihm und dem Leiter der naturwissenschaftlichen Abteilung Herrn Dr. Solger, dieser habe es an Eingaben an das Direktorium nicht fehlen lassen. Herr Schalow pflichtet Herrn Kothe und v. Dallwitz vollkommen bei. Das Gebäude sei zwar architektonisch ein Meisterwerk, für Museumszwecke aber durchaus ungeeignet, die Direktion scheine für die zoologische Seite gar kein Verständnis zu haben. Herr Reichenow gibt folgende Berichtigungen zum Katalog der Collection v. Erlanger: „Bei der grolsen Wichtigkeit, die dieses Werk für gegenwärtige und besonders für zukünftige Benutzer der wertvollen Sammlung hat, ist zur Vermeidung von Irrtümern die genaue Bestimmung der auf- geführten Arten von um so gröfserer Bedeutung. Auch bin ich selbst deshalb im hervorragenden Malse beteiligt, als ein grofser Teil der Sammlung nach dem jähen Tode des verdienstvollen Forschers von mir bestimmt worden ist. Der Bearbeiter des Katalogs, Herr Hilgert, ist nun einigen meiner Bestimmungen nicht beigetreten. Diese Widersprüche in der von mir gegebenen Übersicht des nachgelassenen Teiles der Sammlung und den Angaben des Katalogs aufzuklären, erforderte eine Nachprüfung der betreffenden Stücke. Da sich” mir bei Bearbeitung neuerer afrikanischer Sammlungen Gelegenheit bot, habe ich einige dieser Nachprüfungen vorgenommen, wozu mir Frau Baronin v. Erlanger das Material freundlichst zur Verfügung gestellt hat, und ich gebe nachstehend das Ergebnis: No. 488 Seite 183 des Katalogs: Orsticola chiniana simplex Heugl. Ten hatte diese Vögel (J. f. O. 1905, 715) als chiniana (A. Sm.) aufgeführt, indem ich die in meinen „Vög. Afr. II. S. 547“ bereits als zweifelhaft behandelte Form simplex Heugl. ein- zog. Die Nachprüfung hat bestätigt, dass die abessinischen Vögel nicht von den ostafrikanischen getrennt werden können; dagegen hat die Untersuchung einer schönen Reihe südafrikanischer Stücke, die mir aus dem Transvaal-Museum in Pretoria vorlagen, gelehrt, dafs eine Kapländische Form abgesondert werden mufs. Die Vögel aus dem Kaplande (Grahamstown) und Pondoland unter- scheiden sich von der nördlicheren aus Natal, Transvaal, Rhodesia, aus Ost- und Nordost-Afrika durch schärfere schwarzbraune Journ, f. Orn. LVL. Jahrg. April 1909. 16 234 Bericht über die Februar-Sitzung 1909. Strichelung auf der Oberseite, besonders auf dem Oberkopf, durch lebhafter rotfarben verwaschene Unterseite und dadurch, dafs die Oberschwanzdecken braunschwarzen Mittelfleck haben und die schwarze Schwanzbinde nur über die Innenfahne läuft, die Aufsen- fahne hingegen freiläfst, wie bei ©. semifasciata. Auf diese Form ist der Name Cisticola magna J. Gd. (Birds Australia III. T. 41] zu beziehen, die dortige Abbildung gibt den Vogel sehr getreu wieder. No. 488 mufs somit ©. chiniana heilsen. No. 702 Bradornis griseus pumilus Sharpe, 703 Bradornis griseus neumanni n. sp. und 704 Bradornis griseus erlangeri Seite 250 und 251 des Katalogs. Die von mir (J. f. ©. 1905. 679) als Bradornis griseus be- stimmten Vögel sind im Katalog als B. g. pumilus aufgeführt. Das wäre nur in dem Falle angängig, wenn der Unterschied von pumilus und griseus nachgewiesen würde. Bisher ist es noch nicht erfolgt, und pumilus kann vorläufig nur als synonym mit griseus behandelt werden, wie das in „Vög. Afr.“ II. S. 438 ge- schehen. Ich hatte dann (J. f. ©. 1905, 680) eine Anzahl Vögel aus dem Arussi-Galla-, Gurra- und Somaliland wegen der sehr kurzen Flügel als BD. yriseus erlangeri bezeichnet, aber an diese Form wegen ihres auffallenden Vorkommens zwischen den lang- flügeligen abessinischen und ostafrikanischen griseus, zum Teil auch Vorkommens an denselben Ortlichkeiten mit griseus, Zweifel ge- knüpft. Hr. Hilgert sondert nun diese 5. g. erlangeri in zwei Formen, indem er die nördlichen Vögel (No. 7037—67) wegen ihres auffallend kurzen Schnabels als neumanni unterscheidet. Allerdings haben ja 26 der 31 Vögel den zierlichen Schnabel, aber 6 Stücke und zwar von Gurra, Garre-Livin und Arussi-Galla, also aus den verschiedenen Gegenden des für neumanni ange- nommenen Verbreitungsgebiets, haben den normalen Schnabel von erlangeri. Dazu kommt, dafs die Schnabelgröfse bei allen Bradornis ungemein variiert. Ich hatte (J. f. O. 1887, 62) auch von den langflügligen griseus eine Form wegen des ungemein kleinen Schnabels als mierorhynchus unterschieden, mich aber nach Unter- suchung gröfseren Materials, das die bedeutenden Schwankungen der Schnabelgröfse bewies, veranlafst gesehen, die Form wieder einzuziehen. Es sind das Schwankungen individueller Natur, vielleicht auch durch örtliche Verhältnisse bedingt, die sich aber nicht zu subspeeifischer Sonderung benutzen lassen. Als Beispiel sei nur auf das Abändern unseres Rebhuhns hingewiesen oder, obwohl der Vergleich ferner liegt, auf den Hasen. Der stärkere und grauere Waldhase ist meistens recht gut von dem schwächeren und gelberen Feldhasen zu unterscheiden; es wird aber niemand einfallen, beide artlich zu sondern. Die Form Bradornis griseus neumanni kann ich sonach nicht anerkennen, halte sogar, wie bereits bemerkt, auch die Sonderung der kurzflügeligen Form erlangeri für schwach begründet. Bericht über die Februar-Sitzung 1909. 235 No. 717 Seite 255 des Katalogs: Alseonax minimus djam- djamensis Neum. Die Stücke 7180—94 waren von mir (J. f. O. 1905, 683) als Alseonax murinus pumilus bestimmt. Herr Hilgert hat sie hingegen als djamdjamensis gedeutet. Die Nachprüfung hat ergeben, dafs meine Bestimmung richtig war. Die Vögel gehören zweifellos zu pumilus. Ob die Form djamdjamensis damit etwa zusammenfällt, könnte nur durch Vergleichung des Typus festgestellt werden, erscheint aber wenig wahrscheinlich, denn nach der von Neumann gegebenen Beschreibung soll sich djamdjamensis durch den blassen, stark ins Gelbliche ziehenden Ton der Oberseite unterscheiden, den A. m. pumilus niemals zeigt. No. 717 des Katalogs mufs somit den Namen pumilus Rchw. bekommen. No. 765 Seite 272 des Katalogs: Laniarius funebris lugubris (Cab.). Herr Hilgert trennt die Nummern 7640--49, die ich gleich den Nummern 7618—39 als L. funebris bestimmt, weil sie auf dem Unterkörper heller sind als die weiter nördlich gesammelten Vögel und bezieht sie, allein nach dem Vorkommen schliefsend, auf L. lugubris (Cab.). Das ist unrichtig. Der Typus von L, lugubris ist gerade ein recht dunkler Vogel. Ich habe aber bereits in „Vögel Afrikas Il. S. 574“ darauf hingewiesen, dafs L. funebris in dem grauen Ton des Gefieders wie in der Grölse nicht unbedeutend abändert. Die Weibchen sind im allgemeinen kleiner und heller, recht alte Männchen sehr dunkel. Solche dunklen Vögel kommen ebensowohl in Abessinien wie im Süden von Deutsch-Ostafrika (z. B. von Fülleborn in Idunda gesammelt) vor. Die Nummern 7640—49 im Katalog sind also auf Laniarius funebris zu beziehen. No. 912 auf Seite 324 des Katalogs: Kurystomus afer aethio- picus Neum. Die Nummern 9143—49 hatte ich als Burystomus rufobucealis bestimmt, Herr Hilgert deutet sie auf aethiopicus. Ich halte nach erneuter Prüfung meine Bestimmung aufrecht, finde überhaupt keinen Unterschied zwischen aethiopicus und rufobuccalis. Bei Vögeln im frischen Gefieder ist die Unterseite stärker veilchenrot angeflogen als bei solchen im abgetragenen Gefieder, und auch die Wangen zeigen oft einen geringen veilchenroten Anflug. Hierbei möchte ich noch bemerken, dafs ich auf Grund einer mir vorliegenden Reihe von einigen zwanzig Bälgen auch die Form Eurys- tomus gularis neglectus Neum. (siehe Kat. No. 913 S. 325) nicht aner- kennen kann. Alte Vögel haben ausnahmsweise einen blauen Anflug auf den Oberschwanzdecken und mittelsten Schwanzfedern.“ Rehw. Herr Reichenow bespricht hierauf eine eigenartige Bra- dornis-Art vom Rio-Campo (Span. Congo), die er Br. sylvia be- nennt. Vom Altai legt er einige auffallend hell gefärbte Zurdus 16* 236 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. viscivorus vor, die ganz der von v. Erlanger in Tunis ge- sammelten Z. v. deichleri entsprechen. Herr Neumann geht auf die Treron-Frage ein und bemerkt, dafs man zwischen geographischen Formen nicht von „Bastarden“ sondern nur von „Übergängen“ sprechen dürfe. Herr Heinroth weist darauf hin, dafs die Altai-Misteldrosseln sämtlich vor der Mauser erlegt und die Federn sehr stark abgenutzt seien, es sei nicht ausgeschlossen, dals die Herbstvögel mit unserer deutschen Form identisch sind, nur ist im Altai und in Tunis die Abnutzung des Gefieders stärker als bei uns. Herr Neunzig geht auf einige eigenartige Vögel ein, Leinzeisige mit gelber Brust, die offenbar Mischlinge von Acanthis linaria und Chrysomitris spinus sind, er erhielt ein solches Tier von einem Liebhaber, nachdem es in Gefangenschaft gemausert hatte. Hierbei war das Rot am Kopfe verloren gegangen. Von Ridgway sind solche Bastarde ebenfalls beschrieben worden. Bezugnehmend auf die Mitteilung in der Dezember Sitzung über das Vorkommen eines Exemplars von Lanius meridionalis Temm. im Harz legt Herr Schalow das ihm von Herrn Kollibay eingesandte Stück vor. Dasselbe gehört nicht zu der genannten Art. Es ist ein dunkel gefärbtes Individuum von Lanius exeubitor excubitor L. Zu bedauern ist in diesem Fall wie in vielen früheren ähnlicher Art, dafs Mitteilungen über die Erlegung seltener Arten veröffentlicht werden, ohne vorher eine fachmännische Prüfung herbeizuführen. Solche irrtümlichen Angaben werden später immer wieder citiert, und es ist beinahe unmöglich, sie aus der Literatur zu entfernen. Dr. ©. Heinroth., Dem Herausgeber zugesandte Schriften. Annals of the Transvaal Museum. I. No. 1—3. Pretoria 1908—09. Aquila. Zeitschrift für Ornithologie. Redact. Otto Herman. Tom. 15. Budapest 1908. The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XXVI. ND...1.7190% Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. CXLVII—CXLIX. 1908—09. The In A Quarterly Journal of Ornithology. (9.) Ill. 1909. eit 1: The Journal of the South African Ornithologists’ Union. IV. No. 2. 1908. ÖOrnithologische Monatsschrift. 34. No. 1—3. 1909. The Philippine Journal of Science. Ed. by P. C. Freer. Vol. IH. No. 4. 1908. . Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 237 Zeitschrift für Oologie und Ornithologie. Herausg. H. Hocke. 18. Jahrg. No. 10. 1909. H. v. Berlepsch, On the Birds of Cayenne. (Abdruck aus: Novit. Zool. 15. June u. Nov. 1908). B. 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(Abdruck aus: Aquila 15. 1908). > es es = ei Eat Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 239 J. Schenk, Anhang zu meinem Artikel „Das massenhafte Erscheinen der Uraleule in Ungarn im Winter 1906/7“. (Abdruck aus: Aquila 15. 1908). J. Schenk, Bericht über die Vogelmarkierungen im Jahre 1908. (Abdruck aus: Aquila 15. 1908). W. Schuster, Wertschätzung der Vögel. Dem heutigen Stand- punkt der Wissenschaft entsprechend dargestellt und mit sechs erschöpfend ausführlichen Tafeln versehen. Stuttgart. W. Schuster, Die Storchnester in Hessen-Nassau. (Abdruck aus: Jahrb. Nassauisch. Ver. f. Naturk. Wiesbaden 61. 1908). W. Schuster, Die Ornis des Mainzer Beckens und der angren- zenden Gebiete (Rheinhessen, Starkenburg, unteres Maintal, Wetterau, Südhang des Taunus, Rheingau). (Abdruck aus: Jahrb. Nassauisch. Ver. f. Naturk. Wiesbaden 61. 1908). P.C.E.G.J. Snouckaert vanSchauburg, Avifauna Neerlandica. List der tot dusverre in Nederland in wilden staat waar- genommen Vogelsoorten. 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Assoc. of Audubon Societies Spec. Leaflet No. 35). = — = Er 240 Verlag von J. Neumann, Neudamm. Durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Die Vögel Afrikas. Von Ant. Reichenow. Drei Bände Lexikonformat mit Atlas. Preis 320 Mark. Die Kennzeichen der Vögel Deutschlands. Schlüssel zum Bestimmen, deutsche und wissenschaftliche Benennungen, geographische Verbreitung, Brut- und Zugzeiten der deutschen Vögel. Von Ant. Reichenow. Preis geheftet 3 Mark, geschmackvoll gebunden 4 Mark. Im Verlage von R. Friedländer & Sohn, Berlin, Karlstr. 11 erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen Ornithologische Nonatsberichte herausgegeben von Prof. Dr. Ant. Reichenow. Preis jährlich 6 Mark. Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein ergänzendes Beiblatt zum Journal für Ornithologie. In monatlichen Nummern bringen sie Aufsätze systematischen, faunistischen und biologischen Inhalts, Referate über die neu erscheinende Literatur, Nachrichten über Reisen, Museen, zoologische Gärten und Privatsammlungen. Ein sachlich geordneter Index am Schlusse des Jahrganges gibt eine bequeme Übersicht über die Jahres- literatur. Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen. Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. JOURNAL ORNITHOLOGIE. Siebenundfünfzigster Jahrgang. No. 3. Juli. 1909. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien, speziell dem Chott-Gebiete. Von ©. Graf Zedlitz. (Schluls). Familie: Gypaötidae. Gypaetus barbatus atlantis (Erl.) Deutsch: Atlas-Bartgeier, franz.: gsypa@de de l’Atlas, arab.: Bou- Lachia. Gypaetus barbatus atlantis v. Erlanger J. f. O. 1898, p. 395. — Gypaötus barbatus Malherbe 1846, Loche 1858, Tristram Ibis 1859, König 1888, 1892, Whitaker B. of T. 1905. Über die charakteristischen Unterschiede unseres Vogels und des europäischen Vertreters @. barbatus barbatus (L.) sowie des Nord-Ostafrikaners @. b. ossifragus (Sav.) gibt v. Erlanger im d. f. O. 1898 p. 395 ff. eingehend Aufschlufs. Ich wiederhole hier nur ganz kurz, dals G. b. atlantis sich vom @. b. barbatus unterscheidet durch kleinere Malse, nicht ganz bis unten befiederten Lauf, kürzeren Bart, unbefleckte Kehle und Wangen. Von @. b. ossifragus weicht er ab durch dunklen Zügelstrich unter dem Auge und tiefer hinab befiederten Lauf. In den Malsen steht er dem ossifragus sehr nahe, im allgemeinen in der Mitte zwischen beiden Arten, wie es ja auch nach der Region, wo er vorkommt, natürlich ist. Da von allen barbatus-Arten der tunesiche bei weitem der seltendste sein dürfte, lasse ich hier einige vergleichende Malse folgen: a) @. b. barbatus, Berliner Museum. 1.'g% I. & IHlI.o"Bresl.Mus. (Schweiz) Länge: 121,5 cm 124,5 cm 117 cm Flügel v. Bug: 1%, STOSS 650.'',, Schwanz: HI, DM BB |.) Schnabel i. Bogen: 10,4 „ 115 „ 6 „ ohne Wachshaut. Lauf bis zu den Zehen befiedert. Journ, f. Orn, LVIL Jahrg. Juli 1909. 17 242 0. Graf Zedlitz: b) @. b. ossifragus, Berliner Museum. 1.‘ II..° III. © (durch Girtanner aus Abessinien.) Länge: 108 cm 114 cm 112,7 cm Flügel v. Bug: 20;9. ;, + ABI, WERE Schwanz: 5 A 1 Schnabel i. Bogen: 9,5 „ Im Lauf von den Zehen aufwärts 3,5 cm lang. unbefiedert. c) @. b. atlantis, von Erlanger gesammelt: Länge: og ,105 "cm Flügel v. Bug: ER E Schwanz: ee pe Schnabel i. Bogen: 9,3 Lauf von den Zehen an 2,3 cm lang unbefiedert. d) @. b. atlantis, von mir gesammelt. 1.92. IV.06. 1.9 12. III.05. 111.9 20. IV. 05. Länge: 109 cm 112 cm 106 cm Flügel v. Bug: 76), Rare 71002 Schwanz: 50 „ para 42 Schnabel i. Bogen: 6 „ ohne 6 „ ohne 6 ie ohne W. 92.2 mit 97 — mit 92°, mike Lauf von den Zehen aufwärts 2—3 cm lang unbefiedert. Ich fürchte sehr, dafs die Tage des Bartgeiers auch im öst- lichen Atlas gezählt sind, wie er auch seit einem halben Jahr- hundert ganz aus unsern zentralen Alpen verschwunden ist. Ob im westlichen Atlas in den marokkanischen Gebirgen noch Horste stehen mögen, läfst sich vorläufig nicht feststellen, wir wollen es hoffen. In Tunesien gehört heutigen Tages jedenfalls der prächtige Geieradler, den ich unbedenklich den König der dortigen Ornis nennen möchte, zu den selteneren Erscheinungen, und der Ornithologe, welcher einen Horst fand, kann sehr froh sein. Über das Vorkommen nördlich des Atlas liegt aus neuerer Zeit nur die Mitteilung von König vor, der am 13. II. 1887 auf dem Dj. R’sass dicht bei Tunis ein Q ad. erlegte, das einzige Exemplar, welches er selbst dort gesehen hat. Es ist ein ebenso seltener wie erfreulicher Fall, dafs ein derartiges Glück, das ich in An- sehung des Fundortes ohne Übertreibung unerhört nennen mulfs, einmal einem verdienten Sammler passiert, der es zu schätzen weils. Sonst geraten meist die seltensten Stücke gerade in die unrechten Hände, gehen deshalb der Wissenschaft entweder ganz verloren oder kommen erst verspätet ohne genügende Angaben über Geschlecht, Ort und Art der Erlegung zum Vorschein, sodafs sie dann halb wertlos sind. v. Erlanger konnte auch nur ein Exemplar (9') sammeln, das Ali am Horst im Dj. Sidi Aisch schofs am 29. Ill. 1897. Mein Freund Hauptmann Roth erbeutete Anfang Mai 1899 am Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 243 Horst im Dj. Freiou beide Alten. P. Spatz hat in den langen Jahren seiner Sammeltätigkeit meines Wissens selbst nur ein Exemplar erlegt, also die Ausbeute in den letzten 20 Jahren von 1887—1907 ist eine recht bescheidene gewesen. Im Vergleich dazu bin ich mit meinem Resultat, der Auffindung von 3 Horsten und der Erlegung von 2 Alten mit eigener Hand aufserordent- lich zufrieden. Meine Beobachtungen haben erwiesen, dafs Er- langer sehr wohl orientiert war, als er 4 Gebirgsstöcke für Brut- plätze angab, nämlich aufser dem Dj. Sidi Aisch (wo er selbst den einzigen besetzten Horst fand) noch den Dj. Aiaischa im Segui, den Dj. Freiou im Norden und den Dj. Ain Guettar bei Gafsa. Allerdings bezeichnet Erlanger letzteren mit Dj. Attigk, doch hängen beide zusammen und nach der Gebirgs-Formation kann nur ersterer in Frage kommen. Da bei Besprechung des Gyps fulvus occidentalis Erlanger ebenfalls den Namen Dj. Attigk anstatt Dj. Tfell setzt, so möchte ich vermuten, dafs er mit Dj. Attigk den ganzen grolsen Gebirgsstock westlich Gafsa bezeichnen will, der genau genommen die drei angeführten in sich ganz verschiedenen Gebirgszüge umfalst, welche nur durch niedere Vorberge mit einander in Verbindung stehen. Ehe ich auf meine Horst-Beobachtungen eingehe, möchte ich erwähnen, dafs man fern ab von den Brutstellen die Bartgeier verhältnismälsig oft zu Gesicht bekommt, natürlich meist in unerreichbarer Höhe. Dieses erklärt sich zunächst dadurch, dafs der Vogel mehrere Jahre braucht, ehe er reif zur Fortpflanzung wird, deshalb bummeln jüngere, oft noch gescheckte, Exemplare auch während der Brutzeit wohnungslos herum. Zweitens aber legt der alte Vogel zu jeder Jahreszeit ganz aufserordentlich weite Strecken täglich zurück und patrouilliert mit Regelmäßigkeit alle Gebirge ab, welche in seinem sehr grofsen Revier liegen. Mit Vorliebe fliegt er etwa in Kammhöhe entlang, dem Zuge des Berges folgend, an grofsen Wänden auch oft in halber Höhe derselben. Ich konnte dabei eine gewisse Regelmäfsigkeit konstatieren, indem derselbe Vogel fast alltäglich eine bestimmte Stelle am frühen Vormittag, eine andere beispielsweise gegen Mittag passierte. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, bei geduldigem Ansitz auch unter Benutzung dieser Eigenschaft gelegentlich den schönen Vogel zu erbeuten, man mufs aber seinen Platz nahe dem Kamm des Gebirges wählen. Um ein Beispiel von den Entfernungen zu geben, welche dieser fabelhafte Flieger durchmilst, teile ich mit, dafs nach meinen fortgesetzten Beobachtungen während mehrerer Monate die Vögel, welche im Dj. Aiaischa nördlich des Segui brüten, regelmäfsig auch die südlichen Randgebirge ab- patrouillieren, dabei dürften 200 klm als Gesamt-Tagesleistung nicht zu hoch gegriffen sein. Wiederholt habe ich die charak- teristische Silhouette am frühen Morgen an den Wänden des Dj. Aiaischa entlang gleiten sehen, dann verschwand sie für einige Stunden, hingegen drüben auf ca 75 klm Luftlinie erschien der 1 244 O0. Graf Zedlitz: Vogel stets kurz vor Mittag, dabei von West nach Ost ziehend, während er im Norden von Ost nach West zu streichen pflegte. In der Zwischenzeit hatte er also offenbar die nördlichen, west- lichen und südlichen Randgebirge in dieser Reihenfolge abgesucht. Dafs mehr als das eine Paar ausgewachsener Bartgeier dort vor- handen war, glaube ich nicht, der einzelne Vogel ist an der mehr oder minder rostfarbig angeflogenen Unterseite nicht so schwer kenntlich, das 9 war in diesem Falle unten sehr hell, das © schön rostrot gefärbt. Aufserdem trieb sich im März 1904 dort noch ein junger Vogel herum, den ich später nicht mehr gesehen habe. Er mag inzwischen sein Alterskleid angelegt und einen Hausstand gegründet haben. Die beiden Alten im Segui mulsten die ersten Jugendjahre schon hinter sich haben, denn sie schritten aufserordentlich früh zur Brut. Am 11. III. 1905 war der Horst schon besetzt und durch meinen Freund Herrn v. Schickfus in Behandlung genommen. Dies bot erhebliche Schwierigkeiten, denn die Wand im Dj. Aiaischa ist sehr hoch, und der Horst war weder von oben noch von unten gut mit Schrot zu erreichen, wie ein erster leider ganz mifsglückter Versuch bewies. Darauf wurde in gröfserer Entfernung ein Ansitz gebaut, von dem aus der Rand des Nestes gut zu übersehen war, und nun gelang es, das Q mit der Kugel zu schielsen. Herr v. S. hatte dabei noch das Glück, dafs der Vogel geflügelt war und deshalb herunterkam. Wäre er oben liegen geblieben, so war es sehr fraglich, ob man selbst mit dem Seil zum Horst gelangt wäre. Das Q' wurde nicht erbeutet. Ich hofite, es würde sich wieder mit der Zeit eine Ge- fährtin suchen, die um ihn sei, aber der zweifellos vorhandenen Nachfrage entsprach offenbar kein Angebot. Am 24. III. 1906, im folgenden Frühling, besuchte ich den Horst wieder, fand aber zu meiner grofsen Enttäuschung den Wittwer allein. Der Bordj- wächter des nahen El Hafly, ein sehr intelligenter Mensch und guter Beobachter, teilte mir sofort bei meiner Ankunft mit, dafs er täglich an der Wand einen Bartgeier sehe, derselbe auch offen- bar im alten Horst schlafe, aber niemals habe er ein Pärchen beobachten können. Ich gestehe, dafs ich mich zunächst doch noch mit der Hoffnung trug, den Horst besetzt zu finden, ganz besonders als am nächsten Tage bei meiner Annäherung das 9° tatsächlich genau in der Gegend des Horstes aus der Wand strich. Ob es direkt darin gesessen hatte, konnte ich nicht sehen, da ein Felsvorsprung ihn noch den Blicken entzog. Ich habe darauf mit entsprechender Ausdauer angesessen, aber nur die Aussage des Arabers bestätigt gefunden. Das 0‘ allein erschien regelmälsig früh und abends, aber der Horst war und blieb leer, wie wir uns auch später von oben überzeugten. So lange ich meinen Posten inne hatte, strich auch das Q' kein einziges Mal zu Horste, ich konnte jedoch wegen des gefährlichen Abstieges den Abend nicht abwarten und ein Beschleichen des Morgens milsglückte auch. Immerhin war mir diese Beobachtung von höchstem Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 245 Interesse, dafs ein verwittwetes 0° mit solcher Treue noch nach einem Jahre am alten Horste hängt. Vom Dj. Freiou liegen mir, wie oben gesagt, beide Alten erlegt Anfang Mai 1899 durch Roth vor. Das fast ausgewachsene Junge wurde ausgenommen, erwies sich bald als sehr menschen- freundlich und kam später in den Besitz von Prof. König. Am 9.—11. April 1905 besuchte auch ich den Dj. Freiou und sah dort täglich 2 Bartgeier, welche nach ihrem Benehmen als Pärchen anzusprechen waren. Trotz aller Beobachtung gelang es uns nicht, einen Horst auszumachen, sie tummelten sich beide stets in der Luft. Ich nehme an, dafs es sich um jüngere Stücke handelte, welche erst später zur Brut schreiten und damals noch nicht gelegt hatten. An den Dj. Ain Guettar ging ich Ende März 1906 mit sehr geringen Hoffnungen heran. Aufser der einmaligen Mitteilung .von Erlanger über gerüchtweise Behauptungen der Eingeborenen lagen keinerlei bestimmte Angaben, auch nicht von Spatz, über Bartgeierhorst in dieser Gegend vor. Ich hatte allerdings beim Besuche des benachbarten Dj. Tfell im Jahre 1904 dort Bartgeier vorbeistreichen sehen, doch konnten dieselben auch aus dem nördlicheren Dj. Sidi Aisch gekommen sein. Gleich am ersten Tage meines Eintreffens am Fufse der allein in Frage kommenden Wand, kletterte ich mit Ali auf einen guten Aussichtspunkt in halber Höhe und begann mit dem Zeils-Glas alle die zahlreichen Nist-Gelegenheiten sorgfältig zu inspizieren. Ali mit seinen Falken-Augen erkannte gleichzeitig mit mir, dafs in einer Höhle irgend etwas sich gegen den Hintergrund abhob, das wohl der Kopf eines grofsen Vogels sein konnte. Wir brauchten nicht lange zu warten, bis er sich im Profil zeigte, und da genügte für uns beide ein Blick mit bewaffnetem bezw. unbewaffnetem Auge, um sofort unsere Züge durch ein recht inniges Schmunzeln zu erhellen. Darauf ging es wie Busch so schön singt: „Und es sah’n sich freundlich an, Pilgerin und Pilgersmann!“ Der Horst war von unten mit der Flinteerreichbar, also standen die Aussichten für Erlegung günstig; dafs er sich aber zum Ausnehmen eignen würde, erschien von Anfang an fraglich, denn das stark oben überhängende Gestein war offenbar recht brüchig. Ich wollte es nun recht schlau machen und möglichst zuerst das o' erlegen, da erfahrungsmälsig das Q@ treuer am Horste hängt und auch noch zustreicht, wenn das O' schon abgeschossen ist, während man sich auf den Herrn Gemahl nicht so verlassen kann. Es war gerade die Zeit kurz vor Mittag, zu der in der Regel die brütenden Damen sich von den Hausvätern auf einige Stunden ablösen lassen, um sich inzwischen ihr Diner zu suchen. Ich blieb vorläufig ruhig auf meinen Aussichtsturm, nach einiger Zeit erschien in der Tat der zweite Vogel, strich sofort ein, und der andere verliefs die Höhle, kreiste noch einige mal und ver- schwand. Nun kletterte ich zum Fufse der Wand und ging unter 246 0. Graf Zedlitz: ihr entlang zum Horste. Da es nicht möglich war, ungesehen heranzukommen, strich das 9° ab, als ich auf etwa 150 m heran war, das kümmerte mich aber wenig. Direkt unter dem Horst fand ich einen mächtigen Felsklumpen, unten etwas schmaler als oben. Ich hatte gerade Platz, mich zwischen ihm und dieWand auf den Rücken zu legen, und konnte durch einen fuflsbreiten Spalt den Zugang zum Horst beobachten. Es ist nach meinen Erfahrungen ein grofser Vorteil, wenn man keinen künstlichen Ansitz zu bauen und sich überhaupt so wenig als möglich unterm Horst zu schaffen machen braucht. Also rasch entschlossen verkroch ich mich unter meinem Stein, und Ali legte über den etwas breiten oberen Ausguck ein paar Hände voll Halfagras, dann verschwand er nach meiner Instruktion mit möglichst härmlosem Gesicht. Nach kaum 10 Minuten sah ich über der Felsritze den Schatten einigemal hin- und herziehen, dann strich der Vogel ein. Ich wartete, wie stets anzuraten ist, bis er sich oben. gut eigerichtet habe, kroch dann unter Vermeidung jedes Geräusches hervor, nahm bequeme Stellung, um beim schnellen Schufs nicht auszugleiten, untersuchte die Flinte, ob auch alles parat sei, und schrie dann hinauf, er möchte mal herauskommen. Dieser Moment, wenn ich weils, dafs in den nächsten Sekunden ein Doppelschufs über Erfolg oder Mifserfolg von Stunden und Tagen entscheiden wird, wenn es sich darum handelt, einen herrlichen Vogel zu erbeuten oder elend zu verpassen, den man vielleicht niemehr lebend wiedersehen wird, dieser Augenblick, sage ich, birgt für mich die gröfse Aufregung, welche ich in jagdlicher Beziehung kenne. Das gelinde Herzklopfen, das sich bisweilen regt, wenn man dem schreienden Kapitalhirsch die Kugel aufs Blatt setzen will; der angenehme Kitzel, wenn ein wehrhafter Basse im stiebenden Schnee daherfährt, das sind spannende Momente, welche ich nicht missen möchte, aber die meine Hand doch nicht zum Zittern bringen. Wenn ich aber unterm Adler- oder Bartgeierhorst stehe, dann schlägt mir das Herz oben in der Kehle, und, mufs ich dann noch mehrmals schreien, ehe das Ersehnte sausenden Flügelschlages das Weite sucht oder blitzschnell wie ein Meteor sich in die Tiefe stürzt, dann stehe ich immer direkt vor einem Herzschlage. Nun diesmal machte es der Vogel gnädig, bei meinem zweiten Ruf, erschien er gerade über meinem Kopf wagerecht abstreichend. Dadurch wurde der Schufßs leicht, und das rechte Rohr genügte, um die herrliche Beute wie einen Stein ins Tal sausen zu lassen, wo sie verendet liegen blieb. Ich liefs sie schleunigst durch meinen Boy bergen, der unten in Deckung safs, und verfügte mich sofort wieder in meine Keme- nade. Nun wurde meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Es gehört zweifellos nicht zu den besonderen Vergnügungen, viele Stunden auf losem Gestein ohne Unterlage zu liegen und durch einen schmalen Spalt unentwegt in den blendenden afrika- nischen Himmel zu starren. Wenn aber das Bartgeierschiefsen Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 247 so leicht wäre, hätten wir auch mehr Exemplare in unseren Sammlungen. Nach endlosen Stunden gegen 4° N. erschien endlich das ©, strich hin und zurück, aber nicht zum Horste. Es ver- schwand, kam wieder, schliefslich neigte die Sonne zum Untergange, aber wer nicht nach Hause kam, war Madame. Ich glaubte schon, mit all meiner Vorsicht doch dumm gewesen zu sein und das Q zuerst geschossen zu haben. Mit Rücksicht auf die Kletterei beim Rückwege gab ich endlich die Sache für heute verloren und kroch heraus. Mein erster Blick fiel auf Ali, der stolz und frei wie ein Standbild im Berliner Tiergarten höchstens 100 m unter mir auf einem Stein tronte. Da war es dem Vogel nicht übel zu nehmen, wenn er Verrat gewittert hatte. Derartige Anwandlungen von ganz unverständlichen Eigensinn hatte der sonst jagdlich so gut geschulte Ali hin und wieder. Er hatte mehrfach die Erfahrung gemacht, dafs der Bartgeier sehr treu an seinem Horst hängt und bald wiederkommt, selbst wenn er gestört wurde. Dafs es mit dem oJ! so geklappt hatte, bestärkte ihn noch in seiner Ansicht, und nun meinte er, müsse das @ auch kommen, ganz gleich ob er 100 m tiefer frei dasitze oder nicht. Ich habe ihm das auch nie ausreden können, denn eher lernt ein Maskat-Esel Logarithmen als dals Ali zugibt, einmal Unrecht gehabt zu haben. Das Schlimmste war, dals der Vogel dauernd vergrämt blieb. Den ganzen folgenden Tag harrte ich unter dem Horst aus, aber schon beim Aufstieg sah ich ihn herumstreichen, ein Zeichen, dafs er nicht wieder das Ei angenommen hatte, und trotz unendlichen Wartens kam er nicht ein einziges mal bis zum Abend. Dafs ich tatsächlich das 9‘ geschossen hatte, ergab die Sektion, es steht heute aus- gestopft im Breslauer Museum. Ein Besuch des Horstes erwies sich bei dem sehr brüchigen überhängenden Gestein als zu lebens- gefährlich, um den Versuch wagen zu können, ihn auszunehmen. Nachdem ich im Jahre 1904 schon am Dj. Sidi Aisch täglich Bartgeier gesehen und auch durch Erlanger’s Erfolg dort besonders aufmerksam geworden war, gelang es mir, im April 1905 den Horst in der obersten Wand an einer sehr schwer zugänglichen Stelle ausfindig zu machen. Nach der Beobachtung während eines ganzen Tages von unten mufste ich damit rechnen, dafs nur eins der beiden Eltern hier noch vorhanden war, dieses aber trug ohne allen Zweifel Futter zu, besetzt war der Horst also. Am 20. IV. 05 machte ich mich früh schon vor Sonnen-Aufgang auf den Weg, begleitet von Ali, einem in der Gegend vorzüglich bekannten Berg-Araber und zwei Boys, welche das grofse, 30 m lange Seil, Proviant und Büchse trugen. Erst ging es über die Kette der Vorberge, dann durch ein stark mit Halfa bewachsenes Tal, schliefslich die Schutthalde zur Hauptwand hinauf, welche erst überwunden werden mufste, ehe der Aufstieg zur obersten Wand, in welcher der Horst stand, fortgesetzt werden konnte. Auf dem Wege trafen wir auf 3 Berg-Gazellen (Gazella cuvieri) 248 0. Graf Zedlitz: darunter einen sehr starken Bock. Sie waren wenig scheu und blieben bald wieder vertraut äsend in demselben Tal auf Sehweite stehen, sodals die beste Aussicht war, zu Schufls zu kommen. Trotzdem begnügte ich mich damit, sie durchs Glas einige Minuten zu betrachten, um dann den Aufstieg sehr zum Mifsfallen von Ali fortzusetzen. Nun heute möchte ich fast sagen, dafs er wohl Recht hatte, wenn er meinte, dafs die Gazellen uns zwar wegliefen, der Bartgeier aber nicht, doch damals war ich von der Passion des Sammlers so vollkommen beherrscht, das kein anderes Tier neben dem königlicben Vogel für mich irgend einen Wert hatte. Besonders der Umstand, dafs nur noch eins der beiden Eltern zu sehen gewesen war, machte mir Angst. Ich dachte, es könnte das Junge schon so grols sein, dals es annähernd fliegen könne und deshalb nur die Mutter sich noch gelegentlich darum kümmere, oder aber es könnte dem einen Alten allein zu beschwerlich werden, den genügenden Frafs heranzuschleppen, das Junge ein- gehen und der Horst verlassen werden; oder schliefslich es könnte dem überlebenden erwachsenen Exemplar auch noch etwas zu- stofsen, kurz ich hatte „Nerven“ und wollte den Besuch des Horstes um keinen Tag hinausschieben. Die Gazellen profitierten davon, ich habe sie nie wiedergesehen. R Die gröfste Schwierigkeit bildet die Überwindung der Haupt- wand im Dj. Sidi Aisch, welche auf einer Länge von mehr als 20 klm einer Mauer gleich senkrecht emporsteigt. Auf dieser ganzen Strecke gibt es nur zwei Stellen, an welchen ein gewandter Kletterer mit Aufbietung all seiner Geschicklichkeit zur Not hinaufkommt. Als wir eine derselben erreicht hatten, hegte ich zunächst nicht unberechtigte Zweifel, ob es gelingen würde, aber mein Berg-Araber kletterte empor, wie eine Fliege an einer Fensterscheibe, indem er mit Fingern und Zehen an den unbe- deutendsten Vorsprüngen sich anzuklammern wulste, dabei aber auch noch das schwere Seil um den Leib trug. Als er oben war, seilten wir zunächst den leichtesten der beiden Boy’s an, diesem folgte der zweite, dann Ali und zuletzt ich. Ich hatte dabei Gelegenheit, die Kletterkunst meines Führers erst recht zu würdigen, denn nachdem ich die ersten 10—15 m noch von Vor- sprung zu Vorsprung mühsam mich emporgearbeitet hatte, das Seil dabei nur als Sicherung benutzend, fand ich weiter oben in der halben Höhe für meine Nagelschuhe auch nicht den geringsten Halt mehr und mufste mich hinauf winden lassen wie ein Sack Getreide auf den Schüttboden. Selbstverständlich darf man da- bei die Fühlung mit dem Felsen durch die Fülse nicht verlieren, sonst kommt man gar zu leicht ins Schwingen, und dann bleibt an Knieen, Schienbeinen und Händen meist nicht mehr viel Haut übrig, wenn man sich nicht obendrein ein Loch in den Schädel schlägt. An 20 m Seil pendelt man eben ganz anders und viel wuchtiger als einer an 5 m Strippe! Schliefslich waren wir alle wohlbehalten oben, nun ging es, vielfach auf allen Vieren, Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 249 eine ‘sehr steile Geröllhalde hinauf, dann kam eine kleinere Wand, welche angeseilt, aber kletternd genommen wurde, nun noch eine kurze Kraxelei im losen Geröll, und hoch aufatmend standen wir unmittelbar am Fufse der obersten Wand, deren höchste Spitze zugleich die bedeutendste Erhebung im ganzen südlichen Tunesien bedeutet. Hier stand der Horst, jedoch so ungünstig, dafs er für den Schrotschufs unerreichbar war, aber auch kaum Aussicht vorhanden schien, eine erfolgreiche Kugel anzubringen, da der Bau tief drinnen im toten Winkel angelegt war. Also weiter! Wieder kroch mein Bergführer voran, ich und Ali folgten angeseilt. So arbeiteten wir uns im Zickzack empor, bis einige Meter oberhalb des Horstes in eine seitwärts liegende Felsennische ganz ähnlich derjenigen, welche der Bart- geier für sein Schlofs sich ausgesucht hatte. Hier entdeckte ich zu meinem Erstaunen Reste uralten Mauerwerks in Form einer Brustwehr. Nach der Bauart zu schliefsen, dürfte wohl niemand anders als die Römer hier einst einen ständigen Beobachtungs- posten errichtet haben zur Zeit, als Capsa, das heutige Gafsa, eine belebte blühende Handelsstadt unter ihrer Herrschaft war. Ich war den alten Herren für ihre Arbeit sehr dankbar, denn hinter der Steinmauer ausgestreckt genofs ich genügende Deckung und brauchte durch keinerlei künstliche Bauten das Mifstrauen des Vogels zu erwecken. Allerdings sah ich selbst in dieser Stellung nur ein einziges Stückchen blauen Himmels und gar nichts vom Horst, aber das schadete nichts. Ali und mein Führer wurden wieder hinunter an den Fufs der Wand geschickt mit der Weisung, sich getrennt dort gut zu verstecken, um je die rechte bezw. linke Hälfte der Wand übersehen zu können. War der Vogel zu Horste gestrichen, so sollten sie mir durch einen Pfiff ein Signal geben. Die beiden Boy’s wurden noch weiter unten in gesicherter Entfernung „abgelegt“. So waren alle Dis- positionen nach bestem Ermessen getroffen, jetzt mufste nur noch der alte Vogel kommen und ich ihn aus meiner „Villa für Schwindelfreie‘ heraus auch treffen. Beim Warten leistete mir eine Dromolaea leucura Gesellschaft, hin und wieder zog an dem Streifechen Himmel ein Gänsegeier vorbei, sonst war tiefer Frieden. Nach etwa vier Stunden, Mittag war schon vorbei, glitt ein grofser Schatten über meinem Versteck hin, gleich darauf begann das Junge im Horst laut zu schreien. Ich wulfste, jetzt war der srofse Moment da. Vorsichtig kroch ich hinter meinen Steinen vor, während als Bestätigung von unten Ali’s Pfiff erschallte. Auf den Knien rutschte ich bis an den äufsersten Rand meiner Nische und äugte vorsichtig über die Felsen nach halblings hinab. Da blockte richtig der mächtige Vogel kaum 15 m von mir auf den Rand des Horstes, aber nur den Bruchteil einer Sekunde war mir dieser herrliche Anblick vergönnt. Kaum erschien mein Kopf hinter dem Stein, da stürzte sich auch schon der Bartgeier mit Blitzesschnelle in die Tiefe. Auf meinen ersten Schufs sah 250 0. Graf Zedlitz: ich deutlich den rechten Flügel brechen, aber zur Sicherheit gäb ich ihm den zweiten noch im Abstürzen mitten drauf. Da der Geier bei dem mächtigen Schwunge mehrere hundert Meter tiefer unten landen mulste, wo wir ihn erst nach längerer Kletterei erreichen konnten, war diese Vorsicht nicht überflüssig. Ein geflügelter Vogel, mag er noch so grofs sein, ist in diesem Gewirr von Felsen gar zu Schwer zu finden, diese traurige Erfahrung hat schon mancher gemacht. Der von meinem Freunde im März desselben Jahres am Dj. Aiaischa geflügelte Bartgeier wurde nach endloser sehr unerquicklicher Nachsuche erst am folgenden Tage gefunden, es fehlte nicht viel, und er wäre ganz verloren gegangen. Nun dieser Geier landete wie ein Stein inmitten der Geröllhalde und wurde leicht von Ali gefunden, da ich von oben dirigierte. Zur Sicherheit blieb ich noch einige Stunden in meinem Ansitz, aber es bestätigte sich, dafs der Vater von dem Kinde offenbar nicht mehr unter den Lebenden weilte, sonst hätte er sich unter allen Umständen mindestens einmal im Laufe des Tages gezeigt. Nach 4° N. begannen wir mit dem Abstieg, der noch etwas schwieriger sich gestaltete als der Hinweg. Wieder blieb an den Wänden der Berg-Araber stets bis zuletzt und kletterte dann als einziger ohne Seil hinunter. Mein Ali, der seit 18 Jahren im Gebirge jagd und wirklich kein Neuling ist, hatte natürlich in seinem Ehrgeiz keine Ruhe und wollte es bei der grofsen Wand ebenfalls ohne Seil versuchen, aber in halber Höhe safs er elend fest, ohne vorwärts noch rückwärts zu können. Als er klein bei- gegeben hatte, liefs ich ihm von oben das Seil zuwerfen, an dem er dann ziemlich begossen hinabruschte. Diese Art von Seil- touren rechne ich übrigens keineswegs zu den Volks-Belustigungen, und ich war recht zufrieden, als ich mit meinen Leuten, Gewehren und dem prächtigen Vogel glücklich wieder unten war. Am Fufse der letzten Wand angelangt überfiel uns auch die Nacht, wir mufsten den letzten Teil des Weges bald in völliger Finsternis zurücklegen, und es ist mir nur erstaunlich, dafs sich dabei niemand die Knochen gebrochen oder wenigstens etwas verstaucht hat. Als wir durch die Kette der Vorberge hindurch waren, leuchtete uns Feuerschein entgegen, es waren als Signale für uns Halfa- büsche beim Lager in Brand gesteckt worden, sodafs wir unser Ziel nun schnell auf kürzestem Wege erreichten. Für meine barfüfsigen Begleiter war es noch etwas störend, dafs mit Einbruch der Dunkelheit überall die Hornwipern aus ihren Ver- stecken hervorkommen, sodafs wir bei unserem Marsche sie fort- während neben unseren Füfsen zischen hörten. Mich, mit gutem Schuhwerk ausgerüstet, genierte das wenig, aber meine braunen Jungen gingen doch spanischen Tritt. Nun zur Beschreibung des Horstes, welche ich meinen sofort gemachten Tagebuch-Notizen wörtlich entnehme: Der Horst war sehr grofs, mehrere Meter im Durchmesser, auf einen Felsplateau gelegen, das nach hinten sich etwas senkte, sodafs ich den Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 251 hintersten Teil nicht mehr einsehen konnte. Ein mächtiges schräg aufsteigendes Felsstück überdachte ihn vollkommen. Rechts und links war die Wand auf mehr als 10 m weit vollkommen glatt und senkrecht abfallend. Wir haben lange beratschlagt, und ich bot dem Bergführer jedes Geld (d. h. bis zu 20 Fes.!), wenn er mir den jungen Vogel brächte, aber selbst mit Verachtung jeder Lebensgefahr war es unmöglich, von irgend einer Seite heran- zukommen. Der Horst stand eben so geschützt im toten Winkel, dafs jeder angeseilte Kletterer, ob er nun von oben oder unten kam, wegen des überhängenden Felsens stets mehrere Meter weit vom Rande des Plateaus frei in der Luft baumelte. In Europa hilft man sich dann vielleicht mit einer langen Stange und eisernem Haken, dies hat man aber im südlichen Atlas meist gerade so wenig bei sich wie einen jungen Elepfanten, also es war hier positiv nichts zu machen. Der Unterbau des Horstes in einem Durch- messer von etwa 3 Metern bestand aus Halfagras, das schon recht alt zu sein schien. Als neu hinzugetragenes Nist-Material diente zweierlei: Kleiderreste und Stricke, Stricke in allen Stärken und Längen, kurze Tauenden und lang zusammengerollte, dazwischen eine Menge blaue Luimpen von den Stoffen, wie sie die Beduinen- weiber tragen. Ein langer Fetzen hing wie eine Fahne vom Rande herab, wohl um nahenden Besuchern zu verkündigen, dafs die hohen Herschaften zu Hause seien. Strickenden liegen sogar unten am Fufs des Horstes, Ob der hinterste Teil mit anderen Stoffen, Wolle etc., ausgepolstert war, konnte ich nicht sehen, halte es aber für unwahrscheinlich, da offenbar alte Kleider und Stricke allem anderen vorgezogen wurden. Das Junge, welches etwa zu drei Vierteln ausgewachsen war, sals gewöhnlich hinten, kam aber, wenn es kröpfen wollte, nach vorn gelaufen, wo ich es auf die nahe Entfernung in aller Ruhe beobachten konnte, ehe ich abstieg. Ich hoffte immer, es würde so nahe an den Rand kommen, dafs ich es mit einem Schufs in die Tiefe befördern könnte, den Gefallen tat es mir aber nicht. Es war überhaupt recht vorsichtig und zog sich sofort in die innersten Gemächer zurück, sobald ieh die geringste Bewegung machte. Als Frafs brachte die Alte einen grofsen Knochen mit etwas Fleisch daran, wahrscheinlich eine Keule von Schaf oder Ziege. Knochen sind stets die bevorzugte Nahrung des Bartgeiers und werden oft trotz beträchtlicher Diemensionen ganz hinuntergewürgt. Zum Aas kommt er deshalb auch in der Regel als letzter, wenn von anderer Seite schon das meiste Fleisch weggeräunit worden ist. Nach den Erfahrungen von Hauptmann Roth und Spatz, welche sie mir mündlich mitteilten, gelingt die Aufzucht ziem- lich leicht, wenn das Junge nicht gar zu klein ist, ein bei allen Raubvögeln stets sehr mifslicher Fall wegen Rhachitis und ähnlicher Gefahren. Im Charakter soll der jung gefangene Bart- geier sich sehr günstig von den Adlern unterscheiden, anhänglich und dabei drollig sein. Das in einem Horst 2 lebende Junge sein 252 O0. Graf Zedlitz: sollen, glaube ich bis auf weiteres nicht. Als Seltenheit kommen 2 Eier wohl vor, doch ist dann eins davon jedenfalls stets schlecht. Aus meinen Beobachtungen habe ich den Schlufs gezogen, dafs der Vogel bei der Wahl seines Nistplatzes sehr wählerisch ist. Er sucht sich dafür nur die höchsten Gebirge aus und dort wieder die höchsten Wände wie Dj. Aiaischa, Dj. Freiou, Dj. Sidi Aisch, ausgerechnet die mächtigsten in ganz Tunesien. Der Horst selbst steht dann noch sehr geschützt (von den 4 mir bekannten konnte nur der im Dj. Freiou 1899 durch Roth ausgenommen wer- den!), Erlanger sagt: „hinter einem überhängendem Felsen“, ich möchte eher sagen: „unter einem Felsen ganz tief in einer Nische. Ich kann mir nicht versagen, mit wenigen Worten auf die Umstände einzugehen, unter denen König am 13. Il. 1887 dicht bei Tunis auf Dj. R’sass seinen Bartgeier erlegte. Ich glaube nämlich nicht recht an seine Annahme, dafs der Vogel dort gehorstet habe. Der Vorgang war ganz kurz wie folgt: Auf der Jagd nach Gänsegeiern sah König in einem Horst den Kopf eines Vogels, den er durchs Glas als Bartgeier erkannte. Er schlich sich heran, erlegte den Vogel mit der Kugel, fand aber am nächsten Tage den Horst leer und in Unordnung, insbesondere sah er herabhängende Tuchfetzen. Nun meint König, das 9° habe selbst den Horst aus Arger zerstört, das Ei sei vielleicht geraubt oder sonst vernichtet worden. Ich möchte dazu bemerken, dafs zunächst der 13. Februar ein ganz abnorm früher Brut- Termin sein würde, nach meinen Beobachtungen dürfte der Bartgeier kaum vor Anfang März legen. Nur der Gänsegeier legt regelmäfsig schon im Februar. Ferner ist der Anblick eines Bartgeiers in einem Horst noch durchaus kein Beweis dafür, dafs er dort auch brütet. Als Ruheplatz sucht er sich mit Vorliebe alte Horste aus im Gegensatz zu Adlern, die gern auf freien Felsspitzen blocken. Ich habe wiederholt Bartgeier in Horsten sitzen sehen, die ich später mit Bestimmtheit als unbewohnt erkennen konnte. Am Dj. Ain Guettar sah ich sogar, wie das @ von dem Paar, dessen 9° ich erlegte, mehrmals in einem alten unbewohnten Horst längere Zeit ruhte, obwohl der eigene höchstens 1 klm davon entfernt war. Das verwittwete Q' am Dj. Aiaischa bewohnte noch nach einem Jahr den alten Horst, ich selbst traf es an der Stelle an, und mein zuverlässiger arabischer Gewährsmann hatte vorher versichert, dafs er es wiederholt direkt aus dem Horst habe abstreichen sehen; Aufserdem hat König nie ein zweites Exemplar dort gesehen, es ist doch aber höchst unwarscheinlich, dafs dieses gleich in den allerersten Tagen einer eventuellen Brut sollte umgekommen sein. War aber das Q nur ein Gast aus dem Süden, der sich nach seiner Gewohnheit einen fremden verlassenen Horst zum Ruheplatz ausgesucht hatte, so ist es weiter kein Wunder, dafs er nicht sehr ordentlich aussah. Bei der grofsen Vorliebe des Bartgeiers für die blauen Kleiderstoffe ist es nicht ausgeschlossen, dafs der Gast sich einen solchen Schmuck für Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 253 seine vorübergehende Wohnung gelegentlich mitgebracht hat, heraushängende Fetzen beweisen aber keineswegs irgend einen Akt der Zerstörung, sondern entsprachen nur dem Geschmack des Vogels. Ich erinnere auch noch an die Erfahrung von Erlanger, wo das og’ allein treu beim Horste im Dj. Sidi Aisch ausbielt und dort von Ali erlegt wurde, ohne dafs jemals des Q zu Gesicht kam. Nehme ich meine Erfahrungen hinzu, so möchte ich den Bartgeier ohne Unterschied des Geschlechts als einen der treuesten Horstpfleger ansprechen, der auch weiter aushält, selbst wenn eins der Gatten zu Schaden gekommen ist, was ja von Erlanger wie von mir in je einem Falle festgestellt wurde, aber doch zu einem viel späteren Zeitpunkt am 29. III. bezw. 20. IV. Fasse ich das alles zusammen: den Termin im Februar erste Hälfte; das nur einzeln beobachtete Exemplar; der Befund des Horstes am folgenden Tage, unordentlich und ohne Ei, dabei kein alter Vogel in der ganzen Gegend mehr zu sehen; die notorische Vorliebe des Bartgeiers für alte Horste als Ruheplatz; und schliefslich die sonst beobachtete grolse Anhänglichkeit auch des 9‘ an den eigenen Horst, so erscheint mir meine Vermutung doch nicht ganz unwahrscheinlich, dafs es sich um ein verstrichenes Exemplar bandelte. Dafs der Vogel trotz voraufgegangener Schüsse auf Gänsegeier noch ruhig an seinem Platze sals, ist mir nicht auf- fallend, da der Schall sich in den Bergen in ganz verschiedener Stärke an den Felsen bricht, sodafs er an manchen und wenig entfernten Stellen oft sehr gedämpft klingt, ferner gerade die Vögel des Hochgebirges sich erfahrungsmälsig überhaupt wenig vor dem blofsen Knall fürchten, weil sie an ähnlichen Lärm durch Steinschlag gewöhnt sind. Die von König angegebenen Malse sind die gröfsten für einen @. b. atlantis, welche ich kenne, nämlich Länge 114 cm, Flügel von der Schulter 100 cm, Schwanz 53 cm. Mag er übrigens gebrütet haben oder nicht, schon seine Erlegung so weit im Norden ist ein sehr interessantes Faktum, zum mindesten für die neuere Zeit. Familie: Falconidae. Circus aeruginosus (L.) Deutsch: Rohrweihe, franz.: busard des marais, arab.: Saef. Falco aeruginosus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 91, (1758), Malherbe 1846. — Circus aeruginosus Savigny Syst. Ois. de ’Egypte etc. p. 30, (1840), Loche 1858, 1867, König 1888, 1892, Whitaker Ibis 1896, B. of T. 1905, v. Erlanger 1898. Die Rohrweihe ist gelegentlicher Wintergast, am häufigsten bekommt man sie während der Zugzeit im März zu Gesicht. Einzelne Stücke verweilen auch noch später im Süden, deshalb erscheint die Vermutung begründet, dafs sie dort gelegentlich 254 O0. Graf Zedlitz: brütet. Schon König (1888) spricht sich in diesem Sinne aus, ebenso v. Erlanger auf Grund eines © ad., erlegt von Ali in der Gegend von Gabes. Ich selbst schofs am 15. V. 1905 an der Sebkhra Zerkine ca 20 klm südlich Gabes ein © ad., bin deshalb auch der Ansicht, dafs Bruten in Südost-Tunesien vorkommen. Leider ist ein Nest bisher noch nicht gefunden worden. Circus pygargus (L.) Deutsch: Wiesenweihe, franz.: Busard Montagu, arab.: Saef. Falco pygargus Linne Syst. Nat. Ed. X p. 89, (1758). — Circus cineraceus (Montagu) Malherbe 1846, König 1895. — Strigiceps cineraceus Loche 1867. — Circus pygargus v. Erlanger 1898, Whitaker B. of T. 1905. Als seltener Durchzugsgast ist diese Weihe nur von einigen Forschern gelegentlich für Tunesien festgestellt worden. König traf sie dort nicht, Erlanger erhielt nur einen Balg vom Händler Blanc in Tunis. Ich möchte annehmen, dafs unter den grolsen Zügen von Weihen, welche besonders im März die südlichen Steppen passieren, sich wohl gelegentlich manche Wiesenweihe befinden mag, doch möchte ich mich nicht unterfangen, einen Vogel dieser Art bestimmt anzusprechen, wenn ich ihn nur lebend gesehen, nicht aber in der Hand gehalten habe. Erlegt habe ich nur ein Q' am 9. V. 1905, es trug das Kleid nach der ersten Mauser, Kopf, Hals und ein Teil der Brust waren schon aschblau, der Rest des Gefieders noch braunfleckig. Der Vogel war wohl aus irgend einem Grunde auf dem Zuge zurückgeblieben. Circus macrurus (8. 6. 6melin) Deutsch: Steppenweihe, franz.: busard päle, arab.: Saef. Accipiter macrourus Gmelin N. Comm. Petrop. XV p. 439, (1771.) — Strigiceps swainsoni Loche 1867. — Circus pallidus König 1888, 1892. — Circus swainsoni König 1895. — Circus macrurus v. Erlanger 1898, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. Einzelne Exemplare verleben den Winter in Tunesien, König sah sie vom Dezember 1886 an ununterbrochen im Norden, auch ich habe im Süden schon in den Monaten Januar, Februar gelegentlich ein Stück beobachtet. Häufig tritt der Vogel erst in der Zugzeit auf, welche nach Erlanger im Herbst in den November, nach übereinstimmenden Beobachtungen aller Forscher im Frühjahr in den März und die erste Hälfte des April fällt. Dann ist. die Weihe sehr zahlreich in allen Steppen anzutreffen, bevorzugt aber die Gegenden, wo sich grüne Felder befinden, so das mittlere Segui und die Ebene am Dj. Freiou. Nicht selten paarweise vereint, suchen sie die Felder systematisch ab und kehren oft im Bogen wieder zu einer Stelle zurück, welche besonders gut bewachsen ist also entsprechende Deckung bietet. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 255 Setzt man sich dort einigermafsen gewandt an, so kommt man oft zu Schufs. Die beste Zeit dafür ist der frühe Vormittag und der Nachmittag von 4° an bis kurz vor Sonnen-Untergang. Stöfst die Weihe nieder und schlägt etwas im Getreide, so kann man sie bisweilen direkt angehen, doch heilst es dann keine Zeit verlieren, da sie sich nicht gern lange am Boden an einer unübersichtlichen Stelle aufhält. Hingegen ruht sie oft auf einem erhöhten Punkte, Sandhaufen, Stein oder Dornstrauch aus und beobachtet von dort scharf die Umgebung. Ende April ist sie aus dem Segui und der Umgegend von Gabes so gut wie ganz verschwunden, ich glaube nicht, dafs sie dort Brutvogel ist. Erlanger vermutet dies für die nördlichste Ebene des Gebiet II am Dj. Freiou, ich kann mich dazu nicht äufsern, da ich diese Gegend nach Mitte April 1905 nicht wieder besucht habe Die vierte Vertreterin der Familie, die Kornweihe, Circus cyaneus (L.), habe ich nicht im Gebiet feststellen können und gehe deshalb nicht weiter darauf ein. Gelegentliche Besuche zur Zugzeit will ich nicht in Abrede stellen. Buteo ferox ceirtensis (Levaill.) Deutsch: Wüsten-Bussard, franz.: buse d’Algerie, arab.: Baffa. Falco cirtensis (Levailland jr.) Malherbe 1855, p. 8 — Buteo cirsiensis Loche 1867, v. Erlanger 1898. — Bu.co desertorum König 1888, 1892, 1895, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Buteo ferox cirtensis OÖ. Neumann J. f. O. 1904, p. 366. Wie schon sein Name besagt, ist dieser Bussard ein Be- wohner der weiten Ebenen des Südens, doch erscheint er nach Königs Beobachtungen (J. f. O. 1888), auch gelegentlich im Norden. Allerdings will König bei diesen Exemplaren die helleren Federn am Ober- und Hinterkopf nicht als stichhaltiges Kenn- zeichen anerkennen, während ich im Süden vom Januar bis Mai nie einen alten Vogel mit anderer Kopffärbung gesehen habe. Ferner ist er für den Laien stets leicht im Fluge zu erkennen, wenn man auf den schwarzen, etwa hufeisenförmigen Fleck an der Unterseite des Flügels nicht weit vom Bug achtet. Im Sitzen erkenne ich ihn durchs Glas schon auf sehr grofse Entfernung an dem scharf abgegrenzten hellen Hinterkopf, der mir in ähnlicher Weise nur dort und bei der Rohrweihe aufgefallen ist. Doch bieten Figur, sonstige Färbung und Benehmen beider Vögel sonst so viel Verschiedenes, dafs ein halbwegs aufmerk- samer Beobachter sie nicht gut verwechseln kann. Im Winter treibt sich der Bussard gern in der Nähe der Felder, die frisch bestellt wurden, herum oder besucht die Stellen, an denen noch Spreu-Reste von dem Erdrusch der vorigen Ernte liegen, in beiden Fällen hat er es auf die kleinen Nagetiere ab- gesehen. Stundenlang blockt er dann wohl auf einem niederen Strauch, einem Erdhaufen oder einer Telegraphenstange und lauert 256 0. Graf Zedlitz: auf Beute. Niemals habe ich beobachtet, dafs er Vögeln nach- ging. Wie er sich zu den Steppenhasen stellt, vermag ich nicht zu sagen. Trotz seines anscheinenden Phlegmas ist er ein ganz schlauer Geselle, der dem bewaffneten Europäer von vornherein pie traut. Deshalb gelingt die Erlegung mit Schrot aufserhalb der Horstzeit nur durch Zufall. Ich schofs am 15. I. 1906 ein J im Segui vom Wagen herunter, war auch Augenzeuge, wie am 2. IV. 1905 eins mit der Büchse von einem Telegraphen - Pfahl heruntergelangt wurde, alle sonst gesammelten Exemplare wurden aber von mir am Horst erbeutet. Auch Erlanger bestätigt uns, dafs es sich hier um einen der vorsichtigsten Raubvögel handelt, und er kann reiche Erfahrungen aufweisen, da er im ganzen eine Suite von 8 Stück sammelte, das ist nämlich sehr viel leichter hingeschrieben als gemacht. Die Brutzeit beginnt Anfang April, ausnahmsweise schon Ende März. Der Horst steht meist in kleinen Wänden, fremde allzunahe Nachbarschaft scheint durchaus nicht erwünscht, dafür bietet das Ausnehmen der Gelege keine Schwierigkeiten und kann oft ohne Hilfe des Seils erfolgen. Die normale Zahl der nicht faulen Eier ist 2, seltener kommen auch drei vor. Beschreibungen des Brutgeschäfts finden sich bei Erlanger J. f. O. 1898, wo besonders darauf hingewiesen wird, wie vorsichtig die Alten sich am Horst benahmen, sowie bei König J. f. O. 1895. Der Forscher, der in Süd-Tunesien den Vogel nicht beobachtet hatte, fand im südlichen Algerien bei der Ferme Dufour am 2. IV. 1892 ein Gelege von 3 Eiern und am 7. IV. 1893 bei Ouargla einen Horst mit 2 ganz kleinen Dunenjungen, von denen er das eine glücklich aufzog, sodals er auch noch interessante Beobachtungen über Charakter und bevorzugte Nahrung machen konnte. Der Kleine soll stets heifshungrig, dabei aber durchaus gutmütig gewesen sein, besonders gern nahm er Reptilien. Ich lasse nun meine eigenen Horst-Beobachtungen folgen: 1. 23. IIl. 1904. Horst im äufsersten südlichen Ausläufer des Dj. Sidi Aisch, niedrig stehend, aufsen fast gar kein Geschmeifs. Der Vogel sals das erste Mal ziemlich fest und strich erst unvermutet ab, als wir schon am Ansitz unter dem Horst arbeiteten, ich schofs zunächst nicht. Als ich etwa 1 Stunde gut gedeckt gewartet hatte, strich er wieder zu, doch salvierte er sich schleunigst, als ich unten mich vorsichtig aufrichtete, um schiefsen zu können. Dafs er mich dabei äugte, war ausgeschlossen, er muls durchs Gehör gewarnt worden sein. Längere Zeit kreisten beide Alten laut pfeifend, dann blockte der eine dicht über dem Horst auf, sodafs ich nur Kopf und Hals sehen konnte. Ich wagte den Schufs in recht unbequemer Stellung, erzielte aber keinen Erfolg aufser einer mächtigen Maulschelle. Nun kam den ganzen Tag keins der Alten mehr heran, auch nicht, nachdem ich unseren zahmen Uhu in eine Nische direkt unterhalb des Horstes hatte setzen lassen. ot Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 257 Aufserhalb der Brutzeit stölst der Bussard auf den Uhu, wenn auch nicht mit grolser Verve, wie wir im Februar: 1904 bei Gafsa feststellten. . 28. III. 1906. In kleiner Nebenwand von ca 45 m Höhe neben dem Dj. Sit Leham, südlich des Segui, ein vollkommen fertig hergerichteter Horst, beide Alten um ihn beschäftigt, gelegentlich auch einige Zeit darin ausruhend, trotzdem lag noch kein Ei darin. Der Horst konnte direkt vom oberen Rand des Felsens mit der Hand erreicht werden. 9. IV. 1906. Am Dj. Souenia ebenfalls beide Alten beim Bau eines so gut wie fertigen Horstes beobachtet, der noch kein Gelege enthielt. Lage wie beim vorigen. 21. III. 1906. In kleinem Vorberg bei El Fedjej 2 Alte beim Horstbau beobachtet. In den ersten Tagen des April kam dort Herr Oberlt. Hessert vorbei und war so freundlich, gemäls meiner Bitte die inzwischen gelegten 2 Eier für mich auszunehmen, sie waren ganz frisch. Am 8. IV. 1905 in kaum 5 m hoher Nebenwand beim Bordj El Hafly (Nord.) Horst mit 2 wenig angebrüteten Eiern. Bis 1° Mittags hatte ich beide Alten sowie das Gelege in meinem Besitz, das auch wieder mit der Hand von oben sanz bequem ausgenommen werden konnte. Auch dieser Horst zeigte kein Geschmeifls, bei den anderen, noch nicht bezogenen, war dasselbe der Fall aber schliefslich auch natür- lich. Da die von mir gefundenen Horste durchweg leicht erreichbar waren, empfehle ich gerade zur Erbeutung dieses Vogels sehr das Horsteisen, es erspart dem Sammler viel Zeit, die zumeist gerade in der Brutperiode recht kostbar ist. Die Malse der beiden Gelege vom 8. IV. 05 und IV. 06 sind: a. 55,6 : 44,5 mm, a. 54,25 : 45,6 mm, 26 D.H. 25,5 D>H. h,..56,1.: 43,15 mm, b. 53,4 : 45,55 mm. 25,5,D.H. 25 D.H. Erlanger gibt als Maximum an: 57 : 44 mm. König milst: a. 54: 44 mm b. 57 : 43 mm c. 53 : 43 mm. Ehe die Alten zu Neste streichen, kreisen sie stets erst einige Zeit und lassen dabei ihren nicht unmelodischen Pfiff er- tönen, der Flug ist eleganter als bei unserem heimischen Bussard. Buteo ferox ferox (6melin) Deutsch: Adler-Bussard, franz.: buse f&roce, arab.: Baffa. Falco ferox Gmelin N. Comm. Pätrop. XV, p. 442 tab. 10- (1771). — Buteo ferox König 1888, 1892, Whitaker B. of T. 1905- — Buteo ferox ferox OÖ. Neumann J. f. O. 1904, p. 366. Journ. f, Orn, LVII, Jahrg. Juli 1909. 18 258 O0. Graf Zedlitz: Mit einer gewissen Perfidie hat es bisher der Adler-Bussard verstanden, sich den Augen der meisten Sammler in Tunesien zu entziehen. Selbst Erlanger, der so gründlich vorgipg und vielfach auch nebenbei noch vom Glück begünstigt war, erwähnt ihn überhaupt nicht. Trotz allem unterliegt es keinem Zweifel, dafs er gelegentlich im Norden der Regentschaft wenigstens erscheint, zumeist wohl gegen Ausgang des Winters. König erstand vom Händler Blanc am 13. Il. 1887 ein frisch ge- schossenes Exemplar, und später im Jahre 1891 lieferte ihm dieselbe Quelle noch 2 Stück. Nachdem ich 3 Jahre vergeblich nach dem seltenen Vogel in lebender Form gesucht hatte, mulste auch ich mich damit begnügen, von Blanc im April 1906 ein vor einigen Wochen bei Tunis erlegtes Exemplar zu kaufen. Brut- vogel dürfte dieser Bussard wohl nicht in der Regentschaft sein. Aquila rapax belisarius (Levaill.) Deutsch: Raubadler, franz.: aigle ravisseur, arab.: Sacre-el-Arneb — Hasenfalke. Aquila albicans Rüppell, Neue Wirbelt. p. 34 (1835). — Aquila rapax Malherbe 1855. — Falco belisarius (Lev.) Loche 1858 p. 24. — Aquwila naevioides Loche 1867, Tristram Ibis 1859, König 1888, 1892. — Aquila rapax albicans v. Erlanger J. f. O. 1898 p. 419, Whitaker B. of T. 1905. Der von Rüppell geprägte Name ‚‚albicans“ kann nicht bei- behalten werden, da er sich auf einen fälschlich benannten jungen Vogel des typischen ‚„rapax“ bezieht, vgl. hierzu auch Erlanger J. f. O. 1904 p. 189. Der nordafrikanische Vogel bleibt auch im Alter stes hell, während der nordostafrikanische schon vom 2. Jahr an dunkler wird, wie ich an einer grolsen Suite von über 20 selbst gesammelten Exemplaren feststellen konnte. Zu den in Tunesien häufigen Erscheinungen gehört der Raubadler keineswegs. Am ehesten hat man Aussicht, ihn im westlichen Teile des tunesischen Gebietes I nahe der algerischen Grenze anzutrefien, wo er in den Wäldern von Aleppokiefern auch nachweisbar horstet, wie Spatz und Erlanger konstatiert haben. Letzterer meint deshalb, der Adler komme nur nördlich des Atlas vor, eine Behauptung, welche ich in der Lage bin zu rektifizieren. Von seinem Vorkommen weiter südlich im Gebiet II sind mir folgende Fälle bekannt: Im Frühjahr 1899 fing mein Freund Roth einen rapax im selbst gestellten Tellereisen, und Ali schofs ein zweites Exemplar vom Schlafbaum dicht bei Bir Selondja im Segui. Am 4. III. 1904 erlegte mein Jagdgefährte Dr. Hethey ein 9° ad. fast genau an derselben Stelle ebenfalls am Schlafbaum noch vor Beginn der Dämmerung. Dieses trägt das von Erlanger unter III beschriebene Gefieder. Schliefslich beobachtete ich selbst im März 1904 zugleich mit Spatz mehrfach Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 259 im Segui einen Raubadler, über dessen Identität wir keinen Zweifel hatten, obgleich es nicht gelang, ihn zu erbeuten. Interessant war es dabei, zu sehen, wie die Kragentrappen auf ihn reagierten: kreiste der mächtige Vogel über ihnen, so drückten sie sich sofort ganz fest, dals man sie fast mit dem Fuls herausstolsen mufste, während sie von Geiern und Schlangenadlern auch nicht die geringste Notiz nahmen. Ihr Verhalten gegenüber Stein- und Habichtsadlern hatte ich keine Gelegenheit zu beobachten, vor dem Erlanger-Falken aber haben die Trappen auch grofsen Respekt und mit Recht, denn er schlägt sie mit Erfolg trotz seiner ge- ringeren Körpermalse. Es ist mir nicht zweifelhaft, dafs in den ' von verschiedenen Raubvögeln wimmelnden Regionen die anderen Tiere zumeist ganz genau das Flugbild ihrer speziellen Feinde von den anderer harmloser Gesellen ähnlicher Gröfse zu unter- scheiden wissen. Ob der nun auch für das Gebiet II nachge- wiesene Raubadler dort bisweilen brütet, vermag ich nicht zu sagen, glaube es jedoch nicht, da er offenbar stets es vorzieht, seinen Horst auf Bäumen anzulegen, welche ihm erst weiter nördlich zur Verfügung stehen. Aquila chrysaötus (L.) Deutsch: Steinadler, Goldadler, franz.: aigle fauve, arab.: Agap- el-Horr, Agap assued = schwarzer Adler. Falco chrysaetus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 88 (1758). — Aquila chrysaötos (Falco fulvus) Malherbe 1846. — Aquila fulva Loche 1867. — Aguila chrysaetus Tristram Ibis 1859, König 1892, 1895, v. Erlanger 1898, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. Der Steinadler vom Atlas scheint durch einige Aulserlich- keiten konstant vom europäischen abzuweichen, insbesondere sind seine Mafse etwas kleiner. Aufserdem führt Erlanger noch als Merkmale des Afrikaners an: hellere Gesamtfärbung, Schwanz braun, dunkel quergebändert, die Endbinde am breitesten. Heutigen Tags ist dieser herrliche Vogel nicht mehr so häufig, dafs es mir gelungen wäre, selbst eine gröfsere Serie zusammenzubringen. Ich verzichte deshalb darauf, meinerseits eine systematische Ab- trennung zu befürworten, obwohl ich sie für wahrscheinlich berechtigt halte. Dagegen mufs ich Erlangers Auffassung ent- gegentreten, nach welcher der A. chrysaetus eigentlich nördlich des Atlas zu Hause ist, südlich desselben aber mehr vom Nisaötus fasciatus vertreten werde. Richtig ist, dafs nördlich des Atlas nach meinen Informationen als Brutvogel nur der Steinadler vorkommt, nicht auch der Habichtsadler, aber südlich im Gebiet II bleibt auch immer noch der N. fasciatus eine ziemlich seltene Erscheinung, der A. chrysaetus ist es keineswegs. Im übrigen stellen beide bei der Wahl ihres Brutplatzes ganz verschiedene Anforderungen, man wird also je nach den Gebirgen, welche man 18* 260 O0. Graf Zedlitz: absucht, bald von der einen, bald von der anderen Art ver- hältnismälsig viele Vertreter sehen. Da ferner nach meinen Beobachtungen die Häufigkeit ihres Auftretens wie auch besonders die Zahl der Horste sich ganz nach der Fruchtbarkeit des Jahres richtet, so soll keineswegs bestritten werden, dals in einem be- sonders günstigen Jahre auch eine ganze Anzahl Horste des Habichtsadlers in Süd-Tunesien stehen mögen, dann gibt es aber dort auch, nur meist an anderen Stellen, erst recht viel Horste von Steinadlern. Erlanger erwähnt nur deren drei auf dem Dj. Ain Guettar, dem Dj. Souenia und dem Dj. Sidi Ali ben Aoun. Ich kann mit einer längeren Reihe dienen: 1. 20. III. 1904. Dj. Sidi Ali ben Aoun Südende, 9 erlegt, Q im unübersichtlichen Terrain verloren; im Nest ganz kleine Dunenjunge. 2. 21. IL. 1904. Dj. Sidi Ali ben Aoun Südende, Horst eben fertig, die Alten noch beim Bau. co erlegt. 3. 23. III. 1904. Dj. Sidi Aisch, Mitte. 9 erlegt von Dr. Hethey, Q wegen blendender Sonne gefehlt. Spatz konstatierte später, dafs das © allein mindestens ein Junges grols- gezogen hat. 4. 17. IV. 1905. Dj. Sitoun. © erlegt, 0‘ krank geschossen und verloren. 2 Dunenjunge noch ganz ohne dunkle Federn ausgenommen und von mir aufgezogen. Ein Stück ging bald nach der Ankunft in Deutschland ein, das andere lebt noch heute sehr munter im Breslauer Zool. Garten. 5. 26. III. 1906. Dj. Sit Leham, Horst mit frischen Eiern, die leider am Tage unserer Ankunft von Hirten ungeschickt ausgenommen und zerschlagen wurden. Die Leute habe ich selbst gesprochen, auch die alten Adler gesehen, welche schon im Januar desselben Jahres mir dort aufgefallen waren. 6. 29. III. 1906. Vorberg nördlich Bir Mrabot auf der anderen Talseite.e Eier wurden ebenfalls gegen meinen Willen zu frühzeitig ausgenommen. 7—9. 3 Horste im Dj. Sidi Aisch untere Wand, im Dj. El Hafly (Nord) und im Vorberge des Dj. Freiou besichtigte ich 1905, nachdem Roth i. J. 1899 überall 1—2 Alte davon geschossen hatte. Ich sah auch an allen drei Stellen Steinadler kreisen, doch waren sie nicht zur Brut geschritten, da das Jahr abnorm dürr und die Nahrung knapp war. 10. April 1904 im Dj. Sidi Aisch von Spatz noch ein Horst mit Jungen gefunden, an dem ein anderer deutscher Herr eins der Alten erlegte. Also standen im Jahre 1904 (fruchtbar) allein im Dj. Sidi Aisch und Dj. Sidi Ali ben Aoun 4 Stein- adler-Horste, im Jahre 1905 (sehr dürr) einer im Dj. Sitoun, im Jahre 1906 (teilweise dürr) zwei am Segui; im Jahre 1899, das sehr fruchtbar war, schofs Roth vom März bis Mai allein 9 Steinadler, hingegen keinen Habichtsadler. Gegenüber den 6 von mir konstatierten Steinadler-Horsten fand ich in der- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 261 selben Zeit nur einen besetzten vom Habichtsadler. Gesehen habe ich aufserdem im Segui und in den Gebirgen nord- westlich Gafsa wohl fast an jedem schönen Tage ein bis mehrere A. chrysaötus, vom N. fasciatus beobachtete ich nur 3 Paare, je eins am Dj. Aiaischa 1905 und 1906, am Dj. Sidi Aisch (oberste Wand) 1904 und 1905 sowie Dj. Ain Guettar 1906 abgesehen von dem im Dj. Sitoun 1904 brütenden Pärchen. Dafs ich nach diesen Erfahrungen den „schwarzen“ Adler der Beduinen im Gebiet II für häufiger halte als den „weilsen“, wird wohl berechtigt erscheinen. Der Steinadler ist aufserordentlich anhänglich an seine Brut und deshalb vielleicht am leichtesten von allen Raubvögeln Tunesiens am Horst zu erlegen. Beide Alten kommen auch nach Fehlschüssen unbedingt wieder und zwar nach kurzer Zeit, voraus- gesetzt dafs der Schütze gut gedeckt ist. Einmal eingestrichen entschliefst sich der Vogel manchmal nur schwer, wieder heraus- zukommen, sodafs man lange schreien, als letztes Mittel sogar einen blinden Schufs abgeben muls. Letzteres ist ein gewagtes Mittel, da man dann mit dem linken Rohr gar zu leicht den blitzschnell hinabsausenden Adler fehlt oder krank schielst. Besser ist es in diesem Falle, man läfst den Schreckschufs von einer anderen Person abgeben. Selbst angeschossen kommt der alte Vogel noch bisweilen zum Horst zurück, wie ich selbst am 20. III. 1904 erlebt habe. In der Wahl seines Brutplatzes ist er nicht wählerisch, liebt aber in unmittelbarer Nähe keine fremde Nachbar- schaft. In den grofsen Wänden standen die Horste niemals in der Nähe der Geier-Kolonien, auch der Erlangerfalke wird ge- mieden, da er mit Vorliebe den Adler schreiend und stolsend verfolgt. Bevorzugt sind deshalb kleinere abgelegene Wände von geringer Länge, wo der Adler ganz als einziger Mieter leben kann. Ich führe als Beispiele hierfür an: Den Horst von Erlanger im Dj. Souenia gefunden, den ieh später selbst unter Ali’s Führung besichtigte; den im Dj. El Hafly (Nord) von Spatz bezw. Roth; den aus demselben Jahr nahe am Dj. Freiou; den 1905 im Dj. Sitoun; den 1906 am Dj. Sit Leham. Ich spreche natürlich nur von Horsten, welche ich durchweg selbst in Augenschein genommen habe und wo entweder ich oder Ali s. Z. Zeugen der Erlegung waren. An und für sich kann man es einem Bau keineswegs ansehen, ob er gerade von einem Stein- adler bewohnt war, da dieser nach meiner Erfahrung wohl stets schon vorhandene, einigermafsen möblierte Wohnungen bezieht. Am äufseren Rande werden dann noch auf dem vorhandenen Unterbau dicke Knüppel als Brustwehr aufgeschichtet, sodafs ein oft bezogener Horst schlielslich eine ganz stattliche äulsere Rand- höhe von oft über 1 m erhält. Aufsen ist wenig Geschmeils zu sehen. Nach Spatz’s Erfahrungen wird gern mehrere Jahre hinter- einander dieselbe Wohnung bezogen, doch dort, wo Auswahl ist, auch bisweilen ohne ersichtlichen Grund gewechselt. Die Nest- 262 O0. Graf Zedlitz: mulde wird mit grünen Reisern dekoriert, von denen gewöhnlich einige über den Rand hinausragen und dem Jäger als wertvoller Fingerzeig dienen. Das ist gerade bei diesem Vogel wichtig, der manchmal auf blofses Händeklatschen und Rufen nicht abstreicht, sodafs ein oberflächlicher Sucher leicht unter ihm wegläuft, ohne seine Anwesenheit zu ahnen. Übrigens erwähnen Girtanner und Riesenthal auch beim europäischen Steinadler dieselbe Gewohnheit, grüne Zweige um die Nestmulde zu legen. Die gewöhnliche Nahrung, welche den Jungen zugetragen wird, sind Hasen, meist fand ich davon nur die hintere Hälfte im Horst, Kopf und Vorder- blätter werden offenbar zuerst verspeist. Von anderen Tieren entdeckte ich selbst nur einmal die Reste eines Fuchses, auf- fallender Weise fand ich aber niemals Federn irgend welcher Art. Dies kann natürlich auf Zufall beruhen, denn wenn die Kinder. schreien, werden die Eltern wohl gelegentlich einen Trappenbraten auch nicht verschmähen. Die Brutzeit ist sehr schwankend, alte Vögel legen schon manchmal Anfang März (vgl. Dunenjunge am 20. III. 1904), jüngere viel später. Spatz berichtete mir von einem ziemlich frischen Gelege aus dem Juni. Die Normalzahl der Eier ist 2, sollte ein drittes vorkommen, so wird es wohl stets faul sein. Die Jungen sind stets sehr verschieden in der Gröfse und unter sich recht unverträglich. Ich stelle die anscheinend kühne Be- hauptung auf, dafs in über 50°/, der Fälle nur das stärkere Junge zum ausfliegen kommt, das geringere verhungert, weil ihm alles weggefressen wird, oder zu Schanden gehackt oder aus dem Horst geworfen wird. Ich habe, wie gesagt, 2 junge Steinadler vom Stadium der Dunenjungen an vollkommen aufgezogen und konnte reichlich Beobachtungen sammeln. Hätte ich sie nicht sehr bald getrennt, so wäre es ausgeschlossen gewesen, den kleineren zu erhalten, dem sein lieber Bruder schon ein ganz erhebliches Loch in den Rücken gehackt hatte. Ich sprach auch über diesen Fall mit Spatz, der wohl in Aufzucht tunesischer Raubvögel die grölsten Erfahrungen besitzt, und begegnete bei ihm ganz der gleichen Auffassung. Gegen Menschen waren meine Adler nicht bösartig, den grölseren hatte ich zuletzt längere Zeit frei auf meinem Gutshofe, er schlief des Nachts in einem leeren Raum neben dem Pferdestall und sals bei Tage entweder auf einem grolsen Nulsbaum im Schatten oder auf einem Steinhaufen in der Sonne, wo er auch seinen Frafs erhielt. Dieser künstliche „Horst“ lag dicht am Tennisplatz, und beim Spiel fand es mein Adler oft angezeigt, plötzlich die Bälle als Spielzeug zu benützen, er hat aber auch den Bälle sammelnden Kindern nie etwas zu Leide getan. Liefs sich hingegen ein Hund blicken, so gab es keine Ruhe, bis dieser in die Flucht geschlagen war, was meist sehr schnell ging. Abends gab es immer eine Scene, wenn es zu Bett gehen sollte, wie ja auch manchmal bei Menschenkindern. War ich da, so machte ich kurzen Prozefs, griff ihn mit beiden Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 265 Händen, nahm ihn unter den Arm und trug ihn fort. Er hat niemals sich ernstlich gegen mich gewehrt und kannte mich ganz genau. Aufser mir konnte ihn noch mein Kutscher anfassen, der ihn zuletzt stets fütterte, andere Personen liefs er sich nicht zu nahe kommen, griff sie aber ohne Ursache nie an. Mit Vorliebe verzehrte er wilde Tauben, verschmähte aber auch Mäuse, Ratten Maulwürfe und Kaninchen nicht. Eichkatzen rührte er ebenso wenig an wie früher ein zahmer Uhu von mir, der sonst alles frals. Jetzt führt er in Breslau unter der vortrefflichen Hut des Herrn Direktor Grabowsky ein Leben als Rentier, sieht prächtig im Gefieder aus und soll noch immer gar zu gern mit seinen Kollegen gelegentlich auf die Mensur treten. Da ich mit Eiern vom Steinadler besonderes Pech hatte, verweise ich dieserhalb auf König (J. f. O. 1892), welcher sehr genaue Beschreibungen gibt. Seine Malse bei 3 Gelegen liegen zwischen 71:59 mm und 73:61 mm. Nisaetus fasciatus (Vieill.) Deutsch: Habichtsadler, französ.: pseudaete Bonelli, arab.: Agap abied = weilser Adler. Aquila fasciata Vieillot Me&m. Soc. Paris p. 152 (1882). — Nisaetus fasciatus v. Erlanger 1898 p. 424, Whitaker Ibis 1898 B. of T. 1905. — Aquila Bonelli Malherbe 1846. — Pseudaetus Bonellii Loche 1858. — Pseudaetus Bonelli Loche 1867. — Aguila bonellii König 1892, 1895. Manches, was über diesen Adler zu sagen ist, habe ich schon beim vorigen vorweggenommen, da es schwer ist, von dem einen zu reden, ohne den anderen zu Parallelen heranzuziehen. Ob er im Norden der Regentschaft regelmäfsig vorkommt, ist zweifelhaft, gesehen wurde er in letzter Zeit von zuverlässigen Forschern dort lebend nicht mehr. Der Händler Blanc in Tunis hat fast stets ein bis mehrere Bälge, doch sind dieselben nie etikettiert, und über Ort und Datum der Erlegung kann man daher nichts Authentisches mitteilen. Die gröfsere Wahrscheinlichkeit ist aller- dings meist dafür, dafs sie aus dem Norden stammen. König erhielt 1891 einen jungen Vogel, der vom Dj. Batteria unweit Sousse stammen soll, leider hat er ihn nicht selbst erlegt. Im Süden soll er nach Erlanger sehr häufig sein, wie ich schon oben erwähnte, doch kann ich dies mindestens für die letzten Jahre nicht mehr zugeben. Übrigens hat der Forscher selbst auch nur 3 Exemplare erbeutet, davon 2 an 2 verschiedenen Horsten, das ist ein sehr schönes Resultat, spricht doch aber nicht für allzu- grofse Häufigkeit. Der Horst wird ohne Rücksicht auf fremde Nachbarschaft nur nach dem Gesichtspunkte ausgesucht, dafs er weite Fernsicht bietet, also ganz anders als beim Steinadler, der versteckte kleine Seitenschluchten liebt. Der Habichtsadler wählt 264 0. Graf Zedlitz: die höchsten Wände und dort wieder die höchsten Stellen möglichst nahe der Spitze. Mir stehen drei verschiedene Beobachtungen seiner Horste zu Gebote, welche dies bestätigen. 1. 16. III. 1904. Dj. Sitoun, Hauptwand (N.B. der Steinadler- horst 1905 stand einige km weiter ganz versteckt in kleiner Nebenwand), Mitte, dicht hinter der höchsten Spitze. Gelege 2 Eier, mälsig angebrütet, konnte am Seil ausgenommen werden. © wurde erlegt, übrigens nicht von mir, 0 gefehlt kam noch wieder, doch bemerkte es mich vorzeitig, weil bei starkem Winde mein Ansitz nicht mehr dicht genug war. Bei etwas mehr Erfahrung hätte ich es zweifellos auch er- beuten müssen. 2. Ende März 1904 stand ein Horst in der obersten Wand des Dj. Sidi Aisch unfern dem Bartgeier-Horst von 1905 aber noch näher der Spitze. Leider gelang der Aufstieg nicht, da der später mir als Führer dienende Berg-Araber nicht zur Stelle war. Die Alten fütterten schon, im April desselben Jahres konstatierte Spatz bei einem zweiten Besuch, dals bereits beide Jungen herumflogen. Im Jahre 1905 habe ich an derselben Stelle stets 2 Alte gesehen, den Horst haben wir in dem abnorm schwierigen Gelände nicht gefunden. 3. 23. II. 1906. Am Dj. Aiaischa an einer sehr hohen westlich der eigentlichen Wand steil emporragenden Bergspitze bauten 2 Habichtsadler an einem Horst dicht unter der höchsten Zinne. Ich liefs 2 Tage lang den Horst von früh bis spät mit Ablösung beobachten, die Alten strichen stets dabei herum, blockten auch auf, brüteten aber noch nicht. Ich mulste dann weitermarschieren, ohne warten zu können, bis sie legen würden. Die Mafse der Eier vom 16. III. 1904 sind: a. 69,5 : 54,75 mm, b. 67,2: 53,5 mm (faul). 33D! BR: 31,5'D. H: Sie befinden sich heute in der grofsen Sammlung des Herrn O0. Bock in Berlin. Nisaetus pennatus (6m.) Deutsch: Zwergadler, franz.: aigle mineur, arab.: Agap zrir. Falco pennatus Gmelin Syst. Nat. I p. 272 (1788). — Hieraötus pennatus Loche 1867. — Ayuila pennata König 1888, 1892. — Nisaötus pennatus Whitaker B. of T. 1905. Gehört der Zwergadler schon überhaupt zu den seltensten Erscheinungen im östlichen Atlasgebiet, so ist er in den süd- lichen Regionen meines Wissens bisher überhaupt noch nicht mit Sicherheit festgestellt worden, bis dies mir im Jahre 1905 zu meiner grofsen Genugtuung gelang. Am 27. III. 1905 sah ich jm Segui gleichzeitig mit Spatz einen Raubvogel, dessen Identität Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 265 uns zunächst Kopfzerbrechen machte, bis wir nach längerem „Schauri“ zu dem Resultat kamen, dafs es sich wohl nur um einen Zwergadler handeln könne. Am folgenden Tage wurde der Vogel an den Vorbergen nördlich Sidi Mansour, also am Fulse des Dj. Aiaischa in seinem östlichsten Teil, gelegentlich einer Pürsche auf Mähnenschafe erlegt, wenn auch leider nicht von uns. Immerhin hatte ich doch Gelegenheit, ihn noch im Fleisch zu bestimmen und anatomisch zu untersuchen. Es war ein Q ad. Abgesehen von diesem Exemplar ist mir im Süden nie eins zu Gesicht gekommen. Roth und Spatz trafen auf ihrer sehr erfolgreichen gemein- samen Tour 1899 in den Wald-Distrikten an der tunesisch- algerischen Grenze, nördlich Feriana, also im Gebiet I, einige mal den Zwergadler an und stellten mit Bestimmtheit fest, dafs er dort auf Bäumen auch horstet. Die sonstigen Mitteilungen anderer Forscher sind recht spärlich. König erhielt 1887 ein Stück von Bianc, sah aber niemals den Vogel lebend. Das im Segui 1905 gesammelte Q mag wohl auf dem Zuge nach seinen weiter nordwestlich gelegenen Brutgebieten gewesen sein, immerhin ist es bemerkenswert, dafs es schon am Tage vor seiner Erlegung in derselben Gegend beobachtet werden konnte, es also trotz der vorgerückten Jahreszeit nicht eilig hatte. Circaetus gallicus (Gm.) Deutsch: Schlangenadler, franz.: le circa&de, arab.: Agap-el-hanesch. Falco gallicus Gmelin Syst. Nat. I p. 259 (1788). — Cvr- caetus gallicus Vieillot Nouv. Dict. d’Hist. Nat. VII p. 137 (1817), Malherbe 1846, Loche 1867, Tristram Ibis 1859, König 1888, 1892, von Erlanger 1898, Whitaker B. of T. 1905. Nach Erlanger soll dieser schöne und gewandte Vogel, dessen Anblick das Auge des Naturfreundes stets erfreuen wird, nördlich des Atlas häufiger vorkommen als im Süden. Der Forscher konstatierte im Gebiet Il 2 Horste in der Gegend des Dj. Sidi Ali ben Aoun, sowie an der Grenze zwischen Gebiet I und II am Fufse des Dj. Freiou einen dritten, weiter im Norden dann mehrere. Hier brütet der Vogel keineswegs selten in den Wäldern von Aleppokiefern und Korkeichen, welche auch so vielen anderen Raubvögeln willkommene Nist-Gelegenheit bieten. Erlanger gibt uns (J. f. 0. 1898) eine ausführliche Beschreibung des zuerst gefundenen Horstes, stehend im Vorberg des Dj. Sidi Ali ben Aoun am 7. IV. 1897. Da sich seine Beobachtungen vollinhaltlich mit den meinigen decken, habe ich keine Veran- lassung, sie hier ausführlich zu wiederholen, und möchte nur Erlangers Erfahrung hervorheben, dafs der Vogel treu an seinem Horste hängt. Das 2 kam damals schon nach kaum 5 Minuten zugestrichen, wurde erlegt, das Ei gegen ein Hühnerei vertauscht, 266 0. Graf Zedlitz : und am nächsten Tage sals das o‘° im Horsteisen, obwohl das Ersatz-Ei kaum ein Drittel Grölse des Originals hatte. Es ist eine mehrfach gemachte interessante Erfahrung, dafs sonst hoch- begabte Vögel es nicht merken, wenn man ihre eigenen Eier gegen fremde von ganz verschiedenen Dimension ja selbst von etwas abweichender Farbe vertauscht. Erlanger beobachtete auch bei anderer Gelegenheit, dafs nach Erlegung des @ das J' noch nach 14 Tagen seinen Horst nebst Ei sorgfältig bewachte, ich glaube jedoch nicht, dals es ein noch ganz frisches Ei allein ausbrüten wird. Nicht erwähnt wird von Erlanger das Vorkommen des Schlangenadlers auch östlich Gafsa. Ich fand ihn am Rande des Segui nicht selten, am 1. IV. 1905 fanden wir gelegentlich der Mähnenschaf-Jagd in den Vorbergen des Dj. Kerona bei Bir Mrabot einen schon hergerichteten Horst, bei dem auch schon die stets vorhandenen grünen Zweige am Rande der Nestmulde bewiesen, dafs es fix und fertig war. Ein Ei lag noch nicht darin. Als ich am 27. IV. desselben Jahres wieder vorbeikam, war es leider von Kameelhirten, die dort ihr Unwesen trieben, ausgenommen worden. Einige Tage später ‘beobachtete ich beim Bordj El Fedjej ein Pärchen, das jedenfalls in den nahen Bergen neben dem Pafs seinen Horst hatte, es fehlte jedoch die Zeit, um systematisch danach zu suchen. Weit häufiger tritt allerdings der Vogel nach meinen Er- fahrungen westlich und nördlich von Gafsa auf. Wer Horste finden will, mache sich aber nicht zu früh auf die Reise, denn mir ist kein Fall bekannt, dafs vor den ersten Tagen des April ein Ei gefunden worden wäre. Die Hauptlegezeit fällt etwa in die Mitte des April, und die Ende dieses Monats von mir aus- genommenen Eier waren auch sämtlich noch nicht angebrütet. Am 8. IV. 1905 fand ich bei El Hafly (Nord) also nicht weit vom Dj. Freiou einen fertig hergerichteten Horst, aber noch nichts darin, auch am 13. desselben Monats war noch dasselbe Bild zu meiner gelinden Enttäuschung. Am 16. IV. 1905 fanden wir am Dj. Sidi Ali ben Aoun den ersten besetzten Horst. Ich erlegte das Q@ nach weniger als einer halben Stunde, es war schon Nachmittags, das 9° kam leider nicht herunter, obschon es lange kreiste. Wegen des beschwerlichen Rückmarsches mulste ich schon kurz vor Sonnen-Untergang meinen Ansitz aufgeben, und ein Horsteisen war nicht zur Stelle. Ich begnügte mich also mit dem @ und Ei. Am 23. IV. 1905 fanden wir im süd- lichen Teil des Dj. Sidi Aisch zwei Horste nicht weit von einander. Beim ersten wurde ohne Schwierigkeit in kürzester Zeit das 9 erlegt und das Ei ausgenommen. Da an dem Tage noch der zweite Schlangenadler- sowie ein Aasgeier-Horst auf dem Pro- gramm standen, blieb nicht viel Zeit übrig. Beim zweiten sah ich zunächst gar keinen alten Vogel, eine auffallende Beobachtung, da sonst stets der brütende erst 100 bis 200 m vor mir vom Horste abstrich. Da aber das Ei drin lag, bezog ich meinen Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 267 Ansitz und wartete. Es dauerte diesmal verhältnismäßig sehr lange, wohl an 1 Stunde, doch ich sollte belohnt werden: Plötz- lich erschienen ein Rabe und ein Milan mit der deutlichen Absicht, sich das Ei zu Gemüte zu führen. Einen Moment waren sie unschlüssig, da der Versuch des Raben, das Ei nach bekannter Manier im Schnabel zu transportieren, wegen der Gröfse des Objekts nicht glücken wollte. Da sauste wie ein Gewitter ein alter Schlangenadler heran und stürzte sich auf den Raben, der das Ei in die Nestmulde zurückfallen liefs und schleunigst seitwärts auswich. Während der Adler ihn ein kurzes Stück verfolgte, versuchte der Milan mit unerhörter Frechheit, seinerseits das Ei zu stibitzen; als der Verteidiger ihn in die Flucht schlug, safs schon wieder der Rabe auf dem Horstrande. So ging es einigemal hin und her, der Adler hatte die Federn an Kopf und Hals gesträubt und sah mit seinen rollenden hell- gelben Augen einem Uhu nicht unähnlich. Ich beobachtete die ganze Scene auf kaum 20 m Entfernung aus meinem sehr dicht gebauten Ansitz. Da man gewöhnt ist, den Schlangenadler im Sitzen auf dem Horst zu’ erlegen, so hatte ich gerade in dieser Direktion mir nur ein ganz kleines Schiefsloch frei gelassen, sodals an einen Doppelschuls auf die Kämpfenden nicht zu denken war. Ich hoffte nun, zwei mit einem Schuls erlegen zu können, hielt dem Raben auf die Jacke, als er wieder einmal am Rande der Nestmulde aufhakte, und drückte im Moment, als der Adler wütend auf dem entgegengesetzten Rande auftauchte. Doch blitzschnell warf sich gleichzeitig der Rabe hinunter, sodals alle Schrote über ihn hinweg gingen und nur den Adler schnell und schmerzlos hinüber beförderten. Es war, wie die Sektion ergab, ein J', also liegt wohl hier der gleiche wie der von Erlanger beobachtete Fall vor, dafs nach dem Tode des Q der Gatte noch pflichttreu den Horst bewachte, obwohl er nicht eigentlich brütete. Alle mir bekannt gewordenen Horste ‚standen auf niederen Bäumen oder Dornsträuchern, meist in einer Höhe von 11/,—21/, m vom Boden in der höchsten Astgabel oder sonstwie nahe der Krone, sodafs sie von oben aus frei lagen. Das grofse weilse Ei sieht man deshalb schon weithin leuchten. Die Dimensionen des Horstes sind gering, der brütende Vogel bedeckt ihn voll- kommen. Die Nestmulde ist klein und ziemlich flach, reichlich mit grünen Zweigen dekoriert, mit Halfagras gepolstert, und in demselben blinken häufig Schuppen und kleine Teile von verzehrten Schlangen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dafs das sehr treu brütende @ vom 9° mit Frals am Horst versorgt wird, dafür scheint mir auch Erlangers Beobachtung zu sprechen, der neben dem auf den Ei erlegten Q eine aufgehängte tote Schlange fand. Der zum Nestbau gewählte Busch steht meist am Fufse oder in halber Höhe einer Wand, doch scheint kein Unterschied zwischen den mächtigen Mauern des Dj. Sidi Aisch und den bescheidensten Felsen in den Vorbergen gemacht zu werden. Einen Horst bei 268 0. Graf Zedlitz: EI Hafly (Nord) fand ich auf einem baumartigen De mitten auf der Sohle eines kleinen Seitentales, also auf ganz flachem Gelände. Stets war ohne alle Schwierigkeit heranzukommen, nur am Dj. Sidi Aisch kann der Anmarsch vorher mühevoll sein, wenn der Vogel sich zum bauen die oberste Wand gerade aus- gesucht hatte, wie Spatz einmal beobachtete. Man kann ja aber solch klugen Hausvater auch ruhig unbehelligt lassen, es finden sich schon genug andere. Es dürfte kaum einen gröfseren Gebirgs- zug im südlichen Tunesien geben, auf dem ich nicht wenigstens einen alten Horst gefunden hätte, und eine Verwechselung ist ausgeschlossen, da kein anderer Vogel dieser Gröfse dort in dieser Weise auf Sträuchern baut. Trotz des ziemlich häufigen Vorkommens ist die Vermehrung des Vogels doch eine minimale. Zunächst legt er stets nur ein Ei (ich glaube mit Erlanger, dafs Loche und Salvin sich getäuscht haben, wenn sie von 2 Eiern obendrein mit Fleckenzeichnung schreiben. Irgend eine echte, nicht durch Schmutz zufälliger Art hervorgerufene Flecken-Zeich- nung ist mir beim Cercaetus-Ei nicht vorgekommen). Ferner aber ist auch dies eine Ei so leicht aufzufinden und aufzunehmen, dals es nur in besonders günstigen Fällen den Hirten entgehen dürfte, welche bei ihrem Nomadenleben doch den gröfsten Teil der Gebirge im Laufe des Frübjahrs einmal absuchen. Erlanger nennt als Mals: gröfste 72:59 mm, kleinste 62:55 mm. Ich habe ein noch etwas längeres Ei am Dj. Sidi Aisch erbeutet, es milst 73,3 2 597 3’DI’H: Das aufgescheuchte 2 kommt, wie gesagt, nach längstens einer Viertelstunde wieder zurück, fulst erst auf dem Horstrand, äugt mit gesträubten Kopffedern um sich und richtet sich dann recht gemütlich unter Plustern und Rutschen auf der Nestmulde ein, die es ganz bedeckt. Man baut am besten schräg oberhalb des Horstes einen ganz dichten Ansitz mit kleinem Schiefsloch, das gerade auf ihn gerichtet ist. Hat man seine Flinte bereit gelegt, um bequem im Sitzen zielen zu können, so mag man ruhig schlafen, nur hin und wieder hinunter blinzelnd, ob das weilse Ei noch leuchtet. Ziemlich bald wird das nicht mehr der Fall sein, dann entdeckt man anstatt dessen die schiefergraue Ober- seite des brütenden Vogels, den man am besten mit feinem Schrot schielst, um ihn und das Ei zu schonen. lch habe dabei niemals das Ei beschädigt, was beim Schufs schräg von unten wohl leicht vorkommen könnte. Hat man vom Änsitz aus die Nestmulde nicht frei, so mag man den Strauch, auf dem sie steht, nach Belieben beschneiden, es schadet gar nichts, selbst wenn man alle Äste rings um den Bau absäbelt, so dafs dieser ganz frei steht. Die einzige Bedingung ist, gut gedeckt zu sitzen, sonst kann man wirklich alles mögliche anstellen, ohne den Vogel zu vergrämen, der von allen grölseren Tunesen nach meiner Ansicht bei weitem am leichtesten zu Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 269 erlegen ist, aber allerdings nur am Horst. Sonst traf ich ihn auch mänchesmal, oft mitten in der flachen Steppe auf den ca 1 m hohen Steinpyramiden der trigonometrischen Punkte blockend, doch bin ich niemals mit Schrot zu Schuls gekommen. Auf mittlere Kugel-Distanz ihn anzuschleichen, gelingt leichter, am besten an den viel begangenen Karavanenstrafsen. Miwvus korschun reichenowi (Erl.) Deutsch: Schwarzbrauner Milan, franz.: milan noir, arab.: H’daye. Milvus korschun reichenowi v. Erlanger J. f. 1898, p. 404. — Falco migrans Boddaert Tabl. Pl. Enl. p. 28 (1783). — Milvus migrans König 1892, 1895, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Milvus korschun Sharpe Cat. B. Br. Mus. I, p. 322. — Milvus niger Malherbe 1855, Loche 1867. Stellenweise ist der schwarzbraune Milan in Südtunesien sehr häufig, so besonders am Südende des Dj. Sidi Aich und auch am Dj. Aiaischa.. Dann wieder sieht man ihn längere Zeit nur ganz vereinzelt. So frech am Lager ist er hier nicht, wie z. B. in Eritrea, dort mag ihn das Beispiel seines Vetters, des Schmarotzer-Milans, angesteckt haben. Wir erlegten nur ein Exemplar bei Selondja direkt vom Zelt aus, doch kann man ihm mit Sicherheit stets am alten Bordj Sidi Aich erbeuten, wo er in Menge bei der Quelle sich herumtreibt, besonders wenn viel Viehherden dort waren. Oberhalb dieser Stelle brüten auch mehrere Paare, ich sah sie Ende April 1905 an den Horsten beschäftigt, aber noch nicht brütend. Bei dieser Beobachtung einer aufserordentlich späten Brutzeit stimme ich mit König überein, der 1891 Gelegenheit hatte, ihn häufig im Süden von El Djem zu sehen, und den ersten Horst mit 4 Eiern am 30. IV. fand. Dort brütete der Vogel auf Olivenbäumen, im Süden horstet er auf ganz niederen Wänden, aber hoch oben im Gebirge, so weit meine Erfahrungen reichen. Elanus caeruleus (Desf.) Deutsch: Gleitaar, franz.: elanus me@lanoptere, arab.: fehlt an- scheinend. Falco caeruleus Desfontaines M&m. Acad. R. d. Sci. p. 503, pl. 15 (1797). — Elanus caeruleus Loche 1867, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905, v. Erlanger 1898. — Falco (Nauclerus) melanopterus Malherbe 1855. — KElanus melanopterus König 1888, 1892. Häufig wurde dieser elegante und auflallende Vogel von keinem Forscher angetroffen, weder im Norden, noch im Süden. Am ehesten scheint er noch als gelegentlicher Strichvogel im Winter die Nordküste zu besuchen, Blanc erhielt schon mehrfach 270 0. Graf Zedlitz: Exemplare und König beobachtete am 5. XH. 1886 selbst auf der Klippenhuhnjagd einige Stücke. Am 24. I. 1887 gelang es ihm, ein 2 beim Bordj Thum zu erlegen. v. Erlanger erwähnt im J. f. ©. 1898 p. 402 ebenfalls nur ein von ihm gesammeltes Exemplar. Ich habe nur einmal Anfang März 1904 im Segui den Gleitaar bestimmt gesehen, konnte jedoch nicht zu Schufs kommen. Eine entfernte Ähnlichkeit mit den Weihen läfst sich dem Flugbilde nicht absprechen, doch ist die Figur des Vogels gedrungener, der Schwanz kürzer, und meist streicht er auch nicht so dicht über dem Erdboden hin. Als ich im März 1908 meinen alten Bekannten in Abessinien wiedertraf, habe ich ihn leicht wiedererkannt. Falco hierofalco erlangeri (Klschdt.) Deutsch: Erlangers Falk, franz.: faucon blanc, arab.: Burni, pl. Brana. Falco hierofalco erlangeri Kleinschmidt „Aquila“ 1899 (‚Der Formenkreis Falco hierofalco“). — Falco feldeggi Schlegel Abh. Geb. Zool. p. 3 Taf. 10/11 (1841), König 1888, 1892, 1895, Whitaker Ibis 1895, v. Erlanger 1898. — Gennaja lanarius Loche 1858, 1867. — Falco lanarius Tristram Ibis 1859. — Falco barbarus Salvin Ibis 1859. — Falco biarmicus feldegg: Whitaker B. of TT. 1905. Was die systematische Seite, insbesondere die Unterscheidung des tunesischen Vogels vom Falco feldeggi, betrifit, so verweise ich auf Kleinschmidts Abhandlung im „Aquila“ 1901 Aprilheft von p. 33 an sowie auf Taf. I desselben Bandes und die Zeichnung der Kopfbilder auf p. 35. Übereinstimmend mit Erlanger fand ich gewisse konstante Unterschiede beider Geschlechter: das 9 ist stets kleiner, auf der Oberseite heller, auf der Unterseite weniger gefleckt als das 9, im Alter wird jenes fast weils, auch die sonst scharf gezeichneten Backenstreifen werden dann heller. Das Jugendkleid erinnert etwas an das des Wanderfalken, Ober- seite ist braun mit rostbraunen Federsäumen, die Unterseite zeigt auf gelblichem Grunde dichte schwarzbraune Längsfleckung. Die Kehle ist feiner dunkel bespritzt. Die bräunliche bis rötlich- braune Kopfplatte ist beim Q noch etwas dunkler als beim g'. Verbreitet ist dieser schöne Falke durch ganz Tunesien als Stand- und Brutvogel. Uber sein häufiges Vorkommen im Norden berichtet uns König (J. f. ©. 1888 und 1892), über das Brut- geschäft im Süden konnte Erlanger ein reiches Material sammeln, ich werde gelegentlich noch darauf zurückkommen. Ich selbst fand ihn über den ganzen Süden. verbreitet, zur Winterszeit mehr in der Steppe, während des Brutgeschäftes in allen Gebirgen. Er legt gern seinen Horst, in ganz kleinen Wänden an, welche sich nur zu geringer Höhe inmitten der Steppe erheben, z. B. fand ich Horste beim Bordj El Fedjej, im Dj. Souenia bei Bordj Madjen el Fedj, im Dj. El Hafly (Nord.), ganz besonders häufig Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. arı aber in’den Lehmwänden der Küste im Südosten, so bei Bou Grara in der Höhe von Medenine und bei Skyrrha ca 40 klm nördlich von Gabes. Andererseits fehlte er auch keineswegs in den grölsten Gebirgen, ich sah Horste im Dj. Aiaischa (1), im Dj. Sidi Aich (2), im Dj. Sidi Ali ben Aoun (2) und im Dj. Freiou (1). Auf alle diese Fälle stimmte die Beobachtung von Erlanger, dafs der Vogel freien Ausblick in die Ebene liebt. So standen in der über 20 klm langen Hauptwand des Sidi Aisch die Horste nur am Südende, wo keine nennenswerten Vorberge mehr vorgelagert sind, im Dj. Sidi Ali ben Aoun entsprechend am Nordende. Auch steht der Horst nicht wie beim Adler und Geier tief drinnen in einer Felsnische, sondern recht frei, am liebsten auf einer vorspringenden Felsnase, sodals man von unten die trockenen Zweige, welche den meist ziemlich hohen äufseren Rand des runden mälsig grolsen Baues bilden, deutlich sieht. Bei den anderen Raubvögeln ist von ihrem eigentlichen Haus meist, wenn man unten steht, wenig oder nichts zu sehen, höchstens macht der Steinadler eine Ausnahme, wenn er aus dicken Knüppeln einen Renommier-Wall aufführt, die Dimensionen lassen aber dann über den Architekten keinen Zweifel. Erlebt habe ich einmal beim Buteo ferox cirtensis eine Lage und Konstruktion nach Art des Falken, doch ist keineswegs erwiesen, dafs er sich in diesem Falle nicht eines alten Falkenhorstes bedient hatte. Als Unter- scheidung zwischen beiden bleibt aber immer noch, dafs das Bussardschlofs rein von frischem Geschmeils bleibt, so lange nicht gröfsere Junge es bewohnen, das vom Falken hingegen zeigt vom Moment des Bebauens unter dem Rande stets Geschmeils, -und dicht daneben oder darüber an einer Felskuppe oder einem zweiten unbewohnten Horst hat auch das dort ständig sitzende g' so lange seine Visitenkarte abgegeben, bis es darunter ganz weils aussieht. Erlanger erwähnt als regelmälsigen Sitzplatz des Gatten eine Felsspitze oder den obersten Rand der Wand, wenn diese nicht zu hoch ist; ich habe gefunden, dafs die Falken be- sonders gern Felsnasen mit 2 neben einander liegenden Platten oder kleinen Höhlungen bezogen, wo dann genau nach dem „Modell Wetterhäuschen“ das Q' zu einer Tür, das © zur anderen heraus- kam, aber auch hier immer abwechselnd. Gerade bei diesen Vor- sprüngen, welche der Vogel so sehr liebt, findet sich häufig neben der eigentlichen Niststelle, die z. B. nach Südwesten steht, ein korrespondierendes „Herrenzimmer‘“ mit Ausblick nach Süd oder Südost. Es ist selbstverständlich, dafs der Herr leichter zum Abstreichen zu bringen ist als die Dame, und sind die Eier erst bebrütet oder kleine Dunenjunge im Horst, so kann man sich die Lunge aus dem Halse schreien und nach Herzenslust mit Steinen bombardieren, ohne dafs Madame sich vom Fleck rührt. Als letztes Mittel, das allerdings stets wirkt, dient das Abfeuern eines Schusses, doch rate ich hier erst recht ab, dies selbst zu besorgen, da man seine 2 Patronen auf den abstreichenden Vogel 272 0. Graf Zedlitz: meist recht nötig braucht. Kein Raubvogel, selbst der reilsend schnell niedersausende Habichtsadler, ist so schwer im Abstreichen zu erlegen als der Erlanger-Falke. Ich kann ein Lied davon singen und habe unter vielen anderen Fehlschüssen auch zweimal an demselben Horst mit dem rechten Rohr den Insassen hinaus- getrieben, um ihm mit dem linken dann glänzend zu fehlen. Ich will es auch ganz gewils nie wieder tun. Entweder ich lasse jetzt einen Araber mit irgend einer Arkebuse losknallen, oder ich setze mich ganz bequem und offen hin und warte, bis der Vogel gutwillig abstreicht, bezw. der andere ihn abzulösen kommt. Beides geschieht dann in viel ruhigerem Tempo als auf eine gar zu energische Aufforderung hin. Ich bin mir im Zweifel, ob es nicht überhaupt bei diesen Falken, besonders wenn sie kein ganz frisches Gelege mehr haben, praktischer ist, sich erst gar keinen künstlichen Ansitz nach Schema F zu bauen, sondern einfach dicht an der Wand sich so niederzusetzen, dals man nach vorn etwas Deckung, aber nach oben ganz freien Ausschuls hat. Gerade der anstreichende Vogel, der sich fast stets vorher durch lautes „kyrr kyrr‘“ anmeldet, ist nach meiner Ansicht nicht so schwer zu treffen als der gezwungen abstreichende, der natürlich seine ganze fabelhafte Flugkraft aufbietet, um der ihm auflauernden Gefahr, von der er ja unterrichtet ist, zu entgehen. Fern vom Horst ist der Falke nicht gerade vertraut, doch kann man ihn gelegentlich auf den Gummi-Akazien im Segui oder an einem Regenstrombett mit Erfolg anschleichen. Auch wenn er aus den Stangen der Telegraphen-Leitungen zur Seite der srofsen Stralsen blockt, hält er bisweilen gut aus. Mir sind mehrere derartige Fälle vorgekommen. Die Nistzeit beginnt sehr verschieden und richtet sich dabei wohl nach dem Alter der Vögel. Schon Ende Februar 1906 sah ich bei Bou Grara 2 Pärchen stets zusammen herumstreichen, am 11. III. 1901 fand ich bei Skyrrha die beiden ersten Horste mit angefangenen Gelegen. Erlanger meldet seinen ersten be- setzten Horst vom 14. III. 1897. Es ist eine Eigentümlichkeit, dafs ein Horst, wenn er einmal ausgenommen ist und eins oder beide Alten dabei erlegt wurden, oft noch in demselben Jahre von neuen Mietern bezogen wird, ein Fall, der mir bei keinem anderen tunesischen Raubvogel bekannt ist. Ich führe hier kurz die dies- bezüglichen interessanten Erfahrungen von Erlanger an: Am 14, Ill. 1897 wurde in dem Horst des Dj. Souenia ein Ei aus- genommen, am 20. III. lagen 2 Eier darin, sie wurden aus- genommen und beide Alten erlegt; am 16. IV. bei einem dritten Besuch konnten wieder 3 Eier ausgenommen und ein Q ad. dabei erlegt werden. Am 2. IV. nahm Erlanger aus einem Horst am Dj. Sidi Ali ben Aoun die 8—10 Tage alten Dunenjungen, schon am 12. IV. war er wieder besetzt, das Q kam zur Strecke. Diese beiden Fälle sind zwar besonders für den Sammler erfreulich, doch stehen sie keineswegs vereinzelt da, wie mir auch Spatz S Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 273 bestätigte. Den Horst am Dj. Sidi Ali ben Aoun habe ich auch stets besetzt gefunden, es wurde das erste mal das Q erlegt und das Gelege von 4 Eiern ausgenommen, das zweite mal schofs ich das 9‘, fehlte das 2 aber glänzend. Dafs Fehlschüsse die Alten nicht sonderlich genieren, habe ich ausnahmslos gefunden, bei Skyrrha kam sogar ein alter Vogel, dem ich einen Fang hoch abgeschossen hatte, noch an demselben wie am folgenden Tage wieder und safs genau so fest wie vorher. Die vorhin erwähnten 4 Eier vom Dj. Sidi Ali ben Aoun waren übrigens am 15. III. 1904 stark bebrütet, also in den allerersten Tagen des Monats gelegt. Am 11.1V. 1905 nahmen wir am Dj. Freiou einen Horst aus, welcher folgendes enthielt: 2 grofse Junge, denen schon die Kiele sprofsten, 1 kleines ganz weifses Dunenjunges, 1 faules Ei. Ein ausgewachsenes und fertig ausgefiedertes 9° juv. schofs ich am 5. V. 1905 bei Skyrrha. Die Färbung entspricht im allgemeinen der oben gegebenen Beschreibung, auf Rücken und Schwingen fallen die stark rostroten Federsäume auf, die Farbe der Fülse ist blafsbleigrau. In den Körpermafsen weichen die von mir ge- sammelten Exemplare nicht nennenswert von den Zahlen ab, welche Erlanger angibt. Über die Aufzucht von Dunenjungen und ihr Benehmen finden wir wieder bei König (J. f. O. 1888) schätzenswerte Mitteilungen. Dafs der Falke sich vorzugsweise von Vögeln nährt, kann ich nur bestätigen, Reste von Säugetieren habe ich in keinem Horst gefunden, wohl aber Federn ver- schiedener Art, besonders von Kragentrappen. Es ist ein Beweis für den grofsen Schneid des kühnen Räubers, dafs er so viel stärkere wenn auch wenig zur Verteidigung begabte Vögel angreift und mit Erfolg schlägt. Selbst dem Steinadler geht er rücksichts- los zu Leibe, wenn dieser sich in der Nähe seines Domizils blicken läfst, und der kleinere gewandte Bursche schlägt den mächtigen Phlegmatiker stets in die Flucht. Die Mafse der Eier sind bei einigen Gelegen von Erlanger wie solche angegeben: a. 54:41 mm, b. 53:40, c. 55:40 mm. (6. IV. 97) a. 45:43, b. 40:41, c. 45,5:42, d. 48,5:40,5 mm (8. IV. 97) a. 54: 38,5 0293238, c. 52,539 mm (30. II.: 9%) a. 49:40, b. 47,5::40,5 c. 48:39 mm (13. IV. 97). Meine Mafse bewegen sich nahe der Mittellinie: a. 48,75:40 mm, b. 46,75:40 mm c. u. d. zerbrochen, 24,5 D. H. 22,5 D. H. da zu stark angebrütet (15. III. 04) a. 51,7:40,1 mm, b. 51,05:39,95 mm (11. III. 06). 24 D. H. 93,75 D.H. a. 52,4:41,25 mm faul, (11. IV. 05). 27,5 D. H. Die Farbe des letzteren ist erheblich dunkler, die rost- braunen Punkte auf der Oberfläche stehen so dicht, dafs die Grundfarbe fast nirgends mehr zu sehen ist. Journ, f, Orn, LVII, Jahrg, Juli 1909, 19 274 0. Graf Zedlitz: Cerchneis vespertinus (L.) Deutsch: Abendfalke, franz.: faucon vespertinus, arab.: Bouchrada. Falco vespertinus Linn& Syst. Nat. Ed. XH. p. 129, (1766); Malherbe 1855; v. Erlanger 1898, Whitaker B. of T. 1905. — Oerchneis vespertina Sharpe Cat. B. Br. Mus. I. p. 443. — Erythropus vespertinus Loche 1867; König 1888, 1892, Für Tunesien mufs dieser allerliebste kleine Falk als Durch- zugsgast gelten. In dem sehr viel waldreicheren Algerien ist er auch als gelegentlicher Brutvogel festgestellt worden, 2 Eier be- finden sich im Museum zu Algier (vgl. Erlanger J. f. O. 1898). Die Zugzeit fällt nach übereinstimmenden Beobachtungen ziemlich spät, Ende April bis Anfang Mai. Um diese Zeit des Jahres 1887 beobachtete ihn König im Norden und erstand auch von Blanc ein am 8. V. 1887 erlegtes S' ad. Später lieferte derselbe Händler auch 2 im Mai 1896 bei Tunis geschossene Exemplare an Erlanger, der selbst niemals in der Regentschaft den Vogel lebend gesehen hat. Ich fand im Jahre 1905 die Angaben über die späte Zug- zeit vollkommen bestätigt. Am 29. IV. sah ich im östlichen Segui bei M’hamla das erste Stück, ein 0 ad., offenbar einen Quartier- macher. Nach etwa 14 Tagen war bei der Sebkhra Zerkine ca 20 klm südlich Gabes ein grölserer Zug eingetroffen, ich erlegte davon am 11. V. ein Pärchen und am 15. V. 2 0' ad. Die Vögel hielten sich meist in der Nähe des Wassers auf und waren wenig scheu. Die 9! überragen wesentlich an Zahl. Cerchneis tinnunculus (L.) Deutsch: Turmfalke, franz.: crecerelle vulgaire, arab.: Bouchrada. Falco tinnunculus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 90, (1758); Malherbe 1846, v. Erlanger 1898 p. 467; Whitaker B. ofT. 1905. — Cerchneis tinnuncula Sharpe Cat. B. Br. Mus. I. p. 425. — Tinnun- culus alaudarius Malherbe 1855; Loche 1867, Tristram Ibis 1859. — (Üerchneis tinnunculus König 1888, 1892. Die Frage, ob der tunesische, oder vielleicht nur der süd- tunesische Turmfalke wegen hellerer Allgemeinfärbung subspezifisch abzutrennen ist, lasse ich vorläufig noch offen, da es zur Er- ledigung eines besonders reichhaltigen Materials notorischer Brut- vögel bedarf. Bei keinem anderen Raubvogel kommen so viele Varietäten besonders nach der helleren Seite vor, wie gerade bei unserem Zinnunculus, und zwar in allen Gegenden. So wurde im Jahre 1907 in Schlesien ein geradezu abnorm blasses © erlegt, das erfreulicherweise in den Besitz des Breslauer Museums kam. Im Januar 1908 schofs ich bei Suez ein ganz ähnliches Stück ; das jeder Kenner sofort in die Hand nimmt mit der Frage: „Wo haben sie denn das Ding her?.“ Ich gebe ohne weiteres zu, dafs Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 275 südlich des Atlas sich viele helle Exemplare finden, besonders 9, aber ich kenne keins von dort, welches die beiden eben an- geführten erreichte. Die Vermutung, dafs der tunesische Vogel konstant blasser sei, was ja ganz natürlich wäre, ist schon viel- fach ausgesprochen worden, z. B. von König (1892) und von Erlanger (1898), zu bestimmten Resultaten sind sie aber damals nicht gekommen. Das Verbreitungs-Gebiet erstreckt sich über das ganze Land von der Nordküste bis tief hinein in die Wüste. Im Norden brütet er auf Bäumen, im Süden an Fels- und Lehmwänden. Bisweilen sucht er auch dort die Oasen auf. Sehr häufig fand ich ihn nistend an den Steil-Abfällen der Küste nördlich Gabes, auch wo diese nur wenige Meter hoch waren. Ebensowenig fehlt er aber in den kleinen Vorbergen und den ganz grofsen Wänden des Dj. Sidi Aisch und Dj. Freiou. Überall fand ich ihn von Ende März an als Brutvogel und habe manches Stück erlegt, aber leider immer noch nicht genug. Mir scheinen danach die Exemplare an der Küste heller als die im Innern. Ein am D). Sit Leham am 25. III. 06 beim Horst geschossenes Pärchen unterscheidet sich wieder gar nicht vom deutschen Turmfalken. Besonders häufig standen ihre Nester dicht neben den Brutstellen der Felsentauben. Es wäre dies ein neuer Beweis für die voll- kommene Harmlosigkeit des lustigen kleinen Rüttelfalken, wenn es deren überhaupt noch bedürfte. Im Gebiet I horstet er zu mehreren Paaren im alten Römer-Theater von El Djan, dort neben dem Rötelfalken. Cerchneis naumanni (Fleisch.) Deutsch: Rötelfalk, franz.: cr&cerelle rousse, arab.: Bouchrada. Falco Naumanni Fleischer, Fischer Jahrgg. 1818 teste Naumann Vögel Deutschl. 1. p. 318. (1822). — Falco naumanni v. Erlanger 1898; Whitaker B. of T. 1905. — Üerchneis naumanni Sharpe Cat. B. Br. Mus. 1. p. 435. — Falco tinnunculoides Malherbe 1846. — Tinnunculus cenchris Loche 1867. — Cerchneis cenchris König 1888, 1892. — Falco cenchris Whitaker Ibis 1894. Die Heimat dieses Falken liegt offenbar nördlich des Atlas, wo er von vielen Forschern angetroffen, mehrfach auch als Brut- vogel konstatiert wurde, so von König bei El Djem und von Erlanger in grofser Zahl am Oued Kasserine. Dieser Forscher nahm nach seinen Erfahrungen an, dafs südlicher im Gebiet II der Vogel nicht mehr vorkomme. Ich kann ihn jedoch auch hier nachweisen. Am 3. III. 1904 beobachtete ich ein fest zusammen- haltendes Pärchen bei Selondja und erlegte das 9. Am 24. Ill. 1905 schofs ich fast genau an derselben Stelle von dem Wipfel eines Gummibaumes ein 9‘, das diesmal allein war. Vielleicht brütete das @ schon irgendwo, es ist um diesen Zeitpunkt sogar 19%* 276 O0. Graf Zedlitz: wohl nicht unwahrscheinlich. Im Gebirge habe ich diesen Falken nicht gesehen, er scheint es dem teinnunculus zu überlassen und die flache Steppe vorzuziehen. Pandion haliaetus (L.) Deutsch: Fischadler, franz. : aigle p&cheur, arab.: fehlt anscheinend. Falco haliaetus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 91, (1758). — Pandion haliaetus Lesson Man. d’Orn. I. p. 86, (1828); Malherbe 1855, Loche 1867; König 1888, 1892; v. Erlanger 1898; Whitaker B.506 7.4909, Als Wintergast erscheint unser schöner Fischadler nicht selten im Norden Tunesiens, wie er ja um diese Jahreszeit die sanze Küste Nord- und Nordwestafrikas besucht bis weit hinab zu den südlichsten Teilen des Roten Meeres. Im Jahre 1908 haben wir ihn noch im Hafen von Massaua erlegt am Ende Januar. Einzelne Exemplare bleiben auch den Sommer in Afrika, ich besitze ein Stück vom Juli 1908 aus der Küstengegend südlich Massaua. Regelmäfsig scheint er sein Winterquartier am Bahira- See bei Tunis zu beziehen, wo ihn schon König häufig beobachtete und ich ihn noch in den ersten Märztagen 1905 gesehen habe. Erheblich seltener ist er an der Ostküste in ihrem südlicheren Teil, doch konnte ich an der Mündung des Oued Zeuss, einen starken Tagemarsch südlich von Gabes, ein Exemplar im Februar 1906 längere Zeit beim Fischen beobachten. Es hielt sich bei niederem Wasserstand an den flachen Blänken etwa 1 klm. von der Küste auf, wo leider keine Möglichkeit war, es anzuschleichen. Familie: Pelecanidae. Phalacrocorax carbo (L.) Deutsch: Kormoran, franz.: cormoran, arab.: Margello. Pelecanus carbo Linne Syst. Nat. Ed. IX. p. 133, (1758). — Carbo cormoranus Malherbe 1846. — Phalacrocorax carbo Zoogr. Ross.-As. II. p. 297, (1871); Loche 1867; König 1888, 1893; v. Erlanger 1900; Whitaker J. f. O. 1905. An der ganzen tunesischen Küste ist der Kormoran keine seltene Erscheinung. Auf dem Bahira-See habe ich ihn einigemal gesehen und 1 Stück geschossen, er ist aber dort sehr scheu und auch wohl in den letzten Jahren infolge der intensiven Verfolgung viel seltener geworden, als er es vor 20 Jahren noch war. Im nördlichen Teil der Ostküste bei Nabeul sah ich ihn auch nur vereinzelt, im Süden aber von Sfax an wird er ganz gemein bis hinab zur Grenze von Tripolis. Dort ist er überall wenig scheu, ich habe z. B. im Hafen von Sfax ein Exemplar erlegt, als wir ‚uonsq zysuy usjydIp ıyas "uosjergos uezyIs WI Sud HM -nayorofyosnzug oT] "uoyoreTyos -ue yone *zysuy Joyor Tfeuyos ıyos Jyprars -Jsuny ulsy ‘ueuoransg®, 13po nz wog OyuLAg IM "oo -T9[yoSsur yoıuo3aTen) -uongq zyısuy us}pıp yes ‘uayo -127Sqy WI Oyurg FI "uoneq zyısuy usms ‘uayd -108qy m oJurT YIM "uasjeryos uszyg w IsIou "zyIsuy we}ysIp sne oyumg IM TEE TE Sepu® Jyoru zysuy "p ‘sjum fg Iepo esyong AM "uozysuw Joru uoysrofyosug ‘ou y A| Sad nz 4ye3 ‘me -Zuny0o1 Sıuam Ju zysuy “Sundojıg ıep 'oppnunson 'p ur uad . el -duyog 370 Y3ojedsne|'SUIoN 1u3 ‘ozyıdg op "woyongng pınm| +; snonb E yons ‘ner ITOS | nıastey uoumız ur oyeu ‘yoey ‘urapy | uownyg me ınu ee) 'J10J "TOI[UTB UOSLIOA "TDIA "UayosıN c—r "SR7nIUNUuu ea oru Jye3 ner wep 370 4suos ‘urepy| yorwerz ur ‘uropy yes "IOILIOA OIM sıauy94a)) "gg Sıspgupogerun 'n ıopur "USPURAUWUOT ur u .g 44 -uTouogeu "UOSBus[o] ojsny'pueurod| , "119Dun743 ‘aopemm yugıy yong | UNUNoneddog | mereg | uepusdurıdsıor ue | ‘uegrog usıep | 78 oowjoaaıy 0MD,T yumoy ‘nen ıyos zZ ue [era -gru 'n ueoy ur "IBqUOIS.LIO FYOTOT "TOTA ‚uodunıdsıoA |'eZIqaH wm yooy p MOUYaL "neyos yoıpwaız ‘yormuepioun ıyas | me pun ueyredg ur | uesfo,f ereperu uny9S404 SNALAL ‘'qe Jpuwaes ıy98 "sngmıosD| yypreıys 'pueg we | '[ozdın, uelsypoy KIULGIN ‘o[yoH 10J9 "yongsny r—1I - Jstonz }7007q ner | wep oyeu sjejs ur ‘7018 Fıspgm | 10emMyooL ıyos SMIIDSI NT "uro Ye] Igorexys "Tose uoA -uroddnuy uoy snansh a “ToperM Yusıy 7sqfes | e}seg ueuur ‘ıyom | -Ztuom | -18I8 nz yamgsnrg |Tooy Jyorugstem| "Z—1 n 4 yuwoy ner} ıy9S | -Isnıg oyoy ıyes ‘uSYOSIN UESJOAB ur) ‘opur A Punesuro Djmdy yyoru F one ‘rognes pun punı |'suray red | 'uoyosın ueurepy | “epugmuegen a -99 Junmoy 'noyos DE ur 101} yorpuoız 5 JE wos] on "pusdagyggeıoy "ugspog uop "SYAUDD Sn1Dq.nG "urs [[feuyos JyoTaAS | yone pun 3sIog un | 'swage | -ueduryasgn Ieyun opugM 1 andh ner} ıyes }sıom |oyorgg pun uedder joyury Ue}0} wr | e4sypoy mu ENFIVANE) "oIToMuoderz ; : "uroury usuuT 'SJIAA TOIA up} uopelg Jane ujoyur A opurM F zdoudaad -Jrur SIHPUOSaAg J3toz | "TOIA ur 1907788 "ueyfedg | aıeyoy yone 6 uo4ydoa uesjng F9ofq 'neyos | pusyy 9Ioyum Top uorpeIosen ur ed1egToA Yo '4U3P1990 "me uesjne "TONIOH-SNYOSOM "TOTA ug WIEUTS zoyury "pugM | am]. saR aoanrwrd *osyong IM | 4sIonZ 700q 'nex} | ‘ueruofoy ur Jemmıq | ıayos [Isreu ‘uospog wıjen | deyoy ur ını Anz Sand 2104 um -uayoıazuuay “JawyOson Yıeneg “08104 sap ode Tel 'P IN8Z -UOWeN uewgeueg elepuosog “0310 sep punis ORION Jıy ojuog -u[939AqNBY UHPUSISIOy Igney I 8I0T49H SOp _ uoIl®,L UEPUSZUELZUB pun II I0T49H WI UEP Toq UEZUNJyOBIOET-ISIOH AP ZunTIeJsuomweenz 278 0. Graf Zedlitz: kaum die Segel gesetzt hatten, und an den Flulsmündungen des Südens, besonders am Oued Akarit und Oued Zeuss, ist der Margello täglich leicht zu schiefsen. Sobald das Meer steigt, werden die Schlickflächen, welche sonst reichlich Nahrung bieten, überschwemmt, dann kommt das Heer der Wasservögel zur Küste und jeder sucht dort etwas zu finden je nach seiner Begabung. Die geschickten Taucher streichen dann an den Flufsläufen, in welchen das Wasser durch Stauung auch steigt, hinauf bis zu den seichten Stellen und fischen dort emsig. Einer der eifrigsten weit gefräfsigsten ist dabei der Kormoran. Das eigentliche Dorado für ihn bilden aber die Knais-Inseln nordöstlich von Skyrrha. Die Zahl der schwarzen Fischräuber, welche sich bei jeder Flut dort ansammelt, vermag ich auch nicht schätzungsweise anzugeben, die drei kleineren südlichen Felsen-Eilande sind dann buchstäblich schwarz. Es ist lediglich eine Patronenfrage, wie viele man er- legen will, denn aufser Erlanger und mir hat wohl dort niemals ein Jäger sein verderbenspeiendes Rohr auf sie gerichtet. Als ich Anfang März 1906 mit meinem Freunde Blanchet dorthin kam, genügte es, sich einfach hinzusetzen, um ca alle 5 Minuten einen Doppelschufs auf die in kleinen Trupps stets wieder- kehrenden Vögel anbringen zu können. Will man ein übriges tun, so schickt man ein Boot nach einer der anderen Inseln, um sie dort immer wieder aufzustöbern, dann kann man sich aber wirklich satt schiefsen. Bekanntlich gibt das mit dichtem Flaum bedeckte Fell einen sehr zarten dunkelbraunen Pelz, wenn man die Deckfedern ausrupft und die Haut sorgfältig gerbt, es ist also kein zweckloses Morden, wenn man sich von diesen Fisch- räubern, welche sonst nie behelligt werden, mal einige Dutzend herunterholt.. Es liegt schon in den Verhältnissen, dafs man ihnen nicht allzu grofsen Abbruch tut, denn unter den vielen Tausenden von Wasservögeln, welche mit steigendem Wasser langsam sich den Inseln nähern und schliefslich auf ihnen sich zusammendrängen, gibt es immer einige für den Sammler interessante Objekte, denen zu Liebe man sich so lange des leicht- sinnigen Knallens enthält, bis sich entschieden hat, wo sie sich während der Hochflut ihren Ruheplatz wählen werden. Erst wenn kein Flamingo und Löffler, kein Reiher irgend welcher Art, kein seltenerer Regenpfeifer mehr in Sicht ist, dann kommen zum Schlufs noch die Kormorane dran. Sie sind übrigens in Afrika genau so zählebig wie bei uns, und nur der im Knall Verendete kommt in der Regel zur Strecke, der krank geschossene weils sich fast immer durch Tauchen zu retten auch bei einem sehr niedrigen Wasserstande. Es ist praktisch, den Araberjungen, der in den Gebirgen am Seil die Horste ausnimmt, hier als Wasserhund zu verwenden, der sofort jeden herunterfallenden Vogel im Galopp apportiert, soweit dies möglich ist. Ist an einer Stelle das Wasser zu tief, z. B. rings um die dritte Insel von Süden an gerechnet bei Hochflut, so behält man am besten Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 279 ein Ruderboot zur Hand. Ich habe nie bemerkt, dafs die Kor- morane sich vor dem Jungen oder dem Boot irgendwie fürchteten, den Reihern darf man das allerdings nicht bieten und den Flamingos noch weniger. Doch unter diesen richtet man auch keinen Massen- mord an, kann also die bescheidene Beute schon selbst holen. Unter den Scharen von Kormoranen fand ich im März 1906 die verschiedensten Kleider. Das Gros war ganz schwarz bis auf die weifsen Schulterflecke und die gelbe Kehle, manche Stücke hatten noch Jugendgefieder und wieder andere Übergangskleider, sodals man von der ganz weilsen bis zur ganz schwarzen Brust alle Abstufungen sehen konnte. Auf der gröfsten der Knais-Inseln, der nördlichsten, brütet der Kormoran zahlreich, da ihm dort dichtes niederes Gestrüpp gute Deckung bietet. Die Brut-Periode beginnt spät; als ich im März dort war, dachten die Vögel noch nicht daran. Im Mai, wenn die Jungen ausgefallen sind, soll man es dort vor Gestank kaum aushalten können, wie mir Ali versicherte. Irgendwie kunstvolle Nester werden nicht angelegt, das tut der Kormoran, wo er am Boden brütet, überhaupt nicht. Ich habe in Norwegen mehrere Kolonien besucht und stets die 2 Eier in einer kaum angedeuteten Mulde auf einer ganz spärlichen Unterlage trockenen Grases gefunden. Ähnlich sollen nach Alis Beschreibung auch hier die Nester aussehen. Familie: Ardeidae. Ardea cinerea (L.) Deutsch: Grauer Reiher, franz.: heron cendr£, arab.: Naoscha serga. Ardea cinerea Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 143, (1758.), Malherbe 1846, Loche 1858, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Unser Fischreiher ist auch in ganz Tunesien ein im Winter gewöhnlicher Vogel, von dem stets einige Exemplare selbst als Sommergäste zurückbleiben. Ich habe allerdings keine Beweise dafür, dafs sie zur Brut schreiten, hingegen beobachtete sie mein Freund Blanchet das ganze Jahr hindurch an den Flufsmündungen bei Gabes, besonders am Oued Akarit. Im Winter findet man sie an der ganzen Küste, wo ihnen gerade das Gelände zusagt. Sie lieben grofse Schlickflächen bei niederem Wasserstande und gelegentlich auch Süfswasser. Selbst das mälsig salzige Nals der Sebkhra’s ziehen sie dem Meere vor und finden sich dort schnell ein, wenn Regen gefallen ist und vorübergehend gröfsere Lachen sich gebildet haben. So beobachtete ich am 29. IV. 1905 an der Sebkhra EI Fedjej schon einen Tag nach einem starken Gewittergufs mehrere Reiher. Vor dem Niederschlag war natürlich um diese Jahreszeit auch nicht ein Tropfen Wasser dort zu schen 280 O0. Graf Zedlitz: sewesen. In gröfserer Zahl sieht man unsere grauen Langbeine auf dem Bahira-See bei Tunis, wo sie besonders auf der unbewohnten kleinen Insel Chikli gern rasten. Ich habe dort täglich einen srölseren Trupp gesehen und auch ein Stück geschossen. Ebenso ist der Vogel an den Lagunen von Nabeul keine seltene Erscheinung. Weiter im Süden wird er noch häufiger, auf den Knais sah ich täglich viele hunderte und bei El Gourine, einige Märsche südlich von Gabes an der Küste, war eine kleine Insei tatsächlich so bedeckt davon, dafs sie einfarbig grau erschien. Überall dort fand ich den Reiher wenig scheu, vertrauter als irgend einen der sonst vorhandenen Stelzvögel. Ich glaube allerdings auch nicht, dafs ihm jemand im Süden auch nur gelegentlich nachstellt. Auf dem Bahira-See ist der schlaue Bursche schon recht vorsichtig geworden, da dort fortwährend auf alles geknallt wird. Manches mal habe ich auf den Knais mit Vergnügen zugesehen, wie bei steigender Flut allmählich das ganze unzählige Heer der Vögel immer mehr und mehr dem Ufer zugedrängt wurde, wo ich lang ausgestreckt hinter einem niederen Wall von Grünzeug prächtig gedeckt lag und einmal so recht in aller Ruhe das bewegte bunte Bild genielsen konnte. Zunächst breitet sich vor dem Auge nur eine scheinbar unermefßsliche blanke Schlickfläche aus, hie und da unterbrochen von Wasseradern verschiedener Breite. Von Minute zu Minute gewinnen diese an Ausdehnung, und in zahllosen kleinen Rinnsalen frifst sich die steigende Salzflut immer weiter in die Schlammfelder hinein, immer lebhafter slitzern und gleifsen die sich darin wiederspiegelnden Sonnen- strahlen. Jetzt erscheinen gleitenden Fluges einige grofse Möwen, Larus leucophaeus (Licht.), eräugen mich natürlich sofort aus der Höhe und kreisen unter lautem Warnungsruf einige Minuten dicht über mir. Nachdem sie sich überzeugt haben, dafs ihnen keine Gefahr droht, beruhigen sie sich wieder vollkommen und lassen sich gelegentlich wohl auf 10—20 m neben mir nieder, suchen nach Nahrung, erheben sich wieder spielend und nehmen keinerlei Notiz mehr von dem Menschen in ihrer Nähe. Auch die verschiedenen Seeschwalben regen sich nicht weiter auf, wenn kein Schuls abgegeben wird. Plötzlich ein scharfes Sausen mir zu Häupten, ich drehe den Kopf, da schiefst ein Flug von 50—60 Tringen pfeilschnell dahin, vollführt in tadelloser Disziplin bald eine Schwenkung nach rechts, bald eine Wendung nach links, kehrt um und kommt wieder vorbei, diesmal nur wenige Fufs über dem Schlick entlang streichend. Ein kleinerer Trupp von Totaniden folgt ihnen, laut lockend, aber weniger abwechselungs- reich in seinen Flug-Exerzitien. Schnell folgen diesen Vorläufern noch kompaktere Scharen, bald saust, schwirrt, lockt, pfeift es überall um mich herum. Die Totaniden suchen meist, wenn sie sich satt getummelt haben, die kleinen Wasserstellen im Inneren der grofsen Insel auf, die Tringen fallen auf den noch freien Schlammplätzen ein und stechen dort eifrig, genau nach Art der Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 281 Waldschnepfen, ihren langen Schnabel bis zur Wurzel in den weichen Grund bohrend, dabei bedächtig eine Stelle sorgsam absuchend. Dazwischen huschen schnellfülsig wie kleine graue Gnomen mit schwarzer Kravatte zahlreiche Aegialitis herum, meist Aegialitis alexandrina (L.). Diese kommen nicht in grofsen Gesellschaften, sondern in vielen kleinen Trupps und gehen dann jeder für sich ihrer Nahrung nach, durch- ihre Wichtigtuerei und ihr emsiges ruckweises Umbertrippeln höchst possierlich wirkend. Stundenlang könnte ich den putzigen kleinen Kerlen so zuschauen, doch schon wird die Aufmerksamkeit anderweitig gefesselt. Laut pfeifend nähert sich ein Flug grölserer Vögel, um zerstreut längs der Küste wieder einzufallen, einige davon dicht vor mir, es sind grofse Brachvögel, Numenius arquata (L.). Auch diesen bei uns so scheuen Gesellen einmal auf wenige Meter in aller Ruhe bei seinem Frühstück belauschen zu können, ist ein Genufs. Wie geschickt wird der lange gebogene Schnabel in den Schlamm gebohrt und wie vorsichtig wieder herausgezogen, wenn die beweg- liche Spitze eine zappelnde Beute erfalst hat. Zwischen durch ertönt immer wieder der laute melodische Pfiff, dem einer der Nachbarn antwortet, gerade als ob spielende Kinder sich jubelnd zurufen wollten: „Ich habe wieder einen!“ und „Ich auch, ich auch!“ Lange betrachte ich mit Interesse die emsigen „Schlammforscher“, da habe ich den Blick wieder und sehe überrascht, dafs das Bild vor mir am Horizont sich vollkommen geändert hat. Da ist keine weite Schlickmasse mehr, sondern noch nur einige Inseln erheben sich zwischen breiten ruhigen Strömen und ganz hinten rückt es heran wie eine schimmernde strahlende Wand, die steigende Flut, welche gierig imVordringen immer mehr von den zurückgebliebenen Eilanden verschlingt. Aber nicht der flimmernde Wasserspiegel ist es, der meine Aufmerksamkeit fesselt, nein am Rande der heranflutenden Welle kommt ein Heer dunkler und heller Gestalten, hoch und gravitätisch, anmarschiert, aufgelöst in eine lange Schützenlienie, soweit das Auge reicht, vor der Front einige Gefechts-Patrouillen. Liegt man selbst flach auf dem Boden, so erscheinen in dem glitzernden Lichte die Figuren unnatürlich grofs, wirklich fast wie Menschen, dabei spiegeln sie sich in der Silberflut zu ihren Fülsen, sodals man kaum weils, wo der wirkliche Körper aufhört und das Trugbild anfängt. Nun schnell das Glas ans Auge und die Herrschaften rekognosciert. Weitaus das Gros bilden graue Reiher, dort halbrechts stolzieren drei Löffler, Platalea leucorodia (L.), täuscht mich nicht alles, so sehe ich noch weiterabseits zwei Silberreiher, Herodias alba (L.), und als Nachzügler erfreuen ein Dutzend Flamingos das Auge, auf deren rosa-weilsem Gefieder die Sonne prächtige Reflexe hervorzaubert. Hat man sehr viel Glück, kann man wohl auch einige Seidenreiher, Herodias garzetta (L.) noch unter dem bunten Gewimmel entdecken. Genau in dem Tempo wie das Wasser steigt, rückt auch das ganze Heer gegen 282 0. Graf Zedlitz: die Küste heran, meist so tief in der Flut mit fortschreitend, als es die langen Stelzen gestatten, die grauen Reiher nur stets im seichten Wasser. Gröfsere Rinnsale werden überflogen, dann wartet alles wieder, bis die ersten Wellen sie umspielen. Zuletzt geht es in etwas beschleunigtem Tempo, mancher legt die letzten 200 m fliegend zurück, um gleich auf einem erhöhten Punkt der Küste rechts und links von mir einzufallen. Inzwischen hat das Gewimmel der Brachvögel, Regenpfeifer und Strandläufer auf dem letzten Streifen Schlamm dicht vor mir seinen Höhepunkt erreicht, es geht zu wie in einem Ameisenhaufen. Als letzte waten Löffler und Flamingos noch in der steigenden Flut herum, sie kommen nach meinen Beobachtungen überhaupt nicht aufs Trockene wie alle Reiher, sondern bleiben auf ihren neckisch langen Ständern im seichten Wasser stehen, bis die einsetzende Ebbe ihnen gestattet, wieder hinaus zu marschieren. Hat man sich den richtigen Platz gewählt, so kann man diese scheuesten der Tunesischen Stelzvögel mit Sicherheit auf Schrotschufs- Entfernung ausgiebig beobachten und nach Bedarf erlegen. Da immer nur an einzelnen Stellen der Küste auch bei Hochflut der flache Grund das Verweilen im Wasser ihnen gestattet, kehren sie stets mit steigendem Meer zu diesen Plätzen zurück, die man sich praktischerweise vorher auskundschaftet. Alle anderen Stelz- vögel sind weniger zuverlässig in Bezug auf die Stelle, wo sie schliefslich das Land annehmen, die Silberreiher bevorzugen die kleinen Felseninseln, welche dem Schützen fast keine Deckung bieten. Die Beobachtung dieser so reichen Vogelwelt, welche uns das Meer selbst in natürlichster Weise selbst vorführt, muls für jeden Tierfreund einen seltenen Genufs bieten, der mit den mannigfachen Schwierigkeiten nicht zu teuer erkauft ist, den die Erreichung der Knais inmitten des Wattenmeer unter allen Umständen verursacht. Ardea alba (L.) Deutsch: Silberreiher, franz.: höron blanc, arab.: Naoscha abied. Ardea alba Linne Syst. Nat. Ed. IX p. 144, (1758), Whitaker B. of T. 1905. — Herodias alba Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXVI p. 90, Tristram Ibis 1859, v. Erlanger 1900. — Ardea (Herodias) egretia Malherbe 1846. — Egreita alba Loche 1867. — HHerodias egretta König 1888, 1893. Der grofse weifse Reiher ist zumeist Wintergast, tritt aber anscheinend nicht in gröfseren Gesellschaften, sondern nur einzeln oder paarweise auf. Auf dem Bahira-See, wo ihn König im Winter 1886/87 noch fand, habe ich ihn nie gesehen, es ist ihm dort wohl jetzt zu unruhig geworden. An dem südlichen Teil der Ost- küste von Mahares an sowie auf den Knais habe ich ihn einige mal beobachtet. Dort stellte ihn auch im Winter 1896/97 Er- langer fest, und sammelte am 11. und 13. Nov. 96 2 Exemplare. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 283 Spatz hält ihn in dieser Gegend für eine keineswegs seltene Er- scheinung, doch ist seine Erlegung nicht leicht. Er ist wesentlich scheuer als die anderen Vertreter seiner Sippe. Ardea garzetta (L.) Deutsch: Seidenreiher, franz.: petit heron blanc, arab.: Naoscha abied zrir. Ardea garzetia Linne Syst. Nat. Ed. XII. p. 237, (1766), Malherbe 1855. — Ardea garzetta Whitaker B. of T. 1905. — Gar- zelta garzeita Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXVI. p. 118. — Garzetta egretta Loche 1867. — Herodias garsetta König 1888, 1893, v. Er- langer 1900. Als Wintergast wie der vorige belebt auch der kleine weilse Reiher die Küsten und Lagunen Tunesiens in ihrer ganzen Aus- dehnung. Er scheint aber im Norden häufiger zu sein als im Süden. König beobachtete ihn auch am Bahira-See mehrfach, Erlanger dagegen an den Knais nur ganz vereinzelt. Ich habe ihn einigemal dort und bei Mahares gesehen, stets in kleinen Gesellschaften. Direkt häufig möchte ich ihn dort nicht nennen. Er ist weniger scheu als sein grolser Vetter, scheint auch gelegentlich mit anderen Vertretern seiner Sippe gute Freundschaft zu halten, wenn das steigende Wasser sie zusammendrängt, sonst ist er aber lieber allein mit seinesgleichen. Ardea bubulcus (Audouin) der Kuhreiher ist von mir nicht mit Sicherheit festgestellt worden, ich will aber keineswegs bestreiten, dafs er s. Z. auf den Knais existierte und mir nur unter den vielen interessanten Erscheinungen entgangen ist. Dafs er in Tunesien vorkommt, hat schon König nachgewiesen, der im Februar und Mai 1887 je ein Exemplar erhielt. Ebenso verhält es sich mit Ardea purpurea (L.), den ich nicht eingehend erwähne, da er mir nicht zu Gesicht gekommen ist. Erlanger hat ihn s. Z. auf Knais konstatiert. Dals zur Zeit meines Besuches sich dort Purpurreiher aufhielten, glaube ich kaum, denn sie würden uns wohl nicht entgangen sein. Ardeola minuta (L.) Deutsch: Kleine Rohrdommel, franz.: heron blongios. arab.: Naöscha zrir. Ardea minuta Linne Syst. Nat. Ed. XII, (1766); Malherbe 1846, Whitaker Ibis 1895. — Ardeola minuta Loche 1867, Whitaker B. of T. 1905. — Ardetta minuta König 1888, 1893; v. Erlanger 1900. Die kleine Rohrdommel gehört nicht zu den häufigen Er- scheinungen, doch ist sie schon von Erlanger als Brutvogel für 284 0. Graf Zedlitz: die Oasen des Djerid erwähnt. Ich erlegte im Mai 1905 ein Exemplar bei Gabes und glaubte deshalb, dafs sie auch dort in der Oase brütet. Nyeticorax nyeticorax (L.) Deutsch: Grauer Nachtreiher, franz.: bihoreau a manteau noir, arab. Naöscha assued. Ardea nycticorax Linne Syst. Nat. XII. p. 235, (1766), — Nyeticorax griseus Loche 1867, Tristram Ibis 1859; König 1888, 1893, Whitaker B. of T. 1905. — Nyeticorax ardeola Malherbe 1846, 1855. — Nycticorax nycticorax Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXVI; v. Erlanger 1900. In gröfseren Oasen des Südens, wo ihm dichtes Schilf und Rankengewirr guten Unterschlupf bietet, führt der Nachtreiher ein heimliches, wenig beachtetes Dasein. Niemals habe ich zu irgend einer Tages- oder Nachtzeit seine Stimme dort gehört, die er an anderen Orten, z. B. an den Ufern des Tacazze in Nord- Abessinien nach meinen Erfahrungen des Jahres 1908, schon vom Nachmittag an mit Vorliebe ertönen läfst. Trotzdem scheint er in der Oase Gafsa sich ständig aufzuhalten, er wurde dort mehr- fach von Erlanger erlegt, und auch'im Frühjahr 1904 schofs dort ein deutscher Herr ganz zufällig ein Exemplar. Man mufs vermuten, dafs er dort brütet, doch ist meines Wissens noch kein Nest in Tunesien aufgefunden worden. Familie: Giconiidae. Ciconia ciconia (L.) Deutsch: Weilser Storch, franz.: cigogne blanche; arab.: Belerdj, oder Bouläklak (König). Ardea ciconia Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 142, (1758). — Ciconia alba Mahlherbe 1846, 1855; Loche 1858, 1868; Tristram Ibis 1859, König 1888, 1893, 1896. — Ciconia ciconia Hartert Cat. Vogelsamml. p. 204, (1891); v. Erlanger 1900; Whitaker B. of T. 1905. Der Vogel Adebar ist im Norden der Atlasländer den Winter hindurch nicht selten, anscheinend in Algerien aber viel häufiger als in Tunesien. Gelegentlich brütet er auch, aber nur im Gebiet I. Im Gebiet II sah ich nur am 24. III. 1905 im Segui einige Exemplare, welche jedenfalls auf dem Zuge sich befanden. In den ersten Märztagen 1906 bei Nabeul (Gebiet I) hielt er sich noch dauernd auf. Eigene Beobachtungen über Bruten habe ich nicht machen können. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 285 Familie: Ibidae. Platalea leucorodia (L.) Deutsch: Löffler, franz.: gros-bec, arab.: Bou M’hascha. Platalea leucorodia Linne Syst. Nat. Ed. XII, p. 221, (1766), Malherbe 1846, 1855, Loche 1858, 1867, König 1888, 1893; v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Dieser Vertreter der Ibis-Familie ist im Süden häufiger als im Norden, wo ich ihn weder am Bahira-See, noch bei Nabeul antraf. Hingegen war er eine alltägliche Erscheinung an der Küste südlich von Sfax. Ich sah ihn, stets in kleinen Gesell- schaften vereinigt, bei Mahares, Skyrrha, El Gourine und Bou Grara sowie sehr zahlreich auf den Knais. Etwa an denselben Plätzen fand ihn auch Erlanger und erbeutete eine gröfsere Serie, davon mehrere auf einen Schufs. Im Fluge halten sie sich stets gut geordnet in Winkelform, ähnlich wie die Wildgänse. Nach Regengüssen findet man den Löffler oft am Wasser einer Sebkhra, dann bisweilen einzeln. So sah ich im Mai 1905 an der Sebkhra Zerkine einen alten Vogel eifrig seiner Nahrung nachgehen, der sich auch durch wiederholtes Schiefsen auf andere Objekte nicht wesentlich stören liefs. Im allgemeinen ist der Löffler nicht sehr scheu, doch liebt er es, eine angemessene Entfernung zwischen sich und den Menschen zu legen, sodafs man mit der Flinte allein meist nicht zum Ziele kommt. Ich halte es für sehr wohl möglich, dafs er auf den Knais auch brütet, leider konnte ich darüber mir keine Gewilsheit verschaffen, da ein Versuch, Anfang Mai 1905 die Inseln zu erreichen, am schlechten Wetter und der Unfähigkeit der Bootsleute scheiterte. Ich kann jedem Ornithologen einen Besuch der Inselgruppe um diese Zeit nur warm ans Herz legen. Familie: Phoenicopteridae. Phoenicopterus röseus (Pall.) Deutsch: Flamingo, franz.: flament rose, arab.: Schabrousch. Phoenicopterus roseus Pallas Zoogr. Ross.-As. II. p. 207, (1871), Loche 1858, 1868, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Phoenicopterus antiquorum Malherbe 1846, 1855, König 1888, 1893. Diese „Ente auf hohen Füfsen mit langgestrecktem Halse“ wie sie König so treffend bezeichnet, ist wohl kaum einem Touristen entgangen, der Tunesien auch nur für kurze Zeit be- sucht hat, und doch bietet sie dem Ornithologen noch manche biologische Rätsel, deren Lösung bisher nicht geglückt ist. Schon auf dem Bahira-See, wo der Flamingo die häufigste und auf- 286 ann: 0. Graf Zedlitz: fallendste Erscheinung unter den gröfseren Wasservögeln ist, ist seine Lebensweise von den einzelnen Forschern keineswegs über- stimmend beschrieben worden. König, der uns sonst eine Menge ungemein charakteristischer Beobachtungen über die Nahrungs- Aufnahme, den Flug u. s. w. mitteilt (vgl. J .f. O. 1888 p. 291 ff.), meint, den Vogel sei zur Brutzeit im Süden und erschiene mit Beginn der kälteren Jahreszeit wieder in Nord-Tunesien, Marocco und Sardinien. Nach Kobelt sollen umgekehrt im Winter wenig, im Sommer viel Flamingos auf dem Bahira-See sein. Ferner er- wähnt König, dafs er im November 1886 noch keinen einzigen dort gesehen habe, und glaubt deshalb, sie seien damals noch nicht im Norden eingetroffen gewesen. Ich kann mich keiner der vorerwähnten Anschauungen ganz anschlielsen, vielmehr liegt die Sache nach meinen Beobachtungen aus den Monaten Januar bis Mai sowie zuverlässigen Informationen einiger Herren, welche Jahr aus Jahr ein nahe dem See wohnen, wie folst: Das ganze Jahr hindurch gibt es Flamingos in nennenswerter Zahl in Nord- Tunesien. Mit Vorliebe liegen sie auf dem Bahira-See, doch ziehen sie manchmal auf mehrere Tage nach der Sebkhra Saniette, welche ca 15 klm nördlich der Stadt an der Strafse nach La Marsa liegt. Bei schönem ruhigen Wetter machen sie gern diese Landpartien, bei Regen und Sturm bevorzugen sie den Bahira- See, wie ich während längeren Aufenthaltes Anfang März 1905 konstatiert habe. Aufserdem kommen sie erst nach Einbruch der Dämmerung nach dem See, den sie schon sehr zeitig am Morgen wieder verlassen, sodals man Tags über keinen einzigen zu Gesicht bekommt. Im allgemeinen ist unleugbar ihre Zahl geringer und ihr Wesen unstäter von Anfang März bis Ende Juli, spätestens im August ist dann wieder die volle Zahl da. Also vom August— März sind im Norden viel, vom März bis Ende Juli etwas weniger Standvögel da, doch rechnet auch dann ihre Zahl immer auch nach hunderten. Auch überall weiter südlich an der ganzen Ostküste fand ich in diesen „mageren Monaten“ noch genug Exemplare, besonders viele bei Nabeul, Mahares, Bou Grara und auf den Knais. Um diese Zeit sieht man allerdings neben den grolsen Flügen oft kleine Gesellschaften von 3—6. Stück, dann ausnahmslos jüngere Tiere, deren Gefieder fast noch kein rosa zeigt. Dieselbe Beobachtung erwähnt König aus dem Jahre 1891 von der Sebkhra bei Enfida unweit Sousse und knüpft daran die Vermutung, dafs die Vögel dort in der Gegend erbrütet seien. Ich glaube dies ganz bestimmt verneinen zu müssen, es ist, wie gesagt, eine in jedem Frühjahr häufige Erscheinung, dafs man kleine Gesellschaften junger und dann meist recht vertrauter Vögel antrifft, deren Eltern wohl irgend in der Ferne dem Brutgeschäfte obliegen. Schon Mitte Februar 1906 beobachtete ich an meinem südlichsten Punkt der Küste Bou Grara solch ein Kinderkränzchen mehrere Tage lang bis zu meinem Abmarsch. Bei den grofsen Trupps ist die Zahl der jüngeren Individuen im Frühjahr vor- Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 287 herrschend, doch befinden sich dann auch stets ältere z. B. prächtig ausgefärbte Exemplare dabei. Vom August an ist der Procent- satz der ausgefärbten Vögel wieder ein grölserer. Ich glaube demnach, dafs von den tunesischen Flamingos ein grofser Bruch- teil alljährlich nicht zur Brut schreitet; es sind dies zunächst die jungen, welche wohl erst nach einigen Jahren geschlechtsreif werden, und sodann auch manche ältere, die aus mir unbekannten Gründen zurückbleiben, vielleicht zur Führung der Jungen, viel- leicht aus Mangel an Nist-Gelegenheit. Wohin die Alten sich begeben, welche einen Hausstand gründen, das hat noch niemand erforscht. Sollten sie wenigstens zum Teil in Tunesien bleiben, so wülste ich nur einen Brutort für sie, das ist der centrale bis westliche Teil des mächtigen Chott Djerid, ein für den mensch- lichen Fufs leider bisher unerreichbarer Fleck. Dafs in den Monaten März und April häufig des Nachts in der Gegend um Gafsa der Ruf nach Süden ziehender Flamingos ertönt, das kann ich bezeugen. Ende März 1904 sah ich an der kleinen Sebkhra am Fufs des Sidi Aisch einen Trupp von nur älteren Vögeln und fand auch einen sehr schön ausgefärbten, der sich an der Tele- graphen-Leitung dort totgeflogen hatte. Auch die Eingeborenen bestätigten mir, dafs im Frühjahr viel alte Vögel nach dem Chott kommen und bis tief hineinziehen, wohin ihnen kein Mensch auch nur mit dem Auge folgen kann. Das alles gibt doch zu denken, umsomehr da es nach meiner Ansicht ausgeschlossen ist, dafs irgend ein anderer Punkt in Tunesien als Brutplatz in Frage kommen könnte. Gelegentliche diesbezügliche Mitteilungen haben sich unzweideutig als Mystifikationen erwiesen. Was die Jagd anbelangt, so kann bei jungen Vögeln bis- weilen ein einfaches Angehen glücken, wie es auch König s. Z. an der Sebkhra Enfida mit Erfolg ausführte. Immerhin ist dies eine Ausnahme, sehr viel sicherer kommt man am Meere, besonders auf den Knais, zu Schufls, wenn man bei Ebbe sich gut gedeckt anlegt und wartet, bis das steigende Wasser die Vögel langsam dem Ufer zutreibt. Es gilt dann nur, vorher die richtige Stelle auskundschaften, d. h. beobachten, wo die Vögel bei Flut nahe am Ufer stehen. An den Lagunen von Nabeul kann man bei einiger körperlicher Gewandtheit in den Sanddünen bis auf reich- liche Kugel-Distanz von 150—200 m herausrutschen, natürlich nicht überall. Ich habe auf diese Weise selbst am 1. III. 1906 ein @ ad. mit sehr schönem Gefieder erlegt und ein bekannter deutscher Herr schofs sogar 2 Stück, doch mufs man eine sehr zuverlässige kleinkalibrige Büchse haben, denn gelegentlich heilst es auch einmal auf 300 m hinfeuern, wenn man nicht unver- richteter Sache umkehren will. Recht gut macht sich bisweilen das Ansegeln bei Sturm und Regen, ich versuchte es einmal Mitte März 1906 nahe der Mündung des Oued Akarit bei Gabes und erbeutete aus einem grolsen Trupp ein J ad., ein Q ad., ein Q' juv., 2 davon mit Schrot, einen mit der Kugel. Die bei 288 0. Graf Zedlitz: den Knais erwähnte Methode des Ansitzens ist zweifellos die rationellste, da man in diesem Falle mit Schrot ziemlich sicher zu Schufs kommt und das zarte Gefieder auf diese Weise besser erhält. Eine unglücklich sitzende Kugel selbst kleinsten Kalibers reifst doch leider meist ein zu böses Loch. Nirgends ist der Flamingo so schwer zu erbeuten als auf dem Bahira-See, wo ihm dauernd nachgestellt wird. Eigentlich ist es schade um jede Stunde, die man dort auf seine Jagd vergeudet, und doch ist es bisweilen möglich, Erfolg zu haben. Die Vögel suchen mit grofser Regelmälsigkeit dieselben flachen Stellen im Wasser auf und ziehen stets genau auf derselben Strafse vom See zur Sebkhra Saniette und zurück. An stürmischen Tagen, wenn sie niedrig streichen, kann man sie auf diesem Wechsel in der Dämmerung früh oder Abends ablauern, natürlich wird es auch oft umsonst sein. Schliefslich kenne ich einen sehr passionierten jungen Jäger, der im See an einer der bevorzugten Stelle sich Nachmittags in Schlamm und Wasser versenkte, sodafs eigentlich nur noch der Kopf und die Flinte herausragten. So wartete er, bis gegen Abend die ganze Gesellschaft ankam und erlegte tatsächlich sieben Stück auf einmal. Das war im August 1905 zu einer Zeit, wo die Lagune keineswegs lieblich duftet, es dürfte also diese Jagd- Methode nicht nach jedermanns Geschmack sein. Das Ansegeln bei Mondschein, das vielfach empfohlen wird, habe ich mit vollkommen negativem Erfolg versucht, es geht mir auch wieder den Strich, bei sehr unsicherer Beleuchtung auf grofse Entfernung in einen Haufen Vögel hineinzuschiefsen, ohne konstatieren zu können, was man eigentlich trifft. Ich bin nun einmal kein Freund der nächtlichen Jagd auf keinerlei Wild, heilse es wie es wolle. Familie: Anatidae. Tadorna tadorna (L.) Deutsch: Brandente, franz.: le tadorne, arab.: ? Anas tadorna Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 122, (1758). — Tadorna beloniü Loche 1867. — Tadorna cornuta König 1888, 1893. Tadorna tadorna v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Eine der wenigen Enten, welche in geringer Zahl auch den Sommer über in Tunesien bleibt, ist die durch ihr buntes Ge- fieder leicht anzusprechende Brandente. Ich traf ein Pärchen Anfang bis Mitte Mai regelmäfsig an der Sebkhra Zerkine. Auch bestätigte mir Blanchet, gelegentlich im Sommer einige Stücke gesehen zu haben, niemals aber gröfsere Flüge. Sie mag also dort wohl auch brüten, aber nicht zahlreich. Im Winter bis Mitte März findet man unter dem vielfachen Vogelleben auf dem Bahira- See und auf den Lagunen bei Nabeul diese Ente mit am häufigsten. Sie ist dort überall recht scheu und hält sich nicht gern in der Nähe des Ufers auf, wo es leicht wäre, sie zu beschleichen. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 289 Anas boschas (L.) Deutsch: Stockente, franz.: canard commune, arab. ? Anas boschas Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 110 (1758), Mal- herbe 1855, Loche 1867, König 1888, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Als Wintergast im Norden nicht selten, im Süden vereinzelt. Ich schofs ein Q ad. im Januar 1906 am R’dir Boularoua im südlichen Segui. Dafila acuta (L.) Deutsch: Spielsente, franz.: pilet longue queue, arab.: ? Anas acuta Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 126, (1858). — Dafila acuta Eyton Cat. Br. B. 1836 p. 68, Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Im Winter die häufigste Ente auf den Oued des Südens. Tags über weit draufsen im Meer liegend kommt sie Nachts an kleine Süfswasserstellen, um Nahrung zu suchen; dabei wird sie eifrig von Eingeborenen und einigen weilsen Jägern auf dem Ansitz erlegt, insbesondere bei Mondschein. An den grölseren Flüssen, besonders dem Oued Akarit und Oued Zeuss, streichen die Enten den ganzen Tag über gelegentlich herum, fallen auch oft an Stellen ein, wo man sie gedeckt durch das Ufer anschleichen kann. Bei steigender Flut pflegen sie an den Flufsläufen herauf zu kommen, bei Ebbe liegen alle draufsen auf den Watten. Das Wildpret der hier im Winter sehr feisten Vögel ist ganz vorzüglich, besser als das der Sommer- oder Herbstente zumeist in Europa. Spatula clypeata (L.) Deutsch: Löffelente, franz.: le souchet. Anas clypeata Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 124, (1758). — Rhynchaspis clypeata Loche 1867. — Spatula clypeata Boie „Isis“ 1822 p. 564, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1905, B. of T. 1905 Zumeist Wintergast, brütet die Löffelente auch in Tunesien, allerdings in nicht grofser Zahl. Spatz stellte sie als Brutvogel auf der Insel Curiat bei Monastir fest. Sie ist nicht annähernd so häufig im Süden wie Dafila acuta und Mareca penelope. Mareca penelope (L.) Deutsch: Pfeifente, franz.: mareque siffleur. Anas penelope Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 126 (1758), Malherbe 1855, v. Erlanger 1900. — Mareca penelope Selby Brit. Orn. II p. 324, (1833), Loche 1867, König 1888, 1893, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. Journ. f. Orn. LVLL, Jahrg. Juli 1909. 20 290 0. Graf Zedlitz: Die Lebensführung ist gauz ähnlich der von Dafila acuta Nachts werden Sülswasserstellen besucht, Tags über geht es aufs Meer oder an die gröfseren Flufsmündungen. Die Enten sind auch im Winter sehr unstät und treiben sich weit im Lande herum. Bald kann man bei Gabes in der Zeit vom November bis Ende Februar grofse Scharen sehen, bald wieder Wochen lang nur wenige Stücke. Am häufigsten traf ich sie im Februar 1906 am OQued Zeuss südlich von Gabes. Wenn bei grofsen Regen- fällen im Dezember/Januar die ausgedehnte Sebkhra Sidi Mansour voll Wasser steht, sollen sich Wolken von Wasservögeln, darunter besonders Pfeif- und Spiefsenten, dort ansammeln. Uber Bruten in Tunesien ist mir nichts bekannt. Familie: Golumbidae. Columba livia (bonn.) Deutsch: Felsentaube, franz.: colombe biset, arab.: H’mam, Gomri. Columba livia Bonnaterre Enceyclopaedie Method. I. p. 227, (1790). Columba livia Malherbe 1855. Columba livia Loche 1867, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1894, Birds of Tunisia 1905. Wenn Erlanger sagt, die Taube sei in allen Gebirgen Tunesiens sowie in den Uferwänden gewöhnlicher Brutvogel, so behauptet er gewifs nicht zu viel. Ich habe sie unfehlbar in jeder Wand angetroffen, ob aus Fels oder Lehm, ob hoch oder niedrig, ja ohne sie wäre das charakteristische Gesamtbild eines tunesischen Berges einfach nicht vollständig. Sehr beliebt als Brutstellen sind auch Brunnen, so die zahlreichen Ausschachtungen der Wasserleitung bei EI Guettar und die Cisternen bei Selondja. Im Süden traf ich die Taube überall häufig bis über M&d£nine hinaus an jedem Hügel, an jedem Brunnen, doch schien sie mir dort unmittelbar an der Küste nicht so zahlreich vorzukommen als weiter im Innern, so an den Ausläufern der Matmata-Berge. Im allgemeinen ist sie gar nicht scheu, besonders zur Paarungs- zeit, gurrt, kollert, tanzt, dienert der Täuberich in der bekannten Manier auf den Felsbändern überall, ohne sich im geringsten durch uns stören zu lassen. Beginnt das Getreide zu reifen, so fallen die Tauben gern in den Feldern ein. In den Kaktus-Plan- tagen am Fufse des Dj. Sidi Ali ben Aoun suchen sie oft und gern nach Sämereien von Unkraut und sonstiger Nahrung. Die Brutzeit beginnt ziemlich unregelmäfsig, am 26. III. 1906 ent- nahm ich einem Nest in einer Cisterne bei Selondja 2 ganz frische Eier und einem daneben liegenden 2 fast flügge Junge, welche bis auf die Köpfe vollkommen ausgefiedert waren. Danach Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 291 kommen die ersten Gelege schon Ende Februar vor. Die Zahl der Eier ist wohl stets 2. Die Mafse sind: a. 38,85: 27,75 mm, b. 41,1:26,9 mm (26. Ill. 06.) IF5D:.H. ID H: König gibt 39:27 mm an. Turtur turtur (L.) Deutsch: Turteltaube, franz.: tourterelle commune, arab.: Imäm. Columba turtur Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 164, (1758), Malherbe 1846. — Turtur turtur Sharpe Ibis 1891, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Turtur auritus Loche 1867. — an vulgaris König 1888, 1893. — Turtur communis Whitaker 1 1895. Im Winter dürfte es auch im äufsersten Süden schwer halten, eins dieser zierlichen Täubchen zu Gesicht zu bekommen, die ersten erscheinen Mitte April und verbreiten sich dann schnell über ganz Tunesien. König erwähnt als frühesten Termin, an dem er sie an der Ostküste i. J. 1891 sah, den 18. IV., ich traf und erleste die erste am 11. IV. 1905 am Dj. Freiou. Gegen Ende April und Anfang Mai hatte ich wiederholt Gelegenheit, die ungeheuren Scharen der ziehenden und sich gelegentlich auf die Felder stürzenden Tauben zu beobachten, welche auch König J. f. ©. 1888 erwähnt. Die gröfsten Massen sah ich am 11. V. 1905 südlich von Gabes. In den Oasen um Gafsa, El Guettar und Gabes traf ich sie allenthalben und erlegte sie mehrfach. Am 10. V. 1905 fand ich bei Gabes in mäfsig hohen Palmen 2 Nester, eins enthielt 2 zum Ausfallen reife Eier, das andere 2 schon bald flügge Junge. Die Eier konnte ich leider nicht mehr retten. Die Nester stehen ziemlich versteckt mitten auf dem Kopf der Palme, doch wird man durch die ab und zu fliegenden Alten darauf aufmerksam gemacht. Turtur senegalensis aegyptiacus Lath. Deutsch: Palmentaube, franz.: tourterelle maille, arab.: H’mam- mta-raba. Columba senegalensis Linn& Syst. Nat. Ed. XII. p. 283, (1766). — Turtur aegyptiacus Lath. Ind. Orn. II p. 607, (1790). — Turtur senegalensis Loche 1867, König 1888, 1893, 1896, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Turtur aegyptiacus Tristram Ibis 1859. — Turtur senegalensis aegyptiacus v. Erlanger J. f. ©. 1905 p. 116 ff. Die nordafrikanische 7. senegalensis aegyptiacus unterscheidet sich deutlich von den anderen verwandten Arten durch ihre be- deutendere Gröfse und die bräunliche (nicht graublaue) Farbe des Bürzels, welche kaum von der Rückenfärbung absticht. Diese Turteltaube ist nicht Zug-, sondern Standvogel. Schon König 20* 292 O0. Graf Zedlitz: berichtet, dafs sie den ganzen Winter über bei Monastir zu finden sei, ich habe sie ebenfalls Ende Februar und Anfang März bei Gafsa mehrfach angetroffen. Sie hält sich ausschliefslich an die Oasen, wo sie die Palmen bevorzugt. Auch bei Gabes ist sie nicht selten. Im Fluge scheint sie mir fast noch gewandter als die gewöhnliche Turtur zu sein. König beschreibt im J. f. O. 1893 mehrere Nester, die er im Mai fand, teils mit Jungen, teils mit Eiern. Sie standen in Kaktussträuchern und bestanden vor- wiegend aus Queckenwurzeln. Die Malse der Eier gibt er wie folgt an: a. 26:19 mm a. 27:20 mm B.327320 \,, b.. 26320. 1% Familie: Pteroclidae. Pterocles arenarius (Pall.) Deutsch: Sandflughuhn, franz.: ganga unibande, arab.: Kidra, plur. Kdarr. Tetrao arenarius Pallas, Nov. Comp. Petrop. XIX p. 418, pl. VII. (1774). — Pierocles arenarius Temminck Man. d’ Orn. p. 299 (1815), Malherbe 1855, Loche 1867, Tristram Ibis 1859, König 1888, 1893, 1896; v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. Von den afrikanischen Flughühnern geht dieses am weitesten nördlich und wurde z. B. v. Erlanger auch im Gebiet I konstatiert, wenn auch nicht gerade häufig. Seine eigentliche Heimat sind die Lehmsteppen und Geröllhalden des Gebietes II, doch erstreckt sich seine Verbreitung auch ins Gebiet IV, die eigentliche Sand- wüste scheint ihm hingegen nicht zuzusagen. Im Gegensatz zu anderen der Sippe pflegt dieses Huhn sich nicht zu grolsen Flügen zusammenzutun, sondern in kleinen Gesellschaften von 4—8 Stück oder auch paarweise zu leben. Schon lange vor der Legezeit trafich häufig Paare an, die wohl den ganzen Winter über schon zusammengehalten hatten. Für die Steppen des Segui und am Sidi Aisch ist es ein Charaktervogel, den man zu jeder Jahreszeit unfehlbar dort antreffen wird, ins eigentliche Gebirge versteigt es sich nicht. Auch zwischen Gabes und Med£nine ist es recht häufig. Bei der Auswahl seiner Lieblingsplätze zeigt es einen ähnlichen Geschmack wie die Kragentrappen. Ganz leicht ist die Erlegung nicht, doch gelingt es hin und wieder, zu Fufs sich anzuschleichen, wenn man die Vögel hat einfallen sehen. Frisch eingesäte Felder sowie kürzlich abgeerntete werden gern und regelmäfsig aufgesucht, ebenso Stellen mit viel reifendem Unkraut- samen. Man kann dort beim Ansitzen gelegentlich zu Schufs kommen. Am sichersten ist das Huhn wie alle seine Verwandten am Wasser zu erbeuten, wenn es zur Tränke kommt. Schon im Frühjahr erscheinen an den R’dir, den Ansammlungen von Regen- u ni Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 293 wasser, falst täglich kleine Gesellschaften, doch halten sie keine bestimmte Zeit inne, wenn auch die Früh- und Abendstunden die beste Aussicht bieten. Später mit zunehmender Hitze finden sie sich an den seltener werdenden Tränkplätzen immer regelmälsiger und zahlreicher ein, sodals man aus einem guten Ansitz heraus dann reichlich Gelegenheit zur Beobachtung und Erlegung hat. Stets fallen die Vögel etwas abseits ein, hocken kurze Zeit un- beweglich am Fleck und laufen dann mit trippelnden Schritten zum Wasser. Im Fluge lassen sie jederzeit ihr lautes „jürr, jürr“ ertönen, der aufgeschreckte Hahn stölst bisweilen auch einen schnarrenden Angstlaut aus. Die Brutzeit beginnt sehr spät erst ' nach der Reife des Getreides, also im Mai. Ich selbst habe keine Gelege bis Mitte Mai gefunden, doch beschreibt Erlanger 2 Gelege von 2 bezw .3 Eiern, die er bereits Anfang Mai entdeckte. Ich glaube bestimmt, dafs in sehr dürren Jahren nach totaler Milsernte auch ein starker Prozentsatz der Fiughühner überhaupt nicht zur Brut schreitet, das dürfte auch im Jahre 1905 der Fall gewesen sein. Alessi konstatierte mehrere Bruten in der Gegend von Gabes, die frühesten Mitte Mai, manche erst im Juni. Auch Spatz, der vielfach Gelegenheit zur Beobachtung während seines dauernden Aufenthaltes in Gabes hatte, gab mir die gleichen Daten an. Pterocles coronatus (Licht.) Deutsch: Kronenflughuhn, franz.: ganga couronne, arab.: Gatna, plur. Gatü. Pterocles coronatus Lichtenstein Verz. Doubl. p. 65 (1823), Loche 1867, König 1893, 1896, Tristram Ibis 1859, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. Als südlicher Vertreter des vorigen lebt das Kronenflughuhn vorzugsweise in der Sandwüste, erscheint jedoch auch nicht selten in dem Gebiet IV und bisweilen im Gebiet II. Im Gegensatz zu arenarius sieht man es aufser der Brutzeit fast stets in sröfseren Flügen vereint. Ich glaube, dafs diese Gesellschaften sehr weit im Lande herumstreichen, je nachdem sich ihnen ein gedeckter Tisch bietet. In ihrer heifseren und wasserärmeren Hei- mat kommen sie naturgemäfs zahlreicher und regelmälsiger zur Tränke als ihre nördlichen Verwandten. Im übrigen ist ihr Beneh- men dort nach Erlangers Beschreibung das gleiche. Im Fluge sind sie viel gewandter und führen im Verbande geschickt allerhand Schwenkungen und Spiele auf, dabei fleifsig ihren Lockruf aus- stofsend, der höher klingt als bei arenarius. Die Legezeit beginnt ebenfalls spät, um Mitte Mai, doch ist mir nicht bekannt, dafs dies Flughuhn für Gebiet II als Brutvogel schon nachgewiesen wäre. Im März 1905 habe ich unsere Flüge bei Sidi Mansour beobachtet, vorher und nachher niemals. 294 0. Graf Zedlitz: Pterocles alchata (L.) Deutsch: Spiefsflughuhn, franz.: cata vulgaire, arab.: kteia, plur. ktäa. Tetrao alchata Linne Syst. Nat. Ed. XII p. 276, (1766.) — Pterocles alchata Temminck Man. d’Orn. p. 302, (1815), König 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Pterocles setarius Malherbe 1846. :— Pieroclurus alchata Loche 1867. In Winter und Frühjahr treibt sich das Spielsflughuhn in gröfseren Gesellschaften unstät zumeist in Gebiet III und IV herum. Mit zunehmender Hitze zieht es mehr nach Norden und tritt von Ende Mai an in riesigen Scharen in der Umgegend von Gabes, dem Segui und den Steppen am Sidi Aich auf. Die Qualität der Ernte übt einen bestimmendten Einflufs aus, war diese gut und bieten die von den Beduinen stets wenig sorgsam abge- räumten Felder viel Körner zur Nahrung, dann findet sich das Spiefsflughuhn dort in Wolken ein, im umgekehrten Falle erscheinen nur kleinere Trupps oder es bleibt ganz aus. Kleinere Flüge habe ich schon im März 1905 mehrfach im Segui gesehen. In guten Jahren brütet das Flughuhn im Gebiet II aufserordentlich zahl- reich, im Juni erhielt Spatz in solchen Jahren die Eier buchstäblich zu vielen hunderten, in mageren Jahren auch nicht eins. In den heilsen Monaten wird auch die Tränke geradezu gestürmt, Ali hat dann für seine Persor an einem Vormittag schon über 100 Stück geschossen. Sie kommen im Gegensatz zu ihren Verwandten fliegend bis direkt aufs seichte Wasser, ohne vorher zu laufen. Er- langer sammelte Gelege von 2 bezw. 3 Eiern Mitte April im Segui und Ende Mai nördlich Gafsa. Die Haupt-Legezeit fällt aber nach Spatz’s Angaben erst in den Anfang Juni. Mir ist kein Vogel bekannt, bei dem in den einzelnen Jahren so enorme Abweich- ungen vorkommen, dafs bald an einem Brutplatze tausende von Eiern zu finden sind, ein andermal wieder nichts. Der letztere Fall wurde von mir im Jahre 1905, wenigstens bis Mitte Mai, konstatiert. Familie: Phasianidae. Caccabis petrosa petrosa (&mel.) Deutsch: Klippenhuhn, franz.: perdrix de Barbarie, arab.: H’djel. Tetrao petrosus Gmelin Syst. Nat. 1. p. 758, (1788). — Caccabis petrosa Gray, List of B., pl. III, Gall. p. 37, (1844), Tristram Ibis 1859, Loche 1867, König 1888, 1893, 1896, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Perdix petrosa Malherbe 1846. — Üaccabis petrosa petrosa v. Erlanger 1900. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 295 Jeder Sammler, der in verschiedenen Teilen Tunesiens gearbeitet hat, mulste konstatieren, dafs im Norden das Klippen- huhn erheblich dunkler ist als im Süden. Mit Recht sind deshalb die beiden Subspecies (©. p. petrosa (Gmel.) und ©. p. spatzi (Rchw.) getrennt worden. Nun heilst es allgemein, der Atlas bilde die Grenzscheide zwischen beiden, das ist aber, wenn man es genau nehmen will, nicht ganz richtig. Ganz allmählich wird das Gefieder des Huhns, je weiter wir nach Süden kommen, immer heller, schon in Mittel-Tunesien ist nicht mehr dieselbe Tönung wie bei Karthago, bei Medenine ganz im Süden ist der Rücken heller als im Segui, das doch auch südlich des Atlas liegt, nirgends dagegen zeigt sich ein scharfer Ubergang. Aufserdem haben die J' in der Regel etwas intensivere, also dunklere, Färbung als die 9, ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, dals die Bewohner der Berge zu etwas dunklerer Schattierung neigen als die Vögel der Lehmsteppe. Ich habe es mir angelegen sein lassen, eine gröflsere Suite dieses überall häufigen Huhns zu sammeln und möchte dannach mich für keine bestimmte Grenz- scheide erklären, sondern nur allgemein sagen, dals gradatim von Norden nach Süden das Gefieder, besonders auf der Ober- seite, heller wird. Dabei kommen aber verhältnismäfsig recht dunkle Stücke noch im Segui, dagegen recht helle bis zum Dj. Freiou vor, wo allerdings im allgemeinen die nördliche Form prävaliert. Südlich von der Linie Gabes-Chott habe ich dann die dunklere Varietät nie mehr angetroffen. DBiologisch dürfte kein Unterschied bestehen, sodals ich mich begnüge, über meine diesbezüglichen Beobachtungen nur einmal unter C. p. spatzi zu sprechen. Von Ü. ». petrosa gilt im allgemeinen dasselbe, nur dals die Ernährung in den nördlicheren Lagen eine gesichertere und demgemäfs das Brutgeschäft dort ein regelmäßiges ist, sehr im Unterschied vom Süden. Caccabis petrosa spatzi (Rehw.) Deutsch, franz., arab. wie voriges. Caccabis spatzi Reichenow J. f. O. 1895, p. 110, König J. f. O. 1896. — Caccabis petrosa spatzi v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Das Klippenhuhn des Südens ist in Bezug auf seinen Aufenthalt nicht wählerisch, in der Lehmsteppe, in den Feldern, im Gebirge, in der Peträischen Sahara, überall ist es zu Hause, nur nicht in den eigentlichen Sanddünen. Besonders zahlreich traf ich es in den Kaktus-Pflanzungen am Fufse des Dj. Sidi Aisch, des Dj. Sidi Aliben Aoun und des Freiou sowie in den Steppen südlich Gabes bei Mareth und Med£nine, Ich habe aber auch oben auf dem Kamme der höchsten Gebirge manches Huhn aufgescheucht. Den Herbst und Winter über leben sie in 296 OÖ. Graf Zedlitz: Völkern vereinigt, welche sich etwa im Februar in Paare auflösen, wenn es normal geht, d. h. Regen gefallen ist und die Saaten sprossen. Ist der Regen ganz ausgeblieben, wie z. B. im J. 1905, so bleiben die Völker vereinigt bis in den Sommer hinein, es ist dann von Brüten fast gar keine Rede, soweit die Region des Mifswachses reicht. Bisweilen ziehen sich die Ketten, welche schon gesprengt waren, unter dem Einfluls dauernder Trocken- heit und entsprechenden Nahrungsmangels wieder zusammen, wie ich im Jahre 1906 beobachtet habe. In fruchtbaren Zeiten sieht man vom März an überhaupt keine Kette mehr, so im Jahre 1904. Im übrigen verweise ich bei dieser Frage wieder auf meinen Aufsatz im J. f. O. 1908. III p. 480—487. Ich stütze mich mit meinen Behauptungen keineswegs nur auf die eigenen, immerhin engbegrenzten Beobachtungen, sondern auch auf die jahrelange Erfahrung zuverlässiger Gewährsleute wie Spatz und Blanchet, welche in dem Lande manchen Winter und Sommer gelebt haben und meiner Hypothese vollkommen zu- stimmten, nachdem ich sie ihnen einmal vorgetragen hatte. Die Brutzeit fällt zumeist in den März und April, ich schofs am 19. II. 1906 im Süden bei El Gourine ein 9, welches schon ein legereifes Ei bei sich trug. Anfang April erhielt ich aber am Sidi Aisch noch ein Gelege mit 10 nicht angebrüteten Eiern. Interessant ist zu beobachten, wie sehr diese in der Färbung variieren: die zuletzt gelegten sind hell schokoladenbraun, je älter sie sind, desto heller werden sie, die ältesten sind fast weils. Ich führe dies auf den Einfluls der Sonne zurück, die während der Legezeit, solange die Henne noch nicht fest sitzt, reichlich Gelegenheit hat, durch ihre intensiven Strahlen die empfind- lichen Farben verblassen zu lassen. Die Zahl der Eier beträgt bis zu 20. Interessante Beschreibungen gibt uns König J. f. O. 1888 von p. 260 an sowie J. f. O. 1895 von p. 78 an. Als Mafse nennt er 41:30 bis zu 38:30 mm. Das gröfste von mir 40,7 :30,25 las kleinste 378295 mm 17 D, p, m, das kleinste 16,25 D.H. mm. Als Kuriosität erwähnt König 1896, dafs das Huhn im Norden Algeriens häufig aufbäumt, im Süden Tunesiens habe ich diese Bemerkung nie gemacht, die Gelegenheit dazu ist dort auch gar zu spärlich, da unser Caccabis die eigentlichen Oasen nie aufsucht. gesammelte Ei mals Coturnix coturnix (L.) Deutsch: Wachtel, franz.: la caille, arab.: Semaöna. Tetrao coturnix Linne Syst. Nat. Ed X. (1758). — Perdix coturniz Malherbe 1846. — Coturnix communis Loche 1867, Whitaker Ibis 1894. — Coturnix dactylisonans König 1888, 1893, 1896. — Coturnix coturniz v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 297 Der Mehrzahl nach erscheint die Wachtel in den Atlasländern als Zugvogel, im Herbst spärlich, im Frühjahr zahlreich. Der Hauptzug fällt in die zweite Hälfte März, doch kommen einzelne Vorläufer schon viel früher. Die ersten sah ich am 19. 1. 1906 bei El Gourine, dann stiefs ich fast täglich auf kleine Trupps von 3-4 Stück, die eng zusammen hielten. Anfang März 1904 war im Segui die Wachtel schon eine tägliche Erscheinung, nie aber habe ich auf dem Zuge so viel auf einmal gesehen wie in den Tagen vom 24—30. III. 1906 im Segui. Man konnte in den spärlichen Feldern kaum 10 Schritt gehen, ohne dals 1—2 Stück mit lautem „schriig“ aufschwirrten. Nur in den eigentlichen Winterquartieren am Ostabhange des äthiopischen Hochlandes in Eritrea habe ich noch gröfsere Massen Anfang Februar 1908 angetroffen. Den ganzen April hindurch stiels ich noch überall in den Steppen, besonders in den kleinen Feldern, auf Wachteln. Ganz vereinzelte Paare bleiben im Gebiet II als Brutvögel zurück, Erlanger konstatierte 2 derartige Fällen, im Norden ist es keineswegs eine Seltenheit. Ob die tunesische Brutwachtel sich systematisch von der europäischen trennen läfst, ist noch eine offene Frage, die Ansichten gehen darüber sehr auseinander. So sagt z. B. König (J). f. O. 1888) von ihr: „Das g' etwas lebhafter gefärbt, die Figur eher schlanker“. Auch Erlanger glaubt, etwas lebhaftere Farben konstatieren zu können. Dagegen versicherte mir Blanchet, der vor Jahren in Sonkh-el-Arba im Norden längere Zeit lebte und viele Brutwachteln dort sah und erlegte, sie seien scheinbar etwas gröfser und heller (blasser) gefärbt als die Zugwachteln, das wäre also gerade eine entgegen- gesetzte Auffassung. Bis auf weiteres neige ich deshalb zu der Ansicht, dals ein konstanter Unterschied sich überhaupt nicht herausstellen dürfte. Die Brutwachtel des Nordens bevölkert nach König die Berg-Abhänge, nicht die Ebenen wie die Zug- wachtel, doch versicherte mir Blanchet, bei Sonhk-el-Arba auch in ganz flachem Gelände Nester gefunden zu haben. Ich selbst habe im Süden kein Gelege erbeuten können, 2 Eier wurden mir in Gabes gebracht, doch konnte ich über Ort und Zeit des Fundes keine ganz bestimmten Angaben erhalten. Jedenfalls steht aber fest, dafs sie in nicht gar zu grolser Entfernung von Gabes gefunden worden sind. Familie: Rallidae. Rallus aquaticus (L.) Deutsch: Wasserralle, franz.: räle d’eau, arab.? Rallus aquaticus Linne Syst. Nat. Ed. XII p. 262 (1766), Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1896, B. of T. 1905. 298 O0. Graf Zedlitz: Ein nicht häufiger Wintergast, erscheint die Ralle zumeist nördlich des Atlas, wo sie von verschiedenen Sammlern u. A. Erlanger, erlegt wurde. In den wenigen ihr zusagenden Ortlich- keiten des Südens kommt sie gewils auch gelegentlich vor, doch ist es schwer, den überaus heimlichen Vogel zu Gesicht zu kriegen. Ich habe selbst dort nur ein einziges Exemplar am Oued Zeuss im Februar 1906 gesehen, glaube wenigstens, mich nicht geirrt zu haben. Auch der Vetter Crex pratensis (L.) erscheint bisweilen in unserem Gebiet, wohl zumeist im Frühjahr auf dem Zuge. Aus dem Süden Algeriens brachte Steinbach im Mai 1908 ein Exem- plar mit, das mir vorgelegen hat. Ich selbst habe unseren Wachtel- könig nie in Afrika angetroffen und gehe deshalb nicht weiter darauf ein. Pulica atra (L.) Deutsch: Bläfshuhn, franz.: macreuse, foulque macroule, arab.: Ues. Fulica atra Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 152, (1758), Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Häufiger Wintergast, besonders im Norden. Im Süden auf der Sebkhra Sidi Mansour in grofsen Scharen, wenn diese viel Wasser hat. Das Gros zieht Anfang März fort, nach König (J. f. O. 1893) brüten einige Paare auch gelegentlich in Nord-Tunesien, Blanc besals Eier daher. Familie: Gruidae. Grus grus (L.) Deutsch: Grauer Kranich, franz.: grue cendree, arab.: Barnug. Ardea grus Linne Syst. Nat. Ed. X, p. 141, (1758). — Grus grus v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Grus cinerea Malherbe 1846, Loche 1867, Tristram Ibis 1859, König 1893. — Grus cinereus König 1888. — Grus communis Whitaker Ibis 1895. Unser Kranich erscheint regelmäfsig im Norden Tunesiens, um dort sein Winterquartier zu beziehen. König beobachtete ihn bei Mahammedia unweit Tunis. Ich habe ihn zahlreich im Februar 1904 und vereinzelt 1906 in der Ebene zwischen Sousse und EI Djem gesehen. In den Steppen des Südens ist er mir nie zu Gesicht gekommen. Ich glaube nicht, dafs einzelne Stücke den Sommer über aus freiem Willen in den Atlasländern bleiben. Der späteste Termin, an dem ich sie dort noch beobachtete, ist der 2. 11l. 1906 bei Nabeul, es war ein Flug von 10—12 Stück, welche in einer Lagune standen. Häufig sieht man aber Kraniche Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 299 auch mitten in der Ebene weit entfernt von jedem grölseren Wasser. Familie: Otididae. Otis tetrax (L.) Deutsch: Der Zwergtrappen, franz.: outarde canepetiere, poule de Carthage, arab: Räd. Otis tetrax Linn& Syst. Nat. Ed. XII, p. 264 (1766), Malherbe 1846, Tristram Ibis 1859, König 1888, 1893, Whitaker B. of T. 1905. — Tetrax campestris Loche 1867. — Tetrax tetrax v. Erlanger 1900. Durchstreift man in der zweiten Hälfte März, etwa vom 20. III. an die an Vogelleben so reichen Steppen nördlich Gafsa am Fuls des mächtigen Sidi Aich, so wird man eines Tages plötzlich eine grofse Zahl bräunlicher Vögel mit auffallenden schneeweilsen Schwingen, dem Fluge einer Ente oder eines Birk- huhns und der Grölse einer kräftigen Fasanenhenne ohne Stols antreffen. Vorzugsweise liegen sie im Umkreise des Sebkhra Sidi Aich, scheinen also die Nähe des Wassers zu lieben. Auf- gelöst in kleine Gruppen von 2—6 Stück sieht man sie einige Tage, läuft hinterher und findet, dafs es äufserst schwierig ist heranzukommen. Dann nach etwa einer Woche sind alle wieder verschwunden. Gelang es dem Sammler, mit List und Ausdauer ein bis mehrere Exemplare zu erbeuten, so hält er mit befriedigtem Schmunzeln die für den Süden so seltenen Zwergtrappen in der Hand. Bisher waren die Notizen über das erscheinen dieses ins Auge fallenden Vogels gelegentlich seines Frühjahrszuges im Gebiet II noch sehr spärlich, ich glaube behaupten zu können, dafs er alljährlich um die angegebene Zeit regelmäfsig das Gebiet passiert. Ist viel Wasser in der Sebkhra, so hält er sich dort einige Tage auf, sonst geht der Durchzug sehr schnell vonstatten. Erlanger beobachtete 3 Stück genauer an derselben Stelle, die ich oben erwähnte, und wo ich ihn vom 20.—23. III. 1904 sehr häufig fand; leider gibt der Forscher nicht das genaue Datum an, doch kann es sich, wenn man seine Reise-Einteilung zu Rate zieht, auch nur um die letzten Märztage gehandelt haben. Trotz der zahlreichen kleinen Flüge ist es recht schwer, einen der Wanderer zu erlegen; sie verschwinden zu sehr an der Erde zwischen den Sträuchern, um mit der Kugel ein günstiges Ziel zu bieten, und für den Schrotschuls im Fluge stehen sie meist zu früh auf. Immerhin hat uns letztere Methode, das Anschleichen mit der Flinte und zwar von 2 Seiten in einem Falle 1904 zum Erfolge verholfen. Nördlich des Atlas ist die Heimat des Vogels, der dort brütet und gar nicht selten ist, wie schon der französische Name „poule de Carthage‘‘ andeutet. Heutigen Tags ist allerdings die nähere Umgebung von Carthago so dicht von Menschen besiedelt, dals für die Trappen nicht mehr viel Raum bleiben dürfte. 300 0. Graf Zedlitz: Anfang April erscheinen sie im Norden, wo sie z. B. bei Soukh- el-Arba direkt häufig sind (nach Blanchet) und bleiben bis zum späten Herbst. König erwähnt (J. f. ©. 1888) vereinzelte Exem- plare aus dem Winter 1886/87, das ist jedenfalls nach meinen Informationen eine seltene Ausnahme, die vielleicht etwa auf dem- selben Brett steht wie das Überwintern von Waldschnepfen in Nord- deutschland, eine alljährlich wiederkehrende interessante Sonder- Erscheinung, oft auf äufsere Gründe, Verletzungen u. Ss. W. zurückzuführen, aber doch stets nur eine Ausnahme, welche die Regel des Fortziehens nur bestätigt. Die Gelege werden in Getreidefeldern nach allgemeiner Trappenart angelegt und dürften zumeist 2 Eier erhalten, doch wird nicht selten auch nur eins gefunden. König (1888) beschreibt ein Ei, das er von Blanc erhielt, und gibt die Malse mit 50:38 an. Auch hatte er das Glück, ein 0° bei der Balz zu beobachten, allerdings nur von der Bahn aus, also leider nicht mit Mulse. Von Balz oder Gelegen im Gebiet II ist mir nichts bekannt seworden, ich halte beides dort für sehr unwahrscheinlich, da der Vogel mit ersichtlicher Eile durchzieht. Otis undulata (Jaeq.) Deutsch: Der Kragentrappen, franz.: la houbara outarde ä col, arab.: H’bara, 9 Chorb. Psophia undulata Jacquin Beytr. Gesch. Vög., p. 24, pl. 9 (1784). — Otis undulata Dresser B. of Europe VII, p. 391, pl. 510 (1876), Whitaker B. of T. 1905. — Otis houbara Malherbe 1846, König 1893/1896, Whitaker Ibis 1898. — Houbara undulata Loche 1867, Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIII. — Houbara houbara v. Erlanger 1900. Es ist mir unmöglich, an die schönen weiten Steppen des Südens zu denken, ohne dafs alsbald auch das Bild ihres typischen Bewohners, des Kragentrappen, vor meinem geistigen Auge auf- taucht. In allen drei Gebieten südlich des Atlas ist er Standvogel, am häufigsten aber doch wohl in den Ebenen des Segui und nördlich bezw. nordwestlich von Gafsa. Dals in einzelnen Gegenden sich konstante Färbungs-Unterschiede bemerkbar machen, habe ich nicht gefunden, allerdings auch keine Vögel aus der eigentlichen Sandwüste erbeutet. Sollten diese eine blassere Oberseite zeigen, so wäre das nur in der Ordnung, denn kaum ein anderer Vogel erfreut sich einer so ausgesprochenen Schutzfärbung, wie wohl jeder Trappenjäger schon zu seinem Leidwesen manchesmal konstatiert hat. Im Winter leben die schönen Vögel in kleinen Trupps, seltener in gröfseren Gesellschaften. Ich sah am 2. III. 1904 bei Bir Mrabot eine solche Kette von 23 Stück, und auch Er- langer machte ähnliche Beobachtungen. Die Balz beginnt Mitte Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 301 März und dauert unter Umständen bis in den Mai. Während dieser Zeit hängen die einzelnen Individuen beider Geschlechter aufserordentlich treu an dem einmal gewählten Standort. Ich habe mit Blanchet in der Umgegend von Gabes viel diesbezügliche Versuche gemacht und stets an denselben Punkten dieselben Vögel wiedergefunden, wenn sie nicht gerade verjagt worden waren. Ich erwähne z. B. einen abnorm .blafs gefärbten Hahn, den man auf einige hundert Meter schon sicher herauskennen konnte, gewisse Kombinationen von Hahn und Henne, u. s. w., die immer die gleichen blieben. Auch wenn ich mehrere Tage hintereinander an irgend einer kleinen Kuppe stets einen normal . gefärbten Hahn sehe, niemals aber dann zwei oder eine Henne dabei, so ist die Vermutung wohl nicht zu kühn, dafs ich es stets mit demselben Individuum zu tun habe. Zur eigentlichen Balz wird mit Vorliebe bis auf den Meter genau dasselbe Fleckchen gewählt, auf dem sich der Hahn durch sein Umherrennen all- mählich zwei kreisrunde Zirkel ähnlich einer mitten entzwei gerissenen Acht anlegt. Sie erinnern unwillkürlich an die „Reit- bahnen“ unserer heimischen Rehböcke zur Brunstzeit. Diese Kreise sind oft so deutlich markiert, dafs man sie auf dem harten Steppenboden schon auf einige Entfernung deutlich sieht, niemals traf ich sie anders als auf einer flachen oft steinigen Bodenwalle. Wohl habe ich auch Vögel an tief gelegenen Stellen balzen sehen, doch war es dann ein gelegentlicher Scherz, hervorgerufen durch das Erscheinen einer „Dame‘ oder eines Nebenbuhlers. Im all- gemeinen sind die Hähne aber anch in dieser Zeit recht friedlich, oft balzen zwei in geringer Entfernung von einander, ohne sich zu stören. Einmal habe ich ein anscheinend erbittertes Duell erlebt, da war aber die Henne selbst in unmittelbarer Nähe. Gewöhnlich ist das nicht der Fall, da drückt sie sich irgendwo in einer Senkung, während der oder die Kavaliere auf der Höhe sich produzieren. Sehr oft ist bei der Balz überhaupt keine Henne in der Nähe, ganz natürlich, denn die Zahl der Hähne überwiegt nach meinen Erfahrungen um das 4—5fache. Die Balz erfolgt in der Weise, dafs der „Tänzer“ sein Gefieder auf- bläht, den Kopf und Hals dabei anzieht, etwa in der Weise wie der Truthahn, den Stofs fächert, die abgespreizten Flügel schleifen läfst und so in einer entfernt an den balzenden Birkhahn er- innernden Stellung auf einem kleinen Zirkel bald rechts, bald links herum läuft wie ein verrückt gewordener Kreisel. Nach einigen Volten macht er halt, richtet sich auf, reckt den Hals, legt den Federkragen glatt an und schaut sich stolz ringsum, macht einige gravitätische Schritte, um dann den Rundlauf von neuem zu beginnen. Er gleicht so einer grofsen weils-schwarzen Kugel, da die erdfarbenen Teile des Gefieders in der Entfernung verschwinden, der Federkragen aber ungewöhnliche Dimensionen annimmt, und ist schon auf erhebliche Distanz sichtbar, mindestens auf 2—3 mal so weit als der ruhig äsende oder herumlaufende 302 0. Graf Zedlitz: Trappen, dessen sandfarbene Oberseite so mit dem Boden ver- schwimmt, dafs man zuerst oft nur den schmalen Hals wie einen grauen Stock durch die Steppe sich bewegen sieht, ein für den Neuling ganz komischer Anblick. Wird dieser einzige dem Auge etwas auffallende Körperteil versteckt, indem der Vogel sich drückt, so kann man in blitzblankem Gelände auf 20 Schritt vorbei gehen, ohne eine Spur von dem doch keineswegs kleinen Objekt zu sehen. Die Haupt-Tageszeit für die Balz ist früh nach Sonnen-Aufgang und Nachmittags etwa von 4° an. Hat man gut ausgetretene Balzplätze gefunden, so lohnt es sich, dort einen Ansitz zu bauen, den man Morgens in der Dämmerung oder während des Mittags bezieht. Der Hahn kommt ziemlich sicher, besonders früh, da er dann weniger gestört wird. Zwar gelingt die Erlegung ziemlich leicht auch auf andere Weise, doch ist die bequeme Beobachtung des eigenartigen Benehmens aus nächster Nähe für den Tierfreund ein Genufs, welcher schon die paar Stunden aufwiegt, welche daran gewandt werden müssen. Kommt es nur auf die Jagd an, so geht nichts über den leichten zweirädrigen Wagen, mit dem man eigentlich überali quer durch die Steppe fahren kann und oft schon nach kurzer Zeit die Trappen dazu bringt, dafs sie sich drücken. Dabei ist zu beachten, dafs man sich zunächst natürlich nicht direkt auf ihn stürzt, sondern nebenher fahrend ihn sorgfältig im Auge behält und dabei sich langsam heranschlängelt. Ist man nicht mehr gar zu fern, so mufs man möglichst sich unter Wind halten, d.h. so dafs der Wind vom Wagen zum Vogel bläfst, der stets gegen den Wind aufsteht und dann also gezwungen ist, sich dem Schützen zu nähern. Da er dies nicht gern tut, verzichtet er oft auf die Rettung mit Hilfe der Flügel und zieht es vor, sich zu drücken. Fährt man dagegen gegen den Wind, wie wir Jäger sagen würden „mit gutem Winde“, so nimmt in 80°, der Fälle der alte Hahn einen Anlauf, erhebt sich und streicht direkt von uns fort, bis er den Blicken entschwindet. Hat man dies slücklich vermieden, indem man ihm rechtzeitig den Wind abschnitt, und gelang es, ihm einige Zeit zu begleiten, ohne dafs er hinter einer Anhöhe laufend plötzlich verschwand wie von der Erde verschlungen, so gilt es, jede Minute schärfer aufpassen und buchstäblich kein Auge von der Beute verwenden, denn das Drücken geschieht oft ganz plötzlich in der Weise, dafs er hinter einen kleinen Busch oder ähnliche Deckung ziemlich flott läuft, auf der anderen Seite aber nicht wieder zum Vorschein kommt. Nun heifst es, sich diesen ominösen Busch, der genau wie alle anderen aussieht, genau merken und langsam an ihn heranarbeiten. Würde man sofort darauflos stürzen, so stünde der Trappen ziemlich sicher vorzeitig auf. Also hübsch in Spiralen und ganz ruhig heran bis auf etwa 30 Schritt, dann gehalten und, wenn der Drückeberger nicht hoch wird, schnell mit einem Satz herunter. Oft erlebte ich, dafs im Augenblick, wo der Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 303 Wagen stoppte, auch der Vogel sich aufrichtete, doch ist dann noch reichlich Zeit zum schielsen, wenn man sich bereit gehalten hatte. Aus diesem Grunde empfehle ich auch, nicht sofort berabzuspringen, da sonst leicht im gleichen Moment der Vogel losgeht und man einige Sekunden verliert, bis der Schufs fällt. Also ruhig abgewartet ca 1 Minute, rührt sich dann nichts, so heifst es „zum Sturme Gewehr rechts!“ Der alte Hahn, welcher nicht beizeiten sein Heil in der Flucht suchte, drückt sich dann oft bis zum letzten Moment, manche haben mich auf 8—10 Schritt heran gelassen, ja bei mehreren Stücken kommt es vor, dals man eins erlegen und darauf wieder gemütlich laden kann, - ohne dafs die anderen sich rühren; dies beobachtete ich aber nur, wenn der Jäger ganz nahe sozusagen mitten unter ihnen stand. Dieselbe Jagd kann man auch hoch zu Rofs oder Maultier machen, doch bietet das gegenüber dem Wagen viele Nachteile. Unbedingt hält der Trappen den Wagen besser aus als den Reiter, man kann von jenem herunter in Ruhe schiefsen, man hat dort neben der Flinte auch die Büchse zur Hand für den Fall, dafs man einen ganz wilden Kumpan mit einer „Pille“ begrüfsen will, überhaupt halte ich im ganzen Gebiet II den Wagen (Dogkar) für das ideale Beförderungsmittel des Jägers und Sammlers, wie ich schon früher im allgemeinen Teil ausführlich begründet habe. Wer Königs Beschreibung der Reise in Süd-Algerien (J. f. O. 1896) liest, wird dort dieselben Ratschläge finden. Ein guter Kugelschütze kann sich die Sache viel leichter machen, da es ohne besondere Kunst mit dem Wagen fast stets selingt, auf 100—120 m heran zu kommen. Immerhin ist es aber nicht jedermanns Sache, den laufenden und sich so wenig abhebenden Vogel auf diese Entfernung zu treffen. Recht gute Erfolge hat man beim Treiben, besonders wenn es sich um die kleineren oder gröfseren Trupps handelt, (der einzelne bei der Balz gestörte Hahn läfst sich schlecht treiben.) In diesem Falle mufs der Schütze sich mit gutem Winde recht gedeckt hinlegen, da die schwerfälligen Vögel ziemlich sicher mit dem Winde streichen. Man soll aber sehr ruhig liegen, da sie vorzüglich äugen. Im Schrotschufs sind sie äufserst hart, was auch König er- wähnt. Ich emphehle, sich nur der besten Flinten und groben Hartschrots No. 1 oder 2 zu bedienen. Viele Hähne, die im Schufs buchstäblich ein Stück am Boden fortgerollt wurden, sind mir doch noch entkommen. Die einzige Möglichkeit, eines ge- flügelten Vogels habhaft zu werden, ist vom Fleck weg hinterher- zurennen, so schnell die Beine es leisten. Im übersichtlichen Gelände macht man ihn sehr schnell hallali, besonders zu zweit; erreicht er allerdings eine Deckung, hinter der er verschwindet, so ist er wohl stets auf nimmer wiedersehen verloren. Die Legezeit beginnt Ende März, in dürren Jahren gibt es fast keine Eier, wie ich im J. f. ©. 1908 III. p. 480-—487 des 304 O0. Graf Zedlitz: Näheren ausgeführt habe. Ein bevorzugter Brutort ist die Steppe am Sidi Aisch. Dort fand 1897 auch Erlanger mehrere Gelege. Junge sind normalerweise 2 vorhanden, Erlanger fand allerdings 3 Eier, doch glaube ich, dafs dies nicht die Regel ist. Das Wildpret ist weils und ganz wohlschmeckend. Ob wir es hier zu Hause sehr schätzen würden, ist eine andere Frage, aber dort unten wird man in puncto Verpflegung recht genügsam. Die krank geschossenen Trappen wehren sich, wenn man sie greifen will, indem sie ihre flüssigen und scharf ätzenden Exkre- mente dem Angreifer entgegenspritzen. Es empfiehlt sich daher, den Vogel schnell zu fassen und mit der Unterseite auf den Boden zu drücken, indem man mit der anderen Hand ihm die Lunge zuquetscht; der verderbliche Strahl verpufft dann wirkungs- los im Sande. Die Stimme hört man nicht oft. Wenn ich schön gedeckt lag und einem balzenden Hahn zuschaute, vernahm ich bisweilen in den Pausen, niemals beim Herumrennen, einen kurzen gutturalen Lockton, etwa wie „gruck“, der vielleicht auch die Befriedigung nach gelungenem Tanz ausdrückte. Jung gefangene Vögel lassen sich gut aufziehen und werden ziemlich zahm. Ich hatte Gelegenheit, bei Blanchet ein Pärchen zu sehen. Whitaker berichtet von dem einmaligen Vorkommen unserer grolsen Trappen, Otis tarda (1.) bei Feriana. Ich habe überall Nachfrage gehalten, aber keinerlei Mitteilung über das Erscheinen desselben in Tunesien erhalten können. Es kann sich in dem von Whitaker gemeldeten Fall wohl nur um einen verflogenen Irrgast handeln. Otis tarda ist zu grofs und auffallend, um bei wiederholtem Erscheinen ganz übersehen zu werden. Familie: Oedienemidae. Oedienemus oedienemus saharae (Rehw.) Deutsch: Wüstentriel, franz.: oedicneme criard, arab.: Kerouan. Oedienemus oedienemus saharae Reichenow J. f. ©. 1894 p. 101, Whitaker B. of T. 1905. — Oedicnemus crepitans saharae König 1896, v. Erlanger 1900. Am häufigsten traf ich den Wüstentriel im südöstlichen Teil des Gebiets II, im Segui, dicht am Meeresstrande nördlich sowie südlich von Gabes sowie zwischen Medenine und Bou Grara. Recht flache Gegenden ohne Gestein, aber mit viel Sand scheint er zu bevorzugen, so das „Schnecken-Plateau“ im östlichen Segui. Ein aufserordentlich gewandter Läufer, flieht er oft zu Fuls, fliegt dagegen meist nur dann auf, wenn er überrascht wurde. Nörd- lich Gafsa tritt er auch noch auf, aber spärlich. Ich besitze von dort ein Ei, gefunden am 4. IV. 1906, Mafse 51,8:37,7 mm 22,5 D. H. er. Ornithologische Beobachtungen aus Tunosien, 305 König sammelte auf seiner Reise in Süd-Algerien ein Gelege von % Eiern schon am 21. II. (J. f. ©. 1896). Erlanger erbeutete 2 Gelege am 6. V. 1893 bei Douz und am 20. IV. 1897 am Dj. Freiou. Letzteres bezeichnet wohl die nördlichste Verbreitungsgrenze. Der Wüstentriel ist in seiner Heimat Standvogel, der im Winter ebenso dort angetroffen wird wie zu jeder anderen Jahreszeit. Familie: Glareolidae. Glareola pratincola (L.) Deutsch: Brachschwalbe, franz.: glariole A collier perdrie de mer. arab.? Hirundo pratincola Linn& Syst. Nat. Ed. XI. I. p. 345 (1766). — Glareola torguata Malherbe 1846, König 1896. — Glareola pratincola Loche 1867, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Als Zugvogel berührt die Brachschwalbe alljährlich in der zweiten Hälfte April das südliche Tunesien, nördlich des Atlas dürfte sie höchstwahrscheinlich brüten, aber sehr spät, wohl erst von Mitte Mai an. Vorher wurde sie stets noch in Gesellschaften angetroffen, so auch von König (J. f. OÖ. 1888, 1893) zwischen Sousse und Monastir. Erlanger hat nur einige Stück am 20. IV. 1897 bei Gammuda an der Grenze von Gebiet I und II gesehen, jedoch keins erlegt, da sie sehr scheu waren. Im allgemeinen ist dies nicht der Fall. Ich beobachtete mehrere Exemplare am 11. und 15. Mai 1905 an der Sebkhra Zerkine und erlegte 1 9. Zu der Zeit brüteten sie noch nicht, doch möchte ich mit Rücksicht auf die vorgerückte Jahreszeit und die ständig sich auf beschränktem Raume dort aufhaltenden Vögel zu der Vermutung neigen, dafs sie beabsichtigten, dort ihren Hausstand zu gründen. Familie: Charadriidae. Cursorius gallicus (@mel.) Deutsch: Wüstenläufer, franz.: coureur isabelle, arab.: Satak-el- Galil, Sauak-el-Gbel. Charadrius gallicus Gmelin Syst. Nat. 1. p. 692, (1788). — Cursorius gallicus Loche 1867, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1896, B. of T. 1905, König 1896. — Cursorius isabellinus Mal- herbe 1846, König 1888/1893. Die Heimat dieses typischen Wüstenvogels liegt südlich des Atlas im Gebiet II und III. Im Hochsommer streifen be- sonders die Jungen weit umher und besuchen dann auch Gebiet 1, wo sie bis in die Gegend von Sousse vordringen. Bebaute Felder sind ihnen ebenso unsympathisch wie Berge und sehr steinige Journ. f. Orn. LVIL, Jahrg. Juli 1%09. 21 306 OÖ. Graf Zedlitz: Flächen, je sandiger desto besser. Ich fand den behenden Läufer auf allen drei Reisen häufig im Gebiet II, überall wo ihm der Boden zusagte bis binauf zu der Steppe am Dj. Freiou. Im Winter ist er viel seltener und scheint dann weit im Lande herumzubummeln, doch ist er auch schon im Januar von Blanchet bei Gabes erlegt worden. Ich sah ihn im Westen zuerst am 13. Ill. 1904 nördlich Gafsa, im Osten am 20. IIL. 1906 bei Ouderef, im Segui am 25. Ill. 1905, von da an in allen Jahren regelmälsig fast täglich, meist paarweise oder in kleinen Trupps von 3—6 Stück. König beobachtete die ersten am 15. III. 1887 bei Ouderef. Der ebenso hübsch gefärbte wie in seinen flinken Be- wegungen elegante Vogel palst so recht zu seiner Heimat, auch bei ihm ist die Färbung der Oberseite ein Beweis der liebenden Fürsorge, mit welcher die Natur ihre Kinder schützt, eine bessere Mimicry läfst sich kaum denken. Eigentlich scheu ist der Wüsten- läufer nicht, so lange er nicht merkt, dafs man ihm nachstellt. Er geht wohl dem Menschen aus dem Wege, doch nur ein kleines Stück zur Seite laufend und dann bald wieder beruhigt. Wenn man ihm nicht gerade auf den Leib rückt, ist es nicht sehr schwer, ihm allmählich auf Schufsweite sich zu nähern. Sobald er aller- dings die Verfolgung merkt, weils er sich derselben zu entziehen, indem er entweder direkt mit grofser Schnelligkeit wegläuft oder zuerst ein kleines Stück fliegt, um dann sofort die Flucht per pedes eiligst fortzusetzen. Er ist Brutvogel bei Gabes und in den Steppen nördlich Gafsa. Die normale Zahl der Eier ist zwei, ihre Grölse nach König 38:27, 35:28 mm. Ich erbeutete am 9. V. 1905 zwei wenige Tage alte Dunenjunge, die ich mit der Hand fing. Die Stimme erinnert an den Ruf, mit dem die Araber ihre Dromedare antreiben, deshalb bedeutet sein Name in der Landessprache auch: Kamel-Antreiber. Charadrius pluvialis (L.) Deutsch: Goldregenpfeifer, franz.: pluvier dore, arab.: Torisch. Charadrius plwvialis Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 151, (1758). — Charadrius pluwvialis König 1893, Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Pluvialis apricarius Loche 1867. Wintergast, verläfst die afrikanischen Küsten schon zeitig im März. Er gehört wohl niemals zu den häufigen Erscheinungen und ist recht scheu. König (J. f. O. 1893) sah ihn bei Monastir, ohne ihn zu erlegen, Erlanger schofs ihn im November 1896 bei Mahares, ich beobachtete am 22. II. 1906 einen kleinen Trupp an der Küste südlich von Gabes und erbeutete davon ein g9' im typischen Winterkleid. Mitte März auf den Knais, wo sonst alles aus der Familie versammelt war, habe ich ihn nicht mehr ange- troffen, nehme also an, dafs er damals schon nach dem Norden aufgebrochen war. Blanchet hat ihn bei Gabes nur selten gesehen. Ornithologische Beobachtungen aus Tunosien. 307 4egialitis alexandrina (L.) Deutsch: See-Regenpfeifer, franz.: pluvier a collier interrompu, moineau de mer, arab.: Seckseck. Charadrius alexandrinus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 150, (1758). — Charadrinus cantianus Malherbe 1855, Loche 1867. — Aegialitis cantianus König 1888, 1893. — Aegialitis alexandrina Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Aegialitis cantiana Whitaker Ibis 1895. Im Winter längs der Ostküste, besonders in ihrem südlichen Teil, sehr häufig, von König auch bei Tripolis am 22. III. 1887 gesehen. Erlanger sammelte eine grofse Suite Oktober— November 1896 in der Gegend von Gabes. Ich traf ihn nirgends so massen- haft als im Süden bei Bou Grara, wo ich ebenfalls eine schöne Suite mir sicherte. Es ist mehrfach festgestellt worden, dafs der See-Regenpfeifer auch als Brutvogel zurückbleibt, doch ist er nach meinen Beobachtungen von Ende März an viel seltener. Andererseits habe ich noch im Mai 1905 einzelne Stücke bei Gabes gesehen und erlegt. König erhielt 1892 durch Blanc ein Gelege von 4 Eiern stammend von der Insel Djerba. Ich selbst habe Nester nicht gefunden. Der Vogel ist sehr vertraut und leicht zu erlegen. Aegialtitis dubia (Scop.) Deutsch: Flufs-Regenpfeifer, franz.: petit pluvier a collier, arab.: Seckseck. Oharadrius dubius Scopoli, Del. Flor. e Faun. Insubr. II. p. 93, (1786). — Aegealitis dubius Swinhoe P. J. S. p. 404, (1871). — Charadrius curonicus Loche 1867. — Aegialites minor König 1888, 1893, 1896. — Aegialitis dubia Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Aegialitis curonica Whitaker Ibis 1895. Im Gegensatz zum vorigen zieht dieser kleine Regenpfeifer die Wasserstellen im Binnenlande der Seeküste vor. Ich will nicht bestreiten, dafs er an letzterer sich auch gelegentlich auf- halten mag, besonders auf dem Zuge, doch habe ich ihn dort nie gesehen. Dagegen ist er von allen Forschern häufig im Innern beobachtet worden, so von König (J. f. O. 1896) sogar in Süd- Algerien bei der Ferme Dufour, von Erlanger am Oued Gafsa und Oued Medjerda. Nach Erlanger ist er auch bei Gafsa Brut- vogel. Ich schliefse mich dieser Ansicht durchaus an, da ich ihn im März 1904 und April 1905 dort beobachtet und erlegt habe. Auch an dem kleinen Wasser, das zwischen den Ausläufern des Dj. Sidi Ali ben Aoun und Dj. Sitoun entspringt, fand ich ihn Mitte April 1905 ständig. Ich glaube, dafs er im Gebiet II an den Stellen, wo fliefsendes Wasser auch noch im Sommer vor- kommt — es sind deren nicht gar viele — auch oft brütet. 21” 308 0. Graf Zedlitz: Breite Sandflächen durchzogen von solch kleinem Rinnsal sagen ihm besonders zu. An genau entsprechenden Stellen fand ich ihn auch im Februar 1908 in Eritrea und Ende März desselben Jahres im nordwestlichen Abessinien. Ich selbst habe kein Ge- lege gefunden. König (J. f. ©. 1888) erwähnt ein solches, das ihm ein Bahnwärter im Norden am 3. IV. 1886 gebracht habe, doch ist der Fall später (J. f. O. 1893 p. 83) dahin richtig ge- stellt, dafs es sich um Eier von A. alexandrina handelte. Der Sand-Regenpfeifer ist wie alle seine nahen Verwandten im allgemeinen sehr zutraulich und läfst sich leicht ohne be- sondere Kunststücke angehen. Gröfsere Schwärme sah ich nie bei einander, hingegen oft einzelue Stücke. Wenn sie so behende und eifrig über den Boden dahinlaufen, erinnern sie mich immer an Mäuse. Den bekannten lockenden Pfiff lassen sie im Fluge fleilsig ertönen. Aegialitis hiaticula (L.) Deutsch: Halsband-Regenpfeifer, franz.: pluvier a collier, arab.: Seckseck. Charadrius Hiaticula Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 150 (1758), Malherbe 1846, Loche 1867. -- Aegialitis hiaticula Boie Ibis (1822), v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1895. — Aegialites hiaticula König 1888, 1893. — Aegialitis hiaticola Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, Whitaker B. of T. 1905. Von den Aegvalitis-Arten erscheint dieser am seltensten in unserem Gebiet, aber doch immerhin regelmäfsig alle Winter. König konstatierte ihn bestimmt bei Monastir, Erlanger sah ihn sogar mehrfach in den letzten Monaten des Jahres 1896 bei Gabes. Ich traf ihn in Gesellschaft von A. alexandrina im Februar 1906 bei Bou-Grara und erlegte ihn auch noch im vollen Winterkleide. Am 30. IV. 1905 schofs ich ein Pärchen im ausgefärbten Hoch- zeitskleide an der Sebkhra EI Fedjej mit einem Schufs und beobachtete dort noch mehrere. Kurz darauf zu Anfang Mai trieb sich ein Pärchen vielfach laut lockend an der Mündung des Oued Gabes herum. Ich möchte nach diesen Feststellungen annehmen, dafs auch dieser Regenpfeifer dort gelegentlich brütet, was bisher bestritten wurde. Eudromias morinellus (L.) Deutsch: Mornell-Regenpfeifer, franz.: morinelle guignard, arab.: Torisch. Charadrius Morinellus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 150, (1758). — Eudromias morinella Brehm Vög. Deutschl. p. 545, (1831). — Eudromias morinellus Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, König 1888, 1893, 1896, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Morinellus sibirieus Lioche 1867. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 309 Im Norden und an der Küste habe ich den Mornell nie angetroffen, doch erwähnt ihn König (J. f. ©. 1888) für dort als sehr seltene Erscheinung und Erlanger nennt ihn im Winter bei Gabes und auf den Knais sogar häufig. Dafür erwähnt er ihn gar nicht aus dem Binnenlande, und doch ist dort gerade sein Hauptquartier zur Winterzeit. Ich stimme darin vollkommen mit König überein, der ihn nur bei Bisera in gröfseren Schwärmen traf (J. f. O. 1896). Von Anfang November (nach Blanchet) bis Anfang März ist er für die kahlsten und sandigsten Teile der inneren Steppen geradezu eine typische Erscheinung. Stets in grölseren Scharen von 20—50 Stück vereint treibt .er dort seine Flugspiele nach echter Regenpfeifer-Art, gerade als tummele er sich über den Fluten anstatt der steinharten Lehm- steppe oder dem Flugsande. Stets sah ich diese Trupps nur dort, wo auf viele Kilometer weit kein Wasser, weder Sebkhra noch Flufs zu finden war, ausgesucht an den dürresten Stellen, z. B. an der Stralse Gabes-Kebilli und auf dem „Schnecken-Plateau‘‘ im östlichen Segui unweit Sidi Mansour, der Heimat der grolsen Wüstenläuferlerche, der Wüstenohrenlerche, des Wüstenläufers und Wüstentriels. Dort sieht man die fluggewandten Gruppen in sausender Fahrt meist dicht am Boden dahinschiefsen, elegante Kurven in tadelloser Ordnung beschreiben, dabei sich selbst von einer Seite auf die andere werfend, sodals die weilsen Bäuche weithin leuchten. Dann fallen sie dicht gedrängt ein und laufen ebenso im engen Verbande Nahrung suchend ein Stück fort. Am Boden sind sie ziemlich scheu, doch gelang es mir, am 26. I. 1906 bei Sidi Mansour 4 Stück mit 2 Schüssen zu erlegen. In dem- selben Jahre schols Blanchet bei Gabes eine ganze Menge. indem er sie stets mit dem Wagen anpürschte. Er erzielt jeden Winter auf diese Weise eine ganz hübsche Strecke aber stets landein- wärts, niemals an der Küste. Der Regenpfeifer, zu der Jahres- zeit „speckfett“, liefert einen der wohlschmeckendsten Braten, die ich kenne. Anfang März verschwinden die gröfseren Flüge aus dem Süden, einige Nachzügler bleiben noch während des Monats, dann ist Schlufs. Ich habe Mitte März 1906 auf den Knais kein Exemplar mehr gesehen, ebensowenig um Ende März in allen drei Jahren im Segui, wo sie im Januar so häufig sind. Dafs sie schon so früh im Jahre direkt bis in ihre nordischen Brut- gebiete wandern sollten, erscheint mir nicht recht wahrscheinlich, aber fort sind sie jedenfalls, das steht fest. Dies ist auch wohl der Grund, weshalb Erlanger sie im Binnenlande nicht mehr er- wähnt, er kam zu spät im Jahre 1897 ins Segui. Vanellus vanellus (L.) Deutsch: Kiebitz, franz.: vanneau, arab.: Bibst. Tringa vanellus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 148, (1758). — Vanellus vanellus Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, v. Erlanger 310 O0. Graf Zedlitz: 1900, Whitaker B. of. T. 1905. — Vanellus ceristatus Malherbe 1846, Loche 1867, König 1888, 1893, Whitaker Ibis 1894. Wintergast im Norden, dort nicht selten. In der Markthalle von Tunis wird er häufig feilgeboten. Von der Bahn aus habe ich ihn noch kurz vor Sousse in der Gegend von Enfida gesehen, im Süden dagegen nie. Familie: $colopacidae. Himantopus himantopıus (L.) Deutsch: Strandreiter, Storchschnepfe, franz.: echasse a manteau noir, arab.? Charadrius Himantopus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 151, (1758). — Himantopus himantopus Sharpe Ibis 1891, Cat. B. Br. M. XXIV, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Himan- topus melanopterus Malherbe 1855, Tristram Ibis 1859. — Himantopus candidus Loche 1867, König 1896. — Himantopus rufipes König 1888, 1893. Als Wintergast ist die Storchschnepfe in Tunesien selten, Erlanger beobachtete sie einmal im November 1896 auf den Knais. Hingegen erscheint sie regelmäfsig auf dem Zuge im Frühjahr und zwar ziemlich spät, wie folgende Daten beweisen: König sah sie im Jahre 1887 am Bahira-See am 21. und 22. IV; Erlanger erlegte ein Pärchen ebenfalls im April 1893 am Öued Peschima, weit im Süden, ich beobachtete am 11. V. 1905 an der Sebkhra Zerkine einige Exemplare und schofs dort ebenfalls ein Pärchen schon im gut ausgefärbten Hochzeitskleid. Im Jahre 1908 fand ich am 25. IIl. noch eine ganze Gesellschaft im Winterquartier an einem Flülschen der Grenze Eritrea-Abessinien in der Gegend von Tucul. In der zweiten Hälfte des Mai 1905 schofs mein Präparator noch mehrere Stück in der Umgegend von Tunis an kleinen Sümpfen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dafs sie dort auch brüten. Scolopax rusticola (L.) | Deutsch: Waldschnepfe, franz.: becasse, arab.: Lubeda k’bir. Scolopax rusticola Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 146, (1758), Malherbe 1846, Loche 1867, König 1888. — Scolopax rusticula Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, König 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Im Norden gelegentlich Wintergast, im Süden sehr selten. Dort erlegte Erlanger ein Exemplar auf den Knais. Ich habe frisch geschossene Stücke vereinzelt in der Markthalle von Tunis gesehen, lebend ist mir unser Langschnabel nicht zu Gesicht gekommen. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 3ıl Gallinago gallinago (L.) Deutsch: Bekassine, franz.: becassine, arab.: Lubeda. Scolopax gallinago Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 147, (1758). — Gallinago gallinago Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, Whitaker B. of T. 1905. — Ascalopax gallinago Malherbe 1855. — Gallinago scolopacinus Loche 1867. — Gallinago gallinaria König 1888, 1893. — Gallinago coelestis Whitaker Ibis 1894. Nach Königs. Beobachtungen ist die Bekassine in Nord- Tunesien im Herbst häufiger als gelegentlich des Frühjahrszuges. Im Süden, an geeigneten Stellen der Umgegend von Gabes, erscheint sie oft im Dezember in ungeheuren Mengen, sodals Blanchet z. B. im Dezember 1905 bei der Sebkhra Zerkine eines Tages nahe an 100 Stück in wenigen Stunden erlegte. Ebenso rasch verschwinden sie dann wieder, gerade im Januar und Februar sieht man sie dort nur selten. Im März kommen gewöhnlich kleine Trupps gelegentlich des Zuges durch. König sah sie Ende März 1887 bei Tripolis. Ich habe einige Exemplare noch Anfang Mai 1905 bei Zerkine angetroffen. Es wäre interessant zu erfahren, wo die grofsen Scharen bleiben, welche im Herbst und Anfang Winters Tunesien passieren. Gallinago gallinula (L.) Deutsch: Haarschnepfe, franz.: petite becassine, arab.: Lubeda zrir. Scolopax gallinula Linne Syst. Nat. Ed. XII. p. 244, (1766). — Gallinago gallinula König 1888, 1893, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Limnocryptes gallinula Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, Loche 1867. Im Norden keineswegs selten als Wintergast, König (J. f. 0. 1888) nennt sie für den November und Dezember recht häufig am Bahira-See und an den benachbarten Gräben. Vom Januar an ist sie ebenfalls überall viel seltener. Im Süden soll sie gelegentlich, aber nie zahlreich vorkommen, jedenfalls spärlicher als die vorige. Ich selbst habe sie dort überhaupt mit Bestimmtheit nicht konstatiert. Tringa alpina (L.) Deutsch: Alpenschlammläufer, franz.: pelidne cincle, petite mena- sere, becasseau variable, arab. Seckseck. Tringa alpina Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 149, (1758), Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Tringa variabilis Malherbe 1846. — Pelidna cinclus Loche 1867. — Pelidna alpina König 1888, 1893, 1896, v. Erlanger 1900. 312 0. Graf Zedlitz: Als der häufigste Strandläufer belebt dieser im Winter und Frühling die Küsten der ganzen Regentschaft. Sehr zahlreich am Bahira-See, wo aber im Laufe des Winters infolge der inten- siven Verfolgung die Zahl rasch abnimmt, ebenso bei Nabeul, Sfax, in ungeheuren Scharen auf den Knais, einer Freistätte, an der ihnen kein Mensch nachstellt. Auch im Süden bei Bou Grara sah ich im Februar 1906 wahre Wolken. Ende März beginnen sich die Reihen stark zu lichten, König sah die letzten im April, ich fand noch am 11. V. 1905 einige Exemplare bei Zerkine. Ich machte dort dieselbe Beobachtung wie König, dafs alle noch das volle Winterkleid trugen, während die bei uns Aufang April einpassierenden Vögel schon im wesentlichen das Sommerkleid angelegt haben. Die Erlegung bietet keine Schwierig- keiten, am besten setzt man sich an und schiefst die in Trupps vorbeistreichenden Vögel im Fluge herunter, dann ist doch noch etwas Kunst dabei. Während der tiefen Ebbe treiben sich alle Wasservögel weit draufsen auf dem Schlamm herum und sind dort schwer anzukommen. Die beste Zeit zur Jagd, wenn man auf grofse Strecke abgesehen hat, ist kurz vor und bald nach der Hochflut. Tringa schingii (Br.) soll unter den Scharen von Tringa alpina im Winter nicht selten vorkommen. Der einzige Unterschied im Winterkleid besteht in den Mafsen und ist auch da ein Minimaler. Ich wage deshalb nicht, etwas Bestimmtes über ihr Vorkommen zu äufsern und glaube nicht, dals es einen Ornithologen gibt, der beide Arten im Fluge sicher unterscheiden kann. Unter den zahlreichen von mir erlegten Vögeln befinden sich keine typischen 7. schineii. Tringa temmincki (Leisl.) habe ich ebenfalls nicht erbeutet und kann nicht behaupten, sie sicher lebend gesehen zu haben. Erlanger hat sie als Wintergast auf den Knais nachgewiesen. Tringa minuta (Leisl.) Deutsch: Zwerg-Strandläufer, franz.: becasseau minule, arab.: Seckseck. Tringa minuta Leisler Nachtr. z. Bechst. Naturg. Deutschl. I p. 74, (1812), Whitaker Ibis 1896, B. of. T. 1905. — Limonites minuta Malherbe 1855, v. Erlanger 1900. — Actodromus minutus Loche 1867. — Actodromus minuta König 1888, 1893, 1896. Nach Königs Mitteilungen (J. f. 0. 1888, 1893) ist dieser zierliche Vogel im Winter ein recht häufiger Gast im Norden und zieht im Frühling erst später fort als seine Verwandten. Auch ich habe Mitte März 1905 ein Exemplar auf dem Bahira- See erlegt, doch fand ich damals die Art nicht häufig. Bei Sfax sah ich 7. alpina und minuta in Schwärmen vereint und erlegte auch ein Beleg-Stück, doch überwogen 7. alpına ganz erheblich an Zahl. Irlanger hält ebenfalls den Vogel für ziemlich selten Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 813 im Süden, er schofs dort nur 2 Stück am Oued Gabes im Januar 1897. Ich habe südlich der Knais mit Sicherheit diesen Strand- läufer nicht mehr feststellen können. Moachetes pugnax (L.) Deutsch: Kampfläufer, franz.: combattant variable, arab.: Seckseck. Tringa Pugnax Linne Syst. Nat. Ed. X p. 148, (1758). — Machetes pugnax Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, 1893, Whitaker Ibis 1895, B. of. T. 1905. — Pavoncella pugnax Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, v. Erlanger 1900. Eine recht seltene Erscheinung, wird der Kampfläufer nur gelegentlich einmal während der Zugzeit beobachtet oder erlegt. König erhielt 1 Stück von Blanc, schofs ihn jedoch nicht selbst, Erlanger erbeutete im April 1893 einige jüngere Exemplare am Oued Nebsched-Difi. Ich selbst habe nur ein @ im Winterkleid bei Zerkine Anfang Mai 1905 gesammelt. Alessi und Spatz haben gelegentlich einzelne Exemplare bei Gabes bekommen. Der Frühjahrszug scheint ziemlich spät zu fallen. Die bisher erbeuteten Stücke sind anscheinend durchgehends jüngere Vögel. Das meinige war an dem Tage bestimmt das einzige seiner Art dort und hielt sich an einen Trupp Totaniden, den ich längere Zeit beobachtete, ehe ich schoß. Totanus hypoleucos (L.) Deutsch: Uferschnepfe, franz.: guignette de mer, arab.: Seckseck. Tringa Hypoleucos Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 149, (1758). — Totanus hypoleucos Temminck Man. d’Orn. p. 424, (1815). — Tringoides hypoleucos Malherbe 1846. — Actitis hypoleucos Loche 1867, König 1888, 1893, 1896. — Tringoides hypoleucus Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, v. Erlanger 1900. — Totanus hypoleucus Whitaker B. of T. 1905. Dieser Kosmopolit besucht selbstredend auch die tunesischen Gewässer, besonders die einigermafsen bedeutenden Flülse, welche das ganze Jahr wenigstens stellenweise Wasser haben. Die Oasen werden deshalb gern bezogen und zwar auch zum Zwecke der Brut. König fand ihn in den Oasen des algerischen Südens, Erlanger beobachtete ihn am Oued Gafsa und als Brutvogel am Oued Kasserine. Ich erlegte unter anderen am 27. IV. 1905 am Oued Gafsa ein Pärchen und glaube bestimmt, das der Uferläufer dort brütet. Er treibt sich keineswegs ausschliefslich nur am Wasser, sondern auch an ganz trockenen Stellen herum. Scheu ist er nicht. 314 0. Graf Zedlitz: Totanus ochropus (L.) Deutsch: Waldwasserläufer, franz.: chevalier cul-blanc, arab.: Seckseck. Tringa ochropus Linne Syst. Nat. Ed. X p. 149, (1758). — Totanus ochropus Temminck Man. d’Orn. p. 420, (1815), Malherbe 1855, König 1888, 1893, Whitaker Ibis 1894, B. of T. 1905. — Helodromus ochropus Loche 1867. — Helodromas ochropus Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV. Seltener Gast auf dem Frühjahrszuge, von Erlanger gar nicht erwähnt, von mir am 20. III. 1905 erlegt, ein @ in den Rieselgräben östlich Gafsa, von Spatz einige mal beobachtet. Totanus glareola (L.) Deutsch: Bruchwasserläufer, franz. chevalier sylvain, arab.? Tringa Glareola Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 148, (1758). — Totanus glareola Temminck Man. d’Orn. p. 421, (1815), König 1888, 1893, Whitaker B. of T. 1905. — Rhynchophilus glareola Loche 1867. — Khyacophilus glareola Sharpe Cat. B. Br. Mus. XXIV, v. Erlanger 1900. Nur in der Zugzeit März — Anfang Mai am Sülswasser. Im Süden recht vereinzelt. Erlanger schofs 2 S' am Oued Gafsa 30. IV. und 3. V. 1897, ich erlegte ebenfalls 2 Stück am 9. II. 1904 R’dir Sebudja und am 11. V. 1905 bei Zerkine. Totanus calidris (L.) Deutsch: Kleiner Rotschenkel, Gambett-Wasserläufer, franz.: chevalier Gambetta, arab.: Seckseck. Tringa calidris Liune Syst. Nat. Ed. XII. p. 245 (1766). — Totanus calidris Bechstein Orn. Taschenb. Il. p. 284 (1803), Malherbe 1855, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900. — Gam- betta calidris Loche 1867. Häufig im Norden und an der Ostküste bis zu den Knais und der Gegend von Gabes. Gelegentlich an den Küstenflüssen z. B. dem Oued Akarit. Verläfst Afrika Ende März oder Anfang April. Totanus fuscus (L.), der grofse Rotschenkel, ist ebenfalls schon im Winterkleid in Tunesien geschossen worden, scheint aber viel seltener zu sein. Ich selbst habe kein Stück erlegt, glaube aber, eins bei Nabeul Anfang März 1906 gesehen zu haben. Totanus littoreus (L.) Deutsch: Heller Wasserläufer, Glutt, franz.: grand chevalier, arab.: Seckseck. Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 315 Tringa littores Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 149 (1758). — Totunus glottis Malherbe 1855, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900. — Glottis canescens Loche 1867. — Grlottis nebularius Sharpe Se B. Br. Mus. XXIV. — Totanus canescens Whitaker B. of .. 2905. Im Winter überall häufig, meist in kleinen Trupps von 4—6 Stück. Von König im Norden, von Erlanger auf den Knais oft beobachtet. Nicht selten gesellig mit anderen Totaniden vereint. Ich habe ihn mehrfach im Süden angetroffen, am 18. II. 1906 bei El Gourine 2 Stück erlegt und im Mai 1905 bei Zerkine eine gröfsere Suite, da sie damals an der dortigen Sebkhra recht zahlreich waren. Numenius arquata (L.) Deutsch: Grofser Brachvogel, franz.: grand pluvier, arab.: Sernaef. Scolopax Argquata Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 145 (1758). — Numenius arguata Loche 1867, Whitaker B. of T. 1905. — Numenius arquatus Malherbe 1846, König 1888, v. Erlanger 1900. — Numenius arcuatus König 1893. Nach meinen Beobachtungen wohl der häufigste gröfsere Vogel im Winter und Frühjahr an der ganzen Ostküste von Nabeul bis Bou Grara. Bald in grofsen Flügen vereint, bald paarweise oder einzeln; massenhaft im März 1906 auf den Knais, belebt er die Gegend durch seinen lauten Ruf, der auch nachts ertönt. Auf dem Ansitz ist er ohne besondere Vorsichtsmals- regeln mit Sicherheit zu schiefsen. Im Mai habe ich keinen mehr gesehen. Ehe ich von den Schnepfen Abschied nehme, möchte ich noch einmal zusammenstellen, welche Vogel-Arten ich an einem günstigen Tage, dem 11. V. 1905, an der Sebkhra Zerkine bei Gabes gesammelt bezw. deutlich erkannt habe, um einen Begriff davon zu geben, welches Leben an solch einer Süflswasserstelle bisweilen herrscht. Die Wasserfläche war damals ca 600 m lang, 350 m breit, und aufserordentlich viel Beduinen, Hunde und Herden trieben sich dauernd rings an den Ufern herum, sehr erhebliche Störung veranlassend: 1. Himantopus himantopus (L.), 2. Aegialitis alexandrina (L.), 3. Tringa alpina (L.), 4. Machetes pugnax (L.), 5. Totanus glareola (L.), 6. Totanus littoreus (L.), 7. Glareola pratincola (L.), 8. Gallinago gallinago (L.), 9. Tadorna tadorna (L.), 10. Platalea leucorodia (L.), 11. Pterocles arenarius (Pall.), 12. Cerchneis vespertinus (L.), 13. Circus aeruginosus (L.), 14. Neophron perenopterus (L.), 15. Zurtur turtur (L.), 16. Hydro- chelidon fissipes (Pall.). 316 0. Graf Zedlitz: Familie: Laridae. Unterfamilie: Sterninae. Sterna hirundo (L.) Deutsch: Flufs-Seeschwalbe, franz.: hirondelle de mer commune, arab.: Bameia. Sterna Hirundo Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 137 (1758), Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, 1893, Whitaker B. of T. 1905. — Sterna fluviabilis Whitaker Ibis 1896. Im Winter gelegentlich an der Küste, auf den Knais und an Flufsläufen. Nicht eigentlich häufig. König erwähnt sie als Brutvogel auf der Insel Curiat bei Monastir. Sterna minuta (L.) Deutsch: Zwerg-Seeschwalbe, franz.: petite hirondelle de mer, arab.: Bameia zrir. Sterna minuta Linne Syst. Nat. Ed. XII. p. 228 (1766), Malherbe 1855, König 1888, 1893. — Sternula minuta Loche 1867. Diese zierlichste Seeschwalbe erscheint erst spät im Frühling an den Küsten bei Gabes und weiter nördlich. Ich sah die ersten am 5. V. 1905, von da an zahlreich. Übereinstimmend berichtet König, dafs er sie am 18. V. 1892 dort zahlreich beobachtete. Erlanger erwähnt weder diese, noch die vorige Seeschwalbe. S. minuta ist jedenfalls in Süd-Tunesien Brutvogel. Sterna caspia (Pall.) Deutsch: Raub-Seeschwalbe, franz.: grande hirondelle de mer, arab.: Bameia K’bir. Sterna caspia Pallas Nov. Comm. Petrop. XIV. p. 582, tab. XXII, fig. 2 (1770), König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Sylochelidon caspia Loche 1867. Kommt an der Ostküste vor, doch recht selten. Am ehesten noch auf den Knais zu finden, wo sie brüten soll. Erlanger schofs dort November 1896 ein Pärchen. In der Gegend zwischen Mabares, Skyrrha und den Knais habe ich sie mehrfach gesehen, sonst nicht. Sterna cantiaca (Gmel.) Deutsch: Brand-Meerschwalbe, franz.: hirondelle de mer Cauget. Sterna cantiaca Gmelin Syst. I. p. 606 (1788), Malherbe 1846, König 1888, 1893, v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. — Thalasseus cantiacus Loche 1867, u Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 817 Im Norden einzeln, weiter südlich an der Ostküste häufig, bisweilen massenhaft. Von Spatz als brutvogel auf den Knais festgestellt. Sehr zahlreich auch auf Djerba. Bleibt Winter und Sommer dort. Sehr leicht zu schiefsen. Sterna anglica (Mont.) Deutsch: Lach-Seeschwalbe, franz.: hirondelle de mer hausel, arab.: Bameia. Sterna anglica Montagu Orn. Diet. Suppl. (1873), König 1888, 1893, Whitaker B. of T. 1905. — Gelochelidon anglica Malherbe 1846, v. Erlanger 1900. — Gelochelidon meridionalis Loche 1867. Im Winter von mir nicht beobachtet, vom März an jedoch in der Gegend der Knais, wo sie nach Spatz brütet. König sammelte sie ebenfalls mehrfach an der Küste im Winter- sowie im Sommerkleid. Zu den häufigen Erscheinungen kann ich sie nicht zählen. Hydrochelidon fissipes (Pall.) Deutsch: Weifsflügelige Seeschwalbe, franz.: hirondelle de mer leucoptere, arab.: Bameia. Sterna fissipes Pallas Zoogr. Ross.-Asiat. II. p. 338 (1811), ? Linne S. N. XII p. 228 (1766). — Hydrochelidon leucoptera Boie Isis 1822 p. 563, Tristram Ibis 1860, Whitaker Ibis 1895 B. of T. 1905, König 1888 p. 288 u. 1893 p. 98. — Sterna leucoptera Malherbe 1855. — Hydrochelidon nigra Loche 1867. Erscheint vereinzelt auf dem Zuge im Frühjahr und zieht Süfswasser dem Meere vor. Ich beobachtete und erlegte mehrere Exemplare bei Zerkine Anfang Mai 1905. Von Erlanger nicht erwähnt, nach Loche anscheinend in Algerien häufiger vorkommend. Larus ridibundus (L.) Deutsch: Lachmöwe, franz.: mouette rieuse, arab.: Guäu. Larus ridibundus Linne Syst. Nat. Ed. XII. p. 225 (1766), Malherbe 1846, v. Erlanger 1900, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Gavia capistrata Loche 1867. — Xema ridibunda König 1888, 1893. — Chroicocephalus ridibundus König 1896. Sehr häufiger Wintergast im Norden, am Bahira-See, an der Ostküste und auf den Inseln, z. B. Curiat. Von Sfax an südwärts erscheint sie seltener, auf den Knais sah ich sie im März 1906 nicht mehr, ebenso wenig weiter südlich an der ganzen Küste im Januar — März 1906 und Mai 1905. Man beobachtet überhaupt im Süden erheblich weniger Möwen als im Norden. Scheu habe ich die Vögel nicht gefunden, besonders nicht in der Nähe der Häfen. 318 0. Graf Zedlitz:: Ich will nicht verfehlen, hier darauf hinzuweisen, dafs durch die Ring-Versuche der Vogelwarte Rossitten kürzlich nachgewiesen wurde, dafs Lachmöwen vom Bruch in Rossitten stammend auf dem Bahira-See überwintern, vgl. J. f. ©. 1908 III. p. 456—457 (Ring No. 767). Larus melanocephalus (Natt.) Deutsch: Schwarzkopfmöwe, franz.: mouette ä t&te noire, arab.: Guäu. Larus melanocephalus Natterer Isis p. 816 (1818), Malherbe 1855, König 1888, 1893. — Gavia melanocephala Loche 1867. Nicht häufige Erscheinung. König vermutet, sie gemeinsam mit L. ridibundus an der Küste ziehend gesehen zu haben. Ich erhielt April 1906 den Balg eines vor wenig Wochen bei Tunis erlegten Vogels durch Blanc. Larus canus (L.) Deutsch: Sturmmöwe, franz.: mouette cendree, arab.: Guäu. Larus canus Linn& Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758), Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, 1893, 1896, v. Erlanger 1900. Nur im Norden, am häufigsten im offenen Meere, wo sie den Dampfern folgt und sich auf die hinausgeworfenen Abfälle stürzt. Auch in den Häfen von Tunis und Sousse nicht selten und recht vertraut. Weiter südlich habe ich sie nicht mehr angetroffen, auch die anderen Beobachter erwähnen überein- stimmend nur ein Vorkommen an der Nordküste. Larus fuscus (Lichtenstein) Deutsch: Heringsmöwe, franz.: mouette a dos fonce, arab.: Guäu. Larus fuscus Linn& Syst. Nat. Ed. X. p. 136 (1758), Malherbe 1855, König 1888, 1893, Whitaker B. of T. 1905. — Clupeilarus fuscus Loche 1867. — Larus fuscescens König 1896, v. Erlanger 1900. Am Bahira-See nicht, dagegen an der Ostküste mehrfach beobachtet bis hinab nach Tripolis (König 1888). Nach Spatz soll die Möwe auf den Knais brüten. Ich habe sie Anfang März 1906 bei Sfax erlegt. Larus leucophaeus (Licht.) Deutsch: Südliche Silbermöwe, franz.: go@land A manteau bleu, arab.: Guäu K’bir. (? Larus eachinnans Pallas Zoogr. Ross.-Asiat. II p. 318 (1811)), Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Larus leucophaeus Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 319 Lichtenstein 1854, König 1888, 1895, 1896, v. Erlanger 1900. — Larus argertatus Malherbe 1846. — Laroides argentatus Loche 1867. Nach König ist diese grofse Möwe ständig im Norden und an der ganzen Ostküste. Erlanger fand sie nicht so häufig und erlegte nur 2 Exemplare bei Skyrıha und auf den Kais. Ich habe sie nur im Süden beobachtet, dort aber bei weitem am häufigsten von allen Möwen, so bei Skyrrha im Mai 1905 und März 1906, auf den Knais März 1906, auch südlich Gabes an der Küste. Ich fand sie dort überall keineswegs so scheu, wie König (1888) es aus den nördlicheren Strichen berichtet. Auf den Knais kreisten die Vögel oft auf wenige Meter über mir und fielen auch 20—30 Schritt neben mir ein. Leider gab es noclı keine Gelege, als ich dort war. Spatz hat Eier auf den Knais gefunden, ebenso König auf den Inseln bei Monastir. Sie sind nach seiner Beschreibung (J. f. ©. 1895) auffallend grols und ähneln denen der grolsen Mantelmöwe. Das Brutgeschäft wird zum Teil der Sonne überlassen, selbst bei stark angebrüteten Eiern lassen sich die Alten manchmal Stunden lang nicht sehen. Die Mafse sind: a. 71:52 mm, b. 77:55 mm, a. 78:52 mm, b. 73:53 mm. Im J. f. O0. 1896 führt König aus, dafs L. cachinnans (Pall.) und L. leucophaeus nicht synonyum seien, ersterer Name beziehe sich nur auf Vögel aus Nordost-Asien, hingegen seien 1. leuco- phaeus und L. michahellesi (Bruch), beschrieben aus Dalmatien, dieselbe Art. Familie: Procellariidae. Puffinus kuhlii (Boie.) Deutsch: Mittelländischer Sturmtaucher, franz.: puffin cendre, arab.: ? Procellaria kuhlii Boie Isis p. 257 (1835). — Puffinus kuhliv Bonaparte 1856, König 1898. — Puffinus kuhli Salvin Cat. B. Br. Mus. XXV, König 1893, 1896, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. — Puffinus cinereus Malherbe 1855, Loche 1867. Zahlreich an der Ostküste zwischen Monastir und Skyrrha sowohl auf offener See wie auf den Inseln vom März an, vorher selten. Erlanger konstatierte zahlreiche Bruten auf der grolsen Knais und beschreibt sehr anschaulich das Benehmen der Alten. Er fing ca 20 Stück auf den Nestern mit der Hand, doch bissen sie sich alle in der Gefangenschaft binnen kurzem gegenseitig tot. Sie sind überhaupt recht bösartig und hacken auch tüchtig nach dem Menschen, wenn man sie greifen will. Die Eier bezw. Jungen liegen auf der blanken Erde in Höhlungen unter Steinen und Sträuchern, die einzelnen Nester stehen in Kolonien und tragen ihrerseits wesentlich dazu bei, die Luft in der Umgebung 320 0. Graf Zedlitz: zu verpesten. Die ©" sitzen meist neben oder über dem Nest und laufen bei Annäherung des Menschen zum Q in die Höhlung, wo man sie dann beide leicht fangen kann. Ich fand Mitte März noch keine Eier, Erlanger beschreibt sie als gelblichweils in den Dimensionen eines Hühnereis. Familie: Podicipedidae. Podiceps cristatus (L.) Deutsch: Haubentaucher, franz.: gr&be huppe, arab.: ?. Oolymbus eristatus Linne Syst. Nat. Ed. X. p. 135 (1758), — Podiceps cristatus Malherbe 1855, Loche 1867, König 1888, 1893, Whitaker Ibis 1895, B. of T. 1905. In der Zugzeit an der Küste nicht gerade selten, aber auch nicht gemein. König erwähnt ihn auf beiden Reisen von dort, Erlanger hingegen nicht. Ich sah ihn Mitte März einige mal im offenen Meer unweit der Knais. Er war dort recht scheu, ich konnte deshalb kein Stück erbeuten, habe aber die Vögel mit dem Glase auf weniger als 100 m genau ansprechen können. Sie flüchteten zumeist nicht tauchend, sondern flogen einfach weg wie Enten. Podiceps fluviatilis (Tunst.) Deutsch: Zwergtaucher, franz.: grebe castagneux, arab.: ?. Colymbus fluwviatilis Tunstall Orn. Brit. p. 3 (1771). — Podiceps minor Malherbe 1846, König 1888, 1893. — Tuchybaptes minor Loche 1867. — FPodiceps fluviatilis v. Erlanger 1900, Whitaker B. of T. 1905. Eine recht seltene Erscheinung ist dieser kleine Taucher doch hie und da in Tunesien beobachtet worden. Erlanger schols ein Pärchen am 15. und 16. Il. 1897 am Oued Gabes. Ich habe an den Knais Mitte März 1906 einen Taucher auf ca 40 m ge- sehen und auch krank geschossen, den ich fast mit Bestimmtheit als P. fluviatilis ansprechen möchte. Leider trieb er fort, ehe das Boot herankam, das ich an eine der anderen Inseln geschickt hatte, um dort die Vögel aufzuscheuchen. Es dürfte sich um ein Exemplar gehandelt haben, das auf dem Zuge war, da sonst dieser Taucher unbedingt das Süfswasser dem Meere vorzieht. Schlufswort. Ich schliefse hiermit die systematische Aufzählung der Vögel aus Tunesien, von denen ich nach eigenen Beobachtungen etwas zu berichten habe. Es ist keineswegs eine Ornis des Landes, wie ich nochmals betonen will, sondern nur eine Reihe von „Anmerkungen“, bei welchen ich auf unsere beiden grolsen Ornithologische Beobachtungen aus Tunesien. 321 deutschen Kenner des Atlasgebietes, König und Erlanger, be- sonders zurückgegriffen habe, indem ich ihre wertvollen For- schungen häufig zum Vergleich heranzog. Ich wollte dadurch dem angehenden ÖOrnithologen ein etwas vollständiges Bild geben, ohne sie zu fortwährendem Nachschlagen in den verschiedenen Bänden des J. f. O. zu zwingen. Hiermit möge diese ornitholo- gische Arbeit ihren Abschlufs finden. Vieles darin wird ja dem Leser ohne spezielle zoologische Passionen wenig oder gar nicht interessieren, vielleicht sieht aber doch der eine oder andere deutsche Jäger, der die Atlasländer besuchen will, vorher einmal hinein, um sich von dem Reichtum der dortigen Vogelwelt zu _ überzeugen und die Anregung zu eigenen Beobachtungen daraus zu schöpfen. Jeder aber, der mit offenem Auge und Herz die Natur studiert und sich der kleinen Mühe unterzieht, die ge- sammelten Daten auch bald sorgfältig zu Papier zu bringen, wird stets mit einigen kleinen oder grofsen Bausteinen an der Errichtung des herrlichen Palastes der modernen Naturwissenschaft mitarbeiten; es braucht ja nicht gleich als Architekt zu sein, auch Handlanger sind nützlich, ja bei jedem Bau sogar direkt unentbehrlich. So manchen deutschen Herren habe ich schon getroffen, der zunächst nur als Jäger auszog in ferne Lande und den Wert der Tiere eigentlich lediglich nach ihrer Gröfse be- urteilte. Dann kam er durch Zufall oder auf fremde Anregung hin dazu, sich auch etwas um die wissenschaftlichen Fragen zu kümmern, und wer erst dabei einmal „Blut geleckt‘“ hat, der bleibt in der Regel bei der Stange. Die Sammlungen unserer Museen gerade aus den letzten Jahren stellen unseren deutschen Auslandsjägern in dieser Beziehung das ehrenvollste Zeugnis aus, möchte das Verständnis für die Natur und ihre Kinder, der Eifer beim vernünftigen Sammeln und die Freude an der Beob- achtung auch scheinbar unbedeutender Lebewesen immer weiter zunehmen, sie garantieren dem Reisenden eine tägliche und später immer fortdauernde Befriedigung, welche unendlich höher ein- zuschätzen ist als der momentane Rausch nach Aufstellung eines neuen Rekords auf „big game‘! Und dann noch eins, man vergesse nie, eine gute Camera mitzunehmen. Es braucht gar nicht jedermann gleich Natur-Ur- kunden zu sammeln vom Werte der klassischen Aufnahmen unseres Schillings. Jeder arbeite nach seinen pekuniären Mitteln und Fähigkeiten, je vollkommener, desto besser; aber auch ein bescheidenes Kodakbild kann seinen hohen wissenschaftlichen Wert haben, ich erinnere nur an Nest-Photographien, welche sich mit den einfachsten Apparaten vorzüglich herstellen lassen, voraus- gesetzt dals man — das Nest erst gefunden hat! Gerade für den Mann, der entweder in seiner Zeit oder in den Mitteln stark beschränkt ist, bieten die Atlasländer ein vor- zügliches Feld der Tätigkeit, die Reise dahin ist kurz, der Aufent- halt ist verhältnismäfsig billig. Freilich fehlen dort die Riesen Journ, £. Orn. LVIL. Jahrg. Juli 1909. 22 322 O0. Graf Zedlitz: Ornithologische Beobachtungen etc. der zentralafrikanischen Tierwelt, überhaupt die ungezählten Massen von Wild, welche man in den äquatorialen Teilen stellen- weise antrifft; doch für den, welcher vernünftig jagen, liebevoll beobachten, systematisch sammeln und die Natur in ihrer vollen Ursprünglichkeit geniefsen will, bietet auch der tunesische Süden herrliche Genüsse. Die Steppe mit ihrem zarten geblümten Muster, die malerischen Linien der violetten Berge, der goldene Glanz der wärmenden, aber noch nicht versengenden Sonne, das Tierleben in seinen vielfach neuen und stets fesselnden Gestalten, die Märchen, welche die Beduinen seit Jahrhunderten am Lager- feuer erzählen und die von den Palmen der Oasen in kleinen Vollmondnächten geraunt werden, sie umstricken den Wanderer mit magischer Gewalt und zaubern um ihn ein Feenreich hervor, märchenhaft schön und doch wieder wahrhaftig und greifbar nahe. Es ist wie das Lied der Loreley, wen’s erfalst, den läfst es nicht mehr los. Doch führt er nicht zum Verderben, sondern zum tat- kräftigen Handeln und zu innerer Befriedigung, der duftige Hauch des sonnigen Südens — des Steppenzaubers. Beobachtungen und Aufzeichnungen in der Umgegend von Leipzig während des Jahres 1908. Von Dr. Erich Hesse. Analog den Berichten der Vorjahre seien auch für das Jahr 1908 einige Beobachtungen und Aufzeichnungen aus Leipzigs Umgegend hier mitgeteilt. Auch ein paar Bemerkungen frühere Jahre betreffend ebenso wie einzelne Ergebnisse, die aus den bisherigen Beobachtungen gewonnen werden konnten, sollen mit eingefügt werden. Regelmäfsig besuchte ich das ganze Jahr über wieder das Gundorfer Gebiet und die Rohrbacher Teiche; weiter unternahm ich eine gröfsere Anzahl Exkursionen abermals an den Müncherteich, ferner an die jenseits gelegenen Teiche bei Grethien und endlich an den noch mehr westwärts liegenden Mühlteich bei Klein- pomssen. Speziell zur Zugzeit führte ich dies nun so aus, dafs ich diese ganzen Teiche der Reihe nach an einunddemselben Tage aufsuchte, so zwar, dafs ich mit dem Müncherteich begann, hierauf nach den Grethener Teichen hinüberging, den Pomssener Mühlteich anschlofs, um zuletzt mit den Rohrbacher Teichen zu enden; dabei stellte sich heraus, dafs die letztgenannten Wasser- becken sich immer noch am reichhaltigsten erwiesen, wogegen der grofse Müncherteich gerade auch an Durchzugsgästen wiederum wenig bot. (S. vor. Ber.) An einigen der Exkursionen nahmen wie ehedem Herr Prof. Dr. A. Voigt, ferner die Herren cand. rer. nat. Weigold und e. r. n. Marx teil. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 323 (Die Reihenfolge der besonders beobachteten Gebiete im folgenden ist: Gundorf; Rohrbach; Müncherteich; Grethen; Pomssen.) 1. Colymbus eristatus L. Müncherteich: In diesem Jahr hat ein Paar gebrütet und 3 Junge grofsgezogen. (Vgl. dagegen vor. Ber.) Letztere hielten anfänglich immer mit einem Alten zu- sammen; vom 3. VIII, an jedoch trat eine andere Verteilung ein, indem sich seltsamerweise stets ein Alter + ein Junger und ein Alter —- 2 Junge streng gesondert von einander zeigten. Die halb oder ganz erwachsenen Jungen rufen fast genau so wie die Rot- halstaucher gleichen Alters;!) die harten schnellen „kröck . . .* ‘ der Alten dürften in manchen Fällen auch Warn- oder Angstrufe darstellen, denn ich hörte sie auch noch tief im Sommer, also lange nach der Begattungszeit, wenn sich einer der Vögel augen- scheinlich beunruhigt fühlte. 2. Colymbus grisegena Bodd. Müncherteich: Am 17. VII. schien ein einzelner Junger sehr arg vom Hunger geplagt zu werden; sobald in einiger Entfernung der Alte mit Futter empor- tauchte, eilte natürlich ersterer auf diesen zu, aber in einer so überaus stürmischen Weise, wie ich es in dem Grade noch nie gesehen habe: Als ob er es gar nicht erwarten könne, suchte er mit kräftigen Ruderstöfsen den Alten sobald wie möglich zu erreichen, dabei mit gleichen Fülsen das Wasser tretend und patschend, sodafs es jedesmal hoch hinter ihm emporspritzte, ein wirklich ergötzlicher Anblick; auch die ersten Silben der eben zitierten charakteristischen Rufe klangen viel lauter und voller, mehr wie „boi“ oder „bui bui bui“, an die sich dann das hastige „bi... ..“ reihte, als ob auch die Leistungen des Stimm- apparates im Affekt ungeheurer Gier noch bedeutend gesteigert würden. — Grethen: Auf dem Kirchteich zog ein Paar vier Junge grofs; ein sehr seltenes Vorkommnis: Ausnahmslos habe ich in den ganzen vergangenen Jahren auf allen den von mir beobach- teten Teichen bei den einzelnen Paaren immer nur 1—2 Junge feststellen können. 3. Colymbus nigricollis Brehm. Gundorf: Vom 18.—22. IV. hielt sich ein Paar auf einem der grofsen Luppensümpfe auf; die durch das allmähliche Sinken des Wasserspiegels und das dadurch bedingte Hervortreten alter Ausstichraine samt der mehr und mehr üppig emporschiefsenden Vegetation teilweise abgetrennten kleineren Wasserflächen schienen diesen Tauchern dann nicht mehr zu genügen. — Rohrbach: Dies Jahr hat nur ein einziges Paar gebrütet, das auch nur ein einziges Junges aufzog, Am 17. IV. wurde ein an den Telegraphendrähten verunglücktes St. vom Bahnwärter unten am Bahndamm eingefangen, beim Ergreifen wütend um sich beifsend und mit dem spitzen Schnabel schmerz- haft „stechend“; kurz darauf erhielt ich den Kadaver, es war ein I) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 26. 22* 324 Erich Hesse: 9‘; weder am Knochengerüst noch an den Weichteilen konnte ich schwere Verletzungen bemerken, vielleicht war auch der Vogel nur irgendwie schwer gelähmt gewesen; im Magen fand ich sehr fein zerteilte Pfianzenstückchen, ferner zahlreiche seiner Bauchfedern und Reste kleiner Käfer, darunter auch eine voll- ständige rechte Flügeldecke von Lirus paraplecticus L. — Müncher- teich: Ein Paar hat gebrütet und 2 Junge groflsgezogen. Aufenthalts- dauer: 23. IV.—8.X. Am 11. V. zeigte sich noch vorübergehend ein einzelner dritter Vogel. Das Vorkommen und Brüten des Schwarzhalssteifsfulses auf diesem Teich war bisher noch nicht festgestellt. 4. Colymbus nigricans Scop. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, als ich den Zwergtaucher zum erstenmal für das Gundorfer Gebiet als Brutvogel nachweisen konnte,!) dafs die älteren Beobachter, die also schon lange vorher in der Umgegend Leipzigs tätig waren, diesen Vogel niemals brütend angetroffen haben, und Dr. E. Rey hat dies, was ich gleichfalls I. c. mit an- führte, auch ausdrücklich in seinem Eierwerk hervorgehoben. Als ich nun vor einiger Zeit für die bei Leipzig sicher nachgewiesenen Vogelspezies die Litteraturbelege zusammenstellte,?) fand ich u. a. in dem 4. sächsischen Jahresberichte von Meyer und Helm (1888) auf S. 131 für das Leipziger Gebiet folgenden Vermerk bei unserer Art: „Brütete bei Grofs-Zschocher und brachte die Jungen auf.“ Der beobachtende Gewährsmann ist der damals in Leipzig studierende Herr A. Jacobi, derzeit also ordentl. Professor a. d. Techn. Hoch- schule zu Dresden; ihm ist es somit geglückt, auch schon in der damaligen Zeit den Zwergtaucher wenn auch nur in einem Fall als Brutvogel bei Leipzig nachzuweisen. Aufserdem aber hat ihn in einer noch um viele Dezennien zurückliegenden Zeit bereits Herr H. Kuntz (Leipzig) auf Schimmels Teich und den Sümpfen der Viehweide vor dem Frankfurter Tor°), wie er mir mitteilte, brütend beobachtet, auf Gewässern, die nun schon längst teils durch Zufüllunug teils durch Urbarmachung verschwunden sind. Seltsam ist es mir stets erschienen, dafs dieser kleine Vogel nicht doch auch früher schon wenigstens in einzelnen Jahren auf den hier sonst in Frage kommenden mehr temporären, meist durch Lehmausstich entstandenen Lachen und Sümpfen, dafern sie noch genügenden Wasserstand und reichliche Pflanzendeckung boten, sebrütet haben sollte. So hat er z. B. im Gundorfer Gebiet während der letzten niederschlagsreichen Jahre regelmäfsig in mehreren Paaren genistet (vgl. a. die vor. Ber.). Dafs andrer- seits manche Taucherarten sehr im Brutbestand schwanken oder völlig ausbleiben, habe ich sehr gut auf den Rohrbacher Teichen verfolgen können: Während der letzten 4 Jahre hat hier der 1) Journ. f. Orn. 07, S. 96, 97. 2) „ „ „ 08, „ 260 ff. °) „ „ „ 09, „ 14. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 325 Haubentaucher nur ein einziges Mal gebrütet, und der Bestand der Schwarzhalstaucher schwankte zwischen einem und acht Paaren! Ein ersichtlicher Grund hierfür nicht vorhanden. Ganz Ähnliches ist auch schon aus anderen Gegenden berichtet worden. Dagegen erwiesen sich auf eben genannten Teichen neben den Rothalstauchern allerdings gerade auch die Zwergtaucher am konstantesten in der Zahl der Brutpaare. — Am 7. II. verschlang 1 St. auf der Elster im Rosenthal einen ca 5 cm langen Weifsfisch, ein sehr grofser Bissen für diesen kleinen Vogel, der sich sonst meist mit viel geringeren Beutestücken begnügt. — Auf dem Müncherteich haben in diesem Jahr wie 1907 in Rohrbach alle vier Taucherarten gebrütet. — 5. Larus ridibundus L. Gundorf: 1. IV. 1 Paar nach N.O. überhin. — Rohrbach: 6. IV. 1 alter, sich z. T. auf den Feldern aufhaltend; 23. IV. 2 Paar, kurze Zeit kreisend, dann nach W. weiterstreichend; 2. VI. früh 6h 1 alter, früh Sh 1 Paar und I junger nach O. überhin; 16. VI. früh 5h 3 alte Vögel nach W. überhin. — Müncherteich: 30. III. 1 alter nach W. übe hin; 13. IV. ı Paar sich aufhaltend. — Grethen: 11. VI. 1 Paar auf dem Schlagbaum des Dammes der nördl. Teiche ruhend, dann kreisend und herumstreichend, nach ca 1 Stunde wiederkehrend und schliefslich nach W. abziehend. Gebrütet haben Lachmöwen auch dies Jahr hier nicht (s. vor. Ber.). — Buchholz bei Otter- wisch: 1. VI. 6 St. sehr hoch nach N.W. überhin. 6. Sterna hirundo L. Müncherteich: Am 3.VIll. safs auf der vegetationsfreien sandigen Strecke des Südostufers eine einzelne junge Flufsseeschwalbe.e Bei meiner Annäherung erhob sie sich und strich schlecht fliegend dicht über dem Wasser dahin, sich schliefslich auf das Schleusengestell niedersetzend. Als ich nach einiger Zeit an obige Stelle zurückkehrte, war auch die See- schwalbe wieder dort eingefallen und schlief. Langsam und vor- sichtig konnte ich mich ihr bis auf 1/, m nähern, da rasselte leider der Kies unter meinen Fülsen, die Seeschwalbe erwachte, erhob sich müde und flog ab, ich hätte sie sonst mit den Händen ergreifen können, schade! Abermals ganz dicht über der Ober- fläche strich sie über den ganzen Teich dahin, sich endlich gerade am entgegengesetzten Ende am Schilfrand auf das Wasser nieder- lassend. Den Tauchern und Enten schien diese Sterna ein recht ungewohnter Anblick zu sein; erstere tauchten beinahe entsetzt unter, und letztere wichen scheu zur Seite oder flogen gar auf, wenn jene in ihre unmittelbare Nähe kam. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um einen irgendwo an der nahen Mulde er- brüteten Vogel, der mir übrigens einen fast kranken Eindruck machte. 7. Hydrochelidon nigra L. Rohrbach: Am 1. VI. kreisten den ganzen Abend 8 St. ausschliefslich über dem Mittelteich (vgl. vor. Ber.!); an diesem Tag übernachtete ich in Rohrbach und war am nächsten Morgen wie immer schon um 4 Uhr an den 526 Erich Hesse: Teichen; von Seeschwalben war zunächst nichts zu sehen, erst um 6 Uhr erhoben sich 5 St. aus dem Schilf des Mittelteiches, wo sie offenbar wohl geschlafen hatten, kreisten wiederum nur über diesem Teich, um dann gegen '/),8 Uhr nach N. fortzu- ziehen. Die drei anderen waren also entweder schon am Abend vorher oder ganz zeitig frühmorgens, vielleicht auch in der Nacht, abgezogen. 8. Nyroca fuligula L. Gundorf: Frühjahrzug: 18. IV. 3 St., 1 9%, 2 @. — Rohrbach: Frübjahrzug: 2. III. 1 9' mit 5 Tafel- enten (3 91, 2 9, s. u.) zusammenhaltend; 6. IV. 11 St, 2 0, Ian). n Nyroca ferina L. Gundorf: Frühjahrzug: 22.—25. IV. 209%, 19, ev. Aufenthalt: 4 Tage; 2. V. 2 9‘. Herbstzug: 30. IX. 1 9, lebhaft schnarrend. — Rohrbach: Frühjahrzug: 2. Ill. 5 St., 3 0, 2 9; 23. II. 28 St., 17 9, 11 9; 30. II. 13 St, 99%, 49; 6. IV: 528t,:200% 3:95.13: IV. 1 Paar und SRH 16. IV. 5 St., 2 9, 3 @ und 20 St., 11 9, 9 9; 23. IV. 13 St,, 80%, 59 und 3 St, 2 O1, 1 9; hierauf dann regelmälsig die alljährliche Anzahl von 6—8 Brutpaaren. — Müncherteich: 30. III. 8 St, 3 0', 59, von da an stets nur noch ein Paar oder einzelne Vögel. — Pomssen: 13. IV. 10 St., 6 0, 4 9. 10. Nyroca nyroca Güld. Gundorf: Frühjahrzug: 11. IV. 3 St., 2 01, 1 9; es ist das erste Mal, dafs ich diese Ente auch im Gundorfer Gebiet habe feststellen können. — Rohrbach: 1 Paar hat abermals gebrütet, diesmal aber nur 4 Junge aufgezogen. Letztere kamen auf dem Grofsen Teich aus, und hier hielt sich die Familie bis Ende Juli auf; von Anfang August an jedoch war dieselbe auf den Mühlteich übergesiedelt und verblieb nunmehr hier. Am 25. VIII. warnte bei meiner Annäherung immer nur einunddasselbe von den 4 nunmehr erwachsenen Jungen, augen- scheinlich ein ©‘, die 3 Geschwister mit Rufen, die wie „ürrr ürrr“ klangen. Am 6. IV. war noch ein einzelnes 9‘ vorhanden. Es gelang mir somit, die Moorente drei Sommer nacheinander und zwar in je einem Paar hier als Brutvogel nachzuweisen. — Müncherteich: 23.—27. IV. stets am Nordufer 1 9; ev. Aufent- halt: 5 Tage. 11. Nyroca elangula L. Rohrbach: 23. IH. 2 9, nicht klingelnd. — Von den während der vergangenen Jahre beobach- teten 17 Schellenten habe ich demnach nur ein einziges Mal das Klingeln vernommen, am 4. III. 05 in Rohrbach, als ein altes Q'. im Prachtkleid mit aufging; demzufolge scheinen in der Tat meist oder gar nur die alten Q' dieses Geräusch hervorzubringen.!) 12. Spatula clypeata L. Gundorf: Frübjahrzug: 28. III. 2 Paar; A. IV. 1 Paar; 15. IV. desgl.; 18. IV. © 8.2 Grass} Dann zeigte sich vorübergehend noch einmal am 1. VIII. 1 Paar. — Rohrbach: Frühjahrzug: 23. III. 1 91; 13. IV. 2 Paar; 16. IV. 1) Vgl. Journ. f. Orn. 07, S. 100. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 327 10 St., 4 Paar-+ 2 g\. Herbstzug: 19. X. 7 St, 1 0, 6 @ bez. Junge. — Grethen: 13. IV. 1 Paar auf nördl. Teich. 13. Anas boschas L. Hier seien nur ein paar Bemerkungen gemacht. Am Pomssener Mühlteich liefen am 13. IV. mehrere Paare bei strömendem Regen in den mehrere Hundert Meter ent- fernten, steil bergan gehenden jungen Saatfeldern umher. Früher einmal, am 13. VII. 06, habe ich bei Rohrbach eine ähnliche Be- obachtung gemacht: Gleichfalls bei strömendem Regen traf hier ein Schwarm von 15 St. fortwährend Anstalt, sich in einem ca. 1 km von den Teichen abliegenden vom Unwetter zu Boden ge- legten Roggenfeld niederzulassen. — Am 12. X. standen am Ufer des Grethener „Sees‘‘ 4 St. auf einem grolsen Ast, der über 1 m aus dem Wasser herausragte. 14. Anas strepera L. Gundorf: Frühjahrzug: 18.—28. III. stets in einem der Luppensümpfe 1 Paar; ev. Aufenthalt: 11 Tage. — Rohrbach: Herbstzug: 5. X. 3 St., 10, 2Q. — Müncherteich: Frühjahrzug: 13. IV. 1 Paar. 15. Anas penelope L. Gundorf: Frühjahrzug: 3. III. 7 9° von Weigold beobachtet; 25. III. ı Paar; 18.—25. IV. 3 St., 2 9‘, 1 9, ev. Aufenthalt: 8 Tage. Im Winter am 12. XII. 1 einzelnes mit 12 Stockenten auf der Luppe. — Rohrbach: Frühjahrzug: 30. III. 3 St., 29%, 19; 6.—13. IV. 2 9‘, ev. Aufenthalt: 8 Tage; 4.V. 1 9°. Herbstzug: 5. X. 5 0‘; 19. X. 10 9 bez. Junge. So- dann vom 30. XI. an den ganzen Dezember hindurch ein © bez. junger Vogel, dem ein Bein schwer verletzt war, das beim Fliegen herunterhing; die Ente konnte deshalb auch nicht stehen, sondern lag stets auf dem Eise resp. Ufer; möglicherweise war diese Ver- letzung ein Grund zum Überwintern. — Müncherteich: Frübjahr- zug :.13..1V: 1 Q'. 16. Anas acut« L. Gundorf: Frühjahrzug: 15. IV. i. ganz. 6 St., 3 91, 2Q und 1 Q' getrennt davon; 18. IV. 1 ‘an gleichem Ort wie vorher, ev. Aufenthalt: 4 Tage; 25. IV. 3 St, 2 0, 19. — Rohrbach: Herbstzug: 30. XI. 1 9. — Müncherteich: Frühjahr- 216:30.. 1119 3 St.,-2'8%:1 9: 17. Anas querquedula L. Lediglich ein paar Daten vom Frühjahrzug. Gundorf: 21. II. 1 91; 25. III. 2 Paar; 1. IV. 7 Paar; 8. IV. 9 Paar und 6 g', also 15 01, 9 9; 15. IV. 12 Paar. — Auf allen übrigen Teichen waren immer nur 1 oder 2 Paar oder aber einzelne dieser Vögel anzutreffen. 18. Anas crecca L. Auch hier nur einige Zugdaten. Im Frühjahr: Gundorf: 29. II. 5 St., 4 0, 19; 11. III. 5 Paar und 5 St, 4 Q1, 1 9, letztere die vorigen, ev. Aufenthalt: 12 Tage; 18. III. 12 Paar und 1 8% 28. IL 19.’St., 10 9° 9 9; 1. IV. 6 Paar und 1 91; 4. IV. 20 St., 8 0, 5 Q@ und 5 0%, 29; 8. IV. 10 Paar; 15. IV. 12 Paar mit ebensoviel Knäkenten (s. o.) zu- sammen, sich auch öfters etwas zerstreuend. Rohrbach: 2. Il. BiSt., 1 0, /2:9; 23: IIEl12.St,,'5.0% 7 9; ‘30. 1117 St... 5 0; 29; 6. IV. ı Paar; 16. IV. 5 Paar; 23. IV. 3 Paar. Grethen: 328 Erich Hesse: 13. IV. 3 Paar und 23. IV. 13 St., 7 91, 6 © auf nördl. Teich. Pomssen: 13. IV. 6 Paar. — Im Herbst: Gundorf: Vom 19. IX. an kleine Trupps bis ca. 20 St. auf der Luppe. Rohrbach: 16.. XL. 8. 8t.,2 847 19;:30. 31.2 18. — Als Mitte März ein Kälterückschlag eintrat und Frost und Schnee sich einstellten, waren auf den Rohrbacher Teichen neben zahlreichen Stockenten nur noch ein Paar Krickenten zu be- obachten, also gerade diejenigen beiden Entenarten, die als Jahresvögel für unser Gebiet in Frage kommen; andere Formen waren nicht vertreten, auch nicht Reiher- und Tafelenten, die sich ja schon zu Anfang März gezeigt hatten; möglicherweise waren diese wieder etwas nach S. ausgewichen. — In den vergangenen Beobachtungsjahren hat sich mithin er- geben, dafs von den nur durchziehenden Entenarten im Gundorfer Gebiet ein Herbstzug mit verschwindend kleinen Ausnahmen durchgängig völlig ausblieb, dafs aber auch in Rohrbach der Herbstzug hinter dem des Frühjahrs zurückstand. Auf eben diesen Rohrbacher Teichen habe ich auch bei der hier brütenden Tafelente ein Anschwellen der Zahl im Herbst niemals konstatieren können, während im Frühjahr alljährlich ausnahmslos das Gegen- teil der Fall war. Eine absolute Gesetzmäfsigkeit in der Zahl hinsichtlich der Geschlechterverteilung liefs sich nicht ableiten; bald waren diese in gleicher Zahl, bald mehr 9‘, bald mehr 9 vorhanden; immer- hin scheint sich namentlich in einzelnen Jahren eine gewisse Tendenz zum Vorherrschen des männlichen Geschlechts, besonders bei den echten Enten, geltend zu machen. — 19. Anser fabalis Lath. Rohrbach: Vom 2.—11. X. hielten sich 6 St. an den Teichen auf, ab und zu auch weite Ausflüge in das Nachbargelände unternehmend; ev. Aufenthalt: 10 Tage. Am 5. X. standen sie auf einer Saatfeldecke am Südostufer des Grofsen Teiches, nachdem sie vorher längere Zeit über den Teichen gekreist hatten. Auf tieferliegendem Gelände gebückt vorwärts- schreitend und nach vorn durch einen Busch gedeckt, konnte ich ihnen bis auf ca. 30 m nahe kommen und sie eine Weile aus- gezeichnet beobachten. Bald erhoben sie sich jedoch unter „ra ra“ wieder, strichen mit ihrem bekannten fast schwerfällig wuchtelnden, etwas trappenähnlichen Fluge ab und kehrten erst nach drei Stunden wieder zurück, diesmal wiederum an obiger Stelle sich niederlassend. Weiter kreisten am 26. X. 3 St. über den Teichen, sich auch öfter bis fast auf den Spiegel des Mittelteiches herab- senkend, stets jedoch wieder in die Höhe gehend und schliefslich nach S.W. abziehend. — Ferner zeigten sich graue Gänse, die, überhinziehend, nicht näher bestimmt werden konnten, im Frühjahr: Gundorf: 7. II. ca. 45 St. nach N.O.; Rohrbach: 28. III. 12 St. nach W.; — im Herbst: Gundorf: 30. IX. ca. 35 St. nach N.; 5. XIL. vorm. ca. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 329 50 St. nach N.W., ab. ca. 30 St. nach N.O.; 20. XII. ca. 35 St. nach S.W. Rohrbach: 9. X. 26 St. nach S.W. — 20. Charadrius apricarius L. Rohrbach: Am 22. III. wurde 1 St. erlegt; es war ein junger Vogel, der mir im Fleisch vorgelegt wurde. 21. Charadrius dubius Scop. Gundorf: 25. IV. 1 Paar nach S.W. überhin. Am 15. V. traf ich gegen Abend I St. in einer der neuen Wiesenausschachtungen, das um 1/,7 Uhr längere Zeit einen Balzflug ausführte, also wohl ein Q'. Der Vogel hielt dabei immer ein ganz bestimmtes Luftrevier inne, ab und zu sich bald etwas auf die eine bald auf die andere Seite werfend, stets jedoch sich in geradezu erstaunlicher Weise in einer horizontalen Ebene fortbewegend; von Stimmen liefs er aufser dem gewöhnlichen „diu“ auch genau jene Tonreihen hören, wie ich sie schon früher beschrieben habe.!) In schroffem Gegensatz stand der horizontale Flug des Regenpfeifers zu demjenigen der wild und wirr durcheinander und auf und ab schiefsenden und jagenden Segler, die gleichfalls über dieser Stelle zahlreich kreisten und oft mit starkem Rauschen an dem Menschen vorbeisausten, man konnte jenen an seiner charakteristischen Flugbahn bald und immer wieder herausfinden bei den sonst gleich erscheinenden Gröfsenverhältnissen dieser Vögel. Schliefslich zeigten sich vom 6.—15. VII. immer an gleichem Ort eines der um diese Zeit abgelassenen Wiesenteiche 1 Alter und 2 Junge; ev. Aufenthalt: 10 Tage. — Rohrbach: 4.V. 1 St. nach O. überhin. 22. Vanellus vanellus L. Gundorf: Hier waren Kiebitze nur im Frühjahr vom 4. III. — 9. V. zu beobachten. : Einige genauere Daten seien angegeben. 4. III. 11 alte 9° mit 26 Siurnus; vom 11—21. III. im ganzen nur 1—3 St.; 25. Ill. ca. 40 St. (Ju. 9) mit ca. 100 Sturnus;, vom 28. III. — 9. V. 1—4 Paar, nur am 11. IV. aufserdem 13 St. nach N.-W. streichend. Den ganzen Sommer über waren keine Kiebitze da, es ist auch keine Brut gezeitigt worden, aber auch im Herbst habe ich nicht einen einzigen dieser Vögel gesehen. Der Kiebitz ist somit derzeit aus diesem unsern Gebiet, wo er seit alters und ehedem in vielen Paaren nistete, als Brutvogel verschwunden; aus meinen Berichten ist die allmähliche Abnahme des Bestandes in den letzten Jahren leicht ersichtlich. — Rohrbach: Unmittelbar an den Teichen haben abermals keine Kiebitze gebrütet, wohl aber in 1 Paar, das auch 4 Junge grofszog, auf einem Acker nördl. vom Grofsen Teich, und natürlich wie alljährlich in mehreren Paaren in der benachbarten Göselaue. Am 16. III. balzten hier unsre Vögel trotz Frost und Schnee lebhaft. Grölsere Schwärme habe ich diesmal im Frühjahr nicht beobachtet, dagegen wieder regelmälsig im Herbst vom 14. IX. — 19. X. zu 70—100 St., heuer fast ausschliefslich aus Jungen bestehend; am 26. X. hielten sich nur noch 5 Junge auf. — Müncherteich: In den angrenzenden Wiesen 1) Vergl. Journ. f. Orn. 08, 8. 38. 330 Erich Hesse: und Feldern haben mehrere Paare gebrütet; vom Juli an, nach dem Flüggewerden der Jungen, scharten sich kleine Trupps zu sröfseren zusammen, die dann bis ca. 40 St. betrugen. Zum Frühjahrzug ein kleinerer Schwarm von 23 St. am 13. IV., zum Herbstzug solche von ca. 70—450 St. vom 28. IX — 17. X. auf den Feldern nordöstl. des Teiches; die Vögel hatten sich gewöhnlich über die ganzen Feldbreiten zerstreut und letztere erschienen dann wie übersät von ihnen; bemerkenswerter Weise hielten sie sich auch nur auf diesem nordöstl. gelegenen Gelände auf, niemals auf den anderen benachbarten Aeckern. Derartige grolse Massen von Kiebitzen habe ich in unsern Gebieten noch niemals beobachtet; auch sie setzten sich fast nur aus Jungen zusammen. — Grethen: Auf dem z. T. sehr sumpfigen Gelände am nördl. Teich haben ebenfalls mehrere Paare gebrütet. Hier hörte ich am 11. V. auch ein O' balzen, das zuweilen seiner vierteiligen Balz- weise (s. vor. Ber.) noch ein „chärrchui“ vorausschickte, sodafs diese dann fünfteilig zusammengesetzt war. Am 12. X. ruhten 134 Junge auf einem angrenzenden Acker aus. — Auf den noch nassen Wiesen und Aeckern zwischen Grethen und Pomssen sah man im Frühjahr allenthalben Kiebitzpaare, öfters auch in jener charakteristischen, vor der Brutzeit zu beobachtenden Stellung, den Körper vornübergeneigt und dabei ständig Wipp- bewegungen machend, gleich als wenn der eine dem andern mitteilen wollte, dafs gerade hier eine vortreffliche Stelle zur Nestanlage wäre. — Auf einem trockenen hochgelegenen Kartoffel- feld nordwestl. vom Universitätsholz trieben sich am 15. VI. 2 Alte und 6 Junge herum. 23. Tringa alpina L. Gundorf: 26. IX. 1 St. im Übergangs- kleid, sehr zutraulich, geradezu auf mich bis 15 Schritt heran- kommend, um mich zu betrachten, darauf rnhig wieder der Nahrung nachgehend. — Rohrbach: 19.—26. X. 3 St. auf der Sohle des abgelassenen Grofsen Teiches, stets mit jungen Kiebitzen zusammenhaltend; ev. Aufenthalt: 8 Tage. An letztgenanntem Termin erhoben sie sich gegen 11 Uhr plötzlich, kreisten noch mehrmals unter öfterem „trrui‘“ über dem Teich, um dann nach S.-W. einzubiegen und abzuziehen. 24. Tringa ferruginea Brünn. Gundorf: Am 7. IX. beob- achtete Weigold mit noch zwei Kommilitonen längere Zeit in einer der grofsen Wiesenausschachtungen 2 dieser Vögel nur auf 5—10 Schritt Entfernung; sie kehrten, aufgejagt, sehr bald wieder zurück. 25. Tringoides hypoleucos L. Gundorf: Hier zeigte sich der Flufsuferläufer abermals regelmäfsig vom 29. IV. — 20. V. zul— 2 St. und wieder vom 4. VII. — 9. IX. zu 1-9 St., endlich noch einmal ein einzelner am 3. X. Am 24. VII. riefen sie noch lebhaft bis 8,55 Uhr ab. an der Luppe; am 6. VIII. standen segen Abend 9 St., die höchste Zahl, die ich bisher hier bei- sammen sah, auf einer kleinen Sandbank ebendieses Flusses, Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 331 von hier aus öfters ihr vielstimmiges „hididi“ in ununterbrochener Folge zusammenreihend. — Rohrbach: Je ein einzelner am 11. VII., der noch ab !/,10 Uhr mehrmals rief, und am 14. IX., beide am Grofsen Teich. — Müncherteich: 3.— 17. VIII. 2 St.; ev. Aufenthalt: 15 Tage. Diese beiden Vögel setzten sich auch wiederholt auf einen weit aus dem Wasser ragenden dürren Ast an der Insel. — Speciell zur Zugzeit habe ich den Flufsuferläufer in den vergangenen Jahren in dem ganzen Flufssystem nordwestl. von Leip- zig angetrofien, von Maslau bez. Schkeuditz an bis herein zur alten Elster, wo ich ihn verschiedentlich noch oberhalb des Schützenhof- steges ganz nahe an der Stadt beobachtete. Am Amelungenwehr, an dem er sich dies Jahr vom 12.—17.1IX. aufhielt, strichen am 13. VIII. 02 3 St. eng zusammenhaltend zwischen ungeheuren Mengen schwärmender Schwalben hin und her. 26. Zotanus pugnaz L. Gundorf: 29. IV. 2 St, 1 junges oJ" und 9, Gröfsenunterschied sehr bedeutend, Beine bei beiden orangerot. — Rohrbach: 25. VIII. 2 St., augenscheinlich junge J', ganz dicht über den Teichen nach W. streichend; Beine ebenfalls orange. 27. Totanus totanus L. Gundorf: Je 1 St. am 28. III. und 18. VI. — Grethen: Vom 13. IV. — 11. V. auf den weithin sumpfigen Uferstrecken des nördl. Treiches stets nur ein Paar, häufig balzend und dabei die schönen klangvollen Touren hören lassend, gleich als ob es hier hätte brüten wollen; ev. Aufenthalt: 29 Tage. — Pomssen: 23. IV. auf den überschwemmten Wiesen östl. vom Teich 1 Paar. 28. Totanus littoreus L. Gundorf: Frühjahrzug: 2.—10. V. einzelne; dazwischen am 10. VI. 1 St., also wohl ein im Binnen- land herumstreichendes; Herbstzug: 19.— 23. IX. immer an gleicher Stelle 1 Alter; ev. Aufenthalt: 5 Tage. 29. Totanus ochropus L. Gundorf: Frühjahrzug: 4.—29. IV. 1—5 St.; dann nur ganz vereinzelt bis zum 26. VI.; Herbstzug: von da —3. X. 1—3 St. zusammen. Der Waldwasserläufer hat sich somit dies Jahr den ganzen Sommer über gezeigt, obne dafs er natürlich, ebensowenig wie in den Vorjahren, hier gebrütet hat. Am 16. VII. abends an der Luppe noch bis 9,18 Uhr rufend. — Rohrbach: Je ein einzelner am 20. VI. am Grofsen Teich und am 3. VIII. an dem bis auf wenige Gräben und Pfützen jetzt völlig verlandeten hintersten Teich am Brandholz. — Pomssen: 13. 1V. ı St. n. N.-O. überhin. — Wie den Flufsuferläufer, so konnte ich auch 7. ochropus allenthalben in dem oben bezeich- neten Flulssystem feststellen; die übrigen Wasserläuferarten hielten sich strenger an die grofsen Sumpf- und Lachengebiete und besuchten von hier aus, dann aber auch oft sehr konstant, gewöhnlich nur die anliegenden Strecken der Flufsläufe. Zum ersten Mal begegnete ich dem Waldwasserläufer am 6. IV. 1896 in einem der Sümpfe südl. v. Möckern, gegenüber der Grofsen Eiche; Ende August Ol trieben sich auch stets kleine Trupps 382 Erich Hesse: in einem gewissen Bezirk der damals noch bestehenden Brandt- schen Lachen umher. 30. Totanus glareola L. Gundorf: 25. VIL.—12. VII. immer nur ein einzelner an bestimmter Stelle; ev. Aufenthalt: 19 Tage; dann nochmals ein einzelner am 5. IX. — Pomssen: 27. IV. 2 St. auf den überschwemmten Wiesen östl. vom Teich. — Harth b. Zwenkau: 18. VIIl. 3 St. lebhaft rufend nach S. überhin. — Aus den Beobachtungen der verflossenen Jahre geht hervor, dafs von allen Wasserläufern 7. ochropus sich am regelmälsigsten eingestellt hat; er ist jahraus jahrein im Frühling, Sommer und Herbst erschienen. Dagegen waren die übrigen Totanen weit unregelmäfsigere Gäste; ihr Aufenthalt war auch lange nicht so ausgedehnt, manchmal traten sie nur sporadisch auf, bald fehlten einige Arten im Frühjahr bald im Herbst, ja 7. fuscus blieb sogar in einzelnen Jahren ganz aus. — 31. Limosa limosa L. Pomssen: 13. IV. 2St. bei strömendem Regen an der Ostspitze des Teiches am Ufer Nahrung suchend, von Zeit zu Zeit das Regenwasser abschüttelnd, einmal auch eine Strecke weit dicht über dem Erdboden dahinstreichend; stumm. 32. Numenius arquatus L. Gundorf: 4. IV. 1 St. nach N.O. überhin; 27. V.ab. 9h 1 St. noch lebhaft rufend nach N. überhin; endlich am 12. IX. 1 St. nach S.W. — Rohrbach: Je einer am 16. VI. nach N.W. und am 20. VI. nach S.W. überhin. — Müncherteich: 3. VIII. 1 St. von 8.0. her anfliegend und sich auf einem Brachfeld nordöstl. vom Teich niederlassend. — Harth b. Zwenkau: 2. VII. 1 St. nach W. überhin. — Durchs Fernglas kann man deutlich sehen, wie der Vogel jedesmal, wenn er seine schönen kraftvollen Rufe im Fluge ausstölst, den Kopf hebt und deu Schnabel weit öffnet. 33. Gallinago gallinago L. Gundorf: Im Frühjahr waren Bekassinen vom 4. III. — 29. IV. regelmälsig zu 1—9 St. anzu- treffen, dann verschwanden sie wiederum fast völlig bis Anfang Juli, von wo an sie nunmehr ständig bis zum 7. XI. zu 1-9 St. zu finden waren. Als Ende Oktober und Anfang November bereits starke Kälte eintrat, hielten sich einzelne abermals an offenen Stellen der Luppe auf. In ihrem ursprünglichen Gebiet, wo sie noch bis vor zwei Jahren lebhaft balzten und meckerten, machten sie sich auch heuer nicht durch diese Liebesspiele zur Brutzeit bemerkbar, wohl aber taten sie dies auf den sumpfigen Wiesen des Zschampert am Bienitz; hierhin schienen sie sich also während dieser Periode angesiedelt zu haben. — Rohrbach: Vom 23. IIl. — 27. IV. zu 2—8 St.; sodann den ganzen Sommer über 2 Paar auf den sumpfigen Strecken am Nordufer des grofsen Teiches (vgl. vor. Ber.!), wo die Q' natürlich auch zu allen Tages- zeiten von Anfang Mai bis Ende Juni ständig kleinere oder gröfsere Meckerflüge ausführten; an schönen Abenden geschah dies auch wieder noch sehr spät, am 1. VI. schwang sich eins der Q' noch 92h zu einem kurzen Spiel empor und am 15. VI. um 93!h; auch Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 333 das „diküp“ oder „tjepe“ vom Boden war bis fast 10h zu vernehmen. Am 2. VI. früh 7h gingen beide 9 unter „gäck gäck . . .“ in die Höhe und begannen alsbald zu meckern, das eine etwas tiefer und dumpfer; einigemal traten hierin Pausen ein und während derselben stiefsen die Vögel mehrmals das „tjepe ... .“ aus, und zwar war dies deutlichst von ebendiesen fliegenden 9‘ zu hören; die taktmäfsigen Rufe werden eben sehr wohl auch von den letzteren hervorgebracht, Beobachtungen, wie ich sie ja schon in den vorhergehenden Berichten angeführt habe. Im Herbst waren die Bekassinen bis zum 19. X. zu bemerken, einzeln oder bis zu 3 St. beisammen; hierauf zeigte sich nur noch einmal am 23. XI. 1 St. Am 15. und 16. VI. balzte auch ein einzelnes 9‘ am Nordufer des Mühlteiches, sich auch einmal auf einen grofsen ca. 2 m hohen Schilfhaufen setzend; weder vorher noch nachher habe ich jedoch an dieser Stelle unsre Vögel beobachtet, vielleicht war es eins der 9° vom Grofsen Teich oder aber ein einzeln herumstreichendes Exemplar. Im übrigen würde es das erste Mal sein, dafs Bekassinen an den Rohrbacher Teichen gebrütet haben. — Grethen: Auf dem sumpfigen Gelände am nördl. Teich hatte sich zur Brutzeit gleichfalls 1 Paar eingestellt. Von dem o° desselben habe ich nun am 11. VI. ein Balzspiel beobachtet, wie ich es, wenn ich es nicht selbst mit eigenen Augen gesehen hätte, kaum für möglich gehalten haben würde. An genanntem Tage, einem herrlichen Sommertag, den ich teils am Müncherteich, teils an den Grethener Teichen verbrachte, hatte ich das Q' schon wieder- holt meckern hören, und zwar war die Klangfarbe dieses Meckerns so hoch und hell, wie ich sie noch niemals von einer Bekassine vernahm. Gegen Abend 5,53 h erhob sich der Vogel wiederum und meckerte bis 5,60 h 59 mal, fiel sodann ein, ging jedoch bald wieder hoch, gaukelte erst unter „tjepe . .“ über die Sumpf- wiesen dahin, stieg höher empor und begann abermals zu meckern; hierbei beschrieb er wie gewöhnlich eine ganz bestimmte Kurve, etwa einer horizontalen 8 gleichend; die Einzelherabstürze waren sehr steil. Dieses S' nun meckerte von 6,2 h—7,14 h ohne auszuruhen 543 mal!!, auf die Minute kamen somit 7—8 Ab- stürze; 7,14 h ging plötzlich eine zweite Bekassine, offenbar das Q, das wohl nunmehr von dieser Leistung des J befriedigt war, in die Höhe, dem Q‘ gleichsam entgegen, letzteres strebte auch sogleich in Schwenkungen zum Q hernieder, beide gaukelten jetzt über den Bruch dahin, beide hierbei ‚tjepe ... .“ rufend, bis sie, sich tiefer und tiefer herabsenkend, einfielen, wo möglicher- weise noch eine Begattung erfolgte. Es war dies jedenfalls eine ganz ungeheure Leistung, 11/, Stunde ein solches Balzspiel aus- zuführen; andrerseits war es auch wieder eine kleine Gedulds- probe, die man der Wissenschaft zu bringen hatte, während dieser langen Zeit unausgesetzt gen Himmel zu spähen, um den fliegenden Vogel nicht aus den Augen zu verlieren; obwohl weit 334 Erich Hesse: und breit keine Bekassinen weiter balzten und ich das betreffende og" ja stets an dem erwähnten ganz eigentümlichen hellen Klang des Meckerns herausgehört hätte, wollte ich doch den Vogel bis zuletzt verfolgen; einen selten schönen Sonnenuntergang und eine vom Abendglanz bestrahlte Landschaft mufßste ich für diese Zeit dahingeben. An diesen Teichen ist die Bekassine zur Brut- zeit bereits früher einmal, am 16. VI. 1894, balzend festgestellt worden!) — Pomssen: Auch hier klang mir am 13. IV. von den z. T. überschwemmten Wiesen und zwar bei strömendem Regen das „tjepe ... .“ entgegen. 34. Gallinago gallinula L. Gundorf: 14. XI. 1 St. in einer der Wiesenausschachtungen; öfters aufgescheucht, jedesmal typisch kurz darauf wieder einfallend. 35. Scolopaz rusticola L. Gundorf: Frühjahrzug: 24.—27. 111. 1—2 St.; Herbstzug: 22. X. — 3. XI. einzelne. — Rohrbach: 7. IV. ı St. erlegt. 36. Grus grus L. Gundorf: 28. IX. 30 St., seltsamerweise genau nach N. ziehend. 5. X. ca. 75 St. nach S.-W.; davon flogen 7 St. wieder hinter d. andern in der Spitze des Winkels; plötzlich kam etwas Unordnung in die Kraniche, der grofse Winkel teilte sich an der Spitze, die beiden Schenkel wichen etwas auseinander, und nunmehr rückten die sieben kurz hinterdrein fliegenden in die gleiche Front mit den übrigen vor; als geschlossener einheit- licher Winkel ging alsobald der Wanderflug weiter von statten. Endlich noch einmal am 5. Xll. 27 St. und zwar abermals nach N. ziehend, am gleichen Tage also wie die oben erwähnten Wildgänseschwärme. 37. Rallus aquaticus L. Gundorf: Den ganzen Sommer über waren Hallen zu beobachten, vom 15. IV. — 17. X., zur Zugzeit an den verschiedensten Stellen, im Herbst namentlich auch an ganz bestimmten, durch die Trockenheit zu Tage tretenden Schlammflächen einiger Wiesensümpfe, zur Brutzeit jedoch nur in den Luppensümpfen. In diesen letzteren entfaltete während des ganzen Mai ein 9Q', das scheinbar kein 9 finden konute, da es an den verschiedenen Abenden bald. an dieser bald an jener Stelle lockte, in geradezu erstaunlicher Weise seine Balz- oder Paarungsrufe. Stets begann der Vogel erst, wenn die Dunkelheit vollkommen hereingebrochen war. Die einzelnen Rufe klingen wie „huitt“ oder „wuitt“; der Vergleich Naumanns mit dem Ton einer schnell durch die Luft geschlagenen Gerte ist zutreffend, nur das die Rufe unsres Vogels bedeutend klangvoller und lauter sind, so kräftig, dafs ich sie in stillen Nächten bis auf 1 km. weit noch deutlich hörte. Anfänglich reihte sie die Ralle jedesmal langsamer aneinander, nach und nach aber sie immer schneller folgen lassend, sodafs von etwa °/,10 Uhr an auf eine Viertelminute ca. 20 derartige „huitt“ kamen; so ging es nun 1) Meyer u. Helm. Sächs. Jahresber. VII—X (91—94) S. 125. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 335 ohne Pause stundenlang in die Nacht hinein. Ende Mai liels das Rufen bedeutend nach, im Juni habe ich es nur noch ganz ver- einzelt vernommen und im Juli nurnoch ein einziges Malam 94.; auch waren die Rufe entschieden matter und etwas dumpfer, "mehr wie „hrip“ oder „chuip“ klingend, und nicht mehr in dieser lückenlosen Folge vorgetragen, indessen immer noch sehr weit hörbar. Die übrigen gewöhnlichen Rallenrufe vernahm man natürlich wieder zu den verschiedensten Tageszeiten, auch über Mittag.!) — Rohrbach: Hier waren ebenfalls den ganzen Sommer über Rallen zu beobachten und zu hören, und zwar an vier verschiedenen Stellen, am Grofsen Teich und den beiden kleinen benachbarten Sümpfen östl. und westl. davon. Die dumpf brum- menden oder grunzenden Tonreihen, etwa wie „brrrui . . .“ oder „brrroi“ ..., die Einzelrufe heraufgezogen, die ganze Tonreihe aber sehr auffallend herabsinkend, diese Rufe meist fünfmal nacheinander, liefsen die Vögel zur Brutzeit bis gegen Mitternacht hören. Zur Zugzeit einzelne Exemplare auch an den übrigen Teichen. — Endlich stellte ich auch am Müncherteich, an zwei verschiedenen Stellen, und am nördl. Teich von Grethen während dieses Sommers Wasserrallen fest. 38. Crex crex L., Den Wachtelkönig konnte ich zur Brut- zeit u. a. an folgenden Örtlichkeiten konstatieren: Auf der Grofsen Wiese im Rosenthal, auf den Lindenauer Wiesen, auf denjenigen südl. der Waldschänke bei Lösnig und den um den Waldkater bei Schkeuditz gelegenen, endlich im Gundorfer Gebiet auf den grofsen Wiesen östl. und westl. des Zschampert sowie am Bienitz. — Rohrbach: Hier war diese Vogelart auf den Wiesen an beiden Ufern des Mittelteiches und am Ostende des Grofsen Teiches zu hören. In letzterem Bezirk rief am Abend des 11. VII. einer zunächst vereinzelt, dann aber unaufhörlich, und zwar von 3/,9 h bis Mitternacht ununterbrochen bis auf ganz minimale Pausen. Schon Naumann bemerkt, dafs es wirklich seltsam sei, dafs ein Wachtelkönig in solchem Fall nicht „heiser“‘ werde; diese und ähnliche Gedanken kommen einem ja auch noch bei anderen Vögeln angesichts derartiger enormer fortgesetzter Stimmleistungen, man denke z. B. an den ebenerwähnten Rallus, an Ardetta oder an Locustella! 1. IX. ein an den Telegraphendrähten verun- glücktes Stück tot am Bahndamm, schon angegangen. 39. Ortygometra porzana L. Gundorf: 16.—23. IX. allent- halben einzelne auf den frei werdenden Schlammbänken einiger Wiesensümpfe. 40. Gallinula chloropus L. Wie in den Vorjahren an den von ihnen bevorzugten Flufsregionen zahlreich überwinternd. — Am Amelungenwehr die ersten am 12. IX.; der späteste Termin, bis zu dem sie sich im Frühjahr zeigten, war bisher der 3. IV. 08. I) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 839, 40. 336 Erich Hesse: 41. Fulica atra L. Gundorf: Januar und Februar einzeln auf der Luppe; 11. I. ein junger Vogel ganz zutraulich unmittelbar zu meinen Fülsen herumschwimmend und mich ansehend, förmlich als wenn er Futter begehre; dann wieder nach dem Abzug der Masse Ende Oktober einzelne Junge ebendort bis zum Jahresende. Am 9. V. fand ich an einem der Wiesensümpfe einen ganz jungen Pullus auf dem Wege krabbelnd; der Kopf war rot durchscheinend, die Augenbrauen blau, Schnabel und die schon vorhandene Blässe feuerrot, die Schnabelspitze weils, Oberkopf von den roten Dunen noch frei, wie eine Tonsur; dieses Tierchen rief fortwährend ganz leise „wi“, „wä“ oder „quä“, bei dem torkelnden Laufen oder Kriechen die Flügel als Stütze benutzend; wenn ich diesen Zwerg angriff oder angreifen wollte, nahm er, man sollte es wirklich kaum annehmen, jedesmal bereits Kampfstellung ein, den Körper nach hinten übergelegt mir die Beine entgegenstreckend, genau jene Angriffsstellung, wie man sie so häufig im Frühjahr bei den kämpfenden alten Q' beobachten kann, wenn sie in dieser Weise aufgerichtet sich einander gegenüber befinden, gegenseitig wütend loshacken, sich mit den Flügeln schlagen und den vor- gestreckten Fülsen zu fassen suchen; ins nahe Wasser gelangt, schwanm er behend in das nächste Pflanzendickicht. Am 18. VI. hielt sich ein fast erwachsenes Junges auf einer Pfütze in einem beträchtlich weit von den Sümpfen entfernten Strafsendurchlafs auf. — Rohrbach: 16. III. trotz Frost und Schnee 62 St. vertreten; die seit Anfang März immer zahlreicher angekommenen Bläfshühner hielten also dem Kälterückschlag ruhig stand. Nach dem Fort- zug der Masse Ende Oktober stets noch 6 St. auf dem Mittel- teich bis Jahresausgang. — Ich habe in den vergangenen Jahren mehrfach die Beobachtung machen können, dafs auf dem Neste sitzende brütende Bläfshühner, wenn man sich diesem näherte, den Kopf nach der entgegengesetzten Richtung herumdrehten, gleich als ob sie die so auffällige weifse Blässe nicht sehen lassen wollten. — Bisher nur ein einziges Mal sah ich diese Vogelart auf den Flüssen bis in die Stadt vorgedrungen. Am 29. III. 01 hielt sich 1 St. wenig unterhalb der Plagwitzer Brücke am Palmengarten auf dem Flutkanal auf, ohne Scheu beständig tauchend und kleine Weifsfische fangend und verzehrend. 42. Ciconia ciconia L. Papitz: Das Storchpaar zog in diesem Jahr 4 Junge grofs, die Alten wie immer den ganzen Sommer über die gesamten umliegenden Auewiesen besuchend. Am 19.VIIl. kreiste die ganze Familie über dem Gundorfer Gebiet, die beiden Alten dabei auch lebhaft klappernd, und zwar bogen sie hierzu Kopf und Hals genau ebenso nach dem Nacken zurück, wie sie es zumeist im Steben tun; im alten Naumann (Bd. IX, S. 255) ist zu lesen: „Sie klappern ihr Verschen häufig aber auch, ohne die gewöhnliche Stellung zu verändern und so im Fluge immer“; das letztere ist nicht richtig, und im neuen Naumann ist dieser Passus, also die Worte „und so im Fluge immer‘ auch weggelassen. — Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 337 Rohrbach: 15. IV. 2 St. am Mittelteich; 16. IV. 21 St. am Grofsen Teich, gegen !/,9 Uhr früh langsam nach N. abziehend; 27. IV. 2 St., 3. und 4. V. je 1 St. ostwärts über die Teiche. — Grethen: Vom 27. IV. — 20. VII. traf ich am nördl. Teich regel- mälsig einen einzelnen, bis 11. VI. auch 2 St.; da sich, wie im vor. Ber. erwähnt, in der ganzen Umgegend derzeit kein Storch- nest befindet, dürften es wohl einzeln herumstreichende Vögel gewesen sein. An obigem 11. VI. kreisten die beiden erst längere Zeit und zogen dann hoch nach W. ab; nach ca '%, St. erschien wieder einer am Teich und patrouillierte nun systematisch die Ufer rings herum ab, hierbei natürlich auch öfters Beute machend; darunter befand sich auch eine mittelgrofse Ringelnatter, die er mit ein Paar schnellen Sätzen nicht allzuweit von meinem im Gebüsch genommenen Beobachtungsplatz erhaschte; volle fünf Minuten „präparierte“ er dies leichtbewegliche Reptil, bis es schliefslich wirklich ganz tot und ihm zum Verschlingen tauglich erschien; bald schüttelte und schlenkerte er es kräftigst zwischen den Kiefern oder knetete und knipp es hindurch, bald warf er es wieder ins Ried, ihm ein paar wuchtige Hiebe offenbar auf den Kopf versetzend, bald nahm er es wieder auf, so wechselweise fortfahrend; am Südufer wurde er beständig von einem Kiebitz angegriffen. Am 20. VII. fing er, in dem sehr seichten Teich watend, einen ca 15 cm langen Karpfen, ihn kurze Zeit zwischen den Kiefern tüchtig drückend und quetschend und dann hinunter- würgend. (Es ist übrigens leicht möglich, dafs die bei Rohrbach gesehenen einzeinen Störche identisch mit deujenigen von Grethen waren, da sie stets in dieser Richtung überhinflogen.) — 2. VII. Harth b. Zwenkau: 1 St. in enormer Höhe ohne Flügelschläge nach N. überhin. 43. Ardetia minuta L. Der Bestand an Brutpaaren der Zwergrohrdommel ist während der letzten Jahre in Gundorf so- wohl wie in Rohrbach ungefähr derselbe geblieben. In letzterem Gebiet riefen am 27. VI. 2 St., 1 im Mühlteich und 1 im Mittel- teich, wenngleich nur schwach und intermittierend von 8,10h bis Mitternacht; am 6. VII. hörte ich abermals 2 St. bereits nachm. von 1/,4 h an, jedoch gleichfalls nur schwach, im Mühlteich.!) 44. Ardea cinerea L. Gundorf: 24. VI. — 3.X. 1—3 St., wiederum nur junge Vögel; ein einzelner sodann auch bis gegen das Jahresende. Am 24. VII. einer noch 9,8h ab. laut trompetend überhin. — Rohrbach: 20. VI. 2 St. nach W. überhin. — Grethen: 3. VIII. 2 St. nach O. überhin. — Pomssen: 13. IV. 3 St. bei strömendem Regen nach O. überhin. 1) Rohrbach: Ende September wurde, wie ich von Beteiligten er- fuhr, bei einer Entenjagd aus dem Schilf des Mühlteiches ein gröfserer Vogel aufgescheucht, der eine Strecke weit dicht über dem Wasser hin- fliegend sofort wieder ins Schilf einfiel und nicht wieder zum Vorschein kam; Beschreibung: „Wie eine grofse Eule.‘‘ Es dürfte sich wohl nur um eine grofse Rohrdommel (Botaurus stellaris L.) gehandelt haben. Joura. f. Ora. LVL. Jahrg. Juli 1909, 23 338 Erich Hesse: 45. Columba palumbus L. Gundorf: Bereits am 19. II. 1 St. im Domholz an der Luppe; die nächsten erst wieder vom 4. III. an. — Universitätsholz: 15. VI. auf einem westl. gelegenen Feld 46 St. alte.!) — In diesem Frühjahr habe ich ganz speciell auf die Balzweise dieser Taube geachtet. Diese besteht aus 4, seltener 5 Einzelstrophen, diese letzteren wieder aus fünf Einzeltönen, wenigstens habe ich dies für die ganzen Wälder unseres Leipziger Gebietes durchweg bestätigt gefunden; diese Einzeltöne klingen bekanntlich wie „gru“. Das mittelste „gru“ wird ewas gedehnt und heruntergezogen, liegt am höchsten und wird stärker betont als die übrigen, während die letzten beiden gewöhnlich merklich kürzer als alle andern sind; die Strophe klingt dann etwa wie „gru gru grüh grü grü“. Nun tritt aber insofern eine Änderung ein, als fast ausnahmslos das erste „gru‘“ der ersten Strophe weg- gelassen wird, während am Schlufs der ganzen Balztour ein einzelnes isoliertes „gru‘‘ angehängt wird, als sollte es noch nach- geholt werden, wie ich dies auch schon in den ganzen Jahren vorher immer habe konstatieren können;?) die erste Strophe be- steht dann somit nur aus 4 Tönen. Ferner hört man Strophen, in denen das zweite „gru“ betont und langgezogen, oder solche, in denen sowohl der zweite wie der dritte Ton in dieser Weise hervorgehoben wird. Kleinere Variationen sind auch noch hin- sichtlich der Hebung und Senkung der mittleren Silben zu be- merken. In Zeichenschrift würde also obige fünfteilige auf der dritten Silbe betonte Einzelstrophe folgendermafsen aussehen: on .s 46. Columba oenas L. Wie ich schon einmal kurz erwähnte®), hat der Bestand an Brutpaaren der Hohltaube in den Auewäldern Leipzigs merklich zugenommen. In den unmittelbar an die Stadt gsrenzenden Revieren ist sie bei weitem häufiger als die Ringel- taube, die mehr nach der Peripherie zurückgedrängt erscheint. Im vorderen Rosenthal, im Scheibenholz, in der Nonne u. S. w., wo es doch, namentlich des Sonntags, von Spaziergängern geradezu wimmelt, rucksen sie im Frühjahr andauernd und ohne sich stören zu lassen von den mächtigen alten Eichen herab; ja bei- spielsweise auch im Zoolog. Garten oder in dem gegenüber- liegenden Garten des altbekannten Restaurant zum Schweizer- häuschen tun sie dies unbekümmert um den drunten herrschenden Verkehr. Von den balzenden J' vernimmt man gewöhnlich 7—9 Rufe zu einer Tour vereint, manchmal auch weniger, manchmal auch mehr; die Höchstzahl erreichte ein Taubert am 1. V. 08 im Connewitzer Holz, der 17 Rufe unmittelbar aneinander reihte; 1) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 45, 46. 2) Vgl. Voigt. Exkursionsb. (4. Aufl.) S. 211. 3) Journ. f. Orn. 08, S. 46. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 339 natürlich mufls man in direkter Nähe sein, um die ersten tieferen und leiseren Silben nicht zu überhören. Bald klingen diese Einzelrufe nur einsilbig wie „hüt“, bald zweisilbig wie „huut‘“, oder zuweilen auch dreisilbig, wie „huuut“. Vgl. auch hier Voigt. c. 47. Turtur turtur L. Universitätsholz: Nunmehr den dritten Sommer hörte ich in genau dem gleichen Revierteil wieder jenen Taubert mit der ganz charakteristischen früher gekennzeichneten scharf dreiteiligen Balzweise. — Harth b. Rohrbach: Hier gurrten sie am 1. VI. noch unaufhörlich bis 8,20h ab. Am 16. VI. tat dies ein Taubert früh 5 h sehr anhaltend, dabei Touren bis zu 45 „turrr“‘ nach einander bringend, gewöhnlich etwas in locker dreiteilige ‚Strophen gegliedert, stets aber mit einer zweiteiligen beginnend. 48. Coturnix coturnix L. Rohrbach: In den Feldern zu beiden Seiten der Teiche schlugen in diesem Sommer mehrere Wachteln. 18. 1X. 1 St. tot am Bahndamm, schon stark angegangen. 49. Circus aeruginosus L. Rohrbach: 27. IV. und 14. IX. je 1 © bez. junger Vogel; die Weihe an letzterem Tag langsam und sanz dicht über die Teiche nach W. streichend, Stockenten und Bläfshühner jedesmal erschreckt ausweichend, erstere jedoch nicht hochgehend. 50. Circus cyaneus L. Rohrbach: Je 1 ausgefärbtes altes Sg am 22.IV. und 19. X., ersterer Vogel zunächst nach S.W. streichend, dann nach O. umbiegend und abziehend, der andere erst lange über den Teichen kreisend, von ein paar Krähen be- lästigt, dann nach S.O. ab; je 1 Q bez. junger Vogel am 13. IV. und 30. XL, sowie deren 2 St. am 14. XIL, im Gebiet herum- streichend.. Dem Habitus nach dürfte es sich in allen Fällen um Kornweihen gehandelt haben. 51. Astur palumbarius L. Rohrbach: 25. VIII. 1 junger Vogel nach S.O. überhinziehend, von Mäusebussard verfolgt und geneckt. 52. Accipiter nisus L. Es mögen hier einige Brutstätten dieses Vogels genannt sein. Ich selbst habe ihn 1905 und 06 je in einem Paar in den Fichtenbeständen des Bienitz horstend gefunden, ferner alljährlich in den Nadelholzbeständen der Harth bei Rohrbach in einzelnen Paaren angetroffen.) Im Universitäts- holz brüten, wie mir Herr Revierförster Weiske mitteilte, jedes Jahr ein oder zwei Paare; einmal wurden an einem Horst die beiden Alten und 5 Junge (darunter 3 ©) erlegt. „Der lieder- liche Horst ist hier immer im Fichtenstangenholz und oft recht niedrig angelegt.‘ Herr Groschupp stellte früher in der Harth bei Zwenkau alljährlich ein Paar, einmal auch zwei Paar fest; Horst immer auf Fichte. Aus diesem Forst scheint er jedoch schon seit einiger Zeit als Brutvogel verschwunden zu sein; denn die k. s. Forstrevierverwaltung teilte mir mit, dafs er nicht horstend gefunden worden sei; auch ich habe ihn in den beiden 1) Vgl. Journ. f. Orn. 07, S. 120. 23* 340 Erich Hesse: letzten Sommern hier nicht beobachtet. Herr Groschupp hat ihn weiterhin gleichfalls früher im Trachenauer Holz (etwas weiter südl.) in einem Jahr auf Fichte horstend konstatiert und ferner „im Burgauer Revier, als bei Leutzsch vor langer Zeit ansehnliche Fichtenbestände vorhanden waren, auch dort mehrere Male (aber nicht in jedem Jahr) als Brutvogel beobachtet.“ Auch Herr Kunz kannte ihn in längst vergangener Zeit aus dem Niederholz (in der Nähe des jetzigen Schützenhofes) und der Nonne in gleicher Eigenschaft. Der Sperber ist sehr wohl auch in verschiedenen Forsten der Umgegend Leipzigs ein alteingesessener Brutvogel, in einzelnen derselben allerdings nicht in allen Jahren als solcher vorkommend, nicht aber, wie Dr. E. Rey annahm, nur Wintervogel.!) 53. Buteo butee L. Gundorf: 29. II. starker Durchzug, gruppenweise bis zu 6 St. in bedeutender Höhe kreisend und langsam nach S. überhin. (Vgl. vor. Ber.) — Dafs auch der Mäuse- bussard zuweilen eigenartige Flugspiele ausführt, habe ich in den vergangenen Jahren sowohl im Frühjahr wie im Sommer beob- achten können. Der Vogel beschreibt dann ziemlich steile Wellenlinien, indem er ohne Flügelschläge bald sich herabfallen läfst bald mit dem so gewonnenen Schwung wieder emporsteigt, auf der Höhe der Kurve den Körper senkrecht, ja fast etwas zurückgelegt haltend; dann kippt er wieder nach vorn über, läfst sich abermals herabstürzen, erhebt sich wieder u. s. f.; die Silhouette, die er hierbei abgibt, ist etwa so, wie ich sie S. 120 Jg. 07 dies. Zeitschr. für den schwarzen Milan gezeichnet habe, insbesondere ist auch die Flügelhaltung eine ganz ähnliche. Merkwürdigerweise finde ich weder im alten noch im neuen Naumann etwas über diese Flugspiele verzeichnet. 54. Archibuteo lagopus Brünn. Gundorf: Vor allem wiederum in der Nähe der grofsen Waldwiesen bis herauf nach Maslau seit dem 7. XI. einzelne. — Rohrbach: Seit 25. XI. einzeln, gewöhnlich auf dem Feldgelände westl. der Harth. — Universitätsholz: Vom 9. XI. an einzelne an den Rändern. 55. Pernis apworus L. Gundorf: Nachdem ich bereits in den beiden vorhergehenden Sommern regelmäfsig ein Paar Wespenbussarde, auch mit flüggen Jungen, feststellen konnte, gelang es mir dies Jahr, auch den Horst zu finden. An diesem habe ich stundenlang genauere Beobachtungen vorgenommen und teile darüber folgendes mit: Der Horst, der mir übrigens schon längere Zeit bekannt ist, in den letzten beiden Jahren jedoch unbesetzt war, steht auf einer mächtigen alten Eiche mitten im Wald ca 20 m von einer Schneise entfernt; er ist etwa 18 m über der Erde in einen grofsen Zwiesel eines der gewaltigen Hauptkronenäste gebaut, an dem noch einzelne kleinere Aste entspringen und so dem Horst noch mehr Halt geben. Während 1) Vgl. Ornith. Monatsschr. 06, S. 136. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 341 der eigentlichen Brutzeit, als die Jungen noch nicht ausgefallen waren, sah man, wie der jeweilig im Horst sitzende Vogel, dessen Schwanz und Flügelspitzen stets hervorragten, sich ab und zu, manchmal erst nach einer halben Stunde, vorsichtig herumdrehte und eine andre Sitzrichtung einnahm. Erschien der andre Gatte in der Nähe des Horstes, so tauschten dann beide gewöhnlich Stimmäulserungen aus; am 22. VI. z. B. stand ich von 3/,8—12h vorm. am Horst; 11,17 h der andre Vogel erscheinend und sich auf gegenüberstehende Eiche setzend, lebhaft „pjau‘ oder „pjä“ rufend, mit etwas fauchend-keuchendem Einsatz; der andre im Horst mit ganz eigentümlich hölzernen und sehr schnellen Laut- reihen antwortend, wie „tecku..,“ „tacku...“ oder „tecke...“ klingend, fast noch schneller als man die Silben auszusprechen vermag; gleich darauf der andre unter schnarchendem „rau...“ abstreichend; das war also die einzige Unterbrechung in diesen 4 Stunden! Dalfs sich die beiden Gatten wirklich ablösen, konnte ich u. a. sehr schön am 26. VI. beobachten; ich war wieder von 8—1/,12h zur Stelle; auf dem Horstrand ein frischer Eschenzweig; 9,15 h der eineVogelmit ca 40 cm langem frischenEichenzweig in den Fängen erscheinend, sich auf Nachbarbaum setzend, durch leise faucend Töne sich gewissermalsen meldend,dann auf Horstrand fliegend „tecke...“ des andern Gatten darin, dieser sodann auf der andern Seite heraus undabstreichend, ersterer in den Horsthhinein, den Zweig in den Fängen hinterdreinschleifend. Am 30. VI. beobach- tete ich von 4—7 h nachm.: 4,10h der eine auf Nachbarbaum, sehr heftig von Lan. collurio-Q‘ belästigt (wenn der Würger mit grolser Kühnheit stiefs, zog der Pernis jedesmal den Kopf ein); 4,16h ab- streichend ;4,25h wieder auf Nachbarbaum, 4,30h zu Horst, 4,31 h der andre vom Horst abstreichend. Einigemal kam es vor, dals einer der an- oder abfliegenden Vögel den Beobachter unten im Gebüsch doch noch entdeckte; dann liefsen sie gewöhnlich ein eulenartighheulendes und heruntergezogenes „pichüh“ hören, ersteren zuweilen von einem der Nachbarbäume noch einige Zeit genau beobachtend. Am 3. VII. stellte ich mich von 6—9h ab. an: 7,45 h der eine mit Wespenwabe im Schnabel ankommend, auf Nachbarbaum, sofort wieder ab. Bei stundenlangem Warten konnte man also oft recht wenig sehen! Anfang Juli waren die Jungen offenbar ausgefallen und man konnte nunmehr die Alten Futter tragend beobachten. Ich habe mir auch hierbei über das An- und Abfliegen der Alten u. Ss. w. ganz genaue Aufzeichnungen gemacht, die ich hier nicht im einzelnen wiedergeben möchte; die Vögel kamen ganz unregel- mäfsig und auch zu den verschiedensten Tageszeiten, nicht etwa nur zu bestimmten; manchmal währte die Pause, bis zu der sich wieder einer der Alten am Horst zeigte, nur 7 Min., manchmal vergingen aber auch eine halbe, eine ganze, ja bis über 21), Stunden; doch erschienen jene anfänglich, als die Jungen noch kleiner waren, öfters und die Pausen waren kürzer. Stets brachten sie das Futter im Kropf, jetzt niemals im Schnabel oder den 342 Erich Hesse: Fängen, und spiehen es erst im Horst aus; nur ein einziges Mal, am 8. VII., habe ich gesehen, wie der eine wieder etwas aus dem Horst mitnahm: 7,10h auf Horst fliegend und gleich darauf mit Frosch, diesmal wieder im Schnabel, abstreichend, während er beim Anfliegen weder in diesem noch in den Fängen etwas mit sich führte. Die Vögel flogen immer von S. her auf den Horst, da er hier frei lag, wogegen der Zugang nach den übrigen Seiten hin mehr oder weniger durch Astwerk versperrt oder gehindert war; nur wenn sie sich ablösten, strich der entweichende auch in entgegengesetzter Richtung heraus. Im Horst befanden sich 2 Junge; am 22. VII. machten sie sich zum ersten Mal bemerkbar, indem ich sie öfters mit den Flügeln flattern sah, wohl sich balgend; später schaute auch der eine, noch mit weifsen Dunen bedeckt, über den Horstrand. In der Folgezeit stellte sich deutlich heraus, dafs der eine von beiden etwas grölser, also wohl wieder eher ausgefallen war; dies machte sich auch sehr augenfällig in der Gefiederentwicklung bemerkbar; waren bei dem älteren die Nestlingsdunen namentlich am Kopf bereits verschwunden, wies der andere noch eine ganze Anzahl auf; hatte bei jenem das hervorgesprossene Obergefieder das untere schon fast völlig verdeckt, leuchtete es bei diesem noch am ganzen Körper hindurch. Weiter wurde der grölsere auch etwas eher selbständiger; safs er auf dem Horstrand oder zuletzt gar auf einem unmittelbar darüber befindlichen Ast, hielt sich der andre immer noch in der Horstmulde. Ofters kam es vor, dafs mich die Jungen beim Weggehen bemerkten; dann verkrochen und duckten sie sich nicht etwa in die Mulde, sondern betrachteten mich sehr neugierig, ja wenn ich mich noch weiter entfernte, machten sie lange Hälse und sahen mir nach. Am 1. VIII. setzte 11,15h ein starker Platzregen ein, der etwa 10 Min. anhielt; die Jungen flatterten von Zeit zu Zeit oder breiteten die Flügel weit aus, um dem Regen möglichst viel Gefieder zum Bad darzu- bieten, wie man es auch häufig von gefangenen, in freien Volieren gehaltenen Vögeln sieht; sie waren allerdings auch gründlich durchnäfst worden. Wenn jetzt, als die Jungen schon fast flügge waren, ein futterbringender Alter zum Horst kam,. breitete er mitunter die Flügel nach vorn aus, als ob er die andrängenden Jungen abwehren wollte; diesen wurde auch jetzt noch das Futter vorgespiehen; letztere stielsen hierbei ein piepend fauchendes „chuij* oder „büch“ aus; nach einer solchen Fütterung waren dann gewöhnlich ihre Kröpfe beträchtlich angefüllt. Am 5. VIH. waren die Jungen ausgeflogen. Späterhin habe ich die Familie nicht ein einziges Mal wieder am Horst, den ich noch regelmäfsig besuchte, angetroffen. (Erwähnen will ich noch, dafs am 22. VII. eine Familie Kohlmeisen, Alte und Junge, ohne Scheu den Horst durchsuchten, und zwar taten sie dies nicht nur auf der Aufsenseite und dem oberen Rand, sondern drangen sogar in die Mulde hinein.) Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 343 Wenn sich der Wespenbussard vom Horst entfernt hat, zuweilen auch dann, wenn die Jungen ausgefallen sind und wieder beide Gatten schönen, schwimmenden Fluges ihre Kreise ziehn, kann manauch lautere und kräftigere Stimmen vernehmen. Manchmal klingen diese Rufe deutlich dreisilbig, etwa wie „kuihä“ oder „püihü“, ansteigend, in der Mitte gedehnt, gerade ausgestreckt und stark betont, am Ende etwas schneller abfallend, in Zeichenschrift: ER oder sie klingen nur zweisilbig wie „pihä“ „hihä“ oder „quichä“ dann am Ende oft etwas rauh, die Hebung am Anfang fällt also weg, oder endlich es bleibt nur ein heruntergezogener Ton übrig, das einfache „quih“ (s. die vor. Ber.) Des öfteren hörte ich beide Vögel eine zeitlang zusammen rufen; der eine tat dies mit drei-, der andre mit zwei- oder einsilbigen Rufen; erstere Jagen höher und diese scheinen ausschliefsliich dem og‘ anzugehören; wenn nun letzteres seine Rufe weniger auskostet, sind sie von den zweisilbigen des Q kaum zu unterscheiden, mit Ausnahme der verschiedenen Höhenlage; jedoch kann sich auch diese verwischen, wenn die Vögel im Rufen nachlassen, dann vermögen sich auch in dieser Hinsicht die Stimmen fast zu berühren; immerhin sind diese Unterschiede im Anfang sehr auffällig. Am 22. VII. ertönten jene dreisilbigen Rufe 41 mal nacheinander in Pausen von im Durchschnitt 5 Sek.; so oft habe ich die andern einfachen nie gehört Wie voriges Jahr am 22. VIII. (s. Ber.) traf ich in diesem am 19. VIII. einen Alten und zwei Junge hoch kreisend; sie riefen alle zweisilbig, die Jungen, auch an dem z. T. noch etwas zer- schlissenen Grofsgefieder kenntlich, natürlich wieder bedeutend dünner. Im Vergleich zum Mäusebussard klingen alle diese Rufe eben mehr pfeifend-quiekend, z. T. auch rauher. — Noch öfter aber, und dies ist meist der Fall, wenn man sie draufsen im weiten Gelände Nahrung oder Futter suchend trifft, bleiben die Wespen- bussarde schweigsam, und gerade so habe ich es in den beiden Vorjahren, wie erwähnt, beobachten können, fast nie habe ich von den aufgehenden oder vorbeiziehenden Vögeln auch nur einen Ton gehört. Auch darin macht sich ein Unterschied zum Mäusebussard geltend; tritt man an eine Waldwiese, Lichtung oder dergl., so meldet sich letzterer oft schon durch wiederholtes Rufen, noch ehe man ihn bemerkte, und auch im Abfliegen gibt er gewöhnlich noch seine Stimme zu Gehör. Aber auch das Flugbild beider ist, wie hier eingefügt sei, ein ganz anderes; Der Wespenbussard mit dem bedeutend längeren Schwanz, den schmäleren daher ebenfalls länger erscheinenden Flügeln und dem kleinen Kopf zeigt ein viel schlankeres Aussehen als der gedrungene Mäusebussard; auch der Flug des ersteren ist mehr weihenartig. Ferner ist mir noch bei gewisser Beleuchtung ein eigentümlicher bläulicher Reif oder 344 Erich Hesse: Schmelz, der über dem Gefieder der Oberseite lagert, bei Pernis, auch schon in früheren Jahren, aufgefallen. Des öfteren traf ich einen der alten Vögel in den nahen Lachen der Froschjagd obliegend; am 3. VII. ging auch einer kaum 20 m vor mir aus dem hohen Waldgras einer Schneise auf, in dem ich ihn nicht hatte sehen können; er hatte gerade ein Wespenest ausgescharrt. 1) — Der Aufenthalt der Wespenbussarde währte in diesem Sommer vom 9. V. — 29. VII. Die obigen Horstbeobachtungen waren allerdings sehr ermü- dend; dazu eine geradezu ungeheuerliche, trotz Schleier und Hand- schuh wahrhaft unausstehliche Mückenplage! In der letzten Zeit löste mich wenigstens Prof. Voigt manchmal auf eine Stunde ab. Am 4, VII. liefs mich Herr Oberförster König (Böhlitz- Ehrenberg) bitten, einmal einen Bussard zu besichtigen, den der Waldwärter geflügelt habe, ob dies ein Wespenbussard sei. Leider bestätigte sich das letztere; es war ein junger Vogel, dem die rechte Hand durchschossen war, sodals die Handschwingen locker herunterhingen. Er war einstweilen in das Waschhaus der Waldwärterwohnung gesperrt worden, und hier konnte ich mich ihm vorsichtig nähern, ja sogar seinen Flügel berühren; der Vogel drehte mir nur seinen Kopf entgegen und legte sich etwas seitlich zurück; seine innere Aufregung gab er nur durch unausgesetztes Schnabelsperren kund. Bald hatte ich auch Herrn Prof. Voigt zur Stelle geholt und wir beschlossen, da wir sofort erkannten, dafs der Pernis hier nicht die nötige Haltung und Pflege haben würde, dafs andrerseits die Wunde kaum verheilen würde, wenn wir ihn wieder in Freiheit setzten, ihn deın Leipz. Zool. Garten zu schenken. Prof. Voigt übernahm den Transport; immerhin wollten wir ihn noch einige Zeit hier lassen, um die Wunde wenigstens etwas abheilen zu lassen. Uber den Trans- port gab mir genannter Herr folgende Schilderung: „Schon vor der Überführung in den Zoologischen Garten hatte ich mich während der 14 Tage, die unser Wespenbussard im Garten des Waldwärters verbracht hat, durch wiederholte Annäherung (bis zur Befühlung seines Kopfgefieders) von der Harmlosigkeit des Vogels überzeugt. Nur einmal machte er Miene, die Unterseite vorzukehren, ohne sich jedoch auf den Rücken zu werfen, wie es Raubvögel sonst zu tun pflegen. Als die Flügelwunde völlig verheilt, nahm ich ihn am 15. Juli mit nach Leipzig; ohne Sträuben liefs er sich, nachdem ich ihn ein Stück Packleinen übergeworfen, fassen und in einen grolsen Papiersack stecken. Während ich ihn zur Strafsenbahn trug, machte er weder von den Krallen 1) Ausgescharrter Wespen- und Hummelnester habe ich gerade in diesem Sommer noch eine grofse Zahl im Gebiet gefunden; da jedoch auch der Fuchs, der ebenfalls im Revier heimisch ist, Waben ausgräbt, darf man nicht jedes derartig ausgescharrte Nest dem Wespenbussard zuschreiben, Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 345 noch dem Schnabel Gebrauch, auch während der Fahrt nicht. In der Voliere des Zoolog. Gartens entschlüpfte er durchaus munter den Umhüllungen. Das dargebotene Futter, Pferdefleisch- stücken, nahm er vom 1. Tage ohne Widerstreben, freilich nicht, solange wir bei ihm standen. Wenn auch die Wunde verheilt ist, so hängt doch die vordere Hälfte des rechten Handfittichs etwas, was man indessen meist erst bemerkt, wenn er die Flügel ausbreitet. Wenn er auch die Leute, welche vor den Käfig treten, mit In- teresse anguckt, so zeigt er doch weder Angst, noch läfst er eine Stimme hören, verhält sich einen Tag wie den andern und macht nicht den Eindruck eines klugen Vogels.“ Auch ich habe mich, so oft ich den Zool. Garten besuchte, von der Gutmütigkeit und dem Phlegma unsres Pernis überzeugt. Im Gegensatz zu so vielen gekäfigten einheimischen Tagraubvögeln, die sich aus Ungestüm die Schnabelwurzel und den Flügelbug blutig stofsen und ihr Gefieder oft in geradezu jämmerlicher Weise ver- stümmeln, sitzt er ruhig und gelassen in tadellosem Habitus auf der Sitzstange seines Käfigs. Auch die strenge Kälte Anfang November (bis 10°) hat er bisjetzt ohne jeden Nachteil im Freien überstanden. Auf die Details seiner Gefiederfärbung mit der z. T. Milvus-ähnlichen Zeichnung lasse ich mich hier nicht ein; ich kann nichts besseres tun, als auf die Fig. 2, Taf. 26, Bd. V des neuen Naumann hinzuweisen; so etwa sieht unser Wespenbussard aus, nur dafs die Grundfarbe des Gefieders mehr rot- bez. zimmt- braun, allerdings auch nicht ganz so grell wie auf der Abbildung im alten Naumann, Taf. 36, Fig. 2, und die Iris schön gelb ist; es dürfte sich also um ein junges Q handeln. Interessant würde es nun sein, die Mauserung und Umfärbung weiter zu verfolgen, wenn, wie wir hoffen, der Vogel noch länger sich halten sollte. Bemerkenswert ist endlich auch, dafs sich also noch ein dritter Pernis in obigem Gebiet aufgehalten hat. Gerade an dem Tage, an dem dieser Vogel angeschossen war, sah ich auf dem Rückweg die beiden Alten in der Richtung vom Horst her kommen, noch dazu lebhaft rufend, ganz abgesehen davon, dafs diese ja das Alterskleid trugen; vielleicht war jener gar ein in den Vorjahren von unserm Paar erbrüteter Junger. — Harth b. Zwenkau: Auf den wenigen Exkursionen, die ich während des Sommers diesem Forst widmen konnte, habe ich diese Vogelart auch hier wieder angetroffen. Am 18. VIII. kreisten 2 Alte und 1 Junger über einer Lichtung, längere Zeit rufend, und hierbei konnte ich genau dieselben Stimmenunterschiede fest- stellen, wie ich sie ob. des näheren dargelegt habe; der offenbar wieder männliche Vogel, der die hohen dreiteiligen Töne rief, überschrie sich öfters auf der Höhe, sodafs dieser mittlere Teil fast fistelnd herauskam. Am gleichen Tag scheuchte ich mitten im Wald im hohen Gras einen der Vögel unversehens in geringer Entfernung ebenfalls an einem ausgescharrten Wespennest auf. Die beiden alten Vögel führten übrigens später die gleichen Flugspiele aus, 346 Erich Hesse: wie ich sie oben vom Mäusebussard beschrieben habe; Pernis verfügt somit über zweierlei Flugspiele: Das ebenerwähnte mit dem Mäusebussard gemeinsame und weiter jenen eigentümlichen Rüttelflug, den ich im vor. Ber. anführte. 56. Milvus milvus L. Pomssen: Auf dem grolsen, südl. und östl. gelegenen Feldkomplex trieb sich vom 13. IV. — 4. V. stets ein einzelner herum. — Wie schon früher bemerkt und wie z. B. auch aus den sächs. Jahresberichten von Meyer und Helm!) hervorgeht, war der rote Milan ehedem ein in dem ganzen nordwestl. von Leipzig gelegenen Auewaldgebiet verbreiteter Brut- vogel; seit einer Reihe von Jahren ist er verschwunden. Das Gleiche wurde mir erst kürzlich auch für die angrenzenden grofsen preufsischen Wälder forstamtlicherseits bestätigt. Seltsam; ein Grund für sein Verschwinden ist ohne weiteres nicht zu erkennen; denn mag auch im Laufe der Jahre der eine oder andre alte Nist- baum gefallen sein, so bietet sich doch in diesen ungeheuren, gerade an alten Eichen so reichen Wäldern hundert- ja tausend- fach Ersatz. — Ich selbst besals ein 1883 im Rosenthal geschossenes Exemplar; am 12. IV. 01 sah ich noch einmal 1 St. ziemlich tief ostwärts über die Grolse Wiese ebendort streichen. 57. Milvus korschun Gm. Gundorf: Das Paar zeigte sich diesmal seit dem 15. IV. Leider wird den Vögeln wegen der paar Fische, die sie ab und zu mitnehmen, eifrig nachgestellt; einer, wenn nicht alle beide sind erlegt worden. 58. Pandion haliaetus L. Pomssen: 13. IV. 1 St. bei strömendem Regen vom Teich abstreichend nach O. überhin. 59. Falco peregrinus Tunst. Gundorf: 4. I. 1 Alter mit Beute hinter einer Scheune aufgehend; 15. IV. 1 Alter nach ©. streichend, z. T. ganz dicht über den Lachen dahin, hierbei mehrmals ziemlich wohllautende sanft auf- und absteigende Reihen von 8—10 Tönen, wie „gü .... “, hören lassend. -— Rohrbach: 9. III. 1 Alter bei sehr heftigem S.W.-wind nach S.W. streichend. 19. X. 1 Junger, am Grofsen Teich öfters auf die zahlreichen Stockenten auf dem Wasser stolsend; eine Schar von ca 70 jungen Kiebitzen erschreckt auf- und davonfliegend, der Falke dann nach S.W. ab. — Müncherteich: 13. IV. 1 Alter erst lange Zeit über dem Teich hin- und herstreichend, sich alsdann in einer der Randkiefern des Bestandes am N.W.-Ufer niederlassend, schliefslich nach S.W. abziehend. — Connewitzer Holz: 17. II. 1 Alter nordwestl. überhin. 60. Falco subbuteo L. Fast über allen den besuchten Wasser- becken, im Gundorfer Gebiet, an den Rohrbacher und Grethener Teichen, am Müncherteich, sah man auch diesen Sommer unsre Falken eifrigst auf der Libellenjagd; in Rohrbach traf ich sie dabei im Juni noch bis 9h ab. — Wenn Baumfalken paarweis neben- einander fliegen, lassen sie zuweilen Rufe vernehmen, die, in 1) 1. c. III. (1887) $. 25; IV. (1888) S. 19. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 347 der zweiten Hälfte scharf nach unten abgebrochen, wie „girzi“ oder „kutschi‘ klingen, erst gewöhnlich einmal, dann zwei sehr schnell aufeinander, worauf noch ein paar kurze leisere „it‘‘ oder „tschit‘“ folgen können. Einmal riefen dies die Falken auch ganz spät abends bei der Jagd; kurz darauf zogen sie dem nahen Forst zu, als wäre es eine Aufforderung zum Abzug und zur Heimkehr gewesen. — Als Brutvogel habe ich ihn im Gundorfer Gebiet alljährlich in 1— 2 Paaren feststellen und mit den Jungen beobachten können; vor zwei Jahren stand ein Horst im vorderen Kanitzsch auf einer alten Ulme. In dem an die Teiche grenzenden Brandholz bez. der Harth bei Rohrbach waren sie bisher immer nur ' ineinem Paar vertreten. Im Universitätsholz fand Herr Revierförster Weiske vor einigen Jahren einmal einen Horst in einem ca 40/50 jähr. Kiefernorte; genannter Herr glaubt nicht, dafs er regelmäfsig hier brütet; ich habe ihn hier, namentlich aber in den direckt angrenzenden fürstl. Waldungen 1906 und 07 zur PBrutzeit angetroffen. In der Harth bei Zwenkau, wo ich ihn im letzten Sommer gleichfalls zu dieser Periode sah, ist er nach Mitteilung der k. s. Forstrevierverwaltung bisher nur als seltener Durchzug- vogel bekannt geworden. Herr R. Groschupp stellte ihn weiter südl. in mehreren Jahren, aber nicht hintereinander, im Röthaer Holz aufEiche und alten Kiefern horstend fest; genannter Herr erfuhr ferner, dafs er früher bei Eythra und Zöbigker, auch im sogen. Eichholz der Harth (Zwenkau) gebrütet haben soll. 61. Asio otusL. Bienitz : Durch sinnloses Abschielsen zu niede- rer gewerbsmäfsiger Ausstopferei sind diese Eulen aus diesem Forst, wo sie so zahlreich vertreten waren, jetzt fast völlig ausgerottet. Man merkt dies z. B. schon hinsichtlich der Gewölle, wenn man in die Fichtenbestände eintritt; jetzt muls man wirklich danach suchen, ehe man auch nur eins findet, früher konnte man sie, wenn man gewollt, in kurzer Zeit literweise sammeln. Und wie sefshaft diese Vögel sind, wie wenig sie sich von ihrem Standort verscheuchen oder an ihm beunruhigen lassen, bewiesen sie mir u.a. am 15. V. ab.; kurz zuvor waren Burschen Mundharmonika spielend und johlend durch einen der Revierteile gezogen, nach kaum 5 Min. balzte dort eine Eule erst rufend, dann flügelklatschend, der einzige balzende Vogel am ganzen Abend; an anderen habe ich überhaupt keine gehört, alles war still. Diese Eule rief übrigens gerade ganz auffällig deutlich zweisilbig „hu-u“.t) 62. Syrnium aluco L. Gundorf: Je einer am 24. VI. 9,50 h vorm. und 18. VII. 11,20 h vorm. heulend. 63. Athene noctua Retz. Als ich mich am 30. VI. ab. am Zschampert angesetzt hatte, flog plötzlich ein Käuzchen aus einer der alten Kopfweiden auf einen Heuhaufen der Wiese herab. Ich vermutete natürlich in dem Baum eine Bruthöhle, was sich auch sofort bestätigte; nähergehend hörte ich bald aus 1) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 50. 348 Erich Hesse: dem Weidenkopf das schnarchende „schriht“ der Jungen; der alte Vogel aber vollführte nunmehr einen ungeheuerlichen Lärm ; auf einer nahen Pappel erst „kau .... .“, dann fortgesetzt ein gellendes „kijipipip ... kijip ...“ rufend, dazu sich so dünn und schlank wie möglich machend und ab und zu knicksend, bot er einen ergötzlichen Anblick; die Jungen waren auf diese Rufe hin sofort verstummt und haben sich auch nicht wieder gerührt, solange ich in der Nähe des Brutbaumes mich aufhielt. — Am Kommunikationsweg Grethen-Beiersdorf traf ich diesen Sommer wiederholt aufeinem ganz bestimmten alten Kirschbaum gewöhnlich schon gegen Abend in der 6. Stunde einen Steinkauz sitzen, der jedesmal in seinem bekannten spechtartigen Bogenflug nach einem nahen bewaldeten Sandrücken hinüberstrich, der zur Hälfte in einer grofsen Sandgrube abgebaut ist. In dieser Grube sowohl wie auf dem ganzen Hügel befinden sich zahllose Kaninchenbauten und hier dürfte vielleicht ein Käuzchenpaar gebrütet haben, falls obiger nicht ein einzelner Vogel war. — In den Jahren 1894—1904 beobachtete und hörte ich Steinkäuze in einem gewissen Bezirk der Gustav-Adolphstrafse in Leipzig, wo sich grofse Garten- komplexe auch mit ganz alten Bäumen befanden und z. T. noch befinden; hier oder vielleicht auch in irgendwelchen Gebäuden mochten sie brüten; am 30. Vill. 04 rief u. a. 1 St. um Mitter- nacht so lebhaft auf einem Balkon gegenüber, dafs ich aus dem Schlaf geweckt wurde. — 1889 nistete auch ein Paar in einer Höhlung einer jener gewaltigen Schwarzpappeln in den Prome- naden am Schwanteich. 64. Cuculus canorus L. Gundorf: 9. V. im vorderen Kanitzsch ein rostrotes Exemplar. Während des Sommers hielt sich in einer gewissen Waldparcelle ein “ auf, das dreiteilig rief, nicht etwa das in höchster Potenz geschlechtlicher Erregung hervor- gestolsene „gagägu“, sondern schön melodisch, und zwar genau wie die ersten drei Noten des bekannten Kinderliedchens ‚Guter Mond, du gehst so stille‘ u. s. w.; zuweilen waren auch die ersten beiden Töne gleichhoch und manchmal liefs er sich auch normal zweisilbig dazwischen vernehmen. — Rohrbach: Am 2. VI. rief einer morgens gegen °/,4 h erst 51 mal und nach einer ganz kleinen Pause 84 mal; nach kurzer Zeit begann er von neuem, und ich hörte ihn noch, als ich schon an den Teichen weilte. 65. Iynx torquilla L. Harth bei Zwenkau: Am 2. VII. fand ich an einer Schneise einen ca 51/, m hoch an einer Kiefer ange- brachten, vom Wendehals besetzten kleineren Nistkasten, in dem man das Klingeln der Jungen hörte. Ich lagerte mich eine Weile, um das Füttern der Alten zu beobachten; sie kamen ganz unregel- mäfsig, aller 2, 5, 7 Min., ja bis zu 20 Min. vergingen, ehe sie wiederkehrten. Bevor sie einschlüpften, zeterten sie gewöhnlich einige Zeit, wenn sie mich sahen, „te... “ !) Fast immer flogen 1) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 51. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 349 sie in ganz bestimmter Richtung ab, nach einem jenseits der Schneise stehenden Kiefernüberhälter, stets von demselben dürren Ast dann zur Erde hernieder; an dieser Stelle befand sich ein ausgetrock- neter Sumpf, wo für sie vielleicht eine besondere Nahrung oder Atzung zu finden war. 66. Dryocopus martius L. Gundorf: Das ganze Jahr über sich zeigend, hauptsächlich im Bienitz, wo er am 2. V. auch sehr lebhaft balzte; am 26. II. traf ich ihn in der Forstparzelle süd- westl. von Quasnitz. — Harth bei Rohrbach: Hier machte er sich diesmal nur vom 4. V.— 16. VI. bemerkbar; am 11. V. balzend. — Harth bei Zwenkau: Bereits am 14. II., einem herrlichen Früh- lingstag, balzte ein Q* lange Zeit hoch oben an einem alten Eichen- ast, abwechselnd rufend und trommelnd. Auch im Sommer war er stets zu finden, am 21. VIII. auch 1 Paar zusammen, von dem das g‘ sogar um diese Jahreszeit noch seine Balztouren ertönen liefs. — Diese schon vielfach erwähnten Balzrufe lassen die 9' bekanntlich im Fliegen sowohl wie im Sitzen erschallen; am 13. IV., an dem übrigens zumeist ein strömender Regen nieder- ging, tat dies ein solches in regelmäfsigem Wechsel, dazwischen auch öfters noch trommelnd, im Oberholz. 67. Dendrocopus maior L. Am 29. XII. an dem leichtes Schneetreiben und 11° Kälte herrschten, balzte nichtsdestoweniger im vorderen Rosenthal ein Buntspechtpaar. Das 9‘ trommelte eifrig hoch oben am dürren Zacken einer alten Eiche, flog alsdann auf eine benachbarte zum Q hinüber, welches den Gatten mit jenen gequetschten und gedämpften ‚„kjäh kjäh ... .. “ empfing, ersterer liefs als Antwort mehrmals ein leises Schnarren vernehmen und begann hierauf von neuem zu trommeln; so wiederholte sich dies noch ein paarmal, bis schliefslich beide wiederum der Nahrung nachgingen. Das harte Winterwetter tat also dem Liebesleben dieser Spechte keinen Abbruch. 68. Dendrocopus minor L. Am 11. IV. balzte ein Paar in den alten reich mit Spechthöhlen besetzten Pyramidenpappeln südl. von Lützschena. Das 9° rief wieder sein „terret... “ u. s. w. (vgl. vor. Ber.), trommelte auch ab und zu, aber auch das O antwortete trommelnd, es taten dies also hier wiederum beide Gatten; diese Balzmusik kann eben sehr wohl auch von den 9 ausgeführt werden. !) 69. Picus viridis L. Am 22. III. trieb sich ein 9, auch öfters rufend, in einem mitten im Häusermeer gelegenen und rings- um von Gebäuden umschlossenen grofsen Hof nebst einigen kleinen Gärtchen in L.-Gohlis herum. ?2) Bisin die unmittelbar an unsre Auewälder grenzenden Hausgärten und Parkanlagen dringt er ja öfters. — Am 8. IV. sah und hörte ich ein Q* an einer alten Eiche in der Nähe des Scherbelberges trommeln; der Vogel 1) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 51. 2) Vgl. Orn. Monatsber. 05, S. 121. 350 Erich Hesse: sals ziemlich weit unten an einem gewaltigen Ast, des Öfteren auch inzwischen seine Balzrufe hören lassend. Bereits einmal am 13. III. 07 beobachtete ich hier im Rosenthal gleichfalls an einer Eiche einen trommelnden Grünspecht. Dieses Trommeln nun des letzteren ertönt lang und dumpf, es hat grofse Ähnlichkeit mit demjenigen des Schwarzspechtes, nur dafs eben dessen Trommeln, ich möchte sagen, ungleich gewaltiger klingt und oft weithin durch den Wald wiederhallt; dasjenige des Grünspechts klingt nur gedämpft. Mit dem kurzen kräftigen Schnurren der Bunt- spechte ist es natürlich gar nicht zu verwechseln; der Grauspecht würde in dieser Hinsicht etwa eine Mittelstufe einnehmen. Naumann hat das Trommeln des Grünspechtes, wie er ausdrücklich hervorhebt, nicht ein einziges Mal beobachtet, seltsam; aber auch im neuen Naumann sind nur drei Fälle angeführt. Ich hege unbegrenzte Hochachtung vor dem grofsen Werke der Naumanns; das darf uns nun aber nicht veranlassen, blindlings „jurare in verba magistri“, oder zu meinen, dafs nun auch alles in der biologischen ÖOrnithologie schon bekannt und erforscht sei (Vogelstimmen!); dafs diese Balzweise aber auch in den ganzen späteren Dezennien so selten beobachtet bez. bekannt gegeben wurde, ist ebenso sonderbar. Zweifellos ist, dafs der Grünspecht bei weitem seltner trommelt, als alle übrigen Spechte. Man muls nun aber bedenken, dafs jemandem, der jeden Tag hinausgeht, sich auch eher die Möglichkeit bietet, seltene Natur- erscheinungen wahrnehmen zu können, obwohl dies gerade oft nur von einem günstigen Zufall abhängt; immerhin beobachtet derjenige, der sich Tag für Tag auf Exkursionen befindet, denn doch noch etwas mehr als einer, der sich nur ab und zu in freier Natur bewegt. 70. Picus canus viridicanus Wolf. Connewitzer Holz: Dies Jahr habe ich ihn nur immer in einem ganz bestimmten Revier- teil angetroffen; es schien wieder nur ein einzelnes 9J' zu sein; denn obgleich ich diesen Waldteil wöchentlich ein paar Mal aufsuchte, babe ich doch nicht ein einziges Mal ein Q oder gar Junge feststellen können, welch letztere sich besonders unmittel- bar vor oder nach dem Ausfliegen wohl hätten bemerkbar machen müssen. Gewöhnlich rief dieser Grauspecht früh bez. vormittags und dann wieder gegen Abend, doch auch da nicht immer und oft nur vereinzelt; ein paar Angaben: Am 1. V. war ich von 1/,8—11,30 h zur Stelle; er rief 8,30; 9; 9,3; 9,10; 9,15; 9,35; 9,45; 10,9 h; 8. V. von 5,30—8 h ab.: Rufe 6,4; 7,10; 7,15 h; 15. V. 7—11,30 h vorm.: Ruf nur einmal 8,5 h!; 25. V. 5,30—8 h: Rufe nur 6,15; 6,20 h; u. s. w. Zum letzten Mal hörte ich ihn am 23. VII. ab. 6,45 h rufen. Im zeitigen Frühjahr ist er mir heuer nicht aufgefallen. 71. Apus apus L. Abzug der Masse wie immer in der Nacht vom 27./28. VIL.; dann nur noch spärlich bis 1. VIIL; endlich von da an nur noch ganz vereinzelt bis zum 5. VIII — Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 351 Aus einer Dachgesimsluke in der Leibnitzstrafse hing eine Zeitlang ein toter Segler herunter, der sich im Nistmaterial verfitzt und so erdrosselt hatte. 72. Hirundo rustica L. Exemplare mit auffällig rötlicher Unterseite am 8., sowie vom 18.—25. IV. bei Gundorf, am 6. IV. bei Rohrbach. 73. Muscicapa grisola L. Vereinzelte zweite Bruten habe ich immerhin alljährlich feststellen können, z. B. im Rosenthal, im Botan. Garten, im Zool. Garten, in gröfseren Gärten von L.-Gohlis. Im neuen Naumann sind wieder nur im ganzen drei Fälle angeführt. 74. Lanius excubitor maior Pall.e Gundorf: Einzelne bis zum 4. IV. und wieder vom 28. X. an. Am 1.IV. safs einer auf dem Langhaufen eines Kahlschlages, rings umgeben von Gold- und Rohrammern, Buchfinken, Feldsperlingen und einer weilsen Bachstelze, diese alle mehr oder weniger erregt; beim Abfliegen des Würgers folgten ihm jedoch nur einzelne dieser Kleinvögel nach. — Die zweispiegelige Form ist mir dies Jahr überhaupt nicht zu Gesicht gekommen. — Im Gegensatz zu dieser ist mir in den vergangenen Jahren die einspiegelige Abart, die mir auch gewöhnlich im ganzen etwas dunkler resp. matter gefärbt und relativ kleiner erschien, zuweilen recht zutraulich begegnet, man konnte besonders einzelne Individuen viel näher beschleichen; am 4. 1. 08, an dem strenge Kälte herrschte, war ich beispiels- weise ungedeckt bis auf höchstens 10 m allmählich nahe gekommen, ehe der Lanius vom Busch am Zschampert abstrich. 75. Lanius collurio L. Zweimal hörte ich in diesem Sommer ein 9‘ anhaltend singen, am 6. V. im Domholz bei Gundorf und am 18. V. in der Harth bei Zwenkau. Das erstere brachte ab- wechselnd täuschend ähnlich Strophen von Schilfrohrsänger, Dorn- grasmücke, Baumpieper und Feldlerche, ferner das „ätzsch“ der Bekassine, das andere 9‘ Strophen von Teich- und Schilfrohrsänger, Dorngrasmücke und Baumpieper, ebenfalls das „ätzsch“, aulserdem noch starähnliches Geschwätz und Klingeln des Grünfinken; in beiden entfernt von einander gelegenen Gebieten also ganz ähnliches (vgl. auch vor. Ber.); mitunter kamen auch längere Pausen, in denen sie nur die bekannten „wräp‘ oder „schruäht‘‘ vernehmen liefsen. Wetter am ersten Tage schwül mit viel Gewitterneigung, am zweiten heiter und warm. 76. Corvus cornix L. Der Färbung nach reine Nebelkrähen traf ich zur Brutzeit: 8. IV. bei Gundorf 1 St., zu Neste tragend; 11. V. bei Pomssen I Paar; 15. V. Connewitzer Holz 1 St.; 26. V. Leutzscher Holz 1 Paar; 3. VI. Rosenthal 1 St. — Wiealljährlich waren gröfsere durchziehende Krähenschwärme im Frühjahr im Laufe des März, und zwar nach N.O. bez. O. ziehend, sowie im Herbst etwa von Mitte Oktober bis Anfang November, und zwar nach S.W, ziehend zu beobachten. Gewöhnlich kommen in beiden Perioden zuerst die Nebelkrähen und zuletzt die Dohlen, 352 Erich Hesse: dazwischen Saat- und Rabenkrähen; doch sieht man namentlich von den drei letztgenannten Arten auch häufig gemischte Schwärme. — 77. Pica pica L. Bienitz: 3. III. 1 St. von Weigold beob- achtet. — Rohrbach: In dem Buschgehölz südlich vom Ort hat dies Jahr 1 Paar gebrütet. Vom 26. X. an hielten sich häufig 1—9 St. auch in den Gehölzchen an den Teichen auf. Am 30. XI. salsen 6 Stück auf der Strafse, aus frischem Pferdekot die Körner suchend. — Müncherteich: 12. X. 3 St. — Grethen: 12.X. 4 St. auf den nordöstl. gelegenen Fluren. 78. Garrulus glandarius L. Müncherteich: Noch am 4. V. 18. St. erst im Kieferngehölz am Nordwestufer, dann nach ©. weiterstreichend. 79. Oriolus oriolus L. Wiederhoit habe ich in den letzten Jahren dem eigentümlich plaudernden Gesang der 9' aus nächster Nähe zuhören können, einem Gemisch von hastig an einander gereihten „quid“, „quäd‘“, „quä“ und „queo“, dazwischen ein- gestreut einzelne fistelnde „gideleo“. Auch ich finde viel Ahn- lichkeit mit dem Geschwätz der Dorngrasmücke,!) nur dafs man beim Pirol, zumal bei manchen Individuen, einen etwas an den Teichrohrsänger erinnernden Rhythmus vernimmt. 80. Sturnus vulgaris L. Zusammenrottung mit Wachholder- drosseln: Gundorf: 1.1V. 23 Turdus + 3 Sturnus; 29. IV. ca 607. + 12 8t.; 2.V.30 7. +8 St.; Pomssen: 23. IV. 157.48 81. — Lützschena: In jener oben erwähnten Pappelallee hielt sich zur Brutzeit u. a. ein Star auf, der täuschend ähnlich den Balzruf des Kiebitzes nachahmte. Auf die südlich vom Ort liegenden Auewiesen wurden den Sommer über Schafe zur Weide getrieben; unter diesen liefen auch häufig zahlreiche Stare herum, aber nur ein einziges Mal, am 9. V., habe ich gesehen, daß sich diese auf den Rücken der Schafe setzten; 3 St., je einer auf je einem Schaf, blieben sie auch ruhig sitzen, wenn letztere ein Stück weiter- liefen. — Rohrbach: Hier habe ich speciell auf die von F. Tischler des Öfteren berührte Erscheinung geachtet, ob Stare auch zur Brutzeit im Schilf und Rohr der Teiche übernachten. In den vergangenen 4 Sommern, die ich mit Fleifs erst abgewartet habe, war dies nicht der Fall, zu jener Periode zeigte sich auch nicht ein einziger Star; dagegen waren sie im Frühling und Sommer natürlich in enormen Mengen vertreten. Der späteste Termin im Frübjahr war bisher der 22. IV. 07, der zeitigste im Sommer der 1. VI. 06, die Stare fehlten also regelmäfsig die letzte April- woche und den ganzen Mai, also zur eigentlichen Brutzeit.?) 1) Vgl. Voigt. Exkursionsbuch (4. Aufl.) S. 147. 2) Ich hatte auch noch die Wirtsleute des unmittelbar an den Teichen gelegenen Rohrbacher Gasthofes, denen diese Staransammlungen natürlich schon längst bekannt waren, aufgefordert, allabendlich genau aufzupassen; auch sie konnten während dieses Zeitabschnittes keinen einzigen Star bemerken. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 353 Obige Erscheinung dürfte somit wenigstens zeitweise örtlich ver- schieden sein. — Von Überwinterern seien hier nur erwähnt: 14 St. im Januar im Johannapark, eine alte Platane als Rastplatz bevor- zugend; während November und Dezember 4 St. in einem Garten- komplex in L.-Gohlis und 7 St. in einem groflsen Garten der Rosenthal- gasse; an allen drei Örtlichkeiten auch an den trübsten und kältesten Tagen munter singend, gewöhnlich in ihren Lieblings- bäumen, diejenigen in Gohlis aber auch häufig von Wetterfahnen oder Telephongerüsten der umliegenden Häuser herab. Bereits am 13. II. trieben sich 30 St. in den Baumgruppen an den ehem. Brandtschen Lachen, gleichfalls singend, umher. 81. Coccothraustes coccothraustes L. Bereits im vor. Ber. erwähnte ich einen am 7. XII. im Gundorfer Gebiet beobachteten Schwarm von ca 35 St., den gröfsten bis dahin gesehenen. Diese Zusammenrottungen von Kernbeilsern steigerten sich nun in den folgenden Monaten bis in den Frühling hinein in noch nie da- gewesener Weise. Und zwar machte sich diese Erscheinung in dem gesamten Auewaldgebiet Leipzigs geltend, aber auch in der Harth bei Zwenkau zählte ich am 14. Il. eine Schar von 26 St. Die Höchstzahl konnte ich am 28. II. im Connewitzer Holz fest- stellen, wo ein paar kleinere und ein gröfserer Schwarm, der ca 50 St. aufwies, herumstrichen; im ganzen waren es weit über 100 St. Von Mitte April an verringerte sich die Zahl mehr und mehr, bis herab endlich auf die in allen unsern Auewäldern einzeln brütenden Paare. Hauptsächlich verzehrten sie die Nüfschen von Carpinus, Fraxinus und Acer. — Am 27. VI. fing ich im Conne- witzer Holz einen eben ausgeflogenen Jungen, der beständig „zieh“ oder „zit“ rief; am 2. VII. sah und hörte ich das gleiche in der Harth b. Zw. 82. Fringilla coelebs L. Gundorf: Die grolsen bis zu ca 200 St. zählenden Schwärme zeigten sich bis Ende Februar und erschienen wieder vom 24. X. an. Am regelmälsigsten traf ich sie an oder auf jener grofsen Wiese zwischen Domholz und Grünitz, hier besonders in einer im Frühjahr unter Wasser stehenden ausgedehnteren Boden- senkung die massenhaft vorhandenen dürren Polygonumstauden plündernd. 83. Fringilla montifringilla L. Gundorf: Bergfinken in ge- ringerer Zahl, gewöhnlich unter grofse Buchfinkenschwärme (8. 0.) gemischt, waren bis zum 29. IV., an diesem Tag nur noch 1 g%, 2 Q, zu beobachten. Dann waren sie wieder vom 30. IX. — 10.X. sehr zahlreich, auch mit viel Buchfinken zusammen, vertreten, an letzterem Tage zogen auch fortgesetzt Schwärme nach S.W. überhin; hierauf fanden sie sich abermals mehr einzeln, meist unter Buchfinkenschwärmen. — Rohrbach: 30. III. ca 250 St. Berg- und Buchfinken untereinander, zum gröfsten Teil sich auf den Äckern nördl. der Teiche aufhaltend. — Müncherteich: 13. IV. einzelne. 84. Acanthis cannabina L. Harth bei Zwenkau: Bereits am 18. V. traf ich in einer jüngeren Fichtenschonung flügge Junge; Journ, £, Orn. LVIL, Jahrg. Juli 1909. 24 354 Erich Hesse: die in der Nähe verweilenden Alten liefsen sanfte, wohlklingende „dui“ oder „bui“, heraufgezogen, vernehmen. 85. Chrysomitris spinus L. Noch auffällig spät im Frühjahr trieben sich dies Jahr Zeisige herum; am 22. 1IV. bei Gundorf 2 0,5 9; am 25. IV. ebendort 3 @ und am gleichen Tage in Lützschena 3 9; am 2. V. wieder bei Gundorf 20 St., und zwar 10 Paare; am 3. V. im Rosenthal 2 9°; endlich am 6. V. abermals bei Gundorf 12 St., und zwar 6 Paare. Bemerkenswerterweise sah ich dann bereits schon am 15. VIlI ein Paar im Park des Gohliser Schlofsgutes. Die nächsten stellten sich wie alljährlich erst wieder gegen Mitte Oktober (7.) ein. — Am 17. II. war in einigen jüngeren Erlen des Connewitzer Holzes ein Schwarm von ca 130 St. verteilt. 86. Carduelis carduelis L. Gundorf: 26. II. eine Schar von ca 120 St. zahlreiche Lappastauden absuchend. — Müncherteich: 28. IX. ca 65 St. auf den angrenzenden Äckern. — Stets ist mir auch in den Vorjahren um Ende September ein stärkeres Auf- treten kleinerer und grölserer Schwärme aufgefallen, als Höchst- zahl ca 100 St. am 23. IX. 05 bei Gundorf. 87. Pyrrhula pyrrhula europaea Vieill. 13. Il. 1 9‘ am Scherbelberg; 25. Il. 1 Q ebendort von Prof. Voigt beobachtet; 30.X. 1 g' bei Lützschena hin- und herstreichend. 88. Emberiza calandra L. Gesang im Herbst und Winter: 15. IX. (klar und warm) in Rübenfeld westl. von Wiederitzsch 2 St. — Rohrbach: 2. XI. (starker Nebel) mehrere; 16. XI. (30 Kälte, scharfer O.) mehrere; 30. XI. (neblig) mehrere; 7. XII. (1° Kälte, heiter) mehrere; desgl. endlich am 14. XII. (rauh und neblig). 89. Emberiza citrinella L. Gesang im Herbst: Je 1 St. 26. X. bei Rohrbach und 30. X. bei Lützschena, an beiden Tagen herrliches Herbstwetter. 90. Emberiza schoeniclus L. Gundorf: Auch bei den dies Jahr überwinternden Rohrammern überwogen die Q bedeutend an Zahl; entweder sah man nur solche oder diese in der Über- zahl, beispielsweise am 4. I. Trupp von 7 St, 29, 59. Am 14. III. sehr starker Durchzug, an der Luppe Schwärme bis zu ca 25 St. beiderlei Geschlechts. — Rohrbach: Einzelne hielten dies- mal bis zum Jahresende aus. — Müncherteich: 13. IV. sehr zahl- reich, Schwärme bis ca 40 St., Q' und 9, sich zuweilen an den Ufern auch etwas zerstreuend. 91. Anthus pratensis L. Gundorf: Frühjahrzug: 3. III. — 25. IV.; Herbstzug: 23. IX. — 30. X.; dann noch einmal ein einzelner am 5. XII. — Rohrbach: Frühjahrzug: 23. III. — 27. IV.; Herbstzug: 5.—26. X.; hierauf noch einzelne bis zum 30. XI. — Müncherteich: Frühjahrzug: 13.—23. IV.; an ersterem, sehr reg- nerischen Tage sang auch öfters 1 St. in den unteren Asten einer nahen Birke kurze Strophen, etwa wie huist...särrr ..si...“, etwas an Baumpieper und Zaunkönig erinnernd; Herbstzug: Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 355 12.—17. X. — Am 23. IV. auch einzelne bei Grofssteinberg auf Feldern und an den Grethener Teichen. 92. Anthus spinoletta L. Gundorf: Im Frühjahr vom 14. IH. — 1.IV. in kleinen Trupps bis zu ca 12 St. wieder regel- mäfsig an der Luppe; im Herbst ein einzelner am 10. X. in einem der Wiesensümpfe, ferner ebendort am 21. XI. gleichfalls ein einzelner im Winterkleid. Auch diesmal fielen die Wasserpieper im Gegensatz zu den Wiesenpiepern, mit denen sie im Frühling z. T. gemeinsam umherstrichen, immer und immer wieder nur un- mittelbar in der Nähe des Wassers ein. — Am 27.1. trafich auch ein St. in einer zum grofsen Teil unter Wasser stehenden Aus- 'schachtung an den ehemaligen Brandtschen Lachen. 93. Motacilla alba L. Am 13. VIII. 1 9‘ im Bett der ab- gelassenen Pleifse in der Stadt an der Weststrafse. — Am 1. IX. strich ein ca 30 St. zählender Schwarm, zumeist aus Jungen be- stehend, von einer Robinie(!) am Gelände der ebengenannten ehemaligen Brandtschen Lachen ab. Hier bin ich bereits früher einmal, als noch einige der Sümpfe vorhanden waren, am 29. III. O1 einem grölseren geschlossenen Schwarm von ca 60 St. begegnet. 94. Motacilla boarula L. Gundorf: Im März hatte ich öfters Gelegenheit, singenden 9° zuzuhören. Der Gesang besteht aus schnell folgenden kurz angeschlagenen oder trillerartigen gleich- hohen Tonreihen, denen immer ein bis zwei heraufgezogene Töne zuit“ u. s. w., wieder bald an Zaunkönig bald an Baumpieper erinnernd. Der Angst- oder Warnruf ist ein ebenfalls nach oben gezogenes „huihst“ „suiht‘“ oder „zuih“. Manchmal folgt diesen Einzelrufen nach kurzer Pause ein „sisisi‘“; am 9. V. wechselte ein in der Nähe einer Brücke sitzendes 9‘ regelmäfsig mit diesen Rufen ab. — Rohrbach: 30. III. 1 9' am Bach am Bahndamm; 16. VI. 1 St. nach W. überhin; 12.X. 1 Paar im abgelassenen Mühlteich. — Grethen: 11. VI. 1 St. nach N. überhin. — Pomssen: Das Nest des hier brütenden Paares entdeckte ich am 11. V., ca 6 m über dem Boden in einen Luftschacht über dem Stallfenster eines direkt unterhalb des Teiches stehenden Gutes eingebaut; die 5 Jungen waren schon sehr weit entwickelt; die Alten, Futter tragend, konnten sich lange nicht entschliefsen einzufliegen, da sie sich von mir beobachtet sahen; beständig riefen beide Gatten in ihrer Unruhe das oben erwähnte „huihst“. Eine zweite Brut ist in diesem Nest nicht gezeitigt worden, die Alten traf ich je- doch regelmäfsig in der Nähe an, niemals aber wieder Futter tragend, es dürfte somit überhaupt keine zweite Brut, auch nicht an einer andern Stelle erstanden sein. — Das Paar an der Schwimm- anstalt (Leipzig, Schreberstrafse) fütterte am 25. V. 4 flügge Junge am Elsterufer; am 17. VII. sah ich es abermals Futter tragend, demnach zweite Brut gezeitigt. — Dies Jahr stellte ich unsere Art u. a. auch an der Waldschänke bei Lösnig und der Mühle bei Otterwisch zur Brutzeit fest. 24* 356 Erich Hesse: 95. Alauda arvensis. L. Gundorf: Jene Lerchen in der ganz bestimmten Feldparzelle (s. vor. Ber.) hielten auch noch bis zum Eintreffen der Masse Ende Februar unabänderlich an dieser Stätte fest; seltsamerweise hatte sich jetzt noch 1 St. hinzugesellt, sodafs es nunmehr 4 St. waren. — Am 27. IV. vorm. sang bei Grofs- steinberg 1 St lebhaft am Boden; am 27. VI. tat dies eine bei Rohr- bach 8,10 h ab. von einem Kleereiter herab. — Gesang im Herbst: Jeı1 St. am 28. IX. beim Müncherteich und am 12. X. beiGrofsstein- berg. — Dies Jahr hörte ich wieder öfters eine Lerche über der Leip- ziger Rennbahn singen; dies war auch schon in einzelnen anderen Jahren der Fall; leicht möglich, dafs hier ab und zu ein Paar brütet. 96. LullulaarboreaL. Rohrbach: 23. III. lockerer Schwarm von ca 20 St. ziemlich tief nordöstl. überhinstreichend, andauerndes, „düdelüt“. 97. Certhia. Trillerstrophe: 21. III. Gundorf; 7. IV. Rosenthal; 9. IV. Connewitzer Holz; 10. IV. Rosenthal; 15. IV. Gundorf; 8. V. Connewitzer Holz; 29. V. Rosenthal; 30. V. und 6. VI. Gundorf; dann noch einmal'20. VIII. Connewitzer Holz. So oftich die Sänger dieser Weisen mit dem Glas aufs Korn nehmen konnte, waren es stets ober- seits entschieden mehr grau gefärbte Individuen! — Gesang im Herbst und Winter(,‚Liedchen“):2. I. Scheibenholz (8° Kälte,heiter); 4.1. Gundorf (10°, Kälte, heiter); 30.1. Rosenthal (Frost); — 19. IX. Gunderf (heiter); 24. IX. Leutzscher Holz (heiter); 26. IX. (Nebel) und 7. XI. (heiter) Gundorf. 98. Parus maior L. Gundorf: 19. VJII. ı St. in einem hohen Lindenbusch eine erwachsene Raupe von Smerinthus tiliae L. vom Zweig abzuzerren suchend und sich flatternd daranhängend, bis diese in der Tat losliefs, aber herunterpurzelte, da die Meise sie nicht zu bewältigen und im Schnabel zu halten im Stande war. 99. Parus caeruleus L. Connewitzer Holz: 27. III. eigenartiges Kampfspiel; 2 St. sich erst in der Luft, dann am Boden herumbalgend, sich mit den Fülsen verfangend und sich hackend, dann Kampfpause, keuchend und ermattet, schliefslich wie leblos daliegend, plötzlich wieder in die Höhe fliegend und von neuem beginnend, kurz darauf ohne Schaden auseinandergehend und Futter suchend; während der Balgereien erklang auch öfters der Frühlingsruf. — Rohrbach: An diesen Teichen ist es mir alljährlich besonders aufgefallen, dafs sich Blaumeisen zur Winterszeit auch mit Vorliebe im Rohr herumtreiben. 100. Parus ater L. Wenngleich ich fast alle Jahre zum Herbst auch in unserm Auewaldgebiet herumstreichende Tannen- meisen gesehen habe, sind sie mir hier doch noch nie so oft und z. T. so regelmäfsig begegnet wie diesmal. Im Bienitz traf ich sie noch am 29. IV. dann wieder von 11. XI. an; am 2. X. 1 St. in den Linden vor der Schule in Möckern; am gleichen Tage mehrere an der Flutrinne bei Wahren; am 3. X. mehrere im Domholz bei Gundorf; am 6. X. ca 8 St. im König-Albertpark; endlich vom 23. IX. an fast ausnahmslos in jenen beiden kleinen Fichtenbeständen südlich des Farkes Lützschena mehrere. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 357 101. Parus cristatus mitratus Brehm. Als Brutvogel konnte ich diese Meise im Universitätsholz, in der Harth bei Zwenkau und im Brandholz bez. in der Harth bei Rohrbach feststellen, wenn auch nur vereinzelt; sie ist die seltenste aller hier brütenden Meisen. 102. Regulus regulus L. Dafs das gelbk. Goldhähnchen auch noch ganz anders zu singen vermag als in den bekannten hohen einfach auf- und abgehenden Tonreihen, habe ich in den vergangenen Jahren sowohl im Frühjahr wie im Herbst in den verschiedenen Nadelwäldern mehrfach sehen und vernehmen können; es ist dies ein leises schnelles sehr wechselvolles Ge- zwitscher, etwa wie „si duit sisi spizi sirrrr duit zäzä pink sisi“ u. s. f£ — Mehrmals waren diese kleinen Vögel im Herbst auch bis in Hausgärten und Parkanlagen an der Peripherie der Stadt vorgedrungen. 103. Regulus ignicapillus Tem. Vom 31. III. — 2. IV. hielt sich stets 1 St. abermals auf dem Scherbelberg!) auf, also Aufent- halt von 3 Tagen; obwohl auch Schwanzmeisen und gelbk. G. anwesend waren, hielt sich jenes doch immer isoliert. — Univer- sitätsholz: Nachdem ich bereits vor zwei Jahren diese Art hier brütend konstatiert, im Vorjahr dagegen nicht ein einziges Mal zur Brutzeit angetroffen hatte, war heuer auch in dem gleichen Revierteil wiederum 1 Paar vertreten. Am 15. VI. kam ich ge- rade dazu, wie dieses ein Nest zu bauen begann; vielleicht war durch die anhaltenden z. T. mit gewaltigem Hagelschlag ver- bundenen Unwetter ein vorheriges Nest bereits zerstört worden, angesichts dieses etwas späten Termins. Der Nistbaum war eine ca 100jährige Fichte; der Ast, der das Nest tragen sollte, ent- sprang etwa 12 m über der Erde, und letzteres wurde ca 1 m von dessen Spitze angelegt; da sich nun der Ast wie gewöhnlich stark herabsenkte, mochte das Nest etwa 10,5 m über dem Boden stehen resp. hängen. Es wurde nun zwischen die Zweige etwa so eingebaut, wie es die beigegebene kleine Skizze veranschaulichen soll. V U. 1) Vgl. Journ. f. Orn. 07, S. 127. 358 Erich Hesse: Der eine Vogel, offenbar das 9, trug allein Niststoffe herzu und war vollkommen schweigsam, während der andere, also das o', fortwährend sang, aber nichts herbeiholte. Als Nistmaterial brachte das Q hauptsächlich winzige Astchen, Nadeln, Federchen und frische Blattstückchen von Eiche, stets sich dabei in den Kronen der alten Bäume, niemals unten bewegend; des öfteren rupfte es auch an einem grolsen Raupengespinst, zuweilen flatternd resp. rüttelnd sich daran hängend und zerrend. Am Vormittag war natürlich nur erst wenig Nistmaterial zusammengefügt, nach- mittags jedoch die Kugel schon im grofsen ganzen fertig, aber immer noch sehr durchscheinend. Abund zu flog auch das Q' hinein, wie wenn es „inspicieren‘‘ wollte, sang dann darin, gewissermalsen seine Freude über den weiteren Fortschritt des Baues vielleicht auch dem Q gegenüber ausdrückend. Am nächsten Vormittag war das Nest fertig und undurchsichtig, nur ein einziges Mal schlüpfte ein Vogel, wohl das Q@ aus, sonst war in und am Nest Ruhe; auch das 9° sang nur spärlich. Am 20. VI. war noch alles unverändert, und das 9‘ sang wiederum sehr lebhaft; häufig wurde hierbei der Schlufston der so charakteristisch ansteigenden und anschwellenden Tonreihe (vgl. 1. c.) ziemlich scharf nach unten abgebrochen. Als ich nach einigen Tagen das Nest aber- mals besuchte, war es leer und halb zerstört, die Federchen herausgerissen u. s. w.; mir machte es beinahe den Eindruck, als wenn ein langer Schnabel (Garrulus?) „hineingelangt“ hätte. Von den Goldhähnchen war an diesem Tag und auch späterhin nichts wieder zu sehen und zu hören; leider! 104. Sylvia nisoria Bchst. In diesem Sommer u.a. auch in einigen gröfseren dichten Hecken unmittelbar südl. von Lützschena sowie in einer solchen südl. von Papitz a. d. Elster nistend; sich zuweilen noch spät abends (8h) durch ihr zeterndes „errrr ... retetete . . .“ bemerkbar genug machend. 105. Sylvia atricapilla L. 15. und 17. IX. auf dem Scherbel- berg sowie 3. X. bei Gundorf einzelne 0' wieder leise singend. 106. Acrocephalus streperus Vieill.e 6. und 9.V., 14. VI. sowie 4. VII. in Ziersträuchern des Scherbelberges singend; desgl. ferner 16. V. bei Gundorf in Ulmusgebüsch und 10. VI. im Rosen- thal in solchem von Ahorn. — 28. IX. 1 St. am Müncherteich wieder leise singend. — An den Rohrbacher Teichen hat der Bestand von Drossel- und Teichhrohrsängern in den letzten Jahren bedeutend ab- genommen; ein Grund hierfür ist ohne weiteres nicht erkennbar. — 107. Acrocephalus palustris Bchst. Auf dem Durchzug sangen am 24. V. vorm. an einer nur ca 50 m langen Strecke dichten Wald- randes an der Grofsen Wiese im Rosenthal 3 St., ferner am gleichen Tage ebendort in der Nähe der Friedenseiche noch 1 St. Zur Brut- zeit u. a. je 1 Paar an einem Altwasser an der Marienbrücke, am Zchampert und in einem Roggenfeld westl. von diesem. — Rohrbach: 1 Paar in einem Roggenfelde nördlich vom Ort nistend. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 359 108. Acrocephalus schoenobaenus L. Gundorf: 22. IV. 1 St. in Eichenastlanghaufen eines Kahlschlages singend. 109. Acrocephalus aquaticus Gm. Gundorf: 30. IX. 1 St. in einem der Wiesensümpfe. Es ist dies somit nun bereits der dritte Herbst, in dem diese Art unser Gebiet auf dem Durchzuge berührte. 110. Locustella nuevia Bodd. Gundorf: 6. V. 1 St. in einem Weidenbusch eines der Luppensümpfe früh 8,15 h und 8,37 h kurze Touren von 5—10“ schwirrend, dann stumm und in die Schwaden herabgehend. 111. Locustella fluviatilis Wolf. Höchst bemerkenswerterweise hat sich auch in diesem Sommer wieder ein einzelner Flufsrohr- sänger in dem grofsen Auewaldgebiet nordwestl. Leipzigs aufge- halten, diesmal in der Zeit vom 17. V. — 25. VIL., allerdings an anderen, wenngleich nicht allzuweit davon entfernten Stellen wie im Vorjahr. Ich selbst fand ihn am 21. V. wieder. Kurz darauf teilte mir Herr Weigold mit, dafs er gemeinsam mit Herrn Marx bereits am 17. V. im Gebüsch einer Holzecke an einer Lache vorm. 10 h ein Schwirren gehört hätte, das nur einer Locustelle, und zwar offenbar der von mir im vor. Sommer beobachteten L. fluvia- tilis, angehört haben könne. Wenige Tage später verhörte ich mit beiden Herren den Schwirl, und sie erkannten ihn ohne weiteres wieder; es unterliegt also keinem Zweifel, dafs sich der Vogel erst an obiger Stelle aufgehalten hat; allerdings kann dies auch nur der eine Tag gewesen sein; denn an den unmittelbar vorhergehenden und folgenden habe ich gerade auch diese Stelle regelmälsig mit besucht. Jene andre Ortlichkeit nun, wo er sich in der Folgezeit zunächst angesiedelt hatte, war ein ca 50 jähr. Stangenholz, hau pt- sächlich aus Fraxinus und z. T. aus Acer Pseudoplatanus L. be- stehend; Unterholz fehlte fast vollständig, nur einige Wurzelschosse und Stockausschläge genannter Bäume waren vorhanden, von denen der Schwirl ganz besonders einige bevorzugte; am Boden domi- nierten in Uppigkeit Phalaris, Urtica, Aegopodium und Galium Aparine L. Gewöhnlich begann er etwa Y/,7 h ab. zu schwirren, erst kurze Strophen und lange Pausen, dann jene mehr und mehr verlängernd und diese kürzend, vor den Strophen kein Vorschlag, dafür aber nach Platzwechsel gewöhnlich ein zwei- bis dreimaliges leises kurzes Schnurren, wie „brrrr‘; im übrigen das Benehmen wieder genau so: Die charakteristische Haltung mit dem nach oben gerichteten und eingezogenen Kopf, dem weitgeöffneten Schnabel, der stark aufgeblasenen und vibrierenden Kehle nebst Kropf; den Kopf bald hierhin bald dorthin wendend, zuweilen auch ein Bein anziehend. Mitunter konnte ich mich ihm vorsichtig bis auf nur ca 8m nähern, und so schwirrte er mich dann aus nächster Nähe an; kam man ihm noch näher, liefs er sich wieder flugs senkrecht herunter, huschte am Boden hin, um dann plötzlich wieder entfernt in einem der wenigen Büsche emporzuklettern. Bei ebendiesem Empor- klettern resp. -huschen erinnerte er mich, wenn er mit vorgestrecktem 360 Erich Hesse: Vorderkörper die Entfernungen der kleinen auszuführenden Sprünge von Ast zu Ast vorher gewissermalsen abschätzte, hier an kletternde Eidechsen, namentlich die Mauereidechse (Lac. muralis L.) An diesem Orte verblieb er bis zum 12. VI. Von da an war er wieder etwas weiter westlich vorgerückt an eine Stelle, die nur ca 200 m östlicher lag als jene, an der ihn obengenannte Herren zuerst beob- achteten, und hier verweilte er nunmehr bis zu dem eingangs er- wähnten letzten Termin. Diese Ortlichkeit lag ebenso wie die beiden vorherigen direkt am Wasser. Hier bevorzugte er einen grofsen Weidenbusch beim Schwirren, in dem er auch, öfters als er dies sonst tat, ab und zu während des Singens herumkletterte. Oft schwirrte er auch in einem grofsen mannshohen Bestand von Chaerophyllum, bulbosum L., weiter z. B. am 29. VI. ab. in einer tief in einem Altwasser stehenden Kopfweide, am 15. VII. früh auch in einem Dickicht von Chaerophyllum, Urtica, Carduus crispus L. und Convolvulus sepium L. Jetzt begann er abends etwa um 8 h zu schwirren, diesinder mehrfach erwähnten Weiseallmählichsteigernd, frühmorgens sang er bis ca 9 h, hier aber natürlich umgekehrter- mafsen mehr und mehr nachlassend. Anfang Juli liefs sein Sanges- eifer schon bedeutend nach, besonders sang er auch des Abends nicht mehr so anhaltend und lange in die Nacht hinein; ein paar Aufzeichnungen: Am 16. VII. war ich von 1,8—!/,11hab. zur Stelle; er schwirrte 7,40— 8 h lebhaft kürzere Touren; Pause; 8,10 h eine kurze Tour; dann wieder 8,19 und 8,25 h kurze Touren; von 8,30 --9 h lebhaft singend, aber immer relativ kurze Touren und gegen das Ende schon lange Pausen einschaltend; dann noch einmal 9,6 h wenige kurze Touren, von nun an aber schweigsam. Am 24. VII. von 1/,8—Y,10 h ab. zur Stelle: 7,38 h zwei kurze Touren; 7,50 —53 h kurze Touren; 7,57 und 8,6 h je eine kurze Tour; 8,9— 16 h kurze Touren; 8,23—25 h etwas längere Touren, von da an stil. Am 25. VII, also dem letzten Beobachtungstage, schwirrte er nur einmal frühmorgens 7,5 h kurze Touren. Nachdem habe ich ihn nicht wieder gesehen und gehört. Dafs es wieder nur ein einzelner herumstreichender Vogel war, geht wohl schon aus dem mehrmaligen Wechsel seines Aufenthaltsortes gerade zur Brutzeit, also seinem immerhin unsteten Wesen hervor, ganz abgesehen davon, dafs man doch wohl während dieser mehr als zweimonatlichen Dauer auch einmal das © hätte zu Gesicht bekommen müssen. Dafür, dafs es möglicherweise wieder dasselbe Individuum wie im Vorjahr war, würde die fast gleich gewählte Ortlichkeit sprechen; denn das heurige Aufenthalts- gebiet unsres Schwirls liegt nur 1 km weiter östlich als das vorjährige und gehört der gleichen ganz bestimmten Auewaldregion an. (Näher will ich den Standort aus den im vor. Ber. angeführten Gründen auch hier nicht angeben). Gegen die Identität des Individuums würde sich eine kleine gesangliche Eigentümlichkeit geltend machen lassen; der 1907 beobachtete Vogel brachte einen wirklichen Vorschlag (s. Ber.), wogegen der diesjährige A Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 361 statt dessen jenes leise Schnurren, und zwar nur zuweilen (Ss. 0.), hören liels, was wiederum bei ersterem völlig fehlte. Doch würde ja eine solche immerhin nur kleine gesangliche Modifikation auch bei einunddemselben Individuum nicht ausgeschlossen sein. Warten wir ab, ob nicht vielleicht auch nächstes Jahr wieder ein Flufsrohrsänger, eventuell gar mit einem 9, in dieses Gelände einzieht; bedeutend länger war ja schon sein Aufenthalt in diesem Jahr. Wenn ich nur noch kurz einmal auf den Vergleich des Schwirrens mit der Instrumentalmusik gewisser ÖOrthopteren zurückkommen soll, so habe ich auch dies Jahr wieder gefunden, dals L. fluviatilis recht eigentlich der wirkliche Heuschreckensänger ist, also an die grolsen Locustiden erinnernd; dagegen ähnelt das gleichmäßsig fortlaufende, nicht in jener Weise abgehackte, mehr klirrende Schwirren von L. naevia, dals ich ja diesmal gerade kurz zuvor verhören konnte, mehr der Musik der kleinen Thamnotrizonten im Herbst. Erwähnen möchte ich endlich noch, dafs bei L. fluviatilis im Schwirren durchschnittlich 7 ,„srä“ auf die Sekunde kommen, wie man sich wiederholt mittels punktierens überzeugen konnte. 112. Phylloscopus sibilator Behst. Die im vor. Ber. näher gekennzeichnete zweiteilige Sangesweise hörte ich auch diesen Sommer von je einem ganz bestimmten Vogel im Leutzscher Holz, im Connewitzer Holz und im Buchholz bei Otterwisch. Das Q' im zweitgenannten Forst balzte am 29. V. sehr lebhaft, schwirrte immer nur in dem unteren Gezweig dreier dicht beiein- ander stehender Hainbuchen herüber und hinüber, dabei Strophen von aufserordentlich grofser Länge vortragend. 113. Phylloscopus trochilus L. Gesang im Herbst: 15. und 19. VIII. sowie 19. IX. bei Gundorf, 14. IX. bei Rohrbach; Wetter: Heiter und warm. 114. Phylloscopus rufus Behst. Gesang im Herbst: 12., 16., 19. und 30. IX. sowie 3., 7. und 10. X. bei Gundorf, 10. X. auch im Rosenthal; Wetter: Heiter und warm. — Von diesem Laubsänger habe ich hier bei Leipzig fast alle Jahre auch eine dreiteilige Sangesweise vernommen, wobei somit jedesmal die mittelste von drei Silben betont wurde, etwa „zulp zilp zalp zulp zilp zalp“ u. s. f. 115. Turdus musicus L. Gundorf: In einer kleinen, ganz in der Nähe der Sümpfe gelegenen Waldparzelle zur Brutzeit 1 9', das ab und zu täuschend ähnlich das „krülück“ des Krick- erpels in den Gesang einflocht. — Universitätsholz: In diesem Sommer waren mehrere, mindestens 4 St., vorhanden, die Schwarzspechtrufe nachahmten.!) Zwei von ihnen brachten nur das „krück...“, gewöhnlich 5—6 mal nacheinander, eine dritte diese Rufe und aufserdem noch den Balzruf „qui qui...“, eine vierte endlich diese letzteren Töne und nun noch einzeln das 1) Vgl. Journ. f. Orn. 08, S. 59. 362 Erich Hesse: „krüäh“; es wurden somit von diesen Drosseln sämtliche Schwarz- spechtrufe imitiert! Die beiden ersteren Sänger waren ziemlich nahe benachbart, die beiden andern dagegen in weit entlegenen Revierteilen zu finden. — Ferner hörte ich diese zuerst genannten Rufe wenngleich etwas schwächer von je einer Drossel am 1. V. im Conzewitzer Holz und am 18. V. in der Harth bei Zwenkau. — Im Universitätsholz und der Harth kommt ja auch der Schwarzspecht selbst regelmäfsig vor, im Connewitzer Holz nicht. 116. Turdus iliacus L. Gundorf: Im Frühjahr vom 21. III. — 22. IV., z. T. wieder in sehr grofsen Schwärmen; am 11. IV. scheuchte ich einen kleinen Trupp unversehens aus nächster Nähe auf, wobei die Vögel ein Schnärren fast genau wie die Misteldrossel, nur schwächer, hervorbrachten, wohl also Rufe der Angst oder Beunruhigung.!) Im Herbst vom 21.—24. X. kleine Trupps. — Rohrbach: 30. III. — 13. IV. grofse Schwärme am Westrand des Brandtholzes am Grofsen Teich, sich des öfteren auch auf das Ufergelände zerstreuend. — Rosenthal: 31. III. — 3. IV., z. T. sehr zahlreich. — Connewitzer Holz: 3. IV. grofser Schwarm. — Universitätsholz: 9. XI. lockerer Schwarm von ca 30 St. 117. Turdus viscivorus L. Harth bei Zwenkau: Am 2. VII. fand ich hier ein mit 5 fast ffüggen Jungen besetztes Nest, das auf einem horizontal abstrebenden gröfseren Ast einer alten Eiche an einer Schneise stand; es war in einen gleichfalls horizontal verlau- fenden Zwiesel aufgebaut, etwa 31/, m vom Stamm entfernt und ca 8m über dem Boden; etwas Nistmaterial hing von ihm herab; da der Ast nur wenig Zweigwerk aufwies, stand das Nest ziemlich frei da. Die Jungen riefen öfters schnell „pitepitepit“, oder zuweilen auch, wenn sie mich beobachteten, ein schnärrendes „pirrrr“; bald kamen auch die beiden Futter tragenden Alten, benahmen sich sehr scheu und bewegten sich höchst unruhig in den Nachbarbäumen umher, im Fliegen schnärrend, im Sitzen ein tiefes und dumpfes „arrrr“ oder „arrrre‘‘ ausstofsend, wohl auch hier Beunruhigung oder Angst ausdrückend. Ein ganzes Stück mufste ich mich entfernen, ehe sie es wagten, auf das Nest zu fliegen; in diesem machte sich der betreffende fütternde Vogel so schlank und hochbeinig wie möglich, um noch über die ungestüm empordrängenden begehrlichen Jungen ‚erhaben‘ zu sein; letztere schauten öfters nach jenen, wenn sie fern vom Nest waren, sehn- süchtig aus, die Hälse weit emporreckend, zuweilen auch sperrend. Als ich nach einiger Zeit an das Nest zurückkehrte, sah ich, dafs eine der jungen Drosseln aus diesem herausgefallen war; sie hockte im Waldgras und schrie häufig wie „piiie“, auch einige Grashalme hatte sie schon halb hinuntergewürgt; umschwärmt wurde sie ferner von mehreren Lucilien, die ihre Eier auf ihr 1) Vgl. Voigt, Exkursionsbuch (4. Aufl.) S. 54. Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 363 ablegten.!) Ich entfernte mich etwas, um das Benehmen der Alten zu beobachten: Sie kümmerten sich nicht im geringsten um das verunglückte Junge. Anders wurde dies seltsamerweise, wenn ich mich diesem näherte oder es gar aufhob; dann kamen sie wütend in ziemliche Nähe, ein überaus erregtes „arrrrihst“ schreiend, die letzte Silbe ganz bedeutend höher gelegen und etwas hinauf gezogen; aber auch diese Aufwallung legte sich bald wieder, wenn ich mich mit dem Jungen vom Nistbaum weiter entfernte. Ich habe dies öfters wiederholt, das Junge also wieder unter das Nest ins Gras gesetzt, dann wieder geholt u.S. w., immer war das Benehmen der Alten das gleiche; wie als ob sie nur dann noch ein entferntes Interesse an der Ver- unglückten hätten oder an diese erinnert würden, wenn ich letztere in unmittelbarer Nähe des Nestes ergrif. Das Junge, das ja doch elend zu Grunde gegangen wäre, nahm ich mit fort. — Als Brutvogel habe ich somit die Misteldrossel im Universitäts- und Oberholz (ca 6—8 Paare), in der Harth und dem Brandholz bei Kohrbach (ca 8 P.), und in der Harth bei Zwenkau (1 P.) feststellen können. 118. Turdus merula L. 5. V. Nest mit 6 bereits flüggen Jungen in Prunusbusch am Bismarckdenkmal; 8. V. Junge schon ausgeflogen. 119. Pratincola rubetra L. Rohrbach: 14. IX. 1 Q tot am Telegraphendraht. 120. Erithacus phoenicurus L. In der Mai-Sitzung der Natur- forsch. Gesellschaft Leipzig machte Herr Dr. Schmidt auf einen interessanten durch Exoascus carpini R. Hrtg. hervorgerufenen Hexenbesen an einer Hainbuche in einer südlichen Auewaldparzelle aufmerksam. Kurz darauf besuchte ich diese Stelle und fand in jener Wucherung ein Nest mit 6 Eiern des Gartenrotschwanzes, nachdem das Q kurz zuvor herausflog. Etwa in der Mitte dieses Hexenbesens befindet sich eine gröfsere Öffnung, von der ein Gang etwas seitlich biegend bis an den Stamm hinterführt; am Ende dieses so entstandenen kleinen Hohlganges stand das Nest; es befand sich also in diesem Fall nicht in einer eigentlichen Höhlung, sondern nur in dem allerdings sehr dichten wirren Zweiggeflecht jener Mifsbildung. DerHexenbesen befand sich etwa 1,50 m über der Erde. Wie mir Herr Dr. Schmidt mitteilte, war bereits im Vorjahr ein Nest dieser Vogelart darin. Erwähnt sei noch, dafs ich am 12. VI. die nackten Pulli, einige Zeit darauf das Nest jedoch leer fand. 121. Erithacus cyaneculus Wolf. Gundorf: Frühjahrzug: 15. — 22. IV. 1—2 St.; weifssternige und Wolfsche 9%, © bez. Junge; am 15. IV. wurde ein Wolfsches 9° stets von einem Q der Rohrammer gefolgt. Herbstzug: 26. IX. 1 Q bez. Junges. 1) Darüber habe ich bereits im Biolog. Centralblatt berichtet. Bd. XXVII. (1908) S. 757, 758.) 364 Erich Hesse: Während Juni und Juli habe ich mehrmals bis Mitternacht an den Rohrbacher Teichen geweilt. Bis dahin liefsen sich, wie z. T. schon oben erwähnt, noch hören: Colymbus grisegena, Ü. nigricollis und C. nigricans, und zwar auch die Jungen; Kallus, Crex; Fulica nebst Jungen; Ardelta; Coturnix; Acrocephalus arundinaceus und A. schoenobaenus, während A. streperus mit seiner belegten Stimme nur vereinzelt einstimmte. (A. palustris sang ebenfalls bis Mitternacht, jedoch, wie oben gesagt, weit ab in einem Roggenfeld). Ferner habe ich um diese Zeit Stimmen vernommen, deren Herkunft unbekannt und deren Deutung unmöglich war, über die ich aber im nächsten Sommer Aufklärung zu finden hoffe. Am Schlufs sei noch folgendes angefügt. Am 2. X. erhielt unser Zoolog. Garten einen Polartaucher (Urinator arcticus L.), der bei Geithain, (ca 5 Meilen südöstl. von Leipzig), angeblich auf der Stralse, ergriffen und lebend gefangen worden war. Der Vogel starb am folgenden Tag, und da er zum Ausstopfen un- tauglich war, konnte ich wenigstens den Schädel in meine Samm- lung zu Schnabeluntersuchungen einreihen. Es war ein junger Vogel, dessen Mafse folgende waren: Gesamtlänge 63,2 cm; Fittichl. 28,4; Schwanzl. 7; Schnabell. 5,3; Lauf 7,5; Zehenl. 9; Nagell. 0,9. Dieses Exemplar würde also ein Belegstück für die weitere Umgegend Leipzigs sein; für die nähere habe ich in meinem vorläufigen Verzeichnis!) nur das in den sächs. Jahresber. er- wähnte 1888 bei Schleußsig erlegte Stück aufgeführt. Nun bemerkt ferner Naumann bei dieser Species Bd. XII, S. 428: „In unsre Hände kamen ... ein alter prächtiger Vogel aus der Gegend von Leipzig; .... .“ und weiter Chr. L. Brehm in seinem Hand- buch der Naturgesch. aller Vögel Deutschlands (Ilmenau 1831) auf Seite 974: ,,. . ein alter Vogel wurde im Februar 1827 bei Leipzig ... . geschossen“ und dazu als Anmerkung: „Alle von mir früher untersuchte im Übergange begrifiene Polartaucher waren junge Vögel, erst bei der herrlichen Sammlung des Hrn. Plofs zu Leipzig sah ich einen alten im Winterkleide.‘ Was bedeuten nun aber die unglücklichen ungenauen Angaben „aus der Gegend von“ und „bei“? Dies sind sehr dehnbare Begriffe; in ein bestimmt begrenztes Gebiet, z. B. in das eben erwähnte der näheren Umgegend von Leipzig, kann man derartige Vorkommnisse kaum oder nur mit Vorbehalt aufnehmen, da man ja gar nicht weils, ob die betreffenden Fundorte nicht vielleicht noch weit aufserhalb ebendieses Gebietes liegen; und gewisse Grenzen, seien es nähere, seien es weitere, müssen ja doch für die Einzelgebiete gezogen werden. Wäre eben noch eine kleine Ortschaft oder 1) Journ. f. Orn. 08, S. 260 fi. a Beobachtungen u. Aufzeichnungen von Leipzig im Jahre 1908. 365 dgl. genannt, so würden die Fundorte in unserm dem weiten Bereich einer Grofsstadt angehörenden Gebiet festgelegt sein. Die genaue Herkunft dieser beiden Taucher bleibt somit ungewils, ebensowie, ob diese beiden Vorkommnisse nicht gar etwa identisch sind. Dem schon mehrfach erwähnten 85jährigen Herrn H. Kunz- Leipzig, den ich über die von Brehm angeführte Sammlung be- fragte, war weder diese noch ihr Besitzer bekannt. Vielleicht sind uns mit ihr viele Seltenheiten aus alter Zeit verloren gegangen. Bemerkungen zu den von E. Weiske in Britisch-Neu-6uinea und Nord-Queensland gesammelten Vogelbälgen. Von Dr. Moriz Sassi (Wien). Bei der Sichtung der durch Schenkung des Hrn. Hofrat Dr. Steindachner in Besitz des k. k. Hofmuseums in Wien gelangten Vogelbälge, die E. Weiske in den Jahren 1895 bis 1900 in Nord-Queensland und Britisch-Neu-Guinea gesammelt hat, er- gaben sich mancherlei interessante Beobachtungen, die ich im Folgenden wiedergeben will. 1. Astur fasciatus Vig. & Horsf. (Urospisias approximans Vig. & Horsf.), Nord-Queensland (1 Stück). 2. Accipiter cirrhocephalus Vieill., Nord-Queensland (1 Stück); diese beiden sind nach dem Verzeichnis, das der Sammlung bei- lag, wohl durch ein Versehen als Aceipiter cirrhocephalus Vieill. bezeichnet, die geringe Gröfse des einen Stückes ist aber in der Liste hervorgehoben. Nun erwähnt Hartert in Nov. Zool. XII. 1905, p. 208, dafs das J' von Astur fasciatus Vig. & Horsf. vom Q von Accipiter cirrhocephalus Vieill. abgesehen vom kleineren Schnabel des letz- teren nur durch Jie Länge der Zehen unterscheidbar ist. Die innere Zehe ohne Klaue von Astur fasciatus reicht über das erste Gelenk der Mittelzehe, oft bis zum zweiten, bei Accipiter cirrhocephalus nur bis zum 1. Gelenk. Nach diesem Merkmal mufs der gröfsere der beiden Weiske-Bälge Astur fasciatus sein. Auch die Länge des Schwanzes, sowie der Vergleich mit einigen Stücken beider Arten in der Balgsammlung des k. k. Hofmuseums bestätigen meine Ansicht. 3. Nisaötus morphnoides Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 4. Ninox boobook Lath.? Nord-Queensland (1 Stück). Nach dem Verzeichnis soll dieses Stück Ninox maculata Vig. & Horsf. sein, was aber wegen des Mangels einer weilsen Fleckung an der ganzen Oberseite (es findet sich nur an den Schulterfedern eine solche) nicht richtig sein dürfte. Nach dem Vergleich mit einigen Stücken aus der Sammlung bin ich eher 366 Dr. Moriz Sassi: der Ansicht, dafs der vorliegende Balg Ninox boobook iuv. ist, ohne aber ein abschliefsendes Urteil hierüber abgeben zu wollen, da einige Punkte in der diesbezieglichen Beschreibung im British- Cat., wie die Flecken der Flügeldecken, der Oberschwanzdecken und die Bänderung der mittleren Schwanzfedern nicht oder nur teilweise zutreflen. 5. Ninox novae-zealandiae Gm.? Nord-Queensland (1 Stück). Das Stück ist nach Weiske Ninox peninsularis Salvad., diese Species soll nun ganz ähnlich Ninox connivens Lath. sein, nur dunkler, kleiner und mit röstlichen Läufen. Das auffallend deut- liche Fleckenhalsband des vorliegenden Exemplars würde keines- wegs mit N. connivens, also wohl auch nicht mit N. peninsularis stimmen. H Die meiste, fast einwandsfreie Übereinstimmung zeigt der Weiske-Balg mit der Beschreibung im Cat. und einigen Vergleichs- stücken von Ninox novae-zealandiae Gm., ferner ist in der hiesigen Sammlung ein als Ninox maculata Vig. & Horsf. bestimmtes Stück von der Moreton-Bay (Ost-Queensland), das einerseits nach der Beschreibung von N. maculata im Cat. kaum richtig bestimmt sein dürfte, andererseits mit Ninox novae-zealandiae und dem Weiske-Balg aus Nord-Queensland sehr gut übereinstimmt. Es wird sich erst bei Durchsicht gröfseren Materials zeigen, ob in Australien eine der Ninox novae-zealandiae sehr nahe stehende, wenn nicht mit ihr identische Species existiert. 6. Ninox connivens Lath.? Nord-Queensland (1 Stück). Die Zeichnung würde bis auf einige Abweichungen in der Fleckung der Flügel mit der Beschreibung stimmen nur ist der Balg von einer ausgesprochen graubraunen, ziemlich lichten Farbe; da ich vorläufig den Balg nicht mit anderen Stücken dieser Species vergleichen konnte, so ist die Bestimmung vorerst noch fraglich. 7. Ninox strenua Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 8. Strix flammea delicatula Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 9. Strix tenebricosa arfaki Schl., Br. Neu-Guinea (ein. Stück: Astrolabe Gebirge), (2 Stück). Nach Dubois kommt in Australien nur Striz tenebricosa Gould, in Neu-Guinea nur Sirix arfaki Schl. vor. Nach Nov. Zool, XIV. 1907, p. 445, ist Sirix arfaki eine Subspecies von Strix tenebricosa und dunkler und gröfser als diese. Nach der Originalbeschreibung ist Sirix arfaki aber kleiner als Strix tene- bricosa. Die beiden Weiske-Bälge sind nun der Total- und der Flügellänge noch kleiner als Strix tenebricosa (nach Cat.), die Schwanzlänge ist auch geringer, näher sich aber der des kleineren Stückes im Cat, mit demselben stimmt auch die Tarsallänge der vorliegenden Bälge. Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 367 Die in der Originalbeschreibung von Strix arfaki angeführten Mafse sind zwar viel kleiner als die der Weiske-Bälge, dafür stimmt die grofse Deutlichkeit die Rückentlecke. i Im Verzeichnis der Weiske-Collection sind die beiden Bälge als Strix tenebricosa Gould angeführt, dem Fundort nach müssen sie aber wohl Sirix tenebricosa arfaki Schl. sein. 10. Phonygammus jamesi Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück). Dubois, sowie Rotschild und Hartert identificieren Ph. jamesi Sharpe mit Ph. purpureoviolacea A. B. Meyer. Dieser Ansicht kann ich soweit es den Weiske-Balg betrifft: zu stimmen, da auf diesen auch die Beschreibung von Ph. purpureoviolacea sowohl in der Monagraphie Sharpes, als der Zeit. ges. Orn. II. p. 375 von Meyer palst, ebenso die Abbildung bei Meyer, dagegen nicht die bei Sharpe. 11. Oriolus striatus Q. G., Br. Neu-Guinea (1 Stück). 12. Oriolus viridis Lath., Nord-Queensland (1 Stück). 13. Sphecotheres salvadorii Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück). 14. Sphecotheres flaviventris Gould, Nord-Queensland (1 Stück). Die im Brit. Cat. erwähnten, in P. Z. S. 1849. p. 111 nicht erwähnten grünlichen Säume der Schwanzfedern und beim Weiske- Balg und bei einer Anzahl der Vergleichsstücke aus der hiesigen Sammlung nicht vorhanden; sie stolsen sich offenbar bald ab und sind nur bei frischvermauserten Tieren zu sehen. Auch die in Cat. erwähnten weilsen Schenkel scheinen nicht immer zuzutreffen, da beim vorliegenden Stück und auch bei anderen die Schenkel grau und aufsen undeutlich grünlich oder gelblich verwaschen sind. Von allen Vergleichsstücken hier im Hofmuseum unterscheidet sich aber der Weiske-Balg dadurch, dafs das Grün der Brust- seiten sich, wenn auch mit Gelb untermischt, quer über die ganze Oberbrust zieht und ein deutliches, grünlichgelbes, 1—1!/, cm breites Brustband bildet: auch die Körperseitenu sind stark grünlich. 15. Chaetorhynchus papuensis A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (1 Stück v. Aroa Flufs) (3 Stück). 16. Rhectes cirrhocephalus dichrous Bp., Br. Neu-Guinea (1 Stück). 17. Khectes critatus Salvad., Br. Neu-Guinea (1 Stück Arao Flufs) (2 Stück). 18. Rhectes ferrugineus clarus A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (1 Stück.) 19. Collurieincla brunnea Gould, Nord-Queensland (1 Stück). Nach dem beiliegenden Verzeichnis als ©. pallidirostris Sharpe bestimmt, welche Art aber eine röstlich gestrichelte Brust haben soll, was für den Weiske-Balg nicht stimmt. 368 Dr. Moriz Sassi: 20. Colluricincla rufogastra Gould, (2 Stück). Nach den Angaben von Weiske sind die Bälge aus Br. Neu- Guinea; nach dem Brit. Cat. und Dubois kommt diese Art nur in Nord- und Nordost-Australien vor; andererseits ist hier in der Sammlung ein Balg dieser Species, der auch aus Br. Neu-Guinea stammt (Coll. Hunstein). Eine definitive Bestimmung dieser drei Colluricinclabälge kann erst nach Vergleich mit entsprechendem Material erfolgen. 21. Graucalus caeruleigriseus Gray, Br. Neu-Guinea (1 Stück v. Aroa Flufs) (2 Stück). 22. Graucalus melanops Lath., (2 Stück) (1 Stück aus Nord- Queensland, 1 Stück nicht sicher, ob eben daher oder aus Br. Neu-Guinea). 23. Edolüsoma melas meeki Rothsch. & Hart., Br. Neu-Guinea (1 Stück). Nach dem Weiske-Verzeichnis wäre dieser Balg Edoliisoma melas graciliroste n. sp.; Da aber weder der Autor noch der Ort der Publication eruierbar, so ist diese „n. sp.“ nicht zu berücksichtigen. Weiske schrieb mir, die Sammlung sei von Prof. Reichenow durchgesehen worden, während dieser, wie er mir schreibt, die Collection zwar in gröfster Hast durchbestimmt, dabei einige Arten neu benannt hat, aber E. m. gracilirostre nicht kennt. 24. Edoliisoma tenuirostre Jard., Nord-Queensland (1 Stück). 25. Edolisoma poliopsa Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück). Nach Weiske E. schisticeps Gray, da aber beim Q dieser letzteren Species (der Weiske Balg ist auch ein 2) die Ohrdecken und Kopfseiten „rufous with dull fulvous shaft-streakes“ sein sollen, so stimmt das keineswegs mit dem vorliegenden Stück, welches die Kopfseiten, Ohrdecken, Kinn und zwei vom Kinn aus divergierende, teils unterbrochene, bis in die Höhe der Ohrdecken- basis an der Kehle verlaufende Streifen auch schiefergrau hat; die Ohrdecken haben einen schwachen bräunlichen Schimmer und sind auch unauffällig, aber deutlich licht graugelblich gebändert. Es kann der vorliegende Balg also nur Edolüsoma poliopsa Sharpe © (J. L. S. XVI. 1882. p. 318.) sein, wenn auch in der sehr kurzen Diagnose die Streifung der Ohrdecken unerwähnt ist. Der Fundort stimmt auch. 26. Lalage tricolor Sw., Nord-Queensland (1 Stück). 27. Lalage karu polygrammica Gray, Br. Neu-Guinea (1 Stück). Der Brit. Cat. und Dubois identificiert L. polygrammica Gray mit L. karu Less. & Garn., Rothsch. & Hart. trennen beide Species. Der vorliegende Balg ist, falls die Trennung aufrecht erhalten bleibt, nach Fundort, Stärke der Brustbänderung und tieferer Nuance des Rostrot am Abdomen als L. karu polygrammica Gray anzusehen (P. Z. S. 1858. p. 179.). Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 369 28. Microeca flavigaster Gould, Nord-Queensland (1 Stück). Nach der Weiske-Liste als M. flavivirescens Gray bestimmt, was sich aber besonders nach Vergleich mit einigen Stücken aus dem Tring-Museum als irrtümlich erwies. 29. Heteromyias cinereifrons Rams., Nord-Queensland (1 Stück). 30. Heteromyias armiti Vis., Br. Neu-Guinea (1 Stück v. Aroa Fl.) (2 Stück). Das eine der beiden vorliegenden Stücke stimmt mit der Tafel XIII. in Nov. Zool. X. (p. 467.) überein; das andere Exemplar hat das Schwarz des Oberkopfes, sowie das Weils der Kehle und des Vorderhalses stark mit rostrot untermischt; ebenso ist das Weils über den Ohrdecken (mit Ausnahme einiger wenigen Federn) und über und unter den Augen, sowie das Schwarz der Ohrdecken rostrot bis rostbraun; auch an den Flügeldecken zeigen sich rostbraune Ränder. Da man aber überall an den genannten Stellen die endgiltige Färbung sich entwickeln sieht, so ist der zweite Balg offenbar der eines jungen Vogels, der noch nicht ganz ausgefärbt ist. 31. Poecilodryas hypoleuca Gray, Br. Neu-Guinea (Kabadi Ebene) (1 Stück). 32. Poecilodryas bimaculata Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 33. Poecilodryas albinotata Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). Als Fundort ist bisher scheints nur Nord-West-Neu-Guinea senannt, noch nicht Süd-Ost-Neu-Guinea. Der vorliegende Balg ist der eines jüngeren Vogels, da er an Wangen, Ohrdecken, Hinterkopf, Schulterfedern, Flügeldecken und Körperseiten rostgelbe Flecken als Reste des Jugendkleides hat (Vergl. Nov. Zool. X. p. 467). 34. Poecilodryas pachydemas Rchw., Br.-Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). Nach Etikette am Balg: „nov. spec.“ 35. Poecilodryas caniceps Vis., Br.-Neu-Guinea (Aora Fl.) (1 Stück). 36. Todopsis cyanocephala Q. G., Br. Neu-Guinea, (2 Stücke von St. Josephs Fl.) (3 Stück). 37. Todopsis wallacei Gray, Br. Neu-Guinea (1 Stück). 38. Malurus dorsalis Lewin, Nord-Queensland (1 Stück). 39. Malurus albiscapulatus naimii Salvad. & d’Alb.,, Br. Neu- Guinea (1 Stück). Diese Subspecies ist weder im Brit. Cat., noch im Dubois auf- genommen, da die Originalbeschreibung von einem Q oder iuv. genommen ist, deren Zugehörigkeit nicht feststand. Rothsch. & Journ. f. Orn. LVIL Jahrg. Juli 1909, 25 370 Dr. Moriz Sassi: Hartert erkennen diese Subspecies an (Nov. Zool. X. p. 478) u. z. mit Rücksicht auf die geringere Flügellänge und den Fundort. Der Weiske-Balg stimmt in diesen beiden genannten Punkten mit den Angaben von Rothsch. & Hartert überein. (Fl. 46°5 mm). 40. Khipidura atra Salvad., Br. Neu-Guinea (1 Stück vom Aroa Fl.) (3 Stück). 41. Rhipidura rufifrons Lath., Nord-Queensland (1 Stück). 42. Rhipidura setosa gularis Müll. & Schl., Br. Neu-Guinea (St. Joseph Fl.) (1 Stück). 43. Rhipidura hyperythra Gray, Br. Neu-Guinea {1 Stück). 44. Myiagra plumbea et rubeculoides Vig. et Horsf., Br. Neu- Guinea (St. Joseph Fl.) (1 Stück). 45. Machaerirhynchus flaviventer Gould, Nord-Queensland (3 Stück). 46. Machaerirhynchus xanthogenys Gray, Br. Neu-Guinea (Astro- labe Geb.) (1 Stück). 47. Moachaerirhynchus nigripectus Schl., Br. Neu-Guinea (1 Stück: Aroa Fl.) (2 Stück). 48. Arses kaupi Gould, Nord-Queensland (3 Stück). 49. Monarcha chalybeocephalus Garn. Br. Neu-Guinea (St. Joseph Fl.) (1 Stück). 50. Monarcha trivirgatus gouldi Gray, Nord-Queensland (2 Stück). 51. Monarcha leucotis Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 52. Monarcha melanonotus Sel., Br. Neu-Guinea (Kabadi-Ebene) (2 Stück). 53. Monarcha melanopsis Vieill., Nord-Queensland (2 Stück). 54. Monarcha periophthalmicus Sharpe, Br. Neu-Guinea (2 Stück). 55. Peltops blawnvillei Less. et Garn. Br. Neu-Guinea (i Stück Aroa Fl.) (2 Stück). Die Schnabelmafse der vorliegenden Stücke sind etwas ge- ringer als die im Brit. Cat. angeführten, die übrigen eher gröfser. Da mir die Literatur von Peltops blainvillei minor Vis. (Ann. Rep. Br. New. Guin. 1894. App. p. 100) aus Süd-Ost-Neu-Guinea nicht zugänglich ist, so kann ich über die eventuelle Zugehörigkeit der Weiske-Bälge zu dieser Subspecies nicht urteilen. Übrigens führt Rothsch. und Hart. (Nov. Zool. X. p. 454) auch aus Br. Neu-Guinea echte Peltops blainvillei Less. & Garn. an. 56. Oreocincla heinei Cab.? Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). Der vorliegende und der anscheinend noch nicht bestimmte, aus Tring mir zum Vergleich zur Verfügung gestellte Balg (beide von E. Weiske gesammelt) stimmen mit den typischen Merkmalen Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 371 von Oreoeincla heinei Cab. überein, während die Mafse mehr auf O. papuensis Seebohm weisen. Da dem hier im Museum be- findlichen Stück die äufsersten Schwanzfedern fehlen, so war eine Bestimmung erst durch den Balg aus dem Tring-Museum, der denselben Fundort hat, möglich. Von ©. papuensis Seebohm unterscheiden sich die beiden Weiske-Bälge durch die nur schwach ausgeprägten lichten, subterminalen Flecken des Oberkopfes und vor allem dadurch, dafs die Innenfahne der Schwingen an ihrer basalen Hälfte weifs und nicht „buff“ ist. Auf O. papuensis Seebohm würden dagegen der Fundort (O. heinei soll nur in Australien vorkommen) und, wie gesagt, die Malse hinweisen, die sich, wie folgt, verhalten: Flügel. Schwanz. Schnabel. Lauf. O. heinei 119-38—132-08 mm, 86:36—96 52, 27-94-3175, 29:21-29:97. Flügel. Schwanz. Schnabel. Lauf. OÖ. papuensis 111.276:mm, 77:47, '.24.:13,, 428245 Weiske-Balg Wien: 2 115 mm, 84, 24, 28°5. Hi Melrng:9o 117 mm, 8, 24, 28. Ramsay hat nach Seebohm (Monogr. of Turd.) auch O. heinei für Süd-Ost-Neu-Guinea genannt, was aber Seebohm auf eine Verwechselung mit ©. papuensis zurückführt. Falls sich nun bei gröfserem Material in Bezug auf die Malse Übergänge von den Weiske-Bälgen zu O. heinei ergeben, so glaube ich, dafs man dann diese Form auch für S.0. Neu- Guinea annehmen kann; tritt dieser Fall nicht ein, so wäre wohl eine neue Subspecies von O. heinei aufzustellen. 57. Megalurus macrurus Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 58. Sericornis citreogularis Gould, Nord-Queensland (1 Stück). Nach dem Vergleich mit 2 Bälgen aus Tring ist die Be- stimmung des vorliegenden Balges kaum mehr zweifelhaft, ob- wohl einige Abweichungen von der Beschreibung im Brit. Cat. vorhanden sind; so sind die lichten (dull whitish) Spitzen der mittleren Flügeldecken beim Weiske-Balg und bei einem der Tring- Bälge nicht zu sehen, ferner sind die Unterschwanzdecken bei dem hiesigen Balg und auch bei einem der Bälge aus Tring nicht weils, sondern weils mit einem breiten rostbräunlichen Querband. Das eine Stück aus Tring hat übrigens auch grünlich olivebraune Ohrdecken statt schwarze. Mit Sericornis gutturalis Vis, wofür mir keine Literatur zugänglich war, konnte ich den vorliegenden Balg noch nicht vergleichen. 59. Sericornis nigrorufa Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 60. Orthonyx spaldingi Rams., Nord-Queensland (2 Stück). 61. Cinclosoma ajax Temm., Br. Neu-Guinea, (St. Josephs Fl.) (2 Stück). 25* 372 Dr. Moriz Sassi: Das eine Stück ist im Verzeichnis als @ angegeben, da aber die Flügeldecken teilweise schwarz sind ünd auch am Vorder- hals und der Brust schwarze Federn auftreten, dürfte dieser Balg ziemlich sicher ein junges J' sein. 62. Ifrita coronata Rothsch., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 63. Eupetes nigricrissus Salvad., Br. Neu-Guinea (Kabadi Ebene) (1 Stück). 64. Eupetes castanonotus pulchra Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück: Astrolabe Geb.) (2 Stück). Nach Ann. Mus. Civ. Gen. XXXVI. 1896 (2. Serie XVI) p- 100 stellt Salvadori Eupeies castanonotus pulchra Sharpe wieder auf, nachdem Sharpe selbst diese Subspecies im Br. Cat. VII p. 341 eingezogen hat (vergl. Nov. Zool. X. p. 229). Die Merkmale für die genannte Subspecies sowie ihr Fundort passen sehr gut auf die Weiske-Bälge. 65. Eupetes incertus Salvad.? Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (2 Stück). Der Fundort ist nach Dubois N. W. Neu-Guinea, während die vorliegenden Stücke aus S.O. Neu-Guinea sind. Die dunklen Ränder der weifsen Kehlfedern finden sich nur an den Kehlseiten, während die Kehlmitte einfarbig weifslich ist. Die Schnabel- und Laufmalse sind etwas länger als die im Cat. angegebenen. Erst nach Vergleich mit anderem Material kann eine definitive Bestimmung aufgestellt werden. 66. Eupetes loriae Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (2 Stück). Nach dem Verzeichnis als Eupetes leucostictus bestimmt; Rotsch. & Hart. falst Eupetes loriae als Subspecies von E. leucostictus auf. (Nov. Zool. X. p. 230). 67. Drymoedus beccarii Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (2 Stück). Die licht-gelblich-braunen Spitzen der Rumpffedern an den 2 Weiske-Bälgen und an dem einen Tring-Balg sind für Drymoedus beccarii Salvad. weder im Brit. Cat. noch bei Salvadori erwähnt. Dagegen findet sich dieses Merkmal in der Beschreibung von Drymoedus brevirostris Vis im Ibis 1897, p. 386, welche Be- schreibung aber keine nennenswerten Unterschiede von der von D. beccarii aufweist bis auf den kurzen Schnabel (13 mm gegen- über 19:05 u. 18 mm für D. beccarü bei Salvadori und im Brit. Cat... Da nun die zwei Stücke von Weiske eine Schnabellänge von 17°5 und 20°5 mm, der Balg aus Tring von 20 mm haben, so sind sie wohl trotz der lichten Rumpffederspitzen als Drymoedus beccariüi Salvad. aufzufassen. Die Beschreibung von Drymoedus brevicauda Vis (Rep. Orn. Coll. p. 5.) war mir leider nicht zugänglich. 68. Psophodes crepitans lateralis North, Nord-Queensland (2 Stück). u acer au Ma ee Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 873 69. Pomatorhinus temporalis Vig. & Horsf., Nord-Queensland (2 Stück). Nach dem Weiske-Verzeichnis als P. rubeculus bestimmt. Bemerkenswert an den beiden Bälgen ist nur, dafs die Brust nicht weils, sondern schmutzig ceremefarbig ist und dafs der graue Kopfstreif an der Stirne schmäler ausläuft als an den zwei Stücken aus Tring. 70. Pomatorhinus isidorii Less., Br. Neu-Guinea (1 Stück: St. Joseph-Fl.) (2 Stück). 71. Crateroscelis murina 'lemm., Br. Neu-Guinea (1 Stück). 72. Cracticus quoyi rufescens Vis, Nord-Queensland (1 Stück). Nach Nov. Zool. XII p. 228 ist der vorliegende Balg als Cr. qu. rufescens Vis zu bestimmen. 73. Oracticus leucopterus Gould, Nord-Queensland (1 Stück). War im Weiske-Verzeichnis als Or. destructor bestimmt. 74. Eopsaltria australis White.? Nord-Queensland (3 Stück). In Goulds Handbook to the Birds of Australia I. p. 293. heifst es von den 9, dafs der Rumpf olivfarbig ist, statt gelb. Im Brit. Cat. ist die von Gould in den P. Z. S. 1837, p. 144 beschriebene Species Eopsaltria parvula als Weibchen von E. australis aufgefalst, welche Form Kehle und Vorderhals grau haben soll. Die zwei vorliegenden @ haben zwar olivenfarbige Bürzel, aber die Färbung von Kehle und Hals ist so wie beim o' (Kinn und obere Kehle weifslich, Rest der Unterseite gelb), nur weniger lebhaft, stimmen also mit der Beschreibung von Gould für die Q von E. australis überein. Von Tring erhielt ich zwei Bälge mit olivfarbigem Bürzel, die aber als 0‘ bestimmt sind. Es gibt also entweder eine Form, deren 9! einen gelben Bürzel haben und deren @ einen olivfarbigen Bürzel haben (E. australis), dann ist E. parvula nicht das @ von E. australis und die Geschlechtsbestimmung der beiden Tring-Bälge ist nicht richtig; oder die Form mit grauer Kehle und ebensolchem Vorderhals (E. parvula) ist das @ von E. australis, dann ist entweder die gelbbürzelige Form das 9‘ und die sonst (bis auf die Bürzelfärbung) sehr ähnlichen Stücke etwas anderes und die Namensbestimmung der Tringbälge nicht richtig oder die oliv- bürzelige Form ist das 9‘, dann ist die Geschlechtsbestimmung der Weiske-Bälge falsch und die gelbbürzelige Form etwas anderes. Die Bestimmung dieser Stücke ist also noch nicht ganz sicher. 75. Pachycephala schlegeli obscurior Hart., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 76. Pachycephala fretorum Kent., Nord-Queensland (1 Stück). Nach der beiligenden Liste als P. queenslandica Rchw. bestimmt; da aber Dubois diese beiden Species indentificiert, 374 Dr. Moriz Sassi: was übrigens auch Reichenow (Ornit. Monatsber. 1899, p. 8) als möglich annimmt, so benenne ich das vorliegende Stück P. fretorum Kent. Von den Punkten, in denen sich P. queenslandica von P. melanura unterscheiden soll, treffen abgesehen von der Schwanzfärbung, die Schnabellänge und der Fundort ein. Das obere Drittel der Schwanzfedern ist olivegrün verwaschen. Ein schwarzer kleiner Kinnfleck wie bei P. gutturalis Lath. ist nicht zu bemerken. 77. Fachycephala soror Scl., Br. Neu-Guinea (2 Stück: Aroa Fl.) (3 Stück). 78. FPachycephala falcata Gould, Nord-Queensland, (2 Stück). In der Weiske-Liste als P. pallida bestimmt, was wegen der Färbung der Unterseite nicht stimmt, da diese bei P. »allida „white, faintly tinged with light creamcolour‘‘ sein soll, die Weiske-Bälge aber eine ausgesprochene licht bräunliche Unterseite haben. Der eine der Bälge hat verhältnismäfsig dunkle Zügel und Ohrdecken, aber doch nicht so dunkel wie bei den Bälgen von P. rufiwentris Lath., die ich zum Vergleich von Tring bekommen habe. Auch die Bauchfärbung dieser letztgenannten Species ist entschieden röstlicher als die von P. falcata. Ich denke daher, dafs die Weiske-Bälge doch P. falcata Gould sind, und nicht P. rufiventris Lath, obwohl nach Nov. Zool. XI. p. 230 in Nord-Queensland keine echten P. falcata Gould vorkommen sollen. 79. Pachycephala rufinucha gamblei Rothsch., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (2 Stück). In der Weiske-Liste als P. rufinucha bestimmt, aber (abgesehen vom Fundort) reicht das Braun des Hinterkopfes bis in die Mitte des Schädels, wie dies für P. rufinucha gamblei beschrieben ist, und dann stimmt die Färbung der Stirnfedern (weifs, meist mit dunkler Mitte) mit den Angaben Rothschilds überein, während nach demselben Autor diese Federn bei P. rufinucha rufinucha „uniform whitish grey“ sind (Salvadori: Stirn weilslich). 80. Pachycephala leucostigma Salvad., Br. Neu-Guinea (1 Stück: Aroa Fl.) (2 Stück). Die vorliegenden Stücke stimmen gut mit der Beschreibung von Salvadori in Ornit. Pap. e. Molucche, wogegen im Brit. Cat. nicht bemerkt ist, dafs die Strichflecke der Oberseite gegen hinten zu roströtlich werden und die Federn der Unterseite nicht nur dunkel quergebändert, sondern auch dunkel gerandet sein können. Beim © aus Tring sind diese röstlichen Rückenstriche zwar schwach, aber doch deutlich erkenntlich. 81. Pachycephala (Pachycephalopsis) poliosoma Sharpe, Br. Neu- Guinea (1 Stück: Aroa Fl.) (2 Stück). PP VE EEE TE N Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 375 82. Pachycare flavogriseu A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 83. COlimacteris placens Scl., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (2 Stück). 84. Climacteris scandens Temm., Nord-Queensland (Baron FI.) (1 Stück). Nach der Weiske-Liste soll der Balg Climacteris weiskei nov. sp. Rchw. sein, was aber nicht stimmt. 85. Neositta (Sitella) striata Gould, Nord-Queensland (2 Stück). Laut Br. Cat. und Tierreich (Hellmayer) ist es nicht sicher, ob die Stücke mit schwarzer Kehle 0‘ sind und die mit weilser, dunkelgestrichelter Kehle @ oder umgekehrt. Der eine der vorliegenden Bälge ist ein noch nicht ausgefärbtes Exemplar mit schwarzer Kehle; der schwarze Oberkopf hat in der Mitte, am Vorderkopf und über den Augen braune Federn, die terminale weifsliche Schaftflecken haben; nach dem Brit. Cat. haben die jungen Vögel dunkelbraunen Kopf. 86. Cyrtostomus frenata S. Müll., Nord-Queensland (3 Stück). 87. Mysomela rosenbergi Schl., Br. Neu-Guinea (1 Stück: Aroa Fl.) (5 Stück). Im Brit. Cat. heilst es: uppertailcoverts brilliant scarlet; bei Salvadori (Orn. Pap. II. p. 294.): Oberschwanzdecken schwarz, welch letztere Angabe für die zwei 0'0' stimmt, während bei dem © und einem der jungen Stücke die braunen Oberschwanzdecken etwas mit rot gemischt sind. 88. Myzomela pectoralis Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 89. Mysomela nigrita Gray, Br. Neu-Guinea (Astrolabe-Geb.) (1 Stück). 90. Myzomela eruentata A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 91. Mysomela eques nymani Rothsch. & Hart., Br. Neu-Guinea (Brown Fl.) (1 Stück). Im Weiske-Verzeichnis zwar als Myzomela eques angeführt, aber mit der treffenden Bemerkung, dafs der Kehlstreifen breiter ist. 92. Mysomela obscura Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 93. Acanthorhynchus tenuirostris Lath., Nord-Queensland (2 Stück). Das eine ausgefärbte Stück hat einen sehr blassen braunen Fleck am Vorderhals. Das zweite Exemplar ist im Verzeichnis nur als Acantho- rhynchus iuv. unter den Neu-Guinea-Bälgen angeführt, aber „Queensland ?“ beigesetzt, was auch richtig sein dürfte. Es ist ein noch unausgefärbter, junger Vogel, der mit einem iuv. der hiesigen Balgsammlung ganz übereinstimmt, 376 Dr. Moriz Sassi: 94. Zosterops lateralis vegeta Hart., Nord-Queensland (1 Stück). 95. Zosterops crissalis Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück: Astrolabe Geb.) (2 Stück). Nach dem Verzeichnis als ‚‚Zosterops albiventris Rchb. subsp. ?* angeführt. 96. Zosterops delicatula Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stick: Astrolabe Geb.) (2 Stück). 97. Melithreptus lumulatus albigularis Gould, Br. Neu-Guinea (1 Stück: St. Joseph Fl.) (2 Stück) Nord-Queensland (1 Stück). Der Balg aus Nord-Queensland ist in der Liste als Melithreptus lunulatus Shaw. angeführt; da er sich aber vor den beiden anderen Bälgen in nichts unterscheidet und so wie diese das Kinn rein weils hat, so ist er jedenfalls auch als M. lunulatus albigularis Gould aufzufassen. 98. Glycyphila ocularis Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 99. Ptilotis analoga orientalis A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea, (2 Stück), Nord-Queensland? (1 Stück). Nach der Liste Piilotis gracilis. Die Bestimmung dieser Bälge als P. analoga orientalis war mir erst nach Vergleich mit mehreren Stücken aus Tring möglich. Diese Subspecies ist nicht im Dubois enthalten (vergl. Journ. f. Orn. 1894 u. Nov. Zool. X.). Nord-Queensland ist zwar als Fundort für diese Subspecies nicht angegeben, doch kann ich keinen Unterschied zwischen dem Stück von diesem Fundort und den beiden anderen finden. 100. Ptilotis analoga Rchb. (subsp.?) (notata Gould?), Br. Neu- Guinea (St. Joseph Fl.) (1 Stück) Nord-Queensland (2 Stück). Nach Dubois mülsten dem Fundort nach die beiden Bälge aus N. Queensland P. a. notata Gould sein, der aus Br. Neu- Guinea P. a. analoga Rchb., ich kann aber keine Unterschiede zwischen den Bälgen finden. Die drei als P. analoga analoga bestimmten Stücke aus Tring sind etwas kleiner als die Weiske-Bälge; einer stammt vom Cap York, die zwei andern von Süd- und Südost-Neuguinea, letztere haben den Vermerk „notata Gould“. Bei der Unklarheit der Verhältnisse unterlasse ich es vorläufig, eine subspecifische Bestimmung vorzunehmen. 101. Ptilotis frenata Rams. Nord-Queensland, (2 Stück). 102. Ptilotis subfrenata Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). Nach der Weiske-Liste: „Pfilotis sp. nov.?“. Ohne mich aus Mangel an Vergleichsmaterial entscheiden zu wollen, halte ich aber diesen Balg für Pfilotis subfrenata Salvad. Der einzige Punkt, der mit der Beschreibung nicht stimmt, ist der, dafs der Vorderkopf grau sein soll, während bei dem Weiskebalg der ganze Oberkopf gleichmälsig gefärbt ist, die Basen grau, die Spitzen olivebräunlich; die Malse stimmen auffallend gut. Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 877 103. Ptilotis flavistriata Gould, Nord-Queensland (1 Stück). Nach der Liste: Ptilotis macleayana Rams. Nach Vergleich der beiden Originalbeschreibungen (Proc. Lin. Soc. N. S. Wales, 1. 1876, p. 10 und P. Z. S. 1875, p. 315) und der betreffenden im Brit. Cat. stimmt der Weiske-Balg besser mit P. flavistriata überein, bes. sind die Ohrdecken „hoary“ (silberig eisgrau), wie bei P. flavistriata und nicht „wax yellow“ wie bei P. macleayana. Übrigens sind die Unterschiede in beiden Beschreibungen gering und werden beide Species im Ibis 1900 (p. 633) von Robinson und Laverock identificiert (nicht so bei Dubois). Zwei Stücke von P. macleayana, die mir von Tring gesandt wurden, stimmen sehr gut mit dem Weiske-Balg überein und sind auch die meist sehr spärlichen Ohrdecken eher silberiggrau, als gelb. Auch hierüber kann nur ein gröfseres Material entscheiden. 104. Ptilotis polygramma Gray, Br. Neu-Guinea (2 Stück). 105. Ptilotis chrysops Lath., Nord-Queensland (1 Stück). 106. Ptilotis chrysotis saturatior Rothsch. & Hart., Br. Neu-Guinea (St. Joseph FI.) (1 Stück). Nach der Liste: Ptilotis chrysotis. 107. Piilotis flava Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 108. Ptilotis plumbea Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 109. Ptilotis cinerea Scl., Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). Da die Unterseite kaum gefleckt ist, so dürfte der Balg von einem jungen Vogel herrühren,; die Schulterfederu haben grünliche Ränder, was zwar im Brit. Cat. nicht erwähnt ist, aber bei einem Balg der hiesigen Sammlung auch etwas bemerkbar ist. 110. Ptilotis guisei Vis., Br. Neu-Guinea (1 Stück: Aroa Fl.) (2 Stück). Die Richtigkeit der Bestimmung konnte aus Mangel an der Literatur (Rep. Orn. Coll. 1894, p. 5) und an Vergleichsmaterial nicht controlliert werden. 111. Melilestes megarhynchus Gray, Br. Neu-Guinea, (1 Stück). 112. Melilestes poliopterus Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück). 113. Meliornis sericea Gould, Nord-Queensland, (2 Stück). 114. Entomyza eyanotis harterti Rob. & Lav., Nord-Queensland (2 Stück). Der schwärzliche Kehlbrustfleck hat einenleichten Silberglanz, der auch bei Entomysa cyanotis Lath. bemerkbar ist. Nach Vergleich der beiden Bälge von E. c. harterti mit Stücken von E. cyanotis aus der hiesigen Sammlung scheint bei der Subspecies E. ec. harterti der Kehlbrustfleck kleiner und weniger weit auf die Brust sich erstreckend zu sein als bei E. cyanotıs. 115. Philemon corniculatus Lath., Nord-Queensland (2 Stück). 378 Dr. Moriz Sassi: Nach dem Weiske-Verzeichnis: „Ph. corn. var. minor“. Da mir weder Weiske noch Reichenow über die Autorschaft und Literatur dieser Subspecies etwas mitteilen konnten, so mufs ich diese Subspecies als nichtexistierend betrachten, umsomehr, als die Mafse der Weiske-Bälge mit denen des Brit. Cat. stimmen. Ein Stück in der hiesigen Sammlung hat dunklere Brustseiten und überhaupt eine dunklere Oberseite, was aber, wie Rothsch. & Hart. (Nov. Zool. X, p. 449) für Ph. aruensis A. B. Meyer und für Ph.novae-guineaeS. Müll.angeben, vom Alter der Federn abhängt. 116. Philemon novae-guineae S. Müll., Br. Neu-Guinea (St. Joseph Fl.) (1 Stück). Nach der Weiske-Liste: „Philemon ähnlich novae-guineae, kleiner und blasser.‘ Nach den gröfstenteils kahlen Halsseiten (Schlüssel des Brit. Cat.) und den laut Brit. Cat. für Ph. buceroides Sw. charak- teristischen scharf zugespitzten, mit borstenförmigen Schaftenden versehenen Kopffedern hätte der Weiske-Balg als Ph. buceroides Sw. bestimmt werden müssen, obwohl als Fundort für Ph. buceroides Cape York angegeben wird. Aber sowohl die Form der Kopf- federn als die Nacktheit des Halses dürften Merkmale sein, die hier sehr vom Alter des Tieres und der Abnützung des Feder- kleides abhängen und sowohl bei Ph. novae-guineae als bei Ph. buceroides vorkommen. Schnabel- und Laufmalse des vorliegenden Stückes passen zu den für Ph. novae-guineae angegebenen. Der verhältnis- mäfsig lichtere Ton und der rötlichere Stich des Gefieders bei dem fraglichen Balg hängt, wie bei der vorhergehenden Species angeführt, vom Alter des Gefieders ab; frische Federn sind dunkler. Das Horn ist gleich dem von Stücken von Ph. novae-guineae und Ph. timoriensis S. Müll. aus der hiesigen Sammlung und kleiner als das von Ph. buceroides. Mit Ph. aruensis A. B. Meyer (Zeitschr. f. d. ges. Ornith. 1884 p. 216), welchen Rothsch. & Hart. mit J’h. novae-guineae identificiert, würde der Umstand, dafs der Schwanz kürzer als der von Ph. timoriensis ist, stimmen. Was Ph. novae-guineae subtuberosa Hart. von der Fergusson- Gruppe betrifft, so soll sich diese Subspecies nach Nov. Zool. Ill. p. 238 durch kleineren Höcker und kaum oder gar nicht sichtbare blasse Schwanzfederenden von Ph. novae-guineae unter- scheiden. Der Weiske-Balg hat aber den Höcker so wie die Vergleichsstücke von Ph. novae-guineae, der Schwanz ist dagegen so abgestofsen, dafs man nichts über die Färbung der Feder- enden sagen kann. Ich glaube, dafs der vorliegende Balg als Philemon novae- guineae S. Müll. zu bestimmen ist. Übrigens scheinen mir die Unterschiede der Formen Ph. buceroides Sw., Ph, timoriensis S. Müll. und Ph. novae-guineae Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 379 S. Müll. vielfach auf variablen Merkmalen des Alters und der Jahreszeiten zu beruhen. 117. Melidectes torguatus emilü A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (3 Stück). Wie Meyer (Zeitsch. f. d. ges. Orn. III. 1886 p. 22) erwähnt, ist M. torguatus emilii deutlich von M. torquatus Scl. zu unter- scheiden, wie auch die der Originalbeschreibung beigegebene Ab- bildung von M. torquatus (P. Z. S. 1873) zeigt. Gadow beschreibt im Brit. Cat. unter dem Namen M. torquatus Scl. nicht diese Form, sondern M. torquatus emilii A. B. Meyer, wie auch schon Sharpe im Journ. Linn. Soc. XVI. 1882, p. 438 getan hat. Der eigentliche M. torquatus Scl. ist im Br. Cat. gar nicht enthalten, und die dort sich findende Beschreibung muls auf M. torquatus emili A. B. Meyer bezogen werden. M. tor- quatus unterscheidet sich dadurch von M. t. emili, dafs die Brust bei ersterem weils ist und nur unterhalb der schwarzen Binde ein zimmtfarbener Anflug vorhanden ist, während bei M. t. emiki die ganze Brust zimmtfarben ist: ferner ist bei M. t. emilü der weilse Kehlfleck kleiner und die nackten Stellen an der Unterkiefer- basis viel gröfser und endlich findet sich aufser dem auch bei M. torquatus vorhandenen kleinen Lappen am Mundwinkel noch ein viel gröfserer und deutlicherer am Ende der nackten Stelle, den weilsen Kehlfleck begrenzend. Die bei noch nicht stark abgeriebenen Schwungfedern sehr deutlichen terminalen weifsen Aufsenränder sind weder für M. torguatus Sel. noch für M. t. emilii A. B. Meyer erwähnt. 118. Euthyrhynchus fulvigula meyeri Salvad., Br. Neu-Guinea (1 Stück). 119. Melirrhophetes belfordi Vis., Br. Neu-Guinea (3 Stück: Aroa Fl.) (4 Stück). Da mir die Originalbeschreibung (Rep. Brit. New-Guinea App. p. 111) nicht zugänglich war, konnten die Bälge mit dieser zwar nicht verglichen werden, aber die von Tring mir gesandten Vergleichsstücke bestätigen die Bestimmung. 120. Dicaeum hirundinaceum Shaw Nodd. Nord-Queensland (1 Stück). 121. Oreocharis arfaki A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (2 Stück: Aroa Fl.) (4 Stück). Die sich auf ein Q' beziehende Originalbeschreibung und die Angaben für das J' im Brit. Cat., sowie die Beschreibung des 2 von Rothsch. & Hart. (Nov. Zool. X. p. 479) stimmen völlig mit den 2 9‘ und 2 © der Collection Weiske überein. Dagegen ist die Beschreibung des @ im Brit. Cat. und die des Q' bei Salvadori (Orn. Pap. Il. p. 289) nicht hiermit in Ein- klang zu bringen. Nach dem Cat. würde das @ sich vom 0" nur durch die grauen Wangen und Hals unterscheiden, nach Salvadori 380 Dr. Moriz Sassi: würde das Q' wie das @ ausschauen, nur Wangen und Vorderhals schwarz statt grau sein. Beides ist zumindestens äufserst unvollständig bei der grofsen Differenz die zwischen 9° und © hier vorliegt. 122. Pardalotus melanocephalus Gould, Nord-Queensland (2 Stück). 123. Melanocharis bicolor Rams., Br. Neu-Guinea (2 Stück). Die zwei vorliegenden 2 sind nach der Liste als Pristo- rhamphus versteri bestimmt. Die @ der Melanocharisarten sind sehr ähnlich unterein- ander und daher sehrschwer zu bestimmen. Mir lagen zum Vergleich vou Bälgen aus Tring je 2 2 vou M.niger Less., M. chloroptera Salvad. und M. bicolor Rams. vor. Der Oberkopf von M. chlo- roptera hat nicht den ölgrünen Anflug, wie die Weiske-Bälge und die 2 anderen Subspecies; bei M. niger scheint die Mitte des Abdomens auffallend licht (gelblichweils) zu sein, was auch nicht für die Weiske-Stücke palst; es dürften diese also als M. bicolor Rams. zu bestimmen sein, was auch in Bezug auf den Fundort (Nov. Zool. XIV. p. 477) richtig sein würde. 124. Melanocharis striativentris Salvad., Br. Neu-Guinea (1 Stück: Aroa Fl., 1 Stück? Aroa Fl.) (2 Stück). 125. Pristorhamphus versteri Finsch., Br. Neu-Guinea (Aroa FI.) (1 Stück). Nach der Originaletikette wäre das vorliegende Stück ein o'. Die äufseren Merkmale jedoch sprechen alle dafür, dafs der Balg ein @ ist; nur die Flügellänge (63 mm) würde für ein 9° sprechen, da Rothsch. & Hart. (Nov. Zool. X. p. 217) angeben, dafs die Q längere Flügel haben als die J' (2 70 mm, oJ" 63, oder nach Sharpe 2 6731, Q' 62°23 oder nach Bälgen aus Tring 9 69, g' 61 mm). 126. Paramythia montium Vis., Br. Neu-Guinea (Aroa FI.) (1 Stück.) 127. Artamus leucogaster Val., Nord-Queensland (1 Stück). 128. Artamus maximus A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). Nach dem Brit. Cat. sollen die Schwanzfedern schmal weils gerändert sein, was bei dem vorliegenden Stück nicht zutrifft, aber auch in der Originalbeschreibung nicht vermerkt ist. 129. Artamus minor Vieill., Nord-Queensland (2 Stück). 130. Calornis metallica Temm., Nord-Queensland (1 Stück). 131. Stietoptera bichenovii Vig. et Horsf., Nord-Queensland (1 Stück). 132. Munia castaneithorax Gould, Nord-Queensland (2 Stück). 133. Munia caniceps Salvad., Br. Neu-Guinea (1 Stück: St. Josephs River) (2 Stück). Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 381 134. Munia seratchleyana Sharpe, Br. Neu-Guinea(1 Stück: Aroa Fl.) (2 Stück). Nach dem Weiske-Verzeichnis zu Munia caniceps gezogen. Durch die lichtere Färbung der Flanken und Brust sticht das wie bei NZ. caniceps schwarze Abdomen auffallend ab. 135. Erythrura trichroa papuana Hart., Br. Neu-Guinea (Brown-Fl., Aroa-Fl., Kabadi) (3 Stück). Nach dem Weiske-Verzeichnis: Erythrura modesta Wall., nach dem Fundort wohl E. tr. papuana Hart. 136. Melampitia (Coracopitta) lugubris Rsbg., Br. Neu-Guinea (Aroa-Fl.) (1 Stück). 137. Collocalia fuciphaga Thunb., Br. Neu-Guinea(Aroa-Fl.)(1 Stück). 138. Collocalia esculenta L., Br. Neu-Guinea (Astrolabe-Geb.) (1 Stück). 139. Macropteryc mystacea Less., Br. Neu-Guinea (1 Stück). 140. Caprimulgus macrourus Horsf., Br. Neu-Guinea(Astrolabe-Geb.) und Nord-Queensland (2 Stück). 141. Podargus papuensis Q. G., Br. Neu-Guinea (2 Stück). 142. ges strigoides phalaenoides Gould, Nord-Queensland (1 Stück). Nach der Weiske-Liste P. strigoides cuvieri Vig. et Horsf., welche Subspecies nach Dubois eingezogen ist. Nach Nov. Zool. XI, p. 215 ist P. phalaenoides Gould aller Wahrscheinlichkeit nach eine westliche und nördliche Rasse von P. sirigordes Lath. Die zwei vorliegenden Stücke sind nach dem Fundort und nach der Gröfse jedenfalls Podargus strigoides phalaenoides Gould. 143. Podargus ocellatus Q. G., Br. Neu-Guinea (Astrolabe-Geb.) (1 Stück). 144. Aegotheles insignis pulcher Hart., Br. Neu-Guinea (Aroa-Fl.) (1 Stück). Nach Nov. Zool. XIV, p. 456 ist die Farbe, die Zahl der Schwanzbänder (im vorliegenden Fall circa 16 Stück) und die Flügellänge sehr variabel. 145. Aegotheles bennetti Salvad. et d’Alb., Br. Neu-Guinea (Astro- labe-Geb.) (1 Stück). 146. Aegotheles novae-hollandiae Lath., Nord-Queensland (1 Stück). 147. Clytoceyx rex Sharpe, Br. Neu-Guinea (1 Stück: Bailala Fl., Golf of Papua) (2 Stück). 148. Calliechthrus leucolophus S. Müll., Br. Neu-Guinea (Astrolabe- Geb.) (1 Stück). 149. Cuculus poliocephalus Lath., Br. Neu-Guinea (St. Josephs-Fl.) (2 Stück). 382 Dr. Moriz Sassi: Die Flügellänge soll nach dem Schlüssel im Brit. Cat. nicht über 7°8 inch. gehen, die beiden Stücke messen aber Fl. 8°07 und 8'285 inch. resp. 205 und 213 mm. 150. Cuculus pallidus Lath., Nord-Queensland (1 Stück). 151. Cacomantis variolosus Horsf., Nord-Queensland (1 Stück). 152. Cacomantis insperatus Gould, Br. Neu-Guinea (Astrolabe-Geb. und St. Josephs-Fl.) (2 Stück). 153. Ohrysococcyx meyeri Salvad., Br. Neu-Guinea(Aroa-Fl.)(2Stück). 154. Chrysococey& ruficollis Salvad., Br. Neu-Guinea (Aroa-Fl.) (1 Stück). Die Färbung der Schwanzfedern soll nach dem Brit. Cat. so sein, dafs die lichten Bänder ganz röstlich sind, ohne weilse Flecken. Das vorliegende Stück hat aber die Schwanzfärbung wie sie in den Nov. Zool. XIV, p. 438 angeführt ist. Hinzuzufügen wäre nur noch, dafs an den äufsersten Steuerfedern bei dem Weiske-Balg auch die weilsen Flecken der Aufsenfahne teilweise roströtlich gerandet sind (nicht nur an der Innenfahne) und dafs das zweite Federpaar nur 1 rostrotes Band hat (Nov. Zool.: „usually two rufous einnamon bars“). Auch die 3. und 4. Steuer- feder von aufsen hat, bei immer kleiner werdendem, auf die Innenfahne beschränktem, weilsem Spitzenfleck, auf der Innenfahne einen rostroten Fleck; der übrige Teil dieser Federn ist schwarz- braun, an der Aufsenfahne und neben dem rostfarbenen Fleck auch an der Innenfahne leicht metallisch glänzend. Alle Federn mit Ausnahme der äufsersten sind vor der Spitze matter und dunkler, ein mehr oder weniger deutliches Band zeigend und haben rostfarbene Aufsensäume. 155. Eudynamis cyanocephala Lath.., Br. Neu-Guinea (Kerema, Golf of Papua und Astrolabe Geb.) (2 Stück). 156. Chalcopsitta scintillatus chloroptera Salvad., Br. Neu-Guinea, (2 Stück). 157. Eos fuscata Blyth., Br. Neu-Guinea (1 Stück). 158. Hypocharmosyna wilhelminae Meyer, Br. Neu-Guinea (Aroa-Fl.) (1 Stück). 159. Neopsittacus muschenbroeki Rsbg., Br. Neu-Guinea (Aroa-Fl.) (1 Stück). 160. Oyclopsitta cervicalis Salvad. et d’Alb., Br. Neu-Guinea (St. Josephs-Fl.) (1 Stück). 161. Oyelopsitta maccoyi Gould, Nord-Queensland (2 Stück). 162. Oyelopsitta suavissima Sel., Br. Neu-Guinea, (1 Stück: Astrolabe Geb.) (2 Stück). 163. Psitacella brehmi Rsbg., Br. Neu-Guinea (Aroa-Fl.) (1 Stück). Bemerkungen zu den von E. Weiske gesammelten Vogelbälgen. 383 Nach der Weiske-Liste P. brehmi pallida A. B. Meyer, aber nach Vergleich mit Bälgen aus Tring ist das vorliegende Stück Psitacella brehmi Rsbg. 164. Psitacella madaraszi A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (1 Stück: Aroa Fl.) (2 Stück). Was das vorliegende © betrifit, so ist es nach dem Brit. Cat. fraglich, ob die als Q von P. madaraszi beschriebene Form wirklich zu dieser Species gehört. 165. Coturnix pectoralis Gould, Nord-Queensland (1 Stück). 166. Talegallus jobiensis A. B. Meyer, Br. Neu-Guinea (Kabadi) (1 Stück). 167. Rallina tricolor Gray, Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (1 Stück). 168. Rallicula forbesi Sharpe, Br. Neu-Guinea (Aroa Fl.) (2 Stück). 169. Zonerodius heliosylus Less., Br. Neu-Guinea (St. Josephs Fl.) (1 Stück). 170. Nettopus pulchellus Gould, Br. Neu-Guinea (1 Stück). 171. Anas (Elasmonetta) chlorotis Gray? Nord-Queensland (1 Stück). Als Fundort für diese Species ist zwar Neu-Seeland, Chatam Ins. und ?Aukland-Ins. angegeben, aber nach Schlüssel und Beschreibung im Brit. Cat. konnte ich das vorliegende Stück nicht anders bestimmen. Wenn die Bestimmung richtig ist, was ich erst nach Vergleich mit anderen Exemplaren, die wir hier leider nicht haben, constatieren kann, so wäre der fragliche Balg der eines Q' iuv., das weifse Halsband fehlt zwar, aber der grüne Schimmer am Kopf ist schon etwas vorhanden; die weilsen Flecken an der Basis der Unterschwanzdecken sind nicht zu sehen. 172. E auedala (Nettion) castanea Eyton, Nord-Queensland (1 tück Die a) der ganzen Unterseite, des Kopfes und Halses, mit einem Wort, die Ränder jener Federn, die beim Schwimmen und Gründeln immer mit dem Wasser in Berührung kommen, sind auffallend stark rostrot. 173. Malacorhynchus membranaceus Lath., Nord-Queensland (1 Stück). 174. Dromaeus sp. pull., Nord-Queensland (1 Stück). Dürfte nach dem Fundort wohl Dromaeus novaehollandiae Lath. sein. 175. Casuarius sp. pull., Nord-Queensland (1 Stück). Dürfte dem Fundort nach Casuarius emeu australis Wall. sein. Zum Schlufs sei noch dem Rothschild-Museum in Tring für die durch Herrn Dr. Ernst Hartert leihweise Überlassung einer grölseren Anzahl von Bälgen zu Vergleichszwecken mein bester Dank ausgesprochen. 384 VIII. Jahresbericht (1908) der Vogelwarte Rossitten der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. (Hierzu Taf. VII—IX.) Von Dr. J. Thienemann. I. Allgemeiner Teil. Die Vogelwarte ist nunmehr in das neue, im vorigen Jahres- berichte näher beschriebene Gebäude eingezogen. Am 19. September 1908 erfolgte die Übersiedelung. Am 5. und 6. Oktober war, gleichsam zur Einweihung der neuen Behausung, die Deutsche Ornithologische Gesellschaft in Rossitten anwesend, um hier ihre 58. Jahresversammlung zu beschliefsen. Näheres über diesen Besuch findet sich in dem eingehenden Versammlungsberichte Heft I, 1909 dieses Journals p. 47 f. Dem Unterzeichneten war es eine grolse Freude, die illustre Gesellschaft hier zu empfangen, und wenn auch des furchtbaren Sturmes wegen von Vogelzug an den Tagen nichts zu bemerken war, so ist doch den Teilnehmern einmal Gelegenheit geboten worden, die Kurische Nehrung bei entfesselten Elementen in ihrer urwüchsigen Schönheit kennen zu lernen. Nicht alle Gäste verliefsen schon am 6. Oktober früh mit dem Dampfer Rossitten, sondern einige blieben zurück, um noch Vogelzugstudien obzuliegen. Es waren die Herren: Dr. Heinroth, Rittmeister v. Lucanus, Jakob Schenk, Major Schiller, Assessor Tischler, GrafZedlitz-Trüzschler, sowie Frau Dr. Heinroth, ja die beiden erst genannten Herren sowie Frau Dr. Heinroth weilten noch wochenlang hier und konnten in Ulmenhorst manchen schönen Zugtag mit erleben. Herr Adjunkt Jakob Schenk war als Abgesandter der Ungarischen Ornithologischen Centrale von Budapest hierher geeilt, was dem Unterzeichneten zu besonderer Freude gereichte. Auch sonst war der Besuch auf der Vogelwarte recht rege. Vereine und Schulen trafen öfter ein. Am 11. August besuchten die vereinigten Forstakademien von Eberswalde und Hann.-Münden mit Herrn Prof. Dr. Eckstein an der Spitze die Sammlung, Herr Geheimrat Prof. Dr. Braun war einige Zeit in Rossitten anwesend, von auswärts war Herr A. Thomson aus Aberdeen in Schottland von seinen Dozenten in Heidelberg nach der Vogel- warte gewiesen worden, um sich an Ort und Stelle über den Vogelzug zu informieren, vom zoologischen Museum in Königsberg war ein Student hier, um über Fischparasiten zu arbeiten und a. m. An die Bibliothek haben folgende Autoren, der Zeitfolge nach aufgeführt, Schriften eingeschickt: Societe zoologique de Geneve (Prof. Robert Poncy). Dr. H. Fischer-Sigwart Zofingen. G. von Burg-Olten. 2 Seen Auer ni a Me ud u VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 385 Lehrer W. Hennemann-Werdohl. Dr. M. Lühe-Königsberg i./Pr. Freifrau Caroline von Erlanger. Pfarrer G. Clodius-Camin. Prof. Dr. F. A. Forel-Morges. Dr. Hans Driesch-Heidelberg. NaturwissenschaftlicherVerein des Reg. Bezirks Frankfurt a./O. (Prof. Dr. H. Roedel). Prof. R. Poncy-Genf. Dr. O. le Roi-Bonn. Henry Scherren-London. Frau Dr. Heinroth-Berlin. Herluf Winge-Kopenhagen. H. Hocke-Berlin. Prof. Dr. Martin Braefs-Dresden. Dr. Heufs-Paderborn. J. H. Gurney-Norwich. H. Steinmetz für den Internationalen Frauenbund für Vogelschutz. Westpr. Botanisch-Zoologischer Verein in Danzig (Prof. Dr. Lakowitz). Prof. Dr. Eckstein-Eberswalde. Otto Natorp-Myslowitz. F. Koske-Berlin. I E. W. Suomalainen, Mag. phil. - Helsingfors. " British Ornithologists’ Club London. Dr. E. Röfsler-Zagreb. Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen-Hallein. Oberlehrer Fritz Braun-Marienburg. Dr. med. et phil. A. Japha-Tübingen. Dr. Martin Schwartz-Berlin. Friedrich von Bühl. Prof. D. von Kaygorodoff-Petersburg. Dr. med. C. Parrot-München für d. ornithologische Gesell- schaft in Bayern. Dr. August Thienemann-Münster i./W. P. Boodt, Holl. Forstassessor-Utrecht. Jakob Schenk-Budapest. Pfarrer K. Lindner-Wetteburg. Prof. Dr. A. Mertens- Magdeburg. Sanitätsrat Dr. Hilbert-Sensburg. O. Leege-Ostermarsch. OttoHerman,UngarischeOrnithologische Centrale-Budapest. Rud. Zimmermann-Rochlitz. Allen den Herren soll an dieser Stelle verbindlichster Dank ausgesprochen werden. Die Sammlung ist in entsprechender Weise durch aufgestellte und gebalgte Vögel vermehrt worden. Journ. f. Orn. LVII, Jahrg. Juli 1909. 26 386 J. Thienemann: Auch über einige Zuwendungen ist erfreulicherweise wieder zu berichten. Herr Rittergutsbesitzer E. Ulmer-Quanditten hat zum Einsetzen in der Umgebung von Ulmenhorst 1000 Ulmenpflanzen gestiftet, so dafs nun wirklich dort ein „Ulmenhorst“ entstehen wird. Von demselben Herrn stammt ein tragbares Leinwandzelt, das bei der Vogelbeobachtung und bei der Hütten- jagd benutzt werden kann. Herr Apotheker Zimmermann- Danzig hat für Ulmenhorst einen Wasserfilter geschenkt. Herr Stadtrat E. Bieske stiftete einen Sockel zum Flaggenmast. In den Vogelzugbeobachtungen, wie sie auf der Vogelwarte Rossitten geübt werden, ist jetzt insofern eine Änderung zum Bessern eingetreten, dafs dem Unterzeichneten nun Gelegenheit geboten ist, während der Hauptzugzeiten mitten in der Vogel- zugstrafse draulsen in Ulmenhorst zu wohnen. Näheres darüber s. unten bei den verzeichneten Beobachtungen. In der Umgebung der Beobachtungshütte sind Nisthöhlen für gröfsere Höhlenbrüter, besonders Blauraken, aufgehängt worden. Es soll versucht werden, diese schönen Vögel, die auf der Nehrung als Durchzügler gar nicht selten anzutreffen sind, aber durch Nahrungsmangel immer weiter getrieben werden, dort heimisch zu machen. Hier soll auch erwähnt werden, dafs die im vorigen Jahre von Herrn Dr. C. A. Bruhn vom Verlag Parus überwiesene Futterdose für Meisen sich ganz ausgezeichnet bewährt hat. Es ist überraschend, wie gern und leicht die Meisen diesen mit Hanf gefüllten Fütterungsapparat annehmen. Und dazu diese bequeme Bedienung! Die Dose kann den Vogelschützlern nicht warm genug empfohlen werden. Zu Vorträgen übersein Arbeitsgebiet wurde der Unterzeichnete wieder mehrfach herangezogen. Il. Wissenschaftlicher Teil. Die von den Herren Assessor Tischler, Rittergutsbesitzer Ulmer und Apotheker Zimmermann stammenden Notizen sind mit deren Anfangsbuchstaben (T.), (U.) und (Z.) versehen worden. Herrn Assessor Tischler hat sein Beruf viel in der Provinz Östpreulsen herumgeführt, so dafs von dem Herrn nicht nur Beobachtungen aus Bartenstein, sondern auch von vielen andern Gegenden im Süden und Norden der Provinz vorliegen. Herr Zimmermann war während der Zugzeiten wieder auf Hela tätig. Allen den Herren, welche Notizen eingeschickt haben, spreche ich meinen verbindlichsten Dank aus. Die meteorologischen Verhältnisse sind in dem Abschnitt über die Krähenarten und bei den Beobachtungen von Ulmenhorst genauer behandelt worden. Weiteres ist zur Erklärung des folgenden Abschnittes nicht hinzuzufügen, weil die Anordnung dieselbe ist, wie in den beiden letzten Jahresberichten. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 387 Urinator spec. Seetaucher. Am 8. November wird ein junges Stück UD. lumme auf dem schon ganz zugefrorenen See bei Bartenstein erlegt. Tischler erhält die Art von dort zum ersten Male. Ein junger U. arcticus dort noch am 18. 3. 06 geschossen. (T.) Hela: Am 5. Mai bei O. einige Seetaucher fischend auf dem grofsen See bei CGeynova. Am 9. Mai bei W.sturm viele ebenda. Am 9. Sept. bei W. einzelne U. arcticus bei Hela. (Z.) Colymbus, Lappentaucher. Auf dem Haff wird ein Rothalssteifsfufs, (CO. grisegena) erbeutet. Die Art bei Rossitten selten und nicht Brutvogel. Bartenstein: Am 11. April die ersten ©. eristatus auf dem See. Am 1. Oktober und in der Folgezeit dort Flüge dieser Art von 20—25 Stück; den letzten am 3. Nov. beobachtet. Am 19. September und in der Folgezeit einzelne Ü. grisegena auf dem See; haben dort aber wohl nicht gebrütet. Als Brutvogel diese Art auf dem Nordenburger und Kruglinner See (letzterer im Kreise Lötzen-Angerburg) von Tischler beobachtet. Am 10. Mai ein einzelner O©. nigricans auf dem See bei Bartenstein. Ist in der Gegend nicht Brutvogel. Am 8.11. ein junges Stück auf einer Blänke des fast zugefrorenen Sees ge- schossen. (T.) Stercorarius parasiticus (L.) Schmarotzerraubmöve. Am 6. und 7. September bei starkem W. und N.W. guter Mövenzug am Seestrande bei Rossitten. Auch häufig Raubmöven, die in diesem Herbste ganz besonders zahlreich ziehen. Mehr- fach werden mir lebende, im Netze gefangene Schmarotzerraub- ıöven eingeliefert, die ich in Gefangenschaft zu halten versuchte. Sie gingen aber leider nach mehreren Wochen regelmälsig_ein. Am After bildeten sich Warzen, die Federn waren rings um diese beschmutzt, und die Vögel hatten beim Entleeren Beschwerden. Herr Geheimrat Braun-Königsberg konnte an den eingeschickten Kadavern feststellen, dafs diese Warzen Parasiten (Holostomiden) waren, welche die Kloake von Möven bewohnen. Auch bei Hela wurden sowohl im Frühjahre als auch im Herbste auf der grofsen See häufig Schmarotzerraubmöven beob- achtet. (Z.) Larus fuscus L. Heringsmöve. Larus canus L. Sturmmöve. Larus ridibundus L. Lachmöve. . „31. März: Die ersten Lachmöven werden als Vorläufer bei Rossitten beobachtet. Es sind nur wenige Stück, die heute und an den folgenden Tagen umherschwärmen. Ihre Brutstelle, 26* 388 J. Thienemann: der Bruch, ist noch mit Eis bedeckt. Auch andere Mövenarten (L. fuscus und canus) schwärmen umher. 4.April: Zum ersten Male Lachmöven in Schwärmen über dem Bruche, der immer noch viel Eis enthält. Die Ankunft hat sich gegen andere Jahre verzögert. Am ersten Maisind einige Nestmulden ausgekratzt. Am 5. Mai liegt das erste Ei in der Lachmöven-Kolonie auf dem Bruche. Am 6. können 20 Stück gesammelt werden. Es sind erst sehr wenig Nestanlagen geschaffen. 8. Mai: Auch heute erst verhältnismäßig wenig Nester gebaut. 16. Juni: Einzelne junge Lachmöven sind aus den Eiern geschlüpft. Am 6. und 7. September bei starkem W. und N.W. guter Mövenzug (besonders L. fuscus und canus in Jugendkleidern) am Seestrande. Dieselbe Erscheinung am 2. Oktober bei starkem N.W. Auswärtige Beobachtungen. Am 18. und 25. Oktober und am 2. November einzelne L. canus am See bei Bartenstein. Daselbst nicht häufig. Anfang April viele Sturmmöven über den überschwemmten Memelwiesen. Grofse Lachmövenkolonien befinden sich auf dem Nordenburger See und dem Mosdzehner See bei Angerburg. Am See bei Bartenstein sind einzelne ungepaarte Lach- möven, meist wohl einjährige, auch im Mai und Juni zu sehen. T. Hela: Am 29. April eine grofse Schar alte und junge L. fuscus und canus auf der See b. Ceynova, ebenso an den folgenden Tagen bei N.W. Sturm. Am 5. und 6. Mai bei ©. viele L. canus. Alte und Junge ebenda. Am 11. September und an den folgenden Tagen bei W.S.W. eine kleine Schar Z. ridibundus am Strande. (Z.) Larus minutus Pall.e. Zwergmöve. Zur Brutzeit sind wieder dauernd eine Anzahl von diesen zierlichen Möven auf dem Bruche bei Rossitten; am 8. Mai 10—12 Stück. Auswärtige Beobachtungen. Eine Zwergmövenkolonie befindet sich im Memeldelta in einem sumpfigen Rolsgarten unweit von Gebäuden. Die Nester sind leicht zugänglich, sodafs ihr Bestand gefährdet erscheint. Die Zwergmöven nisten mit Sierna hirundo zusammen. T. Sterna hirundo L. Flufsseeschwalbe. Hydrochelidon nigra (L.) Trauerseeschwalbe. In diesem Frühjahr sind aufsergewöhnlich viel Trauersee- schwalben auf dem Bruche bei Rossitten beobachtet. Am 8. Mai VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 389 zwei Stück, dann nimmt ihre Zahl immer mehr zu und wächst zu einem grofsen Schwarme an, so dafs ich schon eine dauernde Ansiedlung erhoffte. Von Mitte Mai an verschwinden die Vögel aber wieder. Da sich in jedem Jahre Vögel dieser Art zur Brut- zeit hier zeigen, ist es nicht ausgeschlossen, dafs sie doch noch heimisch werden. Auswärtige Beobachtungen. Bei Angerburg wurden die ersten Flufsseeschwalben am 3. Mai beobachtet. In Masuren und im Memeldelta ist diese Art stellenweise häufiger Brutvogel. Auf dem See bei Bartenstein hielten sich vom Mai bis Juli 1—2 ungepaarte 8. hirundo ständig auf. Dort war auch ein 7 Stück starker Flug Trauer- seeschwalben (ungepaarte!) am 14. Juni zu beobachten. Brut- kolonien von Hydr. nigra befinden sich auf dem Nordenburger See und vielfach im Memeldelta. T. Hela: Am 8. Sept. und an den folgenden Tagen bei W.S.W. vereinzelte $. hirundo im Jugendkleide. Z. Mergus Säger. Am 29. März zahlreiche Säger bei Rossitten hoch in der Luft fliegend. Am Mauersee bei Steinort M. merganser nicht seltener Brutvogel. Nistet dort meist in alten Eichen. Vom Mergus serrator wurden am Mauersee und Goldapgarsee einzelne Paare zur Brutzeit von Tischler beobachtet. Am 3. Mai noch ein kleiner Flug M. albellus auf dem Mauersee bei Steinort. Diese Art auf den See bei Bartenstein im März bis April und Ende Oktober bis November häufig. Drei graue Exemplare wurden am 29. 10. und 8. 11. erlegt. T. Somateria mollissima (L.) Eiderente. Am 4. Dezember wurde am Seestrande bei Rossitten 1 Weibchen erbeutet. Nun besitzt die Sammlung der Vogelwarte ein schönes Pärchen. Nyroca marila (L.) Bergente. Im Oktober bis November kleine Flüge von braunen Exem- plaren auf dem See bei Bartenstein. T. Am 13. Mai auf dem frischen Haff; Männchen und Weib- chen erlegt. (U.). Nyroca fuligula (L.) Reiherente. Auf dem See bei Bartenstein im April kleine Flüge. Am 3. Mai auf dem Mauersee überall grofse Scharen. Am 14. 5. auf dem Schwenzaitsee ein Flug von 20-30. Einzelne Paare sind in der Folgezeit am Mauersee und an anderen kleinen Seen und gröfseren Teichen ständig zu beob- 390 J. Thienemann: achten. Noch im Juni gesehen! Sicherlich in Masuren Brut- vogel. Am 25. 7. ein altes Männchen im Prachtkleide vom Kurischen Haff erhalten. T. Auf dem frischen Haff von Mitte April bis in den Juni ungeheure Mengen von Reiherenten. Von den Fischern „Wink- enten“ genannt, weil sie sich mit einem roten Tuche ganz dicht heranwinken lassen. Wahrscheinlich dort Brutvogel. Am 1. Juli ein Erpel erlegt. U. Nyroca ferina (L.) Tafelente. Auf dem See bei Bartenstein vereinzelte. Ju Masuren überall aufserordentlich häufiger Brutvogel. T. Auf dem frischen Haff zahlreich. (U.) Nyroca nyroca (Güld.) Moorente. In Masuren verschiedentlich zur Brutzeit beobachtet. T. Auf dem frischen Haff zahlreich. (U.) Nyroca clangula (L.) Schellente. Auf dem See bei Bartenstein die ersten am 29. März; ein Paar noch am 19. 4. T. In Masuren (Mauersee, Goldapgarsee) verschiedentlich zur Brutzeit beobachtet. T. Nyroca hyemalis (L.) Eisente. Am 15. Mai wird ein Exemplar von der See bei Rossitten eingeliefert. Spatula clypeata (L.) Löffelente. Auf dem See bei Bartenstein ein Flug von 8 Stück am 19. April beobachtet. Einzelne in der Gegend als Brutvögel. In Masuren nicht selten. T. Kommt auf dem frischen Haff erst Mitte Mai an. (U.) Anas strepera L. Schnatterente. Am Mauersee und Nordenburger See öfters zur Brutzeit bemerkt. T. Anas acuta L. Spielsente. Auf dem See bei Bartenstein ein Paar am 24. Mai. Ein altes Weibchen wird am 12. Juli bei Minge am Kurischen Haff ge- schossen. T. Auf dem frischen Haff vereinzelt brütend.. Von den Fischern „Grauvogel“ genannt. (U.) VIII. Jabresbericht der Vogelwarte Rossitten. 391 Anas querquedula L. Knäkente. Im April bei Bartenstein Flüge mit crecca zusammen; im Juni öfters kleine Flüge von Männchen auf dem See bei Barten- stein. T. Anas crecca L. Krickente. Die ersten bei Bartenstein am 29. März, die letzten am 8. November beobachtet. Als Brutvogel nur sehr vereinzelt. Im Herbste bei weitem nicht so häufig wie 1907. (T.) Tadorna tadorna (L.) Brandgans. Der in Rossitten anwesende Herr A. Thomson beobachtet am 7. September eine junge Brandgans am Hafistrande; am 9. September sechs Stück, auch juv. Ein Exemplar im Jugendkleide am 16. 8. tot auf dem See bei Bartenstein gefunden; noch ganz frisch! Im Innern der Provinz Ostpreufsen sehr selten. (T.) Hela: Zwei junge Exemplare am 18. Mai und an den folgenden Tagen auf einem Wasserloche bei Ceynova beobachtet. Z. Auf dem frischen Haff am 13. Mai einige Brandenten. (U.) Anser spec. Wildgans. 9. März: Bei Nebel und Rauchfrost und schwachem 8.0. niedrig wieder nach S. ziehend. 10. März: S.O. bedeckt. Gänsezug. 21. März: mäfsiger O. Gänsezug. 29. März: schwacher S.O. ziehend. Auswärtige Beobachtungen. Im Frühjahre und Herbst bei Bartenstein Anser fabalıs sehr häufig. Vom 2. März bis 4. Mai und vom 16. September bis 2. November. Am zahlreichsten Ende April und Anfang Oktober. Aw 2. März 2 Züge von 22 und 15, am 8. März mehrere Züge zu 36, 21, 4 und 2 Stück nach S.O. T. Bei Quanditten am 16. 19. 20. 27. September ziehend. (U.) Branta leucopsis (Behst.) Nonnengans. 2. Mai: Von Pillkoppen wird eine lebende Nonnengans ein- geliefert. Sie hat sich unter zahme Gänse gemischt und ist im Netze gefangen worden. Etwas abgemagert, sonst aber munter. Ich lasse sie auf dem Hofe weiden; sie benimmt sich sehr ver- traut. Wie sich bei der Sektion herausstellt, trägt sie einen alten verheilten Knochenbruch. Die Art ist neu für die Nehrung, Cygnus olor (Gm.) Höckerschwan. Cygnus cygnus (L.) Singschwan. 8. März: bewölkt, O. dann ganz schwacher W. 2 Schwäne bei Rossitten nach N. ziehend. 892 | J. Thienemann: 29. März: schwacher SO., Schwäne ziehend; auch am 7. und 13. April. Am ersten Tage herrscht ganz schwacher N., am zweiten schwacher NO. Der Zug dieser Vögel ist in diesem Früh- jahre sehr stark. Auf dem Frischen Haff liegen die Schwäne zu hunderten. Auswärtige Beobachtungen. Am 1. 3. und 9. März bei Bartenstein je 4 Stück Höcker- schwäne, wahrscheinlich immer dieselben. Am 19. April und 23. Mai je 8 Stück, am 9. 10. und 14. Juni je 3 Stück ebendaselbst auf dem See; alles weilse Exemplare. T. Der Höckerschwan ist in Masuren und auf dem Norden- burger See als Brutvogel nicht selten. Am 1. November 6 Stück Cygnus cygnus bei Bartenstein laut rufend von SO., am 15. November 7 Stück nach W. (T.) Auf dem frischen Haff im Frühjahr aufsergewöhnlich viel Schwäne. Beide Arten. (U.) Haematopus ostralegus L. Austernfischer. Am 20. Mai fünf Stück am Wiekstrande bei Ceynova. Am 7. September 1 Exemplar auf der SW. Spitze bei Hela. (Z.) Squatarola squatarola (L.) Kiebitzregenpfeifer. Nicht häufig in diesem Jahre bei Rossitten. Am 8. 9. und 10. August einige Stück im Sommerkleide auf der Vogelwiese. Ebenso daselbst am 5. 7. und 8. September drei, acht und etwa zwanzig Stück im Sommerkleid von Herrn Thomson gesehen. Ferner am 6. Oktober beobachtet. Am See bei Bartenstein ein Stück am 12. Oktober. (T.) Hela: Am 30. April, NW.sturm, im schönen Sommerkleide am Wiekstrande bei Ceynova. 11. Mai: W. böig, eine Schar mit Char. apricarius zusammen auf den Wiesen bei Ceynova, auch am 18. Mai bei SO. einzelne daselbst. Am 16. September bei W.N.W. ein einzelner Squaiarola noch im Sommerkleide bei Heisternest. (Z.) | Bei Neukuhnen von Herrn Ulmer 2 Stück erlegt am 12, September. (U.) Charadrius Regenpfeifer. Am 14. September nachts hört Tischler in Heilsberg ziehende Goldregenpfeifer. Der Paarungsruf von Charadrius dubius wird am See bei Bartenstein zuerst am 20. April vernommen. (T.) Hela: Am 16. Mai 1 Paar Ch. dubius am Wiek bei Heisternest. (Z.) Am frischen Haff Ch. dubius wahrscheinlich brütend. (U.) Am 27. August im Taplaken bei Quanditten 2 Oh. morinellus von Herrn Ulmer geschossen. Vier waren da. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 893 Vanellus vanellus (L.) Kiebitz. 10. März: die ersten werden bei Rossitten beobachtet und zwar gleich in grofsen Schwärmen auf den Feldern, wo heute bei dem dunstigen Wetter ziemlich viel Vogelleben herrscht. Am 21. März bei mäfsigem O. ziehend, ebenso an den folgenden hellen kühlen Tagen, Zughöhe immer 30—50 m. Auswärtige Boeiianeen. Bartenstein. Am 8. März, einem grofsartigen Zugtage (cf. Alauda arvensis), die ersten bei Bartenstein gesehen. Acht Stück ziehen nach O., aulserdem ein einzelner umherstreichend. 9. März: Sechs Stück ziehen nach O. 10. März: Drei ziehen einzeln nach ©. 15. März: — 10°N.. Auf überschwemmten Wiesen 25—30 Kiebitze, die aber noch nicht Not zu leiden scheinen. Im Herbst waren diesmal auffallend wenig Kiebitze am See bei Bartenstein zu sehen. (T.) Hela: Einige Brutpaare wie alljährlich bei Heisternest und Ceynova beobachtet. Z. Phalaropus lobatus (L.) Schmalschnäbliger Wassertreter. . Hela: Am 6. September erhielt Zimmermann drei dieser Art von Ceynova. Calidris arenaria (L.) Sanderling. Hela: 19. September NO. Mehrere Flüge untermischt mit Tringa alpina und ferruginea ziehen den grofsen Strand entlang. Drei dieser hübschen Vögel erlegt. Es ist auffallend, dafs Sander- linge stets nur am Ostseestrande und nie am Wiekstrande beob- achtet werden. Z. Limicola platyrincha (Tem.) Sumpfläufer. In den letzten Jahren uicht häufig bei Rossitten. Am 22. August d. Js. einige wenige am Bruche beobachtet. Tringa Strandläufer. Totanus Wasserläufer. Tringoides hypoleucos (L.) Flufsuferläufer. 26. April: Zwei Tringoides hypoleucos am Haff bei Rossitten erbeutet. 28. Mai: In diesen Tagen einen kleiner Flug Kampfläufer (Totanus pugnax) am Bruche. Das Strandvogelleben war in diesem Spätsommer und Herbst auf der Vogelwiese und am Haffstrande sehr gering, kaum bemerkenswert. Auch an den sogenannten Niddener Lachen, die fast ganz ausgetrocknet waren, ist nichts zu finden. Am Bruche sind ab und zu kleine Flüge von Strand- vögeln zu finden, darunter am 9. und 10. Aug. auch Zotanus fuscus. Am 8. 9, u. 10. August bei schwachen nordwestlichen und mäfsigen 394 J. Thienemann: westlichen Winden einige Strandvögel, die den gewöhnlichen Arten angehören, auf der Vogelwiese. Zu notieren sind mehrere alte Tringa alpina, Totanus glareola und Totanus littoreus. Am 22. August, starker O., dann mälsiger SO., Tringa ferruginea und alpina, Totanus pugnax und glareola am Bruche. 27. August: Heftiger SW. mit Regen; am Bruche unter kleinen Strandvogelflügen auch einige Tringa temminck:. 6. Oktober: NW., auf der Vogelwiese Tringa aipina. Auswärtige Beobachtungen. Vom See bei Bartenstein: Am 19. April Totanus ochropus mit Paarungsruf. Am 10. Mai Tringa alpina und vielfach Tringoides hypoleucos. Am 24. Mai einige Tot. pugnax (ohne Kragen) und glareola. 29. Mai: Ein Flug von 30—40 Tringa alpina, auch ein einzelner Tringa temmincki. 7. Juni: In Losgehnen bei Bartenstein 1 T. ochropus. 8. Juni: einzelne Tringa alpina, mehrere T. glareola und einzelne 7, pugnax. Bei einem erlegten Pärchen von 7. glareola und einem Q von 7. pugnax waren die Geschlechtsteile unentwickelt. Am 10. 6. ein T. Zotanus, 1 T. ochropus wenig Tot. glareola, 1 T. pugnax 9. Am 12. 6. ein T. fotanus, am 14. 6. sechs T. totanus, 1 T. fuscus, einzelne 7. glareola. Am 19.7. ein T. fotanus, einzelne T. glareola, littoreus, pugnax, Tring. hypoleucos und T. puguaz Juv. 16. August: Aufserordentlich reges Vogelleben am See bei Bartenstein, während vorher noch nicht viel los war. Sehr viele T. littoreus und glareola, (von ersteren zieht auch ein Flug von 13 Stück nach S.); viele Tot. fuscus, kleine Tringen (temmincki oder minuta), Ir. alpina; Tringoides hypoleucos, einzelne Tot. ochropus und pugnax, Charadrius dubius und Gallinago gallinayo; ein Flug von 12 Ardea cinerea; mehrere Ardetta minuta und Alcedo ispida; 2 Milvus korschun; Unmengen Enten: A. boschas, querquedula, crecca, Spatula clypeata, N. ferina; 1 Tadorna tadorna juv. tot aufgefunden (s. diese letztere Art). 23. August: Flüge von T. pugnax juv.; öfters T. littoreus (einmal ein Flug von 9 Stück) und Tr. hypoleucos. 30. August: Öfters Tot. littoreus, einzeln fuscus, sehr ver- einzelt glareola, kleine Flüge pugnax. Am 5. Sept. T. littoreus, fuscus ein Flug Tr. hypoleucos. Am 13. Sept. mehrfach noch T. littoreus. Am 3. August nachts in Heilsberg nach S. ziehende T. glareola und Tring. hypoleucos, ebenso am 5.8. Am 6. August und 8. September ebenda nachts ziehende Tr. hypoleucos. Am Mauersee bei Angerburg am 14. 5. ein Flug von etwa 20 T. pugnax, meist J'I". Totanus totanus brütetin 10— 12 Paaren am Mauersee, T.ochro- pus einzeln im Stadtwald bei Angerburg, T. pugnax häufig bei Russ VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 395 und Minge am Kurischen Haff und wahrscheinlich einzeln auch bei Angerburg, Tringoides hypoleucos einzeln bei Tilsit. (T.) Herr Zimmermann schreibt über Hela: Besonderer Umstände halber wurde mir im vorigen Herbste nicht die Erlaubnis zu teil, — im Gegensatz zu den Jahren vorher, — die Vogeljagd auf den Heisternester Wiesen — Gemeinde- jagd — auszuüben. Der Inhaber der Jagd ist zugleich Gasthaus- besitzer, — und ich wohnte nicht bei ihm. Ich hatte indefs oft Gelegenheit, die an manchen Tagen reiche Beute der vielen dort schiefsenden Fischer durchzusehen. Zum gröfsten Teil bestand die Ausbeute aus Tringa alpina, einzelne Tring. ferruginea und minuta darunter. An manchen Tagen waren viele Tringa canutus erbeutet; einzelne Fischer brachten 10 Stück und mehr nach Hause. Auch ganze Bündel erlegter Squatarola squatarola und Charadrius apricarius sah ich. Eine TZringa schingi, die einmal unter den erlegten Vögeln sich befand, erstand ich für ein paar Groschen. Von etwa erbeuteten Toianus-Arten habe ich keine bemerkt. Herr Ulmer stellt am frischen Haff als Brutvögel fest: Totanus pugnaz, T. totanus, Dringa alpina, (ein Halbdunenjunges, das wahrscheinlich der letztgenannten Art angehört, geschossen), und Tringoides hypoleucos. Am 25. März beobachtet derselbe Herr am frischen Haff bestimmt Tringa maritima. Am 22. September in grölseren Flügen Tringa alpina und ferruginea, Totanus glareola und bittoreus mit Regenpfeifern am frischen Haff. (U.) Limosa limosa (L.) Uferschnepfe. Häufiger Brutvogel bei Russ und Minge. (T.) Limosa lapponica (L.) Pfuhlschnepfe. Am 4. September vier Stück, am 5. September sieben Stück von Herrn Thomson auf der Vogelwiese bei Rossitten beobachtet. Numenius arquatus (L.) Grofser Brachvogel. Numenius phaeopus (L.) Regenbrachvogel. 28. März: 1 Numenius arquatus wird bei Rossitten erbeutet. Die auf der Vogelwiese im Juli und August eintreffenden Numenien-Schwärme waren in diesem Jahre nicht sehr grols, am 22. August 1 N. arquatus am Bruche erlegt. Auswärtige Beobachtungen. 26. Juli: Zwei Stück N. arguatus am See bei Bartenstein. 3. August: Nachts ziehen Brachvögel fortwährend über Heilsberg hin und her. Es ist sehr dunkel, dazu Weststurm und Regen. Fast scheint es, als ob die Vögel die Richtung ver- 396 J. Thienemann: loren haben und durch das elektrische Licht angelockt werden. Auch am 4. August nachts über derselben Stadt wieder ziehende Brachvögel. 28. August: Morgens um 1,2 Uhr ziehen in Heilsberg Brachvögel. 30. August: Am See bei Bartenstein 2 Stück. (T.) Hela: Am 4. Mai O., ein N. phaeopus am Wiek bei Ceynova, am 11. Mai (W.) fünf, am 13. Mai (O.) 10 Stück ebenda. Am 14. Mai bei W.sturm ein Exemplar dort erlegt. Am 18. Mai aus- nahmsweise 2 Stück am grofsen Strande beobachtet, bei SO. (Z.) Gallinago gallinago (L.) Bekassine. Gallinago gallinula (L.) Kleine Sumpfschnepfe. Am See bei Bartenstein war die Bekassine in diesem Herbst lange nicht so zahlreich wie 1907. Am 27. September zum ersten Male in gröfserer Zahl, bis dahin nur vereinzelt. Am 28. September ein Flug von 7 Stück. Die letzten am 1 Nov. Bei Angerburg Gallinago gallinago häufiger Brutvogel. Gallinago gallinula fehlte bei Bartenstein im Herbste 1908 fast ganz. T. Hela: Am 10. September drei Stück @. gallinula hoch- gemacht in den Tümpeln bei Heisternest“(W.S.W.) Z. Scolopax rusticola (L.) Waldschnepfe. 5. April: Zwei Stück werden bei Rossitten gesehen. Am 11. April 3 Stück. Bei Quanditten im Frübjahr Schnepfen so gut wie gar keine. ,, (U.) Über den Herbstzug in Ostpreufsen s. den unten folgenden besonderen Bericht. Es mögen hier einige Schnepfenzugnotizen vom Frühjahr und Herbst. 1908 aus der Nähe von Hanau am Main in der Wetterau folgen, die durch Herrn F erd. Kircher in Hanau eingeschickt wurden: 9. März erste Schnepfe erlegt. 16. März 2 Stück erlegt, 5 gesehen. Dann würde erst am 25. März eine gesehen bei Nwind. 26. März eine gesehen Ostwind. Pause (ohne eine zu sehen) bis 4. April, 1 gesehen dann erst wieder am 14. April 1 gesehen, die letzte im Frühjahr 08. Am 17. Oktober, also an dem für Ostpreufsen so kritischen Tage (s. unten) bei SO. und hellem frostfreiem Wetter keine Schnepfe angetroffen. Am 22. und 24. Okt. auch keine. NO. Am 31. Okt. zwei angetroffen. Windstilı. Am 3. Nov, eine. NO., hell, ruhig. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 397 Am 6. Nov. zwei Stück, helles Frostwetter. Am 7. Nov. eine erlegt. —9° C. NO. Grus grus (L.) Kranich. 13. April: Bei schwachem NO. und bedecktem Himmel, gegen Abend mehrere Züge Kraniche in der Luft. Wie man durchs Glas genau feststellen kann, hat ein Exemplar ein krummes Bein, fliegt aber genau so gut wie die andern. Orex erex (L.) Wachtelkönig. Bei Rossitten hört man ihn sehr häufig. Den ersten bei Bartenstein am 10. Mai vernommen. Am 26. Juli läfst sich noch einer hören. Am 23. August schon auf dem Herbstzuge. T. Ortygometra porzana (L.) Tüpfelsumpfhuhn. Bei Angerburg sehr häufiger Brutvogel. Auf dem See bei Bartenstein Ende August und Anfang September zahlreich. T. Gallinula chloropus (L.) Grünfüfsiges Teichhuhn. Am 13. Februar wird bei Gerdauen ein überwinterndes junges Stück gefangen. Am 15. November bei — 20° am See bei Bartenstein ein verspätetes Exemplar beobachtet. T. Fulica atra L. Bläfshuhn. 28. März: schwacher O. Abends in der Luft ziehend gehört, ebenso am folgenden Tage bei sternhellem Himmel und schwachem S.O., und am 6. April: abends 9 Uhr bei ganz schwachem N. 4 1. Mai: Zwei Nester mit 6 und 8 ganz frischen Eiern auf dem Bruche bei Rossitten. Auf dem See bei Bartenstein die ersten am 8. April. Am 26. 10. ebenda noch ein Stück geschossen. (T.) Syrrhaptes paradoxus (Pall.) Steppenhuhn. Als im Frühjahr 1908 von Rufsland die Meldung über eine bevorstehende Steppenhuhninvasion an die Vogelwarte gelangte, wies die Anstalt durch Aufrufe in verschiedenen Zeitschriften auf die seltenen Vögel hin und forderte zu deren Schonung, aber genauen Beobachtung auf. Daraufhin meldete Herr Otto Schiedat, dafs er am 19. Mai 08 zwei Steppenhühner bei Kaukehmen, Ostpreufsen, beobachtet hatte. Ferner schickte Herr Lehrer Wilh. Techler aus Szameitschen ein männliches Stück ein, das sich am 20. Mai 08 bei Gumbinnen am Telegraphendrahte tot geflogen hat. Der seltene Vogel steht als Belegstück für die spärliche Steppenhuhn-Invasion von 1908 in der Sammlung der Vogelwarte. 398 J. Thienemann: Dem gütigen Spender auch an dieser Stelle verbindlichsten Dank! (cf. Orn. Monatsber. Jahrgang 1908, S. 121.) Ciconsa ciconia (L.) Weilser Storch. Höchst bemerkenswert ist für Frühjahr und Sommer 1908 das aufsergewöhnlich zahlreiche Auftreten von Störchen bei Rossitten, umsomehr da diese Art die Kurische Nehrung auf ihrem Zuge sonst nicht gerade sehr häufig berührt. Schon am 22. März sollen 2 Stück als die ersten über das Dorf geflogen sein. Am 7. April ein Storch auf der Feldflur. 16. April: Sieben Stück ziehen bei schwachem O. nach Norden. Vom 20. Mai an sind tagelang sehr viel Störche auf der Feldfiur zu beobachten, zuweilen bis 100 Stück. Am 28. 5. vereinzelte immer noch vorhanden. Ein Besitzer bringt auf einem Strohdache ein Nest an, das sofort besetzt, aber einer Störung wegen wieder verlassen wird. 14. Juni: ein kleiner Flug auf der Feldflur, am 16. ein einzelnes Stück. 12. Juli: Herr Möschler beobachtet über dem Dorfe 5 — 600 Störche schwebend, die sich niederlassen wollten. Auswärtige Beobachtungen. Am 27. März südlich von Königsberg ein fliegender Storch. Am 30. März in Losgehnen bei Bartenstein der erste (fliegend). Das erste Nest wird daselbst am 12. April besetzt. 19. Mai: 7—8 Störche übernachten bei Angerburg auf Kirchen, auch bei Bartenstein werden Ende Mai grofse Scharen gesehen. Es übernachten dort im Walde einmal 43 Stück. 27. Juli: Die ersten ausgeflogenen Jungen gesehen (Heilsberg). 30. Juli: In Losgehnen fliegen die mit Vogelwartenringen markierten Jungen aus. 16. 17. 21. und 22. August noch mehrfach Störche gesehen. 26. August: In Losgehnen der letzte auf dem Neste. Am 29. 8. sind alle Störche verschwunden. T. Am 28. August bei Quanditten noch Störche beobachtet. Die meisten sind am 22. bis 24. August abgezogen. Am 1. Sep- tember sind alle weg. (U.) Botaurus stellaris (L.) Rohrdommel. Am 13. 9. ein Stück am See bei Bartenstein. Am 10. 10. abends daselbst 3 Stück unter lautem Rufen nach S.O. ziehend. In Masuren und im Memeldelta als Brutvogel noch häufig. T. Ardetta minuta (L.) Zwergrohrdommel. Am See bei Bartenstein vom Juni bis August öfters. Bei Tilsit gleichfalls Brutvogel. T. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 399 Ardea cinerea L. Fischreiher. Die ersten bei Bartenstein am 30. 3. beobachtet. T. Columba palumbus L. Ringeltaube. Columba oenas L. Hohltaube. Turtur turtur (L.) Turteltaube. Am 31. 1. eine überwinternde Ringeltaube beobachtet. 8. März: mäfsiger O., dann schwacher W. Die ersten Wildtauben (oenas) auf dem Zuge bei Rossitten eingetroffen ; auch am 10. 3. beobachtet. 9. Juni: 1 Turteltaube in den Kunzener Büschen. Diese Art selten auf der Nehrung. 27.September: Grolse Wildtaubenflüge, bis zu 100 Stück, ziehen in Höhe von 10—80 m nach S. (mälsiger SO.) 8. November: 2 C. oenas bei hohem Schnee am Dorfe. Am 3. Dezember findet sich eine junge Hohltaube auf meinem Hofe in Rossitten unter den Haustauben ein und bleibt dauernd da. Sie übernachtet nicht im Schlage sondern auf dem Dache. Beim Füttern kommt sie auf wenige Schritte an den Menschen heran. Die Kreisflige ums Gehöft macht sie mit den Haustauben stets mit. Ich fange sie ein, sperre sie etwa 14 Tage lang mit den Tauben im Schlage ein und öffue dann den Schlag. Die Wildtaube ist damit vollständig eingewöhnt, feldert mit den Haustauben, kehrt immer zum Schlage zurück, wo sie auch stets übernachtet. Auch die Frühjahrszugzeit über bleibt sie ruhig weiter auf dem Gehöft. Sie treibt öfter eine Haustaube. Viel- leicht findet eine Paarung statt. Am 25. Oktober bei Bartenstein einige Hohltauben nach $. ziehend. In Steinort (Kreis Angerburg) und im Forst- revier Dingken (Kreis Tilsit) ist diese Art Brutvogel. Am 10. Mai werden in Losgehnen die ersten Turtel- tauben gehört. (T.) Hela: Am 7. Mai, Ostwind, drei Stück ©. palumbus auf dem Zuge. Z. Bei Quanditten am 27. September Wildtauben. (U.) Perdix perdix (L.) Rephuhn. Coturnix coturniz (L.) Wachtel. Rephühner bei Bartenstein am 8. März zum ersten Male gepaart gesehen. Die Wachtel war im Jahre 1908 bei Barten- stein häufiger als in den letzten Jahren. Am 12. August wurde bei Heilsberg noch ihr Ruf gehört. (T.) Raubvogelzüge. Ein Sperber belagert im Laufe des Januar den dicht vor den Fenstern eingerichteten Futterplatz und verfolgt die Klein- vögel, sobald sie die schützenden Tannenbäumchen verlassen haben. 400 J. Thienemann: 27. Februar: Seit mehreren Tagen treibt sich ein Turmfalk auf der Feldflur umher. 12. März: Ein Rauhfufsbussard (Archibuteo lagopus), der im Krähennetz gefangen worden ist, wird lebend gebracht. So haben also jetzt die Raubvogelzüge begonnen. 22. März: Bussarde (Buteo buteo und Arch. lagopus) ziehen lebhaft; auch an den folgenden hellen Tagen, am 23. 24. 25. März.t) 3. April: Der schwarze Milan ist angekommen. 16. April: Etwas Raubvogelzug; Sperber, Turmfalken, Rauh- fulsbussarde, Weihen in grauen Kleidern. Ein Bussard wird beim Kröpfen eines etwa halbpfündigen Hechtes angetroffen, den er ein grofses Stück fortträgt und dann liegen lälst. 24. April: Guter Raubvogelzug. 26. April: schwacher NO. Einige Sperber ziehen, sonst kein Zug. Am 27. April wieder einige Sperber, 1 Wanderfalke. Am 5. Mai wird bei Perwelk auf der Kurischen Nehrung ein Fischadler (Pandion haliaetus) 5 für die Sammlung der Vogelwarte erbeutet. 9. August: mälsiger W. Es werden von Raubvögeln beobachtet: 1 Falco subbuteo, 2 Aceipiter nisus, einzelne C. tinnuncula, Milvus korschun. 27. August: bei SW. Turmfalken einzeln auf dem Herbst- zuge. Am 13. September bei SW. und W. werden die ersten Sperber auf dem Zuge noch S. beobachtet. Auswärtige Beobachtungen. VonBartenstein: Am 13. Sept. Duteo buteo vielfach umher- streifend, am 14. 9. ein Flug von 4 Stück. Am 28. September 2 Stück Archibuteo lagopus gesehen. Von diesem Zeitpunkt an diese Art regelmälsig, aber nicht besonders zahlreich zu beobachten. Am 19. April ein Pandion haliaetus über dem See, am 22. März ein Wanderfalke auf 1 Dohle stofsend. In Masuren ist Milvus korschun als Brutvogel sehr häufig. Am 17. 5. Horst mit 2 stark bebrüteten Eiern auf einer Eiche am Nordenburger See. T. Herr Zimmermann schreibt über Hela: Leider war ich verhindert, mich schon zeitig im Frühjahre zur Beobachtung des Vogelzuges auf der Halbinsel Hela einzufinden, wo die Raubvogel- züge ganz besonderes Interesse beanspruchen. Ich kam erst am 28. April nach Ceynova. Der dortige Dünenbeamte berichtete, dafs er bereits seit Anfang des Monats an einzelnen Tagen srofse und kleine Raubvögel habe ziehen sehen. In den drei Jahren vorher gab es den ganzen Monat Mai hindurch Tage mit 1) Anm. Genaue Aufzeichnung der Witterung s. immer unter (Ü. cornix. ur Kr ie u VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 401 lebhaftem Raubvogelzug, und so sah ich mit einiger Erwartung den nächsten Wochen entgegen. Ich will gleich bemerken, dafs sich diese Erwartungen wenig erfüllten. Nach den Beobachtungen in den Jahren vorher müssen ganz bestimmte Umstände zusammentreffen, wenn sich der Zug grolsartig entwickeln soll. Dazu gehören 8.0.-Wind nicht über Stärke 6 und sonnige, verhältnismäßig warme Tage. Leider trafen diese Bedingungen im Mai äufserst selten zu. Immerhin gab es doch Tage, an welchen auch bei weniger günstigen meteorologischen Verhältnissen grofse und kleine Raubvögel die Halbinsel entlang zogen: 29. April: S. 5°C. trübe, Regen. Einzelne Sperber und Turmfalken ziehen hoch über den Wald. 30. April: N.W.Sturm, 5°C. trübe, Regen. Kein Raubvogel zu sehen. 1. Mai: N.W. frische Brise, sonnig, 7°C. Nur sehr verein- zelte Sperber. 2. Mai: früh W. später S.O., still, klar, 8°C. 14 ziehende Rauchfufsbussarde, einige Sperber und Turmfalken in zwei Stunden beobachtet. 3. Mai: heftiger N.O., morgens trübe, später sonnig, 4°C. Keine Raubvögel. 4. Mai: O. ziemlich still, früh wolkig, später klar, 7°C. Von 9—11 drei Sperber und ein Turmfalke. 5. Mai: frischer O. meist sonnig, 7°C. Nur sehr vereinzelte Sperber. 6. Mai: frischer O., leicht bedeckter Himmel, 7°C. Ein paar Sperber und ein gröfserer Raubvogel. 7. Mai: O., still, ab und zu Regen, 8°C. In zwei Stunden nur 3 Sperber beobachtet. 8. Mai: W.sturm, trübe, 10° C. Der Wald ist voll Sperber, Turmfalken und einzelnen Merlinfalken, Mistel-, Wachholder- und Weindrosseln. Die Vögel sitzen im Schutze der dichten Kiefern- kusseln. 9. Mai: W.sturm, trübe, mittags Regen, 10° C. Sperber, Drosseln, und kleinere Vögel ziehen morgens nach W. Rück- wanderung! 10. Mai: W.sturm, trübe, 10° C. Im Walde nur wenige Kleinvögel. 11. Mai: böiger W. trübe, 10°C. Vereinzelte Sperber, Krähen und Schwalben ziehen gegen Wind. Rückwanderung! 12. Mai: fast still- W. meist klar, später O., 12°C. Von 4 beobachteten Sperbern ziehen 3 nach W., einer nach O. 13. Mai: mälsiger W. trübe, zeitweise Regen, 9° C. Keine Raubvögel. 14. Mai: W.sturm, morgens trübe, später aufklärend,12° C. Ein Rauchfufsbussard zieht nach O., ein Sperber nach W. 15. Mai: früh W., später N.O., ziemlich still, 99 C. Jeurn. 1. Or. LVIl. Jahre. Juli 1909, 27 402 J. Thienemann: Keine Raubvögel. Auch an den nun folgenden Tagen bis zum 22. ist nur ab und zu einmal ein Sperber, ein Turmfalke, oder Rauchfufsbussard zu sehen. Am 22. Mai bei frischem O.S.O. und aufklärendem Wetter setzte noch einmal ein lebhafter Zug von Sperbern und anderen kleineren Raubvögeln für ein paar Stunden ein. Es wurde ein schönes Exemplar von Pernis apivorus erlegt. (Z.) Bei Quanditten am 14. Sept. viel Mäusebussarde, ebenso solche am 16. Sept. beobachtet. (U.) Am 28. November im Fischhausener Stadtwalde 1 Seeadler. Am 29. November bekommt Herr Ulmer aus Juvend 1 Steinadier g'; Das Weibchen wird bei Fischhausen geschossen. U. Im November bekommt Herr Ulmer einen am 10. September in der Gegend von Fischhausen geschosse- nen Zwergadler. (Nisaötus pennatus.) Das seltene Stück fand sich bei dem Präparator Herrn Balzer in Königsberg vor. Bubo bubo (L.) Uhu. Am 23. April wird bei Preil auf der Kurischen Nehrung von Herrn Forstaufseher Plötz ein Uhu 9‘ im Pfahleisen ge- fangen. Ein seltener Fall. Das Stück steht in der Sammlung der Vogelwarte. Am 12. April erhält Herr Ulmer ein Stück aus der Gegend von Landsberg in Ostpreufsen. Asio accipitrinus (Pall.) Sumpfohreule. Am 14. 1. eine Sumpfohreule bei Rossitten beobachtet. Im Herbste 1908 diese Art weder auf der Nehrung noch bei Bartenstein auf dem Zuge. Surnia ulula (L.) Sperbereule. 20. Dezember: Bei Rossitten wird ein Stück erbeutet. Strix flammea (L.) Schleiereule. Am 13. März wird ein Stück auf einem Heuboden in Rossitten gefangen. Diese Art ist auf der Nehrung sehr selten. Cuculus canorus (L.) Kuckuck. 27. April: Der erste Kuckuck wird gesehen. 21. August: Mehrere beobachtet. Fangen jetzt an zu ziehen. Aus Bartenstein liegen folgende Beobachtungen vor: Am 1. Mai der erste Ruf, am 10. Mai schon vielfach zu hören, am 26. 7. letzter Ruf. T. Hela: Seltener Gast auf der Halbinsel. Am 18. Mai bei O. und SO. ein Stück, und zwar ein rotbraunes, beobachtet. Z. Bei Hanau am Main am 24. April der erste Kuckuck. (Kircher.) Iynz torquilla (L.) Wendehals. Am 4. Mai: Der erste Wendehals in Rossitten. Am 10. Mai mehrfach in Losgehnen gehört. (T.) VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 403 Bei Hanau am Main am 31. März der erste Wendehals. (Kircher). Dryocopus martius (L.) Schwarzspecht. Im Herbst und Winter in Losgehnen öfter zu sehen. T. Dendrocopus maior (L.) Grofser Buntspecht. Hela: Am 30. April 1 9‘, am 1. Mai S und 2 beobachtet (Z.) Herr Ulmer notiert für den 22. September bei Quanditten Spechtzug. Dendrocopus minor (L.) Kleinspecht. Am 3. Mai in Steinort (Kreis Angerburg) 2 schöne Männchen mit sehr weilsen Rücken. Alcedo ispida L. Eisvogel. Von Juli bis November in Losgehnen gar nicht selten. T. Coracias garrulus L. Blaurake. Im Kreise Angerburg und im nördlichen Teile des Kreises Heilsberg nicht selten. Die letzten bei Trautenau (Kr. Heilsberg) am 31. August. T. Upupa epops L. Wiedehopf. In Steinort 1 Stück am 3. Mai. T. Caprimulgus europaeus L. Ziegenmelker. 4. September: Häufig auf dem Zuge bei Rossitten. Gegen Abend 4 Stück gleichzeitig über dem Garten Insekten fangend. Auch am 6. 9. noch beobachtet. Am 27. 9. ein Stück in Losgehnen auf dem Zuge. (T.) Hela: Am 20. und 21. September mehrere am Walde bei Heisternest. (Z.) Bei Quanditten am 29. 9. ein Stück erbeutet. (U.) Apus apus (L.) Mauersegler. 15. Mai: Die ersten (2 Stück) bei Rossitten beobachtet. 22. August: Unter Schwalbenflügen noch ein Apus. Weiter wurden ganz vereinzelte Exemplare noch gesehen am 25. 27. August, und am 9. September. Auswärtige Beobachtungen: Am 10. Mai die ersten bei Bartenstein; am 13. Mai in Angerburg. Am 16. August in Losgehnen noch recht zahlreich. Am 23. August in Losgehnen keine mehr gesehen. Am 29. 8. über dem See bei Bartenstein noch einige Stück, sicher nordische, am 30. 8. Hunderte an derselben Stelle. Am 21. August noch recht zahlreich bei Heilsberg, am 22. die Zahl sehr vermindert, am 24. verschwunden. (T.) 27* 404 J. Thienemann: Hela: Den ersten am 5. Mai bei O. bei Ceynova beobachtet. Im Laufe des Monats nur vereinzelt. Auf dem Herbstzuge keine gesehen. Z. Bei Hanau a./Main am 29. April die ersten beobachtet. (Kircher.) Hirundo rustica L. Rauchschwalbe. 25. April: bei NO. die erste Rauchschwalbe als Vorläufer eingetroffen. Am 26. April (NO.) zwei Stück gesehen. Ende Juni besuchte ein Schwalbenpärchen (A. rustica) durchs geöffnete Fenster öfter mein Schlafzimmer und flog, eine Nist- gelegenheit suchend, umher. Wir waren dann längere Zeit ver- reist und fanden bei der Rückkehr an einem muschelförmigen Aufsatze, der sich am Kopfende meines Bettes befindet, ein au- gefangenes Schwalbennest. Wäre das Fenster immer in richtiger Weise offen gehalten worden, so hätten wir an der Stelle wahr- scheinlich ein Nest mit jungen Schwalben vorgefunden, gewils ein seltener Fall. 22. August: mälsiger SO. Gegen Abend sammeln sich viel Schwalben zum Abzuge in der Luft; auch am folgenden. Tage noch ziemlich viel da, namentlich urbica. Am 26. September, früh schwacher NW., dann O., hell, beobachtet Herr Möschler bei einer Fahrt von Rossitten nach dem 22 klm. nördlich gelegenen Nidden ein höchst- interessantes Schauspiel: Rauchschwalben (ZHir. rustica) ziehen in Flügen von 5—100 Stück unausgesetzt von früh 5 bis etwa 1/,7 Uhr nach S. Dann hört der Zug plötzlich auf, Massen- ansammlungen von Schwalben beobachtet man hier häufig, Massenzug dagegen selten. Auswärtige Beobachtungen. Am 16. 4. die erste bei Bartenstein; am 21. 4. etwa 12 Stück, von W. kommend, tummeln sich über den See, Am 24. 4. bei Angerburg eine einzelne Am 26. 4. bei Nordenburg wiederholt vereinzelte gesehen. Am 27. 4. in Angerburg zahlreicher geworden. Am 3. 5. viele am Mauersee bei Steinort. Herbstzug bei Bartenstein: Am 30. 8. zahlreich über dem See, ebenso noch am 13. 9. Am 21. 9. Scharen von Hunderten. 27. 9.: Zahl hat abgenommen. 1. 10. noch vielfach beobachtet, ebenso am 8. 10. 11. 10.; Alle sind fortgezogen. 19. 10. —3° NO.: eine einzelne zieht niedrig nach SW. (T. Hela: Am 2. Mai (SO.) und 4. Mai (O.) mehrfach. ziehend. Am 11. Mai verschiedene Paare gegen W. — Stärke 8 — ziehend, also Rückwanderung. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 405 12. Mai: Der Wind ist mittags von W. nach ©. um- gesprungen; einige Rauchschwalben ziehen nach O. 13. Mai: Bis Mittag O., später W. Rauchschwalben in einzelnen Paaren vormittags. (Z.) Bei Hanau a. Main am 19. und 23. April grofse Schwärme von Rauchschwalben ziehend. (Kircher). Folgende Meldung dürfte von Interesse sein, die Herr Rechtsanwalt Heine-Daressalam über seine Beobachtung von Zugvögeln an Bord des R. P. D. „Admiral“ der deutschen Ost- afrika Linie der Vogelwarte zukommen liels. Das Schiff befand sich am 6. Oktober 1908 unter 190 23° n. Br. und 39° 2’ OÖ. L. nach Greenwich im roten Meere. 1. Es kamen etwa 1 Dutzend Schwalben mit blauschwarzem Rücken, weifsem Bauche und rostrotem Halse an Bord, durch- flogen das Schiff eifrig, ruhten sich aber oft aus, schienen stark ermattet, liefsen sich zum Teil sehr leicht fangen, einige blieben kraftlos sitzen. In Tellern hingestelltes Wasser beachteten sie nicht; dagegen trank eine von dem Wasser, das vom schmelzenden Eise auf Deck geflossen war, aus den Fugen der Dielen. Cognak mit Wasser half einer sofort auf, so dafs sie wieder umherflog. 2. Eine Bachstelze, ziemlich scheu, flog mehrfach hin und her, Verbleib nicht bekannt. 3. Drei Sperber, die sich gegen ‘Abend im Takelwerk niederliefsen, anscheinend auch ermattet. 4. Zwei Bussarde, der eine liefs sich auf den obersten Tau nieder, der andere flatterte in ziemlicher Höhe im Rücken des Schiffes. Es wehte mäfsiger Wind von Norden, der nach Westen überging. Auf den vor dem Winde laufenden Schiffe waren früh 33°, nachmittags 35°C. Am 7. Oktober wurde noch eine Schwalbe auf dem Briefkasten des Promenadendecks lebend vorgefunden. Die Bachstelze flog noch immer hin und wieder. Ein Sperber war von den Leuten gefangen worden. Alle andern Vögel waren verschwunden, da sich das Schiff dem Lande nahe befand. Riparia riparia (L.) Uterschwalbe. 3. 5. Einige am Mauersee bei Steinort. 6. 9. bei Bartenstein noch zahlreich. 13. 9. Keine mehr zu sehen. (T.) Delichon urbica (L.) Mehlschwalbe. Am 21. August füttert ein Pärchen noch seine fast er- wachsenen Jungen in einem Neste in Rossitten, während der Ab- zug der Genossen schon längst begonnen hat. Am 22. und 23. August grölsere Schwalbenansammlungen, darunter namentlich viel urbica. Auswärtige Beobachtungen. 3. 5. einige am Mauersee bei Steinort. 13. 9. noch zahlreich bei Bartenstein. 406 J. Thienemann: 20. und 21. 9: Unter Hunderten von Rauchschwalben nur noch ganz vereinzelt vrbica. (T.) Hela: 14. September: Ein Pärchen Mehlschwalben füttert seine Jungen im Neste am Forsthause zu Heisternest. Am 15. und 16. sind die Jungen ausgeflogen, am 18. nichtmehr zu sehen. (Z.) Bombyeilla garrula L. Seidenschwanz. Am 21. Oktober die ersten Seidenschwänze gesehen. Ein gröfserer Flug fällt in den Birken bei Ulmenhorst ein. 5. November es ist bereits Winterwetter geworden. Fast den ganzen Tag Schnee und Graupelschauer. Ein grolser Flug Seidenschwänze auf den Beerenbäumen bei Rossitten. Auch am nächsten Tage noch zu beobachten. Ebenso wie auf der Nehrung, so trat auch auswärts der Seidenschwanz 1908/09 nur sehr spärlich auf, trotz grofsen Beerenreichtums. Anı 8. und 9. November wurden einzelne in Losgehnen beobachtet. T. Muscicapa grisola L. Grauer Fliegenschnäpper. Muscicapa atricapilla L. Trauerfliegenschnäpper. Muscicapa parva Bechst. Zwergfliegenschnäpper. 26. April: Den ersten Trauerfliegenfänger bei Rossitten beobachtet. 15. Mai: Sehr häufig M. atricapila in diesen Tagen. 9. August: M. grisola und atricapilla im Walde. Am 6. Septeinber bei starkem W. und NW. vormittags, ehe der Regen beginnt, ebenso am 7. und 8. Sept. viel Kleinvögel auf dem Zuge, darunter auch graue Fliegenschnäpper. Auswärtige Beobachtungen. Bei Nordenburg die ersten M. grisola am 17. 5. Bei Tilsit diese Art aulserordentlich häufig. In Losgehnen am 10. Mai M. airicapilla (schwarze und graue) auf dem Zuge. Am 23. und 30. 8. ebenda Junge dieser Art auf dem Herbstzuge; am 13. 9. die letzten gesehen. Im Kreise Angerburg M. parva an verschiedenen Stellen zur Brutzeit bemerkt. T. Hela: Am 14. September bei, N. und NW. mehrfach M. grisola im Walde bei Heisternest. Über M., atricapilla folgende Beobachtungen: 3. Mai: O. den ersten bei Heisternest. 7. Mai: O. mehrfach am Walde ebenda. 8. Mai: W.sturm. Die Vögel leiden Not und sitzen unter Wind im Schutze des Waldes. 10. Mai: W.sturm. Dasselbe traurige Bild. Am 14. September bei NW. viele Trauerfliegenfänger im Walde bei Heisternest. Z. ee 2 We u VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 407 Lanius excubitor L. Raubwürger. Lanius collurio L. Rotrückiger Würger. Am ’7.Oktober2Raubwürger auf den Telegraphendrähten bei Rossitten. Bei Bartenstein wurde je ein L. excubitor am 3., 1., 16. und 22. 3., 20. und 21. 4. gesehen. Im Herbste war der erste ebenda am 25. 10. zu beobachten. Sehr spärlich in diesem Jahre. Am 3. 1. trug ein Raubwürger einen von ihm geschlagenen Buchfinken mühsam auf eine Kopfweide. Der rotrückige Würger war in diesem Jahre in Los- gehnen ganz auffallend selten. T. Diese Art ist auch bei Rossitten in Folge des Abholzens von Buschwerk in ihrem Be- stande zurückgegangen. Corvus cornix L. Nebelkrähe. Corvus frugilegus L. Saatkrähe. Colaeus monedula L. Dohle. 18. Februar: Esist mildes Wetter mit südwestlichen Winden voraufgegangen. Im Dorfe werden die ersten auf dem Rückzuge befindlichen Dohlen beobachtet. Auch einige Nebelkrähen sind wieder eingetroffen. Diese Art war für längere Zeit ganz ver- schwunden. Jedenfalls von der Nehrung aus weiter nach Süden gezogen, um der gefährlichen Witterungsperiode, wie sie im vorigen Jahresberichte für die Zeit vom 21. Dezember 07 bis 3. Januar 08 geschildert worden ist, aus dem Wege zu gehen So „krähenleer“ wie jetzt ist die Umgebung von Rossitten wohl. selten gewesen. In den nächsten Tagen verstärkt sich die Anzahl der Krähen. Namentlich Saatkrähen treffen als erste Vorläufer vom Frühjahrszuge hier ein und treiben sich auf den Feldern umher. Das Wetter ist fast immer mild, Temperatur selten unter 0°, schwache bis mäfsige Winde aus SO., SW. und NW. 2. März: Bedeckt, leichter Nebel, schacher SO, Schneedecke von 1 cm. Höhe. Heute erster Marker Krähenzug nach N. namentlich Saat- krähen und Dohlen. Fallen zuweilen auch auf der Feldflur ein. Bei dem Nebel geht der Zug niedrig vor sich. 3. März: Bedeckt, schwacher NW. früh etwas Regen. Dohlen ziehen, auch einige Krähen. 5. März: Hell, schwacher SW. dann SO. Schneedecke von 1 cm Höhe. Nachmittags ziehen einige Krähen. 7. März: Hell, schwacher O., es liegt stellenweise noch etwas Schnee. Viel Krähen ziehen, namentlich ©. frugilegus und ©. monedula. 8. März: Meist bedeckt, schwacher O., dann ganz leichter W. Guter Krähenzug, hoch (mehrere 100 m hoch), eilig. 408 J. Thienemann: 9. März: Bedeckt, Nebel, Rauchfrost, leichter SO. Viel Krähen sind auf der Feldflur eingefallen und ziehen, als der Nebel gegen Mittag mehr schwindet, zuweilen niedrig nach N. 10. März: Dunstig, regnerisch, schwacher SO. Krähen, namentlich ©. frugilegus, ziehen niedrig und fallen auf den Feldern ein. Seit einigen Tagen wird bereits der Krähenfang betrieben. Am 11. März findet bei dunstigem fast windstillem Wetter ein allgemeiner Rückzug von Krähen, Lerchen und anderen Vögeln nach S. zu statt. Gegen Abend fängt es an zu Schneien und am 12. März ist draufsen wieder die reine Winterlandschaft mit einer Schneedecke von 7 cm Höhe und Frost bis — 13,9° (am 15.). Mit dem Vogelleben ist es plötzlich wieder vorbei, der Zug stockt zunächst. Die Meisen nehmen sofort die Futterplätze wieder ein. Bis Ende März herrscht dann ziemlich gleichmälsiges Wetter: kalter, trockner Ost, dabei hell. 21. März: Mäfsiger O. hell, kalt. Guter Krähenzug. 22. März: schwacher O. hell, kalt. Guter Krähenzug. 23. März: schwacher NO. hell, kalt. Guter Krähenzug. 24. März: Wetter ebenso wie gestern, Guter Krähenzug, Zughöhe jetzt immer 30 bis 50 m. ... 25. März: Wetter ebenso wie gestern. Guter Krähenzug, Überhaupt ziehen in den letzten hellen Tagen viel Vögel: Raub- vögel, Lerchen, Kiebitze. Höhe fast durchgängig 30 bis 50 m. Unter den Krähen befinden sich sehr viel Saatkrähen. 26. März: schwacher NW., hell, aber kühl: ganz schönes Wetter. Sehr guter Krähenzug. In solchen Massen selten. 30 —40 m hoch. Die Vögel suchen schnell vorwärts zu kommen, denn am nächsten Tage, am 27. März, hat sich das Wetter ge- ändert, es ist trüber und fast windstill geworden; dabei findet kein Krähenzug statt. 28. März: heller schöner Tag, nur etwas kühl, ganz schwacher O0. Sehr guter Krähenzug. 29. März: schwacher SO., heller schöner Tag. Guter Zug- tag. Viel Krähen ziehen. 30. März: schwacher SO., heller schöner Tag. Krähenzug. Auch andere Vögel, Stare, Lerchen, Kiebitze ziehen. 1. April: Nach voraus gegangenen ©. und SO.-Winden zum erstenmal W. bedeckt. Etwas Krähenzug. 2. April: Nebel, mäfsiger W. ganz wenig Krähen ziehen, Haff und Bruch noch ganz voll Eis. 3. April: Schwacher O., hell, Reif. Krähenzug. Bei dem kalten O. und NO. stockt der Zug etwas. Die Krähen ziehen zuweilen in Trupps vereinigt, aber nicht in Ketten. Das ist immer ein Zeichen, dafs ihnen die Witterung nicht palst. 14. April: Schwacher NO. hell. Nach längerer Zeit wieder einmal bemerkenswerter Zug von Krähen und Finken, auch am 15. bei fast demselben Wetter. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 409 16, April: Schwacher NO. meist bedeckt, früh guter Zug, der sehr nachläfst, als es um 10 Uhr anfängt zu regnen. Man beobachtet öfter Vögel wieder nach S. zurück ziehen, was immer auf eine Vorausahnung schlechten Wetters schliefsen läfst. Am nächsten Tage tritt bei W. starker Nebel ein. Kein Zug, aber in Ser Nacht sind viel Kleinvögel angekommen. Das Haff ist heute eisfrei 24. April: Mäfsiger O. hell, Krähenzug. an 27. April: Mäfsiger W. bedeckt, kühl. Ganz wenig Krähen ziehen. Der Herbst-Krähenzug setzt in diesem Jahre sehr zeitig ein. Bereitsam 5. September werden die ersten ziehenden Nebel- krähen beobachtet. Dann tritt eine Pause ein, und erst am Ende dieses Monats ist wieder Zug zu bemerken, so am 29. September. 2. Oktober: Starker NW. hell vormittags etwas Krähen- zug. (Hier schliefsen sich die unten folgenden, am 8. Oktober beginnenden Beobachtungen von „Ulmenhorst“ an.) Am 5. November tritt bereits richtiges Winterwetter ein. Es fällt so viel Schnee, dafs am 9. Nov. eine Schneedecke von 22 cm Höhe liegt. Am 16. zeigt das Minimum-Thermometer —10,4°. Das Haff steht schon seit mehreren Tagen. Viele Zugvögel werden von diesem plötzlich eintretenden Wettersturze überrascht. Die sofort eingerichteten Fütterungen werden angenommen. In der zweiten Hälfte des Monats wirds wieder milder. Auch die hohe Schneedecke ist wieder weg. Nur ab und zu fällt noch Schnee. Am 8. November bei mälsigem W. und Schneefall Krähen- zug. Ein Fänger erbeutet 63 Stück. Überhaupt wandern sowohl im November, als auch im Dezember bei günstiger Witterung immer noch Krähen nach S., z. B. in den letzten Novembertagen, ferner am 1. Dezember, in der Woche vom 13.—19. Dezember und am 23. Dezember. Auswärtige Beobachtungen. Bartenstein: 1. 3.: Saatkrähen sind schon zahlreich da. Grofse Dohlenschwärme streifen umher. 8. 3.: Wenige Saatkrähen und Dohlen hoch nach NO. ziehend. 22. 3.: Nebelkrähen bauen schon an den Nestern. 9. u. 10. 6.: Die Jungen fliegen allgemein aus. 28. 9.: Es ziehen schon vielfach Saatkrähen. 18. 10.:—+- 3°, kalter NO. Guter Zug von (. cornix, mälsig hoch, von NO.—SW., bis etwa 9 Uhr vormittags. Auch ©. frugilegus und monedula ziehen, dagegen fast gar keine Kleinvögel. 25. 10.: Klar, nachts Frost, lebhafter SO. Schwacher Zug von ©. cornix und frugilegus. Auf der Insel Upalten im Mauersee übernachten abends regelmälsig 40—50 ©. cornix auf alten Eichen. In der Brutzeit scheint dieses sonst nicht vorzukommen. T. 410 J. Thienemann: Hela: Am 1. Mai bei NW. C©. cornix in kleinen Trupps ziehend. 2. Mai: (SO.) in kleinen Flügen. 4. Mai: (O.) ein grofser Flug ©. frugilegus bei Ceynova. 8. Mai: W.sturm; kleine Scharen Krähen ziehen in schräger Richtung zum Winde die Halbinsel entlang nach O. 11. Mai: böiger Wind aus W.; Krähen ziehen dem Winde entgegen. Rückwanderung. Z. Herr Hennemann meldet aus Werdohlin Westfalen, dafs besonders am 26. Oktober nachmittags bei mildem trüben Wetter Tausende von Rabenkrähen durchgezogen sind. Garrulus glandarius (L.) Eichelheher. Im Gegensatz zum Vorjahr auf der Nehrung nicht sehr häufig. Bei Bartenstein von Mitte September an zahlreich. Eicheln sind gut geraten. Auch winterüber verhältnismälsig zahlreich. (T.) Hela: 4 Mai. O., sieben Stück gegen W. ziehend. 12. Mai: morgens W., mittags O. Sechs Stück hintereinander auf dem Zuge. (Z.) Oriolus oriolus (L.) Pirol. Bei Bartenstein am 23. 8. noch mehrere im Garten; 1 juv. erlegt.: T. Bei Quanditten am 16. 20. September mehrfach beob- achtet. (U.) Pyrrhocorax graculus (L.) Alpenkrähe. Unterm 30. April 1908 meldet Herr cand. forest Felix Schad aus Reichstadt in Böhmen der Vogelwarte folgendes: „Am 26. und 27. April 1908 hatte ich Gelegenheit in hiesiger ziemlich waldreicher Gegend .... 1 Exempl. von Pyrrhocorax alpinus zu beobachten. Da ich viele Jahre in Steiermark, Kärnten und Tirol weilte, kenne ich die Alpendohle genau und ist eine Täuschung ausgeschlossen .. . .. “ Sturnus vulgaris L. Star. 27. Februar: Die ersten Stare (2 Stück) als Vorläufer hier bei Rossitten eingetroffen. In Königsberg 2 Stück am 26. 2. gesehen. 10. März: heute zum ersten Male in grolsen Flügen. Von da an fast dauernd zu beobachten. Am 25. März singen die Brutpaare das erstemal an den Kästen. Am 28. fangen sie an die Wohnungen auszuräumen. Dabei finden noch fortgesetzt Durchzüge der nordischen Stare statt, z. B. am 30. März. Wie wenig wählerisch die Stare in Bezug auf dargebotene künstliche Nistgelegenheiten sind, zeigte mir wieder einmal ein Beispiel. Ein hiesiger Hausbesitzer hatte an einer niedrigen VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 411 Stallwand 2 Nistkästen aufgehängt, die allen Anforderungen, die man jetzt an eine künstliche Nisthöhle stellt, Hohn sprachen. Aus dünnen Brettchen zusammengenagelt und geleimt, mit wackelnden Schiebern versehen und dergl., vor allem aber im Innern durch eine wagrechte Scheidewand in 2 übereinanderliegende Räume geteilt. Durch das Flugloch kam man zunächst in einen kleinen Vorraum, der wahrscheinlich dem Männchen zum Aufenthaltsorte bestimmt war, und von da führte eine kleine Öffnung nach unten in die eigentliche Wochenstube. Ich hielt es für ausgeschlossen, dafs Vögel von diesen Kästen Besitz ergreifen würden und wenn doch, dafs dann wenigstens der obere Raum benutzt werden würde. Aber nein. Die Stare folgten den Ideen des Fabrikanten, der in den Tierschutz wieder einmal, wie so oft, menschliche Begriffe und Gefühle hineingetragen hatte. Sie benutzten den kleinen Raum als „Vorzimmer“ und legten unten auf dem Boden das Nest an. Die Jungen sind wohlbehalten ausgeflogen. Man denke sich die Unbequemlichkeit für die Alten, jedesmals durch zwei enge Löcher zu kriechen, um zur Brut zu gelangen. Auswärtige Beobachtungen. Bartenstein: Der erste wird am 1. März gesehen; er kommt gegen Abend von W. an. 10. 3.: sind erst sehr spärlich da. 11. 3.: etwas zahlreicher geworden. 15. 3.: Einen Flug beobachtet. Bei dem rauhen Wetter geht der Einzug sehr langsam von statten. 7. 6. überall ausgeflogene Junge. 16. 8.: Grofse Starschwärme übernachten im Rohre am See. Ein Sperber versucht vergeblich aus ihnen ein Stück zu fangen. Er wird durch die wolkenartig sich in die Luft erhebenden Stare irritiert und läfst nach wiederholten Fehlstöfsen ab. 13. 9.: Mehrere Starflüge nach SW. Ob schon ziehend’? 11. 10.: Auf einem Stoppelfelde ein grofser Schwarm. (2 Q' o ad., 1 juv. geschossen). Abends sammeln sich grofse Mengen, um gemeinschaftlich zu übernachten. 25. 10.: Bei einer Viehherde noch etwa 100 Stück. 1. 11.: noch ganz vereinzelte gesehen. Am Mauersee und am Nordenburger See übernachten im Mai grofse Starschwärme. In den uralten Eichen von Steinert (Kreis Angerburg) nisten Unmengen. In Angerburg fliegen die Jungen am 6. Juni aus. (T.) Ein überwinternder Star, der sich von Ebereschenbeeren nährte wird von 18. 1. 09 von Nikolaiken, Ostpr. durch Herrn Rektor Fibelkorn gemeldet. Hela: Am 16. September bei S.SW. ein kleiner Flug auf den Wiesen bei Heisternest. (Z.) Passer domesticus (L.) Haussperling. 28. März; Zum ersten Male zu Neste tragend. 412 J. Thienemann: Coccothraustes coccothraustes (L.) Kernbeifser. Im August und September im Gutsgarten von Losgehnen häufig. Im Winter 1908/09 dort ganz fehlend.. T. Auch bei Rossitten nicht beobachtet. Fringila coelebs L. Buchfink. Fringilla montifringilla L. Bergfink. Bergfinken fehlten im Winter 1907/08 bei Rossitten fast ganz. Erst am 3. Januar und an den folgenden Tagen wurden wenige Stücke mit Buchfinken zusammen am Futterplatze gesehen. Am 28. 3. den ersten Buchfinkenschlag draufsen gehört. 29. März: Ganz schwacher SO. Die Buchfinkenzüge beginnen. Sie nehmen ihren Weg, wie oft im Frühjahre, von der Rossittener Spitze quer übers Haff weg nach NO. 6. April: Leichter OÖ. und NO. Schwacher Finkenzug, ebenso am 7. April. Dann tritt bei kaltem O. und NO. eine Pause ein, und erst vom 14. April an wieder bemerkenswerter Finkenzug. In den Morgenstunden des 16. April bei ganz schwachem O., ehe es um 10 Uhr anfängt zu regnen sehr guter Zug von Buchfinken, Piepern und andern Kleinvögeln. 27. April: Viel Buchfinken, ' Q' und 9 9 im Walde sich aufhaltend und auch in der Luft ziehend, und zwar meist nach S. zurück. Am nächsten Tage wird schlechtes Wetter; bei schwachem SW. Nebel und Regen. 10. Mai: starker SW. und W. Finkenschwärme auf den Feldern. 9. August: Zahlreiche Fringilla coelebs im Walde. 27. September: Bei mälsigem SO. und etwas Regen viel Buchfinken, Lerchen und Pieper nach S. ziehend. 7. Oktober: mälsiger NW. Finkenzug: Fr. coelebs und montifringilla, Chrysomitris spinus, Acanthis cannabina. Auswärtige Beobachtungen. Bartenstein: 23. 2.: Sieben Männchen von Fr. bei auf Traubenholunder. 6. 3.: Einige Bergfinken ziehend. 17. und 24. 8. Finkenflüge auf Stoppelfeldern nahe am Walde. 13. 9.: morgens neblig, dann heiter, schwül, still, mittags Gewitter. Buchfinken ziehen vormittags hoch nach SW., desgleichen Wiesenpieper und einige Baumpieper. 14. 9.: böig, W., öfter Regen, kühl. Buchfinken und Baum- pieper auf den Bäumen. Kein Zug. 20. 9.: Bedeckt, N., + 10°; vormittags zeitweise aufklärend. Mälsiger Zug von Buchfinken und Feldlerchen; ziemlich viele Wiesenpieper, einzelne Baumpieper, einmal auch Heidelerchen. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 413 27. 9.: + 10°, vormittags etwas Regen. Mälsiger Zug von Fr. coelebs, Anthus pratensis Alauda, ein Flug Lullula arborea, einige Acanthis cannabina. 28. 9.: SW. —+ 10°, bedeckt, aber hell. Ziemlich guter Zug von Fr. coelebs, Alauda, und Anthus pratensis; die ersten Fr. montifringilla, einzelne Anthus trivialis. Es ziehen ferner Turdus pilaris, Acanthis cannabina, und Chloris chloris. 1. Oktober: Morgens trübe, neblig, S.W., + 14°; Fr. coelebs und montifringilla ziehen niedrig nach S.W. 9. Oktober: Morgens dichter Nebel. Buch- und Bergfinken auf Bäumen und Feldern. 10. Oktober: Nachts ziehen Alauda arvensis. 1l. Oktober: Heiter, warm. S. Ziemlich guter Zug von Fr. coelebs und montifringilla, Alauda, Lullula arborea, Anthus pratensis, Acanthis cannabina. Gegen Mittag ein grolser Schwarm von Buch- und Bergfinken auf einem Stoppelfelde Dieser Schwarm ist auch noch am 12. Oktober zu sehen. 18. Oktober: + 3°, kalter N.O., bedeckt. Fr. coelebs, Alauda, Anthus auf den Feldern. 25. Oktober: Klar, lebhafter S.O., nachts Frost. Einige Fr. coelebs und montifringilla, Alauda, Anthus und Acanthis cannabina ziehen. 26. Oktober: Klar, S.O., nachts Frost. Ganz vereinzelt ziehen Buch- und Bergfinken. 1. November: bedeckt, + 20, N. Ganz wenige Fr. coelebs, und Acanthis cannabina; Keine Pieper und Lerchen mehr. Etwa 10—12 Buchfinkenmännchen überwintern 1908/09 wie alljährlich in Losgehnen, unter ihnen in diesem Jahre auch 1 Fr. montifringilla. In Heilsberg am 5. November noch ziehende Fr. monti- fring:illa gehört. Wenig! Bei Tilsit sind am 31. 3. Buchfinken 9G‘ schon zahlreich eingetroffen. Ebenda am 17. 4. Flüge von Fr. coelebs 22 und montifringilla. Bei Steinort (Kr. Angerburg) am 3. 5. Flüge von Buch- finken männchen und Weibchen. Auch wiederholt noch Fr. montifringilla beobachtet, ebenso am 5. Mai bei Angerburg und am 15. Mai in Losgehnen. Am 31. Mai wird ein Berg- finkenmännchen in der Nähe des Kruglinner Sees (Kreis Angerburg-Lötzen) beobachtet, das Insekten fängt und eifrig den Paarungsruf hören läflst. Sogar am 10. Juni ist ein Pr. montifringilla noch in Losgehnen anzutreffen. T. Hela: Am 29. April kleine Flüge 9'0' und 99 auf den Kartofieläckern bei Heisternest. Am 2. 4. 5. 6. 7. Mai bei O.Wind in gröfserer oder kleinerer Zahl auf den Ackern bei Ceynova. Am 12. und 14. September bei S.W. kleine Flüge bei Heisternest. Z. 414 J. Thienemann; Chloris chloris (L.) Grünling. Im Winter 1908 bei Bartenstein auffallend häufig, T.; auch in Rossitten zahlreich. Acanthis cannabina (L.) Bluthänfling. 8. März: An diesem guten Zugtage (cf. Alauda arvensis) einige Flüge bei Bartenstein nach N.O. (Herbstzug cf. Fringilla coelebs). Am 15. November noch vereinzelte beobachtet. T. Acanthis linaria (L.) Birkenzeisig. Chrysomitris spinus (L.) Erlenzeisig. 9. August: 1 Acanthis linaria bei Rossitten. In Heilsberg am 15. 1. ein grofser Schwarm Birken- zeisige, am 17. 4. bei Tilsit nach S. ziehend, am 21. 4. bei Bartenstein noch einige gehört, daselbst im Herbst die ersten am 15. 11. beobachtet; sehr spärlich in diesem Jahre. Chrysomitris spinus wurde beobachtet am 3. und 5. Mai bei Angerburg, am 10. Mai in Losgehnen in kleinen Flügen, am 16. Juni einzelne bei Tilsit, am 5. und 12. Juli im Forst- revier Dingken (Kreis Tilsit) und Ibenhorst wiederholt. Im Winter 1908 war diese letztere Art bei Bartenstein häufig. Hela: Am 1. und 13. Mai bei N.W. und O. ein kleiner Flug Erlenzeisige bei Ceynova. Carduelis carduelis (L.) Stieglitz. Im Winter 1908/09 bei Bartenstein vielfach ziemlich grofse Flüge. Mehrere erlegte gehören nicht zu major Tacz. T. Carpodacus erythrinus (Pall.) Karmingimpel. Am 24. Mai bei Rossitten zum ersten Male gesehen, 1 Männchen. Am 26. Juli und 2. August ruft am See bei Bartenstein ein 9. Später Termin! Bei Tilsit ist der Karmingimpel nicht gerade selten. T. Pyrrhula pyrrhula (L.) Grofser Gimpel. 4. Dezember: Die ersten Dompfafien werden bei Rossitten beobachtet. Dann fehlen diese Vögel den ganzen Winter über. Im Walde von Dietrichswalde bei Bartenstein am 27. Juli Gimpel gehört, sicherlich Brutvögel! In Losgehnen am 13. 9. ein Flug von 5—6 Stück auf Ebereschen; wohl auch noch Brutvögel. Im Winter 1908/09 wenig zahlreich trotz grolsen Beeren- reichtums. T. Loxia curvirostra I. Fichtenkreuzschnabel. Auf der Nehrung, sowie auf dem Festlande sehr spärlich in diesem Jahre. Am 24. 8. einzelne bei Heilsberg; am 28. 9. ein einzelner in Losgehnen. T. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 415 Passerina nivalis (L.) Schneeammer. Am 9. Januar bei heftigem Schneetreiben ein Flug auf den Feldern dicht bei Rossitten. Auch am 14. ein Stück gesehen. Am 15. März beobachtet Herr Möschler bei Rossitten einen Flug. Drei Stück werden erlegt. Am 9. Oktober, also sehr zeitig im Jahre, den ersten auf dem Herbstzuge beobachtet. Ein einzelnes Stück flog gegen N. über die Wanderdüne. Bei Bartenstein am 30. 11. ein Stück gesehen. Dort auffallend selten in diesem Winter. T. Emberiza calandra L. Grauammer. Emberisa eitrinella L. Goldammer. Emberiga hortulana L. Ortolan. Emberiza schoeniclus (L.) Rohrammer. 27. März: Viel Goldammern im Dorfe Rossitten einge- troffen. 9. Mai: Zwei lebende Ortolane werden eingeliefert und längere Zeit in Gefangenschaft gehalten. Zeigten sich sehr langweilig. Am 15. 5. ein Ortolan bei Rossitten beobachtet. Bei Bartenstein war Emb. calandra im Winter 1908/09 recht häufig. Diese Art ist bei Angerburg und Nordenburg sehr häufiger Brutvogel. Der erste Goldammergesang bei Bartenstein am 1. März; es ist für die dortige Gegend eine auffallende Vermehrung dieser Art zu konstatieren. Im Herbste fand am 26. Oktober bedeutender Zuzug von Goldammern bei Bartenstein von Norden her statt. Emb. hortulana wurde beobachtet: bei Steinort am 3. 5. einzeln, bei Angerburg am 5. 5. mehrfach, in Losgehnen am 10. 5. einige. Der Ortolan ist im Kreise Angerburg stellenweise gemein. An der Chaussee nach Lötzen hört Tischler am 21. Mai auf 1 klm. 6 singende Männchen. Im Südosten des Kreises ist er noch häufiger. Am 2. November wurden bei Bartenstein noch ganz ver- einzelte Rohrammern beobachtet. T. Anthus Pieper. 9. August: Auf der Pallwe südlich von Rossitten “ein Flug von 20—30 A. campestris. Am 10. August nur noch vereinzelt da. 19. August: Viel Brachpieper auf dem Zuge. Ihre Lieb- lingsruheplätze sind immer die Telegraphendrähte. Auswärtige Beobachtungen: Der Frühjahrszug von Anthus pratensis ist am 20. April bei Bartenstein gröfstenteils beendet. Ein Durchzug dieser Art 416 J. Thienemann: im Mai, (wie bei Rossitten), bisher dort nicht beobachtet; am Mauersee ein grolser Flug am 3. 5. Anthus trivialis wurde am 17. 4. bei Tilsit mehrfach gehört, ebenso am 19. 4. bei Bartenstein; am 26. 4. bei Nordenburg ein ziemlich grofser Flug. Herbstzug von A. pratensis und trivialis cf. Fringilla coelebs. Anthus campestris bei Tilsit verbreitet, ebenso stellenweise im Kreise Angerburg; am 10. Juni ein singendes g' in Los- gehnen, am 27. Juli eins bei Trautenau, Kreis Heilsberg. T. Hela: Gegen die Vorjahre auffallend wenig Anthus praten- sis ann Am 30. April wenige bei Ceynova ebenso am 11. Mai. Am 22. September ] A. trivialis bei Heisternest erlegt. (Z.) Motacilla alba L. Weifse Bachstelze. 5. April: die erste weilse Bachstelze bei Rossitten beob- achtet. Von auswärts ist die Art schon vor längerer Zeit gemeldet worden. Am 6. April übernachtet ein gröfserer Flug in einem Fichtengebüsch. Am 15. Mai: Gegen Abend sammeln sich weifse Bachstelzen bei Rossitten und ziehen in Flügen von etwa 50 Stück in einer Höhe von ca. 80 m abends gegen 7 Uhr nach N. ab. In dieser Weise hatte ich den Aufbruch zur Reise hier noch nie gesehen. Wie sehr die weilse Bachstelze an menschliche Wohnungen gebunden ist, zeigte sich im vergangenen Frühjahr recht deutlich. Kaum war die Beobachtungshütte Ulmenhorst, die nach der einen Seite 7, nach der anderen etwa 16 klm von menschlichen Niederlassungen entfernt ist, fertiggestellt, da fand sich auf dem kleinen Boden, dessen Luke offen stand, auch schon ein Bach- stelzenpärchen ein und hat seine Jungen glücklich hochgebracht. Bei Tilsit die ersten am 29. März (2 Stück). Am 13. Juni bei Bartenstein die ersten fliggen Jungen. Am 5. 9. dort Bach- stelzen auf dem Zuge. Am 11. 9. in Losgehnen nach S.W. ziehend. T. Hela: Am 13. Mai bei O. einige Paare auf den Wiesen bei Ceynova, ebenso am 5. September bei Hela. Budytes flavus (L.) Kuhstelze. Budytes borealis (Sund.) Nordische Kuhstelze. 7. Mai: Zum erstenmale die um diese Zeit auf der Nehrung gewöhnlich anwesenden Kuhstelzenflüge auf den Feldern be- obachtet, also bedeutend früher wie im vorigen Jahre. Auch am 15. Mai solche Flüge bemerkt; eine Budytes borealis daraus erlegt. In Losgehnen am 19. 4. die erste B. flavus gehört, am 21. 4. schon mehrfach beobachtet; am 20. 9. noch einzelne Schafstelzen gesehen. (T.) VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 417 Hela: Am 11. Mai bei W. ein kleiner Flug gemischt aus beiden Arten auf den Wiesen bei Ceynova. (Z.) Alauda arvensis L. Feldlerche. 20. Februar: Die ersten Feldlerchen (3 Stück) sind als Vor- läufer eingetroffen; Temperatur 2° C., schwacher NW., Schnee- schauer. Am 29. 2. ziehen mehrere kleine Flüge übers Dorf nach N. Am 5. März ein grofser Flug Lerchen auf den Feldern. Solche Flüge sind von jetzt ab immer auf den Fluren zu baobach- ten. Zug in der Luft wurde für folgende Tage notiert: 8. u. 10. März. 21. 3. und folgende Tage; 28. 3. besonders stark; 30. 3. (Witterung s. unter Ü. cornix). Beobachtungen von Bartenstein: 6. 3.: meist bedeckt, SO. + 1%. Die ersten Feldlerchen, lockend. 7. 3.: Erster Gesang. 8. 3. Leichter SW. morgens ziemlich heiter, nachher bedeckt, aber hell, + 6°. Großsartiger Lerchenzug. Meist recht hoch, bis- weilen auch niedriger ziehen vormittags fortwährend Feldlerchen nach OÖ. bis NO., einzeln oder in losem Verbande bis 20 Stück, nur selten ein gröfserer Schwarm. Der Zug ist nicht sehr eilig; sehr viele singen während des Ziehens. Auch auf den Feldern liegen Scharen. Von 11 Uhr läfst der Zug schon sehr nach; nachmittags ruhter ganz. Nachts sind aber wieder ziehende Lerchen zu hören. An diesem guten Zugtage (vergl. auch den Bericht von Dr. M. Lühe in den Schriften der Physikalisch-ökonomischen Gesell- schaft zu Königsberg i./Pr. 49. Jahrgang 1908, erstes Heft p. 91) werden auch die ersten Kiebitze und Hänflinge ziehend beobachtet; auch Saatgänse, Dohlen und Saatkrähen ziehen. : 9. 3.: + 4°, meist bedeckt, teilweise neblig. Wenige Lerchen ziehen. 10. 3.: bedeckt, mehrfach leiser Regen, schwacher S., nach- mittags sehr trübe. Feldlerchen überall zu sehen, doch kein rechter Zug. 15. 3. wolkenlos, — 10°. N. Lerchen sind sehr wenig zu sehen. Ein Flug zieht still nach SW. Auf einem Stoppelfelde eine Schar von über 100 Stück. 22. 3.: Wolkenlos, lebhafter O., — 1°. Lerchen ziehen in mälsiger Zahl nach O., also gegen den Wind, aber meist niedrig. Nachmittags auf einem Stoppelfelde eine Schar von mehreren 100. (Herbstzug cf. Fringilla coelebs.) (T.) Lullula arborea (L.) Heidelerche. 10. März: Die ersten Heidelerchen bei Rossitten beobachtet. 29. März: Auf den Feldern umherschweifend. Ebenso in Flügen am 3. April bei schwachem O. mit Regen. Journ, f£. Ora. LVI, Jahrg. Juli 1909. 28 418 J. Thienemann: Bei Tilsit und stellenweise in Masuren häufiger Brut- vogel. (Herbstzug cf. Fringilla coelebs). Am 8. November bei —5° und Schneetreiben noch 2 Stück bei Bartenstein gesehen. (T.) Eremophila alpestris (L.) Alpenlerche. 6. Oktober: Mälsiger N. und NW. Einzelne Alpenlerchen ziehend ; ebenso am 7. 10. bei demselben Winde. Am 16. Oktober wird ein Stück von Herrn von Lucanus bei Ulmenhorst ge- schossen. Bei Bartenstein wird ein Stück am 25. Oktober beobachtet. T. | Parus maior L. Kohlmeise. Parus palustris L. Sumpfmeise. Parus borealis Selys.. Nordische Sumpfmeise. 17. Januar: Erster Frühlingsruf der Kohlmeise bei Heilsberg. 19. Januar: Mehrere Sumpfmeisen, die bei Heilsberg häufig sind, lassen laut den Frühlingsruf hören. 5. April: Im Forstrevier Dingken (Kreis Tilsit) ein Paar P. borealis. 10. Mai: In Losgehnen ein pfeifendes g' von P. borealıs. 21. Juni: Im Allensteiner Stadtwalde eine Familie P. borealis. 5. Juli: Im Forstrevier Dingken mehrere P. borealis, an- scheinend Junge. 25. Juli und in der Folgezeit in Losgehnen 2 Familien P. borealis. 29. Juli: Im Kiefernwalde bei Heilsberg P. borealis gehört. 13. September: Viel Meisen überall bei Bartenstein, nament- lich P. caeruleus. 27. September: Bei Bartenstein Goldhähnchen und Meisen (major, ater, caeruleus) auf dem Zuge, ebenso am 28. 9. (T.) Hela: Am 1. und 8. Mai bei NW.Wind und W.sturm je ein Paar P. maior im Walde bei Ceynova. (Z.) Bei Quanditten am 25. 9. viel Meisen. (U.) Aegithalus caudatus (L.) Schwanzmeise. Bei Rossitten auf dem Herbstzuge in diesem Jahre häufig. (ef. unten in den Notizen von „Ulmenhorst“ unterm 21. Oktober ff.) Am 5. und 17. 4. einzelne bei Tilsit, ebenso am 3. Mai in Steinort, (Kreis Angerburg). Im Winter 1908/09 bei Bartenstein nicht sehr häufig. (T.) Bei Hanau am Main am 7. Otkober Schwanzmeisen in grofser Anzahl vorübergehend im Garten und am 13. Nov. Schwärme auf dem Strich. (Kircher.) Regulus regulus L. Gelbköpfiges Goldhähnchen. 17. April: In der Nacht sind sehr viel Goldhähnchen bei Rossitten eingetroffen. Es wimmelt förmlich davon in den Büschen. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 419 Am 18. April bei mäfsigem NW. und leichtem Regen sind die Kleinvögel alle wieder weg, es ist kälter geworden. 27. September: Mäfsiger SO., Regen. Goldhähnchen auf dem Zuge gehört. Am 7. Oktober bei mälsigem NW. viele in den Büschen. Troglodytes troglodytes (L.) Zaunkönig. Von den letzten Tagen des März an sind sehr häufig Zaunkönige bei Rossitten zu beobachten. Besonders zahlreiches Auftreten ist notiert für den 1. und 4. April. (An letzterem Tage mäfsiger O0.) Bei Bartenstein am 20. 27. und 28. 9. vielfach auf dem Zuge. (T.) Accentor modularis (L.) Heckenbraunelle. Am 26. Februar von Herrn Möschler ein Stück in Rossitten beobachtet, auch am 27. 2. Am 8. Nov. bei hohem Schnee ein Stück im Garten. Ist von dem zeitigen Winterwetter überrascht worden. Bei Bartenstein 1 Stück am 20. 9. beobachtet. (T.) Sylvia Grasmücke. Durch das am Anfang November einsetzende zeitige Winterwetter wurden zahlreiche Zugvögel überrascht. Singdrosseln, Feldlerchen, 1 Braunelle waren noch hier in Rossitten, und auch ein Plattmönch suchte sich mitten im tiefen Schnee durch Auf- suchen von Beeren des wilden Weines kümmerlich sein Leben zu fristen. Wahrscheinlich ist er später eingegangen. Am 9. Juni bei Rossitten 2 Nester von $. nisoria mit 5 frischen und 4 etwas bebrüteten Eiern gefunden. In Steinort (Kreis Angerburg) am 3. Mai die ersten Sylvia atricapilla und curruca. Bei Bartenstein am 10. Mai $. atricapilla und curruca öfters, die erste S. sylvia; ebenda am 23. 8. noch eine $. nisoria ; am 13. 9. die letzte S. sylvia beobachtet. Die Sperbergrasmücke ist beiAngerburg und Tilsit als Brutvogel sehr häufig. (T.) Acrocephalus Rohrsänger. 13. Mai: Erster Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundina- ceus) auf dem Bruche bei Rossitten. Am 23. Mai und in der Folgezeit daselbst Acrocephalus palustris gehört. Bei Angerburg am 7. 5. einige A. arundinaceus und schoenobaenus. In Losgehnen am 10. 5. A. schoenobaenus schon häufig; einzelne sireperus gehört. Bei Nordenburg am 17. 5 mehrfach A. palustris und streperus gehört. In Losgehnen am 13. 9. noch 1 A. streperus geschossen. A. schoenobaenus ist noch zahlreich da. Ebenda am 20. 9. A. schoenobaenus noch wiederholt beobachtet. Bei Tilsit ist A. palustris gemein. (T.) 28* 420 J. Thienemann: Locustella naevia (Bodd.) Heuschreckensänger. Locustella fluviatilis (Wolf) Flufsrohrsänger. . 1. Juni: Locustella naevia schwirrt bei Rossitten. In Los- gehnen am 10. 5. von dieser Art 2 Stück gehört (früh); am 17. 5. bei Nordenburg eine ganze Anzahl; bei Tilsit brütet L. naevia ‚häufig. T. Über L. flwiatilis liegen folgende auswärtige Beob- achtungen vor: 16. 5.: Im Angerburger Stadtwalde 1 Stück gehört, am 19. 5 daselbst 4 gJ'0' gehört. 24.5.: In Losgehnen 14 J'Q' gehört. Mindestens 10 Paare haben dort gebrütet. 28.5.: In Steinort (Kreis Angerburg) 15 schwirrende J'C'. 31. 5.: Bei Kruglauken (Kreis Angerburg) 5—6 schwir- rende Männchen. 25. und 26. Juli: ein Männchen schwirrt in Losgehnen noch anhaltend. Bei Tilsit und im Memeldelta ist L. /luwatilis sehr häufig. (T.) Hippolais hippolais (L.) Gartensänger. 16. 5.: Die ersten bei Angerburg. (T.) Phylloscopus Laubsänger. Am 17. April sind die ersten bei Rossitten zu beobachten. 15. Mai: schwacher N.W. und N. In diesen Tagen sehr häufig auf dem Zuge. 9. August: Viele im Walde. Am 5. 6. 7. und 8. September besonders zahlreich auf dem Herbstzuge. Regnerisches Wetter mit westlichen und nord- westlichen Winden. Auswärtige Beobachtungen: % Bartenstein: Am 20. 4. Phylloscopus rufus schon häufig, 1 Ph. trochilus singt; am 21. 4. zwei trochilus gehört; am 30. 8. rufus überall, am 6. 9. rufus überall in Massen, vielfach singend; am 13. 9. Laubsänger in Mengen überall; am 20. 9. sehr viele Ph. rufus, namentlich am See. Am 27. 9. hat Ph. rufus an Zahl abgenommen, doch ist er am 28. 9. und 2. 10. noch vielfach zu beobachten; am 8. 10. ist keiner mehr zu sehen. Bei Tilsit die ersten Ph. rufus am 17. 4. gehört. Am 24.4. bei Nordenburg Ph. sibilator gehört. (T.) Hela: Am 8. 9. 10. Mai bei W.sturm Ph. sibilator einzeln auf den Laubbäumen am Dünen-Etablissement. Am 14. Mai, W.sturm, einzelne Laubsänger im Walde. Am 18. Sept. 1 Paar Ph. trochilus in den Kulturen bei Heisternest. (Z.) VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 421 Turdus Drossel. Am 9. Januar bei — 8° C. und Schneegestöber einige Turdus pilaris; auch am 14. 1. kleine Flüge. 22. März: schwacher O. Die ersten Wachholderdrosseln auf dem Rückzuge wieder in Flügen hier. 28. März: ganz schwacher O. Die ersten Sing- und Wein- drosseln beobachtet. 30. März: Drosseln in mälsiger Anzahl auf den Triften. Erster Singdrosselgesang. 3. April: Drosseln, namentlich Singdrosseln, treiben sich umher. Ihre Zahl ist nicht so stark wie in anderen Jahren. Auch der vorige Herbst zeichnete sich, wie im vorigen Jahres- berichte bemerkt wurde, durch ganz spärliches Auftreten von Drosseln aus. 13. April: schwacher N.O. Immer noch Drosseln auf dem Zuge, ebenso am 26. April. 27. April: neuer Zuzug von Drosseln, die auch am 1. Mai noch zu sehen sind. Oft singende Auch noch am 8. Mai, namentlich T. pelarıs und viscivorus. 5. November: das eingetretene zeitige Winterwetter hat Wachholderdrosselflüge hergeführt. Sing- und Weindrosseln sind von dem plötzlichen Schnee und Froste überrascht worden Be eeihen sich bis Mitte November, kümmerlich Nahrung suchend umher. Auswärtige Beobachtungen: Bartenstein: 1. Januar: Einzelne 7. pdaris und ı T. merula im Gutsgarten von Losgehnen bei Bartenstein. 30. März: Die ersten Singdrosseln daselbst gehört. 8. April: Ebenda eine groflse Schar T. ikacus. 19. April: Grofse Scharen T. iliacus und T. pilaris. 10. Mai: In Losgehnen noch eine ganze Gesellschaft Sing- drosseln in einem Fichtengebüsch; scheinen also noch teilweise aufdem Zuge. Ein Nest von T'. pelaris mit 6 stark bebrüteten Eiern. 9. Juni: Nest mit 5 Eiern von 7. musicus etwa 1 m über der Erde in einer Fichte. 30. August: Viele Wachholderdrosseln im Gutsgarten, zweifellos hiesige Brutvögel. 6., 16. und 28. September: Singdrosseln und Rotkehlchen vielfach in den Büschen. Am 27. und 28. Sept ziehende 7. pilaris. 10. Oktober: Nachts ziehende Singdrosseln gehört. Am 18. Oktober einige T. sliacus beobachtet. 25. Oktober: Die letzten 7. musicus beobachtet. Eine T. viscivorus in Losgehnen gesehen, desgleichen am 16. 11. ein Stück in Gallingen bei Bartenstein auf einer Eberesche. 1. 2. 8. und 9. November: Noch vereinzelte T. ikacus. Am 1. und 8. November kleine Flüge von T. pilaris, am 27. 12. noch einzelne dieser Art. 422 J. Thienemann: Bei Tilsit am 30. 3. die ersten Singdrosseln beobachtet; am 1. 4. ebenda mehrfach gehört und einige 7. zliacus bemerkt. 17. April: Grofse Scharen 7. :liacus und ZT. pilaris bei Ragnit. Bei Steinort, (Kr. Angerburg) am 3. Mai noch einige T. iliacus. Bei Heilsberg am 11. November ein Flug von über 100 T. pilaris auf Ebereschen. Im Kreise Angerburg TZurdus merula stellenweise häufiger Brutvogel. (T.) Hela: 8. Mai: W.sturm. Turd. viscivorus, pilaris und iliacus in mehreren grofsen Flügen durch den Wald nach W. ziehend, Rückzug!, ebenso durch das Dorf Ceynova in einzelnen Scharen. 9. Mai: W.sturm. Der Rückzug der Drosseln dauert fort. 21. Mai: W. stilles Wetter. Im Erlenwalde 1 T. musicus singend. (Z.) Bei Quanditten am 5.9. viel Kleinvögel und Drosseln, ebenso am 25. 9. viel Drosseln. (U.) Bei Hanau a./Main am 24. März Schwarzamsel zum ersten Male Nest bauend. (Kircher). Sazicola oenanthe (L.) Steinschmätzer. Pratincola rubetra (L.) Braunkehliger Wiesenschmätzer. 16. April: die ersten ganz vereinzelten Steinschmätzer. Am 26. April sind viel $. oenanthe angekommen, auch graue Männchen. 8. Mai: Wiesenschmätzer noch auf dem Zuge; am 9. und 10. Mai dieselben zahlreich; auch am 2. Juni noch mehrere bei Rossitter zu beobachten, jedenfalls hier brütend. Auf dem Herbstzuge Stein- und Wiesenschmätzer in diesem Jahre recht zahlreich bei Rossitten. Am 4. 6. 7. 8. September besonders viel da. Bei Bartenstein wurde Pr. rubetra am 10.5., bei Anger- burg am 5. 7. vielfach bemerkt. (T.) Hela: 11. Mai: W. böiger Wind. 1 Stück S. oenanthe bei Ceynova.. Am 14. Mai ebenda ein schönes J' erlegt. In den Jahren vorher war 8. oenanthe im Frühjahr häufiger zu beobachten. Am 8. September einige Exemplare Steinschmätzer im Jugend- kleide auf der Vordüne bei Hela. Pratincola rubetra wurde beobachtet am 12. und 13. Mai in einzelnen Paaren in den Rosenbüschen bei Ceynova, am 5. September mehrfach im Jugend- kleide bei Heisternest. (Z.) Erithacus titys (L.) Hausrotschwanz. Erithacus phoenicurus (L.) Gartenrotschwanz, 26. April: Das erste Gartenrotschwänzchen bei Rossitten beobachtet. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 423 Am 9. und 10. Mai zahlreich; auch am 15. Mai sehr häufig auf dem Zuge. 4. September: Der Herbstzug hat begonnen. Heute ziemlich viel da, ebenso am 6. 7. 8. Sept. besonders häufig auf dem Zuge. Am 21. 6. werden mehrere E. titys in Allenstein bemerkt. Bei Bartenstein am 10. Mai E. phoenicurus J'O' und OD auf dem Zuge, ebenso am 16. 20. 21. 27. September einzeln auf dem Zuge. Bei Angerburg am 1. Mai E. phoenicurus zuerst gehört. (T.) Hela: Am 5. Mai mehrere, am 7. Mai einzelne FE, phoeni- curus am Waldrande bei Ceynova. Am 14. und 18. September junge Vögel dieser Art auf dem Zuge. Erithacus rubeculus (L.) Kotkehlchen. 30. März: Das erste bei Rossitten beobachtet. Am 3. April sind schon mehr eingetroffen; ihre Zahl steht aber, wie die der Drosseln, gegen die Vorjahre zurück. Überhaupt weniger Kleinvögel in diesem Frühjahr wie sonst. 17. April: In der Nacht sind ziemlich viel Rotkehlchen angekommen. 26. April: Rotkehlchen in den Büschen. 9. Mai: Viel Kleinvögel sind heute unterwegs, besonders auch Rotkehlchen; auch am folgenden Tage. Auswärtige Beobachtungen: Am 2. 4. bei 'Tilsit die ersten gehört. Am 6. 13. 16. 21. 28. September vielfach bei Bartenstein mit Singdrosseln zusammen in den Büschen. Am 21. 9. Gesang gehört. Am 25. und 26. Oktober noch einzeln gehört. Bei Heilsberg am 12. 11. noch einige gehört. (T.) Hela: Die Art war in früheren Jahren häufiger zu beob- achten. Am 2. Mai, S.O. in einigen Exemplaren bei Ceynova. Erithacus cyaneculus (Wolf) Weifssterniges Blaukehlchen. 19. 4.: Am See bei Bartenstein ein altes Männchen mit weilsem Stern geschossen, desgleichen am 21. 4. 13. 9.: Ebenda vielfach Blaukehlchen, etwa 8 gesehen und gehört, ein Männchen juv. geschossen. Ein Männchen singt leise, aber charakteristisch. Am Nordenburger See am 17.5. ein Männchen beob- achtet, das häufig den eigenartigen Balzflug zeigt. (T.) Erithacus philomela (Bchst.) Sprosser. Am 7.5. bei Angerburg eine Anzahl gehört, desgleichen am 10. 5. ziemlich viele in Losgehnen. Am 18. 7. noch Gesang gehört. 424 J. Thienemann: Der Sprosser ist bei Angerburg, Nordenburg und Tilsit sehr häufiger Brutvogel. (T.) Die nun folgenden Beobachtungen von Ulmenhorst sollen nicht nach Spezies, sondern nach Tagen geordnet wieder- gegeben werden. Der Leser bekommt m. E. auf diese Weise ein ge- naues Bild, wie die Zugtage hier auf der Nehrung verlaufen, wie vor allem der Vogelzug von der Witterung beeinflufst wird. Man ist, wenn man in Ulmenhorst wohnt, über den täglichen, ja stünd- lichen Zug immer auf dem Laufenden, da man sich mitten in der Zugstrafse befindet. Die Windrichtung ist durch eine auf einer in Grade eingeteilten Windrose sich drehende Fahne, die Wind- stärke mit dem Anemometer festgestellt worden und zwar bei drei- auch viermaligen, täglichen Ablesungen. 8. Oktober: Windrichtung früh W., nachmittags WSW. Windstärke im Durchschnitt 6,6 m pr. Sek. Heiteres, sonniges Wetter, öfter bewölkt. Die ersten Krähen ziehen 6,37 früh. Es ist ein gröfserer Trupp, jedenfalls von einem gemeinschaftlichen Schlafplatze stammend. Dann erscheinen noch einige dicht zu- sammenfliegende Trupps. Gegen 8 Uhr wird der Zug stärker, aber immer noch mehr truppweise, weniger in Ketten, meist C. cornix, weniger C. frugilegus, ganz wenig Dohlen. Zughöhe etwa 20—30 m, öfter auch nur 5—10 m hoch und noch niedriger. An Kleinvögeln ziehen in mäfsiger Anzahl: Buchfinken, Pieper, wenig Goldammern, kleine Starflüge, Drosseln. Höhe auch etwa 20—30 m. WenigTauben (©. oenas). Sperber sehr vereinzelt. Zugrichtung: NNO.—SSW. Gegen Mittag läfst der Zug immer mehr nach und hört 12 a.!) ganz auf. Stark war der Zug heute nicht. Die Krähen fallen ?) nicht, kümmern sich auch sehr wenig um den aufgestellten Uhu. 9. Oktober: Windrichtung 6a. WNW., dann den ganzen Tag über NW. Windstärke: 3 m p. Sek. Warmer, klarer, sonniger Herbsttag. Zugrichtung NNO.— SSW., die Vögel haben also den Wind seitwärts etwas von hinten. 6a noch wenig Zug. Nebelkrähen, darunter auch Saatkrähen und Dohlen, einige grofse geschlossene Starschwärme, 1) Anm: Der Kürze halber werden dfter die üblichen Abkürzungen a (ante meridiem) = vormittags. p. (post meridiem) = nachmittags. n — nachts. 12a = mittags benutzt. 6a heilst also 6 Uhr vormittags. 2) Anm: Es wird öfter vom „Fallen“ und „Nichtfallen“ der Krähen die Rede sein. Damit hat es folgende Bewandnis. Die Krähen müssen bier auf der Nehrung fast täglich Fangplätze überfliegen, die mit zahlreichen Lockkrähen beködert sind. Aus dem Einfallen oder Nichteinfallen der Tiere kann man dann immer Schlüsse auf die Gemächlichkeit oder Eile des Zuges ziehen; man sieht ob sich die Zugvögel für Dinge, die auf dem Erdboden vor sich gehen, interessieren oder nicht. VII. Jabresbericht der Vogelwarte Rossitten. 425 einige Finken. Gegen 8,30a setzt der Zug sehr stark ein, geht aber hoch vor sich, 100 bis mehrere hundert m hoch. So hält er an bis Mittag und wird dann immer schwächer, bis er gegen 5 p. aufhört. 5,30 p., und dann noch als es schon dämmerig ist noch ein Zug Gänse. Die Hauptmassen stellen die Krähen. Wenig Kleinvögel und Sperber, 1 Wanderfalke; von Tauben durchgängig Col. palumbus. Die Vögel kommen nicht herunter und kümmern sich um nichts, was auf dem Erdboden vor sich geht. Die Krähen kehren öfter um und fliegen wieder nach N., was auf Wetter- ' umschlag hindeutet, der am nächsten Tage auch wirklich eintritt. In den Büschen einige Rotkelhchen und Goldhähnchen. 10. Oktober: Windrichtung 6a. SW., dann SSO. Windstärke: früh ganz schwach, nur 0,9 m, dann von Mittag an 3,5 m p. Sek., bedeckt, trübe, von 8a. an Nebel bis Y.ll. Um 1 p. der erste Sonnenschein, dann den Nachmittag über heller, aber immer noch etwas dunstig. Die Vögel nutzen die Zeit von 6—8a. wo noch kein Nebel ist zum Zuge aus. Es ziehen mälsig viel Krähen, meist C. corni.x, wenig Tauben, wenig Kleinvögel, Höhe etwa 30 Meter. Sobald der Nebel eintritt, hört der Zug auf, die Vögel, namentlich die Tauben, fallen in kleinen Gehölzen ein, auch ein ganzer Trupp Eichelhäher. Von Drosseln und Rotkehlchen mehr wie gestern in den Büschen. Sobald der Nebel gegen !/,11 nach- läfst zieht eine Schar Gänse vorüber, ebenso tritt nachmittags als die Sonne anfängt zu scheinen schwacher Krähenzug ein, truppweise in grofsen Pausen bis abends 5 Uhr, dann als es schon ziemlich dämmerig ist wieder ein grolser Flug Gänse. Klein- vögel ziehen nachmittags gar nicht. An der See einen Sanderling (Oulidris arenaria) geschossen. Gestern und heute öfter Bergfinken gehört und gesehen. 11. Oktober: Windrichtung 6a. S., dann SSW., SW. und abends W. Windstärke: 42 m p. Sek. Zugrichtung NNO.— SSW. Die Vögel haben also den Wind meist von vorn. Ein sehr schöner sonniger Tag. Vormittags: Beginn des Zuges gegen 6a. mit Klein- vögeln; starkes Einsetzen des Zuges 6,45a. Krähen, Tauben, Stare und Kleinvögel; von letzteren sehr viel, namentlich Buchfinken und Zeisige. Zughöhe meist 20—30, auch bis 80 m. Die Krähen reagieren sehr gut auf den Uhu. Nachmittags: Zug läfst immer mehr nach, und hört 4,45 p. ganz auf. Nachmittags fallen zuweilen sehr viel Krähen, auch Saatkrähen auf den Bäumen am Waldrande ein. Sperber ziehen nur ganz vereinzelt. Drosseln und Rotkehlchen wenig in den Büschen; zwei Eichelhäher. Der Vormittag brachte also sehr guten Zug. 426 J. Thienemann: 12.Oktober: Windrichtung; W., gegen Abend WNW. Windstärke: 5,2; 7,7 und 6,9 m. p. Sek. Zugrichtung: NNO.—SSW. Die ersten kleinen Krähentrupps ziehen 5.502. Der Zug setzt gut ein gegen 7a. Der Wind ist stärker geworden. Die Krähen scheuen sich den Waldrand zu verlassen und die meilen- weite, kahle Dünenstrecke zu überfliegen. Wenn sie sich zum Abfliegen entschlossen haben, dann ziehen sie ganz niedrig 3—4 m hoch vorwärts. Der ganze Zug, der truppweise in grolsen Abständen vor sich geht, macht einen sehr unsteten Eindruck. Gegen 2 p. umzieht sich der Himmel es droht Regen. Aller Zug hört auf. Dieses schlechte Wetter haben ohne Zweifel die Vögel vorausgeahnt und sind darum so unregelmälsig gezogen. Aufser Krähen sind heute sehr wenig andere Vögel, Kleinvögel und Tauben, unterwegs. Einen jungen Merlinfalken im Hügel- eisen gefangen. 13.Oktober: Windrichtung: W.dann NW., abendsSS0. Windstärke: früh 5,2 m nachmittags 2,4 m p. Sek. Früh der Himmel ganz umzogen. In den ersten Morgenstunden zunächst kein Zug, weil zu trübe. Gegen 10a. einige kleine Krähentrupps und ganz wenig Kleinvögel. Höhe 50—60 m. Um 11a. wirds heller, der erste Sonnenschein. Kleinvogelschwärme, namentlich aus Finken und Zeisigen bestehend ziehend, auch ein Flug Gänse. Gegen Mittag hellt sich das Wetter bei schönem Sonnen- schein immer mehr auf. Ein mälsig starker Krähenzug setzt, nun ein, geht aber hoch vor sich, in einer Höhe von etwa 300 m und hört um 3 p. schon wieder auf. So war also heute schwacher Zug zu verzeichnen. Die Vögel kommen meist von NO. an und ziehen nach SW. über See. Herr v. Lucanus schielst ein altes ausgefärbtes Merlin- falken-Männchen (Cerchneis merilla) In diesem Kleide nicht häufig hier anzutreffen. In den Nächten, die bisher mond- und sternhell waren (am 9. war Vollmond) nichts von Vogelzug bemerkt. 14. Oktober: Windrichtung: SSO., SO., S., abends SO. Windstärke: 2,0; 3,6; 0,5 m p. Sek. abends fast windstill. Ein sehr schöner warmer sonniger Tag. Die ersten Krähen ziehen gegen 7a., hoch, wenig. Ferner einige Trupps von Klein- vögeln, namentlich Finken. Gegen 8a. setzt sehr guter Zug ein. Viel Krähen, etwa 150—200 m hoch in ununter- brochener Kette, kümmern sich nicht um den Uhu. Charakterisiert ist der heutige Morgen durch den aus- geprägten Zug von Goldhähnchen, die von Busch zu Busch nach S. wandern, und ferner durch bemerkenswerte Meisenzüge (namentlich aus Kohlmeisen bestehend), die in Trupps von 30—40 Stück in einer Höhe von 25—30 m nach S. fliegen, dabei VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 427 öfter in den Gebüschen einfallend. Auch Blau- und Tannen- meisen sind beigemischt. Von sonstigen Kleinvögeln sind Buch- und Bergfinken zu bemerken, denen einige Pieper beigesellt sind. Zughöhe etwa 80—100 m. Dieser ausgeprägte Klein vogelzug ist von 8—10 a. am stärksten. Tauben wenig. Am Nachmittag hat der Kleinvogelzug ganz aufgehört; nur Krähen ziehen noch hoch bis 5 p. ziemlich zahlreich über die Haffdüne. Gegen !/,5 p. ein Flug Schneeammern, etwa 10 ın hoch über die Düne nach N. ziehend. In der Dämmerung noch Gänse. Diese scheinen oft recht späte Tageszeit noch zum Vorwärtskommen zu benutzen. 1 Rauchfufsbussard, 1 Wanderfalken beobachtet. Ebenso mehrere Eichelhäher. 15. Oktober: Windrichtung S., SSO., abends SO. Windstärke: 2m p. Sek. Ebenso schönes warmes Wetter wie gestern. Die ersten Kleinvögel ziehen 6,15 a., die ersten Krähen 6,30 a.; 6,43 a. sehr grolse Starschwärme. Gegen 7!/, a. setzt sehr guter Zug ein, ganz ähnlich wie gestern. Die Krähen ziehen wieder hoch, zuweilen etwas niedriger wie gestern 100—150 m. Finkenzug ebenso wie gestern, Gold- bähnchenzug etwas schwächer, Meisen viel weniger wie gestern. Dafür mehr Sperber, die auch sehr hoch ziehen; einige Rauh- fulsbussarde und eine Weihe. Wenig Tauben. Der Zug geht sowohl über der Binnendüne, als auch über der Haffdüne vor sich. Gegen Mittag läfst der Zug sehr nach, nur Krähen fliegen noch bis gegen 3/,5, aber immer sehr hoch 200—300 m. Die gleiche Witterung von gestern und heute hat also auch gleichen Vogelzug hervor gebracht. Es ergibt sich die Regel: helles Wetter und schwacher Wind treiben die Vögel nach oben. Eine Certhia familiaris geschossen. 16. Oktober: Windrichtung: SO. Windstärke: 4,5 m p. Sek. Ganz bedeckt, dunstig, feuchte, nalskalte Luft. Zuweilen ziehen in der Höhe der Haffdüne Nebelschwaden vorüber. Ein Tag ohne Zug. Schuld daran ist jedenfalls vor allem die feuchte, nafskalte Luft. Aufser ein paar Krähen, die nicht recht wissen, ob sie nach S. weiter wandern, oder umkehren sollen und einigen kleinen Trupps Finken und Zeisigen, die unstet nach N. und S. fliegen, ist nichts zu beobachten. 17. Oktober: Windrichtung: OSO., gegen Abend O. Windstärke: 5,2 m p. Sek. Den ganzen Tag bedeckter Himmel, dabei aber nicht feuchte, nalskalte Luft wie gestern, sondern trocken und ziemlich Klar. In letzterem Umstande besteht namentlich der Unterschied gegen die gestrige Witterung. Früh von 6 — gegen 9 Uhr noch 423 J. Thienemann: nicht viel Zug, dann setzt ein grofsartiger Zug ein, der allerdings für oberflächliche Beobachtung nicht sehr in die Erscheinung tritt, weil er meist ziemlich hoch (etwa 100 m) vor sich geht. Krähen und viel Dohlen in breiter Zugfront, ferner Tauben und grolfse Starschwärme, vielBussarde (letztere namentlich gegen Abend). Einige Falken, Sperber wenig, auch nicht viel Kleinvögel. Ein Flug Schwäne und einige Flüge Gänse. Je mehr der Wind am Nachmittage nach O. herumgeht, um so stärker wird der Zug, der bis zur Dämmerung (5 p.) anhält. Rotkehlchen nicht viel in den Büschen. Eine Bekassine steht mitten in dem sandigen Dünenterrain auf. Über Nacht sind zahlreiche Drosseln angekommen, Gegen Abend grofse Ansammlung von Krähen und Dohlen am Waldrande. Das Interessanteste an diesem Tage ist aber das massenhafte Vorhandensein von Waldschnepfen im Reviere. (darüber siehe besonderen Bericht unten.) 18. Oktober: Windrichtung: O; 0S0; 080; 0. Windstärke: 10,2 m p. Sek. Helles, klares, soniges Wetter, Wind kalt. Früh 7 Uhr schon guter Krähenzug, der von 9 Uhr ab immer stärker wird; darunter mitziehend Dohlen und Saat- krähen. Höhe meist 40—60 m. Sperber nur vereinzelt, Bussarde (B. buteo und lagopus) sehr viel, Tauben einzeln, Kleinvögel bei dem Sturm fast garnicht. Bemerkenswert ist vom heutigen Tage der Zug von Seeadlern. Gegen 4—5 Stück werden im ganzen gesehen, einer nicht weit von Ulmenhorst im Krähennetze gefangen. Am Nachmittag läfst der Zug immer mehr nach und hört heute schon gegen 4 Uhr auf. Auf den Uhu stiefsen die Krähen sehr gut. Die Drosseln sind über Nacht weiter gezogen. Ein Raubwürger in den Dünen. 19. Oktober: Windrichtung: O. Windstärke: 7,4; 6,5 gegen Abend 3,9 m p. Sek. Früh hell, Sonnenschein, Nachmittag meist bedeckt, aber klare Luft. Kalter Wind früh Eis gefroren. Das Laub ist sehr gefallen seit gestern. Der Krähenzug beginnt gegen 6,30 a. Erst einzelne von denen einige auch wieder nach N. ziehen, dann erscheinen mehr, darunter auch Dohlen und Saatkrähen. Kleinvögel fehlen wie gestern fast ganz. Nur 2—5 kleine Kohlmeisenflüge nach Ss. Goldhähnchen fliegen ab und zu an die Fenster des Beobachtungshäuschens und kommen auch durch die geöffnete Tür ins Zimmer, wo sich schon seit längerer Zeit zahlreiche Stubenfliegen eingefunden haben. Das Ansammeln dieser Insekten in einer eben bezogenen menschlichen Behausung, die nach der einen Seite etwa 7, nach der anderen etwa 16 klm von der nächsten menschlichen Niederlassung entfernt liegt, ist von Interesse. Die Bestimmung der Fliegen hat Herr Geheimrat Braun freundlichst übernommen. Stubenfliegen, Hausmäuse und VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 429 Bachstelzen waren als Boten der Kultur meine ersten Gäste in Ulmenbhorst. Ferner ziehen noch einige Bussarde, Sperber ganz vereinzelt. Der Zug hört nachmittags fast ganz auf, nur Krähen ziehen noch ganz vereinzelt, die letzten 4,45 p. Die Krähen stofsen lebhaft nach dem Uhu. Drosseln fehlen, ganz wenig Rotkehlchen; man sieht jetzt öfter Baumläufer in den Gebüschen. 20. Oktober: Windrichtung O. Windstärke: 5,0 m p. Sek. Himmel meist bedeckt, aber klare Luft, kalt. Das Minimum- Termometer zeigt — 1,5°. Wieder ein Tag fast ohne Zug. Es ist ganz tot draufsen im Walde. In der Zeit von 7—10a. nur ein paar Krähentrupps und einige Flüge von Erlenzeisigen und Drosseln zu bemerken. Eine Turdus merula bei Ulmenhorst, einige Goldhähnchen in den Büschen. 21. Oktober: Windrichtung: ©. Windstärke: 6,6 und 6,9, gegen Abend 4,4 m p. Sek. Meist bedeckt aber ziemlich klare Luft, kalter Wind. Früh — 0,5%. Gegen Abend sieht der Himmel nach Schnee aus. Krähen ziehen von früh Y,8 bis gegen 4 p. in gröfseren Pausen in geringer Anzahl; Höhe 100—150 m, früh mehr als nachmittags. Das Charakteristische an dem heutigen Tage sind die Raub- vogelzüge: Bussarde, namentlich Archibuteo lagopus und See- adler. Heute ist Adlertag. Als ich ganz früh zum Hause her- austrete sitzt schon ein solch prächtiger Vogel auf der Düne und putzt sich sein Gefieder. Dann werden im Laufe des Vormittags noch mehrere gesehen, die im stolzen Schwebefluge nach S. wandern. In den Büschen einige Drosseln und, was bemerkenswert er- scheint, ab und zu Schwanzmeisen (Aegithalus caudatus) unter anderen Meisen. In der Luft ziehen keine Kleinvögel. Auf der Pallwe einige Heidelerchen, wenig Goldhähnchen. Gegen Abend muls der Unterzeichnete für mehrere Tage nach Rossitten fahren. 22. Oktober: Windrichtung NO. Windstärke: Etwa 4 m p. Sek. In der Nacht hat es geschneit, das ist der erste Schnee in diesem Jahr; auch den Tag über noch leichtes Schneegestöber. Schlechtes Wetter. Ein Krähenfänger berichtet, dafs einige wenige Krähen gezogen sind. Einige Schwanzmeisen im Garten. Rasch durchziehend. 23. Oktober: Starker NO., trübe. Einige Krähen und viel Raubvögel sollen gezogen sein. Stare im Dorfe. 24. Oktober: mäfsiger SO. bedeckt, ganz früh ein paar Regen- schauer. Viel Krähen und Raubvögel ziehen. Auf den Feldern grofse Schwärme von Finken und andern Kleinvögeln, auch 430 J. Thienemann: Rauhfufsbussarde über den Feldern. Viel Rotkehlchen im Dorfe, heute war guter Zugtag. Gegen Abend kehre ich nach Ulmenhorst zurück. 25. Oktober: Windrichtung: OSO; von 10a. an SO. Windstärke: 7,6 m p. Sek. Heller, sonniger Tag, auch nicht mehr so kalt wie an den Tagen vorher. Guter Zugtag. Gegen 6,30a. fangen die Krähen an zu ziehen, auch einzelne Sperber; um 7 Uhr wird der Zug stärker. Zughöhe von 3—30 m. Die Krähen kommen oft truppweise. Einzelne Rauhfufsbussarde wenig Tauben, und zwar nur ©. oenas. In letzter Zeit ist überhaupt nur diese Art gezogen. Früh auch Klein vögel in mäfsiger Zahl, Finken, Erlenzeisige, Heidelerchen, Höhe 20—40 m. In diesem Herbst sind Unmassen von Erlenzeisigen nach S. durchgewandert. Bemerkenswert ist wieder das Durchziehen von Schwanzmeisen-Trupps, die ganz rasch von Gebüsch zu Gebüsch fliegend vorrücken, ohne sich auf zuhalten. Von Mittag an wird der Zug viel schwächer. Gänse in letzter Zeit garnicht mehr gesehen, von diesen sind in diesem Jahre recht wenig gezogen. Auf dem Bruche ein Schwan. Einen Eichelhäher beobachtet. 26. Oktober: Windrichtung: OSO. Früh 7,8; 7,6 und 7,2 m p. Sek. Von 1 p. an 5,8 und 5,7 m p. Sek. Heller schöner Tag. 6,15 a. ziehen schon einige Sperber. Um 7 Uhr setzt sehr guter Krähenzug ein, bei dem starken Winde niedrig 3—30 m hoch. Charakteristisch sind heute die grofsen Dohlenschwärme von 100 Köpfen und mehr. Kleinvögel ziem- lieh zahlreich ziehend, Höhe etwa 30 m. Bemerkenswert ist darunter ein Flug Schwanzmeisen, der etwa 30 m hoch über die kahle Wüste eilig nach S. zieht, ohne die Gebüsche zum Anfliegen zu benutzen. Sperber heute ziemlich viel, darunter mehrfach Rauhfufsbussarde, Tauben wenig. Auffallend wenig Pieper in diesem Jahre, einige Starflüge. Nachmittags wird der Zug viel schwächer, um 1 Uhr hat der Wind von 7,2 m auf 5,8 m nachgelassen. Die Krähen fliegen gleich ganz anders, nämlich höher, und schlagen auch eine andre Richtung ein, mehr über See nach SW. zu. Sie halten nicht mehr so niedrig die Vordüne, wie am Morgen bei dem starken Winde Um 3 Uhr zieht wieder ein grolser Schwarm Schwanzmeisen durch die Büsche. Mehrere werden erlegt, es sind alles weilsköpfige. Solche ausgedehnten Züge dieser Art waren’in andern Jahren nicht zu beobachten. Überhaupt sind in diesem Herbste sehr viel Meisen regelrecht nach S. durchgezogen. Früh gegen 7 Uhr ziehen viel Seetaucher in grolser Höhe vom Haff nach der See. Diese Erscheinung ist um diese Tageszeit im Herbst oft zu beobachten. Auf der See Eisenten und kleine Säger und andere Vogelscharen, die sich nicht bestimmen lassen. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 431 27. Oktober: Windrichtung: OSO. Windstärke: 6,4 m. p. Sek. Hell, sonnig, auch ziemlich warm. Maximum 7°. Gegen 7a. fängt mäfsig starker Krähenzug an. Höhe etwa 30—40 m, auch 10 m. Dann fliegen die Krähen immer höher bis 60 und 80 m hoch und ziehen nicht über See nach SW. Auch einige gröfsere Dohlenschwärme. Vormittags wenig Kleinvögel, auch Stare. Raubvögelund Tauben fast gar nicht. Nachmittags lälst der Zug ‘sehr nach, nur Krähen fliegen noch in geringer Anzahl. Einige Drosseln und Rot- kehlchen, wenig Goldhähnchen; auch jetzt immer einige Zaunkönigein den Büschen. Schwanzmeisen fast den ganzen Tag über im Wäldchen sich umhertreibend. 1 Eichelhäher. Früh um 6 ein grofser Flug Seetaucher von der See nach dem Haff fliegend. 28. Oktober: Windrichtung: SSO. dann SO. Windstärke: vormittags 5 m, dann 3,4 m p. Sek. Schöner, warmer sonniger Herbsttag. Früh 6,20 ziehen vereinzelte Krähen, Drosseln und Kleinvögel; dann setzt gegen 7,30a., also etwas später wie sonst Krähen- und Kleinvogelzug in mälsigem Umfange ein, der nur bis 10a. anhält. Der Wind hat nachgelassen. Dann ist der Zug für den ganzen Tag vorbei. Von Kleinvögeln zogen namentlich Finken und Erlenzeisige und einige Drosseln. Jetzt bei so vorgerückter Jahreszeit findet nur noch in den Morgenstunden bemerkenswerter Zug statt. Um 3 p. 2 Schwäne niedrig nach S. zu. Schwanz- meisen heute wenig in den Büschen. Am 29. Oktober ist der Unterzeichnete in Rossitten. Es ist bei SW. ein trüber, nebliger Tag mit feuchter Luft. 30. Oktober: Windrichtung: NW. und NNW. Windstärke: 6,7 m, gegen Abend 9 m p. Sek. Bedeckt, feuchte, aber ziemlich klare Luft, vormittags droht Regen, nachmittags zuweilen schwache Regenschauer. Die Krähen fangen heute früh 7,15 an zu ziehen. Zug nicht stark und in gröfseren Zwischenräumen truppweise vor sich gehend. Höhe 20-30 m. Um 12 Uhr mittags wie gewöhnlich eine deutliche Pause im Krähenzuge, der dann am Nachmittag nur ganz schwach wieder einsetzt; die letzte Krähe zieht etwa 4 Uhr nachmittags. Aufser Krähen zieht nichts. Einige Meisen (aber keine Schwanzmeisen mehr) und ein paar Zaunkönige in den Büschen, sonst tot draufsen. Unter den erbeuteten Nebel- krähen sind noch auffallend viel Junge, auch ein auffallend kleines Stück, das nur 427 gr. wiegt. 31. Oktober: Windrichtung: N. und NNO. Windstärke: 6,1 m p. Sek. Bedeckt, trübe. Es findet kein Zug statt. Ein Schwarm Erlenzeisige auf den Bäumen, aber nicht wie sonst nach S. ziehend. 482 J. Thienemann: Der Unterzeichnete verläfst Ulmenhorst um wieder nach Rossitten überzusiedeln. Allgemeine Bemerkungen: Das Charakteristische an dem diesjährigen Herbstzuge war dafs er ganz allmählich vor sich ging. Fast an jedem Tage zogen Vertreter der einzelnen Arten, wenn auch zuweilen nur wenige, und so gelangte der ganze Vogelbestand in die Winter- quartiere ohne dals man viel davon merkte. Wenn man nicht mitten in einer viel besuchten Zugstrafse gewohnt hätte, so würde man an manchen Tagen überhaupt nichts von Vogelzug wahr- senommen haben. Veranlafst wurde diese Art des Zuges ohne Zweifel durch das gleichförmige Wetter. Wenn der Zug etwa durch Regentage einmal unterbrochen worden wäre, so wäre er danach in verstärktem Mafse ruckweise vor sich gegangen. So aber fehlten in diesem Herbste fast ganz solche Tage, die sich für den Beobachter durch aufsergewöhnlich starke Vogelzug- erscheinungen aus ihrer Umgebung heraushoben. Der Krähenfang war sehr schlecht, da die Vögel nicht fielen. Zusammenfassung der Resultate, welche mit markierten Nebelkrähen (Corvus cornix) und Lachmöwen (Larus ridibundes) bisher erzielt worden sind. Mit zwei Karten. Um einen Überblick über den jetzigen Stand des Ring- versuches soweit er Nebelkrähen und Lachmöwen betrifft, zu geben, erscheint es geraten, die bisherigen Resultate, nach gewissen Gesichtspunkten geordnet, im Zusammenhange darzustellen und durch beigegebene Karten zu erläutern. A. Nebelkrähen. Im Allgemeinen wird folgendes bemerkt: Sämtliche in Betracht kommenden Versuchskrähen sind durch Lockvögel und Köderfische aus den in der Luft nach Norden oder Süden über die Kurische Nehrung ziehenden grofsen Wanderscharen herabgelockt, mit Zugnetzen gefangen und beringt sofort wieder aufgelassen worden, und zwar meist im Oktober, zum geringen Teile im April. Auf diese Weise wurden bisher gezeichnet: im Jahre 1903 — 151 Stück 3: Ka tn 2.2908 =—,272 2 ll. 97. 11.1908 ‚1,160 77, ln LE m IK 1908 — 19, „ua Im Ganzen 909 Stück. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 433 Davon sind bisher zurückgeliefert worden: 111 Stück, also 19,2Prozent. Das muls als ein sehr hoher Prozentsatz bezeichnet werden. Man erkennt daraus, wie intensiv den Krähen aus jagdlichem und landwirtschaftlichem Interesse nachgestellt wird. Ein sehr hohes Alter werden die Krähen bei solchem Eingreifen der Menschen in ihren Bestand heutzutage sicher nicht mehr erreichen. Sie haben in der Hinsicht dasselbe Schicksal wie die Jagdtiere. Einige Anhaltspunkte für das Alter von Ringkrähen ergeben die unten folgenden Notizen. Wir betrachten nun von Norden beginnend, die Fundstellen von Ringkrähen, die auf der beigegebenen Karte durch Kreuzchen angedeutet sind, und erinnern daran, dafs sämtliche Vögel in den früheren Jahresberichten, der Vogelwarte Rossitten (Journ. f. Orn. von 1904 an) sowie in den ‚„Ornithologischen Monatsberichten“ unter Nennung der Erleger, Einsender u. dergl. bereits auf- geführt und besprochen worden sind. Wir können uns also hier kurz fassen und brauchen nur die Hauptergebnisse hervorzuheben. Das meiste sagt die Karte, die ich beim Lesen immer zur Hand zu nehmen bitte. Der schraffierte Teil der Karte gibt das Ver- breitungs- oder Besiedeiungsgebiet der über die Nehrung wandern- den Nebelkrähen an. Der nördlichste Fundort einer markierten Krähe liegt etwa . 30 klm. west-nordwestlich von der Stadt Savonlinna, (schwedisch Nyslott) in Finland, etwa 61° 40° n. Br. Der nächst südliche Punkt findet sich in der Gegend von Kotka in Finland. Auffallend ist die Anhäufung von Fundstellen in unmittel- barster Nähe von Helsingfors. Fünf Kreuze bemerken wir da auf einem Trupp. Ich möchte nach meinen Erfahrungen nicht mit Sicherheit daraus schliefsen, dafs dort gerade ein bevorzugter Sammelpunkt von Ringkrähen liegt, sondern möchte das auffallend günstige Resultat vor allem der Tätigkeit des Herrn Prof Dr. Palm&@n in Helsingfors zuschreiben, dem ich die meisten der betreffenden Ringe verdanke. Er hat die Versuche in sachver- ständiger Weise gefördert, und so blieben die Erfolge nicht aus. Was können wir erstens daraus schlielsen? Dafs viel mehr Ring- krähen erbeutet wurden, als tatsächlich an die Vogelwarte zurück- gelangt sind. Ich möchte annehmen, dafs von meinen Ringkrähen, von denen die ersten im Herbst 1903 gezeichnet wurden, nicht mehr viel am Leben sind. Wieviel erbeutete Ringe mögen achtlos bei Seite gelegt worden sein in Gebieten, wo weniger intensiv für den Versuch gearbeitet werden konnte. Ich komme noch jetzt zuweilen ganz zufällig einem erbeuteten Ringe auf die Spur, der sich irgendwo wohlver- wahrt im Kasten, oder auch auf dem Dunghaufen befindet. Und was können wir weiter für den Versuch für Lehren daraus ziehen? Dafs Bekanntwerden des Versuches für den Er- folg die Hauptsache ist. Internationales Gemeingut müssen die Journ. f. Urn. LVII, Jahrg. Juli 1909. 29 484 J. Thienemann: Vogelmarkierungen nach und nach werden. Dann — das kann man jetzt mit Bestimmtheit behaupten — lassen sich manche Vogelzugsfragen mit einer Schnelligkeit und Sicherheit ihrer Lösung entgegenführen, an die man früher nicht zu glauben wagte. — Wir fahren in der Betrachtung der Karte fort. Das Gouvernement Petersburg, ferner Livland und Kur- land haben eine ganze Reihe von Ringkrähen geliefert. Auch da mufs es auffallen, dafs sich die Fundstellen in manchen Gegenden dicht zusammendrängen. Und tatsächlich ist es vorge- kommen, dafs ein und dieselbe Fasanerie aus verschiedenen Jahren mehrere Stücke geliefert hat, ja dafs von ein und demselben Jäger in mehreren Fällen zwei Exemplare in verschiedenen Zugperioden erbeutet wurden. Schlufs daraus: Sehr viele von den im Herbst über die Nehrung nach Süden wandernden Nebelkrähen stammen aus den russischen ÖOstseepro- vinzen und haben auch dortihr Brutgebiet. Das Letztere beweisen die zum Teil mitten in die Nistzeit fallenden Erlegungs- daten von Ringkrähen und die von den Schützen beigefügten Notizen, dafs die Vögel am Neste erbeutet wurden. Solche Daten sind: 12. 13. 14. 20. 25. Mai; Juni, 7. Juniz LIII. Juli 2. August. Es geht weiter daraus hervor, dafs die Ringe die Krähen an der Erledigung ihres Brutgeschäftes nicht hindern. So fallen von 26 Erbeutungsdaten aus Rufsland 10 in die Brutzeit. Dafs über Savonlinna hinaus noch keine Ringkrähe ange- troffen worden ist, darf natürlich nicht als Beweis dafür genommen werden, dafs die über die Nehrung herabwandernden Nebelkrähen nicht auch aus weiter nach Norden oder Nordosten zu gelegenen Gebieten herstammten. Wie ich auf Grund eingezogener Erkun- digungen schon öfter in den Jahresberichten bemerkt habe, schielst in jenen nördlichen Gegenden so leicht Niemand auf eine Krähe. Es mülsten sehr günstige Umstände zusammentreffen, wenu von dort einmal ein Ring eingeliefert werden sollte. Wir rücken auf der Karte weiter nach Süden und kommen aufdieKurische Nehrungselbst. Daselbst, sowie in der nächsten Umgebung habe ich des beschränkten Raumes wegen auf der Karte keine Kreuze eingezeichnet. Man mufs sich die Umgebung von Rossitten mit Kreuzen ganz und gar bedeckt denken. Solche Stücke, die schon sehr bald nach dem Auflassen in derselben Zugperiode wieder erbeutet wurden, und zwar immer mit den gleichen Fanggeräten, sind ohne besondere wissenschaftliche Bedeutung und können hier weggelassen werden. Sie finden sich in den Jahresberichten verzeichnet. Man kann sich wundern, dafs die als überschlau angesehenen Krähen sich in kurzer Zeit mehrmals hintereinander haben überlisten lassen. Anders ist’s mit den Exemplaren, die vom Aufllassen an gerechnet in einerspäteren Zugperiode hier aufder Nehrung wieder gefangen wurden, und zwar immer dann, wenn sie in Gemeinschaft En VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 435 grofser Scharen von Artgenossen über die Nehrung wanderten. Sie zeigen, dafs die aus ein und demselben grolsen Gebiete stammendenZugvögelimmerdieselbenStrafsen benutzen. Hierbei dürfen natürlich auch die Ringkrähen als Beweis heran- gezogen werden, die kurz vor dem Eintritt auf die Kurische Nehrung im Samlande erbeutet wurden. Sie finden sich auf der Karte angegeben. Solcher Fälle liegen 10 vor. Es ist vorgekommen, dafs eine markierte Krähe erst nach drei Jahren wieder bei Rossitten erbeutet wurde. So hat sie also in der Zwischenzeit die Nehrung viermal unbehelligt auf dem Hin- ‚und Rückzuge passiert, bis sie beim fünften Male einem Krähen- fänger wieder zum Opfer fiel. Zuweilen lassen aber die Krähen und ohne Zweifel ebenso andere Zugvögel kleine Abwechsel- ungen in der Wahl ihrer Reisewege eintreten. Sie benutzen einmal ui Nehrung, das andere Mal das Ostufer des Kurischen Haffes. Das deuten die an jener Stelle gelegenen drei Kreuze an. Schliefslich führen uns die auf der Nehrung erbeuteten Ring- krähen vor Augen, dafs die gemeinsam ziehenden, jedenfalls aus eng begrenztem Brutgebiet stammenden Gesellschaften eine ge- wisse Regelmässigkeit und Pünktlichkeit in ihrem Aufbruch zur Reise nach dem Süden zeigen. Zwei im Oktober bei Rossitten aufgelassene Stücke wurden fast genau ein Jahr später (nur mit einer Abweichung von 3 und 4 Tagen) abermals auf ihrer Südreise hier erbeutet. Ist das nur Zufall? Wir gehen weiter nach Süden und gelangen nach West- preufsenalsoindasG@ebietder Weichsel. Dafs hier Ringkrähen angetroffen würden, konnte man von vornherein annehmen. Sechs Erbeutungsdaten liegen vor, wovon nur eins (19. 11.) vielleicht auf einen Aufenthalt im Winterquartiere hindeuten könnte. Die übrigen fünf Daten stammen aus der Zugzeit: 11./3., 12./3., 28./3., 2./5., 20./10. Es geht deutlich daraus hervor, dafs West- preufsen von den russischen Krähen als Durchzugsgebiet benutzt wird. Anders ist es mit Pommern, also dem Gebiete der Oder, wo die meisten Fundstellen von Ringkrähen liegen. Hier beziehen sehr viele der in Frage kommenden Krähen bereits Winterquartiere. Im Ganzen sind 19 Funddaten zu verzeichnen und zwar zwölf die auf Winterquartier schlielsen lassen: 1211.0710.113.,,27-/125\31,112., 1 1312./2, 12.2.18.2.219/2, 21./2., zweimal Februar, und sieben die vom Durchzuge stammen. Natürlich könnten die letzteren Stücke auch an ihrer Erlegungstelle dauernd Wohnsitz genommen haben. Es sind folgende Daten: 12./10., 12./10. 16./10., 7./11., 17./3., 4./4., 26./4. Wenn Pommern von allen deutschen Provinzen die meisten Ringkrähen geliefert hat, so mufs es um so mehr Wunder nehmen, dafs Ernst Hübner in seiner Avifauna von Vorpommern 29* 436 J. Thienemann: und Rügen, Leipzig 1908 diese Tatsache unberücksichtigt läfst. Er sagt auf Seite 122: „.. auch die Tatsache, dafs bis- lang in Neuvorpommern und Rügen noch keine Ringkrähe aus Rositten (richtig: Rossitten J. Th.) festgelegt werden konnte, macht die Identität der Winterkrähen Neuvorpommerns mit den östlich über die Kurische Nehrung fortwandernden Zugkrähen aus Osteuropa immerhin zweifelhaft“. Und dabei wurde schon am 10. Dezember 1906 die Ring- krähe 971 bei Bergen auf Rügen erbeutet. Sie trieb sich daselbst mit Artgenossen an Gehöften umher, hat also sicher den ganzen Winter dort zugebracht. Veröffentlicht wurde der Fall bereits im VI. Jahresberichte der Vogelwarte Rossitten, Journ. f. Orn. 1907 p. 535 und in Reichenow’s Orn. Monatsberichten Aprilbeft 1908. Ferner darf ich an die Ringkrähe erinnern, die schon am 27. November 1904 bei Ribnitz in Mecklenburg- Schwerin an der Küste erlegt wurde, wo Neuvorpommern und Mecklenburg aneinanderstofsen, (cf. IV. Jahresber. der Vogelwarte Rossitten, Journ. f. Orn. 1905 p. 395) und darf weiter auf die Ringkrähen hinweisen, die von Rossitten aus gerechnet im Hinterlande von Neuvorpommern, in Mecklenburg, erbeutet wurden. Gerade während ich diese Zeilen niederschreibe, trifft wieder eine erbeutete beringte Corvus cornix aus der Gegend von Rostock auf der Vogelwarte ein. Sollten die aus dem nordwest- lichen Rufsland stammenden Krähenscharen, in deren Gesellschaft diese Ringkrähen gezogen sind, Neuvorpommern und Rügen ganz umgangen haben, um nach Rostock, überhaupt nach Mecklenburg- Schwerin zu gelangen? Was sollte für ein Grund dazu vorliegen ? Trotz der oben angezogenen Bemerkung von Hübner finden sich übrigens in dem Litteraturverzeichnis des genannten Werkes die Jahresberichte der Vogelwarte Rossitten nicht angeführt. Dafs Pommern und Rossitten, oder allgemeiner ausgedrückt dafs das Mündungsgebiet der Oder und das nordwestliche Russland was den Krähenzug anlangt in innigstem Konnex stehen, ich meine das zeigt ein Blick auf die beigegebene Zugkarte. Höchst interessant ist es andererseits, dafs durch die ÖOrnithologischen Jahresberichte über Pommern von F. Koske, welche Hübner in seinem Werke verarbeitet, festgestellt worden ist, dafs in jedem Frühjahre starke Krähenzüge mit südöst- licher Flugrichtung über die Insel Wollin hinweggehen, Richtung Rügen-Wollin nach Hinterpommern hinein, anstatt an der Küste entlang auf die Kurische Nehrung los, und dafs ferner diese Züge nur im Frühjahre, nicht im Herbste, zu beobachten sind. Was läfst sich im Hinblick auf die vorliegenden Resultate des Ringversuches dazu sagen? Dafs jene Züge aus denselben Krähen sich zusammensetzen, die später die Kurische Nehrung passieren, möchte ich annehmen. Wie sollte man sich angesichts der Anhäufung von Ringkrähen-Fundorten im Osten der Oder- VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 437 mündung, einer Anhäufung wie sie stärker der Versuch anderwärts nicht gezeitigt hat, wie sollte man sich gerade dort eine Krähen- zugstrafse konstruieren, deren Passanten eine andere Herkunft als die aus dem Nordwesten Russlands stammenden Ringkrähen haben? Würde das nicht ein wüstes Durcheinander geben ? Meines Erachtens darf man nie die Absicht zeigen, die durch die Ringversuche erzielten Resultate als störendes Moment bei Seite zu schaffen, sondern man mufs diese Resultate als unanfechtbare Tatsachen zu Grunde legen und darauf weiter bauen. Das ist ja gerade das Beste- chende an diesen Versuchen, dafs Tatsachen geschaffen werden, wo alle Vermutungen aufhören. Die Lösung der vor- ‚liegenden Schwierigkeit dürfte die sein, dafs jene Krähenscharen irgendwo nach Nordosten wenden, um nach der Kurischen Nehrung zu gelangen. Herr Koske, der mir seiner Zeit über jene auffallende Erscheinung auch brieflich Mitteilung machte, wofür ich ihm hiermit herzlich danke, vermutet, dafs die Scharen nordöstlich abdrehen, sobald sie den pommerschen Höhenzug in Sicht bekommen. Jedenfalls scheint sich zu ergeben, dafs man nicht berechtigt ist, die jedesmalige Fundstelle einer Ringkrähe geradlinig mit dem Auflafsorte zu verbinden, um so die allein giltige Zugstralse herzustellen. Von dieser kürzesten Geraden wird häufig abgewichen, wobei für die Wanderscharen gewisse Terrainverhältnisse, wie Flufstäler, Bodenerhebungen, Waldbestände und dergl. und aulser- dem die sich bietenden Nahrungsquellen beim Wählen der Reiserute mafsgebend sind. Auf diese Punkte weist auch Hübner hin. Dafs aber jene Wolliner Krähenzüge nur im Frühjahre und nicht im Herbste sich zeigen wird vielleicht der verschiedenen Art und Weise zuzuschreiben sein, wie Herbst- und Frübjahrszug vor sich gehen. Die auf der Vogel- warte Rossitten gesammelten Erfahrungen deuten darauf hin, dafs die im Herbste auf der Kurischen und Frischen Nehrung beobachteten Zugketten sich nach den Verlassen dieser schmalen Landstreifen mehr oder weniger auflösen und ausbreiten, so dafs von den ziehenden Vögeln auf dem Festlande weniger zu merken ist. Die Vögel werden sich ohne grofse Eile über ihre Winter- quartiere zerstreuen. Mir sind z. B. aufser von Hela trotz eifriger Nachfrage noch niemals von auswärts die charakteristischen Raubvogel- speziell Sperberzugketten gemeldet worden, die man hier auf der Nehrung zuweilen vier Wochen lang fast täglich beobachten kann. Auch diese Vögel scheinen sich auf dem Fest- lande mehr zu zerstreuen. Im Frühjahre dagegen, wenn Eile not tut in die Brutgebiete zu gelangen, mögen sich die Krähenscharen auch aufdem Festlande mehr zusammenschliefsen und geschlossen vorwärts streben. Vorläufig ist das auch nicht viel mehr als eine Vermutung, aber ich weils augen- blicklich keine andere Erklärung. Das eine steht jedenfalls auf Grund des Ringversuches fest, dafs Rossittener Zugkrähen sowohl im Herbste, als auch im Frühjahre in Pommern anzutreffen sind. 458 J. Thienemann: Hebt sich Pommern, was Häufigkeit von Ringkrähen anlangt, so auffallend aus seiner Umgebung heraus, so gilt von der süd- lichen Nachbarprovinz Posen gerade das Gegenteil. Das ganz verlassen zwischen Weichsel und Oder auf der Karte liegende Kreuzchen deutet an, dafs bis jetzt erst eine Ringkrähe aus jener Gegend eingeliefert worden ist. Daraus geht mit grölster Deutlichkeit hervor, dals die Krähenzüge nachdem sie die Weichsel an der Mündung überflogen, das ausgesprochene Bestreben haben, den Zug nach Westen oder Südwesten, nicht nach Süden zu fortzusetzen. Die Besiedelung der Gebiete Deutschlands, die südlich von der schraffierten Partie auf der Karte liegen, wird jedenfalls aus den geradlinig nach Osten zu gelegenen Teilen Rufslands erfolgen. Es folgt die Provinz Brandenburg, also das Gebiet zwischen Oder und Elbe: Vier Erbeutungsdaten liegen vor: 21./2., 16./3., 6./4., 15./12. Zwei davon, das erste und das letzte, stammen aus der Zeit des Winteraufenthaltes, die beiden mittelsten gehören der Zugzeit an. Auch in Brandenburg ist wieder der Fall vorgekommen, dafs ein und derselbe Jäger in verschiedenen Jahren, und zwar 1903 und 1907 je eine Ringkrähe in ein und demselben Reviere er- beutet hat. In der Zwischenzeit gingen 1056 unberingte Stücke durch die Hände dieses Herren. Vorsichtshalber will ich bemerken, dafs diese 1056 Krähen auch ohne Ringversuch und ohne die Existenz der Vogelwarte Rossitten getötet worden wären. Sie wurden auf einer Gutsförsterei aus landwirtschaftlichem und jagdlichem Interesse vertilgt. Nach Süden zu schlielst sich die Provinz Sachsen an mit einer Ringkrähe, und zwar von Prettin an der Elbe, Kreis Torgau. Erbeutet am 26. März 1907, also in der Zug- zeit, vielleicht auf dem Zuge aus südlicheren oder westlicheren Gegenden begriffen. Dies ist für Deutschland die südlichste Fundstelle einer beringten Nebelkrähe, ca 51° 40‘ n. Br. gelegen. Wir gehen nun wieder nach Norden und besprechen Mecklenburg, zwischen den Mündungsgebieten der Oder und Elbe gelegen. Zu verzeichnen sind acht Erlegungsdaten, wovon man fünf auf Winterquartiere rechnen kann, nämlich 16./11.; 27./11.; 2./1.; 8./1.; Feb.; und drei auf Durchzug: 25./10.; 27./10.; 12./4. Hier soll bemerkt werden, dafs Ventschow am Nordrande des Schweriner Sees lange Zeit hindurch die westlichste Fund- stelle für markierte Krähen blieb. Dann folgten beringte Stücke aus Hannover, also dem Gebiete der Weser. Zwei wurden bisher dort erbeutet, und zwar das eine Anfang April, das andere am 26. Oktober. Beide Daten scheinen auf Durchzug hinzudeuten. Es schliefst sich jenseits der Weser nach Südwesten zu Westfalen an, womit wir nunmehr in das Gebiet des Rheines kommen. Auf der beigegebenen Karte bemerken wir, dafs die VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 439 Fundstellen jetzt immer spärlicher zu verzeichnen sind, was durch das Schmalwerden der schraflierten Partie sich deutlich ab- zeichnet. Westfalen hat bis jetzt zwei Funddaten aufzuweisen, das eine vom 29. März, das mitten in die Zugzeit fällt, und das andere vom 10. November, das auf der Grenzscheide zwischen Zugperiode und Zeit der Winterruhe liegt.- Als Schlufs folgt für Deutschland das Rheinland mit zwei erbeuteten Ringkrähen vom 9. Februar und 7. Dezember. Beide Daten fallen in die Zeit der Winterruhe. Die Krähenscharen die von ihren russischen Brutplätzen soweit nach Westen zu vor- gedrungen sind, werden dort Winterquartiere bezogen haben. Und doch haben wir Winterherbergen der in Frage kommenden Nebelkrähen noch weiter im Westen zu suchen, denn es folgt schliefslich eine Ringkrähe aus dem nördlichen Frankreich, speciell von Solesmes im Gebiete des Sambre- Flusses, und zwar vom 8. November 1906. Das ist das west- lichste und zugleich südlichste Stück. Fundstelle etwa 50% 12’ n. Br. gelegen. Der Vogel wurde auf dem Zuge erlegt, wäre also vielleicht noch weiter nach Westen oder Südwesten vorge- drungen. So sind von jenseits des Rheines bis jetzt drei beringte Nebelkrähen zu verzeichnen. Es mu/fs dazu bemerkt werden, dafs man vor Durchführung des Ringversuches ein so weites Vordringen der russischen Krähen nach Südwesten nicht annehmen konnte. Zusammenfassend ist noch folgendes zu sagen: Zunächst hat der Ringversuch gezeigt, dals die Verschiebungen, welche alljährlich zweimal innerhalb des Nebelkrähenbestandes vor sich gehen, kein planloses Durcheinander darstellen, sondern dafs man auch bei dieser Vogelart sehr wohl von einem regelrechten Zuge reden kann. Das auf der beigegebenen Karte schraffierte Besiedelungsgebiet der über die Kurische Nehrung herabwandernden Nebelkrähen erstreckt sich über 111/, Breitengrade. Es umfalst nicht nur die norddeutsche Tiefebene, sondern auch den nörd- lichen Teil von Mitteldeutschland. Was die Entfernungen der extrem gelegenen Fundstellen anlangt, so liegt die nördlichste, Savonlinna, von Rossitten 900 klm ab, die westlichste und zu- gleich südlichste Solesmes von Rossitten 1280 klm. Nimmt man an, dafs eine Brutkrähe von Savolinna ihr Winterquartier bei Solesmes bezogen hat, so mulste sie, über Rossitten fliegend, 2180 klm zurücklegen. Auffallen mufs es, dafs die Niederlande keine Fundstellen von Ringkrähen aufweisen. Sind dort wirklich keine zu finden? Werden also diese Gegenden von den russischen Zugkrähen gemieden, oder läfst der in Holland erfreulicherweise in höchster Blüte stehende Vogelschutz, der allerdings nach unseren Begriffen etwas zu stark sentimental angehaucht erscheint, keine Erfolge für den Ringversuch aufkommen? Ich möchte in Holland sehr gern Störche zeichnen lassen, um Vergleichsmaterial zu den im äufsersten Osten Deutschlands vorgenommenen Mar- 440 J. Thienemann: kierungen zu bekommen. Auf meine Anfragen ist mir der Be- scheid geworden, dafs der holländische Bauer das Zeichnen eines Storches der ärgsten Vivisektion gleich achten würde. Schielst man demnach vielleicht dort auch keine Krähen ? Die Zeit wirds lehren. Auf eins mufs ich noch hinweisen, was die beigegebene, auf Grund des Ringversuches entworfene Zugkarte in geradezu frappierender Weise zur Darstellung bringt, ich meine die eminent günstige Lage der Kurischen Nehrung für Beobachtung des Vogel- zuges. Wenn man einen Laien unter Vorlegung der Karte fragen würde, wo man Posto fassen muls, um die ziehenden Krähen- scharen zu beobachten, die sich nach Norden zu in Rufsland, nach Süden zu in Deutschland und Frankreich auf den breit schraffierten Gebieten ausgebreitet haben, er würde sicher auf die schmal schraffierte Pforte bei Rossitten zeigen. Dort muls alles vorbei. Und wie es sich mit den Krähen verhält, so ists auch mit anderen Zugvögeln, denn der Krähen-Ringversuch kann in gewissem Sinne als Paradigma für die Zugverhältnisse bei anderen Vogelarten gelten. In der nun folgenden Tabelle werden die erbeuteten Ring- krähen (mit Ausnahme der auf der Nehrung bald nach dem Auf- lassen wieder gefangenen) den Auflassungs- und Erbeutungs- terminen nach in chronologischer Reihenfolge aufgeführt. Zur Erklärung ist wohl nichts Näheres hinzuzufügen, da die Köpfe der Rubriken alles Notwendige erläutern. Die Tabelle zeigt, wie die Krähen, die an einem Tage gemeinschaftlich die Nehrung passierten, sich dann später auf dem Zuge und in den Winterquartieren zer- streut haben. Man achte auf die bemerkenswerten Stücke, die gleichzeitig aufgelassen, zuweilen nach Jahren auch wieder gleich- zeitig erbeutet wurden, manchmal auch räumlich nicht weit von einander getrennt. 441 VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. ne 2 ar NT “009 3LEINI'CH “ 067 31'975 WE FI 709, DLE WEFT “ 044 |3L21 WNFEI „ 8 [BLEmF EI 8LI |SLSE NS — N N Zee 088 3108 N cs — “09 [316 Wr LI “009 | d3LE WL-— “08: | SIE WNZ — "wi 09€ AU a— — ° JuIO Ann |, zernsan -sepny WoA unssepmy AIep nom orM eu edue] oIM u9sog-urdwaz) ‘CO aayef w] wıawwog -JopsdumyoA ’g0 TaqwmaaoN "Gl puejnurg ‘saojauısjof 199 Kqsa], jerdsyauy °80 Tudy 97 sınq -uopaeig ur umpjog 'cO 1IdY '9 puejsjny ‘Zanqsı999d IS UOA yal -JSIMPNS Burgdsyen 'CO ZIeW "FI puejar] ‘yedıoq U0A "IPnS Y9e4uog 'cO AENIgOA '8%G uıawwog-pelzing 'GO 1enIqdT'gI uasjna1dIsQ ‘3P0A19ISO sıaıy 'peLyo19qg "70 ZIBMW 'El uauwmog-HelzyeN ‘70 Aenıqay "LIO9WWOI -Moydez 'g0 Aaqwezad IE UNIWWOIF-Z[DLA ‘q Sıaqunjg co wenıgag ’6L "puejuurg -stogsusppy Toq '70 TeW EI Sınquapueig ‘zUUSL1T-ISO IP u SınquaAam 'g0 aaqwazadg "GI "nI9WWog | -zupmS NV 'g0 aaqo10 'z1 <3omeqıs om pun une » iq ai 9'21 'g 73 [8061 IXO SI 8 L I ) q 7 'g 7 | FOL | es LL |'E06T ‘WO "Tl 7 © | 7 | | 1 Ihre 5 st 8061 'IN0 01 | ozongg | "ononag |agomeqıe | zuosser \uajomeq.o uoyognegıe woARp | -edme | zuessejpäne | aop ın | op zes | Yonıg yong uue | ppne |-uozorg | jemnerm | Teraera “099 3Ler wa 1 (uasnqı9o9m Aaqasıu | -uLg) paepzog josup co np 'T | " - O1 LTE WF— | Stzuegq Ioq nexfeog 90 ZIRM ‘ZI at 9°q AI "8I |'S06T MIO '81 098 \SLEI WE LE puejiny ‘oysneg Toq Joy -DWwoW-saedıoq Ing 60 ZAe N ‘1% ‘8 “ 008 | — 'W 8 'f 1] paepupg-eyjoy “epeep ‘zo Tunp L uw 006 [3L8 WI FI purjung BUUNTOARS 1eq ',0 Indy 0% 9 | J. Thienemann oo = a “089 |aLsı mg —! aqıg/e umpaq toq ‘zo zen | © | * 08 13. 1 -—- UIHWWOI-MoMmg SIaIy ‘MON -U4E7 199 MOSINIIS '90 A9AOIYO "ZI a] et "'G 0° 19061 "MO '8 “ 0801 3LE WEL 1 par] | -urmyy-pppAg 'z0 Aaqwezaq ', | "SI “ 017 SL 8 — '£ I] PueJAr]-Jogeiveg ‚0 1990740 "21 iz NT NET uayyıssoy 'z0 Tunf '6 | EI “ 091 [BLOL NL ‘puejany -uopoute y 'd usjoqwy ',0 IeW Fl ‘sl “ 081 3L82 MI — uosjna1d -7soM “eIoH-PpIoJsny '20 Tem 'z 1 0 LEN AULLET BEL ‘Jaopusje] uonmejsugeq 3.ıaq -uoyarqdssjoryas 1aq ‘20 ILIdYy zT | OL ge ee eıtlöy toq zo Ilady '6 | 6 “ 088 ELZIWS— (Zinquapueig) ZyusLıdjso aınquskam Taq 20 ZEN '9I ‘8 eo aLg mr — "Puejarmyy-uoydey 19q uapasınM 20 TenagqdT '6 L N 0 NE Zn zy9agg Sumq -U9JJI9N-puejparag 20 Aaenıqdı ‘9 “ 087 |SL9°W z — | UIEWWOT-uaäny me uodaag 19q jJoyuajsnöny '90 Aoquezad ’OL ‘G wg 089 ILZE NT — | (UNOMS-Zunquopy9oW) Moyd -JeN Iaq u91T0N '90 A9qWOAON '9I | 7 "GI "GI "ol 19061 MO 7 334u10J}u0 -oyon?g | oYonIS |.}0meqıe| zuesser | sd etenegTD e) ELRC) Ar -adme . uassejodmne ak Sunssegny 1op ;3omegio om pun uugay ar a on En om or | oXuef aLM pneT | Aurora [emer | TorAerA 447 VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. ‘qe opıdeı 319Z Affeqe]L Ip 9m “uosungsjorjurg op uHUIyaUu HlyeFf UOJg WI 'uepurf uauroWw UI A9poIM UOUIS UAYELM [6 UP UOA SRH aIp em usyeuoW 2 QIeN OMaqIO A9P9IM SEAN UEYKANSUI UOFSIHUT HIp OSTe uapınm J1OZ A9saıp up '0/u8‘IF une 2'6g UOA Yenom '9 wnz 'c woA Sunidg u9sJo13 uop uww oyydeaq unu puy ns n EFT = YOmS EI uayenop Tomz yoeu ‘%,g‘g — YNınz AI9PoIMm YINIS 8 UEUBLM USNIUNJOFNE ATfoqe] Aop UT I6 UP uoA em -[9304 9Ip ae (99UY99193 ue sjodoN\ UAPuayPAJ9q sOp oSejsdunssegny WOP voA [eusapof) yeuom weuıe ydeN :u989] NZ UASTEWLIHEPUAF]OF UB SuBjJuy UOA OSIE IST H]EIEL AI Sep Iydımneyasuwiaa Affeqe], 1op ur uoyLIqny op UHPIOMAIZINY Se 'FULOFJU9 UIWIHFSdUNSSEHNYy WMOA Y9eu J19Z A9P yoIs uew 19m ol “uopıom aayaııyds a9wwI uOuKaySury uoA u9dunejoNumg oIp Sep yonıpodsne sIEpue 19po ‘uapaınm Jonaqıa Aapaım uassegny WAp y9Bu pfeq SISRusiugpggasA dogs UOYKIY U94SIHW 9Ip sJep ‘u9d1az [08 Of[qeL aPu93[oF arq -djo9g SIOAy urawmwog/tuxay eg ‘so Judy HF | 7 “ 088 [ILESNE— “89 OLL WG —| _ 'Puejweg-uosneyuygosıg SIOIy ı Saoquanaıy], 1094 "20 ZWM SI "1 Er RE ‘ee "9061 20 "LT “ 088 |BLI NS LE uasjpnaıdysoq OyouL SIOAY "ZAMOUIS "19 60 ZIBW "TI "G ER WIOUWOT-OPIEMUAFOY sıaay MAA9ppaM 80 ATenıqay 7 wg ce LI WI —| eıtsvy toq ‘zo adv m | € . . J. Thienemann 448 FON = YEsgep — 'f geuon = ‘N :3unyıewuy "eg "ga: a [27 g'cg _ 4 [e) . u zı « I 4“ 00 “ 0% . « 6 "Eutin "ri rar: ll ll “ 626 — “ 68: « MT «& g ir 306 —_ “ 88: “« 9 er [73 99 [43 09: [13 € [13 I “ Tez 11 Iz . “ g [13 00T _ 4 16 . « 2) [73 F & 8'96 _ Sg: [13 9 [43 & [43 T'68 _— 18: [5 G “« 2 “ 8'£9 —_ 4 89: [15 Pd “ I “ e'pI “ el A “« Z %66 = WO: MILF| WFT SHE: mE TE 698 = 862! L3| 29 = IS20:NI LI| hs = 988 MI ——— re N — m N ren Cu en N ———— “agef "A ayef "AI “ıyef TU “ayef I ayef I peu 9maq.ıd purs u9URIM UEJLEFEITEZULD UHp UOA VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 449 B. Lachmöwen. Waren die vorher besprochenen Nebelkrähen Zugkrähen, die bei ihrer Wanderung über die Kurische Nehrung gefangen und markiert wurden, so sind die nun folgenden Lachmöwen bei Rossitten, und zwar auf dem daselbst gelegenen Möwenbruche, erbrütete Vögel. Ihr Heimatsort ist also genau bekannt, was die mit ihnen erzielten Resultate besonders wertvoll macht. Über das Zeichnen der halbflüggen Möwchen habe ich mich schon an anderen Stellen, z. B. im V. Jahresberichte der Vogelwarte Rossitten (Journal f. Ornithol. 1906 p. 464) ausgesprochen und darf hier darauf verweisen. Mit dem Markieren von jungen Lachmöwen ist im Sommer 1905 begonnen worden. Es wurden bisher gezeichnet: im Jahre 1905: 168 Stück 132 045... 190BE EL 5; RR 1 1 Ken | V. 26 Fe ae OFEN im Ganzen 616 Stück. Davon sind bis jetzt zurückgeliefert worden: 40 Stück, also 6,4 Prozent. Wir betrachten nun, von der Auflafsstation Rossitten beginnend, die Fundstellen der markierten Stücke, die auf der beigegebenen Karte durch Kreuzchen kenntlich gemacht und durch schraffierte Bahnen mit einander verbunden worden sind. Sofort fällt uns im Vergleich mit der vorhin behandelten Krähenkarte ein ganz anderer Zugtypus auf. Während wir dort grofse Besiedelungs- gebiete vor uns hatten, stolsen wir hier auf ausgeprägte Zug- strafsen. Die Fundstellen, welche in der Umgebung von Rossitten um das Kurische Haff herumliegen, kommen für die Erforschung des Zuges nicht in Betracht. Sie rühren von jungen Möwen her, die schon bald nach dem Verlassen der Brutstelle beim Umbher- streifen in der Umgegend im August und September erbeutet wurden. Auch auf der Nehrung selbst mufs man sich noch einige derartige Kreuzchen eingezeichnet denken. Wir kommen nun auf die Zugstrafsen selbst. Zwei sind zu zu verzeichnen: eine nach Süden und eine nach Westen an der Küste entlang führende. Bis zur Weichselmündung fallen beide Strafsen zusammen. Die zwei dafür in Betracht kommenden Fundstellen liegen an der Festlandsküste des frischen Haffs. Sie sind Korschenruh b. Ludwigsort und Tolkemit. Nun zweigt sich die südliche Stralse ab. Es folgen Pieckel in Westpreufsen an der alten Nogat, dann der Zempelburger See in West- preufsen, dann der Koldromber See, Bezirk Bromberg in Posen, ferner Gohlau, Kreis Gnesen in Posen, dann Krizanau in Mähren und schliefslich Wien mit 2 Fundstellen. Diese letzten beiden Stücke waren gleichzeitig markiert und wurden an zwei aufeinanderfol- Journ. ?. Orn. LVIL. Jahre. Juli 1909, 30 450 J. Thienemann: genden Dezembertagen an der Donau bei Wien erbeutet. Wenn das möglich war, so müssen in jenen Tagen grolse geschlossene Rossittener Möwenflüge bei Wien durchgezogen sein. Die nächste Fundstelle liegt bei Triest. Ich nehme an, dafs die Möwenscharen auf der Donau abwärts gezogen sind, um auf einem Nebenflusse das Adriatische Meer zu erreichen. Da- rauf scheinen mir die beiden Fundorte bei Spalato in Dalmatien hinzudeuten.!) Über Triest wandernd haben dann die Möwenscharen von Norden her ihre Winterquartiere an der Pomündung in Ober- italien erreicht. Hier in den fischreichen Lagunen bei Comacchio finden sich die Hauptwinterherbergen der Rossittener Lach- möwen, denn, wie die Karte zeigt, sind dort auf ganz beschränktem Raume schon sechs Ringmöwen angetroffen worden, wozu mir aus zuverlässiger Quelle gemeldet wird, dafs noch mehr dort er- beutet worden sind, deren Ringe leider verloren gingen. Von Oberitalien wandern die Möwen noch weiter nach Süden bis Nordafrika. Der auf der Karte eingezeichnete mit „Tunis“ versehene Pfeil deutet das an. Am 12. Januar 1908 wurde eine Ringmöwe am Bahira, dem Binnensee bei Tunis, erbeutet. Wir gehen nun wieder nach der Weichselmündung zurück und verfolgen die zweite nach Westen an der Küste entlang führende Zugstralse, die folgende Fundstellen bezeichnen: Ueckermünde am Kleinen Haff in Pommern, dann drei Stellen an der Mündung der Elbe, nämlich Hamburg, Finken- wärder und Brunsbüttelerhafen. Von da an blieb längere Zeit hindurch die nächste Fundstelle Lausanne am Genfer See. Ich nahm darauf hin an, dafs die Strafse von der Elbmündung weiter an der Küste entlang führe bis zur Mündung des Rheines und dann diesen Flufs aufwärts. Das hat sich bestätigt, denn es traf am 20. Januar 08 eineRingmöwe von Daubensand im Unter-Elsafs ein, wo sie etwa 200 m vom Rheinufer entfernt erlegt war, dann 7 Tage später eine solche von Lyonan der Rhone und in jüngster Zeit eine von Constanz am Bodensee.!) Schliefslich mufs noch hervorgehoben werden, dafs, wie im VI. Jahresberichte (Journ. f. Orn. 1907 p. 540) bereits gemeldet worden ist, auch an der Rhone- mündung eine mit einem Vogelwartenringe versehene „Möwe“ erlegt worden ist, deren Artzugehörigkeit leider nicht festgestellt werden konnte. Ich habe deshalb an der betreffenden Stelle kein Kreuz auf der Karte eingezeichnet. Aber nach dem jetzigen Stande des Versuches dürfte man wohl berechtigt sein, auch jene Möwe von der Rhonemündung als Lachmöwe zu bestimmen, so dals dann die schraffierte Bahn bis zur Rhonemündung reichen mülste. Rhein- und Rhonetal machen sich demnach als Zugstrafsen kenntlich. Nun gehen wir auf der Karte zur Rheinmündung zurück und bemerken, dafs ein Teil der fraglichen Lachmöwenflüge über die Rheinmündung hinaus weiter am Meere entlang wandert, 1) Kreuze auf der Karte noch nicht eingetragen. Vlli. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 451 denn es liegen noch zwei Fundstellen von der französischen Küste vor: LeHavrean der Seine-Mündung und L’Aiguillon-sur-mer an der Mündung des Flusses Lay. Näheres über die in Frank- reich überwinternden Lachmöwen, ihr Benehmen dort u. a. siehe im VII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten (Journ. f. Ornith. 1908 p. 458 ff.) Man beachte, wie der Ringversueh deutlich zeigt, dafs die Lachmöwenscharen gerade die Flufsmündungen als Aufent- haltsorte bevorzugen: Weichselmündung, Odermündung, Elbmün- dung, Seinemündung, Pomündung, (Rhonemündung). Der Versuch weist bis jetzt drei von den Rossittener Lach- möwen bevorzugte Winterquartiereauf:Oberitalien (Pomündung), Frankreich und Tunis. Aufserhalb der auf der Karte verzeichneten Zugstralsen liegen noch zwei Fundstellen: der Spirding-See in Ostpreufsen und Berlin (zoologischer Garten). Sie rühren beide vom Oktober und No- vember her, und zwar vonjungenetwa drei MonatealtenVögeln, die auf ihren herbstlichen Streifereien im Binnenlande angetroffen wurden. Was sagt der Versuch über das Zurückkehren der Lachmöwenan ihren Geburtsort, speziellin die Kolonie, wo sie erbrütet sind? Zwei Fälle liegen vor, dafs je eine junge Möwe in dem auf ihre Geburt folgenden Jahre wieder auf der Kurischen Nehrung, und zwar bei Sarkau, also 23 klm südlich von Rossitten, angetroffen wurde. Ferner habe ich mein Augenmerk darauf gerichtet, in der Rossittener Kolonie selbst Ringmöwen festzustellen. Mit dem Zeichnen von jungen Lachmöwen wurde, wie oben bemerkt, im Sommer 1905 begonnen. So sind die ersten Ring- möwen im Frühjahr 1907 fortpflanzungsfähig geworden. . Von der Zeit an bin ich bestrebt gewesen, beringte Exemplare unter den Schwärmen am Möwenbruche herauszufinden, und zwar durch Beobachtung möglichst vieler Möwenfülse an Ort und Stelle. Es bietet sich zu solcher Beobachtung die beste Gelegenheit dann, wenn die Möwen beim Anfahren mit dem Kahne sich wolkenartig erheben, zunächst hochsteigen und dann, wenn man etwas zurück- weicht, plötzlich niedersinken, um unter gewaltigem Geschrei mit hängenden Fülsen über ihren mit Eiern oder besser mit kleinen Jungen besetzten Nestern zu „rütteln“. In solchen Momenten kann man mit einem guten Glase in verhältnismäfsig kurzer Zeit Hunderte von Füfsen auf Ringe untersuchen. Und das Resultat? Ich habe bis jetzt noch keine Ringmöwe feststellen können, obgleich, wie oben bemerkt, schon 616 Stück auf dem Bruche markiert worden sind. Danach darf wohl mit einiger Sicherheit gesagt werden, dals viel Ringmöwen nicht an ihre alte Kolonie, in der sie erbrütet wurden, zurückgekehrt sind. Es hat so den Anschein, dafs sich, warscheinlich um Inzucht zu vermeiden, der Bestand einer Kolonie nicht aus den daselbst erbrüteten jungen Vögeln neu rekrutiert. 30* J. Thienemana 452 -Osjerjsönz uay9ı]lJsaa A9p jne cO Isqıay wı yaıs uapuyoq SL F 39[UMWWMOT “opunwaayd9aN) I19M 06T SPFuBdlyef sEp adLloyaauy| * 09 | 'W F — |-un gen sautejy 'cOo aaqwaaon Ss 1 7 & "JIOSNEULIOA PIOINIOJULMy SUL u9WwwmoyN][oA [EIN] A9pP Sep Jne u) sıq puauroydsue yJoaaıay Od "uajlen) uoA Sunajyim y9eu aopayaauıaıy| “ OLE | — "NE — "491801002 ‘unaag "CO. 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Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. (a’s) uney waJyue.Igdsaq ne 91ar) -ıenb.aJurM USY9I9]8 u ‘u9pıom Sıyejsdunzuregd}107 OKI Sayel -UNAA w 9819 alp ‘9OKT Suesıyer WOA u9Ssoua3Jıy uadunf Jr ydıs Yppuygaqg U9PIOM9d Sıyejsdunz -uegd4107 z06T ıqgelynıg m 9a 73919 YINIS 93119 JJEy919]2 9dLIOA Sep Alm Aayeds UaWoM G wIa]Sgo "Ypuaaq Zued ydıu y9ou PIOY19JuIM SUT ZUNIHSNBULIa A ‘(uayun 's) j19qWwaJdag "SI uap ıqdeag "yaIpuyaq OPION.LOJUr M usJqıejodsne STpurjsjfoaA U9IS19 WI "NONIS 93110A Sep IM osuag -Sıyejsdunzuepd}.10} 3yara YION Iayayosyanınz S9}1O -s1ngeg Sap ayeN 9Ip ul aaIgef u9pu93[0oJ Jıngqan) aIp ne wop u] "U9WUgs -nz JydlIu uosIay uaıyı Jn® Ose yaıs aayjey AdurZlgef UOUJOZUrd Ag 'MOPURBMIS UAFIIAIOULHJULM uap eu osjeagsönz uaydı]pns J9p zjue GO6I 38q19g wm puıs cO6I SPsusdlyef SOp AdLıoyaduy SL 9 “ 0081 W9 LI 2 L 1% “Eh NE rt 209), [17 € [73 & “ 0081 u 038 aL Pl N os fı 21 88 N 19 "L’& LSE:T G WI — GNF-UIIM T9q CO AAqwazaq '6 'n '8l’y, 'cTn'EI -uaerldsgg ‘Sunpunwog ‘oıydp9ewon 1994 30 Aenuep 1% ‘999 19JuUOx) we guuesne] I9q 90 12g0INO "CZ ‚Sunpunwqlq 19p U UOFEULO]EF -Inqsunig 1994 90 aaqweydag "SI "ZunIyoN 9y9s -Lmy 'neyıes 90 Aoqwaydas "FI ‘SuniyaN ayastıany 'neytes 90 ayelynıq "uaıfejLIlegg 'Dunpunw -0g ‘OIy9BUI0) 199 90 ZIRM "67 Nneuol A9p Ue LEST L'EI "L’06 ng J. 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Jabresbericht der Vogelwarte Rossitten. "IOMOW uaSunf pun a uaJfe A9P uIEJTILMAOq (N) FW eSUraUad Nr-— -uaeylıago “Zunpunwog 8 37 5 sep asqn uagqo Zunyıomwag ap 's| — OOSII'LZI'NE —ory99ewog Iaq 20 aenuep IL nz 'n ‘2 08 | ug "SL SI -uoeuned “ oggı "m g — jur oyepedg 10q 90 aaqwazaq ‘08 "L 'C :Q "3L 87 EN ERÜLETOWEEEIS “ get | WE — |-Supudg me 90 aoqweron 'CIl 'L '07 > ‘SL 0% "U9AUBN 'SIYAyJ Aone]3] “ 8IL | 'M zZ — |weugzuy 1994 90 aaqwaaon 'I| 8 11 'g ‚uauudagq uadunıap -UBM UT OZ OsoIp um 9P8193 U3MOMN 9Ip qQ uasjna1dIsg sme 90 des "FI woA pun uasjna1d -Js9 M sne cO 'Ydas "GT WOA POnIS um ol you Aouaa) :(uosjnaad -JS0) uayeegds ur paun u9sog ur yonys ura al ‚0 'Ydas 'gI we ‘(u9sog) usssug ı9q pun Zung -wep laq Yon9s um al 90 ‘das "SI Wy Jwwmoy.ı1oA Ayneg Zıspeuu -SIUJJeQ.IaA wnyepsdungnagig SIE ‘ÖL El 'u9sog ‘uasaun) SIaLy | aoquaydas "ge 19p sjep ‘puajjegny| “ ese | "Mg — neyog Twq 90 aaqwaydas '8Il 2 °C G '3L 83 "AunagoN aydsııny | wm II — — [woddoxua ga 90 ysninv el we (1 "uodunyıowmeg one aan op .79meqıe 0A pun uus A en an woA J1oM el |youu odus] or /, gg = PS 2 :yapnaquJ YOWIS SIT :uassejaßiny "9061 FZursıyggf J. 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Jahr. a — | mn nn m nn | L’M0n: 2.50 — 30220 ı Jahr 2 Mon.: 32 Str a3 25 2 „ 7 » = 18,2 %o 1 „ 3 ”„ 33 » — 85,8 %/o 5) I 13 » = 33,8 % l „ 4 „ 34 INNE 88,4 °o 4 „ 16 a 41,6 %o ] „ 3 „ = 9€1, %o 5 79° = 572% 1m menge 5, 650 ı 0 a, 7.27. =702% 8 „ 30 ,—= 78 °% ee Ba 3 III. Jahr. 3 Jahren 6 Mon.: 38 St. = 98,8 % 2 7 (Re Nie) — 7 il.n- Bericht über den Ringversuch im Jahre 1908. Der Unterzeichnete kann nicht umhin, zunächst seiner Freude darüber Ausdruck zu geben, dafs nunmehr die „Ungarische Ornitbo- logische Centrale“ in Budapest begonnen hat, das Zeichnen von Zugvögeln in grolsem Malfsstabe zu betreiben. Wie aus dem Be- richte von Jakob Schenk in der „Aquila“ 1908 p. 294 hervor- geht, und wie ich aus brieflichen Mitteilungen entnehmen darf, hat sich das Ungarische staatliche Institut zu diesem Schritte durch die Erfolge bewegen lassen, die bisher von Mortensen in Dänemark und in Deutschland von der Vogeliwarte Rossitten mit dem Ringversuche erzielt wurden. Eine gröfsere Anerkennung der Wichtigkeit von Vogelmarkierungen für die Vogelzugsforschung konnte wohl kaum an den Tag gelegt werden. Auch in Eugland werden an verschiedenen Stellen Vogelmarkierungen vorgenommen. Ich darf es mir darum ersparen, hier etwa auf die Einwände einzugehen, die ab und zu noch gegen die Ringversuche irgendwo auftauchen. Die ornithologische Wissenschaft hat diese praktischen Versuche als willkommenes und brauchbares Mittel zur Klärung von Vogelzugsfragen acceptiert. So freudig es begrüfst werden mufs, dafs ein staatliches Institut zur Benutzung des Ringversuches bei seinen Forschungen über- gegangen ist, so skeptisch und geradezu ablehnend muls man sich verhalten, wenn Privatleute auf eigene Faust Markierungen vor- nehmen. Dabei ist nicht immer die Garantie geboten, dafs das Zeichnen mit der nötigen Vorsicht und Gewissenhaftigkeit geschieht. Es mufs also nach der Richtung hin eine Warnung ausgesprochen werden. Wenn es nach und nach dahin kommen sollte, dafs die VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 459 mannigfaltigsten Ringe mit allen möglichen Zeichen und Initialen in der Luft herumflögen, so könnte es leicht eine heillose Ver- wirrung geben, und der Schaden könnte dann gröfser sein als der Nutzen. Ich habe darauf schon öfter hingewiesen. Für Deutschland bitte ich die Vogelwarte Rossitten als die Zentralstelle für die Ringausgabe anzusehen. Die Marken werden kostenlos und porto- frei zur Verfügung gestellt. Es sind folgende Grölsen im Gebrauch: 1) für Störche (Reiher) 2) für Krähen (Raubvögel, grölsere Möwen), 3) für Lachmöwen (Kiebitze), 4) für Drosseln, Stare, 5) für Schwalben, Rotkehlchen. Die beiden letzten kleinsten Nummern sind nun auch mit dem Aufdruck „Vogelwarte Rossitten‘ versehen worden. Es ist mir ein Bedürfnis, allen den Herren und Damen, die sich um den Ringversuch verdient gemacht haben, meinen herzlichsten Dank im Namen der Vogelwarte Rossitten aus- zusprechen. Ich habe oft für meine Versuche ein Interesse und eine Unterstützung gefunden, auf die ich früher nie zu hoffen gewagt hatte. Wenn irgendwo, und sei es auf der Südspitze Afrikas, ein Ringvogel angetroffen wurde, und es liefen dann auf der Vogel- warte innerhalb weniger Tage vier oder fünf Meldungen über diesen Fall durch Postkarten, Briefe und Zeitungsausschnitte ein, so war das herzerfreuend und zeugte von dem grofsen Interesse, welches das Publikum an den Versuchen nimmt. Also nochmals verbind- lichsten Dank! Auch der Presse gebührt wärmster Dank, da sie für das Bekanntwerden des Versuches in weitestem Malse gesorgt hat. Hier soll noch bemerkt werden, dals die Anhänger des Es- peranto sich von mir Aufrufe und Separata, welche den Ringver- such betreffen, haben schicken lassen. Diese Schriften sollen in Esperanto übersetzt und im Auslande verbreitet werden. Natürlich habe ich das mit grofser Freude begrüfst. Schon früher war an mich das Ersuchen ergangen, die Ringaufschriften in der Welt- sprache Esperanto anbringen zu lassen. Dem standen aber manche Schwierigkeiten entgegen. Als früher das Anlegen von Vogelwartenringen ausschliefslich in Rossitten selbst geschah, von mir persönlich, oder unter meinerLei- tung ausgeführt, da konnte ich in den Jahresberichten sämtliche auf- gelassenen Ringvögel nach Arten genau aufzählen, und konnte dann nach dem Verhältnis der zurückgelieferten Exemplare Prozentzahlen über erbeutete Ringvögel angeben. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Die Vögel, die in Rossitten selbst gezeichnet wurden, kann ich allerdings auch jetzt noch genau anführen, nicht aber die, die auswärts die Marke erhalten haben. Da kann ich nur angeben, wieviel Ringe von jeder Sorte gefordert und ausgegeben worden sind. Welche Vogelarten und wieviel Exemplare damit markiert worden sind, das wird mir nur in den wenigsten Fällen zurück- gemeldet. Der ideale Zustand, dafs über jede Markierung sofort Listen an die Vogelwarte eingeschickt werden, ist vorläufig nicht zu erreichen. 460 J. Thienemann: Inwiefern dieser Umstand dem Versuche selbst nichts schadet, da ich in meinem Hauptbuche immer genau den Ort verzeichnet habe, wohin die einzelnen Ringe gelangt sind, darüber habe ich mich schon im vorigen Jahresberichte p. 449 ausgesprochen und mufs, um Wiederholungen zu vermeiden, hier darauf verweisen. Der Apparat hat vorläufig noch nie versagt. Allerdings entsteht für mich bei solcher Lage der Dinge ein viel gröfseres Schreib- werk wie sonst. Unter den geschilderten Umständen ist es also nicht mehr möglich anzugeben, wieviel Prozent der gezeichneten Vögel an die Auflafsstelle zurückgelangen, was in früheren Jahresberichten und auch in den zusammenfassenden Berichten über die Krähen- und Lachmöwenmarkierungen im vorliegenden Jahresberichte genau angeführt ist. Ich kenne, wie gesagt, die Zahl der in einem Jahre gezeichneten Vögel nicht mehr genau. Es sollen jetzt die Vögel aufgezählt werden, die im verflossenen Jahre auf der Vogelwarte Rossitten selbst markiert wurden: 219 junge Lachmöwen (Larus ridibundus.) 19 Nebelkrähen (Corvus cornix.) 3 Rauhfufsbussarde (Archibuteo lagopus.) 24 Heringsmöwen (Larus fuscus.) 4 Sturmmöwen ( ,„ canus.) 2 Mantelmöwen ( „ marinus.) Zusammen: 271 Vögel. Nach auswärts wurden folgende Ringe ausgegeben: 809 für Störche. 690 ,„ Krähen und Raubvögel. 163 „ Möwen und andere Vögel in dieser Grölse. 116 ,„ Drosseln, Stare. 31 ,„ Kleinvögel. Zusammen: 1809 Stück. Erbeutet und eingeliefert wurden im vergangenen Jahre folgende Vögel: 11 Störche. 9 Nebelkrähen. 1 Saatkrähe. 7 Lachmöwen. 3 Heringsmöwen. Zusammen: 31 Vögel. Zwei Ringstörche wurden in Gehöften an Nestern beobachtet. Die im verflossenen Jahre erbeuteten Ringvögel mögen nun aufgeführt werden. VIIl. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 461 1. Nekelkrähen (©. corni&). 1. Nebelkrähen aus Ostpreussen, und zwar von der Kurischen Nehrung. Nr. 2308 und 2309, aufgelassen am 23. Oktober 1908 in Rossitten und am nächsten Tage von einem Krähenfänger schon wieder in der weiteren Umgebung von Rossitten gefangen. 2. Nebelkrähen aus Westpreussen. Nr. 503, aufgelassen am 8. Oktober 1906 mit noch 19 Artgenossen in Rossitten; erbeutet am 11. März 1909 auf dem ‘ Bahnhofe Gr. Schliewitz Kreis Tuchel, Strecke Czerck-Laskowitz. Unterm 11. 3. 09 teilt mir Herr Bahnhofsaufseher Scheune- mann mit, dafs die Krähe mit einer Schufsverletzung am Flügel angetroffen worden sei, und dafs er das Tier lebend in Gefangen- schaft halte. Auf meine sofort abgesandte briefliche Bitte schickte mir der Herr den inzwischen eingegangenen beringten Vogel freundlichst zu. Es war mir von Wert, eine Ringkrähe, die ihre Marke 2 Jahre, 5 Monate, 5 Tage getragen hatte, genau zu untersuchen. Alles war an dem Vogel (bis auf die gewaltsame Verletzung) tadellos gesund; der Eierstock normal entwickelt, nicht verkümmert, so dafs man annehmen kann, dafs der Vogel in normaler Weise dem Brutgeschäfte obgelegen hat, Gefieder in bestem Zustande. Der Vogel steht jetzt in der Sammlung der Vogelwarte. Entfernung der Erbeutungsstelle vom Auflassungsorte 230 klm. Im dritten Winterquartiere oder schon auf dem Rückzuge begriffen. Nr. 586, aufgelassen am 10. Oktober 1905 mit noch 63 Artgenossen an den Korallenbergen bei Rossitten; erbeutet am 28. März 1909 morgens in Gr. Saalau bei Straschin, 17 klm südwestlich von Danzig durch Herrn Hauptmann a. D. Montü in Gr. Saalau. Ring eingeschickt erhalten. Zeit von der Auflassung bis zur Erbeutung 3 Jahre, 5 Monate, 18 Tage. Entfernung vom Auflassungsorte 180 klm. 3. Nebelkrähen aus Russland. a) aus Curland. Nr. 607, aufgelassen am 12. Oktober 1905 mit 48 Art- genossen an den Korallenbergen bei Rossitten; erbeutet am 27. März 1909 auf dem Gute Dörpers-Memelhof bei Bauske. Ring getragen: 3 Jahre, 5 Monate, 15 Tage; Entfernung 250 klm. Nachricht untern 29. 3. 09 durch Herrn Constantin Baron Funck in Dörpers-Memelhof. b) aus Finland. Nr. 80; aufgelassen am 11. Oktober 1903 mit noch 70 Artgenossen an den Korallenbergen bei Rossitten. 462 J. Thienemann: Erbeutet am 26. April 1908 unweit der Eisenbahnstation Järvenpää im Kirchspiel Tusby (Tuusula) etwa 35 klm nördlich von Helsingfors von Herrn Kapitän R. Gripenberg. Der be- ringte Fufs geht mir durch die Freundlichkeit des Herrn Prof. Dr. J. A. Palmen in Helsingfors zu, der ihn von Herrn Revisor W. Herlin geschickt erhalten hat. Die Krähe soll „ungemein grofs“ gewesen sein. Sie hat den Ring 4 Jahre, 6 Monate und 15 Tage getragen. Das ist die längste Zeit, die für einen Ringvogel bis jetzt in Betracht kommt. Das Auflassen dieses Stückes fällt in die ersten Tage, als die Vogelwarte mit ihrem Ringversuche begann. Ob die unge- wöhnliche Gröfse der Krähe und ihr Alter in Beziehung stehen? Auf der Krähenhütte, wo dieser Vogel geschossen wurde, benutzte man als „Uhu‘“ eine ausgestopfte Schneeeule. 4. Im Nest markierte Nebelkrähen. Bisher ist vom Beginn des Ringversuches an ausschliefslich von Rossittener Zugkrähen die Rede gewesen, die aus dem nordwestlichen Rufsland stammend, über die Kurische Nehrung hin- und zurückwandern. Man wirft gewifs bei Verfolgung dieser Züge die Frage auf: Wo bleiben, wenn in jedem Herbste ein so gewaltiger Zuzug von Norden koınmt, die heimatsberechtigten Krähen der Gebiete, die von den nordischen Winterkrähen besiedelt werden. Wo bleiben z. B. im Herbst und Winter die in Ost- und Westpreufsen erbrüteten Nebelkrähen? Weichen sie schon gleich bei Be- ginn der Zugzeit den nordischen Zuzüglern durch Wanderungen nach Westen oder Südwesten aus? Wie weit erstrecken sich diese Wanderungen? Öber bleiben sie mit ihren nordischen Artgenossen gemischt in ihrer Heimat? Unter solchen Erwägungen mufste es der Vogelwarte darauf ankommen, Nebelkrähen zu markieren, die in Ost- und West- preufsen erbrütet waren, also Nestjunge. Dieser Versuch war schon im vorigen Jahresberichte angekündigt worden, ein ziemlich komplizierter Apparat wurde im vorigen Frühjahr in Bewegung gesetzt, so dafs, wie die Zahlen oben zeigen, eine grofse Anzahl von Krähenringen ausgegeben werden konnte. Wir dürfen uns nicht verhehlen, dafs es eine ziemlich umständliche Prozedur ist, junge Krähen in Nestern zu zeichnen, die vielleicht ziemlich weit von bewohnten Orten gelegen, erst mit Leitern bestiegen werden müssen. Man denke ferner daran, dafs die Nebelkrähen- nester immer weit zerstreut in den Revieren sich befinden. So mufs ich wohl annehmen, dafs vorläufig nur ein kleiner Teil der ausgegebenen Ringe Verwendung gefunden hat. Aber trotz- dem liegen schon einige Resultate vor, darunter eins, das man vielleicht schon als willkommene Aufklärung in den oben auf- geworfenen Fragen begrüfsen darf. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 463 Es wurden nämlich durch freundliche Vermittellung des Herrn Dünenaufseher Wermter in Strauchbucht b. Pillau im Juni 1908 auf dem westpreufßsischen Teile der frischen Nehrung eine Anzahl Nestjunge von Nebelkrähen markiert, darunter auch Nr. 1704 in der Nähe von Kahlbereg. Diese Krähe wurde bereits am 26. Oktober 1908 bei Tremmen bei Nauen, Kreis Westhavelland, 40 klm westlich von Berlin erbeutet. Sie trieb sich in Gesellschaft von einigen Saat- und Nebelkrähen 500 m vom Dorfe entfernt auf einem Felde umher, wo Weizen gedrillt wurde, und fiel Herrn - Landwirt A. Reinicke zur Beute. Der nächste Wald ist eine Stunde entfernt. Der Herr nimmt an, dafs die Krähe schon seit längerer Zeit in jener Gegend geweilt hat. Der Ort liegt 590 klm von der Niststelle entfernt. Getragen hat die Krähe den Ring etwa 3 Monate. Es ist gewifs von Interresse zu erfahren, dafs sich die auf der frischen Nehrung erbrüteten Nebelkrähen schon zu so früher Jahreszeit auf der Wanderung so weit im Südwesten befunden haben. Nahrungsmangel oder schlechte Witterung können un- möglich die Triebfeder zum Fortzuge gewensen sein. So darf man annehmen, dafs auch die in Ost- oder Westpreulsen erbrüteten Nebelkrähen die Zugzeit streng innehalten und ihren nordischen Genossen nach Südwesten zu ausweichen. Die erste Nachricht über diesen Fall bekam ich durch Herrn GustavKraatz iin Tremmen, der, ebenso wie der Schütze, nichts vom Ringversuche wulste, und um Aufklärung bat. Ich erhielt die ganze Krähe eingeschickt. Eine zweite Nestkrähe, Nr. 2165, wurde am 6. Juni 1908 in Kifsitten durch den Königl. Förster Herrn Soecknick in Kegels bei Glommen, Kreis Friedland, Ostpreulsen gezeichnet und am 1. August 1908 nachmittags 4 Uhr in Perkau bei Siddan, Kr. Friedland 20 klm vom Standort des Nestes entfernt durch Herrn Förster Potreck geschossen. Die Krähe hat sich also in ihrer engeren Heimat noch umhergetrieben. Eine dritte Nestkrähe, Nr. 1647, erhielt den Ring durch Vermittelung des Herrn Dünenaufseher Muscate am 18. Mai 1908 bei Erlenhorst, auf dem nördlichen Teile der Kurischen Nehrung zwischen Memel und Schwarzort gelegen und wurde am 18. Ok- tober 1908 beim Zuge nach Süden auf dem südlichen Teile der Kurischen Nehrung bei Sarkau erbeutet. Den Ring verdanke ich Herrn Kantor Neumann in Sarkau. Wäre diese Krähe ungestört weiter gewandert, so hätte sie am 26. Oktober auch längst in jenen Gebieten westlich von Berlin sein können, wo die oben genannte erste Nestkrähe erbeutet wurde. Also wieder ein Hinweis, dafs die in Ost- und West- preufsen erbrüteten Krähen zu verhältnismäfsig früher Jahres- zeit ganz freiwillig ihre Reise nach Südwesten antreten, ohne sich durch Kälte oder Hunger dazu zwingen zu lassen, wie es im landläufigen Sinne meist angenommen wird. 464 J. Thienemann: DI. Saatkrähe (Corvus frugdlegus). Ich hatte mich schon längst darüber gewundert, dafs ver- hältnismäfsig so viel beringte Nebelkrähen, aber keine Saat- krähen eingeliefert wurden. Allerdings habe ich von dieser letzten Art nur sehr wenig, blofs 24 Stück, gezeichnet, aber immerhin hätte nach dem Prozentsatze der erbeuteten gezeichneten Nebel- krähen längst auch eine markierte erbeutete Saatkrähe auf der Vogelwarte eintreffen müssen. Jetzt erst kann ich eine solche melden, also erst nachdem der Ringversuch fünf Jahre hindurch fortgeführt worden ist. Ich möchte diesen Umstand dadurch er- klären, dafs der alten Saatkrähe, weil sie der Jagd gegenüber sich mehr indiflerent verhält, von den Jägern weniger nachgestellt wird. Allerdings erliegen dem ausgelegten Gifte oft recht viel C, frugilegus. Die Nr. 507 erhielt den Ring am 1. April 1905 in Rossitten und stieg in Gemeinschaft mit einer Artgenossin und 4 Nebel- krähen auf. Erbeutet wurde sie nach 3 Jahren 10 Monaten und 18 Tagen, am 19. Februar 1909, auf dem Gute Weifsenhaus, Kreis Plön im östlichen Holstein nahe dem Meeresstrande. Herr H. Kielhorn aus Kiel, Hummelwiese 9 p. schofs diese Krähe aus einem nach NW. ziehenden Schwarme heraus. Entfernung vom Auflassungsorte 650 klm. Der eingeschickte beringte Fufs tadellos gesund. III. Störche (Ciconia eiconia). Der Übersicht halber möchte ich die folgenden Ringstörche nach gewissen, den Zug betreffenden Gesichtspunkten ordnen. Da die Stücke bereits in Reichenow’s Ornithologischen Monats- berichten besprochen sind, so darf ich hier Kürze walten lassen und auf jene Stellen verweisen. Die von den Störchen im Herbste verfolgte südöstliche Zugrichtung. Storch Nr. 1347 wurde am 24. Juni 1908 auf dem Gute Meinhof bei Lippehne, Kreis Soldin, Provinz Brandenburg durch Herrn Tierarzt H. Conrad in Lippehne markiert. Nachdem der Vogel etwa am 6. Juli ausgeflogen war, zog er mit seinen Genossen am 19. August ab. Sechs Tage später, am 25. August, wurde er bei Kassa-Böla im nördlichen Ungarn angetroffen. Den Ring verdanke ich Herrn Otto Herman in Budapest, der ihn von Herrn Forstmeister Karl vonKarrai aus Kassa erhalten hatte. Der Storch soll umgekommen sein. Lippehne-Kassa direkt südöstliche Richtung das Odertal AO Erbeutungsstelle vom heimatlichen Neste entfernt: ca 640 klm. Ring getragen: ca 2 Monate. (cf. Orn. Monatsber. Oktober- heft 1908.) VII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 465 Der Zug nach und in Afrika. Wir gehen von Norden nach Süden vor. Der Storch Nr. 85 wurde von mir persönlich am 21. Juni 1906 in Seligenfeld bei Schönflies ganz in der Nähe von Königs- berg i./Preufsen markiert. Es befanden sich 3 Junge im Neste. Erbeutet, und zwar von Eingeborenen in Schlingen gefangen wurde dieses Stück im Oktober 1906 am Nordrande des Fittri- Sees bei Jawa im mittleren Nordafrika etwa 13° n. Br. Herr Leutnant Loisy, der in jener Gegend einen französischen Militärposten kommandierte, erhielt das beringte Storchbein vom Sultan Hassey von Fittri und schickte es mir am 30. Juni 1908 ein. Er bemerkt dazu, dafs der Storch in der Gegend des Erbeutungsortes „sehr gemein“ sei. Dieser Hinweis ist von srofsem Interesse, denn er sagt uns, dafs es sich bei dem erbeuteten Ringstorche nicht etwa um ein verflogenes Exemplar handelt, sondern dafs deutsche, oder genauer ostpreufsische Störche sehr zahlreich so weit nach Westen zu ins Innere Afrikas vordringen. Das hätte man vor Durchführung des Ringversuches nicht wissen können. An dem eingeschickten Beine sieht man, wie die Schlingen die Sehnen durchschnitten haben. Entfernung der Erbeutungsstelle vom heimatlichen Neste: ca 4675 klm. Ring getragen: ca 4 Monate. Gleich hier will ich vorweg bemerken, dafs sämtliche Ring- störche rein durch Zufall erbeutet worden sind. Die Ein- geborenen in Afrika hatten keine Ahnung von einer Vogelwarte Rossitten, geschweige denn von einem Ringversuche. Die Tiere wären also auch wenn sie nicht Versuchsobjekte gewesen wären, eine Beute der Menschen geworden. Nur den Ringaufschriften, die ganz mechanisch als Adresse benutzt wurden, verdanke ich den Eingang der Marken auf der Vogelwarte Rossitten. (cf. Orn. Monatsber. Juli/Augustheft 1908.) Ferner Nr. 1757, im Neste markiert im Sommer 1908 in Schönwiese bei Goldap Ostpreufsen durch Vermittlung des Herrn Kreisarztes Dr. med. Schüler in Goldap. Wann abgezogen un- bekannt. Erbeutet am 30. Oktober 1908 bei Roseires am blauen Nil, Sudan. Lage des Erbeutungsortes nach Mitteilung des Herrn Butler: 110, 91: 22°, n.. Br. 34° 23° 10° östl. Länge. Entfernung vom heimatlichen Neste: ca 4900 klm. Ring getragen ca 4 Monate. Den Ring verdanke ich den Herren Frank Atterburg in Roseires und A. L. Butler in Chartum. Der erste Brief mit der betreffenden Meldung war auf gut Glück unter der Adresse „Herr Vogelwarte Rossitten, Germany“ unterm 15. November 08 von Roseires abgeschickt worden und traf am 4. Dezember 08 in Rossitten ein. Journ, f, Orn. LVL, Jahrg. Juli 1909, 31 466 J. Thienemann: Herr Butler meldete nachträglich, dafs die Störche in jener Gegend wenig geschossen oder belästigt werden, so dafs dort viele markierte sein können, ohne bemerkt zu werden. (cf. Orn. Monatsber. Maiheft 1909.) Der Lage nach folgt jetzt der Storch Nr. 163, der wie be- reits im vorigen Jahresberichte gemeldet, bei Köslin in Pommern markiert und bei Fort Jameson in Rhodesia erbeutet wurde. Da mir nähere Nachrichten über die Erbeutung erst nach Ab- fassung des VII. Jahresberichtes zugingen, so ist hier noch folgendes nachzutragen: Der Erbeutungsort liegt ca 131/,0 s. Br. und etwa 321/,0 östl. L. Er ist etwa 7675 klm vom heimatlichen Neste entfernt. Der Vogel hat den Ring 5 Monate 4 Tage getragen. Der Storch wurde von Eingebornen aus grolsen Storchflügen, die dort häufig sind, herausgeschossen. Der Magen enthielt Heu- schrecken. Der im vorigen Jahresberichte erwähnte Herr Thor- nikroft balgte den Storch ab, um ihn dem Absender eventuell zuzustellen. Das erfuhr ich durch englische Zeitschriften. Nach langem Warten, nach vielen, vielen Schreiben und nachdem sich Herr Ökonomierat S. J aff& in Sandfort in freundlichster Weise um die Sache bemüht hatte, traf endlich der Storchbalg am 6. November 1908 über London in Rossitten ein und steht jetzt als ein gewifls interessantes Objekt in der Sammlung der Vogel- warte. Herrn Thornikroft hier nochmals herzlichsten Dank! Eine höchst interessante Geschichte knüpft sich an den folgenden Ringstorch Nr. 769. Gezeichnet wurde dieses Exem- plar am 7. Juli 1907 in einem Neste auf dem Gehöfte des Herrn Besitzers Adam Sobottka in Dombrowsken bei Ostrokollen, Kreis Lyck Ostpreufsen durch Herrn H. Griget. Abgezogen Anfang September 07. Erbeutet wurde der Storch in der Kalahari-Wüste von Busch- männern, die ihn rupfen wollten, um sich eine Mahlzeit daraus zu bereiten, plötzlich aber den Ring sahen und den Vogel voller Schrecken als einen „Gott‘‘ wegwarfen. Der Ring gelangte dann in die Hände eines Kaufmannes, von da an die Redaktion der Zeitschrift „The wide world Magazine“ in London und von da durch Vermittlung von Frau Eugenie Gwinner in Charlottenburg Wielandstr. 46 an die Vogelwarte. Der Erbeutungsort ist vom heimatlichen Neste etwa 8600 klm entfernt. Die Geschichte von der Erbeutung in der Kalahari hat in folgenden südafrikanischen Zeitungen gestanden: „The Cape Daily Telegraph“, Port-Elizabeth vom 21. November 1908, ferner in „The Star“ Johannesburg, Transvaal vom 24. November 1908. Die betreffenden Zeitungen wurden an die Vogelwarte einge- schickt von den Herren L. Burger in Port-Elizabeth, Capland und A. Stapff in Potgietersrust, Transvaal-Kolonie. Ferner haben sich noch die Herrn Apotheker Drege in Port-Elizabeth, und H.Scherren in London bei den anzustellenden Ermittelungen verdient gemacht. Herzlichen Dank dafür! Der Ring wurde VIII, Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 467 dem oben erwähnten Kaufmanne im März 1908 an der Nordost- srenze der Kalahari von Eingeborenen übergeben. Der Erbeu- tungstag fällt also in die Zeit von Ankunft des Storches im Herbst 1907 in Afrika bis zum März 1908. Genau konnte der Termin bis jetzt noch nicht ermittelt werden. (Näheres s. Orn. Monatsber. Februarheft 1909.) Der folgende Storch Nr. 1265 führt uns noch weiter nach Süden. Er erhielt seine Marke Ende Juni 1908 in Tarputschen bei Trempen, Kreis Darkehmen Ostpreufsen durch freundliche Vermittelung des Herrn von Saucken-Tarputschen. Geschossen wurde er von Eingeborenen an einem Dorfe 25 Meilen von Maseru im Basutolande, also etwa 29% 35’ s. Br. Die Entfernung vom Neste beträgt etwa 9500 klm. Diese weite Strecke ist also von einem jungen etwa 9 Monate alten Vogel durchflogen worden. Die erste Nachricht über die Erbeutung dieses Storches ging mir durch Herrn Missionar Louis Mabille in Morija, Basutoland, zu. Der Brief, der auf gut Glück mit der Ringaufschrift versehen abgeschickt wurde, datiert vom 22. Februar 09. Darin heifst es, dafs die Erbeutung „vor einigen Wochen“ geschehen sei. Den beringten Fufs hat der Herr bei dem Chef des Landes gesehen. Unterm 22. März 09 erhielt ich dann näheren Bescheid über den Erbeutungsort durch Herrn A. K. Haagner, Sekretär der South African Ornithologists’ Union von Pretoria, Transvaal. (s. auch Orn. Monatsber. Maiheft 1909.) Rückkehr der jungen Störche in ihr engeres Heimatgebiet im ersten auf ihre Geburt folgenden Jahre und Meiden der Heimat im zweiten Jahre. Storch Nr. 184, markiert im Sommer 1907 in Gudnick bei Liebstadt, Kreis Mohrungen ÖOstpreufsen durch Herrn C. Bremer in Schwöllmen, Kreis Pr. Holland. Erbeutet am 31. Juli 1908 auf der Feldmark Spanden bei Schlodien, Kreis Pr. Holland etwa 22 klm vom heimatlichen Neste entfernt. Aus einem Trupp von 12 Störchen herausgeschossen. Der Ring ist weils von anhaftendem Kot, als ob der Storch im Neste gesessen hätte. Ränder des Ringes etwas abgeschliffen. Ferner Nr. 967, markiert am 9. Juli 1907 auf dem Gute Gallhöfen bei Goldschmiede im Samlande, Ostpreussen, durch Herrn Klatt-Mednicken b. Wargen. Erbeutet am 20. Juli 1908 abends in Elkinehlen, (Kreis Darkehmen) bei Tarputschen etwa 94 klm vom heimatlichen Neste entfernt. Trieb sich auf einer grofsen Wiese in der Nähe des Wald- randes umher, wo meistens mehrere Störche zu übernachten pflegten. Der Schütze hielt den Storch dem Benehmen nach für ein junges oder ganz altes güstes Stück. Ferner wurde noch je ein markierter Storch, der den breiten Aluminium-Vogelwartenring trug im April 1908 an einem Neste in Peiskam bei Göttchendorf, Kreis Pr. Holland von Herrn 31* 468 J. Thienemann: Gutsbesitzer Wilhelm Zander und in Perkniken bei Schmo- ditten, Kreis Pr. Eylau, Ostpreussen, von Herrn Oberüber aus nächster Nähe beobachet. In beiden Fällen waren im Jahre vorher die Jungen der betreffenden Nester mit Vogelwartenringen gezeichnet worden. Die beiden Ringstörche haben sich mit den Nestinhabern herumgeschlagen. Da ihre Nummern nicht fest- gestellt worden sind, läfst sich nichts Näheres sagen. (cf. Orn. Monatsber. Oktoberheft 1908). Storch Nr. 3, markiert am 19. Juli 1906 in Wilsche bei Gifhorn, Lüneburger Heide, erbeutet nach 2 Jahren, am 30. Juni 1908, bei Sorquitten, Kreis Sensburg, Ostpreufsen, etwa 700 klm vom Heimatsneste entfernt. (Näheres s. Orn. Monatsber. Oktoberheft 1908). Schliefslich noch zwei Fälle, die für die Zugforschung nicht in Betracht kommen, die aber zeigen, welch wunderbares Schicksal mancher Ringstorch haben kann. Unterm 14. November 1908 schickte mir Herr Julius Mohr jr., Königl. Hoflieferant und Inhaber einer Tierhandlung in Ulm a./Donau, den Storchring Nr. 1114 mit dem Bemerken ein, dafs er ihn von einem lebenden Storche gelöst habe, der von Cosilenzien bei Liebenwerda, Provinz Sachsen, in seine Hände gelangt sei. Der Storch, der sich schon monatelang in Gefangenschaft befunden habe, sei mit einer Anzahl Artgenossen bereits nach Amerika an zoologische Gärten abgegangen. Den Ring hatte der Storch am 15. Juli 1908 in Schönwerder bei Prenzlau, Ukermark, durch Herrn Rittergutsbesitzer Max Schröder erhalten und mußs, zieht man die monatelange Gefangenschaft in Betracht, schon bald nach dem Markieren gefangen worden sein. Storch Nr. 1289 war im Juni 1908 in Gudnick bei Lieb- stadt, Kreis Mohrungen, Ostpreufsen markiert worden und wurde am 12. August 1908 ganz in der Nähe seines Geburtsortes auf dem Felde geschossen. Eingezogene Erkundigungen ergaben, dafs er sich nicht anders benommen habe, wie die in seiner Gesell- schaft befindlichen nicht markierten Genossen. Ein ähnlicher Fall liegt von Riga vor. In der Nähe dieser Stadt wurde der Beinknochen eines jungen Storches mit Ring Nr. 754 aufgefunden. Der Storch war durch Herrn Alex. Tscher- nikoff in Riga-Bärenhof Livland 1907 markiert worden und hat bald darauf sein Ende gefunden. Herr Prof. Schweder, Riga schickte den beringten Knochen freundlichst ein. IV. Lachmöwen (Larus ridibundus). Die Ringvögel dieser Art stammen wieder vom Rossittener Möwenbruche. Von der westlichen Zugstrafse. 1) Nr. 1185, markiert am 8. Juli 1908, erbeutet am 17. August 1908 bei Finkenwärder bei Hamburg. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 469 Herr Paul Harms in Finkenwärder hat diese Möwe, die eine Schufsverletzung trug, gefangen und einige Tage lebend ge- halten, bis sie ihm wieder entkam und sich unter ihre Artgenossen mischte. 2) Nr. 1207, markiert am 16. Juli 1908, erbeutet am 22. November 1908 morgens 11 Uhr in Hamburg-Uhlenhorst. Durch Herrn C. Krogmann in Hamburg 21, Osterbeckstr. 34 gefunden. Ring eingeschickt erhalten. 3) Nr. 1292, markiert am 16. Juli 1908, erbeutet am 31. Januar 1909 bei Konstanz am Bodensee. Herr Joh. Feuerstein aus Konstanz, der die Möwe im Paradies geschossen hat, schickt unterm 13. 2. 09 den beringten Fufs ein. Vorher hatte ich schon von der Redaktion der Konstanzer Zeitung das betreffende Blatt, worin die Notiz stand (Nr. 31, vom 1. Februar 09), freundlichst zugestellt erhalten. Von der südlichen Zugstrafse. 4) Nr. 1122, markiert am 8. Juli 1908, erbeutet am 10. Oktober 1908 bei Pieckel, Kreis Marienburg, an der alten Nogat in der Nähe der Montauer Spitze, Westpreulsen. Herr A. Grohn in Stolp in Pommern, Präsidentenstr. 15 hat die Möwe geschossen und schickte sie in ausgestopftem Zustande in Tausch gegen ein paar andere Vögel freundlichst an die Vogelwarte ein. Dazu auch noch eine Photographie der präparierten Möwe. 5) Noch ein Stück aus Westpreufsen, Nr. 678, vom Jahr- gange 1907. Markiert am 4. Juli und erbeutet im Jahre 1907 am Zempelburger See. Nachricht unterm 24. November 1908 durch die Herren Gebrüder Dorow, Grofs-Küdde in Pommern, Inhaber einer Netzfabrik. 6) Nr. 743, markiert am 16. Juli 1907, erbeutet am 5. Januar 1909 in der Lagune von Jossadiporto bei Comacchio, Pomündung, Oberitalien. Der Vogel befand sich also vom Mar- kierungsdatum an im zweiten Winterquatiere. Er war beim Er- legen in Gesellschaft von Artgenossen. Wäre im Frühjahr 1909 fortpflanzungsfähig geworden. Herr Prof. Dr. A. Bellini in Comacchio, dem ich schon mehrere Ringe verdanke, hatte die Güte mir den Ring einzuschicken. 7) Nr. 1202, markiert am 16. Juli 1908. Erbeutet am 25. Februar 1909 am Flusse Jäden bei Salona, Dalmatien, in der Nähe des Meeres. Nicht weit von Spalato, wo schon früher eine beringte Lachmöwe erbeutet wurde. Ring freundlichst eingeschickt durch Herrn k. k. Schulrat Prof. Johann Benzon in Spalato. Man beachte, dafs, wie oben berichtet, eine gleichzeitig am 16. Juli 08 markierte Lachmöwe im Winter 09 bei Konstanz geschossen wurde. So hat der Jahrgang 1908 ganz verschiedene weit auseinandergelegene Winterquartiere aufgesucht. — Hier mußs noch erwähnt werden, dafs eine ausgestopfte Rossittener Ring- Lachmöwe sich im Winter 1908/09 auf einer Königsberger 470 J. Thienemann: Geflügel-Ausstellung unter den Objekten befunden hat, die zur Verlosung angekauft waren. Man hat leider versäumt, mir recht- zeitig davon Mitteilung zu machen. Wer weils bei welchem glück- lichen Gewinner sie jetzt steht! V. Heringsmöwen (Larus fuscus). Am 17. September 1905 wurde von mir in Rossitten eine junge Heringsmöwe mit Ring Nr. 518 gezeichnet. Diesen Ring fand Herr Dr. O. le Roi aus Bonn am 13. Februar 1909 bei dem Präperator Herrn Funk in Köln, der ihn von einer Möwe los- gelöst hatte, die ihm im August 1908 von Helgoland zuge- schickt wurde. Dr. le Roi konnte feststellen, dafs das eine junge Larus argentatus im zweiten Jahre gewesen war. So mufs man annehmen, dafs die von mir gezeichnete Möwe irgendwo gefangen worden ist, und der Ring beim Markieren einer jungen Silber- möwe Verwendung gefunden hat. Herr Dr. le Roi schickte den Ring freundlichst ein. Schliefslich sind noch zwei Heringsmöwen zu erwähnen, die am 5. September 1908 in Rossitten aufgelassen worden waren und kurze Zeit darauf schon wieder am Strande der Kurischen Nehrung mit demselben Fangapparat erbeutet wurden, mit dem sie kurz vorher überlistet waren. Bericht über eine in der Nacht vom 16. zum 17. Oktober 1908 über Ostpreussen hinweggegangene aussergewöhnlich starke Zugwelle von Waldschnepfen (Scolopax rusticola). (Mit einer Karte.) Am 17. Oktober 08 lagen plötzlich im Rossitter Reviere ganz aufsergewöhnlich viel Waldschnepfen, die in der vorauf- gegangenen Nacht angekommen waren. Dem Unterzeichneten konnte diese auffallende und höchst interessante Zugerscheinung nicht entgehen, weil er in dem etwa 1 Meile südlich von Rossitten gelegenen, zur Vogelwarte gehörigen Beobachtungshäuschen „Ulmenhorst“ wohnte. Dort müssen alle die Nehrung passierenden Zugvögel vorüber. Es wurde bald laut, dafs um dieselbe Zeit auch in anderen Teilen der Provinz Ostpreufsen ein solcher Masseneinfall von Schnepfen beobachtet worden war. So bot sich willkommene Gelegenheit, den Zug dieser Vögel wie er in einer Nacht über Ostpreufsen hinweggegangen war, möglichst genau festzustellen. Gewils wären solche Ermittellungen auch für andere Zugvogelarten von grofsem Interesse — da fehlt’s aber leider an Beobachtern, während man für die Waldschnepfe unbeabsichtigt in der Jägerwelt stets ein eifrig forschendes und suchendes Beobachterheer zur Verfügung hat. _ Der Unterzeichnete wandte sich daher an die Königlichen Regierungen in Königsberg, Gumbinnen und Allenstein VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 471 mit der ergebenen Bitte, durch Umfrage bei den Herrn Revier- verwaltern den Verlauf des oben beschriebenen Massenzuges für die Staatsforsten der Provinz Ostpreulsen festellen zu lassen. Der Bitte wurde in dankenswerter Weise Folge geleistet, und so ging der Vogelwarte ein umfassendes Beobachtungsmaterial aus allen Königlichen Oberförstereien der Provinz Ostpreufsen zur Durcharbeitung und Veröffentlichung zu. Das Material enthält neben den auf den 17. Oktober sich beziehenden Notizen auch noch mannigfache bemerkenswerte Angaben, die den Schnepfenzug im Allgemeinen betreffen. Ferner erliefs die Vogelwarte in mehreren Jagdzeitungen und landwirtschaftlichen Blättern Aufrufe, die zur Einsendung von Berichten über jene kritischen Schnepfentage aufforderten. Auch sie hatten Erfolg und brachten Notizen aus den verschiedensten, auch aufserostpreulsischen Gegenden. Dieses gesamte Material ist in den folgenden Blättern unter Beigabe einer Karte zusammengestellt worden. Man suche sich beim Lesen stets den betreffenden Beobachtungsort auf der Karte auf, dann dürfte man mit Leichtigkeit ein deutliches Bild von jenem fraglichen Schnepfenmassenzuge gewinnen. Die Berichte der Beobachter sind meist im Auszuge, zuweilen auch wörtlich wiedergegeben, in letzterem Falle mit Anführungsstrichen versehen. Es ist dem Unterzeichneten eine angenehme Pflicht allen beteiligten Kreisen, besonders den Königlichen Regierungen, sowie den Herren Revierverwaltern für die gewährte Unterstützung den ergebensten Dank abzustatten. Wir beginnen auf der Karte im äufsersten Norden der Provinz und rücken nach Süden weiter, und zwar immer so, dafs wir streifenweise von Westen nach Osten vorgehen. Der schraffierte Teil der Karte, welcher die Zugbahn darstellt, zeigt uns deutlich, dafs der Hauptzug im Westen der Provinz, an den Haffküsten entlang vor sich gegangen ist, während die östlichen Teile fast gar nicht davon betroffen worden sind. Die Stärke des Zuges oder Einfalles ist für die einzelnen Reviere in sechs Abstufungen durch die Zeichen ausgedrückt worden, die sonst für die verschiedene Stärke des Windes gebraucht werden. | bedeutet also, dafs an den kritischen Tagen um den 17. Oktober in dem betreffenden Reviere ganz aufserordendlich viel Schnepfen angetrofien worden sind, |” dafs der Einfall nur gering war u. s. w. 1. Oberförsterei Klooschen: Witterung: Am 16. Oktober: SO., trübe, kalt, aber trocken. Am 17.: stärkerer SO. bis O., heiter. Am 18.: 0. Vor dem 16. Oktober nur ganz vereinzelt Schnepfen im Reviere, und zwar am 4. und 5. Oktober. Am 16. trotz 472 J. Thienemann: eifrigen Suchens nichts gefunden. Am 17. Masseneinfall. Die Hauptmassen der Vögel (etwa 3/,) lagen in dem an’s Haff an- grenzenden Schutzbezirk Schäferei, während der nördlich an- stofsende Bezirk Starrischken keinen nennenswerten Einfall hatte, und die entfernt vom Strande im Lande gelegenen Schutzbezirke nur eine mittelmäfsige Strecke ergaben. Auch am 18. noch zahlreiche Schnepfen vorhanden. Sie wurden für neu zugezogene Vögel gehalten, da sie vor dem Hunde gut hielten, was ausgeruhte Vögel nicht zu tun pflegen. Der Zug hielt bis zum 3. November ziemlich stark an. An diesem letzteren Tage wurden in Starrischken noch fünf Schnepfen ge- sehen. Die an den fraglichen Tagen erzielte Strecke ergibt, nach den einzelnen Schutzbezirken zusammengestellt, folgende Übersicht: Bezirk. Datum. Bemerkungen. 16: X. ab. Re 2 ! Bejehden: — Blimatzen: — 12 Aschpurwen: —_ — u Schernen: nicht gesucht. Buttken: — 7 1 Schaeferei: _ 83 32 Die ii ne Ben Vope! a = . en 4 ar ca er CK vom eo a. N x : agen 59.60 der Süd- Schwenzeler-Moor: — 1 1 et re Zusammen: —_ 110 35 Stück bezirks Schaeferei. Eine anschauliche Schilderung von jenen denkwürdigen Schnepfentagen liefs Herr Forstreferendar Boehm, der sich um dieselbe Zeit in der als gutes Schnepfenrevier bekannten Ober- försterei Klooschen aufhielt, der Vogelwarte freundlichst zu- kommen. Er schreibt unterm 30. Nov. 08: »*.. . Übereinstimmend wurde von den Beamten des Reviers angegeben, dafs erst nach Eintritt von Ostwind mit dem Hauptzuge zu rechnen sei. Der 16. Oktober brachte den lang- ersehnten Wind, wenn auch nicht genau von O., so doch wenigstens aus SO. Voller Erwartung zog alles zu Holze, und der Erfolg war — gleich Null. Ich weils nicht, ob jemand überhaupt etwas gesehen hat, erbeutet wurde jedenfalls dort nichts. Am 17. war der Wind ziemlich genau nach O. gegangen, und am Abend hatte jeder, der überhaupt hinausgegangen war, die beste Schnepfen- strecke seines Lebens gemacht. Soweit stimmt also alles noch mit den Rossittener Beobachtungen überein. Auch am 18. hatten wir aber einen übermittelmäflsigen Schnepfentag und erbeuteten zu 4 Schützen in der SO.-Ecke des am Haff gelegenen Schutz- bezirkes Schäferei 22 Stück. Sollen das vielleicht zurückgeblie- bene vom Tage vorher gewesen sein? Ich habe dann noch die ganze Woche den genannten Forstort täglich abgesucht und jedes- VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 473 mal noch einzelne Schnepfen gefunden, die meisten (6 Stück) am 23. Oktober. Dann schien der Zug vorüber zu sein. Ein guter, oder wenigstens mälsiger Schnepfentag soll noch der 30. Oktober gewesen sein, an dem ich nicht selbst gesucht habe. .... Von Herrn Forstmeister Luther- Klooschen hörte ich, dafs die besten Schnepfentage in den letzten 14 Jahren zwischen den 3. und 23. Oktober gefallen seien, und zwar in der Regel bei Ostwind“, 2. Oberförsterei Rossitten.!) Zunächst der Bericht des Herrn Revierverwalters: Die Schne- pfenzugverhältnisse im hiesigen Reviere sind für den Herbst 1908 (bis auf den Massenzug am 17. Oktober) gegen frühere Jahre nur als mittelmäflsig zu bezeichnen. Die Schnepfen wurden in den Erlen- und Birkenbeständen, in Schwarzort auch in den Kiefern- beständen nur vereinzelt beobachtet. Der 16. Oktober ist als guter Zugtag nicht aufgefallen. Am 17. Oktober wurden etwa zwölf, am 18. etwa sieben Schnepfen erlegt, am 16. keine. Herr Stellmacher-Schwarzort schreibt der Vogelwarte dazu noch, dals am 17. Oktober bei Schwarzort „sehr viel“ Schnepfen angetroffen worden sind. Auch an den folgenden Tagen waren noch welche zu finden; am 24. wurden etwa 5 Stück gesehen. Es folgen nun die Beobachtungen der Vogelwarte speziell für die Umgebung von Rossitten. Zunächst mögen die meteorologischen Verhältnisse für den Monat Oktober 08 hier Platz finden, um sowohl für die Zeit vor, als auch nach dem kritischen 17. Vergleiche anstellen zukönnen. Meteorologische Verhältnisse für den Monat Oktober 1908 nach dreimaligen täglichen Feststellungen, (früh, mittags und abends) auf der Station Rossitten: ! Tagesmittel der Lufttemperatur Okt. Windrichtung und Stärke. mc eiEr Bemerkungen. Graden 1 W.42) w.8 W.4 15,4 2 W.8 NW.8 NW.4 16,1 3 NW.2 NW.4 W.4 13,5 4 NW.4 W.4 W.8 14,9 5. |- NW.ı2 | NW.2 | NW.I16 11,0 6. N.4 NW.4 NW.4 10,2 7 NW.4 NW.4 NW.2 11,4 8.| w.68 | WSwW.3| W.2 12,6 9. ıWNW.24| NW.34 NW.3,2 11,9 10 SW.0,9 SS0.3,5 | SSO.3,6 10,5 11. | SSW.44 | SW.3,7 | W.5,0 12,7 1) Den bei weitem gröfsten Teil der Kurischen Nehrung umfassend. 2) Diese Zahlen geben die Windstärke in Metern pro Sekunde an. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 474 J. Thienemann: Tagesmittel der Lufttemperatur nach Celsius- Graden Windrichtung und Stärke. W.:52 W.7,7 |WNW.6,9 12,6 W.52 | NW.28 | SSO.2,0 10,4 SSO. 2,0 S.0,5. | Windstille 11,0 5:22 SSO. 2,9 S0. 0,8 50.4.2 50. 4,8 | S0. 4,4 0S0.4,2 | 0S0. 6,0 0.5,4 Bemerkungen. na {ep} In der Nacht vom 15. ; zum 16. fast windstill. 67 - 0.9,9 0S0. 10,8 0. 9,9 R Starke Abkühlung! 0.7,4 0. 6,5 0. 3,9 } 0. 4,5 0. 43 0. 6,0 5 0. 6,6 0. 6,9 0.4,4 NO.4 NO. 4 NO.4 N Der erste Schnee, der S0.4 NO.8 NO. 8 aber gleich wieder SO.4 Ss0.4 0.4 taut. Er 080.7,8 | 808,5 | SO.7,4 080. 7,8 | 080. 7,2 | 080.5,7 | 080. 6,3 | 080. 6,3 | 0SO. 2 =. - ONIPPPPPDUDODO- DS SPP oma = GImD 9 SSO.4,4 | SSO.5, 6.1.50. 3,0 SW.2 SW.4 SW.4 NW.6,5 | NNW. 6,7 | NNW. 9,0 N. 6,1 NNO. 6,1 NO.4 4,5 Eine Vergleichung der meteorologischen Verhältnisse mit den Oktobermonaten der beiden voraufgehenden Jahre 1906 und 07 ergibt folgendes: Die Verteilung der östlichen Winde (denn solche kommen für den Schnepfenzug in Betracht) stellte sich folgendermalsen: Es hat geweht im Monat N er - Er 0. so. Oktober 1906 13 7 21 mal r 1907 3 22. 43 mal ss, 1908 12 21 15 mal. Während sich nun in den Jahren 1906 und 1907 die östlichen Winde auf den ganzen Monat mehr oder weniger gleichmäfsig verteilten, spaltet sich nach der Hinsicht der Oktober 1908, wie die obige Tabelle zeigt, genau in zwei Hälften, nämlich eine solche ohne Ostwind (die erste), und eine solche mit anhaltenden Östwinden (die zweite). Die Schnepfen haben förmlich auf diesen Wind gewartet und waren als er eintrat in Masse da. Eine ähnliche Teilung fand auch in Bezug aufdie Temperatur statt. Auch da weist der Oktober 1908 Besonderheiten auf. Das Temperatur-Monatsmittel von 1906 betrug 7,4°, von 1907, 12,39, von 1908 8,0°. In der Hinsicht liegt also keine auffallend grofse Abweichung vor. Die Abnormität des Oktober 08 bestand aber darin, dafs die warmen Tage nur in die erste Hälfte des Monats fielen, während vom l5ten, besonders aber von 18ten an eine starke Abkühlung zu verzeichnen war, die am 22. sogar schon den ersten Schnee brachte. So betrug die Summe der Temperatur- VIII. Jabresbericht der Vogelwarte Rossitten. 475 Tagesmittel in der ersten Oktoberdekade 08 127,5°, in der zweiten nur 73,5°, in der dritten sogar nur 47,3%. Dieser Umstand hat sicherlich den plötzlichen massenhaften Aufbruch der Waldschnepfen mit veranlafst. In den Oktobermonaten der Jahre 1906 und 1907 verteilte sich dagegen die Temperatur auf die 3 Monatsdekaden fafst ganz gleichmäfsig. Die plötzlich eintretende Abkühlung und das Auftreten von Ostwinden an den kritischen Tagen gilt übrigens nicht nur für Ost- preufsen, sondern auch für Westrufsland, besonders für die baltischen Provinzen, woher unsere Ostpreufsischen Zugschnepfen stammen, . und diese beiden Faktoren haben den Massenaufbruch der Schnepfen veranlafst. Herr Prof. D. von Kaygorodoff vom Forstinstitut in Petersburg, der die Güte hatte mir das nötige Material zu verschaffen, schreibt mir darüber: „die massenhafte Flucht der Schnepfen aus Westrufsland in der Nacht auf den 17. Oktober 1908 war verursacht durch das Annähern vom hohen Norden eines kalten Anticyklons, welcher die ersten Fröste in den Baltischen Provinzen brachte und den Anfang des Winters im Europäischen Rufsland machte.“ Die Bewölkung des Oktober 1908 zeichnete sich durch grofse Gleichmäfsigkeit aus. In der ersten Dekade hat die Sonne 47,8, in der zweiten 46,2, in der dritten 36,7 Stunden geschienen. Fast durchgängig waren helle, klare Tage zu verzeichnen. Sieben Tage hatten keinen Sonnenschein. Uber die in Betracht kommenden kritischen Schnepfentage ist als Ergänzung zu den oben aufgezeichneten Wind- und Tempera- turverhältnissen im Besonderen noch folgendes zu sagen. Der 16. Oktober war ein trüber, dunstiger Tag mit feuchter nafskalter Luft, ohne Sonnenschein. Zuweilen zogen in Höhe der Haffdüne Nebelschwaden vorüber. Von Vogelzug war bei solchem trüben Wetter nichts zu merken, während an den vorhergehenden heiteren ruhigen Tagen, viel Krähen, Kleinvögel und Raubvögel die Nehrung entlang nach Süden gewandert waren.!) Die Nacht vom 16. zum 17. dunkel, ohne Sterne und ohne Mondschein. Himmel bedeckt, der Wind derselbe. Am 17. Himmel auch ganz bedeckt, wie gestern, ohne Sonnenschein, aber nicht dunstig und nebelig wie gestern, auch nicht nalskalte, sondern trockene klare Luft. Dabei grofsartiger Zug von Krähen, Dohlen, Staren, Tauben, Raubvögeln in Höhe von etwa 100 Metern. Die gestern herrschende feuchte Luft hat die Vögel vom Zuge abgehalten. Obgleich am 17. der Himmel auch bedeckt ist, findet doch starker Zug statt, weil die Luft trocken und klar ist. Nacht vom 17. zum 18. dunkel ohne Sterne, der Ostwind hält in gleicher Stärke an. 1) Anm: s. oben die Oktoberbeobachtungen von Ulmenhorst, 476 J. Thienemann: Der 18. ist ein heller, klarer, sonniger Tag mit gutem Vogel- zuge in der Luft. Besonders Raubvögel sind zahlreich zu sehen. Vier bis fünf Adler werden nach S. ziehend beobachtet. Wie stand’s nun mit den Schnepfenzugverhältnissen an den genannten Tagen bei Rossitten? In der Zeit vor dem 16. Schnepfen nur sehr vereinzelt anzutreffen. Am 16. war in den in der Umgegend von Ulmenhorst gelegenen, der Vogelwarte zugänglichen einzeln stehenden Birkenbeständen keine Schnepfe zu finden. Auch im Walde fehlten die Vögel nach dem obigen Berichte der Oberförsterei. Am 17. dagegen wimmelte es an denselben Stellen, die vom Unterzeichneten am Tage vorher genau abgesucht waren, förmlich von Waldschnepfen, die also in der vorhergehenden Nacht angekommen waren. Zuweilen standen in einem Gebüsch von etwa 10 qm Gröfse vier bis fünf Stück falst gleichzeitig auf. An kleinen einzeln stehenden Birkenkusseln lagen fast ohne Deckung auf offener Pallwe zuweilen 2 Stück zusammen. Öfter fielen die Vögel nach dem Aufstehen eine kurze Strecke weiter schon wieder ein. Ich richtete mein Augenmerk darauf, die festliegende Schnepfe zu sehen, was ja bekanntlich schwierig ist. In einem Falle ist's mir gelungen. Der Vogel hatte sich mit fest angelegten Flügeln und eingezogenem Kopfe dicht an die Erde gedrückt und stellte so eine ziemlich starke Erhöhung über dem Erdboden dar, so dafs man ein Häufchen Laub, oder eine alte Baumwurzel vor sich zu haben glaubte; nicht weit davon stand meine kleine deutsche Wachtelhündin, die mir bei der Vogeljagd die besten Dienste leistet, fest vor. Ein hübsches Bild! Man muls den 17. Oktober 1908 auf der Vogelzugstrafse Kurische Nehrung inmitten der eigenartigen Natur erlebt haben, um seinen vollen Reiz zu verstehen. Über einem strebten bunt zusammengewürfelte ungezählte Vogelscharen dem Süden zu, und unten auf dem Erdboden befand man sich in einem Gewimmel seltener Jagdvögel, die man sonst nur verhältnifsmälsig vereinzelt zu sehen gewöhnt ist. Jeder aufstehende Vogel gab einen Augenblick freudiger Überraschung, an jedem konnte man Neues beobachten. So etwas vergifst man nicht wieder; man wirds wohl in dem Masse nie wieder erleben. Unter 11 erlegten Schnepfen waren drei Männchen, sechs Weibchen, zwei unbestimmbar. Die Weibchen waren stärker als die Männchen. Die Mafse sind folgende: Länge v. Schnabelwurzel bis Fittich Schnabel. Schwanzspitze. Q 28,2 19,1 6,8 cm g 27,4 18,7 7,0w% QO 30,4 20,0 7,8734 Q 29,0 19,5 7,90 Q 29,0 19,5 16 „ 6) 30,8 20,4 7,008 VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 477 Diese Gröfsenunterschiede sind wohl das einzige Merkmal, nach dem sich Männchen und Weibchen mit einiger Sicherheit ohne Sektion bestimmen lassen. Die Mägen waren alle fast ganz leer. Es fanden sich nur einige Steinchen, ein paar Samenkörner und wenig grüne Pflanzen- teilchen vor, alles Dinge, die bei der Nahrungsaufnahme neben- bei mit verschluckt worden waren und sich dann längere Zeit im Magen gehalten hatten. Nur 2 Exemplare hatten je eine gut erhaltene Käferlarve im Magen. Diese Larven stellten die einzige Nahrung dar, die von den Schnepfen nach beendeter nächtlicher Reise im hiesigen Reviere aufgenommen worden war. So hatten sich also die Wanderer nach dem Einfallen nicht gleich daran gemacht, durch eifriges Stechen und Wurmen ihren Magen zu füllen, wie man nach menschlichen Begriffen geneigt wäre zu glauben. Man findet überhaupt bei Vögeln, die auf dem Zuge erlegt werden, sehr selten stark gefüllte Mägen oder Kröpfe vor. Mit den Schnepfen zusammen waren in der Nacht vom 16. zum 17. auch viel Drosseln angekommen die sich in den Büschen umhertrieben. Am nächsten Tage (am 18.) war an den Stellen, wo am Tage vorher das regste Leben herrschte, alles wie aus- gestorben. Keine einzige Schnepfe mehr zu sehen; auch im ganzen übrigen Reviere nur noch sehr vereinzelte Stücke. Die Haupt- massen waren also in der Nacht vom 17. zum 18. sofort weiter gewandert. Auch die Drosseln waren verschwunden. Nach dem 18. blieb das Vorkommen von Waldschnepfen im Revier Rossitten nur ein sporadisches. Ein bemerkenswerter stärkerer Einfall hat nicht mehr stattgefunden. 3. Oberförsterei Norkaiten. Herr Oberförster Settegast hat einen aus langjähriger Er- fahrung geschöpften, eingehenden Bericht über die Schnepfenzug- verhältnisse seines Revieres abgefafst, der hier ungekürzt folgt: „Nach meinen Beobachtungen, die einen Zeitraum von ca 40 Jahren umfassen, da ich im Kreise Heydekrug geboren und auf- gewachsen bin, fällt der Herbstzug der Waldschnepfe hier in die Zeit von Mitte September bis Mitte Oktober. Er sondert sich gewöhnlich in einen Vor- und in einen Hauptzug. Ersterer er- folgt in der zweiten Hälfte des September beim Eintreten der ersten Nachtfröste, letzterer meist Anfang bis Mitte Oktober, erst wenn stärkere Kälte in den nördlichen Hauptbrutgebieten den Vogel gen Süden treibt. Jedoch findet in diesem Rahmen ein stärkerer Einfall hier nur bei Nordost- oder Ostwinden statt, während bei anhaltenden Westwinden die Schnepfe eine andere Zugrichtung zu nehmen scheint, jedenfalls hier nicht einfällt. — Sind in der Zeit des Vorzuges bei anhaltenden Ostwinden oft mehrere Tage hinter einander annähernd gleich viel Lang- schnäbel zu finden, so bringt der Hauptzug regelmälsig nur 478 J. Thienemann: 1 Haupttag, dem allerdings mitunter später noch einzelne Nach- zügler folgen, namentlich beim ersten Schnee. Dals in diesem Jahre, wie auch schon in einzelnen früheren aus dem Haupttage ein grolser Tag wurde, ist nach meiner An- sicht dadurch begründet, dafs infolge des Ausbleibens der Früh- fröste im September und Anfang Oktober der Vorzug fast gleich Null war, und der am 16. Oktober in den nördlichen Brutgebieten eintretende starke Frost noch den gröfsten Teil der Schnepfen dort überraschte, gleichzeitig zum sofortigen Abzug veranlafste und bei den: wehenden starken NO.!) in einer Nacht gegen die Ostsee warf, welche ihrem Weiterzuge momentan ein Ziel setzte und zum Einfallen zwang; Je näher dem Wasser desto stärker unter Bevorzugung der nordöstlichen Waldvorsprünge; wie auch hier in den von der Landesgrenze bis zum Haff zerstreut liegen- den Revierteilen wiederum deutlich zu beobachten war. Die Ursachen der grofsen am 17. Oktober über Ostpreufsen hereinflutenden Schnepfenzugwelle ist also, um es nochmals zu- sammenzufassen in dem Zusammentreffen von 3 Umständen zu suchen. 1) Längeres Verweilen der Vögel in ihren Brutgebieten in- folge Ausbleibens der Frühfröste. 2) Plötzliches Einsetzen stärkerer Kälte in den nördlichen Breiten. 3) Heftiger durchgehender Nordostwind!) während der ganzen Nacht. — Der massenhafte Einfall an bevorzugten Ortlichkeiten und isoliert liegenden Waldkomplexen des Küstengebietes ergab sich danach von selbst.‘ Herr Amtsvorsteher Settegast aus Werden bei Heyde- krugteilt über seine Beobachtungen, welche das vorher behandelte Revier Norkaiten und dessen Umgebung betreffen, folgendes mit: Am 16. Oktober noch nichts von einem Masseneinfall zu merken. Am 17. sehr viel Schnepfen da, sowohl in der Öber- försterei Norkaiten, alsauchineinem Privatwalde bei Lappienen. Es wurden soviel wie noch nie seither in einer 30jährigen Jäger- praxis an diesem einen Tage beobachtet. Sie hielten gut und lagen oft zu 2 und 3—4 Stück zusammen; hauptsächlich an den Östrändern des Waldes, wo sie hier bei Zug immer zu liegen pflegen. Tagesstrecke 18 Stück. Am 18. Okt. in Norkaiten fast gar keine mehr anzutreffen, trotz des Ostwindes, in Lappienen sind 3 Stück gesehen worden. Uber die meteorologischen Verhältnisse schreibt Herr Sette- gast wörtlich folgendes: „In der Nacht zum 16. war hier starker Nebel und absolute Windstille, manchmal kam es einem vor, als 1) Der folgende Herr Berichterstatter verzeichnet für jene Gegend und für die fragliche Nacht OSO. zu O., ebenso Rossitten OSO. J. Th. u VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 479 wenn ein leiser Hauch von Osten käme. (Feststellung von 1 Uhr nachts.) In der Nacht zum 17. war abends leichter Wind von ÖSO. zu O., um 10 Uhr abends etwa Windstärke 1—2, und 12 Uhr Nachts 2, des Morgens um 5 Windstärke 3. Die Nacht war dunkel ohne Nebel. Die Stelle, wo der Mond stand war schwach durch die Wolken angedeutet. Mir war es sofort klar, dafs es viel Schnepfen geben müfste, und fuhr zum ersten Male in diesem Jahre auf die Suche. Seit dem 15. September, wo erfahrungs- mälsig als frühester Termin Zugschnepfen kommen, war bis zum 17. X. hier noch kein Ostwind gewesen, und mulsten, da der Ost- wind so lange auf sich warten liefs mit ihm viel Schnepfen kommen. Da hinterher gleich Frost kam, was der Schnepfe schon in den Gliedern lag, kam sie in Masse.“ — Über die Schnepfenzugverhält- nisse im Allgemeinen teilt derselbe Herr durch einen später eingehenden Bericht noch freundlichst mit, dafs er in seiner 30 jährigen Jägerpraxis, die sich allerdings nur auf den Kreis Heyde- krug bezieht, die Erfahrung gemacht hat, dafs die Schnepfe im Herbste vorzugsweise bei Ost- und Nordostwind einfällt, und zwar bei nicht zu starkem Winde, etwa Windstärke 2—5. Bei stärkerem Winde sind schon weniger und bei Sturm nur ganz vereinzelte zu finden. Der Einfall ist um so stärker, wenn längere Zeit vorher anderer Wind, etwa Süd oder West war und wenn es auf Frost geht. 4. Oberförsterei Ibenhorst. Schnepfeneinfall bis zum 17. Oktober fast gleich Null. Es wurden erlegt am 30. September 5, am 1. Oktober 2, am 15. Oktober 1 Stück. Dabei wurde beinahe täglich gesucht. Am Abend des 16. Oktober war der Wind ziemlich steil östlich und sprang in der Nacht zum 17. wieder nach Südost um. Sehr starker Nebel herrschte hier nicht. Am 17. viel Schnepfen im Reviere; von 3 Jägern 27 Stück geschossen. Meist lagen sie zu 2—3 Stück zusammen. Am 18. (Südostwind) und 19. Oktober wurden noch je 7 er- legt. Dann am 20. noch ein, am 23. zwei, am 24. fünf, am 25. vier, am 26. und 27. je 6 Stück. 5. Oberförsterei Dingken. Die Schnepfensuche vor dem 17. Oktober ergebnislos.. Am 17. ein auffallend starkes Ziehen der Wildgänse beobachtet. Herr Forstassessor Conrad, der abends den Schnepfenstrich wahrnahm, erlegte 3 Schnepfen, und hat noch viele gesehen. Bei der Tags darauf abgehaltenen Suche nichts gefunden. 6. Oberförsterei Tawellnigken. Nur in den eingedeichten Teilen von Matzgirren wird im Herbste auf Schnepfen gesucht, da anderwärts so gut wie nichts einfällt. Dazu wird ein Bericht des Herrn Förster Quednau 4830 J. Thienemann: eingereicht, der folgendermafsen lautet: „Im hiesigen Reviere eignen sich für den Einfall der Waldschnepfen auf dem Herbst- zuge besonders die Meyrahner Hügel und die Gerrat. (Jagen 175 im Innendeich). Ich habe in letztgenanntem Revierteil fast täglich zu Anfang Oktober d. Js. auf Waldschnepfen gesucht, oder den Zug wahr- genommen, ohne eine zu Gesicht bekommen zu haben. Am 17. und 18. Oktober habe ich ganz besonders gesucht, jedoch nur je 1 Waldschnepfe gefunden. Dafs die Waldschnepfen in diesem Jahre hier so spärlich ein- fielen, führe ich auf die noch belaubten Nesseln zurück. Wie be- kannt ist das Jagen 175 mit durchschnittlich 1,5—2 m hohen Nesseln bewachsen. Treten nun Frühfröste im Anfang Oktober ein, so fallen die Nesselblätter zeitig ab und die kahlen Nessel- stengel bilden dann das von den Schnepfen gern aufgesuchte Unterholz oder Gestrüpp. In diesem Jahre hatten wir nun bis zum 19. Oktober keine Nachtfröste. Ich glaube nun, dafs der mit aufrechtem Gras und grünen Nesseln bestandene Boden den Waldschnepfen nicht zugesagt hat und dafs in diesem Jahre hier äufserst wenig Schnepfen einge- fallen sind. Witterung am 17.: Meist klar, schwacher Ostwind; am 18.: Meist klar, scharfer Ostwind bei Tage, kalt, nachts Frost.“ (Die Oberförsterei Tawellnigken ist also von der grofsen Schnepfenzugwelle nicht berührt worden, weil den Vögeln die Örtlichkeit nicht zusagte. J. Th.) 7. Oberförsterei Nemonien. Im hiesigen Reviere fällt die Schnepfe ausschliefslich in der unmittelbar an das Hochmoor angrenzenden mit Kiefer, Fichte und Birke bestandenen südwestlichen Ecke ein. Die für den Schnepfeneinfall in Betracht kommende Fläche umfalst nur un- sefähr 85 ha. Die Schnepfe zieht meistens in der folgenden Nacht sofort weiter. Der Zug am Abend ist ganz unbedeutend. In diesem Jahre wurde am 6. 7. und 13. Oktober je eine Schnepfe gefunden. Wetter am 16. trübe bei NW.Wind. Am Abend sprang der Wind nach O. um. Am 17. vorm. bei starkem Ostwind eine Temperatur von +5° C. Am 18. wurde es kälter, und am 19. war die Temperatur bei rauhem Ostwind —4° C. Am 15. und 16. Oktober fand als Vorbote des stärkeren Schnepfeneinfalles ein sehr starkerZuzug von Bekassinen statt; (eine Waldschnepfe wurde nicht erlegt); und am 17. fand ein so starker Zuzug von Schnepfen statt, wie er bisher noch nicht beobachtet VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 481 wurde. Es wurden auf der genannten Fläche an diesem Tage 22 Stück gefunden, von denen 8 erlegt wurden. Am 18. wurde nur eine Schnepfe gefunden. Ein stärkerer Zuzug trat dann erst wieder am 30. und 31. Oktober ein. 8. Oberförsterei Schnecken. Der fragliche Schnepfenzug wurde nicht bemerkt. Es wird hervorgehoben, dafs im Herbst 1908 auffallend wenig Schnepfen zur Beobachtung gelangten. Von zwei Beamten, die sich besonders mit der Schnepfenbeobachtung befassen, sind im Laufe des Herbstes im Ganzen nur 5 Stück bemerkt worden. 9. Oberförsterei Wilhelmsbruch. Beim Schnepfenzuge nichts Auffallendes vorgekommen. 10. Oberförsterei Jura. Der diesjährige Herbstschnepfenzug hier so schlecht wie seit Jahren nicht. Sowohl auf der Suche, als auch beim Abendzuge wurden nur ganz aufserordentlich wenig Schnepfen bemerkt. Am 16.—18. Oktober von einem besonders starken Zuge nichts wahrgenommen. Im Allgemeinen wird bemerkt, dafs hier hauptsächlich bei Ostwind auf Schnepfe zu rechnen ist. Von grofsem Interesse ist das Verhalten der Brutschnepfen, die Ende Juni flügge werden und dann laut murksend im Revier an schönen Abenden herumziehen, sodals schon bis gegen 20 an einem Abend gezählt werden konnten. Und zwar scheinen sowohl Junge wie Alte diesem Vergnügen nach zu gehen. In den ersten Tagen des Juli bietet sich da dem Kundigen eine sehr hübsche Jadgelegenheit. Dann scheint aber so gegen 5./6. Juli ein ganz plötzlicher Wander- trieb Jung wie Alt zu erfassen, und tatsächlich sind innerhalb 24 Stunden sämtliche Schnepfen verschwunden. Ob dieselben ao Rufsland oder Norwegen wandern, wäre von Interesse zu erfahren. 11. Oberförsterei Wischwill. Der aufsergewöhnliche Schnepfenzug vom 17. Oktober hat die Oberförsterei Wischwill nicht berührt. 12. Oberförsterei Schmalleningken. Der Anstand auf Schnepfen ist im Herbst hier regelmälsig ausgeübt worden. Hierbei wurde in dem in Frage kommenden Zeit- raum von einem plötzlich verstärkten Auftreten derselben nichts bemerkt, die Zahl der streichenden Schnepfen war vielmehr an den einzelnen Abenden eine gleich mäfsige. Die anderweitig in der Nacht vom 16./17. Oktober beobachtete starke Zugwelle von Wald- schnepfen scheint also die hiesige Gegend nicht berührt zu haben. Journ. f. Ora. LVII. Jahrg. Juli 1909. 32 482 J. Thienemann: 13. Oberförsterei Trappoenen. Suche auf Waldschnepfen wird im Herbste hier nicht aus- geübt; auch der Zug ist an den betreffenden Tagen nicht wahr- genommen worden. So liegen keine Beobachtungen vor. 14. Oberförsterei Neu-Luboenen. Weder am 17. Oktober noch nachher ist eine auffallend grofse Anzahl von Waldschnepfen bemerkt worden. Dagegen ist von einem Beamten unmittelbar vorher, etwa am 15. oder 16. X. auf dem Abendzuge eine verhältnismäfsig grofse Zahl von Schnepfen (6—7) bei frischem Ostwinde beobachtet worden. 45. Oberförsterei Uszballen. In der Nacht vom 16. zum 17. Oktober sind keine Schnepfen beobachtet worden. Auch in den Tagen vorher und nachher keine auffällige Erscheinung in Betreff des Schnepfenzuges. 16. Oberförsterei Weszkallen. Herr Förster Puppel hat am 17. bei einer Fahrt durch den Wald auf einer Strecke von etwa 2 klm 1 Schnepfe vom Wagen aus geschossen, und 2 weitere mit dem Fuhrwerk am Ge- stellrande hochgemacht; ferner am Abend 2 auf dem Zuge gesehen. Zur Suche fehlte an dem Tage die Zeit. Weder vor noch nach dem 17. ist von dem betreffenden Beamten an einem Tage mehr als eine Schnepfe gefunden worden. Die übrigen Beamten haben am 17. keine Schnepfen beobachtet. Wetter am 17. morgens etwas neblig, bewölkt, am Tage schön. — Wir wenden uns nun auf der Karte wieder nach Westen und beginnen an der Küste. 17. Oberförsterei Warnicken. Am 16. Oktober Wetter neblig, trübe, kalt, schwacher NO. Am 17. drehte der Wind etwas schärfer nach Ost, das Wetter war gleichfalls trübe und neblig. Der 18. Oktober brachte süd- östliches stürmisches Wetter. Am 17. waren zahlreiche Schnepfen anzutreffen. Erlegt wurden 3. Am 16. und 18. auch mehrfach Schnepfen vorhanden, die gelegentlich im Walde gefunden wurden. Erlegt an diesen beiden Tagen keine. 18, Rittergut Quanditten. Herr Rittergutsbesitzer E. Ulmer meldet, dafs am 17. Oktober bei ihm ebenso grofsartiger Schnepfeneinfall gewesen sei, wie bei Rossitten. Am Abend seien die Langschrräbel „wie die Bienen“ geflogen. Überall waren die Vögel zu finden. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 483 Am nächsten Tage alle weg. Bei der von früh bis abends währenden Suche nichts mehr gefunden. Auch am 31. Oktober bei Quanditten sehr viel Schnepfen. 19. Oberförsterei Kobbelbude. Der Durchzug der Waldschnepfe im Herbst 08 auffallend stark. Die Witterung am 16. 17. und 18. Oktober rauh mit öst- lichen Winden. An den genannten Tagen wurden 26 Stück Schnepfen erlegt. 20. Stadtwald von Fischhausen. Über den am 17. Oktober in diesem Reviere beobachteten grolsartigen Schnepfeneinfall, der in der Umgegend geradezu Aufsehen erregt hat, liefen verschiedene Berichte auf der Vogel- warte ein und zwar von den Herren Landrat Petersen aus Fisch- hausen,LeutnantPuttlichausPillau, Oberleutnant Crüger aus Braunsberg und Rittergutsbesitzer Dous aus Wischrodt. Alle Berichte stimmen in ihrem Inhalte überein. Der letztgenannte Herr ist Augenzeuge der Vorgänge gewesen, weshalb sein Schreiben hier folgen mag: „Am 16. Oktober war ich am Abend auf Gänse- zug; es setzte Ostwind am Abend ein und wurde neblig und dunkel in der Nacht. Ich fuhr daher am nächsten Vormittag in den Stadtwald, um auf Schnepfen zu suchen; traf mich dort mit noch drei Jägern. Das Knallen nahm kein Ende. Hunderte von Schnepfen sind hochgemacht, besonders lagen viel auf der Ostenseite vom Walde. Die Strecke waren 71 Vögel, ein Resultat, was im Stadtwalde noch nie erreicht ist. Ich selber habe auch noch nie soviel Schnepfen gesehen. Leider suchten wir am An- fang auf der falschen Seite im Revier. ..... Am nächsten Tage war nichts mehr da; die Nacht klar und hell und alle Schnepfen fort.“ Die Vögel lagen am 17. oft zu mehreren Stück zusammen dicht gedrängt. Am 16. Oktober sind keine Schnepfen beobachtet worden. 21. Strauchbucht frische Nehrung. Von Herrn Dünenaufseher Wermter sind am 17. Oktober 42 Schnepfen gesehen worden und vom 18. ab bis zum 22. keine mehr. 22. Oberförsterei Fritzen. Am 16. und 17. wehte schwacher Ost- bezw. Südostwind. In der Nacht vom 17. zum 18. setzte starker Ostwind ein. Bis zum 16. Oktober ist der Schnepfenzug gering, ja geringer als im Vorjahre gewesen. Am 16. waren wenige Schnepfen im Reviere. Am 17. ist im Belauf Dammwalde ein starker Schnepfeneinfall festgestellt worden. Die Schnepfen lagen sehr fest; hoch gemacht fielen sie 10—20 m entfernt wieder ein. 32* 484 J. Thienemann: Am 18. waren sie fortgezogen, ohne dafs ein wesentlicher Zuzug aus Norden bezw. Osten stattgefunden hat. Seit jener Zeit sind bis Anfang November nur vereinzelte Schnepfen gesehen worden. 23. Oberförsterei Greiben. Nichts Auffälliges an den fraglichen Tagen beobachtet. Am 18. Oktober wurde 1 Stück erlegt. Die Waldschnepfe ist um den 21. November auch im vollen Schnee dieser Tage bemerkt worden. 24. Oberförsterei Leipen. Die Witterung am 16. und 17. Oktober war trübe, am 18. hell mit Frost, an allen drei Tagen Ost- bezw. Nordostwind. Am 16. Oktober sind keine Schnepfen erlegt worden. Am 17. sind aufsergewöhnlich viel im Revier eingefallen gewesen. Drei wurden erlegt; am 18. ebenfalls drei. 25. Oberförsterei Tapiau. Der diesjährige Herbstschnepfenzug hat im Verhältnis zu den Vorjahren keinen grofsen Unterschied erkennen lassen. Der Hauptzug hat vom 16. bis 18. Oktober stattgefunden, jedoch kann nicht gesagt werden, dafs an diesen Tagen ganz besonders viel Schnepfe im Revier gewesen ist. Die Suchjagd ist nicht ausgeübt worden. Geschossen ist am 17. eine Schnepfe auf dem Zuge. 26. Oberförsterei Gauleden. Im Allgemeinen war der Schnepfenzug wie gewöhnlich und hob sich plötzlich auffallend in den Tagen am 16. und 17. Oktober. Es wurden am 16. im Revier einige 30 Stück, am 17. über 120 und am 18. wieder nur etwa 20 Stück teils auf dem Zuge beob- achtet, teils auf der Suche aufgestofgen. u Geschossen wurden am 16. keine, am 17. 25 Stück, am 18. rei. 27. Friederikenthal bei Tharau. Nach Mitteilung des Herrn Gutsbesitzers Tolkmitt wurden schon am 14. 15. und 16. Oktober vereinzelt Zugschnepfen beob- achtet. Auf einer Waldstreife am 16. kamen keine Schnepfen vor, bei einem Treiben auf Schnepfen am 17. jedoch zwölf bis fünf- zehn Stück. In den Nachbarrevieren wurden an jenem Tage auch viel Schnepfen angetroffen und von einzelnen Jägern bis 10 Stück geschossen. Das Wetter war am 17. trübe und kalt, am 18. morgens hatte es gefroren, und am 19. war keine Schnepfe mehr zu finden. 28. Oberförsterei Kl. Naujock. Der Schnepfenzug war in diesem Herbst im Vergleich zu anderen Jahren sehr gering. Nur am 17. Oktober sind auch im dortigen Revier zahlreichere Schnepfen gefunden, jedoch nicht soviel, dafs es gegen das Vorkommen in anderen Jahren an guten VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 485 Tagen aufgefallen wäre. Gesehen wurden am 17. Oktober, soweit sich’s noch feststellen liefs, in der ganzen Oberförsterei 18 Schnepfen; erlegt sind 2. Am 16. und 18. ist nichts besonderes bemerkt; am 16. ist keine, am 18. eine Schnepfe geschossen. _ Die Witterung war am 16. und 17. kühl bei östlicher Wind- richtung, am 18. sehr kühl und scharfer Ostwind.. Am Abend des 18. fiel das Thermometer unter den Gefrierpunkt. 29. Oberförsterei Pfeil. Der Schnepfenzug war in diesem Herbste ungünstiger als sonst. Während im Frühjahr die tiefer gelegenen Schutzbezirke mit bruchigen Boden bevorzugt werden, macht sich der Einfall und Zug im Herbste besonders im höher gelegenen Revierteil, dem Schutzbezirk Permauern, bemerkbar. In diesem Teile fiel es auf, dals, trotzdem bei Ausübung der Suche am 16. Oktober keine Schnepfen gesehen, am Sonnabend den 17. 20 Stück beob- achtet und 12 davon geschossen wurden. Das günstige Resultat am 17. ermunterte zur Suchjagd am 18., doch wurden trotz eifrigen Absuchens nur 2 Schnepfen gesehen und keine geschossen. Vor dem 17. sind Schnepfen während des Monats Oktober und Ende September nur vereinzelt beobachtet und erlegt worden. Die Nacht vom 16. zum 17. brachte einen solchen bedeutenden Zuzug, da erst jetzt kühlere Witterung bei Ostwind eintrat, während vorher westliche Winde wehten. 30. Oberförsterei Alt-Sternberg. Am 16. Oktober war ein trüber, dunstiger Tag der Himmel war bedeckt. Der Wind stand im S.O. Am 17. Oktober war der Himmel ganz bedeckt aber klare Luft. Windrichtung aus O. Am 18. Oktober war ein heller sonniger Tag mit starkem Ostwind. Ein aufsergewöhnlicher Einfall von Schnepfen wurde an diesen Tagen nicht beobachtet. 31. Oberförsterei Neu-Sternberg. Im Allgemeinen sind bei dem Durchzuge der Waldschnepfe im Herbste 1908 keine von dem gewöhnlichen Verlaufe des Zuges abweichenden Beobachtungen gemacht worden. Der Zug und das Auftreten der Schnepfen war im Verhältnis zu anderen Jahren sehr schlecht. Im Besonderen wird folgendes berichtet: Am 17. Oktober ist ein ungewöhnlich zahlreiches Auftreten der Schnepfe nur im Schutzbezirk Lucknojen beobachtet worden. Herr Förster Besemann hat am Nachmittag 6 Stück geschossen, abends auf dem Zuge etwa 11 Stück gesehen. Dagegen sind am 16. 10. nur ganz vereinzelte, und am 18. 10. gar keine 486 J. Thienemann: Schnepfen mehr dort angetroffen worden. In den übrigen 5 Schutzbezirken ist an allen 3 Tagen kein nennenswertes Vor- kommen der Schnepfe zu verzeichnen gewesen. Es sind erlegt: Am 16. 10. 3 Schnepfen. 417; r10;:6 1 „ 18. 10. 1 Schnepfe. 32. Oberförsterei Mehlauken. Ein starker Durchzug von Waldschnepfen am 16., 17. und 18. Oktober nicht beobachtet. Am 16. wurde 1 Waldschnepfe gesehen, am 17. vier gesehen und zwei geschossen, am 18. zwei geschossen. 33. Oberförsterei Gertlauken. Der Schnepfenzug in den Tagen vom 16. bis 18. Oktober nicht aufsergewöhnlich in die Erscheinung getreten. Der Herbstzug in der Oberförsterei Gertlauken überhaupt unbedeutend. 34. Oberförsterei Papuschienen. Am 18. Oktober war ziemlich viel Waldschnepfe im Schutz- bezirk Laubhorst. In den anderen Schutzbezirken sind an diesen Tagen keine Schnepfen beobachtet. Der Zug war ein recht schlechter. 35. Auf der Oberförsterei Kranichbruch hat über den fraglichen Schnepfenzug nichts Näheres festgestellt werden können. Ebenso wenig ist 36. auf der Oberförsterei Astrawischken von einem stärkeren Schnepfenzuge am 16./17. Oktober etwas zu bemerken gewesen. Im letzt genannten Reviere war Ende September und Anfang Oktober am meisten, aber immer noch weniger, als in früheren Jahren, vom Zuge zu merken. 37. Auf der Oberförsterei Brödlauken kommt Herbstschnepfe im Gegensatz zur Frühjahrsschnepfe nur ganz vereinzelt vor. Auch in den Tagen um den 16. und 17. Oktober sind keine Schnepfen gesehen worden. Um dieselbe Zeit auch auf der 38. Oberförsterei Eichwald nur vereinzelte. 39. In der Oberförsterei Tzullkinnen sind an den fraglichen Tagen keine Beobachtungen gemacht worden. Auch vor dem 17. wurde keine einzige Schnepfe bemerkt, nach- her nur zwei auf einer Treibjagd am 28. Oktober. VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 487 40. In der Oberförsterei Schorellen eine aulsergewöhnlich starke Zugwelle von Waldschnepfen in der Nacht vom 16. zum 17. Oktober nicht bemerkt. — (Wir wenden uns auf der Karte nun wieder nach Westen.) 41. Oberförsterei Foedersdorf. Im Allgemeinen wird berichtet, dafs der Zug im Herbst 1908, wohl der grofsen Trockenheit wegen, so schlecht wie nie gewesen ist. | Was im Besondern die Tage vom 16.—18. Oktober anlangt, so sind auch an diesen Tagen besonders viel Schnepfen nicht beobachtet worden, nur in Jaegeritten hat Herr Förster Schlicht- haar am 17. in kurzer Zeit ohne Hund 5 Stück hochgemacht, während er am 16. und 18. keine gefunden hat. Diese Beob- achtung ist aber ganz vereinzelt. Sonst sind in der Zeit vom 16.—18. Oktober in der Regel viel Schnepfen im Revier vorhanden. Noch am 3., 9. und 14. November 1908 wurde je eine Schnepfe gesehen. 42. Oberförsterei Wormditt. Ein abnorm starker Schnepfenzug am 16., 17. und 18. Oktober nicht beobachtet. 43. Oberförsterei Pr. Eylau. Schnepfenzug im Allgemeinen normal verlaufen. Am 16. und 17. Oktober sind keine Schnepfen auf dem Abendzuge be- merkt; am 18. mehr wie gewöhnlich gefunden, drei Stück erlegt. Einzelne Schnepfen noch bis zum 5. November geschossen. 44. Oberförsterei Wichertshof. Der Zug begann am 24. September und war gleich sehr lebhaft bis zu den ersten Tagen des Oktober, flaute dann ab bis Mitte des Monats, doch kamen stolsweise auch wieder mehr Schnepfen z. B. am 11. Oktober. Am 16. und 17. waren die Schnepfen im Reviere ziemlich zahlreich, aber nicht in ungewöhnlicher Menge, d. h. dort nicht, wo in diesen Tagen gerade gesucht wurde. Der Durchzug blieb dann ziemlich rege, bis er Anfang November wieder stärker wurde; namentlich am 2. und 3. ist viel Schnepfe durchgezogen. Im Allgemeinen waren die Schnepfen auffallend mager und hielten schlecht. 45. Willkamm. Herr v. Rautter-Willkamm teilt mit, dafs am 16. bei einer Jagd nur wenig Schnepfen, weniger als sonst, gefunden wurden, auch am 28. X. weniger als sonst. 488 J. Thienemann: 46. 47. 48. Die Oberförstereien Skallischen, Warnen, Nassawen melden, dafs an den fraglichen Tagen von einem starken Schnepfen- einfall nichts zu merken gewesen ist. Im Gegenteil war an diesem Termin und überhaupt im Herbst 1908 der Zug sehr gering. 49. Oberförsterei Goldap. Im Herbst 1908 ein sehr geringer Einfall von Waldschnepfen gegen andere Jahre. Herr Oberförster Witte-Rominten machte am 17. eine Schnepfe hoch, nahm daraufhin abends den Zug wahr und beobachtete noch fünf Stück. In anderen Revierteilen an den fraglichen Tagen keine be- merkenswerte Ansammlung von Schnepfen. 50. Auf der Oberförsterei Rominten von einem bemerkenswerten Schnepfeneinfall an den fraglichen Tagen nichts bemerkt. 51. Oberförsterei Rothebude. Am 16.—18. Oktober nichts besonderes von Schnepfenzug beobachtet. Allerdings ist die Suchjagd nicht ausgeübt worden. Im Allgemeinen weniger Schnepfen wie in anderen Jahren. Auf- fallend, dafs die Vögel trotz des eingetretenen Winterwetters so lange noch zu beobachten waren. In den allerletzten Tagen des Oktober und in den ersten 3 Tagen des November verschiedene gesehen, ja noch eine am 25. November beobachtet. 52. Oberförsterei Borken. Herbstschnepfenzug 1908 so auffallend schlecht wie noch nie. Ganz im Gegensatz zu früheren Jahren, wo er immer sehr gut zu sein pflegte. An einem einzigen Morgen, etwa um den 10. Oktober her- um, zogen reichlich Schnepfen, an allen anderen Tagen aber so gut wie gar nicht. — (Wir wenden uns auf der Karte wieder nach Westen, um den südlichsten Streifen der Provinz zu untersuchen.) 53. Oberförsterei Alt-Christburg. Allgemeines: In den 60er Jahren im Frühjahr ein guter Schnepfenzug, der in den 70er Jahren ganz aufgehört haben soll. Jetzt sowohl im Frühjahr als auch im Herbste nur noch schwacher Zug; im Herbste bekommt man noch eher einige Schnepfen zu sehen, welche zum Teil dort ausgebrütet sind. ; Am 16. 17. und 18. Oktober sind nur 2 Schnepfen beobachtet worden. VII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 489 54. Oberförsterei Schwalgendort. Der Schnepfenzug ist hier im Allgemeinen nur mäfsig. Aber auch hier wurden im Herbste 1908 Schnepfen in gröfserer Menge beobachtet als gewöhnlich, und zwar die erste am 25. September, die letzte am 28. Oktober. In der Zeit vom 16.—18. Oktober scheint auch hier der Zug am stärksten gewesen zu sein, und zwar am 18. am zahlreichsten. 55. Oberförsterei Liebemühl. Aneinigen Tagen des Herbstes 1908 sind Schnepfen in besonders grolser Anzahl gesehen worden. Die Tage selbst können aber nicht mehr genannt werden. 56. Oberförsterei Prinzwald, Schnepfen in gröfserer Anzahl sind in diesem Herbste nicht beobachtet worden; dieselben waren, wie in den Vorjahren, nur in mälsiger Anzahl anzutreffen. 57. Oberförsterei Taberbrück. Die Schnepfe ist in der Zeit vom 27. Sebtember bis 4. November d. Js. in gröfserer Zahl beobachtet worden, wie in den Vorjahren; besonders gegen Ende September an Regentagen und um die Mitte des Monats Oktober nach einem geringen Schneefall, 58. In der Oberförsterei Kudippen liegen bemerkenswerte Beobachtungen über die fraglichen Tage nicht vor. Im Monat Oktober wurden Schnepfen mehrfach gesehen. 59. Oberförsterei Jablonken. In der Zeit vom 1.— 6. Oktober Schnepfenzug recht mälsig, vom 7.—13. gut, vom 18. bis 20. Oktober besonders stark. Nach dem 24. Oktober ist kein Zug mehr beobachtet worden. 60. Oberförsterei Hohenstein. In den Staatsforsten fand die Suchjagd nicht statt. Im Hohensteiner Stadtwald sind im Herbst 1908 Schnepfen in einer Anzahl gezogen, wie seit 20 Jahren nicht. Die diesbezüglichen Beobachtungen erstrecken sich auf die Zeit vom 20. Oktober bis 3. November. Der Tag des stärksten Schnepfenzuges war der 30. Oktober, an dem allein von einem Jäger 25 Stück beobachtet wurden. Das Wetter war bei vorherrschendem Ostwind meist trübe bei zeitweisem Schneefall. 490 J. Thienemann: 61. Allenstein. Im Allensteiner Stadtwalde sind im Herbste 1908 auffallend viel Schnepfen beobachtet worden, bedeutend mehr als in früheren Jahren. Am 15. Oktober fand eine Waldtreibjagd in einem Revierteile statt, der jedes Jahr um fast genau dieselbe Zeit getrieben wird, und bei der immer Schnepfen vorzukommen pflegen. In diesem Jahre war man erstaunt über deren auflallend starke Anzahl. Etwa 30 Stück sind gesehen worden. 62. Oberförsterei Sadlowo. Mehr als gewöhnlich sind Schnepfen gesehen worden im September: am 16. acht, am 20. acht Stück. Im Oktober am 5. 26. 27. in einem Jagen 7—10 Stück. 63. Oberförsterei Purden. Am 31. Oktober im Schutzbezirk Leschno auffallend viele Schnepfen beobachtet. Überhaupt in diesem Herbste, namentlich Anfang Oktober, Schnepfen zahlreich vorhanden. 64. Oberförsterei Hartigswalde. Auffallende Mengen von Schnepfen nicht beobachtet, wenn auch etwas mehr als in den Vorjahren. 65. Oberförsterei Kaltenborn. Besondere Beobachtungen über auffallenden Zug nicht gemacht. Dem Anschein nach hörte der gewöhnliche Zug Anfang Oktober ganz auf, um erst gegen Ende des Monats seinen Fortgang zu nehmen. 66. Oberförsterei Grünberge b. Ortelsburg. Bei einer Treibjagd am 29. Oktober etwa 15 Waldschnepfen gesehen. 67. Oberförsterei Corpellen. Im Herbst 1908 Waldschnepfen nicht erheblich zahlreicher als in den Vorjahren, doch war der Zug in der ersten Oktober- hälfte etwas ergiebiger als 1907. 68. Oberförsterei Ratzeburg. Herr Forstreferendar Schulz teilt mit, dafs er am 17. Oktober in einem schmalen in das Feld vorspringenden Waldteile unge- wöhnlich viel Schnepfen angetroffen hat, und zwar auf verhältnis- mäfsig sehr kleinem Raume zusammengedrängt. Am 18. ist von dem Herrn an derselben Stelle nicht gesucht worden; es wurden aber in anderen Revierteilen einige Schnepfen gefunden, und in VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 491 benachbarten Revieren sollen an demselben Tage sehr viel an- getroffen worden sein. Ob sie bereits am 16. dagewesen sind, konnte nicht festgestellt werden. Am 19. waren sie jedenfalls bereits wieder weiter gezogen. 69. Oberförsterei Nikolaiken. Am 17. Oktober Schnepfen in gröfserer Anzahl bei einer Treibjagd in Rudolfswalde beobachtet. In den anderen Schutzbezirken liegen Beobachtungen nicht vor. 70. Oberförsterei Pfeilswalde. Gelegentlich von Treibjagden am 13. und 15. Oktober ist ein auffallend zahlreiches Vorkommen von Waldschnepfen zu bemerken gewesen. Nach dem 17. ist eine ähnliche Beobachtung nicht gemacht worden. 71. Oberförsterei Eruttinnen. Schnepfenzug geringer als sonst. Abweichend von früheren Jahren sind auf den Treibjagden im November 08 mehr Schnepfen vorgekommen. 72—90. Folgende Oberförstereien melden, dafs im Herbst 1908 nur wenig Schnepfen beobachtet worden sind, bezw. dafs von einem Masseneinfall nichts zu merken gewesen ist: Commusin, Grünfliefs, Guszianka, Rudezanny, Breitenheide, Wolfsbruch, Gron- dowken, Neu Ramuck, Lanskerofen, Reufswalde, Willenberg, Puppen, Friedrichsfelde, Johannisburg, Kullik, Kurwien, Turo- scheln, Drygallen, Lyck. Zum Schlufs mögen noch einige Berichte folgen, die der Vogelwarte von aufserostpreufsischen Gebieten zugingen. Es mulfs sofort auffallen, dafs am 17. 18. und 19. Oktober auch in weit südlich von Ostpreulsen gelegenen Revieren ein plötzliches Massenauftreten von Waldschnepfen stattgefunden hat: 1) Herr Förster Schindzielarz meldet, dafs in Kalinow, Kreis Gr. Strehlitz in Oberschlesien, südöstlich von Oppeln gelegen, am 18. Oktober der Schnepfenstrich ausgezeichnet war. Am 19. nichts mehr zu beobachten. 2) Auch aus den unmittelbar daran nach Süden zu sich an- schliefsenden Gebieten liegt eine Beobachtung vor. Herr Ed. Schimitschek berichtet in der Deutschen Jägerzeitung Nr. 49 Bd. 52 unter Hinweis auf die Rossittener kritischen Schnepfen- tage, dafs in der Nacht vom 16. zum 17. Oktober in Ostmähren ein bedeutender Zug Waldschnepfen angelangt se. Am 18. waren alle wieder fort. 3) Herr G. Baumgärtel veranstaltete am 19. Oktober 08 auf seinem in der Nähe von Plauen im Voigtlande gelegenen 492 J. Thienemann: Reviere Oberkoskau eine Treibjagd und bemerkte, dafs aufser- gewöhnlich viel Schnepfen hochgemacht wurden. Er zählte persönlich 21 Stück. Auch den anwesenden Jagdgästen fiel dies Ereignis auf, da in anderen Jahren bei dieser Jagd gewöhnlich nur 2—3 Schnepfen vorzukommen pflegten. 4) In Nr. 33. Bd. 52 der Deutschen Jägerzeitung, Neudamm berichtet Herr Weifs, Kgl. Bezirksgeometer a. D., aus Greding (Bayern) im Anschlufs an den Aufruf der Vogel- warte, dafs in seiner Gegend (Mitte Bayerns) am 19. Oktober 08 auf einer kleinen Waldtreibjagd vier Schnepfen beobachtet wurden, für dortige Gegend (500—600 m hoch gelegen, trockene kalte, steinige Jura Formation) ein ganz aufsergewöhnliches Er- eignis, das den Jagdteilnehmern höchst auffällig war, da dort der Frühjahrsschnepfenzug fast gleich Null ist, und auch im Hersbt nur hier und da, — aber auch nicht jedes Jahr — eine Schnepfe beobachtet wird. Weder vor noch nach dem 19. wurden Schnepfen im dortigen Reviere wahrgenommen. Bemerkt wird noch dazu, dafs um jene Zeit nach kurz vorhergegangenen heilsen Tagen eine aufsergewöhnliche Kälte mit schneidendem Südostwind herrschte, welche die Schnepfen wahrscheinlich zum Einfallen zwang. 5) Herr Josef Struger in Klagenfurt, Kärnten, teilt brieflich mit, dafs auch in seiner Gegend am 17. u. 18. Oktober 1908 gröfsere Mengen von Schnepfen gesehen wurden. Nach einer fünfwöchentlichen Dürre regnete es am 18. Oktober um 5 Uhr abends wieder einmal, um 7 Uhr blitzte es und regnete dann stark bei der Nacht. Die letzte Schnepfe wurde dort am 2. 1. 1909 bei 12° Kälte und etwas Schnee geschossen. — Ob diese letztgenannten Schnepfenzüge mit der grofsen ost- preufsischen Zugwelle vom 17. Oktober in Zusammenhang stehen, mag dahingestellt bleiben. Das auswärtige Beobachtungsmaterial ist zu gering, um endgültige Schlüsse daraus zu ziehen. Jeden- falls steht die Tatsache fest, dafs an jenen kritischen Oktober- tagen auch in manchen Gegenden Mittel- und Süddeutschlands, sowie Österreichs, ein plötzliches aufsergewöhnlich starkes Auf- treten von Waldschnepfen zu beobachten gewesen ist, und da diese Beobachtungen meist auf den 18. und 19. Oktober, also zwei Tage hinter den ostpreufsischen Haupttag fallen, so könnte man immerhin annehmen, dafs der Zug von Ostpreufsen aus nach Süden, nicht an der Küste entlang nach Westen zu fortgesetzt worden ist, zumal aus Borkum durch Herrn Hauptmann Herber gemeldet wird, dafs dort an den kritischen Tagen keine Schnepfen anzutreffen waren, ebensowenig nach Meldung von Herrn Kircher bei Hanau am Main. Die Schnepfen hätten unter solcher An- nahme nach ihrem Aufbruch von der ostpreufsischen Küste in der Nacht vom 17. zum 18. Oktober den südlichen Teil von Ostpreufsen überflogen, weil dort ein Masseneinfall nicht zu beobachten war. Schliefslich noch einige Notizen, die nicht die kritischen Oktobertage, sondern die ersten Novembertage betreffen, wo nach VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 493 den obigen Aufzeichnungen auch in manchen Gegenden Ostpreulsens der Schnepfenzug sich ganz besonders rege gestaltete. In Borkum zeigten sich am 1. November plötzlich viele Waldschnepfen, so dafs Mittags 18 Stück erlegt werden konnten. An den nächsten Tagen wurden nur noch wenig gefunden. Wind- richtung am 1. Nov. Ost- und Südost, wobei sonst Schnepfen dort nicht einzutreffen pflegen. Bei Meschede in Westfalen, Sauerland, lagen nach Mitteilung des Herrn Fritz Peus am 3. November auf einem Komplex von ca 1 Morgen eine Menge Schnepfen dicht zusammengedrängt, und so fest, dafs sie der Hund greifen konnte. Wetter: vollständig klarer Himmel bei Ostluft. Zusammenfassung: 1) In der Nacht vom 16. zum 17. Oktober 1908 ist eine auffallend starke Zugwelle von Waldschnepfen über Ostpreufsen hinweggegangen. 2) Der Einzug in die Provinz erfolgte von NO. her. Die Vögel suchten die Küste zu erreichen und fielen besonders in der Nähe der beiden Haffe in einer Massenhaftigkeit ein, wie sie wohl noch nie beobachtet worden ist. Hunderte, ja Tausende von Schnepfen haben am 17. in jenen Gebieten gelegen. 3) Der östliche und südliche Teil der Provinz blieb von dem Einfall fast ganz verschont. 4) In der Nacht vom 17. zum 18. Oktober wanderten die Hauptmassen weiter und schlugen (wahrscheinlich) eine südliche Richtung ein. 5) Die Schnepfen sind in dicht gedrängten Flügen gewandert. (Die Frage, die in Jagdzeitschriften öfters erörtert wird, ob die Waldschnepfe einzeln, oder in Gesellschaft zieht, kann danach beantwortet werden.) 6) Der Massenaufbruch der Schnepfen aus ihren russischen Brutgebieten ist veranlafst worden: a. durch die an den kritischen Tagen einsetzenden östlichen Winde, die vorher ganz fehlten. b. durch die plötzlich eintretende starke Abkühlung, die die ersten Anzeichen des Winters brachte. 7) Dafs die Schnepfen in den auf der Karte schraffierten Küstengebieten Ostpreufsens ihre Wanderung durch plötzliches massenhaftes, dicht gedrängtes Einfallen unterbrochen und dabei auch Stellen aufgesucht haben, die von ihren Artgenossen sonst gemieden werden, dafür lassen sich zwei Gründe anführen: a. Die Vögel hatten entweder eine sehr weite Reise hinter sich, so dafs sie die sich bietende Raststation begierig an- nehmen. (cf. Das beobachtete Festliegen der Vögel.) b. Oder die Schnepfen sind in Nebelschwaden geraten, die sie zwangen wie die Steine aus der Luft herabzufallen. (Aus einigen Gebieten wird Nebel für den 16. gemeldet.) Dabei 494 J. Thienemann: ist darauf hinzuweisen, dals jene an den Haffen gelegenen Gebiete, deren Zentrum das Samland ist, wo die Ostseeküste ihren Bogen nach Westen zu beschreibt, für den allgemeinen Vogelzug von gröfster Bedeutung sind. Dorthin streben die Vogelschaaren aus dem nordwestlichen Rufsland, dort treffen sie zusammen, um sich dann beim Weiterziehen wieder mehr oder weniger zu verteilen. Daher auch die grolse Bedeutung der Kurischen Nehrung als Vogelzugstralse. 8) Verschiedene, besonders im Osten und Süden der Provinz Östpreufsen gelegenen Reviere melden für den Herbst 1908 einen ganz aufsergewöhnlich geringen Schnepfenzug. Das erklärt sich daraus, dafs sich der Zug aus den oben angegebenen Gründen auf einen oder ein paar Tage und auch nur auf eine verhältnis- mäfsig schmale Zugstralse zusammengedrängt hat, so dafs er gewisse Gebiete gar nicht berühren konnte; ein Beispiel dafür, dafs aus dem Fehlen einer Zugvogelart in gewissen Gegenden nicht gleich verallgemeinernd auf eine Abnahme dieser Art geschlossen werden darf. 9) Auch am 30. und 31. Oktober und am 2. und 3. November 08 war in mehreren Gebieten Ostpreufsens der Schnepfenzug besonders rege, wobei auch manche im Süden der Provinz gelegenen Reviere mit betroffen wurden. (cf. Dazu den oben erwähnten guten Zug auf Borkum am 1. und im Sauerland am 3. November.) Gewichtstabelle von Vögeln, die bei Rossitten erbeutet worden sind. Nr. Datum Gewicht. 1. 9/6. 04. Uria grylie, Gryliteist 450 gr. 2. 16/5.05. Urinator lumme, Nordseetaucher 1,199 kg. 3. 6/7.04. Colymbus cristatusQ ad., Haubensteilsfuls 1,158 kg. 4. 30/8. 04. Colymbus eristatus juv., Haubensteifsfufs 974 er. 5. 6/7.04. - nigricollis ad., Schwarzhalssteilsfuls 360 6. 5/10.03. Stercorarius pomarinus juv., Mittlere Raubmöwe 556 - 7. 8/10. 03. - pomarinus, Mittlere Raubmöwe 496 - 8. - - - - - 469 - 9. - - - - - 509 - 10. 5/10. 03. - parasıticus juv., Schmarotzerraubmöwe 318 - 11. 8/10. 03. - parasiticus, - 295 12.11/11.04. Larus marinus juv., Mantelmöwe 1,488 kg. 13. - - - Juv., - 1,265 “ 14. 5/10.03. Larus fuscus juv., Heringsmöwe 562 gr. 15. - - - - - 679 - 16. - - - - - 673 - 17. - - - - ” 748 - 18.0 - a ae ü 821 - VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 495 Nr. Datum Gewicht. 19. 8/10.03. Larus fuscus ad., Heringsmöwe 844 gr. 20. - E - - - 559 - 21. - - - - - 614 - 22.111/11.04. - 1. juv., - 812 - 23. - B a JUVS - 1,064 kg. 24. - - =, JUV:, - 7133 gr: 25. 30/8.04. Larus canus juv., Sturmmöwe 320 - 26. 11/11.04. - = Huwz - 481 - 27. E - 11. juV,, - A5l -- ‚28. - - = BIUVE, - 400 - 29. - - - juv., - 396 -- 30. - - =) jum, - 371 - 31. - = otad.; - 422 - 32. - = uud - 404 - 33. 25/5.04. Larus ridibundus, Lachmöwe 286 - 34. 15/7.04. Larus minutus juv., Zwergmöwe 108 - im zweiten Jahre 35. 15/7. 04. Larus minutus juv., - 113. - 36. - - - - - 118 - 37. - - 2 - - 123 - 38. 16/8. 04. Sterna hirundo ad., Flufsseeschwalbe 137 - 39. 7/12. 04. Nyroca marila 9, Bergente 1,242 kg. 40. 14/5. 04. Nyroca ferina Q', Tafelente 816 gr. 41. - = =r 9%, - 969 - 42, 2/7.04. - u, - 113 43. 29/7. 04. - - OQad, - 754 - 44, - - - Qad,, - 860 - 45. 20/8. 04. Spatula clypeata 9, Löffelente 545 - 46. 18/9. 04. Spatula clypeata S', ad., Löftelente 585 - 47. 19/9. 03. Anas boschas Q', Stockente 1,335 kg. in der Mauser 48. 21/9. 03. Anas boschas g', - 1,312 - in der Mauser 49. 23/9. 03. Anas boschas 9, - 1,027 - e- R ulRO, B 1,105 - 51. 6/10. 03.5» Sig, - 1,055 - in der Mauser 52. - Anas boschas Q', - 1,351 - 53.29/7. 04. - -.8' ad., - 1,110 - 54. 5/8. 04. - al juy,, - TTS gr. 55. 4/9. 04. - - - 961 - 56. - - - Q, - 982 - 57.010509. 04. - - Beherbergte sehr viel Taenien in den Eingeweiden. 809 gr. 75. 80. 85. . 04. . 05. . 04. J. Thienemann: . Anas boschas juv., . Anas penelope . Anas querquedulaQ ad., Jad., Qad., J' juv., ey . Anas crecca 9 ad., . Tadorna tadorna juv., . Arenaria interpres g" juv., . Squatarola squata- rola ad., . Charadrius aprica- rius jüV., Charadrius hiati- cula Jg ad., Charadrius hiaticula, Charadrius alexan- drinus g', 5/8. 04. Vanellus vanellus . 16/8. 04. . 29/8. 05. . 30/8. 04. 2/9. 04. 2/9. 04. juv., Vanellus vanellus jJuv., Phalaropus lobatus, Tringa alpina ad., Tringa alpina, Tringa alpina, ) 0 7 see a Vase; (se Dee De Stockente Pfeifente Knäkente Krickente Brandgans Steinwälzer Kiebitzregenpfeifer Europäischer Goldregenpfeifer Sandregenpfeifer Seeregenpfeifer Kiebitz Schmalschnäbliger Wassertreter Alpenstrandläufer Alpenstrandläufer im Übergange zum Winterkleide Alpenstrandläufer im Übergange zum Winterkleide, 45 - 40 - 50,5 - 44 - 43,5 - 52,5 - 48 - 41,5 - Journ. f. Orn. LVIL, Jahrg. Juli 1909. 33 VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 497 Nr. Datum Gewicht. 91. 28/8. 04. Tringa ferruginea jüv., Bogenschnäbliger Strandläufer 51 er. 92. - - - - - 50 93: E - - - - 52 - 94. 28/8.04. Tringa minuta, Zwergstrandläufer 25 - 95. 2/9.04. - & - 24,5 - 96. 16/7. 04. zum pugnax 9', Kampfläufer 150 - 97. 16/8. 04. - juv., Kampfläufer 153 - 98. - - - - - 175 - #99: - - - - - 87 - 100. 16/8.04. Totanus littoreus juv., Heller Wasserläufer 134 - 101. 24/7.04. Limosa lapponica 9, ad., Pfuhlschnepfe 293 - 102. 28/8.05. Numenius arquatus, Grofser Brachvogel 640 - 103. 16/8. 04. Gallinago gallinago, Bekassine 113 - 104. 23/8.04. - = 11% - 105. 4/9. 04. Gallinago gallinula, Kleine Sul UEORN - 106. 18/9. 04. & - 48,2 - 107.20/11.04. Scolopax rusticola, Waldschnepfe 392 - 108. 24/4.05. - - - 326 - 109. 5/8.04. Rallus aquaticus 9, Wasserralle 140 - 110. 14/5.04. Fulica atra, Bläfshuhn ZN 1: - - - - 780 - 112. - - - - 619 113. 30/4. 05. Ciconia ciconia, Weilser Storch 2,807 ER. 114. 18/9.03. Ardea cinerea, juv., Fischreiher 1,473 - 115. 22/9. 05. Columba palumbus juv., Ringeltaube 561 BT. 116. 22/9. 05. > - ad., - 448 117.:27/9.05. - HN. = 451 - 118. 3/9.03. Perdix perdix juv., Rebhuhn 303 - 119. 16/9.04. - - ve 359 - 120.47 - - = ji = 348 - 121. 16/9.04. - Dad, > 350 - 1B9Xı7. e - juv., - 366 - 123. 6/5.05. Circus aeruginosus 505 - juv., Rohrweihe 124. 18/9. 03. Aceipiter nisus S' juv., Sperber 150 - 125.18/4.0. - ae - 137. - 126. 20/4.04. - u 159 - 127. - = Say - 170 - 128. - - =. St ad - 151 - 129. - - Ei = JUV., - 161 - 130. 20/4. 04. = Zug jur - 148 - Der J = Ol 297 - 132. - - N - - 287 - 133. - - Qjuv., - 290 - 134. 93/4. 04. - SAINORTUV., - 145 - 498 Nr. 135. 23/4. 136.20 3r- . 27/9. 138. 30/3. 139.30/10. 10/5. 9/10. 137 140, 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163.21/10. . 25/5. 4/8. 164 165. 166. 167. 168. 169. 170. Datum Okt. 90/A. 9/9. 8/10. 10/5. 12/8. 22/4. 22/9. 14/9. 10/5. 18/9. 24/9. 11/5. 12/8. 28/8. 18/9. 24/9. 04. 04. 05. 05. 04. 03. 04. 04. 03. 04. 04. 05. 09. 04. 05. 04. 03. 03. 04. 05. 04. 04. 04. 04. 03. 03. J. Thienemann: Gewicht. Accpiter nisus Q juv., Sperber 271 gr. - - Qjuv,, - 254 - Buteo buteo Mäusebussard 1,154 kg. A e - 8ll gr. n “ - 914 - Buteo zimmermannae, Falkenbussard 627 - Archibuteo lagopus, Rauhfufsbussard 1,166 kg. e 2 R 1,115. - - - 1,090 - - - - 998 gr. : £ = 913 - N z - 896 - : - - 884 - - - - 868 - x - - 821 - i - - 11743 Aquila pomarina, Schreiadler in Wang- nick, Ostpr. erlegt. 1,883 kg. Pernis apivorus, Wespenbussard 445 gr. Milvus korschun, Schwarzer Milan 861 - { el änyE = E 854 - Haliaetus albicilla juv.1), Seeadler 3,750 ke. Pandion haliaetus 9', Fischadler 1,740 - Falco peregrinus, Wanderfalk 1,100 - - - & 2 1,088 - Falco subbuteo, Baumfalk 215 gr. Cerchneis tinnuncula juv., Turmfalk 214 - a - - 228 - g' in der Mauser, 179 - Surnia ulula, Sperbereule 304 - Cuculus canorus 9, Kuckuck 142 - rote Varietät, - 114 - Cuculus canorus Juv., - 118 - Cuculus canorus juv., - 111 - Dendrocopus maior juv., Grofser Buntspecht 93 - Dendrocopus maior Juv., : 87 - Dendrocopus maior ad., - 37 - !) Weitere Gewichte s. VII. Jahresbericht (J. f. O. 1908 p. 410). VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 499 Nr. Datum Gewicht. 171. 2/4. 05. Dendrocopus minor 9', Kleinspecht 23,2 er. 172. 2/5. 05. Upupa epops Wiedehopf 51 - 173.12/10. 03. Bombyeilla gar- rula, Seidenschwanz 50 - 174. 11/5. 04. Binz atrica- pila Q', Trauerfliegen- schnäpper 13,2 - 13 - - Muscicapa atrica- pila, Trauerfliegen- schnäpper 13,6 - 176. 25/10. 03. Lanius excubitor ’ manor, Östlicher Raub- würger 75 - 177. 27/9. 05. Lanius excubitor, Raubwürger 8 - 178. 25/5. 04. Lunsus collurioY, Rotrückiger Würger 34,5 - 179. 13/9. 05. Lanius collurio juv., - - 29 - 180. 19/9. 03. Corvus cornix juv., Nebeikrähe 597 - 181. 21/9. 03. Corvus cornix - 543 - 182. - - - - 495 - 183. - - 5 - 614 - 184. - - - E 520 - 189.%18/4.04. - - - 518 - 186. - > 5 - 528 - 187. - - - - 468 - 188. - - - - 480 - 189. - - - - 573 - 190. - - - - 472 - 191. 23/4.04. - > E 564 - 192. - - - - 466 - 193. 2/7.04. Corvus cornix juv., von diesem Jahre - 413 - 194. 3/2.08. Corvus cornix Q, 404 - 195. 31/10.04. Colaeus monedula ad., Dohle 211 - Be - 2 ee 207 - A a 2 alas 218 - 198. - = - ad., - 236 - ing: - - N ar 209 - 200. 19/9.03. Garrulus glandarius, Eichelheher 169 - 201. 6/10. 05. - - - 17 9= 202. 21/9.03. Nucifraga caryoca- tactes, Tannenheher 153 - 203. 18/9. 03. Sturnus vulgaris juv., Star!) 73 - in der Mauser. !) Bei den schweren Exemplaren ist die Mauser vollendet, bei den leichteren noch nicht. Alle Stücke sind diesjährige Junge. 33* 500 J. Thienemann: Nr. Datum ‚Gewicht. 204. 18/2. 03. Sinus Besigaris juv., Star 84 er. 205. Juv., - 88 206. - { ne 79 - 207. - E - juy.;; - 80 - 208. - - = Juyaine 87 - abomarr : =, -Juys wi 87 - SIR.EıF- £ u Tag 211. E - - Juv., - 76 - Bias F- - = u TA= 213. - - - juv, - 89 - 214. - - - Juv., - 83 - 215. - Juysune- 83 - 216. 18/4. 04. Sturnus vulgaris ad.,' = 88 - 217. - - - Juyssua 80, 218. - - - juv., - 9 - 219. - - - JUVA RE 80 - 0. | - - > /uwnle= 88 - 221. - - - juv, - 854 - 22 - - - Jysare 83 - 223. 19/4. 04. Sturnus vulgaris ad, - 88 - 224. - - 5 ads. ı= 79 - 225. - - - - 80 - 226. - - - juv, - 853 - 227. - - le Tal 228. 31/10.04. - - Oo jun, = 89 - 229. - - - SOC TuUn.yE- 96 - 230. - - =. juv., 94 - 231: - - - Qjuv, - ER 232. 3/10.04. - ae 89 - 233. - - =. (OS al er 87 - 2334. - - - Jjuv, - 88 - ZByı - - - Jjuv, - 95 - 236. - . - One 82 - 237. - - . Sauer 9 - 238.11/10.03. Fringilla coelebs 5, Buchfink = = 89 > - - - 121 - - - - 146 - - - = 131 = - - - 1114» 3 Exemplare: 130; 124; 115 - - - Wachholderdrossel 115 - - - - 126 - 502 J. Thienemann: VIII. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. Nr. Datum Gewicht. 291.28./12.04. Turdus pilaris, Wachholderdrossel 130 gr. 292. 7/1.05. - - - 13912 293. - - 5 - 109 - 294. 12/10.03. Turdus merula 9, Amsel 86 - 295.11/10.03. - Zu 0, - 99 - 296.19/11.04. - = Suse 108 - 297. 21/4. 05. Sawicola oenanthe ', Steinschmätzer 25,7 - 298. 11/5.04. Pratincola rubetra, Braunkehliger Wiesenschmätzer 19,8 - 299. 11/5. 04. Erithacus phoeni- curus Q, Gartenrotschwanz 14,6 - 300. 11/10.03. Erithacus rubeculus, Rotkehlchen 17 - 301. 5 & Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die März-Sitzung 1909. Verhandelt Berlin, Montag, d. 1. März, abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren OÖ. Neumann, v. Lucanus, v. Ver- sen, Schiller, K. Neunzig, Koske, Rörig, Freiherr Geyr v. Schweppenburg, K. Kothe, Jung, Krause, v. Treskow, Ehmcke, Schalow, Deditius, Reichenow, Heinroth. Als Gäste die Herren Hesse, P. Kothe u. Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende gedenkt zunächst in herzlichen, warmen Worten des dahingeschiedenen alten Ehrenmitgliedes Dr. Bolle auf Scharfenberg, der seit über vierzig Jahren unserer Gesell- schaft angehörte. Seine biologischen Mitteilungen über die Kanaren und Kapverden, auf denen er sich lange aufgehalten hatte, sind besonders bekannt, die Schilderung des wilden Kana- rienvogels ist geradezu klassisch geworden. Die Anwesenden ehren das Andenken des hochbetagt Entschlafenen durch Er- heben von den Sitzen. Die eingegangenen Schriften werden von den Herren Reichenow, Heinroth und Schalow besprochen und vorgelegt, woran sich zwischen den letzteren beiden Herrn ein Meinungsaustausch über die Berechtigung des Ausgrabens der sogenannten „ältesten Namen“ anschliefst. Herr O. Neumann ist der Ansicht, dafs man sich international auf ein festes Werk einigen müsse, dessen Nomenklatur als Richtschnur zu nehmen sei. Herr Heinroth legt ein Schreiben des „Cosmos-Verlages“ vor, worin zur Beteiligung an der Erwerbung eines Geländes in den österreichischen Alpen zwecks Errichtung eines Tier- und Pflanzenreservates aufgefordert wird. Herr Dr. Flöricke soll Bericht über die März-Sitzung 1909. 503 diesem „Naturdenkmal“ vorstehen. Viele der Anwesenden geben ihrer Meinung dahin Ausdruck, dafs man speciell die kleineren Vögel in den Alpen, die ihnen genug natürliche Schlupfwinkel u. Wohnorte bieten, nicht besonders zu schützen brauche, auch liegt es uns näher, im Inlande für die Erhaltung der Natur- denkmäler Sorge zu tragen. Herr Krause zeigt ein in der Verkleinerung wiedergegebenes Bild eines holländischen Löfflers mit jungen und legt die neuesten Abbildungen seiner „Oologia palaearctica‘ vor. Herr Reichenow hat aus Neu-Guinea eine Skizze erhalten, die einen dem Seleweides ignotus sehr ähnlichen, aber vielleicht etwas abweichend gefärbten Paradiesvogel darstellt. Herr Heinroth berichtet über einen in seinem Besitze befindlichen lebenden Gimpel (Pyrrhula pyrrhula europaea Vieill.), der auf der linken Körperhälfte weiblich, rechts männlich gefärbt ist, und gibt hieran anschliefsend eine kurze Übersicht über die bekannten lateral hermaphroditisch gefärbten Vögel und ihre anatomischen Befunde. Nach Feststellung der inneren Organe des betreffenden Vogels wird darüber das Wesentlichste in den „Monatsberichten‘ veröffentlicht werden. Herr Baron Geyr v. Schweppenburg regt die Frage über die Bedeutung des bei vielen Vogelgruppen eigenartig gestalteten Innenrandes der Kralle der Mittelzehe an und weist darauf hin, dafs die Singvögel z. B. sich das Kopfgefieder mit den Nägeln einfetten. Die Herren Reichenow und Heinroth äufsern sich gleichfalls über dieses Thema. Herr Baron Geyr v. Schweppenburg berichtet ferner von einen Fischadler (Pandion), der sich im Herbst einen Horst zusammengetragen hat. Herr Reichenow erhielt einen verkümmerten, ganz ver- rulsten weilsen Storch mit gelben Beinen; allem Anscheine nach war das Tier in einen Schornstein geraten gewesen. Herr Heinroth erklärt sich die Gelbfärbung der Beine dieses Exem- plares als eine Verbrennungserscheinung: auch Brautenten, die auf der Nestsuche in einen Rauchfang geraten sind, tragen als lebenslängliches Zeichen dieses Unfailes eine Pigmentlosigkeit des Schnabels davon. Herr Rörig teilt schliefslich noch mit, dafs eine in Ros- sitten beringte Lachmöwe am Bodensee erlegt worden sei. Dr. ©. Heinroth. Bericht über die April-Sitzung 1909. Verhandelt Berlin, Montag d. 5. April abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren: v. Lucanus, v. Versen, Schiller, Hesse, K. Kothe, Koske, Le Roi, v. Treskow, Freiherr Geyr v. Schweppenburg, Krause, Ehmcke, Reichenow, Heinroth. 504 Bericht über die April-Sitzung 1909. Als Gäste die Herren W. Miethke und Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Reichenow, Schriftfrührer Herr Heinroth. Der Vorsitzende begrüfst Herrn Hesse als neues und Herr Le Roi als auswärtiges Mitglied. Hierauf verliest Herr Reichenow im Auftrage des leider am persönlilchen Erscheinen verhinderten Herrn K. Neunzig einen kürzlich in der „Gefiederten Welt“ erschienen Artikel von Herr Dr. E. Werner über Paradiesvogelschutz und regt die Frage an, ob die „Deutsche Orn. Ges.“ nicht für den Schutz dieser stark verfolgten Vogelgruppe eintreten wolle. Die Herren v. Lucanus und Heinroth erklären sich bereit, sich mit den Herren K. Neunzig und Rörig in dieser Angelegenheit in Verbindung zu setzen, um der Sache praktisch näherzutreten. Herr Krause legt eine Anzahl schöner Aufnahmen von Nestern und deren Standorten aus Skandinavien vor, die er von Herrn Dr. Rosenius erhalten hat, Herr Reichenow bespricht die eingegangene Literatur und zeigt eine Anzahl von Bildern, die für ein neues Museumswerk bestimmt und von der Künstler- hand des Herrn Krause angefertigt sind. Herr Heiuroth hat den Balg des in der vorigen Sitzung bereits besprochenen, lateral hermaphroditisch gefärbten Gimpels mitgebracht und berichtet, dafs nach den Untersuchungen von Herrn Prof. Dr. Poll es sich um echten Hermaphoditismus handele: es war links ein Ovarium, rechts ein Testikel vorhanden. In den Sitzungsberichten der „Ges. Naturforsch. Freunde zu Berlin“ wird ausführlich über diesen interessanten Vogel mitgeteilt werden. Herr Reichenow weist hieran anschliefsend darauf hin, dafs A. v. Pelzeln in der Abh. d. K. K. zoolog.-bot. Ges. Wien 1875 p. 413 ebenfalls einen Gimpel erwähnt, der 1837 erworben und rechts rot, links grau gefärbt war. Herr Emcke legt eine Anzahl Stieglitze vor, die im Winter erlegt und auf der Unterseite auffallend dunkel sind. Die Herren Reichenow und v. Lucanus sind der Ansicht, dafs es sich um Stücke handelt, die sich in russigem Schnee beschmutzt haben. Zum Schlusse bespricht Herr Reichenow einen neuen Vogel vom Kiwu-See, den er herumreicht: Pyromelana leuconota Rehw. ein Feuerweber ähnlich P. nigrifrons, aber mit weilslichem Rücken; ferner zeigt er die Rabenkrähe vom Altai, die sich durch geringe Gröfse auszeichnet. Dagegen weist er darauf hin, dafs die Gröfsenunterschiede der östlichen Nebelkrähen- Formen nicht konstant seien, man sei auch wohl nicht berechtigt, den Kolkraben vom Kaukasus wegen seines grölfsen Schnabels artlich von den übrigen als geographische Form zu trennen. Dr. O. Heinroth. Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. Taf. VI. Mi f. Ornith. 1909. Karte des Zuges der Nebelkrähe (Corvus cornix) auf Grund der von der Vogelwarte Rossitten durchgeführten Ringversuche. « jr _— > N! ’ + . - z ec a = Journ. f. Ornith. 1909. Taf. VII. Warschau $ [6 a & x 5 & © > - Ss =} ° a des Zuges der Lachmöwe (Larus ridibundus) auf Grund der von der Vogelwarte Rossitten durchgeführten Ringversuche. A 7 Schirgindt 0 Wirballen Suwalkt Augustaw = ‘& Dede i de = = E a ” % 2 Be 41.” £ a S m meet > B z Kae. 5 ae x IS Ne 2: Ei: \ EI „2 E “ S/& 3 “= 3 en ” = ur, N > re 3 En BE E E 3 ES 5 nt z Fo S = & Br SE = = 3 2 E & ; re %. = &,&8 £ Ss e 118 = jr e & = = oe [2 > 4 5 ns & © z = } 3 4 2 were Ss = DI > zn‘ = F 3: ER MI. ze ey Tl Mm an er His 3o ® 8%» 2% < Ö 3 | ES | E eu ee 3. = N 3 Sadlowo Carppellen Reusswalde Hartıgswalde b “ Gommusin Kältenborn s „Grünfliess Neu-Ramuch "Länskerofen „Mlawa Hohenstein 2 # N P, Liebemühl ,,, aberbrü JOURNAL ORNITHOLOGIE Siebenundfünfzigster Jahrgang. No. 4, Oktober. 1909. Meine dritte Reise nach Zentral- Asien und ihre ornithologische Ausbeute. Von Harald Baron Loudon. Vorwort. Zwei Jahre vergingen mir bis zur Fertigstellung vorliegender Arbeit. Überlastet mit anderweitigen Beschäftigungen, galt es, die hin und wieder vorkommenden freien Tage und Stunden der Be- arbeitung der Tagebücher und des gesammelten Materials an Vogelbälgen zu widmen. In Anbetracht meines entlegenen Wohn- sitzes und der damit verbundenen Schwierigkeiten, Vergleichs- material und manche fehlende Literatur zu beschaffen, hat nicht wenig an der Verzögerung beigetragen. Schliefslich hatte ich ursprünglich die Absicht, vorliegende Arbeit in russischer Sprache der Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft zu St. Petersburg zu übergeben. Letzteres hat eine weitere Verzögerung zur Folge gehabt. Inzwischen ist die ornitholog. Wissenschaft mit Riesenschritten vorwärts gegangen. Hauptsächlich Namen haben sich geändert, viele Neubeschreibungen sind hinzugekommen. Die nachträgliche Korrektur hat hiermit bei weitem nicht Schritt halten können. Ich bitte daher, manche Inkonsequenz und Fehler nachsichtig beurteilen zu wollen. Inzwischen habe ich eine vierte Reise in dieselben Gegenden unternommen, deren Bearbeitung voraussichtlich nicht so grolfse Verzögerung erfahren wird. Die Mannigfaltigkeit jener Länder an Vogelarten und die grofse Anzahl der von mir gesammelten Bälge (über 5000 Exem- plare) geben bereits eine schöne Übersicht, speziell der Provinz Transkaspiens und der Winterfauna des Talyscher Tieflandes. Trotzdem bezüglich Systematik bier viel geleistet worden ist, sind manche Arten bezw. neue Formen noch lange nicht klar gelegt, und erst recht fehlt es uns an intensiveren biologischen Beobachtungen, welche dem Reisenden immer mehr oder weniger spärlich zufallen. Journ. f. Orn. LVII. Jahrg. Oktober 1909. 34 506 Harald Baron Loudon: Zu ganz besonderm Dank bin ich Sr. hohen Exzellenz Peter Petrowitsch Semenov-Tjanschanski, Vizepräses der Kaiser]. Russ. Geogr. Gesellschaft, verpflichtet, durch dessen liebenswürdiges Entgegenkommen nicht allein die Reise ermöglicht wurde, sondern dessen umsichtige Unterstützung ich auch das gute Resultat zuschreiben muß. In russischer Sprache haben wir die wert- volle Arbeit N. A. Saruduy’s über die Transkaspische Vogelwelt, deren Wert ich auf meinen Expeditionen schätzen gelernt habe, zugleich mufs ich aber bedauern, dafs diese Arbeit, der russischen Sprache wegen, den meisten europäischen Ornithologen „ein Buch mit sieben Siegeln‘“ bleibt. Zur besseren Orientierung lasse ich die Marschroute voraus- gehen. Lisden, Livland, am 15. XI.!) 1908. Harald Baron Loudon. 1903. Marschroute. I. Kaukasus. 13. L. Wladikawkas. 14. I. Bahnfahrt über Petrowsk-Derbent-Baku. 15.—17. I. Baku und Umgegend. 18.—21. I. Lenkoran. 22. 1. Fahrt von Lenkoran nach Kumbaschinsk. 23. 1.—9. I. Kumbaschinsk und Umgegend. 10. II. Rückfahrt nach Lenkoran und Baku. 11. IRRE Baku: 12. I. Von Baku nach Krasnowodsk. II. Transkaspien. 12. II. Ankunft in Krasnowodsk. 13. I. Fahrt nach Aschabad. 14. II. Aufenthalt in Aschabad. 15.—16. Il. Artyk. 17. II. Kaachka. 18.—21. II. Fedschen. 22. II. Aufenthalt in der Stadt Merw. 23.—24. II. Jelotan. 25.—27. II. Imäm-Baba. 28. II.—2. III. Sary-Jasy. 3.—6. III. Festung Kuschk (an der Afghanengrenze). 6. III. Nachmittags Abfahrt nach Merw. 7. III. Aufenthalt in Merw. 8.—9. III. Bairam-Ali. !) Alle Daten alten Stils. A 3 u ZU2 end ENDE FREE Reise nach Zentral-Asien. 507 10.—11. III. Annenkowo. 12.—13. III. Utsch-Adschi. 14. III. Vormittags Peski. 14.—16. III. Repetek. III. Buchara. 17. III. Aufenthalt in Tschardschui (am Amu-Darja). 18. III. Farab. 19. 11I. Chodscha-Dawlet und Kara-Kul. 20.—21. Ill. Alt-Buchara (Stadt). 22. III. Kermine. 22.—25. III. Siadin. 25. III. Aufenthalt in Samarkand. IV. Syr-Darja-Gebiet. 26.—28. III. Hungersteppe (Station Golodnaja-Stepj). 29. III Aufenthalt in Taschkent. 30. II. Wrewskaja. 31. III. Tschenas (am Syr-Darya). v. Ferghana-Gebiet. IV. Chilkowo. IV. Chodschent. IV. Serowo. IV. Andischan. IV. Melnikowo. ENDE VI. Retour Samarkand-Buchara. . IV. Dschjisak. . IV. Fahrt von Dschjisak durch Buchara bis Farab. „Eve Parab; Neil oiEn VII. Transkaspien. 10. IV. Repetek. I1-IV., :Peski. 12. IV. Utsch-Adschi. 13. IV. Annenkowo. 14.—15. IV. Bairam. 16. IV. Tedschen. 17.—19. IV. KaachkaundCheiw-Abad (an derPersischenGrenze). 20.—21. IV. Artyk. 22. IV. Geok-Tepe. 23. IV. Bami. 24. IV. Kasandschjik. 25. IV. Fahrt von Dschjebel über Kara-Tengir bis Koilju. 34* 508 Harald Baron Loudon: I. Allgemeiner Teil. Die Reise. Am 6. I. 1903!) erhielt ich vom Sekretär der Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft zu St. Petersburg das langersehnte Telegramm: „Die zur Reise nötigen Papiere sind fertig — herkommen — abholen.“ Die Sachen waren längst gepackt, mein Begleiter Herr Wilhelm Sawitzky schon seit einigen Tagen aus Berlin hier ein- getroffen und der Präparator Andrej Barop, den ich zwei Monate vorher engagiert und ihm das Präparieren der Bälge beigebracht hatte, wir alle warteten — „bereits in Reisekleidern‘“ — und ich speziell ganz besonders auf die ersehnte Nachricht. Um 7 Uhr abends traf nun das Telegramm ein und kam grade so bequem, dafs wir noch den um Mitternacht von Wolmar nach Petersburg gehenden Zug erreichen konnten. Den 7. I. bei hereinbrechender Dunkelheit waren wir bereits in Petersburg. Während Sawitzky und Barop die Bagage vom Baltischen auf den Nicolaibahnhof beförderten, was mit verschiedenen Hinder- nissen geschehen war, und einige noch notwendige Besorgungen machten, fuhr ich zu meinem hochverehrten Gönner, Sr. hohen Exzellenz Peter Petrowitsch Semenow, Vizepräses der Kaiser- lichen Russischen Geographischen Gesellschaft, der mir mitteilt, dafs die Reisepapiere auf dem Sekretariat der Geographischen Gesellschaft lägen und bis 8 Uhr abends abgeholt werden könnten. Nun gab es kein Halten mehr! Se. Exzellenz verabschiedete mich mit den besten Wünschen zur weiten Orientreise, und nun zur Geographischen Gesellschaft, wo mir die Empfehlungsbriefe an Sr. Exzellenz dem General- Gouverneur von Turkestan, Nicolai Alexandrowitsch Iwanow, und ein offenes Schreiben, enthaltend die Abkommandierung nach Turkestan, dem Kaukasus und Nord-Persien, nebst Freibilleten 1. Klasse für alle Mitglieder der Expedition auf die ganze zu durchfahrende Bahnstrecke des russischen Reiches übergeben wurden. Nur die Pässe vom Ministerium des Auswärtigen fehlten noch. Diese hatte mir mein inzwischen verstorbener Freund Wilhelm Schneider, damaliger Vizekonsul in Ceylon, der zufällig in Petersburg war, durch seine persönliche Verwendung noch am selben Abend zu verschaffen versprochen. Um 12 Uhr 30 Minuten abends sollte der Zug nach Moskau benutzt werden, zu dem wir uns schon zeitig auf dem Bahnhofe einfanden; es wurde noch mancher Flasche der Hals gebrochen und als letztes wünschte uns Scheidenden mein Freund Wilhelm Schneider ein herzliches „Lebwohl“ — ich sollte ihn nicht mehr wiedersehen! a 1) Alle Daten alten Stils. r Reise nach Zentral-Asien. 509 Auf mehrere Briefe, die ich während meiner Reise an ihn richtete, erhielt ich keine Antwort, bis mich die Nachricht von seinem Tode, der infolge des ungesunden Klimas Indiens und der dortigen Nahrung eingetreten war, durch einen Brief von seinen Eltern in Turkestan erreichte, der mir die erschütternde Kunde brachte. Das schnaubende Dampfrofs bringt uns nun durch die dunkle Nacht in die unermefslichen Gefilde Russlands hinaus. Während der Bahnfahrt hatten wir es so gut, wie selten ein Reisender: nicht allein, dafs wir I. Klasse fuhren, es wurde uns auch noch bei jedem Umsteigen ein separates Coupe an- gewiesen, in dem wir selten von den kontrollierenden Konduk- teuren belästigt wurden. Am 8. I. um 8 Uhr abends gelangten wir nach Moskau. Da kein guter Anschlufs nach dem Süden war und noch einige Besorgungen gemacht werden müssen, be- schliefse ich, bis zum nächsten Tage hier zu bleiben. Bei der Gelegenheit wird der Präparierwerkstätte von Th. Lorenz ein Besuch abgestattet, den wir leider nicht zu Hause treffen und daher die hier angehäuften enormen Schätze an Vögeln und Säugetieren, Gehörnen etc. nur flüchtig besehen können. Vor allen fallen die Sammlungen abnorm gefärbter Wildhühner in die Augen, dann zahllose Fasanen verschiedener Gattungen und eine Kollektion von 150 Kronen des sibirischen Rehes Cervus py- gargus — eine Prachtsammlung! Um 2 Uhr 25 Minuten setzten wir uns wieder in den Zug, und nun geht es über Kursk-Charkow- Rostow am Don dem Süden zu. Die Natur liegt im tiefen Winterschlaf. Bald ist die Zone des Waldes passiert und wir gelangen in die Steppe, wo nur hier und da kleine Haine von Eichen und Linden ab und zu sichtbar werden. Von Kursk an beginnen freihängende Nester von Sperlingen häufig zu werden. In den Anlagen mancher Stationen und da, wo die Bahn in der Steppe von beider- seitigen, gegen Sturmwehen gepflanzten Buschalleen begleitet wird, sieht man diese Nester allenthalben. Auf dem halben Wege von Charkow nach Taganrok (am Asowmeer) beginnt die Schneedecke dünner zu werden. Hier sahen wir, so eifrig wir auch nach bemerkenswerteren Repräsentanten der Vogelwelt ausschauten, nur einen Schwarm starartiger Vögel und einen anderen, welcher aus zahlreichen Hänflingen bestand. Ab und zu einige Elstern, deren vieles Weifs auf den Handschwingen, soweit ich sehen konnte, sehr zu Pica pica leucoptera zu neigen schien. Erst im Gebiete der Donischen Kosaken begannen die Haubenlerchen häufig zu werden; hier sah man sie schon überall auf dem Bahnkörper und speziell bei den Stationen. Bei der Station Chartsürk, wo ich Gelegenheit hatte, die Vögel näher beobachten zu können, schien es mir, dafs sie eine sehr dunkle Gesamtfärbung hatten. 510 Harald Baron Loudon: Um 5 Uhr nachmittags ist Taganrok erreicht; das Asow- meer, welches sich hier vor unseren Blicken ausbreitet und noch eine lange Strecke auf der Fahrt nach Rostow zu sichtbar ist, ist zugefroren und bildet eine unübersehbare, schneeweilse Ebene. Mit hereinbrechender Dunkelheit erreichen wir Rostow, es herrscht dichtes Schneetreiben. Hier mufs in den Zug, der direkt bis Baku geht, umgestiegen werden. Wir erhalten wieder ein schönes Abteil, welches der Stationschef auf meine Bitte sofort reservieren läfst, und als der Zug vorfährt, uns vom Ober- kondukteur aufgeschlossen wird. Um Mitternacht geht es bei erhöhter Geschwindigkeit durch die Steppen des Kuhangebietes. Der Schneefall hält an und dauert bis zum nächsten Mittag fort, die Landschaft mit einer dichten Decke einhüllend, so dafs die Kaukasuskette erst am Nachmittage sichtbar wird. Bei der Station Newinnomüsskaja wird ein Riesenschwarm Bergfinken (Fringilla montifringilla) beobachtet, der hier unter den Schuppen der Station nach Nahrung sucht. Hier gibt es auch zahlreiche Galerida cristata und Emberiza citrinella.. Nun wird auch all- mählich die majestätische Kette des Kaukasus sichtbar, alle schauen eifrig nach der Richtung aus, um keinen Augenblick die erhabene Aussicht zu verlieren, umsomehr, als wir viele Tage der Öödesten Landschaftsbilder hinter uns haben. Als ich meinen Präparator Barop zum ersten Male auf das Gebirge aufmerksam machte, wollte er es durchaus nicht glauben, indem er die Höhenzüge für Wolken hielt. Erst als die Station Beslan (wo die Bahn nach Wladikawkas abzweigt) erreicht war und nun die Berge in nächster Nähe vor uns standen, gab er mir recht. Hier machten sie aber auch einen überwältigenden Eindruck, besonders weil der Kasbek ganz klar zu sehen war. Hier mache ich einen Abstecher nach Wladikawkas, teils um uns einen Erholungstag zu gönnen, teils um nach Gehörnen vom Ghur (Capra caucasica) und Reh (Cervus pygargus) und nach Königshühnern (Megaloperdix caucasicus) zu fahnden. Wladikawkas 13. I. 1903. Ein sonniger Tag mit gelindem Frost begrüfst uns hier, und wird die Zeit damit verbracht, den Armenischen Bazar, die Wildhandlungen und die Stadt zu besichtigen. Der Schlaf im Hötel, trotzdem die Bequemlichkeit viel zu wünschen übrig liels, hatte doch eine gute Wirkung auf die Nerven, da wir bereits 5 X 24 Stunden fast ununterbrochener Bahnfahrt hinter uns hatten. Auch hier herrschte tiefer Winter, selbst der stark strömende Terek zeigt wenig offenes Wasser. Hier sahen wir von der Brücke aus einige Motacilla boarula und einen Troglodytes, letzteren in der Strauchbefestigung des Uters. In den Anlagen sangen allenthalben Blau- und Tannenmeisen. Reise nach Zentral-Asien. 511 Auf dem Wildmarkte fand ich an interessanten Vögeln nur ein Q Megaloperdix caucasicus und einige Phasianus colchicus septentrionalis, aber alle in so schlechtem Zustande, dafs an ein Praeparieren nicht zu denken war. Selbst in den Läden der Eingeborenen, wo man Gehörne zu kaufen bekommt, war wenig vorhanden, es gelang mir blofs, ein schönes Gemsengehörn und ein solches vom „Thur“ zu erstehen. Der Zug am Abend bringt uns wieder nach Beslan, wo der Zug nach Baku bereits wartet. Am 14. I. erwachen wir schon am Ufer des Kaspi- 'meeres, zwischen Petrowsk und Derbent, hier herrschte wieder Schneegestöber, der Winter scheint uns nicht verlassen zu wollen, trotzdem man uns sagte, dafs bisher warmes Wetter geherrscht hatte. Erst in der Gegend von Chatschmas, als wir die Dschumelwälder vom Samur passierten, kam Leben in die Vogelwelt und wurde es von Stunde zu Stunde wärmer. Hier sah man bereits Wasseramseln an den strömenden Gebirgsbächen, und manchen Raubvogel auf den Wipfeln der höchsten Bäume, wahrend die undurchdringlichen Dickichte viel Interessantes zu bergen schienen, uns aber während der raschen Fahrt wenig zu Gesicht kam, bis auf ein Paar Garrulus caspius (But.), die man ab und zu umherfliegen sehen konnte. Nur zu rasch ist der schöne Wald passiert, und nun geht es durch immer steriler werdende Steppen auf Baku zu. Der Schnee schwindet von Stunde zu Stunde; bald zeigen sich Wasser- lachen, auf denen Gänse und Enten umherschwimmen. Während eines Aufenthaltes, den unser Zug, offenbar in unfreiwilliger Weise, an einer Ausweichestelle nehmen mufste, konnte ich mich nicht enthalten, 2 von den vielen Haubenlerchen zu schielsen, die sich neben dem Zuge umhertrieben. Dieses war die erste Aus- beute und stellte sich später als die Form Galerida cristata caucasica heraus. Wir erreichen Baku bei ziemlicher Dunkel- heit, wo ein rasender Sturm herrschte, der schon bei Balladschary begonnen hatte und mir bereits von meinen mehrmaligen Be- suchen Bakus bekannt war. Hier stiels offenbar der Winter mit dem Frühjahr auf einander und veranlalste die Revolution der Atmosphäre. Auf dem Bahnhof erwartet uns die Equipage Seiner Exzellenz von Niedermüller (des Kommandanten der Kaspischen Flottenequipage), nebst zwei Marinesoldaten, die mein Gepäck übernehmen. Wir haben die ganze Stadt zu durchfahren bis auf das Viertel im äufsersten Südosten, wo die Kasernen des Marine- militärs liegen: Bail. Hier empfängt uns seine Exzellenz, in der ihm eigenartigen Liebswürdigkeit seine Landsleute aufnehmend, bis wir weiter nach Lenkoran Fahrgelegenheit finden würden, da nicht täglich Schiffe gehen. 512 Harald Baron Loudon: Baku und Umgebung. Fahrt nach Lenkoran. 15.—18. I. 1903. Meine ersten Erkundigungen waren natürlich nach dem nächsten Dampfschiff nach Lenkoran. Hier erfuhr ich, dafs der „General Kuropatkin“ erst nach 3 Tagen in dieser Richtung aus- laufen sollte. Wir hatten nun drei Tage vor uns, und diese sollten gründlich ausgenutzt werden. Vorerst galt es, dem Gouver- neuren von Baku eine Visite abzustatten. Die nötigen Freibriefe und Empfehlungen, nebst Jagderlaubnis für Lenkoran, wurden mir hier in kurzer Zeit ausgefertigt und nun mit den letzten Besorgungen in Form von konservierten Lebensmitteln, Präparier- und Schiefsmaterial etc. begonnen, da hier der letzte Ort dazu war, denn in Lenkoran sollte kaum etwas zu haben sein. Meine Bagage, die vergebens am gestrigen Tage gesucht wurde, hatte sich heute auf dem Bakuer Bahnhof eingefunden, sodafs ich in dieser Beziehung beruhigt den kommenden Tagen entgegensehen konnte. An diesem Tage sollte noch Einweihung des neuen Marineklubs stattfinden, wozu wir in liebenswürdigster Weise aufgefordert wurden. Um 12 Uhr Mittags gab es ein Frühstück, das nicht wenig Anforderungen an Trinkfestigkeit etc. stellte, während am Abend ein glänzender Ball gegeben wurde, zu welchem sich die höheren „Zehntausend‘‘ Bakus versammelten. Den freien Nachmittag benutzten wir, um die nächste Umgebung vom Stadtteile Bail und Bibi-Eibat kennen zu lernen, und zwar nur in ornithologischer Beziehung, da mir jene Orte von früher her schon bekannt waren; denn aufser ganzen „Wäldern“ rufsiger Naphtabohrtürme und öligschmutziger Erde gibt es hier wenig des Interessanten. Am Strande tummelten sich überall 'Möwen, vorherrschend Larus canus, am vertrautesten natürlich zwischen den Schiffen im Hafen. Auf den Gesimsen der Häuser von Bail sangen be- reits Sturnus caucasicus, da hier das Wetter, nach unseren nordischen Begriffen, als etwa dem Ende Aprils anzusprechen gewesen wäre. An der Felsspitze vom Bail, die am -weitesten in das Meer ausläuft, schofs ich einen Mergus albellus. Von hier gingen wir nach Bibi-Eibad, wo ich drei schwarze Hauben- lerchen erlegte und viele andere sah. Die Vögel setzten mich anfangs nicht wenig in Erstaunen, ich vermutete hier im ersten Augenblick eine Bakusche lokale Petroleumrasse vor mir zu haben. In der Folge stellte es sich aber heraus, dafs fast alle hier lebenden Vögel mehr oder weniger ihr Gefieder mit Petroleum verunreinigen, da sie aus den schwarzen ölgesättigten Wasserlachen trinken und sich hier auch baden. Je weiter man von Baku abkommt, um so reiner wird das Gefieder der Vögel. — In m, 2 0 Reise nach Zentral-Asien. 513 Inzwischen wurde es Abend, man ging auf den Ball des Marineklubs, und wir Reisenden schon zeitig wieder in unser Quartier, dazum Morgen einegröfsere Exkursion zudem sogenannten roten See geplant worden war. Um 1/,9 Uhr morgens fahren wir bereits (16. 1.) in der mir vom liebenswürdigen Wirt zu Verfügung gestellten Equipage, begleitet von einem Matrosen der Kaspiflotte, in der Richtung zum roten See. Der Sturm hat sich gelegt und herrlichem Frühlingswetter Platz gemacht. Während der Fahrt durch die sich hier lang und schmal hinziehende Stadt kann ich beobachten, dafs alle Vögel, hauptsächlich aber Sperlinge und Haubenlerchen, von Naphta verunreinigt sind, und weiter ab immer reineres Gefieder haben. Bei Bibi-Eibat verlassen wir den Wagen der uns an einer verabredeten Stelle treffen soll und ersteigen den steilen Höhenkamm, an dessen Felsen ich verschiedenes Interessante erwartete; allein die Ornis trug in den Tagen noch einen durchaus winterlichen Charakter; an den Felswänden und auf den Schutthalden gelang es mir, aulser den vorher genannten Arten nur noch wenige Petronius petronius exiguus, Silta parva (Buturl.) und häupsächlich Suzxicola finschii zu konstatieren. Vom Kamme des Höhenzuges aus gab es einen herrlichen Ausblick auf das grün-blaue Meer und Baku nebst seinen Vorstädten. In südlicher und westlicher Richtung hatten wir nun wieder das Meer und eine sich allmählich abdachende wüsten- und steppen- artige Fläche fast ohne jegliche Vegetation vor uns. — Hier tummelten sich viele Sawicola finschii, von denen eine ganze Suite gesammelt wurde. Unter ihnen gab es alle Übergänge vom verunreinigten zum reinen Gefieder. Es wurden fast aus- schliefslich 9'S' gesehen. Einigen kleinen Vereinen Melanocorypha calandra begegneten wir auf den niedriger gelegenen Partien mehr zum Meeresufer, wie überhaupt die meisten Vögel die Nähe des Strandes vorzuziehen scheinen. Mein Präparator, der sich weiter von uns entfernt hatte und mehr über Höhenzüge mit Felsbildung gegangen war, hatte eine Athene caucasica erbeutet und einen Bubo maximus gesehen. Allmählich waren wir so dem roten See näher gekommen, konnten aber schon aus der Entfernung konstatieren, dafs derselbe zugefroren war. Er bildet ein flaches Becken in wüstenartigem Gelände, nach dem Meere zu von einem relativ niedrigen felsigen Höhenzuge getrennt. Nur am jenseitigen Ufer sah man einen Streifen offenen Wassers, auf welchem fünf Schwäne zu erkennen waren. Hier war nun nichts zu sehen oder zu sammeln. Es wurde noch eine kurze Kletterei auf dem benachbarten Höhenzuge unternommen, die zur Entdeckung von verschiedenen bewohnten und verlassenen Höhlen der hier zum Krebsfang und wohl auch zu anderen Zwecken sich aufhaltenden Eingeborenen führte. Zum Rückzug nach Baku nahmen wir unseren Kurs mehr längs dem Strande, nachdem noch eine Botaurus stellaris von uns aufgescheucht worden war, der sich 514 Harald Baron Loudon: zur Nachtruhe zwischen einigen Dornensträuchern auf wüsten- artigem Sandboden, in der Nähe des Seeufers aufgehalten hatte. Längs des Strandes gab es nun bei weitem mehr Leben, aber alles natürlich nur aus der Ferne zu sehen. Vor allem fielen die enormen Scharen Bläfshühner (Fulica atra) auf, die hier das Meer bevölkerten. Einzelre Enten und Tauchenten sah man allenthalben umherschwimmen, während die grofse Fischmöwe Larus ichtyaetos und andere Gattungen häufig am Strande auf und ab zogen, aber uns in gebührlicher Entfernung auswichen, auch eine Circus aeruginosus wurde bemerkt. Unterdessen hatte sich wieder windiges Wetter eingestellt, was besonders beim Ersteigen des Höhenkammes bei Bibi-Eibat unangenehm zu bemerken war. — Hier hatten wir noch Gelegenheit, ein paar Merula maxima zwischen den Steinen zu konstatieren. — Spät am Nach- mittage gelangten wir in unser Quartier und hatten den ganzen Abend eifrig am Präparieren der Beute des ersten Jagdtages zu arbeiten. Am nächsten Tage (17. I. 1903) konnte ich mich der Jagd nicht widmen, da meine Vorräte noch um manches komplettiert werden mulsten. So wurde denn der Präparator allein ausgesandt, während ich mit Sawitzky die letzten Besorgungen machte. Bis Mittag ist alles erledigt und auch der Präparator erscheint mit 12 erbeuteten Kleinvögeln, unter denen nichts Neues ist und die bis zum Abend präpariert werden, sodafs meine Sammlung in diesen Tagen schon an 32 Nummern angelangt ist. Das Schiff sollum Mitternacht auslaufen, was mich veranlalst, alle Augenblicke das Wetter zu beobachten. Doch alles ist nach Wunsch und selbst nach Sonnenuntergang noch —+ 4° Reaumur. Schon zeitig wird die Bagage auf den „General Kuropatkin‘“ befördert, wo ich ganz unerwarteter Weise in recht unangenehme Auseinandersetzungen mit den örtlichen Zollbeamten geriet, indem diese eifrigen Herren vermuteten, dafs ich die Absicht hätte, von Lenkoran aus über die Persische Grenze zu gehen, und nun durchaus auf meine Flinten Beschlag legen wollten; doch gelang es, den Mann zu beruhigen, und ich war froh, als sich der Dampfer bei ruhiger See endlich in Bewegung setzte. Lenkoran 18.—21. I. Morgens beim Erwachen haben wir bereits das Lenkoransche Ufer resp. die nicht weit dahinter liegende Gebirgskette mit ihrem schneebedeckten Kamme vor uns — eine herrliche Ansicht. Je mehr man sich dem Ufer nähert, desto mehr Schilfstengel und Wasserpflanzen und Vogelfedern treiben auf dem Wasser. Einige Larus canus cachinnans und ichtyaetos sowie einige Pelecanus crispus werden fliegend beobachtet. Das Schiff hält auf der Rhede wegen desflachen Ufers, und heranrudernde grofse Boote nehmenuns und unsere Sache auf. Kaum gelandet, entspinnt sich ein Kampf Reise nach Zentral-Asien. 515 der zerlumpten Gepäckträger um meine Habseligkeiten, im Augen- blick waren alle Stücke in dem Menschenhaufen verschwunden, sodals wir alle einfach machtlos den Verlust der Sachen befürchteten. Nur mit Hülfe eines Schiffsbeamten, der uns zufällig begleitete, gelingt es, die Bande einigermaßen in Respekt zu halten und die Sachen wieder zu erlangen, wobei jeder Träger blos die Absicht hat, möglichst wenig, womöglich nur ein Stück zu tragen, und alle ihr Trinkgeld verdienen wollen. Verschwinden soll dabei wenig — und hatte ich nur den Verlust eines schönen Strickes zu beklagen, der die grofse Last des Schrotvorrates zusammen- hielt. — Wir quartierten uns nun vorläufig in eines der besten Hötels „Moscowkija Nomera“, ein erbärmliches Gebäude, ein, das 6—7Zimmer hatte, diekaum zu heizen waren, jedes miteinem Eingang vom Hofe aus. Es mangelte natürlich fast an jeder Bequemlich- keit. Die Stralsen der Stadt schwammen in einem unbeschreib- lichen Kot, sodals man Mühe hatte, dieselben zu überschreiten, während der Fuhrmannswagen aus einer Grube bedenklich in die andere schwankte. Doch, was haben alle diese Unbequemlich- keiten zu sagen, befanden wir uns jetzt doch im „Gelobten Lande“ der Vogelwelt, dessen Beschreibungen mich manche Tage und Stunden gefesselt hatten und meine Erwartungen nicht getäuscht haben. Der erste Gang galt dem Kreischef, dem ich meine Beschei- nigung vom Bakuschen Gouverneur und der Geographischen Gesellschaft vorzuweisen hatte und um weitere Jagderlaubnis resp. bewaffnete Begleitung etc. nachsuchen mulfste. Alle Wünsche wurden bereitwilligst erfüllt und mir für die ganze Zeit ein Polizist tartarisch-persischer Abstammung „Rachmed-chudi-Oole“ zur Disposition gestellt. — Auf dem Rückwege zum Hötel konnte ich mich überzeugen, dafs ein reiches interessantes Vogelleben uns erwartete. Gab esdoch selbst auf den Bäumen der vielen Stadtgärten allerhand begehrens- werte Arten, wie z. B. Dandalus hyrcanus. Noch am selben Abend fanden wir Zeit, eine kurze Exkursion zur nahen Mündung des Lenkoranka-Flufses zu unternehmen. Hier gab es eine Unmasse von Möwen, Strandreitern und Avocetten, während das Ufergebiet von Motacilla boarula, alba, Corvus frugilegus und einzeln umher- streichenden Falken belebt wurde. Mir glückte es, hier auf den ersten Schufs zwei Phalacrocorax carbo zu erlegen, die sich am Strande bei der Stadt in der Sonne wärmten, doch wurde das eine Exemplar fluglahm geschossen und ins Meer hinausgetrieben. Bei meiner Rückkehr ins Hötel hat sich eine Anzahl der örtlichen Jäger hier versammelt, alles deutsche Kolonisten, die meist neugierig das Auspacken unserer Sachen betrachten. In kurzer Zeit ist das kleine Zimmer übermäfsig von Sachen angefüllt, dazu die vielen unnützen Menschen, sodafs kein Platz vorhanden war, das beschei- dene Abendessen, bestehend aus Samowar (Theemaschine)und einer Conserve Ölfische nebst Brod, einzunehmen. Für die nächsten 516 Harald Baron Loudon; Tage engagierte ich nun zwei der örtlichen Jäger, deren Lohn je nach der Anzahl der abgelieferten Vögel bestehen sollte, die nach ihrem Werte berechnet wurden. Sawitzky, der sich schon lange erkältet fühlte, legte sich jetzt endgiltig zu Bett und fieberte, während wir anderen in dem ungeheizten Raume eine ziemlich schlaflose Nacht verbrachten. 19. I. 1903. In Begleitung des mir von der Polizei zur Disposition gestellten persischen „Dehiggitten“ unternahm ich nun eine weite Exkursion in der nördlichen Richtung zu den sumpfigen Morzi (Strandseen). Fringilliden trieben sich bereits zahlreich in der Stadt umher; auf der Wiese, gleich neben Lenkoran, zwischen weidenden Büffelherden gibt es viele Vanellus, Graue und Edelreiher sowie einen Purpurreiher. Aus den nahen Dschongelwalde ertönt das helle Lachen des Grünspechtes. Seeadler kreisen allenthalben, dabei scheint schon recht warme Sonne, die Erde ist von grünem Rasen bedeckt und sogar einige blaue Blümchen sind hier und dort zu sehen. Über den Rohrwäldern der Morzi kreisen verschiedene Weihen und Milane in Unmenge. Auf dem Wasser schwimmen zahllose Fulica atra, die gerade von mehreren tartarischen Booten, die in geschlossener Reihe auf dem Wasser vorrücken und 1—2 eingeborene Jäger als Bemannung haben, eifrig beschossen werden. Ich konnte dabei konstatieren, dafs diese Schützen auf unglaubliche Entfernung feuern, aber auch oft dabei den Vogel zur Strecke bringen, trotz des gewöhnlich eigen fabrizierten Pulvers und der vorsintflutlich aussehenden Vorderladeflinten. Voraussendend möchte ich hier erwähnen, dafs die Muhame- daner die Gewohnheit haben, jedem geschossenen Tiere sofort den Kopf abzuschneiden, resp. mindestens die Halsadern durch- zuschneiden, da er sonst für sie ungeniefsbar wird. Auf diese Weise ist mir manches seltene Stück für die Sammlung verloren gegangen; selbst strengstes Ansagen, solches nicht zu tun, konnte die Jäger doch nicht davon abhalten. Im Talyscher Tieflande ist fast jeder Eingeborene „Jäger“ und jagt eben, wenn er nur einer Flinte habhaft werden kann, schiefst natürlich auf alles, was ihm vor den Lauf kommt. Dieses hatte nur insofern eine praktische Bedeutung für mich, als zahlreiche Jäger täglich verschiedenes zum Verkauf anboten, und einzelne sogar nur nach solchen Sachen fahndeten, für die ich höhere Preise ausgesetzt hatte, z. B. Adler, Weifse Reiher, Pelicane, etc. Nun zurück zu unserer Exkursion auf den „Morzow“, wie die deutschen Kolonisten ihn hier nennen. Im Rohr gab es Rohrmeisen, Ammern und sogar einige Bartmeisen. Auf den isoliert stehenden Halmen am freien Wasser konnte ich mehrere der herrlichen smaragdfarbenen Eisvögel sehen, die aber übrigens selbst an den Wassergräben der Stadt sehr gewöhnlich sind. Auf den einzelnen Bäumen in der Steppe sieht man überall grofse und kleine Raubvögel sitzen. Enten aller denkbaren Arten Reise nach Zentral-Asien. 517 fliegen hoch und niedrig oder lassen sich kurze Zeit auf das Wasser nieder, da ihnen die Kanonade der tartarischen Jäger keine lange Ruhe lälst. Seeadler gab es allenthalben, ich sah hier z. B. 5 Exemplare zu gleicher Zeit in nächster Nähe kreisen und überall auf den sumpfigen Wiesen sitzen. Durch den lehmigen Erdboden, in den man bis an die Knöchel einsinkt, ist das Gehen sehr beschwerlich. Zurückgekehrt finde ich Sawitzky schwer fiebernd und ohne Appetit, was mir grolse Sorgen macht, obendrein müssen wir in dem kleinen Zimmer noch arbeiten, und dabei stören noch die ‚ ungebetenen Gäste in Gestalt der vielen Jäger — die man gar- nicht los werden kann. Zum Glück konnte ich noch ein anderes, nebenbei gelegenes Zimmer erhalten. Die beiden nächsten Tage wurden mit Exkursionen in die Waldgegenden verbracht. Um in diesem Walde zu jagen und sich zurecht zu finden braucht man ganz besonderen ÖOrientierungssinn und Ausdauer, erstens sind die stärkeren Stämme mit einem unentwirrbaren Netze von Dornen und Schlingsträuchern mit einander verwickelt, die ein Durchdringen unmöglich machen. Lianenartige Zweige hängen, dicht von Dornen besetzt, von den Kronen der höchsten Bäume herab und bilden oft solche Lasten auf dem betr. Baume dals er selbst teilweise unsichtbar wird, während sich die langen dornigen Zweige weiter auf die andern Bäume verbreiten. Auf dem Erdboden wuchert das Dornengestrüpp erst recbt und bildet überall undurchdringliche Mauern. Meist kann man nur auf den eingetretenen Wild- oder Jägerpfaden vorwärts kommen, muls aber auch hier ein langes Messer zur Hand haben, um einzelne Zweige abzuhauen. Trotz alledem werden doch noch die Kleider in alle Richtungen gezerrt und zerrissen. Dabei stellt der Erd- boden gewöhnlich einen aufgeweichten Lehmsumpf vor, in den man oft bis an die Knöchel einsinkt: ein Eldorado für Wild- schweine und allerhand interessante Vögel. Hier etwas zu schiefsen, ist doppelt schwer, erstens kann man in diesem Dschungel nicht weit sehen und auch das ge- schossene Tier sehr oft nicht erlangen. Krankgeschossene Stücke dagegen gehen in der Regel verloren, da man in den Dornen nichts verfolgen, geschweige denn finden kann. Mir sind oft sogar geschossene Vögel, die ich tot hinfallen sah, verloren gegangen, weil ein Suchen in den Dornen einfach unmöglich war. Trotz aller dieser Hindernisse ist es doch schön in solch einem Ur- walde. Auf den dürren Wipfeln der höchsten Bäume sieht man überall Adler sitzen, meist allerdings die grofsen Schreiadler Aquila clanga, auf den nasseren Stellen fliegen Waldschnepfen in wirklich unglaublicher Menge beständig auf; man hätte Dutzende dieser Vögel erlegen können, doch war hier keine Verwendung für sie. In den Dornenbuschkaden ist es voller Kleinvögel und Schwarzdrosseln, die sich aber mit gröfster Gewandtheit einem 518 Harald Baron Loudon: Schusse zu entziehen wissen, da man nur auf kurze Entfernung sehen kann und bedacht sein mufs, den Vogel auch so zu schielsen, dafs man ihn erlangen kann. Auf den höheren Bäumen gibt es Vereine der_ Schwanzmeise, Meeistura tephronota; Picus pölzami trommelt auf den dürren Wipfeln und Gecinus viridis „lacht“ von verschiedenen Seiten. Sehr häufig ist der Waldkauz, Ulula aluco, und zwar in ganz besonders rostfarbigen Exemplaren. Selbst einzelne Fasanen, Phasianus talyschensis, sind nicht selten, und sogar eine Wasserralle, Rallus aquaticus, sah ich eilig von einem Dornendickicht in das andere laufen. Am 21. gab es besonders grofse Scharen Stare auf den Weideplätzen der Büffel bei der Stadt. Barop, der an diesem Tage eine Exkursion in den Wald unternommen hatte, kam mit zerfetzten Kleidern und zerschundenen Händen zurück, selbst die lederne Patronentasche war arg mit- genommen. Er hatte zum erstenmale mehrere Wildschweine gesehen, war voller aufregender Erlebnisse und brachte eine ganze Reihe interessanter Vogelbälge mit. Sawitzkys Zustand hat sich gebessert, er war auch inzwischen am Strande gewesen und hatte zwei Möwen geschossen. Bis 12 Uhr Nachts wurde gearbeitet, um alles zu präparieren — denn zu morgen hatte ich beschlossen, nach Kumbaschinsk mein Hauptquartier zu verlegen. Die Aussagen aller Jäger lauteten dahin, dafs dort das geeignetste Terrain für meine Zwecke wäre. Der Lenkoran’sche Postdirektor bot mir liebenswürdigst zwei Zimmer im dortigen Posthause an, die ich für die ganze Zeit meines Aufenthaltes benutzen konnte. Hier in Lenkoran wurde es auch inzwischen unmöglich, wegen der engen Räumlichkeiten, weiter zu arbeiten, aufserdem starrte alles in Schmutz und Unordnung, da es fast an jeder Säuberungs- möglichkeit mangelte, was nur dazu angetan war, den Aufenthalt in diesem „Hötel“ in jeder Beziehung zu verleiden. Kumbaschinsk, 22. I. bis 10. II. 1903. Zeitig erhebe ich mich, denn es gibt zur bevorstehenden Abfahrt nach Kumbaschinsk noch eine Menge zu ordnen und 12 Bälge zu präparieren, die wir gestern nicht hatten beenden können, und zu 12 Uhr Mittags waren bereits die Postpferde bestellt. Im Präparierzimmer finde ich Barop schon aufgestanden und bei der Arbeit, seine Krankheit von gestern war offenbar eine Ermüdung infolge der ungewohnten Strapazen, der langen Tour im Dschungelwalde. Es herrscht heute ein undurchdring- licher Nebel, dabei ist es recht warm. Ein Teil der weniger notwendigen Sachen wird hier gelassen, nebst den gesammelten Vogelbälgen. Zwei engagierte Jäger werden vorausgesandt und sollen unterwegs möglichst viel sammeln. Die Troika, in der wir die Überfahrt bewerkstelligen, kann kaum unsere Sachen fassen, während wir selbst, hoch oben sitzend, jeden Augenblick gewärtig sein müssen, die Balance zu verlieren, denn das Terrain, auf dem wir fahren, läfst sich kaum als Weg bezeichnen. Überall | . Reise nach Zentral-Asien. 519 lagert dichter Nebel; der Weg führt längs des Meeresstrandes, doch ist von letzterem kaum etwas zu sehen, nur in nächster Nähe können wir einige Weihen, Enten, Säbelschnäbler und Stare unterscheiden, Krähen und Elstern sind häufig bei den hier und da passierten menschlichen Wohnungen. Um 3 Uhr Nach- mittags langen wir in Kumbaschinsk an und werden uns hier die beiden versprochenen Zimmer angewiesen. Das eine ist ein grofser Raum, welcher bisher den Reisenden als Wartesaal gedient hat, während das andere das Expeditionszimmer des Schreibers ge- wesen war. Während sich meine Begleiter an das Auspacken der Sachen machten, begab ich mich zu den in nächster Nachbarschaft lebenden russischen Mönchen, die hier die Pächter der Fischerei der Mündung des Kumbaschiflusses sind und auch über die Jagd zu verfügen haben. Wie alle Reisenden wurde ich in denkbar freundlichster Weise aufgenommen und wurden mir alle Bitten gewährt, sogar täglich ein bis zwei Boote nebst Ruderknecht un- entgeltlich zur Verfügung gestellt. Bevor ich meine Erlebnisse an diesem für mich ganz be- sonders ergiebigen und interessanten Orte berichte, ist es un- erläfslich, hier eine kurze Beschreibung der Unigegend vorausgehen zu lassen. Die Poststation Kumbaschinsk liegt an der Heerstrafse, die von Baku über Adschi-Kabul und Lenkoran nach Teheran führt, sie liegt gewissermafsen auf einer schmalen niedrigen Düne, die einerseits vom Meerbusen Kisil- Agatsch, anderseits vom Kumbaschiflufs, der im Halbkreise diese Dünenerhebung begrenzt, dem Meere zufliefst. Etwa ", Kilometer von der Station sind die Wohnungen der Mönche, die hier zwecks Fischerei und Ver- sorgung verschiedener Klöster mit Fischen eine grofse Fischerei aufgebaut haben. Jeder Reisende, der diese Gegend passiert, wird in liebenswürdigster Weise von ihnen aufgenommen und gespeist. Was mich anbelangt, so liefsen sie es sich nicht nehmen, während der langen Zeit meines dortigen Aufenthaltes uns mit allen möglichen Lebensmitteln zu versorgen, sodafs wir es dort fast in jeder Beziehung aufserordentlich bequem hatten. Der Kumbaschiflufs mündet in einem ausgedehnten Delta in dem schlammigen flachen Meerbusen. Die ausgedehnten Inseln zwischen den Flufsarmen sind von undurchdringlichen Rohrdickichten be- standen, während mehr flulsaufwärts schmale Rohrstreifen auf den Ufern stehen. Angrenzend erstrecken sich weite Steppen mit um diese Zeit fufstief durchweichten Feldern. Am Horizont land- einwärts sieht man auf 10—12 Kilometer die Front des undurch- dringlichen Dschungelwaldes. Dahinter die majestätische Kette des persischen Grenzgebirges. Das Ufer des Meeres nach Lenkoran zu ist flach und sumpfig und hat weit auslaufende Sandbänke, die, wenn Landwind herrscht, der das Wasser aus dem Meerbusen von Kisil-Agatsch austreibt, auf grofse Strecken trocken gelegt werden. Auf dem linken Ufer des Kumbaschiflusses gegenüber der Fischerei befindet sich die Ansiedelung eines reichen Tartaren 520 Harald Baron Loudon: mit einem gröfseren Garten alter Bäume. Die sogenannte Post- strafse wird von einer Telegraphenlinie gekennzeichnet, deren Pfosten das Auge auf mehrere Kilometer hin übersehen kanı, aulser in dem tartarischen Garten fehlt auch in der weiteren Umgebung fast jeder Baumwuchs. Schon am ersten Abend konnte ich mich überzeugen, dafs wir hier den richtigen Platz für meine Exkursionen gefunden hatten, Enten und Kormorane flogen be- ständig über und neben dem Posthause vorüber, während Weihen und andere Raubvögel niedrig über den benachbarten Rohrwäldern kreisten. Meine beiden Jäger, die deutschen Kolonisten Johann Jacob Gideon und Johann Jacob Kembel, erscheinen bei der herein- brechenden Dunkelheit, müde von ihrem weiten Gange und liefern ihre Beute ab, die sie unterwegs gesammelt haben. Die Mönche übersenden uns zwei schöne Sandarte, die nach kurzer Zeit schon gekocht auf den Tisch kommen, was für uns die erste warme Speise nach 8 Tagen bedeutet. Totmüde begeben wir uns spät abends zur Ruhe. Den 23. I. früh morgens bin ich mit Sawitzky bereits auf der Fischerei der Mönche, wo sofort ein Boot für uns in stand gesetzt wird. Während dessen besteigen wir den Aussichtsturm, von dem aus sich uns eine herrliche Fernsicht bietet. Der Blick schweift über die weiten Rohrwälder der Kumbaschimündung, wo ein reges Vogelleben herrscht. Unzählige Rohrweihen, Milane, srofse und kleine Scharben, Möwen und Enten fliegen in allen Richtungen hin und her. Auf der angrenzenden sumpfigen Steppe weiden ein Dutzend lasurblaue Sultanshühner. Hin und her stehen kleine Vereine und einzelne Edel- und graue Reiher, während ein grauer Reiher auf Schufsdistanz unten am Flufsufer steht. Unter uns auf dem Flusse schwimmen viele Haubentaucher, Zwergscharben und Kormorane, auch ein Paar Zwergtaucher, suchen weiter oberhalb, bei der Brücke der Poststrafse im Wasser nach Nahrung. Auffallender als alle jene sind die smaragdenen Eisvögel, die hier in allen Richtungen zu sehen sind und gar keine Scheu vor den vielen umhergehenden Menschen zeigen, bald sitzen sie auf schwankenden Rohrhalmen am Flufsufer oder auf den Pfählen bei den zahllosen Booten und fliegen selbst durch die weite Halle der Fischerei ganz vertraut umher. Unser Boot ist inzwischen fertig, ein persischer Führer steht am Ende, mit einem schaufelartigen Ruder in der Hand, während wir Gefahr laufend, mit dem flachen schmalen Fahrzeuge umzu- kippen, auf den bereit gelegten Matten vorsichtig Platz nehmen. In langsamer Fahrt geht es flufsabwärts, wir vertiefen uns in die unübersehbaren Rohrwälder, deren Halme hier doppelte Manneshöhe und Daumendicke erreichen, fast jeden Augenblick bietet sich eine interessante Schufsgelegenheit. Alle fingerlang fliegen Enten verschiedener Gattungen in verschiedenen Rich- tungen auf, während andere und Taucher durch Tauchen uns zu er we“ Tu u VE Er u Reise nach Zentral-Asien. 521 entgehen suchen; aus dem Rohr hört man die Stimmen der vielen Beutelmeisen und Rohrammern, auch hin und wieder einzelner Bartmeisen; während Celia cetti im dichtesten Gewirr der Rohrstengel am Erdboden ihr munteres Wesen treibt und von Zeit zu Zeit ihre Stimme ertönen läfst. Hin und wieder hört man den Pfiff der Wasserrallen im dichtesten Rohr, ein Sultans- huhn ist auf einem freien Plätzchen erschienen und ordnet sein Gefieder in der Sonne; prachtvoll erglänzte sein blaues Gefieder, als wir in nächster Nähe unbemerkt herangefahren kamen, ein Schufs aus meiner Flinte machte dem schönen Vogel leider ein ‚vorzeitiges Ende, triumpfierend hielt ich die schöne Beute, von der ich Wochen und Monate lang geträumt, in Händen. Nach langem Hin- und Herfahren gelangen wir an die Mündung des Flusses, wo sich Scharen von allerhand Möwen aufhalten. Hier fallen besonders die grofsen Gestalten der Fischmöwen in die Augen; weiter auf hoher See sieht man einige Reihen Pelikane und Scharen von Gänsen, Enten, und schwarzen Wasserhühnern. Mit überreicher Beute kehren wir heim. Unser „Kulafs“ (hier Be- zeichnung für Boot) wäre gefährlich, wenn das Meer nicht über- all sehr flach wäre, nur auf dem Flufs, wo das Wasser tiefer ist, mufs man mit jeder Bewegung sehr vorsichtig sein, da man sonst Gefahr läuft, umzuschlagen. In ähnlicher Weise verliefen die meisten Tage. Auf den Bäumen des tartarischen Gartens hielt sich ein grofser Schwarm Nachtreiher auf, der in erster Zeit, viel von unseren Schüssen zu leiden hatte; dort konnte man auch fast immer ausruhende Seeadler oder Wanderfalken antreffen, während das Dorngebüsch von allerhand Kleinvögeln belebt wurde. Um die warmen Mittagsstunden, bei Sonnenschein, er- schienen bereits grofse Wasserschildkröten an den Ufern, die aber bei der geringsten Annäherung von Menschen klatschend ins Wasser plumpsten. Während der meisten Zeit meines dor- tigen Aufenthaltes war das Wetter sehr schön und sonnig und die Sammlung wuchs mit jedem Tage um unerwartete Zahlen. Bei hereinbrechender Dämmerung lockt uns jeden Abend das lächerliche Geschrei zahlloser Schakale vor die Haustüre, welches besonders auf meinen Präparator eine erheiternde Wirkung ausübte. Um diese Zeit waren. immer hoch im Ge- birge mehrere Feuer sichtbar, die von Kohlenbrennern herrühren mochten, sie schienen gleichsam am Himmel zu hängen, obgleich man die schneeige Bergkette immer noch etwas schimmern sehen konnte. Je länger unser Aufenthalt dauerte, desto mehr ein- geborene Jäger erschienen täglich mit allerhand schönen und auch wertlosen Vögeln, die mir zum Verkauf angeboten wurden, wobei es picht immer leicht war, mit den Leuten sich zu einigen, die auf jede Art bestrebt waren, möglichst viel Geld aus ihrer Beute herauszuschlagen und mich zu betrügen. Auf den steppen- artigen Flächen gab es Stare in Unmassen, auf den sumpfigen Feldern Kibitze, verschiedene Totaniden und Wiesenpieper, da Journ. f. Orn. LVII. Jahrg. Oktober 1909. 35 522 Harald Baron Loudon: wo einiges Dorngestrüpp auf der Steppenfläche wächst, 4 Kilometer oberhalb am Kumbaschiflufs, sah ich einen Schwarm Stieglitze, der nach vielen 1000 zählen mochte. Alle Augenblick konnte man auch grofse Adler auf der oberen Erde und hauptsächlich Seeadler am Strande beobachten: Hier gab es auch an manchen Tagen Scharen von Tringen und anderen kleinen Sumpfvögeln, besonders wenn Landwind herrschte und die Schlammpänke dann trocken lagen. Hier ruhten auch enorme Schwärme von Gänsen verschiedener Gattungenaus, doch waren dieseganz besonders scheu und da man nirgends Deckung finden konnte, flogen sie meist schon auf über Schufsdistance davon. Bei stürmischem Wetter sammelten sich ganz besonders viele Gänse, Schwäne, Pelikane und Enten auf dem Meerbusen an, da sie bei solchem Wetter hier besser Schutz fanden, als auf offener See, wobei sich die verschiedenen Gattungen der Pelikane immer getrennt hielten und in Reihen schwammen, zur Nacht kamen sie auch bis in die Mündung des Kumbaschiflusses.. Grofs ist die Zahl der erbeuteten Rohrweihen, ich liefs kaum eine Gelegenheit un- benutzt, um auf diese schädlichen Raubvögel zu schielsen. Diese Art war hier auch so gemein, dafs man nicht selten ein ganzes Dutzend zu gleicher Zeit über den Rohrwäldern kreisen sehen konnte. So oft ich Gelegenheit hatte, schweiften meine Blicke längs der ganzen Linie der Telegraphenpfosten, auf denen meist näher oder weiter ein sitzender Wanderfalk oder sonst irgend ein Raubvogel sichtbar war, die man meist auf Schufsweite an- gehen konnte. Am 27. I. herrschte prachtvolles Maiwetter nach baltischen Begriffen, im Meerbusen war das Wasser niedrig, und grofse Schwärme von Säbelschnäblern, Möwen und Enten badeten im Wasser oder auf den Schlammbänken, wo der Jäger nicht selten bis zum Gürtel oder darüber in die schwarze Flüssigkeit einsinkt. An diesem Tage wurde auch ein Exemplar von Circus unicolor geschossen, welches Kleid ich einfach für eines der vielen Variationen der zahllosen Kleider von Circus aeruginosus halte. Die gesammelte Suite von über 30 Exemplaren zeigt mir den Vogel in allen denkbaren Kleidern; der Präparator hatte die Kadaver der abgefellten Vögel etwa 150 Schritt von der Post- station auf einem Platz zusammengetragen; während er arbeitete, konnte er aus dem Fenster beobachten, sobald sich irgend ein Raub- vogel über den gedeckten Tisch hermachte; es wurden ihrer dort eine ganze Menge geschossen, meist Rohrweihen, aber auch Schelladler. Der einzige Mifsstand unserer Wohnung bestand eigentlich nur in der mehr als primitiven Wascheinrichtung, man mufste sich gradezu entschliefsen, diese notwendige Säuberung vorzu- nehmen: wir hatten eine Blechschale und dazu eine seitwärts eingeschlagene Wasserkaraffe, nun waren zum Waschen immer 2 Personen erforderlich resp. kam es immer darauf an, dafs einer da war, der dem andern das Wasser übergofs. a 00 ee Reise nach Zentral-Asien. 523 Während der ganzen Zeit nährten wir uns hauptsächlich von Fischen, die uns täglich, gewöhnlich 2 Mal, von den Mönchen geschickt wurden. Unsere molekanischen Wirte, welche Pächter der Station waren, präparierten sie teils abgekocht, teils in Sonnenblumenöl gebraten. Durch letztere Zubereitungsmethode erhielten sie allerdings einen widerlichen Geschmack, brachten aber dennoch eine erträgliche Abwechslung in den Speisezettel. Nicht selten hatten wir durch lästigen Besuch zu leiden, teils von den tartarischen Jägern, die mir geschossene Vögel an- boten und dann gewöhnlich eine Anzahl neugieriger Stammes- .brüder mitgenommen hatten, die sich trotz abgeschlossenen Handels nicht so leicht vertreiben liefsen. Unangenehmer als diese waren nicht selten Reisende, die diese Heerstrafse passierten, in das den meisten wohlbekannte Postzimmer eindrangen und es sich dort nach englischer Art bequem sein liefsen. Besonders unangenehm unter diesen waren die ein- geborenen Perser, welche durch ihre ekelhaften Angewohnheiten mich mehrmals dazu brachten, sie hinauszuwerfen, obgleich ich es gewissermafsen für meine Pflicht hielt, mit solchen Radikal- mitteln so lange wie möglich zu warten, da die Leute nirgends anders Raum hatten unterzukommen, bis die Pferde gewechselt waren. Mehrere Male wurden wir auch von ungeduldigen Rei- senden während der Nachtzeit aus dem Schlaf gestört. Solche kleine Beschwerden mufs man eben auf derartigen Reisen hinnehmen, sie sind lange nicht imstande alle die An- nehmlichkeiten und interessanten Erlebnisse aufzuwiegen, und besonders hier befanden wir uns in einem Eldorado von Wasser- und Sumpfvögeln, brachte doch jede Exkursion reiche und un- erwartete Ausbeute, unauslöschliche Eindrücke und interessante Beobachtungen. Das Wetter war, bis auf wenige Tage, schön sonnig und oft auch ganz windstill. Nachtfröste kamen nur in der letzten Zeit vor. Die Aussagen aller örtlichen Jäger lauteten dahin, dafs bei schlechtem, d. h. regnerischem und stürmischen Wetter, die Vögel in vermehrten Scharen sich ansammeln und bei gröfserer Kälte den Kumbaschiflufs aufsuchen. Ich konnte solches nicht ganz bestätigen, einfach aus dem Grunde, weil das Wetter nicht so schlecht wurde. Ich habe niemals das Meer so voller Vogelleben gesehen, wie das nach Beschreibungen mancher Rei- senden und Sammler zu erwarten war. Trotzdem war es bunt genug, besonders wenn an sonnigen Tagen bei niedrigem Wasser- stande die Schlammbänke westlich von der Kumbaschimündung frei lagen, dann gab es dort wohl Hunderttausende von Enten, Gänsen, Schwänen und besonders Möwen. Von allen fallen natürlich die Pelikane sofort in die Augen, schon durch ihre Gröfse und die langen Reihen, die sie gewöhnlich beim Schwimmen bilden. Natürlich lassen sich diese Scharen nur aus grölserer Entfernung betrachten, ein Schufs, selbst weiter hin abgegeben, 35* 524 Harald Baron Loudon: veranlalst ein brausendes Erheben des gröfsten Teiles der Vogel- masse, welche dann meist die Richtung zum Meere nimmt und sich mehr verteilt. Interessant sind die Avocetten, welche bei flachem Wasser- stande oft noch einen halben Kilometer weit vom Ufer im Wasser umherlaufen. Hier ist eine dicke Schicht blaugrauen Schlammes abgelagert, auf der der Jäger nicht überall Grund findet; oft waren wir gezwungen, kilometerweit unseren äufserst flach gehenden „Kulas‘‘ über diesen Schlamm, hier „Batak‘“ genannt, zu treiben, was manchen Schweilstropfen kostete. Wie oft mulfste man nicht an solchen Stellen schliefslich doch noch aussteigen, um überhaupt die Beute zu erlangen. Am 31. I. schickte ich Sawitzky nebst Begleitung in die Richtung zur Waldzone, in der Absicht, die Gegend näher kennen zu lernen, um spätere Exkursionen dorthin zu unternehmen. Zu diesem Zwecke wurden Reitpferde gemietet. Die örtlichen Tartaren hatten dazu ihre schlechtesten Pferde gegeben, und schliefslich weigerten sich die Begleiter, die Expedition bis zum Walde hin auszudehnen, in der Furcht, überfallen und beraubt zu werden, was in der Gegend zu den gewöhnlichen Ereignissen gehört. Bereits am Nachmittage kehrten die Reiter mit wenig Beute und schmerzenden Gliedern heim. Der sogenannte Weg soll in ganz unmöglichem Zustande gewesen sein. Sie waren kaum über 7 Kilometer, bis zum Dorfe Bora-Degi, hinausgekommen. Inzwischen nahm meine Sammlung nicht erwartete Dimen- sionen an, wurden doch täglich 20—30 Vögel durchschnittlich präpariert. Dabei wird die Atmosphäre in der Werkstube mit jedem Tage schlechter, was auch garnicht zu verwundern ist, da 200, meist grölsere und sehr grofse Vögel an der Wand dicht gedrängt hängen und wegen des feuchten Klimas nur sehr langsam trocknen, trotzdem die Ofen zweimal täglich geheizt werden. Beim Präparator hat sich inzwischen ein schmerzhaftes Leiden eingestellt, indem sich unter den Fingernägeln Eiterblasen bilden, die soweit fortschritten, dafs er fast seine Arbeitstätigkeit hätte einstellen müssen, wenn dieses nicht gerade mit unserer Abreise nach Transkaspien zusammengefallen wäre. Dieses Übel stellt sich regelmäfsig bei derartigen Präparierungsarbeiten ein, wenn die betreffende Person wochenlang ausschliefslich mit dieser Arbeit beschäftigt ist. Am 2. II. mufste ich Sawitzky nach Lenkoran senden, da inzwischen unsere Vorräte zu Ende gingen, welche zum Teil dort zu besorgen waren, anderen Teils unter meinen Vorräten lagen, die ich in Lenkoran zurückgelassen hatte. Dabei machte er die unangenehme Entdeckung, dafs die Vogelbälge, welche von uns dort gesammelt worden waren, bei dem kurzen Trans- port per Wagen vom Hötel zu einem Bekannten, der so liebens- würdig war, meine Sachen bis zu unserer Rückkehr in seine At he Eu ee al sel aa Zu Ä a Eu DT DU BORE Sn Reise nach Zentral-Asien. 525 Obhut zu nehmen, fast alle verdorben waren. Auf der grubigen Straflse war eben alles durcheinander geworfen und teils zerrissen worden. Zum Glück liefs sich noch vieles ausbessern, da die Bälge noch nicht ganz trocken waren. Schliefslich hatte mein armer Reisegefährte in keinem der vielen obskuren Hötels zur Nacht Platz finden können und war gezwungen, mit dem Revolver „in der Hand“ die Nacht auf der Stralse und am Meeresufer zuzubringen, was bei der kalten Jahreszeit bekanntlich nicht zu den Annehmlichkeiten gehört. Wie verschmutzt gewöhnlich unsere Flinten waren, lälst ‚sich schwer beschreiben. Fast alle Tage mufsten die Läufe schon sowieso gewaschen werden, da sonst nichts tot zu schielsen möglich war. Meist gebrach es aber an Zeit, diese notwendige Manipulation rechtzeitig und gründlich vorzunehmen, sodals beim Waschen geradezu dicker schwarzer Schlamm aus den Läufen flofs. Dieser Umstand mag auch die zahllosen, oft wirklich ganz unbegreiflichen Fehlschüsse entschuldigen. Zum Rosten kamen die Flinten allerdings kaum, da sie unausgesetzt im Gebrauch waren. Zu den Honorationen Lenkorans gehörte der Sohn unseres dortigen Hötelwirts, Herr Petrow, welcher zugleich das Amt eines Jagd- und Fischerei-Aufsehers in Kumbaschinsk bekleidete. Dieser Herr nun fühlte sich häufig gemülsigt, mich aufzusuchen und stundenlang uns mit unnützem Geschwätz zu belästigen, trotzdem war er in mancher Hinsicht auch ganz nützlich, da er die Gegend gut kannte und uns über die Jagdgelegenheiten orientieren konnte. Unter anderem unternahm ich eines Abends mit ihm eine Wildschwein-Jagd und zwar per Flachboot mehrere Kilometer durch zahllose Arme der Kumbaschimündung und sogar eine Strecke längs des Meeresufers. Wildschweine sollte es in Menge in den Rohrwäldern geben, was ich auch an zahlreichen Fährten im Schlamme und den frischgewühlten Stellen täglich konstatieren konnte, diese Exkursion endigte nur absolut resultatlos, da sich bei dem schon ohnehin hohen Wasserstande noch ein Sturm erhob, der unser Boot fast zum kentern gebracht hätte. Dafs wir lebendig zu Hause ankamen, ist nur der Geschicklichkeit des tartarischen Bootsmannes zu verdanken. Die Poststation Kumbaschinsk hat für den Ornithologen insofern eine unvergleichliche Lage, als abgesehen von regem Vogelleben der Umgegend hier der Vogelzug, welcher aufser der Zugzeit auch an den Wintertagen morgens und abends statt- findet, direkt über die Station, resp. die nächste Nachbarschaft derselben geht so dafs man von der Haustüre oft auf interessante Sumpf- und Wasservögel, auch grofse Raubvögel, zu Schulfs kommen kann. Komorane und Reiher flogen oft und niedrig, besonders erstere in grofsen Scharen. Unterdessen haben wir nun hier schon zu lange Zeit verbracht, denn noch steht eine weite Reise, bis an den Rand des Pamier 526 Harald Baron Loudon: und Taschkent bevor, ich hatte schon ohnehin eine Woche länger Aufenthalt für Kumbaschinsk zugegeben, da ich zu meinem Leid- wesen einsehen mufste, dafs die ursprünglich geplante Tour über Rescht und Asterabad, also das ganze Südufer des Kaspischen Meeres, aufgegeben werden mufste, wegen mangelnder Schiffsver- bindung und der in Aussicht gestellten Unannehmlichkeiten auf dem Zoll, wegen meiner Flinten, die ich bier trotz meiner Beglaubigungsschreiben und Geleitbriefe einfach hätte zurücklassen müssen, und damit wäre der ganze Zweck der Reise ein verfehlter gewesen. Wir haben nun hier 21/, Wochen verbracht und 425 Vogelbälge gesammelt. Am 9. II. nachmittags soll das Schiff von Lenkoran nach Baku gehen und deshalb beginnt am 8. allgemeines Einpacken der so umfangreich gewordenen Sammlung und unserer übrigen Habseligkeiten, so dafs an diesem Tage an eine Exkursion nicht mehr zu denken ist. Die grölste Schwierigkeit liegt jetzt im Aus- trocknen der gröfseren zuletzt präparierten Vogelbälge. Was ich sonst nie getan hätte, mufste jetzt zur Anwendung gelangen, denn entweder wären die nassen Bälge auf ihrem weiten Transport bis Livland sicher verdorben, oder sie verderben mir hier bei der geringsten Unvorsichtigkeit unter meinen Händen. Sie wurden also direkt auf den flachen Ofen gelegt und mit grofsen Bogen Löschpapier bedeckt, wobei es mir gelang, eine Leitung von Zugluft von der Ofentür durch den Stapel der Vogelbälge zur Lage herzustellen, es galt nur aufzupassen, dafs die Hitze nicht allzu grofs wurde, was hier ein Verfetten der Federn herbeigeführt hätte; ich kann von Glück sagen, dafs alles nach Wunsch verlief, nichts verdarb und der erstrebte Zweck auch wirklich erreicht wurde. Wie das bei solcher Gelegenheit nun mal schon geht und dafs im letzten Augenblick noch unbequeme Erledigungen vor- kommen, so auch hier. Am letzen Abend vor dem Abfahrtstage wurden noch 2 Pelikane gebracht, ein Edelreiher und zwei Schell- adler. Hier war ich nun vollständig ratlos, wie sie bis morgen reisebereit herzustellen, da mir daran lag, gerade diese Vögel in meine Sammlung zu nehmen. Die Pelikane wurden einfach abgefellt und die Häute mit dem Gefieder nach Innen an der Lage für die Nacht ausgespannt, während die Adler- und Reiher- bäute mit Salz eingestreut wurden. Die Pelikane waren auch wirklich so weit trocken, dafs sie unversehrt in Livland anlangten, während ich die anderen nach Transkaspien mitnahm, wo sie endgiltig präpariert wurden. — Früh morgens am 9. II. sind wir schon zeitig aus unserem Lager, die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel, nachdem es beide Tage vorher fast unausgesetzt geregnet hat. Ein leichter Frost in der Nacht hat dünnes Eis auf den Wasserlachen gebildet. Es ist als ob die Landschaft sich nur zum Abschiede in ihrem schönsten Kleide zeigen will. Reise nach Zentral-Asien. 5237 Das persische Grenzgebirge erglänzt im schönsten reinsten Weifs, da dort in der Nacht Schnee gefallen ist. Auch die Vogel- welt ist besonders lebendig, vom Meer her und aus dem Rohr ertönen alle möglichen Stimmen, die Luft ist erfüllt von zahllosen Kormoranen, die dem Meere zustreben. Sawitzky schiefst noch einen grauen Reiher, während er in der Tür des Posthauses steht. Um 1/,8 Uhr früh steht bereits unser Postgespann vor der Tür, die Sachen werden verstaut, und bald entschwindet einer meiner interessantesten Sammelplätze, Kumbaschinsk, unsere Blicken. Fahrt von Kumbaschinsk über Lenkoran, Baku, Krassnowodsk und Ashabad bis Artyk 10.—15. Il. Auf dem halben Wege nach Lenkoran erblickten wir einen Schakal, der nicht allzuweit von unserem Gefährt über den Weg lief, mein Präparator unternimmt einen kurzen und vergeb- lichen Wettlauf, um das Tier zu schiefsen. Durch den Regen der letzten Tage ist die Strafse in noch schlechteren Zustand geraten. In Lenkoran angekommen, übergeben wir unsere Sachen der Schiffahrtgesellschaft Kawkas und Merkur, während wir uns eine Zeit lang den Sehenswürdigkeiten des gerade stattfindenden tarta- rischen Wochenmarktes widmen und einige photographische Auf- nahmen machen. Zur Stillung des sich mittlerweile eingestellten Hungers besorgen wir uns hier verschiedene landesübliche Deli- katessen, die uns doch noch appetitlicher erscheinen als ein Mittag- essen in einem der zweifelhaften Hötels. Um 5 Uhr nachmittags endlich ist der Dampfer in Sicht, der ausAstara kommt und uns nach Baku bringen soll. Es ist der kleine Dampfer „Turkmen“! Das Schiff hält wie gewöhnlich auf der Rehde, und wir werden in grofsen Ruderbooten, hier „Kirschim‘“ genannt, zur Schiffstreppe befördert. Wir haben diesmal Glück, es ist schönes, fast stilles Wetter, während wir in der Woche vorher unter ganz anderen Schwierigkeiten diese Fahrt hätten zurücklegen müssen, da das Schiff bei stürmischem Wetter hier nicht halten kann und dann 10 km weiter nach Kumbaschinsk zu, hinter der Insel Sary, halten mufs. Am 11. Il. früh erwachen wir bereits im Anblick der Bakuschen Berge, wir halten vor dem Zollamt, wo die Sachen der aus Persien kommenden Passagiere durchgesehen werden. Selbst über unsere Sachen macht sich ein eifriger Zollbeamter her und kann erst nach energischem Protest unsererseits davon abgehalten werden, meine Gepäckstücke zu durchwühlen. Unser Schiff hat die Bestimmung, noch am selben Abend die Fahrt nach Krasnowodsk fortzusetzen, was uns prachtvoll zu statten kommt. Tagsüber hatten wir noch Zeit, unseren Proviantzu vervollständigen und beim Kommandanten Herrn v. Niedermüller einige Stunden auf europäische Art zu verbringen. Spät abends fahren wir nach Krasnowodsk ab, es hat sich stürmisches Wetter erhoben. Wir begeben uns sofort in unsere Kojen, um der hereinbrechenden Seekrankheit, wenn auch nicht auszuweichen, dieselbe doch wenigstens auf den nächsten Tag zu verschieben. 528 Harald Baron Loudon: Am 12. II. morgens ist bereits das Ostufer in Sicht. Die Bergmassiv Cuba-Dagh und der grofse Balchan tauchen als erste feste Punkte aus dem erregten Meere hervor. Wir werden fürchterlich geschaukelt, und besonders mein Präparator Barop ist eine halbe Leiche. Als wir im Laufe des Vormittages die Land- zunge von Tscheleken passieren, wird das Meer plötzlich ruhig, auch der Wind hört auf, da wir allmählich in den Windschutz der Cuba Dagh-Kette gelangen. Mit einem Schlage hat die See- krankheit aufgehört, und jeder kann sich nun am herrlichen Panorama der Uferlandschaft und des malerischen Städtchens Krasnowodsk erfreuen, das von warmer Frühjahrssonne beschienen wird. Noch froher sind wir allerdings, den festen Boden unter den Fülsen zu verspüren, denn gewisse Symptome der Seekrankheit weichen nicht so rasch. Vom Landungsplatz geht es sofort zum Bahnhof, da in einigen Stunden der Zug bereits nach Ashabad abgefertigt wird. Hier wird uns wieder ein schönes Abteil I. Klasse zur Disposition gestellt, was um so liebenswürdiger bewerkstelligt wird, als ich unerwarteter Weise in dem Stationvorsteher einen alten Bekannten meiner früheren Reise wiederfinde. Landschaftlich unvergleichlich ist die Bahnstrecke mehrere Stunden in der Richtung nach Aschabad zu, indem der Bahn- körper hier rechts vom Meere und links von der Cuba-Dagh- Kette begleitet wird, oft sich geradezu zwischen beiden hindurch- zwängt. Am 13. II. vormittags sind wir schon bis Geok-Tepe gefahren, wo der Zug 20 Minuten hält, um den Passagieren Zeit zu geben, das interessante Kriegsmuseum zu besichtigen. Um 12 Uhr mittags gelangen wir nach Aschabad und verweilen hier bis um 11 Abends, da es eine Menge Besorgungen und officielle Angelegenheiten bei Gouverneuren, Bahnverwaltung etc. zu er- ledigen gibt. In allen diesen Dingen werde ich von Herrn 0. Ahnger, einem guten Freunde von Sarudny, den ich hier ebenfalls vor Jahren kennen gelernt hatte, unterstützt, während ich gewils sonst nicht in dieser kurzen Zeit mit den zeitraubenden Angelegen- heiten fertig geworden wäre. Spät abends am 14. endlich übergibt mir die Bahnver- waltung einen Extrawagen „Littera B.“ zu meiner Disposition für die gesamte Strecke der Zentral-Asiatischen Bahn für die ganze noch unbestimmte Zeit meines Aufenthaltes. Hiermit ist dann auch eine der wichtigsten Fragen gelöst, die am meisten dazu beitrug, meiner Reise zu guten Resultaten zu verhelfen. Man stelle sich blos vor, ohne solch einen Wagen mit allen den vielen Habseligkeiten von einem Ort zum andern überzu- siedeln und aus- und einzupacken. Während wir nun gleichsam in eigenem Hause leben und uns an beliebige Orte fahren lassen konnten. Besonderen Dank schulde ich der Bahnverwaltung für den zweckmäfsigen und bequemen Salon-Wagen, in welchem nicht allein Reise nach Zentral-Asien, 529 der erforderliche Raum, sondern auch Bedienung, Beleuchtung, Bett- und Tischwäsche, sämtliches Geschirr etc., der Bahnverwal- tung gehörig, vorhanden war. Ein Warenzug nimmt uns bei dunkler Nacht in östlicher Richtung mit, mit der Bestimmung, uns bei der Station Artyk abzukoppeln. 15.—27. II. Artyk und Kaachka. Im Steppengebiet Transkaspiens. Hier trug die Steppe um diese Zeit noch einen voliständig winterlichen Charakter, dazu trat in jenem Jahre ein besonders später Frühling ein, Nachtfröste gab es noch bis in den späten März und Schneestürme erlebten wir mehrmals. Auf der Steppe sahen wir nur auf einigen Stellen Schwärme überwinternder Lerchen und natürlich die hier nirgends fehlende grofse Haubenlerche. Einen schönen Falco sacer schofs ich am 15. Il. von der Spitze eines persischen Lehmturmes bei Artyk. In dem Garten von Kyren-Kala gab es besonders viel Athene bactriana, welche be- reits alle gepaart eifrig balzten. Ein recht starker Nachtfrost in der Nacht zum 16. II. macht das Schlafen bereits recht un- angenehm, während der eiserne Ofen in kurzer Zeit grolse Hitze entwickelt, bleibt der Fufsboden dennoch eisig kalt, trotzdem wir in Kopfeshöhe 20° Reaumur messen konnten. Bei Kaachka am 17. II. wurde eine weite Exkursion längs der gleichnamigen Flüsse zum Gebirge zu unternommen, der an Interessantem nur einen TZroglodytes pallidus lieferte, ferner sahen wir einige Mönchs- und Gänsegeier in grolser Höhe kreisen. Ein gewöhn- licher und zugleich interessanter Vogel ist hier um diese Zeit die grofse turkestanische Mackenbachstelze. Da mich diese eine Exkursion davon überzeugte, dafs um diese Zeit für mich so gut wie nichts zu haben war, gab ich am Nachmittag bereits Befehl, unseren Wagen mit dem nächsten Zuge nach der Station Tedschen zu fahren, wo ich in den Wäldern des gleichnamigen Flusses bedeutend mehr zu sammeln und zu beobachten hoffte. Am Tedschen und Murgab vom 18. II. bis zum 9. Ill. Am Tedschen besuchte ich auf der Hin- und Rückreise nur den einen Punkt, nämlich den Flecken Tedschen, auch Kary- Bend genannt. Auch hier war wohl nur der zehnte Teil der gefiederten Bewohner anwesend, dafür aber die recht interessante Winterfauna, welche mein Vorgänger Sarudny zu beobachten nicht Gelegenheit hatte. Trotz der frühen Jahreszeit (18. II.) sitzt bereits Pica bactriana fest auf den Gelegen und läfst sich erst durch energisches Klopfen vom Neste vertreiben und die Bucharische Meise singt eifrig. Trotzdem alles einen durchaus winterlichen Charakter trägt, merkt man deutlich, dafs der Frühling vor der Tür steht, da schon kleine Bewegungen im Durchzuge der Frübjahrs- vögel bemerkt werden. Wir unternahmen hier weite Exkursionen 530 Harald Baron Loudon: in allen Richtungen auf beiden Seiten des Flusses. Zu meiner Freude konnte ich konstatieren, dafs der schöne Komarowfasan seit 1901 bedeutend an Zahl zugenommen hat, hin und wieder liefsen sich schon einzelne Balzrufe vernehmen; auf einer Exkursion, die ich mit einem Bahnbeamten in die Tamarisken-Dickichts flufsabwärts unternahm, fanden wir das Skelett von einem starken Wildschwein, welches mein Begleiter ein paar Abende vorher auf dem Ansitz angeschossen, aber nicht hatte finden können; die Schakale hatten in kurzer Zeit das Reinigen der Knochen besorgt und die einzelnen Stücke weit umher geschleppt. Auffallend ist um diese Zeit das Fehlen fast aller Sumpf- und Wasserläufer; an Schwimm- vögeln gibt es nur sehr wenig und ebenso einen ganz verschwin- denden Teil Raubvögel, im Verhältnis zu den Massen, die hier im Sommer vorkommen. Die ganze Ausbeute beschränktsich eben fast nur aufSingvögel, unter denen besonders die schwarzkehlige Drossel, welchein derganzen Waldzonesehr häufig ist und in ansehnlicher Suite gesammelt wird; auch der weilsflügelige Buntspecht ist nicht selten, und in den Tamaskendickichten trifft man Ruticilla erythonota und rufiventris, Aegithalus atricapillus, Panurus barbatus und Accen- tor atrogularis an. Hier gelang es mir auch, die Form Cettia seme- nowi zu entdecken. Bei einem Besuche, den ich eines Nachmittags beim Kreischef, einem alten Bekannten von mir, machte, sah ich 4 lebende Antilopen, Gazella subgutturosa. Einer seiner Dienst- boten, dem ich früher das Ausstopfen von Vögeln beigebracht, hatte unter anderem 2 junge Flamingos ausgestopft, die im Sommer vorher in der Gegend erlegt worden waren, was das Brüten dieses schönen Vogels hier beweist. Am 20. II. schickte ich meinen Begleiter Sawitzky mit dem mir vom Kreischef zur Ver- fügung gestellten Dechigiten (berittener Polizeibeamter) zu den überschwemmten turkmenischen Feldern in östlicher Richtung, wo es viel durchziehende Wasser- und Sumpfvögel geben sollte. Er sah aber nur eine Anzahl Enten, von denen er 5 schofs und ein paar Schwärme ziehender Stare; während ich an dem Tage unter anderem auch einen Schwarm von 14 Zwergtrappen in östlicher Richtung ziehen sah. Tagsüber hatten wir die unangenehme Nachbarschaft der Leiche eines jungen verunglückten Turkmenen, der zwischen die Puffer rangierender Waggons geraten und zerquetscht worden war. Eine ganze Schar Eingeborener hatte sich um die Leiche versammelt und unterhielt während der nächsten Nacht ein mächtiges Feuer. Am Nachmittage des 21. wird die Fahrt nach Merw fortgesetzt, wo wir in später Nachtstunde anlangen. Da ich jetzt die Strecke Merw nach Kuschk zu meiner weiteren Exkursionen ausersehen hatte, hiefs es jetzt glücklich einen Zug zu treffen, der uns in der Richtung mitnehmen konnte, da auf dieser Strecke, aufser 2 Postzügen wöchentlich, keine regel- mälsigen Züge verkehren, sondern je nach Bedarf nach den End- punkten abgefertigt werden. Der Stationschef versprach mir a EEE N EEG DER ER I Reise nach Zentral-Asien. 531 denn auch, bis zum Abend einen solchen Zug zusammenzu- stellen; unterdessen hatten wir vollauf in dem kleinen Städtchen an Besorgungen und Visiten zu tun, auch ein paar gute Bekannte von früher her zu besuchen und einer Einladung zum liebens- würdigen Kreischef zur Mittagsmahlzeit nachzukommen. Auf dem armenischen Bazar erstand ich für wenig Geld ein ganz schönes Leopardenfell. Zum Abend, ein paar Stunden vor unserer Abfahrt, erschienen eine ganze Reihe meiner Bekannten zu Gast bei mir im Wagen, da ich heute ausnahmsweise in der Lage war, ganz europäischen Nachmittagstee mit allem, was dazu gehört, vorzusetzen. Unter anderem rechne ich hierzu die schönsten Früchte des Landes, die hier allgemein beliebten Tschardschni- schen Melonen, welche die Eingeborener ganz besonders lange aufzubewahren verstehen. Den 23. und 24. Il. verbringen wir bei Jelotan am südlichen Ende der Merwoase; da es viel geregnet bat ist der Boden überall schlüpfrig und die Luft kalt. Schwarz- kehlige Drosseln halten sich in kleinen Vereinen überall in den turkmenischen Gärten auf. Hier und auf den angrenzenden von Alhagi kamelorum bestandenen Flächen sind Fasanen besonders häufig. Raubvögel ziehen in diesen Tagen in ziemlicher Anzahl; vorherrschend natürlich der unvermeidliche schwarze Milan und die Rohrweihe. In den Steilschluchten am Murgabufer bemerkte ich einen Mauerläufer, auf den natürlich eifrig aber resultatlose Jagd gemacht wurde. Auf dem Murgab selbst gibt es kleine Vereine von Gänsen, Erten und einzelnen Edel- und grauen Reihern; von ersteren wird ein schönes Männchen mit Schmuck- federn erbeutet. Am 25. II. sind wir bei Imän-Baba, am Mittellauf des Murgab, welcher Ort mir vor 2 Jahren mit die interessantesten Erlebnisse gebracht hatte und schon seit Monaten meine stete Sehnsucht gewesen war, gab es doch hier wieder den seltenen Geeinus flavirostris und die echte wilde Einsamkeit zentralasia- tischer Flufswälder. Alles fand ich unverändert vor, jede Biegung des Flusses, jede Waldparzelle und mancher mächtige Pappelbaum waren mir alte Bekannte; nur unter den Bahnbeamten war ein einziger von den früheren noch dageblieben, während übrigens der Stationschef, damals auf der Wüstenstation Anenkowo, jetzt hierher versetzt, auch zu meinen früheren Bekannten gehörte. Mit nicht geringer Ungeduld erwarte ich den kommenden Morgen, bei dessen erstem Grauen es schon bei uns im Waggon munter wird. Mit grofser Hast nehmen wir das erste Frühstück ein, bestehend aus Eiern, Thee, Brot und holländischem Käse, welches Menu wir übrigens schon seit längerer Zeit und zwar zu sämtlichen Tagesmahlzeiten haben. Da eben nichts Präparierbares vorliegt, gehen wir alle drei aus; in dieser Nacht hat es gründlich gefroren. Mit welchem Vergnügen begrüfse ich einen mir von früher her bekannten ,„Tugai‘“!) nach dem andern! Auf jenem Baume 1) Örtliche Bezeichnung für jedes einzelne Dschungeldickicht. 532 Harald Baron Loudon: sals damals eine Scops obsoleta, und hier befindet sich die Nist- höhle eines weifsflügeligen Buntspechtes, in welcher damals ein Starenpärchen wohnte. Bald finde ich auch die Nisthöhle des hiesigen Grünspechtes, die vor 2 Jahren 5 Jungvögel und I Ei enthielt, und dort gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, schofsich damals mein erstes Wildschwein! — Kurz, an angenehmen Erinnerungen fehlt es nicht, und was das Beste von der Sache ist, konnte ich sofort bei unserem Ausgehen konstatieren, dafs der begehrenswerteste Repräsentant dieser Gegend, der schöne gelbschnäblige Grünspecht, wennmöglich noch häufiger vorkommt, als damals; auch der goldige Fasan hat nicht abgenommen, balzt aber nur kurz mit langen Unterbrechungen. Während ich mit meinem russischen Begleiter durch einen dichten Tugai drang, schofs derselbe auf einen starken Wolf, aber leider mit Vogeldunst; der Schufs wurde nur auf ein paar Schritt abgegeben, das Raubtier fiel im Feuer, rafite sich aber doch noch aufund verschwand kriechendinden unglaublich dichten Tamarisken, sodafs wir es leider nicht mehr finden konnten. Nicht weit von dieser Stelle stielsen wir aufein Stachelschwein, dafs sich gemächlich von der Sonne bescheinen liefs, aber uns bemerkend, schnaubend und fauchend in seiner nahen Höhle verschwand. Frische Wild- schwein- und Sumpfluchsfährten, besonders erstere, sind überall in Mengen vorhanden, sogar ein Leopard, der mehrmals in einem ge- wissen Tugai gesehen worden war, sollte sich noch immer dort auf- halten. Trotzdem wir täglich die Gegend durchstreiften, wurde das Tier jedoch von keinem von uns gesehen. Während meiner dortigen Aufenthaltszeit schofs der Stationsgendarm einen starken Felis chaus, das Tier wog gegen 60 Pfund, und ging für 11), Rbl. in meinen Besitz über. Besonders viel Gelegenheit zu interessanten Beobach- tungen gibt natürlich Gecinus flavirostris, von denen alle paar Kilometer der Wohnbezirk eines neuen Pärchens beginnt. Der später hier so ungemein häufige schwarze Milan ist jetzt noch nicht so massenhaft vertreten wie zur Brutzeit. Astur cenchroides, der hübsche kleine Sperber turkestanischer Wälder, wird mehr- mals gesehen und erbeutet. Enten ziehen bereits in mehreren Species, vorherrschend darunter Anas crecca. In den Tamarix- dickichten ist der schwarzkehlige Flüevogel Accentor atrogularis häufig, aber recht scheu, gehört also hier zu den gewöhnlichen Wintervögeln, ebenso Rohrammern der gewöhnlichen Form, während die hohen Pappeln vorläufig noch von wenig Laubvögeln belebt werden. Am 28. II. sind wir in Sary-Jasy, einer Station weiter südlich nach der Afghanengrenze hin. Auch hier erinnert die Gegend mehr oder weniger an die von Imam-Baba, nur dafs die Wälder der Uferzone hier kleiner sind, woran zum Teil die belebtere Gegend Schuld ist und dann auf dem rechten Ufer die Kara Kum Wüste, oft steile senkrechte Sandwände bildend, bis an das Flufsufer herandringt. Diese Sandwände sind mitunter sehr hoch, sodafs Reise nach Zentral-Asien. 533 man sich in ein Gebirge versetzt glaubt und sie sogar Geiern be- queme Nistgelegenheiten bieten. Die Bahnstation liegt über Büchsenschufsweite vom Flusse ab, auf ebener grüner Lehmfläche. Schon vom Waggon aus konnte ich am ersten Morgen die lauten Rufe des Grünspechtes vernehmen, was natürlich dazu angetan war, den Reiz der Gegend bedeutend zu erhöhen. Der Flufslauf bildet hier unendliche Krümmungen, wodurch die Waldparzellen isoliert werden und abwechselnd ein Waldstück auf dem rechten Ufer liegt, während das nächste auf dem linken Ufer folgt. Der schöne Fasan ist hier nicht so häufig wie an anderen Stellen und erfreut sich soeben einer permanenten Schonzeit, niemand wagt einen Fasan zu schiefsen, da für jedes Stück 25 Rbl. Strafe angesetzt ist. Am ersten Tage unternehme ich mit einem Eisenbahnbeamten eine weite Exkursion fluflsabwärts, auf dem rechten Ufer, wobei wir mehrere hohe Sanddünen und gefährliche Sandabstürze über- klettern müssen. Der Sand ist vom Winde so hart zusammen- getrieben und gelagert, dafs er senkrechte Wände bildet, während bei windigem Wetter, von der hoch oben befindlichen Wüste, der Sand herabrieselt und vom Flusse fortgetragen wird. Auf der Fläche ist häufig der isabellenfarbige Steinschmätzer; verschiedene Lerchen und Bachstelzen, sogar geibe Bachstelzen beginnen zu ziehen. In der Nähe des Flusses traf ich am Abend einen auf dem Zuge befindlichen Schwarm schwarzer Milane von reichlich 100 Individuen. Im Walde sind die ersten Zwergfliegen- schnäpper angekommen, an den Sandwänden leben überall Stein- hühner, die eifrig ihre Stimme hören lassen, welche zehnfach von den Wänden wiedergegeben wird. Etwa 10 Kilometer flufsab- wärts an einer besonders hohen Wand des rechten Flufsufers befindet sich eine Kolonie der kleinen Aasgeier, ich konnte gegen 20 Exemplare dieser Vögel zählen. Hier wurde ich von der Abend- dämmerungüberraschtundhattenuneinenschweren und gefährlichen Weg zur Station bei fast vollständiger Finsternis zurückzulegen. Ich zögerte erst eine Zeit lang, dieses zu wagen, entschlofs mich aber schliefslich doch dazu, da sich meine Begleiter zu sehr beunruhigt hät- ten, und ein Übernachten bei dem kühlen Wetter erschien durchaus nicht verlockend. Nicht geringe Mühe machte das Transportieren der grofsen Menge geschossener Vögel, mit denen nicht allein mein Rucksack angefüllt war, sondern wovon noch verschiedene grolse Exemplare an Schnüren in den Händen getragen werden mulsten, dazu wurde ich noch von meinem Begleiter getrennt, der sich schon ein paar Stunden vorher, einen Grünspecht verfolgend, weiter entfernt hatte. Sind die steilen Abhänge schon bei Tage gefährlich zu überklettern, so war es jetzt entschieden ein sehr gewagtes Unternehmen, und nicht blofs ein Mal begann der Sand unter meinen Füfsen in den Flufs zu rutschen; hier konnte ich mehrmals nach den grofsen fleischigen Blättern merkwürdiger Wüstenpflanzen sreifen, dieselben in der Dunkelheit für Saxaulbüsche haltend, 534 Harald Baron Loudon: trotzdem ich sie am Tage genau hatte besehen können. Diese Pflanzen würden eher an die sumpfigen Ufer eines Flusses gepalst haben, als hier in den dürren Sand, wo es unbegreiflich erscheint, wo sie die grofse Menge Feuchtigkeit hernehmen. Die grölste Schwierigkeit bestand nun darin, die Stelle zu finden, wo sich das Boot zur Überfahrt befand, da sich bei der herrschenden Dunkelheit die Gegend nicht genau erkennen liefs. Mehrmals rief ich vergeblich und hatte bei dem schweren Marsche meine Kräfte fast ganz erschöpft, da endlich ertönte ein Schufs vom anderen Ufer bereits etwas hinter mir und mit besonderer Freudigkeit durchdrang ich das Tamarixdickicht des Flufsufers, welches mir in der Dunkelheit noch beinahe die Kleider vom Leibe reilsen wollte. Am 2. III. herrscht regnerisches Wetter. Lachmöwen und ein paar andere Arten ziehen in grofser Menge flulsabwärts. Die ersten Schwalben sind angekommen. Mein Präparator wäre an diesem Tage fast verunglückt, indem er einen Sandabsturz trotz meiner energischen Warnung überkletterte und auf meine Zurufe vom linken Ufer nicht hörte. Bergabgehend hatte er, ohne vor- her weiter sehen zu können, den Steilabsturz des Berges erreicht, prasselnd hörte ich den Sand unter seinen Füfsen in den Flufs hinabstürzen und sah ihn in verzweifelter Stellung über den Rande balancieren; doch im nächsten Momente gelang es ihm noch, sich rückwärts werfend, der Gefahr zu entgehen. Da wir hier die Gegend in allen Richtungen gut abgesucht hatten, soll uns die Bahn noch im Laufe der Nacht an die Endstation Kuschk an die Afghanengrenze befördern. Den Nachmittag und Abend verbringe ich damit, einen Teil unserer Kleider und Wäsche zu reparieren, von denen besonders die Strümpfe anfangen, an allen möglichen Stellen zu grofse Löcher zu bekommen, aufserdem müssen eine Menge Bälge verpackt werden, Patronen geladen, Etiquetten, Tagebücher und Briefe sind zu schreiben und die Flinten zu reinigen. Zu meinem gröfsten Leidwesen gelingt es mir nicht, trotz aller Anstrengungen, die Käfersammlung um nennens- werte Zahl zu vermehren, das beständige rauhe Wetter veranlalst die Insekten, ihre Schlupfwinkel nicht zu verlassen. Kuschk 3. II. Der Warenzug, der uns in der Nacht mitgenommen hat, legt seinen Weg mit grofser Gemächlichkeit zurück und schwankt entsetzlich, sodafs wir wenig geschlafen haben, besonders da alle Augenblick viele von den an der Lage hängenden Vogelbälgen herabfallen; um 5 Uhr morgens sollten wir in Kuschk anlangen, verspäteten uns aber um 3 Stunden, was bei diesem Zuge aller- dings nicht so genau darauf ankommt, da er ein sogenannter Wasserzug ist, der süfses Wasser für jedes Wächterhäuschen bringt und auch eine Kolonialwarenbude mit sich führt. Der Zug hält bei je- dem Wächterhäuschen und bleibt dann solange stehen, bis die betref- fenden Einwohner ihre Einkäufe im Warenwaggon gemacht haben. Pe 7 SE Zu u A AT LT U Han Reise nach Zentral-Asien. 535 Die Bahnstrecke steigt hier merklich aufwärts und folgt gröfstenteils dem Laufe des Kuschkbaches, der auf steinigem Boden schäumend dahinströmt. Sandige, mit niedrigem Gras bestandene Bergkuppen reihen sich hier endlos aneinander, Strauch- und Baumvegetation ist nirgends zu bemerken, wenn man von den niedrigen Tamarixdickicht am Flufsufer absieht, das kaum Knie- höhe erreicht, auch ist die Gegend so gut wie ganz unbewohnt. Nach diesen Betrachtungen schien es mir, dafs ich hier wenig Interessantes für meine Zwecke zu erwarten hatte. Auf der Festung angekommen, mufsten erst Besuche beim Kommandanten und dem örtlichen Polizeipristaw gemacht werden, um überhaupt Erlaubnis zum Jagen in der Gegend zu erlangen. Die Herren empfingen mich mit der grölsten Liebenswürdigkeit, unterstützten mich in jeder Beziehung und liefsen sich wiederholte Einladungen nicht abschlagen, die wir um so lieber annahmen, als uns dadurch die Möglichkeit geboten wurde, nach langer Zeit einmal wieder europäisch zu speisen. An Jagd auf höheres Wild hätte es uns hier ebenfalls nicht gefehlt, da Bergschafe und Antilopen in den Pistaziemwäldern der Umgegend viel vor- kommen sollten. Die Ornis der Umgegend anbelangend, hatte ich mich insofern getäuscht, als die Resultate bei weitem meine Erwartungen überstiegen. Steinschmätzer verschiedener Arten zogen in diesen Tagen in grofser Menge, unter diesen erbeutete ich die seltenen Arten Sazxicola vittata und opistholeuca, auch die isabellenfarbigen Würger, Sylvia mystacea, und Blaukehlchen zogen in Mengen. Die Ausbeute war täglich eine enorm grolse und die Nummern in meinem Etiquettenbuche überstiegen bereits unerwartete Zahlen. 5 Am 3.111. fiel dichter Schnee mit Regen vermischt, welcher den ganzen Erdboden bedeckte und schlüpfrig machte; auch die geplante Bergschafjagd mulste aus diesem Grunde aufgegeben werden. Hier am südlichsten Punkte Rufslands mufste ich gerade zum seltenen Schneefall anwesend sein. Am 5. erschien ein Extrazug, mit dem Chef der turkestanischen Bahn, welcher sich gerade auf einer Revisionsreise befand. Bald nach der Ankunft seines Zuges erscheint der Stationschef mit der für mich äufserst unangenehmen Mitteilung, dafs der Chef eine interimistische Retournierung meines Waggons wünscht, da irgend eine Kommission von Krassnowodsk nach Aschabad expediert werden mufste, zu welchen Zwecken es an Waggons mangeln sollte, zu gleicher Zeit liefs er mir propo- nieren, in Aschabad im Hötel den Waggon wieder abzuwarten, oder er wollte mir hier auf der Station ein paar Zimmer anweisen! Mein Schreck war natürlich keingeringer, denn die Zeit der Retour- nierung liefs sich nicht vorher bestimmen und hätte sehr lange dauern können, während ich unterdessen der Möglichkeit beraubt worden wäre, meine Beobachtungen und Kollektionen fortzusetzen. Mit besonderem Grauen dachte ich an das Einpacken von etwa 536 Harald Baron Loudon: 200 frischen Bälgen und unserer grofsen Menge’ Sachen, von denen bereits jeder Gegenstand seinen gewohnten Platz ge- funden hatte; ich machte mich also kurz entschlossen auf und besuchte den betreffenden Herren General Uljanin, als er sich gerade in seinem eleganten Salonwagen aufhielt. Meine Bitte um Abänderung seines Befehles blieb denn auch nicht ohne die erwünschten Folgen, ein kurzer Besuch seinerseits in meinem Waggon überzeugte ihn von der Schwierigkeit seiner Aufgabe undbinich froh, meinen Waggon wieder ungestört weiter benutzen zu können. Jetzt war auch die Zeit da, in der ich gerne von diesem Orte fortkommen wollte, da die Ornis reich an Individuen, aber die für mich interessanten Arten bereits alle gesammelt waren, doch ging in nächster Zeit kein Zug, der uns hätte mitnehmen können. Auf meine diesbezügliche Bitte meldete denn auch der Stationschef am 6. III. früh morgens, dafs der Extrazug der Eisenbahnchefs um 2 Uhr abgefertigt wird, und ihm gestattet sei, meinen Wagen an denselben anzuhängen. Diese Nachricht war um so erfreulicher, als man Aussicht hatte, die lange Strecke bis Merw bedeutend rascher zurückzulegen. Vorläufig mufsten noch 31 Kleinvögel präpariert werden, die wir bis Mittag erledigten, da während der Eisenbahnfahrt an ein derartiges Arbeiten, wegen des Schwankens und Rüttelns, nicht zu denken war. Wir teilten uns also derartig, dafs einer nur abbalgte, der Zweite die Bälge reinigte und der Dritte den Schlufs machte; auf diese Art hatten wir im Handumdrehen alle 31 Stück fertiggestellt. Kurz vor Abgang des Zuges erscheint noch der General Prossalow, Kommandierender der Festung Kuschk, und macht uns eine Ab- schiedsvisite, dann geht es in rascher Fahrt der Merwoase zu. Bis zum hereinbrechenden Abend hatten wir Gelegenheit, viel Interessantes zu sehen; grofse Raubvögel, auf dem Zuge befind- lich, flogen überall umher oder salsen hier und da auf der Steppe. Sonnenschein und Gewitterplatzregen wechselten mehrmals. Beim Passieren Jelotans, etwa um Mitternacht, wurden mir 5 Fasanen überbracht, die meine Bekannten während meiner Ab- wesenheit für mich geschossen hatten. Morgens erwachen wir vor Merw und stehen schon seit geraumer Zeit ruhig auf dem Nebengleise, während der Extrazug des Bahnchefs schon lange fort ist. Den Tag verbringen wir in Merw mit Besorgungen und Besuchen und fahren am Abend in östlicher Richtung nach Bairam-Ali weiter. In Bairam-Ali halten wir uns am 8. und 9. März auf. Der Präparator hat viel Arbeit an der grofsen Menge Fasanen, die der Merwsche Kreischef in liebenswürdiger Weise für mich hatte schiefsen lassen und deren fleischliche Rester uns nachher mehrere wohlschmeckende Mahlzeiten liefern. Auf der Post hat sich eine grofse Anzahl Briefe angesammelt, und mehrere Besuche sind zu machen; beim Direktor der Kaiser- lichen Plantagen und beim örtlichen Polizeipristaw, sodals heute nur kurze Exkursionen unternommen werden; das Wetter Reise nach Zentral-Asien. 537 ist auch besonders schlecht, stürmisch und regnerisch, so dafs draufsen wenig zu machen ist. Sawitzky erbeutet wieder einen Mauerläufer in den Ruinen gegenüber der Poststation. Am 9. III. stellt mir der Direktor der Plantage seine Equipage zur Verfügung, in der wir eine Fahrt nach den mir von früher her wohl bekannten Jussup-Chan-Seeen unternehmen. Dieses Mal begleitet mich mein Präparator Barop, da Sawitzky einen schmerzenden Fuls hat. Auf den denkbar schlechtesten Wegen und gefährlichen Brücken, über die zahlreichen breiten und tiefen Aryks, geht es in raschestem Tempo vorwärts. Der Himmel hat sich aufgeklärt, dabei ist es aber ziemlich kalt, sodafs die Hände frieren. An Stelle der Seen können wir aber nur zu unserer grolsen Enttäuschung ihre trockenen Becken er- kennen, trotzdem werden einige Lachmöwen in der Gegend fliegend beoachtet. Einige Scharen Wüstenhühner ziehen bereits in grofser Höhe vorüber. Am Nachmittag unternehmen wir eine zweite Ausfahrt auf den bewässerten Feldern in östlicher Rich- tung, hier sahen wir eine Unmenge von Enten, einige Möwen und Kormorane, auch einige ziehende Bachstelzen. Die kleinen Sumpf- und Wasserläufer hingegen fehlten vollständig. Der Weg führte zum gröfsten Teile durch die Trümmer des alten Merws, wobei alle Augenblick alte Lehmwände und Mauern sich über den Weg hin erstreckten, sodafs dem Wagen fortwährend die Gefahr droht umzukippen. Mit dem Waggondiener „Michail“ habe ich viel Arger, der Mann ist aufserordentlich faul und hat sich schon zum 2 mal nach Aschabad ausgebeten. Heute früh sollte er zurückkommen, was aber nicht geschah, intermistisch hatte mir der Merwsche Depötchef einen anderen zukommandiert, der heute durch jenen wieder abgelöst werden sollte, nun mulfste ich un- freiwilliger Weise den Anordnungen des Depötchefs zuwider- handeln, da ich den Mann nicht entlassen konnte, umsomehr, als wir im Laufe der nächsten Nacht weiter östlich in die Kara- Kum-Wüste, nach Annenkowo unser Quartier versetzen wollten. Die Kara-Kum Wüste zwischen Merw und Amu-Darja vom 10.—16. III. Annenkowo iO. und 11. III. Der 10. begann mit stillem Wetter bei bedecktem Himmel, doch am nächsten Tage folgte Schneegestöber und stärkere Fröste, sodafs ich mich gründlich erkältete, da die Temperatur im Waggon des Morgens bis auf 8° Reaumur hinunterging, während sie am Abend 4 20° betrug. Dessenungeachtet war die Luft am Fuls- boden der Draufsentemperatur fast gleich. Um weniger gestört zu werden, zog ich mich von nun ab in unser sogenanntes chambre separe zurück, eine Abteilung, die von keinem zu betreten werden brauchte. Am 11. fühlte ich mich bereits so schlecht, dafs ich eine Lungenentzündung befürchten mufste und nahm mir daher vor, mich ein paar Tage gründlich zu schonen, um nicht meiner Expe- Journ. f. Orn. LVI. Jahrg. Oktober 1909. 36 538 Harald Baron Loudon: dition einen vorzeitigen Schlufs zu bereiten. Am 10. hatte ich mich noch eine ganze Strecke weit durch die Wüste geschleppt und dabei manche interessante Beobachtungen gemacht. Ver- schiedene Lerchenarten zogen in kleinen Trupps in geringer Höhe, Buteo ferox sitzt fest auf den Eiern, es befindet sich aber nur ein belegter Horst in der Nachbarschaft, gerade in derselben Gegend, wo ich vor 2 Jahren 5—6 Paare brütend gefunden hatte. Der Saxaulwald ist hier aber auch inzwischen stark gelichtet worden und sind dabei natürlich die gröfseren Bäume gefallen. Sazxicola isabellina ahmt alle möglichen Vogel- und Säuge- tierstimmen nach, was mitunter sehr erheiternd auf den Beob- achter wirken kann, unter anderen konnte ich die Töne folgen- der Tiere erkennen: Meriones, Buteo ferox, Pterocles arenarius und alchata, Galerida, Euspiza obsoleta und dann noch den Ton einer schwach gespannten Drahtseite. Pierocles alchata zieht in Schwärmen hoch und rasch, Lanius hemileucurus ist bisher noch in wenigen Exemplaren vorhanden. Am 11. wird noch ein schöner alter Kormoran, der bei der Station vorüberfliegen wollte, geschossen. Uttsch-Adschi 12. und 13. Ill. Heute hat sich meine Krankheit eher verschlimmert als ge- bessert, weshalb ich auch an diesem Orte meinen Waggon nicht verlassen will, trotzdem es hier viel Interessantes zu beobachten gibt, unter anderem den vielbegehrten Podoces panderi zu erbeuten, auch würde ich gerne die mir von früher her gut bekannten und lieb gewor- denen Höhenzüge der Wüste mit ihren stillen Tälern wiedersehen. In der Nacht ist der Waggondiener Michail aus Aschabad arri- viert und mufs sich, nachdem er eine gründliche Strafpredigt von mir empfangen, an das Kochen der ersten Portion der Hohen- loheschen Konservensuppen machen. Bisher hatte er nämlich niemals Zeit dazu gefunden! Auch meine beiden Mitreisenden wollten nicht viel von dieser Speise wissen, so war es bisher immer hinausgeschoben worden, wenigstens eine Probe hiervon zu machen, nun kam die Suppe zu Mittag auf den Tisch und waren alle in angenehmster Weise überrascht ; damit war auch der Widerstand gebrochen, und wir mufsten schliefslich bedauern, dafs der Vorrat zu Ende ging. Die Zubereitung war für uns die denkbar bequemste, indem mein Aluminiumkochtopf draufsen auf zwei Ziegelsteine gestellt und mit heifsem Wasser gefüllt wurde, brauchte nur das Suppenpulver hineingeschüttet zu werden, dann wurde unten ein kleines Feuer aus Saxaulreisern angemacht und in 10—15 Minuten war die Speise fertig. Sogar Michail war von dieser Abwechselung unseres Speisezettels sehr entzückt, da er sich sonst nur von Brot und Thee nährte, da gerade für ihn Fastenzeit war. Am 13. III. leichter Nachtfrost, am Tage Südwestwind, zum Teil bedeckter Himmel. Ich bin noch immer krank! Was dieses ungewisse Gefühl einer fraglichen Besserung resp. Ver- EEE en er N 2 un Reise nach Zentral-Asien. 539 schlimmerung in meinem Falle zu bedeuten hat und wie schwer es auf das Gemüt wirkt, vermag wohl nur der zu beurteilen, auf dessen Schultern die Last und Verantwortung einer ähnlichen Expedition gelegen hat. Abgesehen hiervon will nichts so recht vom Fleck kommen, trotzdem meine beiden Begleiter sich die gröfste Mühe geben; besonders wenig kann beobachtet werden, da sie die Vogelstimmen nicht kennen. Alles dieses trägt nur dazu bei, mich noch ungeduldiger zu machen. Am Tage vorher hatten sich verschiedene Bewohner der Station zur Begleitung einer weiteren Exkursion angeboten, doch waren die Leute heute teils nicht mehr zu finden, teils zeigten sie sich diesem Unternehmen gänzlich abgeneigt. Derartige Zwischenfälle gehören zu den gewöhnlichsten Epi- soden und bilden durchaus nicht eine Ausnahme. Wort gehalten wird selten und auf die meisten Erzählungen kann man so gut wie gar keinen Wert legen. Sucht man den Menschen auf, um ihn an sein Versprechen zu erinnern, so ist die gewöhnliche Antwort, dafs er nicht hat rechtzeitig kommen können. Auf diese Weise werden obendrein die besten Morgenstunden vertrödelt, und schliefs- lich schaden diese Leute auf der Jagd mehr, als sie nützen. Peski, 14. II. Diese Station hatte ich in früheren Jahren nicht besucht. Der Charakter der Umgebung ist ein wesentlich anderer als der der übrigen Stationen, besonders viel beweglichen Flugsand gibt es hier in allen Richtungen. Sogar Saxaul ist sehr wenig vorhanden, dagegen sind die Dünenkuppen mit verschiedenen anderen Stachel- sträuchern bewachsen, selbst Graswuchs ist hier besonders spärlich. Hier ist das geeigneteste Terrain für Podoces pandert, von denen auch hier mehr als acht Exemplare geschossen wurden. Kleinvögel fehlten in der Wüste fast ganz, dagegen zogen unglaubliche Mengen Pierocles alchata in bedeutenden Höhen. Mein Präparator fand ein Nest mit 7 Eiern von Corvus umbrinus und sah eine Gazella subgutturosa, einen Canis corsac, sowie mehrere Hasen. Während meine beiden Begleiter fort waren, konnte ich es nicht mehr im Waggon aushalten, um so mehr, als ich mich bedeu- tend besser fühlte, so versuchte ich einen kleinen Spaziergang in die nächste Nachbarschaft der Station zu unternehmen. Hier hielt sich eingrolser Schwarm desschönen Wüstensperlings Passer ammodendri auf, der durch meine Schüsse stark dezimiert wurde, sodafs ich mehr gesammelt hatte als meine beiden Begleiter, die von einer weiten Exkursion müde heimkehrten. Noch im Laufe des Nachmittages lasse ich meinen Waggon an den fälligen Postzug hängen und nach Repetek weiter fahren. Repetek 14., 15., 16. II. Wir erreichen Repetek ein paar Stunden vor Sonnen- untergang, so dafs jeder noch eine kurze Exkursion unternehmen 36* 540 Harald Baron Loudon: kann. Hier war auch bedeutend mehr zu beobachten als an den vorhergehenden Orten durch die stärkeren Saxaulbestände. Unter anderem fand ich das reizende Nest einer Scofocerca inquieta mit 5 halberwachsenen Jungvögeln. Die stärkeren Saxaulbestände sind von einer Unmenge Hasen belebt, im Laufe zweier Stunden sah ich vielleicht 15—20 Stück, sie liefen einzeln und paarweise beständig zwischen den hohen Tamarixbüschen umher; dieser Hase scheint überhaupt viel am Tage der Nahrung nachzugehen. Unter den Kleinvögeln beginnt eip merklicher Durchzug nach Nordosten, Blaukehlchen und Rotschwänzchen werden häufig, sogar einen Kampfhahn schiefse ich zwischen den Saxaulsträuchern. Am 15. regnet es fast den ganzen Tag ununterbrochen, sogar grolse Schneeflocken fallen. Niemand von uns wagt sich an diesem Tage weit hinaus, besonders da auch viel Arbeit vorliegt; blofs eine Schar Kormorane und weilse Bachstelzen werden ziehend gesehen, sowie 2 Stare, die sich bei hereinbrechender Dämmerung in einen leeren Güterwagen zur Nacht zurückziehen. Am 16. hat sich das Wetter wieder aufgeklärt und werden weitere Exkursionen unternommen. Sylvia minuscula ist ange- kommen, auch eine Otomela isabellina und Anthus ratensis werden erbeutet. Zwei Lachmöwen werden nach Nordosten ziehend be- obachtet, mehrere grofse Schwärme Saxaulsperlinge halten sich in der Gegend auf. In der kommenden Nacht siedeln wir bereits auf bucharisches Gebiet über. Durch Buchara 17. IIIL.—24. II. Den 17. III. verbringen wir in Tdschardschui, einer halb russischen, halb sartischen Stadt auf dem linken Ufer des Amu- Darja, denn dieses ist vorläufig die bequemste Eisenbahnstation, welche es übernimmt, Frachtgut direkt bis zu meiner Heimat zu befördern. Es haben sich inzwischen auch so viel Vogelbälge und verschiedene andere Gegenstände angesammelt, dafs wir schliefslich selbst nicht gut mehr im Waggon Platz finden. Da jetzt endlich der Winter seinen Abschied zu nehmen scheint, werden auch die überflüssig gewordenen Winterkleider mit expediert. Das Einpacken erfordert besondere Geschicklichkeit in dem be- schränkten Raume des Waggonkorridors, zu guterletzt mufsten noch einige Besorgungen gemacht und einige Kommandierende der russischen Truppen aufgesucht werden, um die Jagderlaubnis für die bucharischen Stationen zu erlangen. In dem Komman- dierenden fand ich einen liebenswürdigen Landsmann, Herrn von Petersen, der mein Unternehmen in jeder Beziehung zu unter- stützen suchte. Der Herr batte auch viel Liebhaberei für Jagd und lebende Vögel; unter anderem sah ich in seinem Garten zwei halb- zahme Hähne von Phasianus zarudnyi, während auf den dichtästigen Obstbäumen seines kleinen Gartens eine Menge Lachtauben, (Peris- tera cambayensis) lebten, die eigentlich mehr einen zahmen, als Reise nach Zentral-Asien. 541 wilden Eindruck machten, da sie auf wenige Armeslängen sitzen blieben. Originell ist das Verbreitungsgebiet dieser Tauben nach Westen hin, indem letztere Art westlich von diesem Orte nur ausnahmsweise angetroffen wird, während sie von hier nach Osten in grofser Menge und immer nur bei den menschlichen Wohnungen vorkommt. Am heutigen Tage ziehen besonders viel Nebel- und Saatkrähen. Bis 6 Uhr abends sind alle Geschäfte erledigt und im Waggon wieder Raum für neue Gegenstände geschaffen. Bei hereinbrechender Dämmerung bringt uns ein Zug über die längste Eisenbahnbrücke der Welt, die Amu-Darja Brücke, nach der Station Farab, welche etwa 2-3 Kilometer vom Flusse entfernt auf dem rechten Ufer liegt. Barab,. 18; Il. An diesem Tage herrscht wieder Ostwind und kaltes Wetter. Peristera cambayensis ist hier die interessanteste Art, da wir bisher nicht Gelegenheit hatten, diese Lachtaube zu sammeln. Ein hiesiger Buchare hält zwei zahme Asiur palumbarius, die zur Jagd abgerichtet sind. Ziehend werden beobachtet verschiedene Bachstelzen, darunter die grolse M.personata, 2 Phusianus zarudnyi (Buturl.) wurden gesehen, konnten aber nicht geschossen werden. In den alleeartig bepflanzten Böschungen des Eisenbahndammes fanden wir Ruticilla erythronota und rufiventris, auch Otomela isabellina beginnt häufiger zu werden, während eine Schar Pe- lecanus minor sich auf dem Flusse aufhält, von denen mir 3 Exem- plare von einem russischen Jäger übergeben wurden. Derselbe verstand auch zu präparieren und hatte in seinem kleinen Zimmer an interessanteren Vögeln eine Schneeeule und 2 Phasianus zeraf- schanicus, der hier in ziemlicher Nähe des Amu-Darja vorkommt. Chodscha-Dawlet, 19. II. Diese Station liegt mitten in unfruchtbarer Sandwüste, in der Nähe des Endverlaufes des Sarafschan. Der heutige Wind artet um die Mittagzeit in einen Sturm aus, der die ganze Atmosphäre mit Sand erfüllt. Der ausgetretene Sarafschan hat sein über- flüssiges Wasser in die Wüste ergossen, wodurch sich hier eben grolse Seen gebildet haben. Wegen des schlechten Wetters ist so gut wie nichts zu beobachten, alle Vögel halten sich versteckt, aufser einigen Nebelkrähen, einem Turmfalken, Eurythrospiza obso- leta und einem Schwarm Pieroeles sewerzowi wird nichts gesehen. Schon am Nachmittage desselben Tages fahren wir nach Karakul in östlicher Richtung weiter. Die zu durchfahrende Strecke führt zum Teil durch ödeste Salz- und Sandwüste, zum Teil durch bebautes und dicht bevölkertes Kulturland, welches vom Saraf- schan bewässert wird. In Karakul sollte es viele Phasiunus zeraf- schanicus geben, doch konnte ich keinen einzigen entdecken, trotz- dem ich mindesten 10 Kilometer die dünnen Tamarisken des Saraf- schanufers abgesucht hatte. Sawitzky war unterdessen glücklicher 542 Harald Baron Loudon: gewesen, er hatte die nähere Umgebung der Station abgesucht und dabei einige interessante Kleinvögel gesammelt, wobei er in ernsthafte Auseinandersetzungen mit den örtlichen Bucharen geriet, die ihn nicht an ihren Wohnungen hatten passieren lassen wollen. Neu-Buchara 20. III. Hier galt es hauptsächlich, beim russischen politischen Agen- ten, Herrn Lutsch, einen Besuch zu machen und die weitere Jagd- erlaubnis für Buchara zu erwirken, ‚, sowie hauptsächlich einen offiziellen Begleiter für die noch in Aussicht genommenen Exkursionspunkte auf bucharischen: Gebiete zu erhalten. Der Herr erwies sich meinen Zwecken blofs in den allernotwendigsten. Angelegenheiten entgegenkommend. Da ich die Absicht hatte, uns allen einen Ruhetag zu gönnen und während dieser Zeit meinen Begleitern Gelegenheit geben wollte, das interessante alte Buchara kennen zu lernen, bat ich unter anderem Herrn Lutsch, uns zu ermöglichen, das Innere einer sartischen Wohnung kennen zu lernen, doch wurde mir diese Bitte rundweg abgeschlagen. Nachdem diese Angelegenheiten endlich glücklich erledigt waren, brachte uns einer der hier viel verkehrenden Passagierzüge auf der vom Emir erbauten Zweigbahn nach Alt-Buchara. Alt-Buchara. Nach einer Fahrt von 25 Minuten, während der wir durch einen der fruchtbarsten und belebtesten Teile Bucharas kamen, den man eigentlich als einen einzigen grolsen Garten bezeichnen kann, gelangten wir noch am frühen Nachmittag auf der Station Alt-Buchara an. Die Station liegt hart vor den Toren der Stadt, hier sollte uns der Führer erwarten, den Herr Lutsch für mich bestimmt hatte, doch da der Mann auf der Station nicht zu finden war, mufste vom nächsten russischen Exportgeschäft nach ir: an den russischen politischen Agenten telephoniert werden. Wie wenig die moderne Einrichtung zu der alten Stadt palst, kann nur derjenige beurteilen, welcher hier gewesen ist; denn Alt-Buchara hat seinen orientalischen Charakter in jeder Beziehung bewahrt. Sofort wurden denn auch die diesbezüglichen Dispositionen getroffen, sodafs ich auf dem Rückwege zum Bahn- hofe den Führer, einen vornehmen Sarten zu Pferde, bereits vorfand. Der Rest des Tages, sollte noch so viel wie möglich durch Besichtigung der Stadt ausgenutzt werden. Wir besuchten zuerst die Bazare, da hier infolge der überdachten Strafsen die Dunkelheitfrüher eintritt. Dort konnte man originell gefärbte Seiden- stoffe, alte Münzen und verschiedene interessante Gegenstände bucharischer Arbeit für wenig Geld kaufen. Dann besichtigen wir die gröfseren Medressen und Moscheen, den indischen „Sarai“ [ein Hof, der von einer Anzahl Hindus bewohnt wird], den Turm des Todes u. s. w. Auch eine ganze Menge Photographieen DE u u Be Reise nach Zentral-Asien. 543 wurden aufgenommen; unwillkürlich werden alle Einzelheiten, wie ich vor 7 Jahren hier umherwanderte, wieder in mir wach. Auch befiederte Bewohner gibt es eine ganze Anzahl in der alten Stadt. FPeristera cambayensis ist überall gemein, besonders auf den grofsen Maulbeerbäumen an den Wasserzisternen. Ciconia agreth brütet bereits; auf fast allen höheren Türmen und Minarets befinden sich Storchnester, Cypselus melba kreist am Abend in ziemlicher Höhe, eine lärmende Schar Saatkrähen hat sich in einer Kolonie auf den Pyramidenpappeln eines Gartens angesiedelt. Auf der teichartigen Zisterne in der Mitte der Stadt, bei der Labichaus Moschee, schwimmt ein Pärchen Fuligula ferina, die Enten kümmern sich garnicht um die vielen umher- wandernden Menschen, das Männchen hat sich sogar einem Schlummer hingegeben, während das Weibchen beständig mit Tauchen beschäftigt ist. Die Sarten sind grofse Liebhaber von Käfigvögeln, fast vor jedem Kaufgeschäft oder Theehause hängen ein oder mehrere Käfige. Besonders beliebt sind Schlagwachteln, deren Lockruf beständig von allen Seiten zu hören ist; ferner sah ich Hafiz- Nachtigallen, Kalander-Lerchen, Stieglitze, Steinhühner und einige Acridotheres tristis (letztere steht bei den Bucharen in sehr hohem Preis und wird durch Karawanen aus Indien eingeführt), sogar einen Kanarienvogel entdeckte ich. Bei untergehender Sonne kehrte eine ganze Reiterkavalkade, von der Falkenjagd heim; 6 Beizvögel, fast alles Astur palumbarius, konnte ich zählen. Inzwischen hat sich zu uns noch ein buchariser Offizier, „Karaul-Begi“, gesellt, den der „Kusch-Begi“, Minister des Emiren, mir zukommandiert hatte. Dieser Mann sollte mich auf meiner ganzen weiteren Reise durch bucharisches Gebiet begleiten, da er aber kein Russisch verstand, hatte ihm Herr Lutsch noch einen Dolmetscher hinzufügt [auch ein Sarte], der sich als weitgereister Mann erwies, er war in Peking und sogar in Paris gewesen. Am 21. III. bereits um 7 Uhr früh erscheint Karaul-Begi mit dem weitgereisten Dolmetscher „Jadgar-Mirza-Chaliu‘; letzteren schicke ich an das Telephon, um den politischen Agenten um Erlaubnis zu bitten, den Palast des Emiren in Scherbudin zu besuchen, denn gerade in der Nähe dieses Palastes finden eben die für Buchara so charakteristischen Osterfestspiele und allerhand Belustigungen statt, die fast die ganze Einwohnerschaft dahinlocken. Die Erlaubnis erfolgt auch umgehend, wovon auch der dortige Kusch-Begi in Kenntnis gesetzt wird. Um 9 Uhr bringt uns eine Fuhrmannskalesche mit einem buntfarbigen Sarten auf dem Bock nach dem wenigen Kilometer entfernten Orte. Die Strafse ist dicht gedrängt voller Menschen, Kamele, Pferde und Esel, sodafs man meist nur Schritt fahren kann, Bettler und Leprakranke sitzen hier und dort an der Strafse; ein aulserordentlich buntes und 544 Harald Baron Loudon: abwechslungsreiches Bild bieten die buntgekleideten, nach beiden Seiten hin drängenden Sarten. Je näher wir nach Scher-Budin kommen, desto dichter werden die Menschenmassen, Reiter und Equipagen. Hier sind eine Unmenge Zelte aufgeschlagen und Buden erbaut worden. Auf mehreren freien Plätzen werden Spiele vorgeführt; hauptsächlich Ringkämpfe und Tänze, denen dichtgedrängte Reihen auf der Erde hockender Sarten zu- schauen. Unter einem verandenartigen Gebäude sieht der Kusch- Begi gleichfalls diesen Spielen zu und läfst uns ebenfalls einladen, diese von dort anzusehen, dann wurde das Emirenschlofs in Augenschein genommen, wo in den unbewohnten Räumen eine eisige Grabesluft herrscht, was einen um so grölseren Kontrast bildet, da es draufsen beinahe heifs ist. Hohe überbunt bemalte Räume reihen sich aneinander, alle Augenblicke mufs wieder ein Hof passiert werden, um in einen anderen Flügel des Gebäudes zu gelangen. Je weiter wir kommen, desto gröfser und bunter werden die Säle und die Teppiche, im letzten Saal besahen wir den vergoldeten Thronsessel, welcher auf einem Teppiche von enormen Dimensionen stand. Unterdessen war uns bier ein opulentes Frühstück serviert worden, bestehend aus Schafs- karbonaden von ausgezeichnetem Fleisch, und Thee, sowie eine Unmenge Konfekt bucharischer Provenienz und Kirschsaft. Nachdem wir unseren Hunger gestillt, begab ich mich zum Minister, um mich zu bedanken und zu verabschieden. Nun wurden noch die verschiedenen Buden an dem Spielplatz in Augenschein genommen und unter anderen Merkwürdigkeiten sogar ein deutscher Zirkus entdeckt. Auf der Rückfahrt drängen wir uns mit Mühe bis in das Zentrum Alt-Bucharas durch, das Gewühl auf den Stralsen ist noch gröfser geworden als am Morgen. Der Registan [die Burg des Emiren] wird besehen, dann das Gefängnis, wo eine gerade- zu gräfsliche Atmosphäre herrscht, da die Gefangenen hier dicht gedrängt in einem halbdunklen Raume nebeneinander hocken. Auf dem Bazar ist eben so gut wie nichts zu sehen, weil sämtliche Geschäfte geschlossen sind, da alles nach Scherbudin gezogen ist. Bald sind wir wieder in unserem Waggon, der gleich an einen Zug gehängt wird, und sofort beginnt die Fahrt über Neu- Buchara und Siadin; unterwegs sehen wir viele überschwemmte Felder, auf denen sich viele wilde Enten in Massen und sogar Schwäne aufhalten. Auf dem sumpfigen Boden spazieren Himantopus candi- dus und Ardea alba, die Luft ist von Lachmöwen etc. belebt. Die Strecke, die wir durchfahren, führt auch zum Teil durch tote Lehm- und Sandsteppen. Kermine 22. II. Trotzdem wir spät abends gestern hier eintrafen, hat unser Karaul-Begi doch Zeit gehabt eine „Arba“ [zweiräderiger Wagen, we ANTENNEN De u EEE EEE NEN u ENTER Reise nach Zentral-Asien. 545 dessen Räderdurchmesser 6 Fuf[s und mehr beträgt] zu verschaffen, die uns an das Ufer des Sarafschan bringen soll. Die Station liegt auf salziger Lehmsteppe, etwa 5 Kilometer südlich vom Kulturstreifen des Sarafschan, dessen Gärten von hier gesehen einem Walde gleichen. Bei dem klaren Wetter erscheint das schneebedeckte Gebirge im Norden ganz nah. Südlich beginnen auf etwa 3 Kilometer wellenförmige Erhebungen, die Vorberge des turkestanischen Gebirgszuges. Mein Präparator, der dorthin gegan- gen war, hatte mehrere Gänse und Aasgeier an einem gefallenen Schaf gesehen. Der örtliche Beg begleitete mich und Sawitzky während unserer Tour zum Sarafschan reitend, während wir auf dem zweiräderigen Karren über beträchtliche Aryks und Lehmwälle balancierten. Um eine grolse Ruine kreisten Scharen von Seglern, und aufden bewässerten Feldern gab es unter anderen vielen Kolben- enten, in den Gärten überall die schönen asiatischen Arten der Stare und schwarzkehlige Drosselu. Den Haussperling suchte ich hier vergebens, nur sein Vetter, der Feldsperling, war allenthalben gemein. Als sich nun auch der Hunger meldete, hatte der Beg gerade zur rechten Zeit ein Frühstück auf einem Teppich serviert, das aus Thee und Tschureks [sartisches Weilsbrod] bestand, auch Sülsig- keiten verschiedener Art waren nicht vergessen worden, dann, nachdem man sich gestärkt, ging es allmählich heimwärts; die Sonne entwickelte eine bedeutende Wärme. Auf der Lehmsteppe ent- deckten wir eine Schlange, die wir gerne mitgenommen hätten, sie verfolgte mich offenbar unabsichtlicherweise ein ganzes Stück mit grofser Geschwindigkeit, bis ein wohlgezielter Schufs ihrem Leben ein Ende machte. Während der Nacht fahren wir eine Station weiter östlich nach Siadin. Siadin, 23. und 24. Ill. Der Sommer scheint jetzt endlich kommen zu wollen, um Mittagszeit haben wir bereits 22° Reaumur im Waggon. Schon um 7 Uhr morgens ist unser Karaul-Begi mit einer Arba erschienen und hat auch den örtlichen Beg-Chan mitgenommen, zugleich auch 100 Hühnereier besorgt, da unsere Speisevorräte zur Neige gingen. Hier sollte es sehr viele Phasianus zeraf- schanicus geben, weshalb ich gleich die Gelegenheit benutzte und den Beg-Chan bat, mir einige Exemplare zu besorgen. Die Gegend gleicht fast vollständig der von Kermine, doch befindet sich hier die Station in unmittelbarer Nähe des Kulturstreifens des Saraf- schan. Wir müssen aber, um zum Flusse zu gelangen, mehrere Kilometer auf schmalen Wegen und über noch schmälere Brücken zurücklegen, auch balancieren wir mit der Arba über bedenklich hohe Lehmwälle und Aryks. Die Aryks sind alleenartig mit Weiden bepflanzt, auf denen überall Stare und verschiedene Steinvögel anzutreffen sind. Auf den bewässerten Feldern halten sich ziemliche Mengen verschiedener weilser und gelber Bachstelzen auf, doch wird die schöne M. citreola nur in wenigen Exemplaren 946 Harald Baron Loudon: bemerkt. In den sartischen Kischlaks [Gehöften] sind Lachtauben in Mengen. Der Sarafschan hat hier ein steiles Lehmufer von 100 und mehr Fufs, zerissene Wände und Schluchten, auch höhlenartige Gänge sind hier vom Regenwasser vielfach ausgerissen und unter- miniert worden, so dals es stellenweise gefährlich ist, darauf umherzugehen. Hier sah ich mehrere Pärchen der schönen seltenen Sazxicola opistholeuca, jedes hatte seinen bestimmten Bezirk und war offenbar mit dem Bau ihrer Nester beschäftigt. Der häufigste Steinschmätzer hier ist aber Sazxicola leucomela, sogar ein Bubo turcomanus wurde in den Schluchten der Steil- wände aufgescheucht. Columba lwvia fera ist hier ebenfalls sehr zahlreich anzutreffen. Auf unzugänglichen, isolierten Steilabstürzen haben sich stellenweise ganze Kolonien Störche angesiedelt, das Nestmaterial ist bei manchen meterhoch aufgeschichtet, sie machen von ferne gesehen insofern einen sehr originellen Eindruck, als sie gleichsam auf ebener Erde zu stehen scheinen und trotz- dem vollkommen unzugänglich sind; bei einigen kann man aber auch in die Nester hineinsehen. Vom Rande des Steilufers übersieht man das 1—2 Kilometer breite Tal bis Sarafschan, eine wiesenartige, stellenweise mit Rohr bestandene Ebene, in der sich der Flufs hin und herwindet. Hier gab es alle möglichen Sumpf- und Wasservögel, während verschiedene Repräsentanten der Familie Circus beständig hin und herkreisen. Hier auf dem hohen Ufer, bei prachtvoller Aussicht, im warmen Sonnenscheine, hat unser Karaul-Begi wieder ein Frühstück ähnlich dem vorhergehenden zusammen- gebracht, als wir mit reicher Beute beladen zu unserer Arba zurückehrten. Auf der Steppe bei der Station zogen noch grofse Scharen Calandrella brachydactyla und ein Schwarm Motacilla personata. Drückende Schwüle herrscht bereits am Abend im Waggon, trotz- dem auf der Schattenseite die meisten Fenster offen stehen; das Lüften hilft im ganzen wenig, da die Wände durchglüht sind und erst am Morgen abkühlen, sodals die Temperatur dann recht niedrig erscheint. Totmüde legen wir uns jeden Abend spät zur Ruhe und stehen meist schon vor 6 Uhr morgens auf, gewöhnlich mit noch ziemlicher Schwere in den Gliedern. Am 24. III. ist unser Karaul-Begi, „Mirsa-Nast-Edin“, bereits wieder um 7 Uhr morgens mit einer Arba vorgefahren, der Beg-Chan ist ebenfalls erschienen, um uns zu begleiten, der Chalat des Letzteren [schlafrockartiger Mantel] zeichnet sich durch besonders geschmackvolle Farbenzusammenstellung aus, der Stofl ist, wie gewöhnlich, aus Seide,blau, rot, grün, gelb und violett breit ge- streift, erreitetein schönes Pferd und macht mit seinem würdigen Aus- sehen einen sehr angenehmen Eindruck. Wir begeben uns wieder an den Sarafschan und zwar hatte ich dieses Mal eine andere Stelle be- stimmt. Unser Weg führt uns wieder über den Bazar von Siadin, der Reise nach Zentral-Asien. 547 aber noch wenig geöffnete Buden hat, da es noch früh am Tage ist. Die Strafse, die wir heute zurücklegen, ist ganz besonders schlecht, es müssen viele brückenlose Aryks durchfahren werden, auch passieren wir bäufig so schief abfallende Stellen, dafs die Karre fast kippt. Das Wetter ist aber ganz besonders schön und viel Vogelleben, eine Menge Schwalben sind angekommen und ziehen in östlicher Richtung, darunter in bedeutendem Prozentsatz die von mir beschriebene Hirundu sawitekii. Unterwegs begegnet uns ein sartischer Jäger, welcher einen ganzen Haufen frisch erbeuteter Enten und Wasserhühner zum Bazar trägt. Wir betreten das Sarafschanufer auf einer ganz besonders interessanten Stelle, hier gehen die Steilschluchten sehr weit ins Land hinein und bilden bizarre isolierte Felsen, Wände, Höhlen, Löcher und Gewölbe, sodafs man nur mit grofser Vorsicht umher- gehen kann. Karaul-Begi, der sich für uns verantwortlich fühlt, ruft beständig: „Jamän türa‘“‘ [schlecht Herr]. Die Vogelwelt war hier ungefähr dieselbe wie am vorhergehenden Tage, nur Störche waren besonders zahlreich, auch ein Gänsegeier Kreiste hoch in der Luft. Die nächten Kischlak-Bewohner [Dorfbewohner] hatten sich inzwischen bei unserer Arba versammelt, um uns neugierig zu betrachen, sie brachten uns einen ganzen Haufen Tschurreks [sartisches Brod] zum Geschenk. Der Beg-Chan hatte uns heute zu einem „Dastarchan‘“ [Gastmahl] eingeladen und da es schon recht spät geworden ist, beeilen wir uns, so schnell wie möglich den schlechten Weg zurückzulegen. Karaul-Begi wird vorausgesandt, um uns anzumelden; ich mufs sagen, dals wir mit ziemlich gemischten Gefühlen dieser Einladung nachkamen, denn jede Speise, ja sogar fast jeder Gegenstand, den ein Sarte in Händen gehabt hat, duftet intensiv nach dem Fett der hiesigen Fettschwanzschafe; anderseits ist es interessant genug, ein orien- talisches Gastmahl mitzumachen. Endlich langen wir glücklich in der „Chama“, Wohnung des Beg-Chan, an. Die gröfste Stube ist sauber zu unserem Empfang hergerichtet, die Diele mit Teppichen bedeckt, und auf dem sauber gedeckten Tische prangt eine Portion des landesüblichen „Plow“, die für mindestens 10 Personen genügt hätte, aulserdem gab es ein ganzes Dutzend anderer Sachen und Süfsigkeiten, dann Brot, Eier und Thee, und da der Hunger ziemlich bedeutend ist, wird allen Speisen wacker zugesprochen. Unsere Befürchtungen waren überflüssig, alle Speisen waren tadellos zubereitet und sogar der unvermeidliche Schafgeschmack kaum bemerkbar. Zu meiner grofsen Freude überreichte mir der Beg-Chan 4 prächtige Hähne Phasianus zerafschanicus, die auf seinen Befehl mit Falken gefangen worden waren. Zwei prachtvolle Rapp-Hengste, dem Emiren gehörig, standen auf seinem Hofe und wurden photographiert. Dann gingen wir auf den Bazar, um notwendigen Vorrat für unsere eigen Küche einzukaufen; hier konnte man sich jetzt kaum durchdrängen, da die neugierigen Sarten um uns geradezu einen 548 Harald Baron Loudon: Auflauf bildeten. Unter grofsen Schwierigkeiten fuhren wir dann in der Arba zur Station, da der grofse Einkauf an Hühnereiern, des unglaublich schlechten Weges wegen, in der Luft balanciert werden mulste. Den Abend benutzte ich zu einer Exkursion nach Süden hin auf die Lehmflächen, wo sich sehr bald die Vorberge des turkestanischen Vorgebirges erheben, doch sah ich hier aufser 2hoch- kreisenden Vultur monachus keine bemerkenswerteren Vögel. Da- gegen waren grolse, schwarze Käfer in Mengen erschienen und krochen langsam auf dem harten Boden umher, auch ein halbes Dutzend geckoartiger Eidechsen brachte ich mit nach Hause. Hier angelangt, bat ich den Stationschef, uns während der Nacht nach Samarkand weiter zu befördern. Samarkand—Hungersteppe. Taschkent. 25.—31. Ill. Nachdem wir die ganze Nacht gefahren sind, langen wir bei Sonnenaufgang am 25. Ill. in Samarkand an. Hier galt es als Erstes, dem äufseren Menschen nach Möglichkeit wieder ein europäisches Aussehen zu verschaffen. Durch beispiellosen Staub werden die 4 Kilometer bis zur Stadt zurückgelegt. Schöne Alleen, Pyramidenpappeln und fliefsende Aryks begleiten den Weg zu beiden Seiten. Überhaupt zeichnet sich das europäische Viertel Samarkands durch besonders üppig wachsende Bäume aus. In der Stadt sind Sarten gerade damit beschäftigt, die Stralsen mit Wasser zu besprengen, welches sie aus den Aryks schöpfen. Der Vormittag wird dazu verwandt, um die Sehenswürdigkeiten des europäischen Viertels in Augenschein zu nehmen, zu photographieren und speziell das Grab Tamerlans zu besuchen. Vom Gouver- neur erwirkte ich mir einen „Dschigitt‘“ [berittener Polizist], der uns den Nachmittag über den asiatischen Teil der Stadt zeigen und erklären sollte. Inzwischen sind wir zu Mittag zu einem bekannten deutschen Kaufmann, Herrn Salm, geladen, der uns ein unerwartetes Diner vorsetzt, das nach der langen Eier- kur und den vielen Sardinen doppelt schön mundet. In der sartischen Stadt sind besonders die kolossalen Bauten aus der Mongolenzeit zu bewundern; auch dem Bazar wird einige Zeit gewidmet, da sich hier die letzte Gelegenheit bietet, originelle sartische Gegenstände zu kaufen. Spät abends fahren wir weiter nach Osten und haben dieses Mal ein grofses Stück Weg zurück- zulegen, sodafs bei Sonnenaufgang erst Tschernjajewo erreicht ist, wo sich die Linie nach Taschkent abzweigt. Hier breitet sich nach Norden und Westen unübersehbare Steppe aus, während sich im Süden in einer Entfernung von etwa 50 Kilometern die imposante turkestanische Gebirgskette mit ihren schneebedeckten Höhen erhebt. Da sich nicht sogleich Anschlufs nach der taschkenter Richtung findet, unternehmen wir eine kurze Exkursion in die nächste Umgebung. Reise nach Zentral-Asıen. 549 Grofse Mengen von Kranichen, Grus cinerea und virgo, sind auf dem Zuge und spazieren in grofsen Trupps auf der Steppe umher. Möwen und Brachschwalben kreisen über den Wasser- lachen, und verschiedene Lerchen ziehen in grofsen und kleinen Schwärmen. Um 2 Uhr werden wir weiter befördert. Hin und wieder sieht man schon Jurten [runde Zelte] der Kirgisen und riesige Schafherden. Um 4 Uhr nachmittags des 26. III. langen wir endlich auf der Station „Hungersteppe“ an. Hungersteppe 26—28. Ill. Da es noch früh am Tage war, hatten wir noch Zeit, die Umgebung der Station kennen zu lernen, um unsere Pläne für die nächsten 2 Tage zu schmieden. Ringsumher liegt ebene flache Steppe, im Osten und Süden kann man noch deutlich die hohen Gebirgszüge sehen. Etwa 1, Kilometer von der Station entfernt fliefst ein grofser Aryk [Kanal Kaiser Nikolai des I.] aus dem Syr-Darja und bewässert die ganze Gegend, speziell die Versuchsstation des Ministeriums der Landwirtschaft und viele Felder der Eingeborenen. Hier am Ufer des Kanals befindet sich auch ein künstlich angepflanztes Wäldchen, dessen Bäume bereits 20—30 Fuls Höhe ereicht haben. Dieses Wäldchen sollte eine ideale Stelle zu Sammeln und Beobachten für uns werden. Die Vögel finden hier gleichsam eine Oase in der endlosen Hunger- steppe, wo besonders die Raubvögel mit Vorliebe nächtigen; auch verschiedene Sänger und andre Arten belebten die dichten dornigen Zweige. An diesem Tage zogen 2 grofse Scharen Lachmöwen und grolseSchwärme Pterocles alchata, mehrere schwarzkehlige Flüevögel wurden gleichfalls im Gebüsch des Wäldchens gesehen und gesammelt. Am 27. III. herrschte rauher Nord-West bei bewölktem Himmel. Sawitzky und ich widmeten uns den ganzen Vormittag dem oben erwähnten Wäldchen, hier wurde unter anderem ein interessanter mittelgrofser Falk mit weilsen Tropflecken auf dem Rücken mehrmals gesehen und beschossen. Leider gelang es uns aber nicht, diesen mir unbekannten und daher doppelt interessanten Vogel zu erbeuten. Verschiedene Weihen kreisten überall in grofser Menge umher; unter anderen Raubvögeln wurde auch ein Zwergadler erbeutet. Am Nachmittage unternahmen wir eine Fahrt von 8—12 Kilometern in westlicher Richtung in die Steppe hinaus, wo Seen vom Hochwasser liegen sollten; anfangs hatten wir noch gewissermafsen einen Weg, der verfolgt werden konnte, später ging es querfeldein, da sich hier kaum ein nennenswertes Hindernis bietet. Natürlich war es auf der glatten Steppe viel schöner zu fahren als auf dem sogenannten Wege und den gepflügten Feldern. Von den Seen fanden wir aber nur noch die ausgetrockneten Betten, über denen Möwen und Seeschwalben nach Wasser suchend kreisten. Überall laufen paarweise Grofs- und Kragentrappen umher, sind aber sehr scheu, sodafs wir kaum näher als einen halben Kilometer an sie herankommen können. 550 Harald Baron Loudon: An eine kleine Schar Zwergtrappen konnte ich mich heranbirschen und ein Weibchen erlegen. Geradezu unglaublich ist die grofse Zahl der Raubvögel, die überall teils auf der Erde hocken und teils umherfliegen, meistens sind es verschiedene Adler, die sogar unsere Equipage auf Schuflsnähe heranfahren lassen, unter ihnen war wohl Aguila nipalensis(?) die häufigste Art. Grofse Scharen Jungfernkraniche spazieren überall umher und lassen uns oft auf 80 Schritt heran, werden aber vergeblich beschossen. Unterwegs trafen wir verschiedene grofse Schafherden, die nach tausenden Individuen zählten. Hier lagen auch die verwesten Kadaver von im Winter gefallenen Schafen und Kamelen, auf denen sich besonders viele Raubvögel, speziell Weihen und Milane ansammelten. An Kleinvögeln wurden nur einige Blaukehlchen, Steinschmätzer und grofse Scharen verschiedener Lerchen gesehen. Zufällig fuhren wir an einigen Winterwohnungen der Kirgisen vorüber, ihre Bewohner waren vielleicht schon seit Wochen auf die Weide gezogen, nur eine miauende Katze hatte den Platz noch nicht verlassen und bekam von S. einen Schufs groben Schrotes auf den Pelz. Am Abend flogen wieder grofse Scharen Wüsten- hühner. Ziehend wurden in der Dämmerung bemerkt 2 Exemplare Chettusia graegaria und eine Schar Sumpfohreulen, letztere hatten sich auf ein grünendes Luzernenfeld niedergelassen. Lange nach Sonnenuntergang erreichten wir endlich, gründlich durch- gerüttelt, unseren Waggon. Am 28. zogen besonders viele Kleinvögel, Blaukehlchen, Laubsänger und Würger. Am Nach- mittag erbeutete ich einen Jungfernkranich; auf den frischge- ackerten Feldern gab es Unmassen gelber Bachstelzen. Aus dem Wäldchen brachten wir Astur cenchröides, Naumannsfalken, Steppen- bussarde und Corvus orientalis; wundervoll war der windstille Abend, es sangen zahllose Cicaden und Legionen kleiner Frösche; bis spät in die Dunkelheit hatten wir uns im Wäldchen auf Raub- vögel angesetzt und kamen häufig genug zu Schuls. Um Mitter- nacht bringt uns ein Warenzug nach Taschkent. Taschkent 29. IL. Vor allem wollte ich hier meinen altbewährten Drilling reparieren lassen, dessen Extraktor zerbrochen und damit mein bestes Gewehr aufser Tätigkeit gesetzt worden war. Es gelang wohl, einen Meister in Gestalt eines Artilleriemonteurs zu entdecken, doch hielt der Mann nicht Wort und liefs mich schliefs- lich ganz im Stich, so mufste ich den Gedanken endgültig auf- geben, meinen geliebten Drilling noch auf dieser Reise benutzen zu können. Inzwischen war die Zeit schon so weit vorgerückt, dafs ich dem Generalgouverneur von Turkestan meine Visite machen konnte. Seine Exzellenz empfing S. und mich in liebens- würdigster Weise und behielt uns zum Frühstück dort, während welcher Zeit die lebhafteste Unterhaltung teils in deutscher, teils in russischer Sprache geführt wurde. Die inzwischen sehr nötig Reise nach Zentral-Asien. 551 gewordene Generalkarte von Turkestan wurde mir auf Befehl seiner Exzellenz in zwei Exemplaren liebenswürdigst überreicht; auch alle weiteren erforderlichen Papiere wurden ausgefertigt und mir in den Waggon gesandt. Ein zweiter Besuch galt dem Vize- präses der turkestanischen Abteilung der kaiserlich russischen geographischen Gesellschaft Herrn B. F. Oschanin, hier traf ich zufällig den gleichfalls abkommandierten Naturforscher Herrn Jakobson, der hauptsächlich die Termitenartigen Ameisen in der Hungersteppe untersuchen sollte. Die Stadt bietet neben Orientalischem sehr viel Europäisches, sodafs man sich beinahe in eine Stadt des europäischen Rulslands versetzt glaubt. Der Abendzug bringt uns wieder südlich, bis an die Ufer der Tschirtschik. Wrewskaja 30. II. Kräftig von der Bahn durchgerüttelt, langten wir noch vor Mitternacht hier an. Einen halben Kilometer östlich fliefst der Tschirtschik in viele flache Arme geteilt, reilsend dem Syr-Darja. zu. Auch hier sind stellenweise Steilufer, die von wilden Tauben, Dohlen und Störchen bewohnt werden.. Im spärlichen Tamarix des Flufswaldes sollten noch viele Fasanen sich aufhalten, doch gelang es uns nur, einen weiblichen Phasianus mongolicus tur- kestanicus zu erbeuten. Die örtlichen Jäger erzählten, dafs die Kirgisen, den kalten Winter benutzend, eine Unmenge dieser Vögel getötet und gefangen hätten, wobei der Preis pro Ex- emplar auf 20--30 Kopeken herabgegangen war. An Wasser- und Sumpfwild war kaum etwas Nennenswertes auf dem Flusse. Die übrige Gegend ist wellenförmige Steppe, auf der zerstreut hin und wieder Kischlaks und Jurten liegen, in deren Umgebung immer viel Bäume angepflanzt sind, auf denen ich hier zum ersten Male mit Picus leptorhynchus bekannt wurde; hier führt auch die alte Poststrafse von Samarkand nach Taschkent, die beider- seitig mit alten Pyrimadenpappeln bepflanzt ist. An diesem Tage gelang es mir, ein schönes Albino von Turdus atrogularıs zu er- beuten. Interessant wird hier besonders die Verbreitung des Haus- sperlings, von dem nur wenige Exemplare in Taschkent gesehen wurden, während wir hier keinen einzigen entdecken konnten; hingegen ist der Feldsperling allenthalben sehr gemein, mit ihm wohnt Peristera cambayensis, die hier gleichfalls sehr häufig ist, in der Nähe der menschlichen Wohnungen. Am Abend verbrann- ten die Kirgisen grofse Rohrpartien in der Flufsniederung und zugleich wohl auch viele Fasanennester. Wir sahen mehrere enorme Feuer, die bei halbverdecktem Monde romantisch herüberschienen. Während der Nacht lasse ich unseren Waggon zur Halbsta- tion Tschenafs an den Syr-Darja fahren. Tschenafs 31. II. Dieser Platz enttäuschte mich in jeder Beziehung, nicht ein- mal etwas Nennenswertes gab es hier zu beobachten, trotzdem ich 552 Harald Baron Loudon: mit Sicherheit darauf gerechnet hatte, zumal hier am Flusse viel Sumpf- und Wasserwild anzutreffen, wie ich das überall in Tur- kestan beobachtet hatte. Die Haltestelle der Bahn befindet sich ein paar 100 Meter vom Flufsufer entfernt auf der linken Seite. Viele tote Flulsarme durchziehen hier in weiterer Entfernung die kahle Steppe; letztere ist so weit von Schafen abgefressen, dafs auch der allerkleinste Vogel keine Deckung mehr findet. Mit am häufigsten waren hier noch verschiedene Weihen, von denen mehrere geschossen wurden. An Kleinvögeln erbeutete ich hier zum ersten Mal Zusciniola melanopogon. Der häufigste Vogel war hier wiederum das schwarze Wasserhuhn, welchesin kleinen Vereinen auf den Flulsarmen umher- schwamm. Unter anderen sah ich hier mehrere Seeadler der asiatischen Art Haliaetos leucoryphus. Grofse Mühe hatten wir von hier wieder fortzukommen, da sogar alle Warenzüge ohne zu halten diese Stelle passierten. Zum Glück war in der Gegend ein Ballastzug beschäftigt, Grand zu fahren, der uns am Abend nach Wrewskaja zurückbrachte. Hier endlich fanden wir erst um Mitternacht einen weiteren Zug, der uns die ganze Nacht hindurch fuhr und erst am Morgen die relativ kurze Strecke bis Tschern- jajewo zurückgelegt hatte, wo die Bahn nach Adischan abzweigt. Von hier gelangten wir in einigen Stunden zur Station Chilkowo, welche gewissermalsen am Eingang in das Ferghana Tal liegt. Chilkowo 1. und 2. IV. Der Syr-Darja fliefst hier ganz nah, nördlich vorüber, zu beiden Seiten von den Kischlaks der Sarten begleitet. Aus einiger Entfernung erscheinen ihre Obstgärten und die bepflanzten Aryks wie Wälder; etwa 12 Kilometer nördlich erhebt sich der isolierte Gebirgsstock Mongol-Tau, im Westen erstreckt sich die unend- liche Hungersteppe, nach Osten hin eröffnet sich das Ferghana- Gebiet und im Süden erheben sich fast unmittelbar die Vorberge des Alai. Es ist heute warmer Sonnenschein doch bewölkt es sich zum Abend zu und fängt sogar an zu regnen, wobei ein starker Wind aus Nordwest bläst. Erst heute erscheinen Käfer in nennenswerter Menge, auch bemerkte ich an diesem Tage zum ersten Male Eidechsen ver- schiedener Arten an den Abhängen der Vorberge. Besonders viele Lerchen befanden sich hier auf dem Zuge, vorherrschend aber nur enorme Schwärme der kleinen Calandrella brachydactyla, auf der ebenen Steppe sah ich mehrere Pterocles arenarius, die hier ausnahmsweise weniger scheu waren. Sehr viel streifen verschiedene Repräsentanten der Species Circus umher, die denn auch bei jeder Gelegenheit beschossen werden. Auffällig ist es, dafs auf dem Syr-Darja weder ein Sumpf- noch Wasservogel beobachtet wurde, hier hörte man nur ganz vereinzelte Stimmen balzender Fasanen / Phasianus mongolicus turkestanicus]. Ich hatte Befehl gegeben, uns während der Nacht nach Chodschent zu fahren, PT" Reise nach Zentral-Asien. 555 doch war der betreffende Zug aus irgend einem unbekannten Grunde ausgeblieben, sodafs wir wieder am Morgen an derselben Stelle erwachten. Im Laufe des Vormittages konnten noch kurze Exkursio- nen unternommen werden, wobei wir endlich eine grölsere Menge Käfer und einige Eidechsen einsammelten; hierbei beobachtete ich, dafs Melancorypha bimaculata mit aufserordentlicher Virtuosität die Stimmen verschiedener Vögel, darunter den Ruf der gelben Bach- stelze, täuschend nachahmt. Endlich, um Mittagszeit, bringt uns ein Warenzug nach Chodschent. Chodschent 2. IV. Die Bahnstrecke läuft zum grofsen Teile durch herrlich blühende Gärten der Sarten; gerade eben stehen alle Obstbäume im schönsten Blütenschmucke, dabei fehlt aber noch jegliches Laub und an den Abenden besonders verbreitet sich ein fast betäubender Duft. Die Stadt Chodschent ist reichlich 8 Kilometer von der Station entfernt, durch die zahllos dazwischen liegenden Gärten sieht man nichts von ihr. Im Süden erglänzt gleich ver- silberten Zuckerhüten derzackige Alai, dessen Höhen einen herrlichen Hintergrund zu den rosa blühenden Gärten bilden. Im Norden auf etwa 12 Kilometer, gleich hinter dem Syr-Darja, erhebt sich der schneelose Mongol-Tau. Eine auflallende Erscheinung dieser Gegend ist, dafs das Land entweder den fruchtbarsten Garten oder die ödeste Stein- wüste repräsentiert, welche einander längs der Bahnlinie oft in nicht allzugrofser Entfernung abwechseln. Auf den wüstenartigen Partien fehlt fast jedes Leben und jegliche Vegetation. Wir hatten heute den heifsesten bisher erlebten Tag. Eine Menge Schlangen haben sich infolgedessen aus ihren unterirdischen Schlupfwinkeln hervorgewagt, unter ihnen bemerkte ich zwei leuchtend grüne Exemplare am Ufer eines Aryks. Im Wasser gibt es diverse Spezies Frösche, Geckonen laufen auf dem harten Lehm- boden überall umher, und aus den Merioneshöhlen hört man allent- halben das Quaken grofser Kröten. Eine merkwürdige Beobachtung hatte ich inzwischen an mir selbst machen können. Während ich in meiner Heimat mich eigent- lich nur von Fleisch nähre und solches fehlenden Falles sehr vermisse, mufste ich mich hier damit begnügen, alle 2—3 Wochen einmal zufällig, wenn wir von irgend jemand zu Gast geladen waren, eine Fleischspeise zu geniefsen. In unserer „Waggonwirtschaft“ bestand das Menü aus Thee, Brot und halbweichgekochten Hühner- eiern, von letzteren 9—12 Stück pro Mann täglich. Nun bin ich bereits seit einem Monat mein jahrelanges Magenleiden vollständig losgeworden, während ich vorher täglich mehrmals von starken Schmerzen gequält wurde. Sogar bis heute, wo ich diese Zeilen schreibe, hat sich jenes Leiden nicht wieder eingestellt. Unsere ornithologische Ausbeute war hier eine ziemlich geringe, an interessauteren Arten wurden geschossen eine Turdus Journ. f. Om. LVI. Jahrg. Oktober 1909. 37 554 Harald Baron Loudon: viscivorus hodgsoni und mehrere Picus leptorhynchus, letztere hielten sich in den Gärten überall paarweise auf. Feldsperlinge sind in der Umgegend in grolser Menge, Haussperlinge dagegen wurden nur in einigen wenigen Exemplaren bemerkt. Serowo 3. IV. Während der Nacht sind wir wieder ein Stückchen weiter östlich gefahren. Das Schiefsen in den Gärten des Ferghana Gebietes, denn um solche handelt es sich fast ausschliefslich, ist schon an und für sich unbequem und gefährlich, doch wurde es hier überhaupt fast unmöglich, in Ruhe zu exkursieren, da nicht allein überall zerstreute Kischlaks liegen, sondern auch auf allen Feldstücken gearbeitet wurde, dabei kann man, der vielen bepflanzten Aryk- ufer wegen, nicht weit sehen. Doppelt unangenehm ist mir hier in der Gegend jeder Schufs. In dem Stationschef entdeckte ich einen alten Bekannten meines Freundes Sarudni; er hatte von letzterem sehr hübsch gelernt Bälge zu präparieren und sich eine sanze Menge für mich interessanter Arten zusammen gebracht. Darunter einen schönen Bartgeier vom Pamir. In grenzenloser Liebenswürdigkeit stellte er mir seine ganze Sammlung zur Ver- fügung. Unvergleichlich schönes Wetter herrschte besonders in den Dämmerungsstunden der Abende, und das Konzertieren zahlloser Frösche und Cicaden erfüllte die Luft. In den Kischlaks der Sarten hängen viele Käfige mit Wachteln, deren beständiger Schlag- ruf auf Manchen ermüdend wirkt. Unter der wildlebenden Vogelwelt bildet Peristera cambayensis eine allgemein verbreitete, häufige Erscheinung. Spät abends bringt uns ein Zug zur Endstation der Zentral- asiatischen Bahn nach dem durch ein Erdbeben vor kurzer Zeit fast von Grund aus zerstörten Andischan. Andischan 4. IV. Es ist heute gerade Karfreitag, und da wir die vom Erdbeben zerstörte Stadt besehen wollen, trifit es sich gut, dafs man an diesem Tage nicht zu arbeiten braucht. Wir erwachen, nachdem der Zug schon lange angekommen ist und mein Waggon gerade neben dem geplatzten und schiefen Wasserturme steht, sodals mir der erste Anblick aus dem Fenster keine sehr angenehme Aussicht bot, besonders, da Erderschütterungen noch fast täglich wahrgenommen wurden. Der Waggondiener „Michail“ wird in- folgedessen sofort zum Bahnhofschef gesandt mit der dringenden Bitte, uns an einen sicheren Platz zu fahren. Nach eilig einge- nommenem Frühstück begeben wir uns, bewaffnet mit zwei photo- graphischen Apparaten, in die Stadt. Überall hat das Erdbeben furchtbar gewütet und eigentlich nur Schutthaufen zurückgelassen, im russischen Stadtteil hat scheinbar die Kathedrale am wenigsten Reise nach Zentral-Asien. 555 gelitten, bei der aus der Ferne betrachtet kaum ein Rifls zu be- merken ist, während in der Nähe besehen fast jeder Ziegelstein gelockert ist. Einen merkwürdigen Contrast bilden die üppig srünenden und blühenden Gärten, in denen die Stadt eigentlich verschwindet und welchen das Erdbeben nichts geschadet hat; hier und dort ragen aus den Schutthaufen einzelne Wände, eiserne Öfen und Balken, von denen grofse Fetzen Tapeten herabhängen, hervor, daneben sind schon wieder einzelne neue Holzhäuser ent- standen. In einigen Strafsen hat die Regierung Eisenbahnschienen legen lassen, auf denen Waggons aufgestellt waren, die zeitweilig als Wohnhäuser dienten. Hingegen ist im Stadtviertel der Ein- geborenen von der Zerstörung bedeutend weniger zu bemerken, da ihre niederigen kleinen Lehmhäuser gröfstenteils wieder auf- gebaut worden sind, hier und dort sind auch kirgisische Jurten zur Aushilfe aufgeschlagen worden. Ganz unglaublich und unerträglich ist der Staub, der besonders in diesem Stadtviertel auf den Strafsen angehäuft ist, man sinkt bei jedem Schritte buchstäblich bis an die Knöchel in den aschen- farbigen Puder ein, der von jedem Windstofse in dichten Wolken durch die Strafsen getragen wird. Die eingeborne Bevölkerung ist stark durch das Erdbeben - dezimiert, doch merkt man kaum etwas davon, da überall beweg- tes Leben und Treiben auf den Strafsen und in den „Tschai- Chanast)“ herrscht. Am meisten hat der Bahnhof selbst gelitten und sieht einem Geripp ähnlicher, als einem Gebäude. Bis zu Mittag haben wir genügend gesehen, sodals der Postzug, der um diese Zeit nach Westen abgeht, uns mitnehmen kann. Um 2 Uhr nachmittags sind wir in Gortschakowo, wo die Bahn nach Neu Margelan abzweigt. Meine beiden Begleiter steigen hier aus, um auf Tauben zu jagen, während ich die Gelegenheit benutze, zur Stadt zu fahren, es sind bis dahin nur 8 Kilometer, die in unzähligen Krümmungen mit grofser Geschwindigkeit durch- fahren werden; es geht gerade auf den mächtigen Alai zu, der immer majestätischer näher rückt. Nach einer Stunde sind wir wieder zurück in Gortschakowo. Auf der weiteren Fahrt, die bis zur Station Melnikowo gehen sollte, sahen wir eine grofse Schar kreisender Gyps fulvus und auf den Telegraphendrähten einzelne Wüstenkäuzchen. Melnikowo 5. und 6. IV. Diese Station ist entschieden die beste für den Ornithologen, der im Ferghana Tale sammeln will. Die nächste Umgebung bietet allerdings einen trostlosen Anblick, im Süden, Osten und Westen dehnen sich besonders ausgebildete Takyrflächen aus, mit nur ganz spärlicher Vegetation, die kaum einem Vogel Schutz bietet. Im Norden auf etwa 11/, Kilometer läuft fast parallel 1) Theebuden. 37* 556 Harald Baron Loudon: der Bahnlinie der Kulturstreifen des Syr-Darja, der mit viel Gehölz bestanden und von zahlreichen Aryks durchzogen und dabei, was für meine Verhältnisse am wichtigsten, wenig bevöl- kert ist. Die Salixarten, meist Kopfweiden, die hier an den Aryks vorherrschen, tragen fast halbwüchsige Blättchen und blühen. In östlicher Richtung, in einer Entfernung von etwa 3—4 Kilometern, gibt es eine Reihe Seen, die von dem überflüssigen Arykwasser gespeist werden und infolge der Salzablagerung des Erdbodens bittersalzig sind; im Norden und Süden erblickt man immer noch die hohen Ausläufer des Pamir. Unsere erste Exkursion gilt der Kulturzone, wozu mir der Stationschef einen Führer besorgt hat, und zeigte es sich gleich, dafs sich uns hier viel interessante Arbeit bot. Verschiedene Rohrsänger befanden sich auf dem Zuge im Verein von Laubvögeln und Grasmücken und belebten die grünenden Kronen der Weiden; auf den knorrigen Stämmen selbst gab es gerade sehr zahlreiche Scops obsoleta, die allenthalben paarweise ihre Tagesruhe hielten und gewöhnlich erst bei eine Annäherung von wenigen Schritten ihren Ruheplatz verliefsen, um sich ein paar Bäume weiter wieder hinzusetzen, man konnte auf bequeme Schufsdistance herankommen. Erst nach wiederholten Beunruhigungen oder Fehlschüssen wurde der betreffende Vogel scheuer. Diese reizende Eule ist durch ihre Färbung eigentlich schwer von dem Stamme zu unterscheiden, der den Hintergrund zu ihrem Sitzplatz bildet; da aber die Vögel so sehr häufig waren, hatten wir unsere Augen so weit darauf geschärft, dafs wir sie gut erkennen konnten, ohne sie vorher aufscheuchen zu müssen. An den Ufern der Seen gab es gelbe Bachstelzen in mäßsiger Anzahl, darunter einige der schönen Budytes citreolus, auf der Wasserfläche selbst schwammen Scharen verschiedener Enten, die sich nur nach tausenden schätzen liefsen, doch konnten wir ihnen wenig anhaben, da fast jede Deckung am Ufer fehlte. Hier sah ich auch einen Fischadler / Pandion haliaetos], der in diesen Gegenden keine häufige Erscheinung ist, weil fast alle Gewässer trübes lehmiges Wasser führen, was dem Vogel die Suche nach Nahrung unmöglich macht. Mit vereinten Kräften gelang es uns, am heutigen Tage 31 Bälge zu präparieren. Der 6. April brachte stürmisches Wetter mit etwas Regen; der Sturm wurde so stark, dafs unser Waggon unheimlich gerüttelt wurde, dabei pfiff und sauste es durch alle Fugen; eigentlich sollte eine Erkursion in die Berge unternommen werden, doch ist es bei diesem Wetter unmöglich, da die Luft durch den Sturm von Staub erfüllt ist. Mit wenig Hoffnung auf Erfolg begeben wir uns daher wieder in die Kulturzone, um nach Klein- vögeln zu suchen, und hatten dennoch schliefslich allen Grund, mit dem Resultat zufrieden zu sein. Die kleinen Ephialtes obsoleta waren allenthalben in grofser Menge vertreten, auch mehrere der Reise nach Zentral-Asien. 557 seltenen turkestanischen Buntspechte Picus leptorhynchus, der hier sehr gewöhnlich ist, wurden gesammelt, ferner sahen wir schwarze und weilse Störche und Halvaetos leucoryphus; doch bald mulfsten wir uns auf den Heimweg begeben, da der Sturm inzwischen so stark wurde, dals man sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Später gab es bei der Station noch einige Galerida iwanowi zu erlegen, die sich zahlreich in der Umgegend der Station aufhielten; dann nahm uns ein Warenzug wieder mit, der uns dieses Mal ein grolses Stück weiter westlich, bis nach Dschjisak, bringen sollte. Dschjisak #7. IV. Erst um 8 Uhr morgens langten wir hier an, da der Zug sich um 2 Stunden verspätet hatte. Während der letzten paar Stunden hatten wir dadurch Gelegenheit, reges Vogelleben in der durchfahrenen Hungersteppe zu beobachten. Noch immer waren grofse Scharen graue und Jungfernkraniche auf dem Zuge, kurz vor Dschjisak sogar einige Aasgeier. Gleich hinter dem kleinen Städtchen erheben sich relativ niedrige Gebirgszüge, deren Gestein sogar auf den niedrigen Vorbergen in einem Winkel von 45 und mehr Grad zu Tage tritt. Während meine beiden Begleiter sich noch mit der gestrigen Beute beschäftigen, begebe ich mich zum Kreischef in die Stadt, doch konnte ich nach langem Suchen nur den örtlichen Pristaw finden, da alle Beamten zu den Osterfeiertagen nach Samarkand gefahren waren. Dieser stellte mir sofort einen Dschigitten !) sowie einen Jäger zur Verfügung und besorgte eine Arba, sodafs wir uns bereits in wenigen Stunden auf dem Wege zum sogenannten Tore Tamerlans befanden. Wir fahren auf dem alten Posttrackte in der Richtung nach Samarkand zum Passe Dschilan-Uta. Gleich bei der Stadt müssen wir einen Pals auf den Vorbergen erklimmen, auf dessen Sattel der Rücken eines fast senkrecht zu Tage tretenden Schiefer- risses den Weg recht uneben macht. Dann geht es wieder bergab, dem Laufe eines reilsenden Gebirgsbaches entlang, neben der Bahnlinie her; die Berge nehmen allmählich an Höhe zu, felsige Abhänge mehren sich mit jedem Kilometer, romantische Seitenschluchten eröffnen sich, bis schliefslich die Höhenzüge fast nur noch wild zerrissenes Gestein bilden. Zwei Mal mufste der reifsende Flu[s durchquert werden, was auf der hochräderigen Arba ganz gut geht, wild brausende lehmige Fluten schäumen vorüber, sodafs das Pferd sich kaum gegen die Strömung halten kann. Anfangs beschränkte sich das Vogelleben nur auf einige Sazxicola leucomela, die sich auf den felsigen Abhängen aufhalten und sehr scheu sind. Auf den Grasflächen gibt es Unmengen Schild- kröten /Testudo horsfieldi]), die sich gerade paaren, wobei 1) Berittener Polizist. 558 Harald Baron Loudon: augenscheinlich Weibchen in bedeutender Minderzahl vorhanden sind, da sich oft 3—5 Männchen um ein Weibchen zanken, über- all hört man ihr Fauchen und das Klappern der Schilder auf den Steinen; an einer Stelle sah ich sogar 12 grolse Exemplare beisammen. Hier flog mir auch ein Bartgeier plötzlich in bequemer Schrotschufsdistance vorüber, während ich gerade rückwärts einen zackigen Abhang hinabkletterte und nur Vogeldunst in den Läufen hatte; bevor ich umladen konnte, war er leider schon hinter der nächsten Ecke verschwunden. Allmählich erreichen wir das Tor Tamerlans, welches durch 2 ganz nahe zusammengerückte steil- abfallende Felsen gebildet wird, zwischen denen sich die Bahn- linie und das Flüfschen hindurchzwängen. Die Felsen erheben sich zu einer Höhe von mehreren 100 Fuls und sind von einer Unmenge Geier bewohnt, ich schätzte ungefähr 20 Paare Gänse- geier, 10 Paare Aasgeier und je ein Pärchen Bart- und Mönchs- geier; neben ihnen nisten zahlreiche Falken, Tauben und Segel- schwalben, unter letzteren der elegante Flieger Cypselus apus gallilejensis. Auf der Stelle, wo der nördliche Felsen sich am meisten der Bahn nähert, befinden sich in der Wand zwei Tafeln, wovon die eine in mongolischer Schrift über den Durchzug Tamerlans an dieser Stelle nach den westlichen Ländern berichtet, während die andere die Jahreszahl der Erbauung des östlichen Teils der zentralasiatischen Bahn von Kaiser Nikolai II. und darüber den Doppeladler trägt. Verschwenderisch ist die Natur in der Formation dieser relativ niedrigen Gebirgszüge verfahren, nur fehlt jeder Baumwuchs, wenn man nicht die spärlichen Sträucher in Betracht zieht, die an dem Flufsufer wachsen. Heute hörte ich die ersten Bienenfresser ziehen, auch Rauchschwalben zogen in grofsen Massen und hielten in langen Reihen die Telegraphendrähte besetzt, unter ihnen in bedeutendem Prozentsatz die von mir kürzlich beschriebene Hirundo sawitzkü. Trotzdem wir an diesem Tage mehr als gewöhnlich zu Gesicht bekamen, war die Ausbeute keine dementsprechende. Der mir zukommandierte russische Jäger hatte sich bald von uns getrernt und — ward nicht mehr gesehen. S. passierte ein Mifsgeschick, welches leicht unerwartete Dimensionen hätte annehmen können; er war beim Überschreiten einer Schutthalde auf dem Tamerlanschen Felsen mit dieser ins Rutschen geraten, hatte sich zerschunden und zerschlagen, auch die Flinte hatte einen Denkzettel abgekriegt. Überhaupt hatte ich auf der Reise mit meinen Flinten viel Pech, da schon die eine durch den Defekt des Schlittens ganz aufser Tätigkeit gesetzt war und diese nur die halbe Leistungsfähigkeit behielt. Da sich die Sonne inzwischen bereits nicht mehr weit über dem Horizont befand und mein Kamerad S. noch immer nicht heimkehrte, schickte ich den berittenen Dschigitten [es war ein Tarantscha aus der Umgegend von Kuldscha] in der Richtung, wo ich S. zuletzt gesehen hatte; wo S. mit Mühe hinauf- geklettert war, ritt jener auf seinem Steppenpferde ohne viel Be- Reise nach Zentral-Asien. 559 denken nach und entschwand bald meinen Blicken; schon begann es schummrig zu werden, da endlich kamen beide von der anderen. Seite des Felsens herab, jetzt sals aber S. auf dem Pferde, während der Dschigitt zu Fufs hinterher ging; so liefs sich schon aus der Ferne das Unglück ahnen. Ich hätte gerne den Abend- zug benutzt, der uns dieses Mal ein noch grölseres Stück west- wärts, bis an das Ufer des Amu-Darja, nach Farab bringen sollte, nun war es aber ganz klar, dafs wir die Station Dschisak nicht mehr rechtzeitig erreichen würden. Die Rückfahrt ging, trotzdem es allmählich fast stockfinster wurde, glatt von statten, im Süden über der turkestanischen Gebirgskette konnten wir ein heftiges Wetterleuchten beobachten; schon auf halbem Wege brauste uns der Zug entgegen, mit dem wir eigentlich fahren wollten. Um Mitternacht stellte sich auch der Jäger ein und prahlte mit verschiedenen geschossenen Reihern und Kranichen, deren Gewicht für seine Schultern zu viel gewesen wäre; trotzdem mir die Sache nicht ganz glaubwürdig erschien, bot ich ihm ein recht anständiges Schufsgeld, wenn er mir die Vögel bis zum Morgen schaffen würde — doch geschah nichts davon. Am 8. um 6 Uhr morgens nimmt uns der Postzug mit, wir haben über 400 Werst bis Farab zurückzulegen, sodals der ganze Tag darüber vergeht. Mit Präparationsarbeiten kann man sich während der Fahrt nicht abgeben, da es zu stark rüttelt und sich sogar Erscheinungen von Seekrankheit einstellen. Neu-Buchara passierten wir am vorgerückten Nachmittage, wo sich auf dem Bahnhofe grolse Menschenmassen bunt durcheinanderdrängten, hier promenierten russische Beamte in den verschiedensten Uniformen, mit ihren Frauen, zwischen ihnen Gruppen von Sarten in bunten Chalats und verschiedene Repräsentanten anderer Völkerschaften, hin und wieder zerlumpte Bettler, alle fanden sie sich hier wohl ein, um teils die schöne kühle Abendluft zu geniefsen, teils neugierig die Passagiere des Zuges zu betrachten. Farab erreichten wir erst um 1/, 11 Uhr abends. Farab 9. IV. Das kalte Frühjahr ist nun endgültig dem Sommer gewichen und jeder Tag bringt mehr und mehr Wärme. Hier hatte ich nur die Absicht einen Tag Station zu machen, um womöglich einen Oriolus kundoo zu schielsen, dessen Verbreitung hier seine West- srenze erreicht, doch waren die Vögel noch nicht aus ihren Winterstandquartieren eingetroffen. Trotzdem hatte sich die Vogelwelt inzwischen sehr verändert, alle Repräsentanten der Familie Corvus sind verschwunden, ebenso auch die vielen Steinschmätzer und Laubvögel, die damals zogen, dagegen sind erschienen Cuculus canorus und üintermedius, die reizende Pratincola caprata und kleine Schwärme verschiedener Beutel- meisen. Am Amu-Darja wurde wieder ein Haliaetos leucoryphus gesehen. 560 Harald Baron Loudon: Kara-Kum-Wüste 10.—14. IV. Repetek 10. IV. Ungeachtet der kurzen Strecke von Farab bis Repetek dauerte doch die Bahnfahrt die ganze Nacht hindurch, weil der Warenzug auf allen Stationen endlos lange hielt. Um 8 Uhr morgens sind wir in Karaul-Kuiju angelangt, also noch eine Station vor Repetek. Da der Aufenthalt hier 2 Stunden dauern sollte, konnten wir eine kurze Exkursion unternehmen, auf der mein Präparator eine Sterna anglica aus einem Verein von 5 Individuen schofs, er hatte diese Seeschwalben schon von weitem aus westlicher Richtung heranziehen sehen. Hier waren wieder die braunen Wüstenraben [Corvus umbrinus] und der überall häufige schwarze Milan. Ei- dechsen und Schlangen sind überall in Menge zum Vorschein gekommen und beleben besonders die Böschungen des Bahnkörpers. Mein Begleiter S. begibt sich mit Rucksack und Flinte auf die Lokomotive, da er 3 Kilometer vor Repetek vom Zuge abspringen will, um in den stärkeren Saxaulwälder zu exkursieren, während ich die Umgegend der Station nach Osten hin absuchen wollte. Er hatte aber ornithologisch wenig Interessantes gefunden, brachte unter anderem 2 schöne Chamäleons lebend nach Hause, die er auf den Zweigen eines Busches ergriffen hatte, das eine Exemplar hatte schön blau gestreifte Beine. Auf dem von mir erwählten Jagdterrain erwies sich viel mehr Interessantes: verschiedene Arten Rohrsänger, Laubvögel etc. waren auf dem Zuge, ferner sah ich 2 ziehende Bienenfresser und eine kleine Schar Enten. Den schönen Saxaulsperling traf ich in einem grofsen Schwarm an, die Männchen singen und hat unter verschiedenen anderen Tönen ein lauter Pfiff viel Ahnlich- keit mit den Lockruf unseres Haussperlinges. Überall blühen geradezu schöne Blumen, hier ein Dornen- strauch trägt erbsenartige Blüten in blau, violett und rosa Färbung, duftet prachtvoll und bildet eigentlich nur ein grofses Bukett. Eine Nectarinienart fand ich ebenfalls im Saxaulwalde; überhaupt verbreiten die meisten der hiesigen Blüten einen sehr angenehmen Wohlgeruch, der ganz besonders stark am Abend ist. Die Zahl der Eidechsen ist aufserordentlich grofs, fast jeder Schritt, den man macht, veranlafst mehrere Individuen, mit blitz- artiger Geschwindigkeit ihre Löcher aufzusuchen, andere scharren sich momentan in den Sand ein, den sie sich mit grofser Gewandt heit über den Rücken zu werfen wissen. Chamäleonartige grölsere Eidechsen sitzen auf den Ästen der Saxaulbäume, und überall ist der Sand voller Spuren dieser Tiere, zwischen denen die Furche des nachschleppenden Schwanzes zu sehen ist. Sogar die Fährten grofser Varane bezeugen, dafs auch diese ihre Winterplätze verlassen haben. Grolse schwarze Käfer spazieren besonders zahl- reich am Abend umher. Reise nach Zentral-Asien. 561 11. IV. Die Morgenexkursion liefert sehr wenig, da das Resultat entschieden von dem jeweiligen Vogeldurchzuge abhängig ist und heute fast gar keine ziehenden Kleinvögel bemerkt wurden. Hochfliegend mit lauten Lockrufen sieht man jetzt täglich grofse und kleine Schwärme Pterocles alchata; von den Blaukehlchen ziehen jetzt fast nur QQ, während vor 4 Wochen fast ausschliefs- lich 9'0" angetroffen wurden. Um 10 Uhr fahren wir weiter westlich nach Peski. Aus Aschabad ist ein neuer Waggondiener angelangt, meinen: bisherigen arbeitsscheuen „Michail“ ist die Fahrt mit uns schon lange überdrüssig geworden, und er hat inzwischen genügend Zeit gehabt, Gründe zu finden, seine Vorgesetzten um Ablösung zu bitten; der neue entpuppt sich bald als leidenschaft- licher Jäger und guter Koch, sodals wir mit dem Tausch nur sehr zufrieden sein können, er lief auch gleich den ganzen Nach- mittag mit dem Präparator bei 39° Reaumur in der Wüste um- her und brachte mir die wertvollsten Exemplare dieser Reise, ein o'Q von Passer simplex, welche Vögel ich zum ersten Male trium- phierend in Händen hielt. Diese Art ist hier entschieden nicht Standvogel und zwar, wie es mir scheint, ein recht spät eintreffender Zugvogel, da ich ihn auf meiner Reise 1901 nicht antraf [damals und jetzt vor 4 Wochen hielt ich mich im März in der Gegend auf], auch Sarudni hat ihn nur im April und später gesehen. Ferner wurden 2 Wüstenhäher erbeutet, sowie mehrere interessante kleine Würger. Ich selbst sah mehrere Lanius hemileucurus, doch waren diese Vögel dermafsen scheu, dafs sie bereits auf Büchsenschufsweite davonflogen. Die Umgegend von Peski hat auch ganz besonders schwache Saxaulbestände, die wenig Deckung bieten, weshalb auch hier der lockere Sand bedeutend mehr zu Tage tritt und die Sandwüste als solche besser charakterisiert. Am Nachmittage beginnt es windig zu werden, wodurch auch Sand mitgeführt wird, der die Atmosphäre immer trüber macht; dieses schien ein sehr starker Wolf zu benutzen, den ich zwischen den Dünen umherspazieren sah, der jedoch mich bemerkend sofort hinter dem nächsten Höhenzuge verschwand. Unter anderen Pflanzen hat sich inzwischen auch die Asa fötida zu dickschäftigen Stauden entwickelt, wer kennt nicht ihren penetranten Geruch, den sie mit dem Winde auf grofse Entfernung aussendet. Utsch-Adsehi 12. IV. In unangenehmer Weise bemerkten wir in dieser Nacht, dafs diese früher so stille weltvergessene Wüstenstation bedeutend vergröfsert worden ist, indem mein Waggon lange Zeit rangiert und stark gestolsen wurde, sodals ich sogar einmal fast aus dem Bett gefallen wäre. Auch hier hat sich die Ornis im Laufe eines Monates stark ver- ändert, bis auf den braunen Wüstenraben fehlen alle krähenartigen Vögel. Während im ersten Frühjahr die Steinschmätzer das grölste Contingent hier bilden, besonders zu der Zeit, da sie in Mengen hier 562 Harald Baron Loudon: durchziehen, sind sie jetzt nur in wenigen Exemplaren in der Wüste zerstreut anzutreffen, dagegen herrscht reges Leben in den Lüften, Scharen von Sandflughühnern [Pierocles arenarius und alchata] ziehen, besonders an den Vormittagen, zur Tränke und wieder zurück, fast beständig fliegen kleine und grofse Schwärme, wobei sich die beiden Arten schon aus weiter Ferne an ihren Stimmen erkennen lassen, sie ziehen schnell und oft sehr hoch, da- bei immerwährend lockend und ihre einmal eingeschlagene Richtung einhaltend, man sieht, dafs sie ein ganz bestimmtes Ziel vor sich haben, welches sie in möglichst kurzer Zeit zu erreichen trachten. Es mögen wohl enorme Strecken sein, die sie zurücklegen, um nur einen Schluck Wasser zu erlangen und dann wieder zu ihren Nestern zurückzueilen. Flogen sie bis zum Amu-Darja oder bis zum Murgab? wer mag das wissen! Unmöglich ist es aber nicht in Anbetracht ihrer Schnelligkeit, 100 und mehr Kilometer des Trunkes wegen zurückzulegen, und wahrscheinlich sogar, dafs sie je nach ihrem Standorte den nächsten dieser beiden Ströme zu erreichen suchten, da die Wüstentäler wohl nirgends mehr um diese Zeit Wasser enthielten. Aufser diesen Vögeln ziehen noch kleine Trupps Rauch- schwalben und Bienenfresser, am Abend ein gröfserer Verein Cyp- selus apus pekinensis. Das spärliche Gesträuch beleben einige Grasmückenarten und die kleinen Würger. Meinem Präparator und mir glückte es, je einen Podoces panderi zu erlegen. Annenkowo 13. IV. Wie gewöhnlich haben wir in der Nacht wieder unseren Standort gewechselt und befinden uns nun am Rande der Wüste; heute soll von ihr Abschied genommen werden, vielleicht auf lange, wer vermag in die Zukunft zu sehen! Ihr schönstes Kleid hat sie auch angelegt, um mir den Abschied möglichst schwer zu machen; soweit dals Auge reicht breitet sich ein Blumenteppich aus, der seinesgleichen kaum finden kann, dabei ist die Luft von Wohl- geruch erfüllt. Am meisten fallen die Flächen mit rotblühendem Mohn in die Augen, ganze Hektare sind eingenommen und zwar so dicht, dafs man kaum das grüne Kraut durchschimmern sieht; kleinere Flächen sind wiederum von einer gelbblühenden Pflanze bestanden, dort blüht eine violette, welche hauptsächlich den an unsere Syringen erinnernden Duft erzeugt. Weit und breit in un- absehbarer Entfernung grünt und blüht alles und könnte mit einem riesigen turkmenischen Teppiche verglichen werden; selbst das Wetter zeigt sich von seiner angenehmsten Seite, der Himmel ist leicht bewölkt, es ist windstill und die Temperatur gerade so, dals man sie als äufserst angenehm bezeichnen kann. Die Luft hallt von Lerchengesang wieder, von: den Telegraphendrähten pfeifen die schönen rosenflügeligen Wüstengimpel ihr kurzes Liedchen und fliegen einzeln und paarweise zur Pumpstation, wo sich eine zufällige Wasserlache gebildet hat. Was seinen Durst Be Eu Be En nn a u um | Reise nach Zentral-Asien. 563 gestillt hat, entfernt sich eiligen Fluges in die Wüste, während andere durstige Gäste wieder ihren Platz einnehmen und das Ufer dieses Miniatursees beständig beleben. Uber Nacht ist die Aue- nachtigal angekommen [Aedon familiaris] und läfst ihr herrliches Lied von der Spitze eines Tamarix- oder Saxaulbusches erschallen. Ferner sah ich heute einen kleinen Schwarm Emberiza hortulana und sammelte mehrere Iduna und Acrocephalus, die sich jeden- falls noch auf dem Zuge nach dem Amu-Darja befanden. Schwärme von Pterocles alchata fliegen beständig nach Süden und kehren bald aus der Richtung wieder zurück, offenbar gibt es dort irgend- wo Wasser, Es vergehen kaum einige Minuten, ohne dafs man einen Schwarm vorbeiziehen sieht, ihr beständiges Geschrei wirkt beinahe ermüdend. Einen kleinen Schwarm des indischen Haus- sperlings traf ich weitab in der Wüste, wo sie sich auf einigen Sträuchern niedergelassen hatten und eifrig schwatzten. Bei meiner Annäherung erhoben sie sich hoch in die Luft und flogen dann in östlicher Richtung davon. Mir ist es nicht 'recht klar, wo diese Vögel eigentlich bleiben resp. brüten, besonders in An- betracht der vorgerückten Jahreszeit und vor allem, da ich sie auf den Stationen des zentralen Teiles der Wüste nicht antraf. Sollten sie wirklich den weiten, wasserlosen Weg bis zum Amu- Darja jetzt noch zurücklegen? Wir fanden an diesem Tage noch den Horst eines .Buteo ferox der 3 Eier enthielt, jendenfalls eine sehr verspätete Brut. Spät abends stand ich noch lange am Fenster meiner Schlafabteilung, meine Kameraden lagen schon im tiefen Schlummer, während ich mich von dem herrlichen Dufte der blühenden Wüste nicht so bald trennen konnte. Ein Wüstenkäuzchen lockte in der Ferne von irgend einem Telegraphenpfosten, die immer muntere Saxicola isa- bellina lälst kurze Strophen ihres Liedchens erschallen, und leisen Fluges schwebt ein Ziegenmelker längs des Bahnkörpers auf und ab, gleichsam um mir seine Ankunft aus noch südlicheren Breiten anzumelden. Bairam Ali 14. IV. Wir haben über Nacht die Wüste mit einem Garten ver- tauscht, die meisten Bäume prangen bereits im üppigsten Blüten- schmucke, das kurze Lied der persischen Nachtigall ertönt aus allen Richtungen, wo sich nur dichtes Gestrüpp vorfindet. Auf den vorjährigen Rohrhalmen wiegt sich die reizende schwarz- weilse Pratincola caprata, die wohlbekannte Stimme des Kuckucks ertönt aus mehreren Kehlen von den höheren Bäumen der Kaiserlichen Plantagen; auch die schillernden Mandelkrähen sind jetzt angekommen. Die üppig blühenden Tamarisken sind voller Sänger, deren grölster Teil sich noch auf dem Zuge befindet. Grofse Schwierig- keiten machten mir gerade hier die verschiedenen Acrocephalus-, Phylloscopus- und Hypolais-Arten, von denen sich die meisten 564 Harald Baron Loudon: nach der geringen Reiseliteratur nicht sicher oder garnicht be- stimmen liefsen, was die Beobachtung in der Natur sehr er- schwerte und teilweise leider unmöglich machte Ein Q@ von Pratincola caprata, sowie ein @ Erythrospiza obsoleta haben fast legereife Eier. An die Arbeitskraft meiner Expedition wurde in diesen Tagen wohl die höchste Anforderung gestellt, da durch die sich einstellende grölsere Hitze kaum ein Vogel mehr am nächsten Morgen präparierbar war. Der neue Waggondiener „Adam“ entwickelte mit jedem Tage neue und zwar ungewohnt gute Eigenschaften, nicht allein dafs alle Räume sauber und ordentlich waren, sondern auch um unseren Speisezettel machte er sich in angenehmster Weise nützlich. Er brachte es fertig, in meinem kleinen Aluminium- kessel fast täglich eine gute Suppe mit Fleisch herzustellen, was um so schwieriger war, da gewöhnlch im Freien gekocht werden mufste, indem ein paar Ziegelsteine die Unterlage für den Kessel bildeten. Unsere Hauptspeise, abgekochte Eier, wurden mit jedem Tage ungenielsbarer, da dieselben, obgleich nach nordischen Begriffen noch ganz frisch, doch schon unter der Hitze litten, ein paar Tage genügten, sie soweit zu ver- derben, dafs beim Abkochen das Weise nicht mehr hart wurde, das Gelbe aber wohl!, dazu kam noch ein ekelhafter Keller- geschmack. Den 15. IV. benutzte ich dazu, eine weitere Fahrt in die Ruinen des alten Merw zu unternehmen, zu diesem Zwecke hatte mir der örtliche Pristaw eine Arba zur Verfügung gestellt. Speciell die alte imposante Moschee „Sultan-Sandschar“ beab- sichtigte ich zu besuchen, die mir schon von 1901 her bekannt war und wo ich einige photographische Aufnahmen machen wollte. Leider war dieser imposante Bau in der kurzen Zeit von nur zwei Jahren stark verfallen, sodals wir es nicht mehr wagen konnten, durch die grofsen Portale hineinzugehen; es ist wohl ein Jammer, dafs für die Erhaltung dieses herrlichen Bauwerkes nichts getan wird. Während man, mit relativ wenig Mitteln, jetzt noch die Moschee ganz gut in Stand setzen könnte, wird sie hingegen in wenigen Jahren kaum mehr zu restaurieren sein. Auf der mächtigen Kuppel hatte sich ein Pärchen Neophron percnopterus [Aasgeier] häuslich niedergelassen, die aber schon, während wir uns noch in gröfserer Entfernung befanden, den Platz vor uns räumten und bis zu unserem Abzuge in bedeutender Höhe ihre Kreise zogen, auch hielten sich noch wilde Tauben, Dohlen und einige Sperlinge in dem grofsen Gebäude auf. Am Abend eröffneten die eben aus dem Süden eingetroffenen Ziegen- melker ein grofses Konzert; ihre Stimmen vermischten sich mit denen der Cicaden, Grillen, Frösche, Hafiz-Nachtigallen, was ent- schieden zur Verschönerung des lauen Sommerabends beitrug; wohl mag diese Art Musik nicht nach jedermanns Geschmack Reise nach Zentral-Asien. 565 sein, doch erinnerten mich manche Töne an unsere schönen Frühjahrsabende in der Heimat, so überwand ich oft die Müdigkeit, um noch eine Zeit lang diesem seltsamen Orchester zu lauschen, während meine Kameraden schon lange im tiefen Schlummer ruhten. An diesem Tage brachten mir zwei Turkmenen eine mächtige Schlange, die mit ihrem Körper. einen ganzen Spann anfüllte, sie war volle 7 Fufs lang, doch dabei verhältnilsmälsig dünn. Leider gelang es mir nicht, ein geeignetes Gefäls zu er- halten, sodafs sie nicht eingemacht werden konnte. In dieser Zeit verbreitete sich das Gerücht, dafs das Wasser vom Tedschen im mächtigen Steigen begriffen sei, zahlreiche Arbeiter wären schon damit beschäftigt, schützende Dämme aufzuführen, trotz- dem sei der Bahnkörper in Gefahr überschwemmt zu werden, dieses veranlafste mich, schon am 16. IV. weiter westwärts auf- zubrechen. Um die Mittagszeit dieses Tages nähern wir uns, von der Wüste her, dem Tedschen; schon mehrere Kilometer weit lassen sich unter Wasser gesetzte Strecken der Lehmsteppe erkennen. Während wir über die Brücke fahren, sieht man schon, dafs die ganze Waldzone der Fluflsufer unter Wasser steht, dabei ist dasselbe schon so hoch gestiegen, dafs von manchen Bäumen nur noch die Kronen gleichsam auf dem Wasser schwimmen. Eine kurze Exkursion überzeugt mich sofort, dafs hier für uns nichts mehr zu machen ist, da man kaum irgendwo die Mög- lichkeit hat, überhaupt bis zu einem Baum zu gelangen, dabei steigt das Wasser zusehends. Myriaden stechender moskito- artiger Insekten lassen uns keinen Augenblick in Ruhe, denn ihr Rüssel dringt selbst durch alle Kleider. Von den Kronen der Waldbäume erschallt der Gesang aus zahlreichen Vogel- kehlen. Den Abend benutzte ich dazu, um mit der Lampe Käfer zu sammeln, indem diese auf ein weilses Tuch gestellt wurde, welches wir in der ebenen Steppe auf die Erde ausbreiteten, nirgends war das Resultat so ergiebig, wie gerade hier. Mein Präparator und ich konnten nicht schnell genug alle angeflogenen Käfer auflesen und waren sehr bald gezwungen, diese Jagd auf- zugeben, da die beiden Glasflaschen „bis an den Korken‘“ mit Käfern gefüllt waren. Unterdessen hatte sich über der nordöst- lichen Ecke Persiens, über dem Chasar-Meschid Gebirge, ein mächtiges Gewitter, dessen Blitze alle Augenblick die tiefe Dunkelheit durchbrachen, entladen. In derselben Nacht liefs ich unser Quatier bis Kaachka weiter befördern. Kaachka 17. 18. 19. IV. S., der am vorigen Abend unter heftigen Kopfschmerzen und Fieber zu leiden hatte, fühlte sich heute glücklicherweise schon besser, blieb aber noch vorsichtshalber im Waggon, während B. und ich eine kurze Exkursion in die nächste Um- gebung unternahmen, speziell zu einer mir wohlbekannten steilen 566 Harald Baron Loudon: Lehmwand, an der ich schon mit Sicherheit Bienenfresser in gröfseren Mengen anzutreffen hoffte, diesesmal nicht für meine Sammlung, sondern um die zahlreichen Wünsche nach diesen Dekorationsstücken zu befriedigen. Die schöne Euspiza luteola ist während der Nacht in gröfseren Mengen angekommen. Grofse Schwärme Rosenstare kommen vom Gebirge und schlagen von hier aus eine westliche Richtung ein, über der Steppe kreisen mehrere Mönchs- und Gänsegeier. Infolge des nächtlichen Gewitters ist die Luft prachtvoli leicht und kühl geworden, was wir um so angenehmer empfinden, als man gestern am Tedschen unter den feuchtheifsen Dämpfen des Überschwemmungsgebietes gründlich zu leiden hatte, auch die stechenden Mücken und Fliegen fehlen hier vollständig. Merkwürdig viele indische Sperlinge gibt es weit ab von menschlichen Wohnungen, an den Kjarisen [unterirdische Wasser- leitung] und an den Steilwänden, wo sich noch zahllose vorig- jährige Bruthöhlen von Bienenfressern befanden; hier nisten die Paare dicht beieinander. Auffallenderweise bemerkte ich keinen Feldsperling, während derselbe in den Anlagen der Ortschaft überaus häufig ist. Der 18. April bringt wieder herrlich kühles Wetter, nach- dem in der Nacht ein Regenschauer, gleich Hagelkörnern, auf unser Waggondach niederprasselte. Der Vormittag vergeht unter allerhand schriftlichen Erledigungen und Vorbereitungen zu einer Exkursion nach Cheiw-Abad an der persischen Grenze. Der örtliche Pristaw hatte mir hierzu seinen einspännigen Wagen überlassen, sodafs wir froh waren, einer unbequemen Fahrt in einer Arba enthoben zu sein, auch liefs sich von solch einem Gefährt aus die Gegend bedeutend besser übersehen, leichter anhalten und aussteigen. Von der schönen Ammer Euspiza leuteola ‘sahen wir zahllose Männchen, während nur ein einziges Weibchen bemerkt wurde, was meine früheren Beobachtungen wieder be- stätigte, dals die Geschlechter getrennt ziehen und die Weibchen später eintreffen. Wir befanden uns bereits in den höheren Vorbergen, als ich plötzlich auf einer der höchsten Kuppen, rechts vom Wege, einen grofsen Raubvogel hockend bemerkte, Sawitzky machte sich sofort auf, um das Tier zu beschleichen, wozu er die beste Gelegenheit hatte, da er ihm längs eines Abhanges gut gedeckt ankommen mufste; während dessen hatte ich meinen Feldstecher hervorgeholt und erkannte deutlich einen prachtvollen alten Bart- geier und gleich noch einen zweiten derselben Art, der nicht weit vom ersten hockte, dessen Kopf aber nur über dem Berg- gipfel zu sehen war. Während ich noch mit diesen Betrachtungen beschäftigt war, kam sausenden Fluges ein Steinadler aus schwindelnder Höhe herab und setzte sich zu den beiden Geiern, für mich als Zuschauer begann die Jagd überaus spannend zu werden, da mein Begleiter inzwischen schon auf Schufsweite an- Reise nach Zentral-Asien. 567 gekommen war. Unter den Vögeln entspann sich plötzlich eine kurze Beilserei und, sei es infolge dieser oder dals sie S. be- merkten, kurz, — alle drei flogen auf und zum Überflufs noch meinem Kameraden gerade entgegen, — beide Läufe krachten und deutlich hörte ich die Schrote an die harten Federn schlagen, doch schien dieses den schönen Geier garnicht weiter zu genieren, da er einen kleinen Bogen beschrieb und dann in etwas be- deutenderen Höhen Sawitzky wieder über den Kopf flog. Die Grenzposten Cheiw-Abad fanden wir in einem fürchterlichen Zu- stande, von den Offizieren, die mich bei meiner vorigen Reise hier gastlich aufgenommen hatten, war keiner mehr anwesend, da der Regen fast alle Gebäude zerstört hatte. In der ganzen Ortschaft gab es nur ein paar Zimmer, deren Lagen noch nicht eingestürzt waren; hierher hatten die Grenzsoldaten ihre letzte Zuflucht genommen, räumten uns aber dennoch ein Zimmer zur Nacht ein und gaben sich redliche Mühe, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Da es bereits kurz vor Sonnenuntergang war, begaben wir uns nur bis an die nächsten Felswände, um hier noch einiges zu sammeln. Wir hatten uns gerade getrennt und war ich einige hundert Fußseinen steilen Abhang hinaufgeklettert, als sich plötzlich die Luftströmung änderte und eine undurchsichtige Nebelwand mit Windeseile von den Bergen herabkam; fast momentan war ich mit meiner ganzen Umgebung in dichte Wolken gehüllt und vollkommen durchnäfst, dabei beschränkte sich die ganze Aussicht blos auf wenige Schritt, so dafs ich froh war den schlüpfrigen Abhang langsam hinunter zu kommen und über Felsblöcke glücklich die Talsohle zu erreichen. Trotz dieser ungünstigen Witterung hatten wir doch einiges Interessantes gesehen, mehrere Saxicola picata belebten die Geröllhalden, die Hafiznachtigal sang ihr kurzes Liedchen in den Dornengebüschen der Talsohle; ein Nest mit 5 Eiern von Sitia tephronota fand ich an einer Wand, die zugleich die Grenze von Persien und Rufsland bildete. Sawitzky hatte aulserdem noch einen turkestanischen Uhu gesehen, mulste aber gleich mir eilig zum Grenzposten zurück, da der Nebel die ganze Gegend verdunkelte und der Regen immer stärker wurde. Der Aufenthalt im Zimmer konnte aber durchaus nicht als angenehm bezeichnet werden, da es dort kaum noch ein trockenes Plätzchen gab, überall tropfte es von der Lage, die in den Nebenzimmern bereits eingestürzt waren. Wir krochen so rasch wie möglieh auf die primitiv hergerichteten Lagers tätten undwagten esnicht einmal, unsere nassen Kleider auszuziehen, da auch unsere Lage dem Ein- stürzen nahe war und wir eventuell gezwungen werden konnten, auch diesen Zufluchtsort während der Nacht zu räumen. Schlafen konnte man sowieso kaum, denn bald entwickelte sich eine feuchte Hitze unter den Mänteln die wir uns übergedeckt hatten, schliefs- lich brach noch ein Gewitter los, dafs alle Mauern erzittern machte, während dem die wachthabenden Soldaten noch mehrmals in unser 568 Harald Baron Loudon: Zimmer kamen, um sich verschiedene vergessene Gegenstände zu holen. Auch der anbrechende Morgen brachte keine Veränderung; der kleine Gebirgsbach war zum tosenden Strom angeschwollen und schon so hoch gestiegen, dafs nicht viel fehlte, um die Passage unmöglich zu machen. Da wohl keine Aussicht auf besseres Wetter war, liefs ich kurz entschlossen unser Gefährt wieder an- spannen, um nach Kaachka zurückzukehren. Liebenswürdigst halfen uns wieder die Grenzsoldaten aus, indem sie uns mit warmen Mänteln versorgten, da mittlerweile die Temperatur stark gesunken war und der Regen noch dabei den letzten Faden am Leibe auf- geweicht hatte. Bis zur Flufsüberfahrt begleitete uns ein berittener Grenzsoldat, um nach der flachsten Stelle im Wasser zu suchen, es sah beängstigend aus, wie er oftmals bis an den Sattel in die schäumenden Wogen hineinsprengte, wobei das Pferd alle Augen- blick Gefahr lief, durch die zahlreichen Steine im Flufsbett zu Fallzu kommen. Nach vielen vergeblichen Versuchen war endlich die Überfahrt gefunden, auf der aber immerhin der Flufs noch so tief und reifsend war, dafs nicht viel fehlte, um unsere Equipage mit fortzuschwemmen; jedenfalls konnten wir sehr froh sein, ohne Unfall hinüberzukommen. Doch nach kurzer Fahrt haben wir fast alle !/, Kilometer ärgerlichen Aufenthalt, da ein Riemen nach dem andern beim Geschirr zu reifsen beginnt, schliefslich mufsten sogar unsere Flintenriemen herhalten, um die defekten Stellen zu reparieren; in der gröfsten Not erschien wie gerufen ein Dschigitt vom Grenzposten, den die Soldaten uns nachgeschickt hatten, um uns eventuell behilflich zu sein. Je näher wir Kaachka kommen, desto klarer wird das Wetter; überall sieht man durchnälste Mandelkrähen sitzen; vor uns auf dem Wege sucht ein wolkenähnlicher Schwarm Rosenstare Nahrung, auch die Sonne beginnt bald zu scheinen und lockt alle gefiederten Bewohner aus ihren Schlupfwinkeln hervor. Während der folgenden Nacht sollte man uns ein paar Stationen weiter nach Westen nach Artyk versetzen, doch war über Nacht der Sommerfahrplan eingeführt, infolgedessen verschiedene Züge ausgefallen, sodafs wir erst um 12 Uhr mittags dort anlangten. Mein Präparator B. wird, wie es scheint, ernstlich magenkrank und zwar gleich so schwer, dafs er zu keiner Arbeit mehr fähig ist; am 20. hat sich sein Zustand entschieden verschlechtert und läfst deutlich alle Symptome der Dyssenterie verbunden mit Malaria erkennen. S. sammelte aber mit mir zusammen doch noch eine ganze Menge, die auch präpariert wurde. Am 21. passierten wir auf dem Wege nach Geok-Tepe Ascha- bad, und während mein Waggon auf dem Bahnhof einen fälligen Zug erwarten mulste, unternahm ich eine Fahrt in die Stadt, um einige notwendige Besorgungen zu machen. Einen äulfserst an- genehmen Eindruck empfing ich von Aschabad, welches unter seinen dichtblühenden weifsen Akazienalleen gleichsam wie in einem Park lag. Nach der grofsen Tageshitze schien erst jetzt das Leben Reise nach Zentral-Asien. 569 in der Stadt zu beginnen, zahllose Equipagen auf Gummirädern rollten nach allen Richtungen, während die Trottoirs von einer dichtgedrängten, lustwandelnden Menschenmenge besetzt waren; hier und da erleuchten elektrische Bogenlampen die parkartigen Stralsen, und die Luft ist dabei vom Duft ‚der schönen Akazien- blüten fast übersättigt. Geok-Tepe 22. IV. Die Krankheit meines Präparators beginnt immer ernster zu werden und die Reiseapotheke langt nicht mehr; zum Glück fand sich hier ein Feldscher, dem ich die weitere Kur überlassen konnte. Die ausgedehnten Anlagen der Station sind überaus zahlreich belebt von verschiedenen Sängern wie Sylvien, Phylloscopus, Iduna und Acrocephalus, dann indische Sperlinge in ganz enormen Mengen; am Abend ziehen sehr grofse Schwärme von Bienenfressern und Rosenstaren in westlicher Richtung, sogar bei tiefer Dunkelheit konnte ich noch die Stimmen dieser Vögel vernehmen und liefsen sie auf recht grofse Scharen schlielsen. Am 23. April sind wir in Bami, hier ist die Steppe von Heuschrecken so gut wie kahlgefressen und sieht braun und verbrannt aus, nur einzelne kleine Alhagi-Sträucher stehen noch srün da; die üppigen Gerstenfelder scheinen weniger mitgenom- men zu sein, dank der tiefen Gräben, mit denen man sie umgeben hat. Auf dem Bahndamm springen und laufen diese Tiere in grofsen Mengen rasch vorwärts und legen wohl mehrere Kilo- meter täglich zurück, ihr Zug bewegt sich dabei von Westen nach Osten. Selbst auf den Schienen laufen die Heuschrecken in dicht gedrängten Scharen vorwärts und scheinen sich aus den Naphta- Ansammlungen, die sich hin und wieder auf dem Bahndamm befinden, nichts zu machen, sondern springen und laufen munter drüber fort. Ein kleiner Flufs in der Steppe hält die Tiere nur für kurze Zeit auf, dessen ganzes westliches Ufer von den ankommenden Schwärmen besetzt ist, die sich stellenweise mehrere Centimeter dicht anhäufen; als ich eine Strecke gerade dort gehen mulste, sprangen die meisten ins Wasser und bedeckten mit ihren Leibern fast vollständig die Oberfläche desselben. Sehr unangenehm ist es, in einer von diesen Tieren verheerten Gegend Exkursionen zu unternehmen, da man bei jedem Schritt viele Exemplare zertritt, wodurch sich ein klebriger grüner Brei an den Stiefeln ansetzt. Diese Heuschrecken hier gehörten aus- schliefslich einer ganz kleinen nicht fliegenden Art an, die gerade für Transkaspien die verderbliche Spezies ist. Die Vorberge beginnen schon etwa 3 Kilometer nach Süden hin, ihnen vorgelagert liegt ein breites mit Steinen übersätes Feld und trägt die Gegend einen wüstenähnlichen Charakter, bis auf die wenigen verstreuten Weizenfelder und kleinen Ortschaften der Turkmenen. Dementsprechend ist auch das Vogelleben; Lerchen Journ, f. Orn. LVII. Jahrg. Oktober 1909. 38 570 Harald Baron Loudon: in fast allen Gattungen sind sehr zahlreich, darunter die interes- sante Läuferlerche [|Ammomanes| und Brachpieper. Weiter auf den niedrigen Vorbergen ist das kleine graue Steinhuhn Ammo- perdix bonhami und die Ohrenlerche häufig. Schon um 2 Uhr nachmittags nimmt uns ein Warenzug nach Kisil-Arwat mit, da sich mein Präparator noch schlechter fühlt, möchte ich auf jeden Fall einen Doktor zu Rate ziehen. Am nächsten Morgen, den 24. April, werden wir bei der Station Kasan- Dschik, die am Fufs des steilaufsteigenden Balchan liegt, abgehakt. Ein starker Sturm, der viel Sand mit sich führt, bläst aus Osten und obgleich die Sonnenstrahlen die Staubwolken nicht durch- dringen können, ist es unangenehm heifs und trocken. Doch trotz des ungünstigen Wetters gibt es für mich ungemein viel Interessantes, da ich bisher wenig Gelegenheit hatte, meine Sammlung gerade an Gebirgsformen zu bereichern. Überall gibt es Saxicola picata in Mengen, sogar ein Pärchen Ruticilla meso- leuca sah ich aus nächster Nähe, Sitta tephronota führt bereits flügge Junge, ebenso die reizende Scotocerca inquieta. Indem ich auf eine Saxicola finschii schofs, flogen neben mir etwa 5—8 Steinkleiber auf [alles Jungvögel], einer von ihnen setzte sich auf meinen Flintenlauf und ein anderer auf meine Mütze. Schon um 11 Uhr mittags kehrte ich mit reicher Beute zu meinem Waggon zurück, begann zu etikettieren und ordnete an, das Mittagessen zu bereiten, dann sollte der Waggondiener nach S.... ausschauen, da man hier auf ca 2 Kilometer Entfernung sehen konnte. Doch läfst mein Reisegefährte sich nirgends blicken,. — die Uhr wird 12, wird 1, mit jeder Minute wächst meine Unruhe, da ich allen Grund habe zu befürchten, dafs wieder ein Unglück, resp. „Pech“, passiert ist, was ihm nicht allzu selten zuzustofsen pflegte Um 1,2 Uhr lasse ich das Essen aufgeben, da es nun höchste Zeit war, nach dem Kameraden zu suchen, der Waggon- diener ging unterdessen zum Stationsgendarm, da ich fest davon überzeugt war, dafs S.... irgendwo abgestürzt sei oder ihm sonst irgend etwas Unangenehmes zugestolsen wäre. Wie mir zu Mute war, läfst sich nicht beschreiben, da man natürlich mir die Verantwortung resp. Schuld bei einem etwaigen Unglücksfall zuschieben würde. Es vergeht wiederum eine halbe Stunde, der Diener kommt, um zu melden, dafs er nach langem Suchen den Gendarmen gefunden hätte, der ihm gleich folgen würde, — da endlich erscheint Sawitzky, ich traue im ersten Moment meinen Augen kaum, ihn mit heilen Gliedern vor mir zu sehen, und es wälzt sich mir eine Felsenlast vom Herzen. — Er war nur ganz langsam vorwärts gekommen, da ihm die Schuhe und Strümpfe auf den spitzen Steinen vollständig zerrissen waren, auch hatte er unter anderem einen Kleiber geschossen, der sich an einem Abhang versteckt hielt und meinen Kameraden veranlafste, über einen glatten Felsen hinabzurutschen, wobei ihm das Hin- aufklettern erst nach vielen Anstrengungen gelang. Reise nach Zentral-Asien. 571 Jetzt hiefs es, die grofse Ausbeute so schnell wie möglich bearbeiten; da mein Präparator noch immer hierzu unfähig war, mufsten wir beide uns dran machen. Rascher als sonst war auch dieses überwunden, sodafs ich noch eine Exkursion nach den Bergen unternehmen konnte, da ich unbedingt die nächste Nacht zur Weiterfahrt benutzen wollte. Diese Absicht mufste um so bestimmter durchgeführt werden, als uns die Nachricht gebracht wurde, dafs das Hochwasser des Tedschen doch den Bahndamm auf viele Kilometer so weit beschädigt hatte, dafs der Verkehr wohl eingestellt werden mülste und infolgedessen die Anzahl der Züge eine sehr geringe wurde. Ich würde jedem Naturforscher, dem es vergönnt ist, dieses interessante Gebiet Asiens zu bereisen, Kasan-Dschik empfehlen, da gerade von diesem. Punkt aus die interessantesten Touren unternommen werden können. Nicht allein das Tierleben, sondern auch landschaftlich bietet das aller- dings nicht hohe Gebirge der Kyren-Dagh viel interessante Formationen, bizarre Felsformen und vulkanische Erruptions- bildungen. Am 25. April frühmorgens befinden wir uns vor der Station Dschebel, von hier aus beabsichtigte ich eigentlich den grofsen Balchan zu besuchen, doch herrschte wie gewöhnlich ein fürchter- licher Sturm, der unseren ganzen Wagen erzitteren machte und Sand und Staub in solchen Massen mit sich führte, dafs man auf 100 Schritt kaum einen Gegenstand erkennen konnte. Über- haupt ist diese Gegend viel von Sandstürmen heimgesucht, da sich hier gewissermalsen das Tor zwischen dem grofsen und kleinen Balchan befindet, in welchem die kühle Luft des Kaspi- schen Meeres mit der erhitzten der Turanischen Tiefebene zusammentrift. An eine Exkursion war überhaupt nicht zu denken, besseres Wetter mufsten wir sicher einige Stunden west- wärts antreffen, so fuhren wir denn um Mittagszeit in dieser Richtung ab und hatten uns in unserer Voraussetzung nicht getäuscht, schon bei der nächsten Station war der Wind schwach und hörte bald sogar ganz auf. Die durchfahrene Gegend ist die traurigste Einöde, die man sich vorstellen kann; fast vegetationslose Takyrflächen, Flugsand und harte ebene Lehmpartien mit zwerghaften Tamarixsträuchern lösen einander ab, nur die Fata-Morgana zaubert den nahen Michailowschen Meerbusen auf den Wüstensand. Zur allgemeinen Freude fühlt sich der Präparator so weit besser, dafs er zu arbeiten beginnt. Bei der Station Kara-Tängir ist die Luft wie mit einem Schlage verändert, es weht herrlich vom Meere her. Diese Gegend könnte man am besten mit einigen Strecken an der Riviera vergleichen. Der Bahnkörper läuft meist unmittel- bar am Strande entlang, auf der anderen Seite erhebt sich fast unvermittelt das steile Gestein des Kuladagh-Gebirges. Der Ausblick nach Norden hin ist etwas weiter als nach Süden, da 38* 572. Harald Baron Loudon: das Meeresufer weniger Buchten hat, hier ragt eine Felsinsel aus schwarzem vulkanischen Gestein und eine Landzunge aus eben solchen Felsmassen bestehend hervor. Der häufigen Erdbeben wegen sind die meisten Stationsgebäude und Wächterhäuschen aus Holz gebaut. Die Schutthalden sind übersät mit spitzen kleinen Steinen, vielen grofsen Blöcken und zahlreichen Tuffsteinen, die riesenhaften Schwämmen nicht unähnlich sehen. Die Gegend ist in Folge fast absoluten Mangels an sülsem Wasser beinah ganz unbewohnt, bis auf die in gewisser Entfernung stehenden Wächterhäuschen der Eisenbahn. Nach dem langen Aufenthalt in den turkestanischen Wüsten erscheint uns die Meeresluft ganz besonders köstlich, und erquickend wirkt der Anblick des vielen Wassers, den wir lange nicht mehr genossen hatten. Das Vogelleben anbetreffend ist das Meeresufer um diese Jahreszeit recht vereinsamt; einige Seeschwalben, wenige Enten und ein Fischadler wurden bemerkt. Hingegen war auf den Schutt- halden des Gebirgsabhanges das Leben reicher, hier war der schwarzweifse Steinschmätzer Sazicola picata sicher die häufigste Art. Sazxicola finschii und Scotocerca inquieta durchzogen mit ihren Jungen die Nachbarschaft, Steinsperlinge lärmten allent- halben auf den Abhängen, Läuferlerchen beleben die von Steinen reineren Berghalden; um die höchsten Zinnen des Gebirgskammes tummelten sich zahlreiche Segler, darunter Cypselus affinis gallile- jensis. Ein kleiner Schwarm Rosenstare beabsichtigte am Abend auf den Bäumchen des Stationsgartens zu übernachten, wurde aber durch uns gestört und zog in südlicher Richtung weiter. Hiermit findet auch meine Reise ihren Abschluß, am 26. abends ist alles mit dem Einpacken der letzten Sachen beschäftigt und am 27. früh sind wir schon in Krassnowodsk, wo ich noch als letzte Beobachtung zahllose Steinsperlinge auf den Dächern der Stadt verzeichnete, deren Junge ihre Stimmen eifrig erschallen liefsen. Wir finden hier ein ganz leeres Schiff vor, da der Personen- zug der zentralasiatischen Bahn infolge der Verkehrsstockungen ausgeblieben ist. Diesmal legten wir die Fahrt auf spiegelglattem Meere zurück und erreichten am 28. frühmorgens Baku. Zum Schlufs füge ich noch eine kleine Statistik meiner ganzen Reise hinzu: Präpariert wurden 1711 Vogelbälge, 28 Säugetiere und gegen 100 Amphibien und Eidechsen gesammelt, aufserdem schätzungsweise gegen 2000 Käfer zusammengebracht, dieSr. Hohen Exzellenz Peter Petrowitsch Semenow, Präses der Geographischen Gesellschaft, übergeben wurden, ferner wurden mehrere Nester und Gelege gesammelt. Wir haben 12234 Werst zurückgelegt, davon 4194 Werst in dem mir von der Verwaltung der zentralasiatischen Bahn freundlichst zur Verfügung gestellten Salonwagen, was haupt- sächlich zur grofsen Ausbeute der Reise beigetragen hat, da das sonst so zeitraubende Aus- und Einpacken fast vollständig fort- fiel, hierfür bin ich Sr. Exzellenz dem General Uljanin, zur Zeit Direktor der zentralasiatischen Bahn, zu Dank verpflichtet. Reise nach Zentral-Asien. 573 Interessieren wird es wohl jeden Ornithologen, der eine solche Reise unternimmt, zu erfahren, dafs ich allein über 150 russische Pfd. vom feinsten Schrot [Nr. 12] verbrauchte, denn derart feines Schrot ist in wenig zivilisierten Ländern kaum zu haben. (Schluls folgt). Zur ornithologischen Fauna des Moskauer &ouvernements. Neues über die Vögel der Gruppe (Ordo) Palmipedes von @&. J. Poljakoff. Nach der noch mangelhaften Litteratur über die Moskauer Örnithologie der genannten Gruppe sind folgende Arten verzeichnet worden:!) Ordo I. Pygopodes. 1. Podiceps eristatus, L. IR RE nigricollis, L. 3. 55 auritus, L. 4. „ griseigena, L. 5. Colymbus arcticus, L. 6. a septentrionalis, L. 7 R glacialis, L. Ordo II. Longipennes. 8. Stercorarius crepidatus, S. Gm. 9. Larus ridibundus, L. 10. „ canus, L. 11. „. minutus, Pall. Karen. faschs,. L. 1) Zur Zusammenstellung der hier verzeichneten Arten benutzte ich folgende litterarischen Arbeiten: 1. „Primitiae Faunae Mosquensis“ Jo- annes Dwignbsky, 14. Juni an. 1802; 2. „Bemerkungen über d. Vögel d. Moskauer Gouvern.‘“ L. Sahaneeff (Berichte der Gesellsch. d. Liebhaber d. Naturwissenschaften Th. III. 1. 1866); 3. „Einige Bemerkungen über d. Moskauer Vögel v. W. N. Radakoff (ibid); 4 „nevue comparative de la Faune ornithologique des Gouvern. de Moskau et de Toula‘“ M. Menzbier (Separatabdruck d. Bull. de la Sos. Imper. des Naturalistes de Moskau, 1883, N. 3; 5. Verzeichnis der Vögel „Catalog der moskauer Fauna“ Primitiae Faunae Mosquensis (K. A. Satunin, 1892); 6. „Die Vögel des Moskauer Gouvernements“ v. Tb. Lorenz, 1894; 7. Addenda zum Verzeich- nis d. Fauna d. Mosk. Gouvernm. (Primitiae Faunae Mosquensis) K. A. Satunin, 1893; 8. „Die Vögel Rufslands.‘“ 1895. M. A. Menzbier; 9. „Die Jagd- vögel d. europ. Rufsl. u. d. Kaukasus M. A. Menzbier 1902; 10. „Die Fauna des glubokoe Osero. N. W. Woronkoff, I. 1903; 11. „Was können Liebhaber d. Vögel zur Erforschung d. Mosk. Fauna machen?‘ v. Prof. G. A. Koschurnikoff 1904); 12. Beobachtungen d. Vögel bei der hydro- biologischen Station am glubokoe Osero“, II. 1907. 574 G. J. Poljakoff: 13. Hydrochelidon nigra, L. 14. a leucoptera, Sch. 15. Sterna minuta, L. 16. ,„ flwvatilis, Naum. Ordo III. Lamellirostris. 17. Melanonyx arvensis, Brhm. 18. „ segetum, Gmel. 19. Anser anser, L. 20. .„ albifrons, Scopol. 21. ,„ finmarchicus, Gnmer. 22. Chen hyperboreus, Pall. 23. Leucopareia leucopsis, Bechst. 24. Brenta bernicla, L. 25. Rufibrenta ruficollis, Pall. 26. Oygnus musicus, Bechst. 27, „»„ bewickii, Pall. 28.04, olor, S. F. Gmel. 29. Anas boschas, L. 30. Nettion crecca, L. 31. Querquedula querquedula, L. 32. Dafila acuta, L. 33. Mareca penelope, Gmel. 34. Spatula clypeata, L. 35. Chaulelasmus streperus, L. 36. Fuligula fuligula, L. 37. 5 marila, L. 38. Aythia ferina, L. 39. Nyroca nyroca, Güld. 40. Olangula clangula, L. 41. Harelda glacialis, L. 42. Oidemia fusca, L. 43. Mr nigra, L. 44. Mergus albellus, L. 45. Merganser merganser, L. 46. x serrator, L. Ordo IV. Steganopodes. 47. Pelecanus onocrotalus!), L. Nach meinen Forschungen und Beobachtungen, namentlich in den Jahren von 1906—1908, bin ich in der Lage, der vor- gehenden Tabelle mehrere Arten als neu für d. Gouvern. Moskau, beizufügen. 1) Ich führe Stercorarius pomatorhynchus, Temm. u. Phalacro- corax carbo, L. in d. Berichten nicht an, die zwar L. P. Sabaneeff für unser Gebiet anführt, aber nur nach Hörensagen, selbst aber keine Gelegenheit hatte, diese beiden Arten zu beobachten. Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 575 Ordo I. Pygopodes. 1. Podiceps minor, Briss. Ein junger, im ersten Jugendgefieder stehender Vogel dieser Art wurde hier am 22./IX. 19084) am Teiche mit Robhr- bestand, bei dem Dorfe Bunjkowo, im Kr. Bagorodsk, erlegt. Es scheint, dafs dieser kleine Taucher sich in unserm Gouvern. ausbreitet, d. h. er verbreitet sich nach N.O. über die Grenzen seines Vorkommens als Brutvogel in den süd-westlichen Teilen Rufslands, wo er, nach Angaben Prof. M. Menzbiers, in Polen sehr häufig ist, sowie auch im Kiewschen, Ekaterinoslawschen Gouvern. und in Lithauen, nicht selten ist, dagegen in süd-östlich. Richtung das Gouv. Orenburg seiner Verbreitung die Nordgrenze bildet. ?) Es ist nicht vorauszusetzen, dafs dieser Vogel zufällig aus d. N.-West. Gebiet Rufslands verflogen ist, da er nur sehr selten im Gouvernem. Petersburg, Njuland und Wiborg auftritt.®) Aller Wahrscheinlichkeit nach zieht der kleine Taucher nach seinen Winterplätzen längs dem Baltischen Meer, oder nach Polen, wo er nach Aussagen Prof. M. Menzbier’s überwintern soll.%) Ich bin zur Voraussetzung geneigt, dafs der bei uns gefundene Vogel hier in unserm Gebiet ausgebreitet worden ist von einem Pärchen, welches aus d. Gouv. Smolinsk eingewandert ist, wo ihn N. M. Prisowalky gefunden hat.?) In den südlich gelegenen Gouvern. Tula und Orel, wo ihn weder Dr. P. P. Suschkin®) noch Ogneff und A. Efimoff gefunden haben.) Im Gouvern. Rjasan hat ihn M. M. Hamjakoff nur als zu- fällig verflogenen Vogel in seiner Arbeit erwähnt (erraticus).?) 2. Uria brünnichi, E. Sabine. Von dem Auffinden dieser hochnordischen Art im moskauer Gouvern. teilte mir Th. Lorenz folgendes mit: „Mitte November 1902 wurde ein Vogel dieser Art an einem gefrorenen Wassertümpel auf dem Gute des Grafen F. A. Uwaroff „Poretschje“, im Kr. Moschaisk, tot gefunden und mir vom Grafen zur Bestimmung zugesandt.“ 1) Alle angegebenen Daten sind alten Stils. 2) M. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ 1. T. S. 24. „Die Jagd- vögel d. europ. Rufslands und des Kaukasus (ibid.) 3) (ibid.) 4) (ibid.) 5) Jahresberichtder Mosk. Kaiserl. Gesellschaft für Naturwissenschaften. 6) P. P. Suschkin „Vögel d. Gouvern. Tula“ S. J. Ogneff 1908 und Efimoff 1907. Berichte der zoologisch. Abteilung d. Kaiserlich. Gesellschaft d. Liebhaber f. Naturwissenschaft ete. ?), M. M. Hamjakoff „Vögel d. Gouvern. Rjasan‘‘ 1900. 576 G. J. Poljakoff: Später teilte mir Th. Lorenz mit, dafs dieser Vogel in den östlich. Gouvern. von Moskau, Wladimir, Nischnei-Nowgorod und Kostroma in demselben Herbst mehrfach erbeutet worden ist, dann ferner ein massenhaftes Vorkommen dieser Art zur selben Zeit im Gouvernem. Archangelsk, wo er sonst nicht beobachtet wurde, und wurden von dort diese Vögel in bedeutender Anzahl zusammen mit Haselwild auf den moskauer Wildmarkt gebracht. Das Vorkommen der Polarlumme in unserm Gouvernement und im Allgemeinem im Zentralen Teile Rufslands kann nur ein zufälliges genannt werden. Möglich, dafs die Ursache des südlichen Auftretens dieses hochnordischen Vogels in den südlichen Breiten in dem massenhaften Vorkommen bei Archangelskt), das dieses Mal viel intersiver war und infolgedessen er sich in südlichere Gegenden des Reichs verflog, zu suchen ist. Ordo II. Longipennes. 3. Stercorarius pomatorhynchus, Tem. Diese Schmarotzermöwe wurde d. 15.1X. 1908 auf dem Senasche Ösero, Kr. Klin, in drei Exemplaren beobachtet und davon ein Stück, ein junges Q im Jugendgefieder, geschossen. Die am Balge gemessenen Mafse sind folgende: Flügellänge vom Bug bis zur is ee Tarsus’.. ; 2 Mittelzehe mit dem Nagel . N a 2 ohne Nagel. en 0 Schnabel (Culmen) . . » . Som Vom Vorderteil des N asenlochs bis zur Schnabelspitze se Vom Vorderteil des Nasenlochs bis zur Befiederung der Schnabelwurzel .. . „=... Rec Länge des Nagels am Schnabel . . .:. . . . „u „ FAlEs > „ Kiels des Unterschnabels ;. 9.0 „.vder:.Wachshauty ..“; U Ken PINK MS Höhe des Schnabels an der Basis N Länge des Stolses . . 135.0 Die Mittelfedern des Stofses sind“ um 10 Mill. länger als die äulsersten, dagegen die danebenstehenden nur um 6 Mill.2).. Die Enden der beiden Mittelfedern sind mehr abgerundet als die übrigen. Schnabel und Tarsus — stahlgrau; Schwimmhaut vom mittleren Teil der Zehen — ebenso — näher zum Nagel falst schwarz. Iris — dunkelbraun. Alle Federn mit Ausnahme der äulfsersten Stofsfedern, sehr wenig abgetragen und ohne jede Spuren von Mausern, d. h. noch keine Federn des folgenden, ausgefärbten Kleides. Aufser meinen eigenen Beobachtungen kann ich als Beweise noch Beispiele anführen, dafs die Schmarotzermöwe sich zuweilen 1) M. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. I. 68. 2) Die Enden d. äufsersten Stofsfedern sind abgestolsen, | Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 577 in die zentralen Teile Rufslands verfliegt; ich erhielt von Th. Lorenz ein im Jugendkleide stehendes junges 9, welches d. 26. VIlI. 1906 im Jaroslawer Gouvern. Kr. Rostow, auf dem See „Nerv“ erlegt wurde. Im Kreise Uglitsch desselben Gouvern. beobachtete L. P. Sabaneeff einen Vogel dieser Art im Sommer.!) Augenscheinlich verfliegen sich einzelne Vögel dieser Art in unser und des Jaroslawer Gouvern. aus der Anzahl derjenigen, welche im Gouvern. Nowgorod (am Ilmensee) und im Gouvern. Archangelsk beobachtet werden.?) Wahrscheinlich sind es Vögel, die auf dem Zuge auf ihre Winterplätze zum Baltischen Meere sich verirren, um sich dann mit denen aus den Tundren, längs der Wolga auf das Kaspische Meer ziehenden, zu vereinigen. Diese Voraussetzung bestätigt das Fehlen des Vorkommens dieser Schmarotzermöwe in den südlicher gelegenen Gouvernem. v. Moskau und dem schwarzen Meer in der Litteratur. ) Natürlich ist kein Grund vorhanden, derartige Durchzüge dieses Vogels im Moskauer Gouvernem. als periodisch zu betrachten und die Anzahl der Durchzügler als bedeutend; im Gegenteil, der Durchzug in unserm Gebiet und dem angrenzenden Jaroslaw ist sehr beschränkt und besteht aus jüngeren Vögeln; ich bin geneigt, dieselben nur als Zufallserscheinungen zu betrachten und nur in der Herbstperiode vorkommend. 4. Stercorarius parasiticus, L. Die Langschwänzige Schmarotzermöwe wurde hier am 17. VIII. 1908 bei dem Dorfe „Sofino“ im Kr. Wereja, von Herrn M. Körner erbeutet. Der genannte Herr teilte mir folgendes mit: er bemerkte diesen Vogel sitzend auf einer Wiese in einem kleinen Regentümpel, circa 4 Arschinen lang und 2 Ar. breit. Der ge- tötete Vogel wurde von’genanntem Herrn mir liebenswürdig in meinen Besitz übergeben. Das Untersuchen der Geschlechtsorgane erwies, dafs es ein junges Q im Jugendkleide war. In Anbetracht der Schwierigkeit in der Bestimmung der Art bei jungen Vögeln, lasse ich die am Balge gemessenen Malse folgen.) 1) L. P. Sabaneeff „Notizen über die Vögel Moskaus“ 1866. Leider ist es mir unbekannt, in welchem Monat d. Vogel beobachtet wurde, bin aber geneigt zu vermuten, dafs er auch in der zweiten Hälfte v. August gesehen wurde. 2) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands I. 1. 94. 4) ibid. - 3) Nach Aussagen Prof. M. A. Menzbiers ist diese Möwe im Innern Rufslands nicht beobachtet worden, dagegen im östlichen auf dem Zuge auf der grofsen Zugstrafse an vielen Plätzen angetroffen „via Caspia“ M. A. Menzbier „Die Zugstrafse d. Vögel im europäischen Rufsland. 1836. Auf d. Karte bestimmte Menzbier d. Zug über die Gouvernem. Kasan, Nischn. Nowgorod, Kostroma und Jaroslaw. (via Caspia, Autor). %) Die Malse sind v. S. A. Buturlin, dem ich d. Vogel zur Bestimmung sandte. 578 G. J. Poljakoff: Länge des Flügels v. Bug bis zur Kr 1.5) AM. Te Mittelzehe mit dem Nagel . . . . En a 35. N ohne: Z0.Nagel "N. a ee % 30.0 Tarsnaı ua 2 I A R 42.7 Schnabel längs der Firste u “ 273 R vom vordern Teil des Nasenlochs bis zur Spitze . . PR 12.0 „ vom vordern Teil d. Nasenlochs bis zur Behederungas 2... Ws aa * 12.0 Der Nagel d. Oberschnabels . . ... ... (a 13.8 Länge des Kiels d. Unterschnabels . . . . . Ei 8.1 7. 0.7 Wachshauts san. 0%; I SERIE n 13.5 Höhe an der.Schnabelbasis . . :.-.ı IT EL r 10.5 Breite ,„ „ Rn Ba DE r 10.3 Mundspalte van las MRS U ERRE f 38.5 Stols . . “ 136.0 Die beiden Centralfedern des Stofses länger als die äußsersten um 23,5 Mill. Das zweite Paar neben den Centralfedern länger als die äufsersten um 8,5 Mill. Die Enden der beiden Centralfedern etwas zugespitzt; die übrigen abgerundet. Die Kiele der ersten langen Schwingen weils, die 3te weils mit schwarzbraunem Ton; die übrigen Schwingen dunkelschwarzbraun. Der Tarsus stahl- grau; Schwimmhäute — zweifarbig — vom mittlern Teil der Zehen bis zu den Nägeln, bedeutend dunkler als der Tarsus, fast schwarz, zur Basis hin — fleischfarbig, Ebenso ist der Nagel der Hinterzehe gefärbt. Die Nägel an den Vorderzehen sind grünlich, fast schwarz, von derselben Farbe wie die äufsern Kanten der Schwimmhäute. Schnabel — stahlgrau; die Firste desselben schwarz. Iris — dunkelbraun. Alle Federn frisch ohne jede Spur von Mauser, d. h. Federn des folgenden Kleides am Vogel von mir nicht entdeckt. Prof. M. Menzbier beschreibt in seinen Buch „Die Vögel Rulslands“ (T. I, 105): „Im ersten Kleide ist der junge Vogel einfarbig — schwärzlich kastanien- braun, mit lehmfarbigen Endsäumen an den Seitenfedern, Ober- und Unterstofsdecken“. Nach meinem Exemplare jedoch zu urteilen, ist diese Beschreibung nicht richtig, da die dunkle allgemeine Färbung nicht schwärzlich kastanienbraun, sondern mit grauem, oder richtiger mit schiefergrauem Anflug gefärbt ist. Dieser schiefergraue Ton ist nach brieflichen Mitteilungen des Herrn 8. N. Buturlin ein sehr constantes Kennzeichen dieser Art, unterscheidet sie von den andern Arten der Stercorarien in allen Alterskleidern; sogar bei den Dunenjungen ist er sicht- bar. Die Federn der Oberseite haben schmale grau lehmfarbige Kanten, diemehr deutlich aufdem Unterrücken, den Schultern und den Oberschwanzdecken hervortreten. Die Wurzelhälfte der Brust und der Seitenfedern — weils;Oberhälftederselben — dunkel schiefergrau mit schmalen weifslichen Kanten. Die übrigen Federn der Unterseite Be u a u en Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 579 weifslich mit breiten dunkel schieferfarbigen Querstreifen, wodurch sich eine Querzeichnung bildet, welche am deutlichsten auf den Unterstolsdecken, deren Seiten und den Oberstolsdecken ist. Soviel mir bekannt, ist die langschwänzige Schmarotzermöwe, im Centralen Rufsland von niemand beobachtet worden, sondern in litterarischen Berichten nur das vermutliche Durchziehen dieser Art längs dem Flufssystem der pontischen Richtung er- wähnt!) und ist mir in d. Litteratur nur ein Fall bekannt, nämlich: „Berichte über die Beobachtungen der H. Schatiloff über die langschwänzige Raubmöwe im Tamak (auf d. Simasch), welche A.M. Nikolski in seinen „Wirbeltiere der Krim“ anführt (S. 384) ?). Hierher kommt dieser Vogel wies es scheint nur von unserm Norden, da diese Möwe das Mittelmeer nur Östlich bis Italien besucht, wie M. Menzbier das bestätigt.?) Die Nachrichten des Herrn Schatiloff berechtigen noch nicht dazu, diese Schmarotzermöwe als periodischen Durchzügler unserer Centralgouvernements zu betrachten, und ich meinerseits bin geneigt, dieselbe als einen recht seltenen Gast bei uns zu betrachten. annnnannnnanan Zu einer zu den oben erwähnten Arten der Raubmöwen, ziehe ich auch die Schmarotzermöwe, von welcher mir D. J. Tschetwerikoff als von einer schwarzbraunen Möwe mitteilte, die er nahe bei dem Dorfe Amerewo, Kr. Bagorodsk, auf einer Wiese am Flufs Kljasma, am 29. X. 1906 beobachtete. 5. Larus cachinnans, Pall. Ein junger Vogel im Jugendgefieder wurde am 20. X. 1902 auf dem Senesche Ösero, Kr. Klin, von Herrn Dufourmantel er- beutet. Der betreffende Herr teilte mir mit, dafs er im Oktober 1908 drei ebenso grofse Möwen ebendaselbst gesehen hat, so dafs man dieselben auch zu derselben Art ziehen kann. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es dieselbe Möwenart sein, welche ich am 5. V. 1907 über dem Monastirskae Osero, im Kreise Bagorodsk fliegen sah. Die Vögel flogen noch an mir vorbei, so dafs ich mich kaum in der Bestimmung irren konnte, da es weder Larus canus L., noch Larus fuscus sein konnten. In Anbetracht der Schwierigkeit in der richtigen Bestimmung der jungen Larus cachinnans und Lar. argentatus, Gmel. finde ich es nicht für überflüssig, die Mafse des Tarsus und der Mittelzehe, des hier am Senesche Osero geschossenen Exemplars, anzuführen: MISUSs wel 2 NIT]. Go Mittelzehe mit dem Nagel . . unG2 1) M. Menzbier: „Die Zugstrafsen d. Vögel d. europ. Rulsland. 1886. 2) Die Angaben Schatiloff’s eitiert M. Menzbier in seinen „Die Vögel Russlands“ bei Siercor. crepidatus und nicht bei Stercor. paru- siticus. 5) M. A. Menzbier: „Die Vögel Rufslands“ T. 1. 103. 580 G. J. Poljakoff: Obgleich die Mafse der Jungen beider Arten stark variieren und nicht immer einen Halt geben, so ist im gegebenen Falle doch das Verhältnis der Mafse zwischen dem Tarsus und der Mittelzehe des Exemplares v. Senesche Osero, sehr charakteristisch für Larus cachinnans!) Pall. M. A. Menzbier berichtet, dafs diese Möwe teils als Zugvogel, teils als Irrgast zuweilen, aber selten, das Centrale Rufsland besucht, wahrscheinlich alle gröfsern Flüsse wie die Oka, den Don und den Dpnjeper?). Dann ferner dafs diese Möwen im Herbst von ihren Brutplätzen im Norden®) zum Winteraufenthalt auf das schwarze Meer*) und im Frühjahr 'zurück teilweise längs des inneren Flufssystems via Pontica ziehen?). Aufser meinen Beobachtungen im Moskauer Gouvernement liegen Mitteilungen vor über das Vorkommen derselben auf dem Onega-See und auf den Seen des Gouvernements Wolagda®) und schliefslich das Zuziehen dieser Möwe von N. N. Samoff zu den verflogenen Vögeln des Charkowschen Gouvernements. ”) Ordo III. Lamellirostres. 6. Netta rufina, Pall. Ein Exemplar dieser Art wurde bei dem Kirchdorf Goro- dische, auf dem Flufs Kljasma, auf der Fabrik der Herrn Tschet- werikoff, (Kr. Bagorodsk) unter folgenden Umständen erbeutet; am 20. XII. 1906 bei sehr starkem Frost (26° R.) bemerkten Arbeiter der Fabrik, dafs sich eine Ente auf den nicht zuge- frorenen Teil des Flusses, wo das Wasser von der Turbine herabströmt, herabliefs, worüber dieselben einem Meister der Fabrik sofort mitteilten; letzterer begab sich mit einem Gewehr an den Platz, wo die Ente auf dem Wasser safs, und erlegte sie. Es war ein junges 0° der Neita rufina Pall. im soge- nannten Hochzeitskleide; an den Seiten standen noch ein- 1) H. Saunders gibt für alte Q' ad. beider Möwenarten folgende Malse des Tarsus und der Mittelzehe: Larus argentatus, Gm. Tarsus . . Be? " = Mittelzebe mit d. Nagel 2,6 „ cachinnans, Pall. Tarssus . . . . 2,75" ra 'Mittelzehe mit d. Nagel 2,65” Catalog of the Gaviae and Tubinares in the Collection of the "British Museum, Gaviae (Terns, Gulls, and Skuas) Howard Saunders). 2) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslanls“ T. 1. 125. 126. 3) Wahrscheinlich einige Individuen, welche nach Norden von der Wolga und nördl. Dwina bis zum weilsen Meere nisten (M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. I. 125). 4) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1. 125. 126. 5) M. A. Menzbier „Die Zugstrafsen der Vögel“ 1896. 6) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1. 125. 126. ?) N. N. Samoff „Ornithologische Fauna des Gouvernement Charkoff“. 1887. 634. Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 581 zeine nicht vermauserte schmutzig gelbbraune Federn des Jugend- gefieders, auch die nackten Teile und die Farbe der Iris schlossen allen Zweifel, dafs es wirklich ein junger Vogel im ersten Kleide war, aus. Dank der Liebenswürdigkeit des Herrn D. J. Tschetwerikoff, gelangte dieses Exemplar in meinen Besitz. Die Kolbenente hat im europ. Rufsland ihre Brutplätze nament- lich im süd-östlichen Teile, wo ihre Verbreitung nach Norden d. Gou- vern. Ufa und Sisran (Gouv. Simbirsk) ist, einzeln jedoch als Brut- vogel auch im Flufssystem des unteren Don und in Noworossisk vor- kommt.) Aus dem Erwähnten darf man schliessen, dafs diese Art hier eine äufserst seltene und zufällig verflogene Erscheinung ist. Nach litterarischen Angaben sind folgende Localitäten angegeben, in welchen man diese Ente als verflogen beobachtet hat. Polen, die Baltischen Provinzen, das Gouver. Woronesch, Charkofl, Podolien ?) und Orel.?) Th. Lorenz teilte mir mit, dafs im Jahre 1887 im October oder November 6 Exemplare aus dem Gouvern. Nischnei-Nowgorod auf den Moskauer Wildmarkt gebracht wurden. Ordo IV. Steganopodes. 7. Fhalacrocorax carbo, L. Der grofse Kormoran wurde d. 22. XI. 1891 während eines starken Schneesturms, auf dem Gute des Herrn A. A. Euler, im Kreise Wolokolamsk beobachtet. Es waren zwei Vögel, von denen einer geschossen wurde, der andere aber, ganz erschöpft, lebend gefangen; er lebte einige Zeit in der Gefangenschaft. Der eine von den beiden Kormoranen wurde ausgestopft und befindet sich im Besitz des Herrn Euler. Ueber die Verbreitung des grofsen Kormorans in Rufsland, sagt Prof. M. Menzbier folgendes: lebt als Standvogel auf der Kola an den Ufern des Eismeer’s, so auch, aber selten, im Innern derselben; ist nicht selten in den Baltischen Landen; ist Stand- vogel und brütet am schwarzen Meer; nistet am Caspi-See und am untern Lauf der Wolga, längs welcher er sich zufällig bis ins Kasansche Gouvernem. verfliegt. Nistet, zwar nicht so häufig wie an der Wolga, längs dem Flufs Ural bis zum Unterlauf des Fl. Jlok. Kommt zufällig in d. Gouvernem. des Dnjeper und als Ausnahmefälle in manchen Jahren auch als Brutvogel vor. 1) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1. 649. Jagdvögel Rufslands und des Kaukasus.“ Alpheraky. „Die Enten Rufslands“ II. 130. 2) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1. 649. M. A. Menzbier ‚die Jagdvögel Rufslands u. d. Kaukasus T. II. 1373. S. N. Alpheraky „die Enten Rufslands II. 130. 3) S. J. Ogneff „zool. Abteilung d. kaiserlich. Gesellschaft d. Lieb- haber f. Naturwissenschaften u. etc. T. III. N. 9. 1908. 582 G. J. Poljakoff: Früher brütete er auch in Polen, jetzt aber kommt er dort nur als Durchzügler im Frühjahr und Herbst vor. Früher brütete er in den Pinskischen Sümpfen, worüber aber jetzt alle Angaben diesbezüglich fehlen. Als Irrgast ist er in vielen Teilen Finnlands beobachtet worden, so auch im Gouvern. Petersburg. !) S. A. Buturlin sagt, dafs er einen grofsen Kormoran Anfang April 1899 am Iimensee, am Flusse Mosta, im Gouvern. Nowgorod beobachtet hat, dafs er den dortigen Jägern wohl bekannt ist, ob er aber dort brütet, ist nicht ermittelt worden. N. A. Sarudni sah einen verflogenen Kormoran im Gouv. Pskow. 2) Zu den oben citierten Angaben über das zufällige Vorkommen in verschiedenen Lokalitäten des europ. Rufslands kann ich noch hinzufügen, dafs wahrscheinlich die Beobachtungen des Herrn Portanski, im Kursk, Kreise desselb. Gouvernem. im November 1904 u. 1906 sich eben auf diese Art beziehen, da er im russi- schen Jagdjournal „Psowaja i Ruscheinaja Ohota“ 1907. N. 1. darüber berichtete. Nach den angeführten Berichten kann man den grofsen Kormoran als einen der hier in unserm Gebiet sehr selten vor- kommenden Vögel betrachten (errat... In Folge des Mangels von Jlitterarischen Berichten und Beobachtungen in den an- grenzenden Gouvern. von Moskau ist es unmöglich, gegenwärtig zu bestimmen, aus welcher Gegend d. europ. Rufslands uns dieser Vogel zuweilen besucht; doch denke ich, dafs es wohl das Wahrscheinlichste ist, wenn wir als solche die Ostseeprovinzen betrachten. Dank meiner dreijährigen Beobachtungen und Forschungen in unserm Gouvernement ist es mir gelungen, das Brüten folgender Arten, das von den früheren Forschern nur vermutet wurde, zu constatieren, das sind: 1. Colymbus arctieus, L.; 2. Larus canus, L.; 3. Chaulelasmus streperus, L. und 4. Aythia ferina, L. Möglichst kurz führe ich meine Beobachtungen und Erkundi- gungen betreff des Brütens der genannten Arten in unserm Gebiet an. 1. Colymbus arctieus, L. Prof. G. A. Kaschewnikoff in seinem Aufsatz: „was können Ornithologen zur Erforschung der Fauna des Gouvern. Moskau machen‘‘?®) teilt über das Beobachten an der hydrobiologischen Station der Ichthyologischen Abteilung der Kaiserlich. Acclimatisa- tionsgesellschaft mit, dafs dieser Taucher am Glubokoe Ösero, im Kr. 1) M. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1 831. 832. 2) 8. A. Buturlin ‚‚Synoptische Tabelle der Jagdvögel d. russisch. Reichs (S. 110). 3) russ. Jagdzeitung N. 2 1907. Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 583 Rusa, brütet. In der Notiz des Herrn Masoloff „Zur Fauna des Moskauer Gouvernem.* führt er Col. arcticus als Brutvogel auf dem Jurjefschen Osero (See), im Kr. Podolsk, im Jahre 1893 an. Persönlich beobachtete ich den schwarzkehligen Taucher alljährlich auf dem Poleskoe Osero (See) im Kr. Wereja; am Dolgoe Ösero (See) Kr. Moskau. Aufserdem beobachtete ich ein Paar dieser Art im Jahre 1907 vom 28. IV. bis zum 18. V. auf dem Monastirskoe Osero (See) im K. Bagorodsk. Zu meinem Bedauern hatte ich keine Gelegenheit, weiter meine Beobachtungen an dem Paar fortzusetzen, doch bin ich geneigt vorauszusetzen, dafs der späte Aufenthalt des Tauchers auf dem See dem späten Frühjahr zuzuschreiben ist, 18. V., und dafs das Paar sicher in unserm Gebiet brütete. Die mangelhafte Forschung in ornithologischer Beziehung unseres Gebiets einerseits, ferner die eigentümliche Lebensart dieses Tauchers anderseits während der Brutperiode berücksichtigend und auf meine schon erwähnten eigenen Beobachtungen mich stützend, kann ich diese Art als eine hier ziemlich häufig brütende betrachten. Prof. M. A. Menzbier drückt in seinen zwei letzten Werken seine Ansicht dahin aus, dafs der grofse Taucher „in geringer Anzahl im Gouvern. Moskau brütet“!); zugleich nennt er den Senesche Osero Kr. Klin (d. Vög. Rufsl.) als wahrscheinlichen Brutort dieser Art und empfiehlt, entsprechende interessante Beobachtungen über die Lebensart derselben zu machen. Aus meinen Beobachtungen und genauen Erkundigungen am Platze bei ältern Bewohnern und Arbeitern der Fabrik von Prochoroff, die ständig Jäger auf Böten begleiten, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dafs Col. arcticus hier nur als Durchzügler beobachtet wird. Im Sommer 1908 fand ich diesen Taucher ebenfalls nicht auf dem Trostenskoe Osero (See) Kr. Rusa,?) welcher der zweit- gröfste See in unserem Gouvernem. ist. Aufdiese Weise constatieren die angeführten Beobachtungen, dafs das Nisten dieses Tauchers durchaus in keinem Zusammenhange mit den mehr oder weniger grofsen Seen des Moskauer Gouvernem. steht, sondern dafs durch unser Gebiet die südliche Grenze dieser Art als Brutvogel im Centralen Rufsland geht, da es jetzt hinreichend bekannt ist, dafs diese Grenze durch die Gouvernem. Smolensk,°) Moskau, wahr- scheinlich den nördlichen Teil d. Gouv. Rjasam, oder den südlich. 1) M. A. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1. S. 36. u. „Die Jagdvögel Rufsl. u. d. Kaukasus. T. 1. 19. 2) Th. Lorenz, welche d. See im Juni 1891 ebenfalls besuchte, fand ihn dort auch nicht. (Aut.) 3) ist v. W. W. Stantschinski dort als Brutvogel gefunden (Jahres- Abschlufs der Kaiserl. Gesellschaft f. Naturwissenschaft). 584 G. J. Poljakoff: Teil v. Wladimir!) geht, über die Waldseen des Flufstals der Serescha, an der Grenze der Kreise Arsamas, Gorhatoff und des Kreises Nischnei-Nowgorod, des gleichnam. Gouvernements.?) 2. Larus canus, L. Am 29. V. 1908 beobachtete ich eine Bande von fünf Stück dieser Möwe auf dem Polesskoe Osero (See), im Kr. Wereja, und am 1. VI. 1908 traf ich vier Stück (adulte) dieser Art auf dem Monastirskoe Ösero, im Kr. Bagorodsk. Solch spätes Vor- kommen im Frühjahr ist sicher ein Beweis vom Brüten dieser Art in unserm Gebiet, da M. M. Menzbier für den Durchzug im mittlern Rufsland die erste Hälfte des Monats Mai angibt und sogar solche Durchzügler als Spätlinge betrachtet. Im Sommer 1908 erhielt ich die Erlaubnis, auf dem Trostenskoe Ösero (See) Kr. Rusa zu collectieren, welcher breite sumpfige Ufer hat und wo nach Berichten von M. M. Menzbier die Lieblingsbrutplätze der Larus canus im europ. Rufsland sind). Und wirklich beob- achtete ich diese Art am 15. V. bis 17. VIIL, wo sie in der An- zahl durchausnicht geringer als Lar. ridibundus L. war. L. canustraf ich beständig auf dem See, so auch auf den umliegenden Feldern und Wiesen, wobei die Jungen im Nestkleide in der Mehrzahl waren, doch beobachtete ich darunter auch alte Vögel. Solch ein zeitiges Auftreten dieser Möwe auf dem Trostenskoe Osero, deutet entschieden daraufhin, dafs sie auf diesem See brütet, da nach Mitteilungen von M. M. Menzbier junge Lar. canus erst Ende September im Stande sind, ihre Brutplätze zu verlassen?). Ich füge noch, als Beweis dafs diese Möwe bei uns brütet, hinzu, dafs ich dieselbe am 8. — 17. IX. auf dem Monastirskoe Osero und am 16. IX. 1908 auf dem Nerskoe Ösero, Kr. Moskau, beobachtete. Aufserdem ist mir bekannt, dafs diese Möwe auf dem Senesche- Ösero im Kr. Klin brütet, doch scheint es, dafs sie auf diesem See in unbedeutender Anzahl und nicht alljährlich brütet. Auf diese Weise kann diese Möwe nicht nur als Durchzügler, sondern als Brutvogel unseres Gouvernements betrachtet werden. 3. Chaulelasmus streperus, L. Im Laufe meiner fafst elfjährigen Jagden und dann drei- jährigen Forschungen und Beobachtungen im Gouv. Moskau fand 1) M. M. Hamjakoff: „Die Vögel d. Gouv. Rjasan.“ (S. 71) derseibe sagt: dals d. 27. VI. 1893 wurde auf d. Swetloe Osero (See) im Kr. Kassinoff Krauswalde, nahe der Grenze des Melenkoffschen Kr. Gouv. Wladimir, ein O. arcticus erlegt. 2) Vom Brüten dieses Tauchers dort, berichtet Herr Pronski im Jagdjournal „Psowaja i. Ruscheinaga Ohota“, Jahrg. 1897 N. 22 u. Ohota Gasota u. 1898. 3) M. M. Menzbier: „Die Vögel Rufslands“, T. 1. S. 188. *#) M. M. Menzbier: „Die Vögel Rufslands.“ 6) ibid T. 1.8.4199. Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 585 ich nur ein Mal diese Ente als Brutvogel, nämlich am 10. V1l. 1907, auf einen ziemlich grofsen See, mit schwimmenden Ufern, die stark mit Moos bewachsen und näher zum Wasser mit Schilf bestanden waren, im Tschernowski-Nikolsko-Awerkiewschen Krons- walde, Kr. Bagorodsk. Dieser See ist ein ausgearbeitetes Torf- moor, welches im Laufe von circa 20 Jahren ausgegraben wurde, gegenwärtig aber nicht mehr benutzt wird. Die Kette bestand aus neun Jungen; die Alte fand ich nicht, sie hatte sich wahr- scheinlich im hohem Grase versteckt oder ist vordem von Je- mand geschossen worden. Ich traf die Jungen am Morgen gegen 8 Uhr auf einer kleinen Insel versammelt zum Ruhen, im Schatten von Weidengestrüpp, unmittelbar am Wasser. Nach Aussagen eines mir bekannten Jägers wurde in demselben Jahre am 29. VI. eine Kette auf dem Nerkoe Osero, Kr. Moskau, ge- funden. Die Jungen in dieser Kette waren schon flugbar und hielten sich zusammen mit jungen Stockenten, An. boschas L. Ich habe keinen Grund, die Angaben des Jägers zu bezweifeln, doch da ich die dort erlegten jungen Grauenten nicht gesehn habe, enthalte ich mich, diesen Ort als Nistplatz in unserm Gebiet zu constatieren. Alle neun Jungen dieser Ente, welche ich auf dem Dorf- moor im Kr. Bagorodsk fand, erlegte ich und habe dadurch einen faktischen Beweis, dafs die Grauente bei uns brütet. 4. Aythia ferina, L. Diese Tauchente als brütenden Vogel fand ich an folgenden Orten des Moskauer Gouvernements: 1) auf dem Senesche Osero Kr. Klin (eine Kette im Jahre 1907). Nach Mitteilungen eines bekannten Jägers brütet diese Ente dort alljährlich in einigen Paaren. 2) auf dem Troskenskoe Osero, Kr. Rusa, zwei Ketten 1908, nach Aussagen des dortigen Jagdwächters, soll diese Ente jedes Jahr dort in circa 10 Paaren brüten. 3) auf dem Monastirskoe ÖOsero, Kr. Bagorodsk, in je einer Kette in den Jahren 1907 u. 1908. 4) Auf den ausgearbeiteten Torfmooren des Nikolsko-Awer- kiefischen Kronswaldes im Kr. Bagorodsk eine Kette. — 1907. Interessant sind meine Beobachtungen am letztgenannten Ort und auf dem Monastirskoe Osero, insofern, dafs ich die Tafelente nie vor dem Jahre 1907 gesehen habe und nach Aus- sagen von Jägern diese Ente auf dem Trostenskoe Ösero erst seit 10—12 Jahren dort als Brutvogel beobachtet wird. Allem Anschein nach ist diese Ente gegenwärtig als ein ziemlich oft in unsern Gouvernement brütender Vogel zu betrachten. Im Anfang dieses kleinen Aufsatzes, im Verzeichnis der hier von den früheren Forschern notierten Vögeln in unserm Gebiet Journ, f. Orn. LVII. Jahrg. Oktober 1909. 39 586 6. J. Poljakoft: erwähnte ich Colymbus glacialis L., dessen Vorkommen hier ich jedoch bezweifle. Th. Lorenz teilte mir mit, dafs ein Vorkommen des Eistauchers in unserm Gouvernement nicht ganz ausgeschlossen ist und die Möglichkeit nicht so fern liegt, da ein Exemplar dieser Artim angrenzenden Gouvernement Smolensk, im Kreise Sitschewka, erlegt, und von Herrn G. Tschann als Colymbus glacialis be- stimmt worden ist; ich denke aber, obgleich ich diesen Vogel nicht gesehn habe, ihn nicht zu der in Amerika heimischen C. glacialis L., sondern zu dem nordeuropäischen Col. adamsii Grey, zu ziehen, in Anbetracht der Mitteilungen über die Verbreitung des letztern bei uns im Norden.!) Was nun die Mitteilungen Nordmanns?) u. Irby’s betrifft,3) die M. Menzbiert) als Beweisdes Vorkommens dieser Art aufdemSchwar- zen Meere citiert, denke ich, dafs ich das eben so gut auf ©. adamsiv beziehen kann, da, soweit mir bekannt, zur Zeit der genannten Forscher die von denselben citierte Art von der ©. adamsü noch nicht unterschieden war. Da die Jungen dieser beiden Arten dunkle Schnäbel haben, erlaubt es dieser Umstand nicht, der richtigen Bestimmung Glauben zu schenken, so auch das von Russow eitierte Exemplar aus dem Mitauschen Museum, welches dort erbeutet worden ist. Mich auf das Gesagte stützend bin ich geneigt vorauszusetzen, dafs die beobachteten Exemplare des grofsen Tauchers im Mos- kauer Gouvernement (wenn es nur nicht Col. arcticus war) allem Anschein nach nur Col. adamsii Grey, aber nicht Col. glacialis L. sein konnte?). Was nun die übrigen, von mir angeführten Arten im Anfang dieses Berichtes betrifft, sind diese alle in unserm Gebiet beobachtet worden. Auf den ersten Blick ist das Vorkommen hier einiger Arten zweifelnafte), aber möglich; zu Gunsten des letztern sprechen die neuesten Literaturberichte, nach welchem man den Flug der Vögel von ihren Nistplätzen zu dem Winteraufenthalt 1) M. M. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ Th. 1. S. 30. 32; die Jagdvögel Rulslands und des Kaukasus T. 1., 6. 18. Buturlin synoptische Tabelle der Jagdvögel des russischen Reichs. S. 81. 1901. ; 2) Nordmann teilt mit dafs er 2 junge Vögel des Eistauchers auf dem Markt in Odessa. 3) Irby sah diesen Taucher im December in Balaklawa (Krims); A. N. Nikolski in seiner Arbeit „Die Wirbeltiere der Krim“ sagt nach Mitteilungen Irbys, dafs man im December in der Bucht von Balaklawe, Col. glacialis gefunden, doch ist dieses Factum zweifelhaft (S. 386). 4) M. M. Menzbier „Die Vögel Rulslands“ T. 1. S. 38; die Jagd- vögel Rufslands und des Kaukasus T. I. S. 16. 5) Zu meinem Bedauern konnte ich die Beschreibung der hier beob- achteten Col. glacialis nirgends finden. 6) Zu solchen ziehe ich: Chen hyperboreus Pall., Leucopareia leucopsis, Behst., und Pelecanus onocrotalus, L. (Autor). Zur ornitholog. Fauna des Moskauer Gouvern. 587 auf dem schwarzen Meer übersehen kann, und Dank derselben ist es gegenwärtig bekannt, dafs zufällig nordische Formen in noch südlicheren Gouvernements als das Moskauer auftreten und südliche Arten in Gouvernements, die nördlicher als das Gouvernement Moscau liegen!?). Diesen Punkt erörtere ich ausführlich in einem Aufsatze, welcher demnächst in dem Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moskou, erscheinen wird. wu Auf diese Weise ist die Anzahl der Vögel, die Th. Lorenz in seinem Werke „Die Vögel des Moskauer Gouvernements,‘ (1894) anführt, trotz meiner verhältnismäfsig kurz andauernden For- schungen und Beobachtungen in unserm Gebiet um sieben Arten bereichert worden. Die Anzahl der im Anfang dieses Berichtes angeführten Vögel, die meine Vorgänger constatieren, muls somit noch um zwölf Arten vermehrt werden. Aus diesem allen geht hervor, wie wenig für die Ornitho- fauna des Moskauer Gouvernements bis jetzt getan worden ist. Moskau, 25. III. 1909. Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die Mai-Sitzung 1909. Verhandelt Berlin, Montag den 3. Mai, abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren v. Lucanus, v. Versen, Hesse, Bünger, Hantzsch, Jung, Schnöckel, 0. Neumann, Graf Zedlitz, Frhr. Geyr v. Schweppenburg, Krause, v. Treskow, Ehmcke, Schalow, Reichenow, Deditius, Schil- ler, Koske, K. Kothe, Rörig, K. Neunzig, Heinroth. Als Gäste die Herren Staudinger, Brehm, Schwarz, Emmerich, Granzow, P. Kothe und Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende gedenkt mit warmen Worten des am 16. April dahingeschiedenen vieljährigen Mitgliedes Polizeirat Kuschel, der sich als Oologe einen besonderen Ruf erworben hatte. Er veröffentlichte u. a. „Die Vogeleier des aethio- 1) Allenfalls ist das Vorkommen südlicher Formen hier viel un- wahrscheinlicher als z. B. das fast unglaubliche Vorkommen der Somateria spectabilis, L. Ende September 1848 im Gouvernement Woronesch und Marmaronetta angustirostris, M6n. im Gebiet des Ilmensees (N. A. Sewertzoff „Periodische Erscheinungen im Leben der Säugetiere, Vögel und Amphibien im Gouvernement Woronesch S. 410. M. Menzbier „Die Vögel Rufslands“ T. 1. S, 675. 39* 588 Bericht über die Mai-Sitzung 1909. pischen Gebietes.“ Seine Sammlung ging an das zoologische Museum in Dresden über. Die Anwesenden ehren das Andenken an den Entschlafenen durch Erheben von ihren Sitzen. Ferner begrüfst der Vorsitzende den soeben aus Afrika heimgekehrten Herrn Grafen Zedlitz und Herrn Hantzsch, der sich zur Ab- reise nach dem arctischen Nord-Amerikä rüstet. Nachdem die Herren Reichenow und Schalow die ein- gegangene Literatur vorgeiegt haben, gibt Herr Graf Zedlitz einen kurzen vorläufigen Reisebericht. Er war Mitte Januar nach Massaua abgereist und hatte dann seinen Weg über die Dahlak- Inseln nach Arabien genonnmen. Die Brutzeit nimmt auf diesen Inseln im Februar ihren Anfang, und es finden sich im Wesent- lichen nur Seevögel. Er besuchte dann weiter von Massaua aus das Danakilland, wo er etwas mehr Vögel fand, und reiste über das Plateau von Asmara ins Baku-Gebiet. Um diese Zeit kon- centriert sich dort das ganze Vogelleben auf die Plantagen, da das Steppengras abgebrannt ist. Er rühmt das ganz aufserordentliche Entgegenkommen der italienischen Regierung, deren Beamte sehr viel ornithologisches Interesse zeigen. Herr Graf Zedlitz ver- spricht zum Winter nach genauerer Durchsicht seiner Sammlungen einen ausführlichen Bericht zu geben. Herr Hantzsch schildert nun sehr eingehend den Plan, den er für seine Reise nach dem Baffinslande vorbereitet hat. Er gedenkt 3—4 Jahre unterwegs zu sein, und es kommt ihm darauf an, während der Fortpflanzungszeit der dortigen Vögel vom Juni bis August sich im Innern des Baffinslandes aufzuhalten. Das ganze Land übertrifft das deutsche Reich an Gröfse, im Osten steigen die Gebirge bis zu 3000 m an, die Westküste ist flach. Im Innern befinden sich 2 grofse Süfswasserseen. die Flüsse sind fischreich, und wenige Eskimos, deren Zahl man auf etwa 1000 Seelen schätzt, sowie 3—4 Weifse bewohnen diese fast unerforschte Gegend. Die Eingeborenen sind kundige Jäger und Fischer, und es ist von gröfster Wichtigkeit für den Reisenden, tüchtige Eskimos als Begleiter zu finden. Herr Hantzsch gedenkt im September im Cumberland-Sund einzutreffen, will dann im Frühjahr mit Hunden ins Innere reisen und hofft im Mai das Seengebiet zu erreichen. Der Vorsitzende gibt im Namen der Gesellschaft dem be- herzten, bewährten und erfahrenen Reisenden die besten Wünsche mit auf den Weg und betont besonders die sorgfältigen Vor- bereitungen, mit denen Herr Hantzsch seine Reise antritt. Herr Ehmcke bemerkt zu den in der Aprilsitzung vor- gelegten dunklen Stieglitzbälgen, dafs durch Waschen mit Wasser keine Farbenänderung eingetreten sei. Die Mehrzahl der An- wesenden ist aber der Ansicht, dafs durch reines Wasser verrulstes Gefieder nicht zu reinigen sei, sondern Benzin genommen werden müsse. Dr. ©. Heinroth. Bericht über die September-Sitzung 1909. 589 Bericht über die September-Sitzung 1909. Verhandelt Berlin, Montag, d. 6. Sept., abends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. Anwesend die Herren Krause, Jung, Haase, Schnöckel, K. Neunzig, Hesse, OÖ. Neumann, Deditius, Reichenow, Schalow, Heinroth. Als Gäste die Herren Miethke, R. Neunzig, Kracht, Hilzheimer und Frau Heinroth. Vorsitzender Herr Schalow, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende spricht sein lebhaftes Bedauern aus, die erste Sitzung nach den Ferien mit der Nachricht von dem Hin- scheiden eines unserer älteren Mitglieder eröffnen zu müssen. Am 30. August ist in Leipzig Eugene Rey im zweiundsiebzigsten Lebensjahre verstorben. Unserer Gesellschaft hat er seit dem Jahre 1865 angehört. Rey war Berliner von Geburt, geboren im Jahre 1838. In Halle besuchte er die Schule und studierte später Chemie. Nachdem er promoviert, widmete er sich ganz seinen zoologischen Studien, die ihn von Jugend auf beschäftigt hatten. Im Jahre 1869 unternahm er eine Reise nach Portugal. damals zoologisch unbekannt, wie es heute auch noch ist. Die Ergebnisse der Reise beabsichtigte er in einem gröfseren Werke zu veröffentlichen. Leider gelangte dieser Plan nicht zur Ausführung und Rey publizierte nur ein Verzeichnis der von ihm beobachteten und gesammelten Vögel (Journ. f. Ornith. 1872). Nach der Rückkehr von der portugisischen Reise begründete Rey in Leipzig eine Naturalien- handlung, welche sich vornehmlich mit der Beschaffung und dem Verkauf ornithologischer und oologischer Objekte befafste. Nach einigen Jahren des Bestehens wurde das Geschäft wieder auf- gelöst, und Rey lebte nun in Leipzig als Privatmann ganz seinen oologischen Neigungen. Von den vier Männern, die nach der klassischen Periode oolo- gischer Forschung in Deutschland, die durch Naumann, Baldamus, Paefsler, Thienemann charakterisiert wird, für die Weiterführung oologischer Arbeit bei uns tätig waren, ist nur noch einer am Leben: Adolf Nehrkorn. Die drei übrigen Kutter, Kuschel und Rey sind schon dahingegangen. Von den letztgenannten dürfte Rey derjenige sein, der literarisch am meisten für seine Wissen- schaft tätig gewesen ist. Gleich Kutter, der ihn durch umfassenderes Wissen übertraf, suchte auch Rey am Ende der Dinge die Oologie zur Gewinnung allgemeiner Gesichtspunkte für eine systematische Gruppierung der Vögel nutzbar zu machen. Allerdings mit dem- selben negativen Erfolg wie vor ihm Baldamus, OÖ. des Murs und Friedrich Kutter. Von Rey’s sehr zahlreichen Veröffentlichungen dürfte sein Buch: Die Eier der Vögel Mitteleuropas, welches lediglich einen beschreibenden Text zu den Eiertafeln des neuen 990 Bericht über die September-Sitzung 1909. Naumann gibt, für jüngere Oologen mannigfache Anregung bieten. Wichtiger sind seine vielen Arbeiten über die Fortpflanzung des Kuckucks, die von bleibendem Wert in der oologischen Literatur sein werden. Hoffentlich wird Rey’s grofse Sammlung von Eiern des Cuculus canorus, die die Belegstücke zu seinen Arbeiten enthält, nicht zerstückelt werden, sondern als ein Ganzes der Wissenschaft erhalten bleiben. Die Anwesenden ehren das Andenken an den Dahingeschie- denen durch Erheben von den Sitzen. Herr Heinroth berichtigt auf Ersuchen des Herrn Dr. Flöricke den Bericht über die März-Sitzung d. J. (S. 502.) dahin, dafs dieser Herr nicht dem vom Kosmos-Verlag angeregten Tier- und Pflanzenreservat vorstehen soll, sondern lediglich den Aufruf dazu unterzeichnet hat. Herr Reichenow teilt mit, dafs das Zustandekommen des internationalen Ornithologer-Kongresses von 1910 für Berlin nun gesichert ist. Derselbe soll zu Ende Mai oder Anfang Juni statt- finden, und Herr Reichenow richtet die Bitte speciell an die jüngeren Mitglieder um tätige Mithilfe bei den Tagungen. Herr Dr. Brühl, Kustos am Institut f. Meereskunde, wird die Geschäfte des Generalsekretärs übernehmen. Ilerr Reichenow bespricht hierauf die eingegangene Literatur, und Herr Hilzheimer verliest einen Abschnitt aus einen dem 13. Jahrhundert angehörenden Werk. Es ist darin eine Zusammenstellung deutscher und lateinischer Vogelnamen enthalten, die z. T. ganz und gar nicht mehr den jetzt gebräuchlichen Bezeichnungen entsprechen. Herr K. Neunzig berichtet über einen Zuchterfolg Zolli- kofers (St. Gallen). Eine weibliche Blaumeise und eine männliche Lasurmeise erzielten Nachkommen, die vielleicht die Form P. pleskei darstellen. Die Umfärbung dieser Vögel ins Alterskleid bleibt noch abzuwarten. Ferner hat ein Herr aus Australien Herrn Neunzig mitgeteilt, dafs die rotköpfige und die schwarz- köpfige Goulds-Amadine nebeneinander vorkommen, also wohl nurals Varietäten einer Art aufzufassen sind. Dasselbe soll für Poephila acuticauda und P. hecki gelten. Herr Heinroth teilt mit, dafs er im Laufe des letzten Monats mehrere Trupps Kreuzschnäbel im Berliner zoologischen Garten angetroffen habe; in früheren Jahren wurden diese Vögel daselbst nicht beobachtet. Ob es sich dabei um den Kiefern- oder Fichtenkreuzschnabel handelt, konnte nicht festgestellt werden. Herr Kracht berichtet von 5 Kreuzschnäbeln, die im Sommer bei Madrid erlegt worden sind, angeblich eine grofse Seltenheit. Herr Schalow meint hierzu, dafs es sich dabei vielleicht um Brutvögel handeln könne, denn auf den Balearen sei Loxia beheimatet. Dr. ©. Heinroth. 91 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. (Eingesandt bis Juli 1909.) Annuaire du Musde Zoologique de l’Academie imperiale des Sciences de St. Petersbourg. 13. No. 4. 1908. The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XXVL 20. 2 u...3.. 21909. Boletim de Museu Goeldi Vol. V. No. 2. 1909. Bulletin de la Societe Philomathique de Paris. Ser. X. Tome 1. 0. 11::u..2.7°1909. | Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. CLII—CLINl. 1909. The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (9.) II. 1909. N02010.u. 17. The Journal of the South African Ornithologists’ Union. IV. N2.2. 1908 u. V. No. 1. 1909. Örnithologische Monatsschrift. 34. No. 4—8. 1909. Örnithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- gebiet. Herausg. von Victor Ritter von Tschusi zu Schmid- hoffen, Hallein 20. Jahrg. Hft. 3/4. Zeitschrift für Oologie und Ornithologie. Herausg. H. Hocke. 19. Jahrg. No. 3 u. 4. .1909. G.L. Bates, Observations regarding the Breeding-Seasons of the Birds in Southern Kamerun. (Abdruck aus: The Ibis for October 1908). L. F. de Beaufort, Birds from Dutch New Guinea: Nova Guinea. 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Roma X. 1909). 594 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. Prince F. Chigi, Notizie Complementari sull incursione del Syrr- haptes paradoxus nell’ Europa orientale nel 1908. (Abdruck aus: Boll. Soc. Zool. Ital. Roma X. 1909). — Caratteri sessuali e fasi evolutive nel piumaggio dell’ Anas boscas L. (Abdruck aus: Bull. Soc. Zool. Ital. Roma anno XVIII. serie II vol. X 1909). G. Clodius, 6. Ornithologischer Bericht über Mecklenburg (und Lübeck) für das Jahr 1908. (Abdruck aus: Arch. Fr. Naturg. Mecklenb. 63. 1909.) N. Dearborn, Catalogue of a Collection of Birds from British East Africa. (Field Mus. Nat. Hist. Chicago Publication 135). W. Dutcher, The Horrors of the Plume Trade. (The Nation. Assoc. Audubon Soc. Spec. Leaflet No. 21). E. H. Forbush, The Sharp-shinned Hawk. (Nat. Assoc. Audubon Soc. Educat. Leaflet No. 37). J. Grinnell, A Bibliography of California Ornithology. Cooper Ornith. Club of California. Pacific Coast Avifauna No. 5. Santa Clara, California 1909. J. Hammling, Die Zwergrohrdommel — Ardetta minuta — in der Umgegend von Posen. (Aus dem Posener Lande. Blätter für Heimatkunde 1909 No. 7). — Nachtigall und Sprosser. Ornithologische Beobachtungen aus der Umgegend von Posen. (Aus dem Posener Lande. Blätter für Heimatkunde 1909 No. 9—11). R. Heyder, Sommerbeobachtungen an den Teichen von Werms- dorf, Kgr. Sachsen. (Abdruck aus: Orn. Mntsschr. 34. No. 7). A. Jacobi, Schutz der heimischen Tierwelt. (Heimatschutz in Sachsen. I. Sonderabdruck). C. B. Klunzinger, Über das Ergänzungsgesetz zum deutschen Vogelschutzgesetz von 1888. (Abdruck aus: Jahresh. Ver. vaterl. Naturk. Württ. 1909). H. Krohn, Die Gebirgsbachstelze, Motacilla boarula L., als neuer Brutvogel in Schleswig-Holstein. (Abdruck aus: Ornith. Mntsschr. 34, No. 7): E. Leonhardt, u.K.Schwarze, Das Sammeln, Erhalten und Auf- stellen der Tiere. Säugetiere, Vögel, Gliederfülser, Kriechtiere, Lurche, Fische und Niedere Tiere nebst einer Einleitung über Sammeln und Erhalten im allgemeinen. Mit einem Titel- bilde und 79 Abbildungen im Text. (Neudamm, J. Neumann). E. Lönnberg, Notes on Birds collected by Mr. Otto Bamberg in Southern Transbaicalia and Northern Mongolia. (Abdruck aus: Arkiv för Zoologi 5 No. 9). Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 595 J. v. Madaräsz, Zur Naturgeschichte der Wildgänse. (Abdruck aus: Ann. Mus. Nation. Hung. 1909). J. v. Mäday, Der Landes-Vogelschutzbund der ungarischen Schul- jugend. (Pressburger Zeitung 146. No. 168. 1909). E. A. Mearns, A List of Birds collected by Dr. Paul Bartsch in the Philippine Islands, Borneo, Guam, and Midway Island, with Descriptions of thee new Forms. (Abdruck aus: Proc. Un..St.:N. M. 36. 1909). — Additions to the List of Philippine Birds, with Descriptions of new and rare Species. (Abdruck aus: Proc. Un. St. N. M. 36. 1909). C. Ch. C. Mortensen, Teal (Anas crecca L.) in Winter. (Ab- druck aus: Vidensk. Meddel. naturh. Foren. Kbhvn. 1908). OÖ. Natorp, Die Vogelwelt in der Umgebung von Roschkowitz. (Abdruck aus: Ornith. Mntsschr. 34. No. 1). T. Salvadori, Uccelli. Estratto dal Volume 1 o dell’ Opera Il. Ruwenzori. Relazioni scientifiche. Schenk, A madärvonuläs Kiserleti vizsgälata &s eredmenyei (Abdruck aus: „Termeszettu Jomänyi Közlöny“. Budapest 1909). R. Baron Snouckaert van Schauburg, Ornithologie van Nederland. Waarnemingen van 1 Mei 1908 tot en met 30. April 1909. (Abdruck aus: Tijdschr. Ned. Dierk. Vereen. DE DE XL ANN2). W. E. Clyde Todd, A new Warbler from the Bahama Islands. (Abdruck aus: Proc. Biol. Soc. Washington Vol. XXII. 1909). V. v. Tschusi zu Schmidhoffen, Der Zug des Rosenstars (Pastor roseus (L.), im Jahre 1908. (Abdruck aus: Falco No. 1 1909). — Der Adlerbussard (Buteo ferox) in Niederösterreich. (Abdruck aus: Die Tierwelt Nr. 16. 1909). Ornithologische Kollektaneen aus Österreich-Ungarn. (Abdruck aus: Zoolog. Beobachter L. Heft 7 (8)). — Der Zug des Steppenhuhnes nach dem Westen 1908 mit Berücksichtigung der früheren Züge. (Abdruck aus: Verh. u. Mitteil. Siebenbürg. Ver. f. Naturw. 1908). H. Winge, Fuglene ved de danske Fyr i 1908. 26de Aars- beretning om danske Fugle. (Abdruck aus: Vidensk. Meddel. naturh. Foren. Kbhvn. 1909). - 596 Anzeige. Herr Robert Ridgway in Washington schickt dem Herausgeber mit dem Ersuchen um Bekanntmachung Mitteilungen über eine Neu-Ausgabe seines berühmten Werkes „Nomenclature of Colors“, die in deutscher Übersetzung hier folgen: „Wahrscheinlich ist manchem Leser des Journals für Orni- thologie bereits bekannt, dafs ich seit längerer Zeit mit der Bearbeitung einer neuen und vielfach verbesserten Auflage meines 1886 zuerst erschienenen Buches ‚„Nomenclature of Colors“ be- schäftigt bin. Nunmehr habe ich die Freude, anzuzeigen, dafs nach zwanzigjähriger, nur nach Erfordernis unterbrochener Arbeit, diese sehr schwierige und ermüdende Aufgabe vollendet ist und dafs die Vorbereitungen für eine baldige Veröffentlichung beendet sind; die Tafeln werden bereits gedruckt. Die neue Ausgabe wird gegen 1350 Farben in wissenschaft- licher Anordnung zur Darstellung bringen, und diese Farben sind nach einer Methode reproduziert, die eine treue Wiedergabe der Originale in Kolorit und Ton, vollkommene Gleichmäfßsigkeit durch die ganze Auflage und gleichzeitig einen hohen Grad von Dauer- haftigkeit gewährleistet, wie es die gegenwärtig der Farbenkunde bekannten Farben überhaupt ermöglichen. Die Farbenmuster der ersten Ausgabe sind selbstverständlich beibehalten, aber zahlreiche neue hinzugefügt. Begreiflicher Weise ist es un- möglich, alle die zahlreichen Farben zu benennen, aber solche, die unbenannt geblieben sind, können leicht bezeichnet werden durch ein ungemein einfaches symbolisches System, das auch zur Kennzeichnung der Übergänge zwischen den Farben und Tönen dient, so dafs in dem Werke tatsächlich mehr als 5300 Farben- muster benannt oder sonst bezeichnet sind. Kurz, das Werk ist so sorgfältig vorbereitet und ausgeführt, dafs es ohne Zweifel geeignet sein wird, allen Anforderungen der Naturforscher und anderer, die von einer zusammenfassenden Farben-Nomenklatur und zusammengestellten Farbenmustern Gebrauch machen können, genügen wird. Das Buch erscheint in demselben Format wie die erste Ausgabe, ist nur stärker, da es anstatt der 10 Tafeln der älteren Ausgabe 64 Tafeln enthält. Der Preis wird 5 Dollar betragen.“ Robert Ridgway. Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. Namenverzeichnis. s Acanthis africanus 154. — cannabina 154, 353, 412, 414. — linaria 21, 224, 236, 414. Acanthorhynchus tenui- rostris 375. Accentor atrogularis 532. — collaris 224, — modularis 25,419, 501. Aceipiter nisus 15, 339, 400, 497, 592. _ eirrhocephalus 365. Acridotheres tristis 543. Acrocephalusaquaticus26, 359. — arundinaceus 1,25,364, 419. a: 25, 358, 364, 19. — schoenobaenus 1, 26, 359, 364, 419. _ streperus I, 358, 364, 419 Actitis hypoleucos 313. Actodromus minutus 312. Aödon familiaris 563. — galactodes 137. Aegialitis alexandrinus 281, 307. — cantianus 307. — curonicus 307. — dubius 307. — hiatieula 308. — minor 307. Aegithalus caudatus 225, 418 — roseus 225. Aegotheles bennetti 381. — novae-hollandiae 381. — pulcher 381. Agapornis nigrigenis 231, 232. Agrobates galactodes 137. Agrodroma campestris 146. Aix galericulata 232. Alaemon alaudipes 161. — duponti 164. — margaritae 165. Alauda arenaria 173. — arenicolor 172. — arvensis 23, 170, 356, 393, 417, 501. bifasciata 161. bilopha 182. brachydactyla 173. calandra 178. campestris 146. clot-bey 181. eristata 168. duponti 164. macrorhyncha 166. pallida 168. pratensis 146. — theklae 168. Alcedo ispida 19,194, 394, 403. Baer el — spatzi 194. Alseonax djamdjamensis 235. -— pumilus 235. Ammomanes algeriensis 171 arenicolor 171, 172. einctura 172. deserti 171. elegans 172. isabellina 171. — regulus 172. Ammoperdix bonhami 570. Anas acuta 6, 224, 289, 327, 390. — boschas 1, 5, 231, 289, 327, 394, 495, 574, 594. — crecca 1, 6, 327, 391, 496, 532, 595. — chlorotis 383, — clypeata 289. — penelope 5, 224, 289, 327, 496. — querquedula 1, 327, 391, 496. — strepera 5, 25, 224, 327, 390. — tadorna 288. Anser albifrons 232, 574 — anser 224, 574. — fabalis 6, 328, 391. — finmarchicus 574. z LIBRARY —\ +9 I 4 | RR u Y Anthus campestris 146, 415, 416. — candidus 147. — pratensis 22, 146, 354, 413, 415, 416, 501. — rufescens 146. — spinoletta 22, 224, 355. — trivialis 22, 413, 416. Apus apus 20, 350, 403. — koenigi 1%. — melba 102, 191. — tuneti 191. Aquila albicans 258. — belisarius 258. — bonelli 263. — clanga 517. — chrysaötus 224, 259, 277. — fasciata 263. fulva 259. maculata 224. naevioides 258. nipalensis 550. pennata 225, 264. pomarina 224, 498. rapax 258. Archibuteo lagopus 15,340, 400, 498. Ardea alba 282, 544. — bubuleus 283. — ciconia 284. — cinerea 14, 88, 279, 337, 394, 399, 497. — egretta 282. — garzetta 283. — grus 298. — nycticorax 284. — purpurea 224, 283, Ardeola minuta 283. Ardetta 364. — minuta 283, 337, 394, 398, 594. Arenaria interpres 496, Argya fulva 143. — malcolmi 231. Arses kaupi 370. Artamus leucogaster 380, — maximus 380. — minor 380. Ascalaphus savignyi 201. 598 Ascalopax gallinago 311. Asio aceipitrinus 18, 109, 198, 224, 402. — otus 17, 347. Asturcenchroides532,550. — fasciatus 365. — palumbarius 15, 339, 543. Athene bactriana 529. — caucasica 513. — glaux 200. — noctua 200, 347. — persica 200. Aythia ferina 574, 585. Bombycilla garrula 109, 406, 499. Botaurus stellaris 337, 398, 513. Brachyotus aegolius 198. — palustris 198. Bradornis erlangeri 234. griseus 234, microrhynchus 234, neumanni 234. pumilus 234. — sylvia 235. Branta leucopsis 391. Brenta bernicla 574. Bubo ascalaphus 201. — barbarus 201. — bubo 17, 402. — desertorum 201, 202. — maximus 513. — turcomanus 546. Budytes borealis 416. — citreolus 556. — flavus 23, 146, 416. Buteo 108. — buteo 15, 340,400, 498. — cirtensis 255, 277. — desertorum 109, 225, 255. — ferox 257,538, 563,595. — zimmermannae 498. Caccabis petrosa 149, 294. — saxatilis 225. — spatzi 149, 295. Cacomantisinsperatus 382. — variolosus 382, Calamocichla 238. Calandrella brachydactyla 173, 546, 552. deserti 176. heinei 177. hermonensis 173. longipennis 173. minor 176. Namenverzeichnis. Calandrella pispoletta 177. — reboudia 176. — spinoletta 177. Calandritis brachydactyla 173. — minor 176. Calidris arenaria 393. Calliechthrus leucolophus 381. Cannabina sanguinea 154. Calornis metallica 380. Caprimulgus aegyptius 192. — desertorum 149, 192. — europaeus 19, 56, 191, 403. — isabellinus 192. macrourus 381. meridionalis 191. ruficollis 149, 192. saharae 192. — vulgaris 191. Carbo cormoranus 276. Carduelis carduelis 354, 414, 500. — elegans 154. — meridionalis 154. Carine glaux 199. Carpodacuserythrinus224, 414, 500. Casuarius australis 383. — papuanus 231. Cerchneis cenchris 275. — merilla 17, 426. — naumanni 88, 225,275. — sparverioides 231. — tinnunculus 274, 277, 400, 498, _ vespertina 224, 274. Certhia 356. — familiaris 24, 194, 427. Certhilauda desertorum 162. — duponti 164. — salvini 162. Cettia cetti 521. Chaetorhynchus papuen- sis 367. Chalcopsitta 382 chloroptera Charadrius alexandrinus 307, 496. — apricarius 329, 496. — cantianus 307. — curonicus 307. — dubius 6, 307, 329, 392. — gallicus 305. 392, Charadrius hiaticula 224, 303, 496. — himantopus 310. — morinellus224,308,392. — pluvialis 306. Chaulelasmus streperus 574, 584. Chauna derbyana 231. Chelidon urbica 153. Chen hyperboreus 574. zZ aegyptiacus Chersophilus duponti 149, 164 — margaritae 149, 165. Chettusia gregaria 550. Chloris chloris 413, 414. Chroicocephalus ridibun- dus 317. Chrysococcyx meyeri382. — ruficollis 382. Chrysomitris spinus 224, 236, 354, 412, 414. Ciconia alba 284. — azreth 543. — ciconia 12, 284, 336, 398, 464, 497. — nigra 224. Cinclosoma ajax 371. an gallicus 189, 265, 77. Circusaeruginosus 15,253, 339, 497, 514, 522. cyaneus 339. macrurus 254. pallidus 254. pygargus 254. unicolor 522. Cisticola chiniana 233. — cisticola 142. — cursitans 142. — magna 234. — schoenicola 142. — semifasciata 234. simplex 233. Clangula clangula 574. Climacteris placens 375. — scandens 375. -— weiskei 375. Clupöilarus fuscus 318. Clytoceyx rex 381. Coceothraustes cOCCO- thraustes 21, 353, 412. Coceystes glandarius 231. Colaeus monedula407,499. Collocalia esculenta 381. — fuciphaga 331. Collurieincla brunnea 367. — pallidirostris 367. Collurieinela 368. Columba fera 546. — livia 290, 546. — oanas 338, 399. — palumbus 338, 399, 497. — phaeonota 231. — senegalensis 291. — turtur 291. Colymbus adamsii 586. — areticus 573, 582. .— ceristatus 2, 320, 323, 387, 494. — flüviatilis 320. — glacialis 573. — grisegena 1, 2, 224, 2, 324, rufogastra 323, 364, 387. — nigricans 1, 364, 387. — nigricollis 3, 323, 364, 494. — septentrionalis 573. ae garrulus 147,195, 4 — oriolus 147. Corospiza simplex 158. Corvus corax 186. — cornix 351, 407, 461, 499. — frugilegus 407, 464, 35: — krausei 109. — orientalis 550. — tingitanus 109, 186. — umbrinus 186, 189, 539, 560. Corythaeola 108. Cossypha occidentalis 108. Cotile riparia 153. Coturnix 364. — communis 296. — coturnix 14, 296, 339, 3%. — dactylisonans 296. — pectoralis 383. Cracticus destructor 373. — leucopterus 373. — rufescens 373. Crateropus 108. — acaziae 143. — fulvus 143. — numidicus 143. Crateroscelis murina 373. Crex 364. — crex 11, 335, 397. - pratensis 298. Cueulus canorus 18, 198, 348, 402, 498, 559. Namenverzeichnis. Cuculus intermedius 559. — pallidus 382. — poliocephalus 381. Cursorius gallicus 225,305. — isabellinus 305. Cyanistes ultramarinus 144. Cyclopsitta cervicalis 382. — maccoyi 382. — suavissima 382. Cygnus bewickii 574. — cygnus 391. — musicus 574. — olor224, 231, 391, 574. Cynchramus miliaria 161. Cypselus affinis 190. — alpinus 191. — apus 190. — galileyensis 190, 558, 572. — koenigi 190. — melba 191, 543. — pekinensis 562. Cyrtostomus frenata 375. Wafıla acuta 289, 574. Dandalus hyrcanus 515. Delichon urbica 405. Dendrocopus maior 349, 403, 498. — minor 18, 349,403, 499. Deroptyusaceipitrinus231. Dieaeum hirundinaceum 329. Dicrurus eineraceus 231. Diplootocus moussieri 136. Dromaeus novaehollan- diae 383. Dromolaea isabellina 125. — leucocephala 135. — leucopyga 135. — leucura 132, — nigra 155. Drymoedus beccari 372. — brevicauda 372. — brevirostris 372, Drymoica saharae 143. striaticeps 143. Dryocopus martius 18, 349, 403. Kdoliisoma gracilirostre 368. — meeki 368. — poliopsa 368. — schisticeps 368. — tenuirostre 368. Egretta alba 282. Elanus caeruleus 269. — melanopterus 269. 599 Emberizacalandra21, 161, 354, 415. — cia 225. — cirlus 225. — citrinella 88, 354, 415, 501, 510. — hortulana 415, 563. — luteola 88. — miliaria 161. — saharae 160. — schoeniclus 1, 354,415. Enneoctonus rufus 152. Entomyza cyanotis 377. — harterti 377. Eopsaltria australis 373. — parvula 373. Eos fuscata 382. Ephialtes obsoleta 556. Eremophila alpestris 418. — bilopha 158, 182. Erismatura leucocephala 225. Erithacus cyaneculus 31, 363, 423. — moussieri 136. — obsoleta 564. — philomela 224, 423. — phoenicurus 363, 422, 502. — rubeculus 423, 502. — titys 422. Erythropus vespertinus 274. Erythrospiza 159 — githaginea 159. — zedlitzi 159. Erythrura modesta 381. — papuana 381. Estrilda 109. Eudromias morinellus 308. Eudynamis cyanocephala 382. Eupetes castanonotus 372. — incertus 372. — leucostictus 372. — loriae 372. — nigrierissus 372. — pulchra 372. Eurystomus aethiopieus 235. — neglectus 235. — rufobucealis 235. Euscarthmus minor 104. — zosterops 104. Euspiza luteola 566. — obsoleta 538. Euthyrhynchus 379. amantum meyeri 600 Falco aeruginosus 253. — barbarus 270. caeruleus 269. cenchris 275. cherrug 225. chrysaötus 259. cirtensis 255. erlangeri 270, 277. feldeggi 270. ferox 257. gallicus 265. haliaötus 276. lanarius 270. melanopterus 269. migrans 269. naumanni 275. pennatus 264. peregrinus 17,346, 498. pygargus 254. sacer 529. subbuteo 346,400, 498. tinnunculoides 275. tinnunculus 274. — vespertinus 274. Fringilla africana 155. — cannabina 154. — coelebs 353, 412, 500. — hispaniolensis 155. — linota 154. — maderensis 231. — montifringilla 21, 353, 412, 500, 510. — nobilis 591. — spodiogenys 154, 159. — teydea 231. Fringillaria saharae 160. Fulica 364. — americana 103. — atra 1, 12, 103, 298, 336, 397, 497, 514, 516. Fuligula ferina 543. — fuligula 574. — marila 574. Furnarius 592. Gialerida arenicola 167. — carolinae 167, 170. — caucasica 511. eristata 168, 501, 510. deichleri 167. harterti 167, 168, iwanowi 557. macrorhyncha 166. maior 168. randonii 166. reichenowi 167. — superflua 167, 168. — theklae 167. Galerita arenicola 167. Namenverzeichnis. Galerita carolinae 170. — deichleri 168. — harterti 168. — macrorhyncha 166. — maior 168. — randonii 166. — reichenowi 167. — superflua 168. Gallinago coelestis 311. — gallinago 10, 311, 332, 394, 396, 497. — gallinula 11, 224, 311, 334, 396, 497. -- media 224. — scolopacinus 311. Gallinula chloropus 1, 12, 335, 397. Gambetta calidris 314. Garrulus caspius 511. — glandarius 20, 352, 410, 499. — melanocephalus 593. Garzetta egretta 283. — garzetta 283. Gavia capistrata 317. — melanocephala 318. Geeinus flavirostris 532. — vaillantii 194. — viridis 518. Gelochelidon anglica 317. — meridionalis 317. Gennaja lanarius 270. Geoeichla sibirica 225. Glareola pratincola 305. — torquata 305. Glaueidium passerinum 224. Glottis canescens 315. — nebularius 315. Glyeyphila ocularis 376. Graucalus caeruleigriseus 368. — melanops 368. Grus einerea 298, 549. — communis 298. — grus 11, 224, 298, 334, 397. — virgo 549. Gypaötus atlantis241, 277. — barbatus 241. — ossifragus 241. Gyps fulvus 203, 555. — hispaniolensis 203. — oceidentalis 202, 277. Haematopus ostralegus 392. Haliaötus albieilla 498. — leucoryphus 552, 557, 559. Harelda glacialis 574. Helodromus ochropus 314. Herodias alba224,281,282. — egretta 282. — garzetta 225, 281, 283. Heteromyias armiti 369. — cinereifrons 369. Hieraötus pennatus 264. Hierapterhina clot-bekii 181. Himantopus candidus 310, — himantopus 310. — melanopterus 310. — rufipes 310. Hippolais hippolais 420. Hirundo apus 190. — melba 191. — pratincola 305. — riparia 153. — rustica 153, 351, 404. — sawitzkii 547, 558. — urbica 153. Houbara houbara 300. — undulata 300. Hydrochelidon 317. — leucoptera 317, 574. — nigra 3, 224, 317, 325, 388, 574. Hypocharmosyna wilhel minae 382, fissipes Herapterhina cavaignacii 181. Ifrita coronata 372. Iynx torquilla 193, 348, 402. Lalage polygrammica368. — trieolor 368. Lampronessa sponsa 231. Laniarius funebris 235. — lugubris 235. Lanius algeriensis 148. — collurio 20, 351, 407, 499. — ceucullatus 152. — dealbatus 149. — dodsoni 148. — elegans 148, 149. — excubitor 20, 148, 230, 236, 407, 499. —- hemileucurus538, 561. — maior 20, 351. — meridionalis 148, 229, 236. — pomeranus 152. — rutilans 152. Lanius senator 152, 197. — telephonus 152. Laroides argentatus 319. Larus argentatus319, 579. — audouini 592. — cachinnans 318, 514, 579. — canus 318, 387, 495, 512, 573, 579, 584. — fuscescens 318. — fuscus 318, 387, 494, 470, 573, 579. . — ichtyaötos 514. — leucophaeus 280, 318. — marinus 494. — melanocephalus 318. — minutus 388, 495, 573. — ridibundus 3, 224, 317, 325, 387, 468, 495, 573. Leucopareialeucopsis 574. Limicola platyrincha 393. Limnobaenus fuscus 231. Limnocryptes gallinula 311. Limonites minuta 312. Limosa lapponica 395,497. — limosa 332, 395. Linota cannabina 154. Locustella fluviatilis 26, 224, 359, 420. — luscinioides 225. — naevia 359, 420. Loxia bifasciata 224, — curvirostra 414, 501. — pityopsittacus 224, Lullula arborea 24, 356, 413, 417. Luseiniola melanopogon 552, Machaerirhynchus flavi- venter 370. — nigripectus 370. — xanthogenys 370. Machetes pugnax 313. Macropteryx mystacea 381. Macruropsar bevicauda 238. Malacorhynchus mem- branaceus 383. Malimbus gracilirostris 108. Malurus dorsalis 369. — naimii 369. — numidicus 143. — saharae 142. Mareca penelope 289, 574. Namenverzeichnis. Meeistura tephronota 518. Megaloperdix caucasicus 510, 511. Megalurus macrurus 371. Melampitta lugubris 381. Melanocharis bicolor 380. — chloroptera 380. — niger 380. — striativentris 380. Melanocorypha bimacu- lata 553. — calandra 178, 225, 513. — clot-bey 181. — arvensis 574. — segetum 574. Melanonyx brachyrhyn- chus 593. Melanotis caerulescens 231. Melidectes emilii 379. — torquatus 379. Melilestes megarhynchus 377. — poliopterus 377. Meliornis sericea 377. Melirrhophetes belfordi 329: Melithreptus 376. — lunulatus 376. Merganser merganser 574. — serrator 574. Mergus albellus 389, 512, 574. — merganser 224, 389. — serrator 389. Merops apiaster 195, 224. — saharae 196. Merula maxima 514. — merula 123. Microeca flavigaster 369. — flavivirescens 369. Micropus affinis 190. — apus 190. — pallidus 190. Milvus korschun 16, 85, 224, 269, 346, 394, 400, 498. — migrans 269. — milvus 346. — niger 269. — reichenowi 189, 269, 277. Monarcha chalybeocepha- la 370. — gouldi 370. — leucotis 370. — melanonotus 370. albigularis Journ. f. Orn. LVIL Jahrg, Oktober 1%9. 601 Monarcha melanopsis 370. — periophthalmieus 370. Monticola cyanus 124, 225. — saxatilis 124, 218, 225. Morinellus sibiricus 308. Motacilla alba 1, 22, 145, 355, 515, 416. — boarula 23, 355, 510, 515, 594. — citreola 544. flava 88, 146. melanocephala 140. personata 546. sibilatrix 141. stapazina 126. sulphurea 100. trochilus 141. Munia caniceps 380. — castaneithorax 380. — scratchleyana 381. Museicapa atricapilla 406, 99 — grisola 351, 406. — parva 224, 406. Myiadestes obscurus 231. Myiagra plumbea 370. — rubeculoides 370. Myzomela ceruentata 375. — eques 375. — nigrita 375. — nymanı 375. — obscura 375. — pectoralis 375. — rosenbergi 375. Neophron percnopterus 84, 207, 277, 564. Neopsittacus muschen- broeki 382. Neositta striata 375. Netta rufina 580. Nettion crecca 574. Nettopus pulchellus 383. Nicator chloris 108. — laemocyclus 108. Ninox boobook 365. — connivens 366. — maculata 365. — novae-zealandiae 366. — peninsularis 366. — strenua 366. Nisaötus fasciatus 263, 277. — morphnoides 365. — pennatus 264, 402. Noctua glaux 200. Nucifraga caryoeatactes 224, 499. 40 259, 602 Numenius arquatus 9, 281, 315, 332, 395, 497. — phaeopus 39. — tenuirostris 225. Nycticorax ardeola 284. — griseus 284. — nycticorax 14,88, 224, 9 Nyroca elangula 4, 224, 326, 390. — ferina 1, 4, 224, 326, 390, 495. — fuligula 4, 326, 389. — hyemalis 390. — marila 389, 495. — nyroca 4, 224, 326, 3%, 574. Oedicnemus oedienemus 7, 224, — saharae 304. Oenanthe albicollis 126. — stapazina 128. Oidemia fusca 231, 574. — nigra 574. Oreocharis arfaki 379. Öreocincla heinei 370. — papuensis 371. Oriolus galbula 147. — kundoo 559. — oriolus 352, 410. — striatus 367, — viridis 367. Orthonyx spaldingi 371. Ortygometra parva 224. — porzana 11, 335, 397. — pusilla 224. Otis houbara 300. — macqueeni 225. — tarda 11, 224, 300. — tetrax 224, 299. — undulata 300. Ötocorys bilopha 182. Pachycare flavogrisea 375. 4 Pachycophala falcata 374. fretorum 373, gamblei 374. gutturalis 374, leucostigma 374. melanura 374. obscurior 373, pallida 374. poliosoma 374. queenslandica 373. rufinucha 374, soror 374, rufiventris 374, YeisErT Namenverzeichnis. Pandion haliaetus 16, 276, 346, 400, 498, 556. Paramythia montium 380. Pardalotus melanocepha- lus 380. Parus ater 25, 356. Parus atricapillus 225. — borealis 418. caeruleanus 144, — caeruleus 356, 418. — cyanus 225. — maior 24, 356, 418. — mitratus 357. — palustris 225, 418. — pleskei 590. — teneriffae 144. — ultramarinus 144. bergeri 157. domesticus 156, 411. flückigeri 156. griseus 109. hispaniolensis 155. italiae 155. saharae 158. salicicola 155. simplex 158, 561. tingitanus 158. washingtoni 156. Passerina nivalis 415. Pastor roseus 185, 225, 595. Pavoncella pugnax 313. Pelecanus carbo 276. — crispus 514. — onocrotalus 225, 574. Pelidna alpina 311: — cinclus 311. Peltops blainvillei 370. — minor 370. Perdix perdix 399, 497. — petrosa 294. Perisoreus 110. Peristera cambayensis 543, 551, 554. Pernis apivorus 15, 340, 402, 498. Petrocinela saxatilis 124, Petronia petronia 224. Petronius exiguus 513. Phalacrocorax carbo 224, 276, 515, 574, 581. Phalaropus lobatus 393, 49. Phasianus colchicus 223. — septentrionalis 511. — talyschensis 518. — turkestanicus 551,552, = zerafschanicus544, 547. Philemon aruensis 378. — buceroides 378. — cornieulatus 377. — minor 378. — novae-guineae 378. — subtuberosa 378. — timoriensis 378. Philomachus pugnax 224. Phoenicopterus antiquo- rum 285. — roseus 285. Phonygammus jamesi 367. — purpureoviolacea 367. Phyllopneuste sibilatrix 142. — trochilus 141. Phylloscopus borealis 237. — collybita 225. — flavescens 141. — rufus 30, 361, 420. — sibilator 30, 361, 420. — trochilus 30, 141, 361, 420, 501. Pica bactriana 529. — leucoptera 509. — mauritanica 185. — pica 20, 352. Picoides tridactylus 224. Picus leptorhynchus 551, 554, 557. — minor 194. — numidicus 19. — pelzelni 518. — viridicanus 19, 350. — viridis 19, 349, 592. Pinarochroa moussieri 136. Pinicola enucleator 500. Pisorhina erlangeri 198. — scops 199. Platalea leucorodia 281, 285. Ploceus nigerrimus 108. Pluvialis apricarius 306. Podargus cuvieri 381. — ocellatus 381. — papuensis 381. — phalaenoides 381. — strigoides 381. Podiceps auritus 573. — cristatus 320, 573. — fluviatilis 320. — griseigena 573. — minor 320, 575. — nigricollis "573. Podoces panderi 538, 539, 562. Poecilodryas albinotata 369. — bimaculata 369. Foecilodryas caniceps 369. — hypoleuca 369. — pachydemas 369. Poeocephalus 108, 109. P6öplıilla hecki 590. Pomatorhinus isidorü 373. — rubeculus 373. Pomatorhinus temporali 373. Pratincola caprata 559, 563, 564. — rubetra 31, 136, 363, 422, 502. — spatzi 135. Prionoteles temnurus 231. Pristorhamphus versteri 380. Procellaria kuhlü 319. Pseudaötus bonelli 263. Psittacella brehmi 382. — madaraszi 383. — pallida 383. Psophia undulata 300. Psophodes lateralis 372. Pterocles alchata 294, 538, 539, 549, 561, 562, 563. — arenarius 292%, 538, 552, 562. — coronatus 293. — setarius 294. Pteroclurus alchata 294. Ptilotis analoga 376. — chrysops 377. cinerea 377. flava 377. flavistriata 377. frenata 376. gracilis 376. guisei 377. macleayana 377. notata 376. orientalis 376. plumbea 377. polygramma 377. saturatior 377. subfrenata 376. Puffinus cinereus 319. — kuhlii 319. Pyenonotus nigricans 88. Pyrenestes coccineus 231. Pyromelanaleuconota 504. — nigrifrons 504. ron leucogastra 141. — melanocephala 140. — typica 141. Pyrrhocorax alpinus 410, — graculus 410. Namenverzeichnis. Pyrrhula europaea 21, 354, 503 — pyrrhula 21, 414, 500 — vulgaris 119. Querquedula castanea 383. -- querquedula 574. Rallicula forbesi 383. Rallina tricolor 383. Rallus 364. — aquaticus 11, 297, 334, 497, 518. Ramphalcyon 238. Recurvirostra americana 103. — avocetta 103, 118. Regulus ignicapillus 357. — regulus 357, 418, 501. Remiza pendulina 224. Rhamphocorys clot-bey 158, 181. Rhea darwini 231. Rhectes clarus 367. — cristatus 367. — dichrous 367. Rhipidura atra 370. — gularis 370. — rufifrons 370. Rhyacophilus glareola314. Rhynchaspis clypeata289. Rhynchophilus gareola 314. Riparia 108, 109. — riparia 20, 405. Rufibrenta ruficollis 574. Ruticilla mesoleuca 570. — moussieri 136. Saxicola albicollis 126. amphileuca 126, 128. aurita 126. cachinnans 1532. caterinae 126, 127. deserti 127, 129. erythraea 131. finschi 513, 570, 572, halophila 131. homochroa 129. isabellina 125. 538, 563. — leucomela 546, 557. — lugens 130, 131. — moesta 127, 130. — oenanthe 31, 125, 422, 502, 593. — occidentalis 126, 128. — opistoleuca 535, 546. Feemeaell 130, 603 Saxicola philothamna 130. — picata 570, 572, — rubetra 136. — stapazina 126, 231. — tephronota 570. ' — vittata 535. Scolopax arquata 315. — gallinago 311. — gallinula 311. — rusticola 11, 310, 334, 396, 470, 497. Scops aldrovandi 199. — giu 19. — obsoleta 532, 550. — zorka 199. Scotocerca inquieta 570, 572. — saharae 142. Scotopelia 108, 109. Seleucides ignotus 503. Sericornis citreogularis 371. — nigrorufa 371. Sitta caesia 101, 194. — cinnamomeiventris 231. — parva 513. — tephronota 567, 570. Snethlagea minor 104. Somateria mollissima 118, 389. — spectabilis 587. Spatula clypeata 5, 224, 289, 326, 390, 495, 574. Sphecotheres flaviventris 367. Squatarola squatarola 392, 496. Stephanibyx 109. Sterna anglica 317, 560. — cantiaca 316. — caspia 316. — fissipes 317. fluviatilis 316, 574. — hirundo 316, 325, 388, 49. — leucoptera 317. — minuta 316, 574. Stercorarius crepidatus 573. — parasiticus 387, 494, 577. — pomarinus 494. — pomatorhynchus 574, 576. Stictoptera bichenoviü 380. Stoparola conspicillata 139. 40* 604 Stoparola subalpina 139. Strigiceps cineraceus 254. — swainsoni 254. Strix accipitrina 198. — arfaki 366. — delicatula 366. — flammea 18, 88, 200, 402. — giu 19. — passerina 200. — scops 199. — tenebricosa 366. Struthio massaicus 103. Stryx brachyotus 198. — numida 200. Sturnus caucasicus 512. — unicolor 184. — vulgaris 20, 184, 352, 410, 499. Surnia ulula 402, 498. Sylvia atricapilla 25, 358, 419. — cisticola 142. conspicillata 139. — curruca 217,#419, 501. galactodes 137. leucopogon 139. — melanocephala 140. mystacea 535. — nisoria 25, 224, 358, 419. — passerina 139. — rubiginosa 137. sibilatrix 142. subalpina 139. sylvia 419, 501. trochilus 141. Sylochelidon caspia 316. Syrnium aluco 347. Syrrhaptes paradoxus 397, 594. Tachybaptes minor 320, Tadorna belonii 288. — cornuta 238. — tadorna 288, 391, 496. Talegallus jobiensis 383. Telephonuscucullatus 152. — erythropterus 152. — tschagra 152, Tetrao alchata 294. — arenarius 292. — coturnix 246. — petrosus 294. Namenverzeichnis. Tetrao tetrix 14. Tetrax campestris 299. — tetrax 299. Thalasseus cantiacus 316. Tinnunculus alaudarius 274. — cenchris 275. Todopsis cyanocephala 369. — wallacei 369. Totanus calidris 314. — canescens 315. — fuscus 8, 224, 393. — glareola 9, 224, 314, 332, 394. — glottis 315. — hypoleucos 313. — littoreus 8, 314, 331, 394 497. — ochropus 8, 224, 314, 331, 394. — pugnax7, 331, 393, 497. — totanus 8, 331. Tringa alpina 311, 330, 393, 496. | — calidris 314. — ferruginea 330, 393, 497 — glareola 314. hypoleucos 313. littorea 315. maritima 100, 395. minuta 312, 497. ochropus 314. pugnax 313. schinzi 312, 395. temmincki 312, 394. vanellus 309. — variabilis 311. Tringoides hypoleucus 7, 313, 330, 393. Trochalopterum ningpo- ense 231. Troglodytes pallidus 529. — troglodytes 419. Turdus alpestris 223. — atrigularis 225, 551. — cyanus 124. — deichleri 236. — dubius 225. — fulvus 143. — hodgsoni 554. — iliacus 31, 362, 421, 422, 501. wg Turdus leucurus 132. — merula 31, 123, 363, 502. — musicus 361, 421, 422, 501. — naumanni 225. — pilaris 224, 413, 421, 422, 501. — roseus 18h. — ruficollis 225. — saxatilis 124. — viscivorus 31, 236, 362, 421, 501. — vulgaris 123. Turtur aegyptiacus 291. — auritus 291. — communis 291. — senegalensis 87, 291. — turtur 14, 231, 291, 339, 399. — vulgaris 291. Ulula aluco 518. Upupa alaudipes 161. — epops 197, 403, 499. — pallida 197. Uria brünnichi 575. — gıylle 494. Urinator arcticus 364, 387. — lumme 387, 494. Urospizias approximans 365. Wanellus eristatus 310. — vanellus 6, 309, 329, 393, 496. Vitiflora leucopyga 135. Vultur kolbii 203. — monachus 225, 231, 548. — oceidentalis 203. — perenopterus 207. Xema ridibunda 317. Zenaidura carolinensis 231. Zonerodius heliosylus 383. Zosterops 109. — albiventris 376. — cerissalis 376. — delicatula 376. — vegeta 376. _ > BL WHO! Library - Serials