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Beiträge zur alten Geschichte.

In \'cibindune mit

Fachgenossen des In- und Auslandes

C. F. Lehmann-Haupt,

a. o. l'roles;or der alten Ge^chieliii; an der Universität Berlin.

und E. Kornemann,

a. o. Professor der allen GescliKlUe an der Universität Tiibinsren.

Fünfter Band.

Mit 1 Karte und (> lUustrationen.

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i.

Leipzig

Dieter ich 'sc he Verlagsbuchliandlung

Theodor ^\'eicher

1905.

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PrT'nfM in G^many

INHALT. ^

HKI.ÜCH, .1., Griecliisclie Aiifffebote I . . 341-374

IJRt'X'CIA, Iv, iMitiulate I. il Graiiiie di l'artia 39—54

ÜÜSOI/T, G., 'riiukytlides und der theiiiistokleisclie Mauerbau. Ein Bei- trag zur Sachkritik -'.55— -279

HCTTMOK-WOBST, tu., Studien zu I'olybios 93-103

Attalos 11. und Nikomedes Monodus JOS.

FERGUSON, W. S., Atheuian politics in tlie earJy tliird Century . . . 155—179

GKOEBE, ?., Trinmph über die Taurisker (CIL V -2, 8-270) . . . .,;:. 104— lOG

Die Obstrnktion im röraisclien Senat -229-235

HIRSCIIFELD, 0., Nocliraals der Endtermin der gallisclien Stattiiaiter-

scliaft Caesars 23G— 240

HOLZAPFEL, L., Der Endtermin der gallisclien StaltlLaitersciiatt Caesars 107—116 KIEPERT, R., Zur Lage der bitliynisclien Stadt Daskylion und des

Daskylitis-Sees -241-243

Die Poikile Petra bei Seleukia in Kilikien . 340

KORNEMANX, E., Polis und Urbs 72-92

Zum Streit um die Entstellung des Monumentum Ancyranum 317—332

KÖHLER, A., Reiclisverwaltung und Politik Alexanders des Großen . 303— 3IG

LEllMAiW-IIAUPT, C. F., Zur Arsakiden-Aera 1-28-130

Hellenistische Forschungen ;

2. Seleiikos, König der Makedonen 244—254

3. Zur attischen Politik vor tiem cliremonideischen Kriege 375—391 MEYER, EDUARD, Nachwort zu Ferguson ,Athenian iiolitics in tlie

early tliird Century" 180—183

NORDIN, R., Aisymnetie und Tyrannis 392—409

REGLING, K., Ausgleichung von Münzfüssen 124—127

SOKOLOFF, TIL, Zur Geschichte des 3. vorchristlichen Jahrhunderts.

III. Das jiihrliche Nemeenfest 219—228

SOLTAU, W., Inwieweit kann die Apostelgeschiciite als historische

Quelle gelten? 117—123

STÄHELIN, F.. Die griechischen Historiker-Fragmente bei Didymos 55—71: 141 154

THULIN, C, Eine Polygonalmauer aus mykenisclier Zeit 336—339

WENIGER, L., Das Hochfest des Zeus in Olympia:

IL Olympische Zeitenordnung 1—38

III. Der Gottesfriede 184—218

WILHELM, AD., Inschrift aus Kyzikos 293—302

WOLTERS, P., Die Dauer des Vesuv-Ausbruchs im Jahre 79 ... . 333—335

MITTEILUNGEN UND NACHKICHTEN.

131—140; 280—292; 410—417. Darin:

BELOCH, J., Eingesandt 291—292

BORCHARDT, L., Die diesjährigen deutschen Ausgrabungen in Ägypten 410-412

Seite

COSTANZI, V.. Aucoia la tetiardiia tessalica 413—415

mi.I.KK V. OAKRTRINGE.V, F., Eiu^'esaiuit 140

OINZEL, F. K., Über Neugebauers abgekürzte Tafelu : 1. der Sonne und

des großen Planeten; 2. des Mondes 285—287

GROEBK, I'., Ein neuer Ziegel aus Terracina 284—285

KAZAKOW, G., Zum Monnnieutum Ancyranuin 41G

KORiNEMANN, E., Zur neuen Livius-F^pitoiue 135

Eine neue Weitcbronik aus Ägypten mit Illustrationen . . 287 290

Kaiser lladrian 290—291

KOKTE, A., Zun) Orakel über die ifp« öyj'ßs 280—282

l,i':HiMANN-HAUPT, C. F., Zu Sarapis 133—134

Die Residenz Tukulti-Ninibs 1 413

Zum Titel unserer Zeitschrift 417

Mi'NZER, F., Anmerkungen zur ueueu Livius-Epitome ... 135—139

SUNDWAEL, J., Bemerkungen zur Prosopograpliia attica . 131—132; 282—284

Personalien 292; 416

Namen- und Sachverzeichnis (,11. THÜMMEL) 418-424

lierichtiguugen 140; 292; 424

Das Hochfest des Zeus in Olympia.

Von Ludwig Wolliger.

II. Olympische Zoiteiiordiiiiug.')

1. Die Ol ympiscliu Pentaeteris.

Im (Iriticii ülyinpischou Sicgcslied erzählt Findar. wie Herakles eleu Ölbaum von den Hyperboreieru «eliolt habe, um Sehattenbringer für den Festplatz des Zeus und schönster Preis der Tüchtigkeit zu werden: ..Denn bereits ließ ihm. nachdem seinem \'ater die Altäre mit Opfern gefüllt waren, die mouatteilende Mene auf güldenem Wagen dahinfahrend des Al)ends volles Auge entgegenleuchten, und der großen Kampfpreise heilige Entscheidung und den fünfjährigen Zeitraum zugleich setzte er an den hochheiligen Ufern des Alpheios ein." V. 33: rj'J»; /«o amn nurqi uhv ßmuwv äyiadevtmv öixoinpnc olov xQvdäqi^ittTOQ ianeoag (xpdalfiav dvTSffi/.e'Ss Mijra. /.ai iitya/MV ücO/mv äyvüv y.qidiv y.al navraeitjQiä' aßä ,'>^x£ La!h'o(g ctj) xotjiiroTc 'Alifsov. Zu diyj^D^vic heiuerken die alten Schollen:

..Der Wettkampf findet das eiiu' Mal nach 49 Monaten statt, das andere Mal nach .lO. Daher wird er auch das eine Jlal im Monat Apollonios, das andere Mal im Parthenios vollzogen": ylvHrni Se 6 uywv TTOTt f.iEv Jiä /(^' /.trjviur, note de Sic) v'' ö!}ev xal nors fisv tcjj 'AnoX- Amriiv ,'irjit, non dt nj] üagderio) emreieTrai (3.35 g. Draclim.). Damit stimmt eine von Greswell mitgeteilte Stelle aus Porphyrios Schollen zur Ilias'-): ..Die Dichter bezeichnen die Panegyris als fünfzignujnatige, weil die Olympien abwechselnd nach öO und 49 Monaten gefeiert verden": xfM luiv 'Olvfimmv de ei'«/AaS äyoi.ievmi' diu nevtrjxovTa /.iriVwv y.al leGGaga- xovia h'veu ol noitjrcti ,Tti'r»jxorr«/n^)'o)' (fuoi ri]v rravrjyvQiv, Um den Ausdruck TievDjxorrä.tnjroj zu begründen, sind hier die .JO Monate zuerst genannt und dann die 49; für die Sache ist dies ohne Bedeutung, da die Zahlen nicht zu den Monaten Apollonios und Parthenios in Beziehung

1) ,,I. die Oi'dnung der Agoue" .s. diese Beiträge, Bd. IV S. 125— I.tI.

2) U. 10, 2.i2 p. 148 s. Sehr. Greswell. Om/incs cal. Hell. :>, 497.

HPitrÜEo 7. alten Gescliicbte VI. '^

28

2 Ludiciy Wenige»;

gesetzt werden. ') Die Stellung der Worte in dem l'indarscliolion ergibt, das.s nach 49 Monaten Apollonios. naeii ÖO Monaten Vaitlieuios Festzeit war. Natürlich sind die Monate solche, die in Olympia .sell)st Geltung hatten, nämlich elische. I'isatische Monate hat es nie gegeben. Die immerhin merkwürdige Erseiieinung erklärt sich aus dem Wesen der Pentaeteris, richtiger Tetraeteris, welche die Hälfte eines achtjährigen Schaltkreises bedeutet und zu dessen Ergänzung einer zweiten Tetraeteris. als der anderen Hälfte, bedarf. Denn das Wesen der Oktaeteris besteht darin, daü der Unterschied des hellenischen Mondjahrs von :^.')4 Tagen und des Sonnenjahrs von Siiö'/i T.. d. i. jährHch U'/j T.. in acht Jahren ;•() Tage ausmacht, welche in drei Monate zerlegt werden, deren jeder an geeigneter Stelle des achtjährigen Ganzen cingesclialtet wurde. So kommen für die Oktaeteris Uli -|- 8 = 99 Monate heraus, und es leuchtet ein. dali die Zwischenräume der Olympien von 49 und "lO Monaten auf der Zweiteilung dieser Summe beruhen.

Über die Lage der elischen iMonate Apollonios und l'arthenios ist von neueren Chronologc^u eingehend gehandelt worden.-) Aber da ein sicheres Ergebnis l)isher nicht erzielt worden ist. und weitere Untersuchungen auf der Einsicht in die Grundlagen des ehschen Kalenders aufgebaut werden sollen, so nmß die Forschung den betretenen Weg eine Strecke lang nochmals durchwandern, um alsdann. Schritt für Schritt weiter tastend, in die Erkenntnis der wohldurchdachten, aber in Dunkel gehüllten Zeitenordnung des olympischen Gottesdienstes einzudringen.

Die Grundlage bildet das fehlerhaft überlieferte alte Scholion zu V. 33 derselben dritten olympischen Ode Pindai's-'): i[6rj yuQ urtw: neo) rov XQovov na^' ov ayerai tu olvfxnia /.ail^ sxäanjv ö/.vj-nnüda. xa'i xtu/i . . 6 rd TifQiyAsiwv öi)yxar(('jac (fi]<nv ovtwg' ttqwtov /.lev nvv navrög nsoiodov avre- t^tjxev ev rfj tjieQa. ao/ttv vovurjvlav I-Hjvoc. oc Owovitcäc ev ijhSt ovofutt,Erca negl uv XQOnal ij/.iov yivovTat ;(f(.|(ifon'«t. /.m it« oLvnnia üysini r^ iii]vi. evog de övroc äta(fSQÖriu)v rfj tuoa. tu fisv uQXofisva i7g oncögac de vir avtov rov üoxrovQov. an 6e z«! äyeiai ö ((ycjv y.al «rröc 6 nivSanag

I) Vgl. Paus. 5, 1, S 'Af,t}.i'or öl'Ei'ch'fii'ojVd yert-aD-ci' tovtov Tov'Kvih\uUovoi e/.l^yijf •fv.ifiy loitijiftjyni. itc) (vi; 'h-ycTi-ijfi c.Itü yi'-voivTO tx Tr^i IHiiv TiffTi/-

X 0 )■ T (!.

■I) Viil. V. Sybi'l. Hcniicx :,. IbTU, S. 192tf.: lluger, Fhlhloy. Z'i, IST-l, S. i!27ft".; iNis.sen, Hl(. Miisimn 40, 1885, S. 349ft'.: A. Mommsen, Über die Zeit der Olympien ISSU und ihizii Uugt'i-, Berl. Phil Wocken.ichr.. 1892, S. 948 ff.: Ungev, Griechische Zeitreclinuag, in Iwan Müllers Handhucli 1-, 1892, S. 7i4ff-, besonders ITlfi.

:i) Der Güte des lieimgegangenen Tyclio ilommseu verdanke ich .seine .Alischrift der Ambrüsiaui.schon Handschrift. Audi die Breslauer Handschrift A der Uhedigersclien IBibliothek, welche aus deru Andjrosianus geflossen ist, konnte durch freundliclie Veruiittelung llarkgraffs uochinals eingesehen] werden. Jetzt ist durch Drachmanns Ausgabe die Überlieferung vollends gesichert.

29

Das Hochfest des Zeus in Oh/mpia. 3

Der Text l)iotet ein Zitat aus einoiii Schriftstellor. dessen Name in ileiii liitselliaften xwfi . . versteckt liegt. Wer gemeint ist, gellt aus einem Sclidlion zu Platdus Phaidon p. S'.) hervor, das sieh, wie das unsere, auf Herakles und die Olympien bezieht. Zur Erklärung des liekannten Sprich- worts ,7Tooc 6vo oiJf)' 0 'HoaxXiy wird nämlich (auf Grund der Über- lieferung des Echephyllidas) erzählt, wie der Heros, von beiden .Molioniden verfolgt, sich durch einen Trunk ans dem Miilichen an der Straße von Elis nach Dyme geiaht habe, das er »jJi' vSmq nannte, und das danach bei den Eleiern in ihrer .Mundart noch späterhin ßndr YScoo hieß. Dann heißt es weiter: de aika v.ai (I'&QSxvärjC y.al hwunoy^oc xul "Iotqo? iv roTc 'Hhuxol: taiooovai. So gewinnt man den XanuMi Komarchos. der offenbar in dem, mit dem Zeichen der Abkürzung versehenen ymü ent- halten ist. und der auch sonst vorkommt, i) Das Wort gibt einen ganz vernünftigen Sinn: es bedeutet dasseli)e. wie unser Schulze, Schultheß, slavisch Snpan. Suphan. i-'ür <rvyy.ataiag hat Boeckh awräiac hergestellt. Die Schrift des Komarchos wird ttsqI 'HMmv betitelt gewesen sein. Freilich kann man die Worte n- wu Hhaxolg auf Istros allein beziehen, dessen mehrbändige Eliaka auch anderwäi-ts erwähnt werden.-) Dagegen ist von einem so bezeichneten Werke des Pherekydes nichts bekannt: wohl aber könnte dessen Darstellung im dritten Buche seines mythologischen AVerkes gemeint sein, wo besonders von Herakles gehandelt wird. Die Lesart nfol 'HoaxMwv, welcher der Inhalt ebensog-ut entsprechen würde, käme also immerhin in Betracht.-^) Erwägt man aber das den elischen Verhältnissen Eigentümliche, z. B. das mundartliche ;laSv (vgl. Paus. 5. 3, 3) und die Angabe der Örtlichkeit, so ist man eher geneigt, an ein perie- getisches Werk über Elis zu denken. Der Verfasser scheint, da er zu- sammen mit Pherekydes und Istros genannt wird, noch einer verhältnis- mäßig guten Zeit anzugehören.

Die AVorte des Scholion: .T^mTov ^ih ovv navroi: nsoioSov avreih]xev ev tij ^/.leoa geben keinen vernünftigen Sinn. Im Hinblick auf Pindars Worte (V. -21: y.a'i iiey(c/.wv nF';^?.on' «yrrh' xuiaiv xal nsvTafrtjQid" afia ^i^xs) ist zu lesen: avrei^lrixe re vrei rjoida. Dies verlangt der Gedanke, und darauf weist auch der Ausdruck neoloSov, der allein nnverständlicb ist, hin.^j Man vergleiche, was die Scholien sonst noch geben, z. B. Rec.

cr-

1) Beispiele b. Beiuseler s. v. Dali Komarclios im Sclioliuu seuieint i.sl kannte zuerst M. Sclmiiilt. Philol. 1, ß44, später aurli v. Wilaniowitz, Ind. M. tioüiny. 1889. 90 p. 10.

2) Das 4. Bucli Stepli. B. 'hixuov. das .■,. Sehn!, l'iml. dl. 6. .').') a. Dr.

■i) nto'i Twr Hli^iijon'Hijcx/.iwn- sclu-iob Polemou nach S.liol. Pinil. Ol. 7, 1.0:< il. Dr., vgl. Prellei- Polem. p. fr. p. Ö3.

■l) .\udere Besseruugsversiiclie s. bei Drarlnnaun S. lU. 7. .s. Den Buch.stalien nach und dem kalendari-sclien Sacliverlialt eutspieclieiul sollte man erwarten ,ny>:iy,,xtv !'ry<'.iT>n>!,hi. Aber der Zusanniienliang sowohl wie die allbekannte mvthische Überlieferung fordern unzweifelhaft ncrrtTiKflda.

l* 30

4 Ludwig Weniger^

V. ;ri;^ am Ende: x«) nt^vi uerrioidu u(xu xaTedTrjOf.r, aviö^ di^Xorcni ö 'HQttxXi]i;, Yot. ;^>Sa: /(Ji, )'«o «ww TTevTastrjQC^a diadsm xui i'lt'ffain T(ö .jctrot rp' ö xwQoc ääsvdQOL. Nun oiklärt t^ieh nnfh das x'a) vor Aot- itauxoc. Hält man den gebotenen Gedanken fesl. so ergibt sieli. daß aucb gegen Ende der Aufzeielmung für on Jf xal äyetai !> uyiov x. i. l. zu sclireiben ist: rm öe xnu) .revi (ceTrjQt,6a ayer«; o (iymr ynl avw^ h riivSaong naQivQeT. i'iiular bezeugt es ja docli in den (>ben angeführten Worten .xal TTsrta&D^uid' n;i<l !h'xe.' Der Dieiiter sprielit übrigens den gleichen Gedanken aueli in der 11. olympischen Ode aus, v. 57: xal nevtciETiqQtd' onwc ciga EdTaOEv tograv aiv 'Ohifinia^i TTQwra. Dal.) die AVorte .on de v.uxu 7rerTaETr]Qida ÜYSiai 6 nymv xca avroc 6 lllröaooc {(uQTVQet nicht mehr aus Komarchos entnouinien. sondein vom Scholiasten mit Bezug auf das im Zitat Enthaltene hinzugefügt sind, leuchtet ein.

Der Monatsname (■)ü)(ji>!}uk ist sonst unbezeugt und sprachlich nicht zu deuten. Boeckh dachte an JincDvoc, der in Thera und Rhodos dem attischen Poseideon entspricht. Andere Monatsnamen, wie 0svdcti(tioc, Oedoiu'hog. kommen dem Wortlaut etwas näher, bieten aber keine größere Sicherheit. Für das jussivische uo^eiv bei amtlichen Zeitbestim nnnigen gibt es Beispiele. So in einer attischen Inschrift: (oyßr di nW yijövov töv anovdöv, in einer Insclirift von Akiaipliiai: r?^ äi exf/f/jitas xal 7r[c dffcfu/.Eucc ("qxeov ttp' 7T6ViE/MiSExdii]v lov 'l7TTTodQOf.ii.ov |(ir;voc xard .Vfov. ') Vielleicht hat Komarchos oder sein Gewährsmann eine Uikunde benutzt, die im Prytaneion von Olympia an öffentlicher Stelle zu lesen war. TTii 'Olx\nma bedeutet nQona 'O/.vfi/Tici.'-)

Die Worte evöc Se ovrog Sia(fso6vro}v ttj wo{t können nur untei' Er- gänzung von jiirp'oc verstanden werden und würden dann heißen: ..es ist zwar nur einer, aber sie die Olympien sind der Jahreszeit nach verschieden." Nun weiß man. daß die Olympien abwechselnd im .\pollonios und im Parthenios gefeiert werden: das sind doch aber zwei Monate. Die Lesart ist offenbar falsch. Das Richtige stellt sich heraus, wenn man den. im Hinblick auf den Wechsel der Monate zu erwartenden. Sinn erwägt: bald 4'). bald 50 3Ionate der Zwiscbenzeit. einmal mehr, einmal weniger, also Differenz von einem Monate. Danach lautet die richtige Überlieferung (zusannnengehörig): .Jvöc Ssovtog SiayEoörrmv rrj toQ(it rct inv y.i'k." Zu eyoc ÖEovtoi .,insofern einer weniger ist"-''), nämlich statt 50 nur 49. nEVT-i]xovxa evo; SEorrog, ist zu ergänzen ßrjrog. öia(fE- QÖvrwv wird man als abhängig von m fih und m Se zu fassen haben: Die einen der sich durch die Differenz eines Monats der Jahreszeit nach

1) CIG. 71: Kittenberger, Sylloge- n. 64fi, 56: n. jöl, 10.

2) So Boeckh; Drachmann: srib. vid. näaa 'OAvfiniäc.

3) V'gl. Plut. plar. phü. 32: oih rou i-^liiüorrc. iro,- (Uovaiv. .Jamblich. p. 187 Nauck: i:rt>i ih'oYToi i'ti/ rtarn'.iiHxovru.

31

Da^ Hochfest des Zeus in Ob/iiqiia. •"»

„„„.rs.luM.lnuh.M (Olv.npin.) l.oKinnen in dor Oimn. dio amlora soiiar l,oi„. Krs.luM.un. d^ Arktur. - De.nticnuäli orf^iLt sich ,l.o tolgeml.> lleistrlluni. der ganzen, für das V.Mstä.ulnis des olympischen Kalender« ijedeiitcuden Uberliefening-: . ,

/■J,, y«<> ac7q:- neQl <oJ /ociror, ..«y" or uystai m ÜAvfy,u<

(i.r,aiv oi'Tcuc' ,

niov yirovna yf,,«H»im- x,» Troalr« ÖA«;^^"« ^Vt'»"^ ', fu,vr eroc 6,ovroc

tov aoY.rovQOV.' ,.<„,.

"Ou 3^ x«T« nevnm>,ocda Üy8,w ö «/cor, y.ul «.,roc o mvdaoog naQtvQe,.

Übel- die Zeit, zu .ler die Olvuipien in jeder Olynii.iade gefeiert ^verde^. spriclU sich auch Kemarchos. der Verfasser des Hiiclis über die Eleier. f.due.uleruiaüen aus: .Zuerst von allem richtete er (Herakles) die fflnfiahriue Ferio.le ein. Anfangen soll der Neumond des Monats, ,1er in Elis Tirosvthias heißt, un, dessen Zeit die ^vinterHche Sonnen- ^vende eintritt, und die ersten Olympien werden im achten Monate „efeiert Denn infolge der Differenz eines Monats sind sie m der Jahres- zeit verschieden und beginnen die einen in der Zeit der Obsternte, che andern erst um die des Arktur." Daß aber in fünfjährigen, Abschnitte der Wettkampf gefeiert wird, bezeugt auch Findar selber."

2. Die Jahreszeit der Ulyiupieu. Welche von den beiden Olvmpienfeicrn in der Opora beginnt, welche zur Zeit des Arktnr. ergibt sich aus einem andern Stücke derselben Scholien (Ol. in v. 35a): Sr/ßfir^vcg- Sixo^^'^? ^«'/^ <V' '^ nav'^^^y ovßri? äyerca ^a ilHinur lovnön ovar^via Trao^srtov n änoU.m'iov in,vog- nao cdyvTTiioig &u)i^. rj iieaouUor.

^ Der Ambrosianus schreibt oi'n»,ria und danach Vrat. A. vovi.u,ria.

Der Sinn erfordert S,m^rpi<^ ^^^^^^ ,«eö''^'^^K^ ^i" ^^'o'-^- '''^«^'^" f ^f"'' Vorkommen wohl den Schreiber auf das bekanntere r6o,ur;r,'« und dann rovin:rla brachte. 0 - Statt Mesorion. das nach Analogie ch^r attischen Monate gebildet ist, heißt der ägyptische Monat gewöhnlich Meson. Der Scholiast sagt also:

Die Monatshälfte um den 1«.^ Z"!' Z^it des VoU.nonds werden die Olvmpien gefeiert, d. h. in der Monatsmittc des Parthenios- oder ApoUoniosmonats, bei den Ägyptern Thoth oder Mesorion."

^^^u,ivi.: Drachmanu; der Ausdruck ist mehrfach Ijezeugt, s. Uuger, ffr. Zeitrechnung'' S. 726. u.,yo.n,rU^ hei Jo. Lydm de mens. p. 340. °"*";

2) Das ist uatürlich falsch; sie trifft auf den 14. lä; am K. war l>.e.»ve.teilau..

32

6 Liuhvifj We7tiget\

ilaii (uiälirt alyo. dal.) raitlicaio.s (lein Tliolii. Aiiollnnios (lein Mt'sori entspriclit. Apolloiiios war (Iciiinacli dor früheic der beiden elisdicu Monate, wie ancli der Mesori in beiden Formen des äsyptisclion Jalires dem Tiiotli voraiisi>e]it. In dem Wandeljalire der Ägypter schoben sicli im Laufe der Zeit die Monate dnrch alle Jahreszeiten hindureh. und weini man annehmen diirfte. daß der Scholiast dieses bewegliciie Jahr seiner Vergleichung zngrunde gelegt hat. so miiüte man. nm die Lage des Mesori und Tlioth bestimmen zn können, wissen, zn welcher Zeit er selbst oder sein (fewährsmann gehabt hat. Indes würde der Verfasser schwerlich eine so schwankende Zeitbestimmung ohne Anknüpfung an eine andere Aera gewählt haben. Er kann nur das. auf dcMn ägyptischen Ijogründete. feste Jahr meinen, das Augnstus 2(i v. C. in Alexandria eingeführt hat. Mag sich dieses ancii erst im vierten Jahrhundert in Ägypten selbst ein- geljürgert haben, so fand es doch schon früher für wissenschaftliche Zwecke Verwendung.'! Im festen al(>xandrinisclien Jahre nun hei der Monat Mesori aiü' die Zeit \(Mn •_'•'>. Juli bis zum 24. August. Dann folgten .'). alle vier Jahre li. Lrgänzungstage; daiauf kam der Monat Thoth vom 2'.i. August bis -JS. September. Demnach würde der olympische ApoUonios im groben dem August, imd der I'arthenios im wesentlichen dem Se]itember entsprechen.

.\iis dem bisher Dargelegten ergibt sich folgendes über die Zeit- bestimmung der ()lyui])ien: Herakles, dem die Kinrichtuug der vierjährigen Periode zugeschrieben wird, nahm als Lpoche dei-selbeii. also auch der Oktaeteris, deren erster Hälfte die erste der beiden Tetraeteriden entspricht, den Neumond nach der AVinterwende-) an. Der Abend des Tages, an dem man zuerst die feine Sichel des zunehmenden Mondes wahrnehmen konnte, war der .Vusgangspmdvt für die vergleichende Ijerecluumg des folgenden Laufes dei' Sonne und des Mondes. Die Winterwende fiel nach IJeobachfuug der Alten etwa auf den ".'.'). Dezember.") Der erste Monat nach thv Wende entspiicht also diu-chschnittiich dem Januar: dies ist der als Thosythias bezeichnete Monat. Da nun die Olympien, von diesem .Ausgang ab gerechnet, im 8. Monate gefeiert werden, so ergibt sich für sie die A'ollmondszeit de.sjenigen Monats, der im groben dem .\ngnst entspricht, und dies ist der elische Apolloiiios.') Wenn, wie di(> dem

1) z. R. hpi l'liit;in-li Ms fi9.

2) Zu .TtoJ ('))■ Ti_iii:xr.'i i^/j'iir yiravTi'.i yniiityin:! vgl. Ari.stoteles mcicorol. 1, (> : '■•"" i'.(i'/'>VT(i^ A'yijriji-iiv l'.ix/Ai>V4 Tor Mhlovti^ i'yifijo ;co;(/,r/^_' nnx'ini :[()<>•; /"(inTuy iii/ni^ l'i./i II /.i ri 1(1 ; .i((W r <)fi,7(i ^' livTiic rar 'ij/Jav yitiniiivr.^.

o,i N:u-h lipiiKikrit ■2{\.. iMiJiteinon '24., Eiuiuxos -.'(i.. Kalli|)iios 24., Cae.'^ar 2'). Dezember: vi;! rnger, Zfilr." S. 748.

4) M;in lipaclite, dat.'. dcai .Xpollon aucti die sleii-lilic.mnutcn (Iclplii.sclicn, atli.sclifii iiiiil lal<(iiiiscbeii Mminti' Biil<uti'i.s. Mct;ii;eitiiiciii. Kariieios i;e\veilit waren.

Dan HoiJifcst (hs Zcm in Olijuipiu. 7

Komarclios zugesclii'iolx'ne Naclii-iclit sayt. in dicseni l''all(' ein Mdiiat weniger ist (t'i'os dmviog), und die Olympien insofern in der Jaiireszeit verschieden sind und die eini'ii zur Zeit d(M- Oijora. die andern erst im Zeicheu des Arktur iiegiuneu, so ist unter diesem Manco eines Monats eben ein früherer Beginn des I""estes zu verstellen. Die zweiten Olympien, d. Ii. die. welche die zweite Tetraeteris und damit die zweite Hälfte der Oktaeteris einleiten, werden also einen Monat später fallen, den. welcher im wesentlichen dem julianischen Septendier entspricht: dies ist der Partheniüs. Denn dali Apollouios der frühere. Parthenios der ihm folgende ist, hat die Cileichstellung des Apollonios mit dem alexandrinisclien Mesori, des Parthenios mit dem Thuth. bestätigt. Der früheste Apolloniosvollmoiul trifft auf den 6. August, der späteste auf den 5. September: es dauerte also der früheste Apollonios vom 23. Juli bis 21. August, der späteste vom '22. August liis l'.i. September. Dei- früheste Partheniosv<illmond trifft auf den "20. August, der späteste auf den li). Septendjer: es dauerte also der früheste Parthenios vom (!. August bis zum 3. September, der späteste vom 5. September bis zum 3. Oktober. Dabei ist Apollonios zu 30. Parthenios zu 2il Tagen gerechnet. Von den attischen Monaten deckt sich mit Apollonios der Metageitnion. mit Parthenios der IJoedronuon insoweit, als die attische Schaltung der elischen entspricht.

Hiermit stimmt nun auch die Anknüpfung an Opora und .Vrktur. ]\Ian pflegte die Zeit des Spätsommers und den Anfang des Herijstes an das Erscheinen zweier (lestirne erster Größe, des Sirius im Sternbilde des großen Hundes unil des Arkturus im Bootes, zu binden und rechnete die onmqu, d. i. die Obstreife, vom l'rühaufgangc des Sirius bis zu dem des Arktur. .Mit dem Fridiaufgange des Arktur begann das /.terömuoor oder (f^ivönwQOv. Den Frühaufgang des Sirius setzt Euktemon auf den 27., Eudoxos 22., Kallippos 2.'). Juli: den des Arktur Demokritos auf den 1-1.. Euktemon 15.. Eudoxos 14.. KaUippos 12. September.') Danach ergibt sich, abgerundet, füi- die Opora die Zeit von Ende Juli bis Mitte September, für das Metoporon die darauf folgende.

Apollonios und Parthenios sind also die beiden Monate, in denen die olympischen Spiele einmal um das andere, wie aus dem Wesen der Oktaeteris hervoi'geht. und wie zum Überfluß ausdrücklich bezeugt wird'-).

1) Uuger, Zrib:'- S. 748; vgl. 720f. A. Mommseu. Zeit der Oli/mpien, S. 11 f.

2) Vgl. oben S. 1: i^c) rvjr '(».xicTivir fl; i r i: ). ). i\ S r'tyoinhriov. Mach Scliol. l'lat. Pliiicrlr. ]). 2.Diil) wurden ilic olympieii im Muiiycliioii gefeiert: '0}.vi.mlr'. dp bOTi T<'):io^ 11^ xait'c tijV //f/.o.Toriv/o'or (-)■ Ilioi/ nlii.n Ti/i "H'/.u^n.: /töt>ug' iv'k; za 'O'/.ij-iTtu'., üyuir TtfitaiTijfiixog, Movrr yiiörog jxiiy'04 Ijynu Ttö Jil. m' oii xoxivov oritfavoi dO-z.ov tAlAorii Tri vii;'iini:vTr rivli li' o'v nbrirov, a).'/.' tu r>ii i.i-yoi-Uvijq x(0.),WTtifärov t).u'u(4' liicifiijei (Ji: xlnn-nr >''J.iuxhr c.yiJieMiiac. i/yi-TO dt yai xc.T h'iavvov, (xnt(i i'h'czno ixc'O.ovy. Die lloiiatsangabe paßt tmtz der Nennung von Pisa in Elis docli nur tnrdic Olyniiiieion in Athen vgl. A, Moiuiiisen. Fesfc d.

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8 Ludwuj Weniiji'r,

gefeiert werden. Und zwar trafen, wenn die er.-<te Olympiade in den S. Monat nacli der Winterwende fällt nnd dieser der ApoUonins ist. die zweite abei- einen Monat im Jahre später in den.- der i'artlienios liieü. aufh fortan alle ungraden Olympien in den ApoUonios nnd alle i;raden in den Parthenios. Denn nach jeder Oktaeteris hob dasselbe Verhältnis von neneni an. und das ging' für alle Zukunft so fort, solange man ohne Änderung an der nämlichen Schaltform festhielt.') Ans diesem Wechsel erklärt sich der inschriftlich überlieferte Ausdruck „Olympischer Monat" ,«frc 'Olviinixoc'-). (>ine l>ezeiclinnng. die sieh von selber heraus- gebildet hat. als es darauf ankam, einen Ausdruck zu timlen. der ein für allemal in Kürze den zutreffenden Monat der Spiele bezeiciinen sollte: sie ist also appellativisch zu fassen. Als eigentlicher .Monatsname würde es Olv(.nnoc heißen. Diese Bildung aber konnte nicht entstehen, weil das naniengebende Fest zwischen zwei Monaten wechselte. Ob in einem Olympienjahr ApoUonios oder Parthenios den Titel des 01ym|)iennionats verdiente, konnte man sich bei dem regelmäßigen Wechsel merken: doch sagten es in Klis sowobl. wie im beteiligten .\nslande. die Spoiuloplmren jedesmal ausdrücklich an, insofern als sie den olympischen (lottesfrieden verkündeten, der von der früheren oder späteren Pestlage abhängig war.

Im fnlgeiiden stdl vei'sucbt werden, aus ^\Q]\ wenigen geschichtlicben iMiizellallen. die dazu ausreichen, die Lage i\Q-^ Olympienmonats zu erweisen.

3. Einzelfällf au.s der üt'.sc li ic lite.

I. Ol. 7.T = 480 V. ('. Nach der anfgestellten Regel soll Ol. 75 als ungrade in den S. Monat der mit dem Neumonde nach der Winter- weude beginnenden Periodos fallen und zwar in den ApoUonios. der dem alexandrinischen ,Mesoii entspricht und in die Zeit der Opora gehört. Die Winterwende 47'.) v. C. war am 2ö. Dezendier. der folgende Neumond am 10. Januar 4SI». Danach fiel der X. ^'ollmond auf den 19. Angnst = 14. /45. ApoUonios. Die Olympien dauerten damals vier Tage, also vom IS. bis 21. August 4S0 v. C.

Nach Herodot (7. 2()ii. 8.72) wurden 4S0 v. C. die Olympien in Elis nnd die Karneien in Sparta gefeiert: beide Feste fielen in die Tage der Kämpfe von Therniopylai und vom Artemision (8, 15. 26). Der Karneios war

St. Athen S. 4(i'jt'.l. Ivs ist (lioellic VerweciiM'linis;, tlif auch sonst, und /.war iu Bezug auf die Krauzolivf. vcirkeiniut. Daher ist die X'ei'juutuui;. (UU'. MLT('.-/itTvu')vo^ für Movriyirjvo^ zu schreiben sei. ahziilchueu.

1) Die Oktaeteris bestand zu nlynijiia neeh in th'r Kaiseizeit (Inper, '/.ciir.- S. 700). Man iiuit! ilu'e Mängel durcli iün- oder Ausselialtung nach Bedarf zu lieseitigeu verstanden liabeu. Die Kegelung der Zeit geliörte zu der jähilielieu Fiiihiiiigsieinigung im Mmiat F.lapliios.

2) So Olympia V, Inxcln: 11. 8, 2. 1«, ir>. \'gl. Hurlifi:il I. Bvitrüijc W . S. V'i'-: ö.

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Das Hoch fest (fc.s Zeati in Oh/nijiia. 0

ein neineiusaiucr Kcslmoiuit der DoiierM mid imißtc also bei allen die i(leichc Stolio lial^en. In Syrakus oiitspracli er dem attisciien AFeta^eitnioii: OS ist also iiiciit zu i)ezwoifeln, dal.i ei- aucli in Sparta dii> nändiche Stelle einnahm. -) Die Karneien dauertcMi dort neun Taiic: in die P'estzeit liel der Vollmond. Der 7. Monalstai;. v(m ji^iier dem Apolhm lieiliii'. iicliörte audi in Kyrene zu den Festtagen der Karneien."') Begannen sie am 7.. so fielen die letzten Tage der Karneien mit den Olympien zusammen. DaluM' trafen die Olympien 480 v. 0. in den attischen ^letageitiiiim. der im Durchschnitte dem August entspricht.

Die Gleichsetzung dos .\])()llonios 480 mit dem iMetageitnion wird auch durch das bestätig!, was sich aus den Kriegsereignissen ilesselbeu Jahres ergibt. Xoi'xes war während (l(!s Feldzugs 480 sieben .Monate von Asien abwesend (C'cnnel. Nep. Tlieni. 5). Nach Herodot (8. 11:5) vorweilte er wenige Tage nach der Schlacht bei Salamis in .\ttii<a: dann trat er den Riiclcweg au und erreichte in 4.") Tagen den f4elles})ont (8, 11.')). Die Schlacht bei Salanus war Ende Boeilronuon: denn am 2. Oktober, dem Neumondstage, der dem letzten Boedromicm entspricht, war eine Sonnenfinsternis^), die eintrat, als Kle(md)rotos oben zum \'orniarsche gegen das abziehende Perserhoor opferte (9, 10). Xerxes gelangte also bald nach Mitte November in Asien an. Beim t5eginne des Frühlings war er von Sardes aufgebrochen. Rechnet man von Mitte November sieben Monate zurück, so liatte der Aufbruch nach Mitte April stattgefunden. Von Sardes bis zum HeUospont brauchte das gewaltige Heer gewiß einen Monat. Sammlung und ül)orf'ahrt über den Meeresarm erforderte gleich- falls einen Jlonat. In weiteren drei Monaton gelangte das Heer bis Attika (8. öl): es war also Mitte Septendjor, als es dort ankam. Rechnot man für den Zug von den Tliernu)pylen über Doris. Phokis, Boiotion bis Athen drei AVochen^), so ergibt sich für den Kampf nm den Engpaß die Zeit nm den 20. August. Mitte Metageitnion. Als der Sieg entschieden war. kamen arkadische Überläufer zu den l\nsein uml sagten auf die Frage, was die Hellenen täten, sie feierten die olympischen Spiele (8. 2C)). Endlich erinnert., A. Momuisen an l'lutarchs Erzählung iThem. 10|. daß man in Troizen den Kindern der attischen Flüchtlinge gestattet habe.

1) Thiik. 5, bi, vgl. Paus. 3, Vö, 3. Scliol. Theucr. •'), 83. ■2) Plut. Nik. 28; vgl. ila/.u Tiiuk. .i, alt"., 7.5 f.

3) Demetrios v. Sk. l>. .4theu, 4, l'.i. Kur. .4//.-. 449 H'. Phit. Si/iii/j. s, 1, -2.

4) G. ITofinanu, Sämtliche bei gricch- und Inf. ISchr/f'htcllcfu den AKerliiDif: ci- irähnle Sonnen- vnd Mowlfiiisternisse. Progr. Trlest 18S4, 8. ICf.: ..Die Tafeln geben eine aus einer zeiitral-ringt'örinigeii Finsternis verl)iniileiie Koiijnnktinii . . . Oalj die Finsternis total gewesen sein luiis.se, folgt aus den Worten llevodots keineswegs: vielmehr genügt es, wenn die.selbe am Isthmus eine Grösse erreichte, (laLi sie nicht wohl übersehen werden konnti'". S. jetzt auch F. K. Gin/.i4. Spe-iellei- Kanon der Sonnen- und Mond/inaferiiisse, S. I74f

5) Vgl. Hdt. 7, 1S3. 1!)2. 8, l.j. 23. i;r,

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10 TAiduifi Weniger.

übcnill villi den Früclitcn dor Opora zu iiclimcn. Nac'li alltHleiii ist man herecliti.at, die Olynipioii von 4(S0 v. C. auf die Ta.ue vom 18. bis "21. August und den ilonat Apollonios vom .5. August l)is 3. September anzusetzen.

2. Ol. SS = 42S V. ('. Als -rade Olympiade soll die SS. in den Monat I^artlienios. entsprechend dem ale.xandrinischen Thoth. um den l'"rii]Kuifi!;ang- des Arktur fallen. Die oktaeterische Periodos. in der diese Olympien die zweiten sind, beginnt Ol. 86.4, Thosythias 1, d. i. am ]'••. Januar 482 v, ('. Ihre ersten Olympien im 8. Monate (also Ol. 87. 1) fallen auf Apcllonios 14 = 28. i\ugust 432 v. C. Der fünfzigste Voll- mond danaeh trifft auf Parthenios 14/15. d. i. 13. September 428 v. C, also das Hochfest 01.88 auf die Tage vom 11. l)is 15. September.

Die bei Thukydides (3. 1 l'.»i und Diodor 112, 52. 53. 55) berichteten Ereignisse dieses Sommers bieten für die Zeit vor der Olympieut'eier liei ihrer Dehnbarkeit keinen ausreichenden Anhalt. Die Vorgänge nach dem Feste lassen sich eher verwenden, gewähren aber auch kein sicheres Ergebnis. Die \()ii .\then abgefallenen Lesbier schickten (Gesandte nacJi Sparta. Diese werden nach Olympia beschieden. Nach .\b!auf des Hoch- festes, i/era T/V fOQit'v. also frühestens am 17. des Festmonats, das wäre am I li. Septend)er. wird zwischen den Lakedaimoniern und ihicn läundes- genossen verhandelt (Thuk. 3.8). Die Lesbier werden in den Bund auf- genommen, und man beschließt, sofort nach dem Isthnios zu ziehen. Die Lakedaimonier sind zuerst zur Stelle und treffen ^'orkehrungen füi- die Überfühlung von Schiffen über die Landenge. Aber die Bundesgenossen zögern, weil sie mit der l-'ruchternte {er y.aonov 'ivyxofiirii] 3, 15) be- schäftigt sind. (Dal.1 man darunter Weinlese zu verstehen habe, läßt sich denken: daß man es darf, lehrt Thuk. 4. S4. wo zuerst der Ausdruck tQvyriToc. gleich darauf aber dafür das allgemeinere x«o/röc gehraucht ist: vgl. 88.) Mittlerweile waren die Athener niclit untätig gebheben, sondern hatten hundert Schiffe bemannt und beunruhigten die Küsten des Peloponnes. Da kehrten die Lakedaimonier heim und ebenso auch die Athener (Thuk. 3. l(i). Diese Ereignisse beanspruchen etwa 14 Tage, und so uewinnt mau die Zeit um Anfang Oktober. - Während die Lakedaimonier noch auf dem Isthmos standen, unternahmen die Mytilenaier einen Hand- streich gegen 3rethynina. Da er mißlang, ordneten sie in Eile die Ver- Iiältnisse der verbündeten liiselstädte Antissa. Pyrrha und Eresos und kehrten heim. Kaum waren sie abgezogen, so griffen die Methymnaiei' Antissa an. doch uliue Ei-folg. .\uf die Kunde von diesen Vorgängen schickten die Athener den Faches mit tausend Hophten nach Mytilene. Dies geschah n£ol n (fOivomwor i'ldrj äoyoiifvov. Mytileiie wurde zu Wasser und zu Lande eingeschlossen, und der Winter begann, /d o x^ifim' i'^QXFTO yiyvecrDai. {''aßt man den Beginn des i'hthinoporon im gewöhn- lichen Sinn als die Zeit um Frühaufgang des Arktur. also Mitte September,

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Dux HocJiffsl dox Zeus in Ohjmpiu. 1 1

luul i-ocliiiot man AVintcrs Anfaiii; von der Hci-hst^lciclic, d. i. dein "2ti. Scptoiiibcr') al). so ist os Hiiiiiöiilicli. ilaLI die Olyiiipion 4"_'S v. ('. Ulli .Mitte September gefeiert wurden und sclieineii die recht zu iialx'ii. ■welche sie um Mitte August ansetzen. üeniil.K man (higegen. wie Thiiky- dides auch sonst zu tun pHegt. die Wiiit(>rzeit auf vier .Monate (H. 'Jli und zieht den attisclien .Monat Pvanopsion noch zum Sommer, so darf man den Beginn des Spätherbstes weitei- hinausschieben und (h'e erzälilten Vorgänge bis in die Oktobertage ausck^men.'-) Dies sclieint das Wahre. Ein sicheres Ergebnis läßt sich aber nicht gewinnen. Doch ist auch eiu zwingender Beweis gegen die gknclie Lage von ['artlienios 11 und September 18 nicht zu führen.

3. Ol. 90 = ■12() V. C. Grade Olympias. also kestmonat l'artlieiiios. entsprechend dem alexandrinischen Thoth. um Kriihaufgang des .\rktur. Beginn der Periodos Ol. S4. 4. Thosythias 1. d. i. am '1\ . Januar 424 v. C. Ihre ensten (Olympien im N. Monat, also Ol. Sil. 1, fallen auf Apollonios 14 = 2i). August 424 v. ('. Der 50. Vollmond danach trifft auf l'ar- thenios 14 = 14. September 420 v. C. also das Hochfest Ol. '•»() auf die Tage v(nn 12. bis 1(>. September.

Nach der Olvmpieufeier dieses Jahres, /(f/tr lu 'Oivnma (Tliuk. .')..')ül. begaben sich die Argeier und ihre Verbiindeten nach Korintli: auch Gesandte der Lakedaimonier fanden sich ein. Nach langen Verhandlungen ohne Ergebnis zogen sie. da eiu Erdbeben eintrat, nach Hause. /(U ro i)eQOc fxeXsiixa. dann folgt: tov ö' cruyiyronEvov x^iimroc. Der Mangel an Vorgängen läßt auf eine kurze Zwischenzeit von der Olympienfeier bis Ende des Sommers, also auf späte Zeit des Festes, schheßeu. und dazu stimmt die Lage am 14. September aufs beste. Vor Ol. 00. im selben Sommer 420 v. C, hatten sich Abgeordnete von ,\rgos. Elis und Mantiueia nach .-\theu begeben und mit den Athenern auf hniulert .lalii' ein Schutz- und Trutzbünduis geschlossen, dessen Wortlaut Thnkydides mitteilt.") Darin war bestimmt, der Bund solle alle zwei Jahre von neuem beschworen werden und die Athener dazu immer 30 Tage vor den 01yin|)ien nach Elis. Mantineia und .\rgos gehen, die Argeier. Eleier und Mantineier aber alleuuil 10 Tage vor den grol.ien Panathenaien nach Athen kommen: dvaveovadai de rovg ooy.oiK 'Ailr^raioV': itev lorTag fc 'H?.LV xccl ec Mavrirsiav /.cd cc Aoyoc rQicixorta )]i.ieQaic noö 'Olviinnov, '.'Igyeiovc ÖS xal 'fJXsiov: y.di Mavnvea: wvrag 'Aiftjra^e dt'xa iitfoaig noo navaitrjvai'wv zmr fieyc'hw. Daß der \'ertrag gleich nach seinem Abschluß

1) \'gl. Uuger, Gtiech. Zeitr.- S. 748.

2) lle.sycll: iff}ivö:ro)(>ov' o i'.no ri/^ :rfiTt^i:i^t>f('(T>j: c.iyoloTiir .»/(lö,- iin^ Tiji :iiVTlxai(h>!aT>ic 6exriiiiolov. oi fle f:.7Ö r//s' tlxoriiiii ihtn'oc^ clyoiaiin- mv.' TKi/.n- dxooxijQ ihvttQtcg Atiftii^ittiiiv.

3) .'), 44—47. Der "Wortlaut war auch auf eiiier Stole im Zeusteiiipi'l von Olympia aufgezeichnet; Paus. .'>, lü, 8.

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12 Lnihcii/ Wenirjer,

im Soiniiier 420 noch in Athen selbst beschworen wurde, versteht sich von selbst. Der nächste Schwur sollte dann Ol. '.»0. 3 = 41S v. C. zehn Taue vor den Panathenaien in .\then eiloli^on. Wenn nun die großen l'auatheiiaien auf die Tage vom 23. bis 28. Hekatomitaiou iieleu, so war die l'j'desleistimi; am 13.. und so fortan jedes vierte Jahr. Dreißig Tage vor Ol. '.*1. die als ungerade auf den Apollonios fiel, 416 v. C, sollten die Athener in FA\^. Mantineia und Argos schwören. Begann das Fest am 12. Monatstage, so fiel die Eidesleistung auf nahezu denselben Tag des attischen Hekatombaion. nämlich den 11.. wenn mau den Hekatom- baion zu 2!) Tagen rechnet.') Ol. '.I2. i = 412 v. C. fiel aber nach der Regel in den l'arthenios: dei- Sclnvuitag, 30 Tage vorher, war demnach der 12. Apollonios. der nicht dem Hekatombaion. sondern dem .Metageit- uion entspricht. In diesem Wechsel geht es weiter. Wäre die Olyuipien- feier immer in die Mitte des attischen Metageitnion gefallen, so wäre für jede der Kidesleistungen nahezu dasselbe Datum des Hekatombaion her- ausgekommen. So bestechend diese h'olgerung für die Zeitbestimmung der 01ym])ien ersclieint. so wird man ihr doch nicht zustimmen dürfen. Es machte al)ei' auch für die h'estigkeit des Eides wenig aus. ob er alle vier Jahi' um einen Monat später geleistet wurde, und das nuißteu sich die ^Verbündeten auch selber sagen. Man hat die Bestinnnuug im Anschluß an die Olyiiipienzeit gewählt, weil die Kalender der drei Kleinstaalen anderwärts wenig bekannt waren. Ob die Athener, um den Termin ein- zuhalten, nach Elis. Mantineia und Argos je einen besonderen (iesandten schickten, oder ob ein einziger am 30. Tage vor den Olympien von Athen aufbrach und erst in Stadt Elis. dann in Mantineia und zuletzt in Argos schwur, ist nicht gesagt. Audi ist Teilnahme der Gesandtschaft an der bevorstehemlen Olympieufeier keineswegs ins Auge gefaßt. Immerhin reiste sie unter dem Schutze des (TOttesfriedens. und dieser wurde durch die Spondophoren jedesmal vorher angesagt.

4. Ol. 1()() = 3ö(; V. ('. Orade Ol., idso Festuionat Fartheuios. entsprechend dem alexandrinischen Thoth. um den Frühaufgaug des Arktur. Beginn der Feriodos Ol. 104.4. Thosytias 1. d. i. am 3. Januar 3(10 v. ('. Ihre ersten Olympien im S. ^[onat. also Ol. lO.j. 1, fallen auf .Vpolloiiids 14 = 2'.». August 424 v. C. F)er .">0. Vollmond danach trifft auf l'arthenios 11 = 27. August 3.')(). also das Hochfest Ol. 10(1 auf die Tage vom 2ö. bis 2!'. August.

Flutarch schreibt im Leben Alexanders (3): ..Oeboren wurde Alex- ander am ti. des Hekatombaion. den die Makedonier l^oos nennen, an dem der Tempel der ephesischen Artonn's abbrannte. Darauf bezieht sich

1) Hätte ]n;iii. wie \. Mdiniiisi'ii vorsi-lilugt, deu Vollmoiid,st:i.n für die Eiele wähji'ii wollen, so wäre ilie> sielier tnniniliei-t worden, rnger (I'liilol. H.T S. 233) ninoid ;ni. dal.l der Vertrni; ;iin II. llekatoniliaicjn i;escldossen wurde, und datl davniii dieser Tai; LUieli lür die l-!nieüenniji gewählt .sei. Das scheint richtig.

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Das Hochfest des Zeus in Olympia. 1 3

der Aiisspiiicli iIcs llos^csias von Mas^iiesia . . ., os soi wulil zu l)oor(>il('ii, dal.) ilci- Tempel absel)i'aiint sei. da Artoiiiis als Hobaiiuiie Ix'i der (iebiirl Alexandeis zu lim halle. Den: i'hilippos. der eben Potidaia eins'enoiuineii liatle. wurden drei Udlsciial'len zu l^■|eielle^ Zeit s'ebraclit, erstens, dal.) die lilyrier von l'arnienion in einer jirdBen Scblaehl i^escldaijen s(>ien: zweitens. {\a\!i er in ()lyni])ia einen Siei; im l'feiderennen eilaiii;! habe, drittens \(ni der Gol)urt Aiexandei's. '| Die IVeudii^e Stimmuni; steificrte iler Auss|)iucli der Seher, (h\l.) der zugleicii mit th'ei Sieii'en zur Welt gekommene Knabe unbesiei>l)ar sein werde." Daß Alexandei- incht am (i. llekatond)aii>n geboren sein kann, ist läiiiist erkannt worden. I!ei Demosthenes {de cor. 157) wird in dein cingeschobeiUMi iJriefe Könii;' Philipps der makcckjnische I^oos dem Boedroniion .s;leichnestellt: ini> fvfaTiOTog ftrjvdg yiipov, ok i]f^ietc äyoiifv, löc äi' 'Ai))]vaToi,, Boiiäoo/UMVOC. mg Je KogCvi^ioi, IJav&'iiov. Alexander ist naeb Aristolndos bei Arrian (7, 2<S, 1) 32 Jahr M Monat alt geworden: eßk» Je rfilo xal tQidy.ovra err] xal roi rohov arjvag emkußtv oxw), ujc '/.pyei, 'AoiffivßovXog. Nach demselben Aristobulos bei Phitarch {AI. 7.')) starb er am 2'.>. Daisios, nach den königlieben Tag'el)üchern aber am 'i.s.. d. i. Kl Juni 323 v. C. Der Daisios entspricht dem attischen Thargeliou.-'l Vom 2'.). Thargelion 32 Jahr 8 Monate zurückgerechnet, ergibt Ende Hoedromion für den Geburtstag Alexanders. Wenn der Parthenios dem Boedromiou entspricht, so konnten die Nachrichten aus dem nahen Pella und ans dem fernen Olympia sehr wohl gleichzeitig an den noch bei Potidaia'H weilenden Philippos gelangen. Die Zeit von 14 Tagen wäre der Entfernung zwischen Elis lind Makedonien angemessen.

5. Ol. 184 = 44 V. C. Grade OL. also Festnionat Parthenios, entsprechend dem alexandrinischen Thoth. um den Krühaufgang des Arktm'. Beginn der Periodos Ol. 1S2, 4, Thosythias 1. d. i. am 4. Januar 4S V. C. Ihre ersten Olympien im S. Monat, also Ol. i'^o. 1, fallen auf x\pollonios 14 = 13. August 48 v. C. Der o(). Vollmond danach trifft auf Parthenios 14 = 28. Angust 44 v. C also das Hochfest Ol. 184 auf die Tage vom 2G. I)is 30. Angust.

An den Iden des März 44 war Caesar ermordet worden. Cicero hatte Rom verlassen. Um seinen in Athen studierenden Sohn zu besuchen, ging er am 17. JuH bei Pompei zu Schiff (ad Att. lH, 3) und fuhr an der Küste von Lukanien entlaug. Einen Tag weilte er in Velia,^am 24. und 2ä. in Vibo: von da gelangte er nach Rhegium. Am 6. Angnst unternahm er von dem nahen Leukopetra aus die weitere Seefahrt, wurde

1) '[>ii.i7tnv> ')e «()r/- UoTliU'.iav ij()>ixÖTi t(>k\' »J/foi' (r/ye/.'iai xc.tu xhv (tvthv ■/oi'irof' tj fxh' 'I?.i.vQiovg ^|TT^clJf^l-u ,««/// ^ceya/.fi äiec UuQpierlujvoi. // (Vv ()?.rfi:xU'.oir 'IriTtit) xü.rjxi nrixiixtviu, XQtTtj 6h thqi tijq AXe^avÜQOi^ yiriatvjc.

■2) Nacli Plut. Alexander IG verglichen mit Camillus 19.

40

14 Luxhvig Weniger.

alxT (liii'c-li hi'flim'ii Siulwiiul zur L'iiikelir i;enöli,^(. Wäliiend er iii Hhoi^iimi Mtif bessern Wind wartete, liefen erfreuliche NaclnielitcMi aus Rom (>ii); man wiinsclie Cicero zurück: am I. Se])toml)er solle eine wichtige Senats- sitzuug sein. Da gab Cicero die griechische Reise auf und machte sich auf den Heimweg. Am 17. August hörte Rrutus. der mit Schiffen in der Nähe weilte, Cicero sei in Velia. ¥a suchte ihn sogh^ch auf und braclite allerlei Neuigkeiten mit. Man habe geglaubt, Cicero sei der guten Saciie abtiünnig und willen.s gewesen, die olympischen Spiele zu besuchen. Cicero wai- peinlich beridirt. I']r müsse dem Scii'occo dankbar sein, schreibt er an Atticus (Ki, 7), daß er ihn vor solcher Schmach bewahrt habe. Durch diesem Darstellung wird die i^age der Olymjiien 44 v. (', um Knde August bestätigt. Daß sie nicht im Juli sein konnten (Vollmond am •_".!.). wenn Cicero erst am (i. August von Leukopetra aufbrach, hnuditet ein. Dei' Septeinbervollmmid andei'seils (am '.'(i.l liegt zu fern, als dalj er fili' das Erzählte passen küiiiite.

4. Der .hihresanfuus-

Da der 1. Tliosvthias nach der Winterwende sich in eiiu^m Spielräume von '211 Tagen bewegt, so ergibt sich, daß, wenn nicht liesoudere Um- stände die Regel störten, die Apolloniosolympiade sowohl anf den zweiten, wie auf den dritten, die I'artlieniosolympiade sowohl auf den dritten, wie auf den vierten A'olhnond nach dei- Sommerweiide fallen konnte. AVar ferner der Apollonios der S. Monat <ler oktaeterisclien Periodos. so war er allemal der zweite und Paithenios der dritte im elischen Jalii'e. vor- ausgesetzt, daß dieses ebenso, wie das delphische und das attische, im Sommer anfing.

Unger und nach ihm die neueren neiimeu an, daß in den AVoiten des Scholiou (ohen S. .')|: aq%stv rovi^nivinv lojrdc Tregl ov TQOTrai ')]'/.iov yivorrm xniifowai, nnil in der Bezeichnung des Monats der ersten Olympieid'eier als des achten, der Anfang des Jahres im Winter bezeugt werde. Dazu liegt jedoch ein zwingender Grund keineswegs vor. Ko- niarchos sagt nichts anderes, als daß nut dem Neumond um die Bruma die Periodos beginne, und er hat darin Reclit. Die Anknüpfung an den Jahrespunkt gerade derjenigen Sonnenwende, von welche)- ab das Licht zunimmt, und die Benutzung der nächsten Neumondphase bot einen ver- nünftigen und brauchljaren Ausgangspunkt, und allemal nach Aldanf von ■S Jahren wird derselbe nach Vollendung des eben voransgegangenen letzten der drei Schaltmonate durcli die erfolgte Ausgleiclunig des Unter- schieds zwischen Sonnen- und Mondlauf wieder erreicht. F^benso geschah es auch in Delphi und Athen und wo sonst noch Winterschaltung üi)lich wai'. Die alle Periode war abgelaufen, uml die neue nahm ihren Anfang. Der durch Beobachtung und Rechnung zu ermittelnde Jahrespunkt der

41

Das Hochfest di's Zeus in Ohimpia. 1 5

WiiUcrwende') i;il)t den KalciulerordiuM'u den Aiilialt für die Sonne, wie die näclistt'ülgende Nennebiirt des Mondes für diesen. Aber es war darnin niclil notwondifi'. dal.i mit dieser l'eriodos aueli das Ja In- seinen Ant'aiiii- ualini. in Elis ebensowenii;. als dies in Delplii oder in Athen i;escliali. [•"reilieb Wühl hätte der Jahresanfang ei^cMillicIi an diese Stelle gelnirl. nnd dal.) er ursprünglieh nnd vor Alters einmal, wie in Boiotien nnd anf Delüs. in dieser AYinterzeit gelegen hat. möchte sich für Delphi und Atiien erweisen lassen nnd dürfte anch für Olympia anzunehmen sein. .Vber schon früh wurden in Delphi nnd Atiien aus Gründen, die wir nicht mehr kennen, die Jahresanfänge auf den Stnnmer verlegt. Daß der Schaltmonat an diesen Orten als Poitropios 11 und l'oseideon II in den Winter fiel und im ganzen dem Dezember entsprach, ist ebenso sicher. wie daß das Jahr ebendaselbst sechs Monate später im Sommer begann. Nichts nötigt, für Olympia eine andere Einrichtung vorauszusetzen.

Der elisch-olympische Jaliresanfang im Sommer wird aber auch durch anderes gesichert.-) Bei Synkellos [Chronofjr. 8()S, 13) heißt es: ..Eine Olj'nipiade ist bei den Hellenen ein Zeitraum von vier Jahren, bei dessen A'ollendung zu Anfange des Jahres der olympische Wettkampf ver- anstaltet wird"; ^0/.vf.iTna; 6f sOm Traij' "EXkridi rsrqaetijoixoi xf^öroc, ov xatä ur avj^inh'jQiaGiv uq^of-ifrov tov erovg ö 'OXv^ima/Mc äymv äyerai. Natürlich ist das olympische Jahr gemeint. Daß der Agon im Sommer war, steht ja fest. AVenn der Olympienmonat Apollonios vom Neujahr ab der achte in der Monatsreihe gewesen wäre, so konnte diese Zeit nicht als Anfang des Jahres bezeichnet werden. Er war aber der achte nach Beginn der neuen Periode, auf deren tlieoretisclien Anfang im Januar für den praktischen (iebrauch des Festlebeus und die Ordnung des im büi'gerlichen Verkehr angewandten Kalenders nichts ankam, gerade so, wie man auch die wechselnden Tetraeteriden von 49 und 50 Monaten nicht, wie es sich gehört hätte, von Winterwende zu Wintei'wende, sondern von Olympiade zu Olympiade rechnete. Die acht ^lonate zur Ausfüllung der Periodos sind, wenn man von der Winterwende an zählt, am .\nfange. nicht, wie bei der Zählung von Olympienfeier zu Olympienfeier, am En(k> in Rechnung gestellt.

Auch andere Umstände scheinen den Jahresanfang im Sommer und die Ansetzung des Schaltmonats im Winter für Elis zu bestätigen. Die Schaltung der Oktaeteris findet nach Geminus |(1) im 3. .'). S. Jahre statt.

II In Olympia stellte man durch Beobachtung die Krühliugsgleiclie fest und konnte von da zurückrediuen. Über die Ali.stäiide der Jaiiresiiiiid<te von einander gibt ein Papyrus des Louvve die Ansiclit der großen Cin-onologen des .VItertuni.s wieder; vgl. Unger, Zeifr.-. 74.'j.

2) Nielit jedocli durcli die Worte der olynipisclien In.sclirit't \' ii. '12: i'i't ^FtToq i'tQxet ä/.v/iTruic, denn es luuulelt sich in ihr um eine selinuntisciie Olympiade; vgl. ebd. Dittenberger Sp. 58.

42

Liuhiig Weniger,

k;iim alx'i- aiicli aiidci-s vci-teilt wenlon. z. B. im H. (i. S. Jalirc. Nun stclU IV'sf, tlalJ die Hcllaiiüdiken zolin Monate vor jeder Olynipienfeier. also gleich- viel, ol) die Olympien in den Apollonios oder in den Parthenios fielen, in Elis zu.sanimentraten, um von den Noniopliylakes Untenveisunj)- zu erhalten (Paus. .'), 24. 'M. Wenn man annimmt, dal.i im Winter vor der Apollonios- olympiade ein Schallnnmat las;-, im Winter vor der Parthenio.solympiade aher keiner, so erreicht man ein für allemal einen l)esl,inimte.n Tag als Ausgangspunkt dieser Hellanodikenvorbereitung. Siciier ist es an diesem Tage nicht ohne gottesdienstliches Zeremoniell, Reinigung z. B. und (Ipfer. hergegangen, sodaß derselbe zu einem einch-ucksvoUen l'"eiertage wuide. Hätte der Schaitnionat des achten Jahres der oktaeterischen Periodos im Sominei- gelegen, so wäre nni' dann derselbe Ausgangspunkt für die ll('llam)dikenunter\veisung möglich gewesen, wenn man bereits im ersten .lahre der neuen Oktacteris wieikn'um eine Sommerschaltung vorgenommen halle.

Pausanias berichtet, dal.! alle Jahr am l'.i. Elaiihios die Asche vom Altare der Hestia im Prytaneion auf d(>n Hochaltar des Zeus in der Altis übertragen wurde. Ks soll l)ei anderer (Jelegenheit nachgewiesen werden, was (lieser gottesdienstliche Akt auf sich hatte: indes mag schon hier auf einen höchst bemerkenswerten Umstand hingewiesen werden: Rechnet man nämlich nach, so stellt sich heraus, daß dieser 19. Elaphios jeder- zeit. Jahr für Jahr, allemal gerade hundert Tage vor dem ersten Tau-^ des siebenten Monats nach der Winterwende lag: d. h. also vor dem Neujahrstage, wenn man den Jahresanfang in die Sommerzeit setzt, wie in Delphi und Athen, und ebenso, wie dort, den SchaltnH)nat in den Winter. Offenbar ist das kein Zufall, sondern bewußte Absicht. Man hat die hundert Tage von einem bedeutenden Datum ab zurückrechnen wollen, das zugleich einen festen Punkt im Kalender bildet, und ein solcher ist der Jahresbeginn. Ivs kommt dazu, daß. wenn der Schalt- monat in den Sommer fiele, das Verhältnis der hundert Tage dreimal in jeder Oktaeteris gestört, d. h. überhaupt ijedeutungslos würde.

Auch die Angabe Xenophons {Hellen. 7. 4. -i«) zcr). i'nhovro.; 'OXvß- niaxov t'roi'c (oVA^xädsi) naueaxfväi,ovio mn^Tv 'O'J.viima ahv TlißdiMg. . . . enel äe o re /^iiv ijxei, ir cj OAviiriui yi/ifrcii a'i « i'ifte'oai, fv aic i'j nuvi'jvQic dOQOi,^eicu /.tL bekundet den Jahresanfang im Sommer. Denn wenn es auch nicht möglich ist, die Zeit der Ereignisse des Jahres 364 v. C. (Ol. 103,4. 104,1) genauer zu ermitteln, so ist doch nicht zu bezweifeln, daß sich die berichteten Vorgänge nach Ablauf des Winters, in dem ja doch die Kriegsführung zu ruhen pflegte, zugetragen haben.

5. Die uiiigekelirte Periodos. Es bleibt noch nachzuweisen, woher es kommt, daß die l-Vier der Olympien das eine .Mal in den zweiten, das andere Mal in den driltcu

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Das Hoclifeal iJpti Zeus hi Olijitipia. 17

Monal (los olisphon -Jahres fiel. Dpiim dio Ahwccliscliiim dor l)(>i(lon Tc- traötciidcii vim lU und äO Moiiiifcii erklärt diese Talsaelie iiielit eliiie weiteres. Auch die rvlhien in Delphi waren, die einen \(in den andern dureli Zwiseheiiräiiiiie von 41) und .')!) Menaten iicsehiedeii. ohne dal,i sie doch zwischen zwei Fostnionaten hin und her schwankten. Von den attischen l'anatlienaion s'ilt dasselbe; si(> wurden iiniiier iui Hekaliunhaion t;efei(>rt. das ein(» ^lal nach 41). das aiulere nach .')() .Monaten. Auch in Olympia hätte der Zykel so i^estellt werden können, dal.! das Hochfest allemal in ein und demselben Monate stattland. Wenn nändich. wie sich aus der natürlichen Ausuleichiinj; von Sonnen- uiul .Mondjahr ergibt, sei es im ;5., ö. und S.. oder im 3., (>. und N. Jahre der Oktai-teris geschaltet wurde, so enthielt die erste der beiden Tetrai-teriden. welche eine Oktaeteris ausmachen, einen Schaltnionat. die andere zwei, und wenn dann die ()lyni|)iaden am Ende dieser ersten Tetraeteris nach 40. die am Ende der zweiten nach 50 Monaten gefeiert worden wären, so wären sie inuner in ein und denselben Monat gefallen, da ja die Schaltmouate nui- den Namen des voi-hei-gelienden nnt der Ziffer •„' tragen, also eine Vor- oder Zurückscliiebung nicht veraulaßten. Und so ging es denn auch mit I'ythien und l'anathenaien zu: nach Ablauf der ersten Tetraeteris von 41) Monaten wurden sie gefeiert, die einen im Bukatios. die andern im Hekatombaion. und nach Ablauf der zweiten Tetraeteris von öO Monaten Helen sie wieder die einen in den ilukatios. die andern in den Hekatombaion. In ()lym|)ia war es anders. Sieht man zu. so stellt sich heraus, daß hier die Zahlen- folge die umgekehrte war. trotz der nämlichen Schaltweise. Denn man beging am Ende der ersten Tetraeteris, die mu' einen Schaltnionat enthielt ' und daher auch nur 41) Monate umfaßte, wider alles Erwarten das Fest nach .')() Monaten, d. h. im .')]., und am Ende der zweiten, welche doch zwei Schaltmonate enthielt und daher öO Monate umfaßte, doch bereits nacii 49 Monaten, d. h. im äO. Dei' natürlich gegebene Zyklus wurde also so zu sa.gen auf den Kopf gestellt, umgestülpt. Dadni-ch allein ist der höchst verwnmierliche Monatwechsel des .größten allei' hellenischen Volks- und Götterfeste erreicht worden. Nacli Komarchos fand Olympiade 1 im S. Monate, d. i. im Apollonios. statt. Diese Olynipienfeier 1 bildet also den Anfang für die Oktaeteriilenzählnng, und ihr entsprechend tut dies fortan jede ungrade Olympiade. Mit einer solchen l)e.ginnt die erste Tetraeteris. Diese erste Tetraeteris enthält 12 -(- 12 -f- 13 -f- 12. (I. i, 41) Jfonate. Sind diese um, so ist wieder Apollonios. Aber in ihm lindet das Fest diesmal nicht statt, sondern ei'st vier Wochen später im Partheuios. Mau sieht, daß der Apollonios vor dieser zweiten Olympias noch zur ersten Tetraeteris zugeschlagen wurde, und daß Ol. 2 somit erst nach 50 Monaten begangen ward. Die nun folgende zweite TetraetcMis enthält 12 -j- 1-^ + 1 - + l'^i t'- '• 50 Monate. Sie geht aber vom Partheuios aus. Erst wenn diese 50 Monate um sind, müßte man die

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18 Lndicig Weniger,

Wiederkehr des l'estes erwarten, imd es würde dann wieder l'arthenios sein. Aber nicht dieser ist in Ol. H der Festnionat. sondern bereits ApoUonios. Man erkennt, daß Ol. 8 nach 4!l ^Idnalen gefeiert wird, einen friihei-. 8v6c ösovToc. Und so fortan, jede ungrade oder Apolloniosolynipiade nach 49. jede grade oder Partheniosolynipiade nach 50 Monaten, oder anders gefaßt: jede Olympiade nach Ablanf der ersten Tetraeteris im öl., jede nach Ahlauf der zweiten im ÖU. Monate, d. i. die erstere nach 50, die andere nach 41) Monaten. Ol. 1 macht den Ausgangspunkt für die Recimung. Als man sie feierte, muß mau sich durch eine große Katharsis der Zeitennrdnung zu l-'hreu der Oottheit die Ihiterschiede des Sonnen- nnd Mondjahrs ausgeglichen denken, oder, wie Komarchos es ausdrückt. Herakles stellte eine Periotlos zusammen, und zwar tat er es so, daß er die Winterwende suclite, den nächsten Neumond beobachtete und diesen als .\usgangspnnkt festhielt. Von da an zahlte er die Vollmonde, und am 8.. d. i. dem des ApoUonios. feierte er Ol. 1. Diese Feier findet gleichsam selbst zu Khren des kathartischen Ausgleichs statt, gehört ihm noch an und bildet somit ilu'erseits den Ausgangspunkt, wenn nuiu die Zwischenräume von Fest zu Fest berechnen will. Tafel I führt das Ver- fahren deutlich vor Augen. Auf anderm Wege ist der Monatwechsel nicht herauszurechnen: nach de)- angegebenen Weise al)er leuchtet er ein und stimmt mit der Überlieferung: yiveiai ö ayrnv noie /.lev Sin rfaaa- oüy.ovra evrea firiVwr^ noTt äi öiü jT£vn]xovja' nHfv xai noTt ,uev loj 'Anoü.wr'un firjVl. tiots 6e tk'i FlaQ^ei'Uf) imifXt'ina.

Man darf also deu olympischen Tetraeteridenkreis als einen um- gekehrten Zyklus bezeichnen, insofern, als das Fest gerade in der entgegengesetzten Weise angesetzt wird, als das rechnerische Ergebnis nahelegt, und als es anderswo bei großen, mit der achtjährigen Schaltung in ^'erbinduug gebrachten und nach ihr geregelten (lötterfesten üblich war.

Um einen Einblick in die Gestalt der ersten olympischen Oktaeteris geschichtlicher Zeit, welche sich an die 77(3 v. C. gefeierten Olympien anschUeßt und von dem ersten Neumonde nach der Winterwende 777 als Epoche ausgeht, zu gewinnen, sind auf Tafel Li die Neumonde und Voll- monde dieser 8 Jaiire nach jnlianischer Rechnung zusammengestellt. Des Zusammenhangs wegen sind die Phasen von 777 und von 7ii8 zugefügt. Die Winterweude 777 traf rund auf den 25. Dezejnber'). der folgende Neumond auf 13. Januar 77(>. Der 8. Monat enthält die erste Olympiaden- feier; sie trifft also auf den 8. \'ollmond nach dem 13. Januar, d. i. den 22. August 77(i. Der Monat ist der ApoUonios. Er beginnt mit dem Neumond am 8. August und reicht bis zum 5. September. Von diesen

1) Xach deu \ltPii: s. oben S. ('.. riohtis auf den -JS. Dezember früh G U. 7' 44' Parisor Zeit.

Das Hochfest des Zeus in Oh/mpia. 19

Olympien (»M. 1 - 77(1 v. ('.) ;in .')(» ^roiiato sezälilt Hüft M)l. 2 772 v. C.) auf (Ich i!. Sopteinbor als Yollinoiulslai;: der ^Idiial ist der Fartiieiiios. Er l)(>siniit mit dem Neumond 23. August und reicht liis 21. September.')

Die Neujahre dieser ersten Üktaeteris fallen auf fdliiende Tage: 1. ;>. Juli 77(;: IT. 2.S. .Juni 77."^: 111. is. Juni 774: IV. .'). Juli 773; Y. 2ö. Juni 772: VI. H. Jiuii 771: Vll. 8. Juli 770: VIII. 21. Juni 7(i;) v. C. Die SehaKuni; ist auf das ;>.. (i. und s. Jahr gesetzt: Schaltnionate siiiil also vom 12. I)ezeud)er 774 l)is 10. Januar 773: ferner vom s. De- zember 771 bis 7. .lanuar 7711: endlich vom lii. Dezember 7(!;i bis 14. Januar 7(>s.

Olympias 8 ist nach Ablaut von 4!) .Monaten am 23. August 7t;s = Aj)olloniüs 14/1 j (Volhnondl.

.Man erkennt, daß die Lage der Olympien zweier Tetraeteriden. was das Verhältnis zum Sonnenlaufe betrifit. nicht weiter auseinander fiel, als w(Min sie immer in demselben Monate gewesen wären. Infolge der Schaltung lagen die I'aitlieniusolympien nur l.i Tage näher dem Herbste zu. als die des Ap(dloniüs. Ebenfalls l.i Tage Zwischenzeit, nur näher dem Sommer zu. hätten stattgefunden, wenn die in Delphi und .\theu gebräuchliche Ansetzung der Festfeier beliebt worden wäre.

Die Annäherung an den Herbst wird schwerlich der Grund für die in Olympia getroffene Maßregel gewesen sein. Es muß ein anderer, viel schwerer wiegender, sieh unvermeidlich aufgedrängt haben, sonst würde man sich nicht zu dieser unnatürlichen, in vieler Hinsicht unbequemen und bedenklichen Einrichtung entschlossen haben. Bedenklich enscheint sie durchaus: denn es liegt im Wesen der großen gottesdienstlichen Feste, daß sie mit unzerstörbarer Stetigkeit an dem Regelmäßigen festhalten. Wieviel mehr mußte das der Fall sein bei einem Feste, das selber an die Zeitenoi-dnung gebunden war und das aus besonderen Gründen, wie kein anderes in Hellas, für die Zeitenordnung eines Jahrtausends von Einfluß werden sollte! In weitesten Kreisen der damals bekannten Erde, zuerst bei den Hellenen selbst, dann bei makedonischen Königen und den Diadochei}. bei den Großen im hellenistischen Ausland und bei den Macht- habern von Rom. zuletzt weithin auch bei den Barbaren, fanden die Olympien Teilnahme. AVieviel mußte daran liegen, daß eine gleich- mäßige Stätigkeit vorhanden war! Fiel auch der Monatwechsel für die- jonigeu Völker, welche sich des elischeu Kalenders nicht bedienten, wenig ins Gewicht, so war doch auch die Vollmondphase der Spätsomnierzeit. an die man sich hätte halten können, ins Wanken gekommen. Und selbst wenn die Einrichtung, ohne Einfluß im .\usland. auf Elis allein

1) Die Mondphasen sind iiiuh Fleiscliauer berechnet: kleine Ungenauigkeiten kommen nielit in Retrnclit

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22 Ludnig Weniger,

bescliräukt geblieben wäre, so stände t^ie docli ganz vereinzelt in der Geschichte des hellenischen Festwesens da.

Es gebührt sich, den Gründen, welche zn einer so künstlichen und sichtlich erst nach langem Erwägen ausgeklügelten Maßnahme gefülirt haben, nachznsjjüren.

(5. Das Hoclifest der Hera.

^'aciuleni Tansanias das Wichtigste von der (beschichte des Hera- tempels in großer Kürze angegeben bat. wendet er sich zur iicsprechung der Schwesterschaft von sechzehn l''rauen. denen der Dienst der Göttin oblag: ..Alle fünf Jahre weben die Sechzehn Frauen der Hera ein Gewand. Eben diese Frauen veranstalten auch den Wettkanipf der lleraien: dieser Wettkampf besteht in einem Wettlanf für Jungfrauen." .'). l(i. 2: Sici nej.imov äe vcfairovOir fröre rfi'ffon Tr^n'/.ov at tx/xdäsxu fWiä/Si' cd Jf «i'tal iiiMaair xai äyoh'u 'Hqula. <> Se nyiüv eauv ajiMa 6oniiov nagi^evoLc. Danach gebt der. Peiieget aid' (He gni]ipenweise Folge der Wettläufe und die Tracht der i>änferinnen ein: dann fäiirt er fort: ...\nch diesen ist zn ihrem Wettkampfe das olympische Stadion überwiesen, aber für den Lauf etwa um ein Seciistel verkürzt. Den Siegerinnen geben sie Kränze des Öliiaums und ein Stück von einer der Hera geopferten Kuh. Auch ist ihnen gestattet. Hilder mit Inschrift aufzustellen": anu- dsSeiy/ieror ntv d/ fV töv äyinri'. saiiv xal Tnvtcag %o 'O'/.tnuuxov arüStov. d(jMqovGi df arrau ec mr ^oöiior zoi~ üiadiov tu h'xiov iiä/jaia' xai:: ös rix<i)Oatc f/.ainc tc diSöaai (itfcfävovc xal ßoöc iioToctr isifvfif'rric t>, "^ Hq{(' xal St] ävat}£trcii (7(fioir tau yQUipanevaic fr/.vvac.

Offenbar ist. wie die Darbringung des Gewandes für die (iöttin. so auch der ^lädchenwcttkampf und was dazu gehm't. in tetraeterischer Wiederkehr veranstaltet woiden. Opfer. Gewandweihe und Wettlauf gehören untrennbar zusammen und bilden als ein Ganzes das Fest der Heraien.

Als ilonat der Heraien ist der Partheuios anzusehen. Die Monat(> erhalten gein ihre IS'aincMi von Göttmfesten. die in ihnen gefeiert wurden: so in Sparta der Karueios. in Delphi dci' Theoxenios, in .\tlien der Anthesterion und \iele andere. Das immer wiederkehrende Fest gab dem Monat, au dem es geknüpft war. in den Augen des Volkes seine Eigenart. Man könnte sicli denken, (biß der Wettlauf der 7t((od^F'voi als ..Jungfernfest", nao'lsna. bezeichnet wurde im Gegensatze zn den Agonen der Männer, und daß danach der Name des Parthenienmouats gebildet worden ist. .\llein manche Monate trugen den Namen der Gottheit, die in ihnen ihre Kirmes feierte, und so könnte aucli der Parthenios den seinen einer ( iöttin verdanken, die im elischen Gottesdienste den Namen der Juuufrau mit i)esoiulerer Hervorhebung erhalten hat. Mau denkt zunächst au .\tbeiia niul an .\rteuns. Der Dienst der .^tbeiia war in

49

Vus Jluchfisl des Zms in Olynipiu. 23

Olymjiia iinln'dcniti'iid: aus doiii (Um- ilaiiptstadt Klis indes, wolclicr reclit aiis(-linlicli gewesen sein imill liat sicli dor. j(>tzt inschrit'tlicli bezeugte'). .^^(malsllanle .Vtlianaies gebildet. So war diese (löttin Ix'i-eit.s im Laiules- kaieiuler untergebracht. Dazu koniuit. daß der Stand der Jungfräulichkeit .\theneus bei den Eleiorn nidit nur nicht betont gewesen ist. sondern dal.) sie in eiiu'r Ijesontleren Autfassung sogar (Umi Namen der .Mutter (Ai^r^vü lolriio) ti'ug. einei' Legeiule zu liel)(\ die Paiisaiiias (.'). 8. 2t be- richtet. Auch .\rtemis. deren Jungfräulichkeit, wie überall, so auch bei den Kielern, festgehalten wurde, war in deren Kalender bereits durch einen eigenen .M(mat. den Elaphios. vertreten. .Xthi'na \\w\ Artemis kouinien somit für den l'arthenios nicht in Betracht. Dagegeu stellt fest, dali in den Hochstätten des Heradienstes, in Argos ebenso, wie auf Sainos. aber auch in Euboia. am Kithairon. iu Nauplia. Ilerniione, Stym- phalos. Wert darauf gelegt wurde, das urs]irüniiliche und stets erneute Magdtum der Hera hervorzuheben und sogar den heimliclien Liebesverkehr mir Zeus damit in Beziehung zu bi'ingeu. Vielfach spielt daljei ein f'^luB. als Bad der Jungii-äulichkeit. eine Rolle iu Legende und Kultus. In Xauplia erzählte mau. die (iöttin werde jährlich nach vollzogenem Bei- lager durch ein Bad im Muü Kanathos wieder zur Jungfrau. iVn einem Orte nahe dem Müsse Theren im Gebiete von Knosos Avurde die heilige Hochzeit vollzogen gedacht und jährlich mimetisch gefeiert. In Argos floß der Asterion oberhalb des Heraion und wurde der nahe Kleutherios zu Reinigungen und geheimen Opfern benutzt. Wie die ganze Insel Samos dei- Hera zu Ehren den Namen Parthenia trug, so hieß der Fluß bnbrasos, an dem gleichfalls die Hochzeit der Göttin mit Zeus stattfand, Parthenios oder Parthenia. Man erkennt überall denselben tsgog Xüyog und daran geknüpfte ÖQwftsra, eine Lutrophorie, wie die der Heresiden in Argos.'-) Nun mündet eine Meile oberhalb von Olympia ein Flüßchen in den Alpheios. das den Namen Parthenia (P. Ü. 21. 7) oder Parthenias (Strab. 8. 3.')7) trug, gegenüber von Phrixa, in einer Gegend, die den Hauptherd der alten Pisatensage bildet. Es wäre denkbar, daß audi dort eine ähnliche Anschauung im Zusammenhange mit dem Heradienste vorhanden gewesen ist.'') Darf man annehmen, daß Legende und Dienst im ältesten Olympia der hochverehrten Landesgöttin mit besonderer Fest- haltung ihres jungiräulichen Standes gewidmet war, so erldärt sich

1) Ol. V n. 1!'2, 2 Aä^avclvi ziö .«fn? n/r (>,«// ['0/.Vj.i:iinSa].

2i Paus. 2, 17, 1. He.sych. 'Ngfaiili-^' xüoui (u /.oi-tok xo/iiCovaci rj) 'M<j((. t>tyiu. .M. p. 43(i ' Hgealät,;. ii:(iet('.( rr/g i'v "Ayyti'HQag' ano Tr/g'Hfiag' rj naQu xhr l'.Qvaci ii^/.Äorzr'.. f'.oraiiidfg. lu f'.^>i!)iifi-i'.i rtt '/.ovr Qa . Pon'scli Aijijo'uStg Hesych.

3) Paus, ti, 21, 6Ü. Weuu der Perieget bemerkt, der Fluß habe den Namen von dem Pferde des Marmax, eines Freiers der Hii)podameia, so ist das wenig glaubhaft, selbst wenn epische Überlieferung in breiter Ausmalung der Pferde- namen nicht vergaß und eine.s der Tiere Partiienia nannte, was ja fiir eine Stute passen würde. Die Darstellum: geht auf die iiroBeu Ehoien zurück.

24 Ludwig Weniger,

(l;inniw. daß der Göttin Hera J'arthenos zu Eliicii ein 3[in:at des Jahres (Ion Namen Parlhenios erhielt. Demnach bedeutet (üeser elische Monat, wenn in ihm (he l(ei-aien 5j;efeiert wurden, dassoibo. wie anderwärts lieraios oder l-lerasios: nmi^ekehrt könnte man die olympisciien Hernien elienso mit dem besonderen Namen von l'artiicnien bezeichnen, wie etwa (he elischen Dionysien den Namen Tiiyien trugen imd den- ^lonat, in dem sie stattfanden. Thyios iiieü.

Für die weiteren Untersnciiungen liän^t viel (hivon ab. an welchen Tagen des Parthcnio.s die Heraien gefeiert wnrden. Nicht in Betracht Icanien zunächst die v(nn Id. bis l(i., in welche alle acht Jahre Olympien lallen. Die Zeit der grol.jen Herafeste anderwärts, z. 1!. in Argos, ist nicht bekannt. ^lan hat darauf hingewiesen, dal.i in Hei-a Züge einer .Mondgöttin zn limlen seien, insbesondere, daß ihr die von uralten Zeiten bei den A'ölkei'u geheiligten Noumondtage gewidmet waren. i''ür die römische Jnno ist das durch genügende Zeugnisse gesichert, und diese Tatsache ist für die Beurteilung der olym))ischen ^Verhältnisse nicht un- wichtig: denn es steht fest, dal.) der (iottesdienst von Olympia auf Italien und Sizilien von Einfluß gewesen ist. Was allerdings Röscher zum Et- wcise seiner Behau])tung für die gleiche Bedeutung des Neumonds auch im griechischen Heradienste beibringt, ist zwar ansprechend, aber niclit zwingend.') ]''ür den Neumond ließe sich anführen, daß auch das Zeus- fest in Olympia an eine der großen Mondphasen angeknüpft war. So heißt im römischen (lottesdienste Juppiter Gott aller Idus, Juno Göttin aller Kaienden.-)

Auf die Annahme, daß die Heraien in die ersten Tage des Monats l'arthcnios fallen, ist ein Teil dei' nachfolgenden Untersuchungen gebaut. Sie gewährt die Möglichkeit, das Rätsel ties Monatswechsels der Olympien in befriedigender Weise zn lösen.

7. Die lliM' ii ische I'cut;i(' teri.s. .Vus der Tatsache, daß die Heraien ebenso, wie die Olympien, in vierjäiirigen Zwischenräumen gefeiert wurden, ergibt sich, daß sie eben- falls an einen achtjährigen Schaltkreis geknüpft waren. Entweder, so muß man schließen, war die l<'cier der (iöttin den Olympien nachgebildet, oder sie war unabhängig davon also geordnet. Wenn ein Monat nach einem Feste seinen Namen eihalten hat, so muß es wohl alljährlich

1) Röscher. Hcni und Juno. S. '22, 281f.. liesomleis 31t'. .Sc/c»«' und Ver- waiultes, S. 14.

2) Jii. Lydiis rle wci/s. j). 36: imidy ^1^ 'oti c.'i y.r.'iM.vi^ci H(ir\: i/ ;.(((;r;/ iTvy/c.vor. Torn'iiTi iii/.ijf/i^' ii'i ••(':o tf iniifoi'. (•(_■ i'iflhjinf ,'/'.7niTf .:. Ii'r. it'iv xliv tj/.ior, Hqc.v M- r'iiv iji'/.lii'ijV i'rnui'Cdf n'i'((i. i<('.t t'ijV iilv vi-oit 1/ >■ i cv Ti'iri,. ri'cc ''f t'i'dov^; (zuvThati tili' iiiOoiDjvIr.r) hl l'/yiin' 'if/Jv) i''.f/if ioin\ n/.;,'i7/.(ii tki)' rrv t'Mor^ i<i'.).(ivVTIQ o)i>ri) ;i/.)l()oat/.lji'i()f.

51

Dilti lloclifed des Zvus in Oli/iiipia. 25

statti^cfiiiidoii haben: ein nur alle \ icr Jahre ;;creiertcs h'est läl.il iiielil so starke l^inilriicke ziu'ück. ibil.i es der .Meiulzeit. in die es iiniiier erst iiaeli s(i huii^-eni Zwiseluniraiiiiie ITilH. ein eii^cnes (iepräi^c i;il)l. Wenn ein dahresl'est bestand, so konnte dieses nacii Abhinl' der ganzen luk-r iialben Sclialtperiode. zu der es in Hezieiiung stanti, besonders giänzeinl i)Osani;eu weiden. Diese Entwickelung niai>' bei den meisten ennaetei'isehen uiul pentaetcrischen Götterfesten vorgelegen liaben. Wenn z. 15. in Athen jährlich kleine Panathenaien stattfanden, so bezeugt dies den gescliilderten (rang: Die Jahresfeier war das Erste, nach vier Jahren wurde sie durch besondere Veraustaltungen, wie Peplosweihe ii. a.. zum Hochfeste gesteigert. Auch bei den olympischen Hcraien war es besonilers die IVplosweihe. die ihnen alle vier Jahre einen größeren (ilanz verlieh.

Es kommt nun darauf an. ob die heriiische Schaltung in (.)lympia dieselbe Epoclie hatte, wie die olympische, mit andern Worten, ob das Hoclifest der Hera in demselben Jalire stattfand, wie das des Zeus. Man könnte denken. da(3 die tetraeterischen Heraien im 2., 3. oder 4. Jahr einer Olympiade begangen wurden, also niemals mit den Olympien sich bei-ührten. Indes ist in der Überlieferung keine Spur solcher Anordnung zu entdecken. Es scheint, als werde die (ileichzeitigkeit beider l'\'ste vorausgesetzt, und auch solche Einzelheiten, wie die zehn Monat lange Einübung der Hellanodiken uml die Webezeit der Sechzehn Eraucn, welche (nach athenischer Analogie zu schließen) ebenfalls zehn Monate gedauert und am gleichen Tage begonnen haben wird - die Sechzehn sind das weibliche Seitenstück der Hellanodiken. und ihr Webehaus stand unweit des Hellanodikengebäudes in Stadt Elis') . sprechen dafür, daß die großen Heräen im nämlichen Jahre, wie die Olympien, immer aber im Monate Parthenios gefeiert wurden. Auch wird man verständigerweise nicht an ein und demselben Orte zwei Schaltsysteme derselben Art. ok- taeterische nämlich, von zwei verschiedenen Ausgangspunkten ab gerechnet liaben. Die Schaltung, ein mit großer Weisheit ansgesonnenes. durch feierliche Veranstaltungen gefestigtes und mit dem Nimbus der Heiligkeit umgebenes Werk, welches alle andere Zeitenordiunig des Orts, zumal Jahresbeginn und Monatzähhmg, nach sich zieht und auch mit folgen- reichen Geschäftsverhältnissen, als Zinsberechnung und Schuldabzahlung, in Verbindung steht, kann nicht dadurch unwirksam gemacht werden, daß man durch ein zweites System ein Durcheinander der an sich so schwierigen Regelung hervorruft, dessen schädliche Eolgen nicht absehbar waren. Auch läßt sich kein Heispiel nachweisen, daß an einem hellenischen Orte mehr als eine Schaltung desselben Systems, oder, was dasselbe sagt. mehr als eine Epoche der gleichen Schaltart \(n'handen gewesen sei. Wohl kam es vor. daß neben tetraeterischer Jahresoidnung und Anberaumung

1) Pau.s. ii, 24, 1 vergliclu'ii mit in.

52

26 Liuhviij Weni(/er,

des Hoclift'stes der Orls.uüttheit ein altortttuilidier Rest früherer Sehaltiiiig anderer Art. z. 15. ein trietcrisches Dionysosfest, sicli eihalteu liat. allein das war ohne Bedeutnng für die Ordnnng der gottesdienstliclien Ver- hältnisse sonst, nnd mit den Tetraetcriden des Hochfestes soznsagen in- konuneusurabel. Ancli findet sich der Fall, daß Pentaeteriden anderer Orte heriibergreifen. wie z. E. elensinische. iiiaiatluniische. bianronische, delische in Athen 'l. oder dal.i künstliclie Schöpfungen rücksichtsloser Maclit- haher. das Alte nachahmend. Feststiftungen vierjähriger Wiederkehr will- kürlich einführten, wie z. B. Augnstiis tetraeterische Aktia. vielleicht auch Hadrian in Athen tetraeterische Panhclienieu schuf, oder die athenischen Olympieien tetraeteriscli einrichtete. Allein derartige Erscheinungen kommen für (he natürliche Kntwickelung der Verhältnisse nicht in Betracht. Aus Ehs ist von einer andern peutaeterischen Gottesfeier nichts bekannt. Es darf als sicher gelten, daß keine weiter bestanden hat. wenigstens an keinem der Orte, die zum alten Landesbestaude von Niederelis und Pisatis gehörten, (»leiben somit allein Olympien und Heraien übrig, so ist der Schluß berechtigt, daß beide Hochfeste alle vier Jahre zur gleichen Zeit, nur um einige Wochen von einander geschieden, veranstaltet worden sind.

Die Heraien wurden also Jahi- für Jahi-. mit größerem Aufwaiul al)er alle vier Jahr, allemal aber im l'arthenios, gefeiert, der von ihnen oder der Oöttin den Namen hat. Dagegen fanden die Olympien ab- wechselnd im Apollonios nnd Parthenios statt, die apollonischen nach 411. die parthenischen nach .')(l Monaten. Sind nun die Heraien immer im Parthenios begangen woi'den. so waren die Zwischenräume von einem Herafeste zum andern in der entgegengesetzten Folge einmal ."lO. das andere Mal 4'.) .Alouate: d. ii. nach Aldauf der ersten Tetraeteris, die nur einen Schaltmonat enthielt. 4'J .Monate, nach Ablauf der zweiten, die zwei Schaltmonate in sich begriff. öO 3Ionate. Die Schaltordnung der Heraien entsprach dabei- den Pythien und den Panathenaien: es war ein grader Zykol. die der Olympien ein umgekehrter. Die oben zu S. 18 aufgestellte Tafel I läßt sich daher so anwenden, daß statt der Pythien die Heraien eingesetzt werden: ein Unterschied besteht nur darin, daß dei- Pythiennionat Bukatios der zweite, der Heraieumonat Parthenios aber der dritte im Jahre war (Tafel 111).

I) -Aristot. AH. Uli'/.. .54: ^^Äi/ndl M xc.'i i-ri-ijoic ()ixt: (itoonotoic). tovc xht' lyifctror xc./.iiijiiviiv^, ui IHaii:^ Zh mag Ulorui [xtü r]«c lnerTc]T)j!)t6uc c'.Tiiiacci (Sifiixoioiy n).)iV Ili'.ti:!hi>i!lfjv. f[iai df] ;tfiTfT//j<('rS£,' <(>') , ,«/« /([m- »/ ti]s J[^/.or lOTi dt] üid inrtriiulg trrni'h: iStvTi'jjc. (Vi- Ujjt'.itiwric., t))i'tij [rSf- 'Hsjc'cx/.ei^a. t£t«<)T// 1)1 ' li/.irlui'riK. Dazu Poll. S. KIT: 'ituorroiol. Ar^c. (irrt; ovjoi ft^vor &i-(7/«c r«; rrtvrtii/iii'iUig. r/^i- ti- Jy.oi-, rj/i- n- liiic.iijiöii. rj/c n'»- 'Hijim'/.i-Uijv. tijV 'Fj.hrnivi. Die liier gcim-iiitcii HeiakleiiMi waren die .Maiatliunisclieii; .\ Momiuspii. Feste d. St. Athen, 161 f.

53

Das Jlui:hlht des Zeus in Olijmpiu.

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54

28 Ludw'uj Weniger,

Dies Eriichiiis i.sl in IkiIu'iu Gr;Kiu Iclmoii-Ii. Ks t'iilii't zu der \\\- k(Miiitni8, (liili die Sclialtordimng der Heraicii die einfachcro iiiul iiatiir- licmäB seSP'5t^'"P ist- <'i<^' ''tn' Olympien dageii'eu eine künstlich eil'undene. offenbar das Ergebnis langes Naclisinnens, nni einen Answeg ans großer Verlegenheit zu hnden, elme docli die Saelie preiszugeben. Daraus aber folgt der weitere Selilnß. dali (üe lunrieiitung der Hej-aien älter ist, als die der Olympien.

Diese Tatsache wird mm auch durch andere Beobachtungea bestätigt.

s. Ilöliri-fs Alter dos llrrad 11" iistes in Olyiniiia.

Das lüld der olympisclien Altis. wie es sicli aus den Kunden, zu- sainmengehalteu mit scliriftliclier Überlieferung, darstellt, zeigt, daß ihre ältesten Heiligtümer nahe dem j-'uße des Kronosbcrges gelegen hahen. Von dort ausgehend baute man im Laufe der Zeiten weiter nach Süden in die Ebene hinein. Je ferner vom Berge, desto jünger sind im allgemeinen die gottesdienstlichen Anlagen.

Fundschichten von Opferasche. Kohlenresten um! kleinen Weih- geschenken aus Ton und Ei'z. die sich bis unter den 15o(len der Tempel, des Aletroon niclit nur, sondern auch des uralten Heraion, ersti'ecken. haben gelehrt, daß voi' Anlage dieser Bauten tempelloser Altardienst mit großem Eifer betrieben worden ist. Die älteste aller durch die (Irabungen ans Licht gebrachten Stätten der (lottesverehrung war der große Altar südlich vom Heraion übei- der Nordwestecke des Pelo- piou. Er war von Asche mnl geliörte der Hera lange vor Erbauung ihres Tempels. Daher ist er nicht nach dem Heraion orientiert: denn dieses ist. wie der Platz allein ermöglichte, auf dem engen Räume zwischen Altar und Bei-g erbaut woiden.^)

Ein Übeiblick über Tempel und Heroa der Altis bekundet, daß nicht um- die weiljlichen Dienste in Olympia überwiegen, sondern daß gerade die Kultbauten am unteren .\bhange des Kronion lauter weiblichen (iottheiten gewidmet waren. Dies gilt außer dem Heiligtume dei' Erd- göttin mit dem Altaic dei' Tlienns sowold x'om Heraion. wie vom Metroon.-)

1) DiT in der 'roni|iel;u-lise des ilcraion ii.stlicli \iirliegende großr .Ut;ir geliörte eliensnweiiig zu diesem Teinpel. wie deiv in gleicher Weise etwa zwei l'letlira vnr dem Zeusteniiiel gelegene, znm Zensteinpel gehurt hat. Vielleicht war der evstgenaiinte der i)oji])elaltar für Hermes luul Ai)ollnn; da diese den Agoneii Norstamleii. würde sieli die grol.'.e Masse der ^'otive erklären. Wäre er der Hera gewidmet, so würde das Meraion von der Ostseite her durch Stufen zugänglich gewesen und gi'hliehen sein. Das ist es aber nicht: man het.rat es von Siideu (hir<ii vorgehaut«' 'i'i-e|)i)en an den lieiilmi iiul.iersten Interkolumnien.

T) Das Metroon ist ja ehi später Hau aus dem vierten Jahrhundert, aber der Kultüherliet'erung und dem m-alten und ho(ddieiligen Altare der Hhea zuliehe gleichfalls an den f'nl.'i des lliTges gelehnt. Ms war nach Osten orienfiei-t, trotzdem, daß tier Altar westlich vor seinem llinterhnuse zu liegen kam.

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f1

Dan Hochfest des Zeus in Oli/mpia. -^

vom Tonippl flor Eiloithyia, der Aplirodito Urania, der Cliaiiiynaia uiul vuin llippodaiiKnoii. das imterhall) der Zaiics vor dcMii Stadioiunn.i'aiige g-elegon liat. ') Von nKhinlicl:oii Gestalton liahcn nnr l'clops und Zeus uidpre llcilii^tünicr als Altäre, heido jedoch. I'elopion \vi(> Olynipieion. Heiden weiter vom Bero- entfernt, als irt^end eines der genannten. Man erkennt, was sich ancli ans inneren (Jründen erweisen laut, daü (Me weihliclien Dienste älter sind, wie der des Zens.

Der älteste Gottesdienst des olyni|)ischen Haines gehört der Gaia und hängt mit dem Seelenglauben dei- pelasgischen Urzeit und dessen Äußerung in Höhlenmantik und Baumkult zusammen. i\n (he heimische Krdgöttin liahen sich nacii und nach verwandte (gestalten weiblicher Gottheiten von auswärts angeschlossen und in der Umgebung des Gaion am Südabhange des Kroniou eigene Heiligtümer gefunden. Zunächst die mütterliche Demeter Chamyne-, sodann die kretische ilutter des Wald- gebirgs. Rhea. und an sie anknüpfend, die geburtfördernde Eileithyia als Pflegerin eines, der heimischen Erde entsprossenen. Daimon-i. ferner die orientalisch gefärbte Aphrodite Urania, zuletzt und am stärksten entwickelt. Hera. Von Kreta überkommen, dann unter Einfluß von Argos her zur echthollenischen Göttin geworden, erhielt die olympische Hera gesteigerte Verehrung von der Zeit ab. da der Dienst des Zens sich zu entwickeln begann. Der durch die aitolischen Epeier von Dodona mitgebrachten nninnlichen Gottheit wurde die weihliche, die man zu beseitigen nicht wagte, zuerst anbequemt und als hochgeehrte Gemahlin zur Seite gestellt. Zeusdienst ist in vereinzelter Nachricht auch an das Erscheinen des Pelops geknüpft. Aber eigentlich ist es Herakles, mit dessen Namen die folgenreichsten Einiichtungen zu Ehren des Olympiers verbunden werden, wenn auch der große Heros nicht ohne Widerstreben bei den Eleiern Aufnahme fand.-') .Man erkennt, daß immer wiederholt Einflüsse von außen zu den vorhandenen, im Pisatenland eiugelehten. Gottestliensten zugekommen sind. Von den weiblichen Gottheiten besitzt keine ein Heiügtum. das in gleicher Weise, wie die beiden der Hera. Hochaltar und Tempel, einen in altei- Zeit mächtig entwickelten Dienst bekundet. Mit Hippodameia veieint. der Tochtei- des Landesherrn, ist dieser Göttin der Pistatengau an beiden Ufern des Alpheios zur Heimat geworden, während der Zeusdienst durch die aus Aitolien eingewanderten Stamm-

1) P. 6, 20, 7 ist statt non:tiy.',,y l'aoiUiv zu .schreiben i'i ;,> o i.a i^ i/ >■ i'r,niUn: cl. h. Eingang zum Stadion (i^i^t/iiiog).

2) Der Dienst der Eilcitliyia uud des Sosi])olis ist jung (Paus, (i, 20, 2 f.), aber er Ijerulit auf altem Grunde: \m Kroiiosberge war einst eine idäisclie Grotte, vgl. Pind. Ol. 5. IV, dazu Scholieu und Boecklis Erklärung.

3) Es ist sehr auffallend, dalJ Herakles so gut wie keinen Kultus iu der Altis gefunden hat. Der bescheidene Altar am ScUatzliause der Sikyonier war nicht einmal unbestritten: vgl. Paus. .'>, 14, :).

30 Lndwiq Weniger,

lienipu sowolil. wie durch die später lünziigekoniiueiien. den lydisclieu Peiops, den dorischen Herakh^s luid ch^n aitolischen Oxyhis. einen üher das Pisatengehiet hiuausreiciiemkMi. l)ereits ain|)liiklynnischen Charakter eriiielt.

Ist somit (he \'ereliiiin<i der weihhclien Gottheit, (he als Hera zu besonderer Geltnnii liehingte. als älter zu betrachten, wie die des Zeus. so fällt aus dieser Tatsaclie aucli auf das dieser (löttin gewidniete. ans- sclilielilicli von Fratien jj-efeierte Hochfest einiges Liclit. Andere Beob- aclitungen koninien bestätigend hinzu. Die ältesten Olympien nnterscheideu sich in der .\rt ihrer Feier nicht von den Heraien: wie diese bestehen sie aus Opfer, Agon, Kränzinig mit Ölzweig nnd einem an das Ojifer sich anschließenden Festmahle: der Agon aber war ebenso, wie bei den Heraien. auf Wettlanf im Stadion beschränkt.') Sind somit beide Fest- formen msprünglich gleich, so liegt es nahe, daß die eine der andern nachgebildet ist. Das größere Alter des weiblichen (iottesdienstes spricht für Priorität der Heraien. Für den Wettlanf der Mädchen, so ttberliefeit Pausanias. dient ebenfalls das olympische Stadion, aber um ein Sechstel verkürzt: dnoätdeiyidvor ,((£)• 61] i; tÖv nYwvu ran xai tuirau ro 'O/.ii/i- nr/.ov ardöiov, ätfatüovat öt artatc fg töv öqÖiiov lOr Ctiadlov 10 fxror luUiGta. Somit i)etrug die Rennbahn der .Mädchen .JdO olympische Fuß (l(iI..S5 ni). während die Männer (JOO Fuß (192.27 m) zn dnrchlaufen hatten. Das größere Stadion soll erst Herakles abgeschritten haben. Diese Nachricht deutet darauf hin, daß das kleinere das ursprüngliche gewesen ist.'-l Das Temenos der <_'hamyuaia. anfänglich ganz freiliegend.

1) Dagegen .A. Kiiite, Die Entstehung der OlympionikenUste, Hermes Ö9, 1904 S. 224Jt'. Daß in tier l izeit Wagenreuueu und andre Agone, die in geschiclitlicluM- Zeit in 01\ru|iia erst aihnälilich Eingang fanden, vorkamen, ist nicht zu leugnen: vgl. Ne.sturs Erlebnisse 11. 11, G69tf'.. 23, t;30ft'.. dazu Stral)on 8 p. 3')ö. Eine Er- innerung au große Kampfsiiiele der N'orzeit liat sicli auili in der Überlieferung über die Olympien erhalten: er.st na<-h längerem \'ert;dl'' soll sioli der Agon von 77i; an allraäldich neu entwickelt liafieu. Man vergleiche, was Ivrause, Oli/mpid, S. 27, zusamuieugestellt liat. Die geschichtlichen <)lyui])ieu als gottesdienst- liche Veranstaltung zu Ehren des Zeus, beginnen, von 77ri ge/.iddt, mit be- solieideueui .-\ut\vande Daß in den ersten 24 Olympiaden bereits Wagenrenuen waren, läßt sich nicht erweisen. Die Vigmcn von Pferden und Wagen unter den kleinen Weihgesclienken um die alten Altilre leichen dazu nicht aus. Wenn Scliol. Find. Ol. 1. \iC> sagt, (hiß die Eleier dem Pelo])s vor Zeus ojjferten (Körte S. ■227;, so gilt das vom Enagisuios am .4bende vorder Hekatombe (vgl. Hochfest I. BeiirägeW, S. 130, 2). (ülit man zu. daß die ri)erlieferung der älteien Olympiaden in Dunkel gehüllt ist, so scheint es ihich zu weit gegangen, wenn der Verfasser behauptet, bis Ende des .'). Jahrhunderts lial)e es keine zusammenhängende Siegerliste und keine Gescliichte der olympischeu Spiele gegelien. Sclion von Ol. 50 an begiunt sich das Dunkel zu lichten.

2) Gellius 1, 1. Herakles Ijestimmte die liiiige nach dem. was ein .Mann ndl einem Atemzuge duichlaut'en konnte, Isidor. Origg. I.'), liu Die Ostmauer der Altis hat die Länge des älteren Stailion. nändich .")Oii olYui]iisclie Fuß oder .') Plethra.

Das Hochfest des Zeus in (fli/mpia- 31

ist orst (IuitIi dio Vorläiii^eruns;- iiiifh Osten in das neue Stadion hinein- gezogen wurden. Man nuiij das aus dem Voireclite der F'riesterin. von einem altarähnlichen Maniiorsitze den Agonen zuznselien. scliliel,5en. Paus. (i. 20, 9: effn Si i'Trttvaxov tmv 'EX'AoLvoäixm' fici);.i6i Uifov Xfv/.ol' im TOvTOv >ta!}E^niiFrti rov ßw/iov OeCtrai ycr») tu 'O/.vfinia, iVofia ./?J- fnjrooc X«,((i)T»jc, 7f|t(rjr lainrjv a/lore u/li] Xa^ißuvovßa naou 'Hksimr. Audi die Lage dicht am Berge" zwischen Hippodanieion und Chamynaion spriciit für das hohe Alter des Stadion und für seine Beziehung zu ch^ni weibiiciuMi Gottesdienste.

Dem Rrgebnis. (hili die Hernien älteren Ursprungs sind, als die Olympien, scheint nun aber die eine der Überlieferungen üi)er die (jesehichte des Herafestes entgegenzustehen.

Nachdem Pausanias über den Wettlauf dei- Mädchen das AVe.senlliche erzählt hat. berichtet er (5. 2H, 4) zunächst, daß man auch diesen Agon auf die alten Zeiten zurückführe, indem man erzähle. Hippodameia habe aus Dankbarkeit für die Heirat mit Pelops (He Sechzehn Frauen zusamnu'n- gebracht und mit ihnen zuerst die Heraien veranstaltet, auch sei die JMiobide Chloris darin Siegerin gewesen. Wenn nun an anderer Stelle in der Geschichte der olympi.schen Spiele ("i. S. 2) erzählt wird, Pelops habe ein Geschlecht nach Endymion den Agon dem olympischen Zeus auf bedeutendere Weise, wie alle vor ihm. veranstaltet, so läßt das 'auf Gleichzeitigkeit mit der Stiftung Hippodameias schließen. Pelops ist der erste, von dem gesagt wird, daß er das Spiel zu Khren des Zeus ein- richtete. Aber man erkennt nicht nui- die .Vbsicht. den großen Heros an dieser Stiftung teilnehmen zu lassen, sondern begegnet wieder dem bemerkenswerten Umstände, daß die Feste beider Gottheiten einander entsprechend gestaltet sind. Eine Entscheidung über das höhere Alter des einen oder des andern läßt sich also aus dieser Nachricht nicht treffen.

Nun berichtet aber Pausanias im Anschluß an das eben Erzählte auch von einer zweiten Überlieferung (5, Kl. ä). und diese scheint eine spätere Entstehung der Heraien zu bezeugen. Der Tyrann Damophon von Pisa, so erzählt er. habe den Eleiern viel übles zugefügt. Nach seinem Tode gewann indes eine versöhnliche Stimmung zwisclien Pisaiern imd Eleiern die Oberhand. Da nun in Elis damals noch sechzehn Städte bewohnt waren, wählte man aus jeder eine besonders alte, vornehme und hochgeachtete Frau, um die Streitpunkte beizulegen. Die Aussöhnung durch die F'rauen kam zustande. Nachher aber habe man denselben auch die Veranstaltung der Heraien und das Weben des Gewandes übertragen: varsQov 6e xal tov dywva inerQäni]aav vrt avtwv d-elvai rd 'Hoaia xid v(fr\vacii^tti rfi "Ho{( löv nsn/.ov. Der Krieg des Damophon mit den Eleiern fällt in die Zeit von Ol. 48 (P. ß, 22, 3). Der damals gemachte Versuch der Pisaten. sich von den Eleiern zu befreien, war vereitelt worden. Indes versuchten die Sieger sich doch mit den auf ihre alten gottes-

32 Lndwifj Wenif/er,

(lionstlicIuMi Rechte eifersüehtigeii Pisaton im liuteii zu verstäiulitiPii. luul es kann sehr wolil auf gescliichtliclier Walirlieit beiulien. (lal.5 man sicii zu diesem Zwecke der hocliaugesehenen Älatronen bediente. M Die Sechzehn Frauen Ijesorgten in Elis dem Dionysos, in Pisatis der olympischen Hera den Gottesdienst. Ancli ist überliefert, daß sie in Elis die Dionysosinaut Pliyskoa. wie in Pisatis die Hippodameia. als Stifteiin ihrer (lenossenscliaft ansahen. Die Legende von den beiden Stifterinnen bedeutet, dal.! an jedem der lieiden Orte. Elis und Olyniiiia. ui'spriinglich ein eigener, von den) andern unabhängiger Dienst bestand, ein Thyiadenkollegium in Elis. eine heräische Scliwesterschaft in Olympia. Durch Vereinigung beider erfolgte nun die Aussöhnung der Ijandschaften. denn die sechzehn Städte gehörten offenbar beiden an, und die (lottheiten. denen die Frauen dienten, waren jede die angesehenste in ihrem Heimatgau.-) Es wird ohne Be- denken angenommen werden dürfen und steht auch nicht in AVidersprnch zu Pausanias' Worten (s. oben S. .'U). dalJ den i)isatisclien Frauen der Hera von jeher bereits die Veranstaltung des Festes ihrer Göttin ol)- gelegeii iiat. die dann später den vereinigten Sechzehn übertragen worden ist. DaL) es sp'äter, "ßreoor, geschah, ist nicht ohne Bedeutung. Ver- mntlicli beanspruchten die Pisaierinuen zuerst allein die Agonothesie ihrer Landesgöttin als ihr gutes altes Kocht. Die Schlichtmig der Streitigkeiten war nicht auf das erste .Mal gelungen: denn Ol. .")0 unternahm Pyrrhos. des Danmphon Sohn, nochmals den Versuch, sein Land von der Oher- herrscliaft der Fleier zu befreien. I)as l'jule war die Zerstönmg von Pisa. Skillus. ilakistos und Dyspoution. Nun wurde den Pisaten der \'orsitz bei den Olympien ein für allemal genommen. Dies wird die Zeit gewesen sein, in der auch die Agimothesie der Heraien ein für allemal den vereinigten Sechzehn üb(>rti'agen worden ist.-')

1) Versöhnlii'lics Wiikeii der Secli/.eliii l'r:uipii aiicl! s|iätr'v (um •')l'-'i Plut. ijiul. vhi. p. '251. Vgl. darüber uiul ülici' das l'ol^eiidc iiiciin' .Mihaiidhnii; Da-'^ Kollegium d. Sech:eliii Fra/iei/. Weiiiuir 1883.

2) Gewiß tiatte auch Pisatis vor Zeiten 'fliviaden. Denn Dionysosdienst liat dereinst im Pisateni^au nic-ht minder gebliilit, wie in Nie<lerelis {Ahli. JO Fr. .S. o). Aber die KIcier haben ihn von dort losgelöst und in ihrer Hauptstadt konzentriert (gerade sn wie sie den Dienst der .\iteinis RIa|diiaia von Elis losgelöst und nach Letvinoi verlegt lud)en. P. (i. -li, 10). So knm)iit es, ilal.l in Olympia von allen fii) Altären außer de)n des Dionysos nnd der Chariten (der )ii)ter den seclis Doppel- altären nicht fehlen durfte) keiner de)u Dionysos geweiht war, bis auf einen, .spät errichteten, wenig bedeutenden, de)' als .Stiftung von Privatleuton bezeicl)net wird (P. .'), l.'i, 4). Für die alten jiisatischen Heresiden sollten nun die Sechzehn Fi'auen den F.rsatz liiblen und zugleich die (ibliegenheit der elische)) Tl)yiadeu über- nebmen. in ile])en die pisatiscbeji fortan aufgingen.

ö) Paus. (1, 2-2, 4. .'), 10, 2. C. 4. Um dieselbe Zeit fanden aucli in Delplii und Athen groUe sakrale Reformen statt, n], 47. ä wu)-de Krisa zerstört: Pisa fiel zehu Jahi'e siiäte)-. Eben daiuals geschah es auch, dal.; die Fleier in clynjpia die sechs Doppelaltäre für die gi'oUen bandesgötter vun Elis-Pisatis aufstellten

59

Das Hochfest des Zeus in Ohpnpia. 33

So l)leil)t (lonii auch nacli dicsor zwoiloii ÜI)(Mii('tY'runi> von der Eiit- stoluiiii;- des Kollei>iiuiis der Seelizeim Kiaueu die xViinaliiiie unversehrt, dal.) die liei-aieii älter sind als die Olympien.

9. Sclieidung der üottesd ieiist e.

In dem Vorstehenden ist auf anderem Wege dieselbe Erkenntius i^ewonnen. welche sicli oben aus der Vergleich ung- der olympischen Schalt- kreise auftat: Von beiden ist der heräische (50 + -19) der einfachere, in hergelirachter Weise geordnete; der olympische (49 -(- 50) ist künstlieh gebaut und hat nirgends seines gleichen. Der heräische erscheint somit in jeder Hinsicht als der ältere. Heras Dienst war in Olympia bereits vorhanden, als die gottesdleustliche Verehrung des Zeus Eingang fand. Er blieb noch eine Zeitlang bedeutender; allein allgemach hob sich die Anerkennung iler männlichen Gottheit und drängte die weibliche in den Hintergruml.

Verdrängung von Gottesdiensten hat von jeher Bedenken erregt. Aus gutem Grunde. Denn sie steht dem Gedanken entgegen, auf dem aller Kultus beruht. Was einmal heiüge Pflicht sein soll, darf das andere Mal nicht als unwesentlich gehen. Den Göttern selbst ist zuzutrauen, daß sie für verletztes Recht schwere Strafe verhängen. Das erste Miß- geschick, eine schlechte Ernte, eine Epidemie, ein Erdbeben, kann auf Rechnung solcher Änderung gesetzt werden. Die Herafeier kurzerhand beseitigen oder verschieben, um dem Zeusfeste deren günstige Stellung einzuräumen, mußte unmöglich scheinen. Auch die Seher, namentlich die lamiden, die keineswegs von vornherein auf elischer Seite standen, mochten Einspruch erheben. Dazu kam die Rücksicht auf die immer zur Empörung geneigten Pisaten, welche das entzogene Recht auf Olympia um so schmerzhcher trugen, je mehr sie sahen, welche Vorteile den Eleiern daraus erwuchsen.') Dennoch mußte auch den veränderten Verhältnissen nachgegeben werden, wenn die gottesdienstliche Einrichtung, die sich so günstig entwickelt hatte, weiterhin erfreuhchen P'ortgang haben sollte.

Es läßt sich noch erkennen, daß man zunächst eine Ul)ergangsform schuf. Sie wird bezeichnet durch das Bestreben, die männlichen und weiblichen Dienste gieichzustelleu. Erst Parität, dann Superiorität: dies ist von je die Kampf esfoi'm streitender Parteien gewesen. In Olympia ist ein streng ausgebildeter Parallelisraus deutlich wahrzunehmen. Der Hera selbst steht Zeus gegenüber, der Königin der König, dem Weibe der Mann, beide als „olympische" ausdrücklich bezeichnet, beide Kinder des Ki-onos und der Rhea und dazu noch durch Ehebündnis vereint. In

und die Zwei/.ahl der I[ellauodlkeu eintüln-teu, gleiclifall.s Kinviclituiigeii, die zur Festigung der staatliclien Eiulieit helfen sollten. I) Vgl. Paus. G, -22, 2. Strabon. 8, p. 355.

Beitruge z. alten Geschichte VI. ^

34 Ludwig Weniger,

beider Dienste dieselbe Gleichstellung, die hochheiligen Altäre aus OptVr- asclie, die Feste Hernien und Olympien, pentaeterisch eins wie das andere und mit AVettlauF im Stadion und Siegskranz vom Reise des (Mhaums eingerichtet, beide endlicli in ihren Dienerschaften einander entsprechend. den Sechzehn Frauen mit ihren (iehiliinnen, den Hellanodiken mit ihren Alyten, die einen wie die andern Agonotheten der Feste, die Webezeil der Frauen und die Vorbereitungszeit der Hellanodiken. die nahe bei einander befindlichen Amtsgebiuide, Hellanodikeon und Webehaus, in Stadt Flis, v(n' Antritt der olympischen Dienste beider Kollegien die Reinigung an der J'iera mit Ferkelblut und Wasser. Ein ahnlicher Parallelismus zeigt sich ferner auch in den großen Heroengestalten Hippodameia und Pelops, Weib und Mann, gleichfalls durch Ehe verbunden, beide mit Temenos und Euagismen in der Altis. der eine so hoch verehrt unter den Heroen, wie Zeus unter den Göttern, die andie unter den Heroinen, wie Hera unter den Göttinnen. Solclie l'arität ist keine zufällige oder von selbst gewordene: .sie ist gemacht, und zwar mit Bewußtsein gemacht, und erklärt sich durch die Verdrängung des alten Dienstes der Göttin, eine Verdiängung, für die gewissenshalber die Form der Gleichstellung zu- gestanden und äußerlicli festgehalten worden ist, bis andere Zeiten und andere Sitten kamen, die Tradition in Vergessenheit geriet und allgemach der Dienst des Zeus den der olympischen Hera so sehr überwuchert hat. daß die Einzelheiten ihies Kultus als wenig bekannte Reste altertümlichen Brauches sich darstellten, und das Heraion selbst zu einem Thesauros herabsank. ')

Die Einrichtung der Periodos zeigt besonders deutlich, wie man vor- gegangen ist, um die beiden Götterfeste Heraien und Olympien zu ge- bührender Geltung gelangen zu lassen, ohne einander zu beeinträchtigen. Sie verrät langes und grüncUiches Nachdenken in der Zeitenordnuug erfahrener Fachmänner. Ähnlich nämlicli, wie man sich bei der Er- richtung gottesdienstlicher Bauten gescheut hat, vorhandene ältere Heihg- tümer zu beseitigen und den Ausweg ergriff, das neue Werk darüber hinweg zu bauen-), ebenso half man sich bei Einriclitung des Zeusfestes dadurch, daß man dessen Tetraeteris über die der Heraien gleichsam überstülpte und. um dies zu können, lieber das schwere Opfer brachte, auf regelmäßige Wiederkehr des Festes im gleichen Monate zu verzichten. Fanden die Heraien immer am Neumonde des Parthenios statt, die

1) Ebenso das Mfetroon ['. y, -20, 9. Der Tempel der Aphrodite Urania las zu Pausanias Zeit, in Trü ininern ((i, 20, C); man erivenut, wie der Kultus der weib- lichen G.ittlieiten überiiaupt dahinsescliwunden war.

•2) So den Zeustempel üher den Altar im Innern, welcher bei der Monats- opterung zuerst bedient wurtle- llnilich erklärt sieh die Bauanlage im ApoHon- tempel zu Bassai. Es ist dieselbe Ri'ieksiclit, ibe nach Beseitigung des Königtums Titularköuige für den Opferdienst schuf.

61

Das Hochfest des Zeus in Oli/nipia. 35

Olympien dagegen einmal zui- Willmondszeit des ApoUouios, das aiideic Mal zu der des Parthenios. so liegen die Heraien mitten zwischen l)eiden Olympien, das erste ^lal nach, das zweite .Mal vor dem Feste des Zeus. Man fragt sicli. warum die Kalenderordner von Olympia nicht ein fiu' allemal den Apollonios zum Olympienmonate tiewählt haben, was doch, wenn einmal die Heraien an den l'arthenios gebunden erschienen, am nächsten lag. Es läßt sich dafür kaum ein andrer Grund erkennen, als der. dajj man den Heraien nicht den Glanz und die Feststimmung ein für allemal vorwegnehmen wollte. Denn waren die Feste im übrigen gleich, so hatte das erste unzweifelhaft den Vorteil der freudigeren Spannung seiner Teil- nclinuM-. und das zweite lief Gefahr, bloü zn einem Anhängsel herab- zusinken. Derselbe Grund sprach im Interesse des Zeusfestes dagegen. daß man dieses immer in den Parthenios verlegte, ganz abgesehen davon, daß es allzuweit in der Jahreszeit vorgerückt wäre. Um die Zeit der Herbstgleiche wurde das Wetter unsicher, das Reisen unbequem und selbst gefahrvoll. Um somit Vorteil und IVachteil gerecht und billig zu verteilen, nahm man für die Olympien beide Monate in Anspruch und ließ doch den Heraien ihren altererbten Festmonat, ein Ausweg, der nnbedenkhch schien, weil die wechselnden Olympienfeiern auch bei dieser Anordnung nur um vierzehn Tage von einander entfernt blieben. So fand also das olympische Hochfest des Zeus, als es noch auf den Vollmonds- und Agonentag beschränkt war. einmal zwei Wochen vor. das andere Mal zwei Wochen nach den Heraien statt, später, als die Feiertage vom 10. bis lii. dauerten, abwechselnd vierzehn Tage vor und nenn Tage nach denselben. Als der (ilanz des Zeusfestes auf der Höhe stand, war das alte Herafest bereits zur Bedeutung eines Komplements der Olympien herab- gesunken, so viel der hellenischen Panegyris nachstehend, als die pisatische Laudesgöttin ihrem Gemahl: aber immer blieb es mit den Olympien durch dieselbe kathartische Schaltform verbunden und durch sie geregelt. Wenn eine derartige Maßregel, wie die Zusammenrücknng zwei so lieilioer Götterfeste von den geistlichen Behörden nach reiflicher Erwägung und peinlichen Streitigkeiten als endgültiger Kompromiß durchgesetzt worden war. so kam es darauf an. Einrichtungen zu schaffen, durch welche die Gebiete beider Gottesdienste reinlich auseinander gehalten wurden. Lisonderheit war Vorkehrung zu treffen, daß die Heraien nicht irgendwie ihre alten A'^orrechte geltend machten. Dies erschien um so wichtiger, als. vne wir sahen, die Politik ins Spiel kam. Hera war der Pisaten Landesgottheit von alters her, und der Glanz ihres einstigen Dienstes wird durch die gewaltige Masse der Weihegabeu bestätigt. Es war recht wohl denkbar, daß die Unterdrückten den Gottesdienst zum Verwände nehmen und gelegentlich den Versuch wagen konnten, mit seiner Hilfe ilii-e alte Macht wieder zur Geltung zu bringen. Man denke an die Vorgänge von Ol. 104.

3* G2

36 Ludwig Wenif/er.

A'on diesem Gesichtspunkt aus erklärt sich das viel berufene Gesetz (rd/iOy-). welches Frauen bei Todesstrafe verbot, den Spielen am Hochfeste des Zeus zuzuschauen.^) An bestimmt festgesetzten Tagen durfte kein Weib den Alpheios überschreiten: wurde es ertappt, so sollte es vom Tvpaion. einem steilen Felsabhaug am AVege von Skillus nach Olympia, hinabgestürzt werden. Sturz in den Abgrund: das war die alte Strafe von Tempelräubern. Hierl)ei ist nun das Verbot, den Alpheios zu über- schreiten, noch besonders auffallend. Denn da die Altis auf der rechten, nördlichen Seite des Stronies liegt, waren nur die von Triphylien lier Kummenden genötigt, dies zu tun: die Wege vom Meere sowohl, wie von Ehs und Arkadien, auf denen bei weitem der meiste Zufluß kam. lagen diesseits des Stromes. Dieser Umstand und die Lage des Tvpaion deutete darauf, daß man vor allem gegen die Skilluntier einzuschreiten Ursache hatte, die alten Erbauer des Heratempels und Bundesgenossen der Pi säten in den Freiheitskämpfen gegen dieEleier.-) Doch das Verbot traf die Frauen überhaupt. (Jründe des Anstands sind es scliwerlich gewesen, welclie {h\s merkwürdige Gesetz veranlaßt hatten und eine so schwere Strafe auf ein A'ergehen setzten, dem mit weit geringeren Zucht- mitteln zu begegnen war. Aucii hört man nidit. daß bei andern großen Agouen ähnlicher Art in Griechenland F'rauen zurückgewiesen wurden. Und w^enn die Nacktlieit der ^länner. die seit Ol. 15 üblich war. die Bestimnuing veranlaßt hätte, so bliebe es auffallend, daß man jungen Mädchen das Zusehen gestattete. Der Einwand, daß dorische An- sdiauung dem weiblichen Geschlechte vor der Ehe eine ziemlich weit- gehende F'reiheit gewährte, kommt wenig in Betracht, da die Sitten von Sparta keineswegs die Lebensgewolmheiten derl-'rauen von Elis bestimmten.

Dies alles führt zu dem Schlüsse, daß das Verbot gegen das Geschlecht der Hera gemünzt war. uiul zwar in erster Reihe gegen deren priester- liche Dienerinnen, die alten pisatiscii-tripliyHschen Heresiden. an deren Stelle die vereinte Schwesterschaft der Sechzehn F'rauen getreten ist.

1) Es lohut sich, die 13eleg.stellea auzut'üliren: Ajeliati. H. Ä. 5, IT yiä t'oUcai (tu fzvlat) riüf yi-yiumöv twv C tii yw ij i w v lUiO./MZTin' inx u/.iyor. fi ,«;/ äya ti iyxQaztaresjrei c.i ,uti(:i laiiriu xiör yvvcixwr oimi.oyovrriii TOts i'jiyois' Tc:^ ftiv yäij 0 rrjg «/cuj/nj xc.'i ii/c xar' avTljV oioifyoairij^ lofto^ tMcifti räc yivtdaait tu /iVLUi de txovaf.i rof; (fpofc («flaTctzai. xt'.i fv iilr Tc.ii iF(toiQy!aig xa'i 7icc(n) rör tiöi- clft/MV /Qoror rör i(vo,uiafdi-oy änti'/.'/M.jxovxai. l'aus. 5, 6, 5 xmu tS'e tijv ii 'Olvßnluv otior, :i<)}y i] iSiu^iijrut röi- 'Ahffior. tarir o<>o^ i'x S^xi'/.'/.ovvTOi tfi/o/ttrio TihtJCitg vil'ij/.ruQ ctTtÖTuuoi: öiniiii'.'C.lTt'.i (><• Tirtcioi- To Ojing. xc.Ti: tovto ras yivaixc.i H/.tloii horir JjÜ^tir vvfios. >]>• tf (OQi'.S^öioii' fi rov hycüva t/.H^oiaat rhr Okvj^mx'ov >j xai o/.(og fr rcTi cctentij/iffc.ii otflair >/ /.i t (j c; i g Aii'.ßüaui xbr A}.<fiilir. UV lu^v ovdf ü'/.(öv(u '/.iyoiair uli'itniav. oti iitj KuV.näxeiQCty fwvov. Hierzu die obeu S. 31 mitgeteilte Stelle über das Vorreciit der C!iaiuynei)rie.sterin Paus. 6, 20, 9. Kallipateira betr. s. Paus. 5, G, 7. 6, 7, 1 uud dazu HUimuer.

2) Vgl. Paus. 5. 6, 4tf. und die große lusclirift IGA u. 119 Ö. ISO.

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Das Hochfest des Zeus in Oh/mpia. 37

Man hoaclito. dali die Öechzeliii bei l'ausaiiias iiiul riiitaix-h wiedorlmlt kurzweg als ..die Fraiieu der Eleier". cd növ 'Hhiwv yvvai/.ei, hezeiclinet werden. Wenn iri^end weiclie. so hätten diese ehrbaren alten Damen aus den höchsten Kreisen des Landes ein Anreclit auf Ehrenplätze au den Stätten der großen Agoue und 0[)ferdail)ringuugen des Hochfestes gehabt. llJirenpiätze. wie siez. B. den zahlreichen Priesteriunen im attischen Dionysostlieater eingeräumt waren. Schickten doch auch zu den Pferde- rennen j'rauen ihre Gespanne nach Olympia, elische wie auswärtige Besitzerinu^n von Reunställen. Die Sechzehn vertraten die llauptorte des gesamten elischeu Landes. Andere einheimische Weiber kamen neben der Aristokratie für ein solches Vorrecht iU)erhaupt nicht in Betracht: man wird nicht geneigt gewesen sein, solchen aus dem Volk ein hoch- geschätztes Recht zu gewähren, wenn es den Vornehmen versagt werden mußte. Vielleicht wird man auch in Elis so klug gewesen sein, den Gesichtspunkt des Anstandes nicht unbetont zu lassen. Von auswärts sind, zumal in älterer Zeit, schwerlich Frauen, es sei denn als Glieder einer priesterlichen Theorie, versucht gewesen, zum Hochfeste des Zeus nach Olvmpia zu reisen. Dies widersprach hellenischer Sitte, und von aus- wärts Kommende durften erst recht einen Ansprucli nicht erheben, der den Einheimischen versagt war. Theorien priesterlicher i*"rauen aber zu- zulassen, mußte sich aus demselben Grunde verbieten, welcher die vor- nehmen Eleierinnen fernhielt.

Daß das Verbot dem Priestertum der Hera, niclit dem weibliciien Gesciilecht als solchem galt, bezeugt die Tatsache, daß das Amt der Chamynopriesterin. die der Lage ihres Heiligtums wegen nicht ausgeschlossen werden durfte und daher einen eigenen Platz gegenüber dem Hellanodiken- sitz im Stadion einnahm, unter den vornehmen elischen Frauen wechselte (oben S. 31), so daß viele Gelegenheit hatten, einmal wenigstens dem großen Schauspiele der Männerkämpfe zuzusehen: übrigens auch ein Beleg dafür, daß Rücksichten des Anstandes nicht in Betracht kamen, da gerade nur im Stadion die Männer nackt auftraten. Die Zulassung von Jung- frauen ist gewiß auch nicht so zu verstehen, daß beliebig zureisende griechische Mädchen, unter die Schaar der Männer gemengt, den Agonen beiwohnten. Es werden bestimmte gewesen sein, denen man ein be- sonderes Recht einräumte, eben die vermutlich, welche den AVettlauf bei den Heraien auf eben diesem Stadion, an das sie ein uraltes Recht hatten, unternahmen. iLan darf voraussetzen, daß dieser Mädchengruppe ein eigener Platz angewiesen war. auf dem sie des Schutzes der Festpolizei sicher waren und unter Aufsicht der Chamynepriesterin standen.

Hierher gehört auch die Bestimmung, welche Frauen untersagte, den oberen Teil des großen Zeusaltars zu betreten, Paus. 5, 13. 5: u/qi jiiv di] t)'>? ngoi^vöeo): eönv draßrjvai xcä miodevoi? xal wcavtwg yvvai'iiv, eneiöav rijg 'OXvi^iTTiag ,((r^ej£('oyon'ra(. c'ctto tovtov de eg ro cUwruno rov ßw^iov uovoig

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3S Liidnicj Wenkjer, Das Hoclifest des Zeus in Olympia.

eßiiv ardodoiv dve/.iteTv. Die Worte .Jnsiädv n'c '0'/.vu7iia< /.n] f'^'ti'oycoirwr' bosaiicii. (laß e? sicli um die Zeit außer dem Hochfeste des Zeus haudelt, in der das Monatsopfer durch die Tlieolvolen oder die hiufenden Tages- opfer durch den Katliemerothytes und nach Beheben auch private Opfer dargebracht wurden. Auch für dieses Yerbot ist der Gruud nicht in Kücksichten der Züchtigkeit zu suchen. Dort, auf der obersten Höhe des Altars, fand die Verbrennung der Opferstttcke und daneben die Feuer- schau der Seher statt. War doch auch in der Mantik Zeus an die Stelle einer weililichen Gottheit getreten, der Gaia nämlich und mit ihr der Themis. deren Orakeldienst vor Zeiten durch eine jiQotfipig geschah, welche der (töttin Vertreterin war. wie die Pythia in Delphi.

Somit war dafür gesorgt, daß Hochfest und Gottesdienst des Zeus von jeder Vermengung mit dem altpisatischen Frauendienste freigehalten blieb.

Die Heraien waren stätig. die Olympien bewegüeh, bald vor. bald nach den Heraien. Fielen die Olympien in den ApoUonios, so war das Zeusfest mit allem Zubehör vorüber, und die Theorien waren heimgekehrt oder auf der Heimreise begritfen. wenn gegen Ende des Monats die Sechzehn Frauen mit ^Mädchen und Dienerinnen auf der heiligen Straße von Elis her gezogen kamen und nach erfolgter Reinigung am pierischen Quell ihre gottesdiensthchen Obliegenheiten in Olympia verrichteten: am Vorabend einen Enagismos der Hippodameia in deren Friedhof, am lieiligen Tage Peplosweihe und Opferung, am folgenden den Agon. Waren die Olympien im Parthenios, so konnten die Frauen noch vorher wieder in Elis sein, wo sie zu Beginne der Panegyris dem Achilleus eine Trauer- feier zu veranstalten hatten.

C5

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Mitridate 1 il Grande, di Partia.

Per E. lireccia.

(TJustino. che tiitti ahbiamo la lodevole abiiudiiic di malmenare. pur accettaudüiie spesso. per coiitro, le inen precise affennazioni. aecenna alla successione di Mitridate al trono di Partia, coUe paiole segiienti: (XLI. ö, 8)

Tcrtius Pinihis rcx Friapathts ftiii . xcd et ipse Arsaccs dicfxs

Hie acfis In regno XV aniiis (Jcces^/f, relicih dnohiis ßiis^) Hithvidafe et Fhrahafe. Quorum mnior Phiahnfcs more gentis heves regni. Mardos. vülidain gn/fcin hclh domiiit. nee inuJto post drcessif phadius filii.s relicfis, ijiiihus praetcriti.'^, fridri potissimmii Mithridati, insignis virtutis viro, reliquit iinpcriiiui. plus regio quam patrio deheri nomini rafus, potiusque patriae quam, litjeris coiisulenduui. Nella nunierosa Serie di Colon» che hanno a\uto occasione d'occuparsi pii'i o nieno direttamente di storia partica dal \'aiilant. al Saint-Martin. al Gutschmid. al Rawlinson niuuo ha niai dubitato della i)ertetta esattezza di tali parole. anzi alcuni ne lianuü fatto la base o il punto di parteuza di pareechie argomentazioni. -) Epjjure neu e difticile accorgersi che le ultinie frasi del periodo citato costitidscono un conmiento affatto soggcttivo di Trogo. Egli noii dubitando che uella Partia vigesse hi forma nionarchica rigorosaniente ereditaria. col pri^-ilegio della successione s])ettante al priniogenito legittirno. di fronte a una siipposta deviazione da siffatta regola. volle spiegarla nelT unico modo possibile intnitivo per chi si fossc trovato neue sne condizioni di niente ricorrendo alla ragione di stato. Ma. a parte ogni altra considerazione. noi possediamo per raezzo di Strabone una notizia che emana da Posidonio. la qnale (Ustrugge tanto il more gentis heres regni, quanto il resto del- l'affeiniazione di Giustino. Strabone si libera della Partia con hrevi e male

1': Ecoii uua priraa iucsatte/.za o ahneno una priiüa contraddizioue; un terzo tit;lio (U Fraapatc sarebbe stato Artabano, salito al trono dopo la morte del pviiiHi- genito e successore di Mitridate. (Just. XUI. 2. 1.)

2) Citerri per tutti lo Sclirader, (Die Datierung der babylonischen sogenannten Arsaddeninschriften. Nachtrag; Hitzungsberichte d. Berl. Akud. 1891 p. I. sg.) il ([uale si fonda sulle parole di Giustino i)er poter sostenere, a torto, die l'era arsacide s'iuizia col 181/0 a. Cr. .Mitridate sarebbe il fondatore dell'era e per gratitudine verso il tratello che gli aveva lasciato il trono, l'avrebbe fatta comiueiare neu dal suo prinio anno di regno, ma da quello del suo predecessore. V. ancbe Saint- Martin, Bistoire des Arsacides. I p. 4'24 sg.

40 E. Brema,

ordiiiati fPiiiii. perche com" ejiü stossn dichiara. non viiol lipotorc (nuiiito avcva scritto a Imino ncl sestn liliro flei (.'oiniiKMitarii.') di.-^üraziataiiicnto pordnti: ndiidiiiieno. per fortuiia. aggiunge un paitii-olarc o taciuto iiel- lopcra storica. o che gii seinl)rava cosi caratteristico da iiieritaro di iinovn ineuzioiie: toöovtov elrrovreg f.i6ror. ou zmv Jldoüvaiaiv OvrtäiJior (fr^Gi,v ehmi JJoaeiSu'irioc öi-itÖv, ro /.liv ffyyyei'cjv, 16 de Goipwv y.al [läyiov. ft cov un(foTv roi'c f'iaai'/.elc xuOißTaaOai. lividenteincntc se iiella Paitia vigeva la forma moiiarcliica clettiva. cioe se l'assendjlea generale dei avyysnör e dei aocfiZv v.ai ui'.ywv insieme uiiiti. aveva il diritto e il dovcre di scegliere uclla fainiglia reale il imovo soTrano. e per lo meno inesatto e certo mostra di non avere chiara conoscenza delT ordinameuto costitntivo dei regno partico. Trogo. quando aft'erma che il maggiore dei figli dei rc. era »lore cjcntis hcres rcgni e che Mitridate sali al trono con pregiudizio dei suoi nipoti. Si potrebi3C pensare che neppure le parole dell" cpitomatore siano in aperto contrasto con Posidonio. animettendo per la mouarchia partica una forma d' elezione siniile a qnella che ebl)e hiogo di veriticar.si neir As.-iiria. dove per togliere di mezzo contrasti e niacchinazioui di possibili pretendenti. giä dui'ante la vita de! re, si addivenne talora alla proclamazione dei sno snccessore. cioe si desigmJ e riconobbe iino dei ligli quäle legittimo principe ereditario. (v. Lehmann. Sronaisiimid-m. Erster Teil. Drittes Kapitel, in Assyr. Bibliothek VIII.) II seuato partico non avrebbe avnto dunque altro potere die qiiello di determinare quäle fossc tra i principi reali il Jcgittiino erede-e quindi nel caso nostro Fraate avrebbe fatto c-onsiderare come Iiastarda tutta la sua prole -: ma dal contesto della tradizione parmi di dover dedm^re che diverse era il sistema in vigore nella monarchia di cui ci occupiamo. Tutti i membri legittimi della famiglia reale avevano uguali diritti alla successione. ma tra essi Tassemblea ricordata da Posidonio. scegheva ed eleggcva liberamente il re. Un tale principio. sulla cui base, dei potere sovrano. in ultima analisi. disponeva in certa misura ed era depositario fjuesto avrtdoior. era 0 doveva apparire come il mezzo pii'i prudente ed efficace per eliminare le lotte e gl' intrighi di palazzo soliti a verificarsi nelle uionarciiie dove tiorisce THarem. E nel- lammetterc in modo esplicito che il diritto d'elezione spettava costituzional- ineiite e quindi in ogni caso. all' aristocratico coucilio. che il mio nmdo di vedere si scosta anclie da (|uelio dei Percy Gardner"-) e dei Gutsehmid.*) Pur non volendo attribuire un valore assoluto all' autoritä di Posidonio, basta conoscere l'ordine di successione dei re partici. per convinceisi della veiita della notizia che egli ci offre. Quest' ordine non si i)uö certo fissare ancora con prccisione. ma 1' indeterminatezza deile fonti appunto. le (juali indicano sovente come successore. 0 lo zio 0 il fratello dei sovrano morto.

1) Straf). XI |i. 51.'). 2) Tlie Parthian Coinrnjc p. ö.

3) GcxcJiichfe Iran." j). 44 e 57.

Mitridute I il Grande, di Partia. 41

seiiza sontiro affatto il bisogno d' iiulicarnc lo cause, cniuo faiino invoco C|uaiHlo ciö sia avvciuito in una luoiiarcliia oroditaria. diuiostra clio il trono iioii spoltava prosnntivaiiieutc al priiiiogciiitd. A ])i-esciii(loro dai diio piiini Arsacldi') c-lic pure sarebhci-n stati frateiü. o dal iiostin Mitridato. al lii;li(i

1) Fl priiiio Arsace uon portii peraltm il titolo regio (•2.jO;41i— 24.S 7) (-onic ('■ piovato dal fatto che l'era arsacide comiucia dal 248/7 anno iu cui prese la porpora Tiiidate. (Smith G., Assijrian Discoveties p. 389 cfr. Eusehio ed. Scliöue 2, 120). Solo postorioiniente, il piiuio .Vrsace fu accolto nella ü.sta iifticiale dei re di Partia (Giitscliiuid, Xenc Beitrüge zur Gesch. d. alfni Orients p. löO). II Nie.se, (Gesch. d. griech. u. maJc. i<taaten II, p. 1G5) poue la rivolta della Partia coiitro la Siria soltanto sotto Seleuco II (246—226), ritenendo che auche Tiridate uon sia -stato in originc altro che un Freibeuter, ma se nou della Partia, fin dal 248/7 Tiridate fu re dell' Astavene (Gutschraid, Iran p. 30—31; Strack, G. G. A. 1900, p. 6.51; alla 1. 3!) per una svi.sta tipogralica si legge 298/7 in luogo di 248/7). Che con quesf ultima data .«'inizi Fera arsacide, trujjpi elementi concorrouo a far ritenere come dimostrato (cfr. Zeitschr. für Assyriohyie VI p. 226). I,e obbiezioui dello Schrader, (Sitzungsberichte d. Berl. Akad. 1890 p. 1319 sg.: 1891 ii. 1 sg.) non .sono riu.scite a modificare rojiinioue prevalente. Non e qiii il caso di ripremlere ab imis la ([ue-stione delle datazioui ansacidi babilouesi, nia .si deve riconoscere che lo Schrader (v. anche Opi)ert, .Tournal Asiatique avril-mai 1889 p. 507) aveva per- fettamente ragione sosteueudo essere impö.ssibile aramettere datazioui arsacidi nella Baliiionia, in epoche nelle quali il dominio greco su questa regione, non era contestato dai Parti. Ma poiche vi sono in realti'i alcune datazioui arsacidi che cadrebbero o sembrerebbero cadere appunto nel periodo della supreniazia seleucidica, e necessario trovare per esse una spiegazione. Le date ricordate daUo Schrader, souo quattro: 1) 108 Ars (= 108 Sei = 204 a. Cr.): 2) 153 Ars (=^ Vi'ä Sei = 159 a. Cr.): 3) 156 Ars (— 1.56 Sei = 156 a. Cr.): 4) 157 Ars (= 157 Sei = 155 a. Cr.). La prima e terza si riuveugono uelle iscrizioui arsacidi publicate dallo Strassmeier nel vol. III della Zeitschr. für Assyr. p. 129 sg. ; vi si dovrebbe trovare auclie la quarta, ma a meuo che nou sia una svista dello Schrader, uon sono riuscito a rintracciarla; la seconda si trova tra le Kcue lialn/lonische Plaveteii- Tafeln edite da l'4ii)ing et Strassmeier {Zeitschr. f. Assyr. V. p. 354). Evidente- mente non e possibile ritenere 108 Ars = 108 Sei = 204 a. Cr. perche nel 204 a. Cr. il potere di Antioco HI nella Babilonia era ben saldo, ne si puo coucepire quindi che allora ivi si datasse invece col nome di Arsace re dei re = Ar-sa-ka-a sar sarräni. Ora pur trascurando lo stato di couservazione jioco felice di que- sfiscrizioue, non va dimenticato che abhiamo numerose epigrati le quali portano doppia data, una secondo l'era arsacide e Paltra secoudo l'era seleucidica e il nome di Arsace, e allora perche uon dovremmo ritenere che laddove iucoutriamo una data sola e il nome dei re di Partia, questa si riferisca sempliceraeute all' era arsacide? Avreramo cosi 108 Ars = 140 39 a. Cr. (cfr. Zeitschr. für Assyr. VIII p. 108 sg.). Parimeuti le date dei 153, 156, 157 .\rs, nou possono essere rispetti- varaente uguali a 159, 156, 155 a. Cr. perche iu quegli auni Demetrio I possedeva incoutrastato la Babilonia, e invero pegli auni dal 160 al 153 a. Cr. si conoscouo i-scrizioni colla sola data secondo l'era seleuciiiica e il solo nome dei re di Siria. Per le date 156 Ars. e 157 Ars. la spiegazione sarebbe aualoga a ([uella che ab- biamo proposta per la data dei 108 Ars. Tale spiegazione non puo valere per la data dei 153 Sei. perche qui abbiamo una doppia data: sanat 89 (Kau) sa-M-i sanat 153 (Kau), ma quesf iscrizione fa parte di una delle tavolette coiitenenti note sulle ai)parizioui di varii pianeti, e uon credo vi sia una ragione assoluta per

42 E. Breccia,

di qiiest' ultiiini. Fraate IL sur-cesse lo zin Artabaiio I:'| Siiiatrocet<. altro figlio secondo alniiii di Mitiidate T. avreblic occupato il tiouo dopo due discendeiiti di Artahano. p a dire di Giiistino (XLII, 4. 2) Orode era fra- toUo dcl suo piedecessoie. E di drastica evidenza clie 11 priiiciplo del- leirditarietä noii si pxiö concepii-c in ariiioiiia coii qiiest'oidine dl siicccssioiie: le nionarchie dcHctä ollenistica offroiio troppl csciiipi di sn<?i"i'P civili suscitato da ])rincipi riliolli. bramosi di rieoiuniistaro il troiin di cui si credcvano. a torto o a ragiono, spodestati. perche possiaiiio essere indotti a crcdero che iina cosi frequento violazione del diritto legittinio sarobbo avvonuta spiiza dar luogo a gravi e continui rivolgiinentl. Del resto in (iinstino niedesimo troviaino prove contro la sna cltata affermazione: (XLTI. 1. 1) Fast nccem Mithriäatis, Parthorum regis, Phrahates ßius rey statuitur, e |)in inanzi: in Imius lomm (dl Fraate) Artabanus patmus eitis re.r suhsf/tuitur. Le i'm-ine rex statuitur, rex suhstituitur, non sono casnali: i'epitoniatore deve averle dcrlvate dalla sna fontc e da ciö con- segne che pnr nn altrci .storieo anlico, forse o certo indipendeutemente da Posldonlo, conslderava non ereditaria la dinastla arsacide. Ma Giustlno dlce ancora, a jjroposlto di Mitridatc II, che qnesti per la sna crudeltä a senatu PartJiico regno pclUtur, e ciö ml sendira offrire nna convincento riprova di (inanto aliltianio giä afferniato. che cioe del regio potere. era (iepositario e disponeva il awtÖQiov ßmör. il ((nale non solo eleggeva, raa poteva anche deporro 11 sovrano. Le prove non sono ancora esanrite.

riteiiere clie la tavnlotta sia stata i-omiidsta nel l.'ill Sei. JFa se e statu coruposta posterioriuente, quamln cioc iielhi Kabilonia ildiuiiiavano i Parti, la doppia data si spipga facihueiite seiiza iiH'liidere la necessita del predominio arsacide nel lö.'i Sei = l.")9 a. Cr. Kinscendo ad püiiniiare le qiiattro date acceiinate, per il periodo anteriore al 140 a. Cr., anno in cui la Babilonia cadde delinitivaiuente sotto la signoria dei Parti, non riiiiarreblie flunra ehe una data. i|Uolla del 132 Sei

= 180 '7rt a. Cr.; imuü fiS-tii sn-xi-i srnial IrS'li-iii Ar-sa-ha-a-sa iZeU^clir. für

Asstjr. VIII ]i. 108sg.). E in base a questa datazione bisognerebbe aminettere una non impos.'^ibile leiii]ioranea invasione ilella l'artia nella Bal)iIonia (gia nel 133 Sei. torna la sola dataziniie seleiioidira"). 'I'nttavia nello statu attuale delle nostrc conosceuze, sar;i op]i(n-tuna nna ]irudente riserva nelF espurre le deduzioni storiche che dalle datazioni arsacidi baljilonesi, si dovrebbero poter trarre. Cfr. piü inanzi. in (|uesto stesso tascicolo dei Beiträi/e, le dimcstrazioni coinpleiuentari di C. F. Lehmann. 1) Just. XLII. -2, I ;>«/«(«»■ eh(s, raa altrove afferma che Fraapate ebbe due soli liglj. Jlitridate c Fraate (XLT. 5, 8), e se ciö si collega col fatto che Artabano sarebbe salito al trniio ilupd cin-a .iO aniii dalla morte del päd re. e non solo dopo due fratelli ma anche dnpo un niimte. si eonverra che i rapiiorti di i)arentela tra Fraate II ed Artabauo 1. difticilmente erano quali la desiguazione di Giustino farebbe credere. lu ogni caso, come io piu avanti sostengo, va abbassata pia che sia possibile la data della prociaraazione a re di Fraate I e iiuindi di ilitridate. Secondo il Vaülant seguito da tutti fiuo al Gutschmid e da taluuo anche dojio, il success(ire tli Mitridate si sarebbe chiamato .4rtabauo (I), aui ha perfettamente ragione il Gutschmid, sostenendo clie (juesf ipotesi non ha base alcnna. Just. XLI. ."i, 7 e Pdlyb X. 2s cliiamaiio il secondo ir di Partia, Arsace .'emplicemente.

Mitriilate 1 ü Grande, di Fartia. 43

E cliiaio clip Ulla monarcliia. st- in orisiiiie olc^ttiva. tetulo soiiipro a tra- sforniarsi, por la forza stossa dello cosc. in creditaria. iiia iiolla Pai'tia l'azione d im potore estraiico o coiitrapposto alla l'anni;lia reale, si riscnntia anclie in nii pcriodo di iiareeeliin iilteriore a queüo di cui ei andianio npcupando, al tenipo cioe di Fraato IV. Questi aveva avute da una i;i(ivane (roiii^ino itallca, im fij>li(). l-'raataee. ii (piale d'accordn enlla madre. lece inandare a Roma enme ostaggi i tigli les'ittimi e ipiindi iicei.^e il padic. poiclie, per diila eoii Flavio Giuseppe (XVlil. 42) deirov Ijeuo xai "(flu /güi'for 10? iJuToöc ()((5oi'/oc nv «p/*/'' /.af-ißdreiv. Aiiclic in questo caso lili acfenni al diritto ereditaiii) seiin pui'amentc süi;i;et- tivi c derivati dalie condizioiii di fatto. e ciö e tanto vorn ehe lo storipo clireo. a pioposito dolla siicfessionc riiiiasta aperta dopo 1 assassiuii) del re. usa le tVasi segiicnti: (!vu(f>Qor)joavreg Jf oi yevvuio'iuroi näodoyr, wg (ißaffdeüwu /(tr ((/()jx«i'o»' nohievaUai. oi dt lor ßaai/.si'ovTOc h. lov yevovz nav 'AoaaxiSwr . ov yao exsoou ayxsiv röiu/ior x. i. /.. liioltre niiiiio igiiora che i re partici as.simsero tutti. nflieialniente. il iioiiie di Arsace: ebbene a presciiidere da ogni altra lonte da cui potiemmo ricavare la medesima notizia. Straboue dice in modo esplicito ch'essi portavano nella vita privata il loro nonie individuale. jNfe risulta che il nome Arsace il nuovo Kovrano h assumeva al inomento di sahre al trono, perche se altrimenti fosse stato. il Kronprinz, come in Egitto per es: accadeva pei Tolemei. tin dalla nascita avrebbe assuuto il nome dinastico. ("i semhra di poter duiKjue flssare cou diniostrata precisione i due punti segueuti: 1. NcHa Partia caso singolare tra le dinastie dell'etä elleuistica vigeva la forma monarchica elettiva: il re non poteva essere scelto al di fuori deUa t'amiglia reale, ma I'assemblea riunita dei duc consigli. i]uello dei cosidetti parenti dcl re. e quello composto dai sapienti e dai'niagi. aveva il diritto di scegliere liberamente ed eleggere il sovraiio fra i varT principi del ramo legittimo. 2. Mitridate sali al trono seuza violaie il diritto di alcuno. ma coll(> forme e per le leggi ordiiiarie dell'elezione.

Vediamo ora di poter determinare. almeno approssimativamente. laniio in cui prese a comandare sul suo paese ruomo che doveva con tanto successo proseguire Fopera di coiisolidamento e d'espansionc iniziata dai predecessori. e fare cosi della Partia una grande potenza, anzi una delle pii'i grandi potenze del tempo. Tra il 174 e il liJO a. Cr. non c"c si puö dire anno che uon sia stato proposto con mirabile disaccordo. dagii scrittori moderui, spesso senza esporre le hasi del loro calcolo artificiale.-)

1) Stral). XV. p. 4<83: cfr. Just. XLI. 1. :>; Ciis.s. Dio XF. 1-t.

2) Rawh'usoii, Tlie Parthia p. 60 sg. da queste cifre 174— lot!; Saiut-Martiii 0. c. 173—137: von Rartliolomaeis, Me'moires de lo Sucicte (V Archeol. et cleNwnism. de St. Petersburg II p. 1 sg. 170—140; Viscouti, Jcon. (jrec. III ]). 58 sg. 1(55 oltrc 140; Gutscliraid, o. c. 171 138. Cifre un po' diverse ma iiou luaggiorniente foiidate presentano il I.ciioriuant. Mnn. ■■iin- le e!fii<xe))ieiit dr.s »lednilles qui peiiiri/f iippavtcnir

44 E. Breccia,

Se iHMi c''int;iuiniaiini. luiüca via per giuni;cre a im risiiilato probabik', e quella di poric in lelazione avveninieuti cionologicamente determiiiati. con altri che devono essersi svolti inimediatameiite dopn la pioclaniazione a re di ]\Iitridate. c sc Ic prinic imprese di Ivii vaiiiio collocatc subito dopo alciini fatti vorificatisi iiel rcfino siriaco tra il lii2/l l<iO/5S). poticiiio acccttarc coiiic iiiolto prossima al vero la data dcl Kil 0 a. Cr.') A qiiesta 11011 si possoiio trovaic clcnienti che contraddicaiio iieUa iiiceita c soUanto approssiiuativa cronologia dei predecessori. II ])rinio Arsace. comp s'c visto, tentö di costituirsi im possesso autoiionio. iiia seuza })oitaie il titoio regio dal 250/4!) al 248/7. Tiridate gli siiccesse come re governaiidn per 37 anni. cioe fiuo al 211/10: per il sovraiio segiiente non ci soiio state tramandate cifre. e soltauto per verosimile ipotesi se iie collnca il regno tra il 211/10 e il IHI/O circa: perciö Fraapate.") che goveniö l.'i aiiiii deve aver teniito il potere dal 191/0 al 175 presso a poco. Se Fraate presc fiii dal 175 la Corona, nulla c" impedisce di prolungarue la vita siuo al liil ca. perche Giustino dice di hii semplicimente: Mardos validmn yenfem hello domnit. nee noilio post dceet^sif, e tali frasi non ci obbligano a ritenere che Fraate abbia vestito la poi'pora pei- brevissimi anni. avcndo potiito rognare parecchio teinpo anteriorniente a questa inipresa: infatti il IJevan') non e alieno dall' attribiiirgli la conqnista delle parti settenti'ionali della iledia. La data che propongo per Mitridate apparirä accettabile ((uando avrcino dimostrato ch" egli non rivolse i suoi priini attacchi contro il vicino regno ad Oriente sul cui trono era salito Eucratide.*) E indispeusabile riportare integralmeiite un passo. al(|nanto liingo. di Giustino (XLI. ti, 1).

aii.f irehe proiiiers Armridi-s, e il boiigia'riei', Mi'ni. siir ki Vliron. et V.Tcon. de ro/'s I'artlies Atsacides; il Wroth, Oii ilie Bearriingeiiwiit of l'arthian Coinage in Nitnuxui. Cliroii. 3.'Serie, vol. XX p. 184, c i! Bevau, Tlic Hoiise of Selei(ciis. seguouo il Gutscliiuid.

1) La data del ICO i- scelta auclie dal Sallet, Die Xaeli folger Alexanders des Grossen etc. p. 8 .sg. unicamente in base alle monete, sul valore della quali come tbuti della storia delF Iran in (inesto periodo e auc' oggi vero ci('i che gin.stamente pensava il Gutschmid <>. e. ji. 4.^ Anm. 4.

2) II Gardner o. c. p. 27 attribuisce a Fraapate una numeta die porterebbe la data 125 er. sei = 188 7 a. t'r. e in base a (picsta attribuzioiie gli fa iniziare una iiolitica lilelleuica; il Gutsobniid iie deduce che la conciulsta della Comi.sene e~della Coareue fatta dai l'aiti risalga all" anno della morte di Antioco Magno, nia e probabile che il gruppo di nioiiete in diseorso non appartenga a Fraapate. K int'atti oniai certo die gli Arsaddi avevano fondato una jiropria era, ed e i|uin(li logico ritenere che coniassero inoiiete e iu genere datassero (v. p. 3 n. 1; secondo l'era projiria, piiittosto die secondo ciuella dei Seleucidi. Percio .se le lettere EKP dell' esergo di (pieste monete vuiiiio interpretate come una data (cfr. Wrotb, o. c. p. 18.5) si avrebbe a niio vedere 12.j er. ars = 123/2 a. Cr. (non 125/4 coiüc opina il Rapson, Xiini. Cliroii. 1892 \). 212 v. andie Wrotb 1. c).

3) 0. c. II p. 158.

4) Andie il primo anno di reguo (b Eucratide e statu fatto uscillare dal 200 a oltre il 170, lua se e vero quauto sostengo a proposito di Mitridate, anclie Kucratide ilev' essere salito al trono in un auno uou uiolto lontauu dal. I(i0.

M'dridate I il Grande, dl Parthi. 45

Eodem fenne tempore, sicut in Parthis Mifhridafes. ifii in Bart r/s Eueratides, magni uierqne viri. regna ineunt. Scd Parlhornin fortiina felicior ad snmmum hoc dnce hnperii jasthjium eos perduxit. Bactriani aidem per rarla hella iucfati non. regnuni fanfuiii, veniiii etiam liber- tcdem amisemrit, siqu/dem So(jdinnon(»i et Araehotornm et Drangarnin et Äreonon, Indorumquc hellls faiigati ad posfrenium ah invalidiorihas Parthis veliit exfiangues 02)2)resi<i siinf. Malta tanirn Eueratides ttdla magna rirtate gessit, quihns adfritus cum. ühsidionem Demctrii, rcgis Indornm. puteretvr, cani CCC mititibiis LX milia tiost/uni adsiduis erufionihiis vieit. Cndc cum sc recipcret, a filio, quem socium regni fccerat, in itincrc interficitur etc. L'cpitoinatoi'P trovatosi a fare uii coii- fronto tra i Parti c i Battviani. (lop(3 aifeniiato il valorc di oiitraiiibi i populi-inolto natiiralnionto in luia talo eoiiiparaziono-accenna alla finale disfatta della Battriana. lua cio iiou si<inifica piinto che a (lupsta disfafta non debbano essere preccduti altri avveuiniouti. In veiitä e£>li alludc ad Eucvatide come a re degno di stare a paro con Mitridate, e il confiouto mal si spiegherebbe se Mitridate avesse otteniito le sue prime vittorie sul conteniporaneo signore della Battriana. Eucratidc. a dire di Giustino, avrebbo condotto con grande valoi'c magna hclla, e bisognerä pur eon- cederc un certo periodo di tempo a tali gucrre. che se la Battriana cadde dopo una serie di lotte contro la Sogdiana. TAracosia. la Diangiana. l'Aria e l'India, e necessario che degli anni siano trascorsi prima del- Fintervento dei Parti che trovarono la nazione vehd exsanguisJ] Giustino soggiunge (id. (>. (5): Dam hace apad Bactros geruntur. inicrim inter Parthos et Medos helliim oritur. Ora poiche l'haec si riferisce alle guerre dei Battriani e d' Eucratide contro i loro avversari. e evidente che la guerra niedica e anteriore alle conqniste della Partia a danno di Kuci'atide.-) E cio e tanto vero che re]iit(iniatore accenna in realtä. soltanto dopo. alle concpiiste orientali (id. (3. 8). Ne bisogna dimenticare che il predecessore di Mitridate. Fi-aate I. aveva assoggettato il valoroso popolo dei Mardi. trapiantandolo presse Charax, e che era morto di h a poco: ne consegue infatti non solo die la Comisene e la Coarene e forse cjualche altro

1) II Rawliiison e difatti costretto ad aminettere diie spedizioui contro la Battriana. Tuna nei jn-inn auiii dei regne, Taltra dopo le couquiste occideiitali. 11 Gutschnjid, per assegaare un certo periodo alle belle imprese d'Eucratide, poue le guerre di conquista di Mitridate ue! tempo delle lotte civili scoppiate nella Battriana verso o dopo il 1(10, lua neu e verisimile, tra faltro, da parte di Mitridate, una iuazione di oltre dieci anni.

2) Che tali conquiste .siano peraltro avvenute esseiulo ancora iu vita Eucratide si dovrebbe ricavare da Straboue XI p. 515 (Kfti/.orro 'U yid ri/i BaxTijir.riiz /«'yo-' ßiaaaßivoi roic Sxv9-as xcd ixi TiQoreQor rovc nepi EvxQcnii^c.y. x- t. ).. cf. p. 517. Xon .si puo trattare d'uu Eucratide II come credono il Vaillant, e il Saiut-Martiu u. c. p. 302 percbe il tiglio |)arricida si cbiamava Eliocle o ApoIIodoto (Gutschmid o. c. p. 48).

4(5 E. Breccia,

distrctto dolla Media eiaiio «i;i in potere degli Arsacidi.') essendo Ciiarax presso la Porta f'aspia. iiia lisulta pure clie il doiiiinio partir-n iii (pielle rei^ioni (iccidentali. era tutt'altru che detinitivaiiiente assiciirato e traiKniilid. e che percin Mitridatc. appena salito al trono. doveva di esso aiizitutto pieoccuparsi. D'altro lato le parole di Giustino inducono a ritenere che la Media, al momento della giierra. costituisse uiio stato autoiiomo, e noii i)oteiido trattarsi della Media Atropatene,^) iioii solo perclie l)isot;iierei)he in oi»'iii caso aniniettere ranteriore coiU|iiista della Media seleiicidica. nia anche perche rAtrojjateiie rimase sempre imo statu iiidipeiidente. difliciliiiente si potrehhe trovare im' epoca niigliore di (|uella che sejjui la iiiorte di Antioco Eupator (l(i"2/l a. Cr.), (piando Timarco il güveriiatore della Babilonia, ])reso il titolo iei;io. cercö di contrastare ii trono a Denietrio Soter. (^uesti non tardö a liberare la Babilonia dal- Fusurpatore, nia la Media conservo o guadagnö nel frattenipu rautononiia, che la guerra colla Partia hen presto nuovaineiite distnisse. Cosi tiitto concorda a far ritenere giiista la nostra cronulogia del regno di .Mitridate. se, conie ci senibra d'aver diinostrato la sua prima inipresa tu conti'n la Media, perclie in tal caso c fuori di discussione che ciö non pote essere avvenuto niolto dopo il 1(>0. e non jiote avvenire ]irinia del lß2, questa regione essende stata lino allora. una pr(i\incia seleucidica. La Media nnnacciava forse o poteva niinacciare di conipiere la sua nniticazione ricuperando anche la Comisene e la Coarene. e ^litridate salito adun(|ue al trono poco avaiiti il ItiH credette opportune intervenire o dove inter- venire. l*"u guerra lunga e varia. nia la vittoria decisiva rimase a Mitridate, il quäle appena ultiniata la conquista della regione, vi lasciö a governatore il suo generale Vagasi. e parti per Flrcania. 11 lingnaggio di Trogo

1) 11 (lutschiüiil o. c. i>. 43 sg. opiiia che la coD(|uista delle (hie regioiii vada attritiuit;i a Fraapate, e pi-ecisamente airauiio tlclhi iiiorte di Antioco Magno (187 a. Cr.), hasaiidosi sii quella moneta arsacirle che secoiidn il Gardner porterebhe la ilata 125 er. Sei = 18S 7 a. Cr. e tra altri anrlie il titolu <(ü.i'u.i^r. infatti Apaiuea Tunica citta puraniente greca negli antirhi possessi dei Parti, sta nella Coareue: nia, conie alibianio visto. rassegiiazionc della moneta a Fraajiate e tiit- faltio clie sicura, anzi oggi e riteuuta errata (v. p. i; n. i] Tuttavia non e aft'atto improbabile che veraniente Fraapate al)bia fatto ki ricordata coni|uista, se la gia accennata iscrizione cuueitbrme del 13-2 er. sei = ISO 79 a. Cr., deve indurci a congetturare non .solo che il re ebbe va.sti disegni sulle provincie seleucidiche e tent<j di e.steudere il suo ])redominio suUa Media e sulla Baliilonia. ina che vi riusci anche, per brevissimo tenipo. Ad ognl modo e certo che tutti gli .sforzi degli Arsacidi, i]iima di Mitridate, avevano potuto guadagnare stabilmente alla Partia, oltre l'Astavene, soltanto flrcania, la Comisene, la Coarene e il paese dei Mardi.

2) Come invecei)eiisa il Saiut-Marthi (o. c.) In base ad ingegnose combinazioni. ctV. lievan o. c. II p. 303. Quanto alla contiiiista delTArmenia del pari attribuita a Mitridate, uccmnodando alcune notizie di Mose Choreu.se, va notato die a parte la poca 0 nessuua vero.simiglianza della cosa in sc, da Giustino (Xld 1. 2, 0 e 4. 1) appren- diaino forse che Mitridatr 11 fii il priiou re partico che intervenne nelF Atropatene.

Mitridate T il Grande, dl Parfia. 47

acceniia cliiaraiiiPiilc a inia speilizidiie noii pacilica. c ciö. pur teiieiido pi'esento che qiiesta pitniiicia lii: da Tiiidati^ cia im dnniinio arsacide, si spiega fac'iltiionte riteneiido die il diflicilo coiifiittd cnlla Media, avesse pnivocale Ulla rii)ellioue delle popolazioni soiigette si. uia tutlaltru che fuse nell'iirgauisHKi del reguo particu. luvero. clie unu si pnssa pciisaro airircania conie a hiogo di i-esidcnza della corte dove il i(> sarehbe turuato a riposarsi. parnii risulti chiaro (hüle parolc: Jus viribus; uiutiis Milhridutes Mediae Yagasin praeijonü, ipse in Hyrcaniam projiciscitur. \i\ hiugo di 2Jroficisdhir, auche non tenendo conto del legame die il verlio ha colla fräse i)recedcn(e liis viribus andus dovrernnio atteuderci un rever- titur. ii (piale invece si trova uclle parole ininiediaiuente successive: n«(Ze reveisus (dairircauia) bellum cum Elimaeornrn rege gessit (lust. XLl. (!. <S). E indubbiamente la guerra eliuiaica deve essere avvenuta subito dojio che Jritridatc el)l)e assicurato e rafforzato il doininio neue (lue i-egioni teste ricordate. II Gutschmid, opiuando che lepitoinatore abbia tralasciato tra gii acceuui alla spedizione contro la Media e il ritorno neirircania, il raccoiito delF iuiprigionameiito di Deuu^trid II Nicator. laccouto cli' egli crede debba audare sostituito dopo le parole in Hgrcaniam proficiscifm-, perche cpiivi ^litridate avrebbe ricevuto il prigioniero re di Siria. e perche Trogo nou avrebbe acceuuato a Yagasi e all' Ii-cania se non avessero avuto relazione con fatti importanti, considera invece la guerra contro gli Eliniei, conie ultima impresa del grande arsacide, poneudoia auche dopo la defiuitiva conquista della Babilonia. Non credo che uoi abbiamo il dli'itto di rimaueggiare a uostro agio il testo di Giustiuo. il (piale nella successione degli avveninienti cui accenua, e fui'se uiolto uieno disordiuato e confuso di (juel che siamo abituati a credere. In questo caso intauto. non partendo dal falso supposto che Y andata di Mitridate uell' licauia sia stata soltauto un ritoi'uo alla residenza di corte, il riassuuto del- Fepitoniatore assume un andamento tauto logieo, che 1" acceuno al satrapo partico lasciato nella Media e Y acceuno relative all" Ircania, divengono pienaniente spiegabili. anzi sarebi)e strano che non fossero fatti. o fosseio fatti diversameutc. Del resto Mitridate condusse [)eisonalmentc la gaierra elimaica. e non solo per la tarda etä difficilmente l'avrebbe potuto dopo il 140, se probabilmente per qucsta ragione lasciö a nno dei suoi generali la cura di conibattere Demetrio 11. ma ci sarebije anclie impossibile assegnare alla durata del suo regno (piest" impresa, perche egli mori nel 140. o al pii'i tardi sul principio del 139 (v. piü avantl). Ne deve costituirc un impaccio il fatto ehe gii Eliniei compaiono alleati con altri popoli orieutali e con Demetrio II. nella guerra che questi messe ai Parti uel ]4'2/l a. Cr., perche ciö anzi conforta l'ipotesi che gii EHmei fossero giä in qualche modo soggetti, laddove la loro partecipazione alla guen'a nou si spiegiierebbe facilinento se fossero stati liberi. In realtä nou esiste aicun serio argomento per non coUocare subito dopo la guerra

48 E. Breccia,

contro la Modia o la siicdizione ndl' licaiiia. la suciii» oliiiiaica tli cui alciiiii i)articolari sono stati conscivati da Strabone. M 11 ip di Partia ))en('trö coii forze preponderanti iiel tonitorio degii Eliuiei, devastü i saiituari di Atcna o di Arteiuide, as])ürtand(nie im hottino di 10000 talcnti. e s" iiiipadroni di Seleiicia. la ,i>Taiulc cittä posta sul tiiune Edifonte. 11 pacse noii voniio ridotto a i)i-o-\iiicia, lu» sottoposto al diretto e assoluto (limiinio dolla Partia: infatti in tompi iiüii iiiolto posteriori ci appare govcrnato da re. foi'ye soltantu tril)iitarl degii Arsacidi.'-) l^a stessa politica segui Mitiidate verso la Porsia dove non tardö a stabilirc il prcdoiniiiio ])ai'tico. pur lasciando flio si g()vornass(> am uiia forta autmioniia sotto w propri, AI pcriodo segiiente. agli anni cioe viciiiissinii alla meta dcl spcoiido socolo a. Cr. vamio attribuite Ic giierrp contro la Battriaiia: agli anni ininiediataniente suceessivi al 150. lo altrc conqviiste verso Oriente ehe condussero Mitridatc a estendei'e il doniinio partico fino. e forse per qualehe tenipo oltre i contini delP India. Eueratide, salito dunque al trono, secondii i nostri caleoli, non iiiolto prima del KiO, s' era trovato a dover lottare contro la Sog-diana, 1' Aria. 1' Aracosia e la Drangiana. Mentre stava ultiniando una spedizione contro 1' India. nna niiova e piii violenta guerra civile scopplö nel suo regiio. ed egii nel viaggio di ritorno venne assassinato dal proprio tiglio, dianzi olevato a corregeiite. Mitridate che al nianifestarsi di questi rivolginienti aveva ereduto ginnto il nioniento d" inter- venire. giä prima della morte di Eueratide pote impadronirsi delie due satrapie di .Vspiones e Tnriva, e dopo V assassinio del le. continnare la guerra d' invasione con tanta fortniia da riuscire ad assoggettare non solo i territori ])er 1" inanzi sottoposti alla Battiiana. e che lo dividevano dal- l'Jndia. ma anchc le regioni c(nn])rese tra 1" liulo e 1' Idaspe."*) Que- st"ultimo dato va accolto con nna certa riserva. perche non deve trattai'si d' nna stabile conqnista. bensi dnna di quelle spedizioui verso il t'amoso paese. care ai graudi gnerrieri del tenipo ma prive di risultati pratici durevoli. AI dominio degli Ai'sacidi rimasero certo fin d' alhn'a guadagnate oltre le due pro\incie ricordale. 1 i\ria. la Jlargiana. il paese degli Anavi, la Zarangiana. parte dell' Aracosia e niolto probabilnKUite anche la Carniania. '')

Intanto nella Siria si riprddncevano (juelle bitte intestine che andavano senipre pin indebolendo la signoiia dei Seleucidi. Alla nnirte di Demetrio 1..

1) Strab. XVI p. 744.

2) id. id. 3) XVI p. 7-28.

4) Diod XXXIII. 18; Strab. XI. 517; Üro.s. V. 4, 16.

.5) Quest'ultiraa proviucia uou e ricordata nella divisioue aiuniiiii.sti'ativa tra- maiidataci da Isidoro Caraceno iiei suoi —ic.Uiio) n<'.i)',i^ixo'i. ma 1)isogna notare non .solo che Isiduro seris.se molto \n\\ tardi, nia pnre die enuiuera le sole provincie attravei'sate dalle .strade principali, e i|uimli piio avenie taciute altie che da i|iielle strade erauo loutaue. li la Carniania e una di (pieste.

10

Mitriclate T il Gra>ide, di Parl/u. 49

avxciiula iiel !')(). im ustii'ijiilorc. Alcssaiuli'») IJala, spacciaiulosi per linlid di Aiitiocü IV l<]pit'an(', riusci coirappof^gio dell'Egitlo a contondorc coii successü la coroiui al ligllo di Demotiio Sotor, Üemotrio II Nicator. Toleiiico Filoniotor iicl 147 abbandono il IJala, ehe sconfitto dopo uiia liiiii;a t;ii('ira, l'ii iiccisd da nno del suo sei;iiitü nel 11'». duraiito la t'ii.nfi. o. Deiiictrio. ciii ri-]i;itt(i avcva accordato il siio favüic. pute cingcrc la cnntrasiata corutia. AI tciiipo in cnii si svolsc qiiesta guerra, e piü precisaiiieiite alFanno 147 e (iiiclii imuicdiataiiioiite succoHsivi (147 14.')) e stata fiiiüra attribiiita la concpusta della Babilonia da parte di Mitridate, nia ravveni- iiieiilü dev'essere posteriore, anclio se iioii si voglia annnettere con noi che negli anni dal 150 145 ca. il re di Partia era occcupato neue c-ou- quiste verso Oriente. Non e anzitntto niolto probabile che prima della di'liniti\a rovina e della niorte di Alossandro Bala, Demetrio avesse nn proprio governatore uella Babilonia') che era piuttosto sotto Tinfliienza del suo avversariü, ne daltro canto se questa provincia era in potere della Partia lin da (piando Denietrio non portava il titolo regio, si po- trebbero avere iscrizioni babilonesi datate col n(nne di lui. Di queste invece si conoscono due,^) l'una del IfiS Ei-. Sei. = 144/;^ a. Cr. e l'altra del 170 Er. Sei. = 142/1 a. Cr., e qnindi la conquista della Babilonia non \a assegnata al tempo della gnerra civile tra il Bala e il Nicator. ina piuttosto al periodo dei coutrasti fra (juest'nltimo e Trifoiie. Con ciö avreino anche nna piii logica spiegazione degli avveninienti ulteriori. Demetrio non aveva potuto godere a lungo, indisturbato. il potere, perche assai presto aveva dovuto combattere un avventuriero, Diodoto di Casiana. il qnale dapprima gli coiitiappose un fauciullo, liglio d'Alessandro Bala, e pii'i tardi assassinato il giovinetto, fece proclaiiiare se stesso ro, col noine di Trifone. P^u in questo frattempo che la Partia svolse la sna azione decisiva contro la iJabilonia, di cui dev'essersi iiiipadronita nel 143;2. Denietrio che molto difficilmente resisteva ai progressi di Diodoto, quando si vide sfuggire la Babilonia e fors'anclie la Mesopotainia-') decise di cercare una via dnscita alla criticissiina situazione, abbaiidonando per il

1) Orosio 1. c. ocrifio Drmaetrii praefccio (Mitridate) Bahyhniaiii iirhcni fincsquc ems universos victor htvaäit.

2) Zeitschrift für Amjriologic III )). 14:i; VIII p. 108 sg.

3) Joseph. XIII. 184; Appiau, Syr. 48^ i,a presenza di uu Dionisio di „Media" che goveruava la Mesopotamia per Deinetriu contro Trifoue (Diod XXXIlI. 28) cume uoii dimo.stra milla in favore deiriiulipendeiiza die in quel teiupo avrebbe avuto la Media (v. Bevan o. c. II p. .B03 giustameiite coutro Gutschmid) cnsi non lirova molto contro la possibile conquista della Mesopotaniia da parte di Mitridate nel 143/2. Come i i)rimi .siiccessi di Demetrio spiegano l'iscrizione cuneiforrae babilonese del 170 Er. Sei. = 142/1 a. Cr., eosi ci faniio coiniirendere la presenza di questo governatore nella Me.sopotamia. Ed e anche probabile che la vittoria SU Demetrio, non avesse per effetto il iiionto ricadere della rcgione sotlo 11 predo- minio partico (v. Diod. 1. c. in linc).

Beitrüge z. allen Uesrhitlite VI, *

u

50 E. Breccia,

iiionioiiti) la lotta nella Siria. per teiitaro inveco im colpu i-mitiu la Partia. colpd ardito. lua di prohabile riiiscita. Jnfatti il rocentissinio doniinio dei Parti sulla Babilonia. non aveva postu iicssiina salda ratlico. od anclie la popolazione dello altre rci^ioni c(iii(|uistato da .Mitiidato. in prcvaliMiza dorigino elleuica e iiiaccdouica. soppurtava a iiialiucuure il giogo doi Parti che cousiderava barbari. di grau luiiga proferendo la signoria dei Seleucidi.') Col siciiro aiuto dogli P^linici. dei Persiatii, dei Battriaiii. i quali lo avevano iiivitato a passare TEufrate. Demetrio poteva sperare 11(111 sdid di rieoiiquistare le alte satrapie. iiia jnir di trarre dalla vittoiia i iiiezzi per sopraffare rutJiirpatnre ehe gli coiiteiideva il troiiü.-) Pereiö iiel 14'2/1 si trasse dapprinia nella Mesopotaiiiia e quiiidi iiclla Baiiiloiiia raccoglieiido le furze per niuovere contro al iiemico. e veuue accoito uviiii(|ue c-nii giiibilo. 11 siiccesso pareva non dovesse mancare, e invero i Parti t'urono ripetutaiiiente sconfitti, iiia da ultimo, tratto in inganuo da siniulate trattative di pace. in una i)attagiia decisiva. svoltasi nella Media il 14(i'') il re di Siria perdette gran parte delTesercito. ed egli stesso cadde jni- gioniero. Per dare nn sahitare esempio alle popolazioni ribelli. Denietrio venne trasciiiato alla berlina a traverso quelle regioui che l'avevanü seeondato. e da ultimo fu mandato nell'Ircauia. Mitridate non coudusse personalinente quest'impresa: che il generale Vagasi sia stato labile e fortunato vincitore. non e impossibile. nia dopo qiianto abbiaino detto intoriio aire])oca ciii vanno rispettivameiite riferite le guerre di Mitridate contro la ^ledia. contro rEiiineide e contro la Babilonia. non ha alciina ragioiie per essere ritenuto vero. LArsace aveva dato ordiiie di coiidiirgli vivo lawersario.^) e ciö per un atto di sottile abilitä pulitica. poiclie l)revedeva quäle utile strumento Denietrio avrebbe potuto essere. qiiando fosse stato necessario od opportune intervenire direttamente nelle faccende della Siria. Quiiidi il re di Partia, non solo accolse onorevolmente il prigiouicro. nia gli oftri pure in isposa la propria figlia Rodoguna pro- mettendogli inoltre di riinetterlo di nnovo snl trono. che iutanto Trifone aveva detinitivaiiiente occupato. Secondo Appiano non sarebbe statu

1) Just. XXXVI. 1, 3.

2) II Visronti o. c. contro Appi;iiio. Giustiiio. Flavio Giuseiipe. i quali att'er- niano Demetrio aver passato TKufrate per farc la guerra ai Parti, da la jirefereuza alTautore dei ])rirao liliro dei Slaccabei (I. 4, 3) secoudd cid il re ili Siria avrebbe avuto il solo scüjio di levare luili/.ie da opporre ai proifressi di Tritune, lua le (lue versioui liaiino eiitranibe ragione d'essere e .si spiegano couciliaiidole.

3) Uli e iiiiii 139 a causa della croiiologia relativa alla morte di Jlitridate.

4) Macc. I. 14. 2 xn) r.rn'ari-O.iv i'vi'. rmr no/omor r.rror cv/.'/.ajiiTv r.tTor ;c<)T(r. Just. XXXVlll. 9, 10. II Vaillaiit, il Dufoiir e altri hainio atfermato sulla fede dini passo mal riferito da Ateneo (IV. p. 153) che uu tal modo di prooedere non era movo alla corte degli Ar.sacidi. perclii- giä Tiridate, avendo fatto prigioue Seleiicd Calliiiico. l'aveva trattato m/?« magnificentia et impenm, ina ((uesta prigionia (kl Callinico e iusussi.stente e il racconto va applioato a Demetrio II {y.F. H. H. III, p. 258).

12

I

Mitridate T il Grande, di Parlia. ■<\

Miliiilalc iiiici;li eilt' avrchbi' datd l\(i(liisuna in iiuiiilic a Demctrio. heiisi l-'raatc sihi liijiid c siicccssoro.') So la discordantc notizia nuUa toi^lic ali"aciimc dclh» vedutc piilificho di Mitridate. ciu' tu cortu ci^ü a vciicr vivo il priijioiiicro c a coiii'ortalo d'oiiiiri e di promesso. va posta tiittavia in riliovo. porfhe ci foiifornia die il grau re dev" essere stato incolto dalia niorte poco dopo ia vittoria sid Nicatoro. Infatti se giä nol 1H<S Aiitiocu Sidete frateihi di Demctrio sjjosö la cügiiata Cleopatra, e se i'unioiie di Demetrio (> di Ilodoguna va posta auteriormente al 13S e poco piinia o l)oco dopo la iiiorte di Mitridate. c evidente che qiiest' ultimo deve essere sparito dalla sceiia del moiulo noii piü tarili dcl 14ü/3i) eome in i)ase a Diodoro crediaiim di poter dimostrare. Le parole di Diodoro in Imle del grande arsaeido'-'l si riferiscono cvidontemeute a persona di cui si parla eome uiorta. ma lallusione a cpiesta morte si trova tra il racconfo di (lue fatti cronologicaniente ben determinati: Tarrivo di Q. Pompeo alla citta di Lagni. cui pose Tassedio neu" Ol. lö'J. i = 140 a. Cr., e i t'unerali celebrati in onore di Viriato nell" Ol. KiO, 1 = 139. Adunque la niorte di Mitridate va collocata alla tine del 140 o al principio del 139. Prima di morire. il vero fondatore della poteuza partica aveva potuto vedere coronata la sua vasta opera di conquista, aveiido non solo reso assai dit'ficile ogni ulteriore velleitä di libellione, ma avendo anclie esteso il predominio della sua nazione nella Babilonia e pioliabihiiente nella Mesopotamia. Per tal guisa la signoria degii Arsacidi aveva raggiunto un'estensione maggiore di f|uella d'ogni altro stato asiatico coiitemporaiieo. un'estensione che non molto poteva accrescersi per opera dei successori. e che ci permette di ascrivere o applicare al tempo di Mitridate la notizia di Plinio. secondo cui limpero partico aveva per confini il iiiare Ircanico a settentrione e il mar Rosso o golfo Persico a mezzogiorno. Sülle coste di questo mare in veritä i Parti nou possedevauo che una piccola striscia. presse le loci dell'Eufrate, ma nun bisogua meravigiiarsi ch'essi non fa- cessero ogni possibile sforzo |)er giungere al mare e accjuistarvi predo- minio. La meraviglia non sarebbe giustiticata eome non sarebbe giustili- cata quella di chi rimproverasse alla Svizzera odierna di non essere una grande poteuza marittima. L'unico mare che avesse un'iiiiportauza deeisiva nella lotta per la supreniazia pohtica, era aucora uei due ultimi secoli avanti Cristo il Mediteranneo, a cui la Partia avrebbe potuto giungere soltanto passando sulle rovine del regno seleucidico: ma oltre queste incontrö la poteuza di Roma. Ne la Partia. chiusa per cosi dire. nel cuore dellAsia, poteva disperdere, forse senza reale vantaggio. le sue forze nel goKo Persico o nel mare indiano, da cui la separavano stati. che pur essendo da lei dipendeuti. avevaiio potuto conservare una certa autonomia.

P Si/r. l-ü. '2) iiiod XXXIII. 1«. 3) Nat. Eist. VI. 1—3.

4* 13

52 E. Brercia,

Sc fiiioia al)l)iaiiio tenuto coiitti di tiitto le pDclio notizie che iiitorno a ^litiidate e al]'(i]iora siia ci soiio porvcinitc". alibiaiiio noiuliiiiono trascnirato Uli clciiiciito clio (lovrchb'cssere i!ii]Hirtaiil{'. pcMclu'' v nuti» qiianto i co- «^iiüiiii assunti dai siiviani dcllo varie diiiastie aiutiiui a fonuscere la storia doiretä ellcnisticu. Peraltro siffatta iiiipoitanza e sul)oidiiiata ad alciiiie condizioni, iiiaiicando Ic qiiali i cognonii possono piü facilniente traviare il nostru t^iudizio e iiuhirci a superficiali c nou docniiientatc. aft'ermazioiii, clic 111)11 sorvano a cliiariic lo luistrc conoscoiizc. ') II coguoiiie i'u assuiito dal re duiantc la siia vita e (Hiaiuio. o gli fii decrotato dopo niorto? Lo assiinsc ef^ii stcsso o gli veniic tiibiitatu in (pialcho circo.stanza dai siulditi? Sopratutto poi l)isogna essore assohitaiiieutc certi che iin dctcrininato cognoiiie appaitoiiga a uu detcnninato soviano. Ora in riguardo ai le ])artic'i il tcrreno e iiiolto sdrncciolovole o lum ci si potn'i avventurarc con t'iutto, che allora (piaiido (ntio il niatoriaio nuniismatico sia stato di nuovo plal)i)rat(i in nuido da rciidcre indiscntihile lassogiiazionp dcllo singoio inoiictc. Sccdiidü Ic (ipiiiiimi pii'i j)robal)ili'-), a Mitridatc spottcrcbbcrd paipcchi (' altdsiinanti titoli: /(fy«^, eni(furi.c, tvtQYhij':, dixmoi:, (fi'AtkX)^r. &eöc (':')•'), ßaaiÄFvc ßaaih'm'. Ignoraiido appiiiitü Ic circostanzc c il nioniento in cui ciascuin cogiioinc ebbe originc, noii possiaino trarnc alciiiia fccdiula consegucnza, c dobbiaino limitarci a considerarne dne che haiiiiii Uli valore per se, iiulipcndeuteniciitc da ogni causa accidentale. Jl cognoinc (fiXblXriv diinostra che Mitridatc inizio^) una politica volta ad attirare le sinipatie della i)opolazioue greco-inacedoiiica. e diinostra pure la grande hnza deirElleiiisinn che agiva tanto potentenuMite su popolazioni noii da iiiolto uscite dalla barbarie. II tilolo di ..re dei re" .Mitridatc

1) 11 Visconti per es: o. c. p. 55 sg. sulla semplice base cruii cognorae sup- ])(iiii' che Mitridatc abbin associato al trouo il figlio I'^raate. La ragioiie dclla inia opiuioue, egli dicc, sta uel cogiionie if u.onaTvjiJ che qiialche nioueta attribuisce a Fraate, e iielia soi)pressiiiue di (|iiesto titolo in alfre dove c sostitnito da (pieiin di ßtoTifiToni. II priino cugiioiue apparterreljbe al terapü in cui Mitridatc era ancora in vita, il secondo al tcmpo della inorte e dell'apoteosi del grau re. Basterebl)e riciiiamare c|uauto aljbiamo cercato di diinostrare intorno alle forme di diritto dinastico vigeiiti nella nioiiarcliia arsacide, per eschidere Tipotesi iriiiia correggeiiza formale, una corregenza poi clie perniettereltlie alTassociato al trouo di coniare luouete com la i)ropria efligie, con leggenda pro]iria e propri cognomi. Del resto non c affatto vero che il cognoine •/ i/.dTti'uoo det)ba iudicare uii particeps i)nperii.

2) V. peraltro AVroth o. c. p. 187 sg.

.'5) Nei sonimari di Trogo e ascritto a im re designato 'l'igraiie. II Vaillant aveva pensato trattarsi d'uuo scanibio di noine cou MitricU^te I, ina il Gutscbniid o. c. p. 81 lia inoltii acutaniente osservato che le parole non apiiartengono al lil>. XLI, lua al XLII, dove il Rühl, le iia m-a infatti collocate. II titolo Wtortärcyy. aiiche se assunto dal figlio e successore P'raate 11. iiou prova molto, perche Mitridate puo essere statu divinizzato dopo luorte.

4) V. p. C, n. 2.

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Mitridiile 1 d Grande, di Partiu. 53

l)ntö (Iciiviirli) senz'nltro dni sovrani di l'crsia. iiia potc anclio avorlo assiiiitd spontanoaiiionto. pcrchö in realtä alcuiii roaini i^li ciano tril)iitaii senz'cssorp complctaiiiontc soiigptti. A diniostraic quaiito i^raiidc fosse noi c'oiK'ctto dci siiccessori l'opeia poiitica dol fi'ia'i i"^'- ^ *' voliito citare ii t'atto die per oltre 70 aiini. iino a l'"raato III. niun arsacide avrebbe osato chiamarsi ßacvlevg ßaßOJmv, iiia i! iatto noii sussiste pcrche aliiieno i>'i;i nel lOS a. Cr. il titolo torna a riapparire. ') Invero sc luiii ha valore (ii rei^ola il pi-incipio che tauto e pii'i dappoco il .sovrano tanto piü mmierosi e aiii])ollosi soiio i suoi titoli. iion dohbiamo tuttavia attribiiiro Ulla snverehia uiiiiltä ai sovrani d(>iretä ellenistica: d'altro lato le coiiili- zioui politiclie della nionarciiia arsacide noii iiiutarono essoiiziabiiente dopo il 140, e qniiidi i succcssori potevaiio bonissimo assumere e politic-a- monte sarcbbc stato opportuno che coutimiassero ad assuinere il titolo di „re dei re". Non per cio e inen vero che Mitridate I e la ligura piü iiotevüle nella storia della Patria. E certo doloroso che per ([uesto come per iiiolti altri paesi dellantichitä, lo nostre conoscenze debbano limitarsi a pochi c i>ran(li fatti politici o militari, a poche o singole figure di grandi noinini e ci riinanga conipletainente ignota la eoinplessa vita del popolo, ma e innegabilc che l'opera di Mitridate, in un periodo in cni la personalitci del re entra come elemento importantissinio nella storia. ebbe Ulla straordinaria iufluenza sugli ulteriori destini della sua nazionc. Soltanto sotto di lui. la Partia s'incamminö definitivamente su quella via di stabili conquiste che dovevano condurla alla posizione di graiulo poteuza. e porla in giado di resisterc tenacemente e spesso vittoriosa a Roma, a nua jiotenza tale da render giusta rosservazione di Strabone-): vijv fTcdoxonOi (i Parti) lOdavTrjg y/;c xal waovruyv eOvmv wäre c'tviina/.oi, ToZg 'Pwßaioig toonov uvu yayöracn y.arci in^yeLfog T;yc uQxrjg.

Älitridate non tu soltanto nn grande con(iuistatore, perche se doblnamo prestar fede a Diodoro''), il cni panegirico va accolto ceito cum grano mlis, ma concorda col coniplcsso delle uotizie pervenuteci. tu anchc principe di grande aiiinio e di larghe vedute iiiorali e civili: 'AQffäxtjg 6 ßuOi/.evg emeixeiav xul (fitXavt}Qomuiv ^r/Atoffwc avTOf.ici:Tiir üoxE Trjr {ttiq- QOiav T(iiv äyad-uJv xal i)]v ßaaiXeiav im nXiov rjv^rjas . . . f/c rijXixovro 6s i^ieyeD^og TiQoaxy^si'? ßacileiag ovx ii^i^lwas TQvg)rjv oiide vn(Qi](fiariav ansQ Tcdg 7TleCfftatg Svraotetaig cv/.o/.nvlhTv f'iwDsr, d).X emeiy-fKiv iter noog wvg vnoietayiievovg, urSostav da rroög rovg dviiKmo^iävovc. xaitö/.ov Sa no/.Xvöv eO^rm' sy/.Qan'^g yerui-isvog ra nuq ey.ädroig cioiffra növ i'0,((t7uu)' xcasSei^s rolg tldod^oig.

AI successore spettava un compito non facile, assicnrare i conlini nord-orientali deirimpero, e sopratutto inipedirc il risorgerc della potenza

1) Zeitschrift für Asmjr. VIII p. 108 sg.: ot'r. Wroth

2) XI. p. .J15. 3) XXXm. 18.

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54 E. Breccia, Mitruhite I il Gru>Hk', dt Partia.

sii'iaca che scnibrö diveiiir subito di miovo minacciosa cnu Aiitioco VII. Jla anclie allora si parve lahilc [jicvideiiza di ilitiidate. <}iiando Aii- tioco W\ cra riuscito a ]ionp l'^raatc in difficili condizioni. f|uosti pote lihcrarc Deiiietrio. o crcare cosi alle spallc dellawcrsario, un niiovo nemico. Riassumcndo. la iiostia esposizione vorrebbe avcie principal- nieiite diniostrato cho il rogno paitico. la ciii ora s'inizia seuza dubbio col 248 7 a. Ci\. si basava so])ia nna carattcristica forma delczione del sovrano: che il regno di Fräate va posto ueftli aiini 17ö 160 ca. e (piello di Mitridatc n.c<>li anni 160 ca. 140/39 e (|uiiidi in confonnitä va reij'olata la ci-oiioloüia di Eiicratidc re della Battiiana 1 1 li."). ])oco oltre 1 öO presso a j)oco : che i;ii avveniiiieiiti svoltisi sotto Mitiidate furono i .ses'uenti e ncl segiicnte ordiiie: 160— l.'iO ca.: l. Cün(|uista della Media. 2. Spedizione per rafforzaie il doiiiinio neirircaiiia. 3. Giierra elimaica. 4. Soiiftezioiie della l'eisia: l.'iO 14.') ca. Conquiste a daniio della Bat- triana e siiccessivaniente spedizione verso Tlndia: 143/2 luvasionc della Babilonia e. forse. della A[eso|)otaniia. 142 1 Denietrio Nicator passa TEufrate e ninove i;uena ai i'arfi: 140 Detinitiva sconHtta e prii;ionia di Demetrio: 140 o princijjio del 13i> Morte di I\Iitridate.

A Mitridate 1 non puö ascrivcrsi alcuna iniprcsa contro l'Atiopateue 0 contro rArnieiiia.

16

55

Die griechischen Historikerfragmente bei Didymos.

Von Felix Stäheliii.

Erster Teil.

l-'ast zu gieiclicr Zeit liat der unersehn])flicho Boden Äi^yptens dem Historiker ZAvei köstliche (raben gespendet. Auf die römische Geschichte fällt neues reiches Licht durch eine E])itome aus Livius. die uns den Inhalt der verlorenen Bücher 48 bis 55 dieses Autors einigermaßen rekonstrnicicn hilft. Sie ist in Oxyrynchos gefunden und liegt zum erstenmal im IV. Bande der Oaijrt/nvhus Papijri (London 11)04) veröffentlicht vor: bereits iiat auch Ernst Kornemann im ziveiteii Beilwft der Beiträi/c zur Alten Geschichte (Leipzig 11)04) den Text aufs neue herausgegeben und mit einer eingehenden sachlichen Untersuchung begleitet. Ebenso wertvoll ist der zweite neue Papyrusfund, den icii zum Gegenstand meiner Erörterung mache, für (he Kenntnis der griechischen Geschichte und Historiographie.

Es ist ein Stück aus dem Kommentar des Didymos Chalkenleros zu den Demostlieiiischen Reden, das vom Berliner Königlichen Museum gegen Ende 1901 in Kairo erworben worden ist. Im Frühling 1904 ist die Editio princeps erschienen'), und man kann (\c\\ Herausgebern nicht dankbar genug sein dafür, daß sie ihr schon nach wenigen Monaten eine Teubnersche Textausgabe '-^l haben auf dem I''uße folgen lassen und den Text dadurch jedermann leicht zugänglich gemacht haben. Jede der beiden Ausgaben hat ihren Wert für sich: die Leipziger Edition bietet den Text in etwas besserer Gestalt, da ihi' zaidreiche Beiträge von andern Gelehrten zu (nite gekommen sind. Die Editio princeps hat vor ihr voraus eine genaue Abschrift mit sorgfältiger Sonderung des Sicheren und des Unsichern, einen knappen Kommentar und namentlich eine treffliche Ein- leitung von Diels. Hier werden wir über den Charakter des Buches in jeder Hinsicht aufgeklärt. Es ist kein Buchhändlerexemplar, sondern eine Abschrift zu privaten Zwecken wie die Ijondoner 'Alhpaüov noXirsia

1) Berliner Klassikerfexte, lierausgegeben von der Generak-crwaltmuj der legi. Museen zu Berlin. Heft I: Didynios Kommentar zu Demostheiien (Pap. 9780), bearbeitet von H. Diels und AV. Scludjart. I3erliu 1904.

2) Volumina Aegypfiaca. Orrlinix IV. grammaticorum pars I. Didi/uii de Demosthene coiiimenta recogunveniiif II. r)iels et AV. Schuliart. Lipsiae MCMIV.

56 Fdi;r Stähelin,

des Aristoteles. Der Schreibei', der im Bei^iiiii des 2. Jhdts. n. Cjir. gelebt luilien imiß, verfüliit oft fluchtig und \erst;iiidiiisios. Dagegen bietet er keine l)loße Epitonie, nicht verkürzte Exzerpte, sondern er gibt seine Vorlage getreu wieder. Allerdings mit der Einschränkung, daß er nur die auf die Sacherklärung ausgehenden, die real-historischen Partien des Didymoskommentars aufnimmt, während das ('.rauimatisch-KritiscIie, das Didymos sicher auch behandelt hat. hiei' fast ganz weggelasseu wird. Die Stellen nun. an denen Didymos selber das Wort ergreift, liaben für uns nicht viel mehr AVert, als daß sie uns die unleidlich breite und seichte Art seiner Erörterung zeigen. Desto wertvoller sind dagegen die zahlreichen Zitate, die er einstreut: unter iluien stehen an Zahl und Be- deutung bei weitem voran die Historikerzitate, die uns teils als wörtliche Eragmente. teils in Form von referierenden Exzerpten geboten werden. Diels legt überzeugend dar. daß Didymos diesen ganzen reichen Stoff nicht selber gesammelt, sondern den Materialien entnommen hat, die teils im ßioc J)j/ioa&£vovc des Kallimacheers Herini])pos. teils in älteren De- mostlieneskoninientaren niedergelegt waren: Didymos selbst hat das alles nur ganz iiandwerksniäßig aufgearbeitet. In jedem Falle können wir uns eines neidischen riefühls nicht ganz erwehren, wenn wir hier einen Einblick erJialten in die enorme Fülle von Stoff, die den alexandrinischen Gelehrten zu Gebote stand.

Wir betrachten im folgenden zunächst die l'^ragniente desjenigen Autors, für den die Ausbeute am größten ist:

Philoclioros.

Zwölf größere oder kleinei-e Fragmente von ihm liegen vor. Ich bespreche sie nach der chronologischen Reihenfolge.

col. 7, 35 tf. Ein verstümmeltes Fragment über Konon ans dem Jahre 397/6: es ist auch von der Schlacht bei Knidos (3'M) (üe Rede, mithin hat Philoclioros die annalistische Form durchbrochen. Es wird sich auch später dann und wann zeigen, daß er bei den Ereignissen eines Jahres auf Vergangenes zurückgreift oder bereits einen Blick auf spätere Ereignisse wirft.

col. 7. 53 ff. Philochoros als Quelle für Konons Mauerban angeführt.

col. 7. 17 ff. handelt von den Friedensverhandlungen, die im Verlaufe des korintliischen Kriegs zwischen Sparta und Athen gepflogen worden sind. Unter dem .\rchon Philokles, also unter dem Jahre 3'.)2/l. erzälilt Philochoi-os. die Athener hätten den Frieden verworfen, den der König zur Zeit des Antalkidas ..herabsandte", weil darin die Bestimnnnig ent- halten war. daß alle kleinasiatischen Griechen ..im Hause des Königs als annektierte aufgeschrieben" seien. (Wie Diels zeigt, gibt Philochoros hier den authentischen Wortlaut des königlichen Briefes). Aber auch die

2

Die (jrieilmcht'n Hiffor/lrrfragmntfc hei Didymos. 57

Gcsmultcii. (li(> in Sparta Zusestäiulnissc gPinadit Iiatten. spion von (loa Atlienern aiiF Antrag' dos Kallistratos vorbannt worden, obschon sio ihr Urteil nicht abgowartot hatten: sio iiioßcn Epikrates von Kopliisia, Andokidos von Kvdathenaion, Ki-atinos von Sphettos (?) und Kiibulides von Elensis. So l'hiiopiioros. Mit dem erstgenannten Perioden kann nicht der bekannte Königstriode von 38G gemeint sein, obwohl gerade damals Antalkidas als Vermittler die Hauptrolle gespielt hat. Denn gegen die Annahme des Königsfriedens haben sich die xVthoner zwar wohl gesträubt, schließlich aber ihn doch notgedrungen angenommen. Auch würde sich schwer ein Grund dafür anführen lassen, weshalb Philochoros von diesem Perioden schon im Jahre 392/1 gehandelt hätte. Vielmehr werden wir an die früheren Friedensunterhandlnngen zu denken haben, die Antalkidas nach Xeu., Hell. 4, 8, VI 15 in Sardes mit dem persischen Generalstatthalter Tiribazos führte, Unterhaudlungen. die am Widerspruche der Athener, Thehaner und Argeier gescheitert sind. Allerdings gibt Xenophon den Grund, warum die Athener damals vom Fiieden nichts wissen wollten, wohl richtiger an als Philochoros, der den Ereignissen ferner steht: weil ihnen im Friedensentwnrf die drei Inseln Lemnos. Indjros und Skyros ab- gesprochen wurden. Dagegen trifft auf diesen Frieden der Ausdruck des Philochoros: /yv 'AütfvaToi ovx idetavro, durchaus zu. Größere Sicherheit noch als in diesem Punkte besteht hinsichtlich der Zugeständnisse, die in Sparta gemacht worden sind. Da Philochoros unter den Gesandten den Andokides erwähnt, können hier nur diejenigen l''riedons]iäliminarien gemeint sein, die Andokides als athenischer Unterhändler in Sparta ver- einbart und nachher dem athenischen "N'olke in der noch erhaltenen Rede TTeQl Tri? nqoc ^axf;dai(iioriovc eiorvri^ zur Genehmigung empfohlen hat. Wie wir aus der Hv'pothesis dieser Rede wissen, ist der Friede von der Eklvlesie verworfen worden, obschon darin den Athenern der Besitz ihrer drei Klerucheninseln zugestanden war. Die Kriegspartei trug den Sieg davon.

Die Chronologie dieser Jaiire ist ein umstrittenes Kapitel der griechischen Geschichte. Nicht einmal die Reihenfolge der Ereignisse steht hinreichend fest. Jetzt, da mit dem neuen Philochorosfragment eine so bestimmte chronologische Angabe auf den Plan tritt, hat eine neue Untersuchung dieser schwierigen Fragen mehr iVussicht auf be- friedigenden Erfolg als bisher, wo wir großenteils im Dunkel herum- tappen mußten. Schon längst, bevor man von dem neuen Zeugnisse etwas wissen konnte, hat K. Fuhr (Animadversiones in oratores Atticos, Diss. Bonn 1877, S. 5 ff. 17) nachzuweisen gesucht, daß die Friedensrede des Andokides im AVinter 392/1 gehalten worden sei, und ähnlich hat mein verewigter Lehrer Uhicli Köhler in seinem Kolleg über griechische Ge- schichte (Sommersemester 1895) che Friedensrede des Andokides in den Sommer 392. die Reise des Antalkidas nach Sardes in den Winter 392,1

58 Fdio Stähelln,

«esetzt. Icli zweifle nicht daran, daß die Clironologie des Pliilodioros. der beide Ereignisse im Jahre 3i)2, 1 unterbringt, sich bei genauerer Untersuchung bestätigen wird. Wie bereits erwälmt. ist der Friede auch in der milderen I-'orni. die Aadokides in Sjiarta vereinbart hatte und den Athenern vorlegte, vom Volke verworfen worden. Die Vita des Andokides gii)t an (Ps. Flut., vitae X orntorum p. S3.t A). daß Andokides infolge seiner Friedensgesandtschaft den .Vthenein strafl)ar erschienen sei uiul dalier in die Verbannung habe gehen müssen {So'iac ädbueTv e<f.vyt). Diese Nachricht hal)en Blass < Atf. Beredsamheit l- 295, F) und Eduard Meyer (Gesell. <l. AU. V ■253) als eine ..wenig wahrscheinliche Kombination" verworfen. Jetzt lei-nen wir aus Pliilochoros. daß die Angabc der Vita (hirchaus auf Wahrheit l)eruht. Pliilochoros nennt den Antragsteller des Vernrteilungsdekretes sowie die vier verurteilten Gesandten, und der Fnistand. (lall er die Namen der letztern mit den Demotika versieht, beweist uns, daß er sicji dabei auf eine urkundliche Quelle, nämlich auf den Wortlaut des Verurteihiugsdeloets. stützt. Wenn wir in dem Antragsteller Kalli- stratos wirklich, wie Kirchner in den .\ddeuda zu seiner Prosopoiiraphia Atlka (11 4(>8) annimmt, denselben Mann erblicken dürfen, der um die Zeit der Schlacht i)ei Feuktra der liauptsäcliliche Lenker Athens gewesen ist. so muß sich in den politischen Neigungen dieses Staatsnuuins eine bedeutende Wandlung vollzogen haben: während er hier als junger Mann die Gesandten wegen allzugroßer Nachgiebigkeit gegeuüber Sparta zur Rechenschaft zieht, veificlit er nachmals mit Erfolg eine Politik, nach der die Athener sich mit Sparta auf mögiiclist guteu Fuß stellen und gemeinsam gegen die neue thebanische (iroßmacht l'ront machen. Ebenso neu wie derjenige des .Anklägers sind für uus die Namen der drei Mitschuldigen des Andokides. liumerhin lassen sich zwei unter ihnen so gut wie sicher mit bereits bekannten Trägern derselben Namen identifizieren. In Eubulides von Eleusis erkennen die Herausgeber und Kireliner (ProsojJ. AU. Addeuda II 459) mit Recht den Archon des Jahres 394 3 wieder, für den das Demotikon 'Ekevaivtoi feststeht. Mehr Schwierigkeiten bereitet uus Epi- krates, über den sich die Herausgeber nicht äußern. Ich stehe nicht an'), mit Kirchner (a. a. 0. 457) ihn für identisch zu erklären mit einer sehr bekannten Persönlichkeit dieses Namens, nämlich mit dem radikal- demoki-atisclien Politiker Epikrates aaxeatfoooc, der erweislich irgend ein- mal wegen einer erfolglosen Gesaudtschaftsreise einem Kapitalprozeß verfallen ist. Ich stelle in Kürze zusammen, was uns über den Mann durch anderweitige Autorennachrichteu überliefert wird (iuschrifthche Zeugnisse fehlen ganz).

1) [Korrekturnote: Meine .Abhandlung war bereits dem Setzer übergelien, al.s icli auf die ßerUner Pli/Mogischc Wochenschrift vom 3. Sept. 1904 aufmerksam wurde, in der K. Fuiir Sp. 112.j f. zu meiner freudigen Überra.schung genau (Ue- selben Ansicliten über Kpikrates und seine Prozesse entwickelt wie ich luer.]

Die grixrliifihen liistorihrfi-ni/vicvle hei Di(li/niof<. 59

PcMiiosthoiiPS 19. 277 ff. hozciifit. (lau l'lpiki'.itos piiios der aniiosoluMistiMi Mitglieder der deiiiokratisolieii Partei gewesen ist. die im Jahre 403 vom Poiraieus aus die Wicderlieistelluni;' dei- atlieiiisclieii Demokratie diii-cii- fülirte: trotzdem sei er später mit Anderen zusammen zum Tode verur- teilt worden und zwar, laut der iJesründuug des damaligen l's(>pliisma. da sie ihrer Instruktion als tlesandte zuwidei'liandelten (enetSiij tihqÜ ra yQÜimam cnqeaßevaav). da einige von iiinen naeliweislieh im Rate un- waiire Berichte abstatteten {xai ij/Jyxih.adv «lec avnh' er irj iiovhj oe rdXrjdf fJ.Tftj'yi^/AoiTfi.-), da sie ferner in ihren IJriefen unwahre Angaben gemacht, die Bundesgenossen verleumdet untl Oeschenke angenommen hätten (ovä enimel'/.ovisc raXriiyi'i xai y.aictipevdnftsvoi iwv avii^u'tX'ov z«i JcTo« Xaf^ißc'ivoviec). Dies alles sei Grund genug dazu gewesen, schließt Demosthenes. da Li sellist ein so verdienter Volksmann wie Epikrates infolgedessen hinausgestoßen und gezüchtigt werden mußte {r/.TieaHv xw xo^a<r!}fv(ti § ■J-'^O). Gegen denselben Mann ist die 27. Rede des Lysias gerichtet, richtiger ausgedrückt der einzig erhaltene Schluß einer Rede, in der Epikrates vor einem Heliastengcrichte wegen jiaQanQsaßeia^ verbunden mit Bestechlichkeit und Unterschlagung, angeklagt wird.') Beiläufig er- fahren wir duiT'h Lysias. daß schon bei einer früheren Gelegenheit der- selbe Epikrates der Bestechlichkeit angeklagt. al)er freigesprochen worden war. während ein Mitangeklagter, dessen Name koiru|)t übeiiiefert ist. damals verurteilt wurde 3. i). Den Zeugnissen der beiden Redner stellt sich als drittes aus dem Bereiche der Zeitgenossen eine Anzahl von Koniikerstellen zur Seite. In den Ekklesiazusen des Aristophanes V. 71 wird auf den schönen Bart des Epiki'ates angespielt. Namentlich aber scheint Flaton in seinen Uosaßeig eine (lesandtschaftsreise des Epikrates recht eigentlich zum Gegenstand der ganzen Komödie gemacht zu haben. Erg. 119 (1633 Kock) lautet:

xutsXaßov 'Emxoätiig te /.cd (Poußiaioc

TTciQc) ToC ßaöiXe'mc TrAeTma dwQodoxijtaTa,

o^i'ßcKfa xqvaä Y.al mvaxiaxovg uqyvqovc. P^rg. 120 (I 633 K.):

y.vc'ti^ovg odovg hJ.enTSlf' exdamTe. Frg. 121 (ibid.):

(S/.SVttQia 6)] x/.stpac dnsxi'iQv'^' excpEomv. Frg. 122 (ibid.):

ävct^ t'TTrjvrjc 'EmxoctTSg ßaxtacfuQe, wieder eine Anspielung

auf den Bail. wodurch die Beziehung der Aristophanesstelle

auf unsern Epikrates gesichert wird.

1) Diese Rede liat TIi. Tliiillieim. Jahrh. f. Mass. l'hihl 117 (1878), S. .i.'»3— ö.il) am riehtissteu beurteilt. Tliallieim:-; .-VustVihruiisen werden durch unser neues Material, mit einziger Au.snahme der absoluten elu'unologi.schen Ansätze, vollauf bestätigt.

fiO Fdia: SlfiJwlh),

Wir cntnelimeii diesen FraKiiionteii. daß Epikrales eininai mit l'iior- Miisios züsainmeii nacli IVrsieii gereist ist und bei dieser (ieiegeuhcit das ddinni der Bestcchiicldceit und des Diebstalds auf sieli geladen hat.

Ist dies die Gesandtseiiaftsreise, infolge deren Epikrates zum Tode verurteilt worden ist? Dafür scheint eine Stelle aus dem Panathena'i'kos des Aristeides zu sprechen, laut welcher die Athener diejenigen Gesandten verurteilt hätten, die ihnen zur Annahme des Königsfriedeus von 38(5 rieten (I p. •2S.3 Dindorf). was die Schohen anf Epikrates beziehen mit dem ausdrücldiciien Zusatz, daß dieser zum Tode verurteilt worden sei (111 p. 277 Dindorf). Aristeides behauptete also, die Athener seien mit dem Königsfrieden so unzufrieden gewesen, daß sie die Gesandten, die ihn vermittelt hatten, später datur gestraft hätten : und für die Scholiasten war es eine ausgemachte Sache, daß unter jenen Gesaudten Epikrates gewesen sei und seine Tätigkeit mit dem Tode halie büßen müssen. Mit dieser Ansicht steht nun aller eine Anekdote in schroffem Widerspruch, die ül)ereinstimmend von Hegesandros (Erg. 7 bei Ath. fi. p. 251a. b: FHG IV 414) und von l'lutarch {Pdo2ndas 30) berichtet wird. Danach hätte Epikrates sich einst als Gesandter am persischen Hofe aufs reichlichste beschenken lassen: nach seiner Eücklcehr habe er in Athen den Vorgang offen eingestanden, indem er den ^'orschlag machte, man solle hinfort statt der neun Archonten jedes Jahr neun Gesandte nnoc ßaaih'a wäiilen, und zwar aus den untersten KJassen, damit sie Gelegenheit bekämen, sich durch die Annahme von Geschenken zu bereichern. Das Volk habe über dieses schamlose Eingeständnis der eigenen Besteciilichkcit nur gelacht und den Mann nicht verurteilt. Nach dieser Anekdote sind also die Be- stechungen, die sich Epikrates bei seinem Aufentbalt in Susa gefallen ließ, nicht bestraft worden.

Noch ein Zeugnis bleibt zu erwähnen übrig. Nach Pausanias 3, U. 8 war Epikrates mit imter den Empfängern desjenigen persischen Geldes, das Timokrates von Rhodos im Jahre 3il5 im vVuftrage des Tithraustes nadi Griechenland brachte, um eine Koalition gegen Sparta herbeizuführen. Diese Nachricht wird zwar durch Xenophous unverdächtige Angal)e (Hell. 3. .'i, 2) widerlegt, daß die Athener am Empfang dieses Geldes nicht beteiligt gewesen seien, aber sie zeigt uns wenigstens, daß Epikrates einer der bekanntesten athenischen Vertreter vom Typus des käuflichen Pohtikers gewesen sein muß, und daß sein Name von der eifrig schaffenden h'ama hervorgezogen wurde, wo immer sie von Bestechlichkeit im damaligen Athen etwas zu melden wußte.

Bei welchem Anlaß ist über Epikrates das Todesurteil gefällt worden? Diese Frage gilt es zu lösen. Die neueren Historiker Beloch [Gr. Gesch. II 232) und Ed. Meyer [Geseh. d. Alt. V 26i). 307. 310) haben sieh durch das Aristeidesscholion bestimmen lassen, jene schlinnnen Folgen derjenigen Gesandtschaft nach Persien zuzuschreiben, die mit dem Abschluß des

Die griechi.scJiv7i Hidoriherfraiimcnte hei Didi/mox. ßl

Küninst'ricdoiis (3H(1) gcciulcl hat. Beide identiliziercn sie ziii;leicii mit der (iesandtspiuiftsreise. die d(>r Komiker I'laton in seiiKMi l/ot'af]eic avd's Kiirii i^enommeii iiat. IJeloeh erl<lärt: ..IMieiinisios und l-]|iikrates, die als Gesandti> znm König gescliickt worden waren, hatten es mit dem Tode zn l)iißen. flaß sie nicht imstanik^ gewesen waren, bessere nediiigmigeii für AtiuMi zn eireiclien." Ed. Meyer: ..Üi)er Kpikrates, ik'ii l''nhrer d(M- Gesandtschaft nacli Snsa, sprach (he Volksversamndiing sell)s( das Toik-s- urteil, weil ei' seine YoMmacht üherscliritten, die Bundesgenossen verraten und vom König (ieschenke angenommen hatte; sein Kollege Pliormisios dagegen wurde als konservativer Mann freigesproeiien." Die Anekdote des Hegesandros und Phitarch, die sich mit der Verurteihmg ck's Epikrates nicht vereinigen laßt, schiebt Ed. Meyer kurzerhand beiseite mit dem A'erdikt: „Die Anekdote . . . hat keinen Wert" (S. 269). Yerwunderlicii ist dabei freilich schon der Umstand, (hiß Pliormisios (wie Ed. Meyer mit Recht S. ;-ilü aus Deinarchos l,;i<s entnimmt) nicht verurteilt worden ist, während doch Aristeides ganz allgenu^in i)ehauptet: rwv Trttaärnov xareyviiiaar. Wie mir scheint, läßt sich nun aijer überhaupt beweisen, daß so ungerne auch die Athener den Königsfrieden angenommen haben Verurteilungen der Gesandten nicht erfolgt sind, die an seinem Zustandekommen mitgewirkt haben. Zwar das Stillschweigen Xenophons und Diodors beweist nichts, wohl al)er meines Erachtens die Art, wie Isükrates wenige Jahre später (38Ü) im Panegyrikos den Königsfrieden bespricht. In § 177 sagt er: (ho xal tojv nqsfJlifvaävTcu)' raLtrjv rijv eiQi]v7p' dixaCuic av xaTyyoooiitev, on xt'/.., worauf er ihr Sündenregister folgen läßt. Hätte Isokrates sich so ausdrücken können, wenn auch nur ein einziger der beim Königsfrieden kompromittierten Gesandten bereits hingerichtet oder auch nur in contumaciam zum Tode verurteilt worden wäre?

Zu den bisher bekannten Zeugnissen tritt nun das neue Philoclun-os- zitat hiuzu. Es lehrt uns, daß Epikrates im J. 392/1 durch das Psephisnui des Kallistratos von der athenischen Volksversammlung zusammen nut Andokides u. a. vemrteilt worden ist. Ist es nun möglich, daß derselbe Manu im J. 392/1 wegen nccganosoßeia verurteilt wird und wenige Jahre darauf doch neuerdings als Gesandter nach Persien geht? Ich denke, diese Erage stellen heißt sie beantworten. Wir haben einfach zu wählen: entweder die Angaben des Philochoros oder diejenigen des Aristeides- scholiasten müssen falsch sein. Ich glaube, die Wahl würde uns selbst dann nicht schwer fallen, wenn der Naclu-icht des Rhetors Aristeides. wonach die beim Königsfrieden beteihgien Gesandten verurteilt worden wären, nicht von vornherein gewichtige Bedenken entgegenstäiulcn. Der Atthidograph, der höchstens anderthalb Jahrhunderte nach den Ereignissen schreibt, und dessen Sorgfalt in chronologischen Dingen und in der Ver- wertung von urkundlichen Zeugnissen noch niemand mit Grund angezweifelt

(?2 Felix Stähelin,

liiit. \i'rili('nt imlu'tiini^t tleii ^'u^zug vor dein späten Sclioliasteii, der sicli aiicli scinst iicrade falsclio Kombiiiatidiicii und Mißverständnissp nach- wcislic'li hat zu Schulden koniincu hissen (vi;l. v. Wihiinnwitz. Aridut. 11 .S(; Aiini. 25, aueli ] 2()H Anni. .')).

Wie mir scheint, lösen sich die Schwierii^keiten aufs einfachste, wenn wir \on der irreführenden Künd)ination des Scludiasten absehen und das Philochorosfragnient zum Ausgangspunkt der Betrachtung machen. Daü Epikiates und seine Mitgesandteu durch einen Volksentscheid im Eisangelie- verfahren wegen naoanqeGßtia verurteilt worden sind, steht deninach fest; ebenso, daß sie sich der gerichtlichen Verurteilung durch freiwilliges Exil entzogen haben [ovx ('.TO/fftraiTß.- nv yoiatv). Auf diesen l'i'ozeß beziehe ich nun die Nachrichten über Epikrates, die wir der dcmosthenischen Rede neol rJ^ naoanohaßeiaQ verdanken. Indem Demostlienes den Kapital- prozeß des Epikrates als nachahmenswertes Beispiel aus früherer Zeit seinen Hörern vorführt, teilt er einige Stichworte aus dem Yerurteiluugs- dekrete mit. in denen wir. wie ich glaube, wörtliche Zitate aus dem Psephisnia des Kallistratos erblicken dürfen. Der Inhalt dieser Zitate fügt sich mindestens ebenso gut in die Situation des Jahres 3;)2/l ein als in die Zeit des Königsfriedens, der man sie bis jetzt zugewiesen hat. Üutei- den gvhuuxoi der Athener, die von den (iesandten scdlen verleunniet worden sein, sind die Argeier und Korinthier zu verstehen, denen damals am Scheitern der J''riedeusverhandlungen alles gelegen war. und gegen die sich auch Andokides in seiner h'riedensrede 21. 31 u. a.; mit scharfen Worten zu wenden Anlaß nahm. Was er und seine Mitgesandteu zuerst bei den \'erhandlungen in Sparta und dann l)ei der Beratung in der atheiuschen \'(dksversannnlung gegen Argos und Korinth vorbrachten, daiaus wird die Kriegspartei eine Ycrleunulung dieser Bundesgenossen herausgelesen haben. Der Vorwurf der Bestechlichkeit lag bei jeder Gesandtschaft damals nahe genug: in unserem Falle hatte er um so nu>hr für sich, als ein Friede unter den von Sparta angebotenen Bedingungen die athenische Politik duichaus an das Schlepptau der spartanischen gebracht haben würde.

Eine Differenz zwischen den Angaben des Philochoros untl den Re- miuiszeuzen des Demostlienes bleibt noch bestehen. Während Philochoros die Strafe der Gesandten als Veibanuung bezeichnet {e(fvydöi-v(jav hu/./.i- aiQcuov /p«i/Jar70c), spricht DenH)stlienes ausdrücklich von Todesstrafe {twv TTQsaßewv sxsivwv ii^isTc ih'cvcaor y.arsYvtors § 277). Ich glaube diesen Widers|)ruch auf folgende Art beseitigen zu können. Nach Philochoros entzogen sich die kompromittierten Gesandten dem Urteil durch die Flucht (oi'x vnoi.istvavTa< t)]v /oigiv). Auch Demostlienes sagt nirgends, daß das Todesurteil an l'^pikrates und seinen Genossen auch wirklich vollzogen worden sei, ja er scheint mit dem Ausdruck FxnkßsTv 280) anzudeuten, daß das Los der Verurteilten faktisch die \'erbaniuing. nicht der Tod

8

Die ijriechisriteu Historil-erfnuimente bei Didi/mof:. i)3

g-ewc!<(Mi ist. Das Toilesiirtcil ist alsd in (Miiitiiiuaciain (M-Iolt^t. als sich die Kdiiipi'omittierten bereits in i'roiwilliser Vei'l)aiiiiiiiii;- Ix'faiidi'U. Wenn der \()iiiei;ond(' Plüloelninistext statt dessen sa^t ((pvyddf-vaar kulXtciniäiuv yocapuvKK, so ist das tVeilicIi eine Uni'cnauii^keit des Ansdiiieks, tue man diesem Autor nur ungern zutrauen wird. Icii möchte (hii'ih' lieh(>r den Sciireiher unseres Textes oder seine unniittelhare \'()rhii;(' vci'antwortlich machen als den l'hilochoros selber.

Ich fasse iiocli einmal zusammen, was wir von den verschiedenen Prozessen des Epikrates wissen. Ein erstesnial stand er weisen iie- steciilichkeit vor Gericht und wurde ireigcsprochen (l^ys. "27,-1;. Das zweitemal mußte er sich vor einem Heliastengerichte wegen einer (iesandt- scliaftsreise verteidigen, auf der er sich der Unterschlagung und Bostech- liclikeit schuldig gemacht haben sollte. Der Ankläger war l^ysias. und der Schhiß der Anklagerede ist uns in dessen 27. Rede erhalten.^) Die Gesandtschaft, um die es sich dabei handelte, hatte ilin in nicht nähei- bestimmbarer Zeit, docli sicher während des korinthischen Krieges^), mit Phormisios zusammen nach dem persisclien Hofe geführt und ihm reiche Geschenke eingetragen. Es ist dieseli)e Reise, die Piaton in seinen //j>efff?ff.- znr Zielscheibe seines Spottes gemacht hat, dieselljc auch, auf die sicli die Anekdote des Hegesandros bezieht. Wäre das Resultat nicht abermals eine Freisprechung gewesen, so würde eine feinere Verwendung desselben Mannes als Mitglied der Gesandtscliaft nach Sparta undenkbar sein. Im Jahre 892/1 aber hat sich das Schicksal des Mannes erfüllt. Damals konnte er wie Andokides sich nur durch schleunige h'lucht dvr F]xekution des Todesurteils entziehen, das die athenische Volksversammlung nach einer Eisangelie, die KalUstratos wegen der Gesandtschaftsreise nach Sparta eingebracht, über ihn und seine Genossen verhängte. Eine späte Zeit, die keine Erinnerung mehr besaß an die resultatlos verlaufenen Friedens- verhandlungen, verwechselte den Frieden, der für die Gesandten so schlimme Folgen hatte, nut dem spätei' allein bekannten Königsfrieden von I5S(;. Diese Verweclisluug liegt bei Aristeides vor. und sein Scholiast hat mit falsclier Gelehrsamkeit die unrichtige Angabe des Rhetors zu stützen gesucht.

Noch in den Ekklesiazusen des Aristophanes wird auf den schönen Bart des Epikrates in einer Weise angespielt, die deutlich zeigt, daß er damals noch unangefochten in Athen gelebt haben nudo. Dieser Umstand verliilft uns nebenbei in sehr erwünsciiter AYeise zur sicheren chronologischen Fixierung der Ekklesiazusen, indem er uns die überlieferte Angabe be- stätigt, wonach das Stück an den Lenäen 392 aufgeführt worden ist. Die Überlieferung geht ebenfalls auf Philochoros zurück (Frg. J2.')): sie ist in jüngster Zeit namenthcli von Ed. Schwartz {Quaestiones ex historia Graec.a

l) Tiialheiiii u. a. U.

ti4 Felh: Stälielin,

mccidi quarti dcsuniptae, Iiulcaltcf. add. Rostock I.Sii3 p. l'i ff.) und lül. Meyer {<T. d. A. \ 243) verteidigt worden gegenüber modernen Versuchen, die Auffidirniigszeit in das Jahr 389 herahzuriicken. Jetzt ist die Kontroverse detinitiv im Sinne der genannten Gelehrten entscliieden. ')

Was endüch die Eiureihung des neuen Philocliorosfragmentes unter die bisher bekannten Zitate dieses Autors betrifft, so gehört es aufs engste zusammen mit dem Exzerpte, das der Hypotiiesis zur Friedensrede des Andokides zu Grunde liegt (Philoch. Frg. ]2öa. FHG. l\ GJfrtj. Dort lesen wii-, daü bei den Debatten in Athen auch spartanische Gesandte zu- gegen gewesen seien, die jedoch unverrichtetor Dinge zurückgekehrt seien. da Andokides die Athener niclit zur Ratifikation des Friedens habe l)e- wegen können.

Col. 7, (iö ff. wird Philochoros als Gewährsmann für einen F'rieden zitiert, den die Athener, ..durch die Söldnerwerbungen erschöpft und durch den laugen Krieg aufgerieljen". al)gesciilossen, und zu dessen Andenken sie den Altar der Eirene gestiftet hätten. Es ist derjenige i'^riede, der zur Aufstellung der l)ekannten Eirene-l'lutos-Statue des älteren Kephisodotos Anlaß gegel)en hat. Ich möchte darin lieber mit Ed. Meyer {0. d. A. V 397) u. A. den Frieden des Jahres 374 als mit Beloch {Gr. G. IT 3'.)6) denjenigen von 371 sehen. Denn einmal wird uns von Nepos. TimotJi. 2. 2 ausdrücklich überliefert, daß jene Stiftung den Separatfrieden zwischen Athen und Spai'ta \erewigen sollte: das ist aber eben der I'riede von 374. Sodann stellt es fest, daß später alljährlich der Göttin Eii'ene an einem der ersten Tage des attischen Jahres, dem 16. Hekatombaion, von den Strategen ein Opfer gebracht worden ist {ScJiol. Arisi. Pac. 1019: vgl. Dittenberger, St/ll.'^ (520, Z. 30). Nun hat Löschcke (bei Schäfer Dem. I- 55 Anm. 1) sehr ansprechend vermutet, daß im Datum dieses jährlichen Strategenopfers die Zeit der Ratifikation des Friedens festgehalten sei. Das kann aber nur für den Frieden von 374 zutreffen, niemals für den spätei'en. Denn dieser ist am 14. Skirophorion beschworen worden: ganz kurz darauf brach jedoch infolge der Ausschließung der Thebaner der Ivrieg wieder aus. und schon am 5. Hekatombaion fand die Schlacht bei Leuktra statt.'-) Der l(i. Hekatondiaion wäre demnach so ungeeignet als möglich gewesen als Datum für die Feier des F'riedens vom Jahre 371 v. Chr.

Col. 13. 44 ff. handelt von der Grenzregulierung der heihgen Flur (tsQc) ogyac) zu Eleusis. Der Text lautet in Übersetzung: ..Die Abgrenzung

1) Vor alliMii darf mau iiiclit mit Beloch, (rr. GescIi. U •23'2 A. •_', dem uurli Kirchner, l'rosop.Atf. 1 Nr. 4S.')ii folgt, die Kiviclesiazuseiistelle als Beweis dafür anfidireii, daß der Pro/.eß des Kpikrates uacli 389 stattgefimdeii lial)e. Im übrigen bedarf auch die Chronologie vnn Schwarfz und Ed. Meyer einer Revision auf (irinid des ueueu Philocliorosfragriiente.s. 2) Die üateu bei Piut., Affcsil 28.

10

Die grierhi gehen rTistorikerfraf/menfe hei Diih/mon. 65

der lioiligeii ürgas scscluili iin(or dein Aiclioii A])ollod()n)s (350-19), wie Phildclioros erzälilt. indem er .sclireilit. was folgt: ..Ais die Atiiener wegen dei- Al)grenziiug der heiligen Orgas mit den Megarern in Streit geraten waren, zogen sie unter Ephialtes dem Landwehrfcldlierni {(yrQarrjyovrwg enl ti^v x<"\'«»' hat Pliilochoros siclicr geschrieben, wie die Herausgeber anmerken), nach Megara und stellten che (irenzen der hl. Orgas fest. Grenzhevolhnäclitigte (ögiaTulj wurden, nachdem die ^legarcr eingewilligt hatten, der Hierophant I.akrateides und der Daduche Hierokleides, und sie erklärten die äußeren Teile rings um die Orgas (tuc eaxartac tac tisqI TTjV ögya^a) für geweiht gemäß dem Orakel: 'besser ist es, wenn man das Land frei läßt und nicht bebaut' ilwov xal äiieivov (Ivelat xa'i ftr] eQY(i^oi.tt'voi(Ji). und sie begi'enzten es rings mit Stelen nach dem Psephisnia des Philoki'ates". Die hier berührte Angelegenheit war für uns bis vor wenigen Jahren so gnt wie unbekannt. Die Demosthenesstellc, die unsern Kommentator veranlaßt, das Zitat aus Philociioros beiznluingen, sagt uns nichts weiter, als daß die Athener gegenüber den ., verfluchten" Megarern, die das hellige Feld besetzt hatten, den Beschluß faßten, ..auszuziehen, es zu hindern und es nicht zuzulassen" (13, 32 et nod; tov; xatuqärovc MeyccQf'uc eil.i)j(/iaaa!f a7Tor£i.ivoiiS]'ni>^ r*]v ooyäda, eitt'vat, y.co/.vdv, /i>) i7nio8TTeiv). Auch 3, 20 spielt Demosthenes mir kurz auf einen iiewaffneten Zug gegen die Megarer an (oli loi, amtpoormv ovtU ysrvat'.wy . . . ov6' enl HSV Koyir!)ioiK xcd Meyaotai dgirdüaruK onla noosvtG!}ai, 'PiXinnov d' edv /.tX). Diese Rede ist 349, also sehr bald nach dem Ereignisse gehalten. Es liegt hier einer der vielen Streitpunkte vor, deren periodisches Wiederauftreten in den verschiedensten Jahrhunderten der griechischen Politik einen so eigenartig konservativen Charakter aufprägt. Schon vor dem Ausbruch des peloponnesischen Krieges hat Perildes den Megarern genau dieselben Übergriffe vorwerfen müssen, die sie hier um die Mitte des 4. Jahrhunderts wiederholen: sogar die technischen Ausdrücke kehren buchstäblich wieder (Plut. Pei'. 30: dnuT^ireaOai %):v leqdv nqydda). Nach- dem man nun früher mit den Deniosthenesstellen nichts Rechtes anzufangen gewußt und sie teilweise gar auf die Zeiten des Perildes bezogen hatte (so Schäfer Dem. \V- 349 A. 3). ist unser Wissen über diese Angelegenheit durch einen inschriftlichen Fund im J. 1888 erhelilich bereichert worden. Damals veröffentlichte Philios eine umfangreiche Inscluift aus Eleusis, die jetzt in IG. IJ 104a und bei Dittenberger Sijll.'' 789 bequem zugänglich ist. Was sie uns gelehrt hat. wird nun durch das neue Philochoros- fragment in erwünschter Weise ergänzt, und ebenso dient jene Inschi'ift ihrerseits unserm Fragment zur besten Erläuterung. Die Inschrift, deren Anfang weggebrochen ist. enthält den zweiten Teil eines attischen Pse- phisnias. das (laut Zeile 11 ff.) vor dem Ki. Posideon 352' 1. also im Jahre 352 zum Beschluß erhoben worden ist. Es wiid darin eine Kom- mission von 15 Schiedsrichtern aufgestellt, die in Gegenwart des Basileus,

Beitrüge z. alten (jescUicbte V 1. 5

11

66 Felix Stähelin,

des Hierophaiiten. des Daduchen. der Keiykeii und der Enninlpiden die in A'erwirrung geratenen Grenzen der Orgas festsetzen soll. Ferner wird beschlossen, der Ratsschreiber solle je eine Ziuntafel mit einer der beiden folgenden Anfragen an das Orakel versehen: 1. Ob der Basileus die bis jetzt unbebauten Teile der Orgas verpachten dürfe. "J. ob die bis jetzt unbei)aut gebliei)enen Teile den eleusinischen (iöttinnon geweiht und auch fernerhin sollen uul)ebaut gelassen werden. Hierauf sollen die Tafeln zusauunengewickelt, mit Wolle nniliüllt und vermischt werden, dann die eine Tafel in einer goldenen, die andere in einer silbernen Urne ein- geschlossen und beide Urnen unter Siegel durch drei Abgeordnete nach Delphi gebracht werden: dort soll das Orakel angefragt werden, nach welcher der beiden Zinntafel-Inschriften die Athener handeln sollten, ob nach de!' in der goldnen Urne geborgnen oder nach der andern. Xun hatte sclion Foucart Bnll. corr. hell. 13. 433 ff. scharfsinnig vernnitet, das Orakel habe den Bescheid erteilt, die Orgas auch fernerhin unbebaut zu lassen: wie sich jetzt herausstellt, wird diese Vermutung durch unser Philochorosfragnient glänzend bestätigt.

Von Einzelheiten sei aus dem Psephisma noch erwähnt, dal.) nach Z. 19 f. unter den Mitgliedern einer zweiten neu geschaffenen Kommission, deren ständiger Obhut die heilige Orgas sowie die übrigen Heiligtümer des attischen Landes anvertraut werden, auch der aiourrjöc 6 im ti/v (fv/.axiv Ti'jc Z"J?«^" xexsiooroviji.ieroc sich befindet. Das reimt sich, wie Diels anmerkt, gut zu der Angabe des Philochoros. wonach gerade der aroairiyoc im riv y^jyar Ephialtes im Interesse der Orgas gegen Megara zu Felde gezogen ist.') Interessant ist ferner, daß in der Inschrift Z. Ö4f. außer der Aufzeichnung des vorliegenden Psephismas diejenige eines früheren, von Philokrates beantragten, angeordnet wird. Was jener frühere Entschluß enthielt, wußten wir bisher nicht: jetzt klärt uns Philochoros darüber auf, indem er sagt, daß auf Antrag des Philokrates {(tfdoxQc'aovc ehtorToc) die Fixierung der Grenze rings um die Orgas mittels steinerner Stelen durchgeführt worden sei. Die von Philochoros genannten Namen haben schon die Herausgeber des Papyrus und lörchner in den Addenda seiner Prosopographie näher liestinimt: Ephialtes ist der bekannte Demagoge, der 340 als Gesandter nach Persien ging und von dort angeblich Geld zu Bestechungszwecken nach Athen brachte. Der Hierophant Lakrateides wird bei Isaios 7. 0 im Jahre 353 als ueuernanntcr Inhaber dieser Priesterstelle erwähnt: ich erblicke in ihm einen Vorfahr des Lakrateides ^ojatociov 'Ixamsic, der um die AVende des 2. Jlidts. v. Chr. als tsoevi ifeoi' xai i^eüc xui EißovXe'wg das große eleusinische Relief gestiftet hat {'E(p. üqx- LS^St) TTt'r. 3. jetzt im Aluseum von Eleusis neu zusammengesetzt

1) Über deu öTifcatjyhc Ai; r?;i- /loiic.r überhaupt vgl. Aristot. '.-1^. jini.. til, 1; Ditteiibcryer, Sylloge- 481) Aniii. 1.

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Die grierhisrhen Historilcerfragmente hei Didi/nios, 67

von Heberdey iiiul Roic-liol). Sein Kolloide. (I(m- Üaduflii" lliorokloidos. iül sonst unbekannt: viollciclit darf man wcnifisti-iis die Ycinnitinii; waf^en. daß er ein Verwandter von Tlirasyplion. dem Sohne des Hicrokleides ans Xypete, gewesen sei. der in den i'Tder Jahren Besc-lilüsse ül)er Eh^nsis beantragt: Bitten herüei' Si/ll.- (>().') nnd IG. U 323 b, S: ei-steres ein Dekret (k'r Keryken und Euniolpiden. wodurch er als Glied eines dieser beiden angesehensten eleusinischen Priestergeschlechter erwiesen ist (vgl. Töpffer Ätt. Geneal. -ü). Philokrates endlich ist. wie die Herausgeber anmerken, zweifellos identisch mit dem Hagnnsier, der den ..philokrateischen" l-'rieden des Jaiires 84() gestiftet hat.

Über den Hergang der Sache selbst wird noch bei .Vnhib eines neuen Fragmentes tk^s Andrution 7.u reden sein.

col. M. Ifi ff. ..Philochoros erzählt unter dem Archontat des Lykiskos (3i4/3): Unter diesem schickte der Großkönig Gesandte nach Athen und verlangte, daß das ererbte Freundschaftsverhältnis erneuert werde {rijV (fi/.tar diat.isvetv eavriy ti^v TiarQioav): da antwortete man den Gesandten in Athen: das Freundschaftsverhältnis werde aufrecht erhalten bleiben, sofern der Großkönig nicht gegen die griechischen Stäche feindselig vor- gehe." Dieses Fragment bildet auch für uns einen erwünsciiten Kommentar zu der Demosthenesstelle, zu der es Didynios anführt, zu in. 34, Dort behauptet Demosthenes einerlei, ob diese Rede als ganzes echt oder ob sie aus Bestandteilen echtei' Reden zusammengeflickt ist (s. u.) der Perserkönig habe neuerdings den Athenern großartige Versprechungen gemacht, und es sei nicht seine (des Königs) Schuld, daß die Athener sie nicht angenommen, sondern verworfen hätten. Schon Beloch, Gr. Gesch. n (-)04 Aum. 1. hatte diese Stelle richtig interpretiert. Der stolze Ton der athenischen Antwort erinnert einigermaßen an den Bescheid, den die verbündeten Griechen l)ei einer früheren Gelegenheit'! dem Abgesandten der Satrapen erteilt hai)en. der sie, wie es scheint, zu gemeinsamem Vorgehen gegen den Großkönig bestimmen wollte: „Wenn der König Ruhe hält, die Hellenen nicht gegeneinander hetzt und keinen wie immer gearteten Versuch unternimmt, den von uns jetzt geschlossenen Frieden zunichte zu machen, so werden auch wir uns dem Könige gegenüber friedlich verhalten: wenn er aber gegen Teilnehmer unseres Friedens Ki'ieg füiirt oder ihnen in der Absicht diesen zu vereiteln. Schwierig- keiten bereitet, sei es er selbst in feindlicher Gesinnung gegen die Hellenen, die diesen Frieden geschlossen, sei es ein anderer in seinem Lande, so

1) Nach Wilhelin, .Tahretsh. d. ösierr. arch. Instituts III 145 ff. (teilweise luciili- tiziert Rh. M. 56, 571 ff"), der die Inschrift CIG 1118 /.uer.st ricliti^' Ijeliandelt hat, wäre dieser Bescheid im .1. SCvi Uiir/, nacli der Schlacht bei ilautiueia erteilt worden.

5* 13

68 Felix Stähelin,

werden wir uns alle vereint zur Wehr setzen, wie es des jetzt vereinbarten Friedens und unserer frühereu Taten würdit>- ist." Die Parallele mit unseren] Fall würde noch schlagender sein, wenn Ed. Meyer') Recht hätte mit der Annalime. daß dieser Bescheid nicht den Satrapen, die im Aufrulir gegen den Großkönig begriffen waren, sondern zuhanden des Königs selbst den Satrapen als seinen Beamten erteilt worden wäre. Wie dem auch sei. jedenfalls hat das Selbstbewußtsein der Athener seiue verdiente Strafe gefunden. War es doch übel genug angebracht in einer Zeit, da die Athener der persischen Hilfe gegen den viel näheren und daher gefährlicheren Feind Piiilipp von Makedonien chingend bedurften. Als sie im J. 340 den Ephialtes (s. o.) mit einem Uuterstützungsgesuch zu König Artaxer.xes sandten, wurde ihnen eine schroffe Ableliuung zuteil. Das königliche Schreiben scJiloß mit deu Worten: eym i5/ur xqvgiov ov duJam- fn'i /.le ahsPtf, ov yäi) XritpeaDe.'-) Der Zusammenhang dieser ver- letzenden Antwort mit der von Philochoros uns überlieferten Erklärung- der Athener liegt auf der Hand: es war die Quittung für den heraus- fordernden Ton. den sie vier Jahre früher dem König gegenüber an- geschlagen hatten.

col. 1. 13 ff. AVörthch angeführtes Fragment üi)ei- ilen Zug der Athener gegen Oreos im Skirophorion 341. Bietet sachlich so wenig neues wie

col. 1, FS ff., ein Fragment über den athenischen Zug gegen Eretria 341 0. Deutlich tritt hier wie sonst (z. B. in den bereits bekannten Fragmenten 132 und 135) die annahstische Form der Anordnung hervor.

col. 1,29 ff. und öl ff. sind weitere sehr verstümmelte Reste über die Geschichte der Jahre 341 0 und 340 39. All das ist einzureihen zwischen Frg. 134 und 135 unter den bislierigen Fragmenten.

col. 1, H9 ff. enthält einen Teil des bisherigen Fragmentes 135 (=^ Diou. Hai. ad. Anint. 11. p. 273 Usener-Raderm.}.

col. 10. 53 ff. wird uns ausführlich von einem Handstreiche berichtet, durch den sich Philipp während der Belagerung von Byzanz im Jahre 340 339 in deu Besitz einer großen Zahl von Handelsschiffen gesetzt liat. Es ist dasjenige Ereignis, wodurcli nadi der Auffassung des Demosthenes von Philipp der Krieg gegen Athen eröffnet worden ist: Demostli. IS. 72. 139. Philochoros erzählt, daß sich Cliares. der athenische Flottenführer im Bosporos, zu einer Konferenz mit den persischen Feldherrn wegbegeben

1) G. d. A. V 44:t. Xarh ihm lielc der Friedensschluß und die .\utwort an die Satrapen in das Jalir SGC.

•2) Aischines 3, 238. Vgl. Schäfer, DemosthJ II 483; Belocli, &r. G. II 549. Man braucht zur Erklärung der schrott'eu peisisclien Autwort jetzt also nicht mehr auf die von den Athenern verweigerte Watt'enhilfe gegen Ägypten zurückzugreifen.

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Die (jrieclihchen Tliatorihrfnujincntc Jiei Didymos. 69

habe. Diesen Ausenhlick hal)e IMiilipp Ijcnutzt. um trotz der Anweseuheit athenisclier Schiffe, die Chares hei Hienm ziirüclci;Tiasseii. Handelsschiffe zu kapern. Nachdem ein erstei- Versucli niißhini;cn. iiabe er Truppen ans asiatisciie Ufer nach Hienm aht;esetzt und sicli darauf der Handels- schiffe b(>inächlii;t. im ganzen 'l^W an der Zahl. Dann habe er eine Auslese i>etr()ffen (d. li. (he neutralen Schiffe freigelassen, wie Üiels erklärt), die Sciiiffe feindlicher Staaten aber habe er demoliert und das Holz zu Belanerunssmaschinen verwandt, anüerdem viel Getreide. Felle und sonstige Ladung gewonnen. Densellien Vorfall erzählt Justin 9, 1, 5 f., indem er ihn als für Pliilipp dringend erwünsclite Erholung nach der langen Belagerung von Byzanz darstellt. Die Anzahl der erbeuteten Schiffe betrug nach Justin 1 70. doch ist diese Ziffer sicher mit Üiels in 1^0 zu korrigieren. So viele waren es nämlich nach Theopomp, wie wir aus einem gleichfalls durch Didymos ül)erlieferten Fragmente wissen (s. u.). Die Differenz dieser Zahl mit der Zahl 230, die Philochoros bietet, erklärt Diels einleuchtend so, daß Philochoros die Gesamtzahl der gekaperten Schiffe angibt, Theopomp nur die Anzahl der behaltenen und demolierten Schiffe feindhclier Herkunft, nach Abzug der neutralen. Eine Andeutung dieser Kaperei liegt endHch bei Frontin Strat. 1. 4. 13 vor: Danach be- fanden sich außer byzantinischen auch rhodische und chiische Schiffe in der Meerenge. Die Rhodier und die ('hier hatten den belagerten Byzantiern gegen Philipp Unterstützung gesandt. Die Freigebung der byzantischen Schiffe soll Philipp nach Frontin a. a. 0. den Byzantiern eine Zeitlang vorgespiegelt haben in F'riedensunterhandlungen, die er angeknüpft hatte, um sie hinzuhalten. Unbekannt war es bis jetzt, daß Chares mit persischen Feldherrn in Verkehr stand. Wir wußten bis jetzt nur. daß das belagerte Perinth von persischen Satrapen gegen Philipp mit Söldnern. Proviant und Geld unterstützt und dadurch gerettet worden war (Paus. 1, 29, 10: Diod. IG, 75; Demosth. 11. ö: Arr. an. 2, 14, 5), und daß außerdem persische Hilfe auch den Thrakern gegen Philipp zuteil geworden war (AiT. a. a. 0.). Daß Chares durch seine Abwesenheit dem make- donischen Könige jene Kaperei ermöghcht hatte, wird mit zu den Punkten gehören, die man ihm vorwarf, indem mamseine Kriegsführung namentlich im Gegensatz zu derjenigen Phokions als völlig unzureichend und ziellos hinstellte (wovon ein Niederschlag bei Plut. Phokion 14).

col. 11. 37 ff., chronologisch das letzte der neuen Philochoroszitate, stimmt teilweise mit F'rg. 13ö überein. zeigt jedoch eine bemerkenswerte Divergenz am Schluß. Beide Rezensionen des Philochorostextes sind, wie Diels zeigt, unvollständig. So vermag der neue Text den bisher bekannten wenigstens teilweise zu ergänzen. Vor dem entscheidenden Kampfe, der Griechenland für immer unter die makedonische Herrschaft brachte, schickte

70 Felix Stähelin,

Philipp 339/8 Gesandte') nacli Tliel)en und stellte die Fordeniug, daß die Thebaner entgegen einem Amphiktionenbeschlusse die Therniopylenfestung Nikaia den Loki-ern abtreten sollten. Diesen Pnnkt hatten die Thebaner, während Philipp sich auf dem Skythenznge befand, besetzt und die make- donische Garnison verjagt. Den Gesandten Philipps antworteten die Thebaner zunächst, dali sie zur Regelung der Angelegenheit selber Gesandte zu Philipp schicken würden. [Da aber gleichzeitig Demosthenes als athenischer (iesandter anwesend war. beschlossen sie ein Bündnis mit Athen einzugehen (so zu ergänzen aus l'^rg. 135)] So weit Philochoros. A'ollständig neu ist es für uns. daß die Thebanei- im Jahre 339 Nikaia wieder besetzt hatten, das ihnen Philipp während des heiligen Krieges weggenommen und nach dem Frieden 34() den Thessalern zugewiesen hatte (vgl. Schäfer De»!.'- JI •2s.S). Übrigens hat den Tliei)ancrn der neuer- liche Besitz dieser Festung nichts genützt, (ieuu Philipp gelangte liekaniitlicii ohne Widerstand bis nach Flateia. Unverständlich ist die Bemerkung, daß Philippos verlangt habe, die Thebaner sollten entgegen tlem Am- phiktionenbeschluß Nikaia den Lokrern überüefern. unverständlich vor allem deshali), weil dieses Verlangen gerade von Mitgliedern der ani- phiktionischen Exekutivbehörde vertreten wird. Was nach der Unterwerfung der Phoker im J. 34ti die Amphiktionen über Nikaia beschlossen haben.

1) E.S waren Vertreter der Tbes.saler. .Ainianeii, Aitoler, Duluiier und Plitlüuten, also gioßenteils Mitglieder der delplii.schen Amiiliilctionie. Als Abgeordnete der Thessaler fungierten Tbrasydaids iiml Daoflios (Marsyas Frg. 7 liel Phit. Deniostli. IS), die gerade (lanials(seit Frülijalir 338)(lie Vertreter Thes.saliens im Hierouinemnnenrat der .\m]]liiktionie waren (Pomtow, Pauly-Wissowa IV 2(^83). Beide gehörten zu den von Pliilipj) in 'l'liessalien eingesetzten Tetrarclien; für 'Dirasydaios stellt dies fest dun-li Tlieopomp Frg. 23.5 [FEG l 317) bei Atli. C, p. l'49c\ für Daoclios durch eine der Ba.'ieninsrhriften der deli>lusc]ieu Tetrarolienstatuen 'Michel, liecveil d'inscr. gr. 1281 G, vgl. Preuner, Ein delphisches Weihgeschenh, Leipzig li)0O), die ilui zugleich als h^oftrljuwv (qitptxTi'lirwr bezeichnet. Die Tetrarcliien liatte Pliilipiios in ThessaUen als Verwaltungsljezirke eingerichtet. Daß sie vor Pliilipp als politische Eiuriclitung niclit l)e,standen hätten, hat (trotz der Zustiinuiuug S\voboda'.s;;,7a/i»-es/(. d. ösierr. Inst. (;, 2011 Anni. 43) Costauzi. Bivint« dt fiMogia 29, 447 fr. niclit bewiesen. In der Alke.'^tis 1154 legt Euripides dem Admetos als Anrede an sein Volk die Wurte in den Mund: äanui 61 naoij r" irrinc) rniic.iiyiu ar).. Diese Worte lieweisen docli wolil, chil.'. im Jahre 43S v. Chr. oder früher die Tetrarchie alsfpülitische Institution in Thessalien wirklich bestanden Jiat. Dazu kommt nocii der Anfang der erwälmten deliiliischen Tetrarcheninsclirift, wo ein Aknoiiios, [Sohn des Aparos, für die erste Hälfte des ,5. -liidts. als rf^ryfty/oc (■)tr,r,(0.i'jr bezeugt ist 'vgl. Homolle, BnU. corr. hell. 21, .i96;, eine Angabe, die icli gerade im Hinblick auf die Euripidesstelle weder mit Preuner a. a. 0. S. 13 als hloße'zweifelhafte B'annlientradition noch gar mit Costanzi S. 4G7 als Fälschung ansehen möchte. Später muß die Tetrarchie allerdings abgeschafft worden^sein (vielleicht durch lason's Tyrannis^. so daß sie Philipp doch aufs neue einrichete; Demosth. 9, 2G.

16

Die jjrtvchtsdioi llixUtVikcrfntipnente bei Didymos. 71

ist uns niflit ' üljerlicfort. JcdiMifalls JihIocIi kann dor BoschliiB wt'der I'liilipps Interessen znwiiler^elaufen sein noeh die Therniopylen- i'cstuns' den Tliebanern zugesprochen iiahen. Sonst konnte sie nicht un- mittelbar nucliher von i^hilipp den Tliessaiern abgetreten worden sein. Es wäre alles klar, wenn wir unter Annahme eines Schreiberirrtums in Z. 44 Qeiialoli statt AoxqnJc und, wie auch Blaß vorschlägt, in Z. 45 ■/.aru statt naou Säyiia lo lolv (ciKftxtvövov in i\vn Text setzen dürften. Dann würde Philipp im J. 33S einfach von den Thehanern die Her- stellung des Zustandes verlangt iiaben. den die Amphiktioncn im J. 34(i durch ihre bekanntlich durchaus in Philipps Interesse gefaßten Beschlüsse geschaffen liatten. Selbstverständlich ziehe ich diesen Vorschlag zurück, sobald jemand den überlieferten Text plausibel erklärt.

72

Polis und Urbs.

Vou Ernst Koriiemami.*)

Polis 1111(1 Urbs sind zwei iniuiltsschwere Begriffe für den Historiker der Antike. Denn etwas ganz anderes als in der inudernen bedeutet in der alten Geschichte die Stadt. Die hellenische Geschichte ist die Ge- schichte einzelner nöieic. nnd die Geschichte Italiens wird im Stiirineslauf zur Geschichte der urbs /.ar emotiv. Ob dort die Vielheit und hier bis zu einem gewissen Grade die Einheit herrscht, in beiden Fallen ist die Stadt die Trägerin aller historischen Entwicklung. Auch dann, als nach dem gewaltigen Eroberungszug Alexanders des Großen die Großstaatbildung am Mittelmeer anhebt und die imperialistische Idee die Antike ergreift, auch in dieser zweiten Epoche der geschichtlichen Entwicklung der Mittel- meervölker bleibt die Stadt das bedeutendste Glied an dem neuen Orga- nismus, nur daß sie nicht mehr die erste, sondern die zweite Instanz bildet. Cber ihr erhebt sich die Reichsgewalt, repräsentiert durch die Persönhchkeit des jeweiligen Machthabers. Ihr gegenüber beginnt ein allgenieiuer Nivellierungsprozeß, obwohl das Mittel der Freierkläruug bei hervorragenden hellenischen Volitien des Ostens wie des Westens, den Trägern einer altehrwürdigeii. uroUnrtigen Tradition, öfters angewandt wird. Die alte Herrlichkeit ist trotzdem vorbei: Milet und Ephesos. Athen und Korinth. Syrakus und Tarent, sie alle sinken zu Provinzialstädten lieral). Ein neuer Typus ersteht in den Haupt- und Residenzstädten der Reichs- herrscher: allen voran Alexaudrcia. Antiocheia, Perganion, später Rom, endlich Konstantinopel, die ihre Vorläufer haben in den Herrschersitzen der kleinen Potentaten oder Tyrannen des 4. Jahrhunderts, in dem Hali- karnaß des Mausollos und dem Syrakus der Dionyse. -) Diese neuen Herrscher-

1) Ein Vortrag-, gelialt^u ;iuf der Ihüleii.ser riiilologeiiversaujuiliiiig ,';ini 10. OktiibtT 190;3 (vgl. Verhundhmgen der -Ji. Vers, detitscher Phil und Schul- männer in Halle a.'S. S. lUi lai), in erweiterter Furiii.

2) Die ersten Anregungen zu Studien auf dieseni Getiiet iHiten die l'einsiunigen Aufsätze V(ui G. Ilirschfelii, Zirr Tjipologie firiechischer Ansiede{ungen im Altertum, Historische und jjhilologische Aufsätze Ernst Curlius gewidmet, Berlin 1S84 S. 3.')3ff.; Die Entmcklung des Stadthildeit in: Aus dem Orient'^ S. 317ff.: vgl. auch M. Erd- inaiiii. Zur Kunde der Jiellenisfifchen Stiidtcgründuvgcn, {'rogr. des protest. Gyinn. zu

1

Enifl Kornctiiann, Pol/s und ürhs. 73

metropolon übertreffen die übrigen Städte in allem und jedem, besomiers an äußerem Glanz und an Pracht der Bauten, an Reiciitum der Minorität ihrer Insassen wie an Armut der Majorität, endlich an Geschickiiciil^c^it der Massen, zu fanienzen und docli zu leben. Dagegen die .Vntonomie. das Köstlichste, was die Stadt der V(uhergehenden Epoche ausgezeichnet hatte, fehlt z. T. melir oder weniger gerade diesen Weltstädten mit der Zwingburg der Herrschei- in ihrem Innern. ^J Selbst die allmächtige Roma ist diesem Gesetz erlegen: sie ist der Sache wie dem Namen nach in einer Entwicklung, die mit Septimins Severus abschließt, zur lü'bs sacra, d. h. zur Kaiserstadt geworden-', zum prachtvoll ausgestatteten Ver- gnügungslokal größten Stils und zu einem riesigen Armen- und Vei- pflegungshaus für Proletarier aus aller Herren Länder. -'i

Es darf wohl als eine reizvolle Aufgabe bezeichnet werden, diese Entwicklung ins Riesenhafte und Ungesunde bis in die allerersten Anfänge zurück zu verfolgen. Das hatte Emil Kuhn schon gefühlt, als er seinem bekannten, grundlegenden Werk: Die städtische und hürgerlidic Verfassung des römischen Beiches bis auf die Zeiten Justinians (I. II: lSi;4 und isii.')) im Jahre INTS ein zweites folgen ließ unter dem Titel: tJber die Ent- stehung der Städte der Alten. Komenrerfassung und Synoil<ismos. Aber wie der Untertitel dieser Arbeit zeigt, handelt es sich hier nur um die Entstehungsgeschichte der griechischen Stadt, und in ähnlichei- Weise bevorzugt das ältere Werk die Verhältnisse des Römerreiches im helle- nistischen Orient, vernachlässigt ganz auffallend das Städtewesen Italiens und der westlichen Mittelmeerländer. mit anderen Worten: Kuhn hat für die Entwicklungsgeschichte der Polis eine brauchbare (irundlage geschaffen, dagegen für das außergriechische Siedelungs- und Städtewesen versagt er so gut wie ganz.

Nach Kuhn ist es dann wieder still geworden auf diesem Gebiet der Altertumsforschung, was doppelt auffällig ist, wenn man die Emsigkeit vergleicht, mit der den Wurzeln der zweiten großen \'erstädtischung Europas in der germanisch-romanischen Epoche seiner Entwicklung seitens der Eorscher über mittelalterliche Geschichte nachgegangen wird. Was Kulm zu tun übrig gelassen hatte, war fiii- Italien wenigstens die

Straßburg 1883. vor allen aticr Tlifinlor Si-lii-eiber, Vorbemerttungen zu einer Tijpolocjk der hellenistischen Stiidtci/rihuhinjjcn iu der Festschrift für Heinrich Kiepert tBerliu 1898) S 335— :W8, wo zum ersten Male in uiufauy:reic!ier Wei.se die literarischen Zeugnis.se ergänzt werden (hircli die Verarbeitung der an Ort und Stelle aut- geuomiueuen Stadtpläne und Stadtreste, des arcliäologiscüen und epigrapliisclieu Materials.

1) Vgl. dazu bezüglich Alexandriens meine Ausführungen iu den N. Jahrb. für (las Idass. Altertum, Jahrg. IHiH) S. 12:; Anni. 3, dazu Schreiber a. a. 0. S. 34:i Anni. 3.

■2) Otto Hirsi-bt'ehl, Böiii. Verw-Gesch. S. 294.

3) X. Julirb. fiir d. I<1. Altertum a. a. 0. S. 125.

74 Ernst Kornemann,

wissenscliaftliche AVelt von Heinrich Xisson zu (>rliiiffeii berechtigt, naclidcm dieser hervorragende Forscher durcii seine Untersuchung über Das Templum (lS6y) und seine Pompejanisclien Studien zur Städtekunde des Altertums (1877) sich als ausgezeichnet (juahfiziert und ausgerüstet für die Aufgabe erwiesen liatte. Die Erwartung steigerte sicli nocli, als 1883 der erste Band der Italisclien LandesJamde in der bekannten meister- haften Weise Land und freute zur üarstelhmg braciite. Nach langem Warten bescherte uns dann das Jahr r,)02 den zweiten I5and des Werkes, betitelt: Die Städte. Aber leider hat sich Nissen in diesem Band darauf beschränkt, eine Beschreibung der einzelnen itahschen Gemeinden, nach Landschaffen geurdnet, zu geben, indem er von der augnstischen Zeit ansgelit und von liier aus. soweit es (his Material gestattet. Rückblicke in die Vergangenbeit. Ausblicke in die Zukunft wirft. So hat die historische Topographie dei' einzelnen Siedelungen, danelien auch die der sie ver- bindendcu Straßenzüge eine brauchbare kritische Bearbeitung erfahren, und mau hätte nur nocli die Beigabe von S])ezialkarten für die einzelnen Landschafteu zur besseren Veranschaulichung der gewonnenen Resultate gewünscht. Dagegen das große Problem der Entstehung und des all- mählichen Weidens der' italischen' Statlt wird nur in der kmzeu Einleitung des Bandes und in der Darstellung der älteren stadtrömischen Entwicklung flüchtig berührt.') Diese Teile gehören aber meiner Ansicht nach zu den schwächsten des Bandes. Grundirrtümer der antiken wie der modernen Forschung werden da ohne genügende Kritik wiederholt, wie z. B. che Ansetzung des sogenannten servianischen Mauerrings in die Köuigszeit^), die Mommsensche Annahme von ursprünglicher Feldgemeinschaft und Samtwirtschaft auf italischem Boden -'j oder endlich die Inanspruchnahme der in der Poebene und anderswo in Italien gefundenen Pfahlbauansied- luugen der Bronzezeit für die Itahker^). eine Hypothese, die bekanntlich Heibig 5) in die deutsche Wissenschaft eingeführt hat: das letztere doppelt auffällig bei der sonstigen Vernachlässigung der F'orschungsarbeit der Italiener auf prähistorischem Gebiet, ß) Wer noch im Banne dieser Hypo- thesen steht, kann den Werdegang des italischen Siedeins und Städtebaues nicht zur Darstellung bringen. So harrt das Problem trotz Kuhn und Nissen noch der Lösung.

Die folgenden Blätter, die die Einleitung bilden sollen zu einer Reihe von Forschungen zum römischen Städtewesen, wollen zunächst versuchen, wenigstens in einem Punkte größere Klaiheit zu schaffen, nämlich be- züglich der Untei-schiede des altitalischen Siedelus und Wohnens gegen-

1) II. 1 S. 7— 15; S. ;34— 49 und 11. 2 S. 488-509. 2) II. 2 S.499ff.

3) II. 1 S. 2ö; vgl. dagegen Pöliliuanu, Gesch. den antikm Kommunismus und Sozialismus, II S. 449tt'. 4) II. 1 S. 10.

5) Die Tfaliker in der Poehene, 1879. G) Vgl- von Duhus Rezeusiiiii, 7M//,sW/«X(7.-Z///. vom 24. Jan. 1903 S. 223— 232.

Polis und Vrbs- "(^

flber (loiii gnecliischen oder, um es vom Standpunkt des Endresultates auszudrücken, sie wollen die unterscheidenden Merkmale der Urbs gegen- über der Polis zu erforschen sich bemühen.

I. Die Eiitsteliiiuar der griecliisclien Polis. ';

Die Griechen lebten da. \vn noch keine Städte gegründet wai'en. oder wo überhaupt die städtische Siedelungsweise nicht durchdrang, kurz da. wo der Stammveiband noch existierte, in der Regel in Dörfern: /aid Sri(.iovg, y.ara xwftag oder xcö/ir^ddr. -') Das Charakteristische an diesen Dörfern war, daß sie der Befestigung entbehrten. Nach Thukydides-') wohnten die Aetoler xarn xoifiac «Tftxiffroi'c, und mit dieser Überlieferung stimmen die Resultate der Ausgrabungon überein. ^) Der über den Dörfern stehende nächsthöhere Verband ist die Völkerschaft (w ei^roc): das Wohnen xaiä x(Oj(iac ist im .\nFang zugleich ein solches xax' Edvi^. \im der alt- griechischen Dorfgemeinde hat sich unter den Neueren \iir allen l'öhl- mann'') ein möglichst konkretes Bild zu machen versucht. Er verweist auf den ..ursprünglichen Zusammenhang zwischen (ieschlechtsverband und bäuerlicher Ansiedlungsgemeinde". indem er sich mit Aristoteles auf die Bezeichnung der Gemeindegenossen als onoyidic/.Tsg (Jlilchvettern) beruft und auch die gentilizische Bezeichnung attischer Demen zum Teil von hier aus erklären möchte. Die Dorfgemeinde dieser Art ist ihm ..die ursprüngliche Trägerin der wirtschaftlichen und sozialen Organisation des seßhaft gewordenen Volkes", und sie ..ist es gewesen, deren Beschluß die Art der Ansiedlung und Verteilung des Bodens bestimmte. Sie} liat nach festen Normen den Losanteil (xA;'ooc) der Genossen am Wohnareal und Ackerland, die Nutzung von Weide und Wald geregelt und "gewiß auch die Art und Weise des AVirtschaftsbetriebes ihrem 1 Einfluß unter-

1) Ich besrliränke inirli in (licsoin Kujiitel auf die Siazziermis: der Ihiiiiit- crgelMiisse der neueren For.schung seit Kulm, um eine Fdlie zu sewimien für das Bild der itali.sclien Stadtentwickhing.

2) Auch itarii .T(</.f(.- kuiiiiut vor, da .to/.;,- uis|iriniKlicli üleicldjedeuteiid ujit xdiin^ gebraudit wird, z. B. bei Tliuk. II 1.") von Altattika; vgl. auoli Tliul<. III KU, wo Ilolu als Eigeiiuanie für ein Dorf, den Vorort tier loUrisclien Völkerschaft der Hyaeer, begeguet. .Nach Philippsou (vgl. N. JaJirh. für Pädagogik 1903 S. 567) hat die Konzeutrieniug der Bevölkerung an den Quellen in (iriechecland zur Dort- siedlung gefülnt.

3) 111.94, 4, vgl. auch l..j u. (lassiiu. Was also Nissen {Teniplaui 8.90) vom Heer uud Lager der Griechen .sagt („sie suchten das Heer ulcht durch künstliche, sondern durch uatürliche Befestigungen zu schützen; denn man hielt die Deckung durch das Terrain für sicliever als diejenige durch Wall und Graben"), gilt auch von den Siedelungen.

4) Kd. Meyer, Gesch. des Alterl. II S. U;8, -2901'.; Furtwängler in der Berl. pliil. Wocheim-hr. 19. Sept. 1903 Sp. 1213.

5) Geschichte des antiken Kommioii.tmuf: v»d Sozialismus 1 S. 7ff.

76 Ernst Koriicmuim,

Worten, soweit es die ökoiioinische Tiiteresseni;ciiieiiisciiaft der Genossen und die dadnrcii liedin^te Gemeinsamkeit des Handelns irgend erforderte." Aber für ursprüngliche Feldgemeinsehaft oder gar Kollektivbesitz an (irund und iioden haben wir. wie Pöhlmann im einzelnen sehr spiiön nach- gewiesen hafi). auch in Griechenland keine Anhaltspunkte.

Die altgriechische Dorfgemeinde begegnet in der historischen Zeit nur noch im Innern des Peloponnes, bes. in Arkadien, in den westlichen Teilen von Mittelgriechenland, endlich im mittleren und westlichen Xord- hellas. soweit es von griechischen Stämmen bewohnt war.-) Hier hat sich ein Stück Althellas im Griechenland der historischen Zeit erhalten. Hier allein können die Verhältnisse der vorstädtischen Eipoche studiert werden. In den frühzeitig zu höherer Kultur vorgeschrittenen Küsten- ländern des östlichen Griechenlands, zu allererst vielleicht in den Kolonial- gebieten der kleinasiatischen Küste, die schon in der mykenischen Zeit von den Griechen okku]iiert wurde -^1. ist das Dorfsiedlungssystem im Laufe des griechischen .Mittelalters zugleich mit der Auflösung des Stamniverbandes überwunden worden, und zwar ist das in zwiefacher Weise geschehen: Ent- weder, es hat sich eine Anzahl nahgelegener Koinen zu einem ^'erband zusammengeschlossen, einem avdnji^ia avreattjxöi: r/. xw/icüv*), d. h. einer dörflichen Samtgemeinde mit vollkommener Gleichberechtigung der Einzel- gemeinden. Diese Fuvm hat sich namentlich da erhalten, wo ein größeres Heiligtum in einer Landschaft dominierte: denn, um mit C'urtiusS) zu reden. ..städtisches Wesen und Tempelmacht stehen überall im Gegensatz ziieinandei-." Solchen dörflichen Samtgemeinden begegnen wir in der marathonischen Tetrapolis, um das Heihgtum der eleusinischen Demeter*'), beim Tempel des Zeus Chrysaoreus in Karlen, um Thernion in Aetolien. in den drei um die Artemis Triklaria gruppierten offenen Urorten von Fatrai ' ) uiul last not least in Sparta, das immer eine solche dörfliche Samtgemeinde geblieben ist.*') Doch blieb diese Form die Ausnahme bezw. stellenweise nur DurchganKSstatlium. vor allem in den Küsten-

1) Ebda. S. Off.

•>) G. Fougeres, Manthiee et VAnticlie nricittalc (Paris 189S) S. '.i~2L bes. 374 Anm. 1. 3) Kd. .Mcyor, (iesch. d. AUert. II S. ^-HTfl.

4) Ausdrucksweise des Strabo XIV p. ßGO C.

.')• Vgl. E. ('urtius, Beiträge zur Gesell und Topographie Kleinasiens, Ahhand- hmgen der Berl. Ah: der Wiss. 1872 S. 17. (j) Ed. Meyer, ff. d. A. 11 S. 338.

7) Ül)er diese und andere Beispiele solcher Saintgemeindeu E. Curtius a. a. 0. S. iiff. und 16f: für das ileiligtam des Zeus Chrysaoreus ist die entscheidende Stelle Straljo XIV 25 j). ü&K für 'riiermon Polyl». V 8, 4.

5) Thukydides I. 10, •> von Sparta: xcrii xuifiag ((e tw jkOmiw d/s' EU.äSoi Tp/i.Tw tiJxiciihlnin: vi;l. auch die interessante Stelle desselben Schriftstellers: 1.5. 1: :i(joo7ilnrin-ztg Tth'/.tuir r.TfiyJaroii an) xaric muiit'X (nxovfih'aic, dazu C. AVaclismuth. Stadt Athen l S. 457 Anm. 1. Aus der Stelle erfaliren wir, daB auch diese xctrct xM/icg organisierten nliluc unbefestigt waren, was durch das Beisjiiel von Sparta bestätigt wird.

Polis und ürhs. 77

gobieten des ägäischen Meeres. In der Resiei war das Resultat keine Samtgemeinde, sondern eine einheitliciie Stadtgenieinde und zwar durch das bekannte Verfahren des Synoikisnios, (bis Strai)o bei Elis des näheren beschrieben hat.') i<]s iiandeif sicli (bibci. \vi(> iiekannt, nieiit um die faktisclie Zusanimensiedhnig dei' IJewuhnei- allci- einzugenieindenden Dörfer eines Stammes oder einer Landscliaft. sondern nur um die Konzentration der AVrwaltung des betreffenden Gebietes in der i)edeu1endsten Dorf- gemeinde, der Haupt-z(ö/(>/. gewölinlicii derjenigen, die am l'\iße des ge- meinsamen Schutzberges mit Ringwall, der sogenannten .\kro]iolis. gelegen war. Wo der Völkersehaftsverband noch bestand, wurde er natürlich durch diesen Akt vernichtet. Die Haupt-;<(ii/i?^ wurde eine autonome Gemeinde, die Polis, während die üi)rigen xäiiua gleichzeitig eine De- gradation erfuhren, insofern sie politisch abhängig wurden von der Polis. 2) Diese ältere l<'orm des Synoikismos bedeutete also, wie Ed. Meyer richtig gesehen hat^), nichts anderes als die Unterwerfung des flachen Landes unter ein neugeschaffenes städtisches Zentrum. Was so in Athen in sehr früher Zeit geschah, daß die Sage dafür den Stadt- grüuder Theseus schuf, erfolgte in Elis im Lichte der Geschichte bald nach den Perserkriegen (471/0-'). nocii später in Mantineia'^). durch Epaminondas erst in Megalopolis''), und nicht anders verfuhren die helle- nistischen Herrscher und die römischen Kaiser bei ihren Städtegründungen im Osten. Eine rückläutige Bewegung, dahingehend, das Land wieder neben die Stadt zu stellen, bedeutete die Reform des Kleisthenes in Attika. Dadurch, daß die Polis ebenso wie das Land in Denien zerlegt wurde uiul die städtischen und ländlichen Demen durch das System der Trittyen durcheinander gewürfelt wurden, ist Athen zum Aufgehen in Attika ge- zwungen worden. Das Gegenteil vom Synoikismos ist der Dioikismos, die Auflösung der Polis durch AViederselbständigmachung der ursprüng- lichen Dörfer; daher man technisch von xara /(ü/iac ötoixC^siv spricht.'') Beispiele solcher Rückbildungen sind Alt-Smyrna'*) nach der Vernichtung durch die Lyder, Mantineia^), auf außergriechischem Boden das ägyptische Theben, lö) "

1) Stralio VIII p. 33G, 337.

2) Einen ganz be.sonders tiefen Eiubliri< tun wir in diese N'erlialtnis.se bei ileu liypokuemldischen Lolcrern, vgl. W. Vi.scher, KJiciii. Mus. XXVI S. 79—89 (auch Kleine Hchrifteti \l) und Eil. Aleyer, FurscInmgeH zur alten Gesch. I S. ■i:)4f.

3; G. d. .4. 11 S. 331.

4) Strabo VII, .3, -2 j). 336; Diodnr Xi, hi; E. Curtius. Ber. rl. Berl. Ahtd. il. Wiss. 1895 S. 793—806: Ed. Meyer, G. d. A. III S. .^14.

5) Strabo ebda. p. 337, Xeu. Meli. V. 2: Ed. Meyer a.a.O. III 8.589 ülier die Zeit S. 5161; G. Fougere.s, Matitinee S. 372tf.

6) Pausan. VIII, 27; Ed. Meyer a.a.O. V S. 430 ff.

7) DeuiDstbenes, .Tf<H r/;,' 7r('.()(;n()ta,ific'.g 81: Diodor II 28, 7.

8) Strabo XIV 37 p. 646 C. fl) Polyb. IV 27, 6.

HO Strabo XVII 46 p. S16, dazu U. Wilckeu, Bonn. Jahrh.SH (1888) S. 245—7.

78 Ernst Kornemann,

Bezeichiieiul für den Uispniiij;- der Polis ans der xw/i»; (helxtatog Ist der Umstand, daß aucli die Stadt bei den Griechen znuäclist nicht befestigt war. viehiielir nnr die AkropoHs falls eine solche vorhanden war den nötigen Schntz gewährte.') Selbst Kolonisten, wie die lonier Kleinasiens, haben erst im (!. Jahrb. begonnen, ihre Städte zn nmmauern.-) Athen ist erst nach den l'erserkriegen ummauert worden. Gerade weil Athen zuvor mauerlos war. ist der Mauerbau des Themistokles ein Ereignis von (h'r allergrößten Bedeutung."') S])arta endlich, das als dörfliche Samt- genieinde bereits iiinter der allgemeinen Entwicklung zurückgebÜeben war, blieb manerlos i)is in di(> hellenistische Zeit.^l

Das ist in ganz allgemeinem Umrisse die Entwicklungsgeschichte der Polis. Es ergibt sich daraus, daß das Wesentliche an dem Begriffe der griechischen Stadt die Gemeindeantonomie ist, wie sie allerdings im Rahmen des Stammverbandes der xwiti^ sclnm zugekommen war. Die Mauer dagegen ist kein integrierender Bestandteil der griechischen Stadt: sie ist in Griechenland überall etwas Sekundäres.

11. Die Yorstädtisflipii Siedliinasfonneii dpr Italiker.

Das im vorstehenden in aller Kürze gezeichnete Bild von dem griechischen Siedeln und der griechischen Stadtentstehung ist in den Hauptzügen Gemeingut der Wissenschaft. Ganz anders, wenn wir den Blick von Griechenland hinüber nach Italien richten. Da gelien die An- sichten der Gelehrten schon gleich bei der Frage nach der uritalischen Siedluugsform weit auseinander: die einen halten auch die Italiker für

1) Für die .to/.k,- >;i'.t('; üMiuii ohui-idvct Ijezeugt das Tliukydide.s I ;'i, 1 aus- drücklicli. und demoutspreeheml ist die Mauedosigkeit von Sparta allbekannt. Von Elis heißt es ))ei Xen. Hell. III, 2, 27: r'ijr (U ttö/ji-, hr tl/icroi yi\(> i'/r, tviijiiaiiv xtI. Tliukydides I. 7. 1 und 8, '■'> lie/.eiolniet ausilrüeklich den Bau von Mauern bei Städten als etwas Sekundäres.

2) Herodot l 141 : "Iwn.: rÜ- tu,- i'/yurtji.r tiivtcii' i'.n-yi-r/JhiyTwr i',- ra^ rto/.ic«;, Tsi/fa re neuitßalorTo i-iraanu -^(ü avi't/.lyofzn etc.; I 163 am Ende; auch 1 ).'> und dazu H, Stein im Kommentar seiner Herodotansgabe; Nissen, Pompejanische Studien S. 583; Ed Meyer, Cr, d. A. II S, 296.

3) In der Frage der Befestigung Athens hat von Wilamowitz in der Haupt- sache das Kiclitige gesehen: Philologische TJntcrsvchungen I S. 07 ff. Anderer Ansicht sind Ed. Meyer, G.d.A. III S. 32;i: E. von Stern, Hermes 39, 1904, S. .>'iO, 4. Be- festigt war vor 480 in Athen nur die Akro])olis, alier auch diese Befestigung war verfallen. Wenn eine Mauer in der Zeit der Perserkriege Athen umgeben hätte, l)egriffe mau nicht, wie es Themistokles so leicht wurde, die Bürger zur Aufgabe der Stadt zu ))e\vegeu, begritfe man weiter nicht den (angeblichen, vgl, Beloch, Gr. Gesch. I S. 458, 2; von Stern, a. a. 0. S. .543ff.) Eiusin-uch Si)artas gegen den Mauerbau. Vgl. dazu auch ('. F. Lehmann, Beiträge II. S. ,'UÜ). Der Manerbau des Themistokles war etwas absolut Neues.

4) Fougeres, Mantinee S, 373 A, 1.

Polis und Urhs. 79

Dorfsicdler, wie die (Tricchen iiiul (iciiiiaiion oder wie alle indogoniiaiien')- andere dagegen erklären das Dorf für ein iinitalisclies Siedlungselenient und nehmen als das Primäre bei den Italikern den Einzelhof an.-) Die Lösung des Problems wird für Italien dadurch ungemein erschwert, daß sich schon in vor- l)ezw. frühliistorischer Zeit zwei fremde Kulturschichten über die altitalische gelagert haben: die etruskische im Norden und in den westlichen Teilen von Mittelitalien, die hellenische im Süden-'), die sich ihrerseits wiederum, namentlich die zweite die erste, beeinflußt haben. Endlich wirkt erschwerend das frühzeitig alles erdrückende Übergewicht Roms. Die Forschung muß also hier, wenn sie zu gesicherten Resultaten gelangen will, erst recht den Weg einschlagen, den auf griechischem Boden Kuhn gegangen ist, als er den zurückgebliebenen arkadischen und aetolischen Dorfstaat in den Vordergrund schob^), oder Curtius. der die Komen-Verbände um die uralten Tempelbezirke untersuchte^): mit anderen AYorten. es heißt auch hier in Italien sich wegwenden von der westlichen, der Kiütur-Seite Italiens und von den Ebenen hinein zu den umbrisch - saheUischen Bergvölkern des Innern, unter diesen, bei der bekannten Abhängigkeit der Unibrer von den Etrnskeru'^), vor allen zu den sabellischen Stämmen, die das italische Wesen am reinsten nodi auf lange hin repräsentieren. Hier kommt stellenweise nur die römisch- latlnische Beeinflussung noch in Betracht. L'm auch diesen Faktor möglichst aus der Rechnung auszuschalten, wird man gut tun, alles vom römisch -latinischen Siedlungs- und Verfassungsschema Abweichende in den Vordergrund zu rücken und für das sich Deckende die Möghchkeit römischen Imports, bis das Gegenteil bewiesen wird, zuzulassen.

1) Mumniseu, Staatsr. 11! S. l'iO; II. Weber, Beim. Agrargesch. S. 49— 52; Pölil- inaiiii, Anfänge Roms S. 31f., 36, 39 f., .'jS; A. Meitzei), Sieilehtng und Agranveseti I S. ■-'41 uud 2(57; Ed. Meyer, Gesch. des AUerhims II S. .t17 (dagegen 8.522: ,.I)eu Dorfbegriif keimt da.s ältere Rom nicht!"); Ni.sseii, Ilal. Landesk: II S. 9. Nacli Pöhhuann {Kommunismus S. 7) i.st das Dorfsiedeln allgemein indogermauisch, nach Ed. Meyer, (ff. d. A. II 294f.) iiiclit nur allgemein indogermaniseli, sondern l)ei den meisten primitiven Stämmen das I^rimäre; vgl. dagegen den Nachweis des Eiuzelliot'system.s Ijei den Kelten ilurcli Meitzen a. a. 0. I S. 178ft'. (in Irland), S. 224ff. (in Gallien). Msseu nimmt eine Zwischenstellung ein. .Xeben der oljen anget'üJirten Stelle muß man aiu-h LandesJc. H S. 13 ins .\uge fassen: „um endlich das Bild der Besiedlung Italiens zu vervollständigen, bleibt noch zu erwähnen, daß außer den befestigten und unbefestigten Dörfern seit alters /.erstreute Gnts- liöfe begegnen."

2) Rudorff, Feldmesser II S. 238f.; Marquardt, Röm.l Slaatsverw. I S. 3f ; Schulten, Philologus 53 S. 656, welch' letzterer allerdings nur für einzelne Stämme das Einzelbofsystem annimmt, für andere (s. S. 659) dagegen die Dorfsiedlung.

3) Nissen, Pompejan. Studien S. 584; Landesk. II S. 7, 18, 41 und 48.

4) Entstehung der Städte der Alten S. 10.

5) In der S. 7ii Anm. 5 zitierten Abhandlung. 6) Nissen, Landesk. II S. 18.

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80 Ernst Kornemann,

Das Vprstänclnis dos altitalischen Siedeliis und Wohnt'os hängt meiner Aiisielit nach ah von tlev möghchst allseitit;en Erfassung zweier Justitu- tionen, einmal ck's vorstädtischen pagus und dann dessen, was die Itahker ursprünglich unter einem oppidiim verstanden liaben.')

Bezügh'cli der Etymologie des Worts p(t</iis werden wohl am ehesten die Recht haiiiMi. die es zu dei- Sippe ^wa, pacisri, pangei'e gesellen.^) Den Ausgangspunkt für den Begriff bildet die Heiligkeit der Grenze, der (rrenzfriede.^j Zur Erhaltung der heiligen (irenze sind alle innerhall) derselben Wohnenden zu einem religiösen und politischen Ganzen ver- =>inigt. Die Grenze, in der Regel keine Linie, sondern ein Streifen Landes, ist entweder eine natürliche oder, wo diese fehlt, eine künstliche durch Gebücke oder Landwehren: die Erinnerung daran lebt fort im ager anifiniits.'^) Der Begriff knüpft also an die Peripherie, nicht an ein lokales Zentrum an: er ist ein eminent territorialer Terminus.-^) über die Art des Wohnens der Italiker innerhalb dos pagxis ist damit gar nichts gesagt. Konsultieren wir wiederum die Sprache, so bietet sich uns sofort der Begriff vicus dar. Vieris ist griechisch ol/.og^ also ursprünglich das Haus oder das Gehöft *"), wofür später auch i^illa gebraucht wird"), als vicus eine Bedeutungserwoiterung erfahren bat. nämlich den Häuser- komplex, sowohl in der Stadt wie auf dem Lande, bezeichnet.**) Das

1) Ich .stelle inicli düniit, was die .Methode Ijetrift't, in iliaiiietraleii (iegensatz zu Nissen, der eiii.st im Teniplum S. 5.'» schrieb: „Eine riitiT.viu-hiuig über antike Stadtanlage und -verfassinis darf iiiuiit beginnen not dem Versuch, (Ue Genesis von Stadt und Staat zu verfolgen, noch ilie f^lemente naelizuweisen, aus denen lieith' entstanden sind. Sie hut vielnielir auszugehen von der voll unil t'ertifi da- stehenden Form." loh vermute, ilaLl der Inieliverdiente Forseher heute, nachdem er die Pomyejanischen Studie» und die Italische Landeskunde geschrieben hat, selbst diese Sätze nicht mehr aufrecht erhalten wird.

2) Kudoi-ff, Feldmesser II S. 23i): Nissen, Lnndeslxuiide II S. Sf.

3) Nissen a. a. 0. S. 9. Wenn auch die Znsammenstellung von piujus mit paginn richtig ist, so ist, wie paj/iiin. auch pai/us der 'l'eil eines Ganzen, d. li. eine Teilgenieinde innerhalb der N'ölkerschaft, was aucli in der Bezeichnung pars Peltuinatium (CIL. IX 34ü(i, 3430) dentlich /.n Tage tritt.

4) Nissen, Lundesk. II S. 12.

■i) Darauf weist auch die spätere Übertragung des Wortes auf die territorial recht ausgedehnten Teilbezirke der gallischen Volksgemeinden hin, darüber mein Buch: Zitr Sfadteitlstehiiiig in den ehemals kellisclien u. german. Gebieten des Römer- reichs S. 7ff. i;) Rudorft', Feldmesser II S. 239.

7) Plinius Kut. hist.X\X. öu bezeugt, daü villa in den Zwölftafeln noch uiclit vorkommt, daß vielmehr hortus hier den Bauernhof bezeiclinet. Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. 11 S. .')22, Pöhlmann, Kommunismus 11 S. 4t;0.

8) Eine ähnliche Bedeutuugsentwickluug hat co/o>t/a durchgemacht: ilas Wort bezeichnet auch ursprünglich die Bauernhnfe und den dazu gehörigen Bauernliof, später erst die Bauerugemeinde, darüber meine Ausfiihrnngeu bei Pauly -Wissowa RE. IV Sp. 012, Pöhlmann, Kommunismus II S. 4ü2 (beidemale Pdleudk gegen die falsche .Vuffassuiig Mommsens, Staatsr. III S. 2i;. 7'J3, auch 77iv.

y

Polis und Urhs. ^l

Gegenstück zu vicns ist fnndus, der dem Einzelnen ocliörige Grund und Boden, das Gut im Gegensatz zu Haus und Hof.') Auf dem fimdus beruht bei dem Italiker die Klureinteilung: denn die Bewirtsrliaftung ist bei ihm nicht geuossenschaftiicli. sondern iiidividual.-)

Bei dieser Sachlage nun können die vki zerstreut erbaut sein oder in Gruppen, zu Weilern vereinigt.-'') In beiden Fällen ist der altitalische vicus, um mit Schulten*) zu reden. ..nur der Wohnsitz der Possessoren. nicht etwa wie das germanische Dorf') ein staatliches und agi'arrecht- liches Institut". Das ist das entscheidende: dem Italiker fehlt, wie das Wort Dorf, so auch die Sache, wenigstens im Rechtssinn. Die unterste administrative Einheit ist auf italischem Boden in der vorstädtischen Zeit der pagus.^) Wenn später in der Epoche der Städte Rom einer italischen

1) Über fuiidu.s AVeber, Rom. Agrargeschichte S. 82ff.

2) Schulten, Phüologv.s Wi S. tJ40: vgl. Weber a. a. 0. S. 104.

3) Daher erklärt sich das Schwanken ini-serer Quellen, die bald von Kiuzel- höfen (i'illae) bei den Italikern .sprechen (liivius XXII 14. 1 und 8), bald von vici m\d vicatim (:fv)/irj<iöv)-S\eddn (biv. IX 13. 7, .3S. 1, X IT. "i, Plutarch. Romulns IC, Strabo V 3. 1 p. 228 C, 4. 12 p. 250 C. usw.), bald von Ijeiden nebeneinander (Dionys I 9.: awittjAor xc) a:ii)ui':St4. Livius II (52: noti rillarum modo sed etiani vicorum). Bei all diesen Quellenzeugnissen inuL'. man aber im Auge bebalten, wie relativ jung sie sind. Dazu kommt, daß bei den Griechen üojfai<Wjv oder ^fcn) xiofing (nöletq) mit und ohne den Zusatz äztt/Jmovc im Grund nur negativen Wert bat. d. h. da.s nichtstädtiscbe Siedeln und Wohnen andeuten soll. Polybios (II 17) gebraucht dieselben .ausdrücke von den Kelten der Poebene und Strabo (II 1. 11. p. ISO C.) von den Allobrogern, obw-ohl wir seit Meitzens Forschungen, wenn irgendwo, so bei den Kelten das Hofsiedlungssystem als das ursprüngliche an- nehmen dürfen, vgl. mein fiucli: Zur Sladfentstehwtig in d. ehenuih keif. u. gerni. Geb. d. BömerreicJis S. Ift'. Wer auf Grund jener griechischen Quellenstellen dörf- liches Wohnen der Italiker annimmt, muß fulgericbtig aus den Worten des Livius (XXXI 30. l'): quondam pagatim liuhitantes in parvis Ulis casteUis vicisque (vgl. ebda. 2i;. 10) auf paganes Wuhnen der .A.ttiker scldießen. Die antiken .Autoren unterscheiden nur städtisches und nicbtstädtisches Siedeln, und das letztere gesclueht nach griechischer Anschauung nach xu\ui'.i (xwßtidor). nach italischer nach 2>agi {pagatim). Gebraucht der lateiinsche Autor statt pagaiim: mcatim, so geschieht das ursprünglich unter dem Einfluß des griechischen hcjidjAIiv. Wenn Dionys II 49 an einer Stelle, die von den Sabinern handelt, obwohl kurz zuvor Cato zitiert wird, von .-rö/.f/,' spricht, ;■'>■ i'.u nlxHr i:rn/JaTou. so verrät schon der zugesetzte Relativsatz, daß der Grieche hier seine Anschauungen hineingetragen hat; vgl. die oben angeführte Stelle bei demselben Dionys (I 9, von den Aboriginern: unv Tir/wv xwiDjiioy Xfü a:inijn(\e.:i.

4) Philologus .')3 S. (i.JGf. In diesem Aufsatz ist das über den italischen vicus Gesagte das Beste, nur hat Schulten seine Gedanken nicht konsequent zu Ende gedacht. Nach ihm siedeln schließlich einzelne italische Stämme doch nach Dörfern und das mit Rücksicht auf die unvollständige Stelle bei Festus (p. 871 M.), aus welcher Stelle Pöhlmann (Anfänge Roms S. .iS, 2) gerade den entgegengesetzten Schluß zieht: vgl. aber auch Mummsen, Sfaatsr. III S. 121, .").

ö) Oder wie das griechische, dürfen wir hinzusetzen. 6) So auch Schulten a. a. 0. S. 6351".

Beiträge z. alten Geschichte VI. 6

10

82 Ernst Kornemann,

Gemeinde das Stadtreclit entzielit, wie z. B. C'apua im hannibalist-hen Krieg'), so treten die pacji wieder zu Tage und üliernehnien. wie in Griechen- land die y.u')iiat, die Pflicliten der städtischen Verwaltung.

Dem pagus der Urzeit stehen noch naher manche jxuji bei den italischen Bergvölkern des Innern, wo sie noch niclit zu Flurbezirken von Städten, wie in Gegenden mit einer stärker fortgeschrittenen Entwick- lung, z. B. in Latiuni. herabgesunken sind-|. sondern noch neben den Stadtgemeinden in einer gewissen Selbständigkeit sich erhalten haben. So gehört zum Territorium von Benevent ein pagus Veianus''). dessen Singularität noch in den späteren Zeiten daraus erhellt, dalj an seiner Spitze ein an-ator steht, der zugleich dvcurio von Beneveut ist.^) Im Faelignerland faßt der Stadtrat von Corfinium, der sich stolz Senat nennt, einen Beschluß^), ntei pequniam pojndo pagch retribuertnt. Hier stehen ■populiis und pagi noch nebeneinander. Der pjopmliis sind che Cortinienses. die eigentliche Stadtgemeinde, die pufn die dazu gehörigen Landgemeinden. Eine Anzahl solcher pufji bei den Paelignern kennen wir aus den In- schriften und sonsther mit Xanien. die auf die drei Stadtgemeindeu dieses Stammes. Corfinium. Sulnio und Superaequum sich verteilten*^), so den pagus Lavernae''), den ^«((/((s Intei-prommus'^), einen pagus unbekannten Namens^), den 2;«^2(s Fete^fewns'"). den ja i?oe(/m?ts"). endlich den j^. Fa- hiunns. ^'-) Alle diese und ähnliche pagi aus den zurückgebliebenen Teilen Italiens im Innern haben eine vollkommene Gemeindeorganisation, eine Gemeindeversammlung, die Beschlüsse faßt = pagi decreta^'-''). ja ein- mal begegnet sogar eine Art Gemeinderat im ^jrtf/Hs'*). dazu Beamte, ucdiles oder magistri, und zwar hat der pagus unbekannten Namens von Superaequum an seiner Spitze drei aediles^''), der pagus Lavernat magistri

1) CIL. X p. 366s<|.

•2) Über die ;;«^;' als Flurlir/.irki' der Städte vgl. .Moiniiiseii, Sfantf.-)-. III S. lliiff.

3) CIL. IX 1.W3.

4) Zu (leiu Decuriuuat dieses paijaiivs in Benevent vgl. die Inscinift CIL. I.K 3()o8, wo ein decnrio 2»'imus a Beti fiilo, oW'euba.r in der paelignisclien Stadttreineiude Sidiuo. eiwähut wird. j) CIL. IX 3173.

(i) Vgl. über die mögliche Verteilung .M. Hesnier, De regione Paelignorum, Paris 190-i S. 114 bis 127 mit Karte.

7) CIL. IX 3137 und 3138. Plutarcli, Stdla G. S) CIL. IX 304n.

9) CIL. IX 3312, vgl. 3314 ii. 8316. 10) CIL. IX 330:).

11) CIL. IX 3311.. 12) Plin., Nat. Eist. XVII 3:,().

13) Z. B. CIL. IX 3137 und 3138.

14) CIL. IX 726 aus Larinum: mag(ister) //(agil de del(ectoru>n) s(etitentia).

15) CIL. IX 3312; drei .Aedilen treffen wir auch in den aus eliemaligeu puyi hervorgegangenen praefecturae Arpiuum, Formiae und Fnndi: CIL. X p. i>M, 6Ü3, 617, vgl. Nissen, Landeskioide II S. ö71, zwei dagegen in der praefecfura Aniiternina {CIL. IX 4182). In den Piiifektureii gibt es stelleuweise auch praefecti in der Dreizalil. so in Luceria in .\pulien (CIL IX SOU), während .\ufidena in Sarauium wieder zwei Beamte dieser .\rt aufzuweisen hat {CIL. IX 2802;.

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Polis lind Urhs. ■'^3

zunächst in der Drci-'l. später in licr Vicizaiil. -) Dancijcn iict;('i;n('ii auch Beanitf in der Kinzalil."') Zweierlei ist hierbei meiner Ansicht nach zu lieaciiten: eiiunal. (lal.'i Ae(iil(Mi in diesen pagi vurkünniM'n. inid daß diesen die i'riuritiit vnr den iiuiijlstri zukommt, die aucii nncli in den zu i'lnrlx'zirken der Stadt heral)g'osunkeiieu ixttji auftreten, und zweitens daß manche, uft (üe äUeren Inschriften Beamte in (k-r Kin- und Dreizaiii aid'weisen. Während die Zwei- und Vierzahi sicii offenbar als Ani)assuni;-en an (las römisch-republikanische Schema darstellen, scheinen die ungeraden Zahlen v(m IJeamten. namentlich die DreizahH . altitalisch zu sein, und da ist es von Wichtii^keit für unsere Beweisführung, hervorzuheben, daß auch gerade der pai/iis, die uritalischc Siedlungsform, dieses Schema bewahrt hat. Im lilirigen re[)räsentieren natürlich die meisten auch der besprochenen 2)agi schon ein sehr vorgeschrittenes Stadium ihrer Entwicklung: das zeigt sich vor allem in dem durchaus quasi-städtischen Charakter dieser Temtorialgemeinden inbezug auf dii' Ausstattung mit Bauten. Der j/cigiis Lavernae hat ein Theater''), einen Tempel der Bona Dea*'). auch ist er, wie es sclieint. ummauert^ i. in der Inschrift des nnbeuaunten pagus im Paeligncrland wiicl von der Herstellung eines öffentlichen Springbrunnens gesprochen ä). der pag^is Tnttrprominm besitzt ein Amphitheater und ein ponderarimn'') und dieser selbe pugiis Inteiyruminus erscheint später im Itinerariiim Antoniiii^") als vkiis Interprumium. Das letztere ist typisch: Die pagi haben sich schließlich nach dem Vorbild der Städte in einer Ortschaft konzentriert. Diese Ortschaft der ehemalige Hanptweiler des Gaues hat vollkommen (luasistädtisches Anssehen und wird als vinis bezeichnet. Während also in den Ebenen und überhaupt den fort- geschrittenen Teilen des italischen Westens und Südens in der unmittelbaren Nälie der Städte häufig städtische Flurbezirke ans den altitalisciien pagi geworden sind, sehen wir in den abgelegenen Gebirgstälern des Innern

1) CIL. IX 3137; die liisclirift ist, wie ilie Sprache zeitft. älter als 3138 Drei magistri aulJerdeai CIL. IX 3440 (Peltuinum), ö0.j2 (Piceuum).

2) CIL IX 3138: dazu elxia. 3521 (Furfo: Vestiuer|.

3) Singular ist allerdings bis jetzt der Kiuzeldädil in Foruiiae, CIL. X ijoi,'), OOIG, 6111, uft'eiibar dann eintretend, wenn zu der liöchsten Magistratur die zensorisclie Gewalt hinzukam, GOl.';: aedil/s quinquetinalis suliis. Häutiger ist der Kinzelpnifekt, sn in l^undi nacli der Tessera CIL. X 6-231 (aus der Zeit vor dein Buudesgennssenkrieg), in .Amiteruuui, wenn die insclivift CIL. IX 4204 dahin gehört; in Cluhrae [CIL. X G490) wird C. Üppius noch in der Ivaiserzeit bezeichnet als pagi magisster, idem praefectus Uhibris; vgl. auch CIL. IX 72(j (aus barinuiu). Allerdings ist die Möglichkeit nicht ausgescldossen, daß einer uder der andere dieser Fieamteu einer aus einem Kollegium ist, der nur zufällig allein auftritt.

4) Cljer das Vorherrschen der Dreizahl auf italischem Boden vgl. zuletzt Holzapfel, Beiträge I S. 245 ff. und S. 2.^3. 5) CIL. IX 3137.

6) CIL. IX 3138. 7) S. die zuletzt angefülnte Inschrift.

8) CIL. IX 3312. 9) CIL. IX mHi.

10) Ed. Parthey und Pinder p. 47.

6* 12

84 Ernst Kornemann,

sich Dorfschaften daraus entwickeln, die z. T. zn praeffidurae, schließlicli zu Vollgemeinden geworden sind. Die örtliche Siedhingsform hat also auch hier schließlich die territoriale überwunden und die pagane Aduiini- stration ist durch die lokale ersetzt worden. Übergangsstadien repräsen- tieren uns Inschriften wie CIL. IX 3521. wonach im viciis Furfo inag(istri) pacji eine Arbeit ausführen de v(ici) oder v(kanorum) s(ententin), und ähnhch ist es wohl bei einem vkus des 2^ffßfs Fifimlanus bei Peltuinum, wo nach CIL. IX 3574 }var/ist[7-]es (pac/i? vgl. 3578) ein Werk vollenden de veci s[entent'ia\ Der Übergang der ursprünglich paganeu Verwaltung auf die örtlichen Siedlungen wird auch durch das Vorkommen von Aedilen an der Spitze der vki^) und der daraus entstandenen ^-'J'fle/erfurae bewiesen-): im vkus Supinum im Marserland begegnen sogar quaestores.'^) Von hier aus verstehen Avir nun, wenn unsere relativ späten literarischen Quellen, besonders die griechischen, vom Dorfsiedeln bei den Italikern sprechen^): vom Standpunkt der eignen Zeit w^ar das nicht falsch; aber in der älteren Epoche gab es vielleicht wohl faktisch, nicht aber im Rechtssinn Dörfer in Italien. Wie die xü/irj bei den Griechen, ist der pagrts bei den Italikern die älteste Siedlungsform und zugleich die unterste Verwaltungseinheit innerhalb der Völkerschaft.

Die Frage ist nun, ob in Italien in der Regel auf dem vorhin an- gedeuteten Weg, nämlich aus dem paganen Territorium durch Konzentration der ursprünglich im Gau zerstreut wohnenden Bevölkerung, die Stadt entstanden ist. Der Versuch, diese I'rage zu beantworten, führt uns auf das zweite Problem der italischen Siedlungsgeschichte, die Institution des oppidum.

Opjpklum ist vielleicht der älteste Terminus für Stadt bei den Römern. Aber bedeutet es wirklich von vornherein Stadt? Die Etymologie des Wortes ist wie bei payus dunkel. Soviel ist sichei-, wie auch ein Kenner, wie Wölfflin, betont hat''), daß der Begriff nicht von der Masse der Häuser, sondern von der diese umgebenden Befestigung ausgeht. Nichts beweist das so schlagend, wie die bekannte Stelle bei Caesar, hell. yaü. V

1) Für den vicus Furfo vgl. CIL. IX 3513 u. 34.3.^. •_') Vgl. S. 83 Aiun. 3.

3) CIL. IX 3840; der licns Aequindi (CIL. IX 4131) bat magistri i. d. an der Spitze: CIL. IX 41^0. Aber dies weist deutlich auf (|uasi.städtische Organisatioi) dieser Ciemeiudeu hin. Bemerken möclite ich iiocli. ilaß bei vielen der örtlichen Siedhnigen die Erhebung über die pagane Administration durch das Vurhandeusein eines lokalen Heiligtums sich erklärt. Fnrl'o ist um den dortigen .Iupiteitemi)el, Supinum (Supinas) nm ein Heiligtum des Herkules entstanden. Diese Heiligtümer laden die Mensclien ein, sich diclifer um dieselben an/.usieileln: so entstand ein umfangreicher !vV».s- neben dem heiligen Bezirk innerhalb des paijus, der rinis wurde faktisch zu einm- kleinen Stadt: kein Wunder, daß dann die neue i"kale Administration der alten des jjaganen 'J'erritorinms ilen Rang ablief

4) S. üben S. 81 A. 3.

.">) Archiv für hä. Lcxig. ii. (iraiinti. VI, 1889 S. i;i.')f

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Polis und ürhs. 85

21, '^^^. oppuhon aulem Britanni vomnt cum. silvas impeditas vallo atque fossa munierimf, quo incursionis hostium vüundae causa convenire con- suerunt.^) lliei- ist aiigensclicinlicli mit oppidum ein kcitisclies Wort übersetzt, das iinsoreni (Icutsclicii Worte .,Biirji" etwa eiits|)richt. Wenn aber oppidum ursprüiiKlieii die Befestigung- bedeutet und nicht den be- festigten Raum, so übersetzt Wölfflin'-'^ das Aclverbium oppido, das nicht mit Verrius Flaccus als ein Dativ, sondein vielmehr als ein Ablativ auf- zufassen ist. ganz richtig mit „fest". Wölfflin iiätte nocli auf die Tatsache hinweisen können, daß auch die Schranken im Zirkus oppidum heißen.'')

Von der Befestigung ist oppidum dann auf den befestigten Raum übertragen wortlen. Damit kommen wir zu einem zweiten Charakteristikum des altitalischen oppidum. Nur was innerhalb von Wall und Graben üegt, heißt ursprünglich oppidum; am Wall und Graben erreicht dasselbe sein Ende. Oppidum und acjer stehen zunächst in einem scharfen Gegen- satz zu einander. Das ergibt sich aus dem in Südspanien gefundenen alt(ntümlichen Dekret des L. Aemilius vom J. 180 v. Chr. sowohl*), wie aus der lex Antonia de Termessihus vom J. 71 v. Chr.') Endlich hat die eigentümliche Ausdrucksweise in der lex Malacüana*'): oppidum municipii Flavii Malacitani quaeque ei oppido continentia aedificia erunt, Mommsen schon vor Jahren dieselbe Beobachtung machen lassen "). die durch Stellen der lex Ursoiiensis von neuem bestätigl: wurde. Vor allem aber hat sich, wie ebenfalls Mommsen schon hervorgehoben hat*^), ..die ursprüngliche Gegensätzlichkeit in den personalen Ableitungen immer bewahrt" : „ojrpi- dani sind die cives intramurani, die städtischen Bürger im Gegensatz zu &ex plehs rustica, den außerhalb der Mauer wohnhaften Gemeindegenossen". Nur wenn man diese ftenesis der Begriffe oppidum und oppidanus kennt, versteht man es, daß die Römer in der städtischen Epoche ihrer Kultur auch Stadtgemeinden ohne Territoiien schaffen konnten. Eine solche Gemeinde, die an der Stadtmauer endete, war z. B. in der Kaiserzeit Caudium, dessen Territorium zu Beuevent gehörte. 3) Über die Tat-

1) Ül)er diese und ilie verwandten Stellen bei Caesar handelt ueuerdiugs F. Hertleiu, Gallische und britanninche oppida und unsere vorgeschicJitlichen Ringivälle in Neues Korrespondenzhlatt für die Gelehrten- u. Bealsdmlen Württembergs XI, 1904, Heft 10 S. 371—376. 2) Archiv a. a. 0. 3) Naevius bei Varro L.L. V 153.

4) CIL. II .\d(l. .5041, Bruns, Foiifes*^ p. 231 f.: ager oppidumque.

5) CIL. I 204, Bruu.s, Fontes^ S. 94 ff. II Z. 7— 8: ne[ive] quis alius meilites in oppidum Thermesuni maiorum Pisidarum agrumve Thermensium maiorum Pisidarum . . . introducito. G) CIL. II 1964 (Bruus« S. 1471f.) col. III. 61.

7) Abhandlungen der scichs. Geselkchaft der Wiss. III, 1855, S. 481 A. 67 = Moimusen, Gesammelte Schriften I (1905) S. 372 A. 67: „Daß urbs und oppidum . . eigentlich gebraucht, den vom Mauerriug umschlosseneu Raum bezciclmeu, ist bekannt". 8) Staatsr. III S. 790f.

9) CIL IX 2 165, Mommsen in f^chriffen der röm. Feldmesser II S. 187.

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S6 Ernst Korneniann,

siiclic im allgeuK'inoii. daß es rieinpiiulon ohne Territorieii i^ah. die also mir innerhalb ilirer Stadtmauern die .fiirisdiktion besaßen, spricht sicli Siculus Flaccus aus.') So etwas wäre auf uriecliisehem Boden eine reine Unmöolichkeit gewesen.

Endlicli noch ein Drittes. Oitpidnni, ursprünglich dei' an Wall und Graben endende feste l'latz. etwa das. was später in der städtischen Epoche die Römer mit casfeUnm zu bezeichnen sich gewöhnten, stand naturgemäß im Stammverl)and und im Teilverband des Stammes im pagns: es mangelte ihm. griechisch gesprochen, die aviovo/ila. Nichts ist wohl so hundertfältig zu belegen durch Schriftstellerzeugnisse wie die Anwendung von o'iipidwn für die im Stamniverband stehenden Burgen und festen Plätze liarbarischer und halbbarbarischer Völker. Auf einer spanischen Inschrift aus der Baetica'-|. die Schulten zuerst richtig interpretiert hat-'), steht zu lesen: .hi}\ienses\ mufutione oppidi munnipcs et incolae pagi Tran[s]lucani et pacji Sitbnrbani. Ein einheimisches opjnduni ist hier offen- bar aus dem Stammverband eximiert und in ein römisches .Munizipinm mit dem Beinamen Julmm verwandelt worden. Dagegen die Bewohner zweier [..andbezirke sind pagatim organisiert geblieben und als incolae pagi an die neue Stadtgemeinde angegliedert worden. An einer anderen Stelle in Spanien verläuft die Entwicklung etwas anders. Der plinianischc Auszug aus der agiippisch-augustischen Reiclisstatistik'l erwähnt unter den (iemeinden i^usitaniens die offeuiiar noch volksgemeindlich organisierten Lancienses. Ein uns erhaltener Grenzstein, wahrscheinlich vom .lahre 2 V. Clir. •"'), terminiert aber inter Lanc(ienses) Oppi(danos) et lyaedit(anos). und die Inschrift der Brücke von Alcantara aus traianischer Zeit'') erwähnt als beisteuernd zu diesem Werke die Bewohner zweier i^[unizipien dieses Namens: Laneienses Oppidant und Laneienscs Transcudani. Hier sind also aus der alten Yolksgemeiudeder lAr.menseszwoi autonome Stadtgemcindeu gei)ildet worden, indem nicht nur das alte oppidnm der Yolkschaft zur Stadt erhoben wurde, wie jenes numieipium Jaliiun in der Baetica. sondern auch noch eine zweite Ortschaft oder ein Territorium, dessen Bewohner sich als Transeudani bezeicimen. ähnlich also wie die auf der pagaueu Stufe stehen gebliebenen Trandmani der Inschrift aus der Baetica.

Damit haben wir die drei den Begriff des altitalischen oppidum aus- machenden Faktoren beieinander: die Umwalhmg. die Beschränkung auf den von Wall und (iraben umschlossenen Kaum nnd die mangelnde Autonomie. Wenn pagns die territoriale Gaugemeinde ist. so ist oppidum die in diesem Territorium gelegene Gauburg.

Pugus und oppidum, Gau und Ganburg, sind die beiden wichtigsten Institutionen des altitalischen Siedeins, die untrennbar von einander sind.

1) De condicionibiis nf/rorum, Feldme.'iscr 1 )). 164. 13.

■2) CIL. 11 1041. :l) Philoloinis b3 S.Cvl-j.

4) Pliiiius, X(,l. Eist. IV 118. " -,) CIL. II 4«0. (ii CIL. II TCO.

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Polis und Urhs. 87

Die im iH((/i(.s- zersti-eiit wo1inoii(ioii IJjiiieni iH'dürtVii inelir noch wie die Dorfsiedicr des Scliiitzes ciiier festen Ihirj:;' oder eines Ringwalles. Die antike Litcratnr über die italiselie Tizeit. die vollkoniineii unter gTiechischem Einfluß stellt, erkennt zwar die Bedeutung der Ganburgen für die italische Entwicklung an. aber sie führt ihre (Irnndnng auf den mythischen Grieehen- könig Oinotros zurück.') Das sind natürlich l-'abeleien ad maiorem gloriam Oraeciae. Paytis und oppidum sind altitalisch und treten mit fortschreitender Entwicklung immer mehr in einen Gegensatz. Der befestigte Platz auf der Höhe wird frühzeitig zum Herrensitz. Der aristokratische Zug, den die italisch-riinn'sche Geschichte im (iegensatz zur griechischen nie verloren hat, erklärt sich in letztei- Linie ans den italischen Siedlungsverhältnissen.

Das zeigt sich auch, wenn wir unseren Blick nach Rom selbst richten, wo sich die älteren politischen Institutionen in sakraler Gestalt konserviert haben. Die bekannten innerstädtisehen Kirchengemeinden der niontani und pagcmi, die noch am Ende der Republik erwähnt werden-'), sind die Reste ursprünglicher politischer Gemeinden auf dem Boden Roms ans der vorstädtischen Epoche. Nur sieben Erhebungen auf diesem Boden tragen den Namen nioiites'-'). flie übi'igen heißen colles oder sind wie der Aventin sogar j;«//; (parjus Are)it/7iev.<i.9). Was die nionfes aus den übrigen heraushob, war wohl das ^'(u■handensein \(m Befestigungen, von Burgen auf ihnen. Hier lagen die alten ojipida. die Burgen, aus denen Rom entstanden ist. Die montani war(>n mit anderen Worten die oppidani von Alt-Rom.^)

Auch bei den Umbrern begegnen der Gau und die Gaulnirg. Nur finden sich hier statt paijiis die Bezeichnungen idaija und trihns"), von denen die zweite auf etruskischen Ursprung hinweist. •>) Das Spezifisch-

1) Dionys I 12: (Oh-oroiul ij'iyiijt .lo/.n^ inxot':^ ;?(■/ ijiyf/nii; i'-t'i zot; ÖQfdir : Ni.s'sen, Landesh. II S. 1 1 f.

"2) Vgl. über dieselben Jlnniiiisen. Sfmitsr- 111 S. II4if., <). Kicliter. Topot/mpliic von Rom'^ S. 37.

3) Über ilie sieben monies Wi.ssowa in der Saturn Vkulriiia S. 131'f. = (ie- sammelte Abhandhingen :i<r Rom. Rdigions- a. üladtge^diiclile .S. '230 ff.

4) Gegenüber der modernen Hypotliese der Siebenhüifcistailt iSepHi)io>itii<»i) als einer Entwicklungsiilui.^e in der Entstehung der Stadt Rom (zuletzt d;irül)ei- 0. Ricliter, Topogr.- S. 3i;ff.) habe icli die allergrößten Bedenken, vgl. jetzt auch H. Degering, Berl. phih Wochenschrift -26. Dez. 1903 S. 1645f.

'}) Plaga Malerina Liv. IX 41, 15. trihis Sapinia lav. XXXI 2. C, XXXIII 37. I, (vgl. Plinins, Nat. Rist. III 114, der Sapinates unter den untergegaugeneu umbrischen Gemeinden nennt), trlhns Tadinas und fi-ihi<s Igiirina auf den ignviuischen Tafeln.

6) Trilnis begegnet in der alteren Zeit außer bei den Umbrern nocli in Rom (Varro, L.L. V. .55), weiter gebraucht Cato da.s Wort zur Bezeichnung der Teile (Clane) der keltischen Boier. die nördlich an die Umbrer sicli anschließen (Plin., Nat- Hisl. III 116, dazu mein Buch Zur Stadtentstehimg S. 3f.), endlich kommt das Wort vor in Mantua (Servius zur Aen. X 202) und auf einem ehernen Gefäß {prai- fectos pro trehibos ferit: CIL. IX 4204), dessen Provenienz unbekannt ist, das aber vermutungswrise von Garrncci nacb Amiternuin versetzt wird. Wie ein Kranz

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88 Ernst Kornemann,

Umbrische ist. daß sicli hier jede fribas mit ihrer Burg oder ihren Burgen') offenbar vollständig selbständig entwickelt hat (trihiis-tota in den iguvin. Tafeln). 2) Das drückt sich auch in der Tradition aus. derzufolge die Etrusker 300 oppklu der Umbrer zerstört iiaben sollen ^l, und dem entspricht noch in der augustischen Zeit der Reichtum an selbständigen Verwaltungseiuheiten in der (>. Region (ümbria), die dabei bekanntlich zu den kleinsten Italiens gehörte.*)

in.

Die Entstellung der urbs.

Es bleibt noch das wichtigste Problem: die Entstehung der urhs. Die Alten sagten darüber nur: tirhes sind Etrnsco ritu gegründete (ie- meinden.^) Cato'') und Varro") haben uns diesen Etrimus ritus genauer

umschließt dieses Verbreitungsgebiet das eigeutliclie i^trurieii. Von Mantiia winl es dazu ausdrücklich bezeugt, daß es etruskiscbeii Ursprungs war (Verg., Aen. X 203: Ttisco de sam/uiiic liren, dazu Servius). Wir treten also meiner .Ansiclit nach mit frilms in die etruskisclu- Einflußsitliüre ein. Varro sagt auch nach dem Bericht iilier die drei jiltesteu rnmisclien Trihus uiul ilire ^'auK'n {L.L V ö.i): seiJ oinnia haec mca- hula tuaca ul Volniiis, qiil Iragoedias fnscas srrijisit, dircliat und nach Festus (p. 39(5 de Punor) gab es etruskisclie Kitualliüclier, in denen vorgeschrieben war: quo ritu cmidantur urbes, arae, acdts sacrentur, qua sanctitate muri, quo iure portae, qvM- Modo trihus, niriae, centuriae distrUmantur etc. Ein Unterschied liestelit nur darin, das /«Vw.y bei Umbrern und Hoieru für Teilgemeinden der Stämme gebraucht \\u\\, wiUn-end das Wort in Kom und Mantua als Bezeiclinung der Stadti|uartiere und Flurteile <ier Stadtmark auftritt. .\ber. frage ich, ist es bewiesen, daß tribus in Rom und Mautua uicbt schon vor der Stadtscliöpfuug vorhanden war? Varro sagt nicht etwa, daß die urbs, sondern daß der ager Romanun (das Gebiet der späteren urbs?) ursprünglich in drei tribua geteilt gew'esen sei. An den drei ältesten tribus müssen wir aber, wie Holzapfel kürzlich überzeugend nacligewiesen hat 'lieitriige I S.['i-28ff.), uidjedingt festhalten. Diese erste Tribuseinteiluug römischen Hodens ist meiner Ansicht nach älter als die Gründung der urbs Roma, dagegen jünger als die pagi. [)enii unter den römischen tribus begegnen solche, die nach pagi geuannt sind, so die tribus Sucusmta nach dem gleichnamigen pagits Sucusanus, die tribus Lemonia tuicli dem pagus Lemonius. Dazu sind bei den jx^ff' die örtlichen Hezeicli- nungeu vorwiegend, liei den trilms dagegen die gentilizischeu: d^r letztere Umstand weist auf eine jüngere Ei)Oclie hin, als sclion eine stärkere, soziale und imlitische Difterenzieruug der Gesellschaft eingetreten war.

1) Plin., Nat. Eist. III 114 unter den untergegangenen Gauen Umbriens: Sarranates cum oppidis Acerris, quae Vafriae cognomiiial>antur, Turocaelo quod Vettiohim.

i) Jlommsen, Staatsr. 111 S. 95 A. 3. Aus der tribus-tota Igtiviiia ,\\m[ die Stadtgemeinde Igurium, aus der tribus-tota Tadinas die Stadt Tadinae.

3) Plinius, Nut. llift. III 113.

4) Plinius, el)da. 111 113, 114, Nissen, Landesk: I S. 507, II S. 37(;.

5) Varro L.L. V 143. Nissen (Templum S. 10 u. 50, Landeskunde II S. 4U) sucht den Zeugnissen der yuellen zuwider den Anteil der Etrusker an der Gründung der urhs möglichst zu eliminieren; ich kann ihm darin nicht folgen.

()) Cato bei Servius ad Aen. V 755.

7) Varro a. a. 0., Festus s. v. primigaiius (p. 303 de Ponor).

n

Polis imd Urbs. 89

beschrieben. Das Wesentliclio daran war die ricwinnnns' eines Land- streifens (des sogenannten 'pomeriunt) rings um die zu gründende Ge- meinde, der den Göttern geweiht, und auf (h'Ui die ebenfalls heilige Mauer errichtet wurde.') Eine solche urhs war nach unseren Quelhni Rom seliist und zwar allein die sogenannte \'ierregionenstadt. die wohl der etruskischen Königszeit ihre Kntstohung verdankt.-') Andererseits hießen aucii die coloniae der Römer, wie \'arro uns versichert •'), in literis aiitiquis . . . urheis, quod item conditae ut Borna. Das Bild des ältesten Rom und seiner Kolonien müssen wir uns also vor Augen halten, wenn wir die Unterschiede der lu-hs von den seither betrachteten Siedlungsfornien. vor allem den oppida der Italiker. feststellen wollen. .\ußer der schon besprochenen .Vuwendung des Etruscus ritus und der dadurch herbei- geführten Heiligung von Stadtgrenze und Stadtmauer sind es al)er folgende Unterschiede: 1. die größere Ausdehnung der urhs, da die Vierregionenstadt weit über das Gebiet der montani (und jiagani) hinausgreift: 2. die Regel- mäßigkeit der .\nlage in l*'orm des templum, wie sich namentlich bei den neu- angelegien Kolonien zeigt: 3. die Verschärfung des Gegensatzes von intra- miirani und 2)lebs rusticu. von urhs und ager.*) Um mit dem letzten zu beginnen, so erklärt sicli das wolil aus der Tatsache, daß die befestigte urhs der ausschließliche AVohnsitz der Herrengeschlechter wurde. Dazu ist die Grenze zwischen urhs und arjer göttlichem Schutze übergeben, che Verletzung der heiligen Mauer ist ein Frevel gegen die Himmlischen.-')

1) Ich gelie liier auf dio weitscliiflitigi' Kontroverse über das Puuierium uicht ein, da es mir nur darauf ankommt, die Hauptlinieu der Kutwicklung /.ii ziehen.

■2) Ed. Meyer, Hermes XXX, I8:J.'), S. 12 f. Im strengen Sinn des Wortes hat es weder vorher uoch nachlier eine urhs gegeben. Die konventionelle Urgeschichte Roms (I. Roma qtiadrata, 2. Septimonfium usw.; siehe oben S. 87 A. 4), die heute noch in allen Handbüchern immer wieder abgedruckt wird, ist kaum haltbar, wie neuerdings ganz richtig auch II. üegering (Berh Phil. Woehensehr. vom 2(1. Dezember \'M% S. 1 645/6) aiisgesiirocheu hat. Es ist mir unverständ- lich, wie mau noch heute, da doch in der römischen Geschichte die Fälschungen der Priester und Annalisten bis tief hinein in die republikanische Zeit erwiesen sind, in der Lokalgeschichte an Dinge glaubt, die im .Anfang oder gar vor der Königszeit liegen müßten. Die ganze Geschichte von der Roma quadraia ist ein Priestermärchen. Verrius Flaccus bei Festus, p. 34(' de i'onor, Solin I 18 (doch wohl aus Varro, anders Degering a. a. 0.) und Tacitus, 4»»; XII 2j verstehen unter Homa quadrata etwas ganz verschiedenes oder umgrenzen da.'- Urrom in ganz abweichender Weise: genauer Degering. Im Septimmitium hin- wiederum i.st der Palatiu mit zwei montes (Falafium und Cermalus) vertreten Von welcher Seite mau auch das Problem anfaßt, überall türmen sich die Schwierig- keiten zu einem unübersteigbaren Wall auf. Das Urrom ist der Palatiu ^icher nicht: aber ol) man ihn soweit zurückdrängen soll, wie Degering will ■>' niii docli fraglich. 3) L.L. V 143.

4) Flebs urhana bezeiclinet, gerade so wie oppidmtL auch späterhin die uves intramurani; aber auch urbs selbst hat stärker und länger den^Gegen.satz zum ager bewahrt, Mommseu Staatsr. III S. "!M. .ö) Ätiologische Sage von Remus!

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90 Ernst Kornemann,

Mit nocli iiiolir Rpflit als beim opjiidum dürfon wir also von der ältesten ■urhs behaupten, dal.) sie nrsprüniilicii an Maner und (Iraben ihr Ende encMclit hat'), ja wir dürfen vermuten, dal.i sie im (iei;ensatz zum oppklum aueii in administrativer Hinsicht aus (Umu umliegenden flachen Land eximiert war. Die große Ausdehnung der urhs der vier Regionen verstehen wir erst, wenn wir uns das ganze (lebiet intra mnros imch nicht vollkommen liebant denken. Die Cfrcnzen sind vielmehr soweit hinaus verlegt. (hilJ iunerhallj derselben nicht nur Häuser und Gehöfte, sondern auch (iarten und Ackerland-) sich befinden. Auf den Höhen liegen zerstreut wie kleine Burgen die Adelshöfe und nur an bestimiuten Stellen dei' Niederungen, wie im viais Tusais, drängt sich das Vollv der Ki'änu'r und Händler.'') Eine Ausnahmestellung nimn)t auch fernerhin der äußerste Ausläufer des collis Quirinalis gegen den Tiber hin ein: vrha et Capitolium ist die offizielle Bezeichnung dei' neuen Schöpfung am Tiber.'') Das Cujiitoliam lag wohl hitra pomcrium und innerhalb der Mauer eine Befestigung, welche die beiden Kuppen dieser Anhöhe nicht mit hereinnahm, wäre vom militärischen Standpunkt ein Unsinn gewesen - aber außeihalb der Tribus.''')

Das letzte I-j'eignis \'on Bedeutung ist dann die Schöpfung der Land- tribus. Die H! ältesten derselben tragen, wie Mommsen gesehen hat*"), die Namen von patrizischen 'ieschlechteru. Der Schluß daraus, daß die Tribuseinteilung des l^andgebietes anderen und zwar jüngeren Ursprungs ist, als die dei' Stadt, ist meiner Meinung nach zwingend. Es muß also eine Zeit gegeben haben, in der die Elrusco ritu gegründete urhs schon trihntini, der ager dagegen noch pngathn organisiert war: und darin er- blicke ich eine weitere Stütze meiner eben vorgetragenen Ansicht, daß einmal (li(> urhs. wie das altitalische oppidum, am Wall und Graben ihr Ende erreicht hat.

Zwei Korscher haben daim neuerdings mit dem Momnisenschen Resultat bezüglich der Landtribus weiter operiert. Ed. Mev'er ist der Ansicht'), daß die älteste urhs alle römischen Bürger umfaßte, und daß das Landgebiet ihr ..nicht gleichberechtigt, sondern untertänig war", etwa wie bei den älteren griechischen Stadtstaaten, in denen der Synoikismos auf eine Unterjochung des flachen Landes durch die neugegründete Stadt hinauslief. Die Schöpfung der römischen Landtribus bedeutet daher für Meyer „die Überwindung und Durchbrechung des Stadtstaates." K. J. Neu-

1) Vgl. (leu Aiifanii;' der S. Hl /.itiorti'u Stelle aus den /)«/. .')!). Ui. 2: tn-bis appellatio miiris /iiiilta:

'-') Hängt damit vielleicht die Ke/.ek'hnniig des Buuendiol'es als ]io>i/is in den Zwölftafeln zusammen l' vgl. Pliuius, Nat. Hisl- XIX :')0.

;i) Nissen, LandexJarmle 11 S. :)()7. i) 1m1. Meyer, Hcnnex XXX. ISD.i, S. 12.

ö) Ed. ih^yer ebenda. i:) Höm. Fnrsrhi/ii. I S. lOil.

7) Hermes XXX S. 12.

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Folis und Vrhs. 91

mann (liii;oi;(Mi liat aus (lersclhcii Tatsaclie. 7,usaniiii(>n!i,('lialt(Mi mit dcni Ausdruck clk-ntea (duenies^=\\'(n-vj:i'). ijcscliliisscn '). ilal.i die Hciiniuduiij;- d(M- ersten ländlichen Trilnis niil ^vy AullicbiniL; iiriindlicrrliclu'r Verliäit- iiisse. also einer Bauernhefreiun^-, zusaninieni^erallcn sei. Ist seine Hyixitliese richtig, so lindet die Eriielnuiii' der zur liöriiikoit lieraboesunkenen 15auern- schaft der extraniuranen pagi auf die Stufe der nrhani ^^-mV' in (h'r Ausdelmuny der Tribnseinteilunii' ven der Stadt auf (his Land ihren äußeren Ausdruck. Wir befinden uns aisu dann gerade in dem Mnment. da die etruskisciie iirhs mit der Herrenstelhnit;- der intraniuranen Adels- g-esclilecliter zu (irab(> s(^trai>en und ein Stadtstaat be^^riindet wuide nacli .\rt der späteren gTiecliischen l'olis in (iestalt eines Stadt und Land verbindenden, ..den Gegensatz derselben ausschließenden Orga- nismus"-'), allerdings ein bäuerlicher Stadtstaat, wie er in dem Bauern- laud Italien uicbt anders zu erwaiten war. Ivjtra ei intra muros wohnten jetzt civcs Eomitni. Das i'onuM-iiim war im (irunde nunnu^iir Itedeutungslos geworden. AVährend die (leschicbte des ältesten Rom <lie (ieschiclite seiller Mauern ist. ließ man nach der letzten und gewaltigsten Anstrengung in dieser Hinsicht, dem i5au der sogenannten Serviusniatier (aus der Zeit der Samniterkriegel''), die abei- schon die Grenze der ..('ity"''i weit über- schritten hatte, den Ringwall verfallen. So kam es. daß vom Knde der Republik ab die Juristen Rom nicht mehr der älteren (iewolinheit ent- sprechend nach dem ^lauerring. sondern nach der Ausdehnung der städtischen Wohnweise iiestimmten: urhis appellatio niitris, litnimc con- tmentibus aedificüs fnitnr, quod latiiis patef.^) Streng genomnu'n war wedei- die Abgrenzung nacli dem Lüde der Häuserreihen, noch diejenige nach dem Mauerring richtig, sondern allein die nach dem Pomerinm: aber seit der l^egriindung der Landtribus war die altitalisch-etruskische nrhs, die auf dem Gegensatz von Stadt und Land beruhte, beseitigt, und der liellenische Stadtstaat hatte auch auf dem latiuischen Boden gesiegt: Roms Tochterstädte, die Kolonien, zeigen uns den neuen Typus am reinsten.

Die Hauptergebnisse der LTntersucliung fasse ich in folgende Sätze zusammen: 1, Die Griechen siedelten ursprünglich xio/i /^d'or, die Itahker payatint. "2. Das will genauer heißen: das offene Dorf {xo'ijni drelxtaroc) war die unterste Verwaltungseinheit bei den Griechen, l)ei den Italikern dagegen das durch künstliche oder natürliche Grenzen umschlossene'pagane

1) Die Grimdlicyrsdiiifl der ruiiiiselien liepidilil;. die Bauernbefreiung und die Entstehung der servianisclien Yerfasnung. Sti'al.'biir,!J' 1900 S. 13f.; \a\. im übrigen ineiiie Besi)rcchung dieser Sclirift iu Seelig^rs Hisl. Yierteljahrsehrift V fI902) S. 86—88.

2) So R. Kuhn, Entstehung der Städte der Alten S. 7 (vgl. auch S. ]M\). &) Zuletzt Ed. Meyer a.a.O. S. 13.

4) Ausdruck von Nissen. Landeakunde II S. .jdl. 5) Big. 'AK U\. ■>.

2U

92 Ernst Kornemann, Polin und Urbs.

Territüriuiii. der Cum. mit einer oder mehreren (iaubiirt;en = oj5j!)Z</a im Innern. ;i Die Polis entsteht aus den unbefestigten Dörfern einer Völker- schaft oder einer Landscliaft durch Synoikismos: bei ihr ist, entsprechend dem Ursprung- aus dem offenen Dorf, die Mauer immer etwas Sekun- tläres; bei der Urbs. die im Oppidum ihr Vorbikl hat. geht alles von der Mauer aus: ohne Mauer und Graben keine Urbs.\) i. Die Urbs ist etruskischen Ursprungs, eine Urbs auf dem Boden Roms ist allein die sogenannte Vierregionenstadt. Mit der Schöpfung der Landtril)us wird sie ersetzt durch einen Stadtstaat nach Ait der Polis. Abbilder dieses neuen Stadtstaats sind die von Rom aus gegründeten Kolonien.

1) Xaturlicli ist bei der Mauer/.idiuiig das militärische Monieiit, wenigstens beim Oi)piJuin, das Primäre, dazu kommt dann der sakral- und staatsrechtliche Gesichtspunkt, vor allem bei der Besrrüuduug der Urbs. Moramsen {Staatsr. III S. l'M A. 1) stellt die Sache auf deu Kiipf.

^1

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Studien zu Polybios.

Von Theodor Büttner -Wobst.

1. Zur Topograi)liie Sicilieus.

Otto Cuutz liat in seiner Schrift Polijhius und sein Werk, Leipzig, Teubner 1902, (lUff. die Behauptiuii; aiifi^estellt, daß Polybios seine Angaben über einige Punkte Siciliens ohne Autopsie gegeben und erst 149 und 146 diese Insel besucht habe, nachdem bereits jene Abschnitte des ersten Buches, in denen diese Örtlichkeiten behandelt werden, ver- öffentlicht worden waren. Eine nähere Prüfung dieser Annahme dürfte nicht ohne Interesse sein.

An drei Stelleu findet Cuutz solche Verstöße, daß sie einem avTÖntrjg niiuiuerniehr zugetraut werden könnten, sondern einer minderwertigen Quelle, die der vertrauensselige Polybios benutzte, aufzubürden seien. Zwar, führt Cuutz aus. ist Lilybaion selbst 1. 4'2. 7 kurz aber richtig skizziert und che in der Erzählung von der Belagerung verstreuten topo- graphischen Bemerkungen zeugen von Ortskenntnis: ja, die Manöver des rhodischen Hannibals sind mit einer so klaren Anschaulichkeit geschildert, daß man nur an den Bericht eines damals ilithandelnden denken kann. Wenn nun also von diesem kühnen Piloten richtig erzählt wird, daß er bei seiner Rüclckehr nach Lilybaion nicht direkt in die Stadt, sondern zunächst nach den aigatischen Inseln gefahren sei. um erst von dort aus in den im Norden der Stadt gelegenen Hafen einzufahren, so mußte der Leser diese Inseln and nov /mtc) ri^v 'Im/.iav j(ifoon''(l. 47, 2); nördlich von Lilybaion suchen, wie sie in der Tat auch nordwestlich von der Stadt liegen. Allein 1,44.2 berichtet derselbe Polybios. daß der Feldherr Hannibal von Karthago nach Lilybaion auch nicht direkt gefahren, sondern erst auf denselben aigatischen Inseln vor Anker gegangen sei ; von diesen aber wird gesagt, daß sie zwischen Lilybaion und Karthago lägen (1. 44, 2 xaitoQuiai^el? iv tuk xuXov^ievcac Alyovaffaic. /.tsza^l- öf xetusvcdi AiXv- ßuiov xal KaQxrjdöroc). Daraus mußte der Leser schließen, daß die aigatischen Inseln nicht im Nordwesten, sondern im Südwesten Lilybaions lagen eine Entstellung des Berichts, die man jenem gut unterrichteten Zeitgenossen der Belagerung nicht zutrauen kann, sondern die auf das Konto einer schlechten Quelle oder des Polybios zu setzen ist. der damals,

94 Theodor BiiUner-Wobsf,

als er dies iiiederschiiel). Sicilien iioeli iiielit i;eselieii hatte und dalier entweder kritiklos seinem Autor folgte oder selbst den Schnitzer machte. Diesen Ausführungen Cuntzs ist folgendes entgegen zu halten. Es ist eine Eigenti'unlichkeit des Polybios, die er mit Thukychdes teilt, daß er hei der Beschreibung einer Örtliclikeit manchmal dem I^eser nicht sofort ein (iesamtbild vorführt, aus dem sich eine klare Anschauung des (lanzen mit Leichtigkeit gewinnen läl.Jt. sondern sich vorerst mit allgemein orientierenden .\ngaben liegnügt. die dann im Laufe der Er- zählung immer schärfer uiul schärfer spezialisieit werden, bis sclilielilich dei- aufnu'iksame Leser aus der lvomlunali(ni all' diesei' Angaben sich .sell)st ein getreues Bild dei- betreffenden Örllichkeit konstruic-ron kann. So verfährt unser Autor auch bei der Schilderung der Belagerung Lily- baions von der Seeseite aus. Die römische J'lotte landet 250 v. Chr. l)ei Lilybaion. wo das Landheer zu ihr stößt (1, 41, 4). Diese Stadt aber, fuhrt l'olybios 1, 42, (iff. weiter aus, liegt auf dem sicilischen Voigebirge gleichen Namens, das gegen Südwesten sich hinstreckt, das lybische und sardiuische Meer von einander scheidet, den Vorgebirgen Karthagos vorteil- haft gegenüberliegt uiul von diesen etwa 1000 Stadien entfernt ist. Von dei' Seescite ist Lilybaion tlurcli Lagunen geschützt, durch die nur ein völlig Kundiger in den Hafen') einfahren kann. Wo jedoch dieser Hafen liegt, ob 'auf d(>r Niu'd- oder Südseite der Stadt, läßt l'olybios vorderhand unbestimmt. Die Kaithager nun senden der bedrängten Stadt von der llau])tstadt aus den Hannibal mit ')0 Schiffen zu Hilfe (1,44. 1 ff.); o J' dncxHni fisiä nryi(uv (lujaiKDnnv xtti xaHoo/iKtllfu cv laL- icn?.oi'iiit'raig Alyovaaaig. fiern'ii'i Jt xhitn'iKic Jt'/.vßuiov xal Äßp;(/yJ(j'ioc, r^THti^Qei tov nlovv 'diesiM' aber stach mit lOOOO Mann in See, ging auf ilen sogenannten Aigussen. die zwischen Lilybaion und Karthago liegen, vor Anker und waltete die günstige Falii'zeit ab.' Natürlich bedeutet die Angabe über die Lage der aigatisclien Inseln nicht, daß dieselben auf einer (ieraden liegen, die man sich zwischen IJlyiiaion und Kartliago gezogen denkt, sondern daß sie für den Kurs Hannibals, den derselbe von Karthago nach Ijilybaion nahm, zwischen diesen beiden Städten lagen. l'"reilich ist der Leser auch jetzt noch nicht unterrichtet, ob diese Inseln südlich, nördlich oder westlich \m\ Lilybaion liegen und erhält die Aufklärung über ihre Lage auch noch nicht im l-dlgenden, wo berichtet wird, wie Hannibal v(ui denselben aus trotz der römischen Schiffe, die den Eingang zur See be- wachen, unbehelligt in den Hafen Lilybaions einfälirt. Allein sobald mm Polybios weiter berichtet, wie der rhodische Hannibal seinen Kurs nehmen

1) Ri^i INilybios lieiLU es a.a.O. i)i' vir i-ariv t/,- to'v^- ).!iu'r(c^ fi'a.TAoi'?; (loch darf aus dem l^lural nicht mit Schübling Philologus ISIJG, 74 geschlossen werden, dali meluerc Häfen gemeint sind, da (vj hfii-viz hei Polybios die llafen- anlageii bedeutet und daher auch von einem Hafen gebrancht wird (s. Scliweig- iiäusers Icxkon l'olyhlunum unter liju'/i').

2

Studien zu Polybios, '.'5

muß. wenn n' aTrn iivr xun< iip' 'Iia/.iav i^ifQwr (],47.2) in (k'ii lliit'cii Lilyhaiuiis ciiirnliil. so ist os dciii (IciiktMiiicn l>esor miiiiiiclir klar, dali dieser Hafen im NordiMi bezw. Xordwcstcn der Stadt lici^tMi muß (S. Moltzer, Gesch. d- Karth. II 077). I)a nun aber derselbe rhudische Hannibal seine kttlin(> h'ahrt von einer \ or Lilybaion iicleficncn Insel aus (1, 4l>, ti) jedesmal zu imternelimen pflegt, so ergibt sieh daraus weiter von selbst, dal.1 diese Insel ebenfalls nur im Morden oder Nord\v(>steii der Stadt gelegen sein kann. Benennt nun aber eudlieli Polybios l.fiO. 4 eine dieser vor Lilybaion gelegenen Inseln mit dem Namen Äiyovaaa, so nnili der aufmerksame Leser in iMinuerung daran, dati auch der Feld- heir Hannibal von den Aigussen her mit seiner l'lotle in den Hafen Lilybaions einfuhr, nunmehr die Aigussen oder aigatischen Inseln, im Einzelnen wie in der < iesaintlteit, richtig zwischen Norden und Westen Lilybaions verlegen.

So fügt sicli in der Besclireiiiung des Polyl)ios, die, kunstvoll in ihrer Art, den Leser zwingt scharf aufzmuerkeu und selbst zu kmnbinieren. alles schließlich zu einem einheitlichen Bilde zusammen, das von jeder Kntstellung frei ist. Allein auch ilie Beschreibung des nicht weit ent- fernten Kry.K (M. S. (üuliano bei Trapaui) findet Cuntz a. a. 0. S. 70 anstößig. 1,5.5, 7ff.: '() d' "fiel'S ean fiiv öyog naou t^ä'/.aiTuv rij^ 2i>ie- Xiug cv ry naQu nr 'Inü.lav xht/n'vrj n/.evQa {.lexa^v ^QETTurioy xai IJaroQ/nov, jiifTAAoi' d' oftoQov y.ccl awämov /tqoc id Johnara, f^iayeihi i)e naqu. jiokv SiaififQor rwv xnru //;)' —ixf/.iar oomv nXi^v ri-c A'iirtjc. toihov d' erc' avri]e ftev r/yC ■/.OQV(f'i]g, ot'ff/i? enintöov^ xhiiu f/yc 'A(f()odiTiqg riji; 'Eqv- xivvjC IsQOV /; äe nöXiQ im' atrrjr iiijv xoQvcpijv leraxiai, ncivn fiaxgdv exoraa -/.al nouach'Tt^ naviaxnOev iiv äviiiiacuv. 'Der zvi'eite, spezielle Teil', führt Cuntz aus, ist zuti'effend: im ersten, allgemeinen nmß ich die Bezeichnung der Lage des Berges, wenn auch niclit falsch, doch wenig glücklich zu nennen. Der Leser wird ihr zulolge den liryx zu weit nach Palernuj hin verlegen. Daß er sich in unmittelbarster Nähe von Trapaui erhebt, von Palermo aber etwa 70 km in der Luftlinie entfernt ist, wird er sich nicht vorstellen .... Dazu kommt noch die enorme Überschätzung der Hohe des Eryx. Er hat nicht mehr als 751 m, wenig mehr als Heirkte ((iOO m), der Aetna 3313 m; der ganze Gebirgszug im Nordosten der Insel ist weit höher als der Eryx, erreicht fast das Drei- fache seiner Höhe; sein nächster östlicher Nachbar, der M. Sparagio, hat 1109 m! Wenn Polybios den Eryx auch nur von der See oder von Lily- baeum aus gesehen hatte, konnte er nicht so irren.'

Das richtige Verständnis des angeblich anstößigen ersten allgemeinen Teiles der Beschreibung des Eryx dürfte sich am raschesten gewinnen lassen, wenn wir die deutsche Übersetzung hinzufügen. 'Der Eryx ist ein Berg, der am Jleere auf dei- nach Italien hin liegenden Seite Siciliens sich zwischen Drepana und Panormos befindet oder vielmehr mit Drepana

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96 Theodor Büttner- Wobst,

heiiuehbart ist uiul au dasselbe anstößt. An Größe ist er weit aus- gezeichnet vor den Bergen Siciliens, wenn man vom Aetna abstellt.' Es orientiert also Polybios nach seiner oben gekennzeichneten Methode erst im''aiigemeinen den Leser dahin, daß der Eryx am Meere auf der nach Italien 4iin liegenden Seite Siciliens sich zwischen Drepana und Panormos erhebt, berichtigt ai)er, um ja keinen Irrtum aufkommen zu lassen, durch den der Leser den Eryx zu weit nach Panormos hin verlegen könnte, sofort sich selbst mit den Worten nülXov 6' {sed iwtius [id est, sed redius vel planins ut duani]: Scliweighäuser V 288), indem er deutlicli hinzu- fügt, daß dieser Berg sicli in unmittelbarster Nähe von Drepana erhebt und an diese Stadt stößt. Zugleich ist aber durch die allgemein orien- tierende Angabe, daß der Eryx zwischen Drepana und Panormos liegt, die weitere richtige Anschauung gewonnen, daß dieser in unmittelbarster Nähe von Drepana sich erhebende Berg nordöstlich von dieser Stadt liegt. Ja, obwohl nunmehr für den aufmerksamen Leser jede falsche "\'orstellung über die Lage des Eryx absolut ausgeschlossen ist, wird im 10. Paragraphen desselben Kapitels auch noch der Straße gedacht, die von Drepana auf den Berg heraufführt (T/]r c'tnö J^emircuv nQoaßaaiy). Kann also über die Lage des Eryx durch die klare und deutliche Beschreibung des Autors nicht der geringste Zweifel bestehen, so geht Polybios nunmehr auf den Eindruck über, den dieser Berg auf den Beschauer macht. Durch seine (Jröße, sein Massiv (von der Höhe, vijwc, ist gar nicht (He Redej^) über- trifft er bei weitem alle Berge Siciliens. wenn man vom Aetna absieht.' Nun bin ich freilich nicht in der glücklichen Lage, aus eigener Anschauung über die Zuverlässigkeit dieser Angabe urteilen zu können, allein eine treffliche Photographie des Eryx, die mir mein Kollege, Herr Dr. Wagner aus Dresden, der Sicilien bereist hat, freundlicherweise vorgelegt und die ausgezeichnete Abbildung des Berges, die sich in dem Prachtwerke Aus dem klassischen Süden, Lübeck 18',)li, befindet, bestätigen durchaus, daß in der Tat das Massiv dieses Berges einen sehr imponierenden Eindruck nuu'ht. Da mm nachweislich kein anderer Berg Siciliens, außer dem Aetna, durch seine nuissige Erscheinung eine derartige AVirkung auf den

1) Es ist eine bedauerliche lü-sclieiuuiig unserer Zeit, über deren Ursachen icli mir durcliaus niclit im Unlclaren bin, daß eine solide Kenntnis der griechischen Sprache auch bei uns Deutsclien innner mehr schwindet, und das Verständnis griechischer Autoren int'olgedesseri selir erscliwert wird. So ersclieint. um uocli andere Beispiele zu bringen, in einem jüngst lierausgeeebeneu Werke, das eine Frage aus dem Gebiet des -2. punischen Krieges grundgelelirt bespriclit. nicht bloß S. 1.5 der schöne Nominativ r/j/./o/. sondern S. wirtl Pol. 3, 55, 6 TTc^aarljoag xa n/.\i^ii (näml. '.'Ii-i'/,if.'c) übersetzt „darauf ließ er die Massen (nänd. des Schnees) bei Seite schatten", als oh die griechischen Worte etwas anderes bedeuten könnten als „darauf ließ er seine Soldaten (xü :i}.tfl)i) an das Werk gehen, Hand anlegen", wie aucli Liv. 21, 37, 1 in freierer Weise schreibt „inde ad rupem muniemlara . . . milites ducti."

Sbiäipn zu Polijhiof. i)7

Bcsclumor ausübt, so verstehen wir die Worte Holms, wenn dieser treftliclie Forscher in seiner Oesclikhte Sicüiens f 15 schreibt 'den westliciien End- punkt bildet der im Altertum hochbeiiilimte Ervx. jetzt J[. San

Giuliano. der. ipi)\v(ihl niclit durch eine Tiefebene von dem Hergzuge, den er abschliel.it. getrennt, dennoch nach allen Seiten hin isoliert dazustehen scheint und so ein verkleinertes Abbild des Aetna darbietet.' Somit ist die gesamte Schilderung- des Eryx bei Polybios klar, deutlich und von jedem Irrtum frei.

Allein auch die topographische Angabe über Heirkte-), den JI. Pellc- grino bei l'alermo, die sich wenig später (l,.j(i. 3j findet 'tov in) näc Eio/.Tcdg (rijc ElQy.Tiig^) /.€yöi.isvov rörror, og xeliui j.ier"EQvyMg xca TluvuQfwv fiEiaiv Tioöc i^alärrrf. findet keine Gnade vor den Augen Cuutzs, da hier nicht einmal hinzugesetzt sei, daß der Berg näher bei Panormos liege, auf das er doch herabschane! Allein in demselben Paragraph kurz vorher berichtet Polybios ausdrücklich, daß Hamilkar Barkas mit der ganzen Flotte im («cbiet von J^anormos anlegt und den Berg Heirkte besetzt (y.cnrjqe . . ttqoc tiv IJcaooiuiiv y.a't xariJMußdvei, rov cm r)"c EioxiTg ).syöi.ievov rönov): daraus muBte jeder Leser ohne weiteres schließen, dab der Berg el)eu bei Pauornms liegt; durch den weiteren Zusatz jedoch, daß er sich zwischen Eryx und Panormos am Meere befinde, wurde diese allgemeine Angabe dem aufmerksamen Leser weiter dahin spezialisiert. daß dieser Berg nördlich von Panormos sich erhebt. Ist somit die Lage von Heirkte von Polyl)ios ladellos l)estimmt. so hat liie bei ihm dann folgende eingehende Beschreii)nug dieses Berges von aiulerer Seite in einer Beziehung eine so wenig glückliche Behandlung erfahren, daß icii mich genötigt sehe, Dinge, die seit Sclnveighäuser längst abgetan schienen, nochmals klar zu legen. Nachdem nämlich Polybios den Umfang des oberen Ki-anzrandes jenes Berges auf nicht weniger als lOÜ Stadien bestimmt hat (es sind jetzt nach Schubring, Progr. d. Cutharineums von Lüberl; 1870, 25 höchstens 84 Stadien, währeml Holm a. a. 0. S. 15 bemerkt, die Messung des Polybios gebe um ein Drittel zu viel), fügt er hinzu: ixp /c (näml. lijg uro) arscfciviig) 6 Tregie/o/iei'oc tu/ro; evßowg vm'iQxei ycd yewo/j^'fff/ioc, ngoc fisv mg ns/.aytovg nvoidg (nvoictg s. acc. A, nvoiäg D"* E'^. ärnnvolag {?), B. TTVoctg C) ev(fvu>g /.et/ievoc. i) avaaifiwv {driQadißiuv A. ot'rcoc ^avaaC/.iu)v A, in marg., d^avaffi^imv R) dt ÜrjQuov elg TsXog äßoioog 'der von diesem (nänd. dem oberen Kranzrande) um- schlossene Raum ist gut für Weide. i)esteLli)ares Ackerland, in l\iicksiclit

1) Diodor nennt 22, 10. 4 Twt'EijyTMf t!> b/ifjojfiu. aber 23, 20'Zv(j;^r//)' '/;(jo(y(o>'; Polybios fülnt den Namen nur ein eiuziges Mal au der oben angeführten, leitler korrupten Stelle an, wo Ai n»\- t'iyxToic, DR TnT<; fi(>xxoU, A|.C' t/%- Bitjxiit.; bieten. Hultscli kiirrigierte nüz Iüoxtc.Tc, Si'li-.veigliäuser nahm r//c /vo^r//w auf; vielleicht ist letztere Lesart vorzuziehen, (hl sich die \'erderbius tou t/'jxTaT^ leichter aus dem Itacismus erklärt.

Beitrage z. .Titeii Gescliiehte VI, 7

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98 7*heoclor Büttner- Wobst,

auf die Seewinde günstig gelegen und gänzlieli frei von giftigen Tieren.' Nun liatte schon Sclnveigliäuser V 291 darauf aufmerksam gemacht, daß die Stelle ttqÖc . . nie ns/.uyiovi; nvouig evcpvmg xetMsroi zu verstehen sei de a'ere, in calida regione fiatihus marinis temperato und auch Schuliring weist a. a. 0. darauf hin, daß die gesunde Luft des Pellegrino, die eben durch die Seewinde erzeugt wird, berühmt geworden sei im Gegensatz zur Sumpfluft der Stadt. Es betont also Polylnos, daß in gesundheit- liclier Beziehung gerade der von dem o))eren Kranzrande des Berges umschlossene Raum für einen dauernden Aufenthalt von Soldaten sehr geeignet sei. einerseits wegen der durcli die Seewinde rein und frisch gehaltenen Luft, die Fiel)er nicht aufkommen läßt, und wegen der gegen die gewaltigen und gefürcliteten Weststürme geschützten Lage, andererseits weil sich scliädliche Tiere, wie Giftschlangen. Skorpione. Taranteln usw. dort nicht aufiialten. Diesen einfachen Sachverhalt eikannte ('. AVunderer, Blätter f. d. bcn/r. GijmnasialscJmlw., 1901, 484 ff. nicht und sciirieb noog /iisv rag n('uqiovg nsleUig evcpvwg xelfievoc, i} tjQctaißcov de OrjQlwv elg tt'kog cif^ioLoog 'für die Seetauben günstig gelegen, aber von jagdbaien Tieren gänzlich frei.' Allein diese Änderung der Vulgata ist nach Obigem nicht bloß unnötig und widerspricht der klaren Disposition der ganzen Beschreibung, sie bürdet dem Polybios aucli einen unlogischen Aus(huck auf; denn wie konnte unser Autor sagen, ..Seetauben finden sicii in Menge, aber jagdbare Tiere kommen nicht vor", da bekanntlich die See- taube ebenfalls ein jagdbares Tier ist? Somit ist imbedingt l)ei der Vul- gata zu verl)leiben und es sind auch alle weiteren Bemeikungen Wnnderers. der nebenbei auch den oben zurückgewiesenen Irrtum Cuntzs ülier (He angeblich fehlerhafte Angabe der Lage von Heirkte teilt, zurückzuweisen. Sind also alle Versuche Cuntzs nachzuweisen, daß Polybios bei der Schilderung der behandelten (Jrtlichkeiten Siciliens grobe Fehler begangen und daher die betreffenden Alisclinitte ohne Autopsie nur nach seinen Quellen niedergeschrieben iial)e, vollkommen mißglückt, so fällt uns natürlich die zweite Aufgabe zu nachzuforschen, woher unser Autor sein so treffliches Wissen geschöpft hat. Nun ist gewiß ohne weiteres zuzu- gestehen, daß Polybios seine Quellen, für die karthagischen Verhältnisse wahrscheinlich in erster Linie den Philinos, gehörig ausgenutzt hat, allein, wenn man liest, welche Bedeutung er der Ortskunde beilegt, wie Cuntz a. a. 0. S. 8f. trefflidi ausführt, so dürfte es unabweisbar sein, ihm eine durch Autopsie gewonnene Kenntnis der oben beliandelten Ortlichkeitcn Siciliens ohne weiteres zuzubilligen. Steht es nun weiter fest, daß Poly- bios Siciüen 149 und 14Ö besuchte, so fragt es sich, oh er niclit schon früher diese Insel gesehen hat. Cuntz versucht nun a. a. 0. S. 55ff. zu erweisen, daß er in der Zeit seiner Internierung d. h. zwischen IGT und 150 Latinm nicht habe verlassen dürfen, da die gefangenen Achäer sehr streng gehalten worden seien und der jüngere Scipio vor löO nicht so

Shidien zu Foh/hws. 9i>

viel Kinfliiß gelial)t liahc dein l'iilyl)ios hcsdiulcrc \'c'rgünsti,!iiuii;('ii. wie eine Reise außerhalb Italiens, auszuwirken. Allein l'ol. -VI, H, ä berichtet selbst, (laß Q. Kabius Maxiinus Aeinilianus und der jüngere Seipio durch- gesetzt hatten, daß l'olybios in Kdin bleiben durfte: wenn diese beiden aber KiT odei- kurz nachher (Hese .\usnahniestellung für Polybios erwirken konnten, war es dann nicht auch möglich, daß im Laufe der Zeit dem eifrigen Bewunderer römischer (Iröße unter entsprechenden Kaufelen weitere Konzessionen gemacht wurden? Daher scheint es mir durchaus möglich, daß l'olybios zwischen IfiT und 150 Siciüen aufg(>sucht und sich für sein Geschiciitswerk die nötigen Kenntnisse von der Topographie der Insel erworben hat. Die Schlüsse also, die Cuntz aus seiner an und für sich ganz unwahrscheinlichen Hypothese, Polybios habe II'.) Sicilien zum ersten Male gesehen, nachdem bereits die Kapitel über die Belagerung von Lilybaion. Eryx und Heircte ohne jede Autopsie publiziert waren, gezogen hat, scheinen mir vollkommen hinfällig zu sein.

2. Die pill/.i^l■ erlialtene Quelle des Polyl)icis. Soviel auch immer über die Quellen des Polybios geschrieben worden ist. so ist es doch bis jetzt trotz einer kurzen Hindeutung. die ich im Philologus r.lOO, 152 gemacht habe, nicht allgemein bekannt geworden, daß uns eine Quelle des Polybios. die einzige, soweit mir bekannt, in der Tat erhalten ist. Polybios, der praktische Staatsmann, bemerkt, daß ein guter Feldherr auch mit dem Sternenhimmel vertraut sein müsse, damit er auch in der Nacht die Zeit genau bestimmen könne. Da heißt es dann '.*. 15. S errfl /«o clrlodtr ovcsmv xüäv i'i'xtojv ohmc ev naGij yvxii imv Siöde/M ^wrfüor t'i (iva(f>^QE(r!fm Giifißabvei^ g:nveQ6v wc c'tvaYxct^ov fv loT^ Ki'iioTi: ueQfßi 7T(iarjs vv/.to^ iVr« /tt'o'ij rnir Joj'Jfz« i^m(i(,mv iiv(i(ft'i)ia!ha. i) TOI' ä'rj/.iov yvmoiL^Ojit'vov x«!)' yji^it'Qnv, noiav iwTqnv rnex^i, f);/.or wc dvrctrio^ tovtov liv xanx äiäiieioor rmrt'/J.eiv ürüyxrj. I<) Xotnov "idor uv 10 /isnc tai'Tiiv n-^QOg ävttTeia/.xog (jiaCrrjTai tov '^(iiSia/.ov. roaoviov sixoi; j:VV(!i}(a t7^c vvxroi; ast, 11 Yvomi^ofifruiv 6s rmv !^io6kov xal xaru ttA/^i'/oc xai y.ara ro /.(eysl^ng, toiovtovc ytvhnitcti pera laviu av/ißatvei, ymI rovc xnm iii^Qoc xaiQolc t;;c vvxtoc. Da nämlich trotz Ungleichheit der Nächte doch in jeder Nacht von den zwölf sechs Tierkreiszeichen aufgehen, so ist es klar, daß notwendigerweise in denselben Teilen einer jeden Nacht gleiche Teile der zwölf Zeichen (= der Ekliptik) aufgehen. '.» Da mau aber Tag für Tag von der Sonne weiß, in welchem Grade der Ekliptik sie steht, so muß offenbar nach ihrem Untergange der diametral gegen- überliegende Grad zum Aufgang kmnnien. 10 Ferner der wievielte Teil des Tierkreises nach diesem Grade sichtbar aufgegangen ist. soviel nuiß immer von der Nacht verflossen sein. 11 Da nun aber die Sternbilder des Tierkreises nach Zahl und Größe bekannt sind, so müssen auch die einzelneu Zeitabschnitte der Nacht dementsprechend sich bestimmen." Da-

7* 7

100 Theodor- Büttner-Wohst,

mit vergleiche man die Worte des Attalos. des Kommentators zn Arat, wie sie uns bei Hipparcli (H 1.5 f. p. 124 Manitius) erhalten sind: enel yuQ ecJnv uQxrj i'i'xro? i^Mov dvOic, 6 öe "^hog dsl ev nvi roür öcöäexa t^cp- duov editv^ ärjiov on niJ yn'aJcr/torTt, iv livi. re l^i-^Siu^ 6 /yAtoc icSii xal ev TToftru /.loiotf ToJ '^ipSiov, üddiöv cffnv emyviJövtxi, y.al nolov ^oit^tov fv ÜQxfi rijQ vvxioc dvaif/.Xsi v.ui noiu /toTga. ß ly ydo vno lov rjUoii y.aiexoi^^^'t] l^ioiQ{i i] xan't Siäf^ieTQOV xEii-isvrj ri<r draToXi^v xaiu r^r «fZ'/'' t'*? vv/.zoc noiifistut' xovro 6s rrQoi(iTOor]xwc y.id f/rsyiwxojc, ort iv nä(7r] vvxjl t'£ !^(6Sia TTQnc rfj ccvaw/.fj di'ioxovOi, ynoOfTai, xal nodov ri'jg vvxkk naosXijXvt^öc cdn, xal TTÖaov ert '/.oitjov tw; t7^ rov i]Xiov draro'/.ijC. Da nämlich Sonnemmtergani;- Anfang der Nacht ist, die Sonne aber immer in einem der zwölf Zeichen steht, so ist es klar. daß. wenn man weiß, in welchem Zeichen die Sonne steht nnd in welchem Grade desselben, es leicht zu erkennen ist. sowohl welches Zeiclicn im Anfange der Nacht aufgeht, als auch welcher Grad. <i Demi derjenige (irad wird im Anfange der Nacht seinen Aufgang bewerkstelligen, welcher dem von der Sonne eingenommenen diametral gegenüberliegt. Wenn man dies vorher festgestellt hat und hierzu noch aus Erfahrung weiß, daß in jeder Nacht sechs Zeichen im Osten emporsteigen, so wird man erkennen, erstens, wieviel von der Nacht verflossen ist, zweitens, wieviel noch bis Sonnenaufgang übrig ist." I'jn Vergleich des Originalberichtes mit den Worten des l^olybios zeigt uns deutlich, daß unser Autor zwar von der Darlegung des Attalos ab- hängig ist, aber dieselbe geistig vollkommen verarbeitet hat und daher auch in d(>r Disposition durchaus selbständig verfahren ist. Eine An- lehnung an die Worte der Quelle, wie sie uns bei Diodor geläufig ist, wenn er den Polybios benutzt, ist daher vollkommen ausgeschlossen: die- selbe konnte auch nicht in größerem Umfange erfolgen, da Polybios seine Prosa kunstmäßig nach den Gesetzen der liiatusvermeidung gestaltete. Diese unanfechtbaren Ergebnisse dürften dazu mahnen, mit der Behau])tung. l-'olybios habe sich auch in der Wahl seiner Worte von seinen Quellen stark beeinflussen lassen, etwas vorsichtiger zu sein, als es neuerdings belieht wird.

3. Die neueste II y 1)0 1 hose über die Eutsteliuiig und Veröffeu tlichuug

der Ilistorieu.

Die Ansichten, welche Cuntz in der oben zitierten Schrift über die Entstehung und Veröffentlichung der Historien S. 8'_' ff. entwickelt, sind folgende. Den ersten Teil seines Geschichtswerks hat Polybios während seiner Intei-uierung in Rom niedergeschrieben: diese Niederschrift kann 29 Bücher umfaßt und bis 167 gereicht haben: bewiesen ist. daß sie wenigstens bis zum 16. Buche reichte. Die Bücher 30 4:0 sind nach 146, vielleicht erst nach der Neuordnung Griechenlands 144 aufgesetzt worden und zwar vor 134. der spanischen Reise. Dieses sein bis

iStndioi zu l'vlijhios. 10]

134 in erster Xii'dcrsclirit't vollciidctos Work liat l'((lyi)ios bald hier l)al(l dort im Laufe der Jahre korrii^ieil und erweitert, erst der Tod, weleher 117/1) fällt, iialiin ilnii die Feder aus der liaiid: zu einer l'ubliicatiou durch ihn selbst kann es nicht gekomnieu sein, (ierade die Jahre, in denen er hätte abschließen und publizieren können (also 134 117. siebenzehn Jahre) brachten ihm eine ganz außerordentliche Erweiterung seines Horizontes durch die spanische Reise und einen völligen Tiusturz seiner Ideen über das AVesen des römischen Staates durch die Revolution. So besserte er und flickte an seinem Manuskript, gewiß in der Hoffnung, es nach der Vollendung seiner Monographie über den numantinischen Ki'ieg gründlieh durchsehen und glätten zu können. Darin hinderte ihn dann doch sein fortschreitendes Alter. Körperlich brach es ihn nicht er starb durch einen Sturz vom Pferde aber es versagte ihm die Geisteskraft, das Riesenwerk seines Lebens uiuzusch mieden. So wurden seine Historien als nachgelassenes Werk publiziert, vielleicht von dem Freunde, der dem 1(). Kapitel des 39. Buches die das Andenken des Toten ehrenden Worte hinzusetzte.

Gestehen wir alle Voraussetzungen Cuntzs. ül)er die im Einzelnen vielleicht später zu sprechen ist, vor der llami ohne weiteres zu, so ergibt sich von selbst, daß Folybios, obwohl er in einem Alter von über (iO Jahren (nach Cuntz) stand und sein fertig daliegendes Geschichtswerk noch nicht pui)liziert hatte, doch, nachdem er dem numantinischen Kriege beigewohnt hatte und 133 liezw. 132 wieder in seine Heimat zurück- gekehrt war, zuerst die Monographie ül)er jenen Ki'ieg schrieb, sein Lebens- werk aber ruhig im Schranke liegen ließ. Diese Handlungsweise würde aber, wie mir scheint, der nüchternen, besonnenen und praktischen Art unseres Historikers, wie sie sieh in seinem ganzen Leben zeigt, durchaus widersprechen: er dürfte doch wohl in seinem vorgeschrittenen Alter es vorgezogen haben, erst seine Histoilen. an denen er über Jahrzehnte gearbeitet hatte, mit den nunmehr eventuell nötigen Nachträgen und Ver- besserungen zu edieren, als eine neue Arbeit anzufangen. Nehmen wir mm aber an, daß Polybios wirklich diese unglaubhche Torheit begangen hal)e. so wäre doch wenigstens zu erwarten, daß er die durch 'die außer- ordentliche Erweiterung seines Horizontes' gewonnenen Anschauungen in den 17 Jahren, die ihm zur A^erarbeitung derselben in die Historien zur A^M-fügung standen, auch wirklich gründlich in seinem Werke zum Aus- druck gelnacht hätte. Sehen wir nun, welche Änderungen nach Cuntz Polybios bei der Redaktion seines ersten Entwurfs vornahm. Die Be- schreibung von Neukarthago (10, 10), die Emil Hübner, der zweimal in Cartagena weilte, für richtig, Cuntz, der diese Stätte nie betreten, nach Strachan-Davidson für verkehrt erklärt, stammt nach Cuntz (S. 8fi.) aus schriftlichen oder mündlichen, in topographischen Dingen minder sorg- fältigen Quellen. Nun fügt aber Polybios 10. 11. 4 hinzu: o Jf netiißoXo^

102 Theodor Büüner-Wuhst,

rrig no?.tw~ ov /rXeiov eixuOi aia6i(»v cTii^ii'/t m nuniunn xtiuvi y' ni'y. dyvoo} äwii, Tfoi/.oTc eujtjuu TSttaoüxovTa' d' eort ifievSog. ov yuQ f'J ((xoi]i; i]iielg, dlV avtontai ysyovörec /.cet' intatdaeiug a no(patv6 liti)^a n'r de xal fiä?J.ov hi awf^QiqTm 'der Umfang der Stadt betrug einst niclit über 20 Stadien zwar weiß ich recht gut. (hilä er von Vielen ;nit' 4(i Stadien angegeben wird, ddcii ist dies eine Unrichtigkeit. Wir erzälilcn niinilicii nicht nacli H lirensagcn. sondern als sorgfältig nnterrichtcte Augenzeugen jetzt aber ist er sogar

iiiicli mehr verengt.' Daraus schließt Cuntz S. Iii. dalj l'ulyi)ios sich nur für (He .\ngaben über den Umfang der Stadt auf seine Autopsie berufe und iHesen Satz bei der Redaktion seines AVerkes später in die aus den oben gekennzeiclmeten <,)nellen geschöpfte verkehrte Bescineibung ein- geschoben iiabe. Dem widerspriclit ai)er offenbar erstens der griechische Text, in dein l'olybios ganz allgemein davon spriclit. daß er nacii .\utopsie scliildere: wollte er angeben, daß sicii dieselbe nur auf die Angaben über den Stadtumfang beziehe, so mußte er loviov vor äno<faiv6i.ie^a ein- schieben. Zweitens, welche unsägliche Verkeiirtiieiten werden durch die .\uffassnng Cnntzs dein l'olybios. demselben Historiker. d(M- the Wiclitigkeit genauer Ortskunde iiiiinei- und iininer wieder lietimt und (He Wahiiieit für das .\uge der (iescliiciitc erklärt, nnluiiniberzig aufgebürdet. Kr war in A'enkartliiigo und hatte sicii (he Stadt genau betraclitet. al)er. als er nun zu Hause in seinem Manuskripte fand, welche A'erkeiiitlieiten er ans einer sclilechten (Quelle üi)er diese Stadt niedergeschrieben liatte. da stricii er niclit etwa jene Unrichtigkeiten und setzte die richtige Schilderung dafür ein: nein, er ließ alle Kehler stehen und setzte nur Hinzu, seine Beschreibung beruhe auf Autopsie!

In älinliclier Weise werden (hiiiii S, 2(1 ff. von Cuntz jüngere Zusätze angenommen, die in ungeschicktester Weise eingefügt, angeblich den älteren Angaben, die Polybios, blind wie ei- war. natürlicii stehen ließ, auf- geflickt sind.

Die Umarbeitung, die Polybios also nach Cuntz in siebenzehn Jahren fertig gebracht hat. besteht in vielen l''ällen darin, da Li er seinen nrsprüng- lichen Entwurf verschlechtert iiat.

Scheint mir also aus diesen Erwägungen die Hypothese Cuutzs nnannehmbar zu sein, so kommt noch ein letztes Argument hinzu, das dersellien meines Erachtens nach den Todesstoß versetzt. Wie wir oben (S. '.»'•• f. I sahen, benutzte Polybios den Arat bezw. seinen Kommentator, den Attalos: nun hat aber Hipparch an der oben angeführten Stelle nach- gewiesen, daß der Kalkül derselben durchaus verkehrt ist. indem er 'be- sonders darauf hinweist, daß die dem Auge sichtbaren Tierkreisbilder sich nicht mit den Tierkreiszeichen decken und daher, wie an Beispielen gezeigt wird, jede Berechnung der Stunde nach dieser von Arat und Attalos so warm empfohlenen Methode zu großeu liTtümern führen müsse'

10

Studien zu Pohjhios. UY.^

(l'liildloKUs r.tUO, 153). Nun riscliicn das AVcrk di's Ilippaicli. das hei seiner eniinenteu Bedeutunii dem Polybios. dessen Interesse für Astronomie, soweit sie praktisch anzuwenden ist, feststeht, bekannt werden mußte, spätestens 134 (s. I\Ianitius S. 2H7 der Ausgal^e): wahrend also Polybios zwisclien 134 und 117 bessernd über seinen Historien saß, wie Cuntz annimmt, las er die unabweisbare Widerlegung des Attalos. dem er sich auch angeschlossen hatte. Warum stricli er nun nicht ohne weiteres seiue lirtümcr und folgte den Darlegungen Hipparchs? Einfacii, weil dies unmöglich war, da sein Werk oder genauer wenigstens die ersten zelm Bücher seiner Historien bereits publiziert waren. Dresden 11)03.

Attalos II. und Nikomedes Monodiis.

Von Theodor Biittncr-Wobj«t.

Suidas berichtet u. ' AnoX/Auviac /.(',«)'>;, chiß Attalos im Kampfe mit ivikomedes Mono(his dessen Reich eroberte, aiier durcli die Einsprache der von Nikomedes angerufenen Römer seine Eroberung zugunsten des geschlagenen Königs wieder aufgeben mußte. Niese. Gesch. d. gr. u. male. Staat. III 3(i.') Anm. 2 vermutet, daß sich diese sonst nirgends be- zeugte Geschiclite auf Attalos den Dritten beziehe. Da wir jedoch jetzt durch die Veröffentlichung des neu gefundenen Fragments aus Jo- hannes von Antiochia von Seiten Spyr. I.,ampros' im Hellenomnemon 1 (1904) wissen, daß die erwähnte Glosse des Suidas in ihrem ganzen Umfange auf Johannes (s. a. a. 0. S. 13) zurückgeht und im Schlüsse derselben ApoUonias. wie Suidas statt ApoUouis sehreibt, als Jlutter des fraglichen Attalos erwähnt ist, so ist jene Vermutung nicht mehr halt- bar: \'ielmehr kann Johannes von Antiochia nur Attalos den Zweiten gemeint haben.

Weißer Hirsch bei Dresden litOö.

11

104

Triumph über die Taiirisker.

(CIL V 2, 8270)

^'on P. (lirocbc.

Im J. 17SS wurde in Mciniistero bei A(niileia') das Bruchstück eines Steines gefunden, dessen insclirift sich auf einen Siejj;' über die Tanrisker hezieiit. Xacli der Bnchstal)enforni setzte Henzen Tnscr. sei. III 5"2.i7 die Inschrift in die Zeit des Augustns. oime auf ihren Iniiak näiier einzugehen. Moninisen CIL V 2, 8270 erkannte die Inschrift als echt an, füf^te al)er hinzu: nd quem viriim pertineat, equkhm friistra quaesivi. ^lit dem Inhalt hcschäftiiite sich i;leichzeitii> Zippel. Böm. Herrsch, in Illijrien. Leipzig 1877. S. 2(iOf.. aber auf Grund des fehlerhaften Textes bei Henzen, der auch im Corj). Inscr. lat. nicht lierichtigt ist. ^Mommsen las:

CF TAVRISCOS. C

>'S COACTOS M

Q QYINEIS QVA

SIGN EIS CONSI

FECIT TRTVMP

-VIA KT o- " TT

V\'ie zu lesen ist. zeigt nebenstehender Abdruck, der nach cMneni von mir an Ort und Stelle gemachten Abklatsch phutographisch hergestellt ist.

Die beiden ersten Huchstal)en der ersten Zeile sind also RE. denn nur zu R kann nach ^'ergleicIl mit den ül)rigen Buchstahen der Inschrift der Rest des ersten Buchstabens ergänzt werden. Ferner heilit es Zeile ö nicht fent triinnp. sondern F EGIT.TRIYMPVM, der Rest hinter dem 1* weist deutlich auf ein folgendes V hin. Damit fallen die l'"olge- rungen Zippcls, die sich an das Volk der Triumpiliner knüpfen, von dessen Unterwerfung die Rede sei. Über die letzte Zeile läßt sich nur sagen. dalJ die vier ersten Buchstaben lA EI zu ergeben scheinen und das folgende RESFlTVrr. denn der schräge Strich hinter dem zweiten

1) Nicht in eiueni Seitental des Vintsclisau an der Greu/.c zwisclien Tirol Ulli! üruiibümli'H (Zi])]iel S. 2G0).

I

P. Ch'oclic, Triu))ijili Hin)' die Tuiirixlicr.

10.-)

T kann mir durch t'iii Vorsclioii dos Stoiiiiiictzon orkläit wcrdi'n. da ein BiiclistalH' y\ im i-ümisclicii Alplial)ct iiiflit viirliaiidcii ist.

Was (li'ii Inlialt d(>r leider so iiin ullstäiidiiicii liisclii-il't licti-itTl. so i>iaid)(' ich. dal.i Zi|)])id sie mit Kocht aid' !'. Silius 1'. f. Xorva cos. -JO (Klein l-'ast. onus. p. '.)) hczo.nen iiat. Silius war nach ('II. IM I. -".»7 Stattlialtor von lllyricum nut dem Titel }ir(j ro)isiilt' und liekrie<;te als sojchei- im .1. lii die .Mpeiiviilker der l'annonier luid Xoriker. welche

^^^s

einen I'jid'all nach Istricu iiomaciit luitten.'l Die |,|\' 20. 1 hericlitet darül)er: -/.(d vi /Jurrovmi ilv it 'Idioiav /isin A'(j)i)(';£(iji' xait'()(>aitur xiii avioi, re TrQo; is lor —i/.iuv xcä H'ii' rnooroaTijoiv ainou xtt/.wtttrie^ ail}(g ü)itu?j)Yii<!av xcti roTg Xuiiiixoi.: lanut ti'c «('T/^c Joi'/.f('«c fyerovjo. Vorgleicht man damit die Bemerkung des Plinins 111 i:',?>: qnundtuii Tatcrisci a]i}iellat/, niDw Nurici, sowie die sonstigen Angaljen des l'linius und die des Polybius üher (hisselhe Volk (Zippel S. 117f. '. so ergibt sich, daü die Taurisker im J. lii Istrieu verheerten, wobei auch das nahe A(|uileia gelitten haben mag. seit seiner (Tründnng im .1. ISI-') der Ausgangspiudvt

1.) llitterling, Archäol.-epitiraplt. Milteihinijen am (Österreich -Unffan/ IS'.'T XX 1, ist der Meiuuui;, daU Silius diesen Krieg nicht als procons-ul IlUjrici, soiulerii als kaiserllclier Koniniaiidaiit dei- |iani)oni.sclien Legionen geführt hat.

:-') l,iv. XI. :J4. 2.

lOfi P- Oroebe, Trinmjih über die Taurisker.

der röiiiischon Eiol)eninf; nach r\oidü.stcii hin und liestandig den Einfallen der Alpenvölker ausgesetzt (Strabo V (i. 9. YIl 1. ö). So erklärt es sich, wenn die Bewohner von Aquileia ihrem Befreier ein ehrendes Denkmal setzten. Das Capitolinische Verzeichnis der römischen Triumphe schließt mit dem Jahre 1!) v. Chr. ab. beweist also nichts gegen die Annahme eines Triumphes für Silius. dessen Dio in seiner knappen Darstellung dieses Zeitabschnittes nicht gedenkt.

In früheren Zeiten werden die Taurisker zweimal unter den von Rom besiegten Völkerschaften erwähnt, das erste Mal im J. 115 beim Triumph des M. Aemilius Scaurus'), das zweite Mal. als Augustus seinen illyrischen Triumph feierte (App. Illyr. 16). Über ihre sonstigen Beziehungen zu Rom vgl. Zippel S. 121 f.

1) [Aur. Vict.l de vir. 111. li. ~f- Lijuras et Taurkcos .sü dürfte mit H. Peter st;itt des haiul.'iclMiftlii-h überlieferten Cmmscos bezw. Gantiscos zu lesen seiu domuit atqm de liis irmmphnnt. Act. triuiuph. Cap. (i3!i. CIL I-' p, 177: M. AemiUv.s M. f. L. n. !ira>inis cos. de Gnlleis Kanie/x V . . . . [De\c.

Rom. im Autiust 11104.

107

Der Endtermin der Gallischen Statthalterschaft Cäsars.

Von L. Holzapfel.

Nach I-'. Hiifiiiaiins und Mdiiiiiiscns riitorsucluiiiiien ') ist weiiifistens in Deutschland die Ansicht zur Herrschaft gelangt, daß Cäsars Gallisciie Statthalterschaft, deren Dauer durch das Vatinische Plebiszit auf fünf ,Iahre ll. .März .'i'.t bis I. März .'>4) festgesetzt war. durch das im .1. ■)') \'iiii den Kdusuln l'unipeius und Crassus eingebrachte (iesetz um ein \veiter(^s l,luinc|uenniuni. also bis zum 1. März 4'.l. verlängert worden sei. Zu einem anderen Ergebnis ist ü. Hirschfcld in einem soeben in diesen Beiträyen {lY 7(i ff.) erschienenen Aufsatz gelangt. Meine ebenfalls in dieser Zeitschrift (HF '213ff.. IV 3'27ff.) veröffentlichten Untersuchungen iilter die Anfänge des Bürgerkrieges zwischen Cäsar und Pompeius legen es mir nahe, auch meinerseits auf das jetzt von neuem zur Diskussion gestellte Problem einzugehen.

Den Ausgangspunkt für Hirschfelds .\nsicht i)ildet eine in einem Briefe des Cälius an Cicem mitgeteilte Verhandlung des Senats, die am 29. September öl stattfand.-) Wie schon früher-''), so suchte auch dies- mal der Konsul M. Marcellus einen Beschluß über Cäsars Abberufung herbeizuführen. Pompeius widersetzte sich jedoch mit der Bemerkung, daß er. ohne sich ins Unrecht zu setzen, vor dem 1. März kein Votum in dieser Angelegenheit abgeben könne, nachher jedoch kein Bedenken tragen werde. ^l Demgemäß beschloß der Senat, die Verhandlung i)is zu diesem Termin zu vertagen.'') Da das Vorgehen des Marcellus auch anderweitig als vorzeitig und dem (iesetze des Pompeius inid Crassus zuwiderlaufend bezeichnet wird''), so muß dieses Gesetz, wie .Momnisen")

1) F. UfAnnmu, Dr (jn'i/iin- helli ricilh Ciiesariuui, Berlin 1857, S. Uff. Muiiniisi.'!] Die ttechtsf'rwie zirischen Cäsar und dem Senat, Breslau 1857, S. 40ff.

•J) Cir. fam. VIII 8. 4 ff. 3) Eljeiula 1,2. •>,2. 4,4. .5,3. 8.4.

4) Ebeuda 8, !J. 5) Ebenda 8, 5.

6) Hirt. b. G. VIII 53, 1. Bei Suet. tV/t-«. 28, App. /-. <. II L'ii uuil Kio XL ö\K 1 ist der Sachverlialt claliin entstellt, daß Marcellus die ge.setzlidie Dauer der Statt- halterschaft ludie verküiy.en wullcii. 7) licchisfrwje S. 5lff.

10,s L. Holzapfel,

iiiinimint. eine hcsdiidon' Klausol cntlialtoii haben, die et* dein Senat unter- saj^te. vor dem 1. iläiz .'i() über die Wiederbesetzung der Galiisclien Provinzen zu del)attieren. Nacii Hirschfelds Ansieht (S. S4j war nun diese Klausel üi)erliau|)t die einzii;e Bestininmng. die in Hinsicht auf die Dauer der Cäsarianischen Statthalterschaft i;etnift'cn war, wodurch allein eine vollständig befriedigende Erklärung des Widerspruches zwischen Cäsars Forderung, sein Konunando bis zum Antritt des von ihm für das J. 4S in Aussicht genommenen zweiten Konsuhits zu behalten, und Acn auf eine erhei)lich fridiere .Vbbernfnng gerichteten Bestrebungen seiner (iegner n:öi;lich sei. Durch ^\'w l'nzuhissigkeit einer A'erhaudlung vor dem 1. Mälz ÖO sei der Senat, der nach der bisher l)efi)lgten Praxis die konsularischen l'rovinzen schon IS Monate vor ihrer mit dem Ablauf des Amtsjahres erfolgenden rbernahme habe bestimmen müssen, daran ver- hindert worden, Cäsar vor dem 1 . Januar -L8 einen Nachfolger zu senden, docli hal)e dieses Verhältnis eine Änderung erfahren durch das von Pompeins in seinem (hitten Konsulat gegebene Gesetz, welches die Statt- halterschaft von dei- Magistratur durch ein fiinfjähiMges Intervall getrennt und fiu- die Cbeigangszeit ein Zurückgreifen auf solche Kimsulare oder Präforier. die noch keine Provinz verwaltet hätten, angeorilnet halte.

Wie lliischfeld selbst iS. 77| bemerkt, ist die antike Überlieferung fast oinstimmii; darin, daü Cäsars Stattlialterschaft im J. •">:) um fünf Jahre verlängert worden sei.') in der zeitgenössischen Literatur glaubt indessen ilirschfeld sichere Zeugnisse dafür zu linden, daß sie gesetzlich ihr Knde bereits am 1. Jlärz 50 erreicht habe, und möchte daher die entgegegenstehenden Angaben auf irrige Kombinationen zurückführen, zu denen die Autoren der Kaiserzeit durch das (.^uimiuenninm des Vatinischen Gesetzes, durcli die auch für die Statthalterschaft des i'ompeius in Spanien und des Crassus in Syrien im Trebonischen Gesetz bestimmte fünfjährige Frist und durch Cäsars tatsächliches Verbleiben in Gallien l)is zum Vau\q des J. .")0 vcn'anlaßt worden seien.

So nahe nun aber auch eine irrige Schlnßfolgernug liegen mochte, so wenig wird man es von vnrnhereiii wahischeiiilich linden, daß sich bei den späteren Historikern, denen docii in dem Geschichtswerke des Asinius Pollio eine vorzügliche Quelle zu Gebote stand, keine Kunde mehr

1) Plut. Pomp. .')!. 52. Crass. lö. Cacs. 21. App. /.. >■. II 17. 18. Vell. II 4G. SiU't. Cncs. 24. Daß Dios .\nnalniie, wouacli Cäsars Kouiiiiaiido im J. 55 uur um drei ■lahrt' verlängert wunk' (XXXIX 33.3) und sich vom J. 58 bis zum J. 5<' er- streckte (vgl. XL 50,3), nicht auf Überlieferung, sondern auf eigenem Raisonneinent beruht, wiril auch von Ilirschfeld S. 78ff. anerkannt. Die der Stattiialter.scliaft eine geset/.liclie Dauer von zeliu Jahren zusoiireibende Tradition tindet sich auch bei Dio (XiJV43, 11 in der dem .Antonius in den Mund gelegten Pieliauptung, daü Cäsar vor der gesetzlicliou Zeit l:xoli tov .looo-y/Ä'i/rro,- xianort von seinem Gegner zur Rückki'lir uarli Italien gezwungen werden sei.

Der FMdicrmin der (lallische)! StattJialtirscIiaft Ciisars. l<»li

von doiii wirkliclion SaclivtM-luilt Ix'waliit lial)en sdlltc. Iliisclifcld. der sicli dieser lM-\vän'iiiiij' i;leicli falls nicht hat \-erscldieüen können, will wenigstens bei Appian (/;. c. 11 .^1 niicli eine Spur der Pollionischen Dar- stellung finden. Unter dem J. •")!) wird nändich berichtet. Pompeius habe sich in einem an den Senat gerichteten Schreiben bereit erklärt, sein Kommando freiwillig niederzulegen, ohne den Ablauf der Frist abzuwarten, und sich so in einen vorteilhaften Kontrast gegen Cäsar gesetzt, der sein Imperium nicht einmal binnen der gesetzlich bestimmten Zeit abgäl)e [oi'y. «/ro(J((Jd)'TOc rrv ctQxrjV oi'J" er Tcp rsroßiaftercn XQor<i>). Im Hinblick auf das Präsens änoäiäorwc erscheint aber doch wohl die Annahme zu- lässig, daß hier nicht etwa von einem bereits über die gesetzliche Zeit hinaus ausgedehnten .Aufenthalt <'äsars in Gallien, sondern lediglich von seiner Weigerung, die Provinzen innerhalb der festgesetzten Frist abzu- geben, die Rede ist.

Beachtung verdient jedenfalls die Tatsache, daß die Verlängerung der Gallischen Statthalterschaft Cäsars um fünf Jahre bezeugt wird diuT-h einen Bericht, der von Plutarch und Appian als gemeinsame Quelle benutzt w(n-den ist. .Man hat diese Darstelhmg schon längs! auf .\sinius Poilio zurückgefiihrt. weiche Annahme durch Kcu'nemanns gründliche Unter- suchung'| noch größere Wahrscheinlichkeit gewonnen hat. Wenn nun auch nach Wittes einleuchtenden Darlegungen'-) Plutarch inul Appian nicht aus Poilio selbst, sondern aus einer griechischen Überarbeitung seines Werkes geschöpft haben, so wird man im Hinblick auf den gänz- lichen Mangel einer abweichenden Tradition doch schwerlich geneigt sein. die Nachricht von der Erstreckiuig dei- Gallischen Statthalterschaft auf weitere fünf Jahre diesei- Mittel(|uelle zuzuschreiben, sondern hierin viel- mehr eine Angabe erblicken dürfen, die bereits im Ürigiualbericht ent- halten war.

Nachdem so die Einstinnnigkeit unserer historischen Überlieferung in diesem Punkte außer Zweifel gesetzt ist. wenden wir uns zur Betrachtung der Angaben, welche von Hirschfeld zugunsten seiner Ansicht ins Feld geführt werden.

In erster Linie haben wir uns zu beschäftigen mit einer Äußerung Ciceros in einem Briefe an Atticus aus den letzten Tagen des Dezbr. 50 (VII 9. 4). die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war und daher von Hirschfeld mit Recht als ein unverdächtiges Zeugnis betrachtet wird. .Mir der ihm eigenen Lebhaftigkeit wendet sich Cicero an Cäsar in direkter Anrede: nam quid impudentius? tenuisti provindam per decem anno? non Ulli a senatu, sed a te ipso per vim et fadionem datos; praeferiit

1) Die historische SchriftstcUerei des C. Asinius Poilio. Jahrb. f. lda>!s. Phil., XXII Siippl.-B(l. Leipzig 1896, S. hhlfi.

'2) De Nicolai Damasceni fraymentoruw Itotiianoruni fhiitihiis. I'.crliii 1!M)'>. S iTf't'.

110 L. Hnhapfd,

tempns iioii legis, sed Uhidiiüs iiiae, fuc fanien legis; ut siiccedatnr decer- nifiir: hnpedis et ais habe meam rationeni. habe tu nostram. exercititm tu habeas dmtins, quam popuhis iussit, invitn senatxi? Unter dem tempus non legis, sed lihidinis tiiae ist die Fiist zu vorstehen, welciie bei der Prorogation der Gallisehen Stattlialterscliaft (Inrcli das von Ponipeius und Crassus beantras^te (iesetz liestimnit worden war. Wie Ciceros Ansdrucks- weise zei4;t. wui'de dieses Gesetz, dessen [)iirclibrini;niiii erst stattfinden konnte, naclideni zwei opponierende VoJkstribnnen samt ihren Aniiängern gewaltsam vertrieben worden waren'), von ihm als ein solches nicht anerkannt, llirsclifeld (S. <S(i) erblickt nnii in dem Worte practeriit einen sicheren Beweis dafür, daß die Prorogationsfrist im Dezember •')() schon aboelanfen oewpsen sei. Man wird indessen zn einem anderen Resultat ,nelani;on. wenn man den Satz tenuisti provindam per annos decem non tibi a senatu, sed a te ipso per rim et factionein dafos ins .Vuye faßt. Hier werden doch die zehn Jahre, in denen Cäsar das Kommando iicfiilirt hatte, ausdrücklicli als eine l'rist bezeichnet, deren Bewillisiuni; von ihm i)egen den Willen des Senats auf gewaltsame Weise durchgesetzt worden sei. Wir haben also hier ein Zeugnis dafür, daß die Gallische Stattlialter- scliaft durch das Yatinisclie Plebiszit und das von l^ompeins und Crassus beantragte Gesetz im ganzen eine Dauer von zehn Jahren erhalten hat. Da zur Zeit, als Cicero den zitierten Brief schrieb, der Kndtermin (1. .März 4'.M nur noch zwei .Monate entfeiiit wai-. so durfte der Ausdruck ■practeriit teniptts schon gebraucht werden. h> ist hier ganz der gleiche Gedanke ausgesprochen, wie vorher in den Woiteu tenuisti pn-ovincium per decem annos, gegen die auch Hiisclifeld nichts einzuwenden hat. Im übrigen zeigen die Worte exercitmn tu haheas diutius, ijnaDi ptoptdus iussit, inrito sctmtu':', daß eine Cberschreitung der ges(>tzliclien i<'rist bis- jetzt noch nicht stattgefunden hatte, sondern erst in Zukunft zu erwarten war. Hätte ('äsars Imperium bereits am 1. .März .'>•) sein l'lnde erreicht, so wäre für habeas doch wohl habuisti am Platze gewesen.

Die zweite Stelle, auf die sich Hirschfeld beruft, befindet sich ebenfalls in einem Briefe Ciceros an Atticus (VH 7. (i). der nur wenige Page V(n- dem soeben zitierten geschrieben ist. Es lieißt daselbst: quid ergo'^ eaer- citurn retinenti's, cum legis dies transicrit, rotionem liabcri placet'^ mihi vero ne ahsentis quidem; sed, cum id datum est, illud una datum est. annornm enim decem imperium et ita latum {lüacet). Aus den \\'orten cum legis dies transierit glaubt Hirschfeld wiederum entnehmen zu müssen, daß Cäsars Imperium damals bereits abgelaufen gewesen sei. Der Konjimktiv des Perfekt vertiitt indessen sehr häutig die Stelle eines Futurum exactum. Da nun die vorhin besprochene Stelle ein unzweifel- haftes Zeugnis dafür enthält, daß der Slatthalteischaft Cäsars durch die

1) Diu X.XXIX 3(i.

Der Endtermin der Gallischen Statthalter sehn ff Cäsars. 1 1 1

bpick'ii (larauf hczüi'lii'lK'n (ipsptzp im fianzoii ciiio Dauer \(iii zi'liii Jahren gegeben wurden war, so nuiü diese zweite Auflassung als die allein richtige erscheinen. Zur Bestätigung hierfür dienen die alsbald folgenden. von Hirschfeld anffallenderweise übersehenen Worte annorrini enim dvcem imperium et ita laium {iilacet). Wenn auch hier der Text nicht voll- ständig überliefert ist. so geht ans dem zitierten Satze doch aufs neue mit Siclierheit hervor, daß Cäsars zehnjähriges Kommando auf gesetzlichen Bestimmungen beiuhte.

Weitere Beweise für die Richtigkeit seiner Ansicht glaubt Hirschfeld (S. 81ff.) aus Äußerungen des Fompeius entnehmen zu dürfen, die uns in den von Cälius an Cicero gerichteten Briefen überliefert sind. In der Tat liegen hier zwei Mitteilungen vor. die für sich allein zu dem (ilauben führen Ivonnten. daß Fompeius und der Senat Cäsar liätten veranlassen wollen, entweder alsbald nach dem 1. März .')() oder doch spätestens am 13. November 50 von seinem Kommando zurückzutreten.

Ein Anfang Oktober 51 abgefaßter Brief enthält die Nachricht, es habe sich nach angeh^gentlichen ^'erhandlnngeu des Senats über Cäsars Provinzen mit Deutlichkeit die ,\bsicht des l'ompeius herausgestellt, daß Cäsai' nach dem 1. März sein Kommaiidn nieclerlegiMi solle. '| in einem weiteren Briefe, welchen Cälius im ,Mai 50 schrieb, wird als der von Fompeius und dem Senat anscheinend in Aussicht genommene Rücktritts- termin der 13. November angegeben.-) Da bei diesen beiden Kalender- dateu die Bezeichnung eines Jahres feldr. so liegt es auf den ersten Blick gewiß am nächsten, mit Hirschfeld anzunehmen, daß es sich nur um die zunächst in Betracht komnu-nden Tage, also den 1. März 5(t und den 13. November 5(i. handeln könne. Nachdem ai)er einmal durch die Zeugnisse der Historiker und die hiermit übereinstimmenden Angaben Ciceros festgestellt ist. daß Cäsars Statthalterschaft erst am 1. März 411 ablief, wird man kein Bedenken mehr tragen, die genannten Kalender- daten eben auf dieses Jahr, das allein in Krage kommen konnte, zu beziehen.

Wir haben aber nun noch auf ein sachliches Bedenken einzugehen, das gegen unsere Auffassung des zweiten Kalenderdatums geltend gemacht worden ist. Hirschfeld meint, der verzweifelte Widerstand, welchen der das Interesse Cäsars vertretende Volkstribun Curio der für den 13. No- vember geplanten ,\bberufung entgegensetzte''), sei nur zu begreifen, wenn es sich um das Jahr 50 gehandelt hätte. Eine Ausdehnung der Statthalterschaft bis zum 13. November 49 wäre eine so ungeheuere Konzession gewesen, daß weder Cäsar noch seine Freunde daran hätten denken können. Was den letzteren Funkt betrifft, so genügt es, auf tlen

1) Cic. fam. VIII 8, i. 2) Cie. fam. Vlil IL ;J.

3) Cael. Cic. fam. VIII 11, 3.

11-2 L. Holzapfel,

bereits zitierten Brief des Cäliu.s aus dein Oktolter .")1 zu verweisen, naeii welelieni kurz zuvor im Senat die h'rai;(' anfijcwerl'en werden war. was denn t;esclieiien seile, wenn Cäsar sein Heer auch nacJi dem für den 1. Januar 4S in Aussieiit i;en(nnmen(Mi .Vntritt des Konsulats beiialten w(dlte. ') Aber auch abgesehen luei'von. war Curios Widerstand voll- kommen gereciitt'ertigt: denn wenn Cäsar sein Kommando am i;i. No- vember 4!) niedergelegt liätte. so wäre er als Privatmann für den Rest des Jahres einer auf die illegale l'idirung seines Konsulats zurück- greifenden Anklage ausgesetzt gewesen.'-') Später hat er sich allerdings l)ereit erkläi't. schon vcn- den Konsularkomitien des .lahres 4'.i. die unter n(ninalen Verhältnissen im Juli stattgefunden hätten, seine Provinzen abzugeben und sich in Rom persönlich um das Konsulat zu bewerben: doch war dieses Zugeständnis an die sehr wesentliche Bedingung geknüpft, daü rompi'ins zuv(n- nach Spanien gehen sollte.-'' In diesem l'"alle durfte Cäsar bei seinen weitreichenden Wrbiadungen uml der Bestechlichkeit der Richter dem Ausgange eines Prozesses ruhig entgegensehen, während l'ompeius. wenn er in Rom \erbliel) und daselbst nuf seinen Soldaten die liericlits\erliandlungen beherrschte, ihm leicht das gleiche Schicksal be- reiten konnte, welchem Jlilo wenige Jahre zuvor Acifallen war.')

Ks verlohnt sich, min noch die weito'en Angaben des Cälins ins Auge zu fassen, welche mit dem Voi'haben. Cäsai' am 1:5. November 4;t abzid)eiiifen. in unmittelbare)' \'ei'bindung stehen. Die politisclie Situation wii'd folgoKKn'inaüeii geschildeil: scacuri rei idi/iis liaec: Poiiiprius, futn- (jitinii ('(ict:fiieiii non inpiKjiiet. sed, qiinil Uli mqnuiii piifet, (otii-f/fiiaf, nif Cdvionciii (jiKK-rerv disrordias. ralde aiifem non mit et jilanc iimvt (/(usayciii rot;. deslf/{'iu(ri) jn'ius, (juam eaerntnni <t provinriiim trudulrrit.-')

Wie nia)i sieht. wi)'d hie)' das schei)ib;i)'e Ejitgegeidcoimnen. ihu'ch das Po)))peius doi T)ibu)ie)i Cnrio zu eiitwaff))e)i suchte. i)i scl)a)'fe)i (legensatz gestellt zu seiner wirkliclioi Al)siclit. die darauf hi)iauslief. ei)ie Wahl Cäsai's zum Konsul niclit eher zuzulassen, als bis er sei)i Hec)- und seine Pi'ovinzen abg(>geluM) hätte.'') Scheitibai' bewillii;te l'o)))iieins seinen) Rivalen alles, was er billigerweise verla))i;(')i k(ui)ite: den)i wen)) Cäsar aus dem ihn vo)) der po'sönlichen Bewo'bmig u)n tias Konsulat dispen-

1) Kbeutla 8.0 (.Anfang Oktober .'jI): ' (juiil xi' . iuquit ali/(x, 'et coitsid essf cl currritKni hahcre roldf im iliiililifk In'erniif i^t in iIimu kiuz zuvor sesclniebenen liricfc lies Cäliiis VIII !)..') wn'd iUiili mit l.aiubiii zu lesen: Potupcins litas (i/inic { iiDit niliy rf pyorini-iatii loicrc i um exercilu rt consul {ctii c.s.sy). währrml llirsrli t'i'ld (S. 81) fonsul (.etil dc-signariy vorzieht.

2) Cael. Cio. fam. VJll 14, "i (.Vugust ;')()' : Cacmri .... persiias/im ext sc sidr/itii exse itoit posse, isiy all c.rcrcitii rcresserit. Hi Cae.'S. /;. r/r. I 'J. ■>. ("io. fam. X\'l \'l, 'A.

4) Suet. Vaes. ,')0: iiidi . . . itilfjo fore j/rdedicorenl. nt. si i>riratiis rrrlixsct, Miloiii.'! exvmplo rirciojipofiitix anualts caiisini? apint iiiilircs iliccret.

.')) Cael. Cic finii. VIII 11,3

(1) r)ii' Ldi'iclii' r.ftliiininii: wird ciuäliiit Cael. Cic /»h/ \'II1 1 1. i' Aiiuii-st .'lO): Cn. l'uinpeiitfi cotis/iliiif non pnli ('. Cdexarcui lOiisiilnn tililer fieii. nUi ceereitiini et provincias tradiderit.

Der Endiermin der (idUisrJien StallliulterscJiafI (.'äsars. 113

siecoiideii Plel)iszit des ,1. ■')■_" i da.s Reclit aljlcitcii diirtto. seine Provinzen noch über die Zeit der in der Renel im Juli stattlindenden Konsnlar- komitien zu behalten-), so gin^' Ponipejus. wenn man mit normalen Ver- hältnissen rechnete, mit der Ansetzung des Riicktrittstermins auf den 13. November über jene Vergünstigung noch erheidich hinaus. Er er- reichte aber seinen Zweck dennoch, wenn es ihm gelang, die Komitien bis zum Schlüsse des Jahres oder noch darüber Innans zu verzögern, wie dies aucli mit den für die Jahre öj, 53 und 5'2 anberaumten Wahlen der Fall gewesen war. Der unverkennbar zutage tretende Gegensatz zwischen dem äußerlich von Pompeius bezeugten Bestreben, den Wünschen Cäsars gereclit zu werden, und seiner wirklichen Absicht fiele jedoch ganz weg. wenn er als Endtermin der Gallischen Statthalterschaft bereits den 13. November öO in Aussicht genommen hätte: denn von diesem Tage bis zu den Konsularkomitien des J. 49 mußten mindestens noch acht Monate verstreichen.

Daß der Senat in jener Zeit im Gegensatze zu Pompeius tatsäcidich gesonnen war, Cäsar solange im Kommando zu belassen, bis seine Wahl zum Konsul stattgefunden hatte, erhellt aus einem im Juni 50 in diesem Sinne gefaßten Beschluß.-') Vonseiten des Senats war es demnacli nicht bloß ein scheinbares, sondern ein wirkliches Entgegenkommen, wenn er als Termin für Cäsars Abberufung den 13. November 49 ansetzte.

Das letzte Zeugnis, auf das Ilirsclifeld seine Ansicht stützt, findet sicli in dem Berichte des Hirtius üi)er die Begebenheiten des Gallischen Krieges im Sommer 51. Es heißt daseii)st (VIII 39), es sei Cäsar not- wendig erschienen, die Einwohner der von seinem Legaten Caninius be- lagerten Stadt Uxelloduuum für ihren hartnäckigen Wi(k>rstaiid zu züclitigen, damit sich niclit aucli die übrigen Städte im Vertrauen auf ihre günstige Lage zu iiefreien suchten, aun oinnibiis OaUi.^ notum esse sciret, reliqaam esse nnctm aestaiem suac iirovinriae, quam si snstinere potuisseid, nulhon ultra pericnlum vererenhir. Hirscid'cld hält es in Ül)ereinstimmung mit Bardt für unzweifeliiaft, daß unter dem einen noch übrigen Sommer der des J. 51 selbst zu verstehen sei: denn nur in diesem Falle könne Cäsars persönliches PZrscheinen vor Uxellodununi erklärt werden. Dieses Argument ließe sich wohl liören. wenn der Zeitpunkt, um welchen Cäsar jenen Entschluß faßte, in den Anfang des genannten Sommers fiele. Als sich Cäsar nacli rxellodunum liegai), war indessen, wie man mit Hof mann ^) aus der Darstellung der Kriegsereignisse entnehmen darf, schon der größte

1) Dio XI, .')!,•.'. Cic. fnm. VI C, .'). ;-"/(//. il -24. Att. \I1 O, i'. SiU't. Cues.i^i.

•2) Dieser GedanUc wird khir aiisii;e.s|iroehen in der liereits S. HO /.itierteii Stelle Att. VI! 7, G: ccerciltan rclinentis, ruiii legis (lies transierit, ratioiicm liaheri placet? mihi rero ne absentis quidem; sed, cum id dalum est, illnd iina datum est.

3) Cael. Cic fam. VIII 13, "2 : transierant ilhie rittionem eins habendaw gid {ncquc} exercitum neque lyrovineias traderet. quem ad modum hoc Pompeius laturus sit, cum cognoscam (scrihatn). 4) De origiiie lielli virilis CciesiiricDii. S. l(i.

Beiträge z. alten Geschiclite VI. ^

114 L. Holzapfel^

Teil des Soiiiiuers verfiossen. Diese Jahreszeit ging bereits zu Ende, als sich Cäsar nach der Einnahme Uxelloduniuns nach Aquitanien wandte, 'j Die Belagerung der Stadt kann aber nach Cäsars Erscheinen nicht mehr viel Zeit in Anspruch genommen haben, weil er von Anfang an darauf ausging, die Übergabe nicht durcli Aushungerung, sondern durch die Ab- leitung einer Quelle herbeizuführen, die nach heftigen, aber allem Anschein nach keineswegs lange dauernden Kämpfen ermöglicht wurde.*) Bei dieser Sachlage ersciieint es kaum zulässig, unter dem noch übrigen Sommer den des J. 51 zu verstehen. Für diesen Sommer, dessen Ende schon nahe war. glaubten die Galher wohl überhaupt nichts mehr be- fürchten zu müssen und meinten also, da dei- Winter für die Kriegführung ungünstig war, sie wäreu außer Gefahr, wenn sie sich im nächsten Sommer noch zu halten vermöchten. Die liarte Strafe, welciie Cäsar alsbald über üxellodunuin zu verhängen gedachte, wo man sein Erscheinen zunächst nicht erwartete'^), sollte aber von vornherein jeden weiteren Abfall verhindern.

Hiermit sind die von Hirschfeld für seine Ansicht beigebrachten Zeugnisse erschöpft. Unsere bisherige Untersuchung liat zu dem Ergebnis geführt, daß die der Statthalterschaft Cäsars zugeschriel)ene gesetzliche Dauer von zehn Jahren (1. März j!t bis 1. .März 19j nicht nur durcli die historische Überlieferung einstimmig bezeugt, sondern auch durch Cicero und Hirtius bestätigt wird. Zu den bereits besprochenen Angaben Ciceros kommen nun noch zwei Stellen lünzu. deren Wortlaut wohl eine verschiedene Interpretation gestattet, aber doch mit überwiegender Wahr- scheinlichkeit auf die Verlängerung des ursprünglich festgesetzten Quin- quenniums um weitere fünf Jahre bezogen werden darf.

In der zweiten Philippica 21) erwähnt Cicero zwei Ratschläge, die er Pompeius gegeben habe: unurn. ne quinquennü imperium Caesari prorogaret, alternin, ne paUrehir ferri, ut absentis eins ratio haheretur: quoriim si utrmnvis persnasissem, in has miserias numqiiam iiicidissemus. Hirschfeld meint (S. 81), es sei durchaus irrig, das quinquennium auf die Verlängerungsfrist zu beziehen; denn es gehe sowohl aus den Worten selbst wie aus der unmittelbar folgenden Betrachtung hervor, daß die durch das Vatinische Gesetz auf fünf Jahre verliehene Statthalterschaft zu verstehen sei.

Hier darf man aber doch wohl anderer Meinung sein. Was zunächst den Zusammenhang betrifft, so ist nicht einzusehen, warum die Worte qnorum si utrumvis i)ersuasissem, in has miserias mimquam incidissemns nicht auf einen gegen eine Verlängerang des Imperiums nm fünf Jahre gerichteten Rat bezogen werden können. Ferner können die in Frage kommenden Worte selbst grammatisch ebensogut in dem einen wie in dem anderen Sinn aufgefaßt werden, da das Verbuni jirorogare als Objekt

1) b. G. VIII 4G, 1 : //( eam partem (xalliae est pfofectus, ut ibi comumeret ex- tremum tempiis aestivoritoi. 'i) h. U. VIU 4(1 ff. 3' b. G. VIIF 40. 1.

Der Endtermin der fJdJIit-rlien St(iil]i(tUcr.<rhaff ('ämn:. 115

nicht nur die zu vciiiinuciiuli' hrist. soiidcin aiicli ilic ilii' micli hinzu- gefügte Zeit zu sicii nininit. 'l l'ür che h'tztcic Deutung (iüifte wohl die Erwägung sprechen, daß es iiei (h^r llervoiiiehnng (h^r von l'iinipeius gegen Cicents Hat begangenen i'elder viel näher lag. die Dauer tler für Cäsars Stattlialterschaft noch liinzugefügten als die der ursprünglichen Frist zu betonen. in gleicher Weise ist denn auch AU. VI] tj, 2: cur auteni nunc prinium ei (Caesari) resistamus? oi> yno ^i, fötJe ßsT.^ov ent xaxöv, qxam cum qu'mquennhirn prorogahamiis zu beurteilen, für welche Auffassung sich auch Wieland in seiner Übersetzung entschieden hat.

Die dem (iesetz des l'ompeius und Cras.sus zugeschriebene Ver- längerung der Statthalterschaft Cäsars um weitere fünf Jahre darf hier- nach für hinlänglich beglaubigt gelten. Ks bietet sich su auch eine be- friedigende Erklärung für die Bestimmung, welclie eine Verhandlung über die tiallischen Provinzen vor dem 1. März .'lO untersagte (S. 108). Da mit diesem Tage das zehnte Tmperienjahr Cäsars begann-), so war es sachlich durchaus gerechtfertigt, vorher keinen Bescliluß zuzulassen. Wenn aber andrerseits der Konsul M. Marcelhis seine Agitationen schon vor dem 1. Juni öl eröffnete^), so konnte er sich auf die bisher befolgte Praxis berufen, wonach die konsularischen Provinzen mindestens IS Monate vor ihrer Besetzung l)estimmt werden mußten.

Nach Hirschfelds Ansicht soll die Klausel, die eine Beratung des Senats über Cäsars Provinzen vor dem 1. ^lärz .")0 als unzulässig be- zeichnete, den Zweck gehabt haben, ihm die Weiterführung seines Kommandos über das J. 4i> hinaus zu sichern s. oben S. lOS). Von einer ausdrücklichen Verlängerung seiner Statthalterschaft bis zum 1. März 41) habe Cäsar aus Rücksicht auf Pompeius und Crassus al)sehen müssen, denen die Provinzen Spanien und Syrien nur bis zum Ende des J. 50 verliehen worden seien. AVas zunächst den letzteren Punkt betrifft, so brauchte Cäsar, der zur Zeit der Knid'erenz von Luca die polifisclie Situation entschieden beherrschte, wohl kein Bedenken zu traiion. eine Erstreckung seines Imperiums auf weitere fünf Jahre zu verlangen, wodurch er nur zwei Monate länger als Pompeius und Crassus im Besitze seiner Pro- vinzen verbliei). h'erner hätte ihn aber der Umweg, den er nacli Hirsch-

1) Als lieleiif hierfür iiiÖMeu lolgciidc J-telleii uiigeführt werde ii : (.'ie. faui. II 7,4: rui/o cilqur ora. ne putiate qnicijiiaiii mihi ml liirur j/yorincialcui )iiolesiia>H tem- pori.'i prorofidfi. XV 14,5: omnis tuos nerros hi eo coiiteiidns. nc quid niilii ad litinc provincinm^ quatii et senatiis et iiopiduK aniuiam esse voliiit. fetuporis /»oroffetiir- Plid. II 74: pnip'ciscitiir in Hispauiani CiifSdr jitiucis tibi ad solreiiilidii inopter inopiam tuam proroyatis dielms. Alt. V '21,.^: ne (pi/d milii proroyetiir . ., Iiurreo, XI 11 .']4 : ipne enim adsum, nisi quid lu pyoioyas. Im lliiililick auf diese Stellen winl iiuiu geneigt sein, bei Horaz a. p. ü4.")tf. : liic tncret m-ra Jiher Susiis, liif et mare traiisit Et longum iioto scviptovi pmroijat nevum den .Aii.sdrufk loiii/inti nicht mehr pru- leptiseh zu fassen, sondern unter loiii/inii aendii die zu der n:itürlii'lieii l.ehens- dauer des Dichters noch luuzid<nmmeude Zeit zu verstehen.

2) Vgl. Mommseu, Reehtsfraye, S. öl'. 3} C'ael. Cie. fti>,i. VIII, 1. '-'.

8" 9

1 1 1) L. Holzapfel, Der Endtermin der Gallischen Statthalterschaft Cäsars.

felds Amialime eingeschlagen haben soll, nicht einmal zu seinem Ziele gefühlt; denn es stand, auch wenn die bisher in der Anweisung der Provinzen befolgten Grundsätze beibehalten wurden und die durch das Gesetz des Ponipeius l)eseitigte Kontinuität des luiperinms gewahrt blieb, nichts im Wege, sänitliclie Provinzen Cäsars noch nach dem 1. März 50 an drei mit dem Al)lauf des Jahres znr Statthalterschaft gelangende Prätoren zu vergeben, wie ja auch um die xMitte des J. 5fi das bisher von dem Konsular Piso verwaltete Macedonien dem am Ende dieses Jahres die Prätur niederlegenden Q. Ancharius überwiesen worden war.')

Andei'S gestalteten sich die Dinge, wenn Cäsars Statthalterschaft gesetzlich erst am 1. März 45) erlosch: denn dann konnte ihm, wenn die durch das Gesetz des Pompeius geänderten Verhältnisse fortbestanden, vor dem 1. Januar 48 überhaupt kein Nachfolger gesandt werden. Unter solchen Umständen war für sein Verbleiben in Gallien bis zu diesem Termin weiter nichts erforderlich, als ein Dispens von der persönlichen Bewerbung um das Konsulat, der ihm durch das Plebiszit des J. 52 (S. 113) bewilligt wurde. Mit Recht erl)lickt daher Livius die Bedeutung des Plebiszits darin, daß hierdurch die Gallische Statthalterschaft bis zum Ende des J. 49 verlängert worden sei-), welcher Auffassung auch von Cäsar selbst Ausdruck gegeben wird.*)

Wir glauben hiermit gezeigt zu haben, daß die Überlieferung, wonach Cäsars Statthalterschaft im J. 55 um fünf Jahre verlängert wurde, nicht bloß äußerlich wohl beglaubigt ist, sondern auch die innere Evidenz für sich hat.

1) Der Antrag, Macedouieii zu einer präturischeii Provinz zu erklären, wurde von Cicero in der Rede de provincüs consiilaribiis 17) gestellt, die nacli Langes Ermittelungen (Böm. Altert- 111^331) erst nacli dem 15. Mai öG gelialten sein l<ann (vgl. Cic. Q. fr. II 6, 1 mit prov. cons. 14). Über die Annahme des Antrages und über Pisos Ablösung duroli .\ncharius s. Cic. Pk: 88 ff., Ascon. p. 1 Kießl. und Cic. fam. XIII 40.

■2) liiv. Perioch. CVIII: agente in seiiatu M- MarceUo eo)iSHle,i(t Caesar cid petitionem consulatns reniret, ai»t is lege lata in tempiis consulatus jirovineias obtinere deheret. Daß unter der lex das Plebiszit gemeint ist, das Cäsar gestattete, sich von Gallien aus um das Konsulat zu bewerben, hat Hirschfeld, S. 78 Note 5 richtig erkannt. Es ergibt sicli dies nicht bloß aus dem Zusammenhang, sondern auch ans dem Vergleich mit CVII: lex lata est, nt ratio ahseiitis Caesaris in petitione consulatus iiaberetur, worauf CVIII augenscheinlicli zurückverwiesen wini. Nach den obigen Dar- legungen ist kein Grund mehr vorhanden, mit llirschfeld eine Verdunkelung des Sinnes durch den Bpitoraator anzunehmen.

3) Als die Gesandten des Senats am 11. Januar 49 in .Ariminum erschienen (s. Beitr. III 214), erklärte ihnen Cäsar, daß er durch Entziehung der iiim vom Volke gewährten Vergünstigung, sich abwesend um das Konsulat zu bewerben, sechs Monate seines Imperiums verlöre (6. c. I 9, 2). Da er durch den Verzicht auf jene Erlaubnis, zu welchem er sich bereit erklärte {h. c. I 9, 3. 5), genötigt worden wäre, ein Trinundinum (17 Tage) vor den Komitieu in Rom zu erscheinen (Cic. fam. XVI 12, 3), so kann unter den in Wegfall kommenden sechs Monaten nicht etwa mit Hirschfeld (S. 8,') Note (J), die erste Hälfte des J. 49, sondern nur die vom Juli bis zum Ende iles Jahres verfließende Zeit verstanden werden.

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117

Inwieweit kann die Apostelgeschichte als historische Quelle gelten?

Von Wilhelm Soltau.

Die folgende kurze AbliaudlunR- geht ans von dem Gedanken, daß es eine der wichtigsten Aufgaben dieser Beiträge ist, orientierende Übersichten über die Ergebnisse einzehier Forschungsgebiete der alten Geschichte weiteren Kreisen von Fachgenossen mitzuteilen, insbesondere über solche, welche durch die Fülle von Spezialuntersuchungen und durch die Mannigfaltigkeit der Ergebnisse von der Mehrzahl der Leser nicht leicht überblickt Averden können. Zu solchen der Berücksichtigung be- dürftigen Gebieten gehört auch die Frage, inwieweit die Apostel- geschichte als historische Quelle angesehen werden darf. Keine Schrift des N. T. besitzt eine ähnliche Bedeutung für die alte Geschichte überhaupt. Sie bietet neben den paulinischen Briefen fast die einzig brauchbaren Angaben über die Ausbreitung der neuen Weltreligion im Römerreich während des ersten Menschenalters ihres Bestandes.

"Wie allgemein zugestanden wird, enthält die Apostelgeschichte Ab- schnitte, welche zu den ältesten Nachrichten des ganzen Neuen Testaments gehören. Manche ihrer Angaben geben Anregung zu zahlreichen juristischen und staatlichen Fragen und dürfen bei Erörterungen über dieselben nicht unbeachtet bleiben (vgl. vor allem den ausgezeichneten Aufsatz von Theodor Momnisen: Die Bechhverhültnisse des Ajwsfels Paulus in Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft lUOl, II Sl f.). Die Beschreibung der Seefahrt von Caesarea bis Puteoli ist „eines der instruktivsten Dokumente für Kenntnis des Schiffahrts- und Seewesen'") im Altertum.

Andererseits ist es bekannt und sollte allgemein anerkannt sein, daß größere Partien der ersten Hälfte (1 5; 10 12), aber auch manche Erzählungen der zweiten (so in 18 19; 22 26) weitab von dem liegen, was unter verständigen Leuten als historisch glaubwürdig angesehen

1) So HoltzmaiiD, Handkommentar zu Act. 27, 2; s. namentlich auch Biemniig Die Nautik der Alten, (1886).

:

I IS Willulm .Soltau,

■werden darf. (U't ist Altes uiul J-Ä'lites mit iifuuigreiflieli A'erkclirteiii und Erdichtetem in ein und demselben Kapitel vereinigt.')

Seit langem hat es daher mit Recht als eine Hauptaufgabe der neu- testamentlichen Forschung gegolten, hier eine sichere (inuidlage zu ge- winnen, um Altes und Neues, glaubwürdig überliefertes uiul schriftstellerische Zutaten mit genügender Bestimmtheit zu scheiden.

Eine rnzaiil von Abhandlungen -i liegt vor, welche sich an der Lösung dieses Problems versucht haben, nnd schon die Zahl und die Verschiedenheit der Resultate zeigt, daß der Erfolg mit den Bemüiiungen iiiclit im Ein- klang steht.

Über (Hese Bestrebungen aucli nur in großen Zügen zu referieren, liegt nicht in der Absicht des Verfas.sers und kann nicht an dieser Stelle gefordert oder auch nur gewünscht worden. Wohl al)er wird es möglich und ersprießlich simu. eine kurze orientierende Übersicht über die Haupt- richtungen der Forschung zu geben, bevor die bleibenden Ergebnisse mitgeteilt werden.

Das Hauptjirübleni der Apostelgeschichte, zu welchem alle anderen Einzelfragen in Beziehung stehen, ist dieses: Hat Lukas, d. i. der Verfassen des dritten Evangeliums und des Reiseberichts, welcher in erster Person Plur. erzahlt (Wir-Bericlit = Act. H;. (1 24: '20. 2— Ifr. 21, 1^19: 27.1 28, IH), zugleich die ganze Apostelgeschichte verfaßt oder ist der Verfasser (V.) der Aposteldenkwürdigkeiten ein anderer, ein viel später schreibender Schriftsteller, welcher dabei manche schriftliche Berichte ans apostolischer Zeit zu Rate gezogen, aber im einzelneu vieles nnt schriftstellerischer Freiheit ausgestaltet hat?

Für die Identität des Verfa.ssers und für die Einheit der Apostel- geschichte ist oft genug die Tatsache ins Feld geführt worden, daß beide

1) So (ier ;üi.si;e/.eiclim'tf lirriclit eiiio Aiig('H/.eugi.'ii in erster Pensen ',\Vir- Bericlit") in Kl, C i'l, bezw. l(i, ,').'i— 40 nml die gefälscliteu Angaben von IG, 1 .') Oller die nacli I'i'tii liefreiuns (.'i, KM' 1.'. 7f. enliclitoten .\ngal)en li;. 2.'i— 34.

2) Vgl. (larül)t'r die Literatur hei llnlt/.üiann in HuniIkoiiiDiciiliir nml in der EhiJeitinui in das X. T-, weiter n. a. aucli die übersiclitliclie t?esi)reoliniis von J. Jüngst, Die Quellen der Apostrl(/tvrli/rIi/e, iGotlia IS'J.'i) S. 1— "iL'. Von hesender.s in Betraelit kommenden Schriften seien senaunt: van Manen l'dnliis 1 (De Haiide- liwien der Aposteln) ISiH); ."spitta. Die A/msfeh/esehieJife. Hin- (Quellen und deren gesehiehtUcher Wert l.s;il : Clenien, Die ('hronolnrjie der [ninlinisrlien Briefe 1892; Sorot', Die Entstehung der Apostelgesrliiehte 18;iO; Feine, Eine rorhanonisehe Über- lieferung des Lukas im Ernngelium und Apostelgesvliirlite IJS'Jl; tierclvC, Der öeiTiiiu.; f.byoq des Lucas und die Apostelges<liirlilr (Hermes 'ii), 373); August Pott, Der abend- ländische Text der Apnstelgeschichte und die Wirquelle (beipzig lilOtr; Hawkius, Horae sgnojiticae 1,1899) S. 148 f.; Schulze, Der Galaterbricf 1903; Soltan. Die Her- kunft der Reden in der Apostelgeschichte (Zeitsclir. f. d. Neutcstanientliclie Wissenschaß 1903, IV, 1-28). Dazu konnnen dann die über die Blass'.sclieu Hypothesen über den abeudlRudischen Text von A<'ta liandelnden Sclirit'ten. (Vgl. Zeitschr. f. d. iV. W. 1903 S. 3I() .

i

Inicieiveit kann die Apostelgeschivlife uh liistoriscJie Quelle tjelten? llft

Schriften iu den meisten Teilen einen übeieiustimmeuden Vokabelu- scliatz nnd Spiachgebraucli aufweisen. Diese ..Tatsache" genügt aber nicht, wie gezeigt werden soll, und bedarf außerdem bei einer näheren Unter- suchung der sprachlichen Eigentüudichkeiten einzelner Abschnitte der Korrektur. ')

Im Übrigen liaben sich die apologetischen und vermittelnden theo- logischen Kreise meist mit dem Machtsprucii begnügt, daß die kirchliche Tradition schon früh Lukas als den Verfasser beider Schriften nenne. Daß derartige ..heilige Schriften" Veränderungen erlitten oder eine Ent- wickelung gehabt haben könnten, lag meistens außerhalb des Bereiches jener beschränkten Köpfe, welche nie ohne dogmatische Vorurteile an rein historische Fragen heranzutreten wagen.

Jeder, welcher gewohnt ist, mit eiuer gewissen Unbefangenheit an die Beurteilung historischer Quellenwerke heranzutreten, muß dem gegen- über zugestehen, daß die minderwertigen Berichte der ersten Hälfte nicht von demselben Autor herrühren können, welcher den Reisebericht geschrieben hat und Augenzeuge mancher Vorfälle aus der letzten Leidenszeit des Paulus gewesen war.

Wenn trotz alledem selbst ein Harnack Lukas als Verfasser beider Schriften festhalten konnte-'), so mußte ein anderer Ausweg gefunden werden, die Verschiedenartigkeit dei- beiden Bestandteile zu erklären. Lukas konnte dann nicht der oiiiiinale Berichterstatter sein, sondern nur der Bearbeiter früherer Quellberichte. Ein Weg hierzu war die Unter- scheidung verschiedener schriftlicher Quellen, welche der letzte Be- arbeiter nebeneinander benutzt haben sollte.

Aber aucli dieser Weg hat sich als ein Abweg erwiesen.

Die großen "\'erschiedenheiteu. welche die Resultate der einzelnen Forscher aufweisen, zeigen aufs Klarste, daß auf diese Weise keine wissen- schaftliche Sicherheit gewonnen werden kann. Noch am ehesten ließ sich liöreu. was Sorof gefunden zu haben glaubte, daß in Acta eine echte Lukasschrift und eine Petrusquelle kombiniert, durch mannigiache Zusätze ergänzt, vorliege. Wenn er aber Timotheus als den Bearbeiter hinstellte und daneben als Urheber der Wuudererzählungen immer eine der gerade abwesenden Berichterstattei- jiostulierte. so hat er damit auf keiner Seite Anklang gefunden, und nur die alte Wahrheit erhärtet, daß eine Untersuchung zwar mit phantasievnilou Einfällen beginnen kann, aber, nicht mit ihnen ai)schließen darf.

1) Vgl. vor allem .Noriteu, Die nnfike Kinmtpmsa 11, 484; llawkius, Horae synopticae S. 1.50 t".: Soltau a. a. 0. S. I2;i.

•2) Vgl. seine im Übrigeu vortreffliche Widerlegung der Blass'scheu Hypothese daß Lukas selbst um 70 zwei verschiedene Bearbeitungen der Apostelgeschichte = orientalischer Te.xt, ,y = occidentalischer Text, vertreten dui'ch cod. D, die, lat. Übersetzung und eine syiisclie Handschrift) hergestellt habe, Sitzmigsherichte der Berl. Akademie 1899 .S. l.'iOf, 316 f., 1900 S. ■-> If. Vgl. ferner üljer die Identität der Verfasser ebendaselbst S. .538 ff-

3

120 Wilhchii Soltan,

Die überaus iiuihcvollcn Dctailarbciteii von Spitla. Cleiiicii. Jüngst. Pott u. a., welche sich bemüht haben, die Uncbenlieiten und Widersprüche in der Bericliterstattung der Apostelgeschichte durch die Benutzung mehrerer Quellen nebeneinander zu erklären, bieten in Wirklichkeit keine Erklärung, selbst wenn sie untei- sich zu einer größeren Klarheit und Üiiereinstinimung gekommen wäicu. Ks müßte z. B. das reinste Wunder angenommen werden, wenn zwei Peti'userzählungen so ähnlich und doch wieder so abweichend nebeneinander l)estanden hätten, wie sie z. B. Jüngst S. 221 angenommen hat, wo in Kap. 1 2 die Verse 1,6 8: 12—14: 2.4: 12—23: 32—33: 36—3'.): 41a: 43c; 46— 47a ans Quelle A, 1,15— 2,2a: 2,ä— 11: 24—31: 34-3:»: 41b— 43a: aus Quelle B. der Rest vom Redaktcu- herrühren soll.

Eine Reaktion gegen diese Richtung war chingcnd notwendig, und bereits seit längerer Zeit von der kritischen Theologie und von philo- logischer Seite aus in Angriff genommen. Sie führte zu dem Resultat, daß in der Tat mehrere schriftliche Quellen nacheina ndei-, nicht neben- einander verwandt worden sind. d. h. daß eine ältere Schrift des Lukas durch spätere Hinzufügung jüngerer Bestandteile erweitert worden ist. ohne ihre eigene (iestalt völlig eingebüßt zu haben.

Die Forschung ging aus von den Ergebnissen sprachlicher Unter- suchungen, daneben auch von der richtigen Erkenntnis, ilaß denn doch die zahlreichen Reden schriftstellerische Kunstprodukte, keine originale eigenartige Erinnerungen eines Zeitgenossen sein könnten.

Mit Ausnahme der Stephannsrede, in welcher ein vorzügliches Spezimen hellenistischen, alexandrinischen Christentums vorliegt'), sind alle Reden der Apostelgeschichte in einem gewandten Ciriechisch geschrieben-) und heben sich schon sprachlich von den erzählenden Abschnitten ab. Die überaus sorgfältigen lexikalischen Untersuchungen, welche Hawkins in seinen Horae si/noiiticae über das Verhältnis von Lukasovangelium und Acta angestellt hat, haben zu dem festen PZrgebnis geführt (vgl. S. 149 f.), daß die Sprache des ..Wir"-Berichtes durchaus derjenigen des 3. Evan- geliums ents])richt. weit mehr als die der übrigen Partien von Acta. Es kam hinzu, daß andere erzählende Abschnitte offeid)ar eine andre Hand verrieten, als die des Schriftstellers, welcher die Reden komponiert hatte.

Eine Untersuchung des Inhalts dieser Reden führte aber noch ein gutes Stück weiter. ^) Von mehreren der bedeutsamsten Redestückeu konnte

i

1) In den Gruudanschauuiigeu mit P.spudolianialias und den Clenientinen verwandt.

2) Dagegen ist aiieh die Steiilianii.srede spraohlieli ziendich ungewandt, nicht in gutem Griechiscli gesclirieben; vgl. Norden a. 0. II, 483 f.

3) Vgl. Holtzmann. Bnnäkommentar S. 3M: Jülicher, Ehileitvng in das N. T. S. 270 f.; W. Seludze in Studien und Kritikei/ 1900, IV, 563 f.; Soltau (in Zeitsclir. f. d. Neutest. Wissenschaft 1003 S. 133 f.) Die Herkunft der Heden in der Apostelgeschichte.

Iiiiriaix'it kann die Apustel</(>iili teilte als liistoii^clw Qacllo rjcltoi^ I"J1

gezeigt werden, (lab sie in genanesteni Ansclihiß an die panlinisclien Episteln znsaniniengestellt seien.

Die Gedanken der Abschied.srede an die l^)lie.S(n' (Act. 20, 1^ W) sind ans dem 1 . Tliessaloniclierbrief. die Rede zn Atlien lAcl. 17. 241'.) ans dem Römerhrief, die Reden des l.'>. Kapitels, sowie das A|)()stel(lekret nach Cal, 1—2 und 1. Kor. 6: 8— 10 gebildet. Die TetrHsrede 10, 34f. enthält Gedanken ans Gal. 2. (!: Rom. '■•, -1 ,'>: 2. Tim. I. 1. Die erste große Rede des Apostels Paulus ist z. T. 113. l(i 22' nach dem ^'orbil(le der Stephanusrede komponiert, anderes aus Luk. c. 23-24 entnommen.

Weiter sind die beiden X'eiteidigungsreden des i'aulus ^22, 3- Ki: 2(), !l ISi offenbar nur freiere RejnMiduktionen (U's Berichtes von i'auli Bekehrung, ergänzt duicli manche Reminiszenzen aus den Faulnsbriefen (Gal. 1 12—16; 1, K(u-. :>. 1 . 1,^ :.: Kphes. 1. iSf...M Mehrere kleinere Redestücke beridien. wie gezeigt wcnlou Isumite. iiihallli<'li auf .Viinabcii der Reiseberichte. Z. B. ist der hübsche Brief des Claudius Lysias an Felix (23. 2<if.) lediglich aus den voraufgehenden .Angaben zusammen- gesetzt. 24. 10 21 und 2S. li!f. sind sogar nur freie l']rtinduiigen des Autors mit völlig unhistorischeu Angaben.

Besonders wichtig aber war der Nachweis, tlaß die Gedanken der l'etrnsreden in 2 4 aus Elementen entnommen sind, welche ursprünglich der Rede des Stephaiuis angehört haben. -|

Durch diese Herlcitung der Reden ward es sonnenklar, daß der Ver- fasser des Missions- und Reiseberichtes nicht identisch mit dem letzten Redaktor der Aposteldenkwürdigkeiten sein konnte. Letzterer stand den von ihm beschriebenen A'orgängen durchaus fern. Er besaß so wenig sichere Kunde von ihnen, daß er Paulus (^Act. 13) und Petrus (2 4: 10 11) wie Stephanus reden ließ, und nur mit Hilfe der ])aulinischen Briefe und freier Erfindungen den trockenen Reiseberichten eine literarische Gestalt geben konnte.

Noch wichtiger war (heses Ergebnis über die Herkunft der Reden dadurch, daß nach Elinnnienmg dieser Zutaten der alte Reisebericht, welcher im Wirbericht auf Angaben eines Augenzeugen, sonst wenigstens auf Erinnerungen eines Zeitgenossen zurückging, deutlich hervortrat und in seiner Ursprünglichkeit klargelegt werden konnte.

Zum gleichzeitig niedergeschriebenen Wirherkhtc des Lnhas dürfen jetzt nn't Bestimmtheit gerechnet werden:

16.6—24 (35—40) 23,11—24

20, 2—16 21,1 —20a 21,27—30 22. 23—29

23, 32—35

24, 24—25, 13

25, 23—27

27, 1 —28, 16

1) Vgl. dazu meine .Ausführungen a. a. 0. S. 138 f.

2) Ebemlas. S. 152.

122

Wilhelm SoUav.

Als weitere Reisenotizen. welche iaikas ohne Zweifel selbst später nach brieflichen und niiindiichen Angaben anderer (z. B. des Silas) gemacht hat. sind anzusehen:

11.20— ;}0 17,1—15

13. 1 —14 18. 1—23

13.42— 14. 2H li). 9— 22')

1 Tl. 3.')- 41 Von einem ganz andern Gesichtspunkt aus betrachtet hat die Stephanus- ppisode lii. I— ><. 4 n(4)st Cauli Bekehrung H. 1— 31 ) ihre große Bedeutung- Sie ist das ällcslc jidkumcnt für jenen christlichen .Vlexandrinisnins, welcher dem Wortsinii des .\. T. eine esoterische, eine typische Bedeutung an die Seite stellte und so die ganze christliche Heilslehre schon aus dem Wortlaut der jüdischen heiligen Schriften zu begründen veistand.

Von einer andern Seite ist man übrigens zu dem gleichen Resultate" gelangt, dali .\cta ursprünglich nur Berichte über Pauli Missionsreisen und seine letzte Reise nach Rom enthielt.

Sorof^) und (iercke'l haben nnwiderleglich gezeigt, daß die jetzige A])ostelgesc]iiclite in ihrem I. Teile eine starke Überarbeitung einer ursprünKlichcn Lukasschrift sei. welche in zahlreichen Punkten den .\n- gaben des Kvangeliums wideispreche.

Der Beweis dieser These ist auf zweifache Weise geführt: einmal so- dali gezeigt ist. wie die Petrnsstücke in eine schon bestehende Lukas- schrifl eitiiiezwäugt sind und dabei oft der ZusMuimciihanii und die stilistische Form Trül)unj;en (>rlilten haben. Sodann aber ist durch eine detaillieite Ogenübersteihmg der Ai)weiclinngen und Kntstellungen, welche die Be- arbeitung v(m Acta gegenüber (l(>m 3. j-^vangelium aufweist, die Pnmöiilich- keit darfictan. dali beide Schriften denselben ^'erfasser gehabt Indien können.

Vervollsliindiiit ward dieser Beweis noch dadnrch. dal,i mit Sicherheit gezeigt weiden kminte. dalJ die ältere .\postelschiift. welche nur rcod'^eu Ihcihw entliielt. zweifellos von dem Verfasser des Kvangeliums d. i. Lukas herstamme. Der Kvani;elist l;il,h bekanntlich die falschen Zeugen bei Jesu Verurteilung iMk. 14.. "x; .")'.!' aus und läßt sie dafür Act. (i. 1 1 13

Ij Völlii; wertliis siiul ihi verkiiüiit'tcii - IC.xkursc b', 1

neii die mir äuLlcrlii'U mit dicsfii l'.r/.;ilduiii,'eii

, ... :,: ir,. -25-34; 18,24- U», S; llt,23~20, 1: >!, 2()b

bis -iti. 7m 21. 2o1i— •_>(; vgl. Gerckc, i/<r;»e6' 29, 37;il'. Soltau, Protest. Monats- hefte 1903. VII. .s .S 2;ili.

2j Die Eiitstehiinij der Apostetiieseliirltte {V,fii-\m ISDÜ). Mau beaclite nauieutlicli auch die Ibcrsiclit ?^. lOo. Die lialtlo.-^c Vernuitung, daß l'imotlieus Verfasser des \Virl)eri<'1its sei. uiöfie iii;ui deru Aiilnr zugute halten, da er sonst vieles gut dargelegt hat.

3) Hermes 2y, 373: Uer (it/rf«*«,- /.öyuc des Lucas.

4' Vgl meinen .Nachweis a. a. H. .S. 142 ft".

hmieiccit kunn die Apusitdyeschuhtc als higtunsiliv Qudle (]eHe)i''f 1"23

bei (leiii Prozcli dos Stcpliaiius eine Rnllp spielen, trotzdem iliie An- scliiildiguuf;eii liier siiiiilos sind. l-",s i.st diesellie Hand, weielie andrerseits den sterbenden Jesus die Worte saijen liiLit. weiche in der iüzäiiliinf; von Stephanns' Tod eifjentlicii nur (Meser gesprochen haben kann. Xni- Lukas läßt Jesns vor Herodcs er.scheinen. offenbar weil er parallele (jerichts- verliandliingen i)ei Jesus und Paulus (Act. •_'.")--■.'•> voraussetzte.

Wenn dieses aber richtig ist und es bleii)t richtig, auch wenn die Tiieologen hiervon nicht viel wiss(>n wollen - so ergibt sich daraus di(> völlige Wertlosigkeit der l'etrusstücke Act. 1 -.'>: S. .") - 4(1: '.1. .Sl' - 1 1 . 1 7 : l'J. „Jedenfalls", sagt (iercke a. a. O. S. '-W'! nn"t Recht. ..wird der Cber- arbeiter, der das l']vangeliuni offenbar schon in der heutigen (restalt benutzte, nicht vor Beginn des "_'. Jahrhunderts die Apostelgeschichte, wie sie uns vorliegt, geschrieben haben, vielleicht sogar noch einige Dezennien später." ..Kine eigene Kenntnis der geschilderten Kreignisse oder der Ortlichkeiten. wie der .Aresliügel in Athen, besali er nicht mehr, ja die \on ihm zur l']rgänzung der Lnkasschrift herangezogenen Nach- richten weisen sogar eine i\Ienge von Kntstellungen und Mißverständnissen auf. wie man sie <^uelleu. die den Ereignissen fast gleichzeitig sind, nicht zutrauen kann." ..In s(>inei- Uarstelhing spiegelt sich die bereits gänzlich veränderte religiöse und historische Auffassung einer späteren Zeit wieder."

in

Ausgleichung von IVIünzfUssen.

Vdii K. Itegliiig.

I. Babylonische leichte Gewichtsmiiie und römisches Pfnud.

Auf (idldmünzcn der Galeria Yaleria'), des Galerius. Severus II, ronstautiiins uiid .Maxiniiinis Daia-'). welche zwichen 306 und 309 '^J in Nicomcdia geprägt sind, l)ildet den Schluß der Münzlegendc ^KyJXC. Das Jlonogrannn Y. für das icli keine Deutung weiß^), scheint zur Er- klärung der beiden anderen Ausdrücke unwesentlich; von diesen ist INK

1) Drei Exeiiii)hiiv, eins in llt'iliii. Bi'giT, tlicmimts Brandcnburgensis II &. IM, Fiifdländer-Sallet, das hyl. Mümkabinet a. Aiitl. 1877 Nr. 1040, 5,08 g, eins bei .lojiu l'^vans, muimmatk chroniclc 18SG S. ".'Sl l'at'. XII 11, 5,'2.') g, eius im Besit/.e des Erzherzogs Friedricli, Kenner. Wiener numismat. Zeilschrift XXVI S. 5 Taf. 11 25, 5,37 g. Das von Collen 1, .Antl. Bd. V S. (Slil Nr. 2 ans ^Vjgans I^esitz publizierte, iü/.wisciien ins IJritisli Museum gelangte Stück mit angeblich NK Tj X C und SMAZ im Abschnitt liat nach Ma(klen, nion chron. 18()5 S. 101, Friedläuder, Zeitschr. für Nviii. 11 S. 14 und Missong ebenda VII .S d.')! nicht NK Y. X C; trotzdem ist das Stück aiicli in Cohens -2. Aufl. Hd. \II S. 130 Nr^ 11 noch ebenso falsch heschrieben worden, sodaß Kenner I. c. S. ö irrig ancli in London die Existenz eines solchen Stückes der (jaleria nnt NK Y, XC annahm. Maurice, mimismatic chronicJe 1903 S. 224 Nr. II.

2) Die Stücke des Galerius. .Maxiiuinus, Constautinns und Severus (das letztere von barbarischer Fabrik) hei Maurice, mint, chron. 1903 S. 227 Nr. I, 218 Nr. 111, IV, V. Irrig zählt Babelon, traitc des monn. grccq. et rom. S. 531 auch Münzen des Maximianus llerculius mit dieser Sigle auf, das betreffende Stück, Cohen Nr. 375, ist vielmehr von Galerius Maximianus, vgl. Maurice I. i-.

3) Terminus i)0st c|uem für die (iruppe ist die Erhebung des Severus zum Augustus, 25. Juli 306, terminus ante ([uem Frühjahr 309. zu welcher Zeit Galerius den Augustustitel des Maximinus und Constantiuns. den sie auf unserer Müuz- grnpiie noch nicht führen, anerkennt. Der Tod des Severus, Frühjahr .307, ,kanu nicht als terminus ante (|uem dienen, da das betreffende Stück barbarischer Fabrik ist und also nach seinem Tode angefertigt sein kann. Die Münzen der Galeria setzt Maurice imm. chron. 1903 S. 219, vgl. aucli 1899 S. 214, 1900 S. 309, 1902 S. lOGf., in die Zeit nach Erhelnmg des Licinius zum Augustus (11. Nov. 308\ doch vermag ich die Grüude nicht eiuzusehen.

4) Weder „lege ralente'' (Schmidt, Z. f.N.li\ S.255f.) - Jex" hatte schon Missong I.e. S. 294 in y> gesuclit noch Jibrae rahre" (Kenner 1. c.) sind deukbar, wenn auch etwas derartiges darin stecken wird: völlig ausgeschlossen siud die Deutungen von Friedläuder, Z. f. X II S. l.jf. der ohne Berücksichtigung des in X steckenden

1

4

Ä'. BegJinfi, Ausf/leicJiniirj von Miimfiisupn. 1"25

längst auf Nicomedia f^edeutct worden M. XC aber gibt, wie M. Schmidt''^) erkannte, an. daß '.10 dieser aurei auf die Mine von Nicomedia gehen, die er in der ..alten kleiuasiatisclien .Mine" erblickte, deren i)(). dem Diocletianischen Aureus (Vßf, des römisciicn i'tiindes) wirklich ungefähr ent- spräche. Zweck dieser Zeilen ist. darauf aufnierksaui zu maclien. daLi dies Verhältnis niclit bloß ein ungefähres ist. son(h'rn daß es g(Miau stimmt, und daß ihc zugrundeliegende Norm die leichte i)ab\ Ionische Gewichtsmine ist:

leichte Ijabylonische Gewichtsmine: 4111. "2 g. ' ,,„ davon also .0.4(1 g, römisches Pfund 327,45 g, Voe davon gleichfalls .").4() g-'). und diese Übereinstimmung ist keine zufällige, sondern folgt mit Not- wendigkeit aus dem geraden Verhältnis der einfachen antiken Gewichts- nornien zueinander (das römische Pfund ist - .. der leichten babylonischen Gewichtsminel uiul ihrer Herleitung aus gemeinsamer (irundnorm.^)

II. .Vttisclier und pliüiii/isclier f ass.

Ganz analog liegt der Fall bei drei syrischen Goldmünzen des Demetrius 1. von Syrien, deren eines in Paris 21. 4S g^) die Zahl B|^. das andere in Berlin 17.12 g'') die Zahl B hat. während ein drittes in Florenz 28,30 g') keine Wertzahl trägt: alle haben die sitzende Tvche

V und des C iu l-X die .Angabe des Fußes sali, von Evans 1. c. S. S?83, der Y,XC als „'55 der NicüineiMfsclieii Kiülieit = '/;io der röinisclieu" erklärte, und vcm Moiiimseu, Z. /'. N- XV S. 243 .\uni. 1, der eine metrologisclie Dentiuig autgab und i,XC ^hix c(wifatiiim)' las und darin einen Beinamen von Nicomedia sah. Vgl. die Über.scliau bei Maurice, luon. cliroii. lüO.S S. 21il. Baljelon, tniite des monn. grccq. et vom- S. .')3l.

1) Schon von Be,n<'r 1. c . dann von Tran, Wiener num. Zeilsehr. I S. 43G, Fried- länder, Z. f. iV. II S. 13ff. und Missong, elienda VII S. 2s9 u. s. f.

2) Z. f. X. XV S. 25.jf. 3) Genauer hA'>l^> ,g-

4) C. F. I.ehiuann, B M.G-W. [= über altbab. Mass und Geivicht und deren Wanderung, Verliandl. der Berl antlirop. Geselhch. ISH9 S. 245—328] S. 2n.'), si)e/.iell S. 257, 26(!, 268; dersellje, Kongressakten [= das altbat). Mass- und (Teu-ichtssi/stein als Grundlage der antiken Gewicltis-, Miin:- und Mass-Sgste}ne. in den acfes du S'. congres international des Orientalistes lenu en ISS!) 11 Stocklwlni et ii Clirisliania, sect. sänitigue ibl, S. I(i7 [3]-249 |85], Leyden 1893] S. 170 [i;]t't., 181 | IT], 20(1 [42]f., 212 [48|; dersellie im Hermes XXVII S. .•)48, XXXVI S. 12.i und Tabelle zu S. 113 snb 10 und l.i. Hultseh, die Geivichte des Altertums naclt ihrem Zusammenhange dargestellt, Ah- handlunyen der pliilologiscli-historischen Klasse der Kgl. sächsischen Gesellschaft ilcr Wissenschaften XVIII Nr. II 1898 S. .5, Ü4f., 2(l2f. u. s. w.

5) Lenormant, revue num. 1855 S. 89 Tat'. II 1, Balielmi, rois de Syrie S- CXIX -CXXI, S. 97 Nr. 765, Taf XVII 1.

G) FriedUinder, Z. f. X. VI S 2—7 mit Al)ljilduMg, Svoronos, n': mida/iaT« ror xtiaroc^ TMv nToÄtiicicty Textband S. t.tS' mit Abbildung. Svoronos bringt die Ausprägung dieser Stücke nnt der von Polybius XXXIII 3 berichteten Bestecluing des Arcbias, ptolemäischen Statthalters iu Cyperu, durcli Demetrius II. mittels 500 Talenteu in Zusammenhang. 7) Imhoof, Zeitschr. für Num. III S. 34tl.

]-2(\ K. Bcr/hiU/,

auf der Vorder-, das Dnpjjelfüllliorii. den "ewöhnliclien Typus der ägyp- tisclien Goldmünzen, auf der Rückseite. Aus dem Gewicht des Berliner Stückes ergibt sich, daß B nichts anderes iiedeuten kann als ..zwei (attische Stateren)"", während das y in B |^ als Zeichen der Drachme aufzufassen ist und somit B |^ ..zwei attische Stateren) und eine (attische) Drachme"" heißt' l. I'riedliinder hat erkannt, daü das Wertzeichen sonst auf griecliischen (ioldmünzen unerhört hier deswegen gesetzt ist. um die. wie der ptolemiiische Rückseitentypus zeigt, zum Kurse in Cvpern, Phönizien und den angrenzenden[(iehieten. wo der phonizische (ptidemäische) Fuß galt, bestimmten Stücke auch im übrigen seleucidischen Reiche, wo der attische Fuß als Reichsfuß angenommen war, kursfähig zu machen. So trägt das Pariser Stück. Hexadrachmon ])liönizischen Fußes, die Wert- marke .."2'/., Stateren"" des attischen Fußes. Denn .") attische Drachmen sind t;ieich H phönizischen. ,') 4.3iiti = (i H.(i:-iSK = -iLs;^ g"f). liinter diesem Nornialgewicht bleibt das Stück nur um ;{.') Centigramni zurück. In dem Berliner Stück von "_' Stateren ein phonizisches Pentadrachmon (noi'mal 1S,1'.I g) zu erl)licken. wie Friedläuder wollte, geht aber natürlich nicht an. da zwei .Münzfüssc. die sich wie •'' ,-, veriialten. sich nicht gleich- zeitig wie ^ ■, verhalten können. Dies Stück, normal 17.4(1 g. wohinter das Berliner Exemplar um lU Centigramni zurückbleibt, ist eben vorzugs- weise auf attischen Fuß geprägt und im phönizischen nur durch Bruch- teile auszudrücken (4-» r, phonizische Drachmen i. während das Florentiner Stück vorzugsweise auf phöuizischem l'uß als Oktadrachmon (normal '2'KlOi gj geprägt ist, im attischen Fuße nur durch Bruchteile auszmirücken ist (()-/., attische Drachmen), und daher der Wertmarke entraten nuiß. Man yestatte mir noch einige, durch die neiu^ste Literatur hervorgerufene Bemerkungen über die Annahme des phönizischen Fußes durch Ptolemäus:

1) l.eniirniaut 1. c. faßte y als „Stater" luni las H|^= zwei Stateren, doeli liudi't >ioli keini' (ioMtniiheit. in dti- ein lirwiciit m.u ".'1,48!,' als lioiipelter Stater oefaßt wenit'ii kann. FrieiUiiiuler 1. c. S. .'> erklarlf. vini tliiltscli unterstützt, p' aks Zeiclien für ' ., und las also ..zweieinliall) (attische Stateren ■. worin ihm Hahelon I. c. S. CXX f. folgte und was dem Sinne nach mit der oben gegebenen Dentnni; i'd)ereiiistinHiit, da die Drachme ein halber Stater ist Die neue Krklärung mit y als Zeichen der Draclime hat dann Bahelon selber gegelien im Irait^ des )iio)in(iies grecqucs et roiiKiiiifs S. 444, vgl. S. i30.

2) Friedläuder konnte dies zahlenmäßig- nia- nngefldir beweisen, da er die attische Drachme zu 4,.S(<3;i. die ptolemäische zu 3,.')G'.» g ansetzte. Die mathe- matische i'bereiii.<timmung ergibt sich erst durch Einsetzung der jetzt festgestellten Zahlen und es ist auch hier wieder zu betonen, dal.! diese t'bereinstinunnug keine zufallige ist, sondern das Verhältnis der ptolemiiischen Mine zur attischen wie V^ sich aus der gemeinsamen .-Ableitung beider aus derselben (jriindnorui ergibt, vgl. C. F. Lehmann, B.M.(^.^Y. S. 2.57, 2GG sub 4 (und die dort Zitierten), Kongre.-sakien S. 203 [30]. 210 [46] ft". snb 4, 220 [■)(; ff.l Hermes XXVil S. Ü3.5fr.. .■)4(;. :,^Af.. XXXV S. G44tf.. XXXVl Tabelle zu S. 113 snb 11 nnd 14, Hultsch, Die deieirlile etL\ S, 23tt., lüO. 202 U.S.W.

3

Aiisfßcichtnni von Mihi^fiissen. 1"J7

Gewilj wurde er zur Aiinalmu' (les^t'lhcii in crsicr Ixcilic durcli dio (mii;pu Haiulelsljozipliungen Ägyptens zu den Landein, in denen der phöuizisclie Fuß galt, veranlaßt. 1) Aber derselbe eignete sielt fiir .\gv()ten deswegen besonders, weil er einmal das vorhin erwähnte gerade Verhältnis von Vr, zum attisclien Fuße bot 'sodaß die phönizische Draehine gleich dem attischen Pentobolon war), der durch Alexander den (IroBen s(i weite Ver- breitung, auch bis nach Ägypten selbst, gefunden hatte, sodann aber auch, weil er zu dem national-ägyptischeu FuLi sich leicht in ein gerades Verhältnis bringen ließ; sein l'entadrachinon in <l(ild = "J.") attischen Obolen. normal IS.i;) g. stellte zwei ägvj)tisclie Kiteii dar, sein Kupfer-

chalkus (' ^^ Drachme I al)er wn^ genau eine ägyptische Kite: j^

= i).()ii,'i g. Auch dies bei-idit in letzter Linie auf der Ai)leitung der Kite iuhI des phönizisclieu Ful.ies aus derselben (irundmirm -): eben darauf beruht die von Soutzo 1. c. S. H7S hervorgehobene Kigenscliaft des ptole- niäisebeu Systems, daß in demselben ilie ptdlemäisclie Drachme Silbers das Ä(|uivaleut dei- attischen .Mine Kupfers (:i(i:iS,S 1 •Jfi = IHÜ.iit! g), jenes (i(ildpeutadrachuH)U das ,\i|iuvalent des attischen Talentes Kupfers war (.') ;}.()3SK 1-20 I "J g = "iti.'jn kgi, wenn man Kupfei- zu Silber wie 1 : l-'O. Silber zu Huld wie 1 : FJ aus(>tzt.'')

1) Soutzo, der zuletzt revue nura. I!)04 S. 372ft'. diese l>iiigf beleuchtet hat. meint (S. 374), Ptoieniäus iiahe das mazedonische System l'liilipp.s iL zugrunde gelegt: das ist aber kein originales, .sondern eben das phönizische. F.ine direkte l-'.ntiehnung dieses ja schon in Alexanders ersten Hegicrnngsjainen abgcschatTtfii mazedonischen Systems lihiB deswegen, weil es das heimische war. ist nielit ilenkbar. I'.r wählte CS \ielmehr. weil es das im benachbarten I'liönizien geltende war.

■-' (. I'. i.eiimann, H.M.UAV. S. 25«tif. nebst den dort zitierten Arbeiten von .Nis.-en inid Ürugsch. Kotigycssalden S. 191 [-27], 209 [45], Hermes XXXV! Tal)el]e zu S. 11,{ sub 17 uml 14. - llulsch, die (ieirkhir etc. S. 202 u.s.w.

3) Das Verhältnis Silber zu Gold wie 1 : 12 scheint nur Soutzo 1. c. S. 37;* mit Hecht hier zugruiule zu legen Heinaeii. l'Iiisloirc jiar len nintinaies S. 411't'. .setzt es in dieser Zeit auf 1 : 10 an. hat aber keinen Beleg, der die Hichtigkelt dieses Verliältidsses auih tür Ägypten l)ew'ie.se. Das System Hultschs. dlie jilote- iitäischeii Mihi:- und BechnuiiffSirerfe, Ablimidhinyen der iMIoku/igch-liiatorincheH Khtsse der Kf/1. sächx/schen (iesell-ivlifift der Wisgensclicften XXII Nr. HI i;iii3). welcher das (ioldpentadraclinion als Goldäi|ni\aleiit desjenigen Talentes Kniifers aut'taLU, diis er auf der halben Kite als Drachme auftiant, w obei er Silber zu Oohl wii- 1 /u IS';, rechnet: :i 3,.j388 li'/j- 120 = 9,090 \., 600 = 27,28 kg: ist .schon darum weniger einleuclitend. weil erst unter Ptolemäus II Gold zu Silber wie VJ' ., zu 1 stand: denn erst unter ihm beginnt tlie Prägung des Goldoktadrachmons, das nach diesem N'erliiiltnis das .Ä(|uivalent der .Mine Silbers i.st. - Für die Zeit I'tule- mäus' 1. winl uuin an dem Verhältuis Kupfer zu Silber wie 1 zu 120 festhalten dürfen; für das zweite und erste Jahrhundert v. ('. haben bekanntlich Grenfell und Hunt. Tehfuii/.^i-Pajiijri S. .iSOff. eine weseiitlieh niedrigere ZittV-r nacbgcwicsen.

128

Zur Arsakid eii-Aera.

Von C. F. Lcliiiuniii.

Kv. Broccia setzt ohon S. 41 Aniii. 1. 8. 44 (leii Beginn der arsaki- ciisclien Sell)stän{lif;keit und der Arsakiden-Aerain das.Jalir"24iS;7. Krj^etleiikt dabei aiieli der anseheiiiendeii Schwierigkeiten, die die keilinschriftlichen babylonischen Datiernnuen arsakidisclier Aera der b'ürschuns bereitet liaben. Zunächst möchte ich im Einverstänchiis mit Herrn Breccia') hier darauf hinweisen, daß diese Schwierigkeiten, die er mit Recht nicht allzu lidcli einschiitzt. bereits ihrer l^ösung zugeführt sind.

Bei l'\ X. Kugler. Die babylonische Mondrechnnnfi |1VH)()| (S. 10 Anm. 1) liiulet sich, worauf icli durch (linzel aufmerksam geworden bin, die Bemerkung: .Auf die Rechtfertigung der (lleichnng Is Kislev 14.') A(rsakidischer) Ae(ra) 200 S(eleukidischer) Ae(ra) kann der Verfasser sich hier nicht einlassen, da dieselbe mit ein ))aar Worten nicht abgetan ist. Doch wild er den Beweis für den Satz; ..Die chaldäisclien Astro- nomen haben sowohl das Jahr der Seleukiden- als das der Arsakidenaera mit dem Nisan begonnen und immer die Jahresgleichnng .bahn der Arsakiden-Aera = Jahr d(>r Si^lenkiden-Aera Il4 eingehalten", nicht

lange schuldig bleiben."

lune Anfrage von mir bei Herrn Kugler hat ergeben, daß die Arbeit, in deren ZusamnuMihang der in Aussicht gestellte Nachweis gegeben wird, bereits im Druck ist.

Da die babylonische Seleukiden- Aera am 1. Nisan 311 ))eginnt, so ergibt sich für den Anfang der Arsakiden-Aera der 1. Nisan .'4 7 v. ("hr., (1. Ii. der Beginn des babylonisciien Jahres 247/().

In di(>sem Ergebnis ist mm zunächst kein Widerspruch gegen die herrschende und folgericlitig auch von Breccia adoptierte Ansetzung der Epoche in das Jahr 24« 7 v. Chr. zu linden. Denn da die Babylouier aus oft dargelegten Gründen postdatierten, so kann ein Ereignis, daU als Ausgangspunkt einer aerenmäßigen Rechnung dienen soll, seine chronolo- gische Verwertung regelmäßig erst zu Beginn des nädistfolgenden vollen Kalenderjahres finden. So galt Seleukos seinen babylonischen Untertam'u

1) S. Hi'ecci;i"s ilin\vei> zu ImkIi- iKt Aiiiii. 1 iiiil' .S. 41 A'2 diest's liuiiile.s.

C. F. TA'lniiann. Zur Arsaliden-Aora. 129

als König, sobald cm' iiiloli^c der Sclilaolif hei (laza seine einstige Satrapie Babylonien \vi(>(leige\vunnen hatte. Aber tier Rest des Jahres '?i\'l v. Chr. war sein Aiifaiigsjahr: sein erstes volles Regieningsjahr. und damit die babylonische Scleukiden-Aera beginnt am 1. Nisan 311 v. dir.

Entsprechend könnten die Dinge bei der Arsakidcn-Aera liegen. Nahm Arsakes-Tiridates im Verlaufe des Jahres 248/7 den Königstitel an, so begann sein erstes volles Regierungsjahr im babylonischen Sinne mit dem 1. Nisan 2-17 v. Chr.. und die Babylonier könnten, sobald sie unter arsa- kidische Herrschaft kamen, so gerechnet liaben. Dieser Ansicht war auch ich, als ich mit Herrn Breccia diesen Znsatzartikel verabredete.

Hier aber wird man doch stutzig. Daß sich in der fernen Astanene eine Sonderherrschaft zu bilden begann, hatte für die babylonischen Unter- tanen der selcukidischen Herrscher gleich anderen ähnlichen h'ällen nur ein sehr geringes Interesse. Erst mehr als ein Jahi-hundert später'), ward Babylonien arsakidisch.

Da ist doch eher anzunehmen, daß die Babylonier einfach das Jahr, welches die Parther selbst als erstes Jahr ihrer Aera betrachteten, ihrer Rechnung zugrunde legten, und falls das parthische und das baby- lonische Jahr voneinander abwichen, rein chronologisch die nötige Umrechnung vornahmen. Daß sie dann etwa noch die historischen Vor- gänge, die zur Ansetzung der Aera geführt hatten, geprüft und in Rechnung gezogen hätten, erscheint sehr unwahrscheinlich.

Wie liegen denn nun die Dinge betreffs der parthischen Rechnung eigentlich?'-) Bekanntlich setzt Eusebins den Abfall in der Olympioniken- liste (I 207) in Ol. V.VA (248—44), im Kanon (H 120) Ol. 132,3 (2r)0/49), Justin 41, 4, 3 in das Konsulat des L. Manlius Vulso und des M. Atilius Regulus. Hier ist durch Droysen und v. Gutschmid die erste Klärung durch die Annahme herbeigeführt worden, daß sich diese Angaben auf zwei verschiedene Ereignisse beziehen, die iMhebung des ersten Arsakes. der noch nicht den Königstitel führte, und den Regiornngsantritt seines Bruders, des Arsakes Tiridates, der den Königstitel annahm.

Auf jene erste Erhebung würden sich die Daten bei Justin und bei Eusebius im Kanon beziehen. Bei Justin sind statt der Konsuln des Jahres 250 L. Manlius Vulso und C. Atilius Regulus durch ein leicht erklärliches Versehen die Konsuln des Jahi'es 25() L. Manlius Vulso und M. Atilius Regulus genannt worden.

Die eusebianische Angabe in der Olympionikenliste dagegen deutet man mit Recht auf den Regienuigsantritt des Königs Arsakes-Tiridates. und in der gesamten neueren Literatur liest man dazu die Angabe: die Parther selbst haben das Jahr 248/7 als Anfangsjahr ihres

1) lireccia, ob. S. 4!), gfiiauer als A. v. Outs<'1uui(l, Gescliiclifi' l7-<ins S. b2.

2) S. zuletzt Niese, Oesrh. II lt'>4tt'., der, wio Breccia mit Recht bemerkt, zu einem schwerlich zutreffeiuleii Ergebnis konnnt, iinil Belocli, Gr. Uesch. III 1 S. ö93 Anm. 1.

Beiträge z. alten GescUichte VI. 9

2

130 C. F. Lehmann, Zur Arsakiden-Äera.

Reiches angenonimeii, i) wonach also zwischen dem auf das Jahr 1 der Olyinipiade 133 gedeuteten Datums des Eusebins in der Olympioniken- liste einerseits und der einheimisch parthischen Tradition andererseits die schönste Übereinstimmung herrschen würde.

Aber eine solche auf das Jahr 2-18/7 fülirende parthische Tradition existiert überhaupt garniclit. Sie beruht auf einem s. Z. unvermeidhchen Irrtum, der nunmehr ausgerottet werden muß, ehe er sich endgiltig ein- wurzelt.

George Smitii'-) hat im Jahre 1875 von Täfelchen „aus Babylon" Kunde gegeben, die nach seleukidischer und nach arsakidischer Aera datiert waren. Eines derselben enthält beide Jahresangaben in unversehrtem Zustande und setzt das Jahr 208 S. Ä. gleich dem 144. Jahre A. Ä.

Smith ging nun von der Ansicht aus, daß hier die damals allein bekannte makedonische Berechnung der Seleukiden-Aera vorliege. Begann die Seleukiden-Aera Herbst 312. so fiel das erste Jahr der Arsakiden-Aera Herbst 218/7.

Wir wissen nun aber längst, daß die babylonische Seleukiden-Aera mit dem Frühjahr 311 anhebt und müssen daher George Smith's Berech- nung für das Jahr 1 der Arsakiden-Aera auf J<'rühjahr 247/6 korrigieien.

Das Smithsche Datum ist also nidits weiter als eines der i)al)ylo- nisehen Doppeldaten, für welche die Kugler'sciie Regel gilt, die es (sofern etwa Kugler es nicht Invachtet haben sollte) liestätigt.-^)

Es ist ein babylonisches, nicht ein parthisches Datum, und gestattet nach der ü))igen Überlegung keinen anderen Schluß, als daß die Parther als Anfangsjahr ihres Reiches das Jahr 247 j 6 angenommen haben. Auch das stimmt ja insofern zu Eusebins' Olympioniken-Datum, als dieses Jahr gleichfalls der Olympiade 133 angehört.

1) Vgl. V. GutscliMiid, (iesi-hichfe Irans S. 30. Niese a. a. 0. S. 164. Beloclia. 0. 2) Assyrian Discoveries p. 389 f.

3) Wer (gegen Kugler) die von vornherein wenig wahnscheinliche Aniialiiiie vertreten wollte, die babylonische Seleukiden-Aera beginne im Frühjahr, die ent- sprechende arsakidische im Herijst, krmnte das Jahr I der letzteren bis auf weiteres gleichfalls nur auf Herbst '2-47/G setzen. Dem ersten Arsakes darf man sofern man ihn nicht überhaupt für ganz unhistorisch hält, wozu icli keinen zwingenden Grund sehe fürderhin nicht mehr 2, sondern muß ihm 3 Jahre, von 250—247 v. Chr., zuteUen, wenn anders seine Erhebung (s. o.) im Jahre 250 stattgefunden hat. Eine bestimmte Angabe über die Dauer seiner Regierung findet sich m. W. nirgends (s. .Strabo XI 515; Justin 41, 4, 3ff.; Arrian. Parthmi 2; Isidur. Charao. 11; Moses Choren. I 8): sie ist nur aus jener Differenz der Daten erschlossen.

131

Mitteilungen und Nachrichten.

Bemerkungen zur Prosopographia attica. Vuu Joli. Sundwall.

XdiQ t(p i loi; I ar i( I.:. Man vcnuilit l)ei Kirchner das Stemma, das sich nach der Prosopographie folgendermaßen auseinandersetzen läßt:

.\'r'.lj)fifl>.(i^ ( I ) C. 328. 'l'fUSuiv flä/t'fi/.ii^ 'l'fiSinnai (I) A'iciQiifiXoi (II) 'PeliUn:in; (][). Die Erwerl)ung des Bürgerreclits durcli Ciiairephilos und seine Söhne ist um 3-2S festzusetzen (.vgl. Rh. Mus. LX löO), die Leiturgie des Pamplülos (/(? 11' 17-2) ist demnach kurz nacli 3^8 zu legen, die Trierarchie des Pheidippos (I) wird in den Seeurkunden von 323/2 erwähnt (IG II- 811 d 143). Somit ist es folge- richtig, (hiß Chairephilos (II), Sohn des Plieidon, in dem Tit. 11 773 vorkommt, der nach .Köhler aus deu letzten Jahrzehnten des 4. .lalirliuuderts oder der näch.sten Folgezeit .stammt (vgl. Pros, att.: flu. s. IV). Aber dann haben wir nach Kirchners Ergänzung noch Pheidippos (II), ebenfalls einen Sohn des Pheidon und zweifellos einen Bruder des Ciiairephilos (II) in Tit. II 558, und diese Urkunde wird in Pros, in die Mitte des 4. Jalirhunderts verwiesen (s. zu Nr. 10951 u. 8103). Zweifellos ist diese Urkunde (IG 11' 558) .später zu verlegrii, etwa in die letzte Zeit des 4. Jahrhunderts oder ein weuig später, ein Ansatz, dem nichts iu der Urkunde widerspricht. Die Inschrift ist weder vou Köhler noch von Larteld datiert.

'Ei'xi Ijfiwv Xf(iii<ii: .1 (ir Ol t ii. So ist zweifellos das Demotikon des iu Bull, de corr. hell. 1903 s. 50 ver- zeichneten i'«f),To/ö,- zu ergänzen (vgl. .VaQi'cc^ 'Evxrinwvnq .lovaitiq. Pros. att.). Identisch mit diesem Eukteincm, S. des Charias, ist der von Demostlienes (XXI 103 n. 139) erwähnte Euktemon aus Lusia (s. zu Pros. att. 'EiKTiifiojv Aovaniq und. 'EiKTtiiuov 'Ay-ijraio^ Nr. 5785). Das Bild, das Demostlieues von diesem Kuktemou entwirft, ist keineswegs derart, w'ie man es von einem mit einem so bedeutenden und kostspieligen Auftrage beehrten Manne erwarten könnte. Wir erhalten somit wieder eineu Beitrag zu der Beurteilung der „Unsachlichkeit" des Demostlienes und überhaupt der Redner dieser Periode i'vgl. darüber Bruns, Das lite>riri.sche Porträt der Griechen s. 552 f). Euktemon aus Lusia wird von Dem. geschildert, als ein Sykophant, von Meidias gedungen ihn anzuklagen, ein elender, schmutziger Mensch (mehrmals als „fualtoifÜQOi", s. a. 0.; ebenda „/«'«yog xai '/.Idv tv/ßQtic, o xoriofiToi") und dieses Rufes hat er sich später erfreuen dürfen (vgl. Keiske, Index zu Dcmosfhenes Werken, ed. Firmin-Didot: si/rophmitri a Midia rom-

9* 1

132 Mitteil niiiji'ii luid Niii^liriditen.

»lotxs u. >;. f. ; Si'liäl'er, Dem. W' imi uuil .\. 3). Ji't/.t wissen wir alier. daß iliesor Kukteiuou in den Jaliien 34(1/5, 344;3, 338/7 vdonoin^ in Delplii war, was iiuiuer- liin eine grul.'o Auszeiclinung bedeutete, und daß er außerdem noch /um rnjoarnTiii erwäldt wurde, woran zu erkennen, daß er sogar eine bedeutendere soziale Stellung gehabt und ein hohes Ansehen genossen haben muß. (Über die Walil der i'«o,TO(()/ s. L)Hf. Syll. l'^ 140 A.3: über die Wahl der :ii)oijt(''.z<'.i ebenda j\.39: über das Ansehen (h-s Amtes elieiida A.07).

Ao i tJT (IT i/. >! ^ ^ojtfi/.iir '7' r/ r! / o ^'. In einer Freilassungsurkunde {AuiiHat of Ihv Uril. Sdiuol ul Atluns VIII S.üll) kommt ein ...... 'ZJuf i'/.m' 'I'i/.r.tiia^ vor. Statt '/.ini/ i'/.a^ war wdlil ^(mfi'/.oi die

gewöhnlichere Form (vgl. a. O. s. 214) uiul diese kommt denn auch in der Pros. att. vor: —(txfih)^ 'AoKjtori'/.ov^ 'l'r/.r.aio^, E|iimelet für das Amphiaraosfest 329 8. Somit können wir hier wahrscheinlich 'A(>iaT(>Ti/.tj]^ Zvki i'/av 'I'i/.imio^ ergänzen, was auch gerade der Huchstabenzahl entspricht, obgleich es unbestimmt bleibt, ob der (ieuannte \ater oiler Sohn des obgedachten Epimeleten ist. Das erstere scheint wahrscheinlicher we.gen des in derselben Urkunde erwähnten Misgolas, S. des Naukrates aus Kollytos, der i, .1. 3iiO geboren war (s. Pros, att). Auch Tod (An.of lir. Scliool VIII S, 212) setzt diese L'iknnde nicht viel spiiter als 34.') an,

M tyr.^i.i- i i) ii ^ (II) ./f r,^!/ ro (• i','. In einer anderen Freilassungsnrkunde, pnljliziert von M.Tod (a, 0. S. 228— 9) liest man V, 3—4:

M ]i-'/tt;(/.ti[>: ....

b-li halte alier die Ergiinzung Mi-yi'.x/.i-i[i'. für unrichtig (s, dazu Mcisterhans Gram. d. att. h/sclir. S. 133 u. A.) uml möchte anstatt dessen Mi-yrtx>.f!]yiiir lesen, welcher Name auch inschriftlich bezeugt ist (vgl. Pros. att. Nr. 9G87 Mfyr(x>.n'fiij; .(fiv^octjfi'j (irammateus 42(3/.5). Die oben angeführte Urkunde ist wahrscheinlich in die erste Hälfte des 4. .lahrhunderts zu verweisen, weil der hier erw^ähnfe Kephiso- doros aus Acharnai nach T"od mit dem Kephisodoros Panaiche.s' Solin aus Acharnai aus dem Anfang des 4, .lahrhunderts {I(i \l'^ [)M>) identisch ist. Somit ist wahrscheinlich der hier erwähnte Megakleides ein Sohn des oben genannten Megakleides, und wir können vielleicht ergänzen: yfyiiy?.fi[(^ijr Mfyc.xldinv A\t\xin-oi:[('-, was der [Juclistabenzahl immerhin genau entspricht.

Zu Ui 11- 1028,

Die Inschrift, welche Köhlei- in die zweite Hälfte des 4, Jahrhniulerts setzt (und ebeu.so Larfehl, Uli. il. ;/r. Ep/;/t: II S. 189: „% lA' Jlir.V-; Kirchner, Pros, alt.: Catal. 3.J0— 300) können wir viellei(dit näher besiimmen.

Der hier genannte Epichares, Sohn des Jlikon aus ('hdlleidai ist erst um 342 zwanzig Jahre alt (Schäfer, li. 2(.l8f,: Demosthenes [LVIII | lii/jxjth.). Die Insclirift ist also später als 342 festzusetzen und, ist diese Urkunde ein Heanitenverzeichnis, vielleicht zehn .Fahre s|}äter. Es ist also wahrscheinlich, daß die Inschrift aus der Zeit 332—300 stammt,

In der Prosopogiapliia altiea fehliMi folgende Personen: Xixo/^dtyo^ 'Ptlötoros Kol}„j;<id,i4 {BCH XV 4117 Z. 9): '.hjiuioythvjv 'I'iiyati^ [Ditt. SijU. P 115 Z. 7 Proedros 3.57 6); K,i<i n.oA.no.: (s. dazu Schäfer, Bern. IIP 192u. A.4, Blass. 111' 2, S, 110), der Redner, der etwa um 334 den .\ntrag zu Ehren Deniades stellte und der zu unterscheiden ist von denj älteren Redner Ki/ifiaudoTOi ix (taidiav.

Mitteihnif/en toid NacJiricJitoi. 133

Zu Sarapis. \'(in ('. V. Leiinianii.

Zu iiirinrr Miltciliiii^ Sardpis contra Osfrap/.i, BeUrätje IV S. 3;tG— 401 inöi-hto ich zunilch.sl die vorlilutige Verwertiiii!;- eines mir schon vor t,'iTaiiijier Zeit aii- geileuteteu Hinweises von Kduard Meyer nachtragen.

Pkitarch Alex, wird ein ^tQnTiuov genannt. Darius ist geschlagen und auf der Flucht. Bevor er Alexander die Verfolgung beginnen lilßt, beleuchtet Plutarch gewisse, neuerdings besonders hervortretende Charakterzüge des Herrschers, darunter dessen Freigebigkeit: '(t'/.fi- <>J- li/lh-Ta ror_- in/ './'./liiät-iiiui iiä/j.ov )/ ror,' utriivtri . . . —i-i>".:i'u')yi iK' nvr cto i;i/r.'/<«:.' tiv) viurinaoiv o'viS'iy i'MiSor i\i(\ ri'i ii'ii ciiHv. 'i.?-- avy i-ü rii iHf cini'^tif :iit(jir/fviij-ifvo\; o —tQuTii'oii' i'i/./.ou l'iia/./.t- Ti/i- Ulf iiloii)-. fi'.ToiTo.- ()j- tor jii'.r>i).i'o)i ..lifiot M i>r i'iuSui^" : ..Ol'- /«<> idniS' fini-, Tinrri iilv d/^ yt/Mat.:.; :iii'/.'/.a hi'io^tt.

Iranier und Orientalen waren damals noch nicht, wenigstens nicht In neunensw'ertem V'mfange, in Alexanders Umgebung aufgenommen. Und auch die i'lierlegung, daß Plutarch nach seiner Darstellungsweise sehr wohl an dieser Stelle Züge mitverarbeitet haben kann, die in die Zeit iler Zulassung und lievor- zugung des iiersischen Elementes gehören, wird hier nicht ins Gewicht fallen, so lange nicht ein an —synTÜoir anklingender iranischer oder babylonischer Personen- Name nachgewiesen ist.

Wer also den Namen ^nicTiiiov. der wie mir Ed. Meyer mit Recht bemerkt, gewiß nicht erfunden ist, für einen unverfälscliten und korrekt überlieferten make- donischen oder gar griechisclien Personennamen hält, der hat die Möglichkeit, unter den Erwägungen und Motiven, die fi'ir die durch Ptolemaios 1. erfolgte Ein- führung des Sarapis-Kultus in .\gypten und dessen m. E. von vornherein beabsich- tigte synkretistische .Anlage maßgebend waren, aui-li eine .Anknüpfung an heimische, makedonisch-griechisclie Elemente in Betracht zu ziehen. .MIerdiugs fehlt auch dann, soweit ich sehe, für eine Beziehung auf den heimischen Kultus oder gar auf einen makedonischen oder griechischen Gottesnanien, jedweder .Anhaltspunkt.

Mir treilich und wie ich hinzufügen darf, auch AVilh. Scliulze , erscheint es sehr zweifelhaft, daß in S^fotcriMv oder einem zu suppunierenden l'dfjrciiwi' ein echt makedonischer (oder griechischer) Name in seiner urspi-üiig- licheu Gestalt vorliege. Vielmehr haben wir es liier weit eher mit einem Uuterfall der von mir in anderem Zusammenhange schon häufig beleuchteten Ersclieinung zu tun, daß ein fremder und fremdartig anmutender durch einen an- klingenden geläufigen Eigennamen verdrängt wird, wie es denn ülierhaupt um die Tradition der Eigennamen, sobald es sich nicht um hervor- ragende Persönli<'hkeiten handelt, gerade in der klassischen Literatur nichts weniger als glänzend bestellt ist.

.Sofern nicht etwa die handschriftliche Überlieferung schwankt, wird die Verwechselung spätestens dem Plutarch zur Last fallen, zu dessen Zelten l'l<^m7lw^l■. ^fij((7xivjv und das Femininum Zf(t(»;,T<y, in der jungen und wahrscheinlich dem ionischen .Sprachgebiet angehiirige Nebenform') —i'-q^tui!-^ gen. —i:(^i(i7iovTt>^, wohl- bekannt und weit verbreitet waren.

Es gibt nun, worauf mich W. Scliulze liiugewiesen hat, noch eine ältere Stelle, in der ein an Sara2)is anklingender Eigenname vorkommt. In den Epidemien [des Hippokrates] II, 2. 3 (V 84 Littre wird von der tödlichen Erkrankung einer Frau berichtet, deren Name unter der Form // ijeiit'<:r((t^. uhjuttc;. riUicTiu in den Handschriften steht. In Galens Kommentar (XVll A. 32'2f. Kühn) figuriert sie als

1) Zur Literatur darüber vgl. .\. Thund), Die griechische Sprache im Zeitaller des Hellenismus (1901) S. 2.30 Anm. 4.

134 Mitteilungen und Nachrichten.

^i-o(c:iic. iu .seiiiejii (ilossar (XIX 136) als <;«p«.ioi',''), und zwar gibt es an letzter Stelle nach llbergs Kollation überhaupt keine andere Lesart. Als innerlich be- rechtigt — natürlich unbeschadet des Ergebnisses der handschriftlichen Kritik stellt sich von diesen Lesarten, auch nach W. Schulzes Urteil, nur Xecjccraii (orthographische Variante ^Chni'.nfS) dar. .^f(j(OTu' erregt den Verdacht späterer Anpassung an die geläutigen Bildungen der hellenistischen Zeit: zu i'fyrj.T/wr war ein Feminium St-iiiiTii'^ wohl denkbar. Was Src(jä:ioii anlangt, so ist es hei Hi)ipokrates nach llbergs L'rteil ..schwerlich richtig, obwohl es zu Galens Zeit in Handschriften stand'. Das erscheint von vornherein einleuchtend. Galen nämlich erklärt diesen Xanieu als Appellativuiu ;/ iiuaeiiii^oTdi: xa) ihfardtn^ i'yovaa xnv^ <i«;^ri'/.or,- Tiör noiSwf. Ein Wort oaottno^ iiju(ia7iov^i. das älmlich verstanden wurde, ist aber schon bei Alkaios (fr. 37 B. liergk.) belegt: Diogen. Laert. 1 81 (ef. Suidas S. V. Stt(>(innf^) ToiTiir (UiTTcxiir) 'Aaxhio:; oaQc'cioia /(«)• xai (lege ;/) (j«(j«.ior (Cod. Cant. ni-gunnr, Härtung moiiTioi'iH) i'noxtü.fT 6u\ n'/.nzlnovv tivai xca f'.Tf- arneiy To> 7ti)i)t. Hin Nominativ naunno^ oder ein Akkusativ uafianov. der als Kompositiini von nah aufgefaUt wurde, muß also bei .Alkaios gestanden haben: vielleicht auch mehr, aber nicht mitwendigerweise. Das dem dorischen aägano^ ents))rechende iif'.oH:jin-^ ist dann, wolil im Hinblick auf Alkaios, in die Hand- schriften der Epiileinien eingedrungen inul dort sn aufgefaßt und von Galen so erklärt worden, wie es Alkaios selbst oiler seine Ausleger verstanden hatten. Die im zweiten Buch der Epidemien aufgeführten Fälle sind überwiegend in Perinth und dessen Nachbarschaft vor Knde des fünften Jalirhunderts gesammelt worden. Der Artikel vor dem Namen, ij Xei^n'.Tiai^^}, deutet auf eine Sklavin Ein thrakisch-barbarischer, schwerlich griechischer Name StQ/cxcic wäre damit gefunden und der unl)ekannten Grundform des bei Plutarch unter der Form Sujdnian- erscheinenden makedonischen Namens beigesellt.

Die den .Alten geläutige Etymologie des Wortes acc^äTtoig oder aditaTxo; erscheint vom griechischen Standpunkte recht fragwürdig. V^s ist nicht ausgeschlossen, daß es sich dabei nur um eine Volksetymologie eines barbarischen Wortes handelt, dessen Spott nicht die Form der l'Uße zur Zielscheibe hatte. ') "Wäre das der Fall, .so könnte man das lesbisclie (wj^ciol; als dritten Beleg für einen, nordöstlicli der eigentlichen griechischen Welt heimischen barbarischen Wortstamm *o-rto(.-.7- oder *<xfj)(!.7- ansprechen. t)b und inwieweit diese Namen oder dieser Wortstamm mit ihrem Anklang an den Gottesnamen Sarapis für das Sarapis-Problem im oben (S. 133 Abs. 3) angeführten Sinne in Betracht kommen können, ob man etwa daran zu denken hat, daß nicht bloß das Makedonische, das im Kern als ein auf früher Stufe zurückgeblielienes Griechisch zu betrachten sein wird^j, thrakisclie Elemente aufgenommen hat, sondern daß auch die Kimuierier, die das einst assyrische Sinope (Beitr. IV S) besetzten, Thraker waren will ich jetzt nicht erörtern. Ich komme darauf, wie auf die ganze Frage, iu meinen Hellenistischen Forschtingen zurück.

1) Diese näheren Nachweise verdanke ich .loh. Ilberg's Güte.

2) Meineke, Berl. Sit^inii/sher. 1852 S. 578 schlug vor, // i't'/j« nau zu trennen.

3) Vgl. auch M. Kosenbaurn, Geschichte der Lustseuche, p. 229ff., der luich Littre a. 0. laisscmt de cote. ctQaini cherche <i expliquer imyänovi, denomination cjnh'l iiittache comme itvoioyavri^ ä des liahitudes de äehaurjie. II s'appuie sur Dioscoride. llax Wellmann beiehrt mich, daß der letztere Hinweis auf die Notiz im (ialen- glossar zu lli]ipokrates (Xl.\ 142, Kühn) geht und daß der jüngere Dioskurides (2 Jh. p.c.). der Kommentator des Hip))okrates, gemeint ist. Der Anazarbeer Dioskurides (III c. 132 Sprengel) kennt nutc.ixiuc als Bezeichnung eiuer Orchisart (W('r Tii noli/jitidTiir tIj4 (li'Ciii (zu Heilzwecken). Diese Bezeichnung ist klärlich hellenistischen Ursprungs. Dioskurides nennt denn auch als seine Quelle Andreas den Ilerophileer. (Ende 3. .Jh. v. C. nach Wellraann).

4) Darül>er demnächst. Hier nur so viel daß ich Kretschmers .Vnsicht nahe stehe und die von Reloch nicht teilen kann.

Miffeilmu/en und A^acliricJiten. 135

Zur neuen Liviusepitome.

Herr V. Ilaug - Maiiulieiiii iiiiu-ht mich l)iiefliiii tlaruuf iiufmeiksaiu, daß mi'iiu' Aust'iiliruiigeii über die fiirchthave Heileutung der spanischen Kriege für die sinkende römische {{ejmblik (Zweites Beiheft dieser Beiträge S. lOGf.) durch eine von mir übersehene Stelle bei Cicero, nämlich rfe off. I 38: sie eum Celtiheris , cum Cimhris helluni iit eum inimieis yerehatur, utcr esset, non uter imperaret, cum Latinis, f^nbini^s, Samnitibus, Poenis, Pi/rrho de imperio dimica- bafur, „schlagend bestätigt werden". Die Römer liaben also nacli der Auflassung Ciceros „mit den f'eltiberern wie mit den Cimbern um die Existenz des Reiches und Volkes gekämi)ft, während mit den iibrigen l''einden, selbst mit den Punieru, nur de gloria i iiip er i / Krie'j: geführt wurde". Herr II. bemerkt dazu: „Die Stelle war mir ganz unverständlich und ich glaubte an eine Textverderbnis, bis ich Ihre Arbeit las". Ich danke ihm aufrichtig für die Mitteilung der interessanten Beobachtung, die mir auch deshalb besonders wertvoll ist, weil vou Cicero bereits Iberer und fteruianen als die llauptfeinde Roms nebeneinander gestellt werden, wie ich das a. a. 0. S. 107 auch getan habe.') E. K.

Anmerkungen zur neuen Liviusepitome.

Von F. Miliizer.

I. In den .lahren, über deren Geschichte uns die ueue Liviusepitome aus Oxyrhyuchus wertvolle Auskunft gibt, war die bedeutend.ste Persönlichkeit in Rom P. Scipio Aemilianus, uutl über sein Leben erfahren wir jetzt manches, was bisher nicht sicher l)ekannt war. Ein besonders uiustrittenes Datum war die Zeit der Gesandtschaftsreise, die Scipio an die Königshöfe des hellenistischen Ostens unternommen hat. Die gleichzeitigen Griechen und Römer wußten von dieser Fahrt viel zu erzählen, so die Scijjio besonders nahe .stehenden Pauaitios und Lucilius, aber iiber die Zeit gehen die erhaltenen Berichte auseinander. Nach Cic acad. pr. II ö hat Scipio die Reise ante ccnmram gemacht, d. h. schon vor G1-2;U2, nach Val. Max. IV 3, 13 post duofi .... consuJntus fofidenique triumphos, d.h. erst nach 6-2'2/132. Beides ist unrichtig und unmöglich; die sorgfältigsten neueren Untersuchungen sind vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die Gesandt- schaft zwischen die Jahre GU, 140 und GIG 138 fallen müsse, wofür die authen- tischen Berichte des Poseidonios, der von Pauaitios abhängt, und des Lucilius die wichtigsten Anhaltspunkte gaben (vgl. die bei I'auly \Vissowa IV U,i2 verwerteten Arbeiten von Marx und Unger). Die Liviusepitome aus Oxyrhynclms gibt nun das Jahr G14/140 als das des ^■olkstribunats des Ti. Claudius Asellus (Z. 182 ff. vgl. Kornenuanu. Zweites Beiheft dieser Beiträge 63f. 104) und das Jahr 616/133 als das des Prozesses des L. Aurelius Cotta (Z. 210 vgl. Kornemann G7. 104tt'.). Scipio ist vou Asellus während seines Tribunals (vgl. Gell. III 14, ) angeklagt worden und hat selbst wieder den Cotta augeklagt; also muß er mindestens einen Teil dieser beiden Jahre, etwa den Anfang des früheren uud das Ende des späteren,

1) F. Münzer bemerkt mir hierzu: ..Der bei Cic. off. I 38 au.sgesprochene Gedanke hat vielleicht seine besondere Geschichte: Cic. prov. cmis. 33: j^enio sapienter de re publicn nosfrn eogitacit iam inde <i principio huius imperii, quin Gallinm maxinie timendam huic imperio putaret. Sali. Jm//. 114,2: ^((o me^i( (vor den Cimbern ) Italia omnis contremuif: illique et usque ad nostnim memoriam Romaiii sie halwcre. alia omnia virtuti -vucie proini esse, eum Gallis p)ro sahde, non pro gloria certari. Tac. Germ. 37: Kon Samnis, non Poeni, non Hi-fjxmiae Cialliaeue. ne Parthi^ quidem saejiliis admonuere: qinppje regno Arsacis ocrior est Genuanorum liherfns usw. E. K.

186 MUteilungen wid Xaclirirlifun.

in Rniii zugelir;ir]it luibeu, uuil sinuit liloibt ti'ir die Gesandtscliat't nach dem Osten vollständig nur das Jahr (US/ 139 verfügbar.

Den Prozeß des Cotta setzt Cicero dir. in Caec. GO und Mar. 58 liinter Seipios zweites Kousniat und zweiten Triurapli, also frühestens 022/132, und das hat man bisher angenommen (vgl. Paul\-^^■issowa I\" liöC). l'nbedeuUiioh ist dem von Livius gegebenen Datum der \'orzug zuzuerkennen, denn Cicero hat gewiß nur um des rednerischen Effekts willen den Prozeß so sjjät gesetzt; dieser zutreffenden Auffassung Kornemanns ist nm so eher beizupflichten, weil Cicero auch sonst in der Gesclüclite des Aemilianus sicii solche Abweichungen von der Wahrheit erlaubt hat, ■/.. H. wenn er in der Kinleitung des Traumes Scipios rep. VI iif diesen lie- haupten liißt, er habe den älteren Africauus noch vom Sehen gekannt und er habe den Massiuissa zum erstenmal im Jahre (!05,I4;) kennen gelernt; l)eides ist uadiweislich falsch, uu<l (untz (Polybios und sein Werk 52) liätte daher von der zweiten Angabe nichts verwerten dürfen, l'ber ähnliche historische üngenauig- keiten bei Cicero vgl. auch Heimes XL 53 f.

II. lui Anfang der vierten Kolumne beim .lalin- (Hl.) 150 l)ietet der l'apyrus:

Z. 84 c. Cornelia '1' ecns (|uod p. decimsu

Z. 85 a ictam ingenu ni stiiprauerat dci

Z. Si^ damnatus.

In der Kditio princeps (Ox. Pap. I\' 101) erinnerte Kornemann an die Anekdote bei Val. Ma,\. \1 1, 10 von der strengen Bestrafung eines C. Corneliu.s, qi(oil eton iin/etmo (idnlexeenialn stiipri commercium hahuixaef. und daß a | ictani nichts anderes als adnlesceuteni sein könne, meinte auch Fuhr {licrl. piiilol. WocJie>ischr. liK)4, 11!S3). In seiner eigenen Sonderausgabe (21 vgl. 47) hat Kornemann seine Ansicht geändert und vermutet, daß es sich um die Schändung einer Frau bandele, um eine sonst nirgends überlieferte Anekdote. Mir scheint, daß er anfangs auf richtigerer Fährte war, als s|)äter; zwar wage ich es uiclit, eine bestimmte Her- stellung des Te.Ktes vorzuschlagen, miichte aber doch Einiges anführen, was für jene erste Auffassung spricht. Zugunsten der Ergänzung des Beinamens [Cethjegus bei C. Cornelius läßt sich gelteud machen, daß von den bekannteren Familien der Cornelier fast uur die Ccthegi den Vornamen Gaius führten; für P. Decius hat Fuhr die Ergänzung des Cognoiuens Su[IjuIo] vorgeschlagen, weil ein Mann dieses Namens aus etwas älterer Zeit bekannt ist (Liv. XXXXIll 17, 1 l)eim J. 58.5/l(;!)). Beides führt freilich nicht weiter. .Aber daß die „zeitlose" Erzählung l)ei Val. Max. (so Mommseu S/ra/'r. 7o3. Kornemann a. 0.) in tue Zeit des dritten ]iunisclien Krieges gel K'u-e, war mir schon früher wahrscheinlich (vgl. Pauly-Wissuwa 1\' 1252 Xr. 16), und in diesell)e Zeit gehilrt liie ftdgeude Erzählung bei Cic. de or. U 277: Cum Q. Opimiux consuJuris (d. h. nach HOO = 154), qiii udalcscenlnJiis muh audis.tct (vgl. Lucil. XI 41Sff. Marx mit .\nm.) fcstiro liomini iccilio, qid riderefur esse iHolUor nee esset. dixis.iel: ..(jiiiil tu fecilia meciY quaudo ad me venis cum tut! colli et hina'Y'' ,,Non poV ini|int .jiiideo; mitii me ad famosas retuit mater aceedere", woraus .Xonius ]). 198, 15 die boshafte F'rage des Konsulars und p. 305. 25 die schlagfertige .Antwort des Jünglings anführt, und zwar jene mit der .Namcns- f(U'm: Quidta, Decilla mea'f Der Xame ist in unseren Cicerohandschriften verderlit; die Vulgata F>gilius ist bedenklich, weil ein solcher Gentilname meines Wissens nicht vorkommt. Decilla, was Nouius bietet, ist die weibliche Koseform des Namens Decius, und wenn nun Livius und Val. Max. dieselbe Geschichte bieten, so hätten w ir in der Tat in dieser Zeit um tJOl; 150 einen Decius, der berüclitigt war, qiiod adidescens . . . palam atqiie aperte corpore quae-'^tam^ factita.iset (Val. Max.,), auf den also der Spott des Opimius trefflich paßte (vgl den ähnlichen des Hör. sat. I 8, 39 nach Porphyr, z. d. St.). Was nicht paßL ist nur, daß der von Ojiimius angegriffene Jüngling den Spott nicht verdiente: es war also vielleicht nicht

MittcihoKjiii. und Nuchruhlcn. K57

r)e<"ius st'llist, sdiideni «in amkn-or, ilui' mit ihm veigiiclinu wurde; ;ils man den Witz nicht mehr verstand, stieB man ssicii (hiran, dal,', ein Mann mit einem anderen Gesciderlitsiiamen als l)eci(ll)a verliölint würde, setzte desjialli die l'endninlui in seines Gescidechtsuauiens ein, nnd die Hntstellnn^ ^W.r^ einen zui; die des amlern nacli sicli. Vielleiclit sind dafür iioeli anuelimbarere Erklärnngen möglicli: aber (laB sieh Cieero, Livins und Valerius Maximns auf dieselbe Si^andalseschiciite beziehen, niöeide ich jedenfalls annidinieii. Wie sich (h'r Iqiitinnator von den pilianten nnd rumantisclien Anekdoten, die i'r Ider uml da bei dem sittenstrengen nnd ernsthaften Livins fand, bei aller seiner sonstigen Knappheit keine entgehen ließ, (bis ist bez<'ichnend für den (ieschniack seinei' Zeit.

III. Der I'apyrus ist fehlerhaft genug gesehrieben, aber doch ist er, wie jede Handschrift, die ans dem Altertum selbst stammt, wertvoll für die Beurteilung der uns erhaltenen Textüberlieferung. ISereits (irenfell niul Hunt ti\. Pap. ',t4. 10.')) haben hervorgehoben, daB er uns durch Z. 114 in den Stand setzt, das überlieferte Anaiu.^ MiOJ.iii'/.Koy bei l'olyb. XXXVll (;. ■_' richtig zu verbessern in .UiifKi; .l/f(/././(),- "O/.ijwr, Fuhr iBeii.phil. Wochciisclir. IS)II4, llSü) und Koriiemann (a. U. 37. (;8f) haben ihnen gegenüljer in Z. 11 die .Namensforni ()r(i)giago als eine wenn auch falsche, so doch von Livins XXXVIII 24, 'J .selbst falsch geschriebene in Schutz genommen. Ferner bestätigt uns dei- Papyrus, dal,i über das t'ognomen de.s einen Konsuls von .')T3 181 und über das Präuomeu des einen v(.iu Gl.j/I'i!^ tatsächlich zwei verschiedene Überlieferungen existierten, und dal.l incht blol,; un.seren Handschriften die von einander abweichenden Lesarten zur Last zu legen sind; P. Cornelius Lentulus und (inaens Calimruins Piso iiot Livius, P. Coruelius Cethegus und Lucius C'alpurnius Piso eine andere, und zwar glaubwürdigei'e Überlieferung (vgl Kornemann a. o. .|r.. i;:;. Tu. ?;_!, o. auch Pauly-Wissowa IV r272, 40if.). Ähidich zu beurteilen ist die Lesart Z. ^f inaximus [poutifjex maximus; Kornemann (a. (». 4. 1.5) findet in ihr die einzige I)ittograiihie des ganzen Papyrus uml wirft zweifelnd die Frage auf, ol) etwa das erste maximus als Cognoraen zu dem vorhergehenden Kigennameu zu ziehen sei, oljwohl Livins an der zugrunde liegeudeu Stelle kein Cognoiuen bietet. Er zitiert a. 0. 3.5 diese Stelle XXXVll 51, 1: certamrv intcr P. TJ<-iiiimit imnli/iceui i»a:ri)iii(M fuit cel.: aber so lautet sie nur in den .\usgaljen, in den Handschriften vielmehr: F. Liri- niiim maxiiimni puiüi/iceiii, ebenso wie es von demselben Manne XXVII (i. 17 heißt: F. LiciniHiH ('nisaiuii maxiiiiitm poidißccm- Die Fpitunie bestätigt also, daß die ungewöhidiche Wortstellung unserer Handschriften festzuhalten ist; liegt eine Dittographie vor, so ist lii'iclistens das zweite maximus zu tilgen: vielleicht aber verfiel schon der Epitomator wegen der ungewöhnlichen Wortstellung seiner Vorlage auf den Gedaidvcn wie sein nujderner Erklärer, zog Maximus zum Namen und fügte darum hinter pontifex ein zweites maximus hinzu. Fiir ilas Verhidtuis der ueuen Epitoine zu anderen Auszügen ;ius Livins ist vielleicht der Umstand beachtensw'ert, daß in ihr (Z. 76) ein Konsulname absichtlich ausgelassen ist, und daß bei Cassiodor gerade dieser Konsuluame verderbt ist ('Parpnrnins statt Cal- puruius), während in unseren Liviushaiulschriften XL 35, 1 und 3 das Richtige steht. Über die Namen der Mörder des Viriathus hatten wir bisher eine doppelte Überlieferung bei Diod. XXXIll 21 und Appian. Ib. 71; die Vergleichnng der Formen führte dazu, dem Appian den Vorzug zu geben (vgl. Pauly-Wissowa V 1203); der P;ipyrns (Z. 197) beweist, daß dies richtig war.

IV. .\\n meisten Neues lehrt der Papyrus über die s|)auischeu Kriege, und sowohl Grenfell und Hunt (a. C. 108—111) wie Kornemann (a. U. 96—104) haben diesen Abschnitten eingehende Erläuterungen hinzugefügt, ohne durchweg zu den- selben Ergebnissen zu gelangen. Ich will nicht ihren Untersuchungen gleich eine dritte zur Seite stellen, sondern nur auf einige Gesichtspunkte aufmerksam machen.

138 Mitteüungen und Nachrichten.

die bei einer solclieu beiiclitet werden müssen. Zuuitchst ist wertvoll, dali die Ver- gleichung von Z. 161—163, 164— 166und 186—188 mit Val. Max. V 1, 5 und III 2, 21 den siclieren Scliluß ziehen läßt, daß alle Naclinchten des Val. Max. über diese Kämpfe aus Livius stanimen. Sodann gibt uns die neue Eiiitome Anhaltspunlite. um den Bericht Aiqiiaus (htrüber. deraucli ki'inl'tig unsere ihui|it(iuelle lileiljt. zu analysieren Davon ist auszugeiien. und es betlarf erst einer rntersuchung über die Kom]iositiou und i'iber die Überlieferung Appians, elie der Versucli zur neuen Darstellung der Ereignisse selbst gemacht werden kauu. Mir scheint es wichtig, aut Appians Absicliteu und somit auf seine Feliler(|uellen hinzuweisen. Erstens liat er versucht, den Stoff anders anzuordnen als seine Vorgänger: er tat in diesen Abschnitteu im Kleinen, was er aucii im Großen getan hat: er versuchte statt der bei den Ix'ömern beliebten annalistisclieu Anordnung eine sacliliclie, geographische durchzuführen (Ib. 63 p. 1 12, .1 Mendelssohn. 66 p. 1 l.i, .'). 75 f p. 123, .5 ff.). Zweitens versuchte er, den geneahigisciien Zusammenhang der verschiedeneu römischen Feldherren klarzulegen, die spanisciie Politik als von gewissen Familien der .Xobilität geleitet darzustellen: in der Tat waren unter den Stattlialtern der Jahre 61(i 144 bis 61.J/139 dri'i liriiderpaare y. Metellus Macedonicus und L. Metellus Calvus, Q. Fabius Aemilianus und Q. Fabiu.s Servilianus, derselbe Q. Fabius Servilianus und (i. Ser- vilius Cae])io (vgl. die genealogischen Notizen 6.5 p. 113, 19. 67 ii.US, 17. 70 ii. 118, 6 und in dem unten angeführten Satze 68). Diese beiden Absicliteu wirklich durch- zuführen, ging aber über .\ppians Vermögen, und wenn bereits der griechische Autor anstatt Klarheit zu schatten. \'er\virruug gestiftet liat, so haben die Ab- schreiber das Üliel noch verschlimniert. Der unglücldiche Satz: dfvriryor i'ro; rji)i/ iuoi:t tiyi'/v riiiAi- rnr :ti>)j'iiiiv, yiu Tr.iSt it]y f> —t-ijttvüjfO'tiQ t-ityntjaiii-rit^ i.; Pwiiijv feilbot. ^H'.'h^f'iiivov Ti/v iCj'/J/v Kohziif llDicDjiin A'v'/.iiv !> ()l aiSihfhi f.vrov Mr'iSi/ioc Ai'/ii/.iuyi'i; hat sich von den Ilerausgelicrn Schweighäuser und Mendelssohn gefallen lassen müssen, daß er aus einem Kapitel in ein anderes umgestellt (von 68 nach 6.i), daß ilini das Ende aligeschnitten, daß in dem Rest ein Wort durch Konjektur geändert und daß ein Wörtchen liiuzugefügt wurde: trotz aller dieser Operationen ist auch jetzt nichts mit ihm anzufangen. Eben.so möchte man fast daran verzweifeln, mit dem nrnnTi/yo^ A'o/rr/o.- in Kapitel 66 zurecht zukommen; fünf Statthalter diesei- .lalnr führten das I'ri'inomen <^nintus, zwei Fabicr. ein Metellus, ein ('ae.|iio, ein l'nnjpiins; da konnte leicht Verwirrung entstehen. Fnd in dem Abschnitt 67—70 Auf. der duch sicher die Taten des Fabius Servilianus behandelt, wird diesem in unserer handschriftlichen Übejlieferung dreimal (p. 116. 21. 2.5. 117, Ij der Meiname lifaon/.ic.ro^ gegelien und dreimal (p. 115,18. 117,20. US. 6. wo die i'berlieferung eine zwiefache ist) Aijulmvlti, ganz abgesehen von dem erwähnten l'nglück.ssatze. wo vielleicht beide Deinamen ihre Plätze vertauscht haben. Bei diesem Stande der Dinge ist also keine Lösung der Aufgabe des Historikers möglich, bevor Text und Knmpiisitinii i\i'^ ganzen Abschnitts Applaus von .Neuem geprüft worden sind.

Wer dann die spanischen Kriege selbst von Neuem behandelt, beachte auch die zwei unter den Konstautinischeu Exzerpten erhaltenen Bruchstücke des Charax von Pergamon (Müller FIlGr. III 643, 36): 'Ev 'liiTrc.riif tJ/ /iiai>ä x/j i'^io Aovaixavwv Tii'.'/.iv i'.nuori'.vrwv t'Tit/df'hj r.TÖ 'Po/udojv aT()(:Ti/yi>g t-Ti' uvtovq /irirroc und: KiiiTn; n Z(ör Piojic'.Hur 7io/.i'/ur.oy<ig i'v (i/'ifoTi'ijf.i; xaii 'loTlcrifcic. j/fföii/ffi'oc iTiö OiioiriHnv ö.irirdf;.- .7()ö,- r.tTor t';ioi!/i7(:To. Die letzte .\ngabe geht sicher auf Q. Fabius Servilianus, wahrscheinlich doch auch die er.ste: während Kornemann (a. 0. 100. 102) die Angabe des Val. Max. IX 3, 7, Q. Metellus habe beide S])anisclie Provinzen verwaltet, und die Vermutung Grenfells und Hunts (a. O. 110), auch Q. Aemilianus habe beide erhalten, gleiclimäl.'ii;^: bestreitet, wird hier sogar dasselbe von Q. Ser- vilianus Ijeliaiiptet. Man sieht, daß hier noch keinesweg> alles aufgeklärt ist:

Mitteilungen und XacJirirhfen. 189

die Konimaiulostellen in Spaiiii'n liabi'ii iiii-lit blnl,', in der ersten Zeit (vgl. Monimsen Staalsr. II IMSt'. 6.')-J) manche Besoiiderlieit aufzuweisen i^eliabt.

\'. Zu den vielbehandelten Daten aus (h-r Oi-schichte dieser Zeit gehört aucli iler Beginn des ersten sicilischen Sklavenl<rieges. Die meisten Neueren haben damit bis ins Jahr 613/141 hinaufgehen wollen: G. Rathke, der kür/.lidi ihre Ausiehten zusammengestellt hat. ist in seiner eigenen eingehenden l'nter- suchung zu dem Ergebnis gekommen. daLi die ersten Unrulien etwa (517 137 aus- brachen, der große Aufstand des Eunus noch später (De liomanoriim bellU servillbm. Diss. Berl. 1904. Üö— 41. 94). Das wird mittelbar durch die neue Epitome bestätigt. Denn diese bricht im LV. Buche und in der Geschichte des Jahres (117 137 al), ohne irgend welche Vorgänge auf Sicilieu zu berühren, und die alte F-;i)itonie lehrte, daß Livius erst vom LVl. Buche an den Sklavenkrie^; erzi'ihlte. Daß er liier die Ereignisse mehrerer Jahre nachgetragen haben sullte, ist bei seiner strengen Beobachtung des annalistischen Prinzips undenkbar; daß die neue Epitome die Anfänge des Aufstandes übergangen haben sollte, ist des- wegen nicht wahrscheinlich, weil damit gerade solche anekdotenhafte Züge ver- knüpft waren, die ihrem Verfasser besonders interessant zu erscheiuen pflegten. Die verhältüismäßig große Zahl von Feldherren, die Rom in diesem Kriege ver- brauclite, ist durch dessen Schwere und nicht durch seine Länge zu erkliiren. und eine gewisse Verwandtschaft mit den Kämpfen in Spanien, wie sie uns der Papyrus kennen lehrt, wird auch das Verständnis der röuiisi-hen Kriegführuiii; auf Sicilieu verbessern.

Stand des Corpus Inscriptionum Latinarum. ')

Von den gallisch-germanischen Inschriften (Xlll) ist der Schlußfaszikel der ersten Abtheilung, Gallia Belgicanmfassend (Hirschfeld und \ on Domaszewski) im Sommer erschienen. Die Inschriften von Obergermanien (Xlil. 2. 1), deren Bearbeitung Zangemeister vor fast dreißig Jahren Ijegonnen und in unaiilässiger Arbeit zum großen Teil vollendet hatte, hat von Domaszewski, der ihm bereits vor seinem Tode hülfreich zur Seite gestanden hatte, energisch zu Ende geführt, sodaß der Band soeljen zur Ausgabe gelangen konnte. Den Anfang desselben bildet die von Theodor .\Iommsen besorgte Neubearbeitung der Schweizer In- schriften, die bereits vor fünfzehn Jahren abgeschlossen war. Vom gallisch- germanischen Instrnnientum (Xlll, 3 Bohn) ist die von Esperaudieu besurgte Samndung der iui ganzen römischen Reich gefundenen Augenarztstempel mit Namen- und Sachregister im Druck beendet. Von den pompejanischen Inschriften (IV. Supplementbaud) hat Mau die Steiunietzzeicheu und die Amphoreninschriften zum Druck gebracht. Der dritte Faszikel des VIII. Supplenientbandes (Afrika). die Inschriften Mauretaniens, der afrikanischen Meilensteine und des Instrumentums enthaltend (Caguat und Dessau) i.st Anfang 1904 herausgegeben worden.

Das unter Dessaus Leitung stehende, Dienstags von 11—1 Uhr der Benutzung geöffnete epigraphische Archiv auf der Königl. Bibliothek zu Berlin hat einen Zuwachs durch die. der Güte des Herrn Holleaux, Direktors der Ecole Fran- (;aise inj Athen, zu verdankenden Abklatsche republikanischer Inschriften aus Delos und Delphi erfahren.

1) Vgl. 0. Hirschfelds Bericht, Berliner Sitiungsberichfe 1905, S. 12-2 ff.

J40 Mitfeilunr/e7i loid Xailn-icJiteii.

Eingesandt.

An die l.esei' und Benutzer dri- ' lirilriit/r richte icii eine Anfrage, den Niiiuen lietreftend. Sind [Sie mit dem Titel ' lleih-tir/e zur alten Geschiclite lieraus- gegehen von" etc. einverstanden? rnd wenn Sie auch finden, daß er den reiclien Inlialt in seiner Art gut wiedergibt, wie zitieren Sie? Es gibt ja Autoren, die sich an der liäuligen Anfi'ilirung reclit langer Zitate erfreuen: die meisten (ielelirteo wenlen aber solclie Zitate als ein leider niclit iuiuier zu vermeidendes Übel an- sehen und sich nach Kürze sehnen, solange darunter niclit die Deutlichkeit leidet. Sollten die verehrlichen Kedaktionen von Zeitschriften, und mit ihnen alle Ver- fasser wissenschaftlicher Werke, welche hoffen, viel benutzt und zitiert zu werden, diesem Wunsche nicht entgegenzukommen suchen, indem sie kurze, vielsagende Titel wäiilen? Wie gut zitieren sicli 'Hermes' und Tliilologus": wie schlecht— doch wir wollen die vielen endlosen Titel, die sich jedem aufdrängen, nicht nennen: noniina sunt odiosa. Soll man den 'lieilnigen'' nicht auch einen kurzen, voll- tönenden und bezeichnenden Titel wünschen? Noch ist die Änderung nicht zu spät; neue Titelblätter sind rasch gedruckt! Diese heftet man vor die bestehenden Titel ein, sodaU auch die alten Zitate verständlich bleiben: in den neuen Bänden kommt der neue Name einfach vor den bereits eingefüinten Titel, der im übrigen unverändert bleiben kann. Herr Alfred Schiff hat den Mnsennamen Clio vor- .sreschlagen; wälden wir die griechische Form Khio, der jetzigen Bedeutung der hellenischen Kultur entsprechend, so haben wir, was wir bedürfen. Hat die ver- ehrte Redaktion, oder hat einer der Leser der 'Beiträge" etwas dagegen einzuwenden ?

Berlin. F. liiller von Gaertringen.

Redaktion und Verlag der Ueiirä(je zur alten Geschuhte ents|ire<-heu der vor- steheudeu Anregung mit Freuden. Mit .Ujschluß des vorliegenden Bandes wird demgemäß der Name der ersten Muse als Obertitel dem bisher alleinigen und auch ferner beizubehaltenden Titel dieser Zeitschrift vorangestellt werden. Zugleich mit dem dritten Hefte dieses Bandes werden auch die neu zu druckenden Titelblätter fl'ir Band 1 bis IV geliefert werden.

Nur scheint uns wie im allgemeinen, so in diesem bes(]nderen Falle die altgewohnte latiMnisclie gegenidier der neuenlings mehr uml mehr, wenn auch keine.swegs überall freudig geübten Verwendung der griechi.scheu Namensform den Vorzug zu verdienen. Dieser .Ansicht neigte auch die Mehrheit bei einer in der März-Sitzung der Berliner Archäologischen Gesellschaft erfolgten Erörterung zu. F;benso wurde hier bei der Frage, ob CVo oder Klio, überraschenderweise die letztere Form bevorzugt ein Punkt, den wir hiermit zur weitereu Dis- kussion stellen.

Beirchtigungen.

Bd. IV Heft 3 S. 38!) Abs. 1 .streiche den letzten Satz. S. 302 Z. 5 v. o. lies: „3. Jahrtausends v. Chr.". Abs. 2 v. u. Z. G v. o. lies: „sich anschließen". S. 3y3 Abs. 4 Z. 3 V. n. lies: ,.und so w'äre es denn mit besonderer Freude zu begrüßen, wenn sich die neue Botschaft bewahrheitete, die". S. 394 .Abs. 3 Z. 13 V. 0^ lies: ..im Osten". S. 3;H5 in Anm. 1 lies: .Aber de Rouges Gleichung mit den ^ixfhii (die ja übrigens wahrscheinlich Italiker sind) fehlt auch in anderer Hinsicht die schlagende Beweiskraft". Anm. 3 a. E. füge hinzu: .Freilich findet sie sich auch bei den Iberern, als deren Verwandte die Korsen schon im Altertum gelegentlii'h betrachtet worden sind {GA. 11 §313'". C. F. L.

10

141

Die griecliisclien Historikerfragmente bei Didymos.

Von Felix Ntiiheliii.

Zweiter Teil.')

Nachdem wir im ersten Teil die sämtliclion neuen Fragmente des- jenioen Antors zusammene:estellt haheii. der am liäutig.sten zitiert wird, fassen wir nun zunächst ein Bündel von wertvollen Xactiricliten ins Auge, die zwar verschiedenen Autoren entimmnien sind, ahei- alle einen und denselben .Mann zum Gegenstand haben:

Herinias von Atariieus.

Zunächst steht col. 4. 6t!ff. ein Fragment aus dem 4(1. Buche von Theopnmpos' philippischer Geschichte. Leider ist es nur verstümmelt erhalten, doch fühlen wir auch aus den künnnerlichen Resten sofort Theopomps gewohnte temperamentvolle und gallige Art zu urteilen heraus. Schon auf der zweiten Zeile wird Hermias als svroi<xoc bezeichnet, weiter ist die Rede von grausamer Verwüstung von Atarneus und Umgei)nng, von Giftnnirden. von Chiern und .Mytilenäern. von äuiaUa cioünvuain. Die meisten louier habe Hermias schmählicli beschimpft {Tl^)(ls^^l^/.ux^aE). Aus seiner \'ergangenheit wird erwähnt, daß er am AVechslertiscIie gesessen habe. Schließlich sei die Strafe für sein gottloses und sclilimmes Tun nicht ansgel)lieben. denn er sei aus seinem Lande gerissen, zum Perserkönig gebraclit und nach vielen Foltern gekreuzigt worden. Diels macht darauf aufmerksam, daß mehreres hier Hermias zugeschrieben wiril. was in Wirkliclikeit nui- auf dessen früheren Herrn mul ^'urgänger in der Tyrannis. Fubulos. zutrifft: so der einstmalige Besitz eines Wechslergeschäftes, die Anwendung von Gewalt bei der Froberung der Städte Atarneus und Assos. Man lial .Mühe zu glauben. dalJ Theopomp, der doch Zeitgenosse des Hermias war, hier nicht wider besseres Wissen ungünstige Züge von Eubulos auf Hermias übertragen hat, um das Bild, das er von ihm entwirft, noch düsterer zu gestalten.

1) Bei der Redaktion ziigleiidi mit dem Fürsten Teile (s. o. S. äj 71) eiu- gegangen. C. F. L.

Beiträge z. allen Gesehiilite V 2. 10

18

142 Felix Siähelin,

col. 5, 21 ff. Ein weiteres Fragment des Theoponip stammt aus dessen Brief an Pliilippos. Bis jetzt kannten wir nur einige Zitate aus einem Briefe an Alexander (Frg. 276. 277). In dem neuen Fragmente läßt Theopomp seinem (Irimm ülier Hermias in einer dreifachen rhetorischen Antithese die Zügel schießen, indem er sagt: Obwohl Barbai', hat er doch mit Piatons Schülern zusammen philosophiert; obschon Sklave, be- teiligte er sich doch mit wohlgenährten Rossegespannen an den pan- hellenischen Festspielen: obschon er nur Kli])])en und kleine x""?'« Sfhi eigen nannte, setzte er es doch bei der Stadt Elis durch, daß der olym- pische Festfriede (d. h. die Abhaltung der Olympien) bei ihm angesagt wui'de. Ist es auch nichts Neues von großem Belang, was wir liir die Geschichte diesen zwei Fragmenten zunächst entnehmen können, so bilden sie doch einen höchst charakteristischen Beitrag zu dem Bilde, das wir uns von der Schreibweise Theopomps machen können.

col. 5. .52 ff. Es folgt der sehr verstümmelte Rest eines Zitates, dessen uns unbekannter Autor dem Hermias freundlich gesinnt ist. ^) Es ist darin die Rede von Erastos. dem bekannten Sokratiker in Skepsis: wie es scheint, war augegeben, daß dieser zugleich mit Aristoteles zu Hermias gekommen sei. Dann wird eine Sch(>nkuug des Hermias an die Philosophen erwähnt. Seine tyrannische Herrschaft habe Hermias ge- mildert und deshalb auch die ganze Gegend bis /Vssos beherrscht. Diese Stadt habe er den Philosophen angewiesen, unter denen er namentlich dem Aristoteles sehr gewogen gewesen sei.

col. 5, 64 ff. Ans einem für uns bis ji'tzt nicht einmal dem Titel nach bekannten övyyoa/tna, das Kallisthenes über Hermias verfaßt hat, wird hierauf eine Stelle mitgeteilt. Kallisthenes rühmt die tapfere Haltung, die Hermias in Gefahr und Tod bewiesen habe. Auch die Barbaren, sagt er, mußten seine Staudhaftigkeit bewundern, und der König war schon entschlossen, ihn zu i)egnadigen und zu seinem Freunde zu erheben, da gelang es dem Mentor und dem Bagoas, die auf ihn eifersüchtig waren und durch ihn in tier (innst des Königs verdrängt zu werden fürchteten, den König wieder nmzustimmen; es verblieb beim Todesurteil, doch verbot Ochos wenigstens die Anwendung der Folter.-) Zum Schluß ist von Briefen an die Fieunde und stuTqoi die Rede, laut welchen Hermias ovdir cWa^wv g)üo(So(/iai ovd' aaxt/fiov begangen habe. Es gewählt einen

1) Die Bemerkung b. G4 «/A« ;■«(> xni xt).. zeigt, daß Didyrao.s schon vor dfin Kallistheneszitat einen für Ileriiiias günstigen Qnetleiiljericlit eingesclialtet hatte (vgl. die einleitenden Bemerkungen col. 4, .59— G(l). Also darf man die Stelle 5, 52 G4 nicht mit den Herausgebern dem vorhergelieiulen Tlieoi>oniiifragiiieut zuteilen. Der Autornarae muß in der bücke 5, 3.')— 43 gestanden haben. |Korrektur- zusatz: Nachträglich bemerke ich. daß sclmn lilal.' im Archiv für l'ajii/rnsforschioiC) III 290 ebeu.so urteilt.]

2) Nach Useners Erklärung ji. 54 der Teubnerscheu Textausgabe.

19

Die griechischen Historikerfragmentc hei Didymos. 148

pigentüiiilirlicn Reiz, iicradi' {liiicli Ka 1 1 istliciics den stolzen Märtyrertod des l'liilosuplipii ijepriesen zu sehen! Cherliaupt sind die Einzelheiten, die wir liier über den Tod des Herniias vernehmen, wiehtio und neu. Die Erwähnung der huTgoi erinnert an den insciiriftiicli erhaltenen Vertrag des Herniias mit der Stadt Erythrai (Dittenberger, Syll.'^ 1--). wo der Ausdruck 'Eoui'ac ■/.<() ol iiciTooi mehrmals wie eine Art offizieller Firnu»n- bezeiehnung für die seltsame Philosophentyrannis von Atarneus gebraucht wird. Als besonders bedeutsam wird sieh uns endlich die Nennung des ^lentor und des Bagoas als der hauptsächlichen Feinde des Herniias erweisen.

Aus dem zweiten Buche des Heriiiippos über Aristoteles bringt unser Kommentator col. 6. 51 ff. die Nachricht bei, daß Herniias im Ge- fängnis gestorben sei. während andere die uns auch anderweitig bezeugte Version boten, wonach er auf Befehl des Königs gefoltert und gekreuzigt worden ist. Wieder andere, darunter Kallisthenes. hätten versichert, daß er nichts von alledem gestanden habe, was er von Philippos wußte. Über die Bedeutung dieses Satzes wird noch zu reden sein. Als Ort seiner Verhaftung sei von den einen die aiolische Stadt Kane (so ist wcdii mit Wilamowitz für das überlieferte Katane zu lesen) bezeichnet worden, von den anderen ein anderer Ort.

Endlieh wird col. 6, 59 ff. noch angeführt, daß Anaximenes im (j. Buche IIsqI (J'ü.innov eingehend über Herniias gehandelt habe.

Was ergibt sich aus all diesen Zitaten als geschichtlicher Gewinn für

uns? In dem ersten der lieiden Theopompfragmente finden sich 5. 18f. auf

Herniias angewandt die Worte iWdanaaioc mc ßaaüta yevöiievoc xr/..

Genau derselbe Ausdruck liegegnet uns bei Demosthenes 10, 3"2, d. h. an

derjenigen Stelle, die für Didyinos überhaupt den Anlaß zu seinem ganzen

Exkurs über Herniias gegeben hat: sneiO' ö ngchiMv xal ointtdw; anavO'

(i (I>ikiTT,TO^ xaui ßaai/JoK TTaoaaxti>aL.erai, ovtoc ctvcißnaßTO^ yt'yovev.

xal TTÜaug tuc tioc'i^sic ßaat/.eic ovx i'jio'v xai iiYoooirtwv äxoi'oeTcci . . . ä/J.ä

IOC TTQci^cn'ioc ainov y.ai dtoi/.oi'vmc. Daß damit eben Herniias von

Atarneus gemeint war, lehrt uns nicht erst Didyinos. sondern schon die

bisher bekannten Demosthenesscholien haben die Stelle auf ihn bezogen.

Von dieser Stelle ist Boeckh in seinem scharfsinnigen Aufsatz über

Herniias von Atarneus (Gesammelte kl. Sehr. VI 185ff.) ausgegangen, um

den richtigen chronologischen Ansatz für dessen Hinrichtung zu gewinnen.

Während Straiio 13, p. 010 die Gefangennahme ties Tyrannen als uii-

niittelbare Ursache der Abreise des Aristoteles aus Assos hinstellt für

die das Jahr 345 v. Chr. durch andere Zeugnisse gesichert ist muß

man nach unserer Demosthenesstelle jenes Ereignis einige Jahre später

ansetzen. Nun ist zwar die zehnte Rede als Ganzes nicht siclier

demosthenisch (für die Echtheit tritt allerdings Wilamowitz. Aristoteles

10* 20

144 Felix Stähelin,

und Athen TT 21"> Aiim. ö oin): in jedem T^'alle aber ist sie wenigstens ans lauter eclit deniosthenischen Bruclistücken zusammengesetzt und rülirt von einem Verfasser lier. der mit der Gescliichte der demostlienischen Zeit wolil vertraut war (vgl Hoeekii. a. a. 0. liMi: Blaß. Ath. Bereds. 111 12. 392 und Ausg.* 1 32).

Die Rede will nun aber im Jahre 341 0 gelialten sein: mitliin läßt ihr Verfasser den Hermias in diesem Jahre noch leben und eben als ('■efangenen beim Könige weilen. Da auch Diodiu' Hi. .')2 den Sturz des Hermias mit dem ägyptischen Ivriege (s. u.) in Verbindung bringt, erklärt sieh Boeckh geneigt, bei Strabo einen Trrtnm anzunelimen und den Tod des Hermias nicht früher als 341 anzusetzen. Schon zu Lebzeiten des Hermias hätte also Aristoteles, vielleicht sogar im Auftrage des Hermias selber, seineu Wohnsitz von Assos nach Mytilene verlegt. Die Neueren (ich erwähne nur Gercke bei Paidy-Wissowa TT 1014: Wilamowitz, Aristoteles und Athen T 334: Ditteniterger. SijUorje- Nr. 122 not. 3) haben dieser Argumentation den (ilanljen zumeist versagt. Einzig Beloch, Gr. Gesell. TT 604 f. Anm. 1 hält es mit Boeckh für ..sehr wahrscheinlich, daß die T^atastrophe des Hermias erst 341 erfolgt ist". Unser Papyrus- fnnd lehrt, daß das Recht auf der Seite von Boeckh und Beloch liegt. Ein- mal nämlich ist das Wiederkehren des iVnsdrncks äranTradToc y^yorev bei Theopoinp und in der zehnten deniosthenischen Rede schwerlich ein Zufall. Entweder ist der Historiker durch eine wirklich im Jahre 341 von Demosthenes gehaltene Rede beeinflußt, oder der Verfasser der pseudo- demosthenischen Rede hat den Ausdruck eben dem Historiker entnommen, tertium non datnr. Tm ersten T'alle ist die Ivatastroplie des Hermias sicher im Jahre 341 eingetreten, im zweiten wird sie wenigstens von einem trefflichen Kenner Jener Zeit in eben dieses Jahr versetzt. Sodann tritt außer den bisherigen Zeugen nun noch Kallisthenes (col. (!. T).')!!.) als fiewährsmann dafür auf. daß gegen Ende der 340er Jahre in der Tat makedonischerseits Rüstungen gegen Persien vorgenommen worden sind, bei denen Hermias mit tätig war.

Daß wir die Katastrophe des Hermias tatsächlich 341 nnti nicht 345 anzusetzen haben, wird uns nun nocli durch den Umstand nahegelegt, daß Theopomp auf Hermias erst im 4ß. Buche seiner philippischen Geschichte zu sprechen kommt. Denn im 44. Buche hat er die Einiichtung der Tetiarchien in Thessalien erwähnt (Frg. 234. 230). die in das -lahr 342 fällt: aus Buch 4i! 48 aber werden vornelnnlich thrakische Namen zitiert, also war in diesen Büchern die T]robernng Thrakiens durch Philipp erzählt, die von 342 33!» dauerte. Die Unterwerfung Thrakiens war aber, wie sich nun immer klarer herausstellt, wesentlich ein Tvampf Philipps gegen Persien oder zum mindesten gegen persische Satrapen. xVls Verbündeter Philipps ist TTermias währeml dieser I{^änipfc gefangen gendounen und zur Verantwortung gezogen worden. In diesem Zusannnenhang nniß

21

Die (jrurliiiichcn ILiaivrikvifrttipiwiüc bei IJuli/inua. 145

TlH'ii|)(nn|) seine N'enirteilmin' horiclitct und dabei nacli seiner Gewohnheit die \'i>ii;esiliichte des Mannes in einem Kxkurse iiaihncholt hid)en. Wiild sind Tiie(]|iiini|) i;r(il.ie Sprünge in seiner Erzähkint; diirchans zuzutrauen, al)er es wäre dneh allzu verwunderlich, wenn Hernuas schon 3-t5 von seinem Schicksal ereilt worden wäre. Theopomp aber erst anläßlich der letzten Jahre dieses Jahrzehnts \dn ilini i^ehandelt hätte.

Zum Schlüsse sei mich auf l'"(ili;endes hingewiesen. Kallistlienes (col. 6, äi'.i bezeugt uns, tiaü gerade Mentor und Bagoas die Todfeinde des Hermias waren. Daß Mentor es war. der den Hermias auf hinter- listige "Weise gefaiigeu nahm, wußten wir liereits: daß aber auch Bagoas bei der Vernichtung des Atarners mitwirkte, ist wichtig, weil wir aus Diodor Ki, 5t) wissen, daß Mentor und Bagoas gerade seit der Eroberung Ägyptens aufs engste miteinander befreundet waren. Die Eroberung Ägy]itens fällt aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht früher als etwa 344 (vgl. Beloch, Gr. Gesch. II 603 .\nm. 1 : Ed. Meyer. Geach. d. alten Äiiyptens SUß). Auch dies spricht dafür, daß Hermias erst gegen Ende der 340er Jahre den Ränken der Iteiden Freunde zum Opfer gefallen ist.

Die übrigen Fragmente ordne ich nach dei' zeitlichen l-"olge ihrer

Autoren:

.\iHlrolioii.

col. 14. 3.1 ff. Im 7. Buche seiner Atthis kam dieser Autor auf die Orgasstreitigkeit zu sprechen, die wir aus einem der neuen Philochoros- fragmente bereits kennen gelernt haben (S. ii4ff. i. Im ganzen stimmt sein Bericht mit dem des jüngeren Atthidographen überein. nur sagt er nichts von dem bewaffneten Vorgehen der Athener unter F^phialtcs, sondern gibt an, daß die Megarcr den eleusinischen Göttinnen zuliebe den Athenern das Recht eingeräumt hätten, nach Gutdünken die Grenzen der heiligen Hur zu bestimmen. Nach einer feinen Bemerkung Bruno Keils, die die Heraus- geber im Supplement der Tenbnerschen Textausgabe ]i. äii verzeichnen, gibt l'hilochoros die attische \'ersion der .Angelegenheit wieder, während bei Androtion. der nach Plutarch de euilio 14 seine Atthis im Exil zu Jlegara geschrieben hat, die Version der Megarer vorliegt. Daß ein bewaffneter Auszug gegen Megara in der Tat stattgefunden hat, lehren die oben besprochenen Stellen Dcmosth. 3, 20 (e/u . . . MsyaQEa? äquä- (Ttri'rac ra onl.u noosveadai) und Demosth. 13. 32 nQo; rovg yMTccQdtnvc Mtyctoeag eijn^(fi<5ciCi}e . . . stic'vai, xuj}.v{n\ /(/] cmroeneiv). Die Version des Philochoros dürfte also unser Zutrauen durchaus verdienen. Der Hergang der Angelegenheit war nach alledem folgender. Im Jahre 352 wurde der Beschluß gefaßt, die umstrittenen Grenzen der heiligen Flur wieder einmal festzulegen. Eine 15gliedrige Kommission wurde bestellt, die vom Neujahr 351 an solange sich zu Sitzungen zusammenfinden sollte, bis die Grenzregulierung durchgeführt wäre. Gleichzeitig wurde

14(i Felix Stühdm,

beschlossen, das Orakel üi)or die künftige Verwendung oder Nicht- verwendnng des Flnrlandes anzufragen. Die Arbeiten der Kommission müssen sich sehr in die Länge gezogen haben, da Philochoros die ganze Angelegenheit erst unter dem Jahre 350/40 berichtet. Auf Widerstand stießen die Anordnungen der Kommission ganz bes(unlors i)ei den Nacbbarn der heiligen Flur jenseits der Landesgrenze, den Megarern. die dem Vorbild ihrer Almen getreu gewisse Stücke des geweihten Bodens als ihr eigen beanspruchten. Die Verhältnisse spitzten sich so zu. daß die Athener mit Waffengewalt eingriffen. Erst als infolgedessen die llegarer klein beigaben, konnten endlich 350/4'.) die Grenzen der Orgas definitiv festgelegt und mit Stelen bezeichnet werden. Das entscheidende Wort führte dabei die hohe eleusinische Priesterschaft, deren A'ertreter nach dem Volksbeschluß von 352 mit dei' 15gliedrigen Kommission zusammen- zuarbeiten befugt waren.

col. S, 1-lf. wird Androtion für die 344/3 von den Athenern zurück- gewiesenen Angei)ote des Perserkönigs zitiert, und zwar die Richtig- keit der Ergänzung vorausgesetzt mit dem bemerkenswerten Zusätze oc x(d tot' flnf. Darnach ist unser Historiker der Antragsteller zu jenem Beschlüsse gewesen, der sicli wenige Jahre darauf so l)itter ge- rächt iiat. Schon ein Jahrzehnt früher iiatt(^ sich Andi'otion als I-Vind Persiens hervorgetan, indem er Aristophons tollkühnen Plan, einen National- krieg zu entfachen, unferstüzte (vgl. Ed. Schwartz bei Patdy-Wissowa I 2174). Der letzte datierbare Punkt in seinem Leben war für uns bi^ jetzt ein Fsephisma vom Jahre 34fi, das er beantragt hat (Dittenberger, Si/ll.'^ 12!V). Aus unserer Stelle gewinnen wir einen Termin, der noch um zwei Jahre sjiäter liegt. Die Verbannung nach ^legara muß also nach 344 3 fallen: vielleicht ist sie durch den verhetzenden Absagebrief des Perserkönigs v(mi Jahre 340 veranlaßt worden, den sich die Athener gerade durch die Annahme von Androtions Antrag zugezogen hatten.

Tlioo)»oini>os.

Außer den beiden Fragmenten, deren Gegenstand Hermias von Atarneus ist, bietet unser Kommentar noch die folgenden fünf.

col. 12, 47ff. wird nach dem 4. Buch der philippischen Geschichten die bekannte Verwundung Philip])s vor Methone erzählt: bei der Belagerung dieser Stadt habe der König, während er die ^laschinen und Stnrmdächer inspizierte, dmch einen Pfeilschnß das rechte Auge verloren.

col. 14, 55 ff. ein wörtliches Fragment ans Buch 2(t; der Demagoge Philokrates wird redend eingeführt. Er hält den .Uhenern vor. wie ge- fährlich die Zeiten seien: ..denn, wie wir wissen, sind uns die Boioter und ilegarer feindselig; von den Peloponnesiern sind die einen den Thebaneru, die andern den Lakedaimoniern zugewandt: die Chier und

23

s

Die (jri(H-liisilh')i Hi.storikcrii ((gi)ii.')ttf ln'i Didynios. 147

(!:<' I\liii(li('r sowie ticiiii l)ini(l('s^x>H()ss('ii hassen uns iiiul stehen mit l'liili|)|i \vei;en (>ines b'ieiinilscliaffsveitraj^es in Unterhandlungen". Die Buchziffer 'ICi und der Inhalt weisen gleichermaßen dieses Fragment in die letzte Zeit des phokischen Krieges, in die Zeit vor demjenigen Frieden also, dessen Abschluß gerade den Namen des Philokrates am meisten bekannt gemacht liat. Damals war die pulitisclie (iruppierung der griechischen Staaten in der Tat so. daß auf dei' einen Seite Theben die Führung hatte, auf dei' anderen nächst Athen \-or allem Sparta. Die Thebaner und die iiinen iiefreuudeten Staaten waren .Vnhänger der makedonischen Politik: zu ihnen gehörten unter den Peloponuesiern namentlich Messenien, Argos und Megalopolis. Die Athener und Spartaner standen als Freunde der tempelrauberischen Plioker mit Theben und König Philipp auf ge- spanntestem l'uße: an Sparta liatten sich auf dem Peloponnes Achaia, i'hleius. Elis und Mantineia angeschlossen (vgl. Beloch, Gr. G. 11 490). Daß Megara damals gegen ,\tiien feindselig gestimmt war. wird uns smist nicht überliefert: es ist aber nach den Streitigkeiten über die Be- grenzung der eleusinischen h'lur. die wir jetzt erst näher kennen gelernt haben, wohl verständlich. Der bewaffnete Auszug der Athener nach Megara geschah 3.iO/4'.i: wenige Jahre später haben wir unser Fragment anzusetzen. Was endlich die Inseln Chios und Rhodos betiifft. so i)e- standen auf denselben seit dem Bundesgenossenkriege oligarchische Re- gierungen, deren eigentliches Lebenselement die Feintlschaft gegen Athen war. Ohne jeden Erfolg hatte im J. 350 Demosthenes seine Vater- stadt zur Unterstützung der vertriebenen rhodischen Demokraten gegen die oligarchischen Machthaber zu bewegen gesucht, denen die karischen Dynasten und das persische Reich den Rücken deckten. Neu ist es für uns, daß die Oligarehen auf diesen Inseln nun auch mit Makedonien verhandelt haben. Einen Umschwung brachte erst die Zeit um 340, als Hypereides als Gesandter nach Rhodos reiste: damals sind die beiden Inseln zwar nicht in ein föriuHches Bündnis mit .Vthen eingetreten, aber doch zur Teilnahme für Byzanz gegen Philipp gewonnen worden (vgl. Schäfer. Demosth. 11' 484: Beloch. Gr. Gesch. II J4.S).

Durch die Rede, die Theopomp in unserm Fragment dem Philo- krates in den .Mund legt, läßt er ihn augenscheinlich eben für den ..philokrateischen" Frieden Stimmung machen. Genau den entgegen- gesetzten Standpunkt nimmt eine Rede in dem folgenden Fragment ein.

col. 8, 58ff. Ein wörtliches Zitat aus dem 27. Buche der Philippika. Auch hier tritt ein Demagoge als Redner auf: diesmal ist es Aristo])hou: „Erwäget, daß wir die denkbar unmännlichste Handlung begehen würden, wenn wir in einen Friedensschluß unter Verzicht auf Amphipolis ein- willigten; wir bewohnen ja die größte der griechischen Städte, wir besitzen die meisten Bundesgenossen, 300 Trieren und jährliche Einkünfte von nahezu 400 Talenten: wer würde da nicht Vorwürfe gegen uns erheben,

■H

148 Felix Stähdin,

wenn wir ans Fnrclit vor der makedonischen Macht ir{;endwelclie un- berechtigten Zugeständnisse machten?" Da das 30. Buch Tlieopomps laut Frg. 18(i und 187 von amphiktionischen Angelegenheiten, also höchst wahrscheinlich von der Neuordnung der Amphiktionie nach der Annahme des philokrateischen Friedens (34(i) gehandelt hat. so wird der Inhalt des 27. Buches der Zeit kurz vor diesem Frieden angehören. Dazu paßt aufs beste der Wortlaut dieses P>agmentes: Aristophon bekämpft die Annahme eines Friedens, in dem die Athener aus x\ngst vor Makedonien auf Amplii- polis Verzicht leisten würden. Durch die Eroberung von Amphipolis hatte Philipp einst gegen Athen den Krieg eröffnet (3ö7), der bis zum Frieden des Philokrates ein volles Jahrzehnt hindurch zwar nicht immer tatsächlich geführt, aber doch nie förmlich war aufgehoben worden. Und gerade der Verzicht auf Amphipolis ist es. der den Friedensentwurf des Philokrates für viele athenische Patrioten, unter denen auch Demosthenes war. un- annehmbar machte. Unser neues PYagment zeigt uns. daß auch der alte Aristophon zu den Gegnern des Friedens gehört hat. Von i)eson(lerem Interesse sind die Argumente, mit denen er den Athenern den Mut zur Fortsetzung des Kri(>ges zu stärken sucht. Er verweist auf die Menge der Bundesgenossen, der Kriegsschiffe und der Staatseinkünfte. Athens Bundes- genossenschaft umfaßte seit dem Abfall der großen Cllieder Rhodos, Kos und Chios noch die Kykladen. Euboia. die nördlichen Sporaden. Thasos. Samothrake. Ainos. Prokonnesos, Tenedos. Ikaros, Astypalaia (Beloch. Gr. G. II 500 A. 1): laut einem Plotteninventar von 353 2 besaß es in diesem Jahre 349 Trieren {IG. II 795. vgl. Beloch a. a. 0. 508 A. 2). was zu der hier gegebenen runden Zahl 300 gut paßt. Die Einkünfte endlich können unter der vorzüglichen Finanzvcrwaltung des Eubulos selir wohl die Höhe von 400 Talenten erreicht haben, (lenau diese Summe wird uns aus dem Jahre 341 bezeugt durch die Stelle Demosth. 10, 3S. zu der unser KomniiNitar das Theopompfragmeut als stützenden Beleg anführt. So fügt sich alles aufs beste in die Zeit kurz vor 34(i ein.

Die beiden zuletzt behandelten Fragmente des Theopompos haben das Gemeinsame an sich, daß in ihnen Demegorien in direkter Rede vor- geführt werden. Daß Theopomp unmittelbar vor einer Schlacht durcii die Feldherrn Reden halten ließ, wissen wir aus Pinta rch praec. ger. rvipuhl. (\ (p. .S03 B|: einer solchen Feldherrnrede weist Blaß Att. Bercds. 11- 417 das Erg. 77 zu. einer Rede Philipps das Frg. 139. Daß Theopomp auch sonst auf dieses beliebte Mittel zur Belebung der historischeu Darstellung nicht verzichtete, war von dem Rhetor und Isokratesschüler von voridierein anzunehmen. Unsere beiden Fragmente liefern uns erwünschte Belege dazu. Unter den bisher bekannten Bruchstücken dürfte auch Frg. 302 einer Volksrede entnommen sein (Theon procj. 1, p. 9: ematctuat yo.o oVi tocc juer ^wYtuQ nol'/.oi /.terä Jrff/ifrff'ac f'itrd^ovßi, wTe Se uitl(:VTi]xöai i)iu %b nXrji^oc TKjv CTuyv rnariüai locc (j'Jövuvc). Auch Frg. 1(17 stammt vielleicht

25

Die (jiiuliiHiiiH HtdoriUtrfruipiitutc hu Uidijiiioa. 141'

aus oiner Douipoorie dos Dpiuostlieuos. docli Ivönnto es aiirli ein oinlaflios A|)(i|)litlH'iinia sein (l'liit. Dem. 14: iomoH de xiii (-Jto/ionmi^, "ni rwr 'Ailij- rcätuv riri ina nooßcü'/.oi.(erwr avttiv xattjyocjiav, «k J" oi<x vm'jxove, üoovßoi'VttDV. ctraarag elTitv J'/i^k c/^mi, tu tirSoic '.tOt^aüii, aruflorXw lUv y.är fo] i^f/.rjtF. '/oirrsa'te' nii/o(fuvrtj St oi'<)e «r i)t'?.iin).

fol. '.K 47 f. wird das 4S. Biicli der I'iiilippika iieijon dein liiiefe des I'liiiippos an die Atiiener als Quelle angefülirt für die Käiupie. die Ari- stoniedes vmi l'lieiai in persisclieni Solde i;ei;'en Piiilipj) i;et'ülii1 liat. Uns ist Aristduiedes als jiriecliisclier Söldnerfiihrer in ])ersischein Dienste bis jetzt nur aus der Zeit der Sebhulit von Issos bekannt. Das 4S. Bueb Tbeoponips beziebt Diels im Kommentar mit großer Wabrsebeinliibkeit s])e7.iell auf das Jahr 340: sicher ist, daß es die letzten Zeiten vor der Scldacbt bei Chaironeia zum Gegenstaud gehabt hat (die Bücher 4(i 48 schilderten die Unterwerfung Thrakiens, die von 34'2 bis 33!) dauerte: die Schlacht bei Chaironeia war im .')3. Buche behandelt, wie uns Frg. 2(i"2 zeigt). In dieser Zeit fanden, wie mehrfach erwäiint, tatsächlich vor l'erin- thos und in Thrakien überhaupt Kämpfe zwischen persischen Satrapen und makedonischen Tinppen statt. Daß sich die Satrapen dabei griechischer Söldner bedienten, war nichts Außergewöhnliches.

col. 10. 411 wild eine A'ariante aus Theopomp über Philipps Kaperei bei Hieron (340 3'.)) neben die A'ersion des Philochoros gestellt: während Philocboros 230 Schiffe erbeutet werden ließ, waren es nach Tbeopomp nur ]si). die dem Makedonier 700 Talente eingebracht hätten («V/' wv f.itaxocta riihiria l'Jtootot). Vom Unterschied in den Zahlenangaben ist bereits anläßlich des philochoreischen Berichtes die Rede ge\\esen (S.Bit). Hier sei noch zu den erwähnten 700 Talenten eine A'ermutung geäußert. Aus dem Anfang des 4i). Buches der philippischen Geschichte stammt das be- kannte große Fragment 240 (bei Ath. 4. p. I(i7 a c und Polyb. s. H), worin Theopomp das liederliche Leben geißelt, das König Philipp und seine Genossen geführt haben. Es beginnt mit den Worten: ..Als Philipp in den Besitz einer Menge (ieldes gelangte, gab er es nicht etwa nur rasch aus. sondern warf es gradezu weg und verschleuderte es." (<l>iki7im>c ensl eyxyaTi]? noXhüv EyfrsTo XQijucaior^ ovx drä/Maer aviä laxfi»?, üü. e'tfßuXe Y.al snotipe). Also hat Theopomp seinen entrüsteten Erguß an einen bestimmten Vorfall angeknüpft, durch den Philipp plötzlich in den Besitz großer (ield- summen gekommen sein muß. Sollte es nicht der Gewinn der 700 Talente gewesen sein, die ihm sein glücklicher l'^ang bei Hieron in die Hand ge- liefert hat? Die Wegnahme der Handelsschiffe ereignete sicli nach Philo- choros im Jahre 340/3;»: es ist daher sehr wahrscheinlich, daß sie gerade am Ende des 48. oder am Anfang des 4S). Buches der Philippika erzählt war. Ich vermute, daß sich das Frg. 24'.i unmittelbar an die Erzählung der Kaperei von Hieron anschließt.

26

löO Ftlix Stälielin,

Anaxinieiies.

Ein Zitat über Ilerniias ist olien orlociigt.

cnl. S. m. wird Anaximpiios neben Androtion und Pliilücli(iros als ticwährsmann für die arrogante Ablehnung der persischen Frenndschafts- angebote durch die Athener zitiert.

col. 9, öl f. wird aus dem 0. Buche mg) 'A/.f'£mdQm' die Teilnahme des Aristomedes von Pherai an der Schlacht bei Tssos erwähnt. Sachlich erfahren wir damit nichts Neues: überraschend ist einzig die holie Bnch- ziffer. da wir bis jetzt nur Zitate aus dem 1. und "2. Buche besaßen (vgl. Brzoska Itei Pauly-Wissowa 1 -lOOb).

Marsyas.

col. 12. 4fl wird angegeben, daß ilarsyas über Philipps VerwinnUmg vor ilethone dieselbe Version wie Theopomp geboten iiabe.

col. 12. 5.1 ff. Marsyas wird als einer der Autoren genannt, die erzählten, daß Philippos kurz vor dem A'erluste seines Auges musische .\gone abgehalten habe, bei denen ominöser Weise alle drei Anleten einen A'/x/.wi/' vorgeti'agiMi hätten: Antigeneides den des Philoxenos. Chrvsogonos den des Stesichoros. Timdlbcds den (\vii Oiniades. Über die Persönlichkeiten dieser Dichter und Auleten hat Dicls in seinem Kom- mentar abschließend gehandelt. Von Philoxenos kannten wir iiereits den Titel Kv/./.wifi. auch ist uns Antigeneides als sein spezieller Anlet bezeugt. Auch von den .\uleten Chrvsogonos und Timotheos hatten wir Kunde: Oiniades ist uns nicht als Dichter, sondern durch eine Inschrift ebenfalls als Anlet bekannt. Unter Stesichoros ist der jüngere Dichter dieses Namens gemeint, der nach dem .Marmor Parium im .1, ;^7(l einen Sieg in Athen davongetiagen hat.

Auch das Folgende (col. 12, i)3ff.) gehört, wenn nicht alles trügt. zu dem Exzerpt aus Marsyas (und zugleich aus Duris. dessen Bericht von dem des Marsyas nicht abwich, also wohl auf ihn zurückging). Es ist hier von den Verwmnlungen des Philippos im allgemeinen die Rede. Die zweite Wunde empling der König danach am rechten Unterscheidiel auf der Verfolgung des Illyriers Pleuratos. als l.")0 der hwom verwundet wurden und Hijipostratos. der Sohn des Amyutas. fiel. Zum dritten Mal wurde er beim Einfall in das Triballerland durch einen Sarisenstoß in den rechten Oberschenkel verwundet, und zwar so schwer, daß er eine Lähmung davontrug.

Daß Philipp im lllyrierkriege verwundet wurde, war uns bis jetzt nicht bekannt. Nach der Reihenfolge der Aufzählung muß der zweite Illyrierkrieg Philipps gemeint sein, den Dindor l(i. ti'.t unter dem Jahre 3-1-1/3 erzählt. In Pleuratos glaube ich denjenigen lllyrierfürsten erkennen zu dürfen, der bei Diodor Iß. '^S Pleurias genannt wird aus späterer Zeit sind mehrere illyrische Dynasten des Namens Pleuratos bezeugt ;

Die (j)ii.c1iii<i:hf)i Hn^tunhtrfnujiiifnle bei Dtdijmas. 151

die hitzige Schlacht, von der Diodnr an dioscr späteren Stelle i)oiläiilig erzählt, ist i^ewiß dieselbe, vdii der wir hier lesen, und nicht mit Schäfer Demosth:- 111 (i3f. einem dritten, sonst nirgends erwähnten Illyricrkriese zuzuweisen. Nach Diodor opfert sich in jener Schlacht des Königs Lieb- ling Pausanias für ihn auf. Hip])ostratos. der Sohn des Amyntas. wird nirgends erwähnt. Diels identifiziert ihn mit dem Vater des Hegelochos, eines Schwadronskoniniandeuis in der Schlaclit hei Gauganiela (,\riian an. 3.1 LS). Jlan könnte ebensogut an Hippostratos. den Bruder von Philipps zweiter (iemahliii Kleopatra denken, den Satyros (Frg. 5 bei Ath. 13. p. 557 d, FHG. 111 I ) in einer Weise erwähnt, die uns vermuten läßt, daß der Mann sich irgendwie besonders hervorgetaii haben nniß. In keinem Falle ist Hippostratos. der Vater des Hegelochos, mit Hippostratos. dem Bruder der Kleopatra, identisch, denn wir wissen, daß Alexander bei seinem Übergange nach Asien die sämtlichen Verwandten seiner Stief- mutter umbringen ließ (Justin 11.5.1).

Die Verwundung Philipps im Triballcrkrieg wird uns auch sonst

melirfacli bezeugt.

Diiris,

col. 1"2. 50ff. wild illier Philipps erste A'eiwundung bei .Mctlioni' eine abweichriiilc \'crsinn aus Duris beigebracht. Dieser Schriftsteller wußte zu erzählen, daß Philipps Auge durch den Speerwurf eines Mannes namens Aster getroffen worden sei. eine Legende, die uns bis jetzt wohl zuerst'; liei Lnkian (tköc ähl Igtoquiv avyyQtt<f>eiv 38) begegnet ist. Als Erfindung hat schon unser Kommentator diese Version gekennzeichnet, indem er sie mit den Worten einleitet fJf/ y^'Q arror xüvruvi}u rfQinfvmathti und bei- fügt, fast alle Augenzeugen dieses Feldzugs hätten einfach angegeben, daß Philipp durch einen Pfeil veiwundet worden sei. Jene kritische Bemerkung verrät gegenüber den Ausschmückungen, die sich Duris gestattete, dieselbe ablehnende Haltung, die Plutarch {Pvrildes "2S) einnimmt, wenn er erklärt. Duris habe sich selbst dann nicht innerhalb der Grenzen der AVahrheit gehalten, wenn er keinerlei persönlichen Gruiul zur Lüge hatte.

Demoii. Aus Demons großem parömiographischen Werke, das Didynios auch sonst nachweisHch benützt hat, wird col. 11, 64 ff. ein längeres Fragment zur Erklärung der Redensart ig y.öoay.ac mitgeteilt. Es enthält ein Stück Sagengeschichte aus der ältesten Zeit, das wir in wenig abweichender Gestalt schon bei Zeuobios 3. S7 (Paroe.mioijr. Gr. ed. Lentsch-Schneide- win I 7cSf.), Pausanias (bei Eustath. zu Od. v 408. vgl. Aristoteles Frg. 496 Rose), kürzer auch bei Apostolios 7, 96 {Paroeni. Gr. II 421) lesen konnten. Jetzt ist der Beweis geliefert, daß alle diese späten Parömiographen hier

1) Denn die Quellenaugabe ,Kallistlienes" bei Phit. Parallela mhiora p. 307D ist verdächtig.

28

152 Felij: .Sf,lhvJ/n,

auf DciiKin zuriickuclu'ii. iiatürlii'li uii-lit direkt, suiuk'ni diuch Wiiiiittchuig von Didyiiios liucli tkqI 7iaQoii-iu<~)vJ)

Da CS uns liier nur auf den inytlio^rapliisciu'U Wert der (iesciiieliie aukouiuit. sehen wir vdu dem ätitilonisclien Zweck, dem sie sciuui Dcnion dicustbar geniaclu liat. völlig ab. und ziehen nur ihren erzählenden Inhalt in Betraclit.

Die iMzalilung ist. soweit die teilweise kurruptc Wiedergabe eikeiineu läßt, kurz gesagt folgende: Nachdem die Boioter von den Thrakern ver- trieben waren (nändich aus Böotien. wie Strabo '.t, p. 4(il zeigt) und das Land Aiolis. daß jetzt Thessalien lieißt-'), in Besitz genommen hatten, litten sie schwer unter den Einfällen tier Aioler. die ihnen regelmäßig die l'"eldf rächte vernichteten. In ihrer Not fragten sie das delphische Orakel, ob sie in dem Lande bleiben oder ein anderes suchen sollten. Es ward ihnen die Antwort zuteil, daß die lioioter (h)s l^and nicht eher verlieren sollten, als bis weiße Haben erscheiiuMi würden. Ermutigt kehrten sie heim nnd feierten ein i-'est. Als ihre Jünglinge tinnken waren, ließen ohne böse Absicht einige derselben Raben lliegen. dic^ sie init'ii]is bestrichen halten. I)ie i>oioter gerieteil daroli in gröbte Bestürzinig und waren überzeugt, daß der Orakelsprncli nun in h]rfüllung geben werde. Di(^ Junglinge siedelten sich am iiagasitischen Meerbusen an und wurden fortan xoouy.s; genannt: dorthin schickte man nachmals die Vei'brecher in die \'^erbannung. Die eischrecktcn l>oiotei- wuiilcn aber \(ui den .\iiileiii überfallen und aus dem usurpieiten Lande wirklich vertiieben.

Zunächst wird es sich hdinen. zum \'ergleiche eine iMzählung heran- zuziehen. (Ii(" viin den rhodischen vSehriftstellern Ergeias (?) und Polyzelos nach dei- Tiaditi(ui ihrer Heiniatsins(>l aufgezeichnet wniden ist {Af/i. S. p. ;i(iUc-;Siilc: FJKr. ]y 40."). 4S1). .\ls dir Criechen untei- Iphiklos auf der Insel festen ]''uß gefaßt hatten, hielten die riioiniker unter i'halantbos ihren Angriffen noch lange stand und schienen nm so nn- überwiiullicher zu sein, als sie auch das Meer beherrschten. Ein Orakel- spruch liatte ihnen verheißen, daß sie das Land behaupten würden, bis Raben weiß würden nnd in den Mischkrügen sich Irische zeigten. Im A'ertrauen darauf, daß dieser Eall nie eintreten werde, zweifelten sie keinen Augenblick an ihrem endlichen Siege. Da nun aber Iphiklos von jener AVeissagung Kunde erhielt, ersann er'^) eine List. Insgeheim ließ er in den Mischkrug des Phalanthos Fische verbringen und Raben mit Gips bestreichen, die er dann auffliegen ließ. Die Folge war. daß die Plioinikcr sofort kapitulierten inul den Platz den (iriechen räuniton.

1) V^l. Cdlin lii-i Pauly-Wissiiwa V 4(i7t'.. Diels z. St.

■J) TtjV TiiTi- /()■)■ Ai(i/.ii)i'.. ih- (If HfjTdlii'.r wörtlioli wie bei Diod. -l.ti?,

S) Oller nach der Versiou des Polyzelo.s seiue üeliebte Doikia.

29

Die (irivchki:hen ITiHtoriherfrafimcnfe Ici Didi/iiws. 153

Ks ist klar, daß in licidcii (lescliic-liteii dassoiho Motiv vorliegt: in (Um- rliodisciuMi Tnulitimi ist es vcMdoppclt, iiidoni ein panillclos Motiv liiiizuiiodi'fcn isl. Ijosfliränkcn wir uns auf das Motiv der wciüeii Rabon. Das Mi'scliciiu'ii dieser wiiiiderliareii \i)<j;v\ ist vom Oiakel als warnendes Voizeii'lien koiiuneuden Unf^lücks in Aiissielit gestellt worden, lii Wirk- lichkeit erscheinen sie aber garnicht, sondern dnrch List oder Zufall werden künstlich weißgefärbte Raben losgelassen, und der bloße Schrecken da roh liat die Erfüllung des Orakelspruchs zur Folge. Das ist schwerlich die urspriingliclie (iestalt der Sage. Ein küninierlicber Niederschlag aus der kyrenäischen Lokaltradition, den wir bei Herakleides Polit. 4. 4 (FHG. 11 '_'!■_' = Aristoteles Erg. (Ul. 17 Rose) lesen, berichtet, daß zur Zeit des letzten Arkesilaos ein weißer Rabe erschienen sei, worüber eine schlimme Weissagung existiert habe ('.4oxffT(A«oi' 6i ßaai/.evonoc: Asv/.öc y.ÖQctl^ ecpcanj, nfot, oh Xöyiov tjv xulenov). Nach dieser Sage ist also der Rabe wirklich erschienen, und das Unglück ist ihm auf dem Euße gefolgt, denn nach kurzer Regierung wurde Arkesilaos \) gestürzt, vertrieben, er- schlagen und noch als Leiche geschändet. Aufs nächste verwandt ist mit dieser Sage diejenige, die in dei' Chronik von Samos vei7,(>ichnet war: danach ist auf diesei' Insel einmal eine weiße Schwalbe von der tlröße eines Rebhuhns erschienen: was das Omen zu bedeuten hatte, ver- mögen wir nicht mehr zu erkennen, da die Übei'lieleruug sehr wahr- scheinlich korrupt ist (Herakleides PoUt. 10, 3; FHG. 11 215 = Aristoteles Erg. lil 1.31 Rose: on ev lu'c ^a/iioig äßiirrj Xevxi^ x^^'^'^"^' or/ c/.nn<.nv neoSi- y.oc, mid Antigonos liisi. mirah. 120: o d^ rovc ^anmxovc mooik nvyyeyouffKxK i-7v xmv TTomioiv •/./.}] HhyTdtv +iiic!JriTujv nnr ttsoI + Hoonroaiör </ij(y( %>■/■>- döva hv/.ir (fnn'ivtti). Sicher isl es aber, daß auch hier das wirkliche Erscheinen des Vogels erzählt und nichts von einer künstlichen Nach- bildung desselben angegeben war. Ich glaid)e. daß wir in Kyrene und Saums Spuren einer älteren (Iestalt der Sage besitzen als in der Erzählung Denunis. Der attische l'arömiograph dagegen bietet seine Erzählung, wie die rhodischen Historiker die ihre, in einer rationalistisch ent- stellten h'(Mni. Auch sonst läßt sich l)ei Deimui liationalisnnis nach- weisen, z. I>. hat er ans dem Minotanros einen Eeklherrn des Minos namens Tanros gemacht (Erg. 3 bei Plut. TJk's. 111. FHG.] 37S). Zweifellos ist auch in der thessalischen Sage einst das wirklich(> ErscheiiuMi dei' weißen Raben als Vorzeichen baldigen Unglücks erzählt gewesen.

In Thessalien. Rhodos und Kyrene bedeuten die weißen Raben sicher Unglück. Das wird auch in der Gründungsgescliichte der Stadt Magnesia am Maiandros-) der ursprüngliche Sinn dieses Vogelzeichens gewesen sein.

I) So ist mit K(l. Meyer (bei Pauly-Wissowa II 11G3 und (Irsrh. d. Alt. III 039 Aiini.) statt des ülierlieierten ..Battos" zu lesen.

■i) <>. Kern, Die Grioi(h(»i/!i(/es<Iih-litc von Magnesia am Maiaiidroi. Berlin lS;i4, S. 7f.; Mylliof/rajjhi Uracci vel. II eil. SakiilnwsUi. 1. p. .XXIf.: .Micliel, Ttenuil iT inscripfioiis grecques Nr. 855.

30

154 FeJia- Stähelin, Die griechischen Historiherfragmente hei Didi/mos.

Hier wird den ausgewanderten Magneten nach bereits SOjälu-igeni Auf- entlialt auf Kreta, wo sie inzwischen eine Stadt gegründet liaijen und sich großen Wohlstandes erfreuen, die Erscheinung (k'r weißen Raben zuteil. Sie fragen in Delphi um Rat. in der ]\reinuug. der Gott werde ihnen die Heimkehr nach der thessalischen Halitinsel gestatten. Der Bescheid des Gottes läuft ihren Wünschen zuwider, indem er sie zu aber- maliger Auswanderung nach neuen Wohnsitzen zwingt. Auch hier also bilden die weißen Raben das Signal zum Aufbruch in die l-'remde. wie in Rhodos für die Plioiniker. in Thessalien für die Boioter. In diesen Zusammenhang gerückt, erscheint die (iründungsgeschichte von Magnesia sagengeschichtlicli doch wolil etwa.'5' weniger wertlos, als es WilamowitzM einst Wort haben wollte.

Wiiiterthur. im November 1'JÜ4.

1) Hermes 30. 187 ff.

31

155

Athenian politics in tlie early tliird centuiy.

By W. S. Ferguson.

The rise of Macciluii brnu.uht a very grave question into Athenian politics. The people was obliged to decide for peace or war with the new power. For reasons whicii lay in the Situation, and which were grounded as ninch in the internal struggle for siipreniacy and in diver- gencics of opinion on iinperialism. as in dilTerent estiniates of Macedonian strength and motives. the aristocrats canie to a good understanding with Pliilip and Alexander, while the deniocrats assunied an attitude of nn- coniproniising hostiiity toward theni. During Alexanders ahsence in Asia the two parties divided the governnient between them. Phocion and Deniades, Demosthenes and Lyenrgns were all niore or less active in public life. ') Then. npon Alexander's death. there canie a parting of the ways. Tlie deniocrats pnslied Athens and Greece into the Landau War, and in consequence of defeat were deprived of power; and tliat tliey niii;ht not be aliie to regain it a high jjroperty qualification was denianch'd for the franchise. This was the work of Antipater. His son Kassander niastered the democratic uprising of 319/8 B. C, and reestablished the oligarchy on a broader basis (318/7). He placed the Macedonian garrison in ^hinvchia at the disposal of his loyal syinpathizer, the distinguished Athenian. Denietriiis of Phalernni. For ten years Denietrius and tlie ohgarchs governed Athens. By this tinie it was clear tliat Demosthenes was right in his contention that Maeedon nienaced the independence of the Greek cities. He had lived to see, moreover, that freedoin was the only gaiarantee of Athenian autononiy. The Macedoniaus, on the other band, had already conie to realize that dependcnce and self-government are contradictory tliings. But they had no choice. It was a geographical necessity that Macedon sliould seek to doniinate Greece, and no State eould control Greece at the eiid of the fourtli Century B. C. witliout first Controlling Athens. Hence Aniipater and Kassander siiiiply carried out

1) Belocli. Die attische Politik seit Perikles Kap. XIV u. XV.

156 Tr. S. Feniiigon,

flip policy adopted by l'liilip aiul Alexander, wlien they estal)lislie(l and inaintained an oligarc-liic governinent in Athens a policy. in fact. whieh everv Maeedonian ruler t'ollnwed tili tlie inteiference of Konie iiave tlie olif^aiclis a new ))r(itector. Tiie oli>;aiclis. too. were as closely hmind tu Macetion as Maeedon to tlieni. AVithout external snppurt they eould not retain power l'or any length of tinie. This being so, the nearest streng' State was for theni the most natural ally, and tiiis. in the early third Century, as in the middle of tlie tonrth. was ilacedüii.

AVitliont entering inio a thscussion as to the soundness of llie policy of the Atheniaii deiiioci'ats. it is huuiaidy intelligible tlial they could not accept as linal a condition which pnt tlieni at the niercy of a nnnority and Athens in i)ondage to Maeedon. Had they done so they must liave fallen very low indeed. To be sure. they were not so quixotic as to imagine that they conld cope with Maeedon single handed. After Chae- ronea and Krannon, inoreover, they must iiave seen the futility of depen- ding upon the assistance of the other Greek cities. But in 30<s/7 that did not eiid tlie nialter. There were now new states powerful enough to serve as an e(jui[)oise to Maeedon. And froni the democratic point of view tliey had two advantages: they were coniniitted to a policy of liberating Greek cities, and, wliat connted for niore, they were too far away to be a constant menace to local autüiioniy.

Hence when Demetrius Poliorcetes appeared in the liarbor of Athens in 30.S/7 lie was received with jnbilation by the deinoerats, and after the expulsion of Denietiius of l'haleruni and the Macedonian garrison tliese took possession of the goveininent. Tbe inscriptions which helong to the period inunediately following this so-called liberatioii of Athens serve to accpiaint us with the nien at thal linie in public lifo, l'roniinent aniong theni was Stratokles Euthydenios" son of Dionieia. a man so extreme in liis views tliat in the Harpalos case he attacked Demosthenes for overfriendliness toward Maeedon.') The government was irrcconciliahly anti-Macedonian. Fuv fmir years it waged war with feveiish zeal against Kassander. In this strnggle Demosthenes' nephew. Demochai'cs of Len- conoe, won iiis spnrs as financiei-, diploniat. and military Organizer. AVith Stratokies and Demochares stood men like Diotimos of Euonyniia-'). nepliew of the Diotimos who was crowned for his patriotism in 338, demanded by Alexander after the fall of Thebes, and praised by the Athenians on tlie inotion of Lycurgus in 33-t 3. The family had bei'ii in public life since the days of Pericles. Ther(> was. moreover. the son

1) Helodi, 0. <■. ]). ä.jTf.

2) I(t I! 249. ! refer once lor :ill to Ivircliiier's Prosopographin Atlica for tlie rehitiuiisliijis as.siiini'd tietweeii the piililic iiieii ut' this er;i The tiiiiKrapliiial data ai-e likewise takeii liiiiii Kiirlnifi'.s wdik. Keiidilinii nf tlie relViciices there giveu >eem.s iiiiiiece.s.sary.

Athenian polifics i7i tJie eurhj thircJ Century. 157

of Thrasyhiilos of Ercliia, tho stahvart patriot vvlio left Athens of his üwii free will to fight Alexander in Asia.') Once inore Xenokles of Sphettos oanie forward to serve the State.-) As agonothetes in 307/6 we niay be sine (hat he did n^t stint his outlay uf nioney in the effort to niake the deimieratie festivals as l)iilliant as those of Demetrius of l'halenini and his coteric, and in the following year he was active as the linancial ai^ent of Athens in its dealings witli Antigonus. He was now an old man. His cliief public activity had been disphiyed under the regime of Deniostlienes and Lycurgus, but as late as 318/7 he had received the office of epimeletes of the Eleusinian Mysteries at the hands of the shoit-lived deniocracy''). and in tliis capacity constructed a bridge on tlie Sacred Way with which an inscription and an epigrain still connect his name. His grandson gave of Ins nioney for the safety of Athens wlien it iinally rid itself (?) of a Macedonian garrison.

Especially strong was tiie Lycurgean tradition. Stratokies made, as it were, official annonncenient of this fact in the well-known decree by which (in 3Ü7/()j the Athenians honored the nieniory of this sturdy old demoerat.'*) In it Lycurgus' lovc of independence and stubborn resistance to Alexander were emphasized. Lycurgus had especially distinguished himself as a financier. so that it was not without a certain signiticance that the deniocratic governnient entrusted its treasury to his son. Habron of Butadai. first in 307/6? 5) as o im t/y ätoixi^ßei, and then in 306/5 as tapictg Tiüv atQauwTr/.MV.

This anti-Macednnian tendency is observable up to tlie last of the year 30"2/l (2 Ist of Skiropliorion), as is clear froni the lionors decreed at that tinie to two metics whose aid to deniocratic undertakings during the past forty-live years*^) is adduced as proof of their deserts. The character of this decree vouches for the politics of the man who moved it, Euphiletos, Aristeides' son of Kephisia, and removes any doubts which inight arise on accouni of his antecedents.'')

1) IG II 73GB 13. -2) IG II V2Sd, 1290; Adti. 737,8.

3) IG II 118S, 1189. Ulis was in Die airlionsliii) of Ardiipixis. One Ai-- chippi>,s was archon in 3'21/0, anotlier in 318/7. It i.s generally assuined that Xenokles wa.s epimeletes in the earlier year because in the later the war with Nikanor would have made bridge-biiilding on the Sacred Way unlikely.

4) IG II 107; cf. Lives of the Ten Oraiors, 852.

.')) Belocli, Griech. Gesch. III 1, p. 156, n. 3. 6) IG II 270.

7) His fatlier, Aristeide.s, appeared as a witness für Aeschines agaiust Demostheues in 343. He hiiuself lias been identilied with Enpliiletos, a friend of Phocion (Nepos, Phoc. 4), though this is far froin certain. At any rate, lie was trierarcli (hiring the Lainiau War. Ilis grandfather is inentioued in a catalogiie of the flrst half of tlie fourtli Century, and liis great-graiidfatlier was rafila^ r//s Qtov iu 420 19, and imaräziiq 'Elsvanitittv in 409/8, years of radical deiuocracy.

Beitrüge z. alten Geschichte V2. 11

3

158 TF. S. Ferguson,

The establishniont of the deinocracy had been preccded l)y a rout of the oligarchs. Sonic, who staycd in Athens and faced trial. wore executed, others fled and were condenined unheardJ) Hence. as is natural, of all thüse coucerned with politics between 307/() and 301/0 none can he connected with the adniinistration of Denietrius of Phaleruni ur with tlie oligarchy established l)y Antipater in 322. On the other band, it is rather siiiprising that none of those active l)et\vcen 307/6 and 301/0 appear in the docunients of the period whicli ininiediately followed that lying between 301/0 and 294. To be sure. the importance of tiiis Observation is lessened by the coniparative paucity of decrees for tliese years. But from one of the few we learn that the Athenian governnient had friendly relations with Kassander, king of Macedon.^) That suggests oHgarchic control. And when we reniember that after the battle of Ipsos. in the sunmier of 301. Athens threw over Denietrius Poliorcetes, we have discovcred a reason for the disappearance of the deinocratic statesmen.

But we have not yet proved the existence of an Oligarchie governnient. The downfall of Denietrius niay have been acconipanied siniply by the disgrace of those who had coniproniised theinselves by too servile fiattery of their patroii. Tliis is generally assunied to have been the case.-^) But it is none the less wrong. That the governnient was not only friendly to Macedon, bnt also Oligarchie, is suggested by the presence in one of the few dociunents already inentioned^) unfortnnately not a State decree of Diopeithes, Diophantos" son of Myrrhinus, a man wliose unde, Diophantos, took active part in politics in the extreme oligarchy of 320/19.^) Philippides, Philomelos' son of Paiania, who niade a niotion in 299/8 to coinmcnd a man for Services during some negociations with Kassander, was an Opponent of Demosthenes and a friend and supporter of Meidias.'') Ilis fatlier, Philomelos. was a pupil of Isocrates. That

1) Pliiluclioros, quotc'd liy Diüiiysius ot Ilalicaruassus de Dinarcho, Reiske, y(j1. V p. G36.

2) IG II 297. The attack of Ka.s.sauder upon Attica, aud the exploit of 01yrai)iotloro.s at Ehiteia wliich Me.se (Geschichte der gricch. und hiaked. Staaten I p. 357 f.) dates after the Ijattle of Ipsos, ave niore correctly ])la('eii by Beloch (Griecli. Gesch. III 1, p. 170 ii. 3) in 301, but before the defeat of Deiuetrius; et", als ) Kaerst, Pauly-Wissowa IV 2, p. 2783.

3) Droysen, Geschichte des netlenisrms II-, p. 240; Beloch, Griech. Geseh. III 1, p. 222. Niese (o. c. I, p. 3.j8) supposes the democrats to have beld the govenuueut tili 299,8 and to Iiave yiekled to au oligarchy at that tiine. His evideuce lias been already disposed of; see p. 4, u. 12. The attacks of tlie comic poet Philip- pides (Plut. Demet. XII, XXVI) upon Stratokies were made before the battle of Ipsos.

4) IG II 600 (300/299). Dioiieitlies was one of the phratriarchs of the Dyaleis in this year. .5) IG II 192.5.

G) This man sliould not be confused with Philippides Plnlokles' son of Kephale, the Comic poet: Droysen o. c. 11-, ]). 24ilf. Kaerst, Panly-Wissotva IV 2, p. 2783.

Atlienian polifira in flie eitrhj ihirä centnrii. 159

speaks for non-cloiiuHTatic pro-.Maccdiniiaii syitipathies. We havc no right, luuvover. to rate tlic t'amily aimmi; tlip iiltras. Perliaps IQ II Add. 302b bcloiigs tu tliis pciiiid. At aiiy rate, tlierc was hardly rooiii in public life betwccn 307 and 301 and tlic insciiption nnist beloug after 307 for the man who niade the nuitiun tliercin coiitained, Demades Demeas' son of Paiania. But tbo insciiption niay bo of latcr datc.

It speaks in favor of our viow. that Atbens was under uligarchic control duiing this iuterval, that when Denietiius Poliorcetcs again niastered Athens he reestablished the deinooracy. Had the city fallen away from hini wliile ander denioeratic control. he would hardly have trusted it again. Between the oligarcliy, however, and the restoration of a denio- cracy lies the tyranny of Lachares. Lachares is said l)y Pausanias') to have been the leader of the denios who seized the city, and niade hiinself tyrant at the instigatiou of Kassander. This looks like a contradiction. Kassander. nioreover, must have l)cen dead two years before Lachares niade bis coup d'etat, if that is correctly dated on the basis of 10 II 299 in the spring of 295.^) Pausanias. furtherniore. narrates what is certainly false when he teils us that Lachares was niurderod whiJe niaking Ins escape from Atliens to Thebes at the time of bis expulsion. Pausanias is obviously little to be relied npon: bis source was a very bad one.°)

Plutarch-i) teils us that Dcmetrius. „having learned that Lacliares had fallen upon the Athenians while factional strifc was raging and made hiniself tyrant, hoped that, if he appeared, he would casily take the city" (/7i)3d/isroc Jctxaqri GTa<Siu!^ovai.v 'Aiytjvcdoi.g im9ei.ievov TVoavveTv rJÄm^e Q{(Suoc fTTicfavHc h]il'eGK>ai riv m'ihv). p'rom this we cannot judge to wiiicii party the tyrant belonged. We can only infer that the democrats had raised their heads, and that out of the struggle came, as usual, the tyrant. i'rom tlie rest of Piutarchs narrative nothing more conclusive can be obtained on this point.

Polyaenus"^) account still remains. This in itself offers little. Demetrius, we are told, entered into negociations with those in the Piraeus, and got from theni arms for 1000 nien on the score of being their ally against the tyrant Lacliares. Afterwards. he used theni to overpower the givers. It beconies important when conibined with 10 II 300, as Gaetano de Sanctis'') keenly observed. Froni this conibination it results that Lachares niastered only the city: that all the dissatisfied elenients withdrew to the Piraeus, and that constituting theniselves into the demos there, they

1) I 2.5, 7. 2) See Beloch, iiriech. Gesch. llt 2, p. 197 f.

3) Cf. Wilaiuowitz, Antiffonos von Karysfos (Phil unter. IV), P- 230.

4) Demetrius 33f. 5) IV. 7, ;>.

6) Belocir.s Studi di Storia antica II, 27, u. 4; cf. Belocli, Griech. Gesch. III 1, p 22.5, n. 1.

U* 5

160 W. S. Ferguson,

iie^'ociated with Dciiietrius for tlio rcdiiction of Athens aml tho reesta- blisliineiit of the doinociacy.

A (leiiiocracy was, thoreforc, tlie object of the seceeders. Tliis was natural: not siniply because of the denioeratic poindation resident in the Piraeus. bat also because of the knowu predilection of Denietrius for tliat party. In the circunistances any other governnient was unthinkable. Hence, there was nothing tu he done by nioderate ulioarchs lo whuni a tyranny was iutülerable except to give their suppurt to the deniocrats. Accordingly, „those in the l'iraeus" from whoni Denietrius got the ai'nis, represented elemeuts of both parties.

Who reraained in Athens with Lachares? That depeuds upon the reliability of Pausanias, which, as we have seen'), is in this whoJe passage qnite questionable. Pausanias is as likely to be wrong in aftirniing that Lachares had been leader of the demos up to the tinie of his coiip as in describiug the death of the tyraut.

Since 10 II 299 and 2990 were passed during the tyranny of Lachares, a republican form of governnient continued to exist at that tinie. The fact, iiioreover, that after his expulsion the Oligarchie institutions ar(> found to be still in Operation-) is with tbfficulty cxidicalilc otherwise than that Lachares was opposcd, or, at least, indifferent to the denioeratic deniands.

Pausanias' description of Lachares as a foretime deniagogiie is, there- fore. nierely the conventional account of the genesis of Greek tyranny.^)

The governnient which Denietrius established after he overtlirew Lachares was denioeratic in character.*) Stratokies once inore assuined- proniinence. Olynipiodoros''), who had distinguished himself as a general at Elatea in 301? becanie arciion in 294 3. ") It was strengthened. however, by aristocratic elenients. The Philippides already nieiifioned. now weil advaiiceil in years. was einployed. possibly on soine diploniatic mission, and to enipliasize the good uiiderstanding which the coiqi of Lacliarcs had created, Stratokies, canie forward in quite modern fashion and nioved the vote of thanks by which the State recognized his Services on this and earlier occasious. '') Which of the two parties made the greater concessions in the interest of this entenfc, it is difticult to say. Stratoklos was a warm supporter of Denietrius. Philippides was friendly to ilaiedon. Both could work together in 294 as never before: for in tliat year De- nietrius obtained the ilacedonian throne. This altcred the Situation coiii- pletely. His assistance had been welcomed by the democrats because a counterpoise was necessary to ilacedon. Now Denietrius himself was

1) See above j). 6. 2) See below p. 23, u. 88.

3) See below p. 10, ii. 44. 4) Plutarcli, Demetriits XXXIV.

5) See Beiorb. Griech. Geisch. III 1. p. 170. i). 3. 6) 10 II 302.

Athenian politica in fhe nnii/ tliird itnitnrij. lö]

fhe r-liicf iiicnai-c to tlio frccdoiii of Atlicns. An ostranf;(>iiieiit l)et\v(HMi DoMietriiis ;ni(l tlic doinoc-rats was iiicvitable.

It (iiil iKit takp lüii.n in fdiiiini;. Wlioii Dcnictrius n'callcd llio oligarchs whu liad i;(iii<' into exile iu 3()S/7 and wlio liad not yot returtied whicli hc did in thc archonship of IMiilippos ('2t)3/'2?). tliat coiild only be in conspqnoncc of liis siowinji; distrust of tlio dcniocratic- Icaders. These oligarclis wcre pcrliaps rosponsihlc fm- \\w tlireatened rcvolution wliicli. it secMis. tlirough sonio offort of l'liaidros (if vSpliettns^j was averted in the year wliicli foilowod tlicir ictnrn, tiiat of Kinion (■292/1?). It seenis likely. at any rate, tiiat tlio doinoerats retained possession of the government. That issucs from tiie sileuce of Dionysius of Halicarnassus'-*) (using Piiilo- choros and tlie speeches of Deinarchos) as to any cliauge conseqiient lipon their returii. Deinarchos pled his case against Pi'oxenos for ßuXßi] before the jury-courts. At any rate, it is partieidaiiy onii)hasized liy Pliilochoros that the exiles returned without any previons altcration in tlio institutions of Atiiens.'') Unfintniiatcly we liavc few dociinients ') wliicli certainly bolong to the period 293/2 ff., so that we caunot arrive at any deiinito conchisions oii this point froni the personnel of those active in public lifo. The political convictions of l'haidios weie') too unfixed to wanant any fair infercnces. His father was coiiiproniised in the view of the democrats by particijiatimi in the re(/li)w of Deinefrins of I'haleruiii. He hiniself was selected general f.T( n)i' naouaxsvt'iv in the year of Nikias, both i)cfoie and after the coup of Lachares, if dk really nieans that he lield the oflice twice in the one year. 6) He held the gerieralship enl irjv Xuiottv niaiiy tinies. and that im rovc ^r'vovg thrice, seeiiiingly before Kinions year (292 1?) lience was in office before the year of Nikias. i. e. under thc oligarchy. However, lie went oii a diploiiiatic inission to Ptoleniy between 290/5 and Kiinon's year and bnuiglit liack luoney and corii for Athens. This identifies liiin with the new deiiiocratic op])ositiün which at that tinie devcloped against Dcnietrins. His Services as general enl TU nn'i.ii in preserving the democracy in Kinion's year have been al- ready noted. After the revolt froni Dcnietrins he was elected ttjwtoc general imtüo-nla, whatever that niay niean '), and in the archonship of Nikias Otryneus served as a<jonot]ietes, both times during a period of ont and out democracy. His son was ((gonothetes in Eubulos' year, and he hiniself was honored by a decree of the year which followed a year during

1) IGW 331, 1. 38 ff. 2) Diony.sius of Halicarua.ssus, rfe /);«n)TAo, Reiske,

vol. V p. 634. 3) Ib. p. {i37.

4) I incliue to tliiiik tluit Walter Kocrte (Festschrift für Otto Hirschfdd, Berlin, Weidmanu [1903], p. 312 flf.) is right in trausferring IG It 6141) and 330 fiom 292/1 ff. to 238/7 ff. Bat see Beloch, Griech. Gesch. III 2, p. 95.

.5) See IG II 331. 6) IG II 331, 1. 21 ff.

7) Dittenberger's explanation (Sylloge^ I, p. 342, n. 17) satisfies nie best.

162 W. S. Fevjiuson,

whicli Macpildiiian infliionce was a.i;ain paiammuit in Athens, and. as \ve shall see sliortly, nien ot' (ilinarcliio funneetions rcapjx'ar in public life.') Froin tlie career of Pliaidros, at-cordinKly, \ve can form no sal'c conclnsions as to the party in power l)etwccii Olyinpiodoros' arclioiisliip (2'.)-l/;^) and that of Diokles (290/89).

Of the nanies mentioned in the inscriptions of Diokles" j'car nnc alnne recurs clscwhcrc. Epiehaniios Kallistratides' son of Kolonos made a niotion to coinniend Zcnoii, an adiniral servini;- under Ptideniy, for fetehini; corn safely into the city.-) The sanie man made another motion in Philokrates' ycar (268/7). This teils us nothinj;. From tlie following year tliat of Diotimos (289/8) we obtain one name which can with approximate ccrtainty he identified. Agyrrliios Kallimcdon's son of Kollytos nioved a vote of tlianks for Spartokos, king of Bosporos. on the last day of Gamclion of this archonship.-') There can be little doubt that this is the great-grandsou of the noled demagogue of the sanie name and deme. But that does not determine his politics. l'^or Ins father Kallimedon, nicknamed the Crab, was a pronounced oligarch and pro-Macedonian. Demosthenes accuscd him of complicity in a plot to ovcrtnrn the denios in 324. He sided witli Antipater in the Lamian War, and at its close became with Piiocion, Pythokles, Demades, and Pythcas a leader of tlie government nnder the extreme oligarchy of 322ff. ■•) He was condemned to death when Phocion was execnfed, but escapcd the penalty by flight. Agyrrhios, his son, the man with wliom wo are concerned, was ridiculcd by I^hiienion, but tiie reference does not lielp us any. A cousin of Agyrrhios was in the Senate in Eubulos' year (276/5).

From the next year that of Isaios (288/7) Nikokrates Arclie- machos' son of Phegaia. who moved a decree'^) of the tribe Aegeis in honor of its representatives in tlie scnate during tlie preccding year, is known, but only for his Services as Senator in Teloldes' year. '') Nor does niucli conie from the fact that the grandfather of Proxenos Pylagoras' son of Acherdus, who made a motion'') of the tribe Hippothontis in lionor of a priest of Asklepios, was prytany-secretary in 335/4.

In this ycar (288/7) Philippides Philokles' son of Kephale, the comic poet, was ayonotlietes. The decree^) in his honor was not passed tili the niiddle of the third month of the following year (287/6), but his election to office occurrcd over a year carlier. It is, I think. apparent from this document (10 H 314) that the politics of Philippides were democratic. The denios whom he served on various occasions was. of

1) See belüw p. 15. 2) IG II 309b. 3) IG II 311.

4) See Beloch, Griccli. Gesch. III 1, p. SO. h) IG II 567.

6) Telokles wa.s archou betöre 271/0, perliaps liefore 276/5.

7) IG II Add. 567 b. 8) IG II 314 aiid !<i(jt2jl 314.

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Alhenian politics in thc carhj tlürd iiniturij. 1 i)H

coursc, tlie stafo. iidt tlic party. ') Biit assiiraiieo is j^iveii tliat „lie never diel anytliing- oii any occasiDii, oitlier hy tlecd or word. tliat was npposod to deiiiocracy." Froin this wc sat'i'"'' tliat tho (Iciiiocratic party liad c-onti(il üf power in Euthios' yeai- t2.S7 (!) and. wc niay be siire, also at the tiuic iif i'hilip]iidf's' clcctioii in Isaios' ycar (siimmor 288). Philippides, \ve arc inlnniu'd liy l'liitarch. assailod hoth Stratokies and Demetrius durini;- the period aftcr 304/8. Tliat piits liiiii in the saiiic category witii Demochares. We learii froni oiir iiiscription tliat he was with Lysiiuachos, kiiig of Thrace betöre aud at the time of Ipsos. In Plutarch he is said to have been a prime favorite of the Thraciau kiiig, and to have obtained froin hiin iiiany beaetits for Athens. This is fully borne out by our in- scriptioii. Dtiring the period wlien Kassander's friends were iiiHiiential at Athens, bis ally. Lysiinaclios. acting on an earlier Suggestion of l'hilippides, sent grain to the people of Athens, and a iiiast and sail for the Panathenaic procession of 2'.l8/7. Througli the intercession of Philippides the Athenians iinprisoncd in Asia by Demetrius aud Antigonus were liberated. These, whether dciuoerats like hiniselt or oligarchs who liad iiiade tiieniselves obnoxious to Stratokies and bis party the y.u'/.oI y.dyaDoi wlio. accordiiig to Plutarch, critieized Stratokies in 303/2 , were united by the bond of o[)positiou to Demetrius. At the sanie time per- mission to retiirn liomc or to re-enlist was procured l'or the Athenians taken prisouers in the battle of Ipsos itself.-')

1) It is pos.silMe tliat, tlirousli mi.«t;ikiiig' di/iio^ state (iiinh-r olijiarchir control bctween 301 and i!).')) for ri)//(og democratic party tlie error aro.se by whicti in Pausanias Ijacliarcs api)ears as tlie Ttiioi-oTij^nh^ (eh i'xeiro) ror Mj/wv. The couveutional account of the genesi.s of Grcek tyianny would niake the slip easy.

•2) Niese (o. c. I, p. 3.i8) tliinks tliat Philippiiles returued to Atlieus after the battle of Ipsos and assailed Stratoklos at tliat time in the verses quoted by Plutarch, Demetrius Xll and XXVI. Pliilarcli liiiiisclf refers the attack.s to 304/3f. One of those verses is sigiiiticant for the light it tlirows on the controversies wliiili preccdeti the uligarcliy of 301. I^hilippides, alliuling to Stratoklcs, wrote- J/' öl' änfxmatv // Ticc/i't] Tai aftni').ov<;, Al Öv äaeßovvD^' ö itini.oq ^Q()c'cyrj /xcaog, Ten; TOJV fHwi> Tificcg noiovvx' rtr&ijujnivc.q. Thvtc. xr.TcO.vfi ('iiji-ini', ov xoyitcuSic.

Froni IG II 314 I. 10 ff. it appears tliat Philippides asked Lysiinaclios for the niast and sail there alluded to before the battle of Ipsos was fouglit. That thcy were delivered in Euktemon's arclionsliip (299/8) is specified merely liy the way, and the account of Philippides' Services is resumed witli the dating xcä vixljOnvTOi .iini/ctc/ov riiv ßirnO.i'vji [Tij]y /ir'./jji' tijv 'lipon yero/ttnir. The raast and sail veplaced by Lysiiuachos were destroyed by the Storni referred to in the verses just quoted. The storm, therefore, beyond a doubt took place at the time of the great Panathenaia, in Hekatombaion of 302 (See Dittenberger, Sylloge^, p. 319 n. 6). The coraedy was probably preseuted in the course of the year 302/1.

The dernocracy was oliviously in peril at that time; at any rate, its leailers blaraed the coniediau for liriiigiiig it into discredit. Philippides, however, (like

9

164 W. S. Ferguson,

We niay, accordiiip;ly, be ccrtaiii tliat at least in June 288 Athens was no longer under the contiol nf Demetrius, and was governcd l)y the democratic faction. Froin the content of tlie decrees of Diotinios' year, 289/8, it is evident that the rcvolt of Athens had taken phvcc at least at the beginning of 288. A democracy was no doubt in coutrol at that time hencc Agyrrhios, Nikokrates, and Proxenos were probably deniocrats.

Of the nicn active in 287/6, Euthios' year, nothing very definite can be determincd.') We pass^), therefore, froni Euthios to Menekies (283,2) and Nikias Otiyncus (282/1), and find that the democratic controi is still assured. Several nanies fonnd in these years connect their holders with families active in the period before tlie Laniian War: none with those of the Oligarchie regime. More signiticant is the rcappearance of families which we have already met in the period 307 301. Thus, the father of Euthynomos Antiniachos' son of .Alarathon, one of the ephebes who aided in the war waged by the Atiienians (against Antigonos Gonatas)^) in Menekies' year, was chairman of a public meetiug held in

Demochares' .son at a later date, sce Ijclnw ji. 27) asserted that the iinidiict of Stratokle.s and lii.s cuterie was chiefly re.sponsible t'or the threateneil xract/.iaig Toi- i^ij/wv. (Cf. Wilamriwitz, Antif/oiios roii KarijKlus, p. VJ'.i, n. 20). AVilaiuowitz thinks that Plnlippides diii not return to Athen.s tili 299. The attacks on Stratoklcs were, therefore, luade between 299 and '297. That i.s too late. At this tinie the thought upperraost in meu's minds was the iiiiniinent destructioii of an oligarchy, not of a democracy.

In the decree in hnnor of Philiiiiiides (,|)ittenberger, Si/Ihi/e-, no. 197) the time between Ipsos (30!) and the .second revolt from Demetrius (289) i.s passed over with the geueral remark: xc.i loTg ät! numiv/aiovair 'A^ijfftiior /x>i)<Jifio: (UV iiaTfi.tl K((9oTi «>■ txanzof avTÖr TifcQcxai.ffi). The prcsent tense, iiir(Te?.it. 7i(t(>ciüa/.(i. is uoteworthy. Is it possiljle that Phili|ipide.s reniained with Lysiraachos up to the time at wliicli the decree was pa.ssed (287)? Ilardly; rnixU/fd/iKc^ nofjjrjni- ßccailin Avat^iayipv nQÖxcQov forbids the tlionght of contiuuou.s re.sidence. In tlie absence of any hint to the contrary liis election to the agonolhesia in 288 pres- uppo.ses hi.s presence in Athens at tliat time. I see no way of determining when Philippides carae back to Athens, but coujecture that he returued with Demo- chares in 289. The impression conveyed by Plutarch (Demetrius Xll) is tliat of a prolonged sojouru of Pliilipiiides at Lysimachos' court.

I) For the prytany-secretary Mausimenes Nausikydo.s' stm of Cludargos see Kirchner o. c. no. 10Ö79: for Hieromnemon Teisimachos' son of Koile, chairman when IG II 314 was passed see Kirchner nos. 7505 and 750G; for Nikeratos Phileas' son of Kephale, who put the niotion on the same occasion, see Kirchner nos. 10737 and 14289.

2| Urios was probably archon in 285/4. The prytany-secretary for Ins year was Euxenos Kallias' son of Aixone. Euxenos' father was probably Kallias of Aixone no. 7848 in Kirchner's Prosopograpliia. Kallias was priest of the Herakleidai at some time or other not necessarily in 320T9, as Koehler assunied; lor. as Kirchner (no. 10620) has already pointed ont, the Neaichmos mentioned in IG II 581 was demarch, not arcliou. 3) Beloch, GrUrh. Gesch. III 1, p. 258, u. 3,

10

Athenian politks in the eurhj th/nl ce)itnri/. 16ö

302 l.'l Uis i;Tan(lt'atli(M- is also kiKiwn.'-') ImiiIIht. llir fatlicr «if (ilaukoii Kteoklcs son <if Aitlialidai apjx'ars in a iist wliicli l)i'l(jii;;s tu the eiul of the fourtli Century. ') (llanknn liiniself. hosidos luMiig at/oiio- thetes in 282/H), was one of the leaxling spirits in tlio Chroniünidcan War. Along with his brothcr he eutered the service of l'tolcmy whcn Antigonos Gonatas took Atliens in 2(i3 2. We iiiay l)e suic tliat the party whicli ailvocatcd independonce. and foiiglit against llaccdonian control was in power at the tiinc when (ilankon was in office.'') In the same li.st with Ghuikon's father, and whicii undouijtodly beinngs between 307 and 301''), is found Bularchos Bularchos' son of Piilya. tiie father of KaIHtlieos, epimeletes ti]g noiim]c who was praised along with the archon Nikias Otr. during the latter"s year of office.^) Tiie grand- fathcr of Kallitheos was a iaxiarch in the year of Chaeronea, 338/7.'*)

1) See IG II 269 wiiere iu liiie 10 .... ncyoi Eiihrniiov

sliould be restored ['Arriluc/o: Ev!hi-ö/wr [Mcucihövini].

2) IG II 814 flg. a, A, 10, b ■-'1; cf. Tlic Chmical Hcriew XV (\'M)\). p. 3sff.

3) IG II 948.

4) IG II 1-291. Glaukon was agonothdes in Nikias' year. Tliis laii only be Mkias Otr. (282/1), not Nikias (29(; 5); for Ghudvon, tlie brotlier of the more famoiis Clireniouides after whom tlie war is nanied, was alive and active some tiiue after tlie accession of Ptoleniy Euergetes 247 i;. No one, for tluit matter, lias evor tiionglit of attriliuting Ins agonothesia to the earüer Nikias. That the derue nanie of tlie archon, 'ihQiyflq, is omitted in the choregic iiiscription in which (üaukon tigures as agonothetes, is at this tinie of no siguificance: for in the contemporary decree in houor of Phaidros of Sphettos the two Nikias are distingnislieil in no way. Now tliis same Phaidros claims to liave been agonothetes in Nikias' year, and in the year of Nikias Otr. at tiiat: for the arrangement of the decree {IG II 331) niakes the later of the two necessary. and in the earlier arclionsliip, moreover, Phaidros was general and accordingly not at the same time in possession of another office. Ilcuce we liave two agonothetai in the year of Nikias Otr., Phaidros and Glankon a faet hitlierto overlooked.

.-\t the end of the secoud Century there were several ngonothesiai. and one man, duriug the Oligarchie governraent which followed 103/2, frequently held several of them at once. We liave long siuce known of tlie agonothetes who had Charge of the Dionysiac agon froin 307/G ou, and of another in Charge of the Panathenaia, froni probably as eaily as the luiddle of the third Century (Kr H 371b), certainly froin tlie niiddle of the secoud {IG H Suppl. 421). Both undoub- tedly existed in 282/1, and since at tliis tirae each was terined agonothetes siuiply. Koehler's reason {IG II Suppl. 421) for thinking that the two Offices were not created simultaneously is proved fallacious.

h) See the remarks of AVilamowit/. {Antigonos von Kanjstos p. 224 f.) ahcuit Glaukon and bis brother. C) IG II 948. 7) IG II 31Sb.

8) Another one of the ejdiebes who distinguished tliemselves in Menekles" year was Aisclietades Proxenos' son of Melite, a scion of the well-known family into which Aphobos, Deinosthenes' guardian, married. Its leading repräsentative in the days of Philip was Onetor, a man against wlioiu Demostheues brought action.' Onetors brother was an ardent anti-Macedouian, as a contribution made in the interest of the Chalcidians testifles; See Schaefer, Demosthenes und seine Zeit 11, p. 459.

ir

166 W. S. Ferguso7i,

Glaukon connects tlic period 283 281 witli tliat of tlie war against Antigonos Gonatas wliich once luore cost Athens Iier freedoni. By several names tlie conncctiun is establislicd witli tlio era ahmit and aftcr 229. Tlius two of the vphncldai tI^c no/Anijc of Nikias" ycar arc Isandros and Mncsitlieos sons of Ediedenios of Kydatlionaion. This faniily rcappeared in pnblic lifo in the last third of tlio tliiid Century and remaincd con- spicuous as long as deniocratic institutions prevailcd in Athens, i)

A grandson of Hieron Pheidyllos' son of Aithalidai anothcr one of these epimeletai. becanie thesmothetes in Menekrates' archonship (222/1). Theogenes Poseidonios' son of Aniphitropc is nientioned in a list of Aesculapins donors of Dioniedon's year.2)

Onr next reniark concerns the year 280/79, that of Gorgias. Tiiis is the year in which Demochares niade niotion for tiie confernient of the highest honors in the gift of Athens npon Ins uncle, Deniosthenes.-"') The mere fact vonches for the synipathies of tlie niajority of the Athonians.

Then we junip to the archonship of Euhnlos, whicli Beloch has with great proi)ahiIity assigned to the year 27(i.ä.-') The nanie connections of ini|)ort froni this ycar are the foUowing: Kallikrates Pythodclos' son of Kollytos, Senator, was a cousin of the Agyrrhios already noted as active in Diotimos' year, a year which feil in a period of stroug denio- cratic feeling. ■^) Another Senator connects Eubulos" .j'car with the period 307 301. That is Nikon Theodoros" son of Plothia. prytany-secretary in 302/1. The herald of the senate and peoplc for Eubulos' year was Eukles Philokles' son of Trineiiieia. the descendant of a foreigner, Eukles, who obtaincd the oftice and Athenian citizenship for Services rendered to the dcmos in 403. A cousin of the Senator, Polyzelos Kleinippos" son of Halai was epimclcks in the archonship of Nikias Otr. '^) Kallistratos Telesinos' son of Erchia. also a Senator, was a relative of Sostratos KaUistratos" son of Erchia, the chainuan of the public niceting at which Chreinonides nioved to enter into alliance with Sparta against Macedon'), and uncle of the chairman of the nieetiiig of the ekklesia wbicli in Dioiuedon's year (232/1?) authorized the starting of a subscription list for au iinportant populär movement. Finally, Diotimos Melanthios' sou of Philaidai appears in the Aescnlapius-list of Dioniedon's year.

In Eiil)ulos' year Thymochares Phaidros' sou of Sphettos was agono- thetes, and Phaidros liimself. in recognition of financial and other assi- stance given to his son. was honored with a laudatory decree, a gold crown. a l)rouze statue. a front scat at all contests, and mainteuance in

1) Kirchner, Pivsopograpliia Attica I, 6165; Beiträge ;nr alten Geschichte IV (1904), p. II. 2) IG II 836, l 102.

3) P.seudo-Plutarch, Lives of the Ten Orators, 850 F.

4) Griech. Gesch. III 2, p. 43. 5) See above p. lOff, 6) IG II 31Sb. 7) IG II 332.

12

Athenian politus in the eaiii/ Ihird (.eiiturij. 167

the prvlaiipion für liiiiiscif aiul the oldcst of liis dcseeiulaiits in eacli "eiipratidii. Tlic tlccrce') was passet! in the i'ullowing year, 275/4 tiiat of I'oiyeuktos.

Tiic ainbisuous chanicter nf tlic Services recorded in tlie interest (if T'liaidros' (Jemand for lie asked for the lionors in person lias aheady beeii noted. It is a cnrious fact that an aniendment. appended tu tiie main decrec, makes a doJcimasia rt]c dwQfüg hy a jury-conrt a prereriuisite t(i tlie confernient of the rewards. Tiiis was nsnal in the case of a foreif;nor, not in the case of a Citizen, and has hcen explained by M. Francotte'-) on tiie ground that lionors iiad been already decreed to l'liaidros fiir tlie sanie Services. Three nien were elected to attend to the erection of the statue. Aniong theni were l'liaidros" own son Thyino- chares, and notably Menon of Acharnai.

Menon's faniily fignres in several docnnients of the fourth Century, biit froiii iioiie can party at'filiations be deterniined witli aiiy certainty. Wlieii Zeno died in Arrheiiides' year r2i!"2/l), Menon was one of those elected to constrnct a toinb for liim. This was after Aiitigoiios (lonatas had brought the Chremonidcan War to an end by the capture of Athens. Menon was perhaps an enterprising iiianiifacturer of statues, tonib- nionuments etc.. perhaps a friend of the deceased, but in any case acceptablc to Antigonos or bis Athenian snpporters. In this there is nothing unnatnral in view of the fact that Antigonos was an adinirer of Zeno and attended bis lectures as offen as he canie to Athens. The Stoa had no doubt Macedonian aristocratic synipathies.-')

Wc are consequently led to enquire whethcr Macedonian influence was not once niore paraiiiount in Athens in 27Ö/4. If it were, we niight ]ierhaps find therein another reason for the exceeding care with which the Services of Phaidros were scrutinized, and at the same tinie coine to understand why the friendliness of Phaidros' father toward Macedon was insisted upnn, and why so many references to Demctrius Poliorcetes were niade, references which at a later date the Athenians found objectionable and, thercfore, excised.^)

Polyeuktos was archon in 275/4. The ephebcs for this year are listed in 10 II 321. Their paidotribes was Herniodoros Heortios' son of Acharnai who had been appointed to that charge at least as early as Menekrates' year, 283/2. Whatever change took place in 276/5 did not cost bim bis position. Among the ephebes under his care in 275/4 was Pythodenios Pythodoros" son of Kedoi. The faniily of this young mau is

1) IG II 331. 2) Le Musee Beige IV (1900), p. 110.

3) Wilamowitz lias sliovvu tliis to be tlie ca.se in bis first excursns to bis Antigonos von Kärgstes tlie one entitleti Die Pliilosoplienschiden und die Politik; see especially pages 217 f. and 224. 4) IG II 331.

13

168 W. S. Fcrgusuii,

Chief ly kiiowii fidiii its leadiiii; reproseiitative at tlie tiiiie of I)(Miiosthenes. Pythoklcs tlie son of l'ytliodoros of Kedoi. l^'tliokles was at first an associatc (if Dciiidstlioiips, hiit aftor ])ayiiiii a visil t(i l'liili]) lie clianged bis sympatliics, joinod Aescliincs, and bccaiue an (uit aud out parlisan of Macpdon. Hc lieapcd alnise on Dcniostlicnes aftei- Cliacronca, took ]iioiiiiniMit part in tiu> govornnu-nt wiiicii Antipatcr cstablished in 322, and was cxecutcd aluntf witli PlKicion diiriiin tlio dcniocratic nprisins;' of 319/8.

The epliebes werc at tliis tinie called upon to defend tlie city, and we may l)c sure tliat in coiistitiitiiij; tliis vlitv eor|)s of the youth the anthorities did not ne^leet political opiiiion.

Notliinj;- detinite resnits froni a scrntiny of tlie other nanies in tbis ephel)e list of 275/4,

Ilow loiiu' the friends of oli,i;arcliy wei'e in power we do not know. If dominant in l'ytliaratos' year r271/0), wbcn Laches the son of Demo- chares inoved tiie well-known decree in wliich bis fatber's loyal stead- fastnoss to dcniocratic principles and bis iiiaiiy efforts in the cause of Atheiiiaii iiulependence no Macedonian ruler. except the iIe|iosed Anti- pater, is iianied') are urgentlv presset! ujioii the attention of the Atlieniaiis, they were eertainly very j;ciieroiis. Tbc agoiwtJides for tbis year, Tbrasykles Tlnasyllos' son of Dekeleia was tbe son of the succcssfid cliorcijns of 320/1!», but of course tliat in itself proves iiotbinn'.

It is notewortby tliat pro-JIaeedonians and oliyarcbs conic to tbe front in Athens in 27()/5. But tbis is casily explicable. It was tbe year in wbich x\ntigonos Gonatas for tbe first timc sat sccure on the throne of Macedon. His Greek possessions inade hiin tbe nearest neighbor of Athens.'') Perbaps tho Piracus was still in his possession. It was, there- fore, not difticult for bis synipatbizers to get control of tbe govcrnnient. Wo learn froin an inscription of 274,3 that they went so far as to bave sacritices officially offered for the welfarc of the Macedonian king.-') It was at tbis tinie, no donbt, that Antigonos became intiniate with Zeno, and visited bim at Athens. ""j Tlien came tbe return of Pynhus from

1) The con.sideration of Laches for Macedou (Antigenes Gonatas) lias been iioteil liy Wilamowitz o. c. p. 224. Belocli (Grierh. Gesch. III 2, \>. 3771'.) identifies the Antiiiater of tlm Deiiiocliare.s' decree with tlie iiepliew of Kassaiider who after tlie death of Ptoleniy Keraiiiios po.ssessed tlie Macedonian throne for 45 days, and later appeared as a pretender agaiust Antigonos Gonatas. That Üeraocliares got 20 talents from Antiiiater, is against this hypotliesis. A mau stniggliug against foreign invaders like the Ccit.s, or against a rival like Antigonos does not have money to tlirow away in that fasliinn. It is difl'erent if Antipater, Kassander's son, tlie jirotege of Lysimaclios and heir-aiiparent to tlie Macedonian throne, is ineaut.

2) Beloch, Griech. Gesch. III 1. p .■i8(i f 3) IG II 323 0. 4) Diogenes Laertius Vll, (Jtt.

U

Athenian jwJitics in thc earJi/ tlürd centurt/. 169

Jtaly, the oxpulsion of Antiiioiios t'rotii Macodon. tlic invjisioii of Greece. tlie revulsidii of feeling' against Anlifionos, and tlit' dcatli of tlic Epirote king in 27"_'. ') Atliens is said to liave sent an einl)assy to Pyrrlius in 273. '■^) Tliat she broke witli Antigonos and rcniaincd liostilo tili aftcr tlic Cliic- nionidoan War, seenis liardly jirobahle. Tliat she rcniaiiu'd antagunistic even as late as 271/0 can hardly bo concodcd, in view of the (■(uniilctcncss of Antigonos' snccoss in 272. Ilow to cxphiin liie Deinocliare.s" di'crci' 1 do not know. The period is entirely obscure.

The vaiidity of the argnments hitherto eniployed depends lipon two assuniptions. it is assunicd tliat men inherited tlieir politics tlien as now. Tliis would, pei'haps, bc rash. were it not tliat the lines of political cloavage reniained fixed for tiie whole period. Une was drawn between pro- and anti-ÄIacedonians, another between oügarchs and deniocrats, and that they must have ordinarily coincided seenis to nie to result inevitably froni the general siUiation. Naturally, there weie men wiio changed frotn one party to the otlier. Ladies the son of Deinoeiiaies taiints his father's conteinpoiaries with backsHdings and desertions. Nene of tiie pnblie men, except bis fatlier. he asserts, was always steadfast to democracy.'*) This, of conrse, is an exaggeration, but only an exaggeration. The careers of such men as Philippides of Paiania, Olympiodoros, Piiaidios, Agyrrhios, Stiatokles, if known niore completely, would probably show the basis of tlie cliarge. Such persons wore, however, we assunie. exceptions.

It is assumed, in tlie second place, that in the iiames inentioned in the documents of this period we get genuine lepresentatives of the tieiid of conteniporaiy opiiiioii. That this is a fair assumption. can. I tliink, i)e demonstrated only by the results. These, for at least two of the periods distingnished. 307—301, and 290/81) (Diokles) 27(;/5 (Eubulos). are abundantly conliriiied by otlier evidence. However, 1 would not venture to offer iiiy conchisions for the remaining periods (301/0 294/3, 294/3 290/89, 27(3/0—273/2?) as anything but possibilities, did our case end with these nanie-connections.

The advent to power of an ohgarciiy was ordinarily accoiiipanied in Athens by coustitutional changes.'*) Hence it is imperative for us to examine into the evidence for alterations in the offices, modes of electi(jii. franchise, judieial procedure etc.. duriiig tiie period under consideration.

I) Belocli, Griech. Gesch. III 2, § 103. 2) .Justin XXIV.

3) Pseudd-Plntarcli, Lives of the Ten Orators, Sfjl F.

4) For tliose inaugurated in 322 see Gaeta!io de SanctLs in Urlddfs .s7»(/(' di Sloria antica II, p. 1 ff. and Beloch Iiiiuself in his Griech. Gesih^ \\\ 1, p. 7:i. (Tlio referenoc to tlie decree in lionor of Deniochare.s .sliould be omitted: see below, p. 27). For tlie cliange.s in SlS'T see in additiou to De Sanctis o. c p. 12 ft". and Beloch 0. c. p. ins and l.')2, Martini in l'ituhj-Wissowa IV' 2, j). 2817 ff.

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170 W. S. Fei-guson,

Tlie first tliiiig to be noticed is the hitherto inexplicablc appearance in the decrees of this era of now one, now several pcrsoiis. in charge of the adniinistration («i or ol cm rrj äioiY.i]asi). On airanging the inscriptions in which the first titk' occurs, it is seen tliat they fall either between 3U7/() and 'iOö/-!. or •i75/-l and 2G2/1: the second title, on the other hand, is found between 289/8 and 282/1, and again in 262/1.') After 2(j2/1 both titles occur, but cur evidence is such that no periods of the exclusive use of eitlier one of theni can be deterniined.-)

The periods for which direct evidence is lacking are, therefore, tlie following: 295/4—289/8, 282/1—275/4, and the years immediately preceding 2G2/1.

The obscurity of the years 273/2 ff. niakes it inipossible to arrive at any conelusion with reference to the employment of o or ol im t{j diuixijaei during them.

Since 275 4 marks the advent of oligarchs to power, it seerns to nie probable that it defines the tiine of cliange froni ot to ö also. And since a new governineiit assuined control in 295 4. it is likely that in this year the change froiii ö to ot lirst took place. Hence, between 307/(J and 295/4 we have 6 cm rrj d'ioixijOei; between 295/4 and 275/4 ot enl t;] äioixt'iaei, and between 275/4 and 2132/1? ö sm tj;' dioixijOei once inore.

It niay be, as M. HonioUe'') thinks, that we have to do siniply with a change of fornnila. not a cliange in the niagistracy. If that is so. the alteralion of forniula in 295 4 and again in 275/4 needs explanation.

Since with the advent of the oligarchs in 275/4 the Single offieer reappeared wlio liad lieen displaced by a l)oard at the advent of the ileinocracy in 295/4, it seeins to nie that the matter was niorc iniportant tlian M. Honiollc thoiight. The official enl rfi 8ioixi]aci probably developed

1) Tlie li.st of iusciiptiuiis in wliicli tlie oflioe is meiitiniieJ uiay be luiiiul in barfeUrs Handhuch der griechischen Epigraphik \\ -2, p. ~rl\ f.; or in Horaolle'.s artiele in BhU. de corr. hell. XV (1891), p. 3t!4 as suiiplemented by Tod in tlie Anniuil of tlic Briligh School at Athens iX (190-2 1903). p. 171; nr, for tliat matter, in Kirclnier.s Indices to tlie Inscriptiones Graecae. I cite only sucli as can be dated. '0 tnl xli lUoixIiaei: IG II IGT (SOT/li), Aniiual of the British School IX, p. I.i7 (3ü3/2), II 2Ö1, 275, •276:-' (between 307 and 301), II 300, 300b (29.V4), Add. 302b (301 •295/4?). 0! t,7; ri ,Sii>r^'ii,ni: II 309 (-290 89 or 289 '8 Diokles nientioned), 311, 312 (2S9/8 Diotiinos), Suppl 314 (287/0 p:ntliios), 345c (-285/4 Urios). 318c, fi-g. b (284/3? TeIokle,s), 31<J, 318b, 614c (28-2/1 Mkias ütr.). '0 M ri/ diotx'fjafi: II 331 (275/4 year after Enbulos). Oi inl rj/ ihoiatjoei: II 325 (202/1 Arilieneides).

2) One of the speeclies of Deiuarclios, rated by Dionysins of Haliearnassus (Rei.ske, p. G52) as geuuine, and, therefore, prepared betöre Ins exile in 307, is entitied Kuru Jtovvalor, roi" int r;%- ihoixl/oeojg. This niay indicate that the oflice was created by Demetiins of Phaleriim or eveii earlier, and bronght iuto tlie ränge of the in-scriptions by sorae cliange luade in 307.

3) Bidl. de corr. hell. XV (1891). p. 364.

16

Athcnian poJitics in fJie eiirJi/ tlilrd Century. 171

such powers linder tlic ()lis;aicliy of 301 2!I5 4 tliat it sceniod advisablc to preveiit a recurrence Ijv iiiviiig hini a miinbpr of colleagucs.

This is, of course, only an liypothesis. But it rcceives confirniatidn through the fact tliat in 301/ü. i. c. on the estahlislinient of the oligaieliy, a reorganization of the financial adniinistratioii (to whicli o im n] öiol- xrjaei bclonged) took place, by wliich the treasurer of tlic people [rai^nac toü Si'jfiov) dissappeared. Tliis ofiice had existed apparently since 403 Its functions, so far as doterinined, consisted of jjaying the cost of the publication of state docuinents and of crowns confened by the State, and tlie travelling expenses of anibassadors. These, of course, are only indi- vidual instances of the duties of the people's treasurer, and since they, no doubt, would be suppleinented had we other sources of inforniation, we niust be content not to deterniino the general sphere of his activities. There can be little doubt tliat he was selected by lot. Populär election in this case is iiiiprobable. since iie was first created in 403'), and such a niode of election would, in all likelihood, have brought liim iuto Aris- totle's survey of the Athenian magistrates.

After 301/0 his best attested functions passed into the hands of the fEfT(<ffr/jc xtt'i ol TQixtvaQxoi. In 299/8 theso officers pay for the publi- cation of a decree:-) in 295/4 they stand the cost of the erection of a Statue, while the officer im rrj 6ioixi'a&^ pays for tlic acconipanying decree.-'') After 295/4 they disappear as niysteriously as tiiey caine.

An inscription found during the excavations of l.S97ff. at Suniuiii and pulilislied in the 'E(f,rjfieQic 'AQxaioXoytxTi'i for 1900, p. 133 f. helps us somewhat. We learn from it, in the first place, that the inspector (fJfraffT/;?) was elected by sliow of hands. That is significant for the sort of governinent which enlarged the functions of the office. In the second place, we learn that his duties brought liiin into contact with the soldiers of Athens. That indicates the starling point of his power. During the fourth contury a iioard of inspectors existed. They ,.liad to count the troops enrolled l)y the State so that the Strategoi could not defraud the State with respect to the ainount of mouey due for soldiers' pay".-*) Uuder the oligarchy of 301 ff. the board was superseded by a Single officer Sj, and the Single officer was enipowered to supervise other tliaii niilitary expeuditures. Obviously. he was not able to inake payments unassisted. The trittyarchs are always associated with liiiii when he disburses money. It is, therefore, probable that they posscssed the trea-

1) See Tliumser in Hermann's Lehrbuch 1«, p. (',3G. 2) IG II 297.

3) IG II 300, 300b. It i.s püssiljle that we liave to do here with an instance of the gradnal centralization of flnance conjectured to have taken place at this tinie.

4) Gilbert, Greek ConsUUdional Antiquities (Eng. Tran.s.), p. 204 f.

5) The references to tlie titiuaiin are ditterent fioiu those to the (tywioBiD/c; cf above p. 12 n .')2.

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172 TT. S. Ferguson.

siiry t'iuin whicli decroes. statues, etc., were paid l'or. This was an i'xtension of their diities; for. wliilo it is not very dear what were the Hdinial fiinclidiis of tlic trittyarchs. it is certain tliat tiiey pay for such tliintts at no other tiinc. Uidinarily they liad, it scems, sonictliing to do witli certain public funds. and tlieir nearest concern was witli the army and navy. ') Tlicir treasury then. instituted for sonie military piirposes. was (hawn ui)on for administrative expenses hetween 301/0 and 295/4. Supervision and ceiitraüzation of finance, and especially of tlie funds from whicli the soldiers were paid, were natural acconipaninients of oligarchy.

As alicadv iutiniatcd. llie deniocracy esfablislied in 2di dispensed with tlie inspector. or at any rate restricted hini to his earlier tasks. It did not. liowever, restore tiie treasurer of the people. The foretime duties of this officer were handed cntirely over to the office inl t^" äiot- ■/.ijasi, which at tliis tiine was entrusted not, as before, to one person. but to several.2)

One of the refonns niost urgently denianded by the Athenian oligarchs was at all tinies reorganization of the finances. Another was closer scrutiny of the Citizen iist. Of the foriner we havc aheady discovered traces in tiie docunients of 301 ff. Of the latter one vahialile bit of evidence rcniains.

10 II 2-2i) niust belong to llie period 322/1—319/8: for in it the ('(ray{iarfn'>c is comnianded to publish tiie decree. This being so, it is obvious tliat under the oligarchy at tliat tiine in control, the thesmotlietai were required to institute an exaniination previous to the granting of what was uncpiestionably the citizenship. The inscription is fraginentary, and the restorations considiM'ablc. bnl beyond any reasonabic doubt correct.'^) We know tliat a property (|ualification was at tliat tinie necessary for the acipüsition of citizenship. The posscssion (tf (his could be ascertained only through a Soxtiiaaia.

At a later period a siinilar doxijiaaia condncfed by a juiy at the sninnions of the thesmotlietai, was usnal.-') This dokimasia was not required between 307 and 301, as is clear from 10 II 243. No decree Conferring citizenship is extant from belween 301 and 295/4, but in the latter year, in an inscription in which the arrangements pecnliar to the oligarchy are still found^), the requirement of a judicial exaniination

1) Gilbert o. c. p. -'10, n. 1. 2) See above p. 20.

3) [Tovg mjvTäyfiq dovfut Tteiii n{TÜ>]r Ti/i' [if'jjif'ov eU r/;>' n{>wTtjV i'xJxXijiiiai' xttl [tovq Dco/toÖiTaQ Aoxjiftaaai Tti>' nu[).iTtiitv . . ./ tdv ■/xnövzni '*' [■ ] yjf'H'd ''fi röSt Tf) [xj'iiifiai^in zbr (irayQjcupHi tv aT>)>.n p.iiHrn xn) urijauji ^v ax(j(tnö?.ei, fl? «ff Tt/y uvuy(>icifiti%' rtji aii/Xrji; [iSocrai rhf Ta/iiaf rjor A'rjunv A A J (S(t[uyßh<;]. 4) See Larf'ehl, o. c ji. 790.

.'ii In tlial tlu' iii.stitiition.s which prevailed at the beginiiing of 29.0 4 were contiiuK'il to its eiid, the deraocratii' reorgani/.atinn of this year resemblcs the

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Athenian ]ii>}/tiis in tJie rarli/ tJiird cnihin/. 173

already exists. The conclusioii is obvious tliat it was establislied with the oligarcliy in 301. A particiilar rcason for it is found in tiiat during the period 307 301 the citizciisiiij) liad hoen bestowcd witli uiiusual frequency iipoii tlic favorites of Dometiius. iiiany of wiiüiii weie iio doubt iinwortliy.

This (lohimasia was one of tlio Oligarchie changes whifh lipon their restoration tiie deniocrats accepted: for of course its working depended upon tlie law wliicli regniated it, and tlie niagistrates wlio enforced that law. Wlieii tiie oligarciis canie into power a second time, in 276/5, its poiiit was siiarppiied in that it was. in at least one instance. appHed to tliose wiio were ah'eady Citizens, biit appiicants for public comniendation and rewards. 'j

These are the only constitutional changes whicli our very fragmentary data enable us to deterniine for the period after 301. Their füll import, inoreover. we cannot securely grasp. Bat since at that tinie an elected magistrate superceded an allotted one, a niilitary ofticer reached out to coiitrol the adininistration of iinance, and a siipervision of the citizen-list, first introduced under the extreme oligarcliy of 32"2 319, reappeared, it seenis to nie that the coiicliision. already reached froin the jiast history of those in public lifo and the sulistitiition of frieiidship for enniity toward Macedon, is aniply conlirined. and that the current view, which asserts the continuance of the deinocracy after the battle of Ipsos, is proved incorrect.

The niost direct evidence for Oligarchie control between 307 and 270 lias still to be considered. It is found in the decree whicli, oii Laches' nioti(ui. tiie Atlieuiaus passed in lionor of Deuiochares of Leukonoe. Jn it the Statement is made that Deuiochares „became an exile on behalf of democracy. partieipated in iio oligarcliy. held no office while the ilemos was destroyed, and was the only one of those in polilics at the same time as he who did not strive to force upon Ins fatherlaud another form of governineut tliau democracy." ((Dryörn fiev vniu SijiioxQaTia^, i^itreaxrj- x6n (He ordt(U((^ uhyauxini oviie ((fX'i'' oväsfdnv i'ioy.vn xaraAf Ai'xdroc toi~ ätjftov' y.ixl /(önj) 'AHtjValinv rtür /.am li^v avTrjv »p.(xt«i' TtuXtrsvnai^tevmv /(»] fihfiFkFTijxöii rip' TTurQida xndv iityM noXirsvf^tan ;" dtj/ioxQ<nltjL). As Beloeli lias properly pointed out'-j. tliese words clearly demonstrate the existcnce of iiolilical convuisions and Oligarchie governmeiit during the public career of Deuiochares. To my miiid tliey do more than that. They iudicate that. at oue time. Deuiochares was an exile while tlie

oligarcliic proccJiire in 32-.'/l: tf.. De Saiictis o. c. p. 5 anil Curnell Sludies in Classical PhUology VII (KSDS). p. 34. \Villieliii"s uiipiiblislied iiisciiptiou of tllis year (.See American Journal of Pliiloloi/i/ XIX (18!IS), p. 314; cf. BelocIi. Griech Gesch. III -2, )). 4(5, ii. 2) niay lielp ii.s liere. 1) See above p. lä.

■2) Griecli. (_;,■,<,//. 1112, p. 37.'). Beiträge z. alten Geachiehte \'2. 12

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] 74 TT^. S. Ferguson,

oligarclis niled, nt another time. in Athens, biit aloof from public life. Otherwise, thoy aie quite fodlisli. An exilc. of coiirse, iield no office. To empliatically repeat that this was here tlic case is senseless. As interpreted by ine tliey correspond closely to the facts: for, if Deinochares' death took place in, or siiortly betöre, 271/0, he had actually experienced two periods of Oligarchie control. Diiring the later of the two, 276/5 ff., the decree teils us that he had abstaincd froni public life, at any rate, had accepted no office; during the earlier, we know that he was in exile.

In the decree') the occasion of his exile is only vaguely indicated. The career of Deniochares began. it is stated, with various Services in conuection with ..the construction of walls, the preparation of arnis. missiles, and engines, the strengthening of the city during ,the four years war' (307—304), and uegociation of peace, truce, and aUiance with the Boeotiaus, in returu for which", the decree continues, „he was dinven into exile by those who overturned the deniocracy. And when he was restored by the demos in Diokles" archonship. he first of all took charge of the financial administration etc." {'ArO' (ov c/^eireßev vno növ xara'/.vaüvtwv tor 6tjiov xttl (öc y.ar7/.!}£v fm JiaxXeovi uQxoi'ioc vno xov St'jiov, cvaxdlavit r)]v öin'ixr^cjn' /rpw'rtjj xx)..). So niuch for the decree. The circunistances under which Deniochares was drivcn into exile, according to Plutarcli-), were as follows: Dissatisfaction arose in Athens in 303/2-^) because offenders liad sought to obtain imnninity from punishment by presenting letters written in their interest by Denietriu.s. Tho discontent becanie finally so great that the governnient lost the rndder. A measure was passed for- bidding any Citizen to fetch niessages from the king in the future. De- metrius, thereupon, brought pressure to bear upon the Afhenians, and the decree was not only rescinded. Init those responsible for it were either exiled or executed. Everything that Demetrius willed, it was resolved, shonld be both proper in the sight of the gods, and just in the eyes of men. Tiiis was the work of Stratokies. Deniochares' criticism was penalized by exile.

The phrase used in the decree. passed some thirty years later, to describe this occurence urlt' lov c'^entaev vno nur xaiuXvaaYTmv xov öifiov is therefore ambiguous.'*) It was strictly true, i)ut conveyed a

1) Pseudo-Plutarch, Lives of the Ten Orators, 6.^1 D.

ü) Plutarcli, Demetrius XXIV.

3| Pussibly later 302/I , a.s Demetrius i.s represeuted as abscnt l'roiii .Athens lyoi'.iiKttrc Jiicoit Jiiiojroioi- yoniacu :!<)!>■; Tor dijuor, /o/tit'r« nur Ro'/.iTÜir iTitaTo'/.ijr TifiQa Ji/iujT^ii'uv noufyir) wlieii tlie iiK'ident occurreil.

4) Belocli (Oricch. GescJi. III 2, p. 3741^'.) lias fiuiud another way to liarniouize Plutarcli and tlie decree. He grauts tliat ,tlie four years' war" came betweeu 307 and 304, but he denies tliat the exile of Democliares followed closely after it. An inteival of soiiie tliirteen years elapsed. Tlieii, during an Oligarchie regime, whicli he believes to liave exi.sted in 291 (iff. came Democliares" (luarrel with

20

Athcninn pohties in fhr carli/ fhird crutinij. 175

wrong meauing. That Deiiiopharos hcld Stratoklos and his servile flattery of Deiiietrius respoiisiblc für tlio discredit intü wliicli tlie democrats feil in 303/'2ff.. and hcncc indirectly for tlie oligareliy of 301, is easily credible. It was in lliis sense correct that ..tlic dostroyers of the democracy" drove liiiii into exile. Biit sliort-nioniuried ppople in 271,0 would naturally think that these destroyers wero the oligarchs. This inipression would be confirnied hy the further Statement that he becaine an exile on behalf of democracy (^iiiyior lurio Stiuoxouncu). Deniochares was unable to retiirn to Athens between 301 0 and 295 4 because of tlie oligarchy whicli was then in power. He was unable to return between 295'4 and 289 because of his quarrel with Stratokies and his party. Hence, he was forced to remain in exile für thirteen years. tili Athens' breach with Demetrius in 2^9.

No explanation of Demochares" faihire to return in 301 is possible, if we retain the ordinary view that at that time the party, of which he was the recognized leader, got possession of the government.

The decree which we have been considering contains auother signi- ficant Paragraph. „Under his (Demochares') regime", it states, „judicial deeisions. laws. jury-courts. and property rights remained undisturbed for all the Atheniaus. and nothing was done in any form or shapc detrimental to democracy." (Kai ras '/.oiaeti y.ul rorc i'ö/(0«'c xai tu 6ixoi,ctrjQia xdi xiig ovdiai näaiv Udr^raCotc cv ciaffctkel TTOirjcrurn Sia ri^g cänov noXireiai; xal jWjjrffi' vTTevavnov tij 6i](.iOxqan{t nemuyßu iii';re ^öyip /<>jTf eQyu)). The

Stratokies, auil coust?(|iient thereto liis exile. In tlii.s way it is possiljle for Jiemochares to have been banislieil both for otTense giveii to Demetrius and lii.s frieiids, and during tlie asceudaucy of tlie Oligarchie party. At the saiue time the difflculty is avoided of supposing Demochares in exile wliile his frieiuls were in power.

But the way is a liard one. Plutarch is vindicated at tlie expense of Plutarch; for Plntarch cintainly dates the exile of Demochares in or about 303 2, not in 291 0. Further, the vindication is effected at tlie cost of the decree. Possible it may be that thirteen years intervened between the Services rendered by Demochares and the exile with which ungiateful Athens rewaided liira, but probable it ceitainly is not. Indeed, if as Beloch maintains, the anti-Denietrian wiug of the democratic party caiiie into jiuwer in 3UI, it is decidedly imjirobable that duriug the years which followed, Demochares, if in Athens, remained inactive, or did nothing wortliy of mention in an honoiary decree. If, as I have sliown, an oligarchy came to domiuate in 301, Demochares coiild liaidly have remained in Athens.

Finally, the evidence wliicli Beloch usos to assert the existence of an oligarchy in Athens in 2yiff., wlien the data of Plutarch and the Ladies' decree (whidi refer to 301 tf.) are subtracted, is quite incouclusive. It consi.sts of dateless notices.

Gaetano de Saudis (Belocli, Studi di Storia antica II [1893], p. 51f.) to whom the transposition of Plutarch, DemetriKS XXIV from 303/2 to 291 ff. is really due, dates the fonr years war in and after 294; liut tiiis is iudefeusible. IG II Add. 737 locates this war certaiuly enough.

12* 21

176 W. S. Ferguson,

infcrence to be clrawii is tliat tlie coiitrary was true uiuler other regimes under the government of Stratokies, no doubt, but also imder tliat oi the oligarchs. Private rights, as well as public, were at stake in the contest for power in thcse tinies.

At tliis point an ubjectiun niust be niet. The oligarchs banished in 307/6 did not return tili Pliilippos was archon (293/2?). Therefore. it is concluded. tlieir friends did not obtain power sooner: hence not in 301. i)

This was a legitiniate inference before the reasons in favor of an oligarchy in 301 ff. were presented. In the face of uur evidence it is no longer allowable. There inust have l)een sonietliing in the position of the oligarchs who fled in 30.s 7 which even the oligarchs of 301 ff. did not venture to remedy. They were condemned to death in 307 6. but an aninesty was, of course, possible. Public opinion, we niay conjecture, did not admit of this. An oligarchy was in its nature a precarious thing in Athens. To adniit to its ranks nien who had been tools of Demetrius of Phalerum'-) and of Kassander was to assume a needless risk. That was the difticulty. Tlie exiles were the niost violent partisans. The oligarchy of 301 was nioderate. it did not radically reniodel the Con- stitution. It did not interfere with the rotation of the secretaryship. for exaniple. It did not open the gates of Athens to Kassander. It professed, in fact, independence of all kings.^)

It has been already intiniated that at least sonie of the nioderate oligarchs joined the pro-Denietrian deniocrats in the government estal)lished by Demetrius after he took the city. The city was in his hands in Elaphe- bolion of ■Jitö;4. The oftices created in 301. however, still appear in the documenls of that year. liut not later. The democratic apparatus of government entered into Operation, in all likelihood, in 294/3.

There can be no doubt. at any rate, that a democracy was in power in Kimon's archonship (292 1?). That follows from the Phaidros" decree already analysed.'*) The same is true in Diotimos' year (289 8), and probal)ly in that of Diokles as well (290/89) the year in which De- mochares returned from exile.^)

1) So Beloch, Griecli. Gesch. JII K p. 2-2-2, ii. 3; III i, p. 375.

2) Demetrius liiinself was uut recalied, though he was liviiig in Thebes at the tiine. He weut to Egyj)! at tlie lieatli of Kassaiuler in i'iiT. From AIe.\andiia lie seilt, aeconliiig to Pliitaroli de ej-ilio, 7 (cf. Wilamowitz o. c. p 340 , ro?,- 'A;>i/- vctloiq 6wQiai. Possibly Pliaidros obtained Demetrius' coiporation wheii lie weiit to Egypt belween 29G/5 and Kiiuou's year: possibly, as AVilamowitz conjectures, Demetrius seilt assistance iu 290'89 against liis uamesaice of Macedou. He, uo doubt, ideiitified liimself with Egyptiau polii'y.

3) Plutarcb, Demetrius XXX. 4) See above p. 8f. 5) Demochares was recalied vr!) tuv di/uoi-.

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Athotinn polifics in ihr rruli/ fli/rd ceufiiri/. 177

P'rom a decreo passcd (in tlio last day of Gamelion in üiotimos' year (Fehry. 2H8)M. it is evident tliat. not only had woid to the effect that tlie öi'inog xexofuaiai to äWi' already leaclied Spartokos, king of Bosporos, init that a congratnlatoiy message and a substantial gift of corn sent by him had anived at Atiiens. Tlie ncws sent can liardly havo been other than that Denietrins" garrison had been expclled froni tiie Museum. Therefore. tliis took place somc months earlier than February 288, probabiy in 289.

Tlierc is notliing in the decrees of Diokles' year to show that tlie Ineach with Denietrius had occuned when they were passed. The honors

1) Beloch (Griech. Gesch. III 2, p. 40ff. ; cf. Beiträge zi(r alten Geschichte I, p. 4()3ff.) assisns Diotiraos to 287.6. So far as las reason for doing so is hi-stovical I liave endeavnred to coiisider it in tlie te.\t: so far as it consists of a delenni- nation to pieserve the calemlar ratlicr than tlie oftioial onler of the secretaries' tiihes, i liave the following ohjections to iiiake:

1. We do not know the seqiience of conniion and iiitercalary years witliin the nineteen year cycle eniployed at this tinie we do not know even that theie was a fixed seqtience at all. On the other liand, we do know wiiat the offii-ial Order of the .Mhenian tiilies was.

2. The seqnence, as Beloch establishes it, is violaled, on his own showlny {Griech. Gesch. 1112, ]) ö.H), once in tlie tiist. llnee tinies in the second, and once in the tliiid of the three eycles for whiili its existenre is best deraoustrable. Since a distuibance in one year carries with i( a rectification in some foUowins year of the sanie cycle, the irregnlarilies niust be inrreased to the nuniber reqnired by the aichou list constructed l)y ine and accepted liy Kirchner {Galt. gel. Anz. 11)00, p. 4.33fr.; also Prosojwgraphia Attica II, p. 631 ff.). All sorts of difficulties are cnconutered if we continue Beloch's cycle forward into the second Century, and another uninistakable instance in wliich the principle followed by hiin in con- stnicting the cycle is violated occurs in the latter jiart of the 2ud Century. 107;G and lOn .i arc coninion years (See IG II 470 1. 2 and 1. 641, while 104 3 (IG II 46.')) is intercalary. We do not know the chaiacter of 105 4, but in any case it is irapossible to avoid a seqnence of eitlier three common or two intercalary years. Is not the assumption that such a sequeiicc is inadmissable preniature?

3. Disturbances in the oflicial order ot the secretaries' tribes, once this was established in use, wherever the reasons are known, are a result of the Suspension of the deinocratic Constitution: observe 322/1, 263/2 and 103 2. The Omission of Denietiias II after 304/3 is only apparent, not real; for it is a pure coujectuie that Antigonis I had the secretaryship in 304 3 (See Cornell Studies VII (1898), p. 50; cf. Beloch, Griech. Gesch. III 2, p. 46, n. 1) The law establishing the rotation of the Office in the ofticial order of the tribes was, no doubt, reeuacted to take effect in 303/2. Hence no analogy e.xists, as Beloch affirms, for the sporadic diopping of a tribe. Nothing of the sort occurs betweeu 349/S and 322/1, or during the second Century. The abolition of mechanical devices for distributiug Offices, such as the Int and the ofticial order of the tribe, accompanied an Oligarchie revolution. Kleclion by all the Citizens regularly replaced thein. The ascendancy of the Oligarchie party, however, diil not stop the usual rotation of the secretaryship in 301 ff. or 275 4 ff A constitutional change was apparently nccessary for that purposc. I.ike the lot, the rotation came to characterize democracy.

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178 T. S. Fergiisou.

decieecl to Zcnon, an officer in Ptoleniy's scrvice, and in cliaifje of a peculiar division of his Acgcan squadron (enl növ (((fQäxrwr)^), for attending to the safe transport of corn in no way picsuppose the levolt froni Denietrius. If tliey do, then tlio dispatch of corn froni Egypt at Phaidros' request lietween 29(i/5 ond Kinion's year (292/1?) presupposcs it equally. 2) It is from such liappenings, and fioin nothing eise, that we must estimatc the frcedoni of Athens durlng the latter years of Denietrius' regime. From thcsc our gcnoral conception niust arise.

We are thus led to the conchision tiiat sliortly after Deniocharcs' return from exile in 289 Athens revoltod froni Denietrius.

Beloch lias determined tiiat tiie last year of Denietrius' kingship in Macedon was 288, that he was driven out of the couutry in the suminer of 288, and, though there are some uncertain factors in his calculations, his results cannot be far wrong. ^)

Therefore, the revolt of Athens took place some montlis. perhaps the greater part of a year, before Denietrius' loss of Macedon.

In stating tliis conchision we contradict Plutarch wlio makes tlie loss of Macedon precede the revolt of Athens, but, as Beloch has already remarked, Plutarch is not to be depended upon for accuracy in such details.*) In itself the view to which we liave come is in no way im- probable; for Denietrius' own preparations for an Asiatic campaign and the hostility and threats of his neighbors kept him away from Athens

1) IG II 309b. Zenoii appear.s in an in.sciiiition of the i.sland of los published by Tli. Reinacli in the Revue des Etndes tjrecqnes XVII (1904), p. 196ff., and by Graindor iu the Bull, de corr. hell. XXVII (1904), p. 394ff. He i.s there a lieutenant of the Rgyptiau nesiarcli, Bacchou, and a.s lieie, iu comtnand of the lifQ^xr«. Reinach at first e.xplained tlie uifftuxxc {l c. p. 200) a.s jx/.nia yi/oiwrixct, l)ut later (ibid. p. 29C) he came under the influeuce of Koehler'.s interpretatiou of/G 11309b (see note), and, taking back hi.s original sugge.stion, he added that the (lifijaxxa were navires Egyptiens. Be tliat as it niay, the nesiarch was a permanent Aegean officer, and hence iu a i)osition to dispatoh Ins subordinate Zenon to Athens at any raoment. Zenon's appearauce there in Diokles' arclionship reqwires no special explanation. At any rate, lie did not start from Egypt with Ptoleniy's „great expedition" of the spring of 288 (Plutarch Demctrius XLIV).

2) It is quite an arbitrary proceeding when Beloch {Griech. Gesch. III 2, p. 377) reraoves the voyage of Phaidros to Egyjit out of its environment iu IG 11 331, and dates it fuUy four years after the archouship of Kiniou.

3) Griech. Gesch. III 2, p. Gl ff.

4) Plutarch, Denietrius XLVl; Belocli, Griech. Gesch. III 2, p. 65. Plutarch's Order of events is determined here, as offen, by the economy of his narrative. Beloch well remarks: Es wäre richiiehr sehr merhcürdig, irenn die Athener mit dem Abfall rjevartet hätten, bis Demetrios an ihrer Grenze stand und wieder ;;( Kräften geltommen war. Und I'lutarcli selbst erzählt (Demetr. S-t), dass Ptoleinacos gleichzeitig mit Lysimachos' und Pyrrhos' Einfall in Makedonien ttjv 'E?.).ä6n TiXtvaag axöXto /.ieyä>.v> cKfimi/, was in erster Linie eben auf Athen gelten miiss. Beloch contiiiues: Aber allerdings wird :u der Zeit, als Athen sich erhob, die

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Äflirnian [lulitics in flir rdr/i/ Ihinl ccnfnii/. 179

l)L'tvvecii 2i>0 and 2SS. ') In 2S!) tlie fatal cdalition of l'tokMiiy, Seleucus, lAsimacliiis' and I'_yn'luis was toriiiod ayainst liiiu. \Xv niay supposp tliat Pyrrlius hniko tlio Inico ju.st iiiadc and tliat tlu' Athenians stornied tho Museum at about tlio saiiic tinie. Tlio winter prcvented Demetrius from prosecuting a canipaign in (ireocp, and in thc spring of 288 the allies dclivcred tlieir attack upon liiin.-) Tiie Maccdonian king had niore iniportant tliings to att(Mid to dnring tliis period than the uprising in Athens. Hencc tiie dcnincrats reniained in possession of the city and the governmcnt tili dispossessed on thc acquisition of Macedou by Anti- gonos Gonatas in 27()/5.

Entscheidung in Makedonien schon f/cfallcn gewesen sein. That depends, it sceuis to me, upon a Kcneral conception of Atliens' position under Demetrius iu '21i3/2ff., whicli I believe to l)e unt'ouuded iiud ermneous. Atliens was not proue to hang baclv tili the danger was past. Slie was at all tiiues too consrious of her past greatness and present asjuratiuns to lie a ihitifiil, or even pruilent, slave. Certainly she played no such röle in the thinl Century.

1) Plutarch, Demetrius XIJI.

2) Relocli, (kriech. Gesell. 111 1, p. ■-'oi!. Helncli lias raiscil many of the prnhlcHis wliirh i liavc atlenipteil to solve in this |)aper. The original Suggestion, lioweve)-, cauie to nie froui Eduard Meyer, wlio, writiiig to nie, said: „Feh glaube übrigens, daß in der Zeit nach Ipsos in ganz iUinlicher Weise (as iu 103/:2ff.; cf. Bcitriiije IV, p. 1 ff.) eine aristokratische Verfassung bestanden hat, die sowohl in einzelnen Ämtern wie in der äußeren Politik hervortritt (daher wurde auch Demochares nicht ziiiückberufen) und die .schließlich iu der Tyianuis des Lachares endete."

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180

Nachwort

von Eduard Meyer.

Da der Verfasser des vorstehenden Aufsatzes in seiner SrlilnßheinerkunR' ansdriicklich auf mich Bezug nimmt. erlaul)e ich mir, seinen eimhingenden und scharfsinnigen Ausfiiiirnngen ein kurzes Nachwort beizufügen.

Ferguson liat die Belege für das Bestehen einer konservativen Ver- fassung und Regierung in Athen in den Jahren 301 2!1(i und die Stellung der einzelnen Persönlichkeiten zu derselben in einer Vollständigkeit zusammen- gestellt und gedeutet, die weit über das von mir bei gelegentlichen An- lässen seit langer Zeit (1H',)0) gesammelte Material hinausgeht. Mir ist diese Einführung einer gemäßigten Demokratie denn so wird man die damalige Staatsordnung wohl am besten bezeichnen dürfen') immer von besonderem Interesse gewesen. Denn sie ist ein Versuch, das Programm in vollem Umfang zu verwirklichen, welches im J. 355 Isokrates und Xenophon in ihren Broschüren aufgestellt haben, welches Staatsmännern wie Eubulos, Aeschines, Phokion vorschwebte, und welches im Grunde schon das Ziel der Gemäßigten unter den Anhängern der Reactionen von 411 und 404 gewesen ist. Dieses Programm lautet: gemäßigte (konser- vative, aristokratische) Verfassung im Innern und l''riedenspolitik nach außen, unter Verzicht auf die Beteiligung an den Welthändeln, aber unter Wahrung der Unabhängigkeit Athens. Bisher hatte sich das Programm nie vollständig verwirklichen lassen: Eubulos hatte zwar die Friedens- politik inauguriert, aber aus dem Krieg mit Philipp konnte er nicht her- auskommen, und wenn er auch durch Einfühi'ung des selbständigen P'inanz- amts dem Staat einen festeren Halt gab, so war doch an eine Verfassungs- änderung gerade unter ihm nicht zu denken; die Oligarchie von 322 und die Herrschaft des Demetrios von Phaleron aber brachten dem Staate zwar

1) Ferguson braucht ilurchwcK das Sclda^wort Oligardiie, vor dessen Be- nutzuug wir uns möglichst hüten sollteu. Daß die Verfassung von 301 nicht eigentlich oligarchiscji war, sclieint mir klar zu sein; daher erklärt es sich sehr einfach, daß die nach dem Sturz des Demetiios von Plialerou Verbannten nicht wieder /.iiiückgeiul'en wurden, so wenig wie Üemochares.

1

Eihidril Mri/rr. Xiiclniur/. 18]

VorfassmiKsSiidoninf;' und I-"ri(Mlen, aber zuRloicli dio iiiiveiluillto Frcnid- hcrrscliaft. Nacli dor Schlaclit l)ei Ipsos dagcf^on f^ostaltotc sicli die Weltlage so. dali das volle Ziel erreicliliar schien: und zngieifli Iiatten die beiden extremen Parteien, die vorher abwechselnd das Regiment geführt hatten, vollständig ai)gc\virtschattet. Daß Athen aus freien Stücken nicht wieder eine Oligarchie einrichten konnte, verstand sich von selbst: die extreme Demokratie ai)er hatte sich unter Stratoklcs' Leitung zum will- fährigen Werkzeug der schlimmsten Zuchtlosigkeit und Tyrannei er- niedrigt und dadurch um allen Kredit gebracht. So ist es begreiflich, daß in einem Moment, wo Athen wirklich einen freien Entschluß fassen konnte, die Gemäßigten ein Ansehen gewannen wie nie zuvor.

Die Beschränkungen der radikalen Institutionen, welche sich ans den Inschriften dieser Zeit erkennen lassen, hat Ferguson zusammengestellt; daß andere und vielleicht einschneidendere Maßregeln daneben standen, ist kaum zweifelhaft. Nach außen konnte das Programm nur sein, mit allen Machthabern Frieden zu halten und jede Beteiligung an ihren Händeln abzu- lehnen. Eben deshalb konnten die jetzigen Staatsleiter den Deinochares niclit brauchen; denn dieser war zwar ein ehrlicher Mann und als solcher dem Stra- tokies und Demetrios entgegengetreten und von ihnen ins Exil geschickt, aber er war in der inneren wie in der äußeren Politik der Erbe des Demosthenes, der die Schlagworte der radikalen Demokratie und ihre Großmachtsträunie nicht fahren lassen konnte. ') Die äußere Politik der neuen Regierung ist in der Ankündigung au Demetrios enthalten. ..der Demos hal)o be- schlossen, fortan keinen der Könige in die Stadt aufzimehmen" (Plut. Dem. 30). Jede Feindseligkeit gegen Demetrios wurde vermieden; man geleitete seine Gemahlin Deidamia ehrenvoll nach Mcgara und sandte ihm seine Schiffe: und die ihm zugebilligten Ehren, welche sich mit der re- publikanischen Ordnung vertrugen (wie die Phylen Antigonis und Demetrias), wurden nicht augetastet. Aber ebenso trat man mit seinem Hanptgegner Kassander in freundschaftliche Beziehungen tClÄ. II 298). und vor allem mit dem entfernteren und daher für Athen von allen Machthabern am wenigsten gefährlichen Lysimachos; der Komiker Philippides, der schon vor 301 als Gegner des Stratokies Athen verlassen hatte und an seinen Hof gegangen war, erscheint hier geradezu als Agent Athens {CIA. II 314 = DS.- 197, vgl. Plut. Dem. 12. 2ß). Lysimachos war umsomehr bereit, die Unabhängigkeit Athens zu fördern, da er nicht nur von Demetrios bekriegt wurde (Plut. Dem. 31) zwischen beiden bestand bekanntlich ein scharfer persönlicher Gegensatz: Demetrios trug seine A^erachtung gegen Lysimachos bei jeder Gelegenheit zur Schau, was dieser mit er- bittertem Haß vergalt , sondern auch sein Verhältnis zu den übrigen

1) Das zeigen deutlich seiue Äußerungen über Demetrios von Pluileron, die

1,S2 Eihunil Miijii-,

Königen gerade jetzt recht gespannt war'); denn die Koalition von ;^02 war nach dem Siege üi)er Antigonos sofort auseinander gefallen.

Wie eigenartig sich nun die Dinge entwickelt haben, ist bekannt. Lysi- niachos suclil Halt bei Ptolemacos: er scheidet sich von Amastris und lieiratet Ptolemaeos' Tocliter Arsinoe. Das veranlaßt den Seleukos, der mit I^tiilemaeos über den Hesitz des siidliciien Syriens zerfallen ist, sich Demetrios zu nähern: er lädt ihn zu sich und wirbt um seine Tochter Stratonike. Beide Herrscher kamen, nachdem Demetrios unterwegs Kilikien dem Pleistarchos entrissen hat, in Ehossos zusammen (299). Aber vor einem neuen großen Kriege, der unmittelbar bevorzustehen schien, trug doch jeder der Machthaber Scheu, und nicht am wenigsten Seleukos. So führt er seine junge Gemahlin in seine neue Hauptstadt Aiitiochia, und vermittelt jetzt zwischen Ptolemaeos und Demetrios. wäiircnd dessen Hauptgemahlin Phila zu ihrem Bruder Kassander gesandt wird, um auch hier die Ver- söhnung und vor allem die Duldung der Verch'ängung Pleistarchs aus Kilikien herbeizuführen. Die Verlobung des Demetrios mit Ptolemaeos' Tochter Ptolcmais-) und die Entsendung des Pyrrhos als Vertreter des Demetrios an den Hof von Alexandria besiegelt den allgemeinen Frieden (etwa 298), durch den Demetrios als Mitglied des makedonischen Staaten- systems anerkannt wird und sich einstweilen im Besitz der noch behaupteten ansehnlichen Reste des Reichs seines Vaters einigermaßen gesichert fühlen kann.'')

Alsbald zeigte sich, welche Gedanken Seleukos bei seineu Friedens- verhandlungen geleitet hatten: er hatte sich nach allen Seiten den Rücken decken wollen, und forderte i(>tzt von seinem Schwiegervater die Abtretung

I) ö (ff Avaiitcr/o^ vjih riüc (i/./.ojy iiiditluor i/fitltlio (l^ei (U'ii Sceaiigriffen des Demetrios im J. 300), /n/rUr ^Jitfixiothnoi tiffi'vor (mv .Ji/iit/zoinr) :^oxmy tit-id. T([> ith jiäU.ov la/veiv xn) (/ oße^xoTtiiog Plut. Demetr. 31.

■J) Vollzogen ist die Ehe freilich erst viel später, 287, G, unter ganz veränderten Umsländeu (Plut. Dem. 4(5).

3) In den ersten Anfang dieser Verhandlungen muß die in Neapel zum Vorschein gekommene Weiliiuschrit't einer Statue der Ar.siuoe CIO. bl'Jb, Ditten- berger Or.gr. 14 stanuneu: lidai/.tfioar'Ajjatröiiy ßc.aü.k»^ nTi>'/.i-/irti'or xnl ßaaü.iijoij; B(Qtrlx)ji ^TQcaovIxtj ßaaOJwg J/y,«)^r()/')i-. Sie ist sicher älter als Stratonikes Vermählung mit Seleukos (so richtig Dittenberger). Wenn auch Arsinoe als ägyptische Prinzessin schon den Titel ßaul/.intjc geführt haben mag, wie Ditten- berger mit Berufung auf die allerdings wohl ein paar Jahrzehnte jüngere milesische Inschrift für ihre Schwester Philotera (Or. gr. inscr. 35) annimmt, so ist doch liöchst unwahrscheinlich, daß Stratonike, die doch nur im Auftrag ihres V'aters gehandelt haben kann, dem jungeu Mädcheu eine derartige Huldigung dargebracht hat, zumal in einer Zeit, wo Demetrios und Ptolemaeos noch im Kriege miteinander lagen. Bedeutung gewinnt Arsinoe erst durcli ihre Heirat mit Lysimachos; so glaube ich, daß die Weihung der Statue in die Zeit fällt, wo Demetrios seine Tochter zu Seleukos brachte, aber zugleich erkenueu lassen wollte, daß er zu einem Abkommen mit Ptolemaeos bereit sei. Arsinoes Gemahl Lysimachos ist alsdanu mit Absicht uiclit genannt.

Xdcliicüif. 183

der Kiistonlaiulschaftcn Kilikicii und Plioeiiikic-n. die or allcnliiif;« fi'ir die Iclicnskräftise Ausgcstaltun;;- seines Reichs nicht entlfchren lioiinte. Die daraus erwachsenen Zerwürfnisse brauchen wir niclit zu verfoli^en; (his Ergebnis war, daß Demetrios, offenbar veranlaLU (hircli die Kuiuie von der Erkrankuuf;- oder dem Tode Kassanders (Krülijaiir 2!Ui), den hoffnunf^s- loscu Krieg Im Orient aufgab und sich aufs lu-ue auf (iriechenland warf. Da zeigte sich sofort, daß der Entschluß Atliens, neutral zu l)leil)en, nur darum vier Jalire lang hatte durchgeführt werden können, weil momeulan kt'ine der großen Mächte ein Interesse gehabt hatte, es anzugreifen. Die Hoffnung auf die Hülfe der Neutralen erfüllte sich nicht. Kassander hatte der bisherigen Regierung seine Unterstützung gewährt'): aber er war tot und seine Nachfolger gänzlich unfähig. Lysiuiachos warf sich ebenso wie Seleukos und Ptolcmaeos auf Demetrios' asiatische Besitzungen, hatte aber eben darum umsoweniger Anlaß, ein Heer luicli Griechenland zu senden; und die Flotte des Ptolemaeos, die bei Aegina erschien, mußte vor Demetrios' weit stärkerer Seemacht ohne Kampf weichen. So kam es zum Verzweiflungskanipf zugleich für die Freiheit und für die gemäßigte Verfassung Athens. Daß die radikalen Demokraten, die alten Anhänger des Demetrios, Versuche machten, die bestehende Regierung zu stürzen, daß die Zügel des Regiments straffer angezogen werden nuißten und Lacliares zu Anfang 295 eine diktatorische Gewalt übernahm daher nennen ihn seine Gegner Tyrann , war imvermeidlich, ebenso daß er, wie die Vorfahren 406, die Tempelschätzc einschmelzen ließ. Retten konnte er Athen niclit; als die Flotte des Ptolemaeos abfuhr, entfloh er zunächst nach Theben, dann an den Hof des Lysimachos; die aus- gehungerte Stadt aber öffnete dem Sieger die Tore.

1) So wird e.s /u erklären .sein, daß nacli Pausan. 1 2.'), 7 Kas.sander den I.acliare.s, 7ii>in,n)ii<ota li txetvo tih' iU/i-wv, an.stiftet, sicli /.inu Tyiaunen zu iiiaelien. Ich kann ülirigens die Äußerung des Pausauias niclit für ,so verkehrt halten wie Ferguson: denn ofliziell regiert der Demos auch unter der Verfassung von 301, nur in etwas veränderten Formen, und wenn Lacliares in diesen Jahren der leitende Staatsmann war, so war er eben nixiarhrin tov diniov. Daß Pausanias selbst diese Worte als , Führer der Demokratie" verstanden hat, ist allerdings kaum zu bezweifeln.

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Das Hochfest des Zeus in Olympia.

Von Ludwig Wolliger.

III. Der Gottesfriede.')

1. Iphitos. Iphitos von Elis, Kleostlienes von Pisa und [^ykuifjos von Lakedainion. von dem Streben geleitet, Frieden und Eintraclit unter den Ycilkern herzustellen, beschlossen, die in Vergessenheit geratene olympische Pan- egyris auf die alten Bräuche zurückzuführen und einen olympischen Wettkampf zu veranstalten. Der delphische (lott erklärte sich einverstanden und fügte die Anordnung hinzu, daß denjenigen Städten, welche an dem Wettkampfe teilnehmen wollton. ein Gottesfriede angemeldet werden sollte. Dies wurde rings in Griechenland verkündet. Auch ließ man für die Hellanodiken auf einer runden Scheibe die Urkunde aufzeichnen, welche die Vereinbarung über die Olympienfeier enthielt. So Phlegon (FHGAU l). 60S': ^/fnuroyo; df, o ^/((xtdaiiiortnc^ . . xai "/i/noc o A'/iudvo^, w< Se er/o/, Uoa'^onidoi', erog tmv uijo Hinc/./JoiK-, ll/.fJo.-^ y.al K/.€on!te'rijg u h?.6orixov. fletaüniC, ßuv/.öiieroi f]c ö invoiav ymi floi'rr^v to 7tX?^!}o: cii'iJig CiTxOKttTumijaaL. xvr rs Tiavtjyvoir i iv '0?.i'ii:iiy.i.v ^yrtuactv äväyeiv fic TU ttQxaTa lo,«///« y.al dyJiva yvfivtxöv iniitXeoaf atilloviai di^ eig Jthfoic Xor^aofurot. raj Otm, t'i atfixStv ovrenaiveT ravra nniiaw, h 6e l^ehg äimvov, stp^i, kaealhd noioiiffiv xca TTQoaeiu^er ryexfiQiuv dyytlXai ruTg Trö/.eai TcJc ßov/.oiie'raig jieie'xfti' toi dyulrog. u)V :TfQiayye/.0 er rwv yurä r!r 'EXhidit y.iU^ö diaxog f'/odtf)^ roTg ' E?./.(ivo(^ixaic, xaO^ ov edei tu 'O'/.vi-tTtia äytiv.-)

1) ,1. Die Orduuii;; der .\gnne', s. die.se Bcifräijc Li IV S. \>h- \')\\ ,11. Olym- pisclie Zcitennrduuiig'. ebd. Bd. V S. I— 38.

•2) Au.« derselben olyiDpisclieii Quelb", alier abgelvürzt, fließt Sobol. Plal. Eesp. 4i'.5I). .\uch Paii.s. 5, 4,.") staiiniit eben dalier: /,•><»'<'.' i^e larepoi- "/y (ro,\ yn-o^ fdv («>• ano OSi/.ov, tf/.txU'.v 61 y.c.xa Avxnxnyov xltv yQavarxa Aaxeiiainovioii roii yii/iioii, loy ctywvn 6it'it>jyn- hv 'O'/.vuTiir:. :inrliyro'n- Tt'0/.i\U7tixlif c.i'&i; r-^ cin/tj^ xa'i ixtydQiav xaztaTr/aazo, i'i^/.iniiyrc kti /('oyny. uniiiioi dij ovzoz t]y . . ru> 6h l(ftxio, ifihiiiouiyii.; xiixt dq iicc/ji!X(c ri]," 'E).).(\6oi inn i'irft/.iMy iixäutwy xn'i iTii) yianv

6(5

Ludw'uj Weniger, Das Hochfest des Zeus in Olyiiipiti. l«ö

Das war der heriilimtc Diskos des Tpliitos. der nocli zu l'ausanias' Zeit als Reli(iuiciistii('k im uiympisclieii Heiiiioii aiifhewahrt wurde, eine eherne Scheibe mit kreisförmiger Scluift in altertiiinliciien Buchstai^en: vgl. Paus. 5, 20, l: ö Se rov 'I(^itov dlaxoi rrjv r/.exf'Qidv, ',>' fi'"' toTc W.v/^inioii enctyyr/J.ovdiv 'H/.sloi, raiTtjv ovy. fc svi>v yeYQai.ifterrjy, d/.?.ä ig y.vy./.ov ö^yia negCsLaiv cm Tu) öiC/jo tu YQÜ^i/^tata. Dort konnte jeder Besucher des Heiligtums die uralte Festsetzung über die Ekecheiria des olympischen Zeus mit eigenen Augen lesen. Aristoteles hat dies getan und berief sich auf den Diskos: der Name des Lykurgos war damals noch zu entziffern: Plut. Li/r. 1: ol fiev yäg 'lifhm avyu/.i.iü(Sui xca awSia- Osirai riv O/.v/iTnax^^v fxf;(f(gtrtr ).iyovair avTiiv, k>v idn vxä '.Ifjtdroie'hjg, 0 <fii).6(SO(fog, T£x/.nJQiov nQOdijiSQiov rör 'O/.vftniaai Siaxor, er (o roüvo/ia Toii yivy.ovQyov Staaiot^sxai xaiayEyQamiEvov.^)

In der Vorhalle des Zeustempels, neben der ehernen Eingangsttire zum Pronaos vor der Säule rechter Hand, stand ein Gruppenbild mit elegischer Inschrift, das Iphitos, wie ihn die Frauengestalt der Ekecheiria bekränzt, darstellte. Es war ein Werk des Glaukos von Argos; neben anderen Gruppen hatte ilikythos. der Schatzmeister des Tyrannen Anaxilas von Rhegion. nach Olympias 80 i4iiO v. C.) auch diese gestiftet.^)

Den Hellenen erschien Lykurgos wichtiger als Iphitos. Ihm wird bei Herakleides die Allen zu gute kommende AVohltat der Ekeclieirieii über- haupt zugeschrieben. Bei Plutarch wird die Einrichtung der olympiseheii auf seine milde und friedliebende Denkweise zurückgeführt: nach Andern bedurfte es erst einer göttlichen Anregung, ehe er sich mit Iphitos zu gemeinsamem Werke verband.-') In der olympischen Überlieferung gilt Iphitos als der eigentliche Erfiiuler. der seinerseits auf die ältere Weihe seines Landes und Volkes an den Zeus von Olympia Bezug nahm. Wenn bei Athcnaios (14. (i3,')i ausg(>sprochen wird, daß nach allgemein ver- breiteter Ansiciit Lykurgos und Iphitos zusammen die erste gezählte

J.eiuwSoii;, t:iij/.{t(r ((ht/aai tiiv i'r le'.ifoT^ Iti-iiy '/.iair nur i^axiov' na] o\ 7x0015- Ttc/JUlvul (fttoir vnl) ri/.; lliiHi.:^ w^ clziiy re 'lifnov <'it(ii yiü H'/.fiox.; ror O/.ricxixuy uyüiru L(rHrti.uouaitui.

1) Der iu Olympia aufgefmuli'ue Brniizedi.skos mit tiisclirit't (Olympia V, D. 240. 241), auf tiem Wiilmun;,' mit Datieniiig Ol. 2.')5 auf der einen Seite, auf der anderen aber ^Vidraung mit Datierung 01.4,5.") zu lesen ist. wird wulil line Nachahmung des berühmten DLskos des Iphitos vorstellen sollen.

■2)?.:), 10,10. 26, 2f. Hdt. 7, 170. Diod. 11,48. i\C.. Die Inschriften des Bathron der andern Grup])en s. Olympia V, n. 2G7. 2G8: das höchst wahrscheinlich zugehörige Fundament steht auf dem Bauschutte des Zeustenipels, wurde also nach Ol. 80 gelegt.

3) Heracl. Pont, in der Politie der Lakedaimonier, FHG. II p. GIO: (.Jivforyyo?) . . . x((i xoivbv äyititov tag tae/eiiiidi; xaitanjae. Neben der olym|)ischen scheint die pythische gemeint zu sein: 0. Müller, Dor. 1. i:3S, 4 i'liitaich. Lycioy. 2;5.

67

186 Liiihvig Wot/cjrr.

Olyinpicnfeier veranstaltet hätten'), so wird damit beider Lebenszeit um Ol. 1 (776 V. C.) angesetzt: denn erst mit dem Siege des Koroibos im Stadion hat nach der geltenden Ansicht die Zählung der Olympiaden begonnen. Anders urteilen von der Lebenszeit des Iphitos die großen Chronologen des Altertums. Bei näherer Prüfung ergibt sich nämlich, daß eine doppelte Überlieferung über Iphitos und die Einführung der Ekecheiria bestanden hat. Die eine vertritt die eben angeführte Auffassung, die Iphitos als Zeitgenossen des Koroibos betrachtet: nach der andern soll er 27 Olympiaden vorher gelebt haben. Es lohnt sich, auf den Gegenstand näher einzugehen.

Der ersten Ansicht schließt sicli Pausanias an: unverkennbar besonders 8. 2(). 3f. : 'H/Mot 6e tÖv fioQoifiov ruißov <faal li.r X"J(?<fi' O'floiv oqli^siv. iW'ixa de xov aymm tot 'OXviittixov ex'/.inovra im xoövov noXvv drfvewaaw "lifiioc xcti aviitg «QXV? 'Olviima l'jayov, tote ÜQOfiov ocpiatv uifÄa cit!)-)j /lurov xal 6 Köooißoc fn'x>^crf xal eanv eniyQai-ifia im tw firrj/iaii, (üC 'OlvftniaOiv 6 Koqoißoc iviy.rjCev uvU^Qoimov ttq^ötoc, xal oti Ty~c 'HkiicK im rol Tteoari o na/o: uirnö nenoiiirca. Aber auch der Bericht ö, 8, 5 steht damit im Einklänge: Meiu dt"()^vlnv Si&lhjxe ytiQ jijv . üywvct xal "O^i'/Os iistci roriov ßaai'/.evauvta e^f/.inev cixQi 'I(/iinv 'OXi'iimu. 'IffLToi' ÖS Tor ((ymvn ävavsmrscqierov y.arc) tu IjSrj fioi }.s?.eyfiera (5, 4, 5. mitgeteilt oben S. 184 Anm. 2) toTc ävi^oumoic eu t'nTQxs nvv (tQ-xctiMV hyj)j y.al y.ar oXiyov sc vn6{ivr^aiv i'iqxovTO «i'jujv, xal onöre ii dvufivriai)s7sv, ijroiovvto to7 uymn 7Tooa!h'^x)iV Si^mv St'' ii oi' yiig ro awsxsi inTc nvi'jtau im tmc oXfitmaaiv iml., äoöiiov fitv uiyXa eretfr] ngiörov xal 'Hke'oi Küqoi ßnc irixa. Kurz vorher (5. 7, 6) sind 'W.s'wv ol lu Kyx("öi(/r« iirr^iiorsrorTei als (^luelle genannt. Anf die nämliche Quelle mochte auch der Bericht des Phlegon von Tralles zurückzuführen sein, der, im Widerspruche mit einem einzigen Satze zu Anfange der Darstellung. den König Iphitos in der 6. Olympiade nach Delphi gehen läßt, um wegen Einführung der Bekränzung anzufragen, F HO. lU p. 604: Kai idxsqSTO iitv nvSslz snl ttsvts 'Olviirndda:' Tf] dt sxrij sSn'^ev avrou l^tavTSvaaoi)ai, si arsiiiiara TTSüit}(7)(ji, mZi vixwtti, xal nsßTiovni tÖv ßaöilea "[(fiTov sli itfov. 'O i)e O^so: s<fii rdSs' ."Icftrs, ntjXsiov xaoirov jti») Orjc im vixii, dü.u Tov äyoiov ('ii(finl)si xau^riöd)] slaior, og vvv äiufSXSTai XsnittTcsiv i'(p(t(r/iaa aQcixvtjC.' UaQaysvfinsvoc ovv eic ri^v 'Okvfiniav noXhZv iv Tiy rsfisvsi xonvwv örtwv suomv svu TTSQiSxöfisvov dQaxrioig Tisoiioy.odö- /ujffei' aiiröv, xal toTc vixwmv ix totnov fJdS-jj o tfrt'f/ftroc. TTOwrog 6' eats- <f!ttvu)i)r] .-iaixlic Medai-riOi' rtj sßSöfirj 'Olv^imäSi drdäiov iriy.a. Der Bericlit des Phlegon liekundet eine sehr genaue Kenntnis olympischer Verhältnisse und scheint auf die Überlieferung der laniiden zurück-

1) (Avxor()yiii), (',; i'.ti) .T(';rr(vr in itc/ mruj^ 'irSTOiieTKd «fr« Tor Iiflrov rov 'H/.iiov Ttv nitdiTij)- r.niitinjittJijc.r n'iv ö/.viinuiiy ih'niv dial}eTrr!i.

08

Das Hochfest des Zeus in Oli/inpia. 187

zuf^ehen.') Ferner liegt dieselbe Anscliamuii;. welclie Ipliitos und Koroibos als gleiehzeitig auffaßt, der Notiz dos Eusel)i(js, t XonvoYgacfeToy avvroi^iov, Appendix IV p. (34 bei Sclioene) zu Grunde: "//(.»Jfozo de al okvftmc'cSsg cJ' 7(j) Sifr/J ETfi dno Tt~g Toij stößfiov SrifitovQYiac' rv ij atdSiuv Köooißog 'H/.sTo; h'ixr^atr. ayoiißi Si 'H/.sToi neriaeTriQixdv üyiöra reffaäowv rioiv ncra'^i (Si'rie?.ov!^ttrmV iv äs Toi'ioig üy/ovrec eriavaioi y.a'Jiciaviai. leff- ffagsi;' iaiT)^r Sa räOstxev " Hq maiuc l/oa^iovidov Äinwrog. uno 6e lovrov TOt xqÖyov ntc E/.h\rmv Xüoroyocufiac dxoißiiic TSTevxe'vitt doxsT' iu yao 7TQ() Turiwv mg fxudun (jikov i'v dnE(fi[vuvTo. Natürlich ist unter Hepliaistos kein Anderer als Ipliitos gemeint: dies bekunden die Namen des Vaters und Großvaters.'^) Was von Africanus bei Eusebios (Chron. I p. 194 Schoene) berichtet wird, steht mit der gedachten Überlieferung wenigstens nicht in Widerspruch: Toi'iov x'iuiv "Itfirog xuTt'yyale tiv sxtxtiQiav [f7r!, m'j '^fiSQinv rgon).: mglat}«! vnb Hqax'/.tovg' xai x^^Q^'s a?.}.iy.oig ovxeii fnecfSQor]'^] xa) rör äycöva cnexe/.effe tfri' ^/vxoi'gym toj AiixsSynnorlni avyyevel rry/dvorn' ditfpoTSQOi yao d(p' "^ HQu/JJovg. -/mI Tore /(öl Ol' / r (TTudiov 6 dyo'iv. vdTfoor öe üXXa c<i)/.u y.uiä fisgog ngoßersDij. Die vorhergehende Bemerkung bei Africanus a. 0. 19'2: (ot öi- yereäg is/.elug rgeTg <fa(ftv}^) f/i! "Iqnov löv drareo)(!dj.isrov wv dywva. roriov ydg ' HXtTov övra y.cd ngovoovf^ievov n^g 'E'/J.däog usw., stimmt zum größten Teile mit Phlegon FHG. 111 p. ii(i4 iii)erein und fließt aus derselben olympischen Quelle.

Der durch die vorstehenden Zeugnisse bestätigten ersten Überlieferung, welche wir als die olympische Vulgata zu bezeichnen wagen, die den Ipliitos zum Zeitgenossen des Koniiiios macht und die Stiftung seiner Ekecheiria der ersten gezählten 01ymi)iade v. 77(i gleichsetzt, steht nun, wie wir sahen. die. von den großen Chrunologen allgemein angenommene, zweite gegen- über, nach welcher Ipliitos im Vereine mit Lykurgos die Ekecheiria 27 oder 28 Olympiaden vor der gezählten ersten von 776 v. C. gestiftet habe.

Dies steht zunächst am Anfange der Darstellung des Phlegon FHO. III, G()3: Meid fhTaov yui Ilt'/.ona tn dt ' Hguy/.t'u, loi'g ngwioiig ii)v ttuvi'jvuiv xtd lov üyiuva lor 'O/.viimxör evcir)^(i(iit£rovg, ryj.einoricov toJv Us'/.onovri^aUov

1) Vgl- Weniger, Der heiHije Ölhaum in OJijmiiia, Weimar 189j S. 2. In dem raerkwüidigen Urastaiule, daß bei Phlegou Oxylos totgeschwiegen wiicl Pausa- nias schiebt ilin in eüier luichliiiikenden Parenthese selbständig ein gibt sicli die pisatische Tendenz zu erkennen, weh'lie die lainiden vertraten.

2) P. ä, 4, 5. ß. Pillegon oben S. 184. Der Name wird aucli soust verändert, z. B. "iVffOs in einem Scholion des lo. Tzetzes zu den Poslhomerica v. 70:ü, unten S. 21-2; E'i,f,Toi in Inschriften CIG. 3, 4248. 4, 7011. Ol V u. 475. Vgl. meinen Artikel Ipliitos iu Roscliers Lexikon. 3) Über die Lesart s. unten S. -'13

4) Cbeiliefert ist ol rft rccg re/.eiac tQeig (fciotr; die annenisdie Übersetzung lateiniscli v. II. Peterniann: ,At vero qnidam ires omnino iliciinl (fuisse) yenerationcs nsqve ad Iplntum' . A. v. Gutsclimit! schreibt (ol tl' joyr«; rfÄfiag rtieT^ i/ctatr) tni "liftxov XT>.. Die ilrei Gescldecliter wenlcn von Oxylos ab zu reiliueii sein.

69

188 J, 11(1 H- ig Wmigi'r.

rrjv !}QrjC!x£iav X?o'''i' ■'^"'' (*'*•' *"' «'TÖ 'Iqitov 'OXv/ini aSeg 6xT(» ngoc roTc slxodi, xaragi t} fiovviat fic KoQOiäov ror 'HXtlor) y.iä c'(fie}^rj0c(yT(i)v ruv «ytüroc atudic frtartj y.uu'i r)]r rieluruwr^cov. Dann folgt (las oben S. ISi; Anscfiilnte. F,in Widerspnidi zn der dann folgenden Darstellung- Plilegons liegt nun darin, daß Iphitos in der (j. gezählten Olym- piade den delphisclien Gott zu Rate zieht. Das wäre also 136 Jahre später: denn soviel machen 28 -\- (! Olympiaden aus. Die Aushilfe, einen zweiten Iphitos dafür anzunehmen, ist ebenso bedenklich, wie der zweite Lykurg des Timaios bei Plutarch (Lyi: I). Es scheint, daß die Worte ,f(t: Ol' (f/To Iqiiov OXvfiuidSbc oxiiö tiqoc xcüi tixoGi xaraoi,!) ^loiivtai fic Köooißov ri)v 'flA€7ov\ von Phlegon selbst gedankenlos aus anderer Quelle eingeschoben sind; löst man sie heraus, so ist gegen die übrige Dar- stellung niclits einzuwenden. Das Hauptzeugnis für die zweite Über- lieferung steht bei Africanus im ersten Buche der Chronik des Eusebios (p. 11*4 Seh.): 'IßTOQOvcii 6e ot neo) 'JqkjtÖSijiov rov 'Hkelor, lüc an^ iJxoarijg y.al eßdofiij; 'OXv/tmuSo: . . . ("yjano ot difX.rjial nruy^itxtfeoUut, 0(701 Örf/.nSi'^ vixotföooi' jtqo toi' y^Q oi'6tlg urtYQÖffij, ((/(fAjjffai'Tcur zo'iv jiQouQov T{j (Jf eixodifj nySotj x6 dutdiov vixüiv Kögoißoc 'H'/.eioc (ivfYQ(i(/tj TTQ(ÜTog' xal y; O/.vitniäg aurtj ttqlut)] emx'hj' äcf /;c "£AA>^rec u^)lt^|loval ToiK xqÖvovc. Trt de ainc) njT 'AoidioSiiiun xm IloXvßioc luioQti.') Ka/./.i/^iaxo; de äExnrQeTc 'OXA'fimüäag äno 'Iqixov naQETa'Jai (fr^ai /n) uvityQutfsiöui' Tr'i de readuQeOxaidexutiß KÖQoißov rixi](7ai.'^} Hierzu stimmt die Berechnung des Eratosthenes bei Clemens (Str. 1 p. 402 P.): 'Egaioaderrjc de toic xQovovg o>de di'ciyQMfer uno /.lev Tgoiag dXnJcfeiog enl HgaxXeidcör xdüodov ttr^ öydoi^xomt, rrrerUev de em j7;v rnnyOTnav itjv yivxovijyov errj exaror nevn'xovra rvvea, rnl de [lo] nootiYoi'itevov eroc nör nQunujv ö/.i'/(;Tkui' t'nj exiciöv öxid). Die lOS Jahre von Lykuigos (dem Genossen des Iplntos) bis Ol. 1 (77(1 v. C.) bedeuten 27 pentae- terische Olympiaden. Den gleichen Ansatz, lOS Jahre von Lykurg l)is Ol. 1, gibt auch ApoUodoros bei Ensebios C'ltron. I p. 1 '.»().

Man erkennt also, daß der Ansetzung des Iphitos um Ol. 1 (776 v. C.) eine zweite, welche ihn 27 oder 28 Olympiaden früher leben läßt, gegenüber- stand. Dieses Gegensatzes der Anschauungen gedenkt auch bereits Plu- tarch in den ersten Worten seiner Biographie des Lykurg: ijxiorn de ol XQovoi, xai}' ovg yeyovev 6 uvijq, oßoXoyovvmi. ot /ifr ydtQ 'I(fiTco ai>v- raxfiaacu xai awäia^elvai li^v 'OXvi.tmaxrjy cxsxeiQiav /.eyoixyiv aiirov, u)v ian y.ca 'Ayidiore'hjg 6 yiAöffof/oc, Texfiroiov TUJoßipeqmv iiiv 'Oiviimucti didxov, (i' (II rovro/ta rov .'ivy.ovij)ov diaa<öl^eTM xarayey^anfieYoV ot de taig äittdoxcüg lon' cv ^nüqtt] ßeßadiXevxorwv ('(vuXeyöi^tevoi jöv xa'^*'"'*'j

1) Dieser Polybio.s war der ah sliidiis de.s Kaiser.s Clainlitis; UcUer, S. Julius Africanus II, 9G, I.

2) Vgl. Gel/er a. 0. I. IClf.. II. 79f. Das.selbe ^ibt SynUellus ji. 190.

70

D((s HocJift'sf des Zeus in Dhjuipia. 189

wGnfQ 'EoaroöOevrig y.a'i 'Ano'/J.öämQitQ, dvx öh'yoii; ereai nQiOßvxEQov uno- (/airovai, trjc ttoojtjjc 'OXitfiniadoi.

Kino Entsclieiduiif^' zwischen den i)ei(len Meinunj^en iilicr die Zeit des lldiitos zu treffen, ist nicht gut möglich. Beide sind gleicii wertlos insofern, als sie in vorgeschichtlicher Zeit bestimmte Zahlen anzugeben wagen. Man hat nur die Wahl, ob Iphitos und seine Ekecheiria, allgemein gefaßt, einer beträchtlich älteren Zeit angehört, oder ob er an den Anfang der gemeinhin als geschichtlich geltenden Olynipieiireiho gesetzt werden nniß. die das Altertum mit dem Stadionsiege des Koroibos einleitet. In diesem Sinn ist gegen die Nachricht, daß bereits ein Jahrhundert vor der ersten gezählten Olympiade von 77(1 v. C. ein Hochfest in Olympia gefeiert wurde, dem die heilige Stiftung eines Gottesfriedens höhere Weihe verlieh, kaum etwas einzuwenden.

Die i\ngabe des Kalliniachos bei Africanus oben S. 188, daß zwischen Iphitos und Koroibos 13 Olympiaden gelegen haben, läuft auf dasselbe hinaus. Schon Otfried Jlüller hat erkannt {Dor. 2, 483), daß die 14. Olym- piade des Kalliniachos nicht zufällig die '28. des Aristodemos und l'olybios ausmacht: sie bedeutet Zählung nach Ennaeteriden. Offenbar ist die Kunst der Ausgleichung zwischen Sonnen- und Mondjahr in Olympia früh an- gewandt worden, und dabei war die ungeteilte Ennaeteris das Erste. Die Schaltung in zwei Pentaeteriden ist eine spätere, aus Gründen der Zweck- mäßigkeit in Olympia ersonnene. danach auch von andern Hellenen nach- geahmte. Nenernng. Auch in Delphi ging der. erst von Ol. 41). 3 (582 v. C.) ab nach olympischem Muster durchgeführten, vierjährigen Pythienfeier eine achtjährige voraus.') Demzufolge ist die Angabe des Kalliniachos, die eine ennaeterische Begehung für die Zeit von Iphitos bis Koroibos voraus- setzt, nicht zu unterschätzen. Eine Andeutung davon, daß in olympischer Vorzeit die ungeteilte Schaltung bestanden hat. zunächst allerdings im Zusanunenhange mit dem Dienste der Hera, bietet auch die seltsame Über- liefcnmg. daß acht Jahre nach dem Regierungsantritte des Oxylos die Skiüuntier den Tempel der (iöttin erbaut haben.-)

Darf man annehmen, daß Iphitos Einrichtung mit Einführung der Oktaeteris verbunden war, so erhält man, wie später gezeigt werden soll, den Schlüssel zum Verständnis der olympischen Ekecheiria.

1) Hijpoth. Find. Fijth. p. 298 Boeckll: bitlHTo 61 ö üyiüv x(ac((j/u^ fi'er di« h'racz>j(Ji'tU)c. /itTHni/ iVt f('s' ■jifVTtxintiSi'.. C-eu.soriu. de Die n. 18 Delphis quoque ludi, qiii vocantur Pylhia. jMst mimmi octavmn olini coiificiehantiir. cf. Sciiol. Od. 3, 267. Die drei Emiaeteriden, Septerion, Herois, Charila, Phit. V». Gr. 12, sind ein altertiim- liclier Rest früherer Einrichtung.

2) Paus. 5, IG, 1 /.tyirai (Sc i'.to ' H/.eiwf. tue —xiÄ/.ovfTioi nur t'y rij 'l\iiifivXia TxiiXimv flaiy 0( xiaaaxfic.aä/ieioi töf i-cliy üxrw /-ii'c?.iaTii i'tcaty iarfttov i'j rt/v ßaatXeiav r!/y hv "HliSi ixTiiaitrii 'OSv/.o^. Agaklyto.s b. Siiid. livn'O.iSmv üvai)>jfiii' vabc tz/s Hi>c<Q TKtkc.iln;, itvü\f>iiii'. ^xi'/j.oivxiwr' ovtui 6i fiaiv ' HltUor.

Beiträge z. .liten Geschichte V2. lo

71

190 Liahvig Weniger^

2. 0 1 y m ]) i a il e u z ä li l u u g.

Die Üb erlief ening des Kalliinaclios ist auch in aiulorer Beziehung beachtenswert. Dreizelm Oiyini)ia(leii zu je aclit -Fahren berleutet 104, rund gefaßt, liuiidert Jahre oder thei Mensclienalter. Diese Zahl maclit den Eindruck einer künstlichen Rechnung, welche auf ungefährer Ab- scliätzung beruht.

Aber auch die in der hellenischen Zeitrechnung festgehaltene Über- lieferung, dai) nacli Aiilauf jener, sei es 1)5 achtjährigen oder 27 vicr- jälirigen. Olympiaden ein sonst unbekannter Eleier, eben jener Koroibos '), im Stadionlaufe gesiegt habe, und daß man sich entschloß, von diesem Zeitpunkt an, der dem vorchristlichen Jahre 77ti entsprach, die Sieger aufzuschreiben und fortan die Olympiaden neu zu zäiilen, ist auffallend uiul unverständlich. Offeni)ar ist dazumal eine Neuerung eingeführt worden, die so bedeutend erschien, daß man mit ihr einen Abschnitt in der Ge- schiclite der Spiele gemacht hat. Eine solche Kcuerung wäre die Auf- teilung der achtjährigen in zwei vierjährige Festperioden allerdings ge- wesen. Denn daß von Koroibos an die Olympien alle vier Jahre gefeiert wurden, ist unbestritten. Fraglich bleibt nur. mit welchem Rechte man diese Neuerung auf das Jahr 77(5 v. C. angesetzt hat. ob von da ab alle vier Jahre die Preisträger aufgezeichnet und die Aufzeichnungen so wolil verwahrt wurden, daß man noch Jalirliunderte s[)äter daraufhin die Sieger, zunäclist im Weftlaufc. danach aber aucii in den andern, hinzugekommenen. Kampfspielen olme Unterbr(>ciiung mit iin'em wirklichen Namen augeben und die Olympiaden von jeder späteren ab bis zur ersten, die dem vor- christlichen Jahre 77(> entspracli, zurückzäiden konnte, sodaß dadurch für die hellenische Zeitenordnung dieser älteren Jalirliunderte ein sicherer Anhalt gewonnen wurde, ilit andern Woiteii: ist das erste. Aem vor- cliristlichen Jalire 77(1 entsprechende Olympiadenjahr geschichtlich fest- stehend, oder ist es gleichfalls das Ergebnis einer künstlichen Berechnung, die von einer bewußt gewählten Epoche ausging und von da in runder Zahl zurückgegriffen hat?

Als solcher Ausgangspunkt müßte ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte des Heiligtums und der Feier des Zeus gedient haiien. das unzweifelhaft feststand. Prüft man daraufhin die Vorgänge in Olympia, so kommt von allen Ereignissen geschichtlicher Zeit keines so in Betracht,

1) Athen. 8,382b. xciiroi xiu ö .TytOr»; twv vor o/.rnnif.an- hyi'jv(c urtuhjaa- /ii'i-tof Ii('i(joi^ios h 'H'/.fwi /iiüyeiiios i]r. Danach Enstatli. zu //. J. (;;i7. Die Stelhmg eines ftäyeitJO^ findet sicli unter den olympischen Opferbeainten; (vgl. Ol.X, nA'A, 33. 6ß, 8. 74, 12. 78,15. 87,3. 107, 17; ein lur/inr.yaujoi G2, 17): es waren Söhne des elischen Adels. "Oxi df cefirnr i/f // laiytifji^^'i^. zeigt Athen. 14, G.VJ. Vgl. lldt. 0,(50. Koroilios Grab wurde an der Grenze von Elis zwischen Kryniantlius und Ladou ge- zeigt; es hatte Denkmal und Inschrift, Paus. 8, 2(5, 3. Als schützender Heros scdlte er die Landesgrenze bewachen.

7-2

Das Hoch fest dci; Zeus in Oli/mpia. l'.U

;»ls dir Voiniclitung der Pisateii und die iMidgültige Übernahme der Agono- tliesic diuc'li die Eleier. Pisa sell)st, Sidllus, Makistos und Dyspontion wurden zerstört: die runriclitung des Festes ward neu geordnet, der Dionysos- dienst aus der Pisatis nacli Elis gelegt und damit zugleich der Chor der Sechzehn Krauen aus Vertreterinnen beider, nun zu einem neu verbundenen, l.andesgaue hergestellt. Aucii die sechs Doppelaltäre, von denen Hero- doros berichtet, werden damals in der Altis aufgestellt worden sein; denn sie bekunden auch ihrerseits die Vereinigung von Elis und Pisatis in dem- selben Sinne, wie die Zusammenlegung der Erauenchöre zu dem einen der Sechzehn, der fortan den elischen Dienst des Dionysos und den pisa- tischen der Hera zugleich besorgte.^) Hierzu trat die wichtige Bestimmung, daß statt des althergebrachten einen Hellanudiken aus dem elischen Ge- schlechte des Oxylos nunmehr zwei, durch das Los ernannte, aber Elis und Pisatis vertretende, die Leitung der Spiele am Hochfeste des Zeus übernahmen. Dies geschah Ol. 50 (580 v. C); Paus. 5,9,4: "Icfitog f.iev Tov uywva e^i^xev aviog /(o'roc, xal nsra "Icfiiov fxii)iaav wfffu'rcoc ol drw 'O^i'/.ov' neviijxociTij de ö/.vf^inidSi ävöoäai dio f^ unävtvov Äaxoiaiv 'Hkekov eTTeTQÜmj noitjaai ta 'O'J.vnma.

Hiermit ist der gesuchte Ausgangspunkt gefunden. Vergleicht man damit die überlieferte Olympiade 1 (776 v. C), so erkennt mau. daß von Ol. 51 (57(i V. C.) zwei Jahrhunderte zurückgerechnet sind. Es liegt also ein runder Anschlag vor. nach dem die erste Olympiade zeitlich festgestellt ist. Diese Erkenntnis wird durch einen andern Ansatz ähnlicher Art bestätigt. Auch wenn man von Ol. 50 nur hundert Jahre zurückrechnet. trifft das Ergebnis auf eine wichtige Neuerung in der Geschichte der Spiele: Ol. 25 (()80 v. C.) wurde das Wagenrenuen eingeführt und dazu eine lU'ue Rennbahn her- gerichtet, eine ^laßnahme, welch(> fortan dem (ilympisclien Hochfest einen ganz besonderen Glanz verleihen sollte '-'j

1) Ilerodoros bei Schol Phid. Ol. 5, 10. FHG. H, 30; es waren die sechs Altäre für Zeus und Poseidon, Hera und Atheua, Hermes und ApoUon, die Cliariteii uud Dionysos, .•Vrtenns und Ali)lieios, Kronos und Rhea. Vgl. kh\\. Hochfest 11, lic/tr.X, S. 32. D. Kollegium der Sechzehn Frauen, Weimar 1883, S. 17.

2) Schwerlich haben die läppischen Agone von Anfang an bestanden, wie Manclie behaupten. Die Beweiskraft der kleinen Vütive von Zweigespannen unter dem Heraiou reicht dafür nicht aus. Sie können Pompen für Götter oder Ver- storbene oder Szenen aus dem .\lltagsleben vorstellen; vgl. die Funde der idäisclien Grotte b. Halljjierr und Orsi, Taf. 11 u. 2 und n. 7. Übrigens waren ursprung- lich nur für gymuische Agone Bilder der Sieger gestattet; bei den ersten hippisclien wurden nur die Pferde, nicht auch die Wagenlenker dargestellt; s. Dittenberger, Ol. V, Sp. 239f. Daß der Lauf im Stadion der erste und lange Zeit der einzige war, ist nicht hloß i'djerliefert, sondern bernht auf Xa<-]ialunung der Hernien, die schon vor dem Zensfeste bestanden, und liei diesen hatte der Wettlauf der Müdchen sakrale Bedeutung auf luythisclier Grundlage; vgl. Kolleijium der Sechzehn Fr. S. 17.

13* 73

192 Ludwig Weniger,

An diese niiulen Ansätze schließt sich nun anch die ohen ani^edentete weitere Znrückiecluning um dieilumdert Jalne, welche auf die Zeit des Iphitos nach der älteren Überlieferung und zur Stiftung der Ekecheiria führt.')

Gegen die Annalinie, daß um Ol. 50 (580 v. C), und vielleicht auch eine geraume Zeit vorher, bereits Listen von Siegern der verschiedenen Kanipfspiele im Heiligtunie zu Olympia bestanden haben, sind keine Be- denken. Je weiter hinauf indes, desto unsicherer und lückenhafter werden diese Aufzeichnungen gewesen sein, Namen bietend, sei es auf abgeson- derten Stelen'") oder auf eherneu Tafeln-'), ohne andere Zeitbestimnuing, als etwa die Angabe des Hellanodikeu*), dazu die Kampfarten, in denen gesiegt war. Schließlich aber versagte das Mateiial nach rückwärts ganz, und die älteste Zeit, in welcher der Gebrauch der Schrift mühsam und spärlich gehandhabt wurde, blieb in Dunkel gehüllt. Hier hat dann eigenes Gutdünken mit Hilfe der Tradition Ersatz geschaffen.

Daß Ol. 50 (580 v. C.) oder 51, 1 (57(;) als Ausgangspunkt für so bedeutsame Neuerungen gewählt wurde, dafür sprechen auch die nahezu gleichzeitigen Vorgänge in Delphi. Es ist kein Zufall, daß die Zerstörung von Krisa nicht weit entfernt von der Vernichtung Pisas angesetzt wird, nämlich Ol. 47, 3 (590 v. C). Damit im Zusaninienhange fand (nach der parischen Chronik, Ensebios uiul dem Scholiasten zu Pindars Pythien) eine Ennaeterls später, nämlich Ol. 49, 3 (582 v. C), also ein Jahr vor der olympischen Neuerung, auch die Neuregelung der Pythien statt.'') Jn Athen wurden danuUs die gottesdienstlichen Reformen Solons eingeführt: auch dies ist unter delphischem Einflüsse geschehen.*')

Die Feststellung der Chronologie scheint in 01ymi)ia eine amtliche gewesen zu sein und in den Beginn des Jahrhunderts der crwachendiMi

1) Untersclüede von einer Olympiade oder vier Jahren erklären sicli aus der Recliiiuiig.s\vei.se und kommen uiclit in Betracht. Auf Oktaeteriden verteilt, gellt 100 nicht auf; entweder sind 4 Jahre zu wenig oder /.u viel. Kalhiiiaclios nimmt 13 an; das ergibt 104 Jalire.

2) So z. B. in Megara, vgl. Piiid. U. 1. 8G (1.59) tv Meyüiionjh- r' uly i-zt^xir A(f>(')'(( il'ä(f!0<; hyti Xbyov. Scliol. xan''. Mtydfttt iiitK i'm'i ziöy vix)/if('nji'jy tt'c ori'i/(«Ti( Äl!}oi^ (yxo/MUTeuft«!.

3) Von dem ältesten erlialtenen Verzeiclini.sse von Olymiiininken {i'rixtuniv

im )'« iUtniOQyiöv .... /(/jMf 7ioTf/e xo^ r'vj'/.vi-tnu'. Aiifinvtiliov .1

? 'A ) feldt die Datierung. Es gehört der Zeit nacli 4U0 an und

stellt auf einer ErziJatte, deren l^äiuler abgebroclieu sind. Nagellöcher dienten zur Befestigung. Ol V u. 17.

4) Urkunden .späterer Zeit mitDatierung \-no hllavoiSixüv bietet Ol V u.3(;.39.-14. h) Paus. 10,7,4 setzt Pytldas 1 gleich Ol. 4S, 3 (58G v. C); aber Pytli. 1 gleich

Ol. 49,3 wird jetzt dnrcli BakcliyUdes bestätigt. Lipsius, Ber. d. Sachs. G. d. W. 1900, S. 9f.; vgl. Burnemann, Phitohyus 4, 1891, '24-2ff.; Clirist, Hermes SQ, 19U1, 100 ff. 6) Der attische Kalender war mit dem delpliisclieu nahe verwandt. ("brigens wurden auch die Istlimien (Ol. 49,4) und die Nemeen (Ol. 51,4) um dieselbe Zeit eingerichtet. Euseb. Chron. II p. 94 f. Synk. ihSt

74

Das Hochfest des Zeus in Oh/iiiina. 193

Geschichte zu fallen. Die f^oeijunotcii Leute dazu waren, die einen als ]ehenfelänf;lich Angestellte, die andern als erbliciie Hüter der Tradition, die Exegeten und die Selier. AulV.eiclinnnKen der Sieger durch die llellano- diken. ancii ilire eiienien Bildnisse, standen als Hilfsmittel zur Verfügung. Auf (iruiid einer weid durclulachten, die üherlieferte (ieschiclite der Spiele berücksichtigeiuien, Schätzung war es möglich. Siegerliste und Olynipiadcn- zälilung im einzelnen herzustellen, auch mehr oder weniger sicher nach rückwärts zu ergänzen und sn liis auf Ol. 1 (77i) v. C.) hinaufzufüliren.')

Auf rirund derartiger Vorarbeiten sind später die buchmäßigen Aus- gaben von Olympionikenverzeichnissen zu stände gekommen. Das älteste ist, soviel wir wissen, das des unzuverlässigen Hippias von Elis, jenes Zeitgenossen des Sokrates. über dessen Leistung Plutarch-) seiir weg- werfend urteilt. Aber auch Aristoteles, Timaios, Philochoros, Eratosthenes, Stcsikleides haben sich der gleichen Mühe unterzogen. Auf solchen Leistungen beruhen die Verzeichnisse des l'hlegon von Tralles^) und des Sextus Julius Africanus in Eusebios' Clironik. Ihre Herstellung allein auf die Arbeit des Hippias zurückzuführen, ist man schwerlich berechtigt. Auch die sachverständigen Mäniu'r in Olympia werden gewußt haben, wes Geistes Kind der Sophist gewesen ist, und von ihm unabhängig ihre Auf- stellungen gemacht haben. Daß er selbst das amtliche Material seiner Landsleutc benutzt und in seiner Weise verwertet hat, ist anzunehmen.

Die Darstellung ist weiter auf diese Fragen eingegangen, als es die Geschichte der Ekecheirie erfordert, weil durch die Ausführungen Neuerer,

1) Paus, ti, 6, 3: llanriiiaf./.ofTi (if- T(;i A(uni>('.Tu'i('. niiTo'i i'.7/}ocf idv Sirci/.ov nc.oiXiytTv i^oltiii'i, inflinfTO i\'i- iftu i'g tiji\; i'nuTr: ifi?.i)Ti/ii'<(i\ Xujr ii^djdafTdJf'OXrfi. Ttlc.ni T<'c örniKtrc. ('cfnyQi'cil'c.^ i'v Tih y v/iv cnit;) xin i'f (>}.i'/.inirc, (Da.S Gyilllia.sion von Olympia ist erst im zweiten Jaluliuiulerte vor Clu-istus erbaut, vgl. 0/. II, 168). G, 8, I: E'vuvoQlöc.i ycvoiiifrn^ 'E/./.ai'od ixac i'yi^aij'e xid ot'toi; tu ofö/ircTa f'r '()}.v[(7iiii. Tiir iirnfijxoTojv (Polyb. .5, !)4, 6 wird für das Jahr 218 v. C. ein hervor- ragender Eleier Euanoridas genannt). 7'« j-'c roic '(».v/uKOfi^r.^ ' H/.t/vjy yoct/i/naa erwähnt Paus. 3, 21,1. 6,2,3. 13, 10. 10,36, 9; abweichend von den E.xegeten 5,21,0; ferner 6,22,3 (o'i 'HXeToi or <i<fng (V xataloyio tviv oli'iminöiuv y{)n- (fnraiv: vgl. G, 4, 2). Siegerstandbilder gingen niclitsehr weil iilter Ol. 50 zurück. Die ältesten, welche Tansanias gesehen hat, waren das iles Faustkämpfers Praxi- damas von Aigiua, Ol. 59 (544 v. f.), ans Cypressenliolz und des Rhexibios von Opus, OL 61 (536 V. C), aus Feigenliolz (P. 6, 18, 7). Später wurden sie ausnahmslos von Erz hergestellt. Das älteste Beispiel einer Olympiadenzahl auf einer erhaltenen olympischen Inschrift, vielleirlit auf einen Olympioniken bezüglicli, ist von Ol. 170 (64 v. C), das nächstfolgende tlie Datierung eines Verzeichnisses von Opferbearateu von Ol. 186 (36 v. C). Vgl. Ol. V, 530. 59.

2) 'Plut. Numa 1: toIi; /lev /jiovovt; l-^Kutiißwaai /^akenov fdti, xcd /xuXiora Tovg rx T(ö}' 'Oi.vßTxioi'ixwv avuyo/isvovg, oiv zrjV ävayQa<p^v o\l4 (faaiv 'Inniav ix- 6ovv((t zov'fiXfiov an' ohhroi öiiiimittrov r'.ffcyxc.i'ov nQii^ niiirir.

3) von dem ein Brurlistück .jetzt auch in einem Papyrus von Oxyrhynchos zutage gekommen ist; vgl. Robert, Hermes 35, 1900, 144ft.

75

l;i4 Liuhvig WtJÜijer,

zuletzt A. Körtes'), unsere BebaiulhiuR fler (iescliiclite des olympischen Hoclifestes in Band IV S. 125ft. dieser Beiträjje für die ältere Zeit wankend geworden ist. Das dort Entwickelte behält zwar insofern seinen Wert, als es (He Ansciiauuns;' des späteren llellenentnnis wie(lernil)t. Allein die Geschichte darf nicht bloß Meinungen !)ciichten, sondern soll die Tat- sachen ergründen und. soweit es angeht, bis auf den gewachsenen Boden vordringen. In diesem Sinne bilden die Darlegungen A. Körtes nnd seiner Vorgänger, von Einzelnem abgesehen, einen dankeswerten Fortschritt.

3. Helliges band und liciliae Zeit.

Die Vereinbarung des Tj)liitos und seiner beiden Bundesgenossen Kleosthenes und Lykurgos setzt nach der Darstellung der Alten einen schon bestehenden, in entlegener Vorzeit, sei es von Herakles, sei es von Oxylos, geschaffenen. Friedenszustand in den Landen Elis-Pisatis voraus. Das ganze Eleiergebiet sollte für ewige Zeiten neutral I)leiben. und diese Neutralität dem Scluitze des Zeus von Olympia anbefohlen sein. Auf der Grundlage einer Weihe an den höchsten Gott vereinbarten die th'ei nun- mehr noch den besonderen Gottesfrieden für eine fest bestimmte Zeit vor nnd nach dem Hochfeste des Zeus. Also weil die Eleier heilig waren, veranstaltete Ijihitos den Agon; Ephoros bei Strabon 358: "I<piT6v re detvui i6v 'OXvfinixöv äywva leQulv orrwr rwv 'HlsUov.

DieDarstellung des Epiioros gibt über die alte Weihe des Landes besonders eingeiiende Auskunft. Die eingewanderten Aitoler übernahmen, wie sieg- reiche Völker zu tun pflegten, die Gottesdienste des eroberten Gebietes, ins- besondere aber die Fürsorge für das große Heiligtum von Olympia, welclie vorher die Achaier gehabt hatten, nnd schlössen darüber unter Vermitte- lung des Oxylos einen eidlichen Vertrag mit den Herakleiden: naqaXa- ßtlv de xul rijv impfleiav xov ieoov tov 'Okv/^tnladtv, )]v eixov oi 'A-j^aioi' (iiä 6e rijV zov 'O'^v/.ov (fülav ngng rovg ' llQitx/'.eidag (Jvvoiio/.oyijlh'pai öi^tSmg fx nüvnov fieif oq/.ov xi]v 'H/.eiar ttgäv eivau rov Jiog' Wie das Land, so blieben auch dessen Bewohner fortan dem Zeus geheiligt (vgl. 333: loii {' IlXdoic) ifüoTg vuiaa'Jelai lov 'Oiiv/intov Jiog xal xa^^ civiov; eioi'^i'rjV äyovßt no/.vv xQÖrov). Weihegaben an die Götter dürfen niclit angetastet werden, und so erfreute sicli fortan auch Elis eines von Seiten der andern Hellenen nicht gestörten dauernden Friedens.'-) Wer mit Waffengewalt das Land angreife, der solle verflucht sein, verflucht aber auch, wer nicht nach Kräften gegen den Frevler einschreite. Ephoros a. 0. : tov rf' emövxa

1) ,,Die EulsteJuim/ der Ob/mpionikeHlisfc-' Hermes 3^, 1904,22711'.; vgl. Husoklt, Gr. Gesch.- 1, .0861'.

2) Vgl, Polyb. 4, 73, 10 li«; ruv vnaQyorxK noze na^ (droli ifyoc ßlor. oie ).aßövtfc nci()ä xwr 'Ellijvmv rivy/(Oi>)j/ia nore J/« röi' äyiür« rmy 'Of.v/mimy hgav xal «nljQi^tjTiiy ijnfinv tIiV ll/.fi'cy. r,7t/(«)/ jiarröc /Jrrfs' dfime xtü naaijz noi.i/iiiriii ,Tf()((jrnf(jf(u,'.

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Das Hochfi'd des Zcuk in Oli/iiijiin. 1 95

em ii^v Z"'C""' tai'VtiV (isl) 'uttXwv evayi] elrai, cJc ()' uotiDC crayi; x"l tijv /«»}'r/f«/ii!i'orj(( SIC rfrivi/in'. Im Vci-haiicn auf solclie Siclierhoit lobten dit' Elcior bc'liaglicli dahin nnd licllcn ancli nacli dem Synoikismos ilire Haupt- stadt ohne Mauorn. AVer mit einem Meere dincli elisches Gebiet zog', mußte die Wallen al)geben uml eiliielt sie erat l)eim Austritt ans den (Irenzen wieder: r/. 6^: loviov /.n) lov-; xiißariu^ tl^v Hliimv nohv vOifQDV ('(TsixiOiov f'äaai, xal rorc di arii\ r/^c X'i:iij«c törrug ffroafo/ifrfcij la onXa 7i(co((()uvrttc äTTo/Mftßüreiv ,<ifrc( n]r ex iiiyr öo(w bxfSuciiv. Infolge dieser Bestiniinungen hob sich der Wohlstand des elischen Landes; die Bevölkerung nahm zu, pflegte die Werke des Friedens und lieb diesen Frieden auch ihie (Jastfreunde genießen. Ephoros a. 0.: '£« d)] uii'rmv uv^rjdiv lußEiv lovi dvllQvtnov.;' imv yaq uXhnv nols/iovriun' liel nQog n/.Xij/.ovc, nöroig vjiäol^di /TO/./.)jv elorjvtiv, ovx at'toTg /idi'Ot', dXXa xctl tolg ^svoig, äore xal

Der Vertrag der Herakleiden mit Oxylos, dem neuen Herrn von Elis. bedeutet die A'^ersicherung eines ^^orzugs von unschätzbarem Werte zu einer Zeit, in der Zustände herrschten, wie sie Thukydides 1. 1.') an- schaulich schildert, in der die Männer auch im gewöhnlichen Leben Waffen trugen. Seeraub und Überfall durch Nachbarn gebräuchlich waren und der Aberglaube das geeignetste Mittel schien, friedliche Bestrel)ungen zu föidern. Es darf nicht bezweifelt werden, daß ein gewisser Nindins der Heiligkeit den Fleiern in den Augen der Hellenen angehaftet hat. Allerdings wurde ihre Unverlctzliclikeit in den wechselnden l'>hden geschichtlicher Zeit nicht immer anerkannt, am meisten noch in den Tagen des Gottesfriedens, Aber auch da nicht ohne Ausnahmen. Die Macht der Verhältnisse wirft alle Schranken nieder. Mehr als einmal ist es im Laufe der Jahrhunderte zu schweren Kämpfen gekommen: sogar der iieilige Hain des Zeus ist wiederholt zum Schlachtfelde geworden und noch dazu während der Feiertage selbst. Wie sehr trotzdem der Eindruck Jahrhunderte alter Überliefeinng gewirkt hat, zeigen solche Beispiele, wie das Verhalten des Agis Ol. 94, 4 (401), der mit bewaffneter Macht in Elis einbrach, aber, als ein Erdbeben entstand, aus Furcht vor dem Zorne des Gottes wieder von danncn zog.

Standen die Eleier somit zu dem olympischen Zeus in einem besonderen Verhältnis als ein priesterliches Geschlecht und Volk des Eigentums und ging anch an ihnen in Erfüllung, was der pythische (iott im llymnos seinen Priestern in Aussicht stellt (v. 535ff.): Se'^iTSQt] /tdX' i-xadtog exwv ev x^'Q'' l^tdxci'QUv 0(jjd^ibv edel fiJjXa' id d' a(f!Jova nüvxu

1) Ähiilicli Dioil. VH cxc. virt. p. 517 We.ssel: tviv 'tO.ticov na/.vKVf'uHn-fd'rwy xc'i vonifuu^ TioXiTtvof/ivojy \<fOQäaitc'.i mri AcifuSciiKirlnvi r//)' nnxfov nrSijOiv, xdTuaxtianc.i (rt) tfii' xoivov ßior, 'h'' eliji/rijc i'iTitOj'.VDrxfi /i)](h/ii'((i' tycoaiv i'uneittir.v xü)v xaxa nhlmov l^yon-. Daß die Eleier als uiikrlegeri.scli galten, sa^t auch Xi.'iioiilion KM. 7, 4, HO.

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196 Ludwig Weniger,

naQearm, oMa e/ioi ■/.' ciyäywmv neQixkuTu ifv/.' dvl>i_n<'mwv, so trat iür die Feier des Hochfestes durch die Ekecheiria noch eine Erweiterung; und Steigerung des dem auserwählten A'olkc versiclierten Landfriedens hinzu. Die drei vertragschließenden l-'ührer. Iphitos. Kleosthenes und Lykurgos, sind Vertreter der Naclikomnien jener älteren Eidgenossen, des Oxj-los und der Herakleiden. Sie schlössen nun ihrerseits einen neuen Vertrag, daß durch die drei Länder Elis, Pisatis und Lakonien das Hochfest des olympischen Gottes noch hcsonders sichergestellt werden sollte. Auf diesem A'ertrage beruht die nationale Entwickelung der Olympien. Ver- eint bildeten die drei ein großes Stück der peloponnesischen Halbinsel, offenbar dasjenige, welches die entscheidende JLacht besaß. Von dieser gesicherten Grundlage aus zogen die Leiter des Hochfestes nach und nach auch die andern Hellenen hinzu. Die Eleier, welche sich rühmten, den olympischen Agon aufs gerechteste und schönste von allen ileuschen zu veranstalten (Hdt. 2, 160). beans))ruchten dafür als Recht eine Stellung von Vorgesetzten über alle Hellenen. Dies bekundet die Bezeichnung als .Hellanodiken- für die ausführenden Beamten. Zur Unterweisung dieser Richter über die Hellenen war nun die alte Urkunde der Ekecheiria auf der ehernen Scheibe des Iphitos für ewige Zeiten aufgeschrieben. Wie stark die Eleier von ihrer Machtvollkommenheit durchdrungen waren, bezeugt ihr Auftreten sogar dem mächtigen Bundesgenossen gegenüber, wie dieser sich in bewegter Zeit einmal vermaß, das alte Übereinkommen zu mißachten. Als die Lakedaimonier um 0\. 90 (420 v. C.) während des Gottesfriedens mit Heeresniacht in elisches Gebiet eingefallen waren, ließ man ohne Bedenken das olympische Gesetz {'Olvf^tmaxoc to/ioc) in Kraft treten und verurteilte die Frevler zu zwei Minen Geldstrafe für jeden der tausend Hoplitcn. Das war der im I'eloponnes übliche Satz fin' die Auslösung gefangener Krieger. Als die Lakedaimonier nicht zahlen wollten, wurden sie von Opfer und Festspiel ausgeschlossen.')

Besäßen wir den Diskos des Iphitos noch heute, so würden wir darauf auch die Zeit verzeichnet finden, zu der vor jeder Feier des Hoch- festes der Gottesfriede seinen Anfang nahm, und die Dauer, welche ihm zugemessen war. Die Schriftsteller schweigen ül)er Beides, vernuitlich, weil die Sache so bekannt schien, daß ihnen der Gedanke nicht aufstieg, eine ferne Nachwelt möchte darüber weniger unterrichtet sein.

'ExsxeiQicc bedeutet wörtlich Handhaltung, von e'xen' und /ftj), in dem Sinne der Einstellung von Feindseligkeiten'-), dann mit religiösem Hinter-

1) Thuk. 5, 49. Hdt. 6, 79. 0. Müller, Dor. 1, 140.

2) Gellius 1, 2.5, 8: Graeci autem significantius consigiiatiusque cexsationem istam pugnae pacticiam exeyeiQiar dixerunt exempta litera v»a soit.iius vastioris et subdita levioris. Vgl. Lucian, Timon 3: im Kriege Tliuc. 4, .j, 8; n-iaiaio: t>:f/(tiiia 5, 15 u. a.

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Dan Hochftd dfi> Zeus in Olijmpia. 197

grund eine Art treugii Dei di's Altortmus. Es war oino Vorheroitungs- und Wciliczcit, in der die AVaften ruhton, Rcchtsstreitigkeitcn sdilo standen und Todesurteile uuvollstrcckt l)licbcn^), ein Gottesfrieden, wie er vielen der großen l'"este hellenischer (iötter vorausging, gleich der Adventszeit vor Weihnachten oder den vierzig Tagen der Fasten vor Ostern in der christ- lichen Kirche, liei der diese p]iiHichtnngen auf nnbewnßtei- Nachahnuing antiker Sitte lieiniicn. -) Die Unistande brachten es aber mit sieb, dab diese gottgeweihten Tage auch noch ein Stück iilier das l^'est hinaus- reichten und so es in sich schlössen, wie ein heiliger l>ezirk Hochaltar und Tempel der Gottheit.'') Beides war notwendig, wenn man die Teil- nahme der anderen Hellenen gewinnen und erhalten wollte: denn nur dann, wenn Hin- und Rückreise gesichert war, konnte auf Zuspruch aus weiter Ferne gerechnet werden.

Es liegt nahe, den olympischen Monat selber, je nachdem Apollonio.s oder Parthenios. als Zeitgebiet des Gottesfriedens zu deidcen. Darauf deutet der Ausdruck ieooiirjvid. heilige ]\Ionatszeit. der oft in gleichem Sinne, wie rut^tiola, gebraucht wird, auch in Olympia.') Die Gottheit liebt den .Monat ihres Festes: iihc ov üjHaan' 'AnolXmv heißt der Delphinios in Aigina l)ei l'indar {Kern, ö, 44). Nach I'hilochoros beschlossen die Athener den ganzen Demetrion so hatte man Demetrios zu Ehren den Munychion umgetauft als isnoinjyla anzusehen, eine ununterbrncbene Festzeit.'') Auch in Ephesos wurde der ganze Artemision für heilig erklärt und der Göttin geweiht.'') Als Ekecheiria in weitem Sinne galt der Monat der Asklepieien in Lampsakos. ") Mögen dies Übertreibungen späterer Jahrhunderte sein, so kommt doch aus guter alter Zeit der Karueios in Betracht, der bei den Doriern allgemein zum Festmonate

1) CIG. II 11. o()41.l), ■Ji;f. s. unten .\nmurl<ung 7, liaiiip.salios lit'tiytleml. Daß aus gleichem Grunde die VoU/.iehun^' des Todesurteils über Siikr;ite,s versclioljen wurde, ist hekanut.

2) Auch die Woclien vor Ptiugsten bedeuten etwas Alinliclies: das beweisen die vßyoi xXijTixni au deu heiligen Gei.st, deu ,Panikleten\ und die Sonntags- evangelien.

3) So gehölt die Zeit bis Epipluxnien noch ins Weilinaclitsgebiet, der Sonntag Quasimodogeniti (der , weisse Sonntag') noch ins Ostergeljiet, der Sonntag Trini- tatis noch ins Pliiigstgebiet.

4) Demosth. fals. leg. Hyp. ä \i. 33-5; 'Voiywv tu '.Vtijrräo; anititv '(t'/.viinianiv (lywviaoßevoq yj iteaaofterog exQcali&ij r.-iö tiviöv iniif.Tiiozwv zov 'l't/.hnov i'r 'icqo- /itjvirf. und weiterllin: tjyvöow ol axQainöxui, un hQoiiijylrc imiy.

5) Flut. Demelr. 12. Schol. Find. N. 3, 1 röi' ovv J/j/OjTQio'iya lAijyr'i (fijni 'Pü.lt- XOQoq o/.oy V'ijifluad'hn tov; Al^ijydiuvq 'mioßijyiay /.tyeaO-c.i, oioy o/.ny i:0(ii/jV.

^ 6) CIG. 2954. Dittenb. Syll. 2 n. 65S, 53 oXov rhv ßtiya xov inmyißov tov l^ilov övbßCixOQ ilvai 'leQov aal ctvaaeiati-ui xij ,'>f(ü.

7) CIG. II n. 3641, b. 24ff. ;<•; fiyni n>ßeyi iirjSHy tyf/vQäoai h' xatQ rjfCfQcag xwv Aax?.tj7xiei'wy . . . fdj xQiyixoiaay St /nrjöh o't tTxiyywfioveg fV xcctc ////tp«/? xai-xaig, ß>lit Ol tiaayojyel: avl/.tyixioauy SixKOxtiQioy ty xoi ijijy) xwy 'Aax/.iinttiwy.

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198 Ludiviij Weniger,

iiownrden war: vgl. Thuk. 5, 54: KitorfToc leooiujvia rraoa JioqisvJiv uiul dazu Scliol. rov yäy Ka^vtCou tioAAkc ixorioi hoai; i'/n'Qac /, y.al Tiäriac Ifonc ftä/./M' ov/. ediQaieiovio. Allein nicht selten werden unter ifonfujvia bloß die eigentlichen Festtage verstanden. 'i .Man erkennt, wie unsicher e.s wäre, hioruacii die olympische Ekcchciria ant den Festnionat. den i^ievg '0?.vrmx6c, anberaumen zu wollen. Sachliche Erwägungen kommen hinzu. Reichen die Tage vom Ende des Festes bis zum letzten des Monats, also vom 16. bis zum 29. oder 30., zu den Geschäften nach Ablauf der Pancgyris eben aus, so ist doch nicht daran zu denken, daß man sich mit den ersten zehn Tagen, die seit dem fünften Jahrhundeite dem Anfange des Festes vorangingen, für die Zurüstungen. zu deren (ielingen der Gottesfriedc notwendig war, behelfen konnte.

Die Pilgerzüge zum Hochfeste des Zens von Glympia gehören zu jenen, durch unwiderstehlichen religiösen Trieb veranlaßten, Volksbewegungen, die zu gewissen Zeiten gewaltige Menschenmassen an hervorragende Stätten der riottesvorehrung zusammen führen. Bewegungen, wie die Festreisen der Israeliten zum Paschah nach Jerusalem, wie die Karawanen der An- hänger des Propheten nach Mekka, wie die Pilgerzügo katholischer Christen zur Eugelweihe nach Einsiedeln, die Wallfahrt(Mi nach Lorettn. S. Jago di Ccnnpostella. Czenstochau u. a. P>in Wallfahrtsort ist auch Olympia von den frühesten Zeiten seiner Entwickelung an gewesen, und es hat diese Eigenschaft, auch seitdem die Agonistik den Gottesdienst überwog, nie verloren. Seit grauer Vorzeit strömten, wenn die Zeit ge- kommen war. von weit und breit ungezählte Pilgerscharen zu der großen Kirmes des weissagenden und siegverleihenden Königs der himmlischen Gottheiten. Zu- dem ursinüngliclien und nie ganz vergessenen gottesdienst- lichen Beweggrunde traten dann allmählich als neue Triebfedern Sport. Handelsinteressc und Schaulust.-) AVie die griechische Heimat zu Lande, so sandten zur See die Städte des hellenischen Auslandes. Sizilien. Groß- griechenland und Italien, die Inseln und Vorderasien, Makedonien, Thrakien. Byzanz und die Küsten des Pontos. Phoinikien, Syrien, Kyrene und Alexandria und manche in weiterer Ferne liegende Siedelung Theoren nach dem be- scheidenen Hafen an der Mündung des Alpheios oder bei dem. 120 Stadien von Olympia entfernten, Plieia und (auf der andern Seite des Vorgebirges

1) Harpocr. \i l.'il (u i-opTvjdeii ////t'p«/ (f<(o/"/''''' ^tO.nvrTc.i. Hesj'ch. '(fonfuirifc i-niJTäai/ioi i/in\)(:. ifyrt joyr»/ ücarr lujvc. Eti/iii. M. p. 4C9 // i'v tw lujv'i 'it()ä ;/«f{)r;. ScJiol. Find. N. H, 2 o! flJ- (fjjör /dji-i^ ncitohiv /.i'yovm üea/Siulhu. fv Ti'i IS't/iein r'r/fTcit. 'ifQOfoivUd fSf- li'yovtdi (u ir rw /ii/vi (f(if?/ )jiti(>(!i lücKU/noTt fttofg avei/itvai. Vgl. Dittenb. SylL- u. (iSG Anin. 10. In ilie.sem Sinne braucht Xenoph. Hellen. 4,7,2 und 5,1, '21) sogar den Ausdiuck iiijyt-;. '/.. B. r.-rA/foor ror.- in^vci. ij ri~>v iiijrwr vTio'foQÜ. wie 'leoo'i /(j/rfc.

2) Diog. Lai'rt. 8, 6 nach Pytluiyoia.s k'l; nc.viiyviiiv a) iily ryonioi lavoi. o'i 6h xux' t-fin()i>inv. o'i dj ,h'/.riin(ii "oyovTi'.i HfKTc.l. Cic. Tiisc. .">, 3.

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Das Hochfest des Zeus in Olijmpia. L1I9

Tclitliys) der Rhode des lieiitii^en Katakulo. Seefalirt crfdidertc im Alter- tunie viel Zeit und Siclieilieit vor feiiidlichem überfalle. Nitcli wiciitigcn' war eine längere Waffenruhe für die Reisen zu Lande. Wie alle großen Wallfahrtsorte, so war Olympia der Endpunkt einer Anzahl allmählich entstandener viel betretener Fahrstraßen und Fußwege.') Mochte auch nur der kleinere Teil der Pilger über fünfzig Meilen zu wandern haben, so bedurfte uiaii doch mehr als eine Woche zur Bewältigung solcher Ent- fernungen, da die Reisen zu Fuße gemacht wurden mit wenigen Wagen zur Aushilfe für Marode, wie für (iepäck und Lebensmittel. Bares Geld, kostbares l'runkgerät für die Opferpouipen. auch AVeihgeschenke von AVert. welche die, durch Bekränzuug mit dem heiligen Laube des Gottes kennt- lich gemachten'-). Theoren mitführten, verlangten den Schutz der Gottheit. Besonders bedurften sein die Abgesandten solcher Staaten, die gerade im Kriegszustände lebten. Mußte dem olympischen Heiligtume daran liegen, möglichst viele Menschen herbeizuziehen, so bedeutete die Ekecheirie eine Versicherung für Leben und Eigentum.

Frühe Ankunft war aus vielen Gründen erwünscht. Um geeignetes Unterkommen bei Gastfreunden oder gute Zeltplätze zu bekommen, (>m])falil es- sich, bereits in den ersten Tagen des 01\mpiennHmats zur Stelle zu sein.'*) Das ganze umliegende Land war dann weithin mit Herbergen besetzt^), und doch mußte mancher sich notdürftig behelfen, wenn der Fremdenstrom einmal das gewöhnliche' Maß überschritt.

Die mit Weissagungen verbundenen Opferdarbietungen so vieler (iläubigen machten den Olympienmonat zu einem Hekatombaion und Bukatios ersten Ranges: hieß es doch, die Arethusa in Syrakus werde von der Masse der Abfälle getrübt. Bei solchem Zudrange galt Prothysie und Promantie als schätzbarer Vorzug. Daher war auch für gewöhnliche Leute zeitige Anmeldung zum Opfern nötig: denn die Darbringungen der Großen hatte man von vornherein festgelegt. Alle Opfer waren an die erste Hälfte

1) Ausführlich darüber E. Ciutius, GcsdiUhlc con Olijmpia, im l. Bande de.s Olympiawerkes S. 4 ff.

2) Audi ihre Wagen waren bekränzt; Hesych. (ytoiim^ni' fUTtifcti-mi- a'i !}finQo'i ras ccitjyfcs.

3) Llician. Herod- 8 aal vnndiytTci nof.u >/ ('((jinrij ovaa ov xarn HirMv iin' II' nlr)f TijV t'xeUh nzero/m(ii'af xni uxi/ifu xrd xa/.v,-lKi xi'.'i nrJyn^. In Deljilii lie- willigten die Ainphiktyonen Jemand da.s er.ste Zelt in der Vorstadt Pylaia; Rhan- gabe A. H. II n. 71-2,11.

4) Schon Herakles soll den Platz dazu bestinnnt haben, ScIioL I'ind. O. 11,. 3.5 -/antioi' xvx/.(o rov leQOV xnrcO.vrljQiov (nachher xc.xaywyior xn) iSti:iri]ri]()ior) fVn|£(' eivat xü>v iivwv ton' äyojvi'^o^iiiuiv tl^ ivm/ic.v; weiterhin: yi'.i> ii- xix).v> TOI- Uqov xatrcytoyaTc SkD.ijjixo, wie es scheint, besonders in der Richtung auf Pisa zu. Einsiedeln hat bei 4fiOO Einwohnern gesen hundert Gasthöfe und Wirtshäuser. Die Sommerzeit und das südliche band gestattete der, bloß aus Jlännern bestehenden, olympischen Festgeuieinde das L'bernachten im Freien unter leichten Zeltcn-

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200 Ludwig Wtuiger,

des Tagps gelnindeii und erforderten im A'crhältnis ihres Unifanges längere Zeit. Auch waren (he olynipisclien Altäre, selbst der aus Asche gefügte Hochaltar des Zeus, verglichen mit andern, z. B. in Kleinasien und Sizilieu. nicht iiliermäßig groß. So massculiafte Opferungen in dem Temenos eines Heiligtums, dem kein zweites in Grieclienland an 3Ienge der Altäre und l'flege der Dienste vergleichl)ar ist. verlaugten mancherlei Vorbereitungen von lauger llaiul. Der llolzwärter hatte gewaltige Massen von Brennholz, und zwar für Zeus und l'elops nur solches von Stämmen der Weißpappel, anfalireu und vorschriftsmäßig verkleinern zu lassen.') Vor allem al)er war die Zutrift l)edentender Massen von Opfertiereu geboten. Scldepp- füßige Rinder und Herden des Kleinviehs bewegen sich langsam vor- wärts und bedürfen zeitweilig der Ruhe. An Ort und Stelle gekommen, uiußten die Tiere für die heilige Handlung von Sachverständigen erst mit Sorgfalt ausgesucht und zurecht gcmaclit werden. Ebenso war für die edlen Rosse, die bei den Wettrennen auf die Bahn geführt wurden, nach der Reise, zumal nach beschwerlicher Seefaiirt aus weiter Ferne, eine längere Behandlung im Stall und auf der Renidiahn erforderlich. Da keine S]iui'en fester Marställe erhaltt'n sind, muli man annehmen, daß auch solche jedesmal besonders errichtet uml nach den Spieleu wieder ab- gebrochen wurden.

Im Anschluß an Gottesdienst und Kampfspiele hatte sich l)ereits in ältester Zeit eine große Messe entwickelt.-) Bazare für Waren aller Art taten sich auf. Schaubuden und Speisehallen außerhalb der Altis galien deiu Kestorte dieselben Züge, wie sie überall und zu jeder Zeit bei solchen Volksfesten beobachtet werden. AVer die Dresdener Vogelwiese gesehen hat. wird sich eine A'orstellung der olympischen Messe machen können. Abend- und Morgenland hatten ihre Erzenguisse herbeigeführt. Sogenannte Devotio- nalien, wie sie in allen Wallfahrtsorten zu hal)en sind, Weihgeschenke, kleine und große aus Erz und Thon, Binden. Palmen. Kränze, Weihrauch und Opfer- gerät, wurden in Menge zun'i Kauf angeboten. Goldschmiede hielten ihre Kleinode feil, wie jener Demetrios zu Ephesos in der Apostelgeschichte. Bildhauer, Steinmetzen und Erzgießer hatten Statuen, Untersätze und Ähnliches für Sieger und andere Stifter bereit, wie heut in der Umgebung der Eriedhüfe unserer Großstädte solche Werke zu kaufen sind und leicht auch mit Inschrift versehen werden. Dazu kamen Lebensmittel. Naschwerk, Erinnerungsgaben für die dalieim Gebliebenen, Kleider, Decken und all

1) P. .'i. 13,3 l-OTi ilj- I) ci/.iig i-y. xwv olxtxwv ruv lios, f'pj'ov (St- cItw nnöaxeirai fc rr;,' !}roirti: ci'/.r: zfTc.yuhov /.ij/iiiifnog x(d m'i/.eai TiaQt/eii' xr;} ati^iji irUwr/j.

2) Weuu Vellejus Paterculus 1, 8 sagt, den .Markt' in 01yiJii)ia liabe sclion Ililiitos hergestellt is cos hidos mercatumque instituit so ist unter me^-cahis die Ttc.vSiyvQi: zu verstellen, ebenso Cie. T^isc. .'), 3, 0 und Justin. 13, 5; vgl. aller Diog. I,aeit. oben S. 198 Aum. 2. wo hu.noiikc ausdrücklicli erwähnt ist. Die Saclie selbst bedarf keiner Belege.

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Das Hoclifesl des Zeus in Olympia. 201

der Kram, den Zeitiiescliniapk und (iescliältscrfalirun^ der Händler aus- findig- machen, (leidweclislei- scliluücn ihre Tiselie auf. wie im Tempel von Jerusalem. Auch an Wnudertieien. Zirkusspielcn und Schausteihingen falirenden Volkes wird es nie gefehlt hahen. Unter all den großen und kleinen Unternehmern aber war Keiner, der niclit Zeit und Sieherheit. um seine Habe nach Olympia zu schaffen und wirkungsvoll aufzustellen. gebraucht hätte. All diese Umstände müssen erwogen werden, um einen Schluß auf die Dauer der olympischen Ekecheirie zu ermöglichen.

Bestimmteres verlautet über die Wettkämpfer. Daß sie vor allen unter dem Schutze des Gottesfriedens standen, versteht sich von selbst und wird auch ausdrücklich bezeugt.') Sie fanden Gelegenheit, sich vor der Panegyris in der Hauptstadt Elis in trefflich eingerichteten Anstalten dem entsprechend, was in Olympia verlangt wurde, und unter Aufsicht der Hellanodiken in den verschiedenen Kampfarten einzuüben. Dafür war eine Zeit von dreißig Tagen festgesetzt. 2) In Elis entwickelte sich aus dieser Einrichtung die Genossenschaft des Xystos. Nach Ablauf der genannten Frist zog die Schar auf der heiligen Straße gemeinsam nach dem Festort. Auch in Olympia selbst stand noch Zeit für Vorübungen zur Verfügung und wurde benutzt, sonst hätte man sich die kostspielige Anlage solcher Bauten, wie Gymnasion und Palaestra, wohl erspart. Ehe die Kämpfer zugelassen wurden, mußten sie Mann für Mann vor dem Altare des Zeus ^'orkios einen feierlichen Eid schwören: ähnliche Eide hatten Väter und Brüder für die angemeldeten Knaben zu leisten. Auch die Kampfrichter wurden vereidigt. Ferner fand eine Vor- prüfung der Pferde statt. ^lan sieht, daß für Agonisten und Hellanodiken außer der Übungszeit in Elis noch eine Reihe von Tagen vor dem Beginne des Hochfestes und überdies für jeden Einzelnen die Dauer der Reise von der Heimat in Rechnung zu stellen sind. Das gibt eine Rüstzeit von beträchtlich mehr als Monatsfrist.

Zu ähnlichem Ergebnisse führt eine Erwägung dessen, was den Leitern des Festes oblag. Die an kalendarische Schaltung gebundene Feier hatte in Olympia, wie anderwärts, die Bedeutung einer großen Lustration und brachte eine Neuordnung der Verhältnisse im weitesten Sinne und auf verschiedenen Gebieten mit sich. Dies alles lag unter dem Gottesfrieden. Zu den kathartischen Aufgaben solcher Tage gehörte, wie wir von Delphi-') wissen, die Herstellung der Wege und Brücken,

1) Vgl. Plut. Ärat. 28 arrt/iü-)! Ti'izf TrycJror /, ()edouLy>i roTc t'c/ojriaTfü^ äav/.lu xid üaifiO.iia. Was dort Vdii eleu Xemeeu gesagt ist, gilt von den Olyuipieii er.st recht.

2) Pllilostr. F.A .'), 4, 3: 'H'/.eTot roig ul^/.rjTac. t7i€i6av ÄJp?;, 'O/.iiciiu, yvuvu^ovoi //.Hfyojr Toiaxorra fr (n'rjj rjj "Hi.tS'. Von ilen uyniliastiscUen Anstalten in l'-lis liandelt Pausanias ausführlich 6, 23.

3) Vgl. ÜIG. I 1688. l.'ift. In IVlplii war dies Sache der Hierumuemoueu.

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202 Liuhvig Wimiger,

Begeluing der Grenzen, Regelunt;- der Stronilänt'o. Reinignnc; der Quellen, Errichtung von Bauten, Erneuerung verfalleuer Heiligtümer. Anstreichen der Altäre, Herstellung der Votive. Aufnahme des Inventars in und anß(>r den Schatzhäusern. Putzen und Bereitstellen der Festgeräte und vieles andere, was Herkommen und Umstände mit sich hrachten. Geschah der- gleichen auch ohne das Hochfest heim großen Frühlingsaufräumeu Jahr für Jahr, so erhob die vierjährige Panegyris doch eigenartige nnd größere Ansprüche. 1) Zahlieiche Sitzungen der Behörden waren nötig, um Ein- richtungen zu treffen, Schwierigkeiten zu beseitigen, Anfragen zu be- antworten.

Nach Ablauf der eigentlidien Feiertage bedurfte es einer genügenden l-'rist für gesicherte Heimreise aller Beteiligten und für ungestörte Auf- lösung der Herstellungen. Gleich nach der Preisverteilung und dem Siegesmahl am Ki. (hängten die Massen von dannen.-) Immer aber waren Einzelne durch besondere Umstände genötigt, gern oder ungern noch einige Tage in Olympia auszuhalten. Es gab Geschäfte, die sich an die Agone anschlössen und Aufenthalt veranlaßten. Dazu gehörten die Verhandlungen mit den Hellanodiken über die Errichtung der Sieges- bilder, deren Genehmigung durch die Eleier als ein wesentlicher Teil des Siegespreises galt, obgleich der Sieger die Kosten trug, und die auch ein bestimmtes Maß nicht üi)erschreiteu durften, über die Erlaubnis der Porträtähnliclikeit und üijer den Platz der Aufstellung, die Aufzeichnung der Sieger, die Bezahlung der Strafgelder für Herstellung des Zanes, auch manche Abrechnungen anderer Art-'), staatsmännische ^\■rhandlungen und Abfassung von Urkunden noch in Anwesenheit der Theoren zmn Mitnehmen in die Heimat oder zur Anbringung an den Tempehväiulen. '| Alles zu- sammen beanspruchte eine Reihe von Tagen, welche ül)er die Panegyris hinaus an Olympia fesselten. Dann erst kam für die Beteihgten die Heimreise selbst.

Man muß bedenken, daß im Laufe der tausend Jahre, in denen Olympien gefeiert wurden, die Bedürfnisse wechselten. Für Bemessung

1) Eni Beisiiiel ini Kleinen i.-it der Uuteisatz ans Ziegeln ITir den elierneu Altar in der .Xpliesis des llipiKulroni, der zu jetler Ulyniiiiade besdnders autke'iaut und anständijj; abgeputzt wurde; P. (1, -JO, 11.

2) Lucian. de morte Per. 30 xiu iW/ ru fttv ^(JXl-fdic. tj'/.Os n'/e . . . !-'/'" '*'• Ol' yaiJ i'/r (cnoijjjoi'.i ii/ij/iazoi afw. no'/j.wv tciörrvir . . . axojv ini-'/.nniiniir.

3) Mali der Bilder: Lucian. pro imag. 11. Strafgelder, /.. P>. Ol \ n. \K 15. Anleihen von Seiten großer Staaten, z. 15. Thuk. 1, 121. 143. Depo.sita nn<l Pacht- gelder: Ol. V u. 1-2. 15. 18. Vgl. E. Cnrtius, Gesch. v. OL, Ol. I, 41 ff.

4) Z. P.. den Vertrag zwischen Athen, Argos, Mantiueia und Elis (;/. 90 (420 Y. C.'l liei Thnli. '>. 47: xaTat^hrTior di- xc.i '(_)}.vfi7iU'.ai <ni/?.iir -/fO.x'iiv xoiri, '0/.r.«.7/.)(,- r(/(% rrri. ila/.u P. j, 12, 8; der Syiuniacliievertrag mit Ileraia Ol W n. 9, Sp. -22^, n. 7UJ; Urkunde von Zankle n. 74, vini Cluilkis u. 2.'j; Schiedsspineh der Milesier zwischen Sparta und Messeue aus der Mitte des 2. Jahrhuuderti, v. C. n. 52 u. a.

84

Bas Horhfest des Zeus in OJi/mpict. 203

dor Ekeclioiria koniiiit ilio älfero Zeit in Betracht, aus deren BnUicIien sich nach und nacli ein Herkoininen herausgebiick't liat. ?]s läßt sicli nicht erweisen, daß in den Anfängen der Menschenzuih'ang viel geringer war, als später. Ehe die Agonistik alle (iedanken auf sich zog, überwog das Gottesdienstliche, Hochopfer und Mantik. Wie wenig man diese Seite der großen Feier unterschätzen darf, beweist die Menge der all- Miählicli entstandenen Dienste und die Unmasse der \'otive.

4. L'rkinuleii.

Nach alledem wird man zum mindesten den ganzen Monat vor dem olj'nipisclien, gleichviel, oi) das Hochfest in den Apollonios oder Parthenios fiel, der Ekecheirie zurechnen und ebenso nach den Feiertagen noch eim^ oder zwei Wochen dafür in Anspruch nehmen. Dies würde zusammen einen Zeitraum von wenigstens zwei Monaten ergeben.

Der Apollonios erhielt seinen Namen dem Gotte zu Ehren, der als Schutz und Hort des heiligen Friedens unter dem Namen Thcrmios in der Altis nahe beim Prytaneion einen Altar besaß. Denn 'tegf^ia ist elische Bezeichnung für iy.sxeiotu. und ^isofiioi entspricht dem attischen 'Jt'criitoc. vgl. Paus. 5, 15, 7: xal 'Ajzo/.hovni TTf/fTTJoc Ofo/nov' tov ,««' dij ttuqcc H/.HQi.; OtQino^' xul ctcni) fioi naolatuTO sixü^tiv tue -/aict 'Atifiöa yAiuffffttv fi'ij v'e'ff/uoc.') Bezeichend nimmt Apollons Gestalt die Mitte des west- lichen Giebels am Zeustempel ein: rings um ihn sieht man heftige Kämpfe wilder Horden, der Lapithen gegen räuberische Kentauren: alle ül)erragend streckt der Gott mit entschiedener (Jeberde den rechten Arm aus. be- schwichtigend, wie man einen Frieden Gebietenden nicht bezeichnender darstellen kann. Ist Apollon als Thermios der Schntzherr des Gottes- friedens, so darf man den Monat Apollonios auch seinerseits als /(>))■ Qt'QituK auffassen. 2) Die Olympienmonate wechseln: einmal ist Apollonios selber Festmonat, das andere Mal bildet er die Rüstzeit. In jedem Falle gehört er zur Ekecheirie. Auch ist er heilige Vorzeit für das alte, ständig dem Parthenios angehörige. Fest der Heraien.

Es scheint sicher, daß allen größeren Götterfesten in Grieclienland, vornehmlich aber den pentaeterischen, eine Ekechciria der beteiligten Ge- meinden beigegeben war. Bei den Pythien. Isthmien und Nemeen

l) Ile.sych. &lQ,u(i' nvjieTog. ciihia. xid ixf/sifji'a. ,Auch der Ort der Pauai- tolien, Tliernia, liat von diesem, walirsclieinlir.h aetolisch-elei.silR'u, Worte den Namen'; 0. Müller, Dor. 1, 254, Strab. 10 p 4G3. Vgl. die altertümliche Insclirift einer Broiizetafel in Olympia (V, n.4): it( iV ti[>.]/.f,Tiiia tioioTto [nf]y[T]axia('iig xk dyic/jucg imoxlvot xain j-txc.arov i^^.'>r«[l |o)'. Demeter wurde als Wsa,»/« in Plieneos vereint; P. 8, l.'i, 4.

■i) Beyno'/.c.hig lieißt ein Monat in l,ato auf Kreta. Der eliselie Aiiollonios entspviclit dem dorischen Karueios, in dem alle Dorier die Waffen ruhen ließen; s. oben S. 198.

8.5

204 Lnduiij Weniger,

wird sie bozeiii;t'). aber die Zeitdauer ist ebensowenit;' überliefert, wie l)ei den Olympien. Für die l'vthien ninimt A. Moiimiseii wef^eii der sich anschließenden Feste drei Mimate an. nämlich den ganzen Apellaios, Bukatios nnd Boathoos. das erste Viertel des delphischen Jahres"-). Die Ekecheiria der den Pvthien nachgebildeten pentaeterischen Panegyris der Artemis Lenkopliryne in Magnesia am ]\[aiandros wird in Inschriften der Zeit um 200 v. C. erwähnt, gleidifalls ohne Angabe der Dauer. -^j Eine Ekecheiria beim fhichfeste des Poseidon Samios bestand zu Makistos im triphylischen (iebiete nach Strabon S p. 348; Näheres ist nicht bekannt: auch nicht von der Ekecheiria der pentaeterischen Amphiaraien in Oropos.^) Daß bei den Koreien in Kyzikos eine Ekecheiria bestand, läßt sich aus der bei Strabo 2. 91S und 101 erwähnten Aussendung eines Spondophoren schließen. Die Ekecheiria des ptoi'schen ApoUon in Akraiphiai begann am lö. des Hippodromios. der dem delphischen Apellaios entspricht, aber ihre Ausdehnung ist nicht angegeben: auch die Ptoien waren pentai'terisch.-^) Ebenso hatten die pentaeterischen Delien ihren (iottesfrieden: wie lange er dauerte, wissen wir nicht.'') In Ephesos war, wie wir oben S. U'T sahen, der ganze F>stmonat Artemision der großen Göttin geheiligt.') Einzig uud allein in Bezug auf die Eleusinien der Athener ist man genau unterrichtet durch den athenischen Yolksbesclduß über die Mysterien- ürdnnng. Demnach dauert der Gottesfriede der großen Mysterien vom 15. Metageitnion bis zum 20. Pyanopsion. der der kleinen vom 15. Gamelion bis zum 1!). Elaphebolion: das gibt für die einen, wie für die andern alljährlich eine Zeit von jedesmal 55 Tagen. ^) Entsprechend

1) Pytliien s. die folgende Auiii. Isilunien P. ;i. i', 1; Xeii. Hill. 4, .'>. 1. Nemeeii Xeii. Hell. 4,7. 2. ö, 1, 2!i. Piiid. X. 3, -2 und Scliol.: Plut. Arat. -28: l'liilop. 11.

•2) .\. Monimseü, Ddphika ir.3f. 1(5.5. Ol. SP. 3 (.An v. C) beiiiitzcii die Atlienei- die Zeit des pytliischeii Gottesfriedons, um diu Delicr als unrein aus- zutreiben, Tindc. 5, 1 f.: man erkennt die kathartisclie .'Uifta.ssunt;, In Delphi schlo.ssen sicli die Soterien den Pytliien an; sie lielen in den lioatlnuis und waren auch nichts .Vmleres, als die inodernisierteu alten Boathoen.

3) 0. Kern, Inschr. v. Magnesia, S. 28 u.38; 39 u. .jO; 85 u. lOÜ. liittenlierger, Sylloye- n 2.J8, 14. 2(;i,20. 552,25.

4) Vgl. Keil, Hermes 30 (1895) 474; Stengel, KuUumllcrl = S. 221.

5) Dittenberger, I. G. Seid. I, 4135—4137. Si/ll.^- 557, 10 r^c lif taf/iii>Uti x(ii Tiji ua'ftü.th'.i Itu/iiv Tijv TifrTexauhxäTiiV xov 'iTtnoiSijouiiiv ,K>ir!ß,; yant !}Kn\ tu,' BonijTol uyovair. i'jg M [J]t/.ifoi 'Ant/./.c.iov. Keil, Syll. iiiscr. Boeot. p. 132 Ihiuiit Tii nevTtzetija.

ü) Delien Tliuk. 3, 104. Platou, Fhaiil p. 58 B. Plut. Thes. 23.

7) Vgl. Dittenberger, Syll^ G56, besonders Z. 45f. (;0.

8) «(J/flr (ijf rör /i)uvo[v r]ör anorSör [rö] yhzayeiTrilü]vu^ ittrli^ a7i[o] di/ofitvlui [i!\tu TÖr /?ofri(j[()]/(/ör« xc.l [n]vavo(faiüi'og .«(■'/{" iixarti una,utvo' (t)«^ tU tinordä^ lirai ty rltai nu/.foir ö[t] ar /(jürzai töi iepöi, xa't ^AD-evaioiaiv txei fv Ttiair (cvtIoi Tiu'/.eoiv. roTai dl o/.iitßoi uvaTtQioiair ruq [ffjrroj'rf«; tivit[i\ rti/tf?.iüyoq iifrliq ccib (S[(/]o«f )■/«.■ /f«[(] riir 'Ay!ti-aTt[iji]öy(i xai ' E).a<ft,-io)AÖroc !it/_yi iSnfäx{t)i utruLÜyo. CIG. 71. CIA, I. 1. l>ittenberger, 6'(///.^ n 046, 5(1: vgl. 587 .\niu. 80. 605, 6.

86

Das Hochfest des Zeux in Ohjmpia. 205

bereclinet würde man für die (ilyiiipisclie Ekechoirie den Monat vor dem Feste oanz. dann den Festnimiat bis zum 25., d. i. zehn Ta^e iiacli dem \'iillmt)nde. annehmen müssen. Diese Zeit ei-selieint zu knapp bemessen. Aber die sonstif^e Cbereinstimnnmi; der iüniiciitunt^ für Eleusis. nämlich die Ansage bei (km auswärts IJeteilii^ten dureh Spondupliuren '). legt es nahe, daß sie der olympischen nachgebiklet ist.

Die vorstehenden Erörterungen geben Anhaltspunkte für die Be- urteilung. al)er keine Auskunft über die Zeitdauer des olympischen Gottes- friedens. Eine soiciie bietet sich jetzt, wenn nicht Alles täuscht, in den zalilreicli erlialfen(>n Verzeichnissen von eliscluMi Opferbeamten für niclit hieratische Darbringungen, das heißt Leuten, denen der Opferdienst in Olympia oblag, so weit er niciit an einen bestimmten Tempel gebunden und dazu besonders eingesetzten Priestern oder Priesterinnen übertragen war.-) Die Vcrzciclinisse standen auf rechteckigen Marmortafeln von der (Iröße eines mäßigen Fensterflügels-'') und geringer Stärke, und diese Tafein waren an den Wänden des Prytaneion i)efestigt, welches die Sakristei von Olympia bildete. Mit einzelnen Unterbrechungen reichen die Listen von Ol. 18(5 (35 V. C.) bis Ol. 2lil (2ii5 n. C.| An ihrer Spitze steht eine Angabe der Zeit, in der die Beamten den Dienst zu besorgen hatten. Von den auf- gefundenen 84 Urkunden (Olympia, Textband V n. 58 141) sind die meisten verstümmelt: in vielen Fällen fehlt gerade die Datierung. Indes reicht das Erhaltene für unsere Zwecke aus. Vierzehn der Verzeichnisse nändich haben als Überschrift die Worte: liSTexexttQov ml fieiu riqv (Zahl) 'OlvitiridSa; zehn die AVorfe: ^isTfxsxsioov tov ttqo ryg (Zahl) 'O/A'/imäcloc: zwölf die Worte: cnl tlc {Zi\\\\) 'O/.iiiijtk'iSoc. Eine aber (n. IK!) enthält ausdrück- lich die Angäbe sxf^xiJQco rw xarü rr]v ßvy' '0?.vfiTTii(6a: Ol. 253 ist 233 n. ('. Eines der Verzeiclinisse endlich (n. 211) hat als Zeitbestimmung: 'A^ctvauo TcJ iiera it]v ait/j ['Okvnmüöa]: Ol. 248 ist 213 n. C.^)

1) Ditteubevgev, Syll- n. '87, lOS. -227; i;00, C; vgl. G4G,70f.

2) Aristot. Pol. 3,9,7 rwr 'yiaii'jv. ornu ii'ij \ti>nTiifu'i ; vgl. Hesyoli. (^rj,uoTi/.7j h()ä, eii « &vf(ccTcc S'iSu>i}iv ')/ nli'/.u. Priester güb es in Olynipiu außer dem, in späten Inscbriftmi (V, n. 433. 437) gi'naiinten, des Zeus, niclit. Eine Priesterin hatte ilie t'iuiniynaia und, neben einer betagten Pflegerin, der Daininn Siisi])ulis. Die Basilen beim Kronosopfer und die Sechzehn Frauen darf man nur mit Einschräidvung als priesterliche Angestellte bezeichnen.

3) Die Breite schwankt zwischen 0.2G und 0,.'j8 m, die Höhe zwischen 0,41 und 0,91 m. Man benutzte gern schailiiafte Dachziegeln des Zeustempels. Von den erhaltenen Stücken sind 1-2 im, i) am Prytaneion, die meisten antleren in dessen Nähe gefunden. Vgl. die Abbildung unten S. 208.

4) .«ET« r'iiv (Zahl) '0: V n. 05. 7(1. 73. 79. 91. 92. 9G. 98. 10-2. 103. 110. 114. 117. 126; TiQo xiji (Zahl)'O: n. G4. 81. 84. 95. 99. 104. lOG. 109. 115? 121; tn'i Tili (Zahl)'O: n. 59. 75. 82. 90. 97. 108. 118. 120. 122. 123. 124. 130. /leif- xe/eiQov schreibt n. G5. 79. 92: itfitxf/fiijoj n. 91; fiiTfxt/tlij . . n. 94; iieTi>!(/!j(JOv n. 64. 84; /leTtxe/JiiiM n. 102. 104. 110. 117. 121; aezext/J/ . . n. dö. 103; <u

Beiträge z. alten Geschichte V2. 14

87

2Üti Ludwiq Weniger,

Daß der Ausdruck i^ttu/.t'xetQov oder netaxexrjQov die Zwischenzeit zwischen ZAvei aufeinander folgenden Ekecheirien bezeichnet, leuchtet ein, und ebenso, daß der Ausdruck ixt'xrjQov in n. HG von cxextiQÜi nur in- soweit verschieden ist. als er nicht den Gottesfrieden seinem Wesen nach, sondern ausschließlich die Zeit desselben bezeichnet. Die Datierung enl Ttjg (Zahl) 'O'/.vunuiSoc bedeutet daher das Gleiche, wie die vereinzelte ausdrückliche Angabe exh^r^Qw toj xura Trjv (Zahl) 'OXv/imä^a in n. 116.

Die vierjährige Periode ist sonach in drei Teile zerlegt gewesen: erstens das Ekecheron oder die Ekecheiria derjenigen Olynipienfeier, welche darin eingeschlossen war: zweitens den darauf folgenden Abschnitt, näm- lich das Metokecheiron nach eben derselben Olympiade: drittens das Metekecheiron vor der nächsten Olympiade, genauer, vor der Ekecheirio der nächsten Olympiade.

Es hat sich kein Beispiel erhalten, welches mit klaren Worten das Metekecheiron vor einer Olympiade, die Olympiade seil) st und das Mete- kecheiron nach ihr vorführte. Dagegen sind von Ol. 211 (05 n. C.) die Beamten im Vormetekecheiron und in der Olympiade selbst (n. 81. 82), von Ol. 223 (113 n. C.) die in der Olympiade und im Nachmetekeclieiron (n. 90. 91), von Ol. 231 (145 n. C.) und von Ol. 247 (209 n. C.) die im Vor- und Nachmetekeclieiron. ai)er nicht die der zugehörigen Olympiade erhalten. Die Frage, ob der Ausdruck /itr« ri^v . . 'O^.v/tnidSa und ngb Tiijg . . ' OlvnmüSoi in gleicher Weise jeder die ganze Zwischenzeit ohne Unterscheidung bezeichne, insofern, als es auf das Nämliche hinausläuft, ob man beispielsweise sagt: in der Zwischenzeit nach Ol. 100 oder vor Ol. 101') bleibt solange unbeantwortet, als nicht ein Fall nachweisbar ist, in dem das Nachmetekeclieiron einer bestimmten Olympiade und das Vor- metekecheiron der nächsten bezeugt sind. Freilich spricht der Umstand, daß nahezu gleich viel (10 1 der Urkunden durch die Worte nqb tl^c. . . '()/.v[intddug und (14) /.leid lijV . . 'Okvii/uüda datiert sind, dafür, daß keine bloße Laune des Aufschreibenden einmal so, das andere Mal so sich aus- gedrückt hat, sondern daß wirklich der Zwischenraum von einer Ekecheiria zur andern in zwei Teile gespalten war. An einem ausdrücklichen, urkund- lichen Zeugnisse aber fehlt es. Doch läßt sich an den Verzeichnissen der Gruppe um Ol. 241/242 (185 bis 189 n. C.) der gesuchte Fall durch Schluß- folgerung nachweisen. Die Datierung der Liste des Nachmetekeclieiron von Ol. 240 (181 n. C.) ist nämlich erhalten in n. 102: [MsTex]sxeiQ<" tcj /ler« Tip' Oft' ['0Xv/iniä6cc], ebenso die der Liste des Vormetekecheiron von Ol. 242 (189 V. C.) n. 104: [Mei]By.extJQO) tuJ ttqÖ [rrj? GJfiß' 'Olvfimäciog. Zwischen

II 117. r.'ö. 12G. 128. Die Schreibart ii<t/ijyiu für ixt/eiotct findet .sich auch sonst; vgl. Ditteiibeiger, Syll- \ n. 2.08, 33. 40. 48 neben Z. 15 in einer Insclnift von Magnesia. CIG. 1 n. 1688, 48. 49 in einer In.sclirit't von Delphi.

1) Wie es das Gleiclie ist, ob einer sagt 35 Minuten iiacli 5, oder 25 Minuten vor 6 Uhr.

88

Das Hochfest des Zeus in Ohjnipia. 207

beide gehört n. 103 mit der Überschrift [Mtrf]zex';[eH ^"^ ;"*'" ('''"^^ Übrige ist wcggebrophon ). Die Liste ergibt nun aus sirlicren Anzeichen, daß hinter /neiü zu schreiben ist .rljv atiä 'OXvjtnidda'. Denn daß dies Verzeichnis früher ist, als n. 104, beweist der Umstand, daß in 104 der- sell)e Spöndoplior und Epispondorchest vorkommen, und zwar mit der Ziffer der Wiederliolung (lo ß')\ daß n. 103 aber nach n. 102 gehört, ergibt sich aus der Tatsache, daß in n. 102 als Exeget neben dem, allen drei Listen gemeinsamen, M. Antonius Polykleitos noch Ti. Claudius Maxi- mus auftritt, in n. 103 dagegen bereits ein neuer, Cassius Vegetus, wie in n. 104. Ferner findet sich unter den Sehern in n. 103 der Klytiade Kksofiaxog KXeofiäxov zum ersten Male, nie zuvor. In n. 104 steht gleich- falls Kleöftaxo, aber der A'atername ist weggebrochen; daß nun aber als Vatername ebenfalls KXeoiidxov zu ergänzen ist, nicht lloXvßiov, wie Ditten- berger schreibt, geht meines Erachtens aus n. lOO von Ol. 245 (201 n. C.) hervor. ') Demgemäß haben wir in n. 103 das Metekecheirön nach Ol. 241, in n. 104 das Metekecheirön vor 242 und damit den Beweis, daß Vor- mctekecheirön einerfolgenden und Nachmetekecheiron einer vorhergehenden Olympiade nicht einen und denselben Zeitraum bezeichnen.

Wo nun aber in dem Zwischenräume zwischen zwei Olympiaden der Einsclinitt gemacht worden ist, der sie trennte, und ob ein Nachmeteke- cheiron annähernd ebenso groß war, wie ein Vormetekeclieiron, läßt sich aus den vorhandenen Nachrichten nicht bestimmen. Völlig gleich können beide niclit immer gewesen sein, da die eine der beiden Teti'aeteriden einer olympischen Oktaeteris 49, die andere 50 Monate umspannte. Es können aber auch Gründe vorliegen, nach denen die beiden Abschnitte sehr wesentlich von einander unterschieden waren, der eine lang, der andere kurz bemessen. Zum Beispiel: das Vormetekecheiron könnte in dem Monate anfangen, in welchem die Vorbereitung der Hellanodiken und wahrscheinlich auch die AVebezeit der Sechzehn Frauen begann, zehn Monate vor dem Hochfest, also im fünften Monate des elisch-olyni- pischen Jahres, der dem attischen Jlaimakterion entspricht.'-') Aber eine Bestätigung dieser Vermutung fehlt.

Somit waren die Verzeichnisse der Opferbeamten chronologisch nicht ohne Bedeutung. Erfüllten sie zunächst den Zweck, nicht bloß nach fort- laufenden Olympiaden, sondern auch nach zwischenliegenden kleineren

U Die Vierzalil der Selier und das Auftieteu eines Sklaven des Zeus unter den Epispcmdorcliesten findet sieli auch siiiiter. Insclirilt n. 114 bietet Mitexe- xlieiu TW ftsra t[>jv a]yc't '0>.vfmiäSa, n. Mer . . . aiß' 'OX . . .; die entscheidende Praeposition felilt.

2) P. 6,24, .3. Zehn Monate Vorbereitung wurde auoli von den Atlileten ver- langt und mußte eidlioli versichert werden; F. j, 24, 9. Die Webezeit der attisclien Priesterinnen und der Arrliephoren begann aiu 30. (29.) Pyanopsion: Efyni. M. V. Xtt).xela.

14* 89

208

Liiihcig Weniger,

Absclinittcn, die verantwortlichen Vertreter der lieiligen Verwaltung für Vergangenheit und Gegenwart jedermann kund zu tun und dadurch diese

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VKKZEIlHNlS KLISCHEK upFEKliKAMI E.\ VUK OL. 18'J (24 V. CH.)

Bieile: 0,41. Hühe: U,ül.

N.\CH OLYMPIA TEXTBAND V N. 64.

selbst zu sicliern, etwa in Art der Anniversarien, d. i. der kalendarisch geordneten Seelgeräte an christlichen Kirchen iin Mittelalter, so konnten sie doch auch benutzt werden, um solchen gegenüber, denen die bunte

90

Das Hochfest des Zeus in Oli/nipia. 209

MannififaltiRkoit der Monate von Elis und andoien [.ändern unbekannt war, die Zeiten s'e'i'T'P'' zu liestininien. als es durcli die Olympiadenzalil geschah. Aufgeschrielien waren nacii der Überschrift ./(oc tegci und der eben behandelten Zeitangabo zuerst die Namen der Thcokolen, immer drei an Zahl ; ihnen entsprachen drei Spondnphnren und dr(M b>pispondor- chesten. Diese drei Beamten. Theokol. Spondophor und Epispondorchest, bildeten ein Ganzes, das in jedem der drei Abschnitte, Vormetekechciron, Ekeclieiron und Nachmctekecheircni. immer von neuem ersetzt wurde. Gewöhnlich standen sie in verwandtschaftlichem Verhältnis als Großvater, Vater und Kukel. Erbliche Kleriker und darum ständig wiederkehrend sind die Seher, meist gleich viele ans dem Geschlechte der lamiden und der Klytiaden. zwei, manchmal vier. Auf Lebensdauer angestellt sind Exegeten oder Periegeten, einer, später zwei. Außerdem linden sich angeführt Elötenspicler, einer, später mehr, meist drei, der Schreiber, der Holzwärter, mitunter auch Nebenbeamte, als Tagesopferer, Kleiduchen, Baumeister, Weinschenk. Koch. Arzt.

5. Das Ekeclierou. Der Beamten, welchen die regelmäßig wiederkehrenden Opferumgänge in Olymiiia übertragen waren, gedenkt auch T'ansanias. Nachdem er die olympische Altarperiegese zu Ende geführt und den uKniatlichen Opfer- ritus beschrieben hat, fährt er (ö, 15, (i) also fort: Die Opfergeschäfte liegen dem Theoknien ob, der für jeden Monat das Amt hat, und den Sehern und Spondophoren, ferner dem Exegeten, Flötenspieler und Holz- wärter: /tf'Afi 6e tc) eg rag ^vaiag itei]7.6/.(i)^) re, og em /ttjrl. fzätfriu rr]V iifitp' exei. yM itdrnai xat OnovdoffoQoig, eu Se e^t^Y^iifj re xal allr^tri xa't

Diese Stelle bildet den Schlüssel für die Bemessung der Ekecheiria. Denn aus ihr ergibt sich, daß der Dienst der drei Theokolen monatlich gewechselt hat. Die drei Theokolen jedes Verzeichnisses haben eine Amts- zeit von zusammen drei Monaten, in der sie einander monatlich ablösen, so daß in den Metekecheiren nach Ablauf eines Vierteljahres allemal der erste Theokol wieder antritt. Die Reihenfolge der Theokolen in den Listen ist eine ganz bewußte und stimmt mit ihrem Monatsdienst überein: dies geht aus den Beziehungen zu den Spondoplnnen und Epispondorchesten in den Listen hervor. Da nun auch in n. 1 Iß, in der die Beamten des Ekecheron selbst verzeichnet sind, sowie in n. 59. 75. 82. 90. 97. 108. 118. 120. 122. 123. 124. 130, in denen ebendasselbe mit den Worten enl Ti]g (Zahl) 'O/.vumdSog ausgedrückt ist, allemal drei Theokolen an- geführt werden, so muß man schließen, daß auch das Ekecheron drei Monate umfaßt hat. Hätte es nur zwei gedauert, so wäre man mit zwei

1) Die Insclinfteii scUrelljun das Wort ,9eo>to/.o.;: nur n. 123, 2 hat ittijxö>.o(.

91

210 Luduig Weniger,

Theokolen, Spondopluupii, E]iis]iim(liircheston aust;pkoiiiiiH>n. Dali das Ekecheron aber sechs, neun (kUt nocli melir Monate iinispaniit liahc. wird Niemand behaupten.

Die drei Mouatc des Ekeclieron wird man auf den Olympienmonat und die beiden ihm vorausgehenden zu verteilen haben. Dies ist also die Zeit des Olympischen Gottesfriedens gewesen. Demgemäß umfaßt die Ekecheiria der ungraden, d. i. der Apolloniosolympiaden, den Monat Aj)ollonios selbst, also den zweiten des Jahres, ferner den ersten desselben Jahres und den letzten, dreizehnten, des Vorjahres, welches ein Schalt- jahrist. Die Ekeclieiria der graden, d. i. der Partheniosolympiaden, umfaßt die drei ersten Monate des Jahres, ncämlich den Parthenios selbst, den Apollonios und den Anfangsmonat.

Das Auffallende, daß den Beamten des Ekecheron selbst bloß drei Monate, denen der beiden Metekeclieiren so viel längere Zeit im Amte zu wirken oblag, erklärt sich wohl aus der billigen Forderung, daß die Einkünfte ausgeglichen wurden. Es war üblich, daß bei den Opfern die voll- ziehenden Priesterschaften nicht leer ausgingen. Außer einem Anteil am Opferfleische bildeten die Felle des Opferviehs, vielleicht auch eine zu zahlende Gebühr an Geld, eine nicht zu verachtende Einnahme. Daß Seher und Holzwärter Opferanteile erhielten, erwähnt Pausanias ausdrück- lich beim Enagismos für Pelops (.'i. 13, 2): gewiß mußten aber auch die vornehmen Oberbeamten, die den Staat vertraten, berücksichtigt werden. Nun drängte sich die größte Masse der Darbringungen natürlich in die Zeit des Hochfestes, also in das Ekecheron. zusammen. Es darf angenommen werden, daß die Einkünfte dieser kurzen Zeit jenen der langen Metcke- cheiren nahezu entsprachen: geschah es nicht ganz, so war dafür auch die Amtsdauer eine kürzere. Alles in allem war das Amt für die liturgisch geübten elischen Adelsgeschlechter freilich nicht so sehr eine Last, als eine vielbegelirte Pfründe, die auch Ansehen und Einfluß brachte. Wer von den neun Theokolen und ihren Zugehörigen das Ekecheron oder einen der Zwischenabschnitte zugewiesen erhielt, wird billigerweise das Los ent- schieden haben'), ebenso wie die Monate innerhalb des Ekecheron und entsprechend die des Vor- und Nachmetekecheirou in gerecliter F'orm ver- teilt gewesen sein müssen.

So haben wir für die Zeit der olympischen Ekecheirie eine F"rist von drei Monaten ermittelt. Das Ergebnis wäre als sicher zu bezeichnen, wenn man bestimmt wüßte, daß die Obliegenheit jedes der Theokolen, einen vollen Monat seines Amts zu warten, ohne Ausnalime bestanden hat. Man könnte sich vorstellen, daß die Ekecheirie etwa zwei Monate gedauert hätte oder, wie in Eleusis. auf öä Tage beschränkt gewesen wäre, und daß dann von den drei Theokolen des Ekecheron einer oder zwei

1) Vgl. inr/.a/iui'. Ol. V n. 107, 3.

92

Das Hochfest des Zeus in Olympia. 2J1

den Opfonlioiist hpsoi-fitcn, walinMul der zweite oder dritte, oder der dritte allein, in dieser bedrängten Zeit anderweitig beschäftigt war. und so ließe sich für den Gottesfrieden eine kürzere Dauer anneinnen, so nändich, daß die drei Monate zwar die Ekecheirie in sich schlössen, aber über sie hinausreichten, und doch könnte man die Zeit als Ekecheron bezeichnet haben, weil sie im wesentlichen durch dieses erfüllt war.

Eine solclie Auffassung sclieint durcli das Beamtenverzeiclmis n. ! 1 1 gestützt zu werden, das als Zeitbestimmung die Übersclirift trägt: 'Aifaraim TW /ifr« Tr,v Giiiq \'(y/.vnmäStt\, insofern, als es einen einzigen Monat angibt und doch drei Theokolen aufzäidt. Man sollte daraus schließen, daß sich diese drei in die Gescliäfte des einen Monats Athanaios geteilt haben, und könnte daran die weitere Folgerung knüpfen, daß so auch in den Tagen des Ekeclieron einer der Theokolen den Opferdieust, die beiden andern sonstige Verriciitnngen ül)ernahmeu. Dem widerspricht doch aber die ausdrückliche Nachriclit des Tansanias. Und aucli anderwärts in Griechenlaml waren äiinliche Opferbeamten mit Monatsdienste betraut uiul wurden geradezu als f,T(/(»;'r(0( bezeichnet.') Die Datierung '/<i'«rßt'(i) steht in den olympischen Listen so vereinzelt da, daß man gut tun wird, daraus keine folgenreichen Scidüsse zu zieiien. Es ist möglich, daß die iieiden, in Olympia gerade nicht besciiäftigten. TlieokoJen neljst den zugehörigen Spondophoren und Epispondorchesteu uiclit bloß damals, sondern über- haupt, in Stadt Elis und auf dem Lande Dienst hatten. Wer kann aber auch sagen , welche besonderen Umstände in jenem Zeiträume nach OL 248 (213 n. C.) unter Caracalla die Änderung veranlaßten-)! Vielleiciit liegt indes aucli ein VerseluMi des Schreibers vor, der statt Mere/.txijno] den laufenden Monat, in dem er die l^rkuiide schrieb, einsetzte: wenigstens ist die Bezeiclmung '.'ilhjVaii'j i«! item li^v 'OXv/imdSa eine selir wimderliche.

Es bleibt, alles erwogen, das Xatürliclic, daß der Monatsdienst in Olympia in der Zeit des Ekecheron ebenso regelmäßig dnrchgeführt wurde, wie in den Vor- und Nachmetekeclieiren. und daß die Ekecheiria somit die drei Jlonate ruml und ganz ausfüllte. 'Shxn gewinnt sogar den Ein- druck, daß der dreimonatliclie Turnus in den Vor- und Nachmetekecheiren überhaupt auf nichts anderem, als der alten Anberaumung des Ekecheron und dem AVechsel der Beamten in ihm. beruht.

1) He.sych. fTii/iljrioi' o) h^nnowi. f'xre?.eiTo di neu &ialcc r(,' r'ni/xtjvia, ?/ xfirrt lirjva t;i roviiijvlq aiiref.otfttr)/. Beispiele Dittenberger Syll.'' 140,7; 614,87; (Ul,24; 645, 1. 21. 25. 38. 45. 53. 58; 734, 65. 68. 139. 142; 735, 9. 17. Steugel, Kulttis- altertihner' S. 45f. Hazu da.s Verbum ^Tiiiuifieveiv CIG. 11 n. 2448 p. 364, IV 16. 32; n. 3641. b,5. 9.

2) Auch zur Zeit Neros waren Abweichungen eingetreteu; vgL Inschr. V u. 287: [oi inl tov iS£vt^()}ov cctxo rijg [iWpojiog] KalaccQos i[7tt6tjf.i!cig irtavrov &]fo-

xöXni J{exfiog) 'lovvtoq 'Enivixog, M[ | , Jio]vvaiog) Jd '0).vfmiu>

a\v(9)ix(n']. Der Name N'ero.s ist .später ausgekratzt worden.

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212 Ludwig Weniger,

Für eine Dauer des (ilyiii))ischen Gottesfriedons von drei Monaten scheint auch eine Bemerkung des Joliannes Tzetzes in einem Schohon zu den Postliomerica (763) zu sprechen, das Dodwell und ans ihm K. F. Hermann') für andere Zwecke beigehracht haljen: /tByaxixXovc ick 'OXvixnidSai; elsyor, oii itaiä ntvnqxovru firjvag creXovvto ra 'OXvama. (SvrsatijffciTO d' uviic 'llQir/JSfi' Trn^J/iu)-) de Ivl/elaac fc rOrsonr (I'eidmv xai " E(f>i i OK nähv ävf/.xi](iuvio, 'Uqax'/.eiov iitjriic or;oc fr Je/.cfoTc, Ath'jrijai äs OttQYrjXtwvog, öydöj] ov (fi'Jivonoc i] TQoia edlw.

Mit "E(f'£Toc ist Iphitos gemeint.'') Zu kvi^eiaac muß 'OhißjitüSag ge- dacht werden. Die Znsammen.stelhing des fpliitos mit Pheidon ist niclit so verkeiirt, wie es zunächst sciieint. Nach der Üljcrliefcrnng bei Phlegon war es, wie wir oben sahen (S. ISti), König Iphitos, der Ol. 7 den Kranz als Siegespreis auf Geheiß von Delphi eingeführt hat. Nach Pausauias ((i, 22, 2) aber war Pheidon Ol. 8 Agonothet.-*)

Daß das Scholion aus einer Quelle fließt, die gutes chronologisches Wissen enthielt, sieht man ans der Erwähnung des delphischen Monats Herakleios und seiner zutreffenden Gleichstellung mit dem attischen Thar- gelion: denn außer dem Bysios ist keiner der delphischen Monate bei einem der bekannten Schriftsteller je erwähnt worden. Erst in der Neuzeit konnte die Monatsreihe von Delphi aus Inschriften festgestellt werden. Das Schohon sagt also:

.Als die olympischen Feiern später durch Krieg eingegangen waren, erneuerten sie Pheidon und Iphitos wiediM- zur Zeit des Monats Herakleios in Delphi, Tliargelion in Athen, an dessen 23. Troia erobert worden ist.'*)

Der Herakleios ist, wie der Thargelion, der elfte Monat des Jahres und entspricht ungefähr dem Mai. Die Olympien wurden abwechselnd im Apollonios und Parthenios. die im Groben dem August und September entsprechen, gefeiert. Es ist also ganz unbegreiflich, wie Jo. Tzetzes oder seine Quelle die Erneuerung des Festes drei oder vier Monate früher an- setzen konnte. Auch an die athenischen Olynipieien ist nicht zu denken; denn diese fielen in den Munychion. Die Erwähnung des Iphitos zeigt den Ausweg: denn sie veranlaßt, an die Ekechcirie zu denken, die seinen Namen unsterblich gemacht hat. Die Ekecheiria der Apolloniosolynipien und als solche muß man die ersten, von Iphitos gefeierten, nach dem

1) Dodwell, De velerihus Graecoritm Bomanorumque cijcUs, Oxouiae 1701 p. 804. K. F. Hermanu, De nnno Delphico 1, 3. Dodwell erhielt das Fragment der Pcsthonierica nebst dem Scholiou von Pxhiard Bernard, dieser von Richard Rentley.

2) So richtig K. F. Hermann, überliefert jioUihov.

3) Der Name auch .sonst verändert; s. oben S. 187 A. -'.

4) Über Pheidons Agonothesie s. Bu.soldt, Gr. Gesch.^ l, G15, 2.

5) Troia,s Fall wird auf den 12. Thargelion, von andern auf den 7. vom Ende ge.setzt; doch findet sich auch der Ansatz auf den 8. v. E. bereits im vierten Jahr- Ininderte v. C; vgl. A. Mommsen, Vhronol. 329.

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7)o6- Hüchfid des Zeu>< in Oh/inpia. 213

IriiluT Entwicki'ltcii ' 1 aiisclicii iiinfaLit. wenn sio drei Miiiialc liauerte, (icii 12. Monat dos Vorjalires mit. reicht also an den II. Iicran nnd konnte sehr wdIiI noch in den 11. des delpiiiscli-attisciien Jaiires. d. i. also in den Heraklcios-Thargelion. Iiiniibersreifon. Demnach würde das Scholion die dreinionatlanse Dauer des (iottcsfriedens. auf welche die olympischen Inschriften führen, bestätigen.

Hierher gehört ferner die, in der ilan]itsache leider verderl)te, ans Africanus geflossene, Stelle hei Synkellos 3(i'.). 17:

Tuviov xäntv /«! "/(fiToc xujijyyetlE x^v fxsxnQicv i'ru i;liFo<i> iQO'Jii XQi^a'Jm vwi ' Uoax/Jovc. yMi X'^^'J'^^i C(/./.>J/o(c ovx i:/ie'(ftQ<ir. i<iv dt dV"'!« lEte/.extv "IffiTog ' HQaxküSrig ovv Av/.ovqY"^ OvyYBVH' ixaikooi yÜQ ' IJi>a- xketSat.

Damit stimmt Ensehios Chron. 1 |i. HU Seh.: xniwv X"!?'»' f'/i^og y.utriyyei/.i- iiv e/.exiioiuv xai tov äymva rneTfltae ohv AvxovQym njl Aaxe- (Jcd.uoi'tio avyysreT jvyxnvuvif dßfpoteQoi yäo ü<p' ' H^ax/Jovc. Hinter rxe- XeiQidv ergänzt A. v. Gutschniidt aus Synkellos, den Znsatz emendiereiid: im i'jiifQwv iQontjg (oQiddca vrc'o ' Hqux'leovc^ xat X^'Q'^i ('('^h'jXoig ovxexi enf(peQov.~)

Daß in den unverständlichen Worten tirl /;/(f(.Hj} H>f"J'fi XQria'Jui eine Zeitangabe versteckt liegt, leuchtet ein. Ich vermute, daß hinter ftxi ein Zahlzeichen ausgefallen ist, und zwar nr,, d. 1. 88, das, itacistisch ge- sprochen, als Wiederholung der letzten Silbe von inl erschien, und lese demnacli: xovxov X"?'»' Iffixoc xaTijyet/.E rqv ^xfxfipwd' inl nr^ r'j/^ieQMv xQoni]g iitqiaiyai. vno 'llQuyJJovc' xai x^^Q«i ä^Xtj/.oic oi'xext ene(fCQOv. Der letzte Satz gibt die Erklärung des Wortes exs-xfiQoa. ntj, d. i. HH, bedeutet die Summe der Tage von drei Monaten, wenn man zwei zu 2!*, einen zu 30 reclniet. Der Sinn der AVorte bei Eusebios wäre also: .Demzufolge verkündete Iphitos, daß der (iottesfriede von Herakles auf den Wechsel von 88 Tagen anberaumt sei. und sie legten die Hände nicht mehr an- einander. Auch den Wettkampf vollendete er mit dem Lakedaimonier Lykurgos, seinetu Geschlechtsgenossen: denn beide stammen von Herakles."

Es war oben S. 189 bei der Berechnung des Kallimachos die Ver- mutung ausgesprochen worden, daß die Olympien in der Zeit von Iphitos bis Koroibos nach Ennaeteriden gefeiert worden seien. Daß der von Iphitos eingerichtete (iottesfriede damals schon und überhaupt von vorn herein, die Länge von drei Monaten gehabt habe, braucht mau nicht in Zweifel zu zielien. Denn war auch der Agon vor alters kleiner, so waren die Opferdarbringungen, wie die h'unde in der Altis beweisen, um so größer. Da erscheint es denn von Bedeutung, daß die drei Monate des Gottesfriedens genau der Schaltzeit der Oktaeteris entsprechen, und

1) Hochfest II, Beiträge V S. '2 ff. xai n^win '0}.v/i7iia clyetai 1] /.ujvl.

2) Schoene: ,Arnienius haec pariter corrupta legit; emendavit A. i: G.'

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•_'14 Ludwig Weniger,

man crkcniit den tipforcn Grund, weshalb die Ekecheirie auf dieses Maß anberaumt war: es ist die heilige Julzeit und recht eigentlich kathar- tischer Art, welche die Unterschiede in den Verhältnissen der beiden Zeitmesser. Mond und Sonne, wieder ins Gleiche zu bringen hat und daher der Gottheit lieb und angenehm ist. l^'rieden schaffend auf Erden und den lleuschen ein Wohlgefallen. Als man späterhin von der ersten Olympiade des Koroibos ab. wie oben angenommen wurde , die Oktaeteriden in zwei vierjährige Perioden zerlegte, ließ man die. drei Monate lange. Frist für den Gottesfrieden unverkürzt bestehen, obgleich die Schaltmonate nun auf das dritte, sechste und achte Jahr der Oktaeteris verteilt wurden. Denn diese Frist war bei den Theoren von nah und fern eingelebt und entsprach den Bedürfnissen. Eine Einschränkung hätte unter Umständen bedenkliche l''olgen gehabt. Mit Einführung der Pen- taeteris wurde vielleicht schon damals der Monatswechsel zwischen Apollonios und Parthenios verbunden.

(!. Die S|>oiulopliorie. Die (^pferschenken von Olympia hießen Spondophoren. Es waren drei an Zahl. Sie begegiU'U in den Opferlisten regelmäßig mit den Theokolen und als deren Gehilfen, denen die Weingüsse bei den Opfern darzubringen oblag. Sehr häutig sind es Tlieokolensöhne im Maunesalter. von denen oft wieder eigene Söhne als Epispondurchesten mitwirkten, d. i. als Ministranten, die dem Yater und Großvater zur Seite standen, beim l)rennenden Opfer den Altar tanzend umkreisten •) und sich, zuschauend und kleine Dienste leistend, für eigene Priesterämter der Zukunft vor- bereiteten. An derselben, je nach dem ersten, zweiten oder dritten, Stelle, an welcher der Theokol aufgezeichnet war. findet sich sein Sohn unter den Spondophoren. und dessen Sohn wieder unter den Epispondor- chesten. In Ermangeinng von Kindern waren Neffen oder Söhne von Freunden zur Verfügung, Sprossen des elischen Priesteradels, dessen Glieder durch verwandtschaftliche Beziehungen einander nahestanden. Man darf daraus schließen, daß die Theokolen zwar durch ein Wahlverfahren zu ihrer hohen Stellung gelangten -|. daß es ihnen aber überlassen war, Söhne und Enkel als Gehilfen zu den genannten Ämtern zuzuziehen, und es ist an- zunehmen, daß man ein solches ^>rllältnis als eine Art Amphithalie ansah, die Segen brachte und die Huld der Gottheit bezeugte. Daß die Wahl des Siiondophors nicht durch den Staat erfolgte, sondern ein Schritt er- laubten Nepotentuins war, geht auch daraus hervor, daß Väter oder Mütter iOL \ n. 413f.j ihrem Spoudophorensohne Bildsäulen setzten, von denen

1) Ell/m. M. p. 690: iTiOii/iincTa rif- itriya nn).n' llfynv ü(i/oi/iiroi xcc'i rpt- /otTfi xvx'/.v) xov ,-to)itov ifcioiihrior rwr ifoiyi'.

2) Sie konuten auch wieder gewcälilt werden; dalier koinineu als Theokolen mehrmals dieselben Männer vor, als Sinindophoreu aber nicht.

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Das Hochfest des Zeus in Ohpnpia. 215

Inschriften iiik-1i vniiiandcn sind. i.cliiToicli ist der eine T'iitersatz, auf doiH das Standi)ild eines anfiesehenen l^leiors vom Staate, das seines Soiuies. des Spon(io|)horen, vom Vater errichtet war (n. 431 f.). Der Staat hatte amtlich nichts mit der Ernennnnii znm Spondophorenthenste 7.n tiin.M Die Stelluni;- der Spondopliorm war insofern von srol.^er Bedeutnnj»-, als denjenigen von ihnen, welche durch (iunst des Schicksals und Wahl der Theokolen in einem Vormetekcclieiron zum :\Ionatsdienst heransezoRen waren, zusleich die Pflicht oblag, den am Hochfeste teilnehmenden Ge- meinden die olympische Ekecheirie anzusagen.-) Der (Ic.ttesfriede wird in Olympia, wie anderwärts, häufig als annv<)ai bezeichnet.-') Der Ausdruck bedeutet in viel gebrauchtem übertragenen Sinn einen Vertrag. Aber die Ekccheiiia wurde nicht alle vier Jahr abgeschlossen: denn das war ja bereits in grauer Vorzeit geschehen, zunächst für die ersten Teilnehmer durch Iphitos. KIcosthenes und Lykurgos. Sie war somit als gottesdienstliche Einrichtung vm-handen und an die heilige Schaltung gebunden. Demzufolge wurde sie allemal bloß an- gekündigt ((Vye'/Aen-. iixayyaXeiv, n^QianeU.Bn'). Die Verpflichtung zur Teilnahme an den Olympien und das Recht dazu auch für andere Gemeinden, als die alten Eidgenossen Elis, Pisatis und Lakedainnm. be- ruhte auf einer, jede derselben in gleicher Weise, wie die ersten drei, bindenden, feierlichen Vereinbarung. Eine solche wurde nach hergebrachter Sitte unter Darbringung eines gemeinsamen Trankopfers aus gemischtem Wein abgeschlossen oder als so vor Alters abgeschlossen vorausgesetzt. Dabei mitzuwirken, war der Opferschenken Amt. und zur Erinnerung daran blieben sie auch weiterhin zu Herolden bestimmt, die zur gesetzlichen Zeit als .heilige Boten- auf den alten l'rozessionsstraßen in die Bundeslande zogen*) und die Ekecheirie ansagten {aTfovS'^tjootm oder am,r^}]if,ooevi). Wie es scheint, wurden sie vorher vereidet und mit Empfehlungsschreiben der heimischen Behörde versehen. 5) Es ist kaum zu bezweifeln, dal.i die Ansage mit einer, dem Titel und Amte des Überbringers entsprechenden. Förmlichkeit geschah. Der Spondophor war bekränzt«), natürlich mit dem

1) Wie Achilleus und Tatroklos dem Peleus {II. 11,772», dieSölnie de.s I.aokoon dem Vater, als gegebene -ißMfo h>p' hnlr.i zur Seite standeu, so mochte sich auch iu Olympia das Verhältnis auf Grund alter Sitte entwickelt haben.

2) Phlegoil, FHG.IU, (^03: xii\ iinoctTcctv i-xf/fit;'"'-^' ('yy-''-''' ^'-'^ rtö>.fni tkI? i^ov/M/di-aii fiezlytiv zov c.yiovoi.

3) Z.B. Thuk. 5, 40 mehrfach '()/.vii:iir.>;i:'i r,R„v<U'.i; Aesch. äc /'. le;j. \i: vgl.

Xeu. EM. 4, 7, 2 f.

4) xa.ttvxei ihQt'.v Piud. I. 2, 33: ■iumyyii.or ihmfjin nyyM.orzH rai -CTor-f«?

Hesych.

h) Vgl. die eleuslni.'^che Inschrift Dittenb. 5'//?/.- n. 605, T; .i87, A. 80. Ver- eidet: CIG. 1688, 13 in Delphi.

G) So die Spondophoren der Nemeen, Xeu. HM. 4, 7, 3 oi 'AoytJoi infuwr.v, WOTKQ tUhittauv, taxtifavoy^dvovi dio xlnivxc.c VTie^xpk'orzac anon'iaq.

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216 Ludwig Weniger,

KotiiKis: er triij;- ciiipii Heroldstnl) ') und fiilirto vielleicht auch ein Opfer- ijcfäß von E(lolnietair-). ans dem er. am Bundesort angekommen und aufgenommen an öffentlicher Stelle, nämlich dem Prytaneion. wie er selber vom olympischen Prytaneion, dem Amtsgcbände der Opferbeamten, ausgegangen war . dem Priester oder bevollmächtigten Beamten in die hingehaltene Schale den Opferwein eingoß, den jener in das heilige Feuer der y.mrri emia ausschüttete.-') Somit wäre von beiden gemeinsam den Göttern der Opferguß dargebracht worden. Xwl diese Weise wurden die anovdai zum Bündnis und die Teilnehmer zu ön6(JrTov6oi. zwischen denen alle Zwietracht aufhört. Denn gemeinsames Opfern setzt Freundschaft voraus, und die (lottheit verlangt Frieden unter ihren Verehrern auch im Heiden- tnme. Bei Völkern geht die Befriedung ins Oroße. und so gestaltet sich das dargebrachte Trankopfer immer von neuem zur Ekecheiria. zum Gottes- frieden. Daher findet sich fxtxf'(?oyo'ooc im Sinne von anordo<f6Qog gebraucht, dem römischen fecialis entsprechend, als l'riedeidninger. ^)

Zu welcher Zeit alle vier Jahre die olympischen Spondophoren aus- zogen, die Ekccheirie anzusagen, wird nicht berichtet. Allzulange vor Anbruch derselben kann es nicht geschehen sein. Bei Thukydides (.t. 49) geben die Lakedaimonier vor. der fiottosfriedc sei noch nicht nach Lake- daimon angemeldet gewesen, als sie ihre Ilo|ilit('n abschickten, während die Eleier einwenden, daß in ihrem Lande die Ansage bereits erfolgt gewesen sei. Man erfährt daraus, daß die Ansage auch im Eleierlande selbst, und zwar, nächst Pisatis. dort zuerst, geschah und daß gleich danach die Lakedaimonier an die Reihe kamen, wie ja Lykurgos einer der drei Stifter gewesen war.

01) ein einziger vSpondophor mit Begieitnng von Dienern, vielleicht auch seines jugendlichen Epispondorchesten und eines Flötenspielers, alle Bundesländer besuchte, oder oh zwei oder alle drei zugleich nach dem- selben oder nach verschiedenen Reisezielen auszogen, ist nicht berichtet. Daß alle drei reiseten. sollte man daraus schließen, daß schnelle und

1) Die Spuren eines soldieu auf dem Untersatz eines Spomlüpiioreustaiul- bildes in Olympia, vgl. V n. 414.

2) Va:l. die boiotisehe Inselirift CIG. 1570, A. 10: r//r if «';/.(/''• ;/ 'J.Tor'So.To/frrfri ö 'ifoii\;. Vielieielit ist unter dem, iu Magnesia insclniftlich als hrntl-ytnjor r.ityv- niov Kounih'iiv (fiiltenlierger, Syll.' n.'2bV, 42), ivinnov i'vtin'/i-ioiiv (ebd. 258, 44) bezeichneteu, Gefäß ein Sjtondoiiliorenkrug /.u verstehen.

3) Aeschines de f. leg. 133 rofu anuriUHf.oiJoi^ roig r«s iirnnj^iU'iTifU'.^ «j.Toni«; f.-rffj';'f'/.Aoi'(j( /wroi nüi' 'Ei.liivmv <i'if}xeTg o'vx hujtti ruivr o. Xen. An. 4, 3, 13 nvzui Ti i'antrif xcd roic viarinxoiq fy/erv ixü.tvat. Scliol. Tkuc. 5, 26 Hoiwzol te TiQoc il-xa )j,uh(>tti ixf/ti(jktv lanirvöovxo ni>oQ 'Äy-ijV((iois. Vgl. Paus. 3, 5, 8.

4) Vgl. Ev. Matth. 5, 23f. Strab. 9 p. 419: [ipi'/.ixöv )•«() nnv toiovtoi' rcto twv hfWxycmi'C.ujv ÜQ^it^ifvciv xiu oßO<S7iöv6v>v xa'i n/ito()0(pioti']; vgl, Poüiie, 4, 91, 94, Max. Tyr. Diss. 15, 3 p. 273 gleichnisweis: fi^wxFv avroii (der Hitze und der Kälte) ('j'j.Tf'i iXf/(H)OifO!>ov Toy f'.t{ifc.

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Das Hochfest des Zeus in Olympia. 217

inüglicbst sleiclizoitit;(' Krledisuns' flc« (jeschäftes erwünscht war. Indes mußte docli wohl einer für die heimisehen Opferi^escliäfte zurackl)h>il)en. Die beiden andern standen zur Verfügung, und wenn sie ihre Aufgai)e in vier Woclien erledigten, konnten sie iliren Monatsdienst noeli rechtzeitig übernehmen. Auch anderswo wurden zwei Spondoplioren ausgesandt, z.B. I)ei (h'ii Nemeen.M Pindar erzählt, wie die Spondoplioren des ülynipiscben Zeus den Nikomachos. einen siegreichen Wageideuker des Theron von Ol. 7(; (47() v. C). wiedererkannten und freudig begrüßten: denn er liatte ihnen früher einmal Gastfreuiulscbaft erwiesen.'-) Aber die Spondoplioren zogen nicht bloß nach Elis und Lakedaimon, sondern auch zu den anderen Teilnehmern am Hochfeste des Zeus. Als solche bat mau vor allen wohl die Besitzer der olympischen Schatzhäuser zu betrachten, Sikyonier. Syrakuser. Epidamnier, Byzautier, Sybariton. Kyrenaicr. Seliuuntier, Metapontier, Megarer. Geloer und zwei andere, deren Name nicht überliefert ist. Außer diesen natürlich noch andere. z. B. die Athener. Für Delphi haben wir jetzt ein ausdrückliebes Zeugnis in einer Inschrift.-^) Da die Teilnahme an den Olympien mit der Ent- wickelung des Hochfestes während einer langen Zeit zu- oder auch ab- nahm, mußten die Reiseziele sich ändern und die Spondoplioren jedesmal nach besonderer Anweisung ihre Fahrt einricliteu. Sicherlich wurden alle besucht, die ihrerseits Tlieoren nach Olympia zu senden pflegten.^) Man muß sich fragen, warum eine besondere Ansage des Gottes- friedens notwendig war. wenn dessen Dauer von drei Monaten und sein Beginn ein für allemal feststand. Da die Olympienmonate einmal um das andere wechselten, leuchtet es ein. daß eine ausdrückliche Ankündigung in hellenischen Landen, in denen nahezu so viele Monatssystemc herrschten, als staatliche Gemeinschaften, und dazu verschiedene Schaltverhältnisse bestanden, allerdings schwer zu entbehren war. zumal wo es sich um Krieg und l-'rieden und damit zusammenhängende wichtige Fragen handelte. Man denke z. B. au den ebenso dreisten, als naiven. Versuch der Argeier, durch eine künstliche Einschaltung in ihren Kalender die ein- heimische Ekeclieiria zu ihrem Vorteile zu legen. ') Offenbar besaß man

1) Xen. Hell. 4, 7, 3, oben S. 215 Aniu. G.

2) Piiul. /. 2, 23 ÖVTS xat xäyvxti ii("()- ärtywiy, cjiov iSinf !n>oi lioov!,'i« Zijvhi 'AXeloi. nai^ömq nov ti ifüoceyor t'(jyoi\ l'.iSvnvlw) xt vir itaMt^orro ifiova ■/X>t<stcii h' yovrvai mrvovTd Sixaq yuw.r «)■(( otfeTtiicv, ticv <$// xcO.tofOir O'/.vuJilin- dwi u'/.aoq. Dazu Boeckli, expl. 494ft'.

3) Dittenberger, Stjll.'^ u. 295, 27 iSuSofav ri[t 1 ("»■ mu cirn'. öoc. mu rai.:

'OXi'fiTiu! mr.yyM.bvToic Ihewiwic tUänrTcu. Als Tlieoren werden die Spoiidophoren uurh soiLst be/.eidniet: Hesych. oben S. 215 Aiiiii 4, ferner Stiab. 2 ji. 98. 101. Dittenberger a. ü. n. 258, 40.

4) Die Atliener z.B. nach Tliuk. G, IG. (Andoc.) or. 4 p. 12G. Dinaicb. in Demosth. 81 p. 100, 28. Audi die Byzautier sandten Theoren, Deraostli. pro cor. p. 267, 1. 5) Xen. Eell. 4, 7, 2. 5. 1, 29. Pliit. Philop. 11.

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218 Ludwig Weniger, Das Hochfest des Zeus in Olympia.

in Olymiiia KaleiularicMi. auf (iruiul deioii man die eigene Datieninj; mit der des Auslandes ausglich. Daher heißen auch die Spoudophoreu bei Pindar xäovxec aSo«)'. Dazu kam die überall festgehaltene gottesdienstliche l'örmlichkeil. wehhe die Ankündigung zu einer mahnenden Einladung machte, die nicht ausgeschlagen werden konnte, ohne den Gott und seine Vertreter zu belei(Ugen. und die so eine Bürgschaft für das Gelingen und Bestehen des Hochfestes bot. Die Erwiderung bestand in der Absendung einer staatlichen Festgesandtschaft, welche die Würde der sendenden Gemeinde angemessen vertrat, kostbares Schaugerät nntbrachte oder aus ihrem Schatzhaus in Olympia sich herausgeben ließ und endlicli an dem großen Staatsopfer am Tage des Vollmondes im Namen und Auftrag ihres Staates teilnahm. Es ist begreiflich, wie eine solche, immer erneute, Opfergemeinschaft (hizu diente, ein Band des Friedens und der Freund- schaft um die Fleier und ihre h'estgäste zu schlingen.

100

•219

Zur Geschichte des III vorchristlichen Jahrhunderts.')-)

Von Tli. Sokoloff.

Hl. Das jährliche Semeenfest.

'Eviavna d\'c tsQOi.njvui ä Uviha^ ißct nävTSßm hoißt es unter anderen Bestininningen in der Haupturkunde der delphischen Aniphiktionie aus dem Jahre 380/379, CIGr. 1688. Aug. Moniniscn erklärt diese Worte, wie es scheint, richtig dahin, daß das jährliche pythische Fest damit als ein gemeinscliaftliches mit gleicher Berechtigung für alle Aniphiktionen, nicht nur für die Delphier. zu feierndes {Delphkn, p. 152) verkündet werde. In derselben Urkunde wird bekanntlich auch die Zeit der Pythien bestimmt JIvi>ut S'äyövtwr tov Bovxcalov /o^rö« mv ev Jskifoig. Die Zeit des Monats und des Festes ist jetzt, nach vielen Inschriften, gut bekannt; sie fällt so ungefähr in den August und zwar gilt dies sowohl für die großen Pythien. die in jedem dritten Jahre der Olympiade be- gangen wurden, wie auch unseres Erachtens für das jährliche pythische Fest, daß in jedem der drei anderen Jahre gefeiert wurde. Das ist bekanntlich nicht bei jedem penteterischen Feste so gewesen: bei den Panathenäen z. B. wohl, nicht aber bei den Eleusinien. Denn hier gab es in den vier Jahren vier eleusinische Jahresfeste, und zu diesen kam noch hinzu die Feier der eleusinischen Penteteris,

Das jährliche pythische Fest findet sich nur einmal ausdrücklich erwähnt. Wo nddia vorkommen, verstehen die Gelehrten, und mit Recht, darunter die großen Pythien. Eine selir umständliche Datierung erscheint in der Inschrift von Magnesia (Kern 16, Dittenberger 206): fi' 'AD,]vai;

D Erschien russiscli lu der Zeitschrift des Minist, d. Volksauß: ISuy. Der Hauptgedanke war bereit.s erwähnt in derselben Zeitsclirift im Jahre 188G. Th. S.

2) Der Aufsatz ist, wie die früheren und wie ülierliaupt alle Beiträge von Mitarbeitern unserer Zeitschrift, die das Deutsche nielit als ilire Muttersprache schreiben, auf Wunsch des Herrn Verfassers seitens der Redaktion einer genauen Durchsicht unterzogen worden. Daß dabei jedoch keine durchgreifende Um- gestaltung bis in die feinsten Nuancen der deutschen Stilistik augestrebt werden kann, ist selbstverständlich oder sollte es sein. Denn das hieße, die Individualität der Autoreu verwischen und wäre ein sclüechter Dank für ihre durch die An- wendung der deutscheu Sprache bekundete Opferwilligkeit. C. F. L.

•220 Th. SoMofl,

de u(JXovToc @on<SV(f{o)Vioc, IJt'di)n de /Adaüwidov rixotvtoc ngorsgip STEi , 'O/.vftnia äi iwt [aTfoin eifi xt/..: auch hier sind, wie immer, die großen Pytliien gemeint. x\l)er in den delphisclien Inscliriften kann man doch, wie mir scheint, noch eine Spur des jälirliclien l"'estes finden. Es ist dies der Fall in ("ineni Dekret der Dclphier unter dem Archontat des Kleodamos: die Buleuten sind darin Amyntas. Tiieuphrastos. Praxias; also gehört die Urkunde wohl in die zweite Hälfte des Jalires 192 (Ditten- berger, Si/ll. Nr. 207 der 1.. Nr. 281 der 2. Ausgabe; A. Nikitsky, Delph. epigriipli. StucUen (russischl. p. 21ii|. Dort ist berichtet, daß Amyntas und Charixenos abgesandt worden waren, um das pytliische Fest an- zukiindigen [dnoßia/.t'vrec e/i! inv snayye/.iuv ji'iv Uvitttov}. Als sie nach Delphi zurückkehrten, brachten sie einen Volksbeschluß der Chersonasiteu vom l'ontos mit, in welchem gesagt war, daß sie von den Chersonasiten losgekauft worden seien (hkingmiteroi) und sich in allem ihrer Fürsorge erfreuten (nenokvowruiH'oi qt Jinrrou). Amyntas und Charixenos selbst bestätigten alle in dem Dekrete der Chersonasiten erwähnten Tatsachen. Zu der Zeit, da dieses del|diische Dekret erging, weilte in Delphi eine chersonasitische Gesandtschalt, welche den (iöttern sehr reiche ()pfer darbrachte, dem Apollo eine Hekatombe mit einem Stier an der Spitze, der Athena zwölf Schafe mit einem Stier als erstem Opfer [exaiöiißar ßovTTQtoQOv^ Swdsxalda ßovnQwoor). Das l-'leisch der Stiere ward unter die Delpliier verteilt. Die großen Pytliien fielen auf die Jahre \'M und 190. Ä^cscio an Pythiti, qitae tertio aiiufque Olympiadis anno jicri sole- hant. tum aliqua de causa dilata fuerint, sagt Ditteid)erger. Das ist einfach unmöglich. Die großen Feste, besonders die l)ekannten vier panhellenischen galten zu jener Zeit als sehr wichtige Begebenheiten. Die ersten Dezennien des 11. vorchristlichen Jahrhunderts sind uns sehr gut bekannt durch Livius und Fragmente des Polybios: eine solche Ver- legung des großen pythischen Festes wäre doch von den alten Schrift- stellern gewiß erwähnt worden. Weiter unten werden wir über einen wirklich erfolgten und dementsprechend von Livius auch erwähnten Fall einer zeitlichen Verschiebung der Xemeen sprechen. Die der Inschrift 207 zugrunde liegenden Tatsachen erkläre ich mir so: Amyntas und Charixenos waren entsandt, um die großen Pytliien des Jahres 194 anzukündigen, gingen auch nach Pontus, wnrden dort von Seeräubern gefangen, von den Chersonasiten losgekauft, in Chersonesos Taurike gut behandelt und wieder nach der Heimat befördert. Damit war schon längst die Zeit der großen Pytliien vergangen und die Bürger von Chersonesos schickten ihre Gesandtschaft nach Delphi zu dem kleinen oder jährlichen pythischen Feste des Jalires 192. um der Einladung zn folgen und so die gute Gelegenheit zu benutzen, sowohl für ihre freundschaftliche Taten die Dankbarkeit dei- Delpliier zu ernten, als auch zugleich ihre iliiniiizenz in dem Kulte der Götter zu zeigen. Die chersonasitischen Gesandten

Zur Geschichte des III. vorchristlichen Jahrhunderts- 221

werden von der Stadt Delphi mit der Verleihung der Proxenie geehrt, und es werden ihnen (ieschenkc oder iMfrischungen (^t'na) dargeboten. Die Gesandten l'liorniion und Herakleidas erscheinen auch in der großen chronologischen Liste der delphischen Proxenen des zweiten Jahrhunderts (Dittenberger, Si/ll.", 2(i8, Z. 55 sqq.).

Nenieen und Isthniien waren trieterische Feste. Das ist eine all- gemein bekannte Tatsache: s. Bacchylides IX, 21 sqq. p. 75 Keuyon:

Ketvcov un evdo'^wv dymvtnv

SV Nsfieq. v.Xsivol ^qotwv,

ot TQisrsT öTE^ai'ij)

'Sc(vd^dv egeipiovrat xojiiav. Und Pindar von den Isthniien Xcm. VI, 3'.»:

riavzov te yecfvo' äxöuctvioc h' d/K/ixnörcuv T((VQ0(f6v(i) tgisirjüiSi Koeonidav liuacie TloasiSaviov cir Tfjuero^. Welche Amphiktioneu? Boeckli schreibt dfKfixTiöviov und versteht „die Nachbarn". Ich glaube, daß hier und in allen pindarischeu Stellen, wo von 'A^i(fixnöv«)v die Rede ist, die delphisch-pylaeische Amphiktionie zu verstehen ist. Es sind einige Anzeichen dafür vorhanden, daß an den Isthmien sich nur die anipliiktionischen Stämme beteiligen konnten. Wir wissen, daß die Eleier sich nicht an den Isthmien beteiligten (Paus. V, 2, 2), wie sie auch an der großen Amphikticinie keinen Anteil hatten. Die Stiftung der Isthmien setzt Eusebius auf das Jahr Olymp. 49, 3 = 582 v. Chr., das zugleich das Jahr der ersten Pythias ist, von welchem die Reihe der Pythiaden gereclinet wird, der äydiveg axi-ffavTtai. In diesem Zusammen- fallen der Daten liegt wahrscheinlich die Erinnerung an den amphik- tionischen Ursprung der Isthmien. Die Pindarscholien erwähnen mehrmals, daß die Xemeen einmal in zwei Jahren zelebriert wurden {dywv tqistijQixü^-, rgiEtric Xcm. p. 8. II. l'A Abel). Das Fest fiel in den makedonischen Monat Panemos, auf den l.s. nach der Emendation von Unger (v. 12.), was durch Vergleichung der besten Handschriften bestätigt wird (Unger, Philologus XXXIV, p. 50 sqq., Abel, Scholia vetera in Nemea et Isthmia p. 13, Unger, Chron. in I. Müllers Handh. 1, p. 771), oder in den att. Hekatombaeon, also in den Sommer. Pausanias spricht aber zweimal auch von winterlichen Nemeen: Aal äi) -/.cd öoöfiov nonntfeaacv {'jQytloi) äydivct drägdcar um^.tßfisvoig Nefieiuiv nuvijyvQei rwv xeifiSQiii-öv II, 15, 3 (2). Auf diese Stellen des Pausanias sich stützend, nehmen nach dem Vorgange Corsinis alle (ielehrten außer Unger an, daß die Nemeen abwechselnd, einmal im Sommer, einmal im Winter, gefeiert wurden, was zu manchen gezwungenen Erklärungen und unwahrschein- lichen Deutungen verschiedener Stellen in den Inschriften führte. Es genügt, sich der oben erwähnten Angabc der Pindarscludiasten zu erinnern, um den Fehler zu bemerken. Die Nemeen fanden im Monat

Beiträge z. alt.?n fiescliichte V 2. 15

3

222 Th. Sokoloff,

l'aneiiios statt: wie kömiton die Sclioliasten so sprechen, wenn die Nenieen wechselweise ein Mal im Soninier und das andere im Winter gefeiert wurden? ünger hat vulikummcn recht, wenn er sagt {I'hüoloyus XXXIV, ')(;(. XLVI, 33(!: Sitz^ingdicrichte d. MiincJi. Akad. 187'J. 11, p. 1()5 sqq.), daß die Nemeen jedes Mal um diesell)e Zeit, im Sommer, begangen wurden, daß dagegen die winterlichen Nenieen ein ganz l)esonderes Fest waren, niclit das berühmte trieterische. Aus der genauen und detaillierten Erzäiilung des Polybios ergibt sich, daß im Sommer des Jahres 217 die Feier der Nemeen stattgefunden hatte, und zwar in Argos selbst, nicht in dem heiligen nemeischen Haine im Gebiete von Kieonai. wie es in alten Zeiten der Fall gewesen war. Der König l'hilippos hat während der I""eier die Kunde von der Schlacht am trasimenischen See erhalten. Also haben alle Gelehrten die sogenannten sommerlichen Nenieen auf das vierte Jahr jeder Olympiade gestellt. Eigentlich setzt Polybios, wie die Schlacht am trasimenischen See, so aucii den Frieden des Agelaos und somit die Nemeen, welche vor diesem Frieden gefeiert wurden, in das dritte Jahr der 140. Olympiade (V, 105), aber darunter ist jedenfalls der Sommer des Jahres 217 zu verstehen, sei es nun der Anfang des Sommers oder das Ende des Frühlings. Aus dem attischen Volks- beschlusse für den Kleonäer Lapyris (IG. II, 181), aus des Zeit der 1. Prytanie unter dem Archen Kephisodoros, Sommer 323, ist zu ersehen, daß die Nemeen dieses Jahres auch im Sommer waren, in dem Anfange des zweiten Jahres der Olympiade. Lapyris hat dem athenischen Architheoren (arlcetheoren, wie in der Inschrift steht), welcher auf die Nemeen gesandt war, einen Dienst erwiesen. Aus der Inschrift folgt aber keineswegs, wie Unger meint, daß im Jahre 323 die Kleonäer noch den Vorsitz bei den Nemeen hatten: in diesen Jahren waren die Kleonäer, also auch Lapyris, schon den Ai'geiern Untertan.

Unter der Leitung des Aratos und während der Regierung des Aristippos, des Tyrannen von Argos, besetzten dann die Achäer Kieonai und hielten dort die Feier der Nemeen ab, indem sie sich auf das alte Recht der Kleonäer. als der A'orsteher der Nemeen. beriefen, in Wahrheit abei- aus Haß gegen den Tyi'annen: in derselljcn Zeit hielten aber auch die Argeier eine Feier. Die Achäer brachen dabei die allen Wett- kämpfern gesicherte Unverlctzlichkeit <niv6xvt}rj ton nowtor i) (hdo/^it'vrj toTc c'iywviaiat: davUa xal uatpcdEia indem sie alle eigenen Bürger, d. h. die Bürger des achaeischen Bundesstaates, welche an den Wettkämpfen in Argos teilgenommen hatten und nachher in ihre Hände fielen, als kriegsgefangene L'einde verkauften: l'hit. Arat. 28. h^benso machten es im Jahre 3(i4 die Arkadei': nach der Besetzung Olympia's führten sie den Vorsitz l)ei den Spielen, indem sie das alte oder vermeintliche Recht der Pisaten vorschützten ; die Eleer aber nannten die Feier uvolv^imaQ und hielten sie für null und nichtig.

Zur Geschichte des HI. vorchrixtlirhen Jalirhunderts. 223

(iowilj iiniü man lliifivr auch darin bcistiiiiiiKMi, dali die Nemeen, (He Diodür XIX. (II eiwalml. chenfalis im Sommer (des Jahres 315 d. i. im Anfällige des zwciieii JaJire.s der Ülympiasj slattfaiiden, nicht ahcr im Winter, wie Droysen gegen Unger polemisierend beliauptet. Diese genaue chrünülogiscli(^ Bestimmung hilft uns die Erzählung des Diodor, welcher unter dem Jahre des Archen l'raxiludos 3ir>/314 eine große xMenge von Ereignissen hintereinander l)ringt, in Ordnung zu hringen. Wir dürfen also wohl aniu'hmen. dal.i die trieterischen Nemeen jedesmal im Sommer waren, auf der (irenze des ersten und zweiten, und auf der Grenze des dritten und vierten Jahies j(>(lei- Olynipias. Für das Gedächtnis ist es, woran Unger erinnert, eine li(M|ucme Stütze, daß vor Chr. die Nemeen auf jedes ungerade Jahr fallen.

Das letzte wissen die Gelehrten, aber das Hauptergebnis der Forschung Ungers über die Zeit der Nemeen ist unbeachtet geblieben. Nach wie vor sprechen die Gelehrten von den abwechselml im Sommer oder Winter gefeierten Nemeen, Pomtow von den winterlichen uiul sogar frühjährlichen: Jahrbuch, f. Philol. 1S97, p. 810.

Nun ist Unger fest ttheizeugt, daß die Feier der Nemeen, auf welchen so genau zur Zeit des Festes selbst der König Antigonos Doson nach der Schlacht bei Sellasia eintraf, en avuv ir^v narijvQiv twv Nefiswv: l'olyl). II, 70 in dem Jahre 221 stattgefunden hat und nicht im Jahre 222, einem geraden Jahre vor Chr. In das Jahr 221 setzt die Schlacht bei Sellasia auch Droysen {Hell. III, 2 p. 147 sqcj.), hauptsächUch ehen deshalb, weil das nemeische Eest hei Polybios erwähnt ist. Nach der Meinung Droysens gehören diese Nemeen „welche natürlich nur die sommerlichen sein-können" fp. 1.V2) und die Schlacht bei Sellasia in den Sommer, in welchem das Olympiadenjahr 139, 3 endigte und Ol. 13'.». 4 anfing, etwa im Juli 221. So ist die chronologische Ordnung jener Zeit aiu'h dargestellt von W. (1. Wassiliewsky. Folit. Eeform. etc. p. 308 s(j(i. iSdl) (russisch;. :\Iahaffy, The History of Egypt IV, 1898. Aber die JMehrzahl der Gelehrten spricht sich für 222 aus, so auch Niese II, p. 344. Um die hergebrachte Meinung über die Zeit der Nemeen zu retten, versuchte es Niese mit der etwas wohlfeilen Ver- mutung, daß die Nemeen des 223. Jahres wegen des foieges um ein Jahr verschol)(>u worden seien. Ebenso urteilt Arci {Stndi di Storia antica fasc. 2, 140 s<|.). nachdem er von neuem die Fi-age nach der Zeit der Schlacht chronologisch behandelt hat. Polybios sagt aber nichts von der Verschiebung des h'estes, selbst da nicht, wo er unbedingt von solcher Verschiebung, hätte sie wirklich stattgefunden, reden nnißte. Die angeführten Worte: cu' aürrjv rrjv nuvrjyvQiv tmv Nefiswv reden ganz klar, daß keine Verschiebung erfolgt war. Im Jahre 195 trat dann wirkhch der Fall ein, daß die Nemeen wegen der Ki-iegsereignisse nicht zu ihrer gesetzmässigen Zeit abgehalten werden konnten, als nämüch Ai-gos selbst

15* 5

•224 Th. Sol-oloff]

ein Teil des Kriegsschauplatzes war. Obwohl aber das Fest noch in demselben Sommer oder wenig spater nachgefeiert wurde, die Ver- schiebung also nur 2 3 Monate gedauert hatte, so l)at doch Livius (XXXIY. 41: i-ropter helli mala) nicht vergessen, diese Ausnahme eigens zu erwähnen.

Man kann nun aber den Beweis liefern, daß die Schlacht bei Sellasia im Sommer 222 geschlagen wurde. Gleich nach der Niederlage floh Kleomenes nach Alexandria zum Könige Ptolemaios III. Euergetes. Einige Zeit nach der Ankunft des Kleomenes in Ägypten starb Euergetes, und ihm folgte auf dem Throne Ptolemaios IV., Philopator. Noch einige Zeit später starb Antigonos. der Besieger des Kleomenes. und auf den makedonischen Thron kam der sechzehnjährige Philippos. der Sohn des Denietrios. Noch später folgte dann der Untergang des Kleomenes. Die Spartaner waren dem Kleomenes ergeben: sie wollten bei seinen Lebzeiten keinen neuen König einsetzen, und liielten ihm so fast drei Jahre lang die Treue ax^Sov rjäti 7o(?c eviavmvc /lexü t>;i' K?,eofievovi exnTmatr: aber gleich als die Kunde vom Tode des Kleomenes eintraf, schritten sie wieder zur Königswahl ^fiiye'coc wQ/njoav cnl i'o ßcioüeig -/.aDiamvai). Die Einsetzung der Könige Agesipolis und Lykurgos ist erfolgt nach dem Winter von 220 auf 219 und vor Mü\ 21il (Polyb. IV, 29—37: V, 35—39); vom Sommer 222 bis Frühling 219 sind also fast drei Jahre verflossen. Die Chronologie der Ptolemäerzeit führt zu demselben Resultat: s. die Tabellen bei Strack. Die Dynastie der Ptolemaer. Kleomenes kam gegen Ende des Sommers 222 nach Alexandria zu Euergetes. der ihn gütig aufnahm und ihn in sein Königtum zurückzuführen versprach. Kleomenes hoffte fest darauf, daß ihm Euergetes mit den Waffen helfen werde und verharrte daher ruhig in Alexandria. Da ward Euergetes krank und starb wahrscheinlich im Anfange des Jahres 221. in seinem 26. Regierungs- jahre. Die Zeit seines Regierungsantrittes ist uns sehr genau bekannt aus dem Dekrete von Kanopus: sein neuntes Jahr ist gerechnet (wie immer vom 1. Thoth) vom 22. Oktober 239 ab, sein erstes also vom 24. Oktober 247: sein wirklicher Thronbesteigungstag ist im Jahre 238 am 23. Februar gefeiert worden (ßlc t/]i' 7re!imt]v xm er/.ü6c( kh' uvtov j-iifVÖg /liov , 81' ?) Ttaoelnßev ti^v ßaoiltiav nagä xov ncaQÖc). s. die chronologischen Tabellen von Fnger in Iw. ]\Iüllers Handbuch I. Der Bau des Tempels von Edfu ist angefangen am 7. Epiplii (dem XI. Monat) des zehnten Jalires des Euergetes. d. h am 23. August 237 (Dümichen, Oesch. des alten Afiypien p. 44). was genau ilieselbe Rechnung ist wie bei Lepsius (d. Di-kr. von Kanopus), Unger, Strack. Das sechsundzwanzigste (und letzte) Jahr des Euergetes. welches in den Datierungen der ägyptischen Urkunden mit dem ersten Jahre des Philopator zusammenfällt, fängt am US. Oktober 222 an. Ptolemaios IV. Philopator regierte nach allen Ouellen 17 Jahre. Sein Tod um! die Tiironbesteigung des Ptolemaios V.

Zur OeschicJäe des III. voi-chrisfUclicn .Talirhunderls. 225

Epiphanos erfolgte am 2S. November 20.'): das aclitzelinte (uiul letzte) Jahr des l'hilopator und damit das erste Jahr des Epiphanes ist ge- rechnet vom 13. Oktober 205, Strack p. 195. 244. „Als Euergetes gestorben und eine gewisse Zeit verflossen war. und die Verhältnisse in Hellas den Kleonienes fast beim Namen riefen, da nämlich Antigouos gestorben war" etc., sagt l'olybios V. 35: üvxog /«o, t'oi; (itv o nonaayoQevöi^isvog EvSQysrr^g ei^i], ngog ov enoirjauTO riv xoivwriav rwv noaYiu'cror y.ai ict? Txiffieig, »j/fi rt:v i^dvyjav, ns/ieiOttevog üel 6i sxstvov jfjijfffy^at 7»"c /.cüh^- xovoij: Fmy.ovQÜic sig t6 ti;v nctiQcöav araxti^auaifai ßccOi'/.eiav eirel di- ixsiroc fiev fiEti^Xcfy, noorjsi, ä' <) XQ'>'''o>, ol de y.utu tiv 'E/.kdSa y.aiQol /.lörov oi'x en' tiro.aftroc exdkovv cor K?ieoiievrjV, /.isTt^X/.axoTOg [liv 'Avu- yövov xrA.

Antigouos ist walirscheinlich im September 221 gestorben. Die Schlacht bei Sellasia konnte also nicht im Sommer 221 stattgefunden haben, denn damals lebte Euergetes nicht mehr. Sie wurtle schon ein Jahr früher geschlagen. Gleich nach der Schlacht besetzte Antigonos Sparta, traf dort die notwendigsten Yorkeiirungeu und ging dann nach Argos, wo er gerade zu der nemeischen Feier kam err aunjv ly.&e riv növ jVf/(f'tuT navrjvniv: ..Auf diesem Feste erhielt er vom achaeischen Bundesstaate und von jetler Statll im besondern alles, was zu unsterblichem Ruhm und Ehre gehört" (Polyb, li. 70 1.

Es erhellt daraus ganz klar, daü im dritten Jahrhuiulert die Nemeen auch in den Jahren mit der geraden Jahreszalil v. Chr. ab- gehalten, also gewiß damals jedes Jahr gefeiert wurden. Das nemeische Fest kommt bei Plutarch unter den Ereignissen des Jahres 224 vor {Kleom. 17). Diese Begebenheiten, die Einnahme von Argos durch Kleo- nienes. den Übergang des Aristomachos zum Kleomenes und das nemeische Fest setzt Droysen in das Jahr 223, zwei Jahre vor der Schlacht. Aber nach unsern vorhergehenden Ermittelungen müssen wir alle diese Ereignisse ein Jahr früher, in das Jahr 224, setzen. Da haben wir das zweite Beispiel der Nemeen in den geraden Jahren.

Wir liaben auch eine Notiz eines alten Schriftstellers, aus welcher folgt, daß die Nemeen jedes Jalir stattfanden. Daß ist der Kaiser Julian. In dem Briefe an die Argeier [ep. 35, Ilertlein II. p. 527) ist gesagt: HXeloi fisv xal Jelgoi Si-} jrjg rto?^v&Qv/.tirov yr6vrafr>j^/'(Joc tina^ ini- TsXeh' slwOaai. dirru 6 eail A6f.i£U naga lOtg 'Agyfioig, xa&aneo "lad^ua naqd KoQirü-ioig. ev /.levioi TOvno raj XQÖvw y.cd ävo nqöxeivTai naou tolg 'ÄQysioig eVeooi toiolSe (so Hertlein, früiier aide), mcte elrai Tscraaoag (rovg) närrag (£»•) cri,avToTg reanagai. und weiter von den Argeiern: rerounlaaioig ToTg oixoi XeitovQyr^f.iadir. Es ist freilich richtig, daß seit der Zeit des Kleomenes bis Julian fast sechshundert Jahre vergaugen siud. und daß in diesem Zeitraum sich vieles verändert haben konnte: aber Julian spricht von den olympischen, pythischen usw. Spielen, als sei unter seiner

226 TU- SoJwloff,

Regierun.a allos wie in alter Zeit: iinil was er sagt, ist voUkoiniiieii über- einstimmend mit dein, was sich aus den Angaben des I'olybios und der Chronologie der Ptoleinäer ergibt. P. Faber hat aus der angeführten Stelle des Julian geschlossen: Verum etium annuos Nemeorum (igones Argis culiibitos esse singulis qnadrienniis qiuiternos; s. Agonistira im Vin. Bande des TJies. Ant. Graecae Gronovii col. iOSfi; Krause, Die Pythien, Nemeen und Isthmien. 1.S41, p. 132sq. Unger in den Mimch. Ber. und andere Gelehrte wollen Julian nicht im einfa(\lien und direkten Sinne verstehen, wie der alte Faber, sie suchen andere Agone. welche mit den beiden Nemeen zusammen vier Agone in vier Jahren ausmachen konnten. Aber Julian spricht von den Nemeen. nicht von anderen Festen.

Unter Marcus Aurelius und Verus hat Argos einen edlen Bürger geehrt: 'A nöhc ä twv 'AQyfimv T. ^taiü.ior, Aannoiov vor, Ttfioxocaij Msßi.uav<)v, nsQaeoc xal ^^lO(Sxov^mv dmyoyoi; löv 'EXluSÜQxav ycd uQXi-- eoeu Sic) ßiov -uhr 'E/lürun; mQatriYi)aavta iwv AxatiZv { / ), i'(yu>voÜhav 'HquÖiov -/.al A'E/iff'ojr ^eßaarfiuiv -/.cd I^'e/itLcur ■/.cd 'AiriroeiMV cv "Agyei IG. IV. .')',in. Unger versteht diese Inschrift so, daß es in Argos fünf Agone in vier Jahren gab, von denen später die Antinoeien fortbliel)en, sodaß vier bis auf Julian bestehen blieben. Hierzu zieht Unger die In- schrift der Stadt Laodikeia am Meer in Syrien CIG. 4472: /.at rjmri- (räntjv erri lov aiecfavov ürdowv nvyitir %i]c uQ^aiag ne^iödov ^sßc'ifffiiu A'f'/ii« T/] ngo iQiwv ■/.a/.ccrduj^' 'larovctQiwv c/d t»Jc Trfrwf D^oidoc MtaaaXa xdi laßelro) i'näinic das war also am 30. Dezend)er 214 nach Chr. Das waren die winterlichen Nemeen. sagt Unger (Mihicli. Ber.), die kaiserlichen, die ganz verschieden sind von den berühmten trieterischen. Sie waren von Hadrian gestiftet. Nach Aelius Spartianus hat Hadrian viele griechische Agone gestiftet, auf vielen führte er in eigener Person den Vorsitz. Fckhel hat eine Münze mit Legende: 'Adoiaiö; x«'ffi»jc 'AQyt'iwv und im Kranze: AY/ifa. Die ]Münzc könnte zum Beweise dafür dienen, daß Hadrian es war. der die winterlichen Nemeen gegründet hat. Der Wagen-Wettkam})f fiel liei den Nemeen und Isthmien aus infolge der allgemeinen Verarmung, aber Hach-ian erneuerte ihn in den winterliciien Nemeen. welche einmal in vier Jahren gefeiert wurden. Unger gibt für die Zeit des Statilius Timokrates folgende Tabelle der agonistischen Spiele während einer Pentacteris:

1. Heraia. um die Sommersonnenwende,

2. Nemeen, am 18. Hekatombaeon des zweiten Jahres der Olympiade,

3. Sebasteia oder Sebasmia Nemea am 30. Dezember,

i. Nemeen. am 18. Hekatombaeon des vierten Jahres der Olympiade, 5. Antinoeia.

„Wie wir hier sehen", sagt Unger. ..waren die Heraien ein pen- teterisches Fesf. Früher fanden die Heraien, wie sich aus der Ver-

Zw- Geschichte des III. rorchristlichen Jahrhunderts. 227

gleichmii; der Jahre 303 (l'lut. Dem. 25) und iO'.i (l.iv. XXVIII. 30) ergibt, entweder jedes Jalir statt, oder einmal in zwei Jahren. Aber, daß die Heraien im II. Jahrlnindert n. Chr. penteterische waren, folgt nur aus der sehr willkürlich zusammengesetzten Tabelle Ungers. In der In- schrift des Statilius Tinmkrates wird weder gesagt, daß sein Vorsitz in den fünf Agonen zusammen vier Jahre dauerte, noch, daß während der Zeit keine anderen Agone in Argos waren, :i^ßü<}|un At^nct waren ein Fest der Stadt Laodikeia, wie gleicii zu Anfang gesagt ist: fr ^ao- eixeii} TrJ natoiäi nov. In der Kaiserzeit gal) es sehr viele Olympien, Pythlen. Isthmicn und Nenieen in verschiedenen Städten. Krause gibt lange Verzeichnisse von solchen städtischen Kampfspielen. Es ist keine Spur von Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, daß die Inschrift CIG. 4472 mit If^ßicrina A'f'.uß die berühmten Nenieen meint (freilich dachte so Franz. der Bearbeiter des III. Bandes des CIG.). Die winterlichen Nemeen waren wahrscheinlich ein jährliches Fest und vieUeicht schon lange vor Hadrian gestiftet. Auf der ^Münze ist Hadrian der Begründer von Argos genannt, wie man ihn auch den zweiten Gründer Athens nannte. Man darf aber durchaus nicht glauben, daß der Titel xn<!Tr,c ohne weiteres auf die Stiftung der winterlichen Nemeen bezogen worden darf. Ne'iisia in einem Kranze bedeutet gewiß einen Sieg des Kaisers in den Nemeen: dabei bleibt es freilich möglich, daß dieser Wagensieg auf den winter- lichen Nemeen erkämpft ward, an denen der Wagenkampf vom Kaiser gestiftet worden war.

Von den winterlichen Nemeen spricht nur Pausanias: also können wir nicht mit Sicherheit angeben, wann sie stattfanden: immerhin bleil)t es wahrscheinlich, daß sie auch jährliche Feste waren. Unwillkürlich denkt man bei der Erwähnung der winterlichen Nemeen an die winter- lichen Soterien. xf'."fi."i'« -«"fo/«. von welchen bis jetzt nur eine Inschrift redet. 'E(fr]iiSQ\c 'Auxauoloyixi] 1883, col. 161.

Die Soterien waren von i\Q\\ Ätolern nach dem vollständigen Siege über die Gallier und der Vertreibung des Feindes aus Griechenland zur Verherrlichung des Zeus Soter und des pythischen Apollo begründet. Im III Jahrhundert, in der Zeit der Blüte der ätolischen Sympolitie. be- mächtigten sich die Ätoler eines großen Teiles des uördHchen Griechen- lands hängten sich an die delphische Amphiktionie (wie ich mich in einer russischen Abhandlung im Jahre 18S(i ausgedrückt habe) und suchten ihr möglichst große politische Bedeutung zu verschaffen. Die Amphiktionie unter dem Einfluß der Ätoler stellte ein bedeutendes und bequemes Werkzeug der politischen Behandlung von ganz Hellas dar. Die Soterien waren als panätohscher und zugleich als amphiktionischer A^on erklärt worden. Die Ätoler haben alle amphiktionischen Stämme eingeladen, die neuen AVettspielc anzuerkennen und ihre Beteiligung dabei zu versprechen. Erhalten sind zwei Urkunden, in denen die Soterien An-

228 Th. Sokoloff, Zur Oeschichte des III. vorchristlichen Juhrhunchrts.

erkennung fandeu, eine athenische iiiul oiiu' von Chins. also Urkuiuleii der beiden Vertreter des ionischen Stammes. Dittcnh. Syll.- 200. 20().

Die Schicksale und YerhäUnisse der delpliischen Aniphiktinuie, namentlich in der ätolischen Zeit, bilden den Inhalt mehrerer meiner russischen Abhandlungen und auch der hilgeiulen deutschen. Hier genügt es zu bemerken, daß in der ätolischen Zeit Chios der eifrige und frei- wilhge Vertreter der einen von den beiden ami)hiktionischen Stimmen der lonier war.

Die Einladung der Ätoler zur Teilnahme an den Soterien erfolgte durch den Strategen Charixenos im Jahre des athenischen Archonten Polyeuktos um 277/271). In der Urkunde von Chios heißt es: yi.vea{i)i(i 6e eh ro /.otno)v rrjV unöSetiiv növ deoiodjv xu!)' sy.üdTrjy nevTasrr,oi,6a, "tav x{ai ol i^h tu Tlvi^ut xai)i(Ji)iörTtti. Die Ergänzungen stammen von Pomtow. Wir sehen aucli aus einigen anderen Inschriften, daß der Zeit nach die Pythien und Soterien nahe bei einander lagen. Es ist merk- würdig, daß, wie wir oben sahen, in der chiischen Urkunde die Soterien als penteterisch bezeichnet sind, während nach den Listen der Chor- Sänger und Musiker, welche sich an den Spielen dei' Soterien sehr bald nach der Stiftung des Festes zu beteiligen anfingen, es gewiß ist. daß die Spiele jährliche waren. Diese Listen sind auf dem ersten Platze der südlichen sog. polygonalen Mauer in Delphi aufgezeichnet und gehören vielleicht in die Zeit um 2(;() v. Chr. (Wescher-Foucart 3—6).') Die Sache ist vor der xVuffindung neuer Quellen noch nicht zu entscheiden. Wir müssen annehmen, daß die Soterien sehr bald nach der Stiftung aus penteterischen zu jährlichen Festen wurden. In dem Vertrage zwischen Meliteia und Peria ist jährlich für das (Jpfer in den Soterien der Com- mune Peria die Summe von 5 Stateren l)estimmt. (Dittenb. Si/U.'' 425). Aus den Worten des Dekretes von Chios folgt nicht notwendig, daß die Soterien penteterisch waren: die Theoren sind vielleicht für die vier Jahre ernannt. Die winterlichen Soterien, wie die winterlichen Nemeen waren Iieide besondere Feste, verschieden von den sommer- lichen Soterien und den (berühmten) sommerlichen Xemeen.

Julian spricht nur von einem delphischen Agone in der Penteteris: wahrscheinlich fand also au dem jährlichen pythischen Feste kein Agon statt, sondern nur Opfer und Opferschmäuse. X'ielleicht nicht ohne Grund ist daher wohl ein solch ungewöhnlicher Ausdruck von dem jährlichen Feste in der Urkunde des Jahres 3<SO,;57!) gewählt: niarnix u /foofnpt« « IJvdtdc.

1) Ebenso urteilt Beloch in den Beilriigcn 11, '.'11.

iO

229

Die Obstruktion im römischen Senat.

Ydii P. (iroebe.

Dir rilichten des röinisclioii Soiiators liestiiiiiiit (Jiccro in scIikm- Selirift de le(/Uius III 40 folgendeniiaßon: (senatori) iiissa tria suiit: iit adsit;

ut loco dicat, id ed roijatiis; nt modo, nc sit infinitus; nenn

hreritits non modo sencdoriii, sed etiatn oraioris maijna laus cd in sententia. Von diesen drei Vorschriften bilden die erste und die letzte so selbst- verstiindliclie Voraussetzunoen jeüliclior parlamentarischen Tätifikeit. daß ihre Nichtbeachtung den Niedergang und schließlich das Ende des Parlanientarisraus zur Folge haben muß: kein Parlament kann ohne sie bestehen. Eine grundlegende Abweichung von den parlamentarischen Gebräuchen der modernen Völker stellt die zweite Vorschrift dar. Dem römischen Senator fehlte das wichtige Recht der Frage- und Antrag- stellung M, er konnte von sich aus nicht in die Debatte eingreifen, er durfte nur sprechen, wenn der Vorsitzende nach der hergebrachten Reihen- folge der Umfrage ihn um seine Meinung befragte und ihm damit das Wort erteilte. Lag hierin eine arge Beschränkung der Redefreiheit, so wurde diese Bcsciiränkung ausgeglichen durch die Auslegung, welche man der dritten Vorschrift gab. Man gestattete dem Senator extra causam zu reden und stellte die Redezeit in sein Beliel)en. Der Jurist Ateius Capito, ein Zeitgenosse des Kaisers Augustus, schreibt darüber in seinem Buche über die Pflichten des Senators : erat enim lus senatori, \d sententiam rogutus diceret ante, quicqnid reiht aliae rei et quoad rellet (Gell. IV 10, 8). Damit war der Willkür Tor und Tür geöffnet. War es an sich unmöglich, aus der Versammlung heraus einen Antrag auf Vertagung zu stellen, so konnte durch Ausdehnung des Redereclites bis Sonnenuntergang die gleiche Wirkung erzielt werden, denn mit Sonnenuntergang mußte der Senat entlassen werden. Dieser Mangel in der Geschäftsordnung des römischen Senats ist es denn auch gewesen, der allmählich die parlamen- tarische Maschine zum Stillstand gebracht hat.

1) Nur (lern Magistrat stand dieses Reclit zu, ein ßewi'is fiii- die außerordent- liche Maclitstellung des rümischeu Beamtentums.

1

230 P- Oroebe,

Schon in den alteren Zeiten der römisclien Republiek finden sich Fälle absichtlicher Verschleppung- von Senatsverhandlungen. So suchten beispielsweise im J. 112 v. Chr. die Freunde des lugurtha in Rom auf diese Weise die Kriegserklärung gegen Numidicn zu hintertreiben. Doch diente als Mittel damals nicht die bloße Kraft der Lungen, sondern inierpellationes und iurgia^), und es fehlte noch das eigentliche Kenn- zeichen der Obstruktion: die bewußte Absicht der Minderheit, das Zustande- kommen eines ihr unbequemen .Mehrheitsi)eschlusses zu vereiteln. Denn nach der Darstellung des Sallust war die Mehrzahl der Senatoren in dem Wunsche nach Erhaltung des Friedens einig, gab al)er schließlich infolge der drohenden Haltung des Volkes nach.

Der erste Fall von ungebührlicher Ausbeutung der Redefreiheit gehört in das Jahr 72. in die Zeit des A'erres. Doch war dieser l'all an einem Spätnachmittag im November, wo die Tage ohnehin kurz sind und der Schluß der Sitzung bevorstand nicht hervorstechend genug, um Schule zu machen. Er blieb zunächst vereinzelt. Nach einer langen Pause von elf Jahren, im Dezember (U oder Anfang 60. zeigte sich die erste Wiederholung. Aber dann hat im Laufe von wenig mehr als einem Jahre Dezember <!1 bis April .'lii ("ato dreimal mit Erfolg in den wichtigsten Fragen durch ^lißbrauch der Redefreiheit die Beschlußfassung verhindert. Der glühendste Vorkäm])fer republikanischer Freiheit ist somit der Erfinder der Obstruktion geworden-), die im letzten Grunde nichts anderes bedeutet als den Untergang des parlamentarischen Systems, d. h. des Systems, in dem die Mitwirkung des Volkes an der Regierung sich verkörpert. Eine merkwürdige Ironie des Schicksals I

Kein Wunder, daß nach solchem Vorbild die Fälle sich häufen. \um 1. Oktober 57 bis zum 14. Januar 5(3. also in 3' /•> ]\Ionaten. nicht weniger als 4 Fälle und drei davon mit Erfolg! Clodius ist der erste, der von Cato gelernt hat. Aber das Büttel bleibt keineswegs auf die Opposition i)eschränkt: die höchsten Beamten der Republik, die Konsuln und die Praetoren, bedienen sich seiner, um unbequemen Widerstand zu brechen, und ein Cicero, der zweite Vorkämpfer republikanischer P'reiheit. erklärt das Mittel für erlaubt jieaante senatu .... 7iuUo magistratii adiuvante {de leg. ni 40). Allein wer entscheidet, ob und wann der Senat irrt? Eine zweischneidige Waffe, deren Zulassung und Anwendung von Amts wegen die Opposition in die Revolution treiben mußte. Daß Cicero dieses

1) SalliLSt. lug. -21, 1: quod postquam liomae cognitum est et res in nenattc agitari coepta, idem Uli ministri regis interpellando ar saepe graiia, interdttm iurgiis trahendo tempiis afrocitatem facti leniebant.

2) Al.s .solcheu rühmt ilui Cicero de leg. III 40: nee est iimquum longa oratione ntendum, nisi ant yeccante senatu, quod fit amhitione saepissime, nullo inagistralu adiu- vante tolli diem utile est, aut cum tania causa est, ut opus sit oratoris copia vcl ad Imrtandum vcl ad docendum, quorum generum in ntroque magmis noster Cato est.

Die Ohstruktion im römischen Senat. 231

.Miltpl (Miijifelilen koiiiiU'. ist ein Hcwcis für seine staatsniämiisclie Kurz- siplitiijkoit.

Kino Stoifjerunp: erfuhr die parianicntarisclie Ohstruktion im Dezember .')7 durch Clodius: die Amh'ohung von (iewah treibt den Senat auseinander (Cic. ad Qa. fr. II 1. 3). Mit dem (ielnaneii bildet sicii die Bezeiclinung.^) Die Obstruktion im Senat hat ihren llöiiepiiidct erreicht, die Unsitte überträgt sich jetzt sogar auf die ^'oiksversammiung. in der von Rechts wegen überhaupt nichts zu reden ist. in der nur abgestimmt wird mit Ja oder Nein.-) Und wieder ist es Cato, der dem Umsturz vorarbeitet. Im Frühjahr 55 erringt er einen vorübergeiienden Erfolg gegen Trebonius, kann aber das Zustandekommen des Gesetzes nicht mehr verhindern. Drei Jahre später bei der Entscheidung über Caesars Bewerlniiig um das Konsulat versagt die Waffe. Die Stunde ist da, in der die großen Fragen der Zeit nicht mehr durch Verhandlungen im Senat entschieden werden, sondern durch Eisen und Blut. Der Bürgerkrieg steht vor der Tür. der Senat hat durch seine berufensten Vertreter sich sell)st zu Grunde gerichtet und der Monarchie die Wege geebnet.

Der sciiüchterne A'ersuch des Hirrus vom Jahre .iO. der infolge der Einwirkung des Caelius gar nicht mehr zur Ausführung kam. hat keine Bedeutung. Viel wichtiger ist, dal3 damals, niciit bloß in diesem einen Falle, zu dem Mißbrauch des Rederechts sich ein anderes Obstruktions- mittel gesellt hatte, die Beschlußnnfähigkeit, ein Übel, welches die Ver- handlungen über die Wiederbesetzung der gallischen Statthalterschaft ins Endlose verschlejipte.

Fassen wir die Ergebnisse der Obstruktion ins .\uge. so sehen wir bis zum J. öl) wachsende Erfolge. Nur zweiiual versagt das ^Mittel: im April 'n\) an der kraftvollen Persönlichkeit Caesars, im Oktober .'i7 an dem ausgesprochenen Willen der Senatsmehrheit. Als dann im J. 55 die Ob- struktion nach der Volksversammlung übergreift, dringt sie zunächst <iucii hier siegreich vor. und ihr schließliches Unterliegen im J. 52 ist weniger die Folge wirksamer Bekämpfung als das Ergebnis veränderter Zeitverhält-

i; lu Verbiudung mit der Ansähe der Zeit meist dies oder tempus und des Mittels dkendo findeu wir fulgeude Farliansdrücke:

consumei-e, Cic. Vcn: II 96. ad AU. IV i. 4. ad fam. 12, \. 1

eximere, Cic. ad All. IV 3. 3. ad Qu. f): II I, 3. Gell. IV 10,8

tollere, Cic. de leg. III 40

trahere, Val. Max. II 10. 7; vgl. Sali. Iiuj. -27, 1

exlrahere, Caes. h. c. I 32, 3

nvtt).iaxiiv, App. h. c. II 8

xuxavttl'KSxetv, Plut Cato min. 31. 43. Dio XXXIX 34, 3

xcaaTQii^en; Plut. Caes. 13. Dio XXXIX 34, 2. 3.% 1. 2) Streng genommen gehören die zwei Falle von Obstruktion in der Volks- versammlung nicht zum Tlieraa, iloch seien sie mitanget'ülirt, weil sie das BiUI vervollständigen und besonders geignet sind, ilaizutun, wie weit die Leidenschaft die Parteien getrieben hatte.

232

P. Groele,

nisse. An Maßregeln znr Bekämpfung' hat es freilich niclit gefehlt. Im J. 50 genügte eine einfache Mahnung bei Hirrus: gegen Clodius am ]. Oktober 57 half der kräftig ausgedrückte AVille der Melirheit\): Tre- bonius setzte im J. 55 eine Redefrist fest'-), wie sie vor Gericht längst üblich war-^); Caesar und Trebonius brachten, der eine als Konsul im J. 59, der andere als Volkstribun im J. 55. das dem Magistrat formell zustehende Recht der Coercition zur Anwendung, doch zeigte sich in beiden Fällen, wie unbeliebt die Maßnahme war: der Haftliefehl wurde als Mißbrauch der raagistratischen Amtsgewalt, als Eingriff in die Burgerrechte empfunden und mußte zurückgenommen werden. Der Begriff von Freiheit, der in den Köpfen der Quirlten lebendig war. duldete dergleichen Angriffe auf die Souveränität des römischen Vollbürgers nicht. Die Entwickelung nahm ihren Lauf, bis das Rad stillstand und das Schwert entscheiden nmßte, was auf dem Boden des Gesetzes nicht mehr entschieden werden konnte.

So hat der Mißbrauch der Redefreiheit, von den Organen der Re- gierung gebilligt vmd angewendet, mit dazu beigetragen, den Zusamnu^n- bruch der Republik zu iieschleunigen. Die Obstruktin war damals und ist auch heute noch der Tod des Parlamentarismus, und wer ehrlich bestrebt ist, den Parlamentarismus zu erhalten, der muß den entschlossenen Willen besitzen, die Obstruktion nieder- zuringen, wo und wie sie sich zeigt. Fin Glück, wenn im Schöße eines Parlaments sich noch eine Mehrheit zusammenfindet, bereit, durch Selbsthilfe der Obstruktion ein lunle zu machen!

Eine Übersicht über die einzelnen l'illle wird die Ausdehnung des Übels in der Zeit des Verfalls zur Anschauunn bringen.

Nr.

Zeit

Ort

(ieireiistaml lier Verliaiiillims

I 1 ErKi-liius

I Daiit'iieihjei- , der yiielleiiaiii;aljL'

1 Obstruktion

Senat ] Kriminal-Jiiri.sdik- tion in den Pro- vinzen^)

enune vom

Vater

des Verres

auge.stiftete

Senatoren

mitlCrfolg

Cic.TVrr. 1190

1) Cic. (1(1 Att. IV "2,4: odio et strepihi scnalus coacius est alHpiando pcrorare.

2) Fi'ir Favoniii.s eine, für Cato zwei Stunden: Die XXXIX 34, 2.

3) Morani.sen, Strafrechf, S. 427f.

4) Die Konsuln Gellius und Lentidiis hatten den Antrag gestellt: ne absentes homines in provincüs rei fierent rernm capitalhon i).')). Ging der Antrag durch, so war ausgesurochen, daß Verres eine Ungesetzliclikeit Ijegangen habe. Aber die Bemühungen des Vaters hatten Erfolg, eo die tmiisigi nihil potuit, qv.od et id tem- poris erat et illc, pater istiiis, invenerat homines. qui dicendo tempus eonsumerent 96).

Die Ohstruldion im römischen Senat.

233

Zeit

Ort

Gegeiistanil ilcr VcrlKincIluiii;'

[ Krprt'ltniH l'aufiTL'dner! Ji-r

iibfltniktion

Qui'Ueiuuigulie

3.

3. De/.. Gl

bis Juu. 00")

Jim. CO

A))!'. .')'.)

Okt.

Seilst

Gesuch der Staats- zollpiuiiter um Aufhelmng de.s

Asien betiel'fendeii Pachtvertrages

GesuclU'aesars, ab- wesend um das Konsulat werben zu dürfen-)

roealiip.Jiilia ai;raria

Gesuch Giceids um Hücligalie dos iiausphitzes

M. Porcins 'mit Erfolg; .S'cAo/ Tfoi.p.SüO.

Cato tr. pl. e,2

P. Ch)diiis id. .vs

tr.

ohne Erfolg;

der Konsul Caesar bö- tiehltalsVor- sitzender die Verhaftung CatüB^)

ohne

Erfolg;

(-'lodius uacli

3 Stunden

«. Weiterred.

verhindert

201 Or. Cic. ad

Atl.l 17,;». 18,7,

II LH

Suet. Cacs. 18.

App. HS.

Plut. Cics. 13.

Vato iiiin. 31

Suet. Caes. 20.

Gell. IV 10, S. Val. Max.ll 10,7.

DioXXXVIlI 3, '2f. Plut. Caes. 14. Catu min. 33

Cic. ad AIL

IV

1) Wahrscheinlich im Dez. (U (uler.lan. CO: Cic. ad Alf. 1 IS, 7 vom L'O. Jan. 00: üalo piMkanos tcrllum iain iitenscm vexat. Keinesfalls kann die Obstruktion gegen Caesar in Person gerichtet gewesen sein, wie di'r Sclioliast anzunehmen scheint, denn Caesar traf erst nach Peendigung des Kaiujites in Rom ein {ad Alt. II 1,9), wo er dann als Konsul im Jahre M durch die lex Julia de pttblicaiiis den Streit beendigte.

"-') Dieser Fall ist insofern besonders interessant, weil mau die Entscheidung iilier ( aesars Gesuch bis zum letzten Tage der Meldefrist hinauszögerte (App. 118: r//r ijfd'-Qc.y xt/.fvraiccr oi'attr jwv :ir((ji'.yy8/.u'jv) und Cato dann an diesem Tage durch fortgesetztes Heden die BeschluUfassung verhinderte, worauf Caesar kurz entschlossen die Stadt betrat, indem er auf den Triumph verzichtete, um das Konsulat erlangen zu können.

3) Als der Senat eine Sym)iathiekniidgehnng für Cato veran.staltete und sich anschickte, ihn ins Gefängnis zu begleiten, nahm der Konsul den llaftljefehl zurück. Hierbei liel in Erwiderung auf Caesars Aufforderung zum Bleiben, da der Senat noch nicht entlassen sei, das Wort des Jl. Petreius: „ich wdll lieber mit Cato im Gefängnis als mit dir im Senat sitzen" (l)io XXXVIll 3,-.'). Val. Max. II 10,7 verwechselte den vdrliegenden Fall mit F;ill -J; Plut. Calo min. 33 ver- legt die Verhaftung an einen falschen Ort, auf das Eoriim, Cacs. 14 in eine falsche Zeit, in die Zeit der Verhandlungen über Caesars Provinzen.

4) KaL Octobr. habeixr senatus frcquens .... cum ad Clodium ventum esset, cupiit diem consumere, neque ci ßnis est factus, sed tarnen, cum horus Ires fere dixisset, odio et strepitu senatus coactus est aliquando pcrorarc.

234

P. Groehe,

Xi-, Zeit

Olt

(lri;i'nstaLiil <U'r ,, , \ filiaiiilniiig

Kt'jy .-

iii-r l>luelleiiansabe

()listnikti..ii

6.

14. Nov. 57

Senat

Autrag (Ifs cos. des. Cn. Leiitiilus Marcelliuus auf Bestrafung des Clodius

Q. Hortensius

COS. 6!)

Q. Metellus

Nepos cos. 57

Ap. Claudius

pr. 57

mit l-',)'folg

(ic. ad Atf. IV 3,3')

7.

Dez. 57

■)

Antrag des cos. des. Cn. Lentulus Marcelliuus auf gerichtl. Unter- suchung der Ge- walttaten desClo- dius

P. Clodius tr. 1)1. 58

n

Cic. all Qu. fr.

in,3-')

8.

14. Jan. JG

"

Wieilerherstclhini; Cn. Lentulus des Ptoleniaeus Marcelliuus

"

Cic. ad fam.

Auletes

COS. 5G L. Marcius Pliilippus

COS. 5G

9.

Frühjahr

Vollcs-

Gesetzentwurf des

51. Porcius

Dio XXXIX 3, 4.

ba*)

ver.samin-

Trebonius über

Cato

Plut. Cato itiin.

liiug-

dieProviuzendes Pompeius und Crassus

tr.pl. G2")

43. Liv.;w. 105

1) Senattm posiridie Idu.i: domi Clodius; egrcgius Marcellinus, omues acres; Me- telliis caluninia dicetidi tenipus exemit adjuvante Appio, eiiani herculc familiari iuo.

2) Clodius roi/alus äiem dicendo exintere coepit .... deinde eins operac repente a Graecostasi et gradilms damorem satis magmim snstulerunt . . . . eo mein iniecto repente magna guerimonia omnium di.icessimiis. Hier zeigt sich zum ersten .Mal die Verstärkung der Obstruktion durch Androhung von Gewalt.

3) Von den zur Sache gestellten Anträgen begünstigten die Konsuln den des Bibulus. während der Volkstribun P. Kutilius Luiius im Interesse des Pomiieius den Autrag des Volcacius vorher zur .Mistiuimung briugen wollte. Über diese Frage entsi)ann sich eine Geschäftsordnungsdebatte, die von den Konsuln ab sichtlich in <lie Länge gezogen wurde, um das Zustandekommen eines Seiiats- bescldusses zu verhindern: constdes neqite concedcbant neque valde rcpugnahant, äiem consumi volebant, id qiiod est factum .... hac coiitroversia usqtie ad nocicm ducta senatus dimissiis est. Vgl. zu dieser Sitzung Steridcopf, Hermes li»03 XXXVIll 28f

4) Im April war das Gesetz bereits zustande gekommen: Cic. ad Att. IV il, I.

5) Unterstützt wurde Cato von M. Favonius und den beiden Volkstribuneu C. Ateius Capito und P. Aijuilius Gallus. Trebonius bewilligte als Leiter der Ver- sammlung Favonius eine, Cat<i zwei Sluiuien zur Gegenrede. Die Überschreitung dieser Frist hatte für Cato zunächst die Kutferiuing von der Kednerbühne, nach weiterem Wider.stande die Abführung vom Fnrum und zuletzt einen llaftbefelil zur Folge. Erst die droheude Haltung des Volkes veranlaUte die Zurücknahme dieses Befehls, aber nachdem Catos Al)sicht erreicht war.

Die OhstrnJdion im römischen Sediat.

235

Nr.

Zeit

Ort

Gegenstand der Verlunulluni,'

Dauerredner

Kr;:;fhTiis

ii.i- Quellenangabe

Ohstniktiuti 1

10.

Kinle öJ

Senat

Antrag der y.elin

M. Porcius

ohne Cae.s. /-.,■. I 32,3.

Tribunen, Caesar

Cato

Erfolg

Liv. per. 107

die persönliche

tr. itl.

Bewerbung um

das Konsulat zu

erlassen

n.

Ainil bi.s Mai 50

Senat

Dankfest f. Cicero

C. Lucilius

Hirrus tr. 1)1. b3

auf Zureden des Caelius gibt Hirrus diebeabsich-

tigte Ob- struktion auf

Cic. ad fam. VIII 11,-")

1) Renuntiatum nohis erat Hirmm diittiKS dicturum: premlimus ewm; nnn modo non fecit, sed cum de hostiis tu/eretur et passet irn/ hiipedire, ,si, iit numerarctur, postularet. tacuit.

236

Nochmals der Endtermin der Gallischen Statthalterschaft

Caesars.

Von i). llirselifcld.

In (lern Irtzlon Hotte diesor Zeitschrift (Y, lOTtT.I hat HulzaptVl dmi Versuch gemacht, die veii iiii]- (IW Tiiff.) gegeltene Dai'leguiig üher den EnOtermin der (lalUsihen Statthai tersrJiaft Caesars zu widerlegen uiul die seit llofniann und Monmiseu von (k'U meisten Geleluten angenommene Ansieht als richtig zu erweisen, daü an Caesar die Statthalterschaft (ialliens durch das Pompeiseh-Licinische Gesetz his zum 1. März 4'.) ver- heilen worden sei. So sehr es auch meiner Neigung widerstreht. eine Replik gegen eine Ausführung zu schreiheu. in dei' neues Material zur Entscheidung der Streitfrage nicht lieigeliracht ist, so scheint es mir doch gehoten, die mit großer Sicheiheit vorgebrachten l>ehauptungen Holzapfels nicht unwidersprochen zu lassen. Doch werde ich mich auf das Not- wendigste beschränken und nur den ivern])unkt der Frage, das \'erhalten des Fompeius gegenüber Caesar, einer etwas eingehenden Betrachtung unterziehen.

In dem am Ende des J. .')() an Atticus geschriebenen Briefe Ciceros («(/ Aitir. YIl. '.») muL) ich nach wie vor die Worte: jwaetet-nt tempiis als ein Zeugnis dafür anselien. daß die Caesar durch das Pompeisch-T.icinische Gesetz gewährte i'"rist damals verstrichen war. während er sehr wohl ab- rundend sagen konnte: temiisti 2)rovinciam 2)er deceni annos, wenn er auch erst i) Jahre 10 Monate die Statthalterschaft bekleidet liatte. AVenn aber Holzapfel (S. IH)) hierin gar ein 'unzweifelhaftes Zeugnis' dafür sieht, 'daß der Statthalterschaft Caesars durch die beiden darauf bezüglichen Gesetze im ganzen eine Dauei' von 10 Jahren gegeben worden war' tuid dann auf dieses 'unzweifelliafte Zeugnis' hin eine andere Äußerung Ciceros interpretiert, so kann ich dies nicht für ein billigenswertes Ver- fahren erachten. A'ielinelir scheinen mir in dieser wenige Tage frühei' au Atticus (VII. 7, (!) gerichteten A|)ostrophe die Worte: exercitum reti)ient/s, cum legis dies transierit bei ungezwungener Interpretation ebenfalls deutlich dafür zu sprechen, daß damals, also Ende des J. 'M. der legis dies bereits

0. Hirschfeld, Noclimuh Enilferniin d. Gallisch. StiiWuüterscliaft Caesars. 237

voi'stiiclicn war. W'i'iiii iiiiii Cicori) fortfährl: rafioneni haheri placei? mihi vero ne ahsoitis quidein; sed cum id datum est, illnd una datum est; annorum enim deceni iriqwrium et ita latniii . . .. sei bilden dio am Schluß vorstüiiiiiipltoii Woitc'). wie das enim aiil das (Iciillifhste zeigt, die BegTÜiuluni;' (icr luiniiticlbar vcirliergelieiideii und sind i;e\vil.i nicht nn( den meisten lleraiiygehern. denen sich Holzapfel anschlieüt. durch llinzntiit^unii, eines lAacet (dies AVurl beginnt den nächsten Satz), sundern wdhi dnich Verwandlung des et in ei oder, wie mir Herr Dr. (.Iroebe vorschlägt, in est herzustellen.-) Daß es sich demnach nur um die tat- sächliche, nicht um eine gesetzliche Erstreckung des Imperiums auf zehn Jahre handelt, scheint mir aus den vorhergehenden AVorten und dem sie begrihidenden enim deutlich hervorzugehen: in keinem Fall wird man aber die verstümmelten Schlußworte als einen Beweis dafür ansehen können. daß in dem l'ompeisch-Licinischen Gesetz der 1. März -4!) als Endtermin der Statthalterschaft festgesetzt war.-^)

AVas ferner die Angabe des Hirtius (h. G. 8, 39) betrifft, daß Caesar im Sommer .')! selbst zur Belagerung von Uxellodunum geeilt sei: cum omnihus GaUis notiim esse sciret reliqnam esse unam aestatem suae pro- vinciae, quam si sustinere potuissent, mdlum ultra pericidum vererentur, so halte ich auch nacli Holzapfels Bedenken (S. 113 fg.) gegen die Be- ziehung auf den Sonnner .')1. weil dieser bereits damals dem Ende nahe gewesen sei, die Erklärung Barths aufrecht, insbesondere weil die AVorte: quam si sustinere jMtuissoit doch nur dann das Vorgehen Caesars erklären können. w(>nn sie sich auf den Sommer, in dem er den Zug nach U.xello- dmium unternahm, beziehen. Selbst wenn man jedoch jener Auffassung den Vorzug geben wollte. s(j würde das auch nur dafür als Argument verwandt werden können, daß Hirtius die tatsächlichen A'erhältnisse. daß nämlich Caesar mit Rücksicht auf dii> in Rom gefaßten Senatslieschlüsse nur noch den .Summer des J. bO in (lallicn zu bleiben vergönnt war. bei seiner Äußerung im Auge gehal)! habe. Aber ich kann mich tlieser Aus- legung nicht anschließen.^)

Das Hauptgewichl habe ich in meiner Darlegung auf die Haltung des l'umpeius gelegt und nachdiiicklich betont, daß seine von Caelius

1) Daß ich dieso in luciiuT .Vliliamilinig nicht crwäliiit IiüIjc. iii:;t IIol/,;i|)tcl (S. 1 1 1) mit Hecht.

a) Möt^lictierwcisp i.st auch für luliiui zu sclirciljeii dattuii.

3) (ll.) die Wdi'tc in dei- zweiten Pl/ilij>pi<a § 24: ne (jidmjaennii hnperium Caesun' proi(ii/(ircl auf das erste oder das zweite •^uin(|uenniani zu bezielien sind, bezeicimet Holzapfel (S. 114 fg.) seihst als zweifelhaft, gibt aber der zweiten Er- klärung den Vorzug, während ich für die erstere mich entschieden habe.

4) üar nicht in lietracht kimnnt für die Entscheidung der vorliegenden Frage, ob Caesar (i. <■. I. y, 2) mit ^\t'\i AVorteu: erepioqice seme^istri imperio in itrbem retrahereiur die ersteu oder die letzteu G Monate des J. 49 gemeint habe; doch stimme ich jetzt Holzapfel (S. 116 A. 3) zu, daß das letzte Halljjahr zu versteheu ist.

Beiträge z. alten Geschichte V2.

238 0. Hirschfehl,

iK-ricIitete Äiißeriiiig, ei' sei bereit, vom 1. März an über Caesars Abberufuiii;- im Senate zu verhandeln, und das später von ihm semaeiite Znt;eständnis, Caesar das Kommando bis zu den Iden des Novembers zu belassen, nicht mit Mommsen auf das Jahr 49, sondern, wie es früher allgemein geschehen ist, auf das Jahr 50 bezogen werden müsse; da er aber dies Zugeständnis ausdrücklich als qiiod ilJi aequnni putet bezeichne, so sei es undenkbar, daß in dem von ihm selbst ein- und durchgebrachten Gesetz der 1. März 49 als Endtermin der Stattiialterschaft festgesetzt gewesen sei. Nun sieht sich Holzapfel selbst genötigt zuzugeben (S. 111): 'da bei diesen beiden Kalenderdaten die Bezeichnung eines Jahres fehlt, so liegt es auf den ersten Blick gewiß am nächsten, mit Hirschfeld an- zunehmen, daß es sich nur um die zunächst in Betracht kommenden Tage, also den 1. März 50 und den 13. November 50, handeln könne'. 'Aber', setzt er hinzu, 'nachdem einmal durch die Zeugnisse der Historiker und die hiermit übereinstimmenden .\ngaben Ciceros festgestellt ist. daß Caesars Statthalterschaft erst am 1. März 4;i ablief, wird man kein Bedeidien mehr tragen, die genannten Kalenderdaten eben auf dieses Jahr, das allein in b'rage kommen konnte (!), zu beziehen'. Mir scheint diese Argumentation in hohem (irade bezeichnend für die Art der Holzapferschen Kritik und für seine Wertung der Quellen zu sein.

Was nun zunächst den 1. März betrifft, so kann es gar keinem Zweifel unterliegen, daß in dem Anfang Oktober 51 geschriebenen Briefe {ad famil. VIII. 8) überall der 1. März 50, nicht 49 zu verstehen ist. In § 4 schreibt Caelius: pla^ic iierspcda Cn. Pompei rohintafe in eam partem, tit eum decedere post halendas Martias plareret, senatusconsidtum, qnod tibi niisi, factum est. In diesem Senatskonsult, das auf die Kund- gebung der Willensnieinung des Pompeius hin beschlossen worden ist, wird nun bestimmt: riti.L. Panlhis C. Marcellus consnles (des J. 5t)), ciim marjistratum iiiissnif, ecc Imlendis Mariiis, qnao in suo magistratu fidurae cssent, de ronsidarihas provinciis ad senatum referrent, neve quid prius ex Irdendis Martiis ad senatum referrent neve quid coniunctim, worauf noch andere außergewöhnliche Dringlichkeitsbestimmungen folgen. Und nach der Mitteilung dieses Senatsbeschlusses heißt es dann wiederum 9): illa praeterca Cn. Pompei sunt animadversa, quae maaime ronfidentiam aitidcrunt hominilms, nt diceret se ante Italendas Martias non passe sine iniuria de provinciis Caesar is statucre, post kcdendas Martias se non duhi- tcdnrum.

Ist es nun l)ei diesem Sachverhalt überhau])! möglich, in § 4 und § 9 den 1. März 49 zu verstehen, während in dem beigefügten Senats- konsuite ausdrücklich das Jahr 50 angegeben ist? Denn wie hätte die Erklärung des Pompeins, er habe nichts gegen die Abberufung Caesars nach dem I. März einzuwenden und er sei bereit, vom 1. März an darüber in Verhandlung zu treten, einen Senatsbeschluß zur Folge haben können.

Nochmals der Endtermin der Gallischen Statthalterschaft Caesars. 239

(l;il.) l)oroits \niii 1. März des Jaliros .'>() ;iii. und /.war in ciiuM' f^cratlezii Ix'ispiellüs {Iriiiii(Mi(lon Weise über Caesars Abbenifiiiiii verliandelt werden solle, wenn l'oinpeius in seinen Erklä runden den 1. März 41), nicbt 50 gemeint liätte?! Wäre ferner in dem l'ompeisch-Licinisehen Gesetz der 1. März 4!) als Endtermin der Staltiialterscliat'l fesfoesetzt gewesen, so hätte Pompeins fiewiß nicht eiklärt. nt cum decedere 'post Icalcndas Martias placeret, simdern lalendis Martiis, wälirend der von ihm gewähhe Termin offenbar dadiircli bedingt ist, daJj nacb seinem Gesetz vor dem 1. März 50 der Senat über die Wiederbesetzung der gallischen Statthalter- schaft niclit in Verhandlung treten durfte. Daher hatte Pompeius gegen den Antrag des Konsuls des Jahres 51 M. Marcellus. der Caesar bereits am 1. März 50 abberufen lassen und darüber schon vor diesem Termin im Senat verliandeln lassen wollte. Einsprache erhoben.') Und wozu, fragen wir weiter, diese ungeheure Hast, das Sc. sofort nach dem 1. März 50 herbeizuführen, wenn im Gesetz der 1. März 49 als Endtermin ausdrücklich festgesetzt war, nnd das Sc. also nicht den Zweck hätte haben können, die sofortige Abberufung Caesars herbeizuführen? Auf alle diese Fragen, die aus meiner Darlegung sich docli deutlich ergeben, ver- sucht Holzapfel auch niclit mit einem Worte Antwort zu geben, sondern beruhigt sich dabei, daß durch die anderen Zeugnisse 'festgestellt sei. daß Caesars Statthalterschaft erst am J. .März 4!» ablief!

Ferner: ist es denkbar, daß Pompeius, nach diesen von ihm ab- gegebenen Erklärungen, im Mai des Jahres 50 gemeinsam mit dem Senat sich darauf gesteift habe (incnbuisse : ad famil. VHI. 11, 3). Caesar nicht etwa nur bis zum I. März 49, sondern bis zum 13. November dieses Jahres im Kommando zu belassen? Und dieses ungeheure Zugeständnis sollte auf Cniio, den A'eitieter von Caesars Interessen in Rom, die Wirkung gehabt haben, daß er oniviu potiiis siibire constituit quam id pati'f Was Holzapfel (S. lUJ) zur Erklärung dieses ganz nnbegreiflichen Verhaltens anführt: 'daß Caesar, wenn er sein Kommando am 13. November 49 niedergelegt hätte, so wäre ei' als Piivatmann für den Rest des Jahres einer auf die illegale Fülinmg seines Konsulats zurückgreifenden .\nklage ausgesetzt gewesen", ist. wenn hier niclit ein Schicibfehler ('Konsulats' statt 'Kommandos', was aber durch das folgende Wort 'zurückgreifende' xmwalirscheinlich wird) vorliegt, schwer verständlich, und seine Annalune, daß Pompeius darauf gerechnet habe, die Konsulwahlen 'bis zum Schlüsse des Jahres oder noch darüber hinaus zu verzögern', lindet in den uns erhaltenen (.Uiellen keinen Anhalt. Daß Caesar in den Woclien, die zwischen dem 13. Novend)er und dem Antritt des Konsulats lagen, in Gefahr gestainlen hatte, wegen seiner Kriegfttbrnng in (iallicn angeklagt

I) Cicero Attic. S, 3, 3 und die von mir in dieser Zeitschrift IV, 83 zitierten Stellen.

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■_'40 0. Hirschfeld. Xochmals Endtermin d. OalliscJi. SfaUhalterschcift Caesars.

zu werden, stelle ich nicht in Abrede: aber einerseits reciitfertigt das nocii keineswegs das Verhalten des Cnrio gegenüber der Ansicht des Ponipeius, daß er oninia jmtiiis siMre consiituit quam id paii. andererseits zeigen die viel größeren, später von Caesar angebotenen. Konzessionen docli zur Geniige, daß er das Zugeständnis, bis zum 13. November 49 in seinem Kommando zu iileiben. mindestens als weitere Verhamlliuigs- basis mit Freuden angenommen iialien würde, wobei ihm ja immer nocli unbenommen l)lieb, die gleichzeitige Entlassung des Heeres des Pompcius vor der Niederlegung seines Kommandos zu fordern.')

In den Worten des Caelius {ad fumil. VlII. 11. 3): scaena rei totius Jiaer: Pompeins, tamquam Caesarein non impugnei^ sed, quod Uli aequnm ])ith't, constifuaf, ait Ciirioncm qitaerere discordias. valde aidem non vidt et 2Äanc fimet Caesarevi co{n)s{ulem} dtsiijinari)'^} prius quam eaercitum et provineiam tradiderit wird, wie Holzapfel (S. 112) ganz richtig bemerkt, 'das scheinbare Entgegenkommen, durch das i'ompeius den Curio zu ent- waffnen suchte, in scharfen Gegensatz gestellt zu seiner wirklichen Absicht, die darauf hinauslief, eine Wahl Caesars zum Konsul nicht elier zuzulassen, als l)is er sein Heer und seine Provinzen ai)gegeben hätte'. Nur ist eben Caelius und auch Pompeins offenbar damals der Ansicht gewesen, daß Caesar sich Itereits für das Jahr 4'.i um das Konsulat l)e- werben würde, wie tias aus Caelius' am Anfang (Oktober äl geschriebenen Worten hervorgeht (ad fumil. Yllf, ^!. ')): itaque inm, vi video, allera)n idram ad eondirionem desrendere vult Caesar, nt aut maneat ncqite hoc aiino sua ratio Jialieafnr, aut, si designari poterit, deccdat (vgl. meine Auseinandersetzung in dieser Zeitschrift IV S. 79 A. 1).

So lange es nicht gehngt. das Verhalten des Pompcius als vercini)ar mit einem festen in seinem Gesetz festgestellten Endtermin der Caesarischen Statthalterschaft zu erweisen, werde ich an der von mir versuchten Lösung festhalten: die von Holzapfel dagegen gemachten Einwentlungen haben mich jechmfalls in meiner Überzeugung von der Richtigkeit derselben nicht zu erschüttern vermocht.

1) Wozu er Ijereits im Sejitfuibcr .'lO cntsclildsseii war: cid famiL VlII, 14. 2.

2) Ganz ebenso ad fantiJ. VIII, \),h: Pompcius tiius apcrtc {yion cidl] Cucsarciu et provinciam teuere cum exerciiu et constd\cni designari oder fieri. was dasselbe l)eileiitet, vgl. Moinuisen: Rccldsfraye, Aiini. Ud, wo Holzapfel nicht tür die Va- .yänzung l,aniljins: consnl[c.m esse] liätte eintreten sollen. Vgl. ad famil. VlII, 14, •_': der Senat habe heseblossen : ratiotiein eins hahciidam qui [necpie] e.vercitum necjne jjrovincias Initlmi; qaciuadinodttui hoc Pumjicixs lutunis sit, cum cogiwscam . . . und ad famil. \'III, 11, -: Cn. l'ompcins consiituit non pati (,'. Cacsarem constdcm ulitcr fieri, nisi cxerciliini et prorincias tradiderit.

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Die Lage der bithynischen Stadt Daskylion und des Daskylitis-Sees.

(Mit einer lüirteX Von Richard Kiepert.

Daskylion. dor oinstine Sitz doi' persisclion Satrapen von ^lysicn niHJ Kioin])lirygien, lag nach I'lin. //. //. ^'. 143 an der Küste der l'i'o- pontis. was die Zahlen hei l'tolemaens (\', 1. 2. wozu II. Kieperts Rekon- struktion. Alias von HeUa.s'''Ti\iA'A zu vergleichen isti und dii> attischen Trihut- liwten i/aaxvüitov ev Ilaononidi: IG.], 2H\ -'30, 243) hcstätigen. Im 17. Jahrhundert wird die Stadt unter dem Namen Diaschilo in .\. liandrands Gcoijrupliia online litttnuum dtsposita, I'aris HiS'i, erwähnt, wo es unter DascyUnm heil.lt: DasrijUnvi, nrbs Bifliijniae uiaritiiiia ......... Iiodiü Diascli ilo itiaiii iliiilxr a N/rjro, sen et

Dieliiis Diaacoli, nt scribunt miutav. estijiie satis eidta suh Tiircis, in promontorio cognomine, et ante insulaiu Fapae scn Bei'biaim [Druck- tehler für Besbiciim]. inter Prumiii ad uiiaiii et Ci/zicajii ad occasam, prope Apamca))!. Die tiirkisciie Form Jaskili findet sich an der bezeichneten Stelle auf H. Kieperts Karte von Kleinusien von 1.S44. das griechische /ficKTxeki auf der Topograplmclten Kurte von Prasa und Umgebung in ^'asilios J. Kandi s '// IlQOvau i'joi uoyttio'/.oyixri larooixii yetxiyQiafixri xai ix/.hi(jia(Jiixj] Tieeiyocufi] aihrjc, Athen 1SS3. Neben Diaskeli. aber nicht atd' dem nahen Vorgebirge im NO, sondern irrtümlich westlich davon sind bei Kandi die Ruinen \on Daskylion angegeben, unil ihm ist Heinricii Kiepeit. Karte des Westl. Kleinasien 131. 2, gefolgt: ebenso liegen die Ruinen falsch an der Bucht Eschkel-Liinan auf Blatt 3 der nicht im Handel beiindJichen 20 blättrigen türkischen Karte Vilaijet de Huvaden- dighiar 1 : 100000. Constantinople 189(! i?!.

In den 80er Jahren iiat dann W. Regel {Journal des [russisehen] Ministeriums für Volksaufidärung, Mai ISti?, Abteilung für klass. F/iiloL, S. 3) die Ruinen besucht uml ihre Lage richtig gestellt: iialbwegs zwischen Mudania und der Rhymlakos-Müinlung liegen die 80 türkischen Gehiifte von Jaskel, griech. Diaskeli, in fruchtbarer Umgebung, an einer kleinen Bucht, an deren Ostseite ein Vorgebirge die deutlichen Reste des antiken Daskylion trägt. Nach drei Seiten falhni die Felsen steil zum Meere ab,

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242

Richard Kiepert.

an der vierten scheidet eine Sclilncht die fast nnziigäns'liclie Stadtlage vom festlande. Die Stätte wird als Ackerfeld benntzt. so daß wenig Antikes erhalten ist, während früher dort oft Stücke bearbeiteten ilarmors aiis- gegraljen worden sind. Eine Planskizze, die schneller und besser als viele Worte die Sache klar machen würde, hat Regel leider seiner Be- schreibung nicht beigegeben.

In der Näh e der so annäliernd fixierten Stadt lag nach Strabon p. öTö der Daskylitis-See: er setzt dort DaskyHon nah; %)] Juaxv'/.inSi. An zwei Stellen freilich widerspricht Strabon dieser Ansetzung, aber lieide Male irrtümlich. Wenn er p. 550 nach Hekataios den i-'luß Odryses. den lieutigen Nilufer oder Ülfer Tschai. von Westen her aus dem Daskylitis- See in den Rhyndakos sich ergießen läßt, so liegt hier nichts als eine

Maüstab l- 400 000

der bis auf den heutigen Tag Itei Reisenden und Scliriftstellern so überaus häufigen Verwechselungen von Osten und Westen vor. an die jeder Karto- graph gewöhnt ist (Norden und Süden werden dagegen nie mit einander vertauscht). Sein zweites Versehen p. 5S7 (das ihm Eustath. ad IL II. 824 nachmacht), den See Daskylitis mit dem Aphnitis d. h. dem heutigen Manijas Göl gleichzusetzen, haben schon Gramer, Description of Asia Minor I. 171. Perrot, EnpIoratio)i de la Galatie I. 97 und andere richtig gestellt.

Auf S. 575 gibt dagegen Strabon das Richtige, indem er die Dolionen um Kyzikos, vom Aisepos-P'lusse bis zum Rhyndakos und dem See Das- kyütis wohnen läßt: diese Reihenfolge zeigt, daß der See östlich vom Rhyndakos zu suchen ist. Ebenso ergibt bei JMela I, 99 (trans Ehyndamm

Die Lage der hühunischcn Stadt Dushßon und de, DashjUUs-Sees. 243 est Dasajhs) der Zusanunenban^. daß /n<». hier so viel wi.- ..östlich von"'

'"'"nte existiert nun n, de,- Nahe von D.askeli (Eschkel, Jaskel, Jaskih) kein See n>ehr. Ks ,ii.t dort an .ler Hueht Eschkel Lnnan. von ilH- .Inrch Sandhugel getrennt, allerdings eine Niederung, wo sich huhei ein See helunden hahen soll (Regel a. a. 0. S. 7,. Das kann aber der Daskvlitis nicht gewesen sein, der doch südlicher in, Gelnete des 0. ry^s- Flusses oder Clfer Tschai gelegen hat. In dessen Strontgeh.et ahe, hat Regel eine, wie es scheint, passende Stelle ernnttelt: er schred^t S. .

Im Tale des Ülfer Sn beim Dorte Meletler liegt eine sehr tiefe Gegend. Nach Angabe der dortigen Einwohner sannnelt sich auch jetzt noch ,m Frühling' dort viel Wasser und bil.let Sün,pte. Von da Ins zum Meere ziehen 'sich niedrige Berge hin. die den. Transporte auch emer schweren Fracht kein Hindernis bieten. Hier lag nach n.einer Ans.ch der Das- kylitis-See. Offenbar ist er ziendich früh ausgetrocknet, so dalo kerne, der spätesten Au^nen ihn eru^lhut, "^ ^^^ . ^^

W Rüge (Petcrrnann's MtU. 1>.)j:, ö. --"i. uii ^ Talwege des Ülfer-Tsebai selbst gesru-ht, das Dorf Meletler aber n.cht ;.; of^n hat. kann, da Regel keine Karte gil,t. über die Lage des Dor es mul des Sees nichts Siche.-es n,itteilen. Auch Heinrich Kiepert iFonnae n./.s antimu IX und Text S. 2) läßt ihn nach offenbar .nißverstandener n,und- ie Mitteilung RegeFs vo,n Ülfer-Tschai selbst durchflössen werden. Meletler findet ;ich indessen auf zwei schon erwähnten seltenen Karten angegeben, zunächst auf der oben genannten Kandischen v- l'^-y'"; deL; Umgebung. Hier liegt es etwa 4 k,n südöst hch von D.askeh m südlichen Fuße der nur bis UO n, ansteigenden Knstenbe.-ge. d. ,. al o im Gebiete des Odrvses, der sich den, Marn.a.a-Meere hier aul s ja etwas weiter westlich bis auf 5 k,n nähert. ^^^^Y^^^^'^'';;;'^ erwähnte türkische Karte Vüayet de Hudarendujlnar 1: 100 000 etwa in derselben Gebend, nur wenig südlicher, nä.nlich 6'/, k-n vom Meere und näher dem Ülfer-Tschai. das Dorf Miletler. Rüge hat es also e„,ige Kilometer rechts ,n.,dlicl„ liegen lassen: auch Tschil,atschew und Lebas sind vor ihn, unweit von .1er hiteressanten Stelle vo,-be,gekommen, ohne

" "cf Xnbe. daß n,it obigen, zwar die Lage der Stadt Daskylion aber noch keineswegs die des Daskylitis-Sees festgestellt ist. fixiert is^ nur die Stelle, an welcher Regel den See vermutet, und es scheint, daß sie einige \Yahrscheinlichkeit für sich hat. Aber es bedarf noch cna weit genaueren und weit eingehenderen Durchforscluing der ganzen Gebend die ein geschickter Aufnehmer und fleißiger Barometer-Ablesei vonielniien muß, ehe die- Frage endgiltig gelöst sein wird, sie wie so viele andere im westlichen Kleinasien.

244

Hellenistische Forsciiiingen.

Von ('. F. Lebuiaiin.

2. Seleiikos, König der Makedoncii. ')

Der dritte Band von Beloclis Griechisiher Gesrlticlilc, der in seinen lieiden Abteilungen seit Jahresfrist vdllendet vorliest, wird an tiefgeliender lind nachiiaitiger Wirkung die beiden ersten Hände wiPinögiicli noch über- treffen. Das will viel sagen. Denn Beloclis Einfluß auf die Beliaiidhing und Auffassung der griechischen (leschichte im engeren Sinne, wird, trotz vielfacher Hinweise sowohl derer, die. ohne sich der Kritik zu begeben, ihm in wesentlichen Zügen folgen, wie derer, die ihn bekämpfen, im allgemeinen schwerlich ausreichend gewürdigt. In (\v\- hellenistischen Periode aber war Beloclis mit knmbinatdriscliem Scharfblick ge]iaarter Gestaltungs- und Darstellungskraft doch eine weit gröbere Aufgabe gestellt. Und er hat sie meisterlich gelöst. Die dit>icd<i membra der Tratlitiiui, die bei seinen Vorgängern vielfach unverbimden neben einander gereiht erscheinen, hat er überall zu einem in sich gerundeten und verständlichen Bilde der Ge- schehnisse und ihrer Entwickelung verknüpft, h'reilicli bildet der Zustand der Quellen in diesem Falle ein begünstigendes Jlonieut; die für Beloch eigentümliche radikale Behandlung der übcrliel'eiten Nachrichten hat für eine Periode, wo die Quellen so spärlich und vielfach so trübe fliel.5en, eine verhältnismäßig größere Berechtigung und niehi' Aussicht auf Erfolg als für Zeiten besserer historiscliei- Beglaubigung.

Aber natürlich nur verhältnismäßig. Auch im dritten Bande hätte in manchen h'ällen ein engerer Anschluß an die Quellen zu einer sicheren und klareren Erkenntnis führen können. Mit diesen l''ällcn werde ich mich in meinen Hellenistischen Forschungen mehrfach auseinandersetzen, ohne über dem Widerspruch den Dank zu vergessen, der Beloclis groß- artiger I^eistung als (lanzeni geliührt.

Die durch die Schlacht bei Tvurupedion und ilire unmittelbaren Folgen geschaffene Rechtslage entbehrt bislang der lichtiHen Würdigung. Damit hängt es zusammen, daß die Untat, die Seleukos' des Ersten

1) 1. Jtif rrsic .v//)7'.s(7(C Kr/er) und die Welllagc um. ^75 L'7:i r. ('In: .s. oben i'.il. 111 S. 4'.11-Ü47.

('. F. LehuHoni, Sch'iil,-os. Kiiinij der MuLitluiirii. 2I'>

trafi'isclics h]ii(l(' luMiiciliilulc. liis liciilc keine lielViedi^ciide iM'kliiriiivn gefundoii lial.

Die entsclieidende l'i'jiiic ist: wer \v;u' nnrii LysiiiiMi'lins Tode Köiiifi- vdii Thrakien und .Makedonien, wer liatle das ni a kediiii iseli e Köiiif;- tuiii iiine?

Bei Eu.sebius in der Aid'zählnni; der niakedenisciieii ') und der thessalischen Könige-) und in den cMlspreelieiiden IJsteii''). fuli;t anl' Lysiniaclios uniiiittclbar Ptoleniaios Kcraunos. Damit ist nielils weiter gesagt, als daß der erste, der iiacli Lysiniaclios Tode zur tatsäeliliehen Ausülinng der Herrschaft in Makedonien scilist gelangte. Ptoleniaios Keraunos war. ^liiß dies scluni allgemein nach dem Cliaiakler jener Zusanimenstelliingen gelten, so komnif im vorliegenden {"'alle liiiizn, dal] bei Eusebios talscblicli oder mil.lverständlich die Ermordimg des Seleukos als eine ninnittelbare zeitliche i'^olge tlor Sciilacht von Kmnpedion erscheint. Eine Ansknnit über die Rechtslage nach Lysiniaclios' Tode haben wir in alledem natürlich nicht zu ei'blicken.

Das ist auch üeloch nicht entgangen, iiiul so füi^t er zwischen Lysiniaclios und i'tolemaios ein: ...Vrsinot' (iiir iliicn Sohn rioleinaios) 281 Sommer bis 2^0 Kriihjahr".')

Zweifellos war. im Sinne des Lysiniaclios. seitdem er auf Betreiben des Arsinoi- den rechtmäßigen Thionerhen Agathokles ans dem \Veg(> geräumt hatte, i'loleuiaios. sein älteste^' Sohn \(iii der Arsinoe. dei' präsumtive Thronerbe. Dieser war minderjährig. Nach maked(miscliem Staatsrecht hätte der nächste regierungsfähige Agnat die A'(M-niimdscliaft {r.nioinnla) führen, imd in Ermangelung eines solchen entweder aus dvn ('ir(d.ieii des Reiches ein \'mniniidschaftsrat gebildet oder der .Mutter des jungen Königs die A'oiniiiiidschaft übertiagen werden müssen.-"')

Laß wir v(m alledem nichts hören, würde bei dem Zustand der Überlieferung keimni (iegenbeweis abgeben. Wenn .Vrsinoi' mit Midie vor Seleukos und seinen aufständischen Anbängein ans Ephesos entkam*') nnd sich nach Kassandreia rettete, so könnte man immerliin geltend machen, schon vor der Flucht, unmittelbar nach der Schlacht bei Kuru- pediou. oder nach der Ankunft in Makedonien seien möglicherweise jene die Erbfolge regelnden ^Maßnahmen getroffen worden: ja. selbst die An- nahme, Arsinoe habe sich angesichts der Gefahren der Lage aus eigenem

1) Schoene I p. 235 (Synkell.) fliH^ d' ;'.-i; r;/ vixi/ i:i).ftx(»' Ilioliitc.uK !> toi; Actyov X(u EvQiiilüiji nali xi/c ArTi:ri''.n>ov. m Kuftarhi i'jit'x/.iiai^ i'iv, fvtQyiziji' ze ovza ic.vior xal i'x </!'/;%■ vnodtSi'ciitroi- th't/A'Jy. //(</t)' (((ri'i-- .l/f;;cf il/id/r.

2) I p. 242 3 Sclioeue.

3) I p. 241 und 245; vgl. Beloch, Gricch. Gesch. III 2 S. 74.

4) Griech. Gesch. III 2 S. 73 und 80.

5) Vgl. zum Folgeiuleu geradp Beloclis .sacligeMiätie lUustcllung im X. Al»- schilitt: Die Monarchie und ihr Staatsrecht. (,) l'olyäu \'lll .'i7.

246 C. F. LcJimann,

Rechte zum Vonmiiul ihres Solmes erklärt, hätte an sieh ilire Berechtigung. Letzteres ist auch wohl Beloch.s Ansicht, wenn er annimmt, daß Arsinoe von Kassandrcia ans die europäischen Provinzen re- gierte. Es ist dies, abgesehen von seinen Königslisten, Bcloch"s einzige Äußerung über die Clestaltnng der europäischen Verhältnisse in der Zeit zwischen Lysiniachos' und Selenkos" Tod. Daß diese Anschauung der Sache nach zutreffen kann, verschlägt natürlich nichts für die Rechtsfrage, und wir werden sehen, daß sich in den Quellen direkte Gegeninstanzen finden. Zunächst aber zur Hauptsache. Auch wenn obige Annahmen zuträfen, so fehlte doch ein anderes, das han]itsächliche Erfordernis für jedwede Regelung der Thronfolge in .Makedonien die Anerkennung seitens der Heercsversammlung. die seit Archelaos') das in Waffen organisierte Volk darstellte.

Das makedonisch-thrakische Heer aber hatte, daß wird ausdrücklich bezeugt, den Seleukos als König anerkannt.

Zwar in Photios' Auszüge ans .^leninon iFHG III ."i:?.' 4) tritt das nicht mit voller Deutlichkeit zutage. Memnon N: r/eaänoi äe (seil, ^iröi- /(«XOi'l '/ loviov (iir/l TjQodxwcnlaaan ifj luv iLt'/.tv/.ov iieooc xaieati]. Meniuon J2, 3: 'E.iißuv/.rv yäo ovonloui (seil. Iholef^iuloi o Keoixvvog},

1) Diu :jfZi'Ti'.n)(>i sind luitürlich nur zu verstehen ais iicii zu den l)islier allein bestellenden berittenen i-Ti-inni liinziitretend. Einriclituug und Name tier iTidnoi sind in Maicedonien uralt, letzterei- in. !■;. nicht eutleiiiit, sDinlein seniein- sames altgriecliisoli-inakedonisclies Spraeligiit. Die Pezetären bat Arclielaos ge- .srbaffeu und damit den Grund für die (Jiganisalion des gesamten Volkes in Wutten gelegt, wäiiiend im Ib'ere bis dabin nur der Adel, die Kitterscbaft. vertreten war. in den auf Arcbelaos' Kegiening folgenden Wirren mag diese Organisation znin 'l'eil verloren gegangen sein und l'liili|i|i erst auf sie zuriickgegriften und sie ausgebaut baben. Desbalb bleibt Arcbelaos dorli ibr Scböpfer. Arebelaos, Pliiliiii), Alexander: der große Kurfürst, Kiiuig Friedricii Wilbelm I, Friedriili der Große: lier Vergleieli hinkt uml bat doeli sein l.elirreiebes. Kaerst {Gcsclikhte des liellmistixdien ZrilaUcrs Whi. Anm. 1) unterscbälzt Arcbelaos gewaltigr seine Gründe überzeugen mieb uiclit, namentlieli wird er Tbukydide.s" Nacbrieliteu keineswegs gerecht, leb kann sfiiie AnfNtellungen nur als einen Kücksebritt Köhler gegenüber betraeliten. ~ Kaersfs tiieoretisiereude Gescliicbtsbetracbtnng zeitigt noch mauclierlei andere irrtiimer: so lietrachlet er (I 190 Anm. 1) die durcli Isyllos von Epidauros bekundete und von Wilaumwitz zutreffend lieurteilte Xaelirielit. l'biliiip lialie das spartaniselie Königtum aufllelien wollen, als unverträglich mit l'liilijip'.-- Pulitik. Mir erselieint dieses unverfängliche Zeugnis als liöchst bedeutsam und in seiner Tragweite kaum genügend ge- würdigt. Die beiden ..dorischen" Königtümer standen in einem uatürlieben Gegensatz Den makedonischen Königen mußte aucli als „Dorieru" das andere, gleiebfalls ibirisclie Königtum ein Dorn im Auge sein. Es ist durcliaus begreiflieb, daß Philipp es aufzuheben strebt, und es wird keinesfalls schaden, wenn man den dnrc b die liellenistisebe Zeit sich jiinziehenden Gegensatz zwischen den Trägern des spartanischen und des maketbniiscben Königtums auch einmal aus diesem Gesichtswinkel betraclitet. Ich kumme auf all dies zurück.

SeleukdS, Koni;/ der Mahcdonen. 247

jioonTieawv töv evtoyeirjV dvMQel xal 'innov emßctg nqog AvaLf-iuxtuv (pevyst, iv u Siddiifia TieoiUe/isroc /itro Xafinoäg dooi'qooiac y.ai fßatvev flc ro aTQiiisviiUt, SsxonBviov ttt'iov v/to rfiC (h'dyxtjC y.al ßaaiXia xuXovv- Ttui', 0( ttqÖti oov ^fXtvxdj I 7111X0 vor.

Also nach der Ermordung dos Sck'ukos loi;t Keraimus in r>ysiniacli(Ma das Diadem an. iioiiicht sich mit einer hewaffneten Anliäni;eiscliaft znni Heere und. unter dem Drucke der Notwendif^koit, rufen die Trujtpen iliu zum Könige aus, sie, die dech ehen dem Selcukos gehorclit liatten. Hier könnte man allenfalls die Anschauung vertreten: gewiß. Lysimachos' Reich war dem des Seleukos zugewachsen. dieTriip])on hatten dem Scleukos geiiurcht. weil ihnen als Besiegten nichts übrig blieb, aber zum Könige der Make- donier hatten sie ihn nicht ausgerufen. Aber das wäre schon dem Wort- laut des Berichtes gegeniii)er eine sehr gezwungene Auffassung: ein Heerkörper, von (h^m Ptolcmaios Kcraunos seine Anerkennung als makedonischer König fordert, und der sie ihm wi(h'r\villig und der Not gehorchend erteilt, hat sich ei)en als die makedonische Heeres- vcrsammlung, das makedonische Volk in Waffen gefühlt, und sein Gehorsam gegen Seleukos ist in diesem Sinne gemeint und aufzufassen. Bei Photios schimmert, wie sich bald noch deutlicher zeigen wird (u. S. 249). nur leise noch durch, was Nyin])his und aus ihm schöpfend Memnon schärfer furmulieit haben werden.

Über die Sachlage lassen Justin und Trogus glücklicherwiMse keinen Zweif(>l. Bei Justin (XVII. 2. 4) lieiüt es ausdrüklicii: Qiäppe post mciises aämodum scptcm a Ptohimeo, aiitis Dororcin Li/siniachus in iiiatrimonio hnbucrnt, per insidias limtmve^this occidititr rcgnumque Macedoniac, qtiod Lysimnclto cripxierat, tum vita jiurifcr awittil.

Und (laß hier nicht etwa eine dem K|)it(unator zuzuschreibende phrasenhafte Verschiebung des Sachverhaltes vorliegt, sondern daß Justin hier wiedcrgiebt. was Trogus Pompeius berichtet hatte, beweist der „Prolog" zum XVII. Buciie der Trogus: Vt lieleucus amims in Cajipa- dücia mm Diodoro cupiis intcrfains est ab Ftolomaeo, fratre Arsino'cs uocoris Li/siiiiachi, in cuius vicem FMomaeiis eognomine Cercuinus creatns ab cxivcitn rex Macedoniavi ocaipavit.

Justin und der Prolog des Trogus zusammengehalten, zeigen aufs Deutlichste, daß nach Trogus Pompeius' Bericht und Auffassung Seleukos vom Heere zum Könige der Makedonen ausgerufen war und an seiner Stelle') wiederum durch die Heeresversammlung, Kcraunos als König anerkannt wurde.

1) Da.s in ciiius rkoii liätte man in der, be.sonders dui'cli die Häufung der Namen, naturgemliß unklaren Spiarlie dieser „Prologe", allenfalls auch auf Lyst- maclii nii-lit etwa auf Arsinoes bezielien können. Der Vergleich mit Justin

24.S C. F. Lclüiuom,

.histin t'alirt ii;mn fort: Igitar Pfolomcus cum et in ip-atiam uioiio- riae Magni Ftolomci 7ja<7'/s et in favorem ultionis Lysimachi amlitiosua ad 2"fpi<Jni-cs esset, iirirno Lysimuvhi ßlios coiidliare sihi f-tatuit miptiasque Arsinai's, sororis sitae, matris eoruni petit, imeroram udoptione promissa, ut cum in lucum pafris eoruin surcessissef, nihil tili nioliri vel verecimdia matris vel appellatione pjatris auderent.

Audi liier, wii lici der Neigung Justins zur l^lirase eine Ungenauigkeit oder rixM'treibung nahe gelegen hätte, wird in direktem Gegensatz zu Beloch's Annahme nichts von einer Herrschaft der Söhne des Lysimaclios oder einer Vertretung durch ihre ^lutter gesagt: Keraunos ist an die Stelle ihres Vaters getreten (wenn auch nicht als dessen erster Nachfolger).

Wir sehen also, daß sicher Trogus Pompeius und so gut wie sicher auch Mcmnou. d. h. also die ihnen zugrunde liegenden zuverlässigen rrimär(|iielleii 11 i cronymos von Kardia und Xympliis von Ilerakieia. ühei-einstimmend i)ericiitet hatten: Seleukos sei nach der Schlacht von Kurupedion von der Ileeresversammlung als Nachfolger des Lysimaclios. als König von Thiakieii und .Makedonien anerkannt worden.

In .Instin's .\nuaiie (.\X1V. "j. "Jl: Primas eHt^(\ Ftuloiiico Ccraaiio) dolus fuit siiindato umorc soruris iiuttrinioiiiain petej-e; aliter cuim ad sororis filios, quorain regnum ofcnpaverat , qaain concordiae fraade ycrvenire non poterat wiid demgegenüber niemand einen Gegenh(>weis erblicken wollen: nicht das Keich. das (he Söhne der .\rsinoe im reclitliclien I5esitz hatten, simdern das. auf welches sie .\nspruch hatten, ist hier gemeint. Auch im Deutschen könnte man sich entsprechend ausdrücken, ohne sich einer direkten Ungenauigkeit scliuldig zu machen.

Sollten liier oder au anderei' Stelle aber deimocli Zweifel bestehen, so müssen auch sie schwinden, gegenüber einem klaren iiischriftlichen Zeugnis dafür, das Selenkos den Titel ..König der Makedonen" geführt und de iure König von Makedonien gewesen ist.

T)ie l)ekannte zu IJorsippa gefundene archaiscli-babyliMiiscbe Inschrift .Xiitiochos' 1.') berichtet von der Herstellung resp. dem Neui)au des dcnligen Nebotempels und des Heistempels in Babybm und von darauf bezüglichen rituellen Maßnahmen, die der in Syrien weilende König im Frühjahr ■26.'^ v. Chr. in (dtsentia vornahm. -| Hier nennt Antiochos sich selbst ..König der Welt. König von Babylon. König der Länder"-^) im Anschluß an ältere Titel der babylonischen und, so lange die Personal-

zcigt, daß nur Seleukos gemeint sein Uiinn, wie es nach dtT Fassiniü; des .\nsy.nges oimeiiin als das Natürlichste erscheint.

1) V K. r,a. vgl. KellinsclirifU. Bibliolliek III l S. l.'JTtt.

•2) Siehe oben 15d. Ili S. .')09 und .')10 mit .Aniii. 1 nml -2.

3) kir kimiti sar BuhiU sar mätäli.

Selenkos, König der ^IcÜceJonen. 240

Union zwischen Pcrsicii iiikI iJahylonien Ijesland, der persischen Könige; seinem Vater aber i^iht er den Titel .,Knnii>- der Makedenier. Könii;- von Bal)ylün" '). Schon diese Untersciieidnni^- zeist. dal.) liier niciit die den Seleul<iden wie allen liellenislisclien Herrschern gemeinsame Herknnfl. die Zugehörigkeit zu dem herrschenden Volke der Makcdonen gemeint sein kann, sondern etwas nur dem Seleukos. nicht seinem Sohne Zukommendes. Die hal)yloniscluMi Worte sind die wörtliche Übersetzung des Titels ßamleii^ Maxsäövwv-). und alle etwaigen anderen Übersetzungsversuche wie „der makedonische König" laufen dem Brauche der babvlnnischen Inschriften zuwider und entspringen nur der \'erlegenheit, die diese Titulatur iler bisherigen, auf eine ungenügende Betrachtung der klassischen (Quellen gestützten Anschauung bereitete.

So wissen wir nunmehr aus übereinstimmenden und einander ergänzenden klassischen und babylonischen Nachrichten, daß Seleukos. von der Heeres- versammlung ernannt, 7 jMonate lang, von der Schlacht bei Kurupedion bis zu seiner Ermordung, König der Makedouen gewesen ist.

Das ergibt mannigfache Aufklärungen. Zunächst paßt gerade der Passus, auf den sich die alte Ansicht. Seleukos habe, als er den Boden Bluropas betrat, das makedonische Königtum erst erw^erbcn wollen, vor- nehndich gründet, vortrefflich in don Rahmen der ueuerkannten Sachlage: Bei llemnon XII 1 heißt es: -tÄivxuc öf jo7c xamiotlwin-roic xurci ^vai- luixoii f7T«o.'>«c, f's Tiji' May.e(i(>riav (SiaßaCrBiv oJü/o^ro, nöDov t^tor t;'c naiqidoc i^g <rvv 'A).s'S('evS()(n earoaieihro, xuxb! tüv ßiov /.eTrrov (harrciai^ yijQaioc rldii (in. (haruoi'iifvo^, n^r 6f '.laiar '.iriur/jii naüa'JtciUai no mtiäi.

Von einer Absicht, das makedonische Königtum zu erringen, ist hier nicht die Rede, sondern nur von einer Rückkehr nach Makedonien und der Sehnsucht des greisen Kriegshelden. die Heimat, die er vor mein' denn 50 Jahren mit Alexander verlassen hatte, wieder zu sehen. Da man nicht erkannt hatte und bei Memnon auch erst aus dem Folgenden mit einiger .Mühe ei-kennen konnte, daß Seleukos bereits König der MakedoncM war. und da man Keiaunos" Tat so deutete, als habe er dem Seleukos bei der Erwerbung des makedonischen Königtums zuvorkommen wollen, so trug man in .Memncnis Worte eine ihnen fremde Auffassung hinein. Auch und gerade nach .Memnon will vielmehr Seleukos teilen, was er bereits besitzt. Er will dem Antiochos Asien überlassen und selbst nur den europäischen Teil seiner Herrschaft verwalten: so disponiert er. eben weil er anerkannter König von Makedonien war.

1) Antioclios uemit .sich: ahlu asarülu su '" Si-lu-uk-hc sar lamchi) Ma-ak-ka-(h(-na-aia sar Bahili „erstbereclitigter Solni dfs Seleukos, des Ki"iiiigs der Makedoneii, Königs von Bahyloii(ieii)".

■>) Sclioii diese Beitruije ]l( S. .'i;3;i ,\iini. 1 halte iili kurz auf diesen unzwei- deutigeu Befuud und Seleukos' makedonisches Königtum luiigewieseu.

250 C. F. Lehmann.

Wcitei': Antiochos hat später ersiclitlicliprinaLjon ') Ansprüche auf Makedoniens Throii erlnihen. (iründeten sicli diese ledi^licii auf das im Keime schon erstickte Streben des Vaters nacli dem makedonischen König- tum, so waren sie von einer kläglichen Fadensclieinigkeit. Ganz anders, wenn Seleiikos König der ^lakedonen gewesen war: dann hatte Antiochos tatsächliche Erbansprüchc auf Makedonien, gleicli l'yrrhos. der bereits König von Makedonien gewesen war und Antigoiios. dessen Vater sieben Jahre lang den makedonischen Thron inne gehabt liatte; dann erklärt sich auf's Beste der Krieg, der, elie Antigonos zur Herrschaft und An- erkennung in Makedonien gelangte, zwischen ihm und Antiochos aus- gefochten wurde-), und der Friedensschluü''). in welchem Antiochos freilich, wie ich später zu zeigen gedenke, nur vorläutig auf Make- donien verzichtete.

Vor allem aber, jetzt endlich ergibt sicii eine eiuigernuißen befriedigende Einsiclit in das Verhalten des rtoleiuaios Keraunos.

Droysen (112 340) vermißt ..jede Spur eines Zusammenhanges, durch welchen die furchtbare Tat erst möglich und erfolgreicli sein konnte". Niese (I ■iOfi) bescheidet sich, die Tat des Ptolemaios lediglich ..als eini'ii Ausfluß ruchlosester Gesinnung zu betrachten": er betont zwar einige Tatsachen, die mit dieser Voraussetzung unverträglich erscheinen, aber ohne sie im Einzelnen richtig zu ci'klären. geschweige denn, sie in einen ursächlichen Zusammenhang einzureihen. Bcloch's Versuch (111 1 254t'.j einer psychologischen Erklärung von Keraunos' Verhalten ist als der erste seiner Art verdienstlich. ai)er schwerlich geglückt.

Ptolemaios I. hatte seinen ältesten Sohn aus der Ehe mit der Enrydike von der Thronfolge ausgeschlossen, schwerlich blos aus Schwäche gegenüber der Berenike, sondern gewiß auch, weil er in Keraunos' Charakter die Herrschertugenden der Besonnenheit und der Mäßigung ver- mißte. Ptolemaios Keraunos fand bei Seleukos Aufnahme. Daß ihm dieser damals zusagte, seine rechtmäßigen Ansprüche auf Aegyptens Tlinin nötigenfalls mit bewaffneter Hand zu unterstützen, wird bezeugt'*), und gewiß ist es Seleukos eine Zeit lang Ernst damit gewesen. Die Rückgabe Coelesyriens und der zugehörigen phönikischen Küste wäre der

1) Das folgt zwar uocli uiclit aus Justin XVII, 2, 10, wo vdii einfiu lievor- stelieiulen Kriege zwisclien Ptoleuiaios KtMumios einerseits und Aiitiguuus Lluiiatas sowie Autiiiclios audererseits die Rede ist, denn gegen den Mörder seines Vaters iiHißte Antioclios unter allen Umständen die Watten erlieben. wohl aber, wie auch üelucli III 1, .084- mit Recht betont, aus dem Kriege zwischen Antigonos und Antioclios. Beim Friedensschluß muß Antigonos auf den asiatischen Teil des großväterlichen und väterlichen Reiches verzichtet lialien ob auch auf Thrakien, wie Beloch möchte (a. 0. und III 2, 290), erscheint mir recht tVaglicli.

2) Prol Tro(ji 24 und (Beloch) Pohiän VI. 7, 2.

3) Justin 25. 1, 1. .Memnon 18, vgl. Ul. 4) Meujnon 12.

SelenJws, Klinic/ der Makedonen. 251

cUisdrücklicli zu bcdingoiule Preis, dio ziinäclist sclnvor al)Ziis('luittelii(i(' Abliäiigiiikcit der aegy|)tispli(>n von der selenUidiselien l'dlitik das in dei- Stille erstrebte Ziel gewesen.

.\ber daß derlei Pläne noch im Jahre '2S1 v. Chr. bestanden haben und ausl'iUiri)ar gewesen sein sollten, wie das Peloch annimmt, erscheint mir ausgeschlossen.

Als einen Gegenzug gegen die Plane des Kerannos und des Selenkos muß man Ptoleniaios' I. Abdankung im Jahre 2S.j auffassen.') Damit wurde die Erbfolge im Sinne des Lagiden geordnet. Der Thronwechsel vollzog sich ohne jede Störung und als dann Ptoleniaios I. 2S;i starb, hatte die Herrschaft des jüngeren Sohnes i)ereits so feste Wurzeln ge- schlagen, daß niemand es versuchte, für den rechtmäßigen Thronfolger einzutreten. .\uch Seleukos nicht. Er hat sich stillschweigend, schwerlich, wie einige Neuere wollen, ausdrücklich'-) nnt der neuen Ordnung einverstanden erklärt.

Keraunos konnte im Jahre 281 nnmöglich daran [lenken, Seleukos beim Worte nehmen zu wollen. Und wenn man das Undenkbare doch für müglich halten will, so wäre es für Seleukos, auch wenn er Makedonien ganz gewonnen hätte, gegen Beloch, keineswegs eine leichte, sondern ein(> äußerst schwieligem Aufgabe gewesen, den Ptoleniaios Keraunos in Aegypten zur Herrschaft zu bringen. Antigonos Gonatas z. B., der einen großen Teil Griechenlands beherrschte, hätte sich ja sicher mit Ptolemaios II. gegen ihn verbündet. Auch war ja Aegy]iten ein ganz anderes gefestigtes Staatswesen als das von fortwährenden Thronstreitigkeiten zerrüttete Makedonien, von Thrakien ganz zu schweigen. Zudem war Seleukos wahrlich Staatsmann genug, um sich zu sagen, daß die Spanne, die ihm zu leben noch beschieden sein konnte, durch die Befestigung seiner Herr- schaft in Makedonien und Thrakien auf das Gründlichste ausgefüllt werden mußte und keine Beschwerung durch ein ägyptisches Abenteuer vertrug.

Man wiril also Beloch nicht beipflichten können, wenn er die Mordtat des Ptolemaios Keraunos durch die Befürchtung erklärt, Seleukos möge, wie er des Kerannos Xeffeii. die Söhne aus Agathokles' Ehe mit Lysandra, der Schwester des Keraunos in Thrakien und .Makedonien bei Seite zu schieben im Begriffe stand, so auch Aegypten für sich selbst, nicht für Ptolemaios Keraunos erobern wollen. Vielmehr konnte von einer Eroberung Aegyptens durch Seleukos überhaupt nicht mehr die Rede sein.

Richtig bleibt nur. daß sich Ptolemaios Keraunos. eben weil die Ver- wirklichung seiner eigenen Absichten auf Aegypten in immer weitere Fei'ne rückte, auf Makedonien gewiesen sah.

1) So ja ;uicli ISflocli III 1, 2-27.

2) Siehe meine Henieikiiiiseu die.se Beitriir/c III S. 513 .\nm. 4.

2Ö-2 C. F. LcJiniann,

Wäip mm Sdcukos lediglich, wie i'tdlcmaids Keramios. ein Bewerber um Makedoniens Thron gewesen, so konnte die Entscheidung im offenen Kampfe gesucht werden, und Keraunos. dessen Hände bis dahin noch rein von Blnt waren, wäre wenigstens nicht in der eine solche Tat allein erklärenden Zwangslage gewesen, den mehrjährigen Gastfrenud lind Beschützer, dessen Leben sich ohnehin znm Ende neigte, meuchlings hinzustrecken. Die .\ussichten eines Krieges wären für Kerannos. von vornherein und an sich niciit schlechter gewesen, als für seinen Gegner. GewilJ. Selenkos war Beherrscher eines mäclitigen Reiches und umstrahlt von dein I\'ind)ns des frischen Erfolges von Kurupedion. Aber irgend welchen Rechtsanspruch auf den makedonischen Thron besali er von Haus aus nicht. Keraunos hingegen konnte, indem er die t-^/Tiroon^et« über die Kinder seiner Schwester aus der Ehe mit Agathokles niiernahm oder zu übernehmen vorgal). gegenüber dem siegreichen Eroberer als ^'erfechter der legitinuMi Erbfolge auftreten. Agathokles war. als er auf Arsinoe's Betreiben von seinem \'ater Eysimachos ans ileiii Wege geräumt wurdo. ein gereifter Mann, im Kriege als l*"eldherr. im Frieden als Stutze seines Vaters erproi)t. und jedermann niubte in ihm den zukünftigen Beherrscher Thrakiens erblicken. Kein Zweifel, daß seine Beseitigung, wie sie nn- beilint;t die gerechte Empörung der billig Denkenden erregte, so auch seiner Gemahlin und seinen Kiiulern als den legitinu'ii Eri)en der Dynastie einen starken .Vnhalt sicherte. SchlielJlich ist ja denn auch Keraunos offenbar auf (iieseiH Wege zur Herrschaft gelangt. Dalj gerade die Einwohner von Lysimacheia. auf die er sich zunächst stützte, die gegebenen Vertreter der dynastischen Rechte des Lysiniachos waren, bedarf keiner Aus- fiihrung.

Aber Sclind-cos war kein bloßer Prätendent, sondern in allrr l'"{Uin Rechtens erwählter Könii; der .Makedo ii i(>r und woHte als solcher viwi .Makedonien Besitz nehiiieii. ihut seine Residenz aufschlagen und sein Lcbon beschließen. Dadurch erscheini die Sachlage in einem völlig \cr- jinderten Lichte.

Zweifellos hatte Keramios darauf gerechnet, daß Seleidcos, falls er gegen Lysiniachos erfolgreich wäre, den Ptolemaios. den ältesten Sohn des Agathokles und der Lysandra. zum Könige von Makedonien und Thrakien bestimmen würde. Damit wäre dem Keraunos. da ^'erwalldte in der ]\[äiineiiiiiie fehlten, die Vormnudschaft zugefallen, und. wie so mancher andere niiioonoc, hätte er dann früher oder später seli)st das Diadem anlegen können. Sicher war ihm daher Seleukos' luliebung dnrcji (las Heer im höchsten Grade unwillkonimen. Es blieb ihm jedoch nichts ülirig. als sich zunächst damit abzufinden, ohne sein Ziel aus dem Auge zu verlieren. Seleukos war König und Beherrscher vim ganz \'order- asien i)is zum Indos. von MakedoniiMi und Thrakien. Auf asiatischem Boden, wo der Schwerpunkt seiner Herrschaft war, verblieb auch Seleukos.

9

Selenkos. König der Makedonen. 253

und mußte er aller Voraussiclit nach sich dauernd aufhaken, mochte er nun in Syrien oder in Kleinasien residieren.

Damit mußte Ptolemaios Keraunos rechnen. Seine Aufgabe war, in der Heimat mit den Vertretern der rechtmäßigen Erbfolge aus Lysimachos' erster Ehe in aller Stille Verbindungen anzuknüpfen und eine mög- lichst nachdrückliche Propaganda, nominell für den ältesten Sohn des Agathükles und der Lysandra, ins Werk zu setzen. Der innerhali) weniger Jahre zu erwartende Tod des greisen Seleukos war dann der gegebene Moment, um offen hervorzutreten. Lange, ehe Antiochos aus dem oberen Asien herbeigekommen war. konnte und mußte der ..Sohn der Agathokles"' in Makedonien eingeführt und die Anerkennung des rechtmäßigen Nachfolgers des Lysimachos resp. seines fmTQOTTOc durch dessen ehemaliges Heer erfolgt sein in welcher Reihen- folge Beides, ist gieichgiltig. Zudem war vorauszusehen, dal.l <lie von Seleukos nicht erledigten kleinasiatischen Verwickelungen sich bei einem Thronwechsel aufs Neue geltend machen und einen weiteren Aufenthalt für Antiochos herbeiführen würden.

Nun aber faßt Seleukos den Entschluß, nach Makedonien hinüber- zugehen, sein Thronrecht tatsächlich auszuüben. Und nicht nur das, Makedonien soll gleichsam Seleukos' Altenteil bilden, Antiochos da- gegen (Memnon 1. c.) ganz Asien erhalten. Das bedingte eine Ver- legung von Antiochos" Residenz nach Westen, nach Nordsyrien, wenn nicht nach Sardes, und damit wären Ptolemaios Keraunos Pläne in ihrem Kernpunkt vereitelt gewesen.

In dieser Zwangslage faßt er den verzweifelten und verruchten aber begreiflichen Entsclilnß. die Situation zu retten, mit eigner Hand gewaltsam herbeizuführen, was er von der naturgemäßen Ent- wicklung der Dinge in absehbarer Zeit erwartet hatte, den Tod des Seleukos, ehe er Makedonien betrat und während Antiochos fern in den oberen Satrapien weilte. Dadurch, daß Ptolemaios Keraunos die Landung an der europäischen Küste abwartete, war zweierlei gewonnen. Er befand sich in unmittelbarer Nähe seiner Anhänger, während die königlichen Truppen, plötzlich des Führers und alles neuer- dings gewohnten örtlichen und persönlichen Rückhalts beraubt, ihm in der denkbar ungünstigsten Lage so gut wie willenlos gegenüberstanden.

Und alles ging, so wie es seit Monden geplant war, nur daß. da einmal die veränderten Umstände ein gewaltsames Vorgehen gezeitigt hatten, nunmehr der Übergang vom eniroonoc zum Könige, das Beiseite- schieben von Lysandra's Söhnen, schneller und sofort erfolgte.

Alles Weitere ergab sich für Ptolemaios Keraunos von selbst. Er mußte suchen, die Ansprüche der Söhne des Lysimachos aus der Ehe mit der Arsinoe für sich zu verwerten oder unwirksam zu machen. Sein

Beitrage 2. alten Geschidlte V2. ' *

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'254 '". F. Lehmann. tSeleidws, König dm- Makedonen.

Vovgelien ist bekaunt : er verlobte sich mit Arsiiioe. nachdem er ihr feierlich versprochen, ihre Söhne zu adoptieren. Als die Vermählung vollzogen war. ließ Ptolemaios Keraunos ihre beiden Söhne Lysiniachos und Philippos m greinio matris ermorden. Des ältesten. Ptolemaios. konnte er freilich niciit habhaft werden, da dieser, seinem Stiefvater mißtrauend, sich rechtzeitig nach Illyrien in Sicherheit gebracht hatte. ^) Dergestalt im Innern un- bestrittener Herr Makedoniens, konnte Ptolemaios Keraunos sich durch einen formellen Verzicht auf seine ohnehin nur noch auf dem Papier stehenden Ansprüche auf Ägypten die wohlwollende Neutralität seines Halbbniders Ptolemaios IL in dem ihm gegen Antiochos und Antigonos (jonatas bevorstehenden Kampfe sichern.-)

All das war in seiner ruchlosen und zielbewußten Konsequenz längst verständlich: die Ermordung des Seleukos ist es erst jetzt geworden.

Zwischen Lysiniachos und Ptolemaios Keraunos ist Seleuko.s als vollberechtigter König der Makedonen einzufügen.")

1) Auf die Frage der weiteren Scliick.sale ilie.ses Ptolemaids denke icli unter Berück.siclitigung der Erörterungen von Belocli III 1 li04, 615, 619; III 2 130, 4.34 f.. Sokoloff (1897 russi.scll und) Beitr. IV. 19ü4, S. 108f., Laqueur, (c/uaestioties epigra- phkac et papyrologicae selectae Straßburg, 19U4, |). GSft'., HoUeaux, Bull, de corr. Hell. XXVIII und Dittenberger Or. II 549 zurückzukommen.

■>) Justin XVII, 2, 10.

3) Obiges entspricht im wesentlichen dem ersten Teile meines Vortrages: Zur ausivärtigen Politik der ersten Ptolemaier und Seleukiden auf dem 48. Philolugen- tag zu Hamburg, ln.stor.-ei)igrapli. Sektion.

11

255

Tliukydides und der themistokleische Mauerbau.

Ein Beitrag zur Sachkritik.

Von

Georg Biisolt.

Vor zwanzig Jahren liat H. Müller-Strübing nicht ohne Geist und mit frischem Humor nachzuweisen versucht, daß die Darstellung der Be- lagerung Plataias bei Tliukydides allerlei Widersprüche und Unmöglich- keiten enthielte und ein liloßes Phantasiestiick wäre, das über die Be- lagerungskunst belehren und die Leser unterhalten sollte. Dann entdeckte er in der Erzählung der korkyraeischen Ereignisse so viele Unmöglich- keiten, daß er meinte, es bliebe nichts anderes übrig, als dieselbe für eine freie Erfindung des Thukydides zu halten, der aus Vorliebe für die Darstellung von schrecklichen Szenen ein Schauergemälde entworfen hätte. Müller-Strübing hat sich wenigstens das Verdienst erworben, daß er auf wirkliche oder scheinbare Schwierigkeiten hinwies und zu grüntUichen Untersuchungen anregte. Es ergab sich, daß die Widersprüche und Unmöglichkeiten, die er gefunden zu haben glaubte, der Hauptsache nach nicht vorhanden wären. Es blieben nur einige technische Einzelheiten bei den Belagerungsarl)eiten und den Anstalten der Verteidiger übrig, die nicht befriedigend erklärt werden können und zu Fragezeichen be- rechtigen. Einzelheiten. üi)er die sich Thukydides. wie er selbst andeutet, nach den Erzählungen der Plataier keine ganz klare Vorstellung bilden konnte. Die wunderbare Rettung der Plataier durcli einen plötzlichen Gewitterregen, der die von den Peloponnesiern angefachte Feuersbrunst auslöschte, wird von ihm nicht als ein wirkliches Ereignis, sondern als eine bloße Erzählung erzählt, und die Tatsache einer solchen läßt sich schlechter- dings nicht anzweifeln. So ging denn die Autorität des Historikers aus den Angriffen gegen seine Glaubwürdigkeit neu befestigt hervor. Dann kam die Ai^Tjvaüov no?.ireiu Das aktenmäßige Material dieser Schrift brachte allerdings einige irrtümliche oder ungenaue Angaben des Thukydides an den Tag, doch das war von keiner prinzipiellen Bedeutung, denn Irrtümer

IT

256 Oeorg Biisolt,

bei einzelnen Angaben waren schon früher bekannt nncl am Ende nnver- nieidlich. Thnkydides erklärt ja auch selbst, daß es vielfach schwierig oder geradezu unmöglich gewesen wäre, die Wahrheit herauszufinden.

Von ganz anderer Bedeutung ist es jedoch, wenn wiederum der Versuch gemacht wird, die eingehende Darstellung eines Ereignisses in vollem Umfange, in Bausch und Bogen, als Fabel und Anekdote nach- zuweisen. Es handelt sich um die Erzählung des Wiederaufbaues der Stadtmauer Athens und der diplonmtischen Überlistung der Spartaner durch Themistokles (I 89—93).

Zuerst hat Beloch, Gr. Gesch. I (1893) 458 Anm. 2 erklärt, es wäre ein charakteristisches Beispiel für unsern Mangel an Kritik dem Thnkydides gegenüber, daß dessen Erzählung von dem Einsprüche der Spartaner gegen die Befestigung Athens noch immer wiederholt würde. Diese Erzählung wäre nichts weiter als eine der zahlreichen Anekdoten, die des Themistokles diplomatisches Geschick ins Licht setzen sollten. Ausserdem hätte sie erklären sollen, weshalb so viele Grabstelen und andere Skulptur- fi-agmente in die Mauer eingebaut wären.

Nach diesen Äußerungen Belochs wurde die Frage eingehender von Bruno Keil im Anonymus Argentinensis (Strassburg 1903) Beilage 4 S. 282 ff. behandelt. Keil ging nicht so weit, wie Beloch, denn er meinte zwar, daß die in verschiedenen Fassungen verbreitete Überlieferung über die Episode tendenziös zur Verherrlichung des Themistokles gefärbt oiler entstellt und der wirkliche Hergang für uns im einzelnen nicht mehr erkennl)ar wäre, daß man aber doch die Hauptsache glauben müßte. Der Mauerbau wäre in kürzester Frist gegen den E^inspruch Spartas und seiner Bundesgenossen durch die Politik des Themistokles zustande ge- kommen. Daneben sucht aber Keil naclizuweisen, daß Thnkydides unter den verschiedenen Erzählungen, die über den Mauerbau im Umlaufe ge- wesen wären, die am meisten gekünstelte aufgenommen hätte, weil er zu seinem Zwecke der Verherrlichung des Themistokles nur die am stärksten ausgeschmückte Version hätte gebrauchen können. Die Kunst des Schrift- stellers hätte über das stark Anekdotenhafte und Tendenziöse seiner Dar- stellung hinweg zu täuschen gewußt.

Darin liegt ein schwerer Vorwurf gegen die Wahrheitsliebe und Objektivität des Historikers. Er wählt tendenziös, also mit berechneter Absicht, die am stärksten gekünstelte und ausgeschmückte, mithin unzu- verlässigste Tradition und weiß durch seine schriftstellerische Kunst über deren Glaubwürdigkeit die Leser zu täuschen. Hätte das Thnkydides in diesem Falle wirklich getan, so würden wir keine Gewähr dagegen besitzen, daß er auch in anderen Fällen ebenso oder ähnlich verfuhr, und daß ihm die Tendenz und der Effekt über die historische Wahrheit ging.

Auf der von Beloch gewiesenen Bahn ist nun E. v. Stern, Der Muuerbau in Athen, Hermes 39 (1904) 543ff. weitergegangen. Die Er-

Thxiliijdides nnd der themistokleisvhe Munei-hau. 2bl

Zählung des Thukydides wäre eine zu Beginn des peloponnesischen Krieges entstandene Anelidote. welclie die sit'iitl)are Eilfertigkeit beim Mauerbau liiitte eiklären sollen. Von analogen Erfindungen unterseiiiede sie sicli nur (iurcli die Ungeschicldichkeit ihrer Mache. Thukydides hätte sie geglaubt, sie stände jedoch ebenso mit der politischen Lage nach der Schlaciit bei Plataia im Widerspruciie. wie mit der damaligen Politik Spartas. Die diplomatische Aktion des Themistokles, wie sie von Thuky- dides dargestellt würde, wäre geschichtlich unmöglich, da sie die Aus- führung des Mauerbaues während ihrer Dauer zur Voraussetzung hätte. Diese Ausführung in so kurzer Zeit wäre eine vou den Thukydides- Theologen gläubig hingenommene technische Unmöglichkeit.

Nach E. V. Stern soll also Thukydides eine Anekdote, die erst zu Beginn des peloponnesischen Krieges und in einer Zeit entstand, für die er die Reife seines Urteils ausdrücklich in Anspruch nimmt, blindlings geglaubt und aufgezeichnet haben, obwohl doch ihre Mache eine besonders ungeschickte war. und ihre politischen und technischen Voraussetzungen verkehrte oder geradezu unmögliche waren. Das steht im Widerspruche mit seinen ernsten Erklärungen über sein mühevolles Streben nach Er- mittelung des Tatsächlichen, über seine historische Aufgabe und den Zweck seines Werkes, es steht im Widerspruche mit unseren Vorstellungen von dem scharfen Blicke des großen Historikers für die realen Verhältnisse, von der Klarheit seines Geistes und von seinem ganzen Wesen. Wenn nur in einem einzigen Falle ein so bodenloser Mangel an Kritik oder ein so gedankenloser Glaube an nichtiges Gerede sich nachweisen ließe, so würden sich daraus für die Beurteilung des Thukydides und der Bedeutung seines Werkes Folgerungen von größter Tragweite ergeben. Es müssen daher schon ganz einwandfreie und sehr beweiskräftige Gründe vor- gebracht werden, wenn wir das glauben sollen, was von Beloch, Keil und E. V. Stern dem Thukydides zugetraut und vorgerückt wird.

Doch gehen wir nun zur Erzählung des Thukydides über und unter- ziehen dieselbe Satz für Satz einer genauen Prüfung. Thukydides erzählt I 89, daß die Athener, nachdem die Perser aus dem Lande (Attika) abgezogen waren, sofort {Evi}vc) ihre Familien und ihren Hausrat aus den Zufluchtsstätten zurückbrachten und Anstalten trafen {noQeaxevd- torxo), die Stadt und die Mauern wiederaufzubauen, denn von der Ring- mauer standen nur kleine Stücke und auch die meisten Häuser waren eingestürzt, nur wenige, in denen die vornehmen Perser ihr Quartier auf- geschlagen hatten, waren übrig geblieben. Als die Lakedaimonier das Vorhaben oder Bevorstehende merkten {aia,fö^isvoi t6 ^teAAov), kamen sie mit einer Gesandtschaft, weil zwar auch sie selbst es lieber gesehen hätten, wenn weder jene Mauern besäßen, noch irgend ein Anderer, weit mehr (hauptsächlich) aber, weil die Bundesgenossen sie dazu antrieben, da diese einerseits die große Seemacht der Athener fürchteten, die früher

258 Georg Busolt,

uicht vorhanden gewesen war. andererseits die kühne Unternchnuingshist, die jene im Mederkriege bewiesen hatten. Sie richteten an die Athener das AnsHchen (i;?to«»r mit dem Nebenbegriffe, daß sie es für angemessen hielten. daß dem Ansuchen entsprochen würde I. nicht die Mauer zu bauen, viehnehr die Ringniauorn der Stiidte antierhalb der Peloponnesos. wo solche vorhanden wären, mit ihnen zusammen niederzureißen. Ihre eigentliche Absicht und ihren Argwohn offenbarten sie den Athenern nicht, sondern sie schützten vor. der Barbar würde, wenn er wiederkommen sollte, auf diese Weise nicht einen festen Platz finden, den er, wie dieses Mal Theben, als Ausgangs- und Stützpunkt für seine Operationen (ÖQjiäaifai) l)enntzen könnte. Die Peloponnesos wäre für alle ein genügender Zufluchtsort und Ausgangspunkt.

Enthalten diese Angaben Anekdotenhaftes, Unwahrscheinliches oder gar Unmögliches':'

Die i\thener kehrten. eneLÖi] nihoT^ oi ßaoßaQoi e/. r;;c x<-''Q(^? dnrjXOov, d. h. wie Classen-Stenp erklären, gleich nach dem Abzüge der Meder aus Attika. noch vor der Schlacht bei Plataia, in ihr Land zurück und trafen Anstalten zum Wiederaufbau der Stadt und der Mauern. Diese Anstalten bestanden natürlich, wie bei jedem Bau, in der Herbeischaffnng und Bereit- stellung von Baumaterial. Man begann Steine und Luftziegel, namenthch auch aus den Trümmern, zu sammeln und an den Baustellen aufzuschichten. Steine zu behauen, neue Ziegel herzustellen und andere derartige Vor- bereitimgen zu treffen. Daneben sorgten die Athener selbstverständlich durch Errichtung von Zelten und Hütten für ihre vorläufige Unterkunft. Mit dem AViederaufl)au selbst wurde erst nach der Schlacht bei Plataia begonnen und zwar, wie sich aus dem Folgenden ergibt, und auch von niemandem bestritten wird, erst gleichzeitig mit der Abreise des Themistokles nach Sparta, der dorthin in Folge der spartanischen Gesandtschaft ab- geordnet wurde. Die Schlacht bei Plataia wurde im August oder September geschlagen. Es kommt bei unserer Untersuchung uicht viel auf das genaue Datum an. wir wollen daher, um diese Frage auszu- scheiden, mit E. V. Stern das spätere Datum annehmen. Die spartanische Gesandtschaft kam also erst im Oktober nach Athen, die Entstehung und Beilegung des Konfliktes fiel in den Spätherbst nnd in die erste Hälfte des Winters 470. Da die Lakedaimonier ihre Gesandtschaft infolge des Anthängens der Bündner abschickten, so müssen vor der Absendung Vertreter von Bundesstädten in Sparta erschienen sein und längere oder kürzere Verhandlungen stattgefunden haben. Jedenfalls hatten die Athener für ihre vorbereitenden Anstalten zum Bau mehrere Wochen Zeit, erheblich mehr, wenn sie damit bereits vor der Schlacht bei Plataia begonnen haben sollten.

Nun weist E. v. Stern daiauf hin. da Li ilie Siege bei Plataia und Mykale die nationale Begeisterung mächtig i^ehoben. und daß Sparta und

Thiikydides und der themistokhisclie Mauerbau. "iöV»

Athen vereint diese Siege errungen hätten. „Das Einvernehmen beider Machte war durch niclits gestört, von irgend welchem Grunde für Sparta. Atiien zu mißtrauen, erfahren wir nichts. Was konnte Sparta in dem Moment, wo der Landesfeind zwar aus Griechenland vertrieben, aber der Krieg noch nicht beendigt war, veranlassen, eine Frage anzuschneiden, die in ilu'er Entwickclung zu den weitgehendsten, fast unübersehbaren Folgen führen musste? Es handelte sich nicht einmal um einen Neubau, sondern um den Wiederaufbau der zerstörten Mauern. Sparta war gai' nicht zur Einsprache l)erechtigt. Athen verletzte bei dem AViederaufbau weder die Vorortsrechte, noch die Interessen Spartas. Sollte aber Sparta trotzdem den Moment für gekommen erachtet haben, um den empor- strebenden Verbündeten niederzudrücken und ihm seine Suprematie auf- zuzwingen? Alles was wir von der Politik und den Stimmungen in Sparta wissen, spricht entschieden dagegen."

Was zunächst Spartas Berechtigung betrifft, so hat für dieselbe C. F. Lehmann im 2. Bande dieser Zeitschrift S. 3i0 einen beachtens- werten Grund geltend gemacht, doch die Erörterung dieser nicht ganz einfaclien Frage würde zu weit führen, wir wollen daher zugelien. daü Sparta zur Einspraciic gar nicht berechtigt war. Es hat ja aiier aucli formell weder Einspruch erholten, noch sich auf ein Recht berufen, sondern in der Form eines guten Ratsclilages ä/./.c) yiw/tr^s naQuiveoei 61'^ifsv (I1121 im Gesamtinteresse der verbündeten Hellenen die Athener ersucht, den Mauerbau zu unterlassen.

Wie stand es nun mit dem durch nichts gestörten Einvernehmen beider Staaten, die sich zur Verteidigung ilirer Selbständigkeit gegen Persien vereinigt hatten? Allerdings ist die bei Herodotos vorliegende Überlieferung von den zu seiner Zeit herrschenden Stimmungen, Gegen- sätzen und Feindschaften stark beeinflußt und entstellt, aber Tatsache war es doch, daß die Lakedaimonier vor dem Mederkriege. gleichviel unter welchen Einflüssen und aus welchen Gründen, wiederholt in die innern Verhältnisse Athens mit Waffengewalt eingegriffen hatten. Sie hatten nicht bloß die Tyrannis gestürzt, sondern waren auch gegen die Demoki-atie mit großer Heeresmacht zu Felde gezogen, nachdem die erste bewaffnete Intervention gescheitert war. Nur die mannhafte Haltung der Demokratie, der Konflikt zwischen den spartanischen Königen und die Weigerung der Korinthier hatten die Lakedaimonier genötigt, von dem Vorhaben, in Athen eine gefügige Oligarchie oder Tyrannis einzusetzen. Abstand zu nehmen. Das hatte mau doch in der athenischen Demokratie nicht vergessen! Man hatte alle Ursache, auf seiner Hut zu sein, während auf der andern Seite der Herren- und Kriegerstand der Spartiaten natur- gemäß nie rechtes Vertrauen zu einer Demokratie hatte, namentlich nicht zu einer solchen, die, wie die emporstrebende athenische, einen immer entschiedenem Charakter annahm, die sich rülirig und unter-

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260 Georg Busolt,

nehmungslustig zeigte und überraschend schnell eine niiiritinie Macht- stellung erlangt hatte, welche die benachbarten peloponnesischen Seestädte, also auch spartanische Interessen. l)edrohte.

E. V. Stern sagt S. 550: ..Zwar hat es natüilich Mcinungsdifferenzen über den Feldzugsplan und andere Fragen gegeben, aber es ist über diese Dinge rasch eine Verständigung erzielt worden auf der Basis gegen- seitigen Vertrauens; ohne dasselbe wäre ja auch eine erfolgreiche Kooperation auf dem Ki-iegsschauplatze undenkbar gewesen". Dann liest man aber bei Stern S. 557: „Es bedurfte der Druhnng Athens, daß es genötigt sei, auf die persischen Anerbietungen einzugehen, wenn die Lakedaimonier nicht mit einem Heere nach Mittelgriechenland kämen, um die Spartaner zum Zuge gegen Mardonios und zur Schlacht bei l'iataeae zu bewegen". Das ist doch am Ende keine rasche Verständigung, und wenn die Drohung, wie es tatsächlich der l'^all war, wirkte, so wurde sie nicht für eine leere, sondern gleichviel ob mit Recht oder Unrecht für eine ernsthaft zu nehmende gehalten. Man traute also in Sparta den Athenern zu. daß sie am Ende zu den Persern abfallen könnten. Großes Vertrauen zeigt das jedenfalls nicht! Auch wird es in Sparta nicht gerade angenehm berührt haben, daß man sich höchst widerstrebend genötigt sah, den Athenern nachzugeben und auf den eigenen Kriegsplan zu verzichten. War erst Athen stark befestigt, so konnte es im Falle einer Erneuerung der persischen Invasion einen noch viel wirksamem Druck auszuüben.

Aber stand nicht trotzdem damals Sparta in einem so guten Ein- vernehmen mit Athen, daß eine Intervention gegen die Befestigung ganz ausgeschlossen erscheint? Thukydides sagt I 92: Als die Lakedaimonier die Eröffnung des Themistokles. daß die Stadt befestigt wäre, gehört hatten, offenbarten sie zwar den Athenern keinen Zorn denn sie hatten ja auch die Gesandtschaft vorgeblich nicht zur Verhinderung des Baues, sondern bloß zur Anempfehlung ihrer Ansicht abgeordnet, und zugleich waren sie damals den Athenern höchst gewogen wegen des gegen die Meder bewieseneu Eifers («/(« äe xal nQoacpi/.Hc örztc iv t«! töis 6ia T^r ec Tor Mtjdov nqoü-vf^äav ßähara «('rot? friij'x«'''Oi') indessen wegen der Vereitelung ihrer Absicht grollten sie innerlich.

Dann heißt es I 95, 7. daß die Lakedaimonier auf die Hegemonie zur See verzichteten, weil sie befürchteten, daß diejenigen von ihren Leuten, die außer Landes gingen, sich verschlechtern möchten. Sie wünschten aber aucli vom Mederkriege loszukommen und hielten die Athener für hinreichend befähigt zur Führung y.cä a(fiaiv iv rtj) Totf naqovTi, emiriSeiov?, d. h. in der damaligen Lage für nützliche, ihren Interessen dienende Freunde. Vgl. I 19, 1: V81. 82.

Umschreiben wir das Ganze mit anderen Worten. Nach dem Meder- kriege waren die Lakedaimonier den Athenern wegen der 7TQoi^vi.Ua im

Thukydides und der themistokleiHche Mauerhan. 2<t1

Kampfe gegen don gcnieiiisaincii l'"oiii(l liöchst gewogen nnd aiicli nach der Manerhan-iiescliiclite. die sie niil (Iroli erfüllte, hielten sie die Athener für nützlieiie l'reunde, da diese die iiinen selbst lästige l'"()rtfühniiig des Seekrieges nnd die Seewacht iiliernahnien. Es war aber deeli \()r dem Kriege und wähi-end desselben maiulieriei vorgefallen, was auf der einen Seite die Athener veranlagte zur stärkeren Sicherung ihrer Selbständigkeit und zur Steigerung ihrer Aktionsfähigkeit ihre Stadt gut zu befestigen, auf der andern Seite die Lakedaimonier gegen dieses Vorhaben mit Un- behagen und Mißtrauen erfüllte, so daß sie bei aller sonstigen Gewogenheit für jene dem Drucke ihrer Bundesgenossen nachgaben und sich in schonender Form zur Intervention entschlossen. Neben der wohl- w^ollenden (jesinnung für den eifrigen Kampfgenossen und nützlichen Freund kamen für Sparta die Rücksichten auf die Behauptung des eigenen Einflusses und auf die Wahrung der Interessen der Bündner in Betracht, und diese gaben den Ausschlag. Das ist doch widerspruchslos und ver- ständlich, auch nicht bloß damals vorgekommen. Im höchsten Grade bedenklich ist aber ein Versuch, einen Bericht des Thukydides durch Angaben desselben als unglaubwürdig zu erweisen, die mit diesem Berichte im engsten, beziehungsweise näheren Zusanunenhange stehen und mit ihm von dem klar und scharf blickenden Historiker selbst für durchaus vereinbar gehalten wurden.

Sehr richtig sagt Ed. Meyer, Ul § 270 S. 482: .,Den Spartanern niul ihren Verbündeten konnte der Mauerbau. der ihnen jede Einmischung und Bevornnindung unmöglich machte, nur höchst unerwünscht sein. Mit Recht erblickten sie darin den ersten entscheidenden Schritt zur Auf- richtung eines Dualisnuis in Hellas".

E. V. Stern meint, es hätte sich nicht einmal um einen Neubau, sondern nur um den Wiederaufi)au dei' zerstörten Mauern gehandelt. Allein es handelte sich um eine bedeutende Erweiterung des Mauerringes, der den Rahmen für eine Großstadt und eine Festung ersten Ranges bilden sollte. Damit ist auch die Antwort auf die Frage gegeben, was Sparta in dem Moment, wo der Landesfeind zwar aus Griechenland ver- trieben, aber der Krieg noch nicht beendigt war, veranlassen konnte, „eine Frage anzuschneiden, die in ihrer Entwickelung zu den weitgehendsten, fast unübersehbaren Folgen führen mußte". Der Krieg war allerdings noch nicht beendigt, aber die Wiederholung einer Invasion für die nächste Zeit nicht zu befürchten. Zur See hatten die Perser bei Mykale den 110 Schiften der Eidgenossen, einer Flotte, wie sie die Peloponnesier allein für sich stellen konnten, gar nicht mehr die Spitze zu bieten gewagt. Wenn man nun erwägt, daß im Herbst 471) ein erheblicher Teil der athenischen Flotte in weiter Entfernung vor Sestos lag und dei' Rest nicht im Handumdrehen in Dienst gestellt werden konnte, daß Athen selbst einen Trümmerhaufen bildete und die Bürgerschaft nicht

2ß2 Georg Busolt,

bloü mit dem Wiederaufbau, sondern aucli mit dei- Wiederherstellung geordneter Verhältnisse alle Hände voll zu tun liatte, so nuiß man sagen, daß das kein ungünstiger Zeitpunkt wai-. um den emp(trstreben(len, bereits recht unbequem gewordenen ^'erbündeten ..niederzudrücken" oder zu hindern, sich der Beeinflussung völlig zu entziehen. Falls sich die Athener weigerten, den Mauerbau einzustellen, so durfte man auf pelo- ponnesischer Seite annehmen, daß ein rascher Angriff mit einem starken Heere ihren Widerstand bald überwältigen würde. Noch schien die Möglichkeit gegeben zu sein, einer weiteren Machtentwickelung Athens verhältnismäßig leicht vorzubeugen, nach der Befestigung war es höchst schwierig oder zu spät. Gewiß war ein Krieg angesichts der Kampf- genossenschaft und der noch nicht ganz gehobenen Medergefahr höchst unerfreulich und bedenklich, den Lakedaimoniern selbst ohne Zweifel durchaus unerwünscht, indessen mau konnte, wie wir sehen werden, in Sparta darauf rechnen, daß es gar nicht zum Kriege kommen, und Athen aus Besorgnis vor einer bewaffneten Intervention, bei der geringen Aus- sicht auf erfolgreichen Widerstand, ohne Weiteies nachgeben würde. Über die Möglichkeit eines Anschlusses an Persien werden wir später reden.

Gegen eine Intervention Spartas erhebt dami v. Stern den weiteren Einwand, daß die I^akedaimonier zwar ihre durch den Sieg gewonnene Ehrenstelhing zu behaupten getrachtet hätten, daß aber ihr Staat außer Stande gewesen wäre, darüber hinaus die neuen, großen, durch den Sieg gestellten Aufgaben zu lösen. Die spartanische Regierung hätte in der richtigen Erkenntnis der realen Verhältnisse: der eigenartigen Organisation, der l)eschränkten Wehrki-aft und h^inanzmittcl des Staates, nichts davon wissen wollen, die kleinasiatischen Griechen zu befreien und die Leitung Griechenlands zu übernehmen. Gleich nach der Schlacht bei Mykale hätte sie die peloponnesischeu Flottenkontingente zurückgerufen. ..Und gleichzeitig sollte diese Regierung, deren Autorität und Erfolg ja darauf beruhte, daß sie in der Politik stets nur das real Erreichbare erstrebte, den A'ersuch unternommen haben, ihre Machtsphäre über die Peloponnesos hinaus auszudehnen und gerade den stärksten Staat in Mittelgriechenland ihrem Einflüsse zu unterwerfen"?

Dagegen ist zu bemerken, daß die durch den Sieg gestellten über- seeischen Aufgaben doch ganz andere Dinge waren als Bestrebungen zur Ausdehnung der Machtsphäre über Mittelhellas. Dort handelte es sich um eine maritime Kriegsführung und Machtentfaltung, für die es den Spartanern an Schiffen und Geld, an Übung und Erfahrung fehlte, bei der sie fast ganz auf die Kontingente von Bundesgenossen angewiesen waren, und che ihnen nicht bloß fremd und ungewohnt war, sondern auch geradezu für ihre Staatsordnung gefährlich erschien. Hier handelte es sich um die Vorschiebung der Machtsphäre über ein an das Bundes- gebiet angrenzendes Land und um Landoperationen. Wie die Lakedaimonier

Thukydides und der themistokleische Mauerbau. 263

vor dem ircdorkrieso wicdcrliolt mit Hocrosiiiacht in Attika oingedrungen waren, so haben sie bald danuil' ein Heer sosiar nach Tliessalien geschickt und nur die RestechHchkeit ilires Königs soll die Unterwerfung der ganzen Landschaft verhindert haben. Und was den ..stärksten Staat in Mittel- griechenlaud"' betrifft, so waren, wie wir gesehen iiaiien. die Lakedainionier und vor allem ihre Biindner an der Beeinflussung inul Niederhaltung desselben stark interessiert und, wenn sie überhaupt einschreiten wollten, so durften sie die damalige Situation nicht unbenutzt lassen.

E. V. Stern nuilt nun die Konsequenzen einer Intervention aus. um deren Unmöglichkeit darziitun. ..Die spartanische Regierung durfte sich doch nicht verhehlen, da 1.5 die Aussicht, Athen würde sich ohne weiteres fügen, sehr gering war. Dann blieb nur ein Doppeltes übrig: entweder Sparta nahm die Zurückweisung seines Einspruches ruhig hin und erlitt dadurch eine empfindliche Einhülle seines Ansehens und seiner Ehren- stellung in Griechenland, oder es mußte suchen, mit den AVaffen in der Hand seine Ansprüche geltend zu machen. Dazu war der Moment sehr schlecht gewählt. Die thrakischen Festungen waren noch in den Händen der Perser, die Gefahr eines erneuten Eindringens der Barbaren bei einem Kampfe der Vormächte in Hellas nicht ausgeschlossen. Im besten Falle waren die bisher errungenen Erfolge in Frage gestellt, die Siege umsonst erkämpft. Aber es kimnte noch schlimmer kommen. Wer bürgte dafür, daß das in seiner Autnnomic bedrohte Athen nicht die ihm im Frühjahre dieses Jahres gemachten Anerbietuugen benutzte, mit Persien abschloß und verbündet mit ihm gegen Sparta vorging? Bei der Stellung von Argos, den Anzeichen von Unbotmäßigkeit im peloponnesischen Bunde mußte Spartas Schicksal besiegelt erscheinen. Diesen Erwägungen kann sich die spartanische Regierung unmöglich verschlossen haben. Auf der einen Seite kein Grnmj zur Einmischung, keine Verletzung der Interessen (die Spartaner und weit mehr noch die Bündner waren nach Thukydides anderer .\nsicht!). keine greifbare Beleidigung (davon ist nirgends die Rede!), auf der andern Seite bei einer Einmischung das selbstverschuldete Dilemma : entweder eine schwere Schädigung der Autorität oder ein noch schwererer Krieg". Ja, wenn man in Sparta geglaubt hätte, daß man bei einer Ein- mischung nur vor diesem Dilemma stehen würde, dann hätte man gewiß nicht interveniert. ..Die spartanische Regierung durfte sich nicht verhehlen, daß die Aussicht, Athen würde sich ohne weiteres fügen, sehr gering war." Sie ..durfte es nicht"! Steht es denn fest, daß sich ihre Auf- fassung mit derjenigen E. v. Sterns deckte? In Sparta könnte man im Hinblicke auf die durchaus unfertigen Zustände in Athen und andere, oben hervorgehobene oder uns unbekannte Umstände recht wohl der Ansicht gewesen sein, daß sich die Athener fügen würden. Die bloße Möglichkeit genügt aber, um die Angabe eines Thukydides gegen allgemeine Erwägungen eines modernen Historikers zu schützen.

•264 Georg Busolt,

Ist man übrigens in Sparta unfehlbar gewesen, hat man sich nicht oft bei der Benrteihing anderer Staaten geirrt? Thnkydides I 68 läßt die Korintliier den l.akcdaimoniern Mangel an Kenntnis, an riciitiger Einsicht und Beurteilung der auswärtigen Verhältnisse, (xfiai)ia nyoc ru Ijo) TtQÜynara, vorwerfen. (Vgl. V 14, 2.)

Nehmen wir aber an, daß die Lakedaimonier auch die Mögliclikeit ins Auge faßten, daß die Athener sicli nicht ohne Weiteres fügen würden. Für diesen ¥ix\\ war ihre Forderung in die Form eines wohlgemeinten Rat- schlages gekleidet, so daß sie bei einer Ablehnung ohne schwere Schädigung ihrer Autorität mit einigem Anstände zurücktreten konnten und nicht mit der Kriegserkläiung zu antworten brauchten.

Es bleibt noch die Möglichkeit übrig, daß das in seiner .Vutonomie bedrohte Athen auf die im Frühjahre seitens der Perser gemachten An- erbietungen zurückkam, sich ilincn anschloß und mit ihnen gegen Sparta vorging. Allein seit dem Früiijahre hatten sicii die Verliältnisse sehr verändeit. Damals stand noch das große Perserheer unbesiegt und drohend in Thessalien, eine königliche Flotte befand sich noch in den ionischen (lewässern. Nach den entscheidenden Schlägen bei Plataia und Mykale hatte das persische Bündnis stark an Wert und Gefährlichkeit verloren. \ia war sehr fraghch, ob der König selbst nach dem Übertritte Athens ein neues Heer nach (iriechenland senden würde, und wenn er es getan hätte, so würde inzwischen Attika in den Händen ticr Pelo- ponncsier gewesen sein. Es läßt sich leicht ausmalen, in wie höchst übler Lage sich die Athener befunden haben würden, liis die endliche Ankunft des persischen Heeres sie in den Stand gesetzt hätte, den unsichern A^ ersuch zur Wiedereroberung ihres Ijandes zu machen. In dem Bericlite des Thnkydides ist außerdem nirgends die Möglichkeit eines Anschlusses der Athener an den geschlageneu Nationalfeind auch nur mit einem Worte angedeutet. Sie ist offenbar unter dem unmittelbaren Eindrucke des sieg- reiclien Freiheitskampfes gar nicht ernstlich in Betraclit gezogen worden.

Doch das sind am Ende bloße Erwägungen gegen Erwägungen, über die sich hin und her verhandeln und disputieren läßt, nach Thnkydides müssen die Lakedaimonier auf die Wahrscheinhchkeit des Erfolges ihrer Vorstellung und die Nachgiebigkeit der Athener gerechnet haben, und da sich kein zwingender Grund dagegen, vielmehr mancherlei dafür vor- bringen läßt, so wird man sich an die Darstellung des Thnkydides halten müssen.

Diese Darstellung wird von E. v. Stern noch von einem andern Gesichtspunkte aus zu erschüttern versucht. Er bezweifelt nicht, daß in der Tat. wie Thnkydides angibt, die seebeherrschende Stellung und die, wie sich voraussehen ließ, weitere maritime und kommerzielle Ent- wickelung Athens, Aigiua, Megara, Korinthos und andere Küstenstädte i)edrohte xmd mit Besorgnis erfüllte. Daran nimmt er jedoch Anstoß,

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Tlmkydides und der tlipuiidoldoische MmierJHdi.. 2()ö

daß sicli die S|)aitaner, nicht weil es die eigenen interessen dringend verlangten, sondern lianptsäclilich auf Andrängen dieser Bundesgenossen zu dem folgenschweren Schritte gegenüber Athen entschlossen haben sollten. ..Wir lernen hier die Spartaner von einer neuen Seite kennen. Die zielbewußten Herrscher im peloponnesischen Bunde, welche die Politik dieses Bundes nach ihrem AVillen leiten, lassen sich, ohne daß sie dabei interessiert sind, durch die Besorgnis einer Anzahl Bundesgenossen be- stimmen, einen schweren politischen Fehler zu begehen.''

Sparta ist aber weder uninteressiert gewesen, noch hat es sich zu einem politischen F'ehler, den es als solchen zur Zeit, als es sich zu dem Schritte entschloß, bereits erkannt hatte, bestimiuen lassen. Als man sich in Sparta auf das Drängen der Bündner zu der Vorstellung entschloß, hat man mindestens den diplomatischen Mißerfolg nicht für wahrscheinlich gehalten. Im übrigen ist die Politik der Lakedaimonier, so lange der peloponnesische Bund bestand, wiederholt von den Korinthiern und andern Bündnern stark beeinflußt worden. Die Korinthier vermochten viel, nicht bloß bei den übrigen Bündnern, sondern auch in Sparta (Thuk. I 33,3), weil sie unter den peloponnesischen Städten allein eine bedeutende Marine besaßen, den größten Teil des Handels der Halbinsel vermittelten und bei politischen Fragen, bei denen sie interessiert waren, eine sehr rührige und geschickte Tätigkeit entwickelten. Ihr Widerspruch, dem sich die übrigen Bündner auf dem Bundestage anschlössen, nötigte die I^ake- daimonier von ihrem A'orhaben. den Hippias nach Athen zurückzuführen, Abstand zu nehmen. Während des samischen Aufstandes gaben sie bei den Beratungen der Peloponnesier für die Aufrechterhaltung der Friedens den Ausschlag. Bei den Verhandlungen vor dem Ausbruche des pelo- ponnesischen Krieges erscheinen sie lange Zeit als die treibende Kraft, während die spartanische Politik schwankte. Die Spartaner zeigen sich also nicht von einer neuen, sondern von einer recht bekannten Seile, wenn sie hauptsächlich unter dem Einflüsse dei' Bündner in Athen Vorstellungen erheben.

Indessen nach E. v. Stern sollen nicht bloß die Spartaner, sondern auch diese Bündner, Korinthos uud andere Küstenstädte, an dem Mauer- bau gar kein Interesse gehabt haben. ..Ob Athen eine starke Landfestung war oder nicht, das konnte den handeltreibenden Küstenstädten ziemlich gleichgültig sein, ja noch mehr, von einem gewissen (iesichtspunkte aus konnte ihnen dieser großzügige Mauerbau nur erwünscht sein. Je mehr Mittel die Athener für die Stadt- und Burgbefestigung anwandten, desto weniger blieben ihnen füi- den Hafen-. Weift- und Trierenbau übrig. Das war der Punkt, auf den es ihnen ankam, hier hindernd einzugreifen, mußte ihnen erwünscht sein. Es half ihnen herzlich wenig, wenn Athen in der Mauerbaufrage nachgab und dafüi- um so eifriger die Flotte vergrößerte."

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26(i Georg Biisolt,

Nacli E. V. Steril müßte also Tliukyilides, der sich doch so gut als möglich zu unterrichten suchte und noch zahlreiche Leute sprechen konnte, welche diese Ereignisse miterleht hatten, der die Korinthier und deren Nachl)aren genau kannte der müßte ebenso wie die Politik Spartas aucii die Interessen und Bestreliungen der iiandeltreibenden Küstenstädte völlig verkannt und falsch beurteilt haben. Das wäre doch ein starkes Stück! Nehmen wir an. daß die Stadtbefestigung alle verfügbaren Mittel und Kräfte der Athener in Anspruch nahm, so tat sie das doch nur auf absehbare, kurze Zeit, auch nach E. v. Stern nur Ins zum nächsten Sommer (478). Und wenn die Athener für den völligen Ausbau selbst zwei oder drei Jahre l)rauchten. was hinderte sie dann, sich mit aller Kraft auf den Hafen-. Werft- und Schiffsbau zu werfen? Tatsächlich haben sie ja das auch getan. Auf die Befestigung der Stadt folgte die des Peiraieus. Der Mauerbau bedeutete also nur einen kurzen Aufschub des Hafenbaues und der weiteren Entwickelung der Marine. Die Korinthier sind sonst nicht so kurzsichtig gewesen, wie ihnen E. v. Stern in diesem Falle zumutet.

Nun sahen sich, was auch E. v. Stern nicht bestreitet, die pelo- ponnesischen Küstenstädte durch die maritime Machtstellung Athens und deren voraussichtliche Ausdehnung ernstlich bedroht. Dieses gefährliche Athen war aber noch an einer vitalen Stelle leicht verwundbar, verwund- barer als je. Der Kern des Stadtstaates, die Stadt selbst, hatte früher wenigstens eine Ringmauer, nun lag er offen da. er konnte bei aller Tapferkeit der Bürger und trotz der Größe der Flotte, gegen das weit überlegene Heer der Peloponnesier nicht mit Erfolg verteidigt werden, namentlich nicht unter den damaligen Umständen, wo alles ungeordnet und nichts für eine Verteidigung vorijcreitet war. Wenn aber die Stadt und die Landschaft in die Hände der Peloponnesier gefallen wäre, so hätte die Flotte auf unberechenbare Zeit ihre Basis verloren, sie würde c'cTTohc geworden sein. E. v. Stern meint freilich: „Weder Megara noch Aigina hatten bei ihren frühern Kämpfen mit Athen je an eine Belagerung oder Einnahme der Stadt gedacht, sollten sie sich wirklich nach alF den märchenhaften Erfolgen der alten Rivalin der phantastischen Hoffnung hingegeben haben, das inauerlose Athen überwältigen zu können?" Das ist doch mindestens übereilt niedergeschrieben. Wie hätte Aigina mit einem Gesamtaufgebot von nicht mehr als 1000 bis l.'iOO Hopliten. wie Megara mit höchstens 3000 (Beloch, Bevölkerung 1-22) an die Belagerung und Einnahme einer Stadt denken können, die nicht bloß ihre Ringmauer hatte, sondern auch über ein Feldheer von reichlich 1.J000 Hopliten ver- fügte! Die alten Feinde waren auch damals, selbst mit Korinthos ver- einigt, zu schwach, um gegen Athen vorzugehen. el)en darum trieben sie die Lakedaimonier an. Mit dem peloponnesischen Bundesheere durften sie schon auf die rasche Überwältigung des mauerloseu Athen rechnen,

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TJnil-jjflides und ihr ilieiuistokh'isihe Münerhiiu. '2(i7

ohne sich phantastisclien Hoffiiunson Iiiiizugoben. Sohahl jedoch die Stadt erst befestigt und verproviantiert war, ließ sicii ein rascher Streich nicht nielir führen. Eine langwierige iJehigerung war aber nicht Sache der Peloponnesier. Abgesehen von den Verwickelnngen. die inzwischen eintreten konnten, nnd der in einem solchen Falle leicht möglichen Ein- mischung Fersicns, abgesehen auch von den Schädigungen durch die athenische Flotte, waren die Peloponnesier nicht bloLä im Belagerungs- kriege ganz unerfahren, sondern es liätte sich auch ihr zum größten Teil aus Bauern bestehendes Heer, das an kurze Feldzüge gewohnt war, für eine längere Einschließung gar nicht zusammenhalten lassen. Außer- dem würden die Spartaner selbst gegen eine längere Belagerung durchaus abgeneigt gewesen sein (Hdt. V (55). Sie und ihre Bündner haben denn auch keinen weitern Schritt getan und sich in die vollendete Tatsache gefügt, als Athen ummauert und verteidiguugsfähig war.

Wenn aber ein befestigtes Athen sich von den Peloponnesiern nicht so leicht bezwingen und nicht mehr bevormunden ließ, so konnten diese -es auch nicht mehr hindern, daß Athen zu dem Ausbau der bereits be- gonnenen Hafenbefestigung und zur Vergrößerung der Marine überging. Das haben die Korinthier und die übrigen peloponnesischen Küstenstädte klar erkannt und darum versucht, den Mauerbau zu verhindern, (ieht man freilich von der Voraussetzung aus. daß für sie die Einstellung des Mauerhaucs kein Interesse hatte, die Fortführung sogar erwünscht war, dann muß ihr Drängen zur Intervention als ,.eine aberwitzige Politik" erscheinen, zumal sie bei einem Kriege in erster Linie exponiert gewesen wären. E. v. Stern hält eine solche aberwitzige Politik für unmöglich, ein Historiker von der politischen Erfahrung und Reife, von der Kenntnis und Einsicht des Thukydides soll ein aberwitziges Verhalten der gewandten und klugen Korinthier verkannt nnd geglaubt haben. Tatsächlich ist nach der Darstellung des Thukydides die Politik der beteiligten Kttstenstädtc i. J. 479 ebenso klar und verständlich, wie in den Jahren 459 und 432. wo sie trotz ihrer exponierten Lage wegen Verletzung wichtiger Interessen von selbst die Waffen ergriffen, beziehungsweise die Lakedaimonier zum Kriege gedrängt haben.

Gegen Thukydides wird schließlich von Stern und auch von Beloch (I 458, 2) Ephoros ins Feld geführt, über dessen Unzuverlässigkeit. Kritik- losigkeit und Willkür man doch kein Wort zu verlieren braucht. Ephoros soll die Lücke in der thukydideischeu Motivieiung des Einspruches Spartas gegen den Mauerbau gefühlt und ..richtiger als wir Neuern" erkannt haben, daß ein Grund für den Protest nur verständlich wäre, wenn es sich um che Befestigung des Peiraieus gehandelt hätte. Nach Diod. XI 41 43 hat nänüich Ephoros in seiner stark mit Erfindungen aufgeputzten Erzählung von der Hafenbefestigung eine nochmalige diplomatische Aktion des Themistokles zum Besten gegeben, durch die einer Intervention der

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2{i8 Georg Biisolt,

l^akedainionicr der Boden entzogen wird. Schon Ed. Meyer III 481 Anm. liat diese Erzählung als ..völlig absurd" bezeichnet, „denn wie hätten die Spartaner den Hafenl)au hindern können, selbst wenn sie es wünschten". Auch E. V. Stern verkennt niciit. daß es sich um eine ..bloße Wieder- holung ohne jede historische Beglaubigung"" handelt, trotzdem soll die Erzählung beweisen, dalj nach dem Urteile des Ephoros gerade l)eini Peiraieusbau ein Protest iler spartanischen Bundesgenossen am Platze zu sein schien. Dann lieüo sich am Ende auch bei den anderen Dünl)letten des Ephoros, die doch i)lol,! als Fiillornamente dienen und den Stoff weiter- ausspinnen sollen, ein richtiger (ieilanke entdecken.

Gehen wir nun einen Schritt weiter. Nach Thukydides offenbarten die Lakedaimonier bei ihrem Ersuchen, von dem Mauei'bau Abstand zu nehmen und vielmehr mit ihnen zusammen alle Befestigungen außerhalb der Peloponnesos niederzureißen, nicht ihre eigentliche Absicht und ihren Argwohn, sondern sie schützten vor, daß auf diese Weise der Barbar, wenn er wiederkommen sollte, keinen festen Platz linden würde, den er, wie dieses Mal Theben, als Ausgangs- und Stützpunkt für seine Operationen benutzen könnte.

Es ließ sich nicht bestreiten, daß Theben als Stützpunkt, namentlich auch als Proviantniederlage (Hdt. IX Kl'Jl), dem persischen Heere gute Dienste geleistet hatte, im übrigen war jedoch die Vorstellung der Lake- daimonier, wie Stern ganz richtig ausfühit. in strategischer Hinsicht recht schwach begründet. Daraus ergibt sich jedoch noch lange nicht, daß diese Vorstellung und Begründung nicht tatsächlich erfolgte. Sie war ja, wie Thukydides sagt, ein bloßer A'orwand, mit dem man sich in Sparta begnügen mußte, weil man keinen Ijcsscren ausfindig zu machen ver- mochte. Theben gai) immerhin der \'orstellung einen gewissen Schein der Berechtigung. Die Athener iial)en ohne Zweifel die wahre Absicht der Lakedaimonier erkannt. Was sollten sie tun? Wenn man im Falle ihrer AVeigerung in Sparta kein A'orgehen mit AVaffengewalt beabsichtigt haben sollte, so haben sie es doch befürchtet. Wollten sie sieh weder ohne Weiteres fügen, noch es auf einen voraussichtlich erfolglosen Kampf ankommen lassen oder sich gar den Persern in die Arme werfen, so blieb nur die Möglichkeit übrig, durch diplomatische Verhandlungen Zeit zu gewinnen und inzwischen die Stadt in einen so veiteidigungsfähigen Znstaml zu setzen, daß die Lakedaimonier von einer bewaffneten Inter- vention Abstand nahmen. l"ür den diplomatischen Eeldzug entwarf Theniistokles den Plan. Daiin liegt doch nichts Anekdotenhaftes oder künstlich Gemachtes!

Über diesen Keldzug l)erichtet Thukydides Folgendes: „Die Athener fertigten auf den Rat des Theniistokles die Gesandten der Lakedaimonier sofort mit der .\ntwort ab, daß sie wegen der von ihnen vorgetragenen

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Thiil-ydules und der themisloldeisrhe Mmurhuu. 2(59

Angelegenheit (iesandle iiacli Sjjarta scliickeii winden. Themistokles aber forderte sie auf, sie möciiteii iiin selbst sobald als möglich dahin abordnen, die andern Gesandten jedoch, die sie neben ihm gewählt haben würden, nicht gleich aussenden, sondern sie sollten zögern, bis sie die Mauer so hoch aufgeführt hätten, daß sie die hinreichende, für die Abwehr von oben herab unbedingt notwendige Höhe besäße. Bei dem Manerbau sollten alle, die daheim wären (toi"'; h' rrj nöXei im Gegensatze zu denen auf der Flotte), insgesamt mitarbeiten, die Bürger selbst, ihre Frauen und Kinder".

Die Heranziehung aller Sklaven war so selbstverständlich, daß sie nicht ausdrücklich erwähnt zu werden brauchte. Ephoros hatte sie hinzu- gefügt (Diod. XI 40; Nep. Theni. 6). Möglicherweise ist, wie einige Thuky- dides-Herausgeber vermuten, im Texte -/m'i ofxerag nach naiäag ausgefallen.

Thukydides fährt fort: „Sie sollten weder ein öffentliches noch ein privates Gebäude schonen, das für das Werk irgend etwas Brauchbares liefern könnte, sondern alles niederreißen. Nachdem er diese Anweisungen erteilt und zu verstehen gegeben hatte, daß er alles übrige dort (in Sparta) schon selbst besorgen würde, reiste er ab. Nach seiner Ankunft in Sparta ging er nicht zu den Behörden, sondern brachte unter Vorwänden die Zeit hin. Wenn ein Regieruugsbeamter ihn fragte, warum er sich nicht zu den Behörden begäbe, so sagte er, daß er auf seine Mitgesandten warte, die infolge einer geschäftlichen Behinderung zurückgeblieben wären, er sähe jedoch ihrer Ankunft jeden Augenblick entgegen und wundere sich, daß sie noch nicht da wären. Jene hörten das an und giaul)ten es dem Tliemistokles wegen tler Freundschaft zu ihm. Als aber die andern Per- sonen, die in Sparta (aus den Küstenstädten) ankamen, ganz bestimmt anzeigten, daß die Mauer gebaut werde und bereits an Höhe gewinne, da konnten sie nicht umhin, ihnen (jlauben zu schenken. Themistokles nahm das wahr und ersuchte sie, sich nicht durch Redereien irre führen zu lassen, sondern lieber aus ihrer Mitte geeignete Männer abzusenden, die nach eigenem Augenschein zuverlässigen Bericht zurückbringen könnten. Die Lakedaimonier taten das, Themistoldes übermittelte aber den Athenern insgeheim die Weisung, sie möchten mit so wenig Aufsehen als möglich die Abgesandten festhalten und nicht eher ziehen lassen, als bis sie selbst wieder zurückgekehrt wären (denn es waren bereits auch seine Mitgesandten. Habronichos, des Lysildes Sohn, und Aristeides. des Lysimachos Sohn, mit der Meldung angekommen, daß die Mauer die ausreichende Höhe hätte). Fr fürchtete nämlich, daß die Lakedaimonier. sobald sie die Wahrheit erführen, sie nicht mehr loslassen würden. Die Athener hielten, wie ihnen aufgegeben war. die Gesandten zurück, Themistokles aber trat vor die Lakedaimonier und erklärte ihnen rund heraus, daß die Stadt bereits befestigt wäre".

Die Aufführung der Mauer in so kurzer Zeit wird von F. v. Stern (S. 557) als ..die Achillesferse der ganzen Erzählung" be-

Beitrfig^ 7,. alten Geschiclit«* V2. -^ 18

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270 Oeonj Bnsolt,

zpicliiU't. als „oiiio von (Ion Thukydides-Thoologcn glänhig hinoenonimcnc loclinische Unniügliclikeit". ..Die Reise von Athen nach Sparta ist nicht weit, die Frage in den Augen der spartanischen Behörden offenbar wichtig, da sie auf das blol3e Gerücht hin von der Absicht der Atliener. die Stadt zu uninianern, eiligst eine Gesandtschaft nacli Athen delegierten. Wie lange haben sie sich trösten und mit Redensarten abweisen lassen! Die Freundschaft für Thcuiistokles und das Anseilen, das er genoß, mag noch so groß gewesen sein, angesichts der Bedeutung, welche die Be- hörden der Sache beimassen, angesichts der Jleldungen von dem eifrig betriebenen Bau. können wir die erfolgreiche Verschleppungstaktik des Themistokles kaum über i bis 6 Wochen ausdehnen, ohne der Zu- reclmungsfähigkeit oder Integrität der Ephoren nahe zu treten".

Die Reise von Athen nach Sparta war allerdings nicht weit, die Entfernung von 220 230 Kilometern ließ sich bei der damaligen Durch- schnittsgeschwindigkeit der Reisen von etwa 35 Kilometern am Tage (Hdt. V 54: Xen. Hell. 111,2,11) in (1—7 Tagen zurücklegen. Zur Er- klärung der Möglichkeit, daß man in Sparta nach unseren Begriffen auf- fallend lange keine unbedingt sichere Nachiicliten über den Mauerbau hatte, ist die Mangelhaftigkeit des damaligen Nachrichtenwesens in Betracht zu ziehen. Auf die Gründe dieser Erscheinung können wir hier nicht eingehen, sie ist aber Tatsache. Tn Syrakus konnte man z. B. noch darüber streiten, ob die zahlreichen Nachrichten über die Anfahrt der athenischen Flotte richtig wären, als diese bereits in Korkyra eingetroffen war (vgl. meine Griech. Gesch. 111 2 S. 1299, 2). Den Meldungen über die Rüstungen, die Damm- und Hafenbauten der Mytilenaier schenkten die Athener keinen rechten Glauben. ol)wolil dieselben seit ^Monaten im Gange waren (III 2 S. 1005, 3). Die Korkyraier wm'den über den vollen Umfang der korinthischen Rüstungen, von denen in ganz Hellas etwas zu sjjüren war, erst unterrichtet, als diese bereits nahezu vollendet waren (in 2 S. 723, *)). In Athen wird man wohl während des Mauerbaues unbequeme Frenule durch Wachen fern gehalten haben, so daß die Reisenden, die aus den peloponnesischen Küstenstädten (vgl. Plut. Theni. 19) in Sparta eintrafen, schwerlich mit eigenen Augen den Mauerbau gesehen, sondern nur durch Andere davon gehört hatten. Wir wollen jedoch zu- geben, daß die Lakedaimouier nach der Ankunft des Themistokles nicht mehr als 30 Tage hingehalten wurden, so daß also mit Hinzufügung der Dauer der Reise des Themistokles und nach Abzug derjenigen der Mit- gesandten der Mauerbau binnen Monatsfrist ausgeführt worden sein müßte. Es ist jedoch zu beachten, daß, wie wir gesehen haben, die Athener bis zur Abreise des Themistokles noch einige Wochen zu den vorbereitenden Anstalten zum Bau Zeit hatten.

Nun sagt E. v. Stern: „Es ist ohne weiteres klar, daß weder eine solche, noch eine doppelt bemessene, in diesem Falle unmögliche Frist

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ThnJii/di<Jr.<< imd ihr thoiiistuhhische Mancrhan. "27]

(von 4 bis (> Woclicii) (l;i/.ii aiisioiclil. um <'inc Hiii^iiiaucr vdii Kilo- niotcrn Länt^o von diMi l-'undatnentcn bis zur vortoidiniiiinsfäliigcn Hölio. d. li. doch über Mensclieuwiichs liinaus, bei einer gleiclizeitigen Breite von 2i/._, bis 5 Metern auszufüliren. Mögen auch noch so viele Hände tätig gewesen sein ein Hauptkontingent, die Tausende auf der Flotte dienenden Tlieten. war übrigens al)wesend eine einfache technische Rechnung lehrt, daß in so kurzer Zeit nicht die Millionen von Ziegeln, die ein solcher Bau erforderte, hergestellt werden, geschweige denn, daß die Ziegel zu einer verteidigungsfähigen Mauer verbaut werden konnten."

Thnkydides, der vielfach technische Sachkunde zeigt und als ein Mann, der Bergwerke ausbeutete, doch auch einiges technisches Ver- ständnis besitzen mußte, soll also die einfache Unniöghchkeit nicht beachtet und blindlings das Unmögliche für möglich gehalten haben. Dasselbe hatte Müller-Strübing dem Thnkydides zugetraut. In den Jahrb. f. kl. Piniol. 131 (1885) 296 ff.; 323 hatte er nach dem Vorgange Mansos, Paleys und Coxs darzutun versucht, daß die Einschließungsmauer, welche die Peloponnesier um Plataia erbauten, unmöglich in der von Thnkydides angegebenen Zeit vollendet sein könnte. Da kam jedoch Hermann Wagner und wies in seiner Abhandlung über die Belagerung von Plataiai 11 (Doberan 1893) ii auf Grund von Angaben Banverständiger überzeugend nach, daß die Ausführung der Mauer in der angegebenen Zeit durchaus glaubwürdig wäre. Das hätte schon E. v. Stern zur Vorsicht mahnen können.

Bevor ich für den athenischen Mauerbau die Urteile Sachverständiger einholte, stellte ich eine eigene Berechnung an, da ich zufällig im Bau- wesen nicht ganz unerfahren bin. Diese Berechnung kann ich nicht bei- seite legen, da sie das den Ingenieuren vorgelegte IMaterial enthält und außerdem die fachmännische Berechnung Laien verständlicher machen wird.

Die Ringmauer bestand aus einem steinernen massiven Unterbau, dem XiiyoXöyrißtt, und einem Oberl)au aus Luftziegeln. (C. Wachsmuth, Stadt Athen II 198: 202: A. Curtius. Stadfgeschichte 108).

Wir beginnen mit dem Ziegelbau. Aus Thuk. 11120,3, wo die Plataier zur genauen Berechnung der peloponnesischeu EinschHeßungs- mauer die Ziegelschichten derselben sorgfältig abzählen, ergiebt sich, daß für Mauerbauten damals in Griechenland Ziegel von derselben Dicke all- gemein in Gebrauch waren. Dörpield, Eist. Aitfuätze f. E. Curtius (1889) 145 betrachtet eine Dicke von 0.10 m als Durchschnittsmaß. C. Wachs- muth n 20.S Anm. schätzt nach den erhaltenen Resten die Dicke oder Höhe, die bei uns gegenwärtig 0,07 m beträgt, auf 3 oder 4 Daktyloi. Vier Daktyloi würden etwa 0.074 m sein. Da es sich nur um eine Be- rechnung in großen Zügen handelt, in Ermangelung genauerer Faktoren auch nur handeln kann, und der Nachweis der bloßen Mögliclikeit nach dem Stande unserer Kenntnis für die Anfrechterhaltung der Angabe des Thnkydides ausreicht, so können wir ohne Bedenken ein Maß von vier

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272 Georg Busolt,

Daklylui aiinchiiipn. das noch hinter dei für uns günstigeren Schätzung Düipfekls eiiiel)licli zurückbleibt. Vier Ziegel über einander würden also die Höhe eines attischen Fußes ausmachen, der nach der gewöhn- lichen Schätzung 0.29() in maß. nach der genaueren C. F. Lehmanns {Hermes "27. 535) 0.2it7, Zur Erleichterung der Berechnung dürfen wir von der kleinen Differenz absehen. Etwa 12 Ziegel würden mit Einschluß des als Bindemittel benutzten Lehmes (Dörpfeld) die Höhe eines Meters erreichen. Was nun die Länge und Breite betrifft, so pflegten die Griechen für öffentliciie Bauten Ziegel zu 5 Dora oder Palmi, für private zu 4 zu benutzen.') Der kleinere Ziegel würde also etwa 0.296. der größere etwa 0,370 lang und breit sein, während unsere Ziegel 0.250 lang und 0.125 breit sind. Da man zum damaligen Mauerbau auch Ziegel aus Privathäusern benutzte, so hat man beide Sorten verwertet. Zur bequemeren Berechnung und zur F^rlanguug eines Plus für etwa nicht berücksichtigte oder unbekannte ungünstige Faktoren nehmen wir jedocii durchweg die für die rasche Herstellung ungünstigere kleinere Ziegelform an.

Setzen wir nun die durchschnittliche Dicke der Mauer zu 12 attische Fuß (etwa 3,55 m) an und, abgesehen von dem steinernen Unterbau, die verteidigungsfähigp Höhe ebenfalls auf 12 attische Fuß. so sind das sehr reichlich bemessene Dimensionen, denn mit Einschluß der über der Erde belindlichen. sichtbaren Schichten des Unterbaues (Thuk. 1 1)3) würde die Mauer eine Höhe von mehr als 4 Metern erreicht iiaben, während E. v. Stern nur eine Höhe ..über Menschenwuchs hinaus" fordert. Bei diesen Dimensionen ergehen sich für jeden Fuß der Mauerfront 144 Kubikfuß und 57() Ziegel. Der ]\Iauerring war 4^« Stadien oder 2S.S0(> attische i'uß lang, mitiiin gehörten zum Bau rund l(j'/., Millionen Ziegel.

AVuher beschaffte man sich in so kurzer Zeit diese Ziegel- masse? E. v. Stern scheint anzunehmen, daß die Ziegel durchweg erst neu hergestellt werden mußten. Indessen Theniistokles riet doch den Athenein. das Material rücksichtslos da zu nehmen, wo sie es fänden, sie sollten weder ein öffentliches, noch ein privates Bauwerk schonen und alles einreißen. Die Athener folgten seinem Rat, m'tvta öftouoi; xivoiiVTSc. Schon die meist eingestürzten Gebäude aller Art konnten einige Millionen Ziegel liefern, seihst wenn mancher Ziegel zerbrochen und ein Teil des Baumaterials zur Errichtung von Baracken für die vorläufige Unterkunft der Bürger verbraucht worden war. Die Zahl der Häuser läßt sich leider auch nicht annähernd feststellen, aber einige Tausend sind es doch gewesen, und zu jedem Gebäude gehörten durchschnittlich einige Tausend Luftziegel. Es sind übrigens auch andere Fälle bekannt, in denen Ziegel aus niedergerissenen Gebäuden zu Manerbauten verwandt wurden (Thuk. II 75,4: IV (i9, 2: 90.2). Andere Millionen lieferte die

1) Vitniv II 3, 3: vgl. Plin. H. N. XXV 14, 170 und dazu Gratix. Ret: rf. Philo!. 1879 ji. 139, I; Blünmer, Technologie 2G; C. Wachsmuth, Stadt Athen II 207, 1.

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Thukydides und der themistoldeische Maxierhau. 273

zum größten Teil in Trümniein liegende alte Ringmauer, die zwar weniger umfangreich, aber zweifellos liöher war als die neue Mauer in der zur Verteidigung ganz nnerläülichen Höhe. Die etwa nocii fehlenden Ziegel konnten, bis die Arbeit zum Oberbau vorgeschritten war. ohne Schwierigkeit hergestellt werden. Außerdem waren die Athener sciion vor der Ankunft der lakedaimonischen Gesandtschaft mehrere Wochen mit den vorbereitenden Anstalten zum Häuser- und Mauerbau beschäftigt (vgl. S. 25S). Für die Fabrikation von Jjuftziegeln ist fernei' nächst dem Frühjahre gerade der Herbst die geeignetste Zeit (Blümner, Tcciinologie 17). Nach den Angaben des Sachverständigen bei H. Wagner, Die Bekujerang von Plataiai II (Doberan 1893 Proqr.) 44 lassen sich 5i/._, Millionen Ziegel von 1000 Arbeitern reichlich binnen 10 Tagen herstellen, nach weiteren 10 Tagen sind die ersten Ziegel trocken und zum Vermauern verfügbar. Offenbar war aber eine große Menge von Ziegeln bereits fertig, als die lakedaimo- nische Gesandtschaft eintraf, und dann bei der Abreise des Themistokles der Bau begonnen wurde. Die HerbeischalTung der erforderlichen Ziegel macht also gar keine Schwierigkeit. Bei der Aufführung der Mauer wurde die Arbeit natürlich auf dem ganzen Umkreise gleichzeitig in Angriff genommen und je eine bestimmte Strecke einer Abteilung von Arbeitern zugewiesen. Das war etwas ganz Gewöhnliches (vgl. Thuk. IV 69,2; V 7.1; VH 19: Xeu. Ä,»«. HI 2. 10: mehr bei Wagner 35). Es arbeitete also gleichzeitig die ganze Masse von Maurern und ilaterialträgern.

Nun vermauert ein geschulter Jlaurer bei zehnstündiger Arbeitszeit am Tage reichlich 500 Ziegel. Zuverlässige Maurerpoliere haben mir erzählt, daß Fälle vorgekommen sind, in denen bei eiligen Bauten von jedem Maurer am Tage 1000 Ziegel vermauert wurden. Die l<)'/._, Millionen Ziegeln ließen sich also von etwa 3000 .Maurern binnen 10 Tagen ver- mauern. Dazu paßt die Angabe des Sachverständigen Wagners S. 44, daß 1000 Arbeiter eine 2V-2 Kilometer lange Doppelmauer, zu der 5Y-2 Milhonen Ziegel gehörten, mit Holzdach. Zinnen und Türmen iu höchstens 20 Tagen herstellen konnten.

Besaß nun Athen die Arbeitskräfte, welche das Quantum der Arbeit vou 3000 geschulten Maurern binnen 10 Tagen zu leisten vermochten? Die Frage ist unbedingt zu bejahen. Ein erheblicher Teil der für die Arbeit besonders wichtigen Theten war freilich auf der Flotte abwesend. Indessen die ganze Bundesflotte belief sich in diesem Jahre nur auf 110 Trieren. Man darf mit Ed. Meyer, Forsclmtujen II 184 die Stärke des athenischen Kontingentes auf etwa HO Trieren und die Zahl der auf denselben abwesenden Bürger auf etwa 10000, darunter 9000 Theten, schätzen. Die Gesamtzahl der Bürger über 18 Jahre zur Zeit der Perser- kriege veranschlagt Ed. Meyer auf 50000, die der Theten auf 25000, wohl etwas zu hoch, aber auf 35 bis 40000 muß sie sich auch mit Berücksichtigung der Kriegsverluste damals reichlich belaufen haben. Von

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274 Georg Busolt,

diesen befanden sich also etwa bis 30000 in Athen. Ziehen wir von diesen die Altersschwachen nnd Invaliden ab, ferner diejenigen Leute, die sich auf dem Lande zerstreut hatten und trotz dem Gesamtaufgebote aller Kräfte nicht nach Athen gekommen sein mögen, so bleiben doch noch 20 bis 25000 für den Mauerbau übrig. Aber, wie durchweg, so wollen wir auch diesen Faktor so ungünstig als möglich ansetzen (vgl. S. 272) und die Zahl auf 15000 reduzieren, von denen die eine Hälfte mauerte, die andere bei der Materialbeschaffung tätig und den Frauen und Kindern beim Zutragen behilflich war. Dazu kommen noch Tausende von Sklaven, unter denen doch gewil.) viele sich auf Maurerarbeit ver- standen. Wir setzen die Zahl der erwachsenen Sklaven nur auf L5000 an. Ed. Meyer II 188 schätzt deren Gesamtzahl für das 5. Jahrhundert auf rund 50000, aber die Sklavenzahl hat sich zweifellos seit den Perser- kriegen stark vermehrt. Etwa !• bis 10000 beim Mauern l)eschäftigte Leute, unter denen sich einige hundert mehr oder weniger geschulte Handwerker befanden, konnten zweifellos das Arbeitspensum von 3000 ge- schulten Mamern verrichten, da es ja weniger auf die Beschaffenheit, als auf das Quantum der Arbeit ankam. Jeder Mann hatte in der Stunde nur 16 bis 17 Steine zu setzen, noch weniger bei längerer als zehn- stündiger Arbeitszeit. Und dabei ist noch nicht einmal das weit größere Quantum der Leistung der geschulten Arbeiter in Rechnung gesetzt.

Ferner hat H. Wagner 11 35 darauf aufmerksam gemacht, daß die Fertigkeit in solchen Mauerarbeiten ziemlich allgemein verbreitet war. Es war etwas ganz gewöhnliches, daß die Krieger eines Heeres, in Ab- teilungen eingeteilt, eine Mauei' erbauten. Zeugiten und Theten haben offen- bar auf dem Lande vielfach selbst an ihren Häusern gebaut oder sie wenigstens ausgebessert. Von Kriegern wurden Mauern in überraschend kurzer Zeit erbaut. Die mit hölzernen Türmen besetzte Einschließungsmauer von Nisaia wurde in 2 Tagen nahezu vollendet (IV 69), die Mauer von Delion in 2 Vi Tagen zum größten Teil ausgeführt (IX !)0). Es handelte sich bei diesen Arbeiten eben nicht um technische Sorgfalt, sondern i)loß um genügende Haltbarkeit und schnelle Herstellung. Es ist mithin garnicht zu bezweifeln, daß der Ziegeloberbau der athenischen Stadtmauer bei einer Höhe von 37-2 Metern binnen 10 Tagen, von 3 binnen 8 Tagen ausgeführt werden konnte.

Der steinerne Unterbau scheint vielfach nur 1,25 m hoch gewesen zu sein (Wachsmuth II 201), wir wollen jedoch noch ein halbes Meter zugeben. Die Außenwände bestanden mindestens zum Teil aus 0,25 bis 0,30 dicken Kalksteinen, die nach außen hin und für die Fugung ziemhch roh zurecht gehauen, nach innen hin unbearbeitet waren. Die Zwischen- räume zwischen den Wänden waren mit lockerem Material. Bruchsteinen und Lehm, ausgefüllt. Zu dem Unterbau wurden Steine aller Art herbei- geschafft, auch solche, die zu anderen Zwecken, nicht zur Zusannuenfügung

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Thukydides und der themistoldeisciw Mamrhau. 275

bearbeitet waren, sogar viele Grabsteine. Offenbar haben für den Unterbau die Unterbauten der Häuer und der alten Ringmauer den größten Teil des Materials, der 'Jsi^ieXioi Xi'&oi (Aristoph. Vöq. 1137), geliefert. Thuk. in (18 erzählt, daß die Tliebaner die Stadt Plataia niederrissen und fx Twi' i)eiieXiwv eine große Herberge und einen steinernen Tempel der Hera erl)auten. Eine große Anzahl von Steinen konnte ferner in den Wochen, die man für die Vorbereitungen zum Bau zur Verfügung hatte (S. 258). gebrochen und znreclitgehauen werden. Dieser steinerne Unterbau mit seinem aus bloßem Fülhverk bestehenden Kerne ließ sich oline Zweifel in derselben Zeit herstellen, wie der ebenso dicke, durchweg aufgemauerte und doppelt so hohe Oberbau, also binnen 10 Tagen. Dazu kommen dann noch einige Tage für die Ausschachtung des Fundamentgrabens. Binnen 25 Tagen konnte die ganze Mauer bis zur verteidigungsfähigen Höhe von nicht weniger als 472 Metern vollendet werden.

Doch nun gebe ich den Fachmännern das Wort. Ein hervor- ragender, in Fachkreisen sehr bekannter Ingenieur, Herr Ad. Wittenberg, z. Z. in (iöttingen, bat nicht nur selbst eine Berechnung angestellt, sondern sich auch mit einer Itedeutenden Firma in Verbiiulung gesetzt, die gerade mit der Ausführung eiliger Maueri)auten zu tun hat und ein besonders kompetentes Urteil besitzt. Dei- Chef dieser Firma, Herr Architekt und Ingenieur H. Ehelolf in Goslar, hat an Herrn Witten- berg folgendes Schreiben gerichtet, zu dem ich einige Bemerkungen in Klammern hinzufüge:

„Wenn man folgende Voraussetzungen vorwegschickt:

a) es sind 15000 Athener zur Verfügung (über diese absiclitlich zu niedrig gehaltene Zahl vgl. S. 274),

b) es sind 15000 Sklaven außerdem vorhanden (über diese Zahl vgl. S. 274),

c) es sind mehrere Millionen Backsteine und eine ganze Anzahl bearbeiteter AVerksteine aus den Trümmern zu gewinnen (vgl. S. 272),

d) die Mauer enthält bei einer Länge von 10000 m, bei einer Gesamt- höhe von 5.50 m (3,55 Oberbau, 1,75 Unterbau und nochmals 0,20 Zugabe für die etwas verminderte Dicke, vgl. S. 274) und einer Breite von 3,50 m (S. 272) rund 194000 cbm Mauerwerk,

so ergibt sich folgendes Bild:

Ein Teil der 30000 Menschen hat sofort angefangen. Ziegelsteine zu backen (vgl. Aristoph. Vög. 1139: e'reoot (3" e7TXiv,'^ovQyovv neXaQyol /^ivqioi), von denen die ersten nach 10 Tagen trocken waren. Ein zweiter Teil hat den Fundamentgraben ausgeschachtet und ein dritter Material aus den Trümmern herausgeschafft. (Ein vierter hat Steine bearbeitet, Aristoph. Vög. 1137).

Nach etwa 5 Tagen werden alle Vorbereitungen beendet gewesen sein und man begann mit dem Aufmauern.

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I

276 Georg Busoli,

Ilire (Herrn Wittenbergs) Annahme, daß an jeder Seite der Mauer 5000 Arbeiter angestellt werden können (über die gleichzeitige Aufnahme des Baues auf der ganzen Strecke S. 273), ist dnrchaus zulässig, denn eine Arbeitslänge von 2 Metern für jeden Maurer wird in der Praxis oft beobachtet. Wenn diese 10000 Mann, also an jeder Seite 5000. nun die noch verfügbaren 25 Tage gearbeitet haben, so entfallen auf jeden Mann

194 000 n o I i\T 1

TTTTT^, ^ 0.8 cbm Mauerwerk.

2o . 10 000

Diese Leistung ist tatsächlich sehr schwach und wird l)ei einer so dicken Mauer, bei der die Ausführung selbstverständlich nicht erst- klassig war, hier zu Lande von jedem Maurerlehrling erzielt. Ich selbst habe während meiner praktischen Arbeitszeit in dickem Mauerwerke von Ziegelöfen bis zu 1200 Steine täglich vermauert, während in 0.8 cbm Mauerwerk ja nur 320 Steine enthalten sind. Erleichternd kommt noch der Umstand in Betracht, daß die Heerführer und sonstigen maßgebenden Persönlichkeiten mit starkem Drucke auf die Arbeitenden gewirkt haben werden (und daß diese selbst schon mit höchstem Eifer erfüllt waren).

Ich muß sagen: Die Leistung war nicht nur möglich, sondern garnicht übertrieben groß."

Und da wagt man die Ausführung des Mauerbaues binnen 4 6 Wochen als eine technische Unmöglichkeit zu erklären, höhnisch von den Thukydides -Theologen zu reden, die das gläubig hin- nehmen, und dem Thukydides unüberlegten, blinden (ilauben an unmögliche und schlecht erfundene Dinge zuzutrauen!

Schließlich werden auch noch Ephoros und Theopompos gegen den großen Historiker ausgespielt. Auch sie sollen l)ereits an der kurzen Zeit des Mauerbaucs Anstoß genommen haben. ..Da iiaben docii Theopompos und Ephüios nicht derart unter dem Baim der Autorität ihres großen Vorgängers gestanden, gerade an diesem Punkte hat ihre Kritik eingesetzt. Hatten sich die Vorgänge wirklich so abgespielt, wie sie Thukydides berichtet, so mußte des Themistokles Alileugnungs- und Verschleppungs- taktik geraume Zeit gedauert haben. Das war nach Theopompos uur möglich, wenn die Ephoren bestochen waren".

Hat wirklich die Angabe Theopomps (Plut. Them. 11»), daß Themistokles die Ephoren bestochen hätte, kritische Bedeutung und historischen Wert? Schon in Athen konnte Theopompos davon reden hören, daß es lieim Mauerbau nicht ohne Bestechung abgegangen wäre. Zum .Mimdstücke dieses Geredes, dessen Ursprung mit B. Keil, Anonym. Arg. 300 in oligarchischen Kreisen zu suchen ist, hat sich Andokides in der Friedens- rede 38 gemacht. Hinter dem Rücken der Peloponnesier (IJsXonovrrjalovc laOövrtc) hätten die Athener die Mauern erbaut und von dcnLakedaimoniern die Bestrafung dafür i\hgQhauh {noid/ievoi äe Tiagü .■^iaxedantorfwv ftv 6'oüvai roi'iwv dixijV). Angesichts der herrschenden Stellung, die damals Sparta

Thukji'Miles und der Ihexiidoldeische Mauerhan.

•^■71

oimialini, konnte man sich nicht reclit denken, dal-i es den liinterrücks aiisfiet'ühiten Maiierban oliiie weiteres liinRcnomnien lial)en solUe, Aber die Ephoren waren ja damals iiotoriscli bestechiicli. So erklärte sicli leicht (bis Verhalten Spartas, so tat man zuyieich von olioarchisclier Seite der demokratischen, die Gewandtheil des Themistokles verlienlichenden Tradition den erwünschten Abbruch. Anch sonst hat man ja in oli.uaichischen Ki'eisen diese Tradition zn erschüttern und die Helden der Demokrati<' systematisch herabzusetzen si'esucht. Demj^esenüber hat Thukydides energisch das Verdienst des Themistokles hervoisehoben. Von Theopompos wurde natürlich die oligarchische Version mit Begier aufgelesen (Keil). Er haßte Athen und die Demokratie, aulöerdem war er höchst mißtiauisch und suchte überall ..die geheime Sclilechtigkeif bei den .Motiven zu enthüllen. Ihm mulUe es von vorne herein undenkbar erscheinen, dal.i die Ephoren diä (jiliav den Versicherungen des Themistokles Glauben gesciienkt haben sollten, und dalö dieser in Sjjarta so hohes Ansehen besessen hätte. An Stelle der qiXia setzte er also Geld und Bestechung, beides spi(^lte bei ihm eine groüe Rolle. Das ist also die Kritik Theopomps! Sie setzt nicht ein bei der Unwahrscheinlichkeit des Mauerbaues in so kurzer Zeit wenigstens läßt sich das untei' keinen Umständen beweisen sondern

sie richtet sich gegen die dijilomatische Gewandtheit und Autorität des Themistokles. sowie gegen die psychologische Motivierung des Verhaltens der Ephoren. Von historischem Weil kann bei dieser ..Kritik", wie schon Keil 801 bemerkt hat, garnicht die Rede sein.

Insoweit urteilt Keil richtig, aber wenn er meint, dal.'i Thukydidcs unter den mannigfachen Versionen üiier den Mauerliau diejenige aus- gewählt hätt(>. welche die (iewandtheit des Mannes am stärksten zum Ausdruck gebracht hätte, mithin diejenige, die am meisten anekdotenhaft und gekünstelt gewesen wäre, so hat dagegen scliou h'. Cauer. Pliilul. WocJienscJir. 190"J Nr. 4<S Sp. 147.S Widerspruch erhoben. Man könnte zugeben, dal.i Thukydides den Themistokles als einen Mann hätte hin- stellen wollen, der allen Situationen sofort gewachsen gewesen wäre. „Aber müssen darum die Tatsachen falsch sein, durch die er diesen Eindruck hervorrufen will? Irgend einen Grund, weshalb es in Wirklich- keit nicht so gewesen sein könnte, wie Thukydides bericiitet, vermag Keil nicht anzuführen, ja er versucht es kaum". Kerner ist gegen Keil einzuwenden, daß bei Berichten über einen diplomatischen Feldzug keines- wegs die größere Einfachheit mit der größeren Glaubwürdigkeit identisch zu sein braucht. Eine diplomatische Aktion ist oft recht verwickelt, die spätere Überlieferung pflegt aber einzelne Züge nicht bloß zu vergröbern, sondern auch zu verwischen, so daß gerade seine solche abgeleitete, schlechtere Tradition die anscheinend einfachere Fassung bieten kann. Das gilt in diesem Falle von der Erzählung des Ephoros (Diod. XI 3!)), der den Bericht des Thukydides in seiner Weise, namentlich zur Erzielung

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278 Georg Busolt,

eines höheren Effekts, bearbeitet und mit einzehien anderswoher ent- nommenen Zügen (Demosth. XX 73) versetzt hat.

F. Caner hat bereits daranf hingewiesen, dal) nacli der Erzählung des Ephoros Thcmistokles sogar eine noch größere Voraussicht bekundet, als nach der des Tliukydides. Nach dieser erhalten die Lakedaimonier während der Anwesenheit des Themistokles so bestimmte Nachrichten über den Mauerbau. daß sie ihnen Glanben schenken müssen. Nun fordert Themistokles sie auf, nicht bloßen Redereien zu glauben, sondern Gesandte nach Athen zu schicken, zugleich übermittelt er den Athenern die geheime Weisung, sie möchten die (icsandten festhalten, bis er selbst mit seinen Mitgesandten aus Sparta entlassen wäre. Offenbar war Themistokles durch die unvorhergesehenen Nachrichten in Verlegenheit gebracht worden. Nach Ephoros hatte Themistokles schon vor seiner Abreise nach Sparta den athenischen Behörden im Geheimen gesagt, sie möchten, wenn Gesandte aus Sparta kämen, dieselben festhalten. Es bedarf keiner geheimen Botschaft aus Sparta, alles verläuft so. wie er es geplant und erwartet hat. Damit wird (he Annahme hinfällig, daß Tliukydides die am meisten gekünstelte Version ausgesucht hätte, weil sie zur Verherrlichung des Themistokles am geeignetsten gewesen wäre.

Nun erzählte Ephoros, daß bei der Ankunft der ersten spartanischen (iesandtschaft der Mauerbau bereits in vollem Gange war. Daraus schließt E. v. Stern, daß Ephoros in seiner Kritik der thukydideischen Erzähhmg nach radikaler vorgegangen wäre als Theopompos. ..Auch ihm erschien es inimöglich. daß die IMauer während des Themistokles An- wesenheit in Sparta an.sgeführt sein sollte, er läßt daher den ^lauerbau schon in vollem Gange sein, als die ersten Gesandten eintrafen". E. v. Stern verkennt nicht, daß Ephoros die Gegensätze willküiiich vei- schärft und vergröbert hat, trotzdem soll dieser der geschichtlichen xMöglich- keit gerechter geworden sein als Tliukydides. Er macht ferner gegen die Angabe des Ephoros das Bedenken geltend, daß, wenn ein Teil der Mauer schon vor dem Einsprüche der Lakedaimonier erbaut gewesen wäre, es sich niciit erklären ließe, warum man gerade die unteren Schichten, wie noch gegenwärtig der Augenschein lehre, so eilig und nachlässig gebaut hätte. Die Angabe des Ephoros gehört also zu seinen Erfindungen. Nirgends findet sich auch nur die geringste Andeutung, daß er damit die sonst unmögliche Ausführung des Mauerbanes erklären und die Bauzeit verlängern wollte. Die effektvolle Verschärfung der Situation, nichts Anderes, war der Zweck der Erfindung. Die Gesandten treten an die Leute, die an der Mauer arbeiten, persönlich heran und befehlen, schleunigst die Arbeit einzustellen. In dieser Scene liegt der Schlüssel zur Erklärung der Abänderung des thukydideischen Berichts, sie zeigt die Eigenart des Ephoros.

Es bedarf denn doch ganz anderer Gründe, um die Glaubwürdigkeit der Erzählung des Thukydides zu erschüttern und sie als eine Anekdotezu erweisen.

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Thuhjdides und der fhemistoJdeische Mauerbau. 279

Beloch I 458, 2 hält sie aucli für eine Anekdote, die des Tiiemistokles diplouiatisclies Gescliick in helles Licht setzen und auIJcrdem erklären sollte, weshalb so viele Grabstelen und andere Skulpturfragmente in die Mauer eingebaut waren. Dagegen bemerkt B. Keil 292 sehr richtig: ..Die Eile beim Bauen, welche die unumgängliche Voraussetzung der p]r- zählung bildet, wird an dem Zustande der noch vorhandenen Mauer auf- gezeigt und damit der genauen Darstellung d()kuniciitarische Beglaubigung verliehen. Es heifit ebenso sehr, die Argumentation des Thukydides um- kehren, wie einen echten Zug der historischen Kritik desselben verwischen, wenn man sagt, die Mauerbaugeschichte solle auch erklären, weshalb so viele Grabstelcn und andere Skulpturfragmente in die Mauer verbaut waren?"' Was sonst Beloch für seine Behauptung anführt, haben wir bereits als hinfällig erwiesen. E. v. Stern erklärt, die Eile beim Bau wäre in Wahrheit nicht durch die drohende Intervention der Lakedaimonier, sondern durch die Möglichkeit einer Wiederholung der persischen Invasion bedingt gewesen. Nun. deswegen wäre eine so große Eile und An- spannung aller Kräfte, ein so rücksichtsloses, selbst Grabstelen nicht schonendes A'orgehen wahrlich nicht nötig gewesen. Selbst, wenn man für den nächsten Sommer eine Invasion befürchtet haben sollte, hätte man mit weit größerer Ruhe bauen können. Aber kein einsichtiger Mann konnte eine solche Befürchtung lu'gen, die Gefahr einer Invasion lag in weiterer Ferne.

Mit derartigen Behauptungen und Argumenten lälit sieh nicht bloß die Mauerbau-Geschiehte, sondern wie es ja auch Müller-Strübing versucht hat noch manche andere Erzählung, sogar ein großer Teil des ganzen Werkes des Thukydides für Anekdote, Fabel oder Erfindung irgend welcher Art erklären. Wenn man aber bei der Behandlung von Quellen-Angaben das zum Maßstabe macht, was man nach seiner subjek- tiven Em|ifin(liing oder seiner modernen .\uffassung der Dinge für wahr- scheinlich oder unwahrscheinlich, für möglich oder unmöghch hält, so eröffnet man der Willkür einen weiten Spielraum und gewinnt den Boden für den Aufbau bleiulender Hypothesen und Konstruktionen, aber dabei kommt weder die besonnene philologisch-historische (Quellenkritik zu ihrem Recht noch die Überlieferung selbst. Gewiß sollen wir keine ..Tluikydides- Theologen" sein und gelernt haben, den großen Historiker, der nicht unfehlbar war. zu berichtigen, aber es ist kein ..Dankestribut, der ihm gezollt wild", wenn man ihm ohne zwingende, auf vollwertiges Quellen- material sich stützende Beweise, auf Grund allgemeiner Erwägungen und zweifelhafter oder unrichtiger Behauptungen, vorzuwerfen den 5Iut hat, daß er eine erst zu seiner Zeit erfundene, unhistorische und sogar un- mögliche Fabel geglaubt und als Geschichte erzählt hätte. Damit ver- sündigt man sich gegen den Schöpfer der kritischen Geschichte und eines Werkes, das ein xxiifia ii alei werden sollte und geworden ist.

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Mitteilungen und Nachrichten.

Zum Orakel über die ifoa oQyäg. Voll Alfred Körte.

Diels in drr Ik^'Uner Ausgabe des Didijmos und Felix Stälieliu in seinem wertvollen Auf's;it/. über Die grlechiscJicii HisioriJxeyfraginente hei Didijmos^) liaben gebührend darauf hingewiesen, wie vortrefflich die D-id. i:o\. 13,47 und 14,37 mit- •»eteilten Fragmente des Philochoros und Androtiou über die heilige Orgas zu- sanimeugehen mit dem Volksliescliluß über diesellje Sache, dessen Wiederherstellung wesentlich Foucarts glänzendem Scharfsinn verdankt wird.-) Allein beide Forscher haben einen, wie mir scheint, sicheren Schluß aus den Hi.storikerzitaten nicht gezogen, auch ist das ganze Psepliisraa in seiner verlogenen Frömmelei noch nie- mals gi'bührend gewürdigt worden, so dal.'i ich einen Xachtrag zu St'ahelius lehr- reichen Ausfüliruiigen für angebracht halte.

Androtiou und Philochoros berichten übereinstimmend, die Abgrenzung der Orgas mit steinernen Marken .sei auf Antrag des Pliilokrates, natürlich des llagnusiers erfolgt. ■■) Nun wird in dem Psephisma, dessen Anfang leider fehlt, zunächst eine Koinniission von 15 Mitgliedern ernannt, die im Heisein des Königs, des llieropbauten, Daduchen, derKeryken, Kumol]iideu und ulier Athener, die dabei sein mögen, vom 16. Poseideon d. J. 352/1 ab tagen und die strittigen Grenzen der Orgas bestimmen sollen (Z. 15), o.-rw;] c:r [w]^ trat,ii<ni^Tr: yc'i (Sr^ciltTCTC. rovg o(i[ovg !hi/(in: .Mso die Frrichtung neuer Grenzsteine ist das Ziel der Kornmission, und so finden wir denn auch am Sclilul.') des Dekretes von Z. (iti an genaue Bestimmungen über die llerriclitung und Aufstellung der Grenzsteine, .i[(n>i'.ij/tiy iVt (iyoij /.iltl- yin-S\*), <i:i!iriwv ar mjaOiMiit xovi noj/.i/[T«c :roiij<i((i'Ti!C /ti-tci d/,'] ,^oi-/.;;[c /i]l(iD-a)iitc:. roi\: Tt .7(if)Hl<)(*ic [r;/-' /)'<)r/.//c /tfzä iwr rtot/.i/Täy <jrj']j'()f{>,"f(( y<:l)' oti i'^ti>yc'.ii!}>j<j[nyTia . i':ii/it).i-i<ß!h(i rf ('J.ic^,- i7ii'\ijTiiftiiOiiytcA Tt/i it()«.- t'>(>y[r.iU>g o'i niioi. ai'.i}' r. ()t(cocJ(T/r ti) i'.'nis-lh'yng' i)i: i'^oyi-Qioy (Lücke von -iO Buchst.) ao . . ?.[i]ltou (?) rorc opor.- (S(>i-y«( rii[y rafday Tov dli/tov. Und zuui ScIiluL! wird die Liste der Kommissionsmit- glieder mit der Wendung eingeleitet Z. 73 O'nh ijisJtBiiuc.y iTr! ri/y hnc.y] Ö£)/«[(}](; c'(yTi xmy i-xTitnTCJxölrmy ytovg öpoi-u Sh-iyKi.')

Kein Zweifel also, die Abgrenzung der Orgas mit neuen Grenzmarken ist ein Hauptgegenstaud dieses Beschlusses, und damit ist unmittelbar gegeben, daß dies eben das Psephisma des Pliilokrates ist, das Androtiou und Philochoros er- wähnen. Wenn Z. 54 f. bestimmt wird rrr <)e ('ty](![y]itäu'(([i] rö()[f] zb xi'ijifin^ir. xtd T(i .Tyorfyo)' To <l'i[/.'\o[i<]ii('cTo[yi ro ;itoi rojy] ([tpejr], so spricht das nicht im geringsten dagegen, daß derselbe Pliilokrates auch diesen Antrag eingebracht hat:

1) In dieser Zeitschrift V ö4fg. und 145 fg.

2) BCH XIII 433ff.; vgl. SIG' 789.

3) col. 13, 57 xi'j ä(fih(ji(jc;y nixloii (JT>j)Mii aati: [il:]!i<fia/.t('. 't'ü.nxQäxovi, col. 14, 47 xi'.l criilciq loQiahrj >rixM)i ?.i'Hy(uc 'Pi/.ox()aTovg fräoi-roc.

4) So wird statt mlj/.r.: ;.i.'>/)'«c zu schreiben sein.

5) Daß ^Ä•.^^.^rM;?ö^•e^)■ auf die öpoi. nicht auf ausgestoßene Kommissions- mitglieder geht, hat Koehler erkannt.

1

Müteünngcn und NucJiricJäcn. "iSl

er beiuil/.t die (leleiieiilieit, aiu'li dii' Aiil/oichnmi!^ eiiifs tVülici' vnii iliin lioiintraKteii Mescliliisse.s (lurclizusct/.eii, über dessfii Inhalt wir iii<'hts j^eiiaucres wissiMi. ')

Weit besser als die liestiiiiniuns«'" über die AtiKrenzuiif;; der ürgas mit neuen Marken ist auf dem Stein die unistilndliciie KrörtcruiiK eines /.weiten Tliemas er- lialten, über die i'linhulung eines Oraliels weisen ileljauung (ider .Nirlillieliauunn eines Teils der Orgas (Z. 23— .J4). Hier hat Philol<rati's seine Absichten so sesclucl^t in fromme Wendungen gekleidet, daß ancli den mdilernen Interpreten tias innerlich Unwahre der ganzen Prozedur entgangen ist. Wollten die Athener ein Orakel über die Bebauung der Orgas einholen, so genügte es, eine Kommission nach Delphi zu senden und dem Gütte die Frage vorzulegen, sollen wir jenes Land verpachten oder unbebaut liegen lassen? Mißtraute man den eigenen (lesandten, so mochten in Delplu Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, daß die .Antwort des Gottes wirklich so nach Atlien gebracht wurde, wie die Pythia sie erteilt hatte; man konnte etwa die Niederschrift ihres Spruches in Gegenwart von Zeugen versiegeln und die Siegel erst in Athen vor dem Volke abnehmen lassen. Statt dessen hat man es vorgezogen, dem Gott die eigentliche Frage gar nicht vorzulegen, sondern ihn, wie die Freier der Porzia, zwischen versiegelten Urnen von Gold und Sill)er wählen zu lassen. Da auch Stälielin den Gang der Befragung in einem Punkte unrichtig darstellt, wiederiiole ich tue Bestimmungen des Beschlusses in Kürze. Auf zwei Zinntäfelchen von gleicher Form und Größe soll der Ratsschreiber die beiden Fragen schreiben, ist es besser, die bisher unbebauten-) Teile der Orgas zu verpachten und von dem Ertrag eine Vorhalle in Eleusis zu bauen, oder ist es besser, dies Gebiet auch ferner brach liegen zu lassen. In der Volksversammlung werden die so besciiriebenen Täfelclieu vom Präsideuten {^maidTiji rwr uyotiSowr) zusammengerollt, mit Wolle umwickelt und in eine eherne Hydria geworfen, die von den Prytanen zu beschaffen ist. Dann bringen die Schatzmeister der Göttin sofort von der Burg eine goldene und eine silberne Hydria, der Präsident schüttelt die Tiifelchen in dem ehernen Gefäß, zieht sie einzeln heraus und legt das erste in die goldene, das zweite in die silberne Hydria. Diese werden verschlossen, mit dem Staatssiegel und den Privatsiegeln etwa mißtrauischer Bürger versehen und auf die Burg zurückgebracht. Dort bleiben sie ruhig stehen 2), während eine Kommission von 3 Männern nach Delphi geht, und den Gott befragt, Z. 4.i xr.Yf u\7i]oTiQi'. r[(';] yi>[itj-t\f-ti'.Ti'. .TO(w[(;]n- 'Ai^/jr<'.toi .Tf(H r[)j4 (]£()[(!cj ö(*[jY('3]«(,', [K"]r|f-] T[a] ix tili [zJyi'tT'/s i-(S()/(.%' £(T£ xa ix xii\^i «]p[j']i'?['tt"- Wenn die Gesandtschaft heindcelirt, holt man auch die llydrien von der Burg herab in die Volksversammlung, verliest das Orakel und die beiden Täfelchen und handelt nach dem vom Gott bezeichneten Text.

Der Gott war demnach gav nicht in der Lage, einen Bescheid zu geben, wie ihn Diels rekonstruiert zu DUl. col. 13, .j.j: ' Yiäv, Ki-xyonidai, noi.v '/.tulreoof aal a/itetvov fi)i tQyic'Cfl^drniiji xiü 'i'jiiv /)(j}'«(t' ayfiaiv*), sein Spruch konnte nur etwa lauten: ' YfJ^Tv, KsxiJonliiai, 7ro?.v '/Mi'iTtQur x(d a,ueivov

j'p«/<,««(T( .riiS-o/^iirou rofc h' /Qvaqi xc(zc(x).Etaintg.

n Auf diesen früheren .\utrag will Stälielin S. 6(i die Augalie der Attliido- graphen beziehen, aber aus unserem Beschluß geht deutlich hervor, daß die Abgrenzung der Oi-gas etwas Neues i.st, das nicht schon einmal dekretiert wurde.

2) Z. 2(1 steht auf dem Stein vtiitycimhi-r.. sollte das nicht doch mit Tsuntas zu ürntjyaai^dyc. zu ergänzen sein? Nach Analogie der vielen mit i'. privativum ver.sehenen Verbaladjektiven hat man das fast als Adjekfivnm emiiftindene Partizipium iri()yua,uii-<i4 durch er negiert,

3) Das hat Stähelin i'ibersehen, es ist für den Geist des Beschlusses aljer recht bezeichnend.

4) Die Atthidographeu geben natürlich als Inhalt des Orakels das an. was .sich schließlich aus ihm ergab-

282 Mitteilungen und Nachrichten.

Das Miütiauen des Antragstellers richtet sich also nicht nur gegen ilie eigenen Mitbürger, sondern ebenso sehr gegen den del])hischen Gott bezw. seine menscliliclien Diener. Damit die Pythia nicht von Interessenten bestochen wird, erhält der Gott die Rolle des Waisenknaben in der Lotterie, wobei der Heuchelei als Hinterti'ircheu natürlich die Deutung offenstand, kral't seiner göttlichen Erkenntnis wisse der Gott ja, was im silbernen und was im goldenen Geläß aufgezeichnet stehe. Unmöglich kann man mit größerer Geschicklichkeit das Orakel zu gleicher Zeit befragen und ausschalten.

Diese Kunst peifider Harmlosigkeit ist es nun gerade, die Demosthenes an einem anderen Psp|)liisma des Piiilokrates hervorhebt, XIX 47 sq. 'Oitäz'' «J nvi^ijei .Affi/i-tüoi ro ti'ii<fiiini( . . . <'io-i/t- ti'</)//(/(r» laarliv A;r( könnte man auch von uuserni Beschluß sagen, und der Widers|)rnch zwischen Wesen und Schein ist in ihm kaum geringer als in jenem, von dem Demosthenes klagt: (otovoui ßiv yü^ oviioal nayxälwq t/f ' ' tTtmWiv i'i't Tohg X((iijo!-^ av/J.nylaijTc.l Tii A/' '"'' lyQÜifir] xiti ras; vnoayian; äi oi'to,' Irtin/vtlzo röre, oviilr l'O.Xo (fcrl/aorKei nXi/r mtiJi'jSovxti <Pi/.n7iw y.nl ßijßuioic •l'ujxhic. /loyoi- oix otiIooj tvj ■/_eT^Jt rf)/<j(t)'rfc.

So wird unsere Inschrift in der neuen von Didynios ausstrahlenden Beleuchtung ein wertvolles Zeugnis für die demagogische Geschicklichkeit des skrupellosen Egoisten Philokrates.

Bemerkungen zur Prosopographia attica.

II.

Von J. Sundwall.

^li<jinT(jt'.Tii^ {l) 'K/Ltn^tSov (I) 'OiiS^er.

Als Nachkommen dieses Lysistratos, der im J. 418/7 cTQaniyöe war, sind

"Efinföoi'OJiihv, -iitn-,;itvriii um Sr.O (s. zu Pro»-, ait. Add. Nr. 4(;9Ga und v. Scala,

Staatsverträge I 174) und Avala[TQaxoi 'O^iBii-. niihicrig c. 3.Ö0 (J&.

II, .'i8G8b; zu betrachten. Der Stammbaum läßt sich folgendermaßen aufstellen:

"E/itneäoc (1) c. 4ö.S.

I Arr,ir,T(ic.TOi (1) C. 4'2().

I "E^mtSoq (II) C. 387.

I AvaiaxifUTni (II) c. 3.54.

X(tl(ii7i?i «•; {\) Avxoxi.lovi: (\) llilttig.

Dieser kommt in einer Buleutenliste aus J. 33.')/4 vor {Athen. Mitteil. XXIX

S. 244). Sein Sohn ist A'rxox/.^iu A'(;(y/.7.-roi' IL, tifi/ihK 334'3 {Pros. alt. Nr. 2731),

welcher auch in einer Freilassungsurknnde aus dieser Zeit erwähnt wird (An. of

the Brit. Scliool at Athens VIII 225). Derselbe mag —oulJiq lliit^eig. xgi'tiQUQyoi; in

den Seeurk. um 323 sein {IG. II 812a, I27j. Ein Sohn von ihm ist wieder

Xalymnui (II) Aixox'/.tovi II. {Pros. att. Nr. 15249) Das Stemma ist folgendes:

AhxoxlJis (I) 387.

I XaiQinnoQ (I) 3y4.

I Avxnx'/.Jii (11) 321.

I XulfjnTioi (II) 288.

.4 i- xoxltjQ (I) Avxloi- (I) '.4 yi'.Qi-f v i.

.\us derselben Familie ist wahrscheinlich .Ai-xinQ Aixox/.w'AO^/jviiioc, nQoSh'og

Ttüv ' ÜQüjniwv im 3. Jahrli. {IG. YII 4266) und also identisch mit Aixiag (II)

•A/uijyiig, (Nr. 2702 in Pros. alt.). Das Stemma könnte man dann auf die

folgende Weise erweitern:

Mitteihmgen und Nachrichten. '283

Ah hü; (I) c. Kii;!.

I AvTox).)/? (I) c. 3(;0.

(Alzif!^ II) c. 3-27.

I Alzox/JjQ (II) f. -294.

. i Ai-Ti'a^ (III) c. 261.

Kct}.?.iaz(>(CTog (I) 'AyjcQveig.

In einer Freilassuiigsink. aus der zweiten Hälfte des 4. Jalirli. kommt ein

KcO.'kiaziiuToi; h'«/./.ia!th-fn\;'A/(;iji(Vi vor (An. of the Brit. ScJiool at Athens VI!!. 22.')).

Vielleicht ist sein Verwandtscliaft.sverJiältnis zu den in der Pro.s-. att. voilinniinendeu

Ku/j.iijzijazo; I 'A. und I\(u./.i<nt>Kzoq II Kk).).uc6ov \A. folgendes:

c. 4.")(!. l\(0.).lazQ(aoi (I)

0. 423. Ki'j.'/.u'iihji

c. 390. lic./.liözijc.zos (II) KcüJ.iaü^tviii

I c. 357. Kc/J.iazQuzog (III).

.1/ 1?. l/ijKri'HJO g ZvTisz c.uov . Nach Kirchner, Pros. aY<. Nr. 980.'), wäre ...... MeX)i'\<jnvS()ov [Zvittzaimv],

y()((f(n(czevi; 336/5 ein Sohn des obengenannten Melesandros, der i. .1. 325/4 Diaitet war. Die.ses scheint jedoch unmöglich zu sein, weil Mele.saudro.s, der i. .J. 384 ge- boren war, i. J. 336 5 nicht einen dreißigjährigen Sohn gehabt liaben kann. Wir müssen hier au einen Rruder des Melesandros denken und könnten vielleicht seinen Namen mit Mt/.i/aiKg ergänzen.

Zu Athen. Mit teil. X. 106. Das hier von Köliler veröffentlichte Fragment einer Liste der l'rytanen der Leontis. das dem CIA. entgangen ist, gehört in die Zeit nach der Mitte des 4. Jahrb., um 330, und enthält 2 Koluraueu, von welclien aber nur die zweite die Deuiotika erkennen läßt. Die erste Kolumne läßt sich alier auch ergänzen auf folgende Weise. Die beiden Prytauen, Z. 4 ni)]?.rx?.H)vg und Z. 5

c 'Ex<favzov gehören dem Demos Eupyri<lai, weil ,■ 'Ex<favzov

ohne Zweifel mit i'(yijr()«r/(i>/^; '£';fi;/;iTO!' Ei::iv^t(hjq, yifafifti'.ztvg 329/8 identisch ist. Wir können die Lücke Z. 3 mit Ev7iv()iiSai ausfüllen. Nun ist es wahrscheiulicli, ilaß die Buleuteu Z. 1 u. 2 aus dem Demos Paionidai sind, der auch in der Pry- tauenliste IG. II 864 dem Demos Eupyridai vorangeht. Die Reihenfolge ist übrigens auch in der zweiten Kolumne dieselbe wie in IG. II 864. Diese Annahme wird bestätigt dadurch, daß wir in IG. II 864 einen Prytanen .MeytaziJC'.zog Olva- ifii.ov IlttiortStj.; haben, der der Vater des Z. 2 genannten .l/fJrfuriJiSroc ist. Wir können wahrscheinlich Z. 2 Oh'öifO.og Mt\i-£az(iäzov ergänzen, weil der Name Olvoipü.oi auch später in der Familie vorkommt (vgl. Pros. att. (Jlröipi/.oq II IlaioviSrji;). In der ersten Zeile könnte man vielleicht ^v/.tfici]xov er- gänzen (vgl. Pros. att. Nr. 1725), doch ist die Ergänzung unsicher. AVeil der Demos Paionidai mit 3 Prytanen vertreten ist, müssen wir auch in dieser Kolumne noch eine Zeile hinzufügen, ebenso wie in der zweiten Kolumne fi'ir Phrearrioi geschehen ist. Da nun in IG- II 864 .Hstcü.iöni auf Er:iioi'<U:i mit 2 Prytanen folgt, können wir mit größter Wahrscheinlichkeit die Zeile 6 mit Al&akiöui ausfüllen, obwohl wir für 'A]^avnrSQov und 'Ai^ijvozißov keine Belege in der Pro-

sopographie finden. Auf gleiche Weise wollen wir Z. 10 KcO.]).iaQäzov

und Z. II ox'/.iovq dem Demos Kolone zuweisen (vgl. Pros. att. KttXXiazQuz>i Ata/Ji'ov tx lio/.wroi- itv.ycaiiQ). Die beiden übrigen Zeilen l."i />~\d>Qov und 14 J](«j>[oi' entziehen sich jeder Ergänzung,

284

Mitteilungen und Nachrichten.

sciwolil des DeiiKis als der Naiiii'H. Die erste Kuhirane dieses Piytauenverzeicli- iiisses jiat also iiacli ineiuer Ergänzung folgendes Aussehen: [riruorli)i:i]

[ —vufu'iYY/oi- [Olyi'iif (/.o,- Mt]vi(jTi)r''.Trir

[EvilviiliUu]

[ IIi)]/.iy/.i()ii [—i'jiJTof.Tiihl]^ Exifrirov

[Aiiya/.tiSi'.i]

[ W]uvv('f.ri)f>ov [ ] 'Aitijriiriuov

\J\o/.u>rJii\

I Ki:'/.\/.ir)T!>i'.Tnv [ ] i>x/.H)i\:

[ ]

[ -• fl]w{)Ol-

[ (y]ty()[f)l].

Ein neuer Ziegel aus Terracina. Von P. Groebe.

Am y2. .Juni d. J. fand ich in den l'nterliauten des sog. Zens-Tem]iels zu 'l'enacina folgenden Rest eines Ziegels:')

CAECll.i.MFHl

1) Jetzt im Berliner Museum.

Mitteilungen und Nachriclden.

285

Der Stein ist ringsum abgcbrorlicn. Hinter dem I am Schluß ist oben noch ein winziger, in der Abbildung kaum erkennbarer Rest, wie es scheint, von einer geraden llasta. Die Huchstaben ähneln in Grösse und Form denen des Ziegels von S. Agnese, aljgedruckt CIL XV I, 89') nach der ungenauen Lesung von Armellini Cimit. di S. Affncse \>. 313. Text und Buchstabeiiforni des Ziegels von S. Agnese zeigt folgende an Drt und Stelle vorgennnimene Durchreibung:

/fvr^

iMCAKGIUMFHISPe

Die Inschrift weist also auf einen Freigelassenen Wispo hin. nicht Hispanus, wie Armelliui las, denn mit dem >< schließt die in den Stein eiugelas.sene Inschrift ab. Da das S von His|)0 auffallend lang gezogen ist, so er.scheint es nicht ausgeschlossen, das III' auf dem Ziegel von Terraciua zu HISPO zu er- gänzen. Dann hätte die Ziegelei in Rom auch für den Tempel in Terracina die Steine geliefert.

Möglich wäre auch die Auflösuug in HU;ARVS. Caecilii Ililari werden wiederholt erwähnt:

CIL VI 2, 9841 CIL VI 2, 137.53 CIL VI 2. ISl'A : Rom, im August 1904

M CAECILIO HILARü PVGILLARIARIO CN CAECILIVS IllLARVS h CAECILIVS IllLARVS.

P. V. Neugebauer:

i) Abgekürzte Tafeln der Sonne und der grossen Planeten.

2) Abgekürzte Tafeln des Mondes.

(V.-inlleiiIli.hiiii2t.ii il.-s Kc.iiiul. .\-.tn.n. K.rhiiiiiistiliits zu Berlin. 1) Xr. 25. 1904. 2) Xr. 27, 100.1.)

Von den astronomischeu Hilfsmitteln, welche der historischen Forschung gelegentlich nützlich werden können, sind in den letzten 20 Jahren besonders die Apparate zur Berechnung und Besclireiliuug der Fin.sternisse, der jährlichen Auf- und Untergänge der Gestirne, sowie die Tafeln für chronologische Rechnungen, vereinfacht und weiteren Kreisen von Interessenten zugänglicli gemacht worden. Eine Lücke in der Reihe dieser Hilfsmittel bildeten bisher jedoch Tafeln der Planeten und des Mondes, welche, auf zeitgemäßen astronomischen Grundlagen beruhend, in ihrer Einrichtung so einfach sein sollten, daß sie mit wenig .Aufwand von Rechnen den für eine bestimmte Zeit verlangten Ort dieser Himmelskörper mit ziemlicher Richtigkeit, und zwar bis in sehr ferne Epochen, liefern konnten. AVir besitzen in der Gegenwart äußerst vollkommene Planeteutafeln, wie jene von Leverrier für Sonne, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn (nur diese Planeten interessieren den Historiker), für den Mond die Tahles de la lune von Hansen, sowie die neueren Tafeln von Newcomb für Sonne, Merkur, Venus, Mars und die von Hill für Juiiiter und Saturn. Diese Tafeln gestatten die Berechnung des Ortes eines Planeten mit der wünschenswertesten Genauigkeit, sie sind aber kompliziert

ßfiträgt' z. alten Gesehiohtf \J. 19

6

28ß Mitteihmgen %md Nachrichten.

und sehr uiustäudlicli im Gebrauclie. Schon die Herstellung eines einzigen Planetenortes macht Mühe. Zur Ermittlung eines vollständigen Mondortes nach Hansen bedarf ein geübter Rechner, selbst wenn er mit der Einriclitung der Tafeln vertraut ist, einen ganzen Arbeitstag; zur Bildung der Fiindamental- Argumente hat er 61 Tafeln, für die wahre Mondlänge 11 Tafeln, für die Parall- axe 23, für die Breite 30 Tafeln zu benutzen. Ferner haben alle diese Planeten- tafeln den Nacliteil, daß sie niclit selir weit in die alte Zeit zurückgeben, die Hansen'schen Mondtafeln z. H. nur bis 800 v. Chr. Man kann zwar die Bildung der Haui)targumente weiter zurück fortsetzen, allein dies ist nur Sache der Kundigen. Der Aufwand von Arbeit, den diese Tafeln bei Gelegenheit der Beant- wortung einer Frage machen, wird dem Assyriologen, dem Archäologen uiul dem Historiker bisweilen recht klar. Das Buch Astronomisches aus Babylon von StraB- niaier-Epping gibt ein selir lehrreiches Beispiel davon.

Die NengebauerVcheu Tafeln beruhen auf den von Lcverrier gegebenen Fundamenten. Sie haben den Zweck, in möglichst kurzer Zeit die Planetenörter mit der für historische Untersuchungen hinreichenden Genauigkeit ermitteln zu lassen. Sie reichen bis 4000 v. Chr. Die Konstruktion ist einfach, man liat meist nur mit 3, bei Jupiter und Saturn mit .t Tafeln zu arbeiten; selbst die Bestimmung der Mondorte bleibt einfach, da man mit 9 Argumenten und einigen Hilfstafeln ausreicht. Es kann al.so die Erwartung ausgesprochen werden, daß die Tafeln nicht bloß für den Astronomen bestimmt sein werden, sondern auch von jenen Historikern, die solchen Arbeiten näher getreten sind, zugänglich befunden werden. Für beide Teile bilden sie sicher ein erwünschtes Hilfsmittel, welclies vielleicht in Hinsicht auf die fort wälirend wachsende Zahl der keilinschriftlichen babylonischen Tafeln mit astrononaischen Angaben bald Gelegenheit finden kann, sich zu bewähren.

Icli möchte dieses Referat dazu benutzen, gleich zwei u)it den Neugebauer'schen Tafeln Vierechnete Resultate anzuzeigen. Es ist nämlich durchaus nicht gleich- giltig, welche Tatein nmn betreff der Planeten für die Reclmung anwendet. Die früheren Tafeln von Bouvard, Burckhardt, Delambre u. a. sind in ihren Grundlagen nicht sicher genug, um für sehr entlegene Zeiten die Übereinstimmung der berechneten Planetenorte mit der Natur zu verbürgen. Es sollten deshall) für solche Fälle nur Tafeln mit dem LeverrierVclien oder Xewcomb'schen Fundament gebraucht werden. Eine Anzahl altarabiscbcr Schriftsteller berichtet'), daß kurz vor tier Geburt Mohammeds eine Konjunktion der Planeten Jupiter und Saturn im Skorpion stattgefunden hal)e. Diese Konjunktion mi'ißte vor dem "20. Ajjril 571 n. Chr. (dem traditionellen Geburtstage Mohammeds) eingetreteu sein. Die Neu.trebauer'schen Tafeln gel)en folgende Positionen von Jupiter und Saturn für das Frühjahr .')71:

Oioc. Län^f

Ue'.r. Breili-

(n-or. Liiii^e

Oooc. Breit"'

V. Jupiter

V. JupHer

V. Satinii

V, .Saturn

\'}. Februar .ö71

. 217,11"

+ 1,30"

217.G3"

4- 2,47"

1. März . . .

. 21G,94

+ 1,33

217,38

+ 2,.^1

1. April . . .

. 214,84

+ 1,39

216,04

+ 2,.Ö9.

Die Planeten hatten also eine langsame, rückläufige Bewegung und standen in der Tat durch mehrere Wochen dicht übereinander. Mahmoud Eft'endi findet (u. a. a. 0.) mittelst der Bouvard'schen Tafeln die Konjunktion erst Ende März; die Planeten waren aber, wie man aus den mitgeteilten Zahlen sieht, schon seit Mitte Februar bei einander.

1) Mahmoud Effendi, Memoire stir le Calendricr arahe uvant Vlshimiüme (Mc'm. des savants iHrungers de l'Aead. roij. d. Belgique. T. XXX. 1861) p. 20.

Mitteihmgen und Nachrichten. 287

Zmi- Bcstiiuiimug der Regierungszeit Tlmtmosis III wird unter anderen vdu Ed. Meyer') der Neumond, welcher am 22. Februar 1477 v. Chr. morgen.s eintrat, herangeziigen. Es wird vermutet, daß am folgenden Tage, am 2;i. Februar, abends die feine erste Sichel (Neulicht) schon für Memphis (30" n. 13r.) sichtbar gewesen sein könnte. Wir wollen versudien, ob die scliärfere Rechnnni; eine entscheidende Antwort geben kann. Die Neugebauer'schen Mondtafeln liefern folgende Mondörter:

Mittl. Zt. Berlin Fel.ruar SL',!!

Fchruar Si.O

Fi-bru;ir '2iM

Geoc. Länge 323,9»

33.J,!)"

348,0"

Breite —4,7

-4,3

-3,6

Recta.sceus. 21i» .52'»

221' 37111

23h 22'"

Declinat. —18,4"

-13,3"

-8,1"

s Mond Unterganges

6I1 .')1"'

7'" 46'" m.

Zt.

Berlin

Ans den letzten Zahlen folgt der Monduntergang zu Mem]dn.s am 23. Februar abends um 7'' 4"> ra. Zt. Die Neugebauer'schen Sonnentafeln ergeben für den 23. Februar den Sonnnenuntergang um 5" 43'" m. Zt. Memphis. Die astronomische Dämmerung dauerte am 23. Februar \^ 26'" d. h. bis 7'! 9™ abends; dann konnten erst die schwächeren Sterne für das bloße Auge sichtbar werden. Da die Er- leuchtungsbreite der Moudsichel erst 0,04 des Mouddurchmessers betrug, mußte beinahe das Ende der Dämmerung (7*" ;)'") erreicht sein, bevor die noch sehr schwache Sichel erkannt werden konnte. Der Mond ging aber schon vor dieser Zeit, um etwa r> Minuten früher unter oder (die Rechnung gewahrt nicht absolute Garantie) stand doch sicher dem Horizonte um jene Zeit außerordentlich nahe. Der Moud miißte, da der Horizont nie frei von Dünsten ist, unter schwierigen Umstiindeu wahrgeuommeu worden sein. Da indessen für eine so weit zurück- liegende Zeit wie 1477 v. Chr. auch unsere gegenwärtigen Mondtafeln nicht ein- wandfrei sind, so könnte es immerhin sein, daß der Untergang des Mondes etwas später erfolgte, als hier berechnet ist, also die Sichel doch noch konstatiert werden konnte. Es kann aber auch das Gegenteil stattgefunden haben. Die astronomische Rechnung kann demnach in diesem Falle nicht entscheidend eingreifen. Aber dieser Neumond gehört jedenfalls zu den nicht sehr vertrauenswürdigen.

F. K. Ginzel.

Eine neue griechische Weltchronik aus Aegypten mit Illustrationen.

Auf dem Hallenser Philologentag machte Atlolf Bauer zum ersten Male in einem Vortrag der hislorisch-epigraphischen Sektion den F'achgenossen ein- gehendere Mitteilungen über eine alexaudrinische Weltchronik auf einem Papyrus der Sammlung W. Goleniscev (vgl. Verltandlimrien der 47. Verisammbmg deutscher Phil, und Schulm. in Halle a. S. vom 6.— 10. Oktober 1903 S. 122—125). Schon vorher hatte er Einzelheiten daraus in zwei Aufsätzen für die Festschriften zu Ehren E. Bormanns {Wien. Sind. 24 S. Höft.) und 0. Hirschfelds (Berlin, Weidmann S. 330ff.) verarbeitet. Nunmehr liegt die abschließende Publikation über den neuen Fund in den Denkschriften der Wiener Akademie vor.-)

1) Ägypt. Chrmiologie. Abhig. d. Berlin. Akad. d. Wi.ss. 1904 S. .50.

2) Eine alexandrinisclie Weltchronik. TeM und Miniaturen eines griechischen Papyrus der Sammhing W. GoleniVcev, herausgeg. von Adolf Bauer und .Josef Strzygowski, Denkschriften der Wiener Akademie, phil.-hist. Klasse, Bd. LI, Wien 1905, C. Gerold's Sohn, 4" 204 S. u. VIII Doppeltafeln, sowie 36 Abbildg. im Text.

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288 Mitteilungen und Nachrichten.

Mit Adolf Bauer luit sich seiu Giazer Kollege Josef Strzygowski vei-- eiuigt, um diese für die historische Literatur und Kunst des sinkenden Altertums und der Übergangszeit zum Mittelalter so wichtigen Fragmeute der wissenschaft- lichen Welt zugänglich und verständlich zu machen. Bauer hat den Text (S. 1 bis 118), Strzygowski die Miniaturen {.S. 119—203) behandelt. Es folgen die in Dreifarbenklischees äußerst sorgfältig hergestellten Tafeln, die nach Angabe der Herausgeber meist geradezu identisch mit dem Original sind.

Was vorliegt, sind Bruchstücke eines Papyrnsbuchcs, die sich iu russischem Privatbesitz befinden. Der liekannte Aegyptolug W. Goleuiscev erwarb dieselben bei einem Antikenhändler in Gizeh. Der Fundort ist unbekannt. J. I. Smirnov verujittelte die Überlassung des Papyrus an Strzygowski zum Zweck der Publikation. Am 21. Oktober 1901 erfolgte die Übergabe iu Wien, uud damit war der Papyrus iu die richtigen Hände gekommen.

Der ursprünglich aus 72 Stücken bestehende Fund war in Petersburg schon zu 49 größeren und kleineren Fragmeuten zusammengesetzt worden. Bauer gelang es, ihre Zahl durch Aneiuanderpassen abgesprungener Stücke auf 29 zu vermindern. Sie gehören zu mindestens IG verschiedenen Blättern, von deuen sechs teilweise sich wiederherstellen ließen. Das Format der Hs. läßt sich nach den Resten des auf Tafel VI abgebihleten Blattes (wahrscheinlich des Schlußblattes) auf etwa 24X30 cm bestimmen.

Die Schrift ist eine aufrechte grobe, jedoch bucluuäl'.ige Uuziale des kuiitischen Typus, etwa aus der ersteu Hälfte des fünften Jahrhunderts. Am nächsten steht ihr die Hs. des Hirten des Hermas im zweiten Bande der Amhcrat-Fapiiri (Taf. XXIV, Nr. CXC), die die Herausgeber, Greufell und Hunt, allerdings eist den\ (1. Jahrli. zuschreiben. Bei der Herstellung der Hs. wurden die Miniaturen zuerst nach einer Vorlage gemalt und thinn wurde der Text dazwischeu eingetragen, woraus sich manche Ungleichheiten in der Schrift erklären.

Hervorhebenswert ist die Verwendung von Pajiyrus für Bücher noch in dieser Zeit nach dem Übergang zum Pergament. Auch ist der Papyrus vorläufig unter den aegyptischen Funden das einzige sichere Beispiel einer christlichen Chronik.

^'ahe verwandt mit dem neuen Funde ist ch'r sogen. Barharus des Scaliijer (vgl. Euseb. rhroiiic. ed. A. Schoene 1 App. VI p. 174ff.), d. h. jene in merowin- gischer Zeit angefertigte lateinische Übersetzung einer unserem Papyrus sehr nalie stehenden, ebenfalls illustrierten griechischen Weltchronik. Jedoch hat diese tJber- setzung die Bilder der Vorlage nicht mitübernommen, dafür aiier diebetreffenden Stellen frei gelassen. Da beide Chronikeu ungefähr den gleichen Zeitraum um- fassen, so dürfte auch das neue Papyrusbuch gleich der iJ«c6«c»«-Vorlage rund fiO Blätter gezählt haben.

Solche Chroniken müssen zahlreich und fabrikmäßig hergestellt worden sein; ob iu Alexandrien selbst, wo der Ursprung zu suchen ist, bleibt allerdings zweifel- haft. Unser Pa])yrus ist wahrscheinlich von einem Mouche geschriel)en. Strzy- gowski denkt (S. 132 n. 192) an eines der Klöster Oberaegypteus als Herstelluugsort.

Die neue Chronik beginnt nach dem gewöhnlichen Schema mit eiuer astro- nomisch-kalendarischen lunleitung: einer Aufzäidnng der vier Jahreszeiten uuil den Bildern der römischen Monate, denen eine Zusammenstellung der A'amen der hebräischen, aegyptischen und attischen Monate folgt. Dann ist erhalten ein geographischer Abschnitt, ein Stück aus dem Diamerisiuns, d. h. der Ver- teilung der Erde unter die Söhne Jv'oes und ihrer Nai-hkouimen, der (abgesehen von den Bildern) in letzter Linie auf die Chronik des lliii]iolytos (von 234 oder i'i^)) zurückgeht. Darnach liegen Teile aus eiuem Propheteukatalog vor: mit

Mitteilungen und NacJtrichten. 289

ßeiscliriften vcrsclicue Bilder dor l'i(ii)lict(>n, /.ii denen teilweise Sprüclic bei- ge.selii-iel)en wiiien. durch die sie (Jliiistiim voraus verkündigten.

D;is vierte und fünfte wiederlierstellbare Hhitt enthalten Listen der rönüsehen Koni:;»', der spartanischen Agiaden, der makedonischen und lydischeu Könige mit bihlischen Synchronismen, darunter je ein läilder.streifen nüt tien Küsten dei- Könige. Von Wert für den Historiker ist hier vor allem die Agiadenliste (s. u.).

Das sechste fast vollständig rekoustruierbare i^latt enthält die Kasteu- clniinik von 383—3112. Hier zeigt e.s sich, daß die chronologischen I^enntuisse (h's \t'. /,. T. erliärmliche sind. Als Hauptquelle ergeben sich die Reichsannaleii von Kaveinia (erhalten in den sogen, fasti Vindohonenses priores), die in eine alexanilriuische Lokalchronik hineingearbeitet sind. Gemeinsam dem liorharus und der neuen Chronik ist die gleichzeitige Datierung nach Konsuln und alexan- drinischen praefedi Augusfales (= praefedi AeyijpH in der 2. Hälfte des 4. Jahrb., nach deui Papyrus seit 367). Während aber beim Barliarns die Kon.sularfasten verwirrt und entstellt sind, l)ietet der Papyius wenigstens in dieser Bezieliung eine korrekte Liste.

Das Schlußjahr der Chronik war wahrscheiidich 'd\r2, das letzte ikirgestellte Ereignis wohl die Erstürmung des Serapeions in Alexandreia durch die Christen unter dem Patriarchen Theopliilos, der in seiner Eigenschaft als 'l'rium|diator über den lleidengott sogar mit dem Nimlius lUirgestellt ist. Verfaßt wurde die Chronik bald luich dem Jahre 412. Der Verfasser gehört dem Kreise alexandriuischer Mouche an, die wie Panodoros und Annianos im Anfang des .'». Jahrhdts. Welt- chroniken schrieben (über beide vgl. Wachsmuth, Ehileitung S. 177 ff.). Er steht aber dem unter Theoi)hilos das Werk seines Vorgängers poijularisierenden .\nnianos näher. Durch den neuen Fund erkennt uuin die große Bedeutung der alexandrinischen Chronik, die ebeidjürtig nelien die von Autiocheia und Kon- stautiuopel tritt. Diese nnwissenschaftlicheu Machwerke aus den aegyptischen Klöstern haben sogar das Werk eines Eusebios in den byzantinischen und orientalischen Chroniken in deu Hintergrund gedrängt und selbst, wie der Barbarm bewei.st, ihren Einfluß bis in das Abendland (vermöge der regen Handels- l)eziehungen zwischen Alexandrien und Marseille liis ins frühe Mittelalter hinein) geltend zu machen vermocht.

f5auer hat dieser sehr vorsiclitig und umsichtig geführten Untei-suchnng noch rli'ei für deu Historiker besonders wichtige Beilagen augefügt:

1. Über die verschiedenen erhaltenen Rezensionen des Diamerismos, anknüpfend au v. Gutschmids Forschungen [Kleine Schriften V 2401f. und ö85ff.) untl .Mommseus Ausgabe der lateinischen Fassungen {Mon. Germ., auetores aatiquiss. IX p. 78fr. u. 1.54ff.). Gelegentlich dieser Untersuchung hat B. im Matritensis 121, einer Hs., die schon v. Gutschmid, allerdings nur nacli einer ungenügenden Be- schreibung Iriartes, verwertet hatte, den Anfang der Chronik des llippolytos ent- deckt, die bisher nur durch zwei lateinische Übersetzungen, die libri generationis. Iiekannt war. Die Herausgabe des griechischen Textes wird nach brieflicher Mitteilung B.s binnen kurzem in Texte und Untersuelrnngen zur altehristliclien Literatur von Gebhardt und Haruack N.F. XIV erfolgen.

IL Über die Agiadenliste der Chronographen. Hier wendet sich B. gegen die Braudis'sche Hy])othese von der Überlegenheit der Liste des Barhartis gegenüber der des Eusebios, die zuletzt in geistvoller Weise von E. Schwartz und F.'Jacoby vertreten wurde, und weist daraufhin, daß iler Papyrus das Gewicht der Gründe, die für Clinton und v. Gutschmid sprechen, sehr beträchtlich vermehrt. Die Liste der neuen Chronik ist nämlich von den Zusätzen frei, die beim Barharus sich linden.

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200 Mitteilungen und Nachrichten.

III. tiber die Liste der pracfwli AtKjusiales von 383 31)2, wobei sicli ergiljt, daß zwischen dem neuen Clirouieon und der Cberlieferung im Theodosianns (vgl. die von liier aus /u sewinueude Liste jetzt bei Moniinseu in der neuen Ausgal)e des Tlieodosiaiina I. 1 (Proleyamena), l'.iOö, p. CXCV) zalilreiclie Widerspriiclie vorliegen, die B. zuUngunsten des Codex gelöst wissen möchte. Wie die Datiei nngen, sind auch die Adressen dieser Gesetzessammlung reich an Fehlern und Irrtümern.

Über die dann folgende bedeutende Arbeit von Strzygowski ebenso aus- t'ührlich zu Ijerichten, verbietet der Raum. Bemerkt sei nur, dal,i der Kunst- historiker mit Hilfe des Barharan den ganzen Bilderkreis des Papyrus fast voll- ständig rekonstruiert, und dalj es sich zeigt, daß dieser Hilderkreis vielfach benutzt worden ist, z. B. vorn Kosmas lndikoi)leustes, in der Vorlage der Osterchronik und an dem angelsächsischen Rnnenkästclien aus WalroUzalin, genannt the Franks Caskct.

Bei den Bildern der neuen Chronik handelt es sich nicht so sehr um Schmuck als um Illustration, d. h. Verlebendigung des im Text Erzählten. Die Kunst soll hier, was Nilus und Ciregor d. Cii-. von den Wandbildern der Kirche sagen, den llliteraten dienen.

Mit einer Beherrschung des Materials, wie sie zurzeit nur S. besitzt, wird dann ein Bild entworfen von dei- Miniaturen-Malerei auf Papyrus und ihrer Stellung im Halimen der Miniaturen auf Pergament. Der Papyrus-Typus ist w'ahrscheinlicb acgyptischen, der Pei-gament-Typus vielleicht vorderasiatiscli- (U'ientalischen Prsprungs. Beide sind stark durchsetzt von hellenistischen P^lementen.

Hamit wird der Boden gewonnen für die Feststellung der Persönlichkeit des Miuiators und seiner Zeit. Jüdische Elemente in den Miniaturen weisen auf das Kasseuchaos von Alexandreia hin. Daneben aber tinden sich so viele ausgeprägte ko])tische Züge, daß man doch lieber an eine Kntsteliung in überaegypten denken möchte. S. verweist naclidrücklicli auf Job. Leipoldts neues Buch Schenute von AMpc und die Entstelnmij dex national-aeyyptischen Christentums {Texte und Unters. :. alt- christl. Lit. N.F. Bd. XV). Wer dieses Buch liest, wird sich in dem Kreis zurecht- linden, aus tlem heraus auch die Entstehung unseres Chronicon mundi zu verstehen ist. Was die BildtVagmente sagen, wird wohl die Sprache der frühkoptischen Miniaturen überliauiit gewesen sein. Sie sind noch v<"illig unberührt von dem neuen Schmuckstil der Malerei auf Pergament, der seinen Ausgangspunkt wohl in Persien hat und sich für das Christentum von Mesopotamien, dann von Syiien aus durchsetzt und später die armenische ebensogut wie die koptische und mcruwin- gische Miniaturenmalerei in seine Bande schlägt.

Beiden Grazer Gelehrten sowie der Akademie, die diese hervorragende Publikation in so ausgezeichneter Weise ermöglicht hat, sei unser herzlichster Glückwunsch zu der Vollendung des Werkes dargebracht. E. K.

Kaiser Hadrian.

L. V. Seil wabe' habe ich zum 70. Geburtstag (24. VI 1905) eine kleine Studie Kaiser Hadrian und der letzte i/rosse Historiker von Bom (erschienen im Verlage dieser Beiträge) gewidmet, die die Habilitationsschrift von Otto Th. Schulz, Leben des Kaisers Hadrian (Leipzig, Teubner 1!)04) in einigen Punkten zu ergänzen und zu berichtigen bestimmt ist, als llaiqitaufgabe aber das Ziel verfolgt, jene ausgezeichnete Quelle, die in den Viteu der Historia Augu^^ta von Hadrian bis Stverus Alexander nachgewiesen worden ist, als Ganzes zu erfassen und zu datieien.

Eine .Anzahl Zuschriften, die ich auf diese Publikation hin empfangen habe, veranlassen mich, ein paar Nachträge und Berichtigungen zu meinen Ausführungen hier folgen zu lassen.

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Mitteihmgen und l^achrichfen. 291

('uniont vt'nlanke icli tk-ii Hinweis aiit die (ieiiitur Ihulrians in den Codices (isfrnl. \'/ii(hl>oi>eiiiies Vi (ed. Knill, lli03) p. (u. Hier wii'il (p. (iS) die Aiisiclit von dei' Adoption des Kaisers vertreten.

Ilirsclit'elil und i)essau niaclien midi daraiil' aiitüierk>aiii. daU der als Kaiser- luaclier erwiesene Vormund und Gardepräfelvt liadrians {Kaiser Hadrian Ulf.) uiclit, wie in unseren llaudsclirifteii, Cueliiis, scnidern Ariliiis Alliamis gelieissen habe, wie aus der von lattiii, und Hülsen {Höw. Mi/t. 18, lOCW, S. ('.Slf.) publizierten Insciirit't von Elba iiervorgeht.

Zu den Reisen Hadriaus zitiert mir Dessau die jüngst (190,5) in Heidelberg erscliienene Arbeit von rii-i(di Kcriuiys, Slndieii ;ii Diomjsius Periegetcs. Dieser Forscher beruft sicli auf S. 14 If. auf die (noch nicht veröffeutlichte) Heidelberger Pieisschrift von W. Weber, Die Reisen des Kaisers Hadriun, in der der iXachweis geführt sein soll, daß der Be.such Hadriaus in Samotliiake in die zweite Hälfte des Jahres \->o falle, was zu meinen Krgebuissen ausgezeichnet passen würde. Auf S. 54, l hätte ich, wie ebenfalls Dessau richtig bemerkt, das neue Fragment der lauibaesitauischen ollocutio des Kaisers anfiihren müssen (vgl. Herou de Ville- fosse in der Festsciiriß für Otto Hirsehfeld S. 19.')), wodurch der Besuch in Afi'ika auf das .labr 128 und die kaiserliche Ansiii-ache au die afrikauische Legion auf den I. Juli dieses Jahres urkuudlich festgelegt wird.

Für den Gebrauch von tijmnnus = Gegenkaiser vom vierten Jahrhundert ab (s. S. 14,3 und S. ISt!) ist noch auf zwei neue Inschriften vom römischen Forum hinzuweisen, vgl. Hülsen in diesen Beiträgen II S. 24G Nr. 33 und 34, sowie auf die Vlironiea minora, in denen das Wort in dieser Bedeutung ungemein häutig vor- kommt; Zusammenstellung liei Mommsen, Mon. Germ., auetores antiqiiiss. XHl, index l[ p. 4 74 ff. Natürlich ist das griechische Wort so zuerst von griechischen Autoreu verwendet worden, vgl. Sokrates, Eist. eecl. V ih (vom Gegenkaiser Kugeuius) und die lateinische Übersetzung einer alexandrinischen Weltchronik in d. sogen. Exccrpta Barhari. Schöne, Euselj. chron. 1 .App. VI ]). 239: sub Ma.i-iuio tijranno, darnach ergänzt von Bauer im Papi/rus Goleui.iirr 'l'af. VI Z. 3 (s. d. vorhergehenden Artikel)')- K- ^^^

Eingesandt.

Also das Umtaufen soll weiter gehen. .Nach den griechischen Inschriften komnieu un.'-ere ^Beitrüge" an die Reihe.

Ich habe gewiß keine Vorliebe für den Namen. Wenn ich eine neue Zeit- schrift zu gründen hätte, würde ich ganz .-icher einen andern Titel wählen. Aber, eo.w fatta enpo ha, sagt das italienische Sprichwort. Die ..Beiträge" haben sich nun einmal eine geachtete Stellung errungen, und sie haben wahrlich keinen Grund, sich ihres Namens zu schämen. Uiul äußere (iründe für einen Nameus- wechsel liegen auch nicht voi-. Ich sehe wenigstens nicht, warum es umständlicher sein soll, Beitr. alt. Gesch. zu zitieren als Bull. Corr. Hell, oder Athen. Mitt. ..Neue Titelblätter sind ja rasch gedruckt"", aber die Zitate bleiben, und das Ergebnis würde nur sein, daß zwei Namen zitiert werdeu müßten .statt eines.

Wenn aber einmal durchaus ein neuer Name gegeben werden soll, anu wüßte ich kaum eine unglücklichere Wahl als Kleio. Was hat denn eine Sammlung gelehrter Abhandlungen, wie unsere Beiträge, mit der Kunst der Musen zu tun? Verwechseln wir doch nicht die Vorhalle mit dem Adyton. Mir würde der Name Kleio an der Spitze unserer Zeitschrift wie Selbstironie vorkommen.

1) Über Italica als Geburtsort Hadriaus handelt aiuh G. Tropea, Ili. Slor. ant. N. S. VII (1903) S. 147-15.5 [Korr.-Note].

Vi

202 Miüeihmfien imd Nachrichten.

Wollen wir aber die arme Muse, ilie übrigens, wie bekannt, von Hanse aus nicht das geringste mit der Gescliiclite zu tun liat, durchaus vor unsern Pflug spannen, dann lassen wir ihr wenigstens ihren ehrlichen griecliisclien Namen, auf den sie ein gutes Recht hat. Sclilimm genug, wenn es Leute gibt, denen der lateinisclie Zo|)f noch so tief im Nacken hängt, daß sie daran Anstoß nehmen. Aber Milchen Pliilistern sollten die am wenigsten Konzessionen machen, die, wie wir, das Banner des Helleneulums lioch tragen.

Wohl aber möchte ich etwas anderes anregi-n. Ich habe nio verstanden, weshalb auf dem Titel der Beitrüge die endlose Liste der sog. ..Mitherausgeber" stehen ninß. Zu sagen haben wir ja doch nichts, und eine Empfehlung haben die BcilriUje wirklich nicht mehrnotig. Also weg mit dem Ballast. .1. Bcloch.

Personalien.

Jakob Krall, ordentlicher Professor der altorientalischen Geschichte ander Universität Wien, bekannt Ijesonders durch seine Manetho- Forschungen, ist am 27. .April 1D05 im 48. Lebensjahre gestorben. Sein Grundr/ss der aUorientalischen Geschiclile liegt nur im ersten Teile vor, die unseren Beiträgen zugedachte Ab- handlung über die Aufstände Aegyptens gegen die Perxerlierrscliaft hat er uiclit mehr vollenden können.

Am -.'1. August 190.') starb zu Paris, nachdem er am '.K .luli seinen 80. Geburtstag begangen hatte, Julius Oppert, ein geborener Hamburger, der letzte Über- lebende unter den Begründern der Keilschriftforschung als wissenschaftlicher, gerade auch historischer DiszJplin. Von seinen zahlreichen, vielfach grundlegenden Arbeiten seieu hier nur erwähnt; die Förderung des Verständnisses unti die Gesamt- bearbeituug der altpersixclicn Ttiüeliriflen: die Expedition en Mesopotaiiiie, die auch die Geschichte der gesamten, von ihm wesentlicii geförderteu Entzifferung der bab.-assyr. Inschriften umfaßte; die Entdeckung, Bezeichnung und erste Erschließung des Sumerischen, das ihn bis in die letzten Tage beschäftigte: die das Studium des bab.-assyr. Rechtswesens anbalinenden Documents juridiqves. denen zahlreiche Einzelforschnngen folgten: die weniger glücklichen chronologischen Erörterungen; die eigentlich histtn-ischeu und die metrologischen Untersuchungen.

Curt Wachsmuth, geboren zu Naumburg am 27. Ajiril 1837, ordentlicher Professor der klassischen Philologie und der alten Geschichte an der Universität Leipzig, ist dortselb.st am 8. Juni V.)Qö gestorben. In dem Verfasser (\e;Y Ansiehten der Stoiker iiher Mantil; und Dämmien (1860), des Alten Griechenland im Neuen (18(j4), der Stadt Athen im Altertum (1874/90) und der Einleitung in das Stvdiitm der alten Geschichte (ISO.'j), dem Herausgeber des Laurentius Lydus verlieren die Bei- träge zur alten Geschichte, an deren Begründung er entscheidend mitwirkte und die in den Zieci Kapiteln :ur Berülhernngsstatistik der antiken Welt (Bd. III S. 272—287) eine seiner letzten Arbeiten veröffentlichen durften, einen ihrer eifrigsten, einen unvergeßlichen Fördei-er. {'. F. L.

Berichtigung.

S. 2.r2 .\lis. :; Z. 2 v. d. streiche: „den Ptdli-UKiio.s,-.

298

Inschrift aus Kyzikos.

Von Adolf Wilhohn.

Nach einer Abschrift von L. Alexandros liat H. G. Lollins'. Athen. Mitt. IX (U) ein 'wohl noch ans dem letzten Jahrhnndert v. Chr. stammendes Beamten- (Gymnasiarchen-?) Verzeichnis, vermutlich der Stadt Zeleia angehörend' veröffentHcht. Der Stein befindet sich 'in der Kapelle des kleinen Dorfes Chaviitzi am Aisepos, anderthalb Stnnden vom Meere'. Ich wiederhole Lollings Lesung:

räioi 'lovXioc ^«[(01»] 'Aotoßag^ävoti vldc To dei'Te()or, 5 UoXvHÖOQ 'AqiaTa\)'6quv.] ^tQCctioc 2ra[zl,oti]

TO SSITSOOV.

IlolvfildoQ to devrnQo[v.\ 10 Ev(iivi]i 'AQiaTa\Y()Qov-] IlviiHK rivt>en. Evßioc Jioä[(.i')uov\

TO TQhov. noXiisidoc 'Ayi(ua[ .] l'i '0?.vvTTiödu)oog 'Ariiy[evov^.]

Dal.) die Inschrift nicht beliebige, sondern die eponynicn Beamten einer Stadt verzeichnet, darf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Ähnliche Listen erster Beamten sind bekamitlich mehrfach auf Stein erhaUen: es genügt an die Inschriften IG UI 1014 aus Athen, VII 4173 aus Anthedon. Berliner Sitzungsherkhte 1894 S. 904 aus Antandros, BCH XXII 368 (jetzt in Dittenbergers Orientis graeci inscripfiones seledae 459) aus Herakleia, BCH XIV 99 aus Hali- karnassos und die soeben von Th. Wiegand. Berliner- Sit.cungsherkhte 1905 S. 543 angekündiglen Listen der milesischen arscfavijcpÖQoi zu er- innern, um von ähnlichen Verzeichnissen anderer Beamten, namentlich

Beiträge z. alten Ge!.cliichte V J. 20

294 Adolf Wilhelm,

Priestern (Seisen in Kilikien S. 70. R. Herzog-, Berliner Sitzungsheiichfe 1901 S. 483). abzusehen.

Die Vermutung drängt sicli auf. daß rätoi'Iovhog Falov 'AQtoßao^ävov vtoc. der in Z. 2 als Eponymos genannt ist. einen] der Fürstenhäuser an- gehöre, in denen der Name 'AQioßaQ^ävtjc üblich war.

Zunächst wird man in ihm einen der kappadokischen Prinzen suchen, deren Geschichte nun in E. IVieses .\rtikehi Eealenci/dopUcliell S33ff. be((uem zu übersehen ist. Ob einer und welclier von diesen zuerst das römische Bürger- reciit erlangt hat. ist unbekaimt. <l>iXo^u)f.itt!og nennt sicIi schon Ariobar- zanes 1., der nach dem Tode König Ariaratiies YIII. von den Kappadokern um das Jahr 95 v. Chr. zum Könige gewählt, von seinen Gegnern, nament- lich 3Iithradates. aber mehrmals aus dem Lande verjagt, nur zeitweise und mühsam mit Hilfe der Römer in dessen Besitz war, dauernd erst seit dem Jahre 66 v. Chr. (hirch Pompeius. und wenige Jalire später zugunsten seines Sohnes abdankte. Dieser. Ariobarzanes 11. Philopator. kam durch eine Verschwörang kurz vor Ciceros Anwesenheit in Kilikien. 52 v. Chr.. ums Leben. Sein Soiin und Nachfolger. Ariobarzanes 111.. Ei'(!tßt]c und iPi^-ooMHaTog zubenannt, stand, römischen Groljen. insbesondere Pompeius und Brutns. stark verschuldet, im Bürgerkriege auf der Seite der Gegner Caesars, doch gewährte ihm dieser bei seinem Erscheinen Ver- zeihen, sprach ihm außer Kappadokien einen Teil Kleinarmcniens zu und ordnete sein Verhältnis zu seinem Bruder Ariaratiies. Daß er Caesar über dessen Ende hinaus die Treue wahrte, scheint daraus hervorzugehen, daß Cassius ihn 43 v. Chr. töten heß. Sein Bruder Ariaratiies X. folgte, ohne allgemein anerkannt zn werden, und fand entweder, nacii Cassius Dio, im Jahre 36 den Tod oder, nach Appian, schon im Jahre 41 gelegentlich des Streites mit seinem von Antonius bevorzugten Nebenbuhler Sisines. Nachkommen des letzten Königs Ariobarzanes sind nicht bekannt. Aller- dings hat U. Köhler in der Ephebenliste aus Athen IG 11 4SI zwei Söhne Ariobarzanes IH. erwähnt geglaubt, in der irrigen Voraussetzung, daß diese Inschrift in die Jahre 48 42 v. Chr. falle. Sie gehört aber, wie W. Gurlitt. Über Pausanias S. 244 erwiesen hat und jetzt allgemein an- erkannt ist (S. Shebelew. Geschichte Athens von 229—31 v. Chr. S. 307: J. Kirchner. Gott. gel. Anz. 1900 S. 478. Prosopogr. Att. 1891. II p. 651), der Erwähnung der ^v/j.eta wegen und aus anderen Gründen in die Zeit um 80 V. Chr. : die beiden als Epheben genannten Prinzen sind Söhne des Königs Ariobarzanes 1. und werden meiner Lesung nach ebenfalls als t>i/.OQcofiaToi bezeichnet. Anders freilich hatte U. Köhler, drei Brucii- stücke r, c', p' vereinigend, die betreuenden drei Zeilen gelesen: r c' p'

['Aoioßao^avri |,- xcd 'A\oi\aQä9r]g. ßaai[ksoK 'A]oioßay^ctlvov\

\E]i'\aFßoiu xa]} (I'iÄ.OQmi.t\aiov i'/oi]

Inschrift ans Kyzikos.

295

und ziii;loicli Zweifel ausüesproelien. ob die Zusaininensetziins;' mit p rielitii;'

sei. Sie ist unzweifelhaft riclitis. wie und die von Köiiler niclit verzeich- neten Reste unter -ctqadr^c. beweisen. Aber die Lesung bedarf der Berich- tigung. Wohl hat Ariobarzanes 111.. der Köhlers Jleinung nacli genannt war. die Beinamen Eiiß^ßrjg y.ai (tn/.o- QmfiaToc gefülirt. nicht aber Ariobar- zanes I.. von dem \vir nur den Bei- namen 0i/.oowi.iato: keimen. Diese Schwierigkeit, auf die W. Gnrlitt. Pcm- sanins S. '246. nicht versäumt hat hinzuweisen, verschwindet bei rich- tiger Lesung der dritten Zeile. Neben- stehende Abbildung gibt die drei Brachstücke nacli meiner Abscluift wieder.

In der letzten Zeile darf weder E]v[(7sßovc] noch (I>i/.ooi))/i\atov] er- gänzt werden. Der letzte Bueiistabe ist deutlicli Jota, nicht Ypsilon, also liegt kein Genetiv und daher kein Grund vor vloi, zuzusetzen. Der dritte Bueiistabe zu Anfang ist kein Sigma. sondern, bei aller Zerstörung, die die Schrift auf diesen eigentüiniicli schief- rigeii Bruclistücken erfahren liat. sicher Pei. Wichtig ist ferner, dal.) vor dem Jota vor (liiloqoiialoi in einem Abstände, der nur für einen schnialen und kleinen Buchstaben Raum läßt, das obere Ende einer senki-echten Linie sichtbar ist. Auf die richtige Ergänzung füJirt die Erwägung, dal-i die Prinzen nur deshalb in der Liste an dieser Stelle, nach Epheben aus Melite. genannt sein können, weil sie derselben Piiyle. der Kekropis. an- gehören. Wie andere attische Epheben werden dalier auch sie mit ihrem Deinotikon bezeichnet sein: von den spricht .^|i>;i(«A»jt]t/[o]( aih>in den

1er Zusaniinenschlui) der i5rüciie

(lei

Demennamen der Resten und dem

Kekropis enl- Raume: zudem 20*

29« Adolf Wilhelm,

Ichit die Inschrift IG 11 140(i. Sijllof/e 298 (in C. Yicks Dissertation Qiiaestiones Curneudeae, Rostock 1901. auffälliger Weise übersehen): Kagveddijr 'A^rjviea "AriaXoc y.M 'AoiaQÜ'hiC ^vnaXiqtnoi ave&^xav, daß schon Ariarathes V.. vor seiner Thronbesteigung l(i2 v. Chr. in Athen verweilend und mit dem Bürgerrechte beschenkt, doch wohl ein Ahn der Epheben. dem Demos IvTraXtiTtnc zugeschrieben war. Also ist. wie ich bereits Berl. yhüol. Worhenschr. 1902 S. 1098 in meiner Anzeige der Prosojwgrapliia Altka bemerkt liabe. einfach ^\v7x[tth\Tno\i (l^J.oguii^iaToi zu lesen. Irrig ist Köhlers Vermutung, daß in der letzten Zeile des Bruch- stückes p vielleicht y:]cd 6 !^e[Tog. schon an sich unverständlicli. zu lesen sei. Auf dem Steine steht deutlich 'Avi^ea\TrjOioc:].

Ein Prinz namens Ariobarzanes, der nicht als Königssohn zu be- zeichnen gewesen wäre, ist also in dem kappadokischen Fürstenliause niclit bekannt. Ein Grund, den Königstitel zu unterdrücken, wenn er dem Sohne oder dem Vater zukam, ist nicht ersichtlich. Daß der Eponymos der spätere König Ariobarzanes U. sei und er diese Würde in einer Zeit bekleidet habe, in der sein Vater. König Ariobarzanes I. landflüchtig war, ist deshalb nicht wahrscheinlich, weil dieser schwerlich je. von den Jahren seiner Abdankung abgesehen, auf den Königstitel verzichtet hat. Die Verleihung des Bürgerrechtes ließe sich freilich, wenn es sich um Ariobarzanes II. und seinen Vater handeln sollte, auf C. Julius Caesar, den Vater, zurückführen, der in den Jahren zwischen 98 und 90 v. Chr. Prokonsul in Asien war (Waddington. Fastes des provimes asiatiqiies p. (Mu\ BCH XXIII 74. XXVI 541. XXVIII 229). ebenso wie auf den Sohn. wenn sie erst Ariobarzanes IIT. zuteil geworden sein sollte. Jedenfalls versagt die Überlieferung, wenn ein rä'io^ 'lovho^ Vuiov 'Aoioßag^ärov vwc in dem kappadokischen Königshause gesucht wird: er könnte höchstens ein Enkel des letzten Königs sein, von dem wir nicht einmal einen Sohn kennen. Das Erscheinen eines solchen Prinzen in der Gegend, aus der die Inschrift stammt, könnte freilich auf die verwandtschaftlichen Be- ziehungen zurückgeführt werden, welche einst das bithynische und das kappadokische Königshaus verbanden (Th. Reinacli. L'histoire pm- les monnaies p. KäS).

Der Name Ariobarzanes findet sich abei- auch in dem Geschlechte der Fürsten von Medien. Einen Ariobarzanes. den Sohn des von den Parthern vertriebenen und in Rom verstorbenen Königs Artavasdes. setzte Augustus wahrscheinlich im Jahre 20 v. Chr. in ]\Iedien ein und machte ihn später, durch Gains Caesar, zum Könige von Armenien. Er hatte zwei Söhne, die durch römische Inschriften bekannt geworden sind. Artavasdes und Ariobarzanes. Einem im Alter von nur 89 Jahren verstoibenen Sohne des ersteren. C. Jul. C. f. Fab. Artabasdes. gilt die Grabschrift IG XIV li)74. zuletzt unter Beibringung aller Zeugnisse von W. Dittenberger. Or. gr. iiiscr. sei. 380 behandelt (Prosop. imp.Rom I p. 130). Das Bürgerrecht ist nicht, wie

Inschrift aus Ki/zikos. 297

Efl. Moyer. Bealemijdojiädie, Suppl. I 130 angibt, erst diesem Enkcisoiin des Königs Ariobarzanes veilieheii worden. Eine andere röniisciie inscliiift IG XIV 989. Or. (jr. inscr. sei. 3(S1 nennt in einer Weilinng einen 'loü/.ioc 'Aeioßao^ärriC ßaaiks'uj^ 'Ayioßau^arov vtöc, angensclieinlich einen Bruder des Vaters Artavasdes und Üiieini des Sohnes Artavasdes der Grabsciirit't : somit wird König Ariobarzanes selbst römischer Bürger geworden sein. Ein Sohn dieses Prinzen Ariobarzanes. sonst freilicii nicht erwähnt, könnte selir wolil der Eponymos der Liste sein. Lolling liat diese dem ersten Jahriiiindeit v. Ciir. zugewiesen, lediglicii der Abschrift nacii: so- weit sicli urteilen läl.it. würde das Amtsjalir des Ariobarzanes. eines Enkels des bald nach dem Jalire 1 v. Clir. verstorbenen Königs Ariobar- zanes. noch in die letzte Zeit des ersten Jahrhunderts vor oder, an sich waiir- scheinliclier. in den Anfang des ersten Jahriiunderts nach Ciir. fallen- Die Würde des Eponymos kann dem Prinzen ebensowohl in sehr jugend- iiciien. wie in reifen und späten Jaliren fibertragen worden sein. Daß röniisciie Namen in der Liste sonst felilen. ist bei der geringen Zahl von Jahren, die sie lunfalit. kein (irund gegen diesen Ansatz. Enthält doch auch (he Liste von Heraklcia Or. f/r. inscr. sei 459. die nach Dittenberger in einem der Jahre l(i 14 v. Ciir. ihren Anfang nimmt, unter zwanzig Eponymen aui-ier dem Kaiser und dessen Enkel, die in vier Jahren diese höch.ste Wfirde bekleiden, nur einen römischen BiU-ger. Köhmg noiinrjioi Koivxov vlo; 'AoiEßiömooc Z. 8 f. (ein Name, nicht zwei!). Man vergleiche auch die mit dem Jahre 30 v. Chr. beginnende Liste der Priester ans Halasarna auf Kos. Berliner Sitzungsberichte 1901 S. 483 und R. Herzogs Bemerkungen S. 491.

Ob die Inschrift diesen Ansatz erlaubt, ließe sich vielleicht, wenn der Stein selbst vorläge, mit Zuversiclit sagen, vielleicht auch dann nicht, weil zunehmende Erfahrung in der Beurteilung der Denkmäler lediglicii nach der Schrift immer wieder Bescheidenheit zu üben lehrt. So mul.! der Versuch unternommen werden, die Zeit der Liste nach Möglichkeit unab- hängig von der Identifikation des F. 'lovXioc FaLOV vlog 'AgioßaQ^dvijc zu bestimmen. Dieser Versuch hat die Ermittlung der Herkunft des Steines zur Voraussetzung. Gelingt sie. so fördert sie die Beurteilung und Ver- wertung der Liste, auch wenn sich zugunsten der vorgeschlagenen Identi- fikation keine neuen entscheidenden Gründe ergelieu.

Vermöge welcher Umstände der Prinz Ariobarzanes, wer immer er sei. in einer Stadt der Propontis als erster Beamter erscheint, entzieht sich unseren Vermutimgen. Ist auch die Bekleidung eines solchen Ehren- amtes gerade bei einem Manne fürstlichen Ranges keineswegs durch An- wesenheit an Ort und Stelle bedingt, so liegt es doch nahe, Verbindungen, wie sie wiederholte Eponymie voraussetzt, durch besondere Beziehungen oder Niederlassung herbeigeführt zu denken, zumal es sich nicht um Auf- merksamkeiten handeln kann, die Untertanen ihrem Gebieter oder den

298 Adolf Wilhelw,

Aiio'ehörigen dos woltherrschendcn Knisoihausos onvoiscii. Sei es. dal.i Ariobarzaiies selbst, vielleiclit landlos, in solcher AViirde eine bescheidene Befriedigung größeren Ehrgeizes suchte, sei es. dal-i die Bürgerschaft bei seiner Wahl es uwv anf die Freigebigkeit eines ihr näher oder ferner- stehenden Fürsten und den Glanz seines Namens abgesehen hatte: die Frage drängt sieb auf. ob die Stadt, in der C. Julius Arioliarzanes mindestens zweimal die höchste Ehrenstelle bekleidet hat. wirklich Zeieia ist oder eine weit gröl.lere und berühmtere Nachbarstadt. nämlich Kyzikos, zu deren Gebiet die Gegend (ra ttsqI rrjr Ze/.Eiav\ zu Strabons Zeit ge- hörte (XII 57H).

Der Ort. in dem Lollings Gewährsmann die Inschrift verbaut fand, liegt seiner Angabe nach anderthalb Stunden vom Meere am Aisepos: ihre Zuteilung an Zeieia gründet sich augenscheinlich darauf, dal.i die nächste antike Ausiedlung. Sariköi, nach Lolling, Ath. MiU. VI 2-".> und Th. Wiegand. Ath. Mut. XXIX -JT.') eben Zeieia ist. Nach Kieperts Karte, die indes wie die W. Ruges den Namen Zeieia nicht beisetzt, und der Skizze zu Th. Wiegand und A. Philippsnns Reisen liegt Sariköi fast fünfzehn Kilometer in der Luftlinie von der Mündung des Aisepos entfernt, am Südabhange des Gebirges, durch das dieser Fluß zum Meere durchbricht: Chavutzi. das Kieperts und auch W. Ruges Karte in Peter- vianns Mttteiliaujen iM<.)2 X Tafel 17 nicht verzeichnet, scheint der von Lolling angegebenen Entfernung nach am Ausgange der vom Aisepos durchströmten Schlucht oder in ihi- zu liegen, über die Beschaffenheit der möglichen A'erbindungeu erlaulit die Karte kein Urteil: im Flußtal ist kein Weg eingetragen. So scheint die Frage der Erwägung wert, ob der Stein nicht von dem in der Liütlinie von der Aiseposmüudung aller- dings vierundzwanzig Kilometer entfeinten Kyzikos nach Chavutzi ver- schle])pt ist. Die Erfahrung leint, daß bei Wanderungen von Steinen zur See die Entfernungen gleichgültig sind. Einmal entfidnt kiunite der Stein zum Bau des Kirchleins mindestens ebenso leicht, wenn nicht leichter durch die Mündungsebene landeinwärts als von Sariköi durch die Berge der Küste zu verschlc])pt werden. Daß Steine aus dem Trümmerfeld von Kyzikos sich weit zerstreut finden, ist eine bekannte Tatsache: ein Kenner der Gegend. C. Cichnrius. steht nicht an vorauszusetzen, daß die in der Festung ^/onmiJfov (Ulubad) vermauerten Inschiiften durch Lastschiffe von Kyzikos gebracht sinil. Gerade aus dem Hauptort der Gegeiul südlich von Sariköi, Gönen, sind kyzikenische Inschriften bekannt (Th. Wiegand. Athen. Mitt. XXIX 275). Indes sind solche Erwägungen, zumal ohne Anschauung der örtlichen Verhältnisse, von zweifelhaftem Werte. Zum Glück haben wir uns nicht mit i)loßen Bedenken gegen die von Lolling vernuitete Zuteilung zu Zeieia zu begnügen. Die Namen zeigen, daß die Liste aus Kyzikos stammt und eponyme Hipparchen von Kyzikos verzeichnet.

Tnsihrift aun Kijzihos. 29!)

Der erste Eponyiiios ist. wie Lolling iiiicli Z. I! ergänzt. w(i or in seiner Würde zum zweiten Maie verzciclmet ist, ^Tpafnoc 2ia\ii<)v';\.^) Mit (lern Namen Erfiertjc verbunden, der. wie sich sogieicli zeigen wird. elientaljs einem liervorragenden i\yzikenisclien (resr-lileelit zu eigen ist. findet sieh Irodriog schon in einer attischen Inschrift der Mitte des zweiten Jaiirliunderts v. Chr.. 10 il 448, die Z. 14 Evfit'vrjc ligniCov Kv^ixKiVoc als Sieger an den Theseien naTSac ex nnvuov niiy/ti/V verzeiciinet, und in einer Insclirilt aus Kyziivns. die Tli. Reinacli BCH XIV 537 nach Cyriacus unzureiciiender Ahscinift veröffentliclit hat. Der Herausgeber liest Z. Sf. dveöeix^^i eiivxf'i- ö iojT "4/t/itoroc ffr£<pavog vnö Kß). E\v\j.ifrov? (o) xal Moaxov roii ^TQanou toi' aToatrjyof crig noXemc xrk. Statt (o) sciieint nn'r \i\o\v\ notwench'g: statt dr&Ssiyßri : itre(^e'xOij: so iieil.it es in der Inschrift ans Istros Si^/Uoge '^'2'^ Z. 21 lor tnu)vvf.iov n]c nükswc 'AnuXXon'og dradsed/nevoc diecparor (äimlicli sagt man ävakai^ißäreir und TTaQaXai.tßnrsiv mv atHfttvov Ditteuljcrger. Or. yr. inscr. sei. 7(i7 Anm. 14: noch ein Beispiel für Ttnyakaiißdreiv BCH X\ 37ö Z. '.)). Zweifelhaft bleibt, ob in ErTTXEI e[ni\ ivxt]' oder avr xvxTfi oder evtvx'^öc vermutet werden darf. Jeden- falls ist der Möaxoi zubenannte Stratege KX, Evfisrrjc .S'r^ariot', dessen Namen Th. Reinacli auch in der Liste der Strategen in Z. 4 der Inschrift ergänzt, wo die .Abschrift nur MO^TPATIOV bietet, ein Xachkonnne des Siegers in den Theseien. In Z. (i derselben Inschrift begegnet der Name ItQdrioc nochmals: e neiXrj,6 hk (als Stratege) l^TTOl" ~ioanov: Th. Reinach liest zweifelnd 'laT\i\ov: es könnte auch, mehrfach bezeugt. ['E\(n\u(i\ov oder nach meiner Liste allenfalls JT[oö]r[t]o(j \%ov] ^tomiov vermutet werden: so niid.i dahingestellt bleiben, wie der Name gelautet hat. Ein Ä/.. Et'fih'i]g erscheint auch in der von Th. Wiegand. Ath. Mitt. XXYI 121 veröffentlichten Liste als yoanitaTEvc, ein KX. Eüfievi^g vswtsooc unter den tiwarai: ein T. KX. Evnsv}jc gibt nacli BCH XIll .")l.s {Ath. Mitt. VI 121 A'/6i'/iM7(C und in dem Iudex gar hX.soßs'vrjC genannt, ein Seitenstück zu dem Uaü.ioc ans Magnesia am Maiaudros. ToXfiaToBctg'-j und ähnlichen Un- geheuern) als Hipparch dem Jahre den Namen, ein Ilavffariag Ev^iivovg BCMXl (il3.

1) Ist der Vaternaiiie ^zit[viov\, so liat, da au Statins nicht zu denken ist, der Steinmetz oder allenfalls der I.eser, auf die die .Abschrift zurückgeht, das Rlio ausgelassen. Bei.spiele für solclie Auslassung des Hlio gerade in der Laut- gruppe inij nach vorhergehendem Rho liegen auch sonst in Inschriften vor; auf die Schreibungen (' —niiiui- aratiiylii MviialmQUToq KvStijijijiuq. {y Mtfji'rtjs atartjyhq '}h'v>.>.ng. tS'H(fcaaria(; ai^atTjyög Mrijuißayoc, in der Inschrift aus F^leusis IG 11 ö, 834b hat E. Schwyzer, Neue .Talirbücher VII 261 aufmerksam gemacht {Grammatik der attischen Inschriße»,^ S. 8-2); ich bringe aus einer Inschrift aus Thespiai _ßCff XXI .55-2 XÜQfc Miveaxutioq statt MtrtaTQhiiog bei. Doch sind auch andere Xanien möglich.

2) T. '/'/.. .MaT(jH;g. erkannt von W. Dittenberger, ffisfon'sclie idid pliiloloi/isdie Aufsätze, E. ('urt ins gewidmet S. 21)9, und M. llolleaux, Beme des etvdes anciennes I Hi.

300 Adolf Wilhelm,

Der Eponymos HoXveiSog ^Agiara]-. der Z. S zum zweiten Male. Z. 14 zum dritten Male erscheint, doch oiiiie den Zusatz lo iqItov. der vielleicht infolge eines Versehens in der Abschrift fehlt, trägt einen seltenen, aber gerade in Kyzikos bezeugten Namen (W. Schulze. Quaestiones epicae 118): die Inschrift Äth. Mitt. X 205 (Michel. 1225) beginnt mit den Worten iTiTiaqxovvTOQ Meveadewg rov IJoXvidov. Ob Lollings Ergänzung 'Aoi- (TinlYÖQOv zutrifft, steht dahin: ein Hipparch Namens 'AgiGTayÖQttc begegnet AtJt. Mitt. X 203. Der Vatername wird auch in Z. 8 nicht gefehlt haben. Zu Z. 11 Uvlteac Ilvi^eu erinnere ich an die Ath. Mitt. VII 2 5 -4 veröffentlichte Grabschrift aus Kyzikos Ilv^ödioijog llvttov. Uvih); IJvifo- doJQOv und die Uvi^oxwfürai, die neulich durch die Inschrift aus Didyma Eev. de fhilol. 1901 S. 36. Or. gr. inscr. sei. 225 bekannt geworden sind, nur um zu zeigen, dal.) diese Namen in Kyzikos und Umgegend iil)lich 'sind.

F^ntscheidend ist für den Nachweis kyzikenischer Herkunft der Liste der Name des sechsten E])onynios: Evßevt]c \l()i,otä[v§qov; denn so ist der Vatername, nicht mit Lolling 'AQtßTolyÖQov zu ergänzen. In demselben neunten Bande der Ath. Mitt. S. 19 veröffentlichte Lolling selbst nach Limnios Abschrift folgende Inschrift aus Kyzikos:

AHMAPXlKHlEIOYi:iA:i;EZAKlX

APIi;TAXAPOi:EYMEXOYl

TOIi:EAVT()YZEXI()X

Ich gestehe, daß mir in dieser Lesung der letzten Zeile die Inschrift nnverstäiullich bleibt: der ^'erdacht ist nicht abzuweisen, dal.) statt TOi:i: iavrov lEXlUX auf dem Stein gestanden hat TOX eavtov lEXOX. Zum Vergleiche bietet sich die in Schliemaims Bericht über die Aus- grabungen von Troja im Jahre 1890 S. 27 veröffentlichte, von W. Dittcn- berger. Rhein. Mus. XLVII 32-1 richtig ergänzte, von V. Gardthausen ebenda XLVI 619. Aiigiistus und seine Zeit I 814 richtig auf Augustus gedeutete Inschrift, zuletzt besprochen von A. Brückner in W. Dörpfelds Troja und llion S. 471 N. 65. aus dem Jahre 12 1 v. Chr.:

Atiioxydiop(( Kuiaa\yu Ufov] viöv lieiiaaTov duyieqt'a x[a\l 6[)jßaQ]xiy.i][i\

eiovoiag m daidexlaiovl MeXarmnidrig Erlhi6ixov \tov SiXinov]

SfT'ov X«! fi'eoyt'Tij\v,\

Ähnlich ehrt ein Koer den Totrarchen Herodes mv arov Je'i'or y.al (piXov Paton-Hicks 75: R. Herzog. Berliner Sitzungsberichte 1901 S. 494. Auch die Inschrift aus Kyzikos wird, denke ich. auf Augustus zu beziehen sein. Seine sechste tribunicia potestas fällt in das Jahr 18/17 v. Chr. Im Jahre 20 v. Chr. liatte er Asien und Bithynien bereist (Cassius Dio LIV 7) und der Stadt Kyzikos die Freiheit genommen, die er ihr nach wenigen

Inschrift aus Kijzikus. 30 J

Jahren wieder Rab (W. Henze. De dvitatibus liberis p. ;^8; Ditteiiberf;er, Sylloge :^3(i Aiim. S). Bei dieser Reise mag Aristaiulros die Ehre fieiiabt liabeii des Kaisers Ciastfreiuid zu werden. Zwei Jalire später ist viin iiini. wenn meine Vernnitung zutritit. des Kaisers Standbild erriehtet worden. Als (iastfreund des Kaisers liat ' .iolaiavSoo^ Ei'ftfvovg siciierlich einem sehr angeseiienen Hause angehört. In dei- Tat iiat auch sein ^'ater oder sein Sühn das erste Amt der Stadt bekleidet, oder beide. In der fiinf- unddreil.iig Kilometer von Kyzikos entfernten Stadt (iönen am Aisepos hat H. Kiepert eine Inschrift gefunden, die nach seiner Abschrift CIG II p. 1 185, 3ti9öb folgendermaßen lautet:

TIEYN I i: T A N A P 0 Y I H II A P X E il I

\ ^ P. IKA EOd) A MO Y Y n E PEA TO Y K A 1 TH i PY N A i K i>z KAITQNTEKXQXK.UFEO K TEIT QX KAY QMHTo MJK YX H

Ein Relief über der Inschrift zeigt einen Mann den Stifter des Denkmals über einem Altar eine Schale ausgießend, rechts von iiim eine 'wahrscheinlich' weibliche tiestalt seine Frau . links fünf kleine Gestalten die Kinder: ein zweites beschädigtes Relief nntei- dei- Inschrift zwölf Oestaiten. 'qitannn (piaequc aticcedmi pracadenteni »lana tangit' die yfoxieTtra. denen wir jetzt auch in der Inschrift eines Reliefs in Pandernia Juiirnal <if hell. stud. W\\ "21 begegnen und xM/n'^iai.

Es ist zu lesen:

['En]l Ev[([6rovc xov '.4o]töTävSoov irmc'iQXf'i

[A7f ;-^«|v|(J|o[o|c K'/.eo(f'('tn {oi}oy\v]':'}ov v/tsq eacoi> xai /i^c )'i'r«(xoc

xai luJv Tt'xvwr -/.cu ysojaeUMr xa\'i x\iiiiitinnv n'xi'i[v-]

Den Namen ['AQ]iaTävd(>ov hatte Böckh mit \'erweis auf die Insclirifteii hergestellt, in denen 'Aoiamvdoog 'AnoXXo(fävov als Eponymos (II :^(i.i(;|. 'Ano?.ko(fnvt]g 'AoididrSQOv als Eponymos (II 3(559) und in öffentlicher Tätig- keit [11 3(i57. 3ij5S) vorkommen: die Ergänzung des ersten Namens hat J. Mordtmann in einem Verzeichnisse der cponymen Hipparchen von Kyzikos. Ath. Mitt. X 202 gegeben, das nun C. Smith. Journ. of hell. stud. XXII 200 vervollständigt (dazu neuerdings XXIII 83. XXIV 28). Die Formen der Buchstaben und die Eigentümlichkeiten der Schreibung. iTrnäQXfmn mit irrigem Zusätze des Jota wie in den kyzikenischen Inschriften Sylloge 348 (nach 4(i v. Chr.) und Sylloge 3(i5 (37 nach Chr.), und knov verweisen den Stein in das erste Jahrhundert v. Chr. oder die erste Zeit des nächsten Jahrhimderts. Demnach glaube ich in dem Hipparchen Evf.iev>;c'AQia7(iv6Qov den Vater oder den Sohn des ' AgiaravSQOc Ei'fisvovi: erblicken zu dürfen, der vermutlich im Jahr 18/7 v. Chr. seine Beziehungen zum Kaiser duich ein Denkmal seines (^Jastfreundes verewigte. Ebenso wird der Ei'fitrrf.: ' AQi<}%tt[rdQov] der angeblich ans Zeleia stammenilen Inschi-ift entweder der Vater oder der Sohn dieses 'J^iaiarSgug Evi.ifvovc, und entwcdei' der

302 Adolf Wilhelm, Inschrift uns Kijzikos.

Evf^im]i; ' Aoiainrdoov der Insclirift aus Göncii ndor dpsseii (irol.ivatcr oder dessen linkel sein, je iiacli dem zeitliclion Verhältnis der Steine, über das mangels weiterer Aidialtspnnkte von vornherein seinver zu urteilen ist. Dal.) die Würde des Eponymos in einem antiesehenen Hause dem (trol.i- vater. Vater und Sohn zuteil ward, hätte nichts befremdliches, aber selhst- verständlich ist es nicht angezeigt, ohne zwingenden Grund Eponyme zu verdoppeln. Ist nun Ariobarzanes der Enkel des Königs von Medien und Armenien, so i-ückt mit iiini Evf^ievijg 'A(}iaiävdQov als Sohn des Gast- freundes des Augustus frühestens in das Ende des ersten Jahrliunderts vor Chr. oder in den Anfang des ersten Jahrhunderts nach Chr.. was nicht hindert, in ihm auch den Eponymos der Inschrift CKj II p. 1130. 3(i!)öb zu erkennen. Daü Lolling die Liste als wohl aus dem letzten Jahrhundert vor Chr. stammend bezeichnet hat und sie sich, wenn die Identifikation des .-Xriobarzanes zutrifft, als etwas jünger herau.sstellt, als diesem Urteil nach erwartet würde, spricht deshalb nicht gegen den Ansatz, weil Lfdiing den Stein nicht aus eigener Anschauung, simdein nur dnrch die Abschrift eines Griechen gekannt hat.

Zu Strabons Zeit galt Kyzikos als eine der gröllteM mul sciuinslen Städte Kleinasiens (.\11 .'iT.'): ivd/tiDMc itxTc ji^nnaic ro'tr xata ii]v 'Aoiav t. nöXie fieyt'^tt if xal xd^ksi xiii Kvvuiiüt. n^ög te slo/jViji' xal nuKtfiov). Autiochos IX l'hilopator hatte dort seine Jugend verlebt nnd den Beinamen Kv^ixijvi'ic mitgenommen { Eealeiicijklojiüdie I 2483). Cicero gedachte als Verhannter sich dorthin zurückzuziehen iud Alf. III fi. «d fuii. XIV 4. 3). Antouia Tryphaina, die Tochter König Polemons und Gemahlin des Thraker- königs Kotys, nahm nach dem Tode ihres Gatten dort ihren Wohnsitz. So ist es nicht verwnnderlich. den Prinzen Arioliaizanes in Kyzikos an- gesiedelt iider. wenn er nicht daueiiul Gast dei' Stadt gewesen sein sollte. ihr. doch \v(dd aid' Grund längeren odei- kürzeren Verweilens. eng vei- huiulen zu sehen. Anl.iei' den Annehmlichkeiten, die Kyzikos an sich bot. kömu'n den landlosen Eürsten auch persönliche mul vielleicht ver- waiultschaftliche Beziehungen bei derAVahl seines Aufenthaltsortes bestimmt hal)en. .\ber sie entgehen uns bei dem heutigen Stande nuserei' Kenntnis, der nicht mehr erlaubt als die \'ermutnng. (lab der Hip|)arch C. Jidius Ariobai'zanes der von Lolling veröffentlichten Liste ein sonst xcrschollener Enkel des gleichnamigen Königs von Medien mul Armenien sei. Hoffentlich kommt eines Tages Aufklärung durch neue inschriftliche Eunde, wie sie bei Ausgrabungen an so vielversprechender Stätte nicht ausbleiben können.

Athen.

10

303

Reicilsverwaltiiiig und Politik Alexanders des Grossen.

Von Arthur Külih'r.

Dio liistorisc'lie Übcrliefennig. dio uns i'ibt^r die Zoit Aloxandoi's dos Gidl.kMi vniiipi;t. ist nir-lit dor Art, daß man aus ihr von der inneren (ie- staitunji und der Orjianisation des Reiclios, das er liat i^riinden wollen, eine bis ins Einzelne sehende Vorstellung gewinnen könnte. Daher wird derjenige, der die Verwaltung des Reiches darzustellen versueht. von vorn- herein darauf gelaßt sein müssen, daß dit' einzelnen Quellennotizen, aus denen er das Hild von der Verwaltung zusaninienznschuielzen hat, einen nur unvollkouunenen iMiiblick in die inueicn Tiieblederu der Regierung Alexanders verschaffen. Soll dennoch die Darstellung ein abgerundetes lüld geben, so siiul die Lücken und Ungenanigkeiten der Quellenangalien inittelst Konstruktion wie sie eben der liistoiiker nie ganz entbehren kann zu überbrücken. Kine derartige Überbrückung muß aber, will sie nicht ganz dein (iebiete der Spekulation angehören zunächst ihre Stützpunkte in der Darstellung dei- A'erwaltungs- und Verfassungs- l'ornien suchen, die als (rrnndlage in Makedonien wie auch im Perser- reich vorhanden waren. Denn wollen wir uns der Ansicht anschli(>ssen. daß die /Äußerungen und Betätigungen vuwv großen Persönlichkeit zum größten Teil im Rahnu'n der Entwicklung der Kulturgemein.schaft liegen, der sie angehört und aus der sie ja psychisch herauswächst, so müssen wir auch bei Alexanders Wirken den Beweis liefern können, daß er zunächst die überkommenen Eornien der Verwaltung und A'^erfassung benutzt hat oder mindestens dem Vorbilde nachgebildet und von hier aus weiter ausgebaut hat.

Mögen die Fäden noch so lose und dünn sein, die eine Verbindung herstellen zwischen den Verwaltungstimdenzen Alexanders in dem neu- gegründeten Perserreich und den altmakedonischen. In denen Alexander erzogen und groß geworden, sie lassen sich nicht leugnen und so muß der Betrachtung des persischen Reiches die von Makedonien vorausgehen, ganz abgesehen von der historischen Norm, die gern den Charaktei- jeder kolonialen Gründung aus dem Zustande des mutterländischen Gebiets ab- leiten möchte.

304 Arthur Köhler,

Wir seilen Makedonien in der Zeit, da es für Alexander die YorlaRC allei' politischen Jdeen liebildet haben niay. noch in einem kaum mittel- altei'lichen Stadinm der politischen Entwickelnns;': ein archaisch starkes Könistnni')- ein kriegerischer Adel nnd ein freier Banernstand sind die Pfeiler des staatlichen Lebens.

Soweit die geringe Überlicfernng der Verfassnng und Verwaltnng er- kennen läßt, war das Königtnni ein erbliches, im Besitz des königlichen Hauses stehendes Amt. ?]s mag nicht ohne Bedeutung für Alexanders Entwickelung. wie für seine spätere jiolitische Stellung gewesen sein. dalJ je freier die königliche (iewalt blieb, sie desto größere Leistungen, desto mehr persönliche Tüchtigkeit von dem fmderte, der sie inne hatte. Denn wie groß war die (icfahr dei- Bildung von Sondergewalten in einem Reiche, in dem jüngeren Söhnen des Königs, sogar Frenulen, Teile des Landes zu erblichem Besitz abgetreten wurden, gewiß unter der Oberhoheit diis Königs, aber doch mit so fürstlicher Befugnis, daß sie auch zu Waffen- dienst aufbieten und eigene Truppen halten durften. Es braucht nicht erwähnt zu werden, daß eine derartige Regicrnngsform zu starker Aus- bildung der Individualität der Herrscherpersönlichkeit führen, gleichzeitig aber in die Person des Herrschers derart den Sch\ver|)nnkt legen nuißte. daß von hier aus der Scliiitt iiinüber zu dem despotisch -absolutistischen Regiment, dem wir im Perserreich Alexanders begegnen werden, garnicht so groß erscheint.

Was aber hier auf makedonischem Boden dem politischen Leben fehlte,-) um den asiatischen Des])otieen ähnlich oder gar verwandt zu werden nämlich der despotisch-knechtische Staatssinn der Untertauen, die ausschließliche Freiheit des Herrschers, das bedeutete auf der anderen Seite eine Stütze für die Bestrebungen des alexandrischen Königtums. Adel und Bauern waren noch nicht allzuweit von einander geschieden nnd der Adel war der ursprünglichen Monarchie noch nicht allzu gefährlich geworden. Ln Gegenteil der Adel, der in der näheren Beziehung zur T^erson des Königs, in Ehren und (jeschenken für der Krone geleistete treue Dienste seinen Ruhm suchte, bildete als Hetairen. Kriegsgesellen einen Grund- pfeiler der militärischen Macht, auf dei- wiederum die Erfolge der alex- andrisch(>n Politik beruhen sollten.

Indem so das Königtum eines freien mächtigen Bauernvolkes zu einer militärischen Monarchie wurde, nahmen die Erfolge der Militärverfassung auch einen politischen Charakter an, indem sie die verschiedeneu Land- schaften des Reichs zu einem Ganzen machten, in dem Maße, daß die Makedonier sich als ein Volk fühlen lernten.

1) Äristütcks polil. V, 10 stellt das Köiiigtuiu mir tieiii alten atheniseli-Iakeclai- monisclien zusammen.

2) Bei Arrinn IV cap. 11 lieiBt es von den Alniliemi Philliiiiis, daß .sie nie mit Gewalt, sondern stets na(■h^nakedouis^llem Heeiit regiert hätten.

B eich sven mit will und Pnlitil: Ale.idinlers dos Grossen. ■M)h

Daneben umfaßte al)er das iiiakedonisclie Reich iiocli eine Menge von mehr oder weniger abhängigen (iebieten. Denn siciierlieli sind die Fiusten- tümer und Volksstämme von der Adria bis zum Pontus in einer gewissen Abhängigkeit gewesen, wie aus den Quellen ersichtlich.')

Mehr als die geschriebenen Quellen aber geben uns, wie Droysen'^) nachgewiesen hat, die Münzen Aufschlulj über die verschiedenen Arten der Abhängigkeit. Da nämlich Philipp und Alexander neue Münzordnungen erheßen, so traten dieselben natürlich überall, soweit die Befehle des König- tums gesetzliche Kraft hatten, in Geltung und umgekehrt werden Städte und Gebiete, wo sie nicht Aufnahme fanden, kaum in losem Abhängigkeits- verhältnis gestanden haben.

Auf Grund dieses Kriteriums sucht Droysen nachzuweisen, daß z. B. Byzanz, das weder den makedonischen Münzfuß noch auch königliche Typen aufweist, ein autonomer Staat geblieben ist. Natürlich kann uns auch diese Forschung nur über den allgemeinsten Charakter der Abhängig- keit unteiricbteu. Andererseits geben die geschriebeueu (Quellen selbst da, wo sie ausführlicher sind, die technischen Ausdrücke für diese Reclits- zustäude nicht so scharf und klar, daß man danach das staatsrechtlich- Verhältnis im einzelnen Falle feststellen könnte.'')

Es würde zu weit gehen, die verschiedenen F'ormen der Abhängig- keit auszuführen. F'ür unsere Betrachtung genügt es zu iietonen. daß die Mannigfaltigkeit von Abhängigkeiten dieser Machtbildung einen eigentüm- lichen Charakter geben mußte. Sollte al)er nicht auch sie für Alexanders politische Anschauungen von Einfluß gewesen sein? Sah er doch da von Jugend auf, wie die verschiedensten F'ormen von Abhängigkeit von einem Herrscher derart verwandt werden können, daß die Oberhoheit des über- geordneten Staates voll erhalten lileibt. Was aber für seine späteren Auf- gaben von noch höherem Wert sein mochte Alexander gelangte hier- durch früh zu der Erkenntnis, daß gerade in den verschiedenen, dem je- weiligen Charaktei- nntl politischen Zustand des unterworfenen Volkes angepaßten Formen der Abhängigkeit die sicheiste Handhabe füi' die Regierung heterogener Staaten gegeben sei. Im h'olgenden werden wir nachzuweisen haben, wie sicher Alexander die politischen Erfahrungen, die er im Mutterlande geniachl hatte, im eroberten Geijiet zu veiwerteu wußte, ohne dabei je zu vergessen, daß politische Weite, die einem be-

1) z. B. gibt DiodorXW -2. 4, 8 uns genauen .Aiifscliliil,', ülier die t'nterwcftiuig des paiouisclien Laiide.s.

2) Monatsher. d. Berl. Ahuh 1S77. (Beitr. z. Fra^e ülier dir innere (jestnltiing (le.s Reiclie.s A. d. Gr.)

ö) Als besonders fliaral<teristi.sclies Heisjiiel l'iilire ich an: ArrUnt I, 17.4 sai^t von den l^ydern: toTc voßoi^ roT^ Tii'.lr.i .Ivihör yn^jui^ia l'ihoxt xiO iV/.i-v'>l-^ov4 tivi'.i (dfilütv. aber trotz der li.trihijlii: stellen diese i^iter Satrapen. i-^in anderes Bei- spiel findet sicli Arrian 1, 18, 2.

30() Arthur Kuhler,

stimmten Lande cntnummen sind, nur mit liöchster Vorsicht und unter steter Berücksichtigung lokaler wie nationaler Voraussetzungen übertragen werden dürfen.

Daß al)er die politischen Werte, wie sie Alexander im Perserreich vorfand, durchaus den lokalen und territorialen Bedingungen entsprachen, bedarf wohl nur des Hinweises, denn man wird ohne weiteres behaupten dürfen, daß die weiten Länder des Ostens durch keine andere Staatsform als die der Despotie gemeistert werden konnten. In demselben Maße wie die engen Verhältnisse griechischer Länder in Unteritalien, Jonien und im Mutterland die Voraussetzung für die Entfaltung jener höheren uml besseren Zusammenfassung der Verwaltungsformen waren, wie sie in Stadtstaaten und territorial-beschränkten Demokratien ihren Ausdruck landen, in demselben Maße drängte der Orient mit den ungeheuren Länder- massen Asiens und Nordafrikas zum Despotismus hin. Dabei würde diese Regierungsform an sich genügt haben, selbst bei mäßiger Verwaltung das große Perserreich zu umschließen, wenn dieses national eine Einheit ge- wesen wilre. Aber hei einer Vereinigung von so verschiedenen Nationa- litäten, von denen nur die Lyder. Ägypter. Meder, Babylonier (Assyrer), Baktrer und Inder hervorgehoben werden sollen, hätten die Herrscher sich nicht damit begnügen dürfen, diesen gewaltigen, vielgliedrigen Körper von einem Mittelpunkt aus zu regieren. Sie hätten notwendigerweise für kulturelle wie politische Verschmelzung der einzelnen Nationalitäten Sorge fragen müssen. Was bedeutete es diesen Aufgaben gegenüber.') wenn Darius das Ganze in zwanzig Satrapien einteilte, mit deren Verwaltung nicht mehr, wie es früher geschah.') einheimische Dynasten betraut wurden, sondern vom Großkönig ernannte Perser, denen eine kleine persische Heeresab- teilung zum persönlichen Schutz, wie zur Exekution politischer ]\Iaß- nahmen beigegehen wurde. Damit war noch nichts anderes geschatfen. als Steuerbehörden, die den Tribut an Geld und Naturalien für den König einzogen sowie Militärstationen, die alle zum Kriegsdienst Verpflichteten zusammeid)rachten. L^aß daneben den Satrapen noch viel Spielraum eigener Befugnis blieb, zeigte sich darin, daß die Satrapen sogar so wichtige Knnktionen wie das Münzrecht behielten, so daß nicht nur Dynasten und tributpflichtige Städte, sondern sogar königliche Beamte Münzen mit eigenen Typen schlagen ließen. Jedenfalls ist es ganz natürlich, daß die Satrapien bei den großen Entfernungen, die sie von der Zentralgewalt trennten, stets selbständig wurden, sobald auf dem königlichen Thron eine schwache Persön- lichkeit saß, während derSatrap vielleicht eine ausgesprochene Herrschernatur

li [»aiuit soll uiclit gesagt werden, dati Darius' Werk als unbedeutend aiizu- sfhcMi ist, im Gegenteil im Hinbiick auf die primitive Eutwickluug politischer Organisationen forderte ilie Regierung des Darius volle Beaclitung. Aber was wiillteu diese Ausätze den wirklicljeu Aufgaben des Despotismus gegenülier besagen?

•2) Cf. Kiiinhhoh, dp Aiiiac minor/s snfrap/s. I.eip/.ig IS83. of Hi'io/hit IIl. 89 f.

ixekhaveriraltunfi und Politik Alearindt^y drs Gros^sen. 307

war. Auch die Einrichtung, daß aus dem Perservoik. das das rcsit'rendo war und somit im Vorrang hloil)en sollte, mit wenigen Ausnahmen die höheren Heamten genommen wurden, hafte für die Zentralisation nachteilige l'"olgen: denn auf diese Weise konnte die Herrschaft der Satrapen nicht nach dem diai'akter der verschiedenen ^'ölker verschieden sein und vor allem nirgends volkstiinilicli werden. Zudem fehlten ja jegliche Zwischeninstanzen, die den gewaltigen Hau mehr gegliedert und eine stete direkte Verhindung zwischen Krone und Untertanen aufrecht erhalten hätten. Wie ist aber selbst eine mäßige Machtentfaltung monarchischer Gewalt denkbar ohne irgend eine sichere Veri)in(lung zwischen der ausübenden Gewalt und den Volksteilen, die ihr unterstellt sind.')

Während so eine von der Herrschaft aus entwickelte und tief hinab- greifende Organisation fehlte, suchten die Behörden durch momentane Willküi' nicht ohne Gewalttat und Erpressung und durch die Tendenz zur Erblichkeit des Amts, die doch stets zur Zerstörung der monarchisclien Gewalt geführt hat.-) ihre Stellung zu befestigen. Und was vermochte dagegen der Despotisnms, der doch sonst berufen zu sein schien. all(> Sondergewalten zu unterdiücken'/ Er ist seinem Charakter entsprechend niclit systematisch, wohl aijei' individuell und persönlich-impulsiv, nur mit dem Interesse für den einzelnen Fall vorgegangen, meist in dem richtigen Glauben, daß strenge Strafen Furcht erwecken und daß diese die beste Sicherheit für die Untertänigkeit ist. Damit soll nicht gesagt sein, daß der Despotismus frei von äußerem Einfluß gewesen sei. Der Adel, der den größten und wichtigsten Teil des Hofes bildete und mit ihm der ganze Hofstaat (nicht ausgenommen die königlichen l'raiienl haben nicht selten den König beherrscht. Aber das mag doch zugegeben werden, daß abgesehen davon der Despotismus der Perserkönige sich noch am wenigsten von seinem ursprünglichen Kern entfernt hatte, daß er sieh vor allem nicht jene Stütze hatte rauben lassen, die den Grundpfeiler aller absolutistischen Macht bedeutet, nändich den despotisch-knechtischen Staats- siun seiner Untertanen und als dessen letzte Konsequenz, das Betonen

1) Wie aber in {{eiclien von siewaltigev .\usilelnuiiig, in denen bei inangehi- (Ifn \ erl<elii-.seiuriclituiigen jegiiilies Nin-Iiriclitenwe.seii nur iliuch inilitäri.scln' Ab- teilungen ausgeführt werden i<;uiti. .selb.st liei bester Leitung von oben her schlieLlIidi De.sjioti.smus wie Absohitismus ver.sagen. ilas iiabe idi an einem besonders cliaral<- teristischen Beispiel, den SaharavöUcern. nachgewiesen, cf. A. Köhler, Verfasmm;/, Hecht und Wirtschaft iler Timreg. Gesch. Unterstichuuijeu herausgegeljen v(in Karl banipreeht, Band II Heft 1. Gotha. 1904.

2) Vergleiche das deutsche l.ehuswesen .seit Schluß des ;i. Jahrhunderts. Lani- precht, deutsche Geschichte, II, 2. Autlage, Seite 107: Krblichkeit des Aratsleliens aber hieß für die großen Beamten des Reiches bei dem engen Zusanmienliang zwischen Be.soldung und Amtsgewalt Erblichkeit des Amtes, liieß für die Zentralgewalt steigender, von Generation zu Generation vollständiger Verlust jeder Verwaltung, hieß Ruin <tes Staates in der bisherigen Verfassung.

WH Arthur Köhler,

jener gewaltigen Klnft. die zwischen dem Herrscher und ilen Untertanen aufgerichtet war. Beides aufgebaut auf dem Fundament, das nicht nur hier, sondern wohl in allen Zeiten und hei allen Völkern das massivste und für alle Individuen in gleicher Weise feststehende gewesen ist der Religion, oder mindestens ihrem institutionellen Charakter. Es kommt zum Ausdruck in der Person des Herrschers eines Abbildes der Gott- heit und in der Unterwürfigkeit der Untertanen der sakralen Verehrung der Herrscher, der Proskynesis.

Und damit sind wii- in unserer Darstellung an einen Punkt gekommen, von dem uns ein Übergang zu der Staats- und Regierungsform Alexanders des Großen ohne weiteres gegeben scheint.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Alexander als Sieger vieles von den Besiegten übernahm, vornehmlich aber jenen Despotismus, von dem eben die Rede war. Auch für die neugeschaffene makedonisch- persisch-orientalische Staatenwelt Alexanders blieb der Absolutismus die maßgebende Staatsform. Und daß er es bleiben mußte, darüber ist genugsam gesprochen worden, daß er es aber keineswegs nur als Nach- ahmung orientalischer Form, getreu dem Vorbilde war. darüber wird im Folgenden ausführlich zu reden sein.

Es ist eigentlich bei dem politischen Scharfblick des großen Eroberers ganz selbstverständlich, daß Alexander, wie Droysen') als besonders wichtig hervorhebt, von der Voraussetzung ausging, daß von der Schonung, mit der man die Perser behandelte, dem Verständnis ihrer Eigenart und ihres Vorurteils, von ihrer völligen Fügsamkeit für den Anfang die Existenz des neuen Reiches abhing und daß diese dadurch befestigt werden könne, daß er die Perser in seiner Person ihren König sehen lehrte, in dem alle Einheit des Reiches begründet war. Aber Droysen schweigt darüber, wie Alexander die Perser in sich ihren König sehen lehrte, mit anderen Worten, welche persönliche Stellung Alexander als Herrscher einnahm. Gerade das persönliche Prinzip unterschied Alexanders Regierungsform von der der orientalischen Vorgänger, behauptet Kaerst-'). Und zwar sieht er in der Person des Königs das organisatorische Prinzip der Reichs- ausbildung: die Voraussetzungen aber für diese neue Idee des persischen Königs gehören nach Kaerst dem hellenistischen Kulturkreise an. sie liegen in dem Recht des auf sich selbst gestellten Individuums.

Kaerst stützt seine Behauptung durch den Hinweis auf die Differenz zwischen den die allgemeinen Symbole aufweisenden persischen und den mit persönlichem Ausdruck versehenen hellenischen Münztypen.

Diesen Ausführungen nach muß man glauben. Kaerst setze für den gleichzeitigen Abschnitt der griechischen Kulturentwicklung ein Zeitalter des Subjektivisnms voraus. Wo ist aber dieser für für jene Zeiten wirklich

1) Droysen, Alexander S. ■224. •>) Kaerst, (!eschi<hl< de.t HeUniismmS. SSi.

Reichsvern-ultung und Irililil; Alcncmders des GrosKen. H09

iiachwoisbar? Gerade in letzter Zeit erst ist von den Historikern immer und immer wieder das Gegenteil betont worden'), und ich möchte dem noch hinzufügen, daß ein zu starkes Zusammenbinden, wie es die griechische Demokratie keineswegs nur politisch tat. geradezu der vollen Ausbildung und Entwicklung des Subjektivisnms hindernd im Wege gewesen ist.

Aber ganz abgesehen von der Frage nach der Berechtigung einer solchen Ableitung ich weiß nicht, ob es überhaupt nötig ist, soweit auszuholen, um die alexandrische Politik'-) der persischen gegenül)er ins rechte Licht zu rücken. Nach dem. was wir ol)en besprachen, könnte man sagen: Bereits in Makedonien mußte die Herrschergewalt, wollte sie sonst ganz wirksam sein, getragen werden von persönlichen Impulsen, auf persischem Gebiet war dies in erhöhtem Maße der Fall, umsomehr, als der Despotismus, sowie alle dem Orient entstammenden politischen Werte auf die Person des Herrschers den einzigen und größten Nachdruck legten. Das war für Alexander das Gegebene, bei dem er aber mit nichten stehen blieb. Yielmehr steigerte die übermächtige Persönlichkeit Alexanders mit ihren weit über sonstige menschliche Fähigkeiten hinaus- gehenden Herrschergal)en die bereits vorhandenen Ideen, bis sie sich in der höchsten Entfaltung von Gewalt und Macht ihre Grenzen steckten. So konnte die Begründung seiner Herrschaft eben nur auf dem Recht und der Gewalt einer voll ausgebildeten Herrscherpersönlichkeit ruhen. ^)

Neben dieser grundsätzlichen Übernahme des Vorhandenen erscheint es nebensächlich, daß Alexander bei diesem Gang der Entwicklung, den er freilich im schnellsten Tem])o durchmaß, zur Befestigung seiner Herrschaft die Mittel ergriff, die ihm auf asiatischem Boden als die natürlich gegebenen entgegentraten : Erstens die Annahme der äußeren Formen, um den Asiaten zu zeigen, daß er ihnen angehöre, sodann die Steigerung der eigenen Würde durch Entgegennahme göttlicher Ehren. ^) Oder was will es besagen, wenn er auf der anderen Seite den Nimbus seiner Person dadurch zu steigern suchte, daß er seine Abkunft auf einen Gott zurück-

1) Kurt Rieysig, KuUurgcschkhtc der Neuzeit II Seite 312: ,.Uiul so i.st auch das Ziel der griecliischeii Deinokiatie in die.scii .Jalirliuuderteii nicht ein wirkliches .Siclilosreißen des Einzelnen vom Staat. Stand und Familie, soudern ein KoraprouiiU. das dem Individuum möglichst viel Rechte und möglichst wenige Pflichten auf- erlegt, das aber die sozialen Verbände überall da aufrecht eriialteu will, wo .sie dem Einzelnen von Nöten oder Nutzen sind."

'2) Wir sehen hier, wie sehr bei der Darstellung der Verwaltung gleichzeitig von der Politik die Pvcde ist. weil eins ans dem anderen hervorgeht.

3) Es soll dabei nicht unerwähnt bleiben, daß die Anschauungen, in denen Alexander besonders von Aristoteles erzogen wurde, und die auch darin gipfelten, daß den König nicht Erbrecht noch Geburt, sondern seine Herrschertähigkeiteu ausmachen bereits früh den Boden für die neuen politischen Aufgaben lockerten.

4) cf. Curtius Ruf US VI 6.

Beitrage i. altpn Geschichte V3. 21

7

;^I0 Arthur Kühler,

führte. Mir erscheint das eine historische Frage von geringer Bedeutung, oll er damit recht und seiner sonstigen Größe entsprechend handelte, oder ob die Vergöttlichung des Kegenten aus dem Heroenkult abgeleitet werden kann oder nicht, 'j Den großen Aufgaben gegenüber sind das geringe Mittel, deren Anwendung die eigentliche politische Größe Alexanders wenig beeinflussen können.-)

Nel>en der eben besproclienen Begründung von Alexanders Macht auf die Persönlichkeit des Herrschers steht als zweites Moment, das seine Regierung kennzeichnet, die Ausbildung eines Reiches von innerem Zusammenhalt. AVenn wir auch nicht soweit zu gelien brauchen, daß wir mit Kaerst von einer Vollendung des Königtums in der Weltherrsciiaft. von einer durch den Zusammenhang mit dem Weltmeer bestimmten Ausdehnung sprechen, von einem Königtum, dessen Machtgebiet im Prinzip mit der Oikumene selbst zusammenfällt, ■"') so bleibt es dodi richtig, daß hier politiscli eine Reichseinheit hergestellt wurde, wie sie weder vorlier noch nachher über diesen Gebieten sich gewölbt hat. Sie ging iiervor aus einer Verschmelzungspolitik, aus der das Streben sprach, vornelimlich die hellenischen, makedonischen und persischen Elemente zu einer möglichst gleichförmigen Masse zusammenzuschweißen. Daß dabei die Einlieit stark in der Person des Herrschers, ferner die religiöse Einheit in dem sakralen Charakter des Königtums zum Ausdruck kam, ist sicher richtig. Das allein witrde aber nicht genügt haben, wie es ja die Darstellung des persischen Absolutismus oben im Einzelnen nachgewiesen liat.'*) Alexander gelang eben gerade das. was die Herrscher des Perserreichs zu erstreben unterlassen hatten, die kulturelle wie die politische Durchdringung des Ganzen.

Es kann hier nicht ausführlich davon die Rede sein, wie er das kulturell durch eine Umgestaltung des Völkerlebens in sittlicher, sozialer und religiöser Beziehung langsam und unmerklich durch-

1) Diese Fragen tiuden wir l)reit erörtert l)ei Kaerst, Gescliichle des Helleiiisnms S. 385 393, von allgemeinerem Standpunkt ans bei Koniemanii. Bcilr. ^. a. Gesch. I S. 51— ]4(i.

2) Lehrt uns docli schon Arriau diese Dinge geiingfügiger betrachten, wenn er im VII. Bucli Cai). 29 sagt: Daß .-Mexander seine .41)kunft anfeinen Gott '/.nriick- fülirte, selbst das scheint mir kein sonderliches Vergehen on seiner Seite /.n sein, wenn es niclit vielleicht auch seiner Würde zu lieb ein Kunstgrilf war gegen- über seinen Untertanen. Keineswegs scheint er mir wenigstens ein minder glor- reicher König gewesen zu sein, als Minos oder Aeacus oiler Rhadanianthus: deren .Vbkunl't ja das .Altertum auf Jupiter zurückführte, ohne daß es ilinen im Oeringsten al.^ Übermut angereclinet wür(k\ So erkenne icli gleichfalls in seiner persisdien Traclit einen I{unstgriö' wie gegenüber den Barbaren, um ihnen den König niciit als einen gänzlich fremden erscheinen zu lassen, so gegenüber den Makedimiern, um eine .Art Verwalirung zu haben vor makedonischer Heftigkeit und Anmaßung.

3) cf. Kaerst, Geschichte des HeUenimiKs S. 384f.

4) Siehe oben S. 4t.

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Beichsvenvültiirui xmd Politik Aleoraiulprs di's Oroase^i. 311

fühlte: mir das soi liorvorgehobcii, daü ihm daboi in iTstor Linie die iiellenische Kultur als Ferment diente, mit der er die knltnrelle Feinheit des Reiches herzustellen suchte. Damit gewann keineswegs nur die persische Kultur, auch der Hellenismus wurde nicht un- wesentlich gefördert. Denn im Gegensatz zu der eng begrenzten hellenischen Polis schuf Alexander in seinem Reich den Gedanken hellenischer Philosophie freie Hahn, nicht zum geringsten schon dadurch, daß er die aristotelischen Ideen, denen er nicht nur während des Jugend- unterrichts in Mieza und Nymphänm. sondern auch später während seiner Züge Gehör schenkte'), durch seine Person politisch verwertete. In diesem Sinne kann man davon sprechen, daß es nicht an Berührungspunkten zwischen dem griechisch-philosophischen Gedanken und dem Herrscher- ideal der Alexander Monarchie fehlte.

Während Alexander so kulturell wohl ganz im Sinne der Hellenen handelte, liefen ihnen seine politischen Ideen mit der Verschmelzungs- tendenz gerade entgegen. Wollten doch die Griechen eben auf Grund ihrer kulturellen Überlegenheit auch die politische erringen. Nun mußten sie wahrnehmen, wie Alexander bemüht war. auch den politischen Gegensatz zwischen Hellenen und Barbaren, zwischen herrschenden Völkern und Unterworfenen aufzuheben.

Wie wenig Verständnis die Makedonier daher diesen Tendenzen ent- gegenbrachten, ja wie die meisten das, was der König tat und wollte, mißbilligten-), und wie es schließlich gelegentlich der Zurücksendung der Veteranen bis zum Widerstand kam, der bei einer schwächeren Per- sönlichkeit leicht für den Herrscher hätte bedenklich werden können, darüber wissen bekanntlich die Quellen-^) ausführlich zu berichten.

Gleichwohl sehen wir Alexander ruhig und sicher seine Ziele ver- folgen. Neben direkten politischen Maßnahmen, wie sie bestanden in der eben angedeuteten Aufnahme von persischen Elementen zu den make- donisch-hellenischen im Heer und Beamtentum oder in der Verheiratung seiner Offiziere und ilannschaften mit Perserinnen, die er selbst durch seine Verheiratung ^) mit Rhoxane, Stateira und Parysatis sanktionierte, mußten ihm zu gleichem Zweck und Ziel Anordnungen halb wirt- schaftlicher Natur dienen, so das Schaffen von Verkehis- und Handels- zentren durch Städtegründungen, die gleichzeitig Kulturzentren waren. Am meisten wurde aber diese Politik in dem eigentlichen Verwaltungs-

1) cf. Plutarcli, Alexander 7.

2) Die Makedonier hätten .sich eben gern als die Gleichen ihres K/uiigs, alles andere tief unter sicli im Staube der Unterwürfigkeit gesehen, weil sie, wie ÜroYsen sagt: „im bösesten Sinne des Wortes .Asiaten gewoideu waren".

3) Ai-rian, VI Sil, :!. VII !); I)io<lo>\ XIX 14, .'>; Justin, XI 11, II. XII. 7. 1 XJI, G, 3. XIV; Cintiiis Kufiis, Bistuna Alexandri Mayni, VI G, 7; Fliitarch, Alexander 71 f. 4) Arrian 7,4. l'lut. Alex. 70.

21* 9

312 Arthur Kühler,

systoin betätigt, (luicli welclies Alexanders Reichsorganisation den Sclihiß- und Eckstein erhielt, und damit kommen wir auf seine Reichseinteilnng.

AVenn etwas imstande ist, zu zeigen, wie Alexander stets von dem (legeijeiien ausging und nicht so sehr neubildete als nach- und umbildete. so sind es die Einrichtungen, die wir kurz mit dem Begriff „Satrapie" zu- sammenfassen wollen. Wir haben ja oben gezeigt, wie die Satrapie im Perserreich die einzige Verwaltungsbehörde war. die zwischen Großkönig- tum und Untertanen stand; was war mitürlicher als daß Alexander, der ja auch im übrigen gern an bestimmte lokale und nationale Gewalten an- knüpfte, dieses Prinzip zur Grundlage für sein Regierungssysteni machte. Wie aber von Alexander nichts ttbernomnion wurde ohne persönliche Um- wertung, so erhielt auch die Satrapie ein anderes Gepräge. Sie wurde zunächst viel strenger umgrenzt und, damit die Satrapen nicht Herren ihrer Territorien, sondern königliche Beamte waren, wurde ihnen alles genommen, was ihnen eine Stütze für autonome Bestrebungen sein konnte. So wurde zunächst der Befehl über die Truppen in andere Hände gelegt, zumal in den Gebieten östlich des Euphrat (Babylonien, Susiana, Persis, Medien, Parthien und Hyrkanien, Areia und Baktrien). wo die Statthalter- schaft vornehmen Persern überlassen wurde oder wie z. B. in Karlen, wo nach Arrian (I, 23) Ada, die Schwester des einiieimischen Dynasten, die Herrschaft von Alexander erhielt. Denn auch darin zeigt sich die politi- sche Sicherheit Alexanders, daß er keineswegs schematisch die Herrschaft stets in die Hände von Vertretern einer Nation legte, wie das die Perserkönige getan, ') sondern einmal die politischen Grenzen nationalen Interessen und Bedingungen anpaßte, zum anderen auch den Charakter der Regierung von den Eigenschaften der Regierten, sowie seinen Beob- achtungen ihrer politischen Stellungnahme abhängig machte. So wuidcn. falls sie sicli nicht bewährten, die persischen Satrapen durch makedonische ersetzt.'-')

Aber auch das muß erwähnt werden, wie Alexander nel)en Strenge und Rücksichtslosigkeit, auch Milde und Rücksicht anwandte, wo eben letztere ihm zur Erreicliung des großen Ziels geeigneter erschien. Und luciits läßt seine weise Rücksicht besser erkennen als die Tatsache, daß er ältere, durch die Dauer der Zeiten erhärtete Rechte und auf sie gegründete Verhältnisse respektierte. Deshalb ließ Alexander bekanntlich

I

1) .sielie oben S. h.

2) Aus diesem Grunde erhielt Baktrien Aniyuta.s, Areia und Diangiane Sta- sanor, nach der Rückkehr aus Indien Persis Peukestes; Arachcsieu, Gediosien, Karniauien, (cf. Arrian IV, 27) und die 3 Indien (cf. .Arrian IV 2; VI 14) erhielten von voinhereiu makedonische Satrapen (cf. Arrian IV, 17, 18), während Tyriaspes, der Statthalter der Paropamisadeu, abgesetzt wurde, weil die Nadnielit eingelaufen war, daß seine Verwaltung nicht in Ordnung sei. Nachfolger wurde Oxyartes, der Vater der Rhoxane (ef. Arrian VI, lö).

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Beichnveru-cdtwKi und Pulitik Alexanders des Grossen. 313

den Geiiieiinvesen. die ortjanisiert bestanden oder bestanden hatten. In allen kommunalen Fragen Freiheit. Nicht nur wurde den hellenischen Städten Asiens in diesem Sinne die Autonomie wiedergegeben und durch Herstellung der Demokratie gesichert, auch die althergebrachte Förderation der Lykier blieb in voller Wirksand<eit. Selbst einzelne kleinere hali)- selbständige Dj'nasten beließ er auch innerhalb der Satrapien neben den Statthaltern.')

Wenn wir aber diese Tatsachen erwähnten, die Alexanders liberalen Sinn dem traditionelieu Recht gegenüber zeigen sollten, so mögen auch seine, wenn gleich schon bekannten Maßnahmen angeführt werden, die seinen liberalen Sinn im einclncn Fall erhellen. Ergab sich die Be- völkerung eines GelMets. die bisher kein eigenes Gemeinwesen bildete, so legte Alexander diesen Untertanen keine Regierung oder Regierungsl)ehörde auf. sondern forderte von ihnen nur Tribut. Wo ihm aber selbst die Auf- erlegung von Tribut eine Last für die Bewohner eines Gebietes dünkte, da pflegte er sogar den Tribut zu beschränken, um ihnen ein leichteres Emporkommen zu ermöglichen.

Welch großes Yerwaltungstalent spricht aus diesen Maßnahmen! Während fast zu allen Zeiten absolutistische Herrscher alles gerade durch den Zwang in ein und dasselbe System hinein zu bewältigen suchten. finden wir bei Alexander nichts von Uiiifürmierungsbestrebung. Nicht die Form, nicht das System beherrscht den Organisator, der ohne Enge und Eigensinn über den Dingen steht, der durchaus persönlich schafft und baut, aber mit voller Berücksichtigung der Eigenheit des Gegebenen.

Ein solcher Herrscher kannte aber auch die Gefahren, die großen Reichen von Seiten der mehr und mehr erstarkenden Beamten drohen. Sollten die Untertanen nicht die Regierung als drückend und lästig empfinden, so durfte der Steueidruck bekanntlich die empfindlichste Staatsbürde nicht unbillig stärker als nötig gemacht werden. Das war früher durch die Satrapen geschehen, und dem wußte nun Alexander vor- zubeugen.

Um nämlich die Steuer- und Tributpflicht nicht von vornherein der Willkür der Statthalter preiszugeben, setzte er in den meisten Satrapien wohl vurnehmlich in Kleinasien und den syrischen Gebieten neben dem Satrapen einen Steuereinnehmer als selbständigen Beamten ein. Daß damit gleichzeitig den Satrapen das Recht der Münzprägung, das sie unter Darius besessen hatten, entzogen wurde, liegt ganz in der Tenileuz dieser Politik,-)

1) ■/,. B. iu Baktrien beliiolt Cliorietics sein Gebiet mit der Burg. Arrian IV 21. 9.

2) Mau wird aunehiueu diirfeu, daß Alexander entweder die Münzen in seinen Städten unter Verantwortung der städtischen vielleicht königlichen Beamten oder durch seine Schatzmeister Harpalos, Pliiloxenos usw. gewiß oft in seinem Hof- und Feldlager prägen ließ. Vergleiche ^Veil, Antikes M iinzr echt S. 21; Imlioof- Blumer, Nim. Zeitschrift 111 p. 288.

11

Mi Arthur Köhler,

und daß Alexander damit den Satrapen das Mittel zur Erlangung selbständiger Macht entzog, war für ihn keine unbeabsichtigte Nebenwirkung, vielmehr hatte er bereits aus dem Heimatiande die Erfahrung mitgebracht, daß die Erhebung der Beamten zu Machthabern sich in der Regel auf großen Be- sitz stützt, der durch starke Ausnutzung des Steuererhebungsreclits ge- wonnen ist.

Durch diese Dreiteilung des Satrapenamts aber in eine Heeres-, Ver- waltungs- und Finanzbeamtensteile waren drei einander gleichgestellte. nur vom König abiiängige Behörden geschaffen, und es braucht wohl nicht erst betont zu werden, in wieviel höherem Maße damit die Gewähr einer zentralen und doch geschmeidigen Verwaltung gegeben war. Kurt Breysig hat recht, wenn er darauf hinweist, daß so sehr damit auch nur die aller elementarsten Voraussetzungen für den weit verzweigten Aufbau von übei"- und untergeordneten Ämtern und Behörden, wie er uns heute für eine Reichsverwaltung uuerläßlicli erscheint, gegeben waren doch eben darin die hoiie politische Bedeutung Alexanders liegt, daß er hier zum ersten IMale in einem Europäer-Reich die Elemente einer territorialen Einteilung gefunden hat. Wie groß war doch bei dieser Teilung eines viele Tausende von Quadratnieilen umfassenden Staates in Provinzen die Gefahr des Auseinanderfallens und des Zerbröckeins, wie es unter den Händen anderer Eroberer immer und immer wieder geschehen ist.

Daß Alexander diese Gefahr kannte, ist wolil sicher anzunehmen, und so wird man auch vermuten können, daß er im weiteren Verlauf seiner Regierung noch in umfangreicherem Maße Zentralstellen des Staats- reginients gebildet hätte, die nel)en der Krone standen, um sie teilweise zu entlasten. Ich sehe Ansätze dazu in der Einrichtung des obersten Großwürdenträgers im Staat und Heer, der Chiharchie') (Hephästion) und eines Kanzlers'-) (Eunienes). Auch der Versuch einer einheitlichen Steuer- verwaltung durch Bildung eines größeren Bezirks ist hierher zu rechnen. Nach seiner Rüclckeiir aus Ägypten (331 v. Chr.) legte Alexander nämlich die Erhebung der Steuern in ganz Vonlerasien diesseits des Tauros in die Hände des Philoxenos, gleichzeitig ward Harpalos zum königlichen Schatzmeister ernannt. '0

Wie aber hier, so würde wohl auch noch in anderen Stücken die Alexander-Verfassung über die altpersische, aus der sie hervorgegangen, hinausgewachsen sein. Hatte sie doch wichtige Stücke neu geschaffen, von denen zum Schluß um- noch auf die Gründung von Städten, deren es bis dahin in den (iegenden östlich von der Euphrat- und Tigrisland- schaft kaum gab, hingewiesen werden soll, wenngleicii der Schwerpunkt

1) Diodor. XVIII 48,5: Arr. Diad. 3.

2) Arr. V24, ü; VII 4, Ü. 3) Aniau III (n 4: 19,7.

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Reichsvern-dllumj und Politik Alexanders des Grossen. 315

dieser ririmdungcn iiiclii- in dpiii wirtschaftlichen und kulturellen Moment zu suchen ist. Gleichwohl würde auch aus der Darstellun;;' der Städte- grüuduugen. die als solche wohl bekannt und iu der l^iteratur über Alexander d. Gr. genugsam besprochen sind, noch ein neuer Beitrag für die von uns aufgestellte Theorie der Aiihängigkeit der alexandrischen A^erfassung von der makedonischen und persischen erbracht werden können. Denn wollten wir dabei vergessen, daß auch diese politische Maßregel Alexanders seinen Erfahrungen entwachsen ist. die er bereits in seiner Jugend im Heimatlande Makedonien gemacht, als er sah. wie der Vater durch seine Städtegründungen das Land zu einigen, die kulturellen wie politischen Unterschiede zu verwischen. Handel und Ver- kehr zu beleben suchte?

Stehen so für diese wie für andere Grundzüge seiner Politik die An- lehnungspunkte, ja wenn man will, die Umrißlinien in den makedonischen und persischen A'orbildern fest, so wird uns damit doch keineswegs das Bild von der Herrschergröße Alexanders getrübt. Nicht auf das .,Was'\ sondern wie so oft l)ei der Erfassung einer großen Persönlichkeit auf das „Wie" kommt es an, nicht das Stoffliche, sondern das Formale bestimmt das Charakteristische, so widersinnig dieser Satz an sich klingen mag. Bereits in der Durchdringung des Überlieferten mit seiner persönlichen Auffassung prägt sich der Genius aus. ohne daß das Gewonnene auch nur im Geringsten den Charakter des Zwiefältigen zur Schau trüge oder etwa gar der eigenen geschlossenen Größe des Schöpfers nachstünde. AVodurch würde das besser bewiesen, als durch die Anschauung neuerer und älterer Historiker, die in dem Werke Alexanders lediglich den Neubildner Alexander sahen und darüi)er vergaßen, das Geschaffene aus dem Überlieferten abzuleiten.

Fragen wir uns mm. ob es denn Alexander gelungen ist. eine Staats- verfassung zu schaffen, die ein solch gewaltiges Reich zu umgürten vermochte?

So zweifellos wir die F'rage bejahen möchten, so sehr werden wir doch eingeschüchtert durch den (bedanken, von welch geringem Bestand seine Gründung gewesen ist. wie eigentlich mit dem letzten Atemzuge .\lexanders sein Haus zusammenzubrechen, sein Reich unterzugehen begann. Es wäre ungerecht, wollte man diese geringe Dauer seiner Schöpfung darin begründet sehen, daß es ihm nicht gelaug eine Staatsgesinnung zu schaffen, die getragen von starkem Nationalgefflhl die Individuen derart beseelte, daß sie Träger und Fortführer der organisatorischen Ideen des Herrschers wurden. Denn wie wäre dies zu erzielen möglich gewesen bei einer so kurzen Dauer seiner Regierung, und deshalb muß wenn je in der Geschichte auf das Schicksal als auf einen aktiven Faktor hin- gewiesen wurde. in der Geschichte Alexanders das tragische Verhängnis angeklagt werden, das ilui kaum über den Bau des Fundaments hinaus- kommen ließ.

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31(i Arthur Köhler, RetchsvertmUnng und Politik Alexanders d. Gr.

Nicht Jahre. Jahrzehnte wären nötig gewesen, imi den Ban unter Dach zu bringen, auf daß ihm kein Sturm innerer wie äußerer Zerklüftung schaden konnte. Dies zu erreichen sollte Alexander nicht vergönnt sein. In der Blüte der Jahre voll froher Hoffnungen, gefestigt durch das und in dem, was er geschaffen und woran nun seine ganze Seele hing, ward dem Heere der Führer, dem Reich der Herrscher, der Gründung der Gründer, alles in allem der Mittelpunkt und Kern alles politischen und staatlichen Lebens durch den Tod hiuweggorissen ein tragisches Schicksal, weil damit eine Unsumme von Arbeitski'aft ohne Potenzierung blieb. Ein tragisches Schicksal aber auch für die Erben des Reiches, weil es ver- messen gewesen wäre, liätten sie von sich annehmen wollen, ähnlich oder gleich heroenhaft begabt zu sein, um das angefangene Werk in seinem Sinn weiter zu führen, und weil sie von vornherein mit stiller Resignation zuschauen mußten, wie die herrliche Blüte ohne Fruchtansatz bliel). wie von der gewaltigen Saat nur ein kleiner Teil einen Ernte- ertiag erhoffen ließ.

Uns aber, die wir heute aus der Vogelschau einiger Jahrtausende die Politik dieses gewaltigen Herrschers betrachten, bleibt doch liei alledem die volle Vvürdiguug und ehrfurchtsvolle Bewunderung des großen Ab- solutisten, dessen erhabene Genialität uns nur einen Vergleich mit Cäsar und Napoleon, den größten Vertretern imperialistischer Macht erlaubt, nur daß uns bei Ale.xander kein Mißerfolg, keine abwärtsführende Linie seiner Entwicklung die hellen Strahlen glänzender A'erhcrrlichung zu ver- dunkeln vermögen.

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317

Zum Streit um die Entstehung des Monumentum Ancyranum.

Aon Ernst Koi'iu'iiiiiiin.

Seit iiipiiipr Erwidpiuiif^ auf Wilckeiis lüinväiule üPRen moiiip Hypothese von der Entsteluinf)' des Monuiiientuni Ancyrammi (Beitrcuje W S. 88 97) haben zwei Gelehrte zu tier Kontroverse das Wort ergriffen. I''r. Koepp in einem Aufsatz der Römischen Mitteilungen'^) und V. (iardthausen im Schlulöband seines Augustus.'') Beide lehnen hei aller Anerkennnni; des aufgewandten Scharfsinnes'') meine Auf- stellungen al). Gardthausen. indem er gleichzeitig den Vorwurf erhel)t. daß ich dem Augustns als Schriftstellei- nicht gerecht geworden sei, viel- mehr dessen Redaktionstalent entschieden unterschätze.*) Das ist meiner Ansicht nach ein Vorwurf, den ich am allerwenigsten verdient habe. dei- dagegen diejenigen treffen mulS, die die Darstellung des Monumentum trotz der auffälligen Mängel in der Disposition^) in einem Zug sich ent-

1) Bemerkungen zum Monumenhmi Ancijranion, Böni. Mitf. XIX, 1904, 51 l'.K

2) 1,3 12i)ü— 129,-) und 11,3 879 f.

3) Koepp 77, Gardthauseu 1292. Koepp nennt zudem S. 58 meine Arljeiten _eineu höclist beachtenswerten Ver.sucli."

4) Ein äliuliclier Vorwurf steckt in den Worten Koepps 781'.: .. leii trete dem Wert der Urkunde nicht zu nali, die elirwürdig und einzig in ilner Art bleibt: nocli weniger dem .Vndenken des Augustns, dem viel elier die anderen Unrecht tuDi^die ihm niclit zutrauen möchten, daß er am Schlüsse eines langen Lebens in kurzer Zeit und sozusagen in einem Zuge diese paar Seiten niedergeschrieben habe, die\!as seinem eigenen Wort niciit glaulK-n wollen."'

5) Auf diese Mängel der Disposition legt gerade Koepp rücksichtslos den Finger, so S. 51: „Jeden aufmerksamen Leser der Aufzeichnungen des Augustns muß die Anordnung des Stoffes höchlich befremden"; „auf jeden Fall ist zwischen die beiden .... Abschnitte der zweite von den impensae in anstößigster Weise mitten hineingestellt"; S. 56 kehrt der Hinweis auf „die befremdliche Anordnung der drei Hauptabschnitte- wieder: S. (i? wird gesagt: „Aber niciit einmal diese beiden Hauptabschnitte sind reinlicli geschieden, und im Einzelnen herrscht ein Durcheinander" etc.: S. 68 heißt es von dem dritten Abschnitte sogar: „Hier ist alles durcheinander geworfen" (diese, wie die vorher- gehenden Worte sind von mir gesperrt). Man traut dann seinen Augen kaunj, wenn am Schluß des Aufsatzes die.selben Fakta als „kleine Verlegenheiten" (S. 77) oder „kleine Mängel" (S. 79) angesprochen werden. Das nenne icli die Probleme niit Worten verschleiern, anstatt sie zu lösen.

l

81 s Eriid Kurncmaiin.

staiulen denkoii. Gei'ade das unerträKliclic DiirclieinandtT in dem Dokunipiit liat mich, wie Koepp es richtig' ausdrückt^, ..auf die Kiklänini; durch ein ül)ereiiiaudei- verschiedener Redaktionen" liingedrängt. Icli denke also von dem Redaktionstalent des Au.n'ustus entscliieden hölier als meine Gegner.

Gardthausen stellt im allgemeinen in der Gesanitauffassuiig ^Vilckeu sehr nahe, dessen gegen mich gerichteten Aufsatz im Hermes er noch benutzen konnte, während das Koepp niclit möglich war.-) Was (iardt- hausen zur Begründung des Wllckenschen Standpunktes neu beibringt''), hat mich nicht überzeugt.'*)

Koepp ist noch konservativer. Er tritt für die überlieferte Ent- stehung des Dokumentes ein. sucht aber gleiclizeitig meine Hypothese in einem I'unkt durch eine neue zu ersetzen, nämlich durch die Annahme eines umstellenden Redaktors, an Stelle eines umgestaltenden'''), (1. h. er glaubt, dali ein (25) oder vielleicht sogar drei Kapitel (25. 3i. 3.T) erst naciiträglicli (hnch Tiberius oder einen Mann seines Vertrauens an die Stelle gekommen seien, an der wir sie heute linden. Sie hätten ursprünglich im ersten Hauptabschnitt gestanden und zwar c. 25 sicher nach c. 2. c. 34 vielleicht'') (meiner äheren Annahme folgend) nach c. 13 und c. 3.'i nach c. 14.

I'rüfen wir diese Hypothese auf ihren Weit. Seltsamerweise scheint Koepp eine solche Tätigkeit des Redaktors ..zum mindesten sehr viel wahrscheinlicher" als die ihm von mir zugemutete. Das vermag ich nicht zu linden, zumal wenn man. wie Koepp. der Ansicht ist. daß ..ilie von

1) S. G7.

2) Koep|p .'.8, 1; nur in den .\nnii.'rUuoi;t.Mi ist l>t'i ilun micli (l:inuif K'ücUsicht K'Mionimen. 3) S. 12i)3f.

4) Das ganze Kapitel über das Meuumentiun .Vncyraniini befriedigt sehr wenig. Es entliält ganz grobe Widersi)rüclie: S. 1-2111 wird richtig betont, daß .diese Urkunde nielit unvollendet unter den Papieren des .\ugustus gefunden wurde, sondern daß der Kaiser sie abgeschlossen und ... den vestalisclien .hingfrauen übergeben hatte": kurz vorher sowie S. 1284 unil 12'.I.t wird dagegen liehauptet, daß Augiistus bereits mit „einer letzten Redaktion" gerechnet habe. Oder: S. 12so und 128,'j wird richtig die Überschrift der ancyrunischen Ko]tie als niclit von Augustus, S. 1280 vielraeiir von Tiberius lierrülirend be- zeichnet: in <leiii .Vninerkuiigeuband S. 87(5 oben wird aber genau das Gegenteil gesagt. Kndlicb ist es niclit zu Idlligeu, daß ein ernsthafter Forscher den Aus- weg von J. \V. Beck, das Monuuientuiu sei eine antike Fälschung, einer Er- wähnuug, zumal im Text (S. 1294 f.), für würdig erachtet, v. Ddiuaszewski ('.SVrcwa Udhigiana ho, 4) spricht mit Recht von dem „seltsamsten Einfall, der dem Pro kriistesbett der Quellenkritik je abgezwungen wurde" ä) S. 71.

(i) Bezüglich c. 34 und 35 wagt Koepp keine sichere Entscheidung. Die im Text (S. 72) ausgesiiochene Ansicht nimiut er selbst in der Anmerkung (72, I wieder zurück. Wir loinichen uns also hier ndt der Widerlegung nicht auf- zuhalten.

ZiDH i^freit um die Entstehuiifj des Monumentum Anri/runuiii. .'il'.t

Augustus nipclerftescliriolx'iicii Satze der letzten YolleiulunK siclitlicli cnt- belirten". M Weiter pal.U der radikale p]iiit;riff in die Heilienfoliic der Kapitel gar niciit zu dein Wesen des Tiberius. i\v\- mit peinlichei- de- wissenliaftigkeit das Werk des Aiignstus wie im Leben so aiicb sieber in dieser Darstellung respektiert bat.-) Audi ist die Motivierung der angeblieben Kapitel-rmstellung eine vollkommen ungcnügeiule.-'') Endlicb leidet die xVrgunn'ntation Koepps an einem groben Widersprucb. Kr bekämpft meini' Datierung der Abfassung von Abscbnitt I in dei' Weise, dal) er die cb i'onol ogiscbe Anordnung des Stoffes in diesem Teil in den Hintergrund drängt und einer saeblieben (iruppiernng das Wort redet ^), verbessert aber die auf uns gekommene Urkunde dann sellist dureli die Umstellung von e. 2'). ev. aucb zweier weiterer Kapitel, um (U'w urspi-ünglicben Kntwnrf des Augustus zu erbalten. Was ist diese Annalime anders, als eine Konzession an das Prinzip der clironolo- gischen Anordnung?

Die Hauptfrage jedocb ist: paßt denn c. wirklieb so ausge- zeiebnet an die ibm von Koepp zugewiesene Stelle? K. bat uns das Urteil liier in dankenswerter Weise sebr dadureb erleielitert. daü er die ersten vier Kapitel des Monumentum mit c. 20 an der von iiim vermuteten Stelle zum Aiidruck gcbraclit liat.'^) Wer die fünf Kapitel oline Vorein- genommenbeit in der neuen Reibenfolge auf sich wirken läßt, wird sieb leiclit von der Unannebmbarkeit des Vorschlages überzeugen, c. 25 be- ginnt mit den Worten: mure pacavi a praedonihus. Daß mit diesem und dem dann folgenden Satz für jeden Römer deutlich genug auf den See- krieg gegen Sextus Pomiieius angespielt wird, betont Koepp in Ueber- einstimmung mit den Erklärern des Dokumentes. Mommsen eingeschlossen.'') Das darauf angeblich ursprünglich folgende Kapitel 3 hat aber im Ein- gang die Worte: [bei\la terra et muri €\iviUa exter]naque toto in orbe ter-

1) S. 71. Vgl. dagegen Ganltliau.suii 1-291 (oben S. 318 Aiuu. 4). •2) Viel richtiger urteilt über Tilteriu.s Gardthauseu 1280 uikI 1J87.

3) In einer für niicli gäuzlicli uuverstiiiHÜicheD Weise soll e.s der Stiiluli von c. 27 gewesen sein, der den Kedaktor veranlaßte, das 25. Kapitel an .seine jetzige Stelle zu versetzen. Dagegen sclireibt mir mein Schüler Sigwart mit vollem Recht: „Aber wie unwahrscheiulich i.st es docli, daß der Redaktor ein Kapitel, das nach des Verfassers Meinung ausgezeichnet an seine Stelle paßt, an eine weit entlegene Stelle versetzt, blos um dadurch zwei Sätze am Schluß des übernächsten Kapitels be.sser verständlich zu maclien," ein Ziel, das, wie ich liin/.utügen möchte, nicht einmal erreicht worden ist.

4) S. 60 ff. Für deu Teil, der mit c. 5 beginnt, habe ich meine AustVdirungen selbst schon modifiziert, vgl. Beiträge IV S. 95 f.

5)S. 70A. 1. K. weicht mit Recht in den Ergänzungen mehrfach von Mommsen ab. Meiner An.'^icht naeh aber hätte er auch in I, 18 a [me emptos] fallen lassen und mit Bergk a[dsi!/iiavi] schreiben sollen. Die Autnahine von [et erant] in I, 29 statt \et a(jeba]m ist zu billigen, vgl. F. Gottanka, Sitdons Vcrhälhiis zii der Denkschrift des Augustus, Mimdieuer Diss. S. 54 f. (J) Ues gestac'- S 97.

320 Ernst Kornemann,

ramm s\xistepi\ Naclulem also sclioii von einem bestiiiiniten Seekrieg die Rede war, soll dann noch von allen Seekriegen neben den Landkriegen ini allgemeinen gesprochen worden sein: dal.) das unmöglich ist, liegt meiner Ansicht nach auf der Hand, die umgekehrte Gedankenfolge, der Übergang vom Allgemeinen zum Speziellen, ist allein natürlich.

Schon aus diesem Grunde ist von der kühnen, angeblich durch den Redaktor erfolgten A'crsetznng des Kapitels Abstand zu nehmen und dafür der Versuch zu machen, dasselbe an der überlieferten Stelle zu verstehen. Die Stichworte der Darstellung sind mare Italia provinciae (mit iura- vit mruverunt). und der mit irrovinciae angesponnene Faden wird in c. 2(i mit den Eingangsworten omninm prov[inciarum ganz passend weitor- gesponnen. Soweit ist alles in Ordnung. Auffällig aber ist und das hat auch Koepp empfunden') die Dazwischenschiebnng des Schlul.isatzes von c. 25 mit der Angabe der Zahl der Senatoren. Konsuln uiul Priester, die unter Octavians Fahnen gedient hatten. Wenn überhaupt in dem Kapitel ein Platz für den Satz ist. so sollte man ihn nach den Worten, die von Italien handeln, erwarten. Warum steht er am Ende des Kapitels? Auch dafür läßt sich. glaul)e ich. ein Grund finden.

-Meine beiden Kritiker haben ganz richtig von neuem darauf auf- merksam gemacht, daU Augustus die Urkunde ..füi' die grol-ie ilasse der hauptstädtischen Bevölkerung" verfal-Ue.-) Dadurch ist nicht nur die Stoff- auswahl (Häufung von Zahlen, von Namen der Besiegten usw.), sondern auch die Stoffanordnung mitbedingt. Ähnlich wie in einer Rede vor dem gemeinen Mann hat der Kaiser auch in diesem Dokument, das für die plelis Bomana geschrieben war. die wirkungsvollsten Sätze ans Ende der Gedanken-Abschnitte und Absätze gestellt, er hat mit anderen Worten seine Trümpfe immer am Schlüsse ausgespielt. Kür die beiden Schlull- kapitel des Ganzen habe ich diesen Satz schon früher erwiesen, und Wilcken hat mich unbeabsichtigt dabei unterstützt.'') Heute glaube ich weitergehen und geradezu von einem Kompositionsgesetz des Monu- mentum sprechen zu dürfen, das sich ebenso für das Ende der Haupt- abschnitte, wie auch mancher Kapitel erweisen läßt. Der erste Haupt- abschnitt endigt im Gegensatz zur chronologischen Anordnung"*) mit den Schließungen des lanustempels unter gleichzeitigem Hinweis auf die Über- trumpfung der Vorfahren in dieser Richtuug (c. 13). der Abschnitt von deu tmiiensae erhält einen wirkungsvollen Abschluß mit c. 24. wo die Zu- wendungen an die Götter und ihre Tempel aufgezählt werden, der dritte Hauptteil aber gipfelt in den Kapiteln 31 33. wo nicht mehr nur von den Erfolgen gegenüber fremd(>n Völkern, sondern von deu ausländischen reges,

1) S. G'.l. i) Gardtliauseu 1:^81), ebeusu Koepi) 78.

3) Hermes 38 S. (;-20 und BeifriUie IV S. iU, 1.

4) Darauf macht Koei)p 63 aufmerksam.

Zum Streit um ilic Kntstchiimi des MoniDiioilitm Av(//rai>i<ni. 3".M

die vor dem dnx liomanomm im St;uil)o laf^cn. die Kcdc ist. die alle mit Nanioii aufs;(v,;ililt werden. Zu dieser ..Pdiiite" hal)eii wir ein voi- ziiftliches Ge,<;'enstiici\ in einem Ka])itelselilul.i. niimlich von c 4. Dieses schiiel.U. wi'nn wir den letzten Satz: con.-iul fueraiii etc.. den auch Koepp mit Recht abtrennt'), beiseite hissen, mit dein Hinweis auf die Könige und (He Köniijskinder. die in Octavians Triumpiien vor dem Wagen des Sieiiei's einherzielien nnU.iten. X'on den Triumpiien aijer ist im ersten Satz des Kapitels die Rede: man sollte also erwarten, dal.i der eben be- rührte Gedanke im zweiten Satze des Kapitels stände: statt dessen bildet er den Abschlul.). Aus demselben (rrnnde endigt meiner Ansicht nach das c. 3 ganz unvermittelt mit der Notiz von den (!()() durch Octavian genommenen Schiffen, die den Inteijjreten soviel Kcipfzerbrechen bereitet haben. Erfolge zur See und fremde Könige im Triumph: das war das Höchste, was ein römischer Imperator zu verzeichnen hatte.'-) Von hier aus wird, glaube ich. auch die Zahlenangabe am Schluü von c. 25 ver- ständlich. Augustns" Bestreben ist also gewesen, wo irgend möglich, die wirksamsten Gedanken ans Ende der Kapitel und Abschnitte zu stellen -M. wie er auch das ganze Dokument mit denjenigen Kapiteln hat schließen lassen, die ..einen aulienirdentlich wirkungsvollen Abschluß des Ganzen"'*) bieten.

Diese Betrachtung hat uns von selbst noch einmal auf die vielum- strittenen Kapitel 3 und 4 geführt, deren Komposition mir nach wie vor besonders kunstvoll erscheint. Denn hieran sowohl, wie an der Anschauung, daß damit die Erzählung von den Kriegen der Triunniralzeit ersetzt wird, halte ich fest, wenngleich Koepp die letztere Aufstellung ..eine nicht sehr einleuchtende Behauptung"" nennt.'') Für diese ..Behauptung"" läßt sich aber meinei" Ansicht nach der Beweis erbringen.

Der Anfang von c. 3 zerlegt die Kriege Octavians in bella civilia und externa und beide Gruppen dem Schauplatz nach gleichzeitig in Land- und

1) S. 61 mit Auui. 1.

2) Für den Sieg über Se.xtus Pciiii])eiu,s erhielt (Jcfavian eine vergoklete Statue auf einer mit Scliift'sselniäbehi gesclunückteu Siiule, die auf dem Forum zur Auf- stellung- kam. A))i)iau b. c. V, 130, vgl. die Darstellung auf einer .Münze, abgebildet bei Gardthausen 1, 1 S. 281. -- Die starke Hervorhebung der Könige und Königs- kinder im Triumphe war vielleicht ein letzter Schlag des Octavian gegen die „Königspolitik" des Antonius; über diese Politik Kroraayer, Hermes 33, 1898, S. 33 ff., bO f., 68.

3) Mau vergl. auch den Schluß der Kapitel .i, 6, 8, 10, 11. .\m auftälligsten ist die Stoft'verteiluug in c. II und 12. Der erste Satz von 12 ist, obwohl er in- haltlich zu c. 1 1 gehört, zu jenem Kapitel gezogen. Das läßt sich doch wieder uur dadurch erklären, daß der Verfasser die Kunde vou dem Augustah'a be- nannten Tag (12. Oktober) aui Ende eines Kapitels haben wollte. Das ist hier die .Pointe".

4) Worte von Wilcken (S. 620). ö) S. 61.

;V22 Ernst KornmuDin,

Scrkriem', ') Dio //e/ia c^y^//« und die .Sceki-iut;!' uiialUii iliiiTi Absclilul.) mit dem Sies ^O" Aktiuni. Was die ersteien betrifft, so beweisen das unser Monument selbst (c. '^\, VI 13: p[ostqwim hella nvil]ia exstmxerani). wie auch Veileius-') und Sueton letzterer durcii seine Aufzählung {Auf/. 9)'M klipp und klar: nach der offiziellen x\uffassung der augustischen Zeit war mit Aktium die Ära der Bürgerkriege zu Ende.^) In die letzten Bürgerkriege fallen zugleich auch die einzigen Seesiege des Octavian. Die Erzählung von der Wegnahme der 60U Schiffe am Ende von c. 3 erinnerte jeden hauptstädtischen Leser an die Epoche bis Aktium mit ihren groUen Schlägen gegen Sextus Pompcius (Mylae, Naulochos) und Antonius (Aktium)^), durcii die die überseeische (letreidezufuhr für Rom wieder sichergestellt wurde. Zu den hella externa gibt Sueton den besten Kommentar mit den Eingangsworten von c. 20 der vita Aug.: externa hella duo omnino per se gessä, Delmatkum adulescens adhuc, et Antoiiio

devirto Cantahricum reliqua per legatos administruvit. Sind diese

Worte Suetons mit Recht hierhej gezogen, so müssen wir allerdings unsere frühere Ansicht dahin erweitern, daß der erlauchte Verfasser ursprünglich die äuLieren Kriege nicht nur bis 31. sondern bis etwa 25 v. Chr. her- unter in c. 3 zusammengefaßt hat: das paßt aber sehr gut zu meiner kürzlich geäußerten Anschauung, daß der erste Entwurf sich an die Auto- biographie anlehnte.'') Daß die Worte vidor pei)erd, so wenig sie auch

1) Die.se Sclieidung in Land- und Seekriege findet sich auch sction auf der Inschrift unter der Statue Octavian.s nacli dem Sieg iiber Sextus Pompeius 71S3(;, Appian ().<•. V. 130: oben S. 3-21 A. 2.

•-') Vell. 11,89: finita rkcsmo anno hella civilia, ähnlich Tae. Ann- III, 28; Liviiis Epit. 133; dazu Moiiiiuseu, Res yedae'' 146, der die Zeitangabe de.s Veileius richtig auf 705/49 bis 724/30 l)ezielit.

3) Bella civilia (juinqtie gassit: Mntinense. Pliilippense, Perusinnm. Siculiim. Aciiacmn. Da der nuitineusi.sclie und der philippensi.srhe Krieg in c. 1 und 2 si-hnii erledigt .sind, so bleiben füre. 3 noch ilie drei zuletzt genannten. Nebenbei bemerkt bin ich gegen WilcUen (Hermes 38,623, 3) der An.siclit, daß Sueton das .Mduunii'ntMMi direkt benutzt habe, allerding.s war es nicht seine einzige Quelle, vgl. K. Uottanka, Suetons Terhiiltnis ru der Denhscliiiff des Augnstus, Münchener Diss. l:i()4 und W. Fürst, Erlangener Diss. 1904 (nüt gleichem Titel).

4; Daher werden im Mimumentum die Unndien und Revolten, die nach dem .lalire 31 noch erfolgten, verschwiegen. Interessant ist in dieser Beziehung ein Vergleich der Erzählung im Anfang von c. 12 nnt ('assius Dio .')4, 10. Mommsen (lies gestae- 48) bat riciitig gesehen, daß au beiden Stellen dieselbe Gesandtschaft gemeint ist. Aber in den beiden Berichten entspringt die legatio ganz ver- schiedenen Motivi'u. bei Cassius Dio der Notlage des Staates infolge von Unruhen hei (lei- Konsnhvald, im Mduunientum dem Zweck der Ehrung. Von den L'nruhen in Itiim zu reden, hatte Augustus auch hier vermieden.

.'■)) .\ppian /<. c. V, 108; Plut. Aut. 68.

C) Beiträge IV S. 90 f. Man le.se aber auch Velh-iiis II, 89: finita ricesimo anno hella rivilia, sepiiUa externa, revoeata jmx, wo schon zu dem .hihre 725 29 diese an inisere Stelle stark anklingenden Worte geschrieben sind.

Zum Streif vtii die Enfslelnivfj des Momnne.ntum Aneural} um. Hu'H

mit (Ion Tiitsnclioii in Kiiikliuiii stellen, sieii ..vorzui;sweise nur die Zeit bis zur Selilaclit l)ei Aktiuni Ixv.iohen". ist schon von anderer Seite l)(>tont worden.') An unserer Stelle haben wir die ofhzielle Version, die mit Rücksicht auf Octavians Benehmen nach der Schlacht bei Aktinm f;ei)r;ii;t worden ist-), und die in der Verleiiiuns" der Corona querna civim civ/lms serrateis oder ob cives servatos vom Jahre "27 iliren Ausdruck tjefunden hat.'') Das (iegenstück zn der seKt'»i'il»'i' <'<'" Bürgern betätigten Milde ist der im folgenden Satz von c. 3 steheiide Hinweis auf die Schonung äußerer Feinde, wenn irgend die Staatsraison es erlaubte. Im allgemeinen liaudelt darüber auch Sneton '). die beste Illustration aber bietet Appiaus Darstellung der illyrischen Kriege der Trinmviralzeit.'') Die Veteranen- versorgung, auf die dann angespielt wird, ist niemals in grölierem Maßstab vorgenommen worden, als nach den Schlachten von Philippi und xVktium'^), zunächst allerdings ausschlieiilich mit Land.")

Zum ersten Satz von c. 4 ist wieder Suetou heranzuziehen: Aug. 22: his ovans inyresstis est nrbem, post Philippense et rursus post SieidiDii bellum, curidis triuvijjJtos Iris eyit, Delmaticum, Aetiaaim, Alexandrimim, continuo triduo omnes: also Anspielung auf die beiden Ovationen vom Jahre 714/40 und 718/3t), sowie auf den großen dreitägigen Triumph vom 13. 15. August 725/29. Im ersten Entwurf stand in der dann folgenden Angabe übei- die imperatorischen Akklamationen natürlich eine andere Zahl, vielleicht octies. Zum S. Mal wurde Augustus Imperator nach dem

I) W. Fürst iu tier S. 32i A. 3 zitierten Diss., 31 f. Hier sind auch die Stellen au.s Suetou uml Cassius Dio ziisarameugestellt, die im Widersprucli mit dem Mo- iiumeiitiuii stehen (Suetou, Aug. 13 und 15, Cassiu.s Dio 47,49; 48,14 und .')l,-i); versl. auch Mommsen, Res gesiae- 6.

■2) Dieselbe Verslou gibt der Vertreter der hötischen Gescinchtsschreibung, \'elleius Paterculus lll, 8(i), wieder: ndoria vero fiät chme^ilissima nee quisquam intercmptiis est (daun ist der Text verderbt): anders urteilt aucli über Aktiinii Ca.ssius Dio 5i, 2, dazu Gardthausen I, 1 S. 3?4, II, J S. 207 A. 24.

3) Vgl. Fast, l'raeiiest. zum 13. Januar: CIL 1- y. 231 uml eine An/.alil Müuzen, über die Momuiseu, ües (/estec- 149 It'. handelt; auch Ovid, Tt-ht. lll 1,47, Val. Max. II 8,7, Cassius Cio 53, IG Mon. Ancyr. c. 34, VI, 18.

4) Aug. 21. öi Man le.se Illyr. IG und die folgenden Kajutel.

(i) Suet. Ai(g. 13 Ende, Moit. Ancyr. o. 15, III 17—19: nach dieser Stelle waren im Jahre 725/29 in den Kolonien schon 120000 Veteranen zur Ansiedlimg geln-aclit. Hygiu de limif. \>. 177 (Grom. ed. Laehmann) sagt: dirus Augustua {posiqimm] (id- signaoit orbi terrarum pacem, milites colonos fecit, Moramseu, Res gesiae'' 14(>.

7) Cassiu.s Dio 54,25 z. J. 741/13, auch Suet. Aug. 49 (die Stellen sind aus- geschrieben von Mduimsen, Res gestae'' 9). Es fehlten also ursprünglich in unserem Dokument die Worte: aut remisi in municipia sua und die diesen ensiireiJiendcu atä pemniaui pro plraemiis milit]iae dedi (über die Wecliselbeziehung beider Stelleu s. Mommsen a. a. 0. 81; sie sind erst hereiugekommeu, als im 2. Abschnitt das Kapitel 1(1 geschrieben worden ist: vgl. lat. III, 30—32: niilit[ibiis, (/»|os- emeriteis stipe^idis in sua tiuinicipi[a re)iiis]i, piaeiii[ia tijuiHeraio iiersolvi.

324 Ernst Rornemunn,

Ciuitabiischeii Kriej;. ') Ablcliiiuiificii \on Tiiuiiiplicn wcitk'ii auch schon aus der Triumviialzeit und den ersten Jahren des Prinzipates genügend erwälint.'-'l Von zwta soluta nacli dem beJliun Philippense (aeäes Martis) und der ej-peditio Cuntahrica {aedes Jovis tonantis) weil.) Sueton Aug. 2il zu bericliten.'') Zu den AVorten: oh res a [me aut per legatos] meos ans- jncis mcis terra m\ariqH]e pr[o]spere gestas etc. vgl. man Sueton elienda 21: domidf autcm jwrfivi ductu partim auspkiis suis Cantabriam, Aqui- faniam, Pannoniam, Dehnutiam cum Illyrico omni.*) Nach der Angabe der Summe aller empfangenen Supplikationen und der Zahl der Tage (wofür wir wegen Mangel an Quellenzeugnissen die ursprüngliche Angabe nicht wiederherstellen können) kehrt der Autor aus dem (iruiule. der oben (S. 321) sciion angedeutet ist. zu seinen Triumphen zurück. Gerade die Schlußsätze von 3 und 4 sind für meine Auffassung beweisend: der letzte Satz von c. 3 führt deutlich auf 723/31. der entsprechende von c. 4 auf 725/29 zurück.

Dann kommt nach c. 4 die große Lücke, da das jetzige c. 5 erst mit dem Jahre 732/22 einsetzt. Zwischen 725 und 732 aber liegen die bedeutendsten Ereignisse der inneren (leschichte: damals ist der Prinzipat gegründet worden. Nehmen wir an, daß c. 34 einmal nach c. 4 ge- standen hat. so ist. wie ich früher schon nachgewiesen habe''), alles in bester Ordnung. Denn c. 34 beschäftigt sich mit den Ereignissen des 6. und 7. Konsulates, d. h. der Jahre 72()/2''^ und 727 27. Dazu ist noch Folgendes zu erwägen: wenn c. 34 ursprünglich für die eben be- zeichnete Stelle geschrieben war. so wird auch ein Übelstand beseitigt, den das I)(d<ument in seiner jetzigen (lestalt zeigt, daß nämlich von Atigustaiia (c. 11). von Pa:r Augusta (c. 12) und von fmiuii Augnstnm

i) Moiniuseu a. ;i. U. Il'I'.: Ganitliau.^eii. I,"i, il.ST.

2) Vgl. Cas.s. Dio 4:), 38 zum J. 711t/a.'>, Appian, Illyi: 2S Kuih' /.u\n .1. 121 ;;.3, Cas,sius Dio 53,26 und Flonis 11 33, .j3 /.um J. 7-iy/J.').

3) Zu der Niederle.iiuiig des Lorbeers auf dem Kapitol, wdvun diTsfllic .Satz spriclit, ist zu vevsleiclien, was Cassius Dio 54, 2j und 55,5 zu den Jalu-eu 711/13 und 7411,8 zu berichten weiß (Stellen bei Moram.sen a. a. 0. '20). .Vuch i.st inter- essant, was Sueton Auq. 29 und Cassius Dio 55, lU von den Neuerungen im TriumpUalwfseii nach der Weihung des Mars Ultor-Tempels im .1. 752/2 erzälilen (Momnisen a. a. <). 21); es ist bemerkenswert, daß c. 4 auf diese Neuordnung der Dinge nicht l'.ezug ninnut.

4) Daun fährt der Biograph fort: ifem Riictiiim ei Viiiddhos ac Salassos geniex Inalpinas. Der oben im Text ausgeschriebene Teil des Satzes bezielit sich auf die frühere Zeit (bis 25 v. Chr.), mit der wir uns eben beschäftigen; für Aquitanien vgl. Gardtluiusen, 1,2, 6G0, fiir Pannonien ebda 1, I, 825. Die offizielle Auffa.ssuug bezüglich Pannouiens steht auch bei Appian Hl. 28 Ende zum Jahre 33; oi-rw ni'.cif.y (I lic'int.ij T i/ r 'I /./.vfjuSc. yi/v, hai/ Ti- i'.iffiGTijifi-i l'w/iciojy itc.'i T//r or .T(>ÖTfy(<r infüiii- üc.üc.i- c.rTiü.:. ixiir.rvviT(i: dazu Krouiayer Hermes 33, 18!I8, S. 2 und 0 f., vor allem aber N. Vulic, Uiiüsta di Storia Atitica N. S. VII. Fase. 2-3, iy03, Sep.'Abdr. S. 11 f. 5) Beitrüge l\ S. 95.

Zum Streit in» die Entsfehnnr/ des Monumenfuni Anci/ranuvi. H2')

(c. 21) die Rede isl. clic wir \on <lor W'ilciliiinii dos Tifols Augustus sellist höiTii.

Endlicli: im 34. Kapitel stocken die ..Pointen", derentwegen der erste Entwurf, so wie wir ilin nocli zu rekonstrnieren vermögen, konzipiert ist. Als letzte und datier wohl als die im Sinne des Augustus höchste Ehre ersclieint der in der curia Julia zur Aufsteilung gebraclito gohlene Schild mit der Ehren-Inschrift: virtntis dem [eniia\e iustitia[e pietafis causa]. Diese vier römischen Kardi naltugendon bilden das Leitmotiv für die Komposition des ersten Entwurfes. Die virtus ergiebt sich aus den Kapiteln 1 bis 3, von der dementia iiandelt c. 3, von der itistitia c. 2. Octavians pietas aber erstrahlt in zwiefacher Richtung, einmal gegenüber dem ermordeten Adoptivvater, dessen Tod der Jüngling gerächt hat, (c. 2) und dami vor allem gegenüber den Göttern (c. 4).

Als ein vir clemens, iustus, pius ragte der Emporkömmling seitdem aus der Masse der Zeitgenossen und Mitbürger hervor, war er, kurz gesagt, vermöge seiner (inneren) „Würdigkeit" (dignitas) der princeps dvium: nicht mehr und nicht weniger: denn seine ilitbeamten (in magi- stratu conlegae) standen an Amtsgewalt {jmtestas) ihm gleich.

Und nun frage ich noch : kann Augustus diesen eben berührten Satz, ohne sich einer groben Lüge schuldig zu machen'), im Jahre 767/14 oder überhaupt nach dem Jahre 752/2. bezw. gar nach dem Jahre 731/23 geschrieben haben? Wer waren denn die in magistratu conlegae des Herrschers, seitdem sich seine Gewalt auf das imperiiim proconsidare und die tribunida potestas stützte? Streng genommen doch nur jene Männer, wie Agrippa und Tiberins, die eine Zeit lang die tribunizische Gewalt mit ihm teilten.-) Dali an diese hier nicht gedacht werden darf, liegt auf der Hand. Die einzigen sonstigen Amtsgenossen des Prinzeps aber waren die Konsuln. AVenn wir von den letzten beiden Konsulaten des Augustus, denen des Jahies 749/0 und 752/2. aus leicht erklärlichen Gründen absehen, kommen wir auch von hier aus auf die Zeit, da der Prinzeps Jahr für Jahr das Konsulat bekleidete. Die Worte in magi- stratu conlegae werden erst voll verständlich für uns. wenn sie vor oder im Jahre 731/23 geschrieben sind. Den frühesten Entwurf hat also

1) Vgl. über diese Worte des Augustus Gardtliauseu a. a. U. I, 3 S. 1337 f. u. 13481'.: .Wer diese Verlassuug im J. 14 n. Chr. noch für eine reijublikaiiisclie erklärte, mußte entweder eiu unverbesserlicher Doktrinär oder [dealist sein; Augustus war weder das Eiue noch das Audere, sondern ein lioclibegabter Staats- mann, der das Wesentliclie von dem Unwesentlichen zu scheiden wußte. Wir täten seinem staatsraännisciien Urteil entschieden Unrecht, wenn wir annehmen wollten, daß er sicli über den Grundcliarakter seines Lebenswerkes so gründlich getäuscht hätte, und wenn wir einige Redensarten ernstliaft nähmen, von denen er sich einen vorübergellenden Erfolg versprach.''

•2) MoH. Am: c. 0, gr. 111 21---23.

Beiträge z. alten (^schichte Vi. ''2'2

9

326 Ernst Kornemann,

noch der diircli den Titel Augiistus ausgezeichnete erste Konsul des Staates, der der restitutor rei piMkae^) war. noch nicht der monar- chische Inhaher der tribnnicia potestas geschrieben.

Daraus ergiebt sich von Neuem, dal.! der letzte Satz von c. 4 die ursprüngliclie Datierung des Dokumentes (nach republikanischer Manier) enthalten hat.

Der erste Entwurf lautet also etwa nach dem Gesagten:

Ees gestae Augusti:

Aiinos undeviginti natus eaercitiim jmvato consilio et privata impensa coinpäravi, jjer quem rem puhlicam [do]mmatione fodionis oppressam in libertatem vindica[vi. Qiias ob res sen]atus decretis honor[ifi]cis in ordinem suum m\e adlegit C. Pansa A. Hirti]o considibii[s, r]on[sida- rem locuin s\ententiae dicendae tribuens, et im]2xriuni mihi dedit. Res piublicu n[e quid detrimenti caperet, me] pro pruetore simul cum lonsidibns ijro[videre iussit. Pojndus] autem eodcm anno me eonsulem, cum [uterque in bello ceci]disset. et trium virum rei pfubli- cae constit.ue7id[ae creavit.]

Qui parentem meum [interfecer]un[f, eo]s in eailium expuli iudiciis legi- timis idtus eorum\fd\cin[ns, e\t postea bellum infe^-entis rei puhUcae vki b[is ajcie.

B\ella terra et muri c[ivilia eocter]')iaque toto in orbe terrurum s{uscepi victorque omnibus [veniam petentib]us civibus pieperci. Eate[7-nas gentes, quibus tuto [ignosci pot]ui[f, (■o]nservare quam exddere m\alui. Millia civium Roma[norum adada] sacramento meo fuerunt circiter . . . Ex quibus dedu[xi in coloni]as stipen[dis e}neri]tis millia circiter centum et viginti et iis omnibus agros ä[dsignavi]. Naves cepi sescen[tas 2}raete7-]eas, si quae minore\s quam trir^emes fuerunt.

Bis] ovans triximp)ha[vi, trisegi c]uridis triumplios et appella[tus sum octies imperator. [Cum autem plu^ris tritimpJios mihi se[natus decerneret, iis su]2)e)'sedi L[aurum de fascib]us deposui in Capi\tolio votis, quae quoque bello nuncu[]mveram, solu]tis. Ob res a [me aut p)er legatos

meos auspicis meis te^-ra m\ariqu\e 2}r{o\sx)ere gestas

decrevit senatus supp\lica\ndum esse dis immo[rtcüibus. Dies autem pe\r quos ex: senatus constdto [s\upplicalum est, ftiei-e . . In triumphis meis\ ducti sunt ante currum m[e]um reges aut r[eg]um lib[eri novem.

In consulatu sexto et septimo, p[ostqimm bella civiljia exstinxeram, per consensum universo[rum potitus rerum omn]ium, rem publicam ex mea pote$tate in senat[us populiciue Eomcini a]rbitrium transtuli.

I

1) Restituere rem jnMicam kommt iu diesem Zusammeuliang melirl'ach vor: iu deu fast. Praenest. CIL V p. 231: [qmä rem publicam] p. B. reM[i]tui[t], im sogen. eloffium Turiae CIL VI 1537: restituta republica: vgl. Vell. II, 89: prisca illa et antiqua rei piiblicae forma revocafa.

10

Zum Streit um die Entstehung des Monumentum Anri/ranum. H-J7

Quo pro merito meo senatu\s consulto Aug.] (ipjjellatus sum et Inureis postes aediiim mearum v[estiti sunt p\ü)lice corona]que dvica super innuam meam fixa est [clupcusque mireu]s in {c]iiria Jidia posi- tus, quem mihi senatum [jmimhimque I\omami,\m dure virtutis cle- m[entia\e iustitia\e pietatis causa testatum] est 2'e['" <']itts dupei ins<ription]e))i. Post id tem[pus 2'raestiti omnihus diynifate, potes- t]afis cni[tem n]ihilo ampliu[s habui quam qui fuerunt m\ihi quo- que in malgis]tra[t]u conlegae. Consul eram^) undecimum, cum scribebam haec.

Diese fünf Kapitel bieten ein in sicli gesclilossenes Ganzes. Sie allein zeigen die Eigentümlichkeit, daß jeweilig zunächst die Taten [res gestae) des Octavian aufgezählt werden, und dann die Ehrungen durch den Senat bezw. das Volk folgen. Man vergleiche die sich entsprechenden Über- gänge von dem einen Teil zu dem anderen in c. 1 : Qtms ob res senatus etc., in c. 4: Ob res a nie . . . gestas . . . decrevit senatus, in c. 34: Quo i)ro merito meo senatus considto etc. Die Taten sind auch nur ganz im groben, ohne näheres Eingehen auf irgend welches Detail, gegeben. In den späteren Partien haben wir dagegen viel mehr Einzelheiten, und es wird mehrfach auf die früheren Zeiten nachtragsweise zmiickgegriffen. Die Lust des Augnstus, Mitteilungen aus seiner Regierung für die Massen zu machen, ist also mit der Zeit gewachsen. Das erklärt sich einmal daraus, daß seine Stellung immer sicherer wurde, und andererseits daraus, daß dem ersten Entwurf eine eingehende Darlegung der geschichtlichen Ei- eignisse in der Autobiographie parallel geht, die später fehlt.

Eine besondere Betrachtung erfordert noch die Art der Darstellung des Trium^nrates und der Ereignisse des kritischen Jahres 722/3'2 in den verschiedenen Redaktionen. Bezüglich des Triumvirates findet sich nämlich am Ende von c. 1 nur der Satz: popidus autem eodem anno nie .... trium virum rei publicae constituend[ae creavit], d. h. eine Anspielung auf die lex Titia vom 27. November 711/43. Auf das Jahr 722/32 aber wird in c. 34 mit den paar Worten: per coiisensum universorum [potitxis rerum omn]ium, griechisch: [xJöt« ta; ei'zßc TuJr efimv TroXf^[i,]t(üv ev- xQarrjg y£i'o';((B'oc nuvtmv %mv noayf^ätmv kurz hingewiesen. Beide Ereignisse werden dann in den späteren Bearbeitungen noch einmal berührt: das Triumvirat im Anfang von c. 7 {nur im griechischen Text erhalten): %quZv (h'dqmv eyevöfuiv dV^/^iocrttur noayi.id%(av xarool^mtiiji; awax^f^'^' eisdiv Jf'xff, das Jahr des zweiten Staatstreiches, 722/32. in c. 25: iuravit in mea verba tota Itulia sponte stia et me beU[i], quo vici ad Actitim, ducem depoposcit. iuraverunt in eadem ver[ba provi]nciae etc.

I) Das jetzt im Text des Moiiumentiim steheude [fuer]am ist, wie mau zu- geben wird, liöchst auf'fällii; uml deutet aueli auf eine früliere Abfassung dieses Abschnittes liiu.

22* II

328 Ernst Kornemann,

Die auf das Triiunvirat bezügliclien Stellen ergänzen, so scheint es auf den ersten Blick, einander: die erste ijerichtet die Begründung, und zwar die gesetzliche. ') die zweite die Dauer der ausserordentlichen Ge- walt. Dagegen die das Jahr 722/3"2 berührenden Äußerungen des Doku- mentes decken sich und zwar so. dal» die Andeutungen des c. 34 an der anderen Stelle in deutlicherer Form zum Ausdruck gebracht werden. Der ionsensus universorum erscheint in c. 25 als Eidschwur, als coniuratio.'^) erst Italiens, dann auch der westlichen Provinzen, und das. worauf die Worte [fotitus rerum omn\ium hinweisen, ist an der zweiten Stelle durch dnx belli (Actiaci) wiedergegeben.

Ist der Unterschied der beiden Stellen nur ein rein formaler? Um diese Frage zu beantworten, sei daran erinnert, daß Octavian seine staats- rechtliche Stellung im entscheidenden Jahre 722/32 zu Yerschiedenen Zeiten verschieden aufgefaßt hat.'\) Während der Ereignisse selbst hat er die Ansicht vertreten, daß er. so gut wie sein Gegner Antonius, auch nach dem 31. Dezember 721,33 noch Triumvir gewesen sei**), und diese Ansicht iiat in seiner Autobiographie die Form erhalten-^), daß das zweite.

1) Die tatsärhliclie Regründuug durcli die Besprechung der (h'ei Machthaber in Bouonia wird natürlich übergaugen. Denn überall wird von dem Schreiber abgesehen von dem ersten Staatsstreich, den die Eingangsworte des Dokumente.s kurz andeuten, die Gesetzmäßigkeit seiner Handlungen hervorgehoben. Das Ganze war aber „keine Reclits-, sondern eine Maclitfrage", Gardthausen, Augustus II, 1 S. 17G (A. 15).

•2) Das Verbuni coniurare in diesem Sinn bei Siieton, Aug. 17; vgl. .J. Kro- mayer, Die rechtliche Begründung des Prinzipats, S. 17.

3) Mommsen, Staatsr. P 69G f.; IP 718 f., Gardthausen a. a. 0. II, I S. 175 A. 15. In diesem Punkt sind die im übrigen ausgezeichneten Darlegungen Kromayers (a. a. 0. S. 10 ft'. u. Hermes 33 S. 40) nicht zutrefteiul.

4) Nach Cassius Die 49, 41 schickt Antonius .sein letztes ol'tizielles Schreiben an den Senat (darüber Kromayer, Hermes 33 S. 40 mit A. 4) erst im Anfang 722. spricht aber darin noch von der Bereitwilligkeit, seine Gewalt niederzulegen, und entsprechend heißt es bei Die 50, 7, daß Antonius seinen Soldaten versproclieu habe, zwei Monate (wofür später sechs gesetzt wurden) nach dem erhofften Sieg seine Gewalt in die Hände von Senat und Volk zurückzugeben. Üctavian begeht den Staatsstreich im Februar 722 (Datierung nach Kromayer ebda. S. 45) nicht als Privatmann, sondern als Inhaber seiner seitherigen Machtstellung; denn er erscheint im Senat und nimmt nach Dio 50,2 seinen Platz zwischen den beiden Konsuln auf einem curulisciien Sessel ein, vgl. im übrigen Monnnsen, Staatsr. IP, 719 f. Dasselbe beweisen deutlich die Münzen und Inschriften Octavians mit III vir r.p. c. itetium) aus dem J. 722, die bei Gardthausen II, 1, 175, 15 zusaumien gestellt sind. Die Tatsache steht also fest, mag man nun mit Mommsen (a. a. 0. 714 ff.) der Ansicht .sein, daß bei konstituierenden Gewalten die Zeitgrenze ohne rechtsverbindende Kraft sei, oder mit Kromayer llicchfl. Begrändg. S. ö) das Ver- fahren als widerrechtliche Usurpation beurteilen.

5) Appian Illyr. 28 aus Uctaviaus .Autobiographie Kromayer 8, Derselbe, Hermes 33, 1898, S. 3 A. 2, Gardthausen II, 1, lül A. 1.

12

Ztim Streit um die Entstehung des Monumentum Anci/ranum. 329

(liiicli (Ion Vertrag von Taient (Herbst 717/37)i) vereinbarte Qninf|upnniuni des Triumvirates erst mit dem 31. Dezember 722/ 32 abgelaufen sei. Er hat also in dieser Schrift das zweite Quinquennium statt vom 1. Januar 717/37, dem Endtermin des ersten Quinquenniums. erst vom gleichen Tag 718/36 ab gezählt'-) und dadurch che um ein Jahr hlngere Dauer erreicht, mit anderen Worten, er liat ursprünglich lieber im Jahre 717/37. als in dem kritischen Jahr 722/32 amtlos dastehen wollen. Das war aber ebensowenig korrekt, wie der Versucii. den er ebenfalls, wie es scheint, in der Autobiographie gemacht hat. die Erneuerung des Triumvirates im Jahre 717/37 als eine gesetzniäliige darzustellen:'^) denn daU das Volk diesmal nicht einmal jUachträglich. wie es wenigstens im Jahre 711/43 geschah, befragt wurde. ^) wissen wir von durchaus glaubwürdiger Seite, nämlich wahrsclieinlich durch Asinius Pollio.^j der nicht davor zurück- gescheut ist. auch falsche Angaben der octavianischen Memoiren zu be- richtigen.'')

Aus den Monumentum selbst läßt sich nun aber der Beweis führen, dal) Octavian. als er älter wurde, selber von seiner unhaltbaren Darstellung in der Autobiographie abgekommen ist: ich meine aus jener oben (S. 327) ausgeschriebenen zweiten Stelle.") wonach das Triumvirat zehn Jahre ohne Unterbrechung gedauert habe. d. h. von 712/42—721/33 incl. Als Octavian das schrieb, hat er die l''iktion aufgegeben, daß das Triumvirat im Jahre 722/32 noch die Quelle seines imperium gewesen sei. Da er aber auch später noch für nötig hielt, seiner Handlungsweise ein legales Mäntelclien umzuhängen, so liat er offenbar seitdem aus der erwähnten coniuratio sein imperium in Gestalt eines militärischen Notstands-Kommandos her- geleitet.*^) Damit rücken auf einmal die Darstellungen des Monumentum in c. 7 und c. 25 näher zu einander. Andererseits läßt sich der Inhalt

1) Zur Datierung Kroruayer, liechtl. Eiyriindimg, 51 ft'., Hermes 29, 1894, S. 572

2) Gardtliauseu a. a. 0., II, 1 S. 175.

3) App. lUyr. au der S. 328 Anm. 5 zitierten Stelle (xni h Ainto: iTuxtxviymxn).

4) App. 6. c. V, 95: ;'.7tt (Je o yiibvoi choic fAz/ya r>/« äp/»/c, »/ Tofc ziiialv i'W)l(fiozo avöoaaiv, hiQav tavToTi loQtCpv TcevTaetlav, ovd'ev tx i xov liij/ioi- (ieijtyipxt.:.

5) Kroiuayer 8, Kornemauu, JJic liint. Schrißstellerei des C- Asinms Pollio, 2-^. Suppl.-Bd. von FlecMsens Jbb. für Mass. Phil. (1896) S. 649 ft'.

6) Die Benutzung der octaviani.sclieu Memoiren durch Pollio lialje ich a. a. 0. S. G51 IT., .sowolü was die Clirouologie wie was den lulialt betrittt (vgl. Pollios Polemik gegen die caesarisclieu Ivommeutarien Sueton, Jul. 56) wahrscheinUcli zu maclieu gesucht.

7) Darnach auch Sueton, Aug. 27. Weiter stimmt es dazu, weun die kapito- lini.sclieu Fasten die Iteration unmittelbar vor den am 1. Jan. 717 37 antretenden Konsuln verzeicliuen, Mommseu, Staaisr. 113 718, 1.

8; Moramsen, Stnatsr. IP 719, 1: ,In der Tat ist dies (das Not.stands- konimando) der einzige Ausweg, welclier übrig bleibt, weun man das Triumvirat als abgelaufen betrachtet"; vgl. aber aucli S. 330 Anm. 1.

13

830 Ernst Kornemann,

von c. 34 mit der Darstellung in der Autobiosraphie sehr wohl vereinigen. Der dort erwälinte consensus universoriim gewährt, wie Momrasen nach- gewiesen hat.') keine staatsrechtlich brauchbare Grundlage und der Macht- haber konnte ihrer entraten. da er nach seiner damaligen Anschauung im entscheidenden Jahre 722 noch Triumvir war. Auch die Worte [jwtitits rerum omn^kun haben im Eingangssatz des ganzen Dokumentes ihr Gegenstück, wo der erste Staatsstreich des späteren Prinzeps nnt nackten Worten erzählt wird. Später hat es der Autor für gut be- funden das Triumvirat mit der in Tarent vereinbarten Frist auch wirkiicii beendet sein zu lassen, den zweiten Staatsstreich durch die coniuratio, gewissermaßen ein großes Plebiszit, dem rückwirkende Ki-aft gegeben wurde.'-) zu decken und den Eidschwur als Ausgangspunkt seiner weiteren militärischen Machtstellung in den Vordergrund zu schieben.

Wie dieses eine Beispiel zeigt, weht ein anderer Geist aus dem ersten Entwurf uns entgegen, als aus allen späteren Partien. Das Trium- virat hat nach demselben noch über das Jahr 721 33 hinaus gedauert und ist nur. wie vorher durch die Beseitigung des Lepidus faktisch zum Duovirat. so jetzt auf allgemeinen Wunsch zur Herrschaft eines Einzelnen geworden. Diese außerordentliche Gewalt ist aber in den Jahren 726/28 und 727 27 von ihrem Inhaber freiwillig aufgegeben und der Freistaat wiederhergestellt worden. In demselben ragt seitdem als der Beste seines Volkes, als ein Muster altrömisclier virtus'') der zum Augustus erhobene erste Konsul des Staatswesens hervor: er ist. wie schon angedeutet, der restihdor rei piiblicae oder, wie er auf Münzen heißt, liberfatis j}- -ß- vitidexJ)

1) Re.f getilac- 146 t'. mit 1-17. 1. L'iu sn aiift'alleuder i.st es, daU derselbe Forscher im Staatsrecht (P 696, IF 719, 1) das Notstandskommaiido aus dem comensus nniversoriini anstatt aus dein Eidsclnvur von 722 lierleitet: vgl. das richtige bei J. Kromayer, Die reclitUchc Begründung 16 ff. und bei Gardthauseu a. a. U., II, 1, 187 A. 35.

2) Das Jlißlidie bei dieser neuen Auffa.ssuiig der Dinge war, da der Treu- sclnvur erst in der zweiten Hälfte von 722 anzusetzen ist (Kromayer, Hermes 33 S. 46 f.). daß Octaviaus Stellung für den Anfang dus Jahres doch der rechtlichen Grundlage entbehrte, und liier konnte nur mit der Annahme rückwirkender Kraft des Plebiszites die Lücke überdeckt werden. Andererseits ergibt sich, wenn man diese chronologische Folge der Ereignisse (deren Erkenntnis wir Kiomayer a. a. 0. verdanken) scharf im Auge behält, daß diese Auffassang erst dem retrospektiven Betrachter kommen konnte. Es ist die offizielle Idstorische Dar.stellung, cUe Augustus später, und zwar nach 'Vollendung und Ausgabe seiner Autobiographie, vielleicht weil diejenige der Autobiographie auf "Widerspruch gestoßen war (s. o. S. 3'29), durchzusetzen gesucht hat.

3) Gerade im ersten Entwurf tritt der national-römische Staudpunkt Octavians ganz besonders stark hervor. Hier klingt noch die Opposition gegen „Antonius' Herrscliaft in hellenistischen Formen" (Kromayer, Hermes 33 S. 83) nach, siehe oben S. 321 A. 2 (.Königspolitik" des Antonius).

4) Eckhel, Dodr. num. VI, 83, Mommsen, Res geslae- 3.

14

Zum Streit um die Entdehung des Monumentum Ancuranum. 831

Schon die zweite Bearbeitiiiis. um das Jaiir 742 12 oder l)al(l nafhlicr. verfolfit andere Ziele. Vor allem ist es hier auf die A'erherrlichunR- des Friedens abgesehen. Augiistus. der milde und gereclite. hat einen neuen Ruhmestitel erworben: es ist der grosse, von seinem Volk über die Mit- menschen weit hinausgehobene, der göttlichen Sphäre nahe gebrachte') Fricdenstürst. der resfitufor orbis Bomani im weitesten Sinne des W(ntes. wie ihn uns auch die etwa zu gleicher Zeit entstandene Statue von Primaporta darstellt. Diese Datierung und Erklärung der berühmten Statue verdanken wir v. Domaszewski^) und Albrecht Dietcrich-''). und ich mul.) sagen, sie paßt vorzüglich zu meiner Auffassung vom Monumentum. Seit dem Tod des Agrippa. der für die unterdessen geschaffene Monarcliie das Scliwert geführt hatte, heißt er auch hier: Vempire cest la imix.

Von allen späteren Bearbeitungen aber ist die wichtigste die nacii der Verleihung des Titels imtcr imtriae im Jahre 752/2. Der milde und gerechte Friedensfürst ist nunmehr auch der fürsorgliche Vater des Vater- landes geworden, im Innern ein F'ührer und Wohltäter der plehs Romana, nach außen ein Mehrer des Reiches (duo: Bomunorum).

Augustus der Friedensfürst, wie ihn die Statue von Prima- porta darstellt. der puter patriae vom Jahre 752/2: diese Stichworte geben die bedeutendsten Etappen bezw. die Höhepunkte im Leben des ersten Prinzeps. sie erklären uns aber auch die wichtigsten unter den verschiedensten Redaktionen, die an unserem Denkmal vorgenommen worden sind. Sie waren infolge der allmählichen Zurückschiebung des c. 34 von seiner ursprünglichen Stelle fast ans Ende des ganzen Doku- mentes auf den ersten Blick nicht sichtbar und sollten es offenbar auch nach der Absicht des Verfassers nicht sein. Denn mit dem Schlußsatz dieses hochwichtigen Kapitels hat Augustus den monarchischen Grund- charakter des Staates, der schließlich doch ganz offenkundig war. zu verschleiern gesucht, und das ist ilim bis auf den heutigen Tag bei gar Manchem gründlich gelungen.^)

Koepp hat im ersten Teil seines Aufsatzes nachzuweisen versucht, daß die Zerlegung des Dokumentes in zwei Hälften, wie sie das im l'ro- uaos des ancyranischen Augustustempels angebrachte Exemplar noch

1) Vgl. Mo». Anc. c. 9 u. .\ufaug von 10.

2) Strena Selhigiana hi—ho. Die geistvolle Deutung der beiden weiblichen Sitzfiguren des Panzers als Personifikationen von Gallia und Hispania scheint mir gesichert; vgl. W. Araelung, D. Sctilpt. d. vat. Mus. I 24.

3) Mutter Erde, Leipzig, Teubner 190.3 S. 81. Das Relief des Panzers „stellt den Friedenskaiser dar auf dem neuen Höhepunkte seines Lebens, icli darf es als Vermutung immerhin aussprechen (die später begründet werden soll: vgl. Anm. 2), vielleicht gerade den, der an der Ära Pacis der Mutter Erde opfert".

4) Vsl Ed. yieyer. Kaiser Augu.sti(s, Hist. Zeitschr. N. F. 5.5, 1903, 8.385—4:31; man lese aber die Widerlegung durch Gardthausen, JS^eiie Jbb. f. d. kl. Altert. 1904 I S. 241 ff., wieder abgedruckt im AuguMus I 3 S. 1334—1349.

15

332 E. Kornemanii, Zum Streit um die Entstehuni) des Monum. Anajr.

zeigt, auf die Yoileilung des Originals auf die zwei Pfeiler an der Eingaiigstür zu dem stadtrömischen Mausoleum zurückgeht.^). Dieses Resultat des Archäologen scheint mir annehmbarer als die Ausführungen des Historikers im zweiten Teil. Folgen wir zum Schlul.) noch dieser Anregung und zerlegen wir auch den oben gefundenen ersten Entwurf in zwei Teile (denn von Anfang an war das Schriftstück sicher zur Anl)ringuug an dem Eingang des (habmals bestimmt), sn ergeben die Überschrift-) und die ersten drei Kajiitel etwa zwanzig Zeilen, denen die Kapitel i und 34, dazu der Schlußsatz in ziemlich gleicher Stärke gegenüberstehen. So ist das einzig branchbare Resultat, das des Archä- ologen K.. als eine Stütze für meine Rekonstruktion des ersten Entwurfs anzusehen, die Aufstellungen des Historikers aber sind hoffentlich durch die vorstehenden Zeilen als unhaltbar erwiesen.

1) S. 51— 58.

2) Ich stelle auf dem Staudpuiikt, daß iu dem i'iberliefcrten Doi^unient die geringe Ungleiciilieit der Ilällteu (1.^5: 136 Zeilen) sich (ÜütIi die Ül>ersclirift, die über der ersten Hälfte gestanden liaben mag (etwa Hes gcstae Divi Atyustij, am besten erklärt, vgl. Koepi) S. 57 oben.

16

333

Die Dauer des Vesuv-Ausbruchs im Jalire 79.

V(m Paul Wolters.

Bei seiner einteilenden Prüfung der antiken Überliefenine: von dem Ausbruch des Vesuvs im Jahre 7'.) nach Clir. (in dieser Zeitsclirift iV, L'.l04. S. 209— 2'2ß) kommt S. Herrlich zu der Folgeruns' (S. 213): ..Was sodann die Dauer des Ausbruciies betrifft, so wird zwar die vini i'liiiius in so charakteristisclior Weise mit einer i'inie veriiüclieiie Wolke in _Misenuni zuerst bald nach der .Mittaj^stumle wahrgenommen: indessen nuiU der Ausbmch schon in flen ersten Morgenstunden begonnen haben, weil schon bald naeli 1 Uhr der ältere Plinius in Misenum aus der (iegend unmittel- bar am Fuße des Vesuvs, also wohl da. wo Herkulanenm lag. Nachricht erhält, daß dort die Gefahr dringend und nur noch zur See Rettung möglich seiM- Über das Ende des Ausbruchs sind die Angaben in den Briefen mn- wenig genau: es scheint, daß in der Gegend von Misenum der starke, mit vollständiger Finsterniß verbundene Aschenfall noch im Laufe des zweiten Tages aufhörte: jedenfalls muß in der unmittelbaren Naclibarscliaft des Vulkans der Aschenfall noch erheblich länger ge- dauert haben, denn selbst in der Gegend von Stabiae. wo der äUere Plinius umgekommen war. wird es erst am dritten Tage nach dessen Tode, also am 27. August wieder hell."

Ich glaube, dali damit der Anfang des Ausbruches zu früh, sein Ende, richtiger das Ende des massenhaften Aschenfalles, zu spät angesetzt wird. Denn der eigentliche erste Ausbruch, der die Bildung jener riesenhaften pinienförmigen Wolke zur Folge liatte. konnte in Miseinim nicht stundenlang unbemerkt bleiben. Das Hülfegesuch der in der maßgebenden Überlieferung Rectina Tasci genannten Dame 2). das kurz nach dem Erscheinen der

1) Pliuius Ep. 6, ItJ, 8: Egrediebatur domo: accipit codiciUos Redinac Tasci inminenti periculo exterritae (nam villa eins subiacebat, nee ulla nisi navibits fwja): ut se tanto discrimini eriperet orabut.

•2) Schwerhcli Rectina ßassi Cvgl. H. Keil in seiuer gröUereu .\usgabe). denn Caesius Bassus kam selbst bei dem .Ausbruch in seiner Villa nm: der Versuch, Schiffe zu Hülfe zu rufen, wäre also woiil von ilim au.sgesangen und Plinius hätte ilin erwähnen müssen.

1

33-J Pmd Wolters,

fiirclitbaten Wolke in ^Miseninii eintraf, muß also vor dem Eintritt der dringendsten, durch die Eruption verursachten Gefahr abgesandt worden sein: die Entsendung des Boten zeigt, wie ein Entkommen, wenn auch vielleicht mit Anstrengung, damals tatsächlich noch möglich war. während Rectina ähnlich wie so viele andere glaubte, noch auf die bequemere Ge- legenheit zur Flucht, 'die Schiffe, warten uiul diese durch ein Briefchen herbeirufen zu dürfen. Um die Mittagstunde des 24. August 7it hat also der Ausbruch begonnen u]id der ältere Plinius fuhr mit seinen Schiffen in den Bereich der bereits niederfallenden Eruptionsmassen hinein. Aber die plötzlich entstandene Untiefe ((!. Ki. 11; vadnm subitum). welche ihn am I^anden hinderte, kann doch nicht der vulkanische Schlammstrom sein. der Herkulaneum begrub, sondern wird einem bei solchen .\usbrüchon nicht seltenen zeitweiligen Zurückweichen der Uferlinic ihren Ursprung verdanken. .Vhnliches belichtet Plinius aus der (iegend von Misenum (tj, 20. !•). Also ergibt sich aucli aus dem Erscheinen der Untiefe kein früherer Beginn der Eruption.

Wann der Niederfall der Bimsstein- und Aschenmassen in Herku- laneum und Pompei in stärkerem Maße begonnen hat. ist nicht über- liefert. Es liegt in der Natur der Sache, dal.j er auf die Eruption sehr l)ald gefolgt, mid in Herkulaneum eher gefährlich geworden ist, als in dem entfernteren Pompei. Die Schiffe des Plinius wurden schon am Nach- mittag des 24. in der Nähe Herkulancums von Eruptionsmassen getroffen 0\ Ki. 11). nach Stabiae gelangten diese aber erst in der Nacht vom 24. zum 25., und ihr Niederfall gestaltete sich erst gegen Morgen be- drohlich ((i. 16. 14). Nach Misenum kamen sie noch später, erst am Morgen des 2ö. August nach Sonnenaufgang ((i, 20. 6. 11).

Das Ende des Ausbruches ist nicht beobachtet worden, nur das J-]nde. richtiger das Nachlassen des Aschenfalles. Dies setzt Herrlich für .Misemim zweifelnd in den Lauf iles zweiten Tages, also des 2ö. August, für Stabiae erst auf den 27. August. Das ist zu .spät. Der jüngere Plinius sagt in seinem Briefe (li. l(i. 20): ,,ubi die» redditus (is ah co quem novissime viderat tertius) corjms hiventum integrum." Der ältere Plinius ist am 24. August nach Mittag in See gestochen und nach dem vergeblichen Ver- suche bei Herkulaneum zu landen gegen Abend in Stabiae angekommen. Dort legte er sich im Hause des Pomponianus schlafen, mußte aber früh morgens, also am 25. August ((i. 1(5. 17: iam dies alibi, illic nox Omnibus nodibus nigrior densiorque) wegen der sich steigernden Gefahr der Verschüttung geweckt werden und starb auf dem Wege zum Meere hin. Er hat also den Tag des 25. August nicht mehr gesehen: darauf kommt es an. wenn wir die gesuchte und auf den Doppelsinn von dies, Tag und Tageslicht, zugespitzte Angabe richtig verstehen wollen. Der von dem Neffen angegebene Tag. an dem es in Stabiae wieder hell ward (dies redditus) mul die Leiche gefunden wurde, war der dritte Tag ab

Die Daner des [^(toiv-AiisbrucIis im Jahre 79. 33.')

eo, quem novissime viderat, also der dritte Tai; von dem 2i. August an fieiechiiet. und es ist dal)ei völiii; ijleicliiiiiltii;. an welchem KalenihMtaye der Tod des Oheims eini;etreten ist. Also am "iii. Anijust war es in Stahiae schon wieder hell, so dal.) man die Leiche suchen und linden konnte. Dem- nach hat dort der Aschenreaen im wesentlichen nui- den "-'.">. Aui^ust f>edauert.

Für Misenum i^ieht der zweite Brief des jünueren Plinius ((i.-Jll) einen entsprechenden Aufschlul.'). Am "J4. Aiiijust mittags war der ältere Plinins abgefahren, während der iüni;ere zum Zweck des Studiums daheim blici). In der fülf;eiiden Nacht nahmen die Erdstölic zu: nm die erste Sttmde. also früh morgens, aber wohl schon bei verdunkeltem Tageslicht'), verließen Plinius und seine Mutter das Haus (ungefähr zu der Zeit also, zu der auch der ältere Plinius gezwungen war. das Freie aufzusuchen). Die Dunkelheit nahm zn. und dann fiel anch Asche, verursachte grobe Panik aber wenig Schaden und nocii am selben Tage, offenbar nachdem die über Misenum getriel)enen Teile der Wolke niedergegangen waren, wurde es wieder hell-). Das ist alles 2ö. August. An diesem Tage schien in Misenum also schon wieder die Sonne.

Der Unterschied in Stärke und Dauer des Aschenfalles in Misenum und Stabiac erklärt sich zur Genüge, wenn wir bedenken, dal.) offenl)ar der größte Teil der Eruptionswolke nach Süden getrieben wurde und so außer den dicht am Vesuv befindlichen Ansiedelungen die südlich ge- legenen verschüttete. Ob in Pompei und Herkulaneum der .\schenregen noch am 26. Angust andauerte, können wir nicht sagen: in Stabiae hatte er jedenfalls aufgehört luul ..erheblich länger" wird er also auch in den meist betroffenen Gegenden nicht gewährt haben.

Würzburg. 3Iai 190.').

1) Das darf man aii.s der starken Hetonung der Däraiuerung .sciiliet'ieii, die sich sonst im Süden ja stdn- wenig geltend macht: G, 20, G: iam hora diei prima et adliuc dubius et quasi languidus dies. 1 1 : nee multo post illa nubes descendere in terras, operire marin: ciiixerat C'aj)rea.^ et ahsconderat. Miseni qiiod pronirrit abslulr.rat.

'2) (i, 20, 18: tandem illa caliyo tenvala quasi in fwmum nebulamvc discessit: mo.r dies verus. sol etiam eff'iilsil, hirid}<s tauten, qualis esse cum deficit solet.

33(i

Eine Polygonalmauer aus mykenisclier Zeit.

Von C. Thulin.

F. Noack hat Athen. Mitteil. 1894 S. 427 A. 3 die Riiofliisflien rolysonalniaueni. entwickelten Stils, die wir einif;eriiiaßen zeitlich hesdninien können, erwähnt und fiii' das 7. .lahrhnndert in Anspruch i^enoninien. Es sind dies Mauern, in denen die Mohrzahl der Fuj^en nicht in s'ei';»h^n. sondern in kurvenförinif;en Linien i;ei'iihrt ist. Aber mit Recht tüg1 Noack die Bemerkung hinzu: ..das ist nicht die unspriinglichste Weise des Polygonal- haues. sondern bereits eine Art Stilisierung, welche den Bau mit grad- seitigen Polygonen voraussetzt" und S. 482: ..Eine ganz bestimmte Stili- sierung der polygonalen Technik, die uns schon im 7. Jahrhundert begegnet, setzt eine längere Entwickelung und eine Ausübung des Stiles in recht tndier Zeit voraus. Etwa in der Blütezeit des geometrischen Stiles wird man zuerst polygonal gebaut hahen. aber nicht früher und keinesfalls schon in der mykenischen Zeit."

R. Delbrück läßt in seiner Abhandlung Das Cayitol von Siyniu, Rom 1!K)3. die chronologische Bestimmung der betreffenden griechischen Polygonalmauern bestehen, lehnt aber die Annahme Noacks. daß diese Mauern schon eine sehr lange Existenz der i)olygonalen Technik vor- aussetzen, ohne weiteres ai). Während Xoack S. 481 hervorgehoben hatte, daß wir nur mit der größten ^'orsicht gerade aus dem polygonalen Baustil chronologische Folgerungen zielien dürfen, gewinnt Delbrück so einen festen chronologischen Grnnd, auf den er wagt, die ganze Beurteilung der etruskischen Polygonalmauern Italiens aufzubauen. Nachdem er nämlich aus dem Verbreitungsgebiete des Polygonalwerkes (..vom mittleren Etrurien bis nach Campanien und Samnium hinein, wälireiul der Süden nur zwei sichere Beispiele hefert") den sicheren Schluß gezogen hatte, daß in Italien hauptsächlich die Etrusker es anwandten und weiter lehrten, fährt er fort: ..aber sie haben es nicht aus Lydien M niitgebracht. sondern erst im

1) Zu der auch von mir vcrtreteueu llerkuuft der Etrusker aus dem Osten de.s JIittelm('erl)eckciis vj;). (;. F. LclniKiini. diese Jleilr. IV S. 3^4 ft. inid die da- .selbst S. 31)0 Aum. 1 Zitierteu.

1

C. TJmlin, Eine Polygonalmaiie)' aus mylcenischer Zeit. 387

Wosloii kennen iiclenit weil das Polyiionalwerk erst eine liiie- cliiseiie Erfindung des siebenten Jalnliunderts ist."

Meines Eraclitens liefern uns die Städte der Etrusker einen uiiwider- legiichen Beweis dafüi'. dal.i sie als ein Eroberunssvolk nach Italien ge- koninien sind: als eine kriegerische Minorität haben sie in bcfestiglen Burgen unter den N'ölkeni Italiens leben müssen. Da also ihre ganze Existenz in Italien auf der N'oraussetzung beruht. (l;d.i sie von starken Städten aus das Land beherrschten, ist es a \mw\ ein zwingender Schliilj. daß sie ilie Knust. Festungs- uiul Städtemauern zu bauen, mit sicii nach Italien gebracht und nicht erst hier von den (iriechen gelernt haben. Wenn es nun feststeht. daLi die i'olygonalmaueru in Italien ein besonderes Eigentum der Etrusker sind, brauchen wir sehr starke Beweise, um die Behauptung zu wagen, daß sie niciit auch die Kunst, diese Maiu'rn zu bauen, mit nach Italien gebracht haben.

Ich habe es darum nutig gefimden. auf ein schon im Jahre liK)l publiziertes Denkmal aufmerksam zu machen, welches keinen Zweifel darüber bestehen läßt, daß die Polygonalmauer schon in mykenischer Zeit neben dem Quaderbau bestand (Fig. 1).

..The object in question is a portion of a cyliudrical vase or pyxis of dark steatite, decorated witli reliefs. found on the slope of tho hill known as Gypsades. which rises opposite to that on which the Palace of Knossos Stands." (Evans Journal of Hellenic Stiidies XXI 11)01 Mycenaean free and 2)iUar ciilf S. 103 Fig. 2). Auf diesem Frag- ment ist in Reliefbildern, die an den Stil der Funde von Vaphio erinnern, ein heiliger Feigenbaum mit Altar. Umfassungsmauer') und einem Ado- ranten dargestellt.^) Der Altar (nach Milani Rendiconti dci Lincei 1901 S. 135 iaetylos di Zeus) zeigt regelmäßigen Quaderbau. die Um- fassungsmauer dagegen ausgeprägtes gradliniges Polygonalwerk: nur an der linken Seite also gegen die Ecke ist das Prinzip, horizontale Schichten zu vermeiden, nicht ganz durchgeführt - ciiu" Technik, die wir auch in der Polygonalmauer von Tiryiis (Perrot-Chijjiez VI S. "iTt)) und anderen (Norba Not. d. Scav. 1901 S. 551 Fig. 30) wiederfinden.-') Evans meint, die verschiedenen Bauweisen soUeu angeben, daß die Um- fassungsmauer einer älteren Bauperiode als der .\ltar angehört. Glaub- licher ist es wohl, daß die beiden Mauerarten gleichzeitig, aber den ver-

1) Die Umfassungsmauer kelu-t oben wieder luuii demselben l'erspeUtivgeset/,, das in den Reliefs von Vapluu iierrsoUt, der Altar ist, um stärker liervniv.utreteii, neben dem Temenos freistehend gezeichnet.

2) Zu vergleichen sind die ekstatisch bewegten Figuren mykenischer Gold- vinge. Sielie von Fritze Sirma Helhiijiana 1900 S. 73, Fig. 1, au.s Mykenae, Fig. 7 aus Vaphio = Furtwängler Die Gemmen, Fig. II i;). Reclits neben dem Altar ist das Bihl eines Sitzenden zum Teil erlu^lten.

3) Mit der in .\nm. 1 erwäliuten Beobachtung zusammengeludten, liefert diese Übereinstimmung zwischen der Reliefdarstellung und erhaltenem Polygonalwerk

H3S

C. Thulin,

scliicdciicn Zwoeken ontsprecheiul. aiiginvomlct winden ^iiul: der Qiiader- bau Kt'liört dem mit grüBerer Sorgfalt gebauten Altar.

Noaek aufgestellte Be-

Yor diesem Zeugnis iimß auch die von scin-Sinkung talbMi. Wir sind nicht berechtigt, nur wegen des Polygonal

Eine Polygonalmaner aus mi/kenischi'r Zeit. '?>'-V.)

Werkes die polygoiiahMi .Afaucni x'oii Tii'vits und Mykciiae I Pcrrot-Cliipiez W S. 313 Fig. 94) oder die Ütirgiiiaiier von Jaintza.') eins der ältesten Beispiele des Folygonalbaues. der niykenisciien Zeit abzusprechen.

Was das Fragment ans dem Labyrintli von Knossos nns zu sagen hat. ist nichts Befremdendes. Die polygonale Technik ist. uiitei' \'oraussetzung des dazu geeigneten (nicht zu weichen) Materials, die natiirliclie Fiit- wickelung aus dem kyklopisclien Bau. und wenn sie auch Jahrhunderte lang von dem ()uaderbau in Schatten gestellt worden ist, ausgestorben ist sie niemals. Sie wird sogar in der heutigen Baukunst zu veischiedenen Zwecken verwendet, z. B. hei Kurverd)auten. Der Archäoiog, der aus dem Polygonalwerk chronologische Schlüsse ziehen will, muss nicht nur versuciien. die einzelnen Stilarten verschiedener Bauperioden genau zu bestimmen, er nniß aucli das an jedem Orte vorhandene Baumaterial, den Zweck der Mauern etc. mit in Betracht ziehen und schließlich auch mit der Möglichkeit zu rechnen haben, daß das Aufblühen des polygonalen Stils in einem Lande die Wiederbelebung eines nationalen Elementes fremden Einflüssen gegenüber bezeichnen kann wie es wohl eben in Griechenland der Fall war.

den sielieren Beweis, daß wirklich eine Umfa.ssung.siuauer, uiclit etwa ein Dekoratious- streifeu, gemeint i.st. Die im Vergleiche mit erlialtenen Polygonalmaiiern zu große Kegelniiißigkeit ist der Stilisierung tles Zeichnens zuzuschreiben.

1) Athen. Mitten. 18S)4 S. 3.')5 11'. Pernice Aus Mcssetilen, S. 483 Nuack Arne.

340

Die Poikile Petra bei Seleukeia in Kilikien.

Vun Richard Kieport.

Hpl)er(loy und Wilhelm, Beisen in Kilikien (Denkschriften der K. Ahademie der Wisse7is(h. Wien, PJtil.-hisf. Klasse Bd. 44. 1896, S. 80) schreiben: ..Gleich nach Tschok-Oeren [dem antiken Korasion] verläl.U die Straße nach Selet'ke [dem antiken Seleukeia] die Küste uiul zieht, wie zahlreiche Spuren beweisen, dem alten We^c' ftdgend nach Westen, zur Rechten den Rand des Berglandes, auf dessen Höhe die noch nicht wieder- gefundenen Ruinen von Poikile-Pet ra, einst durch eine xXina't. }.a%oi.n]tri mit Seleukeia verbunden, liegen müssen, zur Linken in ungeheurer, stets

zunehmender Ausdehmmg das ^Mündungsgebiet des Kalykadnus".

Diese Ansetzung der l'oikile Petra östlich vom Kalykadnos, unweit von Korasion. der ich auf meiner Karte von Kleinasien. Bl. D lY Adana, ge- folgt bin, geht zurück auf Strab. XIV. (i7(): Mna de tov KaXvxaövov ;' noixiXt] Xeyofisvij nftga xXiftaxa exovaa AaiufU]triv em ^eXeiixeiar üyovaav. DaJj dieser Satz einen Widerspruch enthält, ist bislier übersehen worden : ein Felsen, von welcliem eine Felsentreppe nach Seleukeia. das auf dem rechten, westlichen Ufer des Kalykadnos liegt, hinabführt, kann nicht auf dessen linkem, östlichem Ufer gelegen haben: die in den lebenden Felsen gehauene Treppe niül.ite ja sonst den (iök Su oder Kalykadnos kreuzen Offenbar hat den mehr als achtzigjährigen Strabon. der in seiner Jugend in Seleukeia bei dem Aristoteliker Xenarchos studiert hatte, sein (Gedächtnis in diesem Falle in Stich gelassen: denn jene l"'elsentreppe ist jetzt auf dem tvestlichen Ufer des Kalykadnos aufgefunden worden. Herr W. Siehe in Mersina. der seit Jahren zu botanischen Zwecken das südöstliche Kleinasien vielfach bereist hat, schreibt mir d. d. ]\lersina. "iit. April 190.'): ..Diese Felsentreppe liegt, wie die alte Stadt ( Seleukeia I westlich vom Kalykadnus. Der alte Strabo hat sich dessen nicht mehr erinnert und die Lage verwechselt. Ich bin mit größtem Interesse diese wohl er- haltene, in den Felsen gehauene Treppe zweimal hinabgeritten. Sie führt von der Akropole in die Niederstadt am Müsse, die beide am rechten, also westlichen Ufer lagen." Der die Akropolis tragende Felsen muß (leninacli l'oikile Petra geheißen haben, was Sti'abon aber nicht erwähnt.

341

Griechische Aufgebote I.

Von Julius Bdocli. 1. Eiiileitnn^;.

Ein Aufgebot der gesamten wehrfähigen Mannschaft (narSiintt) kann der Natur der Saclie nach nur in Kleinstaaten stattfinden, wie es die gi'iecliischen Kantone (nöXeic) der vorklassischen und klassischen Zeit waren, die nur eine befestigte Stadt enthielten, und deren (iebiet in der Regel nur einige Hundert Q.-Kni., in seltenen Fällen mehr als lUOÜ oder 2000 Q.-Km. umfaßte. Auch dann konnte ein solches Aufgebot nicht länger als einige Wochen unter Waffen gehalten werden, da ja die Mobilisierung den Stillstand fast aller bürgerlichen Tätigkeit im Gefolge haben mußte, überall da wenigstens, wo nicht eine größere Zahl von Sklaven oder I.eibeigenen zur Verfügung stand. Ein Massenaufgebot konnte also nur aufgestellt werden, wenn es das eigene Gebiet zu ver- teidigen galt, oder zum Zweck eines p]infalls in feindliche Naehbargebiete.

Die Wehrpflicht endete in Athen mit dem 60. Jahre (Arist. A'J. Tlol. 53, 4. Polyd. 11 11. Plut. Pliol;. 24), die Akarnanen haben selbst in einer Zeit höchster Bedrängnis nicht auf die Leute über (iO Jahre zurück- gegriffen (Liv. 26, 25) und sogar in dem Militärstaat Sparta waren die vneQ itxraouxovTa cU/ /;(J»jc nicht mehr zu P'eldzügen außer Landes ver- pflichtet (Xen. Hell. V 4, 13, Plut. At/es. 24), d. h.. da ein Angriff auf Sparta selbst bis auf Epanieinondas außer dem Bereiche der Möglichkeit zu liegen schien, überhaupt vom Dienste befreit.

Die gleiche Altersgrenze wird also für alle griechischen Staaten gegolten haben, wie sie denn in der Natur der Sache begründet ist, und ganz ebenso auch in Rom galt. Es ist oft genug vorgekommen, daß sämtliche Bürger innerhalb dieser Altersgrenze zum Dienst aufgeboten ■^^iirden: so in dem eben angeführten Falle in Akarnanien. Ebenso in Arkadien im Winter 370 '69: hier fand Agesilaos in dem Flecken Eutaea nur die alten Leute, die Weiber und Kinder, während die waffenfähigen Männer sämtlich zum arkadischen Bundesheer abgezogen waren (Xen. Hell. VI 5, 12). Auch in Sparta ist mitunter die ganze Bürgerschaft bis zum 60. Jahre ins Feld gerückt; so 4]S vor der Schlacht bei Mantineia

Beilrilse z. alten Geschichte V3. 23

1

342 Julius Beloch,

[Thulc. V (!4, 3). und wieder 371 nach der Niederlage bei Leiiktra (Xen. Hell. VI 4, 47).

In der Regel aber hat man doch Bedenken getragen, das eigene Gebiet in dieser Weise vollständig zu entblößen. Die Hauptstadt, nnd wo solche vorhanden waren, die Sperrforts ((jiqovqiu) nnd andere befestigte Plätze konnten nicht ganz ohne Besatzung bleiben. Mau verwendete zu diesem Zwecke natürlich die ältesten Jahrgänge, (he zum Felddienst nicht mehr recht geeignet waren, nnd die jüngsten, die noch keine genügende militärische Ausbildung genossen hatten. So bestand das spartanische Heer bei Lenktra aus den Jahrgängen psxQi tiöv nsvie y.al rQtc'r/.o'i'ja d<f i'lßtic (Xen. Hell. VI 4, 17): zur Schlacht bei Mantineia 418 rückten die Spartaner zuerst mit ganzer Macht ans, schickten dann al)er to s'xtov l^itQoc ßcfiöv cd'TLÖv ETI oiy.ov, iv (ij nqsßßvxEQOv re /xd to vewttQOV ?jr, tüffTf o'ixoi (fQovQElv (Tlmk. V 64, 3), also, nach dem Zahlen- verliältnis zu schließen, etwa die Jahrgänge vom 18. 20. und vom 55. bis 60. Jahre. Die Korinthier rückten 425 gegen Nikias navdrii.iH ins Feld {Tlmk. V 42, 3), die TrosößvTSQOi aber blieben zum Schutze der Stadt zurück (44, 4) und traten erst später, als das erste Aufgebot nicht genügte, in Aktion. Auch in Athen waren die jüngsten und ältesten Jahrgänge in erster Linie zu Besatzungszwecken bestimmt [Thuk. U 13, 7) und wurden nur im äußersten Notfalle zum Felddienst iierangezogen {Thulf. I 105, 4). Zum Feldzug nach Cliaeroneia (338) wurden die Bürger bis zum 50. Jahre aufgeboten, wie Lykurgos ausdrücklich angibt (g. Leokr. 39 f.), und dadurch bestätigt wird, daß Demostlienes, der damals 47 oder 48 Jahre zählte, und der etwa gleichalterige Demades in den Reihen der Hopliten an der Schlacht teilgenommen haben. Auch bei Delion muß das Aufgebot (7rcivdrji.i£i^ Tliuk. IV 90, 1) auf die Klassen unter 50 Jahre beschränkt gewesen sein, da der athenische Feldherr in der Rede, die ihn Thukydides halten läßt (IV 95, 3), nur von den „Vätern" spricht, die die Boeoter bei Oenophyta (457, also 33 Jahre früher) besiegt hätten: es hatte also offenbar keiner der Anwesenden an dieser Schlacht teil- genommen. Andererseits war Sokrates (geboren um 470) unter den Kämpfern bei Delion, sodaß also jedenfalls die Altersklassen bis zum 45., und höchst wahrscheinlich bis zum 50. Jahre au der Schlacht teil- genommen haben. Dasselbe war auf boeotischer Seite der Fall; denn Thukydides läßt den Boeotarchen Pagondas die älteren unter seinen Soldaten ermahnen, sich ebensogut zu schlagen, wie einst bei Koroneia (446); die jüngeren, es ihren Vätern, die dort gekämpft hatten, gleich zu tun (IV 92, 7). Also gab es in dem boeotischen Heere viele, die über 42 Jahre alt waren und folglich muß das Aufgebot wenigstens bis zum 50. Jahre gegangen sein. Natürhch stand es in jedem einzelnen Fall beim Volke, zu bestimmen, welche Jahrgänge einljerufen werden sollten (um) livog c'iQxovTOc -/.cd eniovvfiov /(p/o* nrmv 6sT aTQarsveoüai, Aristot. 'Ad: Ilo'/.. 53, 7);

OrieMscIie Aufgebote I. 343

im lamischeii Kriege z. B. ging das Aufgclxit mir l)is zum -10. Jalire (Diod. XVIII 10, 2), und bis zu domsell)on Alter hat Dionysios im Früh- jahr 405 die syrakusische Mannschaft zu den Waffen genifen (Diod. XIII 95, 3). Bei Feldzügeu in weitere Ferne war es notwendig, eine stärkere und vor allem knegstüchtigere Besatzung zum Schutze der Heimat zurück- zulassen, als sie die älteren Jahrgänge allein hätten geben können. Man beschränkte also in solchen Fällen die Mobilisierung meist auf einen Teil der taktischen Verbände, in die das Biirgerheer zerfiel. So haben die Peloponnesier zu ihren Einfällen nach Attika in den Jahren 431 425 nur % ^r« Svo iisorj) ihrer Gesamtmacht aufgeboten (TJmk. LI 10, 2; 47, 2; III 15, [Demosth.] g. Neaera 101 S. 1379); von den 6 Moren des lakedaemonischen Heerbannes müssen also 4 ins Feld gerückt sein, wie das später für den Foldzug nach Leuktra (371) ausdrücklich bezeugt wird (Xen. Hell. VI 1. 1; 4,17). und dementsprechend haben wir uns das Aufgebot der übrigen Bundesstaaten zu denken. Ebenso haben die Athener im lamischen Kiiege nur 7 von ihren 10 Fhylenregimentern (ra^eig) im Felde verwendet (Diod. XVIII 10, 2): das war also gleichfalls ungefähr ein Zweidrittclaufgebot.

Die Stärke eines solchen Gesarataufgebots im voraus auch nur einigermaßen genau zu berechnen, war völlig unmöglich. Wenn auch Verzeichnisse '/«re/.oyo/) der Wehrfähigen, namentlich der zum Reiter- und Hoplitendienste Verpflichteten, geführt, und soviel als möghch auf dem Laufenden gehalten wurden, so mußte doch der Effektivbestaud weit hinter der Sollstärke zurückbleiben. Ein nicht geringer Teil der Pflich- tigen mußte durch Abwesenheit, Ki'ankheit. dauernde Dienstuntaugiichkeit oder gesetzliche Befreiung (z. B. als Beamte) verhindert sein, sich zu stellen: und da keine namentliche Einberufung der Wehrmänner statt- fand, muß es auch sonst Drückeberger genug gegeben haben, namentlich in den demokratischen Staaten, wie Athen, wo es mit der militärischen Disziplin sehr übel aussah. Gab es doch in Athen eine eigene yQ^V>^ ußTOurEuic^ die oft genug in unseren Quellen erwähnt wird. Erst wenn das Heer versammelt war. konnte eine Feststellung der Zahl stattfinden : aber die kam dann nur zur Kenntnis der oi)ersten Heeresleitung, und derer, die zu dieser Beziehungen hatten, denn zu einer Veröffentlichung lag kein Anlaß vor. und wer etwa darüber ausgefragt wurde, war keines- wegs immer glaubwürdig (Thuk. V 6S, 2). Auch wechselte die Zahl von Tag zu Tag. da beständig Nachzügler ankommen mußten, während andererseits ein in so tumultarischer AVeise zusammengesetztes Heer not- wendig sehr viele Abgänge hatte, i)

1) Eine genaue Analogie liieten die Ma.ssenaufgebote der Kommunen des Mittelalters; vgl. z. B. das von Cesare Paoli lierausgegebene Lilno dt Montaperti (Fireuze 1889).

23* 3

;-i44 Julms Beloch,

Aus diesen Grüiulen finden sicli bei Thukydides fast niemals Angaben über die Stärke eines Anfgebutes narStjuet. AVo das dennocli der Fall ist, gibt er (mit einer Ausnalime) entweder einfacli die Sollstärke anf Grund der Listen, wie für das athenische Aufgebot gegen Megara 431 (II, 31, vgl. 13, 6), oder Berechnungen, wie für das spartanische Aufgebot bei Mantineia (V (i8). Ganz ebenso beiXenophon: auch er gibt nur sehr selten die Stärke von Gesamtaufgeboten, wenn ich mich recht erinnere, sogar nur einmal, für die Schlacht am Nemeabach 394, die als die größte Feldschlacht, die bis dahin zwischen Griechen geschlagen worden war, sein besonderes Interesse erregen mußte {Hell. IV 2, l(i 17). Daß diese Zahlen nicht die Effektivstärke am Tage der Schlacht, sondern die Sollstärke geben, hat bereits Wilamowitz gesehen [Rom. Unters. 273). Es folgt das aus der Angabe über die Zahl der Boeoter, die auf 5000 Hopliten und 800 Reiter veranschlagt werden inel 'OQxo/^tevioi ov jraQrjaav, ein Znsatz, der ganz unnötig war, wenn Xenophon direkte Angaben über die Stärke der Boeoter vorgelegen hätten. Es folgt ferner daraus, daß Xenophon bei der Aufzählung der Kontingente des peloponnesischen Bundesheeres die Arkader und Acliaeer übergeht, obwohl er später, in der Beschreibung der Schlacht ausdrücklich erwähnt, daß beide anwesend waren: er hat also nicht einmal für das peloponnesische Heer eine ordre de hafuille vor sich gehabt. ') Flndhch gibt Xenophon für keines der beiden Heere die Gesamtstärke, was er doch unbedingt getan haben würde, wenn ihm offizielle Angaben vorgelegen hätten. Die Nachricht über die Teilnahme der 400 affitvSovJjxai MuQyavfmv y.ai yfeiqirov xal 'Ajnfidölwv an der Schlacht wird er in Skillus in Erfahrung gebracht haben; die 300 kretischen Bogenschützen mögen einige Wochen später unter Agesilaos bei Koroneia mitgefocliten haben. Die übrigen Kontingente auf beiden Seiten sind einfach mit ihrer Gesamtstärke angesetzt, wie Xenophon diese veranschlagte. Es ist ein Verfahren, ähnlich dem, das Herodot für die Berechnung dei' Stärke des hellenischen Heeres bei Plataeae ein- gesehlagen hat (s. meinen Aufsatz in Fleckeisens Jahrhüchern 1888 S. 324), nur daß Herodot scheinliar methodischer vorgeht, in Wahrheit aber viel geringere Sachkenntnis zeigt.

1) Kromayer (Beiträge :vr alten GcsclticJite III 204) meint, eine von mir gelegeutlicli hingeworfene Andeutung (Bcpölk. 151, 4) näher ausführend, die Zahlen der Arkader und Acliaeer seien in unserem Text der Hellenika ausgefallen. Eiu zwingender Grund zu dieser Annalime liegt nicht vor; denu wenn Diodor (XI\' 83, 1) die Stärke des peloponnesischen Buudesheeres zu 23000 neZo'i angibt, während die Summe der Eiuzelposten l)ei Xeuoi)lion 13.500 Hopliten und 700 Mann leichte Truppen ergibt, so folgt daraus keineswegs, daß er oder vielmelir seine Quelle einen vollständigeren Te.\t der Hellenika vor sich hatte, da Diodor auch sonst in dieser Partie viele Zahlenangaben bietet, die bei Xenoiihon nicht stehen, und auch nicht gestanden haben können, ■/.. n. gleii'h die Angaben ülicr die Verluste in der Schlacht ain Nemeabarli selbst.

Griechische Aufgebote I. •^J•'>

Wälirciitl also die Zoitgenosseii uiiil inilitärisclicn l-'acliniiinncr Tluiky- dides und Xenophon in iincn Aiijiaboii über die Stärke von (icsanit- aufgeboten selir zurückhaltend sind, sind spätere Autoren, die zum Teil, wie Ephoros und Tiniaeos, den militärischen Dingen recht fern standen, weniger vorsichtig gewesen. Wir linden infolgedessen bei Diodor, Plutarcli und anderen abgeleiteten Quellen eine lange Reihe solcher Angaben. Sie geben uns den Beweis, dal.) in der Zeit, als die Tradition sieh l)il(lete, die uns in ihren letzten Ausläufern bei Diodor und Plutarch vorliegt, also etwa in der Zeit Philipps, die Erkenntnis sich Bahn gebrochen hatte, daß Angaben über die Heeresstärke zum Verständnis militärischer Operationen unentbehrlich sind: eine Erkenntnis, die bekanntlich manchem unserer heutigen Historiker noch nicht aufgegangen ist. Weiterhin aber steigt der Zweifel auf, ob denn Ephoros und seinen Zeitgenossen urkundlich l)e- glaubigte Zahlenangaben zu Gebote stehen konnten, die Tluikydides und Xenophon nicht besessen hatten. Haben wir doch schon oben gesellen, wie schwer es selbst für Zeitgenossen sein mußte, sich beglaubigte Angaben über die Stärke von Gesamtaufgeboten auch nur der wehrfähigen Mannschaft einzelner Staaten zu verschaffen: wo es sich um Koalitions- heere handelte, die aus den Kontingenten einer Reihe von Staaten zu- sammengesetzt waren, mußte diese Schwierigkeit natürlich noch größer sein. Wenn nun schon Thukydides und Xenophon in solchen l^'ällen zu Bereclinungen oder auch zu bloßen Schätzungen greifen mußten und es darum meist verschmäht haben, überhaupt derartige Zahlen zu geben, so muß dasselbe offenbar in noch viel höherem Grade bei ihren Nachfolgern der Fall gewesen sein, die nicht mehr aus erster Hand schöpfen konnten. Das tritt ja auch schon äußerlich darin hervor, daß die Angaben über die Stärke größerer Heere bei Diodor und Plutarch. was die Zahl der Fußtruppen oder auch die Gesamtzahl angeht, so oft auf ganze Zehn- tauseude abgerundet sind.

Aber es wäre doch sehr weit gefehlt, wenn wir nun alle Angaben, die bloß auf Berechnung oder Schätzung beruhen, in Bausch und Bogen beiseite werfen wollten. Es kommt ganz darauf an, von wem diese An- gaben herrühren, und auf welcher Grundlage sie aufgebaut sind. Eine gute Berechnung ist in statistischen Dingen viel mehr wert, als eine schlechte Zählung, ja es muß überhaupt das Ergebnis jeder Zählung erst durch Berechnung geprüft werden. Nun gab es in Athen und ohne Zweifel in allen griechischen Staaten Verzeichnisse (zfträAo/o/) der wehr- pflichtigen Mannschaften: und da in den griechischen Staaten alles auf offenem Markte verhandelt wurde, nnißte die Zahl der in diesen Listen verzeichneten Mannschaften allgemein bekannt sein. Nur Sparta machte, Sut Ti~g TTohreiag ro xovtttöv, hier eine .\usnahme, wie Thukydides (V 6<S, 2) aus- drücklich hervorhebt. Natürlich konnte, aus den oben entwickelten Gründen, dieser Sollbestand bei weitem nicht vollzählig im Felde zur

34(t Julius Beloch,

Verwendung koninieu; wer aber etwas von militärischen Dingen verstand, mußte wissen, wie hoch sich ungefähr im Durchschnitt der Abgang be- laufen wiü'de. und war also in der Lage, sich einen annähernden Über- schlag über die militärische Leistungsfähigkeit der einzelneu Staaten zu macheu. Xenophon setzt die Kenntnis dieser Dinge Ijei einem jungen Manne, der sich der politischen Laufbahn widmen will, als etwas ganz selbstverständliches voraus {Denhw. III ti, 9). Natürlich hat er selbst diese Kenntnis auch l)esessen. und er g^bt danach die Angaben über die Stärke der einzelnen Kontingente in der Schlacht am Nemeabach. Die Historiker der nächsten Generation sind ihm. mit mehr oder weniger Sachkenntniß, auf diesem Wege gefolgt. Es ist klar, daß die so ge- wonnenen Zahlen für kriegsgeschichtlichc Zwecke Angaben über die Effektivstärke nur unvollkommen ersetzen können: in der Regel wird ein Abzug zu machen sein. Für bevölkerungsgeschichtliche Zwecke aber sind Angaben über die gesamte militärische Leistungsfähigkeit eines Staates sehr nel mehr wert, als Angaben über die Effektivstärke des von diesem Staate bei einer besonderen Gelegenheit gestellten Gesamtaufgebotes, aus demselben (!runde wie in der Freisgeschichte gnt bezeugte Angaben über einen Mittelpreis sehr viel mehr wert sind, als eine Reihe vou An- gaben über wirklich bezalilte Preise, bei denen wir nicht wissen, welche Zufälligkeiten auf die Preisbildung eingewirkt haben.

Natürlich schritt man nur in Notfällen zur Mobilisierung des ganzen oder partiellen Gesamtaufgebotes. In der Regel beschränkte man sich darauf, eine bestimmte Anzalil Wehrpflichtige auszuheben, wie sie dem Zwecke, dem man bei der Rüstung verfolgte, angemessen war. Hier war es möglich, auf die körperliche Beschaffenheit der Leute Rücksicht zu nehmen, weshalb denn der militärische Wert solcher Truppen viel größer war. als der Wert von Gesamtaufgeboten (Thuk. V 8, 2: <iO, 3): sie werden darum mitunter geradezu als Elitetruppen (Xo^ädec) bezeichnet (Thuk. eb.). Die spartanischen Perioekeukontingente, soweit sie in den Morenverbänden dienten, bestanden ausschließlich aus solchen '/.oyääki (s. unten), ebenso .die Heere der großen Jlilitärmächte Makedonien und (etwa seit den Sam- niteukriegen) Rom. da diese Staaten viel zu ausgedehnt und zu stark bevölkert waren, als daß ein Massenaufgebot, außer in einzelnen Gebiets- teilen, überhaupt möglich gewesen wäre, über die Stärke so gebildeter Heere war es den Historikern verhältnismäßig leicht, zuverlässige Angaben zu erhalten: es genügte, den betreffenden Volksbeschluß einzusehen. Infolgedessen finden wir solche Zahlen bei Thukydides in reicher FüUe: kaum weniger häufig bei Xenophon und in den späteren Quellen. Selbst- verständlich handelt es sich hier stets um die Sollstärke: aber bei der Alt, wie diese Heere ausgehoben wurden, kann die Effektivstärke nicht wesentlich dahinter zurückgeblieben sein. Für die Bevölkerungsgeschichte freilich lernen wir meist nur wenig aus solchen Angaben, da ja Aufgebote

Griechische Aufgebote I. 347

(lieser Art der Natur der Sache nacli in keinem testen Verhältnis zur (iesamtwehrkraft stehen: immerhin lassen sieii in vielen Fällen Minimal- werte daraus ableiten, die in Ermangelung besseren Materials nicht ohne Bedeutung sind, namentlich auch zur Kontrolle etwa erhaltener Angaben über die Gesamtwehrkraft dienen können.

i. Athen.

lasen von Plierae sagt bei Xenophon {Hell. \l 1.5), seinen ÖOOO erlesenen Söldnern könne so leicht kein Aufgebot eines griechischen Staats wiederstehen; ägt'>;<öc uev yäo xal a/2oi}ev ovx av e/.änwv c^sldoi' äX?M TU fiev iy. riäv nöXemv aroaTEviiara loug [lev nqosXrjlvi^öxag rjärj taTg i)Xixiaig Bxei, tovg (J' ovnw cixi.uc^orrag . Es ist nach diesen Worten klar, daß Xenophon hier von Aufgeboten Tiavdriiisl spricht, und weiter, daß das Gesamtaufgebot keiner Stadt in lasons Zeit, also etwa von 380 370, wesentlich stärker war als 6000 Hopliteu. Xenophons übrige Angaben stehen damit im besten Einklang. In der Übersicht über die Stärke der Heere in der Schlacht am Nemeabach (Hell. IV 2, 16. 17) gibt Xenophon nur einem Kontingente, dem von Argos, 7000 Mann, setzt dieser Zahl aber ein Fragezeichen (e/.eyovTo) bei, sodaß er sie offenbar für übertrieben gehalten hat: Athen und Sparta haben je 6000 Hopliteu und 600 Reiter, Boeotien ohne Orchomenos 5000 Hopliteu mul 800 Reiter, mit diesem also ohne Zweifel ebenfalls 6000 Hopliten. Das zeigt dann weiter, daß Xenophon hier volle Gesamtaufgebote in Ansatz gebracht hat, wie es der Wichtigkeit der Entscheidung entspricht, die auf dem Isthmos erfolgen sollte.

Dasselbe ergibt sich, ganz unabhängig davon, für das athenische Kontingeut daraus, daß alle 10 Phylenregimenter zur Stelle waren, wie Xenophon ausdrücklich sagt [Hell. IV 2, 19). Und zwar müssen che Wehr- pflichtigen bis etwa zum 50. Jahre einberufen worden sein: denn bei Delion, wo das Aufgebot bis zu diesem Alter ging, standen etwa 7000 athenische Hopliten im F'elde (Thuk. IV 9i. 1 vgl. 93, 3). und es wird niemand annehmen wollen, daß die Zahl der wehrpflichtigen Mannschaft Athens in der Zwischenzeit sich vermehrt habe. Ganz im Gegenteil, es ist viel eher eine Verminderung wahrscheinlich. Lassen wir auch die Verluste bei Delion selbst (1000 Hopliten, Thuk. IV 101, 2) und Amphipolis (600 Mann. Thuk. V 11.2) außer Ansatz, da von denen, die an diesen Schlachten teilgenommen hatten, nur sehr wenige 30 bezw. 28 Jahre später am Nemeabach mitgefochten haben können, so sind doch in den Jahren 415 und 413 2700 Hopliten aus dem Katalog nach Sicihen abgegangen (Thuk. VI 43 : VII 20, 2), von denen nur wenige zurückgekehrt sind (Thuk. Vn 87, 6). Der dekeleiische lü'ieg hat dann zwar keine großen Feldschlachten gebracht, wohl aber sind die Hopliten aus dem Kataloge zur Bemannung der Flotte herangezogen worden (Thuk. VHI 24, 2 und Xen. Hell. I 6, 24), und haben also an den Verlusten des Seekrieges

34S Julius Beloch,

ihren verhältnismäßigen Anteil getragen. Und zn dem allen kam dann die sehr blntige Revolution. Es liegt auf der Hand, daß all diese Lücken während der 8 Friedensjahre von 403 395 nur zum Teil ausgefüllt werden konnten: wenn also bei Delion 7000. am Nemcabach ßOOO Hopliten im Felde standen, so ist klar, daß das letztere Aufgebot mindestens dieselben Altersklassen umfassen mußte, wie das erstere.

Ebenso stark wie am Nemealjach soll nach Diodor (XV 84, 2) das athenische Aufgebot bei Mautineia (362 v. Chr.) gewesen sein: und auf dieselbe Zahl führen uns Diodors Angaben über die Stärke des Heeres, das im Sommer 369 Epameinondas den Weg über den Isthraos verlegen sollte. Die Athener, llegarer, Korinthier und Pelleneer sollen zusammen 10000 Mann aufgestellt haben (Diod. XV (58, 2): da nun Korinth 3000 Hopliten ins Feld stellen konnte (s. unten), und hier, wo auf seinem eigenen Gebiete gekämpft wurde, siciier seine ganze Maclit aufgel)oten hat (vgl. Tluik. V ö7. 2). so werden wir für die Athener höchstens (iOOO Mann ansetzen dürfen, denn 1000 Mann müssen docii die Megarer und Pelleneer zusammen gezählt haben, sonst hätte es sich nicht gelohnt, diese Kontingente überhaupt aufzuführen. Es ist allerdings nicht überliefert, ob wir es hier mit Gesamt- aufgeboten zu tun haben, wenn wir es auch wenigstens für den Zug nach Mantineia voraussetzen sollten. Vollständig aus der Reihe der übrigen Zahlen heraus fällt dagegen die Angabe, das Aufgebot navdr^nBi. das die Athener beim ersten Einfall des Epameinondas zur Unterstützung der Spar- taner in den Peloponnes schickten, habe 12000 Mann betragen (Diod. XV <i3. 2 rov 'Ifpi/.oärt^v etsneftipav xal toi'c vsoi>c «j'^»j|Heoo'r, öviag /.ivglovc xal Siayj/.tovc). Nun hat es docii die höchste Unwahrscheinlichkeit. daß die zum Dienst als Hopliten qualifizierte ^lannschaft in den 25 Jahren seit der Schlacht am Nemeabach sich verdoppelt haben sollte: nicht minder unwahrscheinlich ist es, daß Athen 369 die doppelte Anstrengung gemacht haben sollte, wie 7 Jahre später bei Mantineia. da der Zweck des Aufgebots in beiden Fällen genau derselbe war. der Schutz Spartas gegen einen mit ganzer Macht unternommenen Angriff Epameinondas'. während Attika seli)st in dem einen wie in dem anderen Falle von keinem Feinde bedroht war. Wir müssen bis an den Anfang des pelo- ponnesischen Krieges, bis auf Perikles" Einfall in die Megaris im Herbst 431 zurückgehen, um wieder einem so starken athenischen Aufgebot zu be- gegnen (Thuk. 11 31, 2). Damals betrug die Stärke der zum Felddienst tauglichen Hopliten nach Diodor (XÜ 40.4) 12000 Mann (Thuk. II 13.6 und 31.2 gibt 13000): es scheint mir evident, daß Diodor's Quelle diese Zahl hier einfach wiederholt, und für Xenophons 7rar{J?j/j£( eingesetzt hat. ohne zu bedenken, daß die Verhältnisse sich in der Zwischenzeit sehr geändert hatten. Jedenfalls scheint es mir nach allem, was wir von der Bevölkerung und der Kriegsgeschichte Athens in dieser Zeit wissen, durch- aus ausgeschlossen, daß das attische Aufgebot damals 12000 Hophten

(iriciJiiscIic Angebote I. 31'.l

betragen haben könnte, und die jianz isolierte Angabe einer, gerade was Zahlen angeht, besonders unzuverlässigen Quelle, wie es dieser Teil des diodoriselien (leschichtswerkes ist. reicht l)ei weitem nicht aus. die Sache glaultlicii zu machen. Schon was Xenuphon über Jasons Söldnerheer im Verhältnis zu den .'Bürgeraufgeboten sagt (oben S. ;U7). ist mehr als ausreicliend. um uns Diodors Angai)e ohne Weiteres beiseite werfen zu lassen. Ich lialie es darum in meiner Bec'6\kerun(j nicht der Mühe wert gehalten, diese Angai)e auch nur zu erwähnen, und würde auch hier nicht darauf eingegangen sein, wenn nicht Kromayer sie zur Bestätigung seiner Annahmen über die Wehrkraft der griechischen Staaten verwenden zu dürfen geglaui)t hätte (in diesen Beitrckßn III 53). Auch was Kromayer weiter sagt, dieser Auszug wäre außer dem von Chaeroneia der einzige im V\ . Jahrhundert, welcher mtrStjite'i erfolgt sei. ist nicht richtig: er ist nur der einzige seit Deliou. bei dem ausdrücklich hervorgehoben wird, daß es ein Auszug navStjfisl war. Und dazu hatte Xenophon hier seine ganz besonderen Gründe: Diodors Quelle aber hat Xenophon wörtlich abgeschrieben {ffell. VI 5. 49 e(pii(fiaarw Se ,-]orj!}f7v Travärj/iti, Diod. XA" HS, 2 ripr^cfiaario

Wie stark das athenische Heer bei Chaeroneia war. wird nicht über- liefert: wir wissen nur. daß das Aufgebot die Jahrgänge iiis zum öO. Jahre umfaßte (oben S. 342). Dagegen wurden im lamischen Kriege zwar ebenfalls alle Athener zu den Waffen gerufen, aber nur bis zum 40. Jahre: und zwar sollten 3 Phylen zum Schutze von Attika zurückbleiben, während die übrigen 7 für den Dienst Im Felde bestimmt waren (Diod. XVI 11. 10, 2). Daß man diesmal nicht, wie früher, das Gesatntaufgebot ins Feld sandte, erklärt sich aus der militärischen Lage. Bei dem Auszüge nach Korinth 394. und später bei den Aufgeboten gegen Epameiuondas hatte es sich um Feldzüge von kurzer Dauer gehandelt, auch war Attika selbst damals in keiner Weise vom Feinde bedroht, denn im korinthischen Kriege war der ganze Osten Mittelgriechenlands mit den Athern verbündet, und in Epameinondas" Zeit stand Athen keineswegs mit Theben im Kriege, wenn auch beide Staaten sich am dritten Orte bekämpften. Avas nach griechischem Völkerrechte bekanntlich kein Friedensbruch war. Dagegen war es im Jahre 323 von vornherein klar, daß der Krieg gegen Makedonien eine längere Dauer haben würde, wie denn das athenische Bürgerheer wirklich fast ein ganzes Jahr (etwa von Okt. 323 bis Aug. 322) im Felde gestanden hat: daraus folgt, daß man der Bürgerschaft nicht dieselben Anstrengungen zumuten konnte, wie bei einem Sommerfeldzuge von wenigen Wochen. Und ferner war Attika durch die makedonischen Besatzungen auf der Kadmeia und in Euboea bedroht, sodaß es nicht ganz von Streitki-äften entblößt werden konnte, wie es ja wirklich zu einer makedonischen Landung bei Rhamnus gekommen ist. die von Phokion abgewiesen wurde (Plut. Phok. 25). Fs ist also unzulässig, die Verhältnisse des lamischen Krieges zu generalisieren.

350 Julius Beloch,

Die Zahl der für diesen Feldzug aiifgeboleiieii atheiiiseheii Bürger wird auf 5000 Hopliten und 500 Reiter angegeben (Diod. XVIII 11,3); da das nur die Mannschaft von 7 Pliylen war, müssen alle 10 Phylen zusammen gegen 7000 Mann und 700 Reiter gezählt liaben. Das war tlie ilannschaft vom 20. 40. Jahre: da jeder Jahrgang im Durchschnitt schwächer ist als der nächstvorhergehende, können die 10 Jahrgänge vom 40. 50. Jahre zusaninieii noch nicht halb so stark gewesen sein, als die 20 vorhergehenden; sie können also kaum über 3000 Hopliten umfaßt haben. Im heutigen Europa bilden die 40 50jährigen Männer 34% (England), bis 45% (Frankreich) der 20 40jährigen; nach diesem AVrliältnis würde das Gesamtaufgebot bis zum 50. Jahre i) 10000 Hopliten ergeben haben, also 3 4000 mehr als Xenophon für das Jahr 31)4 rechnet. Es würde alier sehr unvorsichtig sein, wenn wir nun daraufhin annehmen wollten, daß die znm Hoplitendienst quaühzierten Bewohner Attikas in den 70 Jahren von 31)4 321, oder in dem iialben Jahrhundert von der Schlacht bei Mantineia bis zum Tod Alexanders sich um diese Zahl vermehrt iiätten, oder gar. daß für die Schlachten am Nemeabach und bei Mantineia nur ein Teil der wehrpflichtigen Mannschaft aufgeboten worden sei. Denn wir haben ja keine Gewähr dafür, ob die Angai)e bei Diodor nicht auf eine bloße Schätzung zurückgeht; das gerade Ver- hältnis zwischen der Zahl der Reiter und Fnßtrnppen (1 : 10) nicht minder, wie die oben ausgeführten allgemeinen Erwägungen lassen diese Annahme sogar höclist wahrscheinlich erscheinen. Wenn ai)er Diodors QueUe im Ansatz der Durchschnittsstärke der Phylen auch nur um 100 Mann zu hoch gegriffen hat, so ergibt sicli eine Gesamtsumme von rund 7500 bis S500 Mann, eine Zald, der die Angabe Xenophous, die ja ebenfalls inii- auf ungefährer Schätzung beruht, uml also möglicherweise etwas zu niedrig sein kann, schon recht nahe kommt. Die Differenz, die noch bleibt, ließe sich auch durch eine, in der Zwischenzeit eingetretene Ver- mehrung der Bevölkerung (namentlich derMetoeken) oder doch der wohl- habenden Bevölkerungsklassen erklären. Trotzdem glaube ich nicht, daß diese Erklärung das richtige treffen würde: aber um das zu begründen, muß ich etwas weiter ausholen.

Atlien hat in dem halben Jahrhundert vom Frieden des Antalkidas l)is zur Schlacht bei ("haeroneia große Landkriege nicht zu führen gehabt: nur verhältnismäßig selten, und dann stets nur auf ganz kurze Zeit ist das Bürgeraufgebot zu den Waffen gerufen worden. Seine überseeischen Kriege hat Athen durchweg mit Söldnern geführt. Es liegt in der Natur der Sache, daß unter solchen Umständen die Landmacht verfallen mußte. Wie es in der Reiterei aussah, zeigt Xenophons Hipparchikos: und doch hatte die Reiterei eine Art von Oiganisation und regelmäßige Übungen, auch in Friedenszeiten. Wir können uns demnach vorstellen, wie es bei der Infanterie aussehen mußte. Aeschiues führt es als etwas besonders an,

10

Griechische Aufgebote I. 3.')I

(lala er zwei Jahre als TTsginoXoc gedient hat. und hernft sich zum BeAveise der Saclie auf das Zeugnis seiner alten Kameraden (v. d. Ges. 167): es war also offenbar zur Ausnahme geworden, daß der junge Athener in Friedenszeiten seiner DienstpHicht genügte, wie denn z. B. Demostheues das jedenfalls nicht getan hat. Die Folgen zeigten sich bei Chaeroneia: und nun schritt man auch auf diesem Gebiete zu einer gründlichen Reform. Davon ist zwar direkt nichts überliefert, aber schon die Ephebeninschriften, die gleich nach Chaeroneia beginnen, hätten es uns lehren können; die nähere Kenntnis der neuen Organisation verdanken wir Aristoteles i'Ai)^. TJo'/.. 42). Der Dienst wurde jetzt obligatorisch gemacht für alle Athener, die das Alter von 18 Jahien erreicht hatten und zwar auf zwei Jahre, das erste Jahr als Epheben. das zweite als neoinolot,: und da Aristoteles nichts von einer Beschränkung dieser Verpflichtung auf die Angehörigen der drei oberen Schatzungsklassen erwähnt, so müssen wir annehmen, daß jetzt auch die Angehörigen der Thetenklasse, oder was dieser in der damaligen Schatzungsordnung entsprach, zum Landdienst herangezogen wurden. Infolgedessen wurde es nötig, daß der Staat die Sorge für den Unterhalt der Leute übernahm und ihnen die Waffen lieferte.

Das wird bestätigt durch die aus dieser Zeit erhaltenen Ephebenkataloge. Ein Katalog der Kekropis aus 334/3 {CIA. IV 2, 563b), der leider oben und links verstümmelt ist. enthält noch 30 Namen, und muß mindestens 41 enthalten haben; in der his auf den Anfang erhaltenen rechten Kolumne stehen zunächst 11 Epheben eines Demos, dessen Name weg- gebrochen ist, der aber wahrscheinlich Melite, oder wenn nicht, l'hlya war, dann folgen 7 ^iScorjj'c, 2 Simeraiövirg nnd 2 TIi,'Jrlc, im ganzen standen also in dieser Kolumne mindestens 4 Demennamen mit 22 Epheben. Da die Kekropis im ganzen U Demeu hatte, so müssen, wenn alle vertreten waren, in der linken Kolumne 7 Demennamen gestanden haben: erhalten ist der der Jaida/.uht mit 1 Epheben, ein anderer Demos, dessen Name nicht mehr lesbar ist (wahrscheinlich Halae oder Athmonon) hat ö Epheben gestellt. Es bleiben in dieser Kolumne noch 17 Zeilen, in denen, wenn oben keine Namen weggebrochen sind, die Epheben von 5 Demen verzeichnet sein mußten. Von diesen Demen waren Sypalettos, Trinemeia und Epieikidae ganz unbedeutend, und können kaum mehr als je 1 2 Epheben gestellt haben, es ist auch möglich, daß dei' eine oder andere dieser Denien überhaupt nicht vertreten war. Dagegen waren l'hlya (bezw. Melite) und Athmonon (bezw. Halae) große Demen, die zusammen nicht wohl weniger als 10, aber auch kaum mehr als 20 Epheben gestellt haben können. Im llaximum kann also unser Katalog etwa 50 Namen enthalten haben: das Minimum ist, wie gesagt, 41. Nehmen wir 45 als Mittelzahl, so würden sich für alle 10 Pliylen zusammen 450 Epheben ergeben.

11

3.-)2

Julius Belocli.,

Wir haben fenior Bruchstücke eines Ephebenkataloges ans 30Ö/4 {CIA. IV -2, 2Jlb Deuien :

Vollständig erhalten sind die Verzeichnisse folgender

Aiitigoiiis

ni'.u'.rii-U [al.so xi:!)-int!i'&ir\ . . De nie tri as

z^vnixc.iuvtc

[öopff(]f(%- (ider I '.-Ir'/rlfr.- . . .

\'l7iix(ni>iiici^\i'.i oder \l{oi^v»;u^f■.l

[Mo.ith;]

K recht hei s

'Ayyv'/.ijiytv . . . 1

Elvjvvntic 11

P a lul i 0 u i s

'f'tjyfuH^ .1

Aiia man tis

ifljTTIOl 1

["EiJitti(i]i Ulier ein anderer Icleincr

Demos 1

[Xo/.r.-jyifT^ 2

Kt(irl/(fic 3

l((xiiiiü 2

(•Intjixioi 1

Hippothoutis

'Araxicitu 1

\^E).c.i]ovi}i()i oder [\\/fi)iS]nvaioi . 1 K; Demen A't

VüY alle damals bestehenden etwa 140 Deinen Attikas würden sich demnach etwa 400 Ephehen ergel)en.

Ein Bruchstück eines Ephei)enkatalogs der Akamantis sieht Köhler in CIA. II 1030: aufgeführt werden:

Xo/juiytu <)

^ifijTTIOI 7

l\.i(f(0.ijihv mehr als ... 8 Ferner halte ich für Brnchstncke von Ephebeid<atalogen CIA. II 101(i und 102«: wenigstens ist schwer zu sagen, was diese Urkunden sonst sein könnten. Es werden aufgeführt:

CIA. II 1028: L e 0 n t i .s

9 |'/'(;f «()/)(()( oder orivij.'l . . . . (i

3 HdTi'i/iDi 2

4 .\'o'/.?.fT('if:i .'i

1 Aiiaraaiitis

H<tni/ri(n 3

i-x lifijc.iiHrn- mehr als 8

Zählen wir jetzt alle erhaltenen Listen zusammen, wobei wir für die Demen. die mehrmals aufgeführt werden, das Mittel ans den verschiedenen Zahlen nehmen, so ergeben sich für 27 Demen etwas über 100 Epheben. also im Mittel 4 auf jeden Demos, oder für alle 1 40 Demen .iiiO. AVir sehen, die ans den verschiedenen Listen gewonnenen Ergebnisse stimmen so gut mit einander überein. wie wir es nur irgend erwarten können: und wir dürfen demnach sagen, daß in den letzten Jahrzehnten des IV. Jahrhunderts in Athen durchschnittlich in jedem Jahre etwa 500 Jünglinge ihrer Dienst- pflicht genügt haben.

Nun bilden die Jünglinge, die in das 21. Jahr treten, heute in Frankreich etwa ' .j^, in Italien '/.^;„ in Deutschland V::n ''("i' männlichen Bevölkerung von über 18 Jahren: das attische Rekrutenkcmtingcnt von .■)00 wüide also einer Bnrgerzahl von 20000 bezw. ITSOUoiler iJOOO ent-

rlA. It lOOli: Hippotlioiitis

'.l'Ojyiij;

Ar((x(ii)i^

ltxi).f>ji

E/.fUfivöioi

'Ai((c^r!yTi:ifT: nu'lir als

IS

öriecMsche Aufgehote I. '-V-i'-^

sprechen, vnrausgesctzf. diili iillo Welirpflichtigen eingestellt wurden, was iitTenbar bei weitem nicht der P'all sein konnte. Die wuhllialienden Klassen allein hätten nach allem, was wir von den Bevölkernngsverhalt- nissen Athens in dieser Zeit wissen, ein solches Kekrutenkontingent niemals aufhringen können, und die Mphehenkataloge bestätigen also die Angabe des Aristoteles, daü damals in .Athen die allgemeine Wehrpflicht gegnlicn hat. Ein jährliches Kekrntenkontingent von 500 Mann gibt nach 20 Jahren, die A'crluste durch Todesfälle abgerechnet, einen Sollstand von etwa SOOO Mann, von denen dann allerdings, wenn es sich darum handelt, die effektiv zur Verfügung stehende Mannschaft zu bestimmen, noch die Ver- luste durcii Invalidität und Auswanderung abzurechnen sind. Allerdings standen bei Ausbruch des lamischen Krieges im Herbst 323 noch keine 20 volle Jalirgänge zur Verfügung, da die Reform frühestens im Herbst 337 in Kraft getreten sein kann. Es mag sein. daB sie eben in diesem Herbste in Kraft getreten ist, da die Niederlage von Cliaeroneia doch offenbar den äußeren Anlaß dazu geboten hat: der späteste Termin wäre der Herbst 335. wie das angeführte Dekret der Kekropis zeigt, und ein Dekret des Demos Eleusis zu Ehren der Epheben der Hippnthontis. die in demselben Jahr 334/3 gedient hatten {CIA. IV 2. 574 d): denn die Epheben hatten in Eleusis in (larnison gelegen, gehörten also dem zweiten Jahrgang an, und sind folglich im Herbst 335 eingetreten. Da nun der Jahrgang 324/3 im Herbst 323 noch nicht voll ausgebildet war, standen damals für den Felddienst die 13 Jahrgänge von 337/ii 325 4 bezw. die 11 Jahrgänge von 335/4 325/4 zur Verfügung, die zusammen eine Soll- stärke von etwa 5000 Mann oder etwas darüber gehabt haben müssen. Außerdem wurden noch die 7 bezw. Jahrgänge von 345/4 338/7 bezw. 33()/5 aufgeboten, die noch aus der Zeit vor der ililitärreform stammten, also nur die Wehrpflichtigen aus den oberen Klassen umfaßten, und dem- nach kaum mehr als etwa je 200 Mann stark gewesen sein können, was für diese Jahrgänge zusammen etwa 1500 Mann ergeben würde. Dazu kamen dann noch die Metoeken, natürlich nur die von Hoplitenschatzung. da die Wehrreform sich nur auf die Bürger bezog. Die Zahl der schwer- bewaffneten Metoeken schätzt Thukydides für den Anfang des pelopon- ncsischen Krieges auf 3000 Mann (II 31, 2): sie wird ein Jahrhuiulerl später nicht geringer gewesen sein, wie ich an anderer Stelle darlegen werde, da aber das Aufgebot nur die Leute bis zum 40. Jahre betraf, so werden wir sie hier mit nicht mehr als 1500—2000 Mann in Ansatz bringen dürfen. Zusammen also standen Athen im Herbst 323 mindestens SOOO Mann aus den Jahresklassen vom 20.— 40. Jahre zur Verfügung, ein Ergebnis, daß mit der Zahl, die sich uns oben auf (jrund der Angaben Diodors ergeben hat, im besten Einklang steht. Wir müssen uns nur erinnern, daß Diodor runde Zahlen gibt und daß bei allen Berechnungen (lieser Art innner eine gewisse Fehlergrenze bleibt.

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354 Jnlins Beloch,

Die vorstolipiiclo Darloguns> liätto sich auoli in oinfacheipr Form geben lassen. Icii iiätte sagen können, wenn im Jalir 894: die wohl- habenden Klassen allein ein Hoplitenheer von (iOüO Mann stellen konnten, wovon die Metoeken etwa ^ ^ ausmachten, so würde bei Heranziehung auch der ärmeren Klassen der Bürgerschaft diese Zahl auf fast das doppelte gestiegen sein: denn nach allem, was wir von der Yerniögens- verteilung in Attika wissen, haben die Besitzenden nur die kleinere Hälfte der Bürgerschaft gebildet, während andererseits die ärmeren Metoeken außer Betracht bleiben müssen, da sie niemals zum Dienste als Hopliten herangezogen worden sind. Diese nahe an 12000 Mann nun umfassen die Altersklassen vom 20. öO. Jahre: wären nur die Wehrmänner bis zum 40. Jahre aufgeboten worden, so würde etwas weniger als 7:^, dieser Zahl in Abgang gekommen sein, es blieben demnach rund <S000 Mann übrig. Das sind also 1000 Jlann mehr, als 323 aufgeljoten worden sind. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die Wehrreforni im Jahre 323 noch nicht zur vollen Entwickelung gekommen war, sodaß statt 20 vollzähliger Jahrgänge erst 13 oder vielleicht nur 11 zur Verfügung standen. Dadurch würden jene 8000 Mann sich auf ß500 7000 Mann vermindern, was den Angaben Diodors fast genau entspricht.

Es sind aber hier noch zwei Punkte zu berücksichtigen. Erstens ist es bei dem wirtschaftlichen Aufschwung Athens seit dem Wiedergewinn der Seeherrschaft im korinthischen Kriege sehr wahrscheinlich, um nicht zu sagen unzweifelhaft, daß die Zahl der Metoeken im Jahre 323 sehr l)eträchtlich höher war als 394. Zweitens unterliegt es keinem Zweifel, daß die nach Cliaeroneia eingeführte Reform der Dienstpflicht auch auf die Kleruchien ausgedehnt worden ist. Das bekannte Beispiel Epikurs zeigt ferner, daß die Söhne der Kleruchen ihre militärische Ausbildung in Athen erhielten: wäre es anders gewesen, würde Epikur in Samos als Ephebe gedient haben. Eine praktische Schwierigkeit lag darin nicht, da die Kleruchien (es waren seit Chaeroneia nur noch Samos. Lemnos. Imbros, Skyros. Salamis) zusammen jährlich kaum nu'hr als etwa 150 Epheben gestellt liaben können. Ist das aber richtig, so wird sehr wahrscheinlich, daß l)ei einer Mobilisierung des athenisciien Heeres auch die Wehrpflichtigen aus den Kleruchien zur Feldarmee einberufen wurden. AVenigstens ist kein verständiger (Irund abzusehen, weshalb das nicht hätte geschehen sollen, da die lüeruchien durch ihre insulare Lage gegen jeden feindlichen Angriff geschützt waren, solange die athenische Flotte das Meer beherrschte; sobald das aber nicht mehr der Fall war, waren sie doch nicht mehr zu verteidigen. Dagegen hatte Athen 394, von Salamis abgesehen, überlurupt keine Kleruchien: und bei den x\uf- geboten gegen Epameinondas 369 und 3(52 war zu einer Heranziehung der Kleruchen keine Zeit, auch war Samos 3()9 noch nicht athenisch. Athen war also auch aus diesen Gründen im Jahre 323 militärisch

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I

Oriechische Aufgebote t. 355

leistungstall igor als es am Aiilaiii; und nofli um die .Mitte des .laliiliumlcils gewesen war.

Damit fallen denn alle die weitgehenden Folgerungen in sicii zusammen, die Kroniayer in diesen Beiträgen III äOff. aus Diodors Angaben über das Aufgebot im lamisciien Kriege ziehen zu dürfen geglaubt hat. Es bestätigt sieh, was sich uns sclion aus ganz anderen Erwägungen eigeben iiatte, daß das Heer, das am Nemeabach kämpfte, ein (iesamtaufgebot aller Wehrpflichtigen vom 20. bis zum öO. Jahre gewesen ist und keineswegs, wie Kromayer meint, ein Zweidrittelaufgebot der Leute vom 20. bis zum 40. Jahre: wer doch an dieser letzten Ansicht festhalten wollte, müßte annehmen, daß die Zahl der Bürger von Hoplitencensus sich in der Zeit von 394 323 auf nahezu die Hälfte vermindert hat. während sie sich in der Zeit von 411 3!)4 um ebensoviel vermeint haben müßte: denn im Jahre 411 waren 9000 Bürger von Hoplitencensus voriianden. Wenn die erste Annahme noch allenfalls im Bereiche der Möglichkeit läge, so unwahrscheinlich sie an und für sich sein würde, so wäre die zweite Annahme vollständig unzulässig. Daraus folgt dann weiter, daß auch das Aufgebot des Jahres 3(i2 ein Gesamtaufgebot gewesen ist. Ferner ergibt sich, daß das athenische Aufgebot bei Chaeroneia. das die Alters- klassen bis zum 50. Jahre umfaßte (Lyk. g. Leolir. 39 f.), nicht stärker gewesen sein kann, als etwa (iOOO Jlann: nur wenn wir annehmen, daß auch Kontingente der KJeruchen an der Schlacht teilgenommen haben, könnten wir auf etwa 7000 Mann kommen.')

Nach dem lamisciien Kriege werden athenische Gesaintaufgebote nicht mehr erwähnt: es sind auch wahrscheinHch keine mehr ins Feld gerückt. Gegen die Kelten 279 wurden nur die athenischen Reiter und cm}.e/:T0i aufgeboten (CIA. 11 393): die ersteren zählten nach Paus. X 20, 5 500, die letzteren 1000 Mann. Das ist die letzte Angabe über ein athenisches Aufgebot, die uns überliefert ist.

Es bleibt nun noch übrig, auf die Angaben aus dem V. Jahrhundert einen Blick zu werfen. Bei Marathon sollen 9000 (Nepos Mut. 5, Paus. X. 20, 2, vgl. TV 25, 5, Suidas 'Ircmac), oder 10000 (lustin. II 9, 9) athenische Hopliten gefochten haben, bei Plataeae 8000 (Herod. IX 28): es ist klar, daß es sich hier nur um Schätzungen handelt, für die die Verhältnisse der Zeit des peloponuesischen Krieges die Grundlage bildeten. Bei Tanagra standen auf athenischer Seite 14000 Hopliten (Thuk. I 107. 5, daß es Hophten waren, wird nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber aus dem

1) Als ich 18S6 meiue Bevölkerung veröffentlichte, war die 'Aitijvc.ioiv nohrdc nocli iiiclit wieder aufgefunden, und aucli die Inschrift CIA. IV 2, 5fi3b noch unbekaunt (zuerst veröfi'entliclit Bull. Con: Hell. 1889 S. 253). Ich konnte also tlaiuals die Angaben Diodors über das athenische Aufgebot im laraischen Kriege nicht befriedigend erklären; das hat micli aber keinen Augenblick an meiner Auffassung der übrigen Zahlen irre gemacht.

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;^5() Julius T'cloch.

Ziisaiiiiiieiiliaiige): dabeiwaren aber außer dem atlieiiisclieii (lesamtaufgebot 1000 Argeier, und noch andere Bundeskontingente, während andererseits ein Teil dos athenischen Aufgebotes auf Aegina und in Aegypten stand. ]''ür den Anfang des peh)ponnesisclien Krieges hal)eii wir dann die be- kannten und vioibesprofhenon Angaben bei Tiink. II J8. Diod. XII 40, 4. Aristot. 'Ai). IloX. "24. auf die wir jetzt etwas näher eingehen müssen.

Tluikydides gibt den Inhalt einer Rede des Perikles wieder, die dieser unmittelbar vor dem ersten Einfall der I^eloponnesier in xVttika (Anfang Sommer 431) gehalten habe. Nachdem die finanziellen Hilfs((uellen Athens aufgezählt sind, heißt es weiter: SnUrac ös tqktxMov.: y.cd itt'Qiovc slvat uv£v nijv fv toTc (fqovQiüic y.a) ^mv tticq enaX'^iv e'SaxiayjXtcor xul firgimv loaoinoi yctQ i<pv/M(S<iov TtQwrov önois ol nu/Jmoi eaßä/.oiei, dno re Ttüv

TTQsaßvTciuov -/.(il Twr reconhon' y.ai ustoixvav odoi 6n/.nui ijßnr

inneag d' arrttfaivf 6iaxoaiov; xal ;(//.ioi'c ür iiTixoTOii'naic, e'Say.üdiovc dt xai /ülovc To'inrnc xat tjjiijqfi: n).: n/.wliiovc Toiaxoaiac. Diodor sagt, ebenfalls in einem Bericht über eine Rede des Perikles, für den unsere Stelle des Thukydides als Quelle gedient hat: X"'Q'? '^^ ™i' y.Qmniimv rovtmv (JwamnTnc äTtedfi.xrver vTTc'iQXftv /r rij noXft ywiqlc avfinuyon' xai rmv rv roTc (joovq'ioiq ovtwv onf.ita: /itv /tvoiov.: xal diayi'/.iovc, tovc d' ev ii)7c (f'QoVQioic i'iviac xai ioii<; iteiolxoiK vnÜQ%siv TjXeiovi növ /.tvQiwv inTaxtaxiXuuv, lyt/^yn; de lac TiagovOac rQur/.oaiuc. Aristoteles gibt für die Bogenschiitzen und Reiter dieselben Zahlen wie Thukydides, spriclit aber nur von 2öOO Hopliten, die während des Krieges {rnfidij avreanj- aavro mv nöXt/^wv rari-Qor) aus der Staatskasse Sold empfangen hätten. Varianten finden sicli nirgends, nur daß eine geringe Handschrift des Thukydides 1200 Bogenschützen gibt: die Zahl von 13000 Hojjlitcn wird durch Thukydides' Bericht über den Einfall der Athener in die Megaris im Herbst 431 bestätigt (II 31.2). aus dem wir außerdem ersehen, daß 3000 schwer bewaffnete Metoeken an dem Zuge teilnahmen. Sehr auf- fallend bleibt 'es. daß Diodor die Zahl der zum Felddienst bestimmten Hopliten auf 1000 Mann weniger, die der Besatzungstruppen auf 1000 Mann mehr angibt, als Thukydides, sodaß zwar die Gesamtzahl (die aber in keiner der beiden Quellen angegeben wird) dieselbe ist, die Einzel- posten aber eine kleine Differenz zeigen. Eine ähnliche Abweichung Diodors von Thukydides in den Zahlenangaben findet sich in demselben Kapitel noch einmal, bezüglich der Summe der Tribute, die Diodor auf 4(iO. Thukydides auf (iOO Talente angibt: und zwar ist hier, wie die inschriftlich erhaltenen Trilnitlisten zeigen. Diodor gegen Thukydides im Recht. Es liegt also keineswegs, wie Wachsinuth meint (Conrads Jahrb. N. F. XI 35,3), ein ..Nachlässigkeitsfehler" bei Diodor vor. ..der den ersten Satz der Tiibute der Bundesgenossen, den Thnk. I '.>»; erwähnt, mit der Tributhöhe perikleischer Zeit verwechselt" hätte, \ielmelir muß Diodors Quelle die Angaben des Thukydides aus einer dritten Quelle

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A

OriechiscJte Aufgebote I. 357

bericlitigt liaben. Damit erlodij^t sicli (laiin weiter Waclisnmtlis Aiiiiaiimc. (a. a. 0. Aiiiii. 1 ). (laß Diodor seil)st tias Kapitel 40 aus Tliukydicies iu den Boiiciit seiner ltaii|)t(|uelle l^lplioros eingplef;t liabe; denn Diodor konnte wohl i''liieiitii(keiteii l)egelien, war aber ganz außer stände, seine Quellen saclilich zu berichtigen. Offenbar hat hier Ephoros. oder wer sonst Diodors Quelle gewesen sein mag, neben Thukydides noch eine Atthis vor sich gehabt, vielleicht dieselbe, der Aristoteles die Angaben im 24. Kapitel seiner 'A!}rjvai(ov noXixeia entnommen hat. Ich habe wenigstens nie den Verdacht unterdrücken können, daß l)ei Aristoteles statt onkltat, diaxihoi xai neviaxodtm: ^ivqioi xal Stdx^/.ioi ydi nsvmxöaioi, zu lesen ist; denn nur so kommen die „mehr als 20U0Ü Bürger" heraus, die in Athen aus öffentliche Mitteln ihren Unterhalt gefunden haben sollen. ') Auch ist absolut nicht abzusehen, was Aristoteles mit den 2500 Hopliten gemeint haben könnte, die von den Athenern inel avvsanJGavTo rov noXejiov vöxeqov aufgestellt worden seien ^j; wir erwarten vielmehr die Gesamtzahl derHopliten, die in dem Kriege zur Verwendung kamen, oder hätten kommen können. Daß diese Hopliten keineswegs immer unter Waffen waren, und also auch nur zum Teil auf Staatskosten unterhalten wurden, tut nichts zur Sache; auch die (lOOO Richter, die Aristoteles ebenfalls aufführt, waren ja keineswegs alle I)eständig in Tätigkeit, und die Reiter waren so weit entfernt, ihren Unterhalt aus Staatsmitteln zu erhalten, daß sie vielmehr zu den Kosten des Dienstes noch aus eigener Tasche zuschießen mußten, weshalb denn auch nur die Reichsten zu diesem Dienste bestimmt wurden. Die ganze Aufstellung ist eben tendenziös zurecht gemacht.

Doch alles das ist für unsere Frage von sehr geringer Bedeutung. Das wesentliche ist, das Thukydides' Angaben durch Diodor, d. h. Ephoros. und so viel wir sehen, auch durch Aristoteles in der Hauptsache bestätigt werden: es hat also l)ereits in Alexanders Zeit bei Thukydides

1) Die Suiunie der einzehien Posten i.st l.jTSO, allerdings ist der Text am Ende nicht in Ordnung; ich sehe aber nicht, was die ünli tot xvä/iwv äia/J/.iot f'ärfyft; anders gewesen sein können, als die Bemannung der 20 Wachtscliift'e lind der ('tQyvQolöyoi vi/tg, soweit diese Bemannung nicht aus angeworbenen Ruder- knechten bestand. Daß es sich um ein Anfgeliot zu militärischen oder Marine- zwecken handeln nmß, ist klar (Wilamowitz, Aristoteles und Athen II 205), ßlass' Emendation (p^lo^■!Joi■g (statt cft'nfovi) aber nicht überzeugend, denn wenn Aristoteles hätte sagen wollen, was Blass ihn sagen läßt, so würde er die <f(JOi<Joi selbst genannt haben, statt der Schifte, die zu ihrem Transport bestimmt waren.

2) Die Neueren verstellen darunter in der Regel Besatzniigstraiiiien: .,es unterliegt keinem Zweifel, daß diese 2500 Hoiiliten mit den thukydideischen j'i' roTq ifQov()loi^ ideniisch sind", meint z. B. Busolt, Gesckiehte 111 2, 87S) A. Aber .\ristoteIes sagt davon kein Wort, sondern spricht von Hopliten schlechtweg; und außerdem liatten die (pijor^iia auch im Frieden Besatzung, während nach Aristoteles' ausdrücklicher Angabe diese 2500 Hopliten erst im peloponnesischen Kriege auf- gestellt worden sind.

Beitrüge z. alten Gesrliiclite V:J. 24

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358 Julius Beloch,

s^estanden, was wir heute dort lesen. Wenn demnach gejicn die ül)er- lieferung unseres Textes nichts einzuwenden ist. so gibt dieser dafür in sachlicher Hinsicht zu um so schwereren Bedenken Anlaß, die denn auch unzählige Male erörtert worden sind, seit man überhaupt angefangen hat, über statistische Fragen inbezug auf das Altertum nachzudenken. Es ist ja nun allerdings kinderleicht, die Angaben bei Thukydides mit den Anforderungen der Statistik in Einklang zu bringen; wir l)rauchen bloß anzunehmen, daß unter den Ttgsaßiimmi die Hopliten von über 40 Jahren zu verstehen sind, und alles ist in schönster Ordnung. Denn vom 20. bis 40. und vom 40. 60. Jahre sind je 20 Jahrgänge, die letzten sind allerdings schwächer, dafür aber treten zu den Besatzungstruppen die vemtaioi hinzu, d. h. die Epheben. die junge Mannschaft von 18 20 Jahren, also die beiden stärksten Jahrgänge des ganzen Hoplitenkatalogs. Wenn das noch niciit ausreichen sollte, um das Defizit der Altersklassen von 40 60 gegenüber denen von 20 40 Jahren auszugleichen, so ist zu berücksichtigen, daß von diesen letzten Altersklassen die 1000 Mann ab- gehen, die in der Kavallerie dienten. AVenn wir die Verhältnisse der Bevöllicrung des heutigen Frankreichs zugrunde legen, unter der die höheren Altersklassen verhältnismäßig stärker vertreten sind als in irgend einem anderen Lande, so würden 14000 Männern im Alter von 20 40 Jahren etwa 10000 im Alter von 40 60 Jahren entsprechen, imd 16 bis 1700 Epheben. Dazu die Metoeken, von denen nach Thukydides II 31, 2 im Jahre 431 3000 zum Felddienst aufgeboten wurden; da es sehr un- wahrscheinlich ist, daß sie dazu in stärkerem Verhältnis herangezogen wurden als die Bürger, so würden hier noch rund 2000 für die Jahrgänge von 40 60 Jahren herauzurechnen sein. Es würde sich also eine Gesamtzahl von 16600 Besatzungstruppen ergeben, noch 600 mehr als Thukydides angii)t. dessen Zahl somit voll gerechtfertigt würde.

Das ist nun alles sehr schön, und muß jedem Thnkydidesgläubigen mit lebhafter Freude erfüllen: nur verwickeln wir uns damit leider in un- lösbare Schwierigkeiten, und zwar auf Grund anderer Angaben desselben Thukydides. Nach diesem betrug nämlich das Gesamtaufgebot in der Schlacht bei Delion. Bürger und Metoeken zusammen, 7000 Hopliten (IV 94, 1, vgl. 90,1; 93.3): bis zu welchem Jahre das Aufgebot ging, wird nicht angegeben, es kann aber, wie wir oben gesehen haben (S. 342), kein Zweifel sein, daß die Leute bis zum .'H). Jahre aufgeboten waren. Der Einfall, den einmal jemand geäußert hat, Sokrates, der bekanntlich an der Schlacht teilgenommen hat, könnte ja als Freiwilliger mitgegangen sein, zeigt nur, wohin man kommen kann, wenn man eine verlorene Position bis zum äußersten halten will; da wäre es immer noch besser, die Nachrichten über Sokrates' Feldzüge für Schwindel zu erklären (Athen. V 215d), oder Sokrates' Geburtsjahr um 10 Jahre herabzurücken. Das würde aber auch noch nichts helfen; denn es würde ein ganz unver-

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Griechische Aufgebote I. 359

zeililidiov militärisclipr Keliler gewesen sein, den wir der athenischen Heeresleitung nielit zutiaiien dürfen, wenn sie nur die Leute bis zum 40. Jahre aufgeboten liätte, während doch die Leute über 50 Jahre zum Scluitze der Mauer vollständig genügten (s. unten). Wenn nun 431 : 13000 Bürger- und 3000 Metoekenhopliten im Alter von 20 bis 40 Jahren zur Verfügung standen, so müssen die 10 folgenden Jahrgänge etwa ■-/- dieser Zaiil. also etwa (SOOO Wehrfällige und'aßt haben, was zusammen 23000 Hopliten im Alter von 20 50 Jahren ergibt. Es bliebe vollständig unerklärlich, wie diese Zahl bis 424 sich auf 7000 hätte vermindern können. Allerdings liegt zwischen beiden Jahren die Pest: aber der sind, wie Thukydides angibt (HI S7. 3), nicht mehr als 4400 Bürgerliopliten erlagen '), was, dasselbe Verhältnis für die Metoeken- hopHten vorausgesetzt, einen Gesamtverlust von etwa 5500 Hopliten ergeben würde. Sonst hatte der Krieg nennenswerte Verluste noch kaum gebracht, da nur eine größere Feldschlacht stattgefunden hatte, die bei Spartolos, in der 460 Athener gefallen sind; die Verluste in den kleineren Treffen aber mußten durch den Nachwuchs der jungen Mannschaft ersetzt, und wahrscheinlich reichlich ersetzt werden. Das ergäbe also zusammen einen Abgang von (iOOO Hopliten. Nun sind zwar in der Zwischenzeit einige Kleruchien ausgeführt worden: nach Aegina (431), Potidaea (429) und Lesbos (427). Nach Potidaea gingen 1000 Mann (Diod. XH 46, 7), nach Lesbos 2700 (Thuk. lU 50, 2), wie viele nach Aegina gegangen sind, wissen vdr nicht, doch können es bei der Kleinheit und Unfruchtbarkeit der Insel kaum mehr als 500 1000 gewesen sein, und auch die Kleruchen auf Lesbos haben dort keineswegs dauernden Wohnsitz genommen, sondern sind in ihrer großen Mehrzahl bald wieder nach Athen zurück- gekehrt, da die ihnen zugeteilten Grundstücke nicht von ihnen selbst bewirtschaftet, sondern an die Lesbier verpachtet wurden.'') Ein großer Teil dieser Kleruchen werden ohne Zweifel Zeugiten gewesen sein (vgl. CIA. I 31), die Mehrzahl aber muß der Thetenklasse angehört haben, da ja die Grundstücke verlost wurden, und die Theten zahlreicher und vor allem bedürftiger, also zur Auswanderung geneigter waren, als die Zeugiten. Der Abgang an Hopliten infolge der Kleruchiegründungen kann also 1000 Mann kaum erreicht haben, und hat wahrscheinlich nicht mehr als 500 betragen.'') Die Besatzungen im Bundesgebiet waren aus der

1) In 'VN'irkliclikeit ist die Einbuße an der Pe.st etwas geringer gewesen, da die Verlustziftern bei Tluikydides aucli die normale Sterbliclikeit während der .lalire der F.pidemie einschließen (s. unten S. 372).

2) Thuk. a. a. 0. Von dem Pachtertrage, der für jedes Grundstück jälirlicli 200 dr. betrug, also wenig über ein annseliges Triobolon triglicli, hi'itten die Kleruclien natürlicli nicht leben können. Damit erledigt sicli, was Swoboda Serta Herteliana S. 28 ft'. gegen meine Auffassung einwendet.

3) Wenn die Fheten, die auf Lesbos Grundbesitz emi)tingen, infolgedessen in die Zeugitenklasse übergetreten sind, wie docli walirscheinlicli i.st, würde sich

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360 Julius Beloch,

Tlipfenklasse entnommen aus denselben Gründen, aus denen später die Lakedainionier Neodamoden zu solchen Besatzungen verwendeten; weshalb denn Thukydides in seiner Übersicht der attischen Streitkräfte Besatzungen außerhalb Attikas überhaupt nicht erwähnt.^) Ebenso war die Bemannung der Schiffe, die Epibaten nicht minder, wie die Matrosen und Ruderer, soweit diese letzten überhaupt Athener waren, ans Theten gebildet.^) Ein Landheer aber hatte Athen zur Zeit der Schlacht nicht im Felde (Thuk. IV 101,3): denn die 400 Hopliten, die Dcmosthenes unter seinen Befehlen hatte, müssen die Epibaten seiner Schiffe gewesen sein, also der Thetenklasse angehört haben. 3) Von den 29000 Hopliten, die zu Anfang des Krieges vorhanden gewesen sein sollen, würden also vor der Schlacht bei Delion noch etwa 22000 übrig gewesen sein, darunter etwa 18000 im feidienstpflichtigen Alter (von 20 50 Jahren), 2 3 mal so viele, als nach Thukydides das athenische Gesamtaufgebot an Hopliten in dieser Schlacht betragen hat.

Es hülfe auch nichts, wenn wir annehmen wollten, die Angal)e über die Zahl der von der Pest hingerafften Hopliten beziehe sich nicht

statt eines Abganges an Hoi)lilen durch die Klerucliiegrüuduugen sogar ein Zuwaclis ergeben. Ich liabe aber niclit nötig, diesen Faktor in Rechnung zn .stellen.

1) Thnkydides füln-t außer den Feldtruppen nur die Hopliten iv toU (fQoixu'oig iti'.i TTco hrrfO.S"' auf; (fQoviiui sind al)er hekanntlich Grenztestungen oder Sperrforts. In BundesstiUiten. wie z. B. Byzantion, konnten wolil atlieuische <fitoiii<i'i liegen, aber deswegen würde kein Mensch diese Städte als <f(jovyii: bezeichnet haben. Die alten Heliasten, die bei Aristoplianes {Wes}>. 23(1) von der Zeit erziUden, wo sie in Byzantion als if(toi\)ui lagen, sind doch offenbar als Theten zu denken.

2) Die 2.i Trieren, die im Sommer 412 unter Leon und Dioniedon nach Lesbos gesandt wurden, hatten inißärct ich- njx/.niöv ty acrc'/.oyov lircyacarnii (Thuk. VIII 24, 2). Also war das eine Neuerung, die wie begreitlich in den Kreisen der Bürger von Hopliteucensus viel böses Blut machte; sie wird durch die großen Verluste in Sicilien veranlaßt worden sein. Daraus folgt, daß bis dahin nur Imlnai B-iixi-i als Epibaten verwendet worden sind, wie denn auch für die sicilisciie Expedition des .lahres 415 ausdrücklich bezeugt ist (Thuk. M 43); die Erw;Uinung der selbstver.ständlichen Saclie erklärt sicii daraus, daß außerdem noch öti/.itiu iy. xazc/.oyuv als Landungstruppen auf der Flotte waren, 'l'iiuk. 11! K!, 1 beweist allerdings tür sich allein für unsere Frage nichts, wie Ed. Meyer, Forsclmngen II L57, 4 ganz richtig bemerkt; icii habe diese Stelle Bevölk. S. 03 denn auch nur subsidiär angetührt. 1 nter den 1000 Hopliten, die auf der 431 gegen den Pelo- ponnes gesandten Flotte eingesclufft wurden (Tliuk. II 23, 2), und die, wie sicii aus Thuk. 11 31, 1 ergibt, Ho|iliten aus dem Kataloge gewesen sein müssen, waren ebenfalls Landungstruppen, denn wären es Ejjibaten gewesen, so wäre die Angabe der Zahl ganz überflüssig.

3) Das ergibt sich daraus, daß Tliukydides, der von der Aussenduug dieser Flotte erzählt (IV 70, 1) nichts von Landungstruppen, die sie an Bord gehabt hätte, erwähnt, und ferner die 400 Hopliten, von denen IV 101, 3 die Rede ist, wie aus dem Zusammenhang deutlich hervorgeht, sämtliclie athenische Hopliten gewesen sind, die Demosthenes zur Verfügung hatte. Die Zahl der Epibaten betrug aber uugefähr 10 für jede Triere (bei der großen Expedition nach Sicilien z.B. waren 700 Epibaten tür i;o Schiffe, Thuk. Vi 43).

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Griechische Anfyehofe I. 3ßl

auf die (Icsainfzaalil (I<m- Iloplitoii. soiidorn nur aul' die Feldarmee. Diese Annalmie würde zwar i^anz willkiirlieli sein'), da der Ausdruck on'/.niu ex rwv lä^ewr, den Tiiukydiik's ijraucht. nur insofern von örtXhai f/. xatttlöyov vcrsciiieden ist, als er die ntQmo).ov ausschließt, die in eigenen Ai)tcilungen formiert waren: denn lügK; ist das Gesamtkontingent einer riiyle. alle 10 lü'^^ic umfassen folglich das Gesamtaufgebot des Staates an Bürgerliopliten, von den nhQinoloi abgesehen. Wir wollen uns aber gleichwohl die Konsequenzen dieser Annahme klar machen. Wenn von 13000 Hopliten 4400 an der Pest starben, so nuiß der Verlust auf 2S)000 Hopliten 10000 betragen haben: rechnen wir weiter iöOO Mann auf den Abgang durch Ausführung von Kleruchien und die Verluste in der Schlacht bei Spartolos (s. oben), so bleiben zur Zeit der Schlacht bei Deliou 17500 Hopliten, wovon etwa 4500 auf die Jahrgänge von 18 20 und 50 60 Jahren entfallen würden. Es wären also immer noch 13000 Hopliten im felddienstpflichtigen Alter vorhanden gewesen, also fast doppelt so viele, als nach Thukydides das athenische Gesamt- aufgebot in dieser Schlacht betragen hat. Und wir werden doch nicht annehmen wollen, daß die Hälfte der Pflichtigen sich beim Aufgebote gedrückt hat. Eine der beiden Angaben bei Thukydides muß also unrichtig sein, die über die Hoplitenzahl am Anfange des Krieges, oder die über die Heeresstärke bei Delion. Diese letztere aber kann in keiner Weise angezweifelt werden: denn daß die Athener nicht wesentlich stärker als die Boeotor gewesen sind, zeigt der Ausgang. Das boeotische Auf- gebot aber kann nach allem, was wir über die Wehrkraft Boeotiens in dieser Zeit wissen, nicht stärker gewesen sein als Thukydides angibt. Also muß in den Zahlen bei Thuk. 11 13 ein Fehler stecken.

Um sich dem Zwange dieser Schlußfolgerung zu entziehen und Thukydides" Autorität oder vielmehr die Autorität des uns überlieferten Thukydidestextes um jeden Preis zu retten, ist man vor den seltsamsten Annahmen nicht zurückgeschreckt. So sollen 8000 Hopliten als Ruderer auf Demostheues' Flotte im korinthischen Golfe gedient haben'), als ob Athen jemals, außer in den dringendsten Notfällen, Hopliten zu diesem Zwecke verwendet hätte, und als ob es nicht der Gipfel des Unverstandes gewesen wäre, die Landmacht in dieser Weise zu schwächen eben in dem Augenblick, wo es galt, einen entscheidenden Schlag mit dem Hopliten- heere zu führen. Oder man hat behauptet, das athenische Hoplitenheer habe zu einem guten Drittel aus Metoeken bestanden, und von diesen Metoeken wieder seien etwa 'V:^ als Großhändler {si.moQOi) vom Dienste

1) Da.s .statisti-sche Arsument. die 4400 au der Pest gestorbenen b:i>.iTct/ hx Tv,v Tagewf ständen zu den 18000 Hopliten der Feldarmee im selben Verhältni.s wie die 300 an der Pest gestorbenen Reiter zu der Gesaratstärke des Keiterkorps (1000 Pferde) beweist etwas ganz anderes, wie unten (S. 372) gezeigt werden wirrt.

•2) Panagiotidis "0 .^/.//.Vt•(T/«(H' t/]s' «?/«('«; 'ÄxTix7jg (Athen 1896) S. l.i.

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362 Julius Beloch,

befreit gewesen i): als ob es mehr als einige Hundert Großhändler nnter den athenischen Metoeken gegeben haben könnte, ganz abgesehen davon, daß bei einem Aufgebote navSi]iisi. das nur fiir eine ganz kurze Zeit ein- benifen wurde, die in Athen anwesenden Großhändler ganz ebenso mitziehen nuißten. wie alle übrigen, da eine Befreiung weder Sinn noch Verstand gehabt hätte: sind doch sogar die zufällig in Athen anwesenden Fremden (natürlich nur die aus den Bundesstädten), für den Zug nach Delion aufgeboten worden (Thuk. IV DO, 2).

Plausibeler scheint auf den ersten Blick die Hypothese, die zur Be- satzung Athens und der kleineren Festungen bestimmten ältesten und jüngsten Jahrgänge des athenischen Aufgebots (von 50 60 und 18 bis 20 Jahren), seien aus den Jahrgängen von 20 50 Jahren soweit ergänzt worden, daß sie mit der Feldarmee die gleiche Stärke erreichten, beim Ausbruch des archidamischen Krieges je 13000 Mann: es sei das deswegen geschehen, weil eine geringere Zahl zur Verteidigung Athens und des Peiraeeus nicht ausgereicht hätte.'-) Wäre das richtig, wären wirklich 13000 Hopliten für diesen Zweck erforderlich gewesen, dann hätte Athen im IV. Jahrhundert überhaupt nicht mehr verteidigt werden können. Denn der Umfang der Festungswerke war in Philipps Zeit nicht kleiner als zur Zeit des peloponnesischen Kiieges; und doch steht nichts sicherer als daß das gesamte Hoplitcnaufgebot Athens. Feldarmee und Reservearmee zusammen, die Metoeken eingeschlossen, bis zu der Militärrefoi'm nach Chaeroneia, im IV. Jahrhundert nie über 10000 Mann gezählt hat. Trotzdem sind 3!»4 nach Korinth 6000, 352 nach den Thermopylen 5000. 338 nach Chaeroneia die Leute von 20 50 Jahren, also man möge für Dienstuntaugliche oder sonst vom Felddieust Befreite noch so \iel ab- rechnen, mindestens 5 6000 Mann ins Feld gerückt: es haben also 4 5000 Mann zum Schutze der Mauer genügt. Die Verluste bei Chaero- neia betrugen 3000 Mann (Lykurg fr. 75 bei Diod. XVI 88,2: 86,5), der Rest des Feldheeres, mit den in Attika zurückgebliebenen Besatzungs- truppen zusammen also höchstens 7000 Jlann. war so vollständig für die Verteidigung der Stadt ausreichend, daß Philippos sich überhaupt nicht auf eine Belagerung einließ, und Athen lieber einen günstigen Frieden gewährte, so unermeßhche Wichtigkeit auch der Besitz der Stadt für ihn gehabt haben würde. Und doch war bei der hochentwickelten Ingenieurkunst dieser Zeit eine zahlreiche Besatzung damals sehr viel notwendiger als in der Zeit des peloponnesischen Kiieges, wo eine wirk- liche Belagerung einer Festung von der Stärke Athens überhaupt aus- geschlossen war. wie sie denn von den Spartanern niemals auch nur

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1) Ö.stbye, Die Zahl der Bürger in Athen im V. Jahrhundert (Schrifteu der wissenschaftlichen Gesellschaft, lii.st.-phiios. Kl. 1894 Nr. .'>"! Kristiania IS94 S 29.

2) Eduard Jleyer, Forschungen 11 lOG.

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Griechische Aufgebote I. 363

versucht worden ist. Es wäre vollständig unbegreiflich, wenn die attische Heeresleitung IfiOOO Mann, oder wenn wir von den Metoeken absehen, 13000 Mann zur Besatzung der Hauptstadt bestimmt hätte, während die Hälfte dieser Zahl vollständig ausreichend war, selbst bei einer Belagerung. Aber die Besatzungsarniee hatte gar nicht einmal die Aufgabe, die Stadt im Fall einer Belagerung zu verteidigen; diese Aufgabe fiel vielmehr in erster Linie der Feldarmee zu. Von dieser sind in der Regel nur kleinere Abteilungen, nie mehr als die kleinere Hälfte der Gesamtstärke zu überseeischen Unternehnuingen verwendet worden.') Ein Aufgebot der gesamten Feldarmee ist nur für Feldzüge nach den an Attika grenzenden Landschaften erfolgt, während deren ein Angriff eines großen feindlichen Heeres auf Athen vollständig ausgeschlossen war. Die Be- satzungsarmee hatte also nur die Aufgabe, einen etwaigen Handstreich feindlicher Streifschaareii abzuwehren, und die Ordnung im Innern auf- recht zu erhalten: zu diesem Zwecke aber waren die ältesten und jüngsten Jahrgänge mehr als ausreichrnd (vgl. Busolt. Geschichte IH 2, 987 A.).

Es ist ferner klar, daß bei einem feindlichen Einfall auch die Be- satzungstruppen im Felde verwendet werden konnten, da ja ein Angriff auf die Stadt ausgeschlossen war. so lange das athenische Heer zwischen der Stadt und dem Feinde stand. Das ist 458 wirklich geschehen, als Myronides ..die ältesten und jüngsten Jahrgänge" des attischen Bttrger- heeres nach der Megaris gegen die Korinthier führte (Tliuk. I 105, 4). Unrichtig ist nur, was man aus Thukydides hat herauslesen wollen, daß dieses Aufgebot nur aus den ältesten und jüngsten Jahrgängen bestanden hätte.-) Denn die Truppen, die damals vor Aegina imd in Aegypten

1) Während des ersten Einfalls der Peloponnesier in Attika standen, nach Thukydides. 4G00 athenische Hopliten vor Potidaea (Thuk. I 64,4; G4, 2; II 31,2: HI 17,3), 1000 andere wurden gegen den Peloponnes gesandt (Thuk. II 23,2), zu- sammen also .5600 von einer Ge.samtzahl von 16000 Mann. Während des zweiten pelopounesischen Einfalls ging Perikles mit 4000 Hopliten in See (Thuk. II .56,2), was zusammen mit den 3U00 Mann, die damals vor Potidaea standen, eine Ent- sendung von 7000 Hopliten ergibt; auch jetzt blieben noch 6000, und einschließlich der Metoeken 9000 Mann in Attika. In beiden Fällen hat Perikles diese starken Entsendungen ohne irgendwelche militärische Notwendigkeit vorgenommen, nur zu dem Zwecke, nicht durch die öffentliclie Meinung gegen seinen Willen zur Annahme einer Feldsclüacht gezwungen zu werden. Später ist derartiges nie wieder vorgekommen, nicht einmal im sicilischen Kriege; auch nach Olynth gingen 349 nicht mehr als 2000 athenische Hopliten (Philochoros fr. 132).

■2) Die Art, wie Tluikydides sich hier ausdrückt, ist allerdings nicht besonders glücklich: X(j)V rf' ix Tili nb).iu)i vno/.ol:x(jav o" re n.oiaßiTaxoi xcd ol vsätzatoi KifiaroiiTc.i tg MtyKQ« MvQojii'dov aTQftzijyovvTo;. Wenn man das wörtlich verstehen wollte, so könnte es nur heißen, die Athener hätten „von der nocli in der Stadt verfügbaren Mannschaft die ältesten und jüngsten Jahrgänge ins Feld geschickt", die übrigen, also gerade die kräftigsten Jahrgänge, wären folglich zur Verteidigung der Stadt zuriickgeblieben. Etwas so absurdes werden wir den

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3fi4 Julius Beloih,

.standen können bei weitem nicht die Gesamtheit des athenischen Feld- heeres umfaßt haben; fitr die Belagerung von Aegina mußten etwa 2000 Hophten reichlich genügen i), und in Acgypten operierte wohl eine Flotte mit Landungstruppen an Bord, aber kein eigentliches Landheer. Und daß in der Tat der größte Teil der attischen Feldarmee in der Heimat gestanden hat, zeigen die Ereignisse des nächsten Jahres: obgleich der aegyptische Feldzug und die Belagerung von Aegina ihren Fortgang hatten, konnten die Athener doch bei Tanagra den Peloponnesiern 14000 Mann entgegenstellen. Dabei waren 1000 Argeier, und noch andere Bundeskontingente (Thuk. I 107, 5. vgl. die Inschrift des peloponnesischen Siegesdeukmals in OljMupia bei Paus. V 10, 4), aber die Hauptmasse müssen doch Athener gewesen sein und daß es sich dabei keineswegs nur um die ..Reservearmee" handelt, sagt Thukydides ausdrücklich, da er von einem Aufgebot navörjßsl spricht.-')

Athenern nicht zutrauen wollen. Otlenbar liaben also die Athener die fekkhlienst- pflichtigen Jalu'gänge tmv Ix tiji; tiöAcwj vtcoIoIjiiov .schon vor Myronidcs Au.szug nacli Megara gesandt; als es sicli zeigte, daß diese Kräfte niciit au.sreicliten, haben die Atliener dann, statt das Belagerungsheer von ,\egina lierbeizuzielien, lieljcr Myronides mit der letzten Reserve ins Feld geschickt. So kommt wenigstens Sinn und Verstand in die Sache. Daß die Metoeken uiclit erwälmt werden, kann in der Knappheit des Berichtes seinen Grund liaben ; auch ist es wahrscheinlich, daß Athen damals, kaum 20 Jahre nacli der Zerstörung durch Xerxes und der Begründung des Reiches, noch keine nennenswerte Zald von Metoeken geliabt hat.

1) Die Zahl der Verteidiger der Stadt kann die Zahl von 1000 Ilopliten kaum selir wesentlich überstiegen haben. Herodot (IX 28) schätzt das aeginetische Kontingent bei I'lataea auf .OüO ilophten, und er ptlegt hoch zu schätzen; Thuky- dides liat es der Mühe wert gehalten, zu berichten, daß die Peloponnesier den Aegineten gegen die aiif dei- Insel gelandeten Athener 300 Mann zu Hilfe sandten (I 10.5,3), also war die Zahl der Verteidiger so klein, daß selbst eine su geringe Verstärkung ins Gewicht liel. Vm einen Angriff von außen aber brauciite sich das athenische Belagerungsheer nicht zu sorgen, da Athen ja das Meer beherrschte. Selbst zur Belagerung einer Stadt wie Mytileue haben 1000 athenische Hopliten genügt (Thuk. III 18, 3), wozu dann allerdings noch Bundeskontingente kamen (Thuk. III 5, 1). Das Belagerung.sheer vor Aegina kann also kaum sehr viel stärker gewesen sein. Fiel doch die hauptsächlicliste Aufgabe bei der Be- lagerung der Flotte zu, deren Mannschaften, wenn nötig, aucli zu Lande verwendet werden konnten.

2) Eduard Meyer {Forschimgen II \bb) veranschlagt das Heer der Korinthier und ihrer Bundesgenossen, (von den letzteren sagt iibrigens Thukydides hier nichts), das im Sommer 458 in die Megaris einfiel, anf mindestens 6000, vielleicht auf 10000 Hopliten. Die letztere Zahl ist nun allerdings etwas zu hoch, denn außer den Korinthiern selbst können nur die Kontingente von Ejjidauros, Sikyon, Phleius und etwa noch Pellene und Hermione in Betracht kommen: alle diese Städte aber konnten zusammen nur etwa die gleiche Zahl von Hopliten ins Feld stellen wie die Korinthier, und es ist sehr fi'aglich, ob sie sich bei dieser Gelegenheit ebenso sehr angestrengt haben wie diese. Das korinthische Aufgebot aber kann, aus- schließlich der nQia^VvTtQoi, die an diesem Zuge nicht teilnahmen (Thuk. I 10.5,6), höchstens 4000 Hopliten betragen haben, das ge.samte Heer also kaum mehr als

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I

Griechische Aufgebote I. 3fi5

Wie Myronides 45.H hätte iiatiiiiicli aueh Perikles -131 die Besatzungs- trui)peu zur VortoidiKUiiK Attikas im offenen Felde verwenden können. Hätte er nun wirklich 'iStOOO attisclie Hopliten zur YerfüRung gehabt, so wäre, wie I)eil)riick (Kriegskunst II 4) richtig bemerkt, der perikicische Kriegsplan ganz unverständlich. Denn das peloponnesisch-boeotische Heer, mit dem .\rcliidanuis 431 vor Athen rückte, kann nielit mehr als 30000 Hopliten gezählt haben, wenn es diese Zahl überhaupt crnMclit hat: und es mußte für Perikles ein leichtes sein, durch Heranziehung von Kleruchen, Bnndeskontingenten und Söldnern sein Heer so weit zu verstärken, daß er dem Feinde numerisch reichlich gewachsen war: ja schon mit seinen attischen Hopliten allein hätte er in günstiger Stellung dem Feinde die Schlacht bieten können. Auch aus diesem Grunde hat die Zahl der Besatzungstruppen, die wir bei Thukydides lesen, die höchste innere Unwahrscheinlichkeit.

Endlich steht diese Zahl im Widerspruch zu allem, was wir über die Bürgerzahl Athens wissen. Da wir die Metoeken, nach Thukydides' Angaben, auf nicht über 5000 Mann ansetzen können (s. oben), so blieben 24000 Bürgerhopliten, zu denen noch die 1000 Reiter zu fügen sind: im ganzen 25000 Bürger der 3 oberen Klassen im Alter von 18 bis 60 Jahren. Dazu würden dann noch etwa 5000 Bürger dieser Klassen im Alter von über 60 Jahren hinzutreten. Die Theten aber können nicht wohl geringer an Zahl gewesen sein, als die 3 oberen Klassen zu-

7—8000 Mann. Das atlieiii.sclic Heer muLi etwa dieselbe Stärke gehabt haben, dabei sind aber die Megarer einbegriffen, die nach Ileiodot (1X28) 3000 Hopliten aufl)ringen konnten, in Wirklichkeit allerdings wohl kaum mehr als die Hälfte dieser Zalil. wenn sie auch, da in ihrem Lande gekämpft wurde, jedenfalls mit ihrem ganzen Aufgeliot zur Stelle waren. Für die .Athener blieben dann also etwa 6000, wenn wir hoch rechnen wollen, 7000 Manu. Auch wenn das sämtlich pewtazot und THjeaßiTuxoi gewesen wären, blieben wir doch noch sehr weit unter den IGOOO Mann, welche nach Thukydides die Reservearmee bei Ausbruch des peloponnesischen Krieges gezälilt haben soll. Aber jene Voraussetzung ist, nach dem oben gesagten unhaltbar, vielmehr muß ein großer, und offenbar der weit überwiegende Teil des athenischen Aufgebots der Feldarmee angehört haben- Und da die Athener, statt das Belagerungsheer vor Aegina heranzuziehen, es vor- zogen, die riiuTazoi und TciieußiTdzni aufzubieten, werden diese etwa ebenso stark gewesen sein, wie das Belagerungsheer, also höchstens 2000 Mann. Da Attika von keiner Seite her bedroht war (denn mit Boeotien war Frieden, und der boeotische Bund ist überhaupt erst im nächsten Jahre von den Spartanern wieder- hergestellt worden), mußte eine sehr kleine Zahl von Wachtmannscliaft auf den Mauern geniigen, die auch von den Bürgern über 60 Jahre und sonstigen Halb invaliden (den axQttbtatoi, wie Thuk. I 93, 0 sagt) gestellt werden konnte. Die langen Mauern waren nhnehin noch nicht vollendet (Thuk. 1 107,4), und bedurften also auch keiuer Wachtmannscliaft. Wir sehen, daß die Angaben über das athenische Aufgebot im Jahr 458 in keiner Weise zur Stütze der thukydideischen Angaben über die Zahl der Besatzungstnippen im Jahre 431 verwendet werden können. Vgl. die Ausführungen Bu.solts, Geschichte UI 2, 882A.

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3fi() Julnts Beloch,

sainnicii: das ergäbe eine Zahl von wenigstens (lOOOO Bürgern. Dagegen wurden am Ende des IV. Jahrhunderts, unter Demetrios von Phaleron, 21000 Bürger gezählt, worunter allerdings wahrscheinlich nur die Bürger im waffenfähigen Alter, also von 18 (iO Jahren, zu verstehen sind, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, sodaß die (Gesamtzahl etwa 25000 betragen hat. Das ergäbe, gegenüber dem Stande von 431, eine Abnahme um 35000, oder gegen (lO "/q. Daß eine so starke Abnahme völlig un- denkbar ist, sollte für den, der die Geschichte Athens im IV. Jahrhundert kennt, und imstande ist, mit statistischen Zahlen eine konki-ete Vorstellung zu verbinden, keines Beweises bedürfen. Denn Athen ist ja auch im IV. Jahrhundert die volkreichste Stadt in Hellas geblieben, und hat es vermocht, die Seeherrschaft wiederzugewinnen und bis auf den lamischen Krieg zu behaupten. Auch würde eine solche Abnahme in der Bevölkerungs- geschiclite fast ohne Beispiel dastehen. Nehmen wir immerhin an, daß ein Drittel der Bevölkerung xVthens der Pest zum Opfer gefallen ist, ob- gleich der Verlust in Wahrheit höchstens ein Viertel betragen haben kann, und nehmen wir ferner an. daß dieser Verlust niemals ersetzt worden ist. Aber die Verluste im Kriege, die ja fast ausschließlich den waffenfähigen Teil der Bürgerschaft trafen, mußten im Laufe der Jahre sich ausgleichen, und wir können nachweisen, daß das wirklich geschehen ist: denn das Gesamtaufgebot Athens in der Schlacht bei Korinth 394 war fast eben so stark, wie 30 Jahre früher bei Delion. Und im Laufe des IV. Jahrhunderts kann die athenische Bürgerschaft sich nicht wesentlich vermindert haben, da sie von keiner größeren Epidemie betroffen worden ist, keine verlustreichen Kriege zu führen hatte, und die wirtschaftliche Lage, von einzelnen Krisen abgesehen, glänzend war. Wenn Athen also am Ende des IV. Jahrhunderts 25000 Bürger gezählt hat. kann es 425, nach dem Erlöschen der Pest, nicht wohl mehr als rund 30000 gezählt haben, und vor der Pest nicht mehr als etwa 40000. Dann ist aber klar, daß Athen damals nicht 30000 Bürger von Hoplitccnsus gezählt haben kann. Hier mögen diese Andeutungen genügen: die nähere Ausführung wird an anderer Stelle gegeben werden.

Die Zahlen bei Thukydides II 13 sind also aus folgenden Gründen unhaltbar:

1. Sic widersprechen den Angaben des Thukydides seli)st über die Stärke des athenischen Gesamtaufgebots in der Schlacht bei Delion.

2. Es ist aus statistischen Gründen unmöglich, daß die ältesten und jüngsten Jahrgänge der Büigerhopliten von 18 20 und 50 bis (10 Jahren mit den Metoeken (nach Thukydides' Angaben höchstens 4 5000 Mann) stärker gewesen sein sollten, als die felddienstfähigen Btirgerhopliten im Alter von 20^50 Jahren.

3. Es ist absolut kein Grund denkbar, weshalb die Athener mehr als die Hälfte ihrer Hoplitcn (KiOOO Mann) zu Besatzuugszwecken

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Griechische Aufgehote I. 367

bestimmt liahoii sollten, während zum Waclitdieust wenige tausend Mann genügten, l)ei einer Belagerung abei- die Feldarmee zur Ver- fügung stand. 4. Die perikleische Strategie im peloponesischen Kriege wird voll- ständig unverständlieli, wenn Athen bei Beginn des Krieges •2!) 000 Hopliten gehabt hätte. .'). Die Zahl von 2'.) 000 Hopliten steht in schroffem Widerspruche zu allem, was wir über die Hcihe der Bürgerzahl Athens im \ . und IV. Jahrhundert wissen. Jeder einzelne dieser Gründe würde für sich allein vollständig genügen, um die Unhaltbarkeit der thukydideischen Zahlen zu beweisen: in ihrer Gesamtheit bilden sie ein Beweismaterial von so erdrückendem Gewicht, daß die l'^rage gar nicht mehr zur Diskussion stehen sollte.

Wer diese Zahlen dennoch retten will, ist gezwungen, dem überlieferten Texte in der einen oder anderen Weise Gewalt anzutun. So hat man gemeint, die waffenfähigen Theten seien in der Zahl des Reserveheeres miteinbegriffen: so zuletzt Delbrück. Statistisch würde dadurch alles in Ordnung kommen: und auch sachlich ist klar, daß die Theten zum Wacht- dienst auf den Mauern sehr wohl zu verwenden gewesen wären, auch wenn sie keine schwere Rüstung hatten: aber Thukydides spricht nun einmal bloß von Hopliten, und auch nur von den ältesten und jüngsten Jahr- gängen der zum Dienst mit schwerer Rüstung in der Feldarmee ver- pflichteten Klassen, also der Bürger vom Hoplitencensus, und außerdem von den schwerbewaffneten Metoeken, sodaß wir, nach dem Wortlaut der Stelle nicht einmal die von staatswegen als Hopliten ausgerüsteten Theten unter den Besatzungstruppen einrechnen dürfen. Auch waren diese Hopliten aus der Thetenklasse in erster Linie zum Dienst auf der l'lotte und in den Festungen des Bundesgebietes bestimmt waren, kamen also für die Verteidigung Athens kaum in Betracht, und dasselbe gilt für die übrigen Angehörigen der Thetenklasse, die hauptsächlich für den See- dienst bestimmt waren. Wir würden also, bei dieser Auffassung, in die Thukydidesstelle etwas hineintragen, was ihrem Wortlaute und auch ihrem Sinne geradezu widerspricht.

Nicht ganz so gewaltsam wäre es. an die Kleruchen zu denken, korrekter gesprochen, an den Teil der Kleruchen, der nicht in Attika domiziliert war: denn die in Attika domizilierten Kleruchen sind jedenfalls in Thukydides' Zahlen inbegriffen. Wenn die Kleruchen auch nur Klein- besitzer waren, so hatten sie doch jeder so viel Land, daß sie mit ihrer Familie davon leben konnten : sie gehörten also in die Zeugitenklasse und waren folglich Hopliten. Daher konnten auch Zeugiten sich an den Kleruchien beteiligen (CIA. 1 31). Die Kleruchien selbst aber waren Athen gegenüber keine selbständigen Gemeinden (nölsn;). wenn sie auch eine gewisse kommunale Autonomie hatten, sondern F'estungen {(fqovQUi)

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3<iS Juliiis BelovJi,

und die nächste Auftiabe der Kleinchen bestand darin, diesen Festungen als Besatzung zu dienen. Sie könnten also recht wohl von Thukydides unter den Besatzungstruppen inbegriffen sein: nur würde es dann, wenn wir nicht annehmen wollen, daß Thukydides sich ungenau ausgedrückt liat. nötig sein. nnoUwv vor furoixMv einzuschieben {utto re nZv TToeaßv- Tftrojr xcd twv recoiäuuv xcti (änolxwv y.al) /.letoixtDV oGoi onXirai rGciv. Bei dem (ileichklang der beiden Worte würde sich der Ausfall des einen sehr leicht erklären, und auch statistisch käme alles in Ordnung, da die außerhalb Attikas domizilierten Kleruchen bei Ausbruch des peloponesischen Kiüeges etwa 8 10000 Mann stark gewesen sein müssen (meine Betwlkcriaifj, S. 82). Immerhin ist auch diese Annahme etwas gekünstelt, und eigentlich doch mehr eine A'erlegenheitsauskunft.

Es bliebe noch die ultima ratio einer Emendation der überlieferten Zahl: wir müßten annehmen, daß /n'oüor bei den Angaben über die Zahl der Besatzungstruppen irrtümlicher AVeise aus der Zahl der Feldtruppen wiederholt worden ist. sodaß die Besatzungstruppen nicht 1 (lOOO, sondern nur 6000 Hopliten gezählt hätten. Es ist das eine der Korruptelen, che, wenn es sich um die Wiedergabe von Zahlen handelt, am häufigsten vorkommen. Textkritisch stände also dieser Emendation kein Bedenken entgegen. Daß schon Diodors Quelle im wesentlichen dieselben Zahlen gelesen hat. die unsere Handschriften geben, wäre kein Gegengrund, denn die ägyptischen l'apyrusfunde haben gezeigt, daß die ärgsten Korrnptelen unserer Textüberlieferuug aus der Zeit stammeu, als es noch keine philologische Wissenschaft gab. Und auch statistisch käme damit alles in Ordnung: denn die Mctoeken stellten nach Thukydides 3000 Hopliten (II 31. 2), und die Jahrgänge der Bürgerhopliten von 18 bis 20 Jahren und von 50— (iO Jahren können zusammen nicht viel luehr als V4 f'er Bürgerhopliten von 20 50 Jahren ausgemacht haben'), also 3000. und mit den Jletoeken (iOOO Mann: auf einige hundert ]Mann mehr oder weniger kommt nichts an. da ja die Zahlen Itei Thukydides im groben gegriffen, und auf ganze Tausender abgerundet sind. Und wenn Thukydides weiter, um die Stärke dieses Besatzungsheeres zu motivieren, auf den großen Umfang der Festungswerke Athens hin- weist, so ist auch das in Ordnung, denn 6000 Hopliten sind für griechische Verhältnisse eine sehr bedeutende Macht: ist doch das ganze

1) Im lieutiget! Fraiikreicli kommen auf 14000 Mäuuer im Alter von '20—50 Jahren nahe an 4.500 im Alter von LS— 20 und .50— HO Jahren, im deutschen Heiclie etwa 4200. Zu berücksichtigen ist aber, daß zur Zeit des Ausbruchs des ix'loponnesiclien Krieges in .4tlien die höheren Altersklassen durcli die großen Vrrlu.ste der fünfziger Jahre {in .Aegyiiten, bei Tanagia u.sw.) stark dezimiert waren, während die Altersklassen von 20—40 Jahren griißere Kriegsverluste nicht erlitten hatten.

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Griechische Aufgehoie 1. 369

attische Feldheer im iV. .laiirimiiiicit iiieht stärker gewesen |s. ül)eii

s. ;u7f.).i|

Wenn sicli nun aiieli gegen diese Eniendation nichts begründetes ein- wenden laßt, und alle Schwierigkeiten damit beseitigt werden, so bleibt die Änderung einer überlieferten Zahl doch immer eine mißliche Sache. Denn sie ist keineswegs die einzige Zahl bei Thukydides. die begiündetes Bedenken erregt, und nicht alle diese Bedenken lassen sich durch eine so einfache Eniendation heben, wie sie in unserem Fall genügen würde. Ich erinnere an das berüchtigte 11. Kapitel des III. Buches, an die 3000 Hopliteu von Acharnae (11. 20, 4), an die Angabe über den Höchstbetrag des athenischen Schatzes in demselben Kapitel, das uns hier beschäftigt (II 13. 3). und die noch niemand in befriedigender Weise zu erklären gewußt hat. Alle diese Stellen haben mit einander gemein, daß sie nähere Ausführungen zu unmittelbar vorausgehenden oder folgenden Stellen des Textes geben, und sich zum großen Vorteil des Zusammenhanges glatt heraus- schneiden lassen. Wer nun das Kapitel III 17 für echt hält, zeigt damit, daß er Thukydides in statistischer (und, wie ich gleich hinzufügen will, auch in stilistischer) Hinsicht alles zutraut: er hat kein Recht mehr, an den anderen Stellen Anstoß zu nehmen, aber ebensowenig, auf diese Stellen Gewicht zu legen: es wird bei diesem Standpunkt eben ganz gleichgiltig, was Thukydides geschrieben hat. Wer aber Thukydides nicht zutraut das Kapitel III 17 geschrieben zu haben, wird sich folgerichtiger Weise die Frage vorlegen müssen, ob denn die anderen oben bezeichneten Stellen von Thukydides herrühren. AVas die 3000 Hopliten von Acharnae angeht, so halte ich das ohne weiteres für ausgeschlossen; Thukydides kann unmtjglich geglaubt haben, daß ein einziger attischer Demos, und sei es der größte, so viele oder noch mehr Hopliten gezählt haben sollte, wie etwa Sikyou oder Megara. gegen '/ä des gesamten athenischen Hopliten- aufgebotes: andererseits ist aber eine irgendwie befriedigende Eniendation

1) Daß selbst ein Forscher wie Eduard Meyer (11154) GODO Hopliten „zur Besatzung der Kiesenfestung .Vtlien" iiiclit für ausreiohenu hält, zeigt nur, wie scliwer es für uns zu Neuere ist, uns von den beschrihikten Verhältnissen der griechischen Welt eine konkrete Vorstelhing zu maclien. Wir sind eben gewölint, mit Hunderltansendeu und Millionen zu reclinen, Begriffe, für die den Griechen sogar die Ausdrücke fehlten, liatten sie doch Iceiu höheres Zahlwort als i-uqioi. Auch drückt sich Meyer nicht ganz korrekt aus, wenn er von „(!000 Manu, 3U00 Ephebeu und alten Milnuern und 3ÜÜ0 Hopliten" spriclit, welclie die Besatzungs- armee gebddet hätten, denn alle 6000 Mann waren Hopliteu, und von den „alten Miiuueru"' keiner über 60 Jahre alt. Auch sollte ja die Besatzungsarmee keines- wegs mit ihren eigenen I\räfteu Athen gegen einen feindlichen Augriff verteidigen, sondern nur in Verbindung mit de Feldarmee (s. ohen S. 363). Endlich ist es nicht richtig, daß ich lievölkenmg S. 66 die Eniendation der Zahl bei Tlud;ydides vertreten hätte; ich habe vielmehr dort diesen Ausweg nur zur Diskussion gestellt; augenoniraen hat ilin erst Wachsmuth in seiner Besprechung meines Buches in Conrads Jahrbüchern N. F. XV S. 3G, und jetzt auch Busolt, Genchichte III 1,8S6A.

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370 Jf Jidim Beloch,

der Zalil nicht zu linden. Thukydides hat also einfach geschrieben ol 'Axaorijg /(f'y« i-it'QOi ovitg r/;,- tioAsojc, und eine andere Hand hat dann, zur plastischen Veranschaulichung der Sache, die Zahlangahe (roiaxüioi yuQ ön'/.hni ryt'i'OTo) hinzugefügt. Und was unser Kapitel IT IH angeht, so ist auf den ersten Blick klar, daß die beiden Angal)eu über den ilaximal- betrag der Metallreserve auf der Akropolis. und die Ausdehnung der Festungswerke Athens mit dem übrigen Inhalt des Kapitels nicht das geringste zu tun haben: denn Thukydides gibt hier ein Referat über eine Rede des Perikles, und es bedarf keiner Bemerkung, daß Perikles nichts von diesen Dingen gesagt haben kann, wie denn die beiden Bemerkungen den Zusammenhang des ganzen störend unterbrechen. Sehr auffallend ist es auch, daß Thukydides hier nur einen Bericht über Perikles" Rede gibt, während er sonst in diesem Teil seines Werkes seine Personen direkt redend einführt: wohl aber finden sich solche Referate, und zwar durchgehends. im V. (von Kap. 25 an) und im VIII. Buche, also in den beiden l^artien des Werkes, die der Verfasser in besonders unvollendetem Zustande hinterlassen hat. Daß Thukydides hier das Prinzip, direkte Reden einzulegen, fallen gelassen haben sollte, wäre doch sehr unwahr- scheinlich: vielmehr scheint mir klar, daß er die Ausaibeitung dieser Reden, als den schwersten Teil seiner Aufgabe, für später zurückstellte, und inzwischen nur eine Skizze des Inhaltes gab. den die Reden haben sollten. Das hat dann aber auch für II 13 zu gelten: das Kapitel nuiß demnach eine spätere Einlage sein, die bestimmt war. dem Leser die Machtmittel, über tlic Athen beim Beginn des Krieges veri'ügte. vor Augen zu führen. Als solche kennzeichnet es sich auch dadurch, daß es gar nicht an die Stelle paßt, wo es steht. Denn es handelt sich hier für Perikles darum, das Volk von der Notwendigkeit seiner defensiven Strategie zu überzeugen, und eine etwaige Opposition dagegen zu ersticken: dazu hätte aber Perikles nicht sagen dürfen: seht, wir sind so und so stark, sondern: die l-'eiiule sind zu Lande viel stärker als wir. Gerade bei solchen Stücken, die von dem Verfasser noch nicht ihre definitive Form erhalten hatten, liegt die Möglichkeit von Zusätzen seitens des Heraus- gebers besonders nahe: solche Zusätze konnten sogar zur Herstellung eines lesbaren Textes unbedingt notwendig sein, und dabei konnte es sehr leicht geschehen, daß Bemerkungen, die der Verfasser au den Rand des Manuski-ipts geschrieben hatte, in den Text Aufnahme fanden. Ich denke also. Thukydides hat so geschrieben: onXirui äs TQiaxdi'ovc /.al uvQiovg en'at ävn> nüv iv rolg cfQOVQioic xal iwv nag' e;r«|n'* litneag d' ünf (faire Siaxociovc xal x^Uoik xtX.: der Herausgeber hat dann hier, ebenso wie in dem Fall von Acharnae, die fehlende Zahl einsetzen wollen, und in der Tat die richtige Zahl eingesetzt, wenn auch nicht im Sinne des Zusammenhanges unserer Stelle. Denn es ist buchstäblich wahr, daß die Festungswerke Athens in den ersten Kriegsjahren von IGOOü Hopliten

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Griechische Aufgebote I. 371

verteidig;! wuideii. oder docli iiättcii verteidigt werden können, wenn alle vollzälilig zur Stelle gewesen wären: war es doch nicht bloß, und auch gar nicht in erster Linie, die Besatzungsarmee, welche Atiien bei einem feindlichen .Vngriff {pnon ot noXf'fuoi iaßa/.oisv) verteidigen sollte, sondern vor allem die Feldarmee. Jene lOOOO Mann müssen also die Gesamtzahl der Hopliten umfassen, die Athen überiiaupt zur Verfügung standen: und in der Tat beträgt die Summe der 18 000 Bürgerhopliten und der 3000 schwerbewaffneten Metoeken (Thuk. H 31. 2) genau 16000 Mann. Also die Rechnung stimmt. Der Fehler in den Angaben bei Thukydides liegt nur darin, daß die 13000 Bürgerhophten zweimal in Rechnung gestellt sind. Ähnhche Doppehmsätze derselben Posten sind in unserer statistischen Überheferung gar niclit so selten: hier trifft die Verantwortung dafür, wie icli oben zu zeigen versucht habe, niciit Tliukydides selbst, sondern den Herausgeber seines Werkes.

Nun wird es ohne weiteres klar, was Thukydides mit seinen 13000 Hophten gemeint hat: Die Summe aller Hophten, die im „Kataloge" verzeichnet waren, mit Ausnahme natürlich der Epheben (neQiTroXoi), die ein besonderes Korps bildeten, das von vornherein zum Besatzungsdienste bestimmt war. Daß die Angabe nur diesen Sinn haben kaun. hätte freilich schon an und für sich evident sein sollen. Denn wenn auch in der Regel die Hopliten nur bis zum 50. Jahre zu Feldzügen aufgeboten wurden, so lag doch eine gesetzliche Beschränkung in dieser Richtung nicht vor. es wurde vielmehr bei Gesamtaufgeboten von Fall zu Fall fest- gesetzt, welche Jaiirgäuge ins Feld ziehen sollten (oben S. 342 f.). Die .Möglichkeit war also gegeben, alle Hopliten vom 20. 60. Jahre aus- rücken zu lassen, wie das ja in Sparta nach Leuktra wirklich geschehen ist: zum Wachtdienst auf den Mauern, wäluend die Stadt durch das Feldheer gegen einen feindlichen Angriff gedeckt war, reichten auch die Epheben, die Bürger üi)er 60 Jahre, soweit sie noch rüstig waren, und die nicht feldtttchtigen Hopliten der jüngeren Jahrgänge aus: auch hatte man ja außerdem noch die Wachtmannschaft des Arsenals (500 Mann), und der Akropolis (50 Mann) zur Verfügung lAristot. 'Ai^. Jlo/.. 24.3), die wohl aus Theten gebildet war. und auch sonst heßen sich noch Theten zum Wachtdienst heranziehen.') Wenn also Thukydides alle 13000 Bürger- hopliten im Herbst 431 ins Feld rücken läßt, so ist das kein Grund gegen die hier vertretene Auffassung, auch dann nicht, wenn wir die Angabe wörtlich verstehen wollten; in Wahrheit aber hat Thukydides von der Zahl des damals ins Feld gerückten Aufgebots nur gewußt, daß es ein Aufgebot naväriut'i war, und daher einfach die Sollstärke in Ansatz gebracht.

1) Bei dieser Auffassung unserer Stelle ist auch ohne weiteres klar, warum Tliukydides die Theten überhaupt niciit erwälint; er will nur die Stärke der Feld- anuee augebeu, und geht auf die Stärke der Wachtmannschaft überhaupt nicht ein.

31

87'2 Jtilius Belach,

Das spriflit sich selir oliaiakteiistisch darin aus. daß er die HOOO athenisciien Hopliten, die damals (wirklich oder augeblich) vor Potidaea standen, ein- fach durch ebensoviele Metoeken beim Feldheer in der Megaris kompensiert: ein Verfahren, das starke Zweifel daran aufsteigen läßt, ob Thukydides wirklich eine Angabe über die Zahl der schwerbewaffneten Metoeken vor- gelegen hat.

Das Gesagte findet in Thukydides" Angaben über die Verluste an der Pest (UI 87,3) seine volle Bestätigung. Von den lOUO Reitern sollen 300 (30%) der Kranklieit erlegen sein, von den Hopliten r/. növ raisrnr 4-tOO: das ergäbe, wenn wir bei den Hopliten denselben Prozentsatz der Ver- luste rechnen wie bei den Reitern, eine Zahl von 14700 onkiTca er. tiöv T(<S£(oi'. Es ist demnach klar, daß die onllTm ix tiäv ta's.ewv nicht 29000, oder wenn wir die Metoeken und Peripoloi abrechnen, etwa 22000 Mann stark gewesen sein können, denn in diesem Falle würde ihr Verlust an der Pest nur 20 "/o betragen haben, und es ist nicht abzusehen, warum die Reiter so viel schwerer betroffen worden sein sollten. Also bleibt nur die Annahme übrig, daß die 13000 Hopliten, die Thukydides in seiner Übersicht über die Streitkräfte Athens an erster Stelle nennt, die onllrca ex rmv räiemv sind. Daß ihr Verlust 34° beträgt, statt 30% bei den Reitern, hat nichts auf sich, da wir es ja mit runden Zahlen zu tun haben: waren die Reiter effektiv nur 900 Pferde stark, oder betrug ihr Verlust 340 Mann, so würden wir hier denselben Prozentsatz haben, wie bei den Hopliten. Daß aber unter den onntai ex növ miewr die Gesamtheit der ßürger- hopliten mit Ausschluß der nsolnoloi zu verstehen ist. haben wii- oben gesehen (S. 3(!1).

Auch sonst ist bei dieser Annahme statistisch alles in Ordnung. Die Angaben über die Verluste an der Pest stammen ohne Zweifel aus amtlicher Quelle und sind an sich durchaus glaubwürdig: aber daraus folgt noch keineswegs, daß die Zahl der Hopliten infolge der Pest auf -/., ihrer ursprünglichen Stärke gesunken i.st. Denn niemand wird an- nehmen wollen, daß es damals in Athen eine amtliche Totenschau mit Feststellung der Todesursachen gegeben hat: es vermochte also auch niemand zu sagen, wie viele Hopliten gerade an der Pest gestorben waren. Die Zahl bei Thukydides kann also nur entweder die Verminderung des Standes von 42ä gegenüber dem von 431 ausdrücken, oder die Zahl der Todesfälle im Heere während der Pestjahre überhaupt. Die erste Annahme aber ist ausgeschlossen, da das Reiterkorps, dessen Verlust Thukydides zu 300 Mann angibt, doch ohne Zweifel stets vollzählig, oder doch annähernd vollzählig erhalten worden ist, wie denn Aristophanes in den Anfang 424. also bald nach dem Erlöschen der Pest aufgeführten Rittern (v. 225) die Stärke des Reiterkorps auf 1000 Mann angiiit. dieselbe Zahl, die beim Ausbruch des Krieges vcnhantlen gewesen war. Es muß sich also bei Thukvdides um die Gesamtzahl der Todesfälle während der

Griechische Aufgehote I. 373

Postjahre liandclii. dio luii so clier den Todesfällen infolge der Pest gleichgesetzt werden konnte, als andere Krankheiten während dieser Zeit so gut wie gar nicht auftraten, oder, wo es doch der Fall war. während ihres Verlaufes in die Pest übergingen (Thuk. ff 51. 1). Die normale Sterblichkeit ist nun allerdings in den Altersklassen vom "20. bis zum tiO. Jahre, um die es sich hier handelt, verhältnismäßig gering, sie beträgt heute in i-luropa jährlich nur etwa Vj^ lV-2%-') Immerhin ergibt sich, auch wenn wir den niedrigsten Prozentsatz zugrunde legen, für die 13000 Bürgerhopliten während der 5 Jahre von 430 4-2(5 (ein- schließlich! ein Abgang von etwa SOO, der also in der thukydideischen Verlustliste mitenthalten ist. und von dieser abgezogen werden nuiß. wenn wir die Abnahme der Hopliteuzahl durch die Pest feststellen woUeu. Diese Abnahme würde also nur 3600 Mann, oder 28 ^i^ betragen haben, sodaß nach der Pest noch etwa lUOO Bürgerhopliten vorhanden gewesen wären. Davon wären dann weiter die Verluste im Felde und infolge der Ausführung von Kleruchieu in Abzug zu bringen. Die letzteren können, wie wir oben (S. 359) gesehen haben, in dieser Zeit nicht wohl mehr als 1000 Mann betragen haben: die ersten waren in dieser Periode des Krieges, von der einen Schlacht bei Spartolos abgesehen, ganz unbedeutend, und müssen durch den jungen Nachwuchs reichlich gedeckt worden sein. Bringen wir nun aber auch die 460 Mann, die bei Spartalos gefallen sind, von unserer Summe in Abzug, so bleibt doch für die Zeit der Schlacht bei Deliou eine Zahl von 8000 Biü'gerhopliten. In Wirklichkeit muß die Zahl noch etwas größer gewesen sein, da infolge der Auf- hebung des perikleischen Bttrgergesetzes die Söhne aus den Verbindungen athenischer Bürger mit fremilen Frauen legitimiert wurden, die bisher als vottoi gegolten hatten uiul vom Bürgerrecht ausgeschlossen waren: doch bringe ich für diesen Posten hier nichts in Ansatz, da die Zahl der Metoeken sich im selben Verhältnis vermindern mußte. Von den 3000 zum Hoplitendieiisl qualifizierten Metoeken. die am Anfange des Krieges vorhanden gewesen waren, müssen nach der Pest noch reichlich 2000 vorhanden gewesen sein, sodaß Athen im Jahre 424 noch reichüch 10000 Hopliten gehabt hat. Davon würden etwa 20%, also 2000 Mann, auf die Altersklassen vom 50. bis zum 60. Jahre zu rechnen sein, sodaß noch reichlich SOOO Mann im felddiensttüchtigen Alter übrig blieben, lOOU Mann mehr, als nach Thukydides au der Schlacht bei Delion teil- genommen haben. AVir sehen, die Rechnung stimmt.

Natürlich kann eine Berechnung, die durchweg mit runden Zahlen zu operieren gezwungen ist, auf absolute Richtigkeit keinen Anspruch er- heben. Aber darum handelt es sich hier auch gar nicht. Die Frage ist

1) In Fi-aukreich (1875-1879) l,-26 »/„, in Italien (187-2 1879) l,ö %, in Bayern (1871 1880) 1,-1 % (ilovimento della stato civile, confronfi internazionaU per gli anni 1865-83, lierausgegeben vom ital. Ackerbauministeriura, Rom 1884, S. 279111'.).

Beiträge z. alteu Gescbichte V 3. ''O

33

374

Julius Betoch, Griechische Aufgebote I.

pinfacli die: Hat Athen im Jahre 4SI -JOOOO. oder hat es 16000 (eiu- sphließlicli der reoino/.ni 17 000) Ihipiiteii ^ohaht? Und diese Frage wird (Kirch nnsere Bereehnnnii unwiderleühch zugunsten der h^tztereii Alternative entschieden.

Zum Schluß möge die fnlgende rhei-siclit iihei- die Wehikraft Atiiens hier ihre Stelle finden.

Sollstärke

Stärke des Gesaintaiitkebots

Hopliteii J^*^'"^'" I Bürger Metoekeu '>'^**'"'- ' "^""P'''*'^"

431

1000

13000

424

1000

SOOO

394

3fi2

-_

3000 |j 2000 ;i (1000) 600 (600)

7000 6000 6000

Unter „Sollstärke" verstelle ich die Reiter und die HopHten von •20 60 Jahren, die in den Listen geführt wurden, unter ..Stärke des Gesamtaufgebotes" die Reiter und Hopliten von 20 50 Jaliren. die nach der Schätzung kompetenter Offiziere bei Feldziigen zur Verfügung standen, ohne Rücksicht darauf, ob sie sich bei dem l)etreffenden Aufgebot auch wiiklich gestellt haben.

Die Zahlen für 323 führe ich hier nicht mit an. da die Wehrordnung damals eine andere war. was den Vergleich mit den Aufgeboten aus früiierer Zeit ausschließt.

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375

Hellenistische Forschungen.

Von C. F. Lehinann-HaHptJi :{. Zur attisclien Politik vor doiii ciiremonideisclieii Kriege.'-)

Die dem chrenionideischen Kriege vorausgehende und ihn bedingende Periode enthält zwei bisher ungelöste Probleme.

Der Freiheitskampf der von Ptolemaios II. Philadelphos unterstützten Hellenen gegen Antigonos Gonatas hatte bekanntlich, wie das uns erhaltene Psephisma de? Chremnnides") zeigt, eine Verknüpfung von Bündnissen zur ^'oraussetzung.

Die Lakedainionier unter Areus waren, seit wann wird nicht gesagt. \'erbündete des Ptolemaios. sie haben als solche oder schon vorher eine weitere Synimachie gebildet: als Haupt dieser letzteren schließen sie mit den Athenern, die ihrerseits inzwischen mit Ptolemaios ,von Ägypten in ein Bündnis getreten sind und die Hellenen zum Kampf aufgerufen haben, einen Bund, durch den die Kette geschlossen wird. Der Ratifikation dieses letzteren Bündnisses galt das Psephisma des Chreinonides. das im Archontat des Peithidemos während der zweiten Prytanie d. h. wie mehrfach von mir betont^), im Sommer 26S, nicht wie Beloeh^) wollte. 2öG. erging.

Man nimmt allgemein an. daß alle jene Bündnisse ziemlich unmittelbar vor dem Beginn des Krieges ad hoc geschlossen worden seien. Nun spielt bekanntlich in der Begründung von Chreinonides' Psephisma auch die Arsinoe Philadelphos eine Rolle. Es wird zimäehst auf die Perser- kriege und die nunmehrige Wiederkehr ähnlicher Bedrohungen der Freiheit

1) I. Der erste syrische Krieg und die Weltlage um 275 3Tä v. Chr. s. oboii III S. 491—547; 2. Seleukos, König der Makedonen S. 244— -2.54 dieses Hande.s.

2) Zweiter Teil meines in der liistoiisch-epigrapliisciieu Section des 48. Philo- logentages zu Hamburg geiialtentii Vortrages Zur auswärtigen Politik der ersten Ptolemäer und Seleukiden. (Krster Teil ol)en S. 244/258, s. S. 251 Anm. S;.

3) Dittenberger Sylloge^ I Nr. 214.

4) Band III dieser Zeitschrift S. 171 172: IV 121 2 u. 408. Siehe dazu uuteii S. 386 Anm. 1. 5) Oben Band II S. 473/476.

25* 1

376 C. F. Lehmann-Haupt^

uiul de]' viilorliclien Gesetze hingewiesen, dann geht es weiter o Tf ßaailevg llroXtiHüog äxülovÜdK iH nur nouyovtor xal reT rijc «(JfAy;»Jc 7Too[a]tQfiaei (/uieoöc sariv o;rovöd^ujv vntu ri^c xom'/j\- i[wr] '£PJ>,'rwi' eXevittQiag.

Köhler') hat dazu bemerkt: ..Daß Arsinoe naeli ihrer Erhebung- auf den ägyptischen Thron einen gewissen Einfluß auf die Regierung ausgeübt liat. ist nicht zu l)ezweifehi. und den Ehrgeiz, auch in die große Pohtik eingreifen zu wollen, wird man der temperamentvollen Eran leicht zutrauen. Aber durch alles das wird die luwähnnng der Arsinoe in dem attischen Aktenstück nicht ausreichend erklärt. S(Mtdem in Ägypten das neue Königtum sich befestigt und in .\le.\andrien ein glänzender Hof sich gebildet hatte, war der alexandrinische Hof das Asyl griechischer Gelehrter und Staatsmänner geworden, welclie vor den jeweihg auf der Halbinsel herrschenden makedonischen Machthabern gewichen waren. Ich glaube, daß die ersten Eäden der Politik, welche in den chremonideischen Krieg ausgelaufen ist. in diesem, mit den anlimakedonischen Eührern in Griechenland naturgemäß in Verbindung stehenden Kreise angesponnen worden sind, mul daß .\isinoe dieselbe bei dem Könige befürwortet hat."

Darin ist zweifellos viel Richtiges. h'reilich war Köhler, als er dieses schrieb, der Ansicht. Arsinoe sei zur Zeit, da der chremonideische Krieg begann, noch am Leben gewesen, während wir jetzt aus der Stele von Jlendes sicher wissen, daß sie bereits im .Inli 270'-) v. Chr. ge- storben ist.

Flüssen wir daraus mit der herschenden .Meinung schließen, daß die Erwähining der Arsinoe lediglich eine Art Eloskel sei, daß es sich höchstens um eine entfernte und gewissermaßen akademische Anerkennung ihrer Bemühungen handle':'

Schwerlich. Köhler z. B. wäre durch den neuen Befund nicht zu einer prinzipiellen Änderung seines Standpunktes gezwungen gewesen. Er hätte nur zu betonen brauchen, daß das Anspinnen der ersten Fäden noch weiter zurückgelegen, die V(nbereitungen und \'orstadien in eine noch fri'diere Zeit zurückgereicht hätten, als er angenommen.

Ich gehe aber weiter: die Erwähnung der .Vrsinoe in diesem Zu- sammenhansie scheint mir eine ungezwungeiu' Erklärung nur unter der Voraussetzung einer möglichst un mitteUjaren und direkten Be- teiligung an der Gestaltung der schließlich zum chremoni- deischen Kriege führenden Verhältnisse gewinnen zu können. Hier hegt das erste Problem.

Auf das zweite hat ganz neuerdings Ferguson hingewiesen. Er hat 3) die attische Politik und ihre Wandlungen /u Ende des i. und in den

1) Berl. Sitziim/sbo: )8;).j S. DTCt'.

2) Nicht im Frülijnlir iTO, wir Xiese :ingil)t, s. ob. V,d. III S. .'ill .Vimi. .'), wo jedocli ...August" in ..Juli" zu verbessern, vgl. Beldch <icscli>clitrl\l ■> S. 130 .\nui. 1.

3) Oben S. 155/179.

Zur (iffisclien Politik vor dem dncmonideischen Kriege.

u i

crslcii .laliizclnitcii des :!. Jalniiiiiulcils v. Clir. einer selir i;rüu(lliclien iiiiil vielt'aeli kliireiuleii üctraclituiii; unterzogen, deren Hauptergebnissen sicii lüliiard .Meyer, in seinem Nmlnvort^) angeselilossen hat. Insbesondere weist l'"ergnson nach, daß für die in die Tyrannis des l.aebares ans- inündende Periode HOl 2'-Mi niclil etwa. \vi(> man bisher aiuiabm, eine demokratische Strömung und \'erfassung in .Atlien anzuneiiinen. sondern. wie es Ferguson, dem Brauelu^ der inschiiften entsprechend ausdrückt. eine Oligarcliie am Ruder gewesen ist. wälirend Ed. Meyer, ilini im Übrigen beistimmend, betont, (lai.5 dieses Schhigwort die Sache niclit richtig tretfe, daß es sicli viehnehr um eine ..gemäßigte Demokratie" handle. Wir kommen (huauf zurück. Da es sich ancii für uns um den Gegensatz zur eigentlichen radikalen Denn)krati(- und dessen Betoming handelt, sei zunächst tier deutlichere .\usdruck ..Oligarchie" beibehalten. Oligarchie und Hinneigung zu Makedonien. Demokratie und antimakedonische Tendenzen bedingen einander in dieser Periode.

Von 27(i .') an sehen wir in Athen nach Fergusons Nachweisen wiederum Oligarclien und Makedonierfreunde an der Spitze. Aber wie lange? Hier kommen wir an einen l'unkt. der Ferguson dunkel ge- blieben ist. Im Jahre 271/270. unter dem Archontat des Pytharatos, hat Laches das bekaimte Psephisma für seinen ^'ater Denujchares^) beantragt, in welchem dessen Verdienste um Athen, besonders aber sein un- wandelbares und unerschütterliches Festhalten an der Demokratie, seine Scheu vor jedwedem Kompromiss mit der Oligarchie, auch nach der Rückkehr aus der Verbannung, gepriesen werden.

l'Vrguson lieält es für sehr unwahrscheinlich, daß zur Zeit. als dieses Dekret erging, in Athen eine oligarchische, philo-raake- donische Partei am Ruder war. Aber auch zur Annahme einer anti- makedonischen Strömung kann Ferguson sich schwer verstehen.

Daß von 276/5 274/3 .,01igarchen" und Makedonierfreunde in Athen an der Spitze stehen, erklärt sich, wie Ferguson (oben S. 168 f.) betont, leiclit: ..276/5 war das erste Jahr, in welchem Antigonos sicher auf dem makedonischen Throne saß. Seine griechischen Besitzungen machten ihn zum nächsten Xachl)ar .\thens: vielleicht war der Piräeus noch in seinem Besitz. Es war daher für seine Anhänger nicht schwer, das Heft in die Hände zu bekommen. Aus einer Inschrift aus dem Jahre 2748 erfahren wir. daß die ,\tliener so weit gingen. Opfer für die Wohlfahrt des makedonischen Königs zu bringen. Der Besuch des Königs bei Zeno in Athen fällt offenbar in diese Zeit. Dann kam Pyrrhos' Rückkehr aus Italien. Antigonos' Vertreibung aus Makedonien, die Antigonos ungünstige Stimmung in Grieclu niand und der Tod des Epiroten-Königs 272.

1) Oben S. 180/3. t) l'hitarcli im Aulian^ zu den .V oratoruw vitcw.

Moralia ed. Bernanlakis \' p. i:i8 "ifH).

378 C. F. Lehmann- Haupt,

Athen soll im Jahre 273 eine Gesandtschaft an Pynhos seschickt iiaben.') Dalä die Stadt mit Antigonos gebiochen hätte nnd ihm bis nach dem Abschluß des chremonideischen Krieges feindlich gel)lieben sein sollte, ist kaum wahrscheinlich. Aber selbst, daß Athen auch nur bis -271 0. dem Jahre, in dem das Demochares-Dekret erging, in offenkundiger Gegnerschalt verharrt haben sollte, kann, angesichts der Vollständigkeit von Antigonos' Erfolg 272 schwerlich zugegeben werden. Wie das Demochares-Dekret zu erklären, weiß ich nicht. Die Periode ist völlig dunkel." So Ferguson.

Es liegen also starke Anzeichen für eine demokratische Strömung in Athen für und um das Jahr 271 (i vor: aber die Annahme einer gleichzeitigen, sonst regelmäßig damit verknüpften antimakedonischen Politik erscheint mehr als bedenklich. Damit ist das zweite Problem gekennzeichnet.

Beide Schwierigkeiten finden ihre gemeinsame Losung tlurch Er- mittelungen, zu denen ich früher gelangt bin. die sich aber jctztjüber Erwarten fruchtbar und weitgreifend eiweisen.

Der entscheidende Zusammenstoß zwischen den ägvptischen^und' den seleukidischen Laudtruppen im ersten syrischen Kriege fand nach der babylonischen Chronik, die ermöglicht hat den Kiieg zu bestimmen, im P'riihjahr 273 statt. Ptolcmaios' Kampf mit Magas von Kyrene. dem A'er- bündeten und Schwiegersohn des Antiochos. und die Beunruhigung der Küsten des Seleukideu-Reiches durch die ägy))tischen Flotten begannen bereits im Jahre 27i. In dieselbe Zeit fällt Pviihos' Kückkehr ans Italien und sein erfolgreicher Angriff gegen Antigoiids (ionatas von Makedonien, dem dann weiter der Einfall in den Pelopounes folgte. Ich habe'-) auf Grund der Nachrichten nnd Andeutungen der Quellen zu zeigen versucht. daß nicht bloß äußere Gleichzeitigkeit, sondern ursächlicher Zusammen- hang zwischen diesen Geschehnissen obwaltete nnd daß die Zeitläufte des ersten syrischen Krieges im Jahre 273 zu einer vorübergehenden Gruppierung der Mächte führten, die. im wesentlichen durch das Eingreifen des Pyrrhos bestimmt, die natürlichen Gegner zeitweilig vereinigten. Gegen Antiochos, Magas, Pyrrhos, Tarent und Karthago standen. ..M-enn auch", wie ich mich damals^) ausdrückte. ..nicht oder nicht alle durch formales Bündnis unter einander verkettet". Ägypten. Makedonien. Sparta und Rom.

Uns interessiert hier im wesentlichen die zeitweilige Vereinigung der natürlichen Gegner Antigonos einer- mit Ptoleniaios nnd Areus andererseits. Sie birgt mit ihren P'olgen und Begleiterscheinungen die Lösung unserer Probleme.

1) .IiLstin XXV, 4, 4.

•2) Hellenistische. Forsch uiigeii I, diese lic/lnii/c Bil. III S. ."»""ff.

;i) A. a. 0. S. .ö47.

Zur attii^c/ieii PoUtik vor dem (hreinonideischon Kriege. 379

Aus moinoii Ari;iiiiientt'n für diese (inippieniiig. die ich im ttbrigcii liii-r uieht wiederlioleii kann, ist neben der Tatsache, daß Ptoiemaios im i^vrenäisch -syrischen Kriege von ..seinem Freunde" AntiRonos durch Sökhier unterstützt wurde, eines für uns von Bedeutung.

Nach der bis vor kurzem allgemein iierrschenden Ansicht, soll i'vrrhus, als er Sparta im Jahre 273 (oder •272) angrifl'. diesen Staat, den natürlichen (iegner (i(-s .\utigonos. den l'"einden in die Arme getrieben iiaben. Dann warJPyrrlios ein kläglicher Politiker, nicht ein kühner, weitschauender Staats- mann, für den er l)i.s zum Beweise des fiegenteils nach seinen Taten und nach den Charakteristiken der Alten zu gelten hat. Vielmehr niul.5 Sparta bereits in den Reihen von Pyrrhos' Gegnern gestanden haben, sonst hätte dieser für den vertriebenen [{leonymos gegen seinen Neffen Areus sicher keinen Finger gerührt. Arcus aber kämpfte, als Pvrrhos Sparta angriff, auf Kreta für die (ioi-tynier. offenbar, wie Belocli und ich unabhängig von einander erkannt haben'), als Verbündeter des Ptoiemaios. dessen .Vidiänger. die 'iortynier. mit gegnerischen Kre- tensern im Kriege lagen. \'or 273 also waren sowohl Antigonos wie Areus initM'tolemaios II.. ersterer ..befreundet", letzterer formell verbündet, ferner verband eine Interessengemeinschaft einen Teil der Kreter nut Ägypten sowohl wie mit S])arta.

Nun wird im Psepliisma des Cliremonides das Bündnis des Ptoiemaios uMt den l.akedaimoniern unter Areus als das älteste der besprochenen Bündni.sketti> i)ehandelt: nicht vom Abschluß eines Bündnisses ist. wie in den anderen Fällen die Rede, sondern dieses Bündnis wird als be- stehend vorausgesetzt und ebenso die ]ielüponnesisclie. einen Teil der Kreter umfassende Synimachle unter Führung Spartas und seines Königs Areus: (öcracKiK de /.cd AaxEäaii.(6rio( (fiXot vxd avi-ifiuxoi lov ,^aj(/e«),; or/fc llToXsiiaiuv y.id nooc lör äi^/iov tov 'JDtjvceicjv eia'n> £ ijjtjCjia/i^voi av/iiiaxittv /ifri« t^ 'Hkeiwv y.al Axaicöv /.cd Ti-ysiitmr /.cd .^Jctvtneutv /cd Ooxo^teikov y.ct\l\ (t>ii([Xeci)v] /.cd Kncji'sixir /.cd hoyiaswv nam elclr er itl auimlaxim t]s' AaxBäamovin^r /cd \tofciK /.cd tdi» äXXcjv cn>fiudxu>[v\.

Dieses Bündnis zwischen Sparta und Ptoiemaios und die Anfänge einer Syniniachie. die es Sparta ermöglichte und zur Pflicht machte, auf Ki'eta zu Gunsten der nach .Vgypten hinneigenden Städte und (jebiete einzu- gxeifen. können wii' also bis mindestens in das .Jahr 273 zurückverfolgen. Daß nicht das eine oder andere Glietl dei- spartanischen Symmachie erst später hinzugetreten sei, ist damit nicht l)ehauptet. Aber ein <irnnd zu der Annahme, jenes Bündnis sei seit 273 gelost und erst später wieder geschlossen worden, liegt nicht v(jr. Ja, es spricht Vieles dafür, daß diese spartanische Symmachie mit tlerjenigen identisch ist, die während des Krieges zwischen Ptoiemaios Keraunos einer- und Antigonos und

D S. Beiträge III .539: .540 Auiii. 1.

5

380 C. F. Lehmann-Haupt,

Autiochos andererseits ^), also um 280 v. Chr. bezeugtermaßen geschlossen wurde. '^)

Die Anscliauung, daO es sich in dem uns erhaltenen Psephisma des Cliremonides'') nur nni Bündnisse allerneuesten Datums handle, ist also aufzugeben. Damit ist auch entgegen der herrschenden Anschauung die Möglichkeit gewonnen, für Entstehung und Abschluß des ägyptisch- athenischen Bündnisses und seiner ev. Vorstufen einen früheren Termin als die dem Psephisma des Chremonides im Sommer 268 unmittelbar vorausgehende Zeit in Betracht zu ziehen.

In Athen war. wie bemerkt, nach Fergusons Ermittelungen in den Jahren 276 bis mindestens 274 eine philomakedonische ..Oligarchie" am Ruder. Die erste Möglichkeit einer Wandlung sieht Ferguson gegeben durch Pyrrhos' Angriff gegen Antigonos und dessen Folgen, also 273 (resp. 274/273). Setzen wir hier zunächst einmal ein.

Arsinoe war. wie sich immer Idarer herausstellt und wie auch meine Ermittelungen bestätigt haben, die eigentliche Leiterin, die Seele auch dei' auswärtigen Politik Ägyptens.'*) Sie crsciiien, gemäß der Pithomstele, kurz nach dem Abschluß (274) der Geschwistei-ehe, im Januar 273, also gerade in der für den 1. syrischen Krieg entscheidenden Zeit mit Ptolemaios II. im Delta. ..um Ägypten gegen die Fremdländer zu schützen" ■''). Der energischen PVau ist es. weit mehr als ihrem lässigeren Brudergemahl zu danken, wenn Ägypten durch eine schnelle Offensive die Pläne des Magas und des Autiochos vereitelte. Mit ilnicn stand i'yirhos in Verl)in(lung: im Simu' des Au- tiochos besorgte der Aiakide dessen Geschäfte, weim er Antigonos vertrieb und Griechenland in Aufruhr versetzte. Wäre alles gegangen, wie Autiochos wollte, so hätte es schließlich doch vielleicht für ihn zu einer Verwirklichung der väterlichen Ansprüche auf den Thron Makedoniens kommen können.

1) A. 0. S. .^38.

2) Ju.stiii XX I\', 1, 1 3 Dum haec iit Sicilia genrntur, interim in Graecia dissidentihus inier se hello Plolomeo Cermino cl Aniiocho et Anliffcnio regihns (vgl. Justin XVII, 2. 10) oinnes fernie Graei-iac ciriftiles ducihus Spartanis velal occasione dala ad apem liberfafis erectae. missis invicem legatis^ per qnos in so- cietatis foedera alligarentnr . in hclliim prorunipunl et, ne cum Aiitigoiio, sub cuius regno erant, helluni coepis-se vidercntur, socios eins Aetolos adgrediwitur . . .

.3) Daß auch der atheiii.sche Aul'nif an ilie Hellenen von Chremonides be- antragt worden war, vermutet Köhler (a. 0. ;i7T) mit Recht.

4) Das erkennt auch Belocli (111 1 404 m. Aiun. 4) an und begründet es speziell mit dem Hinweis auf ihre Erwähnung- im Pseiihisnia des ('hren)onides. Aber bei der Gescliiclite des rhvemouideischeii Krieges wird die Frage, wie sich die „eigentliche Regentiu des ägyjitisclieu Reiches" verhalten habe, von ihm nicht erörtert und Arsinoe übeihaiipt nicht genannt.

5) S. diese Rcilräge III S. öi.'l i.Der entscheidende I'a.ssus erleidet auch in den neuesten t'bersetznngen von Xaville Äg. Zeituclir. 40 (.lfl()2) S. '2 \\w\ Seihe in SteindorlTs 1' il.iuuhn Bd. 11 S. '.)4 Z. 14 u. 15 keine Verändernm,'.

Zur attischen Polifilc vor deii^ rhremonideischen Kriege. 381

Wenn sich iiiiii iiiif Äiiyptcns. d. Ii. in erster l>inie Arsiiiites Iietreibcii l'toloiiiaios. AntiRonos iiiul Sparta i;x'geii Anlioelios wie i;eü,en l'yrrlios zusanunoiischlossen. so konnte die dritte gricchisclie (Iroüniaelit. Athen, nicht hei Seite stehen, sie ninläte Partei ergreifen, und. sofern iiir niclit Fyrrhos besondere Vorteile mid (iarantieu bot, war ihr der AnschhdJ an dessen Gegner vorgezeichnet. Als die Athener jene Gesandtschaft an PyrrhüS schickten, werden sie vor der Entscheidung gestanden iiahen: sie wird ungünstig ausgefallen sein und zunächst eine Annäherung Athens an Ägypten besiegelt hal)en. die ins Jahr 278. jedenfalls vor Pyrrlios' Tod. zu setzen sein würde, und aus der sich in der P'olge jederzeit ein formelles Bündnis entwickeln konnte und. wie wir sehen werden, mußte.

Damals lebte Arsinoe. und wir hätten schon unter der Voraus- setzung eines solchen athenisch -ägyptischen Einvernehmens und Zu- sammenschlusses die Erwähnung der Arsinoe in dem Psephisnia des Chremonides ihrei- naturgemäßen Deutung näher gebracht uiul erkannt, daß. ihrer dergestalt zu gedenken, unmittelbare und weit gewichtigere Gründe vorlagen, als sie Köhlers doch nicht ganz ungezwungene und etwas weit hergeholte Erklärung voraussetzen mußte. Die Be- mühungen griechischer Staatsmänner am alcxandrinischen Hofe brauchen nicht geleugnet zu werden. Aber, weit entfernt, die griechenfreundliche Politik lediglich auf deren Betreiben bei ihrem Bruder nur zu empfehlen, war Arsinoe gerade die Trägerin der Politik, die die Griechen und Make- donier mit Ägvpten gegen Pyrihos und gegen .\ntioclios. dtMi Sohn des Seleukos, des Königs der Makedonen. vereinigte.

Von großer Bedeutung ist ferner, daß der erste ersichtliche Aidaß zum ägyptisch-athenischen Zusammenschhisse zu einer Zeit erfolgte, als zwischen Autigonos und Ptolemaios ein gutes Einvernehmen bestand, und daß es somit zunächst und unmittelbar jedweder Spitze gegen Makedonien entbehrte. Auch diejenigen Maßnahmen, so darf man weiter schließen, die Antigonos nach Pyrrhos Tode ergriff, geschahen zunächst im Ein- vernehmen mit Ptolemaios und seineu Verbündeten. Erst allmählich lockerte .sich die Konstellation niul traten die natürlichen Gegensätze wieder hervor, die dann im chremonideischen Kriege zum Austrage kamen.

Diese Verhältnisse ermöglichen nun auch eine Erklärung für Eaches Psephisnia zu fahren seines Vaters Demochares. Sicher war. als dieses erging, eine demokratische Strömung wirksam und in einiger (ieltung. aber die Demokratie wai- nicht anli makedonisch, aus dem einfachen Grunde, weil der (iegensatz gegen Makedonien ausgeschaltet war und schlummerte.

Diese demokratische Strömung wird eingesetzt haben, als Pyrrhos Einfall eine Erschütterimg von .Antigonos' Herischaft in Aussicht stellte und bewirkte: sie wird alsdann das ägyptisch-athenische Einvernehmen

3S2 C. F. Lchmami- Haupt,

ormögiiclü und diuiiil Athen in die vcirteilluifte Laü'e t;eiir;iclit haben, oiine antinia l<(Mlon iseli zn sein, dueh anch nicht direkt im makedonischen Fahrwasser zn sei;eln. Dic'ser Znstand dauerte, wie das Deuiochares- Dekret zeii^t. mindestens bis zum Jalire 271/0 fort. Man sieht. l'"ergusons Bedenken werden dadurcli l)ehoben: ein Brach mit Antisonos, eine Feindschaft von 273 bis nach dem chremonideischeu Kriei^e oder aucli nur bis 271/0 kommen als notwendige Voraussetzung der Stimmung, vcm der uns das Demoeliares- Dekret Kunde gibt, nicht in Betracht,

Ja, es ist zweifelliaft. ol) nuui ni)eriianj)t für Athen einen eigentlichen Wamlel in der inneren l'ohtik. eine direkte Verfassungsänderung in Betracht zn zieiien braucht. Fd. Meyer betont, wie schon oben (S. 377) berührt, man hal)e es in den Jahren 301 -29() nicht mit einer .Oligarchie' im eigentlichen Sinne zu tun. sondern mit einer .gemaliigten Demokratie', deren l'rogramm. im .\nschlul.l an das (lei- (lemäßigten unter di'U .\nliängern der Heakti(nu'u \ini 4 1 I uiul UM. gelautet habe: ..gemäßigte, (k<uiservative. aristokratische! \'erl'assmig im Innern und i'"iiedens|jolitik nach außen, unter Verzicht auf die l'eteiligung an den Weltbändeln, abei- unter Wahrung der Unal)hängigkeil Athens." Fs wäre tienkbar. daß untt'r \'(naussetzung ent- .sprecheiulei' Tendenzen die makedonierfrenndlichen Üligarchen aus den .lahreu 276'ä ff. auch übei' 273 v. ( -hr. hinaus am Huder geblieben wären, und da ein (iegensatz gegen Makcnlonien nicht in Betiacht kam, in der äußeren Politik den Anschluß an l'tolemaios. den ..|-"reund des Antig(nios" znlieLlen luid daher anch das Andenken eines Mannes, der, wie Denmchares in älterer Zeit, die ägyiitisch-athenischen Beziehungen gepflegt und gefördert hatte, zu ehren bereit waren, in dei' inneren, gegenüber platonischen Regungen schärfer gel'ärl)ter Demokratie, wie sie in einem solchen einem A^erstorbeiien^) gelten- den F]hiciidekret zum Ausdruck kamen. Nachsicht übten oder sich, wie Ferguson es ausdrückt, großmütig verhielten. Es konnte unter dieser Voraussetzung genügen, wenn die .\mter mit ..Oligarchen" gemäßigter Richtung besetzt waren, wofür es in den früheien von Ferguson be- leuchteten Zeitläuften an Analogien nicht fehlt -| Ich habe daher ab- siclitlich nur vom Vorwiegen demokratische)' Strömungen gesprochen, wenn mir auch eine i'igentliche denuikratische ^'erfassung waiirscheinlicher dünkt. Fs steht zu hoffen, daß fernere Inschrift enfnnde uns näher aufklären, daß wir z. B. erfahren, ob in den Jahren 273 270 in der Finanzverwaltung tias Amt snl ifj Sioixtjaei von einem Träger (was nach Fergusons Darlegungen für eine ..Oligarchie" sjnäche) oder von einem (demokratischen) Kollegium {ot enl rij ^loixtjaei) verwaltet wurde.

1) Mit l^eloch (iII-_'. .'!741) und i''er.!;usoil le.se icli .Ifr/t/c. .... ciiti . . . .

.Ii/fjoy/ian lixi'ivi'. yiO.ifijV tr i':yii()t'^ i<iu nirijon' i-v novTr<rfl(o ( «i'TiO ) (iiioht

mit Westennauu uvtio) xul rräi' tyyüi-ctjr atl :rgeii,h'zi''.T(;).

2) Vgl. obeu S. 160 Abs. 2, S. ITli Ab.s. 3.

8

Zvr (tttischen Fuht)!; vor <km vhremonideischen Krivge. 353

Das KiitsclicidiMulc lin- iiiiscn^ l'i;iiic isl iIit Nachweis, dal.) ziii' Zeil, da Ladies für sciiicii clx'ii vci'stdrIx'iicM \'alci' das Slaiidhüd. liir sich und jedesmal den ältesten seiner Xaclikonunen die Spcisnni; im Prytaneiim niul den l'lhrenplatz im Theater beiiclirte. für die politischen Parteien in Athen liifolpe des (cleiclii^ewichls. das zeitweilii; unter den einander snnsl auf der Balkanlialbiiisel bekämpfemlen Mäcliten herj^estollt war. die Stelluui; zu Makedonien in den Hintei'iirund treten konnte: so dal.) nicht, wie sonst. ..olii;a rch isch" mit dei' enei'gischeii lietati^nnsi tMiier Hinneii^uni; zu .Makedonien. ..elemokratisch"' ndt ..antimakedonisch" identisch war.

Mine F^rklärunii' niul eine [.ösuni; nnserei- beiden Probleme wiire damit bis zu einem i;cwissen (iiade erreiciil. Ich i^laube jedoch, wir kininen noch weitci' kommen.

Ich hal)e bisher nur von dem Znsa m m eiisch I n b .\i;v|)lens und Athens bei Lebzeiten der Arsinoi' m'spiochen. dein in spaterer Zeil ein offizielles Bündnis i;efo Int wäre. Dieser Znsa m mensch biß zu einer Zeit, da Antii^onos lind l^tok'inaios mit einander \ ('il)ihi(let waren, kann im Sinne der Arsinoi' nur ein Proxisoriiim i;cwesen sein: andere Ziele müssen ihr. der einstitioii inakedonisclien Kiininiii iinil der .Mutier eines l'rätendenten für den Lall, dab die i'vrrlios-( iefahr beseitii;t war. vor^L^eschwebt haben. Dürfen wir etwa das formelle ;ii;vptisch-athenisclie Bündnis selbst, dessen Chiemo- nides" .\ntrai;' i^cdenkt. in diese fiühei'e Zeit \('rs(>tzen, so dal.i es dem er- weislich \"or "JT-'J iicschlossenen ä^yptisch-spartanisciien so i^ut wie iin- iiiittolliar ,i;efoli;l wäre'/ leb i;lanbe. nein. Das Psephisiiia selbst redeL mit einer bisher schwerlich t;enüi;end beachteten, feinen Lntersch(>idnni;' in der Wahl der Tempora, eine sehr deniliche Sprache.

l)ie beiden zuletzt Aoransijei^an.mMien Schritte, einerseits in Athen der [jeschlujj die (iriechen aufzurufen, andereiseits der Beschluß der Spartaner und ihrer Syinniaciiie. mit den Athenern ein 15ündiiis einzustehen, stehen im l^'ifekt: -/.al (sc. <> drj^io< ii .ithjVaUuv} laui /.outovg "EXlr^rac

cipi^tfia rui TfuQUYM/.Hi und ^fay.söai;iuyiot irgoc tot ()V^,((or löv

' Aihjrttimv ttalv e il'tuji ninE'vui'avi^iiiuxinv iieiaxt ' Hknunv y.ul Ay^aimv .... y.al roh' ä/Mvv (rt;/(/U(X<'"'.

AVährend alier, wie schon oben betont. Alles, was auf spartanischer Seite diesem Besclilul.) vorangeht, als etwas längst Bestehendes im Präsens behandelt wird: yicr/.eöaifiovim (/Uut /.al (rviiftcxoi örrfc ioi> ßaai- Aemc nioASfiaiov mnvU' v.xi (sc. [lirli] hüijutecov oOoi ttdlv ev itT aiififtaxiui- ieT ^-ta/.sA'cHiitori'mr x«! '.(yfo,:, w^erdeu auf athenischer Seite zwar die Be- mühungen des Ftoleniaios. und was damit zusaiiinieuhängt, in gleicher Weise als seit Langem fortdauernd präsentisch behandelt o « ßaadevc njo).hf.ittloc äxoXovDnK jfi t(hv itQoyövMV -/.iil isl rrjc ddeX(fijc nQocHosan (fuv£(jüc eaitv a.toi'd'ii^oiv iintg /»^c xoiV7]c tcji' 'EXd-ijviov eXtvifeQiac, das Bündnis aber, das infolgedessen zwischen ihm und Athen zustande

384 ^ C. F. Lehmann- Haupt,

fiekoninien ist. steht im Aorist iiiul sclioiiit dalier doiii Bescliliill iuich die Hellenen aiifzuinfeii. näher voranszuaehen. wie andererseits dieser Beschliil.) eben diireli jenes .. ancli" als die unnnttelbare i-Ol^e jenes Bündnisses hinf;estellt wird: /.ut o (iimoQ h 'Aüijtauov (rvit^iuyjav .roi)jaui.itro<: (nicht: ai'/iadxuyv oder ev lij ffufifiaxta üviuiv tov ßadi- '/JoK nToXeiialov oder älinlicli) jiqoc ainor /.a) tovc Xotnoi'c "EXXr,vag rip)j(fiarai naQuxaXeJr.

Demnach wird man das formelle Bündnis zwischen Athen und i'tolemaios erliehlich näher an "itlH zu rücken iiaben. und es i)leibt für die Zeit um -'7;^ l)ei einem Zusammenschluß und Einvernehmen, wie es gerade im gleicbcn Jahie zwisclien Ägyiiten und Rom geschlossen wurde, dem (iegner des Byrrhos wie rler Karthager, welch letztere den mit Antiochos verbündeten Jlagas nnterstützeu mußten, da eine ..ägyptische Oberiierrscliaft über Kyrene bei der expansiven Tendenz der ptolemäischen l'olitik" ihnen, den Nachbarn der Kyrenäer, weit unbequemer sein mußte, als ein selbständiges Kyrene.') Zwischen Ptolemaios und Rom ward eine societa». kein faediis Kesdilossen. der \'ertrag hatte aber, wie ich von Neuem betont habe, sicher neben konunerziellen auch direkt politische Tendenzen.-) Aiinlich dürfen wir uns mutatis nnitandis das durch .Vrsinoes i'olitik geschaffene ägyptisch-athenische A'erhältnis flenken.

Die greifbaren A'(utcile. die es natürlich für Athen in Aussiciit gestellt hal)eu muß. werden in iler Znsiciierung diplomatischer, moralischer. Hnanzieller-') imd vy. auch militärisclier Unterstützung, zunächst und speziell für den l-'all einer (lefährdung durch l'yrrhos. bestanden haben.

Wann aber wurde tianu das formelle ägyptisch-athenische Bündnis geschlossen? Ks ging nicht nur den Verhandlungen über das durch das l'sephisma des Chrenionides zu ratifizierende Bündnis zwischen Athen und der s])artanischen Symniachie. sondern auch dem dieses bedingenden .\ufruf an die Hellenen voraus. Beide können schwerlich ohne längere Verhandlungen zustande gekommen sein. Später als Sommer '269 können diese schwerlich begonnen haben, ein -lahr vorher. Juli 270, starb Arsinoe und jedei' höhere .\nsatz für die Wrhandinngen verringert diesen Abstand.

Daß der ganze clirenionideische Krieg ..von Ptolemaios II."" veranlaßt und geschürt worden ist. hat man aus dem Pse|)hisma des Chrenionides mit Recht geschlossen. ') l*]s wurde bereits bet<nit. daß die energische Arsinoe, so lange sie den Thron ihres Bruders teilte, die treiliende Kraft der auswärtigen I'olitik Ägyptens war. Arsinoe aber war nicht nur die (lattin zweier Männer gewesen, die die makedonische Ki'one m'tragen hattiMi. .\ncli

1) Beitr. III S. .543. -') Elj. S. 537t".

3) Beitr. U\ .ö37t'. Auf einen früheren Fall ;igy]»tis(lier Gelthmterstützung für Athen nimmt das Dekret fiir Deniocliares Bezug, vgl. unten S. 388 Anm. 1.

4) Ä I'foler,iaeo lliUiiilel/iho lofinii ln'llum confliilniu cs-t appiirct. IMttcnlierger SyU.- I Nr. "JH ii. 4.

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Zur attiachen Politik vor dem chremonideischen Kriege. 385

ilir ältester Sohn aus clor Klic mit l.ysiiiiaclios. Ptolemaios. <lor sicli vor den mörderischen Anschläf>pn seines Stiefvaters Kerannos rechtzeitig znm lllyrierkönii; -^^onuni(ls ijoliüchtet hatte, war Könii; von Makedonien gewesen. L)al.'i diesem l'lolcmaios nocii hinse i.ebensjaiire bescliieden waren, wissen wir ja jetzt (hmk llodeaiix' Seiiaifblick ' I mit ziendicher Bestimmtheit: ei- lebte als Salin später Ehe eines der Diadoehen zu einer Zeit, als sonst seJKin überall deren Enkel herrschten und im Vordersrunde standen, und erhielt deslialb den Beinamen 'Eniyovoc. Als solcher wird er in dem im 7. Jahre fies Euer^etes ersaugenen Dekret von Telmessos-) erwähnt. Er war es also, der von dem Ägypter- könige mit dem sonveränen l-'ürstentum Telmessos belehnt worden war. das mehrere Generationen hindurch bei seinem Hause verblieb.^) Und dieser Fürst von Telmessos hatte einst vorübergehend die Krone Make- doniens getragen zu welcher Zeit, ist gegen Beloch^l nicht zweifelhaft, sondern sicher bestinunbar. Denn es steht mir seit Langem fest, daü mindestens diejenigen delischen Weihungen^). die auf König Ptolemaios, den Sohn des (Königs) Lysimachos lauten, in die Kämpfe nach Ptolemaios Kerannos' Tode gehören. Damals meldete sich i)ezeugter- maBen'') unter anderen Prätendenten auch dieser Ptolemaios, und damals, wo der makedonische Thron wirklich vakant war und Anarchie herrschte, konnte er sich als der nächstbereclitigte den Konigstitel beilegen und mag auch die Anerkennung des Heeres oder eines Teiles desselben gefunden haben. Spätestens mit der durch den Keltensieg bei Lysi- niacheia angebahnten Thronbesteigung des Antigouos wai' dieses ephemere |Teil-?)Königtum des Sohnes der Arsinoe beendet.

Jedenfalls hatte ArsiiU)e als vormalige Königin nud Königin-Mutter von Makedonien viel schärfere persönliche Gründe zur Feindschaft gegen Antigonos. als ihr dem Krieiisweseu nicht übermäßig zngetaner. gennlj- freudiger Gemahl. Der chicnninideische Krieg richtete sich gegen Antigonos: Makedonien unter ägyptische Bevormundung zu bringen, wie es nut (iriechenland bereits gelungen war. darf als das von Ägypten nnt diesem

1) Biillefin de correspondmice Helleiiiqiie ÜS, lHÜ-t. 4i's 4l:i, iiiiKiiisgelieiu! über Soicolotf (1897 russisch und) Heiträge IV, 1904, S. I08f. iiiid i,Mi|uetn-. QuaenHouex i-pi/jroplitcae et papyrotogictic netectnc 1904 p. CSt'. \'g]. iilien S. ■2."i4 .\iiiii. I.

2) Ditteiiberger ()i\ .').■).

ri) Ptolonaciis Tehncstiui.s ist, wie sicIi iiuumelu' ergibt (lldllüuiix p. ll.j). der Sohn Oller der Eukel ties Ptolemaios Kpigonos.

4) Gr. Gesch. III 2 434 f.

ö) Sie werden jetzt bei Holleau.x a. 0. S. 4O0f. .\nin. ä nach Dünhach im Wortlaut angefülirt. .\iicli llolleaiix deidit offenbar an keine andere Zeit. I)ie Varianten der Titulatur ermöglichen ni. K. eine Zuweisung an die verschiedenen Perioden der wecliselvollen baufbahn des Weihenden. Vgl. vorderhand unten S. 389f. Anm. 1.

fi) Porphyr, bei Euseb. I 23'). Dindor XXII 4 bei Synkell 26(5, Beloch III 1 584 Anm. 2.

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3,S(i C. F. Lehmann- Haupt,

Kripffe vert'ol]otc Ziel angesehen werden. Im l'all des flrfolges wäre versuelit worden. Antigonos zu enttlironen nnd iji ilakednnien den Solin der Arsinoi' 7.ur Herrscliaft zu brinoen.

Dal5 derartige Ziele und i-jwägungeii heim iliremonideiselien Kriege latsächlicli in Betraelit kamen, dafür gibt es einen nrkundlieiien Beweis. Zwischen Antiochos 1. von Sviien und Ptolemaios 11. bestand wegen Coelesyriens oder, richtiger gesprochen, wegen der phönikischen Südküste und ihres Hinterlandes ein unversöhnliciier (Tegensatz. Daß Antiochos beim cliremonideischen Kriege die Hände in den Schooß gelegt, die günstige Gelegenheit, da Ägypten auf anderem Gebiete i)eschäftigt war. nicht genützt habe, ist zwar die herrscliende. darum at)er niclit minder irrige Ansicht.

Die oben (S. 24^) erwälmte babylonische Insclirift des Antiochos ist da- tiert aus dem [-"rühjahr ^(i^i v. Chr.. dem Jahre, in welchem der chremoni- (leische Krieg begann. ' ) Sie berichtet von der Wiederaufnahme baulicher Maß- nalinien von hoher kultisch-politischer Bedeutung, die erweislich durch den eisten syrischen Krieg nnteriirochen wurden-), und läßt zudem deutlich er- kennen, daß Antigonos vor einem Angriffskriege stand, lier sich nur gegen Ägypten gerichtet haben kann.") Der offenbar von Ägypten unterstützte pergamenische ruai)iiäugigkeitskrieg gehört in den gleichen Zusammen- hang.*! Im cliremonideischen Kriege sah sich also Antioclins unweigerlich auf die Seite der Gegner Ägyptens, d. h. vor Allem des Antigonos, ge- wiesen. Jedenfalls mußte er auf euro|)äischem (iebiet eine für Antigonos wohlwollende Neutralität beobachten. Daß er einst im Kinverständuis mit l'ynbos infolge dw zeitweiligen \'erschiei)ung dei- .Maciitverhältnisse liegen ihn agiert halle, kam nicht mehr in Betracht. Byrrlins war tot. und politische Schnelleingkeit ist ohnehin für den frühen Hellenismus charakteristisch. Um so mehr muß es Wundei- nehmen, daß Antiochos in einer nicht mißznverstehenden Weise in dieser Inschrift das inakedoniche Königtum seines Vaters betont.^) Antigonos gegenüber erscheint das unverständhch. .\ber es erhält einen vortrefflichen Sinn, sobald man es gegen ägyptische Ansprüche auf .Makedimien gerichtet ansieht. ..Dem

1) Schon Beitr. lil 171 Abs. 3 l)etoiit: ., Gerade im Jaluc 2ti8 schickte sicli iiacli seiner babylotiisclien Inschrift Autioclios J. zu einem Angriffskriege an, der mir gegen .Ägypten gerichtet sein konnte". In der zweiten Prytanie des im Hekatombaion von '268 v. Chr. beginnenden .^n'lidntenjalu'es des Peitliidemos erging das die Kriegserklärung lieginnende Pseidiisma des Clireraonides. Erst dureli Reu.ss" Jahresherichf iiher die griechischen Historiker 1900 1904 (,S.-A. aus dem Jahresberichte über die Fortschritte der klnss. Altertumswiss. S. 116), der mir soeben durch die Güte des Verfassers zugelit, kommt mir der böse Druckfeliler resp. lapsus calami ,,Hochsommer 2(i7" (a. 0. .\l)s. 2) zum Bewußtsein. Daß ich die Kriegserklärung niclit erst Hochsommer 2(i7 gesetzt liabe. zeigt der Fortgang a. 0.: „2(J7/(; (Schaltjahr Philokrates) Frülijahr. Belagerung .Athens" u. s. w.

2) S. vorderhand Beitr. III S. 509 11. .Näheres demnächst-

3) Beitr. III 510 3 S. .riö. 4) 4.. 0. :! 509, 530. 5) S. oben S. 248f.

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Ztir attischen Politik vor dem chremonideischen Kriege. 3.*t7

Aiitii;üii(is ii('^enül)oi- liahc iili auf Makoddiiipii vcMV.iclitct. und ich iicdciikc aufli nichts iiciicn ilin zu uiitornolmien. Sollte ahor im ['"alle eines unglücklichen Krieiios Antis^onos heseitigt worden, so hin ich als Krhe meines Vaters auch noch da und nicht oewilh. oegeniiher den Ansprüchen des Sohnes der Arsinoi' oder sidchen vermeintliclien Rechten, die auf ihri'ii vonnali^cn iäezieliuniien zu makedonischen Könii^en lieruhen. zurück- zustehen". Dal.) Antiiionos v(m diesem dolus eventualis Kunde erhielt, war nicht zu hefürchten: archaisch-hahylonische Inschriften hatten damals sicher nur (>inen sehr heschrilnkton Leserkreis!

So werden wir also mit Sicherheit sa^eu dürfen: Der chremonideische Krieg und speziell das formelle athenisch-ägyptische Bündnis sind zu einem sehr wesentlichen Teile das Werk der Arsinoe und dienten ebensowohl ihren persönlichen wie den großägyptischen Interessen. Deshalb wird in dem Psephisma des Chrenionides ihrer ausdrücklich gedacht. So haben wir die unmittelbare Beteiligung der Arsinoe und damit erst einen zureichenden Grund für ihn> Eiwähnung im Psephisma des Chiemonides er- mittelt. Nunmehr erklärt sich auch die im hellenistischen Kanzleistil zwar übliche'), hier aber doch einigermalien auffallende Berufung auf die nooyovoi.

Ptolemaios II. konnte sich in Wahrheit nur auf die Athen förderliche Politik seines ^'aters berufen, und eine Bezugnahme auf Verwandtschaften in \v(>il)liclier oder in der Seitenlinie-I. wie wir sie bei den Seleukiden-') linden, wäre, wenigstens als alleinige Krklärung. niu' als äußerster Notbehelf in Betracht zu ziehen. Wenn aber .\lles darauf ankam, den Sohn der Arsinoe, den Abkömmling des Ptolemaios und der Berenike. der .'Afo) fffunjofc. in Makedonien zur Herrschaft zu bringen, nicht etwa die von der Eurydike abstammenden Kinder des Agathokles von Thrakien und der Lysandra'i. so mul.iten neben der (göttlichen! Schwester des Philadelphos auch deren Eltern genannt werden. So wird die Wahl des pluralischen n\u\ zugleich sowohl unbestimmten wie weitergreifenden Ausdrucks Trooyovim- verständlich.

All dies würde in wesentlich gleichem Maße gelten, ob nun das formelle athenisch-ägyptische Bündnis vor Arsinoe's Tode noch ge- schlossen oder nur vorbereitet war und alsdann, auf Betreiben ihres Sohnes und in ihrem Sinne, später vollzogen wurde.

x\uch diese letzte h'rage läßt sich, wie ich glaube, mit großer Wahr- scheinlichkeit beantworten.

Das Ehrendekret für Deniochares ist bei Lebzeiten der Arsinoe er- gangen. Im Juli 270. also frühestens ganz zu Ende, eher schon nach

1) Vgl. vor anderen das von Polypprclion erlassene Ivlikl (1(M- Köiiiiri' (Diod. 18, 56); dort wie hier auch die TtiidcinKii.:.

2) Ptoleraaio.s 1. und Antigonos waren, wie Perdikkas und Leonuato.'i, durch Seiteulinien mit dem Klinissliause verwandt. U. Köhler. Red. Sitzwigsher. 1890 S. 569 m. Anm. 1; Belocli 1II2 S. 125. 3) Beitr. III S. 531 f. 4) Oben S. iSOff.

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388 C. F. Lehmann-Hmipt,

Ablauf dos Arehonteuialires 271, "270, aus dem es lierrüliit. ist sie ge- storben.

Unter den Verdiensten um Atiieii. die Deninchares sicli in der aus- wärtigen Politik erwarb, wiid die Förderung tiei- Beziehung zu Ägypten wie zu Lysiniachos hervorgehoben.') Beides speziell begreiflich, wenn es galt, der Leiterin der ägyptischen Politik zu gefallen.

Ebenso deutlich ist im Psephisma des Lacbes. wie schon Wilamowitz'-) betonte, und wie auch Ferguson-') nicht auüer Acht läßt, eine gewisse Rück- sichtnahme auf Antig(nu)S von Makedonien, der überhaupt nicht genannt wiid.

Letzteres hält Niese'') für bedeutungslos, indem er betont, dal.) auch das Psephisma des Chrenionides. trotz seiner gegen Antigonos uiul dessen Agenten und Helfer in (Griechenland gerichteten Spitze, es vermeide Makedonien und seinen König zu nennen.

Die Tatsaciie ist richtig. Aber eine andere Deutung drängt sich auf und wird unserem gesamten Befunde besser gerecht. Freilich handelt es sich in einem F'alle um einen hoch])olitischeu Akt, die Ratifikation ehies Bündnisvertrages, im anderen um ein einfaches Ehreudekret. Aber ein entscheidender Einwand gegen eine Vergleichnng der beiden Dokumente ergibt sich daraus nicht. Zudem ist tatsächlich das Dekret für Demoehares seinem minder offiziellen Charakter entsprechend doch weniger vorsichtig, als das Psephisma des Chrenionides. denn im ersteren findet sich ein bis- her wohl nicht genügeml gewürdigter Passus, der von Antigonos nicht gerade mit Wohlgefallen aufgenommen werden konnte, die Betonung von Athens Beziehungen zu einem Könige Antipater. Denn mag man mit Beloch den 'Exrfiiac. den Neffen des Kassander verstellen, der zur Zeit der Anarchie nach Keraunos Tode in Makedonion zeitweilig als (Teil-':') König an- erkannt wurde, oder was Ferguson, m. E. mit Rccht-^). bevorzugt .

1) xul (üC xriTij'/.^fr fn'i Jinx'/.i'oxi ilff/orro: (290/89) \nh tov dijuav avatfi- /.i'.tTi Ti/y ihoiariai)' noünio ifc.'i iffioauiioi Tiöv ijTK^/öiTtuy itii) 7i<)ea^i(iac.vT t 7ii>bi Aialßic/iir xa'i i.c.iiorTi Ttji ')////<•' t {tiüxorrft zü'/.uyTu i-.QyvQiov xu) rrff/./r "xtQu ixi:zür' xc.) y(>äi!'i!rTi 7ti>eoßel((v -toö^- nro/.efaciov fi: "Al'yvTTTOv. x«})^' ;/)■ ixTi'/.i-l ric.rxfi :iirVTijX0VTi: fxoiiwur rälavra coyovQtov tiÖ i);/.«<y. xk'i :iq'oc 'ArrinicToDv :i(>ia{!f{r,i'.yTi xr.'i /m^'ovti ti'xoai Tn'/.ayTc. aQyvQUtv xa'i 'EXfvalyu xoLiiaafji-yv) reo d>ium .... Da /.um Mindesten die Gesaiidtsciiafteii chronologi.sch augeorduet sind, und die an „ilutipater" sphtesteu.s 279—277 gesetzt \Yerdeu kann (s. u. Aniu. 5), so kann .selbstverstandlicli der Gedanke, die von Democliares beantragte Gesandtschaft nacli Ägypten gehöre in die Zeit um 273 und in den von uns beliandclten Zusammenhang, niclit aufkommen. Die Gesandtschaften au Lysimachos und Ptolemaios erfolgten (s. zuletzt Niese I 379 ^ 386, Beloch III 2 S. 377) unmittelbar nach der Befreiung Atliens -288/7 v. Chr.

2) Antigonos von Karystos S. 224. 3) Oben S. IDS. i) Geschichte II 232 Aum. 7. ü) Fergusons Argument (ob. S. 1G8 Aum. 1), daß wer, wie Antipater, Kassander's

Nefife, mit den Kelten und um den makedonischen Thron mit Antigonos zu kämpfen habe, nicht 20 Talente in dieser Weise .wegwerfen" werde, scheint mir weniger durchschlagend, als die Tatsache, daß die Befreiung von Eleiisis erst nach der

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yiur attischen Politik vor dem chremonideischen Kriege. 389

den SdliM Kassaiulcrs. der nach dessen Tode heiTSchte (ca. 297 4 v. Chr.), dann i)oi Lvsiniaclios Anlnahnie fand, nni schließlich von ihm l)eseitigt zu werden: immer las darin eine lüinnerung an einen der Diadochen. der den .Xmigoniden bis zu .seinem \i.m\(} t'eindlicli gewesen, der mit i'toleniaios. Seleukos. Lysimaciios den Koalitionen gegen Großvater und Vater des jetzigen ilakedonierkönigs angehört hatte.

Und so werden wir durch die Analogien wie durch die Differenzen der beiden Dekrete zu folgender Anschauung gefülirt:

Im Archontat des Pvtharatos waren die Dinge schon einmal nahezu so weit gediehen, wie nachmals unter Peithidemos. Der Ausbruch eines hellenisch-ägyptischen Krieges gegen Makedonien stand vor der Türe. Der Tod der Arsinoö hat die Entwicklung verzögert. Was "271/270 nahezu reif war. ist 268 zum Ausbruch gekommen. Der Sohn des Lysimachos und der A)sinoe wird es gewesen sein, der bei dem Brudergemahl auf der Dnrchführung ihrer Pläne bestand. Das ägyptisch- athenische Bündnis stand in seinen Grundzügen fest: sein Zustandekommen ging auf die Initiative der Arsinoe zurück und eifolgte in ihrem Sinne. Ihr Sohn, im Falle des Erfolges der künftige Herrscher .Makedoniens, gewährleistete gleich seinem Stiefvater, die Freiheit der Hellenen, Kr durfte nicht genannt werden. Aber auf ihn war die l^rwähnuug seiner Mutter speziell gemünzt.')

Gesandtschaft au Antipater erwähnt wird, also so liat man angesichts der iiu übrigen tM-sichtlichc'ii ehronologisclien Aüorduung, bis zum Gegenbeweise zu schließen ihr folgte. Nun ist auch die Befreiung von Eleusis eine der entfernteren Folgen von Deraetrios Enttluouuug in Makedonien und anerkanntermaßen scliwerlich, und sicher nicht weit, unter 284 herabzurücken (Niese I 384, Beloch 111 2 S. 37S). In den gleichen Zusammenhang gehöreu die Bemühungeu vonKassanders Sohn, i.,ysimachos' Schwiegersohn, selbst den froigewonlenen Thron Makedoniens einzunehmen. Daß er sich die .Athener gewogen wünschte und daß diese, ehe es zwischen Lysimachos und seinem Schwiegersohn zum offenen Konflikt kam, mit der ilöglichkeit rechneten, Lysimachos' Anteil an Makedonien die größere Hälfte besaß ja Pyrrhos werde in Antipaters Hände gelangen, ist sehr wohl denkbar. Kassanders Neffe der 'lirijo!/:.- beginnt seine Rolle erst nach Ptolemaios Keraunos" Tode (279) zn spielen. Bei Beloclis Annahme (Hl 2 S. 378) ist man also gezwungen, 'die Gesandtschaft in die Jahre von 279 bis 277 ca., „lange'nach der Befreiung von Lleüsis, anzusetzen". 1) .-Xn und für sich wäre es daher recht wohl möglich, daß dieser Ptolemaios (.Wilhelm, Beloch) mit dem Mitregenten des Philadelphos identisch wäre, der in dessen 19. Jahre (267/(5) zuerst erwähnt wird und dessen Mitregentschaft anscheinend im 27. Jahre (259/8) zu Ende gegangen ist. Die bisher oftene Frage, ob dieser .Mitregent etwa auf dem ans dem 16. Jahre datierten Papyrus P. P. 24 bereits genannt sei (P. M. Meyer, Heeriieseii der Ftolemaier S. 30 Anra. 106) hat neuerdings ihre eudgiltige Verneinung gefunden, s. Mahafty und Sniyly On the Flinders Petric Papyri icifh iraitscriptions. commentaries and index < Royal Irish Academy. Cimningham Memoirs Nr. XI) Dublin 190.5, p. 146 f. Der Text ist aus dem Peritios des 16. Jahres (ca. Januar 269) datiert (s. Wilckens Lesung ib. p. XVII). Die Mitregeutschaft kann also frühestens im weitereu

Beitrai:e z. ultc-ii Geschiebte V3. 2b

15

390 C. F. Lehmann-Haupt,

Die i\nnalime, daß das iinyptisch-atluMiisclie Bündnis lieini Tode der Arsinoi- schon formell abseschlossen Seewesen sei. ist zwar nicht ans- geschlossen, al)er entbehrlich. Bleiben wir auf Grund der Einsicht, zu der wir jetzt gelangt sind, bei dem obigen möglichst niedrigen Ansatz "idS) \. Chr. für den eigentlichen Abschluß, so werden wir gleichzeitig sowohl dem AVortlaute des Psephisma. wie er sich dem Unbefangenen darbietet, am besten gerecht, wie der naheliegenden Voraussetzung, dal.i nach Arsinoi- s Tode Hemmungen eintraten, deren Beseitigung die A'erzogertmg des Kriegs- ausbruches um zwei dalire bedingte.

l'ür die Entwicklung der Dinge bis zum .Iniire i'TI -JTO und viellciclil noch bis auf kurze Zeit, ehe die hakedainH)nier und Atbener sich offen verbündeten, ergab das seit '274/;^ noch bestehende makedonisch-ägvi)tische Einvernehmen und die dadurch bedingte Bewegungsfreiheit .\tbens bescuulers im Tnueiii eine erhebliche Fördei-ung und einen vorzü^licheu Deckmantel.

Deshalb bleibt, auch nachdem wir erkannt haben, daß sich die Lösung unserer beider, Probleme auf eine spätere Zeit konzentriert, doch der ägyptisch-athenische Zusammenschluß um die Zeit von l'yriiios Ein- fall für die Erklärung von Athens Politik ein unentbehrliches Zwischen- glied. Der Gedanke, diesen früheren Zusammenschluß als eine bloße Hilfskonstruktion auf dem Wege zur richtigen Erkenntnis schließlich bei Seite zu schieben, darf nicht aufkommen.

Verlauf des Kl. Jalu-es (-iO'J) erfolgt sein, d. li. jt_-deiif;dls nach dem (Juli '270 er- folgten) Tode der Arsinoe. Wenn also wirklich die I5ruiler - Ehe kinderlos geblieben war Paus. 1, 7, 3 und Scliol. Theokr. XVII 128 lassen zur Not auch die Deutung zu, daß zu der Zeit, als Philadelplios, anscheinend lange nach Arsinoes 'l'ode ulat-noiiincTo (äzj, (sc. der verstorbenen Schwester-Gemahlin) ror.- i'x ri/t; ,7<ior;w«;c 'Aiiairrnj^ yeffijttü'Tic^ :hüAi'.q, kein leibliches Kind der Phila- delphen am Leben war so wäre es nach dem Obigen begreiflich genug, daß Arsinoes Sohn von Lysimachos, der künftige Beherrscher Makedoniens, zur Zeit, da der ehremonideische Krieg in Vorbereitung war, von Ptolemaios 11. Philadelplios adoptiert und zum Mitregenten und Nachfolger auf dem Throne ernannt worden wäre. Nur so konnte die Krone Ägyi)tens mit der von Makedonien vereinigt werden. Daß diese Mitregentscliaff bald nach dem ungünstigen Ausgange des Krieges, der Antigouos auf dem Throne liefestigte, ihr Lude gefunden hätte (•259/8), wäre nicht zu verwundern. Die Verleihung des Fürstentums Telraessos seitens des Euergetes wäre dann als eine bescheidene Ablindung des einst be- vorzugten .A(lo])tivbruders zu betrachten. .Aber es ist dies nur eine, wenn auch ■/.. Z. gewiß die weitaus ans|irech endst e von mehreren Möglich- keiten für die Bestimmung von Ptolemaios' II. Mitrcgenten. Eine zeitweilige Mitregentschaft des Euergetes, für deren vorzeitige Beendigung uns vorerst die Gründe fehlen würden, wäre immerhin mit Strack GGA. 1900 S. ClS, und Ditten- berger Or. 1 ji. 3.>4s(|. n. 4, nicht ganz auszuschliessen, wenn auch keineswegs für wahrscheinlich zu halten. Auch verlangt die Persönlichkeit iles .Ptole- maios, Sdhues t\(i^ Ptolemaios' (II.), der sich in Ephesos gegen seinen Vater einpürte, mit Antiochos II. Theos gegen .'igypten gemeinsame Sache machte und in der Folge von seinen Söldnern erschlagen wurde, nähere Aufklärung. Zur Literatur vgl. o. S. 2.');) Anm. 1. Weiteres demnüchst.

16

Zur attischen Politik vor dem rhremonideischen Kriege. 391

Die Entwicklung der Dinge ist bekannt. Antigonos' Sieg bei Kos inaclite den ägyptisclien Plänen und Anschlägen auf Griechenland und Makedonien ein Ende, sie entschied den chremonideischen Krieg und be- siegelte Athens Schicksal.^)

Unsere beiden Probleme wurden ihrer Lösung zugeführt auf tJrund der von mir für das Jahr '21'.^ ermittelten, die ganze hellenistische Welt und Rom und'assenden Constellation. Diese meine früheren Aufstellungen werden jetzt, wo wir mit ihrer Hilfe weitere Anstöße beseitigen und Lücken unseres Verständnisses ausfüllen konnten, als bestätigt und gesichert gelten dürfen.

1) Nacll der Scidacht bei Kus, iitn] li/i- 'Airiyürur rt(i-/.u(/iar. Diug. I^atirt. IV 392, wandten sich die Nütal)intäti'ii .Uliens in i'.-iuitöIii'. 7it'.Q(!x/.i)Tix(i an -VntigoTios Gonatas. „DaLi es sich nach Diogenes' Bericlit jedenfalls nicht um Bettelbriefe liaudelte, sondern um eine politisclie Initiative", betont Beloch III2 S.43G mit Recht, aber er verkennt die Sachlage, wenn er annimmt, daß das nachdem Falle Athens gesclielien sei und, nicht zum AVenigsten deslialb, die Schlaclit bei Kos aus dem Zusammenhang des chremonideischen Krieges aussclieidet, um sie in eine spätere Zeit (ca. 208—256 v. Clu-.) zu versetzen (Beitr. I 289/94 = Ge^ch. III 2 S. 428/30). Überluuipt haben die Geschehnisse der fünfziger Jahre des 3. Jahrhunderts und ihre Abgrenzung gegen den chremonideischen Krieg bei Beloch. wie ich nocli darzulegen gedenke, eine verluiltuismäßig wenig gliickliclie Behandlung ge- funden. Geiade weil die Schlaclit bei Kos Athen dem Makedonierkönig preisgab, wollte mau ihn bewegen, Gnade für Recht ergehen zu lassen. (.Vgl- i'u Übrigen vorliiutig diese Beitr. III 170 f., IV 121/2 und dazu 408).

26*

17

392

Aisymnetie und Tyrannis.

\'on Richard Xoidiii.

lis war in einciii Jahre Kegcn .Mitto dos .'), Jalirliuiulerfs. währoiul (los Hochsommers der attischen Reichspolitik, da trus' Herodotos dem auf- merksam lauschenden Volke Athens jene Erzählunii vor. deren änüei'e I'mrahninni; von den Plänen imd rnternehmuntien des Perserkönios geiJen das durch Handel und Kultur eefährliche. ahei- damals auch schon ent- zweite Hellas ijebildet wiid: jene Schilderunii dei- tirollen Zeit, deren Ereignisse ganz Hellas aufs tiefste erschüttert hatten. i)is eiullich Persiens tiliiek mit den letzten Trümmern von Xerxes Armada in die Wellen ge- sunken war. weh'he an dem Tage des Themistokles und des Ai'isteides um Salamis i)rausten. lud weil die Krzälilnng vor allen Hingen deutlich kundgab, dali .\then imnu'r der Prolagonisl tU'n wechselvollen Dramas gewesen sei. so wurde ihi' Verfassei- von den Bih'uern Athens mit der Ehrengabe vnn zehn Talenten belohui.

(iewil.) würde das selbstbewid.ite. freie \'olk. welches sich um den Halikarnassier versammelt hatte, es sein- übel nenonnnen haben, wenn bei dem allgemeinen Enthusiasmus jemaml angedeutet hätte, daü es vielleicht den Taten der gehaßt(>n Tyrannen, nicht am mindesten denen der Peisistratiden zu danken sei. dal-i das junge Europa kräftig genug ge- wesen war. \\m im Kampfe gegen den (irobkonig Asiens zu siegen. .Man mubte freilich eingestehen und sich dessen immer wieder erinnern, dab CS im Westen ein Tyraiui gewesen war. der hellenisches Stadtleben vor der sterilen (iewalt dei' karthagischen Handelsrepublik gerettet hatte. Aber in Athen war das Andenken an die Revolution gegen die Tyrannen unauf- löslich an das Geschlecht der Alkmaioniden geknüpft, zu dem ja Perikles mütterlicherseits gehörte: und auf dem Peloponnes. wo freilich die ganze glänzende Entwickehmg Koriuths von der kräftigen Wirksamkeit der Kypselidcn^ Zeugnis ablegte, herrschte die Legende von der prinzipiellen Tyranneni'eindlichkeit des mächtigen Sparta.

Zur Zeit des Herodotos konnten die Tyrannen seitens der attischen Demolnatie ebenso wenig auf ein unparteiisches Urteil rechnen, wie um aus neueren Zeiten ein erläuterndes Beispiel anzuführen das zweite

!d

Bichard Xordin, Aisi/mnetie und T'/ramtis. 393

fvnnzösische Kaisortuni wnlircnd der rrstoii Dczpiinicii luic-h seinem Falle allseitig' siei^echt beurteilt werden konnte. Hcrodotos ist seli)st ein sehr emptindliclies Instrninenl: hei ihm \vei-{len alle Jlelodien fast mit derselben Stärke gespielt. Sein Wahlspruch ryw ()f ('xpeilw leyeir leyöneva ist bekanntlich im weitesten Mal.ie aufzufassen. Fr ist dei- typische ..objektive" (leschichtssclireiber: zu initersucheii. ob er unter solchen Verhältnissen ein wirklicher Historiker sei odei- nicht, gehiirl niciit ziu' Beliandluni! des vor- liegenden (iegeiistandes. Tatsächlich hat seine Eigenschaft, alles, was ihm erzählt worden war. treu zu referieren, seine Erzählungen zu einer weit bedeutenderen und glaubwürdigeren Quelle gemacht, als gewisse Richtimgen dei- ueuei-en Forschung nach dem Beispiele des Thiikydides seit längei-er Zeit haben anerkemien wollen. 'i

Schon lS7-_' sprach K. W. Nitzsch seine Ansicht aus. dal.i den Er- zählungen des Herodotos in verschiedenen Gegenden \on Hellas umlau- fende, bei öffentlichen und privaten l-"estgelegenheiten rezitierte, an Iniialt und I'orm fest fixierte '/.öyoi zu (irunde lägen, die in jedem einzelnen Falle voi- allem sich auf die grol.5en Männer der Gegend bezogen und deren Verhältnis zu den in der Erinnerung aufbewahrten Vorgängen aus dem politischen Leben von ganz Hellas darstellten. Man hat nach meinem Dafürhalten in den neueren ^Verken über griechische Geschichte jener Auffassung allzu wenig ihr Recht gegeben, .letzt wie fiühei-'l mnl.) ich sie im Wesentlichen für richtig halten: die Brauchbarkeit der Logostheorie betreffs_(les herodoteischen Werkes zeigt sich überall, nirgendwo indessen deutlicher, als weim man die einander sehr ungleichen Überlieferungen bei Herodotos über den typisciien Tyrannen, Periandros von Korinth. heraussondern will. Es ist also notwendig, im weitesten Umfang die speziellen Lokal- und Faniilientrachtionen genau zu berücksichtigen und die überlieferten Angaben in der Beleuchtung dmx-h die allgemeine Ge- schichte jener Zeit und imter genauer Beobachtung der ganzen Kompo- sitionsweise des Herodotos zu untersuchen. Parteihalö oder persönliche (iefühle haben oft die Darstellung gefärbt, w-elche uns Herodotos mit oder ohne Vorbehalt aus mündlicher Quelle bietet. Aber Vorsicht ist vonnöten. auch wenn er. indem er sich wirklich für die Wahrheit einer Erzählung veibürgt. nach eigener Prüfung die inneren Faktoren des Ver- laufes, der geschildert wird, darlegt. Die Vtu-sicht wird jedoch da von ganz anderer .\rt sein müssen. Man darf nämlich nicht - wie dies oft geschehen - von der faktischen Unrichtigkeit der herodoteisclien Erklärung sich verleiten lassen, die Wahrheit der Angabe zu venverfen.

Ein eigenes Urteil über die Tyiannis spricht Herodotos im Grunde nicht aus. Es ist indessen von grölJter Wichtigkeit, sich zu erinnern, dal)

1) Vgl. vor allem \\ elzhofer, al)t'r aucli, woini aucli in geriDgereni Grade. Wecklein, Delbrück u. a.

2) Vgl. meine .Vbhamlluug Hiiulien in der Theiiiistoklesfraye, L'psahi 18113. S. K! fl'.

394 Eichard Nordin,

Herodotos kcinoii ünterschiccl zwisclicii Köiiiijtniii und Tyriiiiiiis macht. So wird z. B. Telys abwechselnd ßaadevc und rrgatvoc in Svbaris genannt. ' I Und in Otanes' von hellenischen Anscliaunntien staik gefärbter Rede an die Edeln Persiens läßt er völlig ^lonarcliie und Tyrannenherrschaft zusammenfallen.'-) Das interessanteste ist jedoch, dal.l sogar in der Sosiklesrede die Pythia spricht:"')

Kvilje^og 'HeuStjc, ßaaikei'c xXsiro7o KooivdQv.

Es hilft hier nicht, daß man sagt, man habe es jedenfalls mit cineni Unterschiede zu tun. indem in dem Wort ßaoilfvg ..von jeher das grie- chische, im Wort ivoarrog mehr das ungriechischc Regiment gefühlt wurde."'*) Das war erst später der Fall, das ist vor allem aristotelisch tind modern. Herodotos ist aber weder aristotelisch noch niodcrn. l-j- nennt ja sogar Xerxes ßaadei'cl Er gibt sich keinen Spekulationen hin. ihm sind ßaaiXei'c und tvQavvo? ein und dassell)e: sie waren es auch mit aller Wahrscheinlichkeit dem größten Teile seiner Zeitgenossen, inid gewiß waren sie es zur Zeit der älteren Tyrannis.

Bei Thukydides steht die Sache gaitz anders. Fein und treffend sagt von ihm v. Wilamowitz-Moellendorff :'^) „Er steht zu Herodotos lianz wie Euripides zu Aischylos." Mit glänzendster Kunst will Thukydides be- weisen, das attische Reich sei die größte Schöpfung des liellenischen A'olkes und der peloponnesische Krieg das überaus gewaltigste Ereignis im Leben dieses liellenischen A^olkes. Es liegt in der Natur der Sache, daß er die Tyrannen kurz und schlecht abfertigen muß. Äußerst gering- schätzend ist sein generalisierendes Urteil über sie in der Einleitung seines großen Werkes. ß) Richtig ist es jedoch in keiner Hinsicht. Späterhin, in seiner Klarlegung der Motive für die Furcht der Athener vor Alkibiades. ■) sagt er überraschend genug: oi'6e y^Q t^'' f"^X?jr doxlv enaxi^i'jg ^]v g; Tovc 7rok?.ovc, dkk' dvsni(f&6rwg xaTearrjtJaw ' -/.al eTTe-iijöernar f.d nkeTorov <J^ Ti'oavvoi ovTOi dgiTi^v xal ^vrsaiv. Hier ist er kein Sophist, was die Neueren nicht immer eingesehen haben. Bei ihm hat die Tyrannis nichts widergesetzliches an sich. Die Peisistratiden sind dem Thukydides. wie man hier deutlicli sieht, vollkommen legitime Herrscher. Daß die Genesis der Tyrannis vor allem in den ökonomischen Verhältnissen zu suchen ist. hat er wohl verstanden.**)

Es ist eine bemerkenswerte, obgleich nicht eigentlich erfreuliche Tat- sache, daß noch heute viele F'orscher der hellenischen Geschichte die aristotelische Einteilung der Staatsformen annelimen. wie unwissen- schaftlich sie auch ganz gewiß ist. Dabei hat man oft auch die Moti-

1) V 44. 2) III 80.

3) V 92. Wie Beloch, Griech. Gesch. 1 S. 313, unter Hinweis u. ;i. auf V ;t2 lie- liaupten kann, die Tyrannen hätten es niclit gewagt „den König.snanien an- zuiiehineu", verstelle ich gariiiclit. 4") Holm, (Iricch. Gesch. 1, S. 320.

5) Aristoteles und Athen, I, S. 117. 0) 1 17. 7) VI 54. 8) I 13.

3

Aisymnetie und Tyrannis. 395

vi('|-iiiiii ii('l)iilii>t. die An'stdtolcs Tttr die Dclinitioiicn diosor Stiiatsforiiicii !ie!i('l)(Mi hat. Aristoteles liat ohne Zweifel clef (iesciiichtswisseiiscliaft in eiiiiiieiiteiii (irade iiciiützt. abef kein Weik hat ihf aiieh aui" (k'r anderen Seite in iicwissem Sinne so viel Schaden i;etan. wie die Politik des '^q- waltiiicn Staiieii'iten. Zielit man die sei'"'"'«'" lülfsinittel dieser Zeit in Hetraeht. so ist jedenfalls seine Staatslehfe ein iihei-aiis iii-oüarti.nes (le- daiikenii'ebäude: es ist aber vielleicht nicht v.w kiihn. zu behaupten, dal.) die l''(n'schiini;' der modernen 'I'aiic ebensosehr wie die l'",rl'ahrnn,;i'. die durch die (ienesis. die Dauer und den hall iieschichllieh nach einander aid'tretender Staatsformen seit der Tätiiikeit des Aristoteles ^ewoimen worden ist. den (irimd des lianes waid<end liemacht haben. Davon abi;esehen. widersprechen auch in wesentlichen l'unkten die i^eschiclitlichen Tatsachen, welche Aristoteles in der Politik oder in der 'Ai>)jvuiit)v nohiHu mitteilt, selir oft seinen in der Politik ausgesprochenen Theorien. Das gesunde WirklichkeitsucFühl dm-clischimmert mehrmals (li(^ ti'ockene Schale der Spekidatiim. !■> mn|.) \'erwmideriin.u hei'vorrid'en. (lab dies nicht \'im allen Neueren durchaus beachtet worden ist.') So ist noch IH',1'2 i^usolt in der zweiten Aufläse seines nützlichen liucbes ..Die s^iie- chischen Staats- und Rcchtsaltertümer"" in Bezu,i>' auf die Staatsformeii der hellenischen Welt von der aristotelischen Auffassuni;' ganz beherrscht. Ja. er nimmt sofiar-'i des Aristoteles drei sonderbar ungeschichtlichc ..Gesichtspunkte" für die Maßregeln, eine Tyiamiengewalt zn bewahren, ohne Vorbehalt als etwas tatsächliches an. Am weitesten ging jedoch in dieser Hinsicht seiner Zeit Ernst Curtius. der von der Tyrannis. die für ihn in erster Linie durch Periandros vertreten wird, die für die ganze ältere Schule charakteristischen Worte ausspricht:-') ..Wenn diese Richtung obgesiegt hätte, so würden die Perser bei ihren Ansprüchen auf die Oberherrschaft in Griechenland keinen nationalen Widerstand gefunden hal)en. sondern ein erschlafftes und entsittlichtes Volk mit Fürsten an der Spitze, welche um die Anerkennung ihrer Souveränität gleich bereit gewesen wären, dem Grol.ikönige als ihrem Überherrn und Protektor in aller Form zu huldigen." Alle diese ..wenn" in der Geschichte sind ja äul-ierst interessante Probleme, wenn man Zeit dazu hat. sie durchzudenken: ein solches Experimentieren ist jedoch eigentlich mehr ein angenehmes Spiel und hat in der Regel mit ernster Forschung wenig zu tun. Wage ich selbst meine Meinung darüber auszusprechen, wie es gegangen wäre, wenn sich die Tyrannis noch bis zum Beginn der Perserkriege in Hellas erhalten hätte, so muß sie von der Curtius'schen sehr abweichen. Erstens wäre vielleicht der Angriff des Großkönigs ganz ausgeblieben, wenn in Hellas zwei oder drei monarchisch regierte Staaten existiert hätten, welche eine Reichs- statt einer Stadtpolitik zu treiben fähig gewesen wären.

1) Vgl. jedoch lid. Meyer, Gesch. iL Altert. H, 8.61-3.

i) 0. a. A., S. 42. 3) E. Curtius, Grieck. Gedieh., i'\ Aufl., I, S. -.'TS).

396 Richard Nordin,

Und wäre auch der Krieg ausgebroclieii. so hafte ganz gewiß Grieclieii- land weit einiger, als es der Fall war. in dein KamiitV dageslanden. der. wenn auch über Marathon nnd Salamis, ztdetzt doch ziuii KCmigs- frieden nnd zur faktischen Hegenn)nie des Terseilierrschers iii Hellas führte. Die Tyrannen waren ja dazu l'iennde nnd Göinier geistiger nnd materieller Kultur wie sonst wenige in dei- antiken Zeit, Vorgänger der pergamenischen Attaliden. der italienischen llohenstanfen. der floreiiliuischen und römischen Mediceer. ]Man kann also, wie kühn auch eine solche Behanptnng scheinen mag. sagen, dal.i es in der Tat das Athen des Peisistratos ist. das l)ei Marathon und Salamis, in Pheidias Skul])tnien. in Aischylos und Sophokles Tragödien siegt.')

Es ist hier nicht der Platz für eine eingehende Kritik der aristotelischen Staatslehre im Ganzen: ich will niu' nachzuweisen suchen, wie imgereimi und voll von Widersprüchen seine Auseinandersetzungen über Königtum. Aisymnetie und Tyrannis sind.

Der Hauptnnterscliied, den Aristoteles zwischen jiMiXfia und tvQavrk macht, ist der.-) daß der König den Nutzen der Regierten (tö xoivbv cv;!- (fSQov) verfolge, der Tyrann aber seine Macht mir zu seinem persönlichen Interesse ausübte {i] fitv yag rvQary),: cm) fiova^y^ia nvoc i6 ovik/hwv tv lor /loranxoinoc). Diese Ansicht kehrt auch in V 10 wieder, wo von den l'r- sachen der Revolutionen in ^lonarchien die Rede ist. Der hier angegebene Unterschied wird ohne weiteres völlig unhaltbar, wenn wii- b(Mlenken. dal.) Aristoteles einerseits zum Beweise für diese seine Definition der fnmXtiu kein einziges Beispiel anführt oder überhaupt hat anführen können (die homerischen Köinge waren wohl dazu wenig geeignet), daß er aber anderer- seits gerade von den Tyrannen manches sagt, was vollkcunnuMi auf den echten aristotelischen ßaaiXsv; paüt. So \' !'_' von ilen Orthagoiiden iii Sikyon wie von den Peisistratiilen! Daß die letztgenaiuiten. wie auch sonst noch einige Herrscher, regicilen. indem sie i<) xoivnv ßi'iKfeoov stets als Richtschnur ansahen, hat uns eben Aristoteles in dem berühmten 16. Kapitel der '.4!}t.v. noX. gezeigt. Hier steht ausdrücklicii: <)imxei rf'o' IJeiaCffiQauK it]y noXiv iieigtm: y.u'i ftäXXov noXiKxwc tj rvQuvvixot::. Uiul Aristoteles wird nicht müde, nut deutlichem Wohlgefallen zu (M-zählen. was alles Peisistratos tat. um die Bedürfm'sse und Wünsche des Volkes kennen zu lernen, nnd wie der Tyrann arbeitete, um eiiuMi freien Klein- bauerstand als den Kern des Gemeinwesens in Attika zu schaffen: dio xa'i noXXaxi,; tovt' iXsyero wc »j Ili^tGt.rSTonTOv %vqavvu o firi KqÖvoh ßio: phj.

Ein anderes Kennzeichen des flixaiXtvc im (iegensatze zum ti<ouvvoc ist nach Aristoteles, daß jener xma rofiov regiert. Da nun aber Aristo-

1) Vgl. Wilaimiwitz-JliK'lltMuloif. o. a. .\.. II S. 71: ..t)ii' l'ci.si.stratiileii haben ein neues Atlieu geschaft'en, und luii-. (lal! die l'erser es verbrauuteu und dann üeue Gebäude sich erliobeu. hat liewirlvt, dali Athen nicht tiauernd die Züge der Tyrainienz.eit getragen luit." 2) t'ol. lil 5.

Aisijmnetie und Tyrannis. 397

Irics unter die Kniiitir aiicli die llcrrsclici- (Irr üai'ltMrcn iiiul die Aisyiii- lU'tcn /.iilill. wclclic Iclzicic er dazu im Besitze einer i;aiiz unb('sciir;ini<teii Macht s(Mii hil.il. so scheint dieses Kriteriimi der licMiXtia in der Tat sehr fl-orins'Cii Wert zu lialx'ii. Man l\üniite sich ja vielleicht denken, dal.'i er mit xdTu rv/iov nur aid' die Art habe hinilenten wollen, in wcdchei' (l(>r Herrscher zur Kei;iernni; t^elani;!. nicht also seine nu'hr oder minder };esetzmäl.)ioe Re<;ieriini!s\v(>ise im AiiüC iichaht habe. Der Ausdruck, den er Fol. \\ von den .\isymneten f;('braiicht. stützt, wie schon ,1. Schwarcz') hervorii'elioben hat. eine solche Anfrassung: yjGar St 6id fiev lo /.uici ro- fiov ßaatXixut xal (hü 70 iiuvuoy^tTv ixi'irnov, rv^arrixui (h- <hn (o (harro- iixwc äoyieiv xaiä i\v nvtmv }n'<''>li>i''- ''cwil.) hat er jedoch von der i;anzeu Dauer einer Tyramiis ücnu'int. dal.'i sie ur y.i<ui ro'/ior sei. obsh'ifh er sich unaufiiörlich merkwiirdijicr Inkonsequenzen schuhlif;,- macht.

Ks versteht sich v(ni s(dbst. dab hierbei die Ergebnisse seiner l'nter- suchunii' betreffs dieses Punktes j^anz fehl Jichen mul.iten. Kine eifien- tiuuliche Beleuchtunii' tU'^ aristotelischen Dogmas von dem licsetzwidrisen Kegimeut der Tyrannen ^eben die Worte über l'eisistratus in der './y»jr. no/..: ev te yao loTc aXXoig tiüoijohto jcävin Sioixdv xmü /oiV vonovc, oväsiuav favTw nleovi^iittv (JVJoi'l, y.id .loif jiooaxX)j!)H~ tfovov Sixtjv fic'/iotiuv rinyov mi<i^ fiFv limjrirjabv wc rinoXoyijaoiKvo^. Das letzte sasi't er auch Pol. \ 1-.

Zuletzt tritt bei unserem l'iiilosopheu mitten in dieser Verwcu'reuheit noch eine l^uterscheidtnii^' anf. I'dl. \\ U) heißt es: rnkor d'sida^ ivoavvidoc, VjTTtQ [u'thai tirui. 6\ixh tvijavyk, iivticc()0(fog orOu i// (iaailfii^. loicxvrip' d\ivayxaTov elrui ii'QarricIa 'ii]v iioraQxiuv, rjriQ drvnevt) urog <(QX<i aüv o,uotcoi' /.cd ßekuöro)V riüviMV noni ro (t(ffisgov ai!T>]c crr/if/eüor, ü/./.u /(/ ffooc ■i6 növ ÜQxoi't'yKjy- Aristotel(>s führt jedoch kein Beispiel eines Königs an. der Rechenschaft abgelegt habe, und es war ihm natürlich nicht unbekannt, dal.) eine solche weder von Seiten der Barbarenkönige noch v(m Seiten der Aisymneten \-orkani. .\ndererseits hat er uns. wie wir jüngst gesehen, selbst einen Zui; aus der (leschichte des Peisistratos erzählt, welcher bezeugt, dal.i sich dieser Tyrann nicht über die (lesetze st(dlte. und er wufäte ja auch, dal.i (lehm. der Sieuer bei Himera. d(M' Ketter der West- Griechen wahrend der l'erserkriege. in einer \'olksversainmlnng freiwillig Rechenschaft über sein ganzes Leben inid über alles, was er für die Syrakusaner getan, abgelegt hatte.

'ADip: 7T0?.. I(i spricht .\ristoteles den fiir die Anffassuni; der Tyramüs nicht mir bei seinen Zeitgenossen und in der ganzen spätantiken Zeit, simdern auch bei manchen .Modernen bezeichneiulen Satz ans: (ruvtßtj yiio t'iacsQOv dtn n]r vßgtv niJv diVuj)' no/./.cJ ysreaOat iQaxvTtgav T;}r d()%Ti]v. {'Ai)iiv. no'/.. 1 s wird jedocli Hippias xai rij (fiKJtt no/.iu/.dc xa) i;it(fumr genanntll Das ist der Prototyp des berühmten Wortes von \'ict(n- Hngo: ..Nach

1) Kritik (kr Slaalsfornioi des Ari>:hlctc.<!. I.cip/.in Ittül. 8.33.

398 Bichard Nordin,

Aiii;iistiis Aui^iistulus! Weil wir Xa])olp()ii den (irol.k'ii ^oluiht. iiiiisseii wir auch Na])oleon den Kleinen l]ai)en!"

In der Tat wai' nacli allem, was wir wissen, zur Zeit des Peisistratos seliisr die Stiinnuiiii; des Volkes eine solche, dail wir gewiß Ed. Meyer in seiner feinen Benierkung Recht geben müssen i). man habe eben in jener Zeit mit Hindeutuiig auf die Peisistratosgestalt. ..das Idealbild des Theseus. des mächtigen volksfreundliclien Herrschers" geschaffen. Die s|)ätere attische Tradition \()n der gesamten Peisistratidengewalt ist un- zweifelhaft unter dem Kindruck der Tyrannei der Dreil.iig ausgebildet worden. Um dabei der Schwierigkeit hinsichtlich des Peisistratos. der ja unstreitig in derdunsl des A'olk(>s stand, zu entkommen, nahm uian seine Zuflucht zu dem nu'lii- beiiuenuMi als immer i'ichtigen Satz i>inei- \'er- sclilinnnei-ung \(in einer <ieneratioii zur anderen. Der erste Tyiann sei edel und weise gewesen, an den Siihnen aber habe es sich gerächt, (lab einst der [•'reiheit und dem Recht (iewall angetan worden sei. vß(ii~ habe sie ge- fangen gehalten, in ilireii .Vdern habe ein anderes i5lut geströmt. V(in dem sie zu üblen und linstei'en Taten aiiuctrieben wiM'den seien. Was nun .\ristoteles betrifft, so ist es sein grober i'\'hler. an das Tyramientum im allgemeinen dieselben Kemizeichen geknüpft zu haben, welche eine entstellte übei'liel'eriing dem l'eriaiulros von Korinth gegeben hatte.

Kann alsd Aristoteles trotz aller Bemühungen keine vollgültigen Grenzen zwischen Königtum und Tyrannis ziehen, so hat er es fast noch weniger zwischen Tyrannenherrschaft und Ai.symnetie tiui können.

Die Aisymnetie ist Pol. 111 lt> aiQsrr] rvQavri.: und unterscheidet sich also von der Tyrannis vor allem dadurch, dal.) das Volk die Aisymnetcn freiwillig über sich setzt. Aber diese regieren, wie wii- oben gesellen, ganz wie der eigentliche Tyrami öeanonxwi -/.(d /.(cia ti'jv avniiv yrwfDjV. Pnd ihre Macht ist oft lebenslänglich. Ks verhält sich nun freilich unzweifelhaft so. dab bisweilen aus den von sozialökononiisclien Schwan- kungen \-eranlal.)ten inneren Krisen die .\isymneti(> als ein durch allge- meiiu' Verabredung bewirkter uu)dus viveiuli iiervortrat: wir kennen jedoch allzu wenig die Einzelheiten im Verlaid' dieser Ereignisse. Noch öfter aber mul,i es vorgek(mimen >ein. daß die Freiwilligkeit .sich auf die zur Zeit herrschende Partei beschränkte und folglich nicht für das ganze Volk galt. Aristoteles wird auch genötigt, .selbst zuzugeben, sowohl dab nur eine Faktion des Volkes in Mytilene. d. h. die. welcher es gelungen war. ihre Widersacher aus der Stadt zu vertreiben, den Pittakos zum Aisymneten erwählt hatte, als dab Alkaios diesem den Namen eines Tyrannen gegeben hatte. Auf dieselbe Wei.se mnb es wohl im allge- meinen zugegangen sein, wemi eine siegende Partei ihren F'ührer zum Herrn einer Stadt machte, auch wenn dieser l''ührer späterhin ein Tyrann

1) Gencli. ihv AUerluiii^, II, S. 775.

Aisymnetie und Ti/raiinis. 309

genannt wurde, z. B, als in .Mytilciic die rciitliilidcii von .Mci^aklcs <>'estürzt wui'deii odiT als Loopliilos die Macht aid' Tliasus orliielt. Pol. X ö meint Aiistüteles. dal.) die ^rdl.ic Macht der Tyrannen von dem blinden Vertrauen des \'olkes lieri;ekomnien sei: dieses Vertrauen aber sei aus dem Hasse, welchen das \'olk i;eiien die Reichen heute, entsprungen. i*]s ist hier selir interessant, zwischen ein paar Äul)eruni;(>n in der ai'isto- telischen './.Vj^r. r/oA. einen ^'erJ;lei(•ll anzustellen.

Von Solon lieil.it es Kap. •'): /((), iilooc aisl u]i' cdii'av ctjc mnat-uK (ivixTiKi 10?^ nkovatoic. Und Solon bei;aiin seine Aisymnetie mit einer vollkommen revolutionären Tat. Ks las dim als Arclion ob'l. öffentlich zu \-erkiiiHli!i('n. dal.) wjihrcnd seiner Amtsdaner jeder Hürs'ei- alles, was er bishei' besessen, auch weiterhin besitzen s(dlte. Statt dessen rinniei-te er durch seine fieiaäx'tsut eine .sroüe Anzahl von i{eiclien. inid Kap. "J'S äuj.iert der Verfasser: ft' do^Hi 1'^^ y'^S? '^c' nomtoc ryever.o nooördn^c tot f)'»J/(oi' ^öhm; dtvTSQiK df Heiaiaioato?. Niciits d(>sto weniiier rechnet Aristoteles sowohl in der i'olilik als in 'A(}riy. nol. Solon unter die flek- iiaroi vouoOehui, was nut seiner echt hellenischen Ansicht von der /(fo'o't/^i,- als der sjröj.iten Tugend eines Staatsbür2,ers zusaminenhin.i;'. Kr weil.l ganz fiiit. dal.) der (HJIe und hochherzige Gesetzgeber w-;ilireiid seines Strebens. durch seine Wirksamkeit allen Recht zu verschaffen, den Haß von Reichen und Armen auf sicli zog. Freilich verstellt er nicht, daß, wenn Solon nicht, um sein Werk zu sichern, die Macht behalten wollte oder konnte die Gedichte Solons sprechen sich in dieser Hinsicht nicht deutlich aus hiermit das Todesurteil über dieses Werk für lange Zeit ausgesprochen war. Aber er verhehlt weder, daß nach dem Rück- tritte — oder Falle Solons ein höchst verworrener Zustand eintrat, noch daß der Gesetzgeber selbst, um für seine Person allen Verwickelungen zu entkommen, (..voller Selbstverleugnung", sagt Gilbert!-! Athen verließ. Die Kämpfe zwischen den eupatridischen Hetairien führten zu der Tyrannis des Damasias uiul zu Bttrgerfehden. welche den Staat gar zu zerstören drohten.

Dann wurde der Tyrann l'eisistratos der Aisymnet Athens im tiefsten Sinne jenes Wortes.

Aristoteles liebt die Wahrheit zu sehr, um diese wichtige Tatsache nicht zu betonen, wenn auch der innere Zusammenhang ihm nicht klar gewesen ist.

Peisistratos kam nach Aristoteles zur Macht, weil er sich auf eine starke Partei stützen konnte. 'Ai)i]v. nol. 16 sagt Aristoteles auch : Slo ■Aul nolvv Xöf'i'Oi' Eßeivsr fv rr] uQX(j eßovlovxo ydo -/.ai wir yrtnoif^iun' xai rmv ärj/ioiixiöv ol no/loi. Mit der Freiwilligkeit des Volkes scheint es also so gut bestellt gewesen zu sein wie es unter den allge-

1) 'A&>]v. 710/.. .">(), 2. 2) Griech. Staatsaltertümer, I, S. 15G.

8

400 Eichard Xordin,

nieinen Verhältnissen der Zeit in den lielleni.selien Städten nur .stnn ko?inte. Die Regieiungsweise des Feisistratos war niclit die eines Gewalt- lierrscher.s: die betreifenden Worte des Aristoteles sind schon oljen ange- führt worden. Er hob (he soionischen Gesetze niclit anf. aber er sorgte dafür und wachte mit strenger Hand darüber, dal.) sie wirklicli den Mit- bürgern einen solchen Nutzen bringen konnten, wie es Solon beabsichtigt hatte, und er schenkte dem Staate Rnhe und l-rieden. Alles bewegte sich in den (Trenzen der Verfassung: die .\rclionten waren immer die höchsten Beamten des Staates'), die Macht des Herrsehers bestand teils in dem Heerkommando. welches ei- besaU. teils darin, dal.) er genau zusah, dal.5 immer einer der Seinigen in jenem Amte wai'. Für denjenigen, der die Wiiksamkcit des Ai.symncten Solon mit der des Tyrannen Feisi- stratos vergleiclion will, ist (>s ein bemerkenswertes Zeichen. daU R, Föhl- manu-). trotzdem er was bei einem so sciiarfsinnigen i*'orscher meines Erachtens unerkiiirlich ist in rein aristotelischer Auffassung an der den Tyrannen mangelnden Legitimität fes-thäit und von ihrer ..oft wahrhaft dämonischen (!) Selbstsuclif spricht, dennoch zugestehen mul.i: ..So wm^de die Tyranihs für .\then eine Bikhingsschnle. in der es sich in die sohmischen Ordnungen einleben konnte."

Dies ist auch die geschichtliche Wahi-heit. die ja üiiriuens deutlich genug ans der Sciiilderung dc^^ .Aristoteles hervorgeht.

Pol. X IG bezeiclinet Aristoteles als tlie Hauptaufgabe eines Königs die. dal.) er ein Wächter zum Schutz sowohl für die Armen als für die Reichen sein soll. l)i(> Wih'de des Königs beruhe in erster Hand auf seiner Tugend oder auf den Wohltaten, die er seinem Volke er- weise oder erweisen könne nur im \'orbeigelien wird die Geburt genannt; die (hoytvhc der homerischen (Jedichte kommen nar nicht in Betracht. Diese aristotelischen Äusserungen über die Legitimität eines Hcrrschertums hätten es wohl verdient, mehr, als leider gewöhiüich gesciiehen ist. von jenen .Modernen beobachtet zu werden, welche sich über die Illegitimität der Tyrannis in einei- AVeise aussprechen, der keine hellenische Anschauimg selbst zur Zeit des Aristoteles entspricht. Aristoteles nennt ja-^) was man oft vergil.it ~ sogar den im Furpur geborenen Temeniden Fheidon. die »röi.ite Fersönlichkeit der älteren peloponnesischen (ieschiclite. einen Tyrannen. Warum? Xatürlich weil Fheidon nach der Ansicht des .\ristoteles Trouvrixulg. d. h. nach der Terminologie des Stageiriten gesetzwidrig, regierte. So und auf keiiu' andere Weise wurde Fheidon ein illegitimer Heri-sclier.

Eine Sache für sich ist es. zu untersuchen, wie sich die .\nscliauung vom gesetzwidrigen Reginiente der Tyrannen teils ans der siegen die Tvranneii feindlichen Tiadition in den besiegten .\delsfaktioiien. teils ans

1) 'A^rjy. .-rc/.. IT; 22. 2} Griedi. Gench.. S. 71. ;n Fol. V 10.

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Aisymnetie und TTjrannis. 401

dein Hasse der späteren Demokratie ReijeM jede Monareliie überliaupt. teils auch endlich (hirch Rückschlüsse aus der lirt'aiiruii.i;. welche (he jüngere TyrannisM bot. gebildet liatte.

Die Haupttat des späteren hellenischen Mitteiahers auf dem Gebiete des Staatslebens war die l)edeutnn,a'svolk' Evolution, welche politisch in d(M' Weise in die Erscheinung trat, dal.! sie den Fall oder die Ohnmacht des ahen Köniotums und die Entstehung' einer .\delsherrschat't veranlaßte. Der Könit; war freilicli. schon eiie diesei- Entwickelungsprozel.) abgeschlossen war. nur noch ein piiuius inter pares. Die fortdauernde» Existenz der adliiien (lewalt palUe jedocli sehr wenii; zu den neuen Verhältnissen, (he von der sciinellen industriellen luid k(nnmerziellen Entwickelung gescJiaffen worden waren. Der Grund zu der hohen Macht- stellung des Adels hii: in dem Umstände, tial.i er eine landbesitzende Klasse war: der Boden aller hatte niclit länger denselben Wert wie vorher, das bewegliche Kapital hielt überall seinen Siegeszug. Und wenn ancii viele der Adligen sich dem Grol.ihandel und der Industrie gewidmet und auf solche Weise Reichtum gewonnen hatten, so gab es doch üiierall eine Menge von Reiciien. welche den alten Häusern nicht angehörten uiul sich in die auf die Geburt gegründeten Ansprüche des .Vdeis auf die hohen Beamtenstellen und damit auf die ausschließende Entscheidung über das Schicksal des Staates nur mit Schwierigkeit fügen wollten, .\lkaios spricht in den geflügelten Worten /o»,'(((«rfc, yuij(.ica drtjo die Losung der Zeit aus. Gleichzeitig hieiinit spitzte sich immer mehi' der Gegensatz zwischen dem Kapitale uiul der freien kör))erlichen Arbeit in so hohem Grade zu. daß in vielen Städten sehr einsthafte Krisen entstanden. Die Situation erinnert an die Zeit der Gracchen imd des jüngeren Scipio Africanus. die Zeit. da. wenn anders .M o ni ni so n Recht hat. in der Seele eines edlen Jünglings zum ersten Male in der Geschichte des Freistaates der Gedanke des Cäsarismus geboren wurde. Die ältere hellenische TjTannis und dei- römische Cäsarismus berühren sich in mancher Hinsicht: sie sind auch Kinder ein mid desselben N'aters. der eisernen Notwendigkeit, die nicht selten in dem Leben der Völker mit den staatsphilosophischen Tiieorien. w'w luii)sch sie an sich zu sein scheinen. Blindekuh spielt.

Eine überaus wichtige Tatsache war es nun. daß in dem herrschenden Adel fast nirgends Eintraclit waltete. Typisch sind die Kämpfe zwischen den Bakchiaden in Korinth und zwischen den mächtigsten eupatridischen (ie- schlcchtern in Athen, sowohl vor als unmittelbar nach der Aisymnetie Solons. Alles deutete darauf hin. daß man eine Herrscherwürde mit

1) Mit Plass, Die Ti/rannis in ihren beiden Perioden etc. glaube ich im Gegensatze zu Holm (o.a. .A., L S. 320) und Anderen, daß luau betreffs der Art der Entstehung der Tyrannis einen bestimmten Unterschied zwi.«chen einem älteren und einem jüngeren Tyrannentnme in Hellas machen muß.

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402 Bkharä Nordin,

starker Aiitoritäl hcdurfte. welclie von dem festen Entschluß s'ftragen wurde sei es. daß er aus selbstsüelitigen Gründen gel)üren wurde oder auch einen edleren Ursprung hatte . gegen die wechselnden Ansichten und Neigungen der Einzelnen das Staatsinteresse zu wahren. eine Würde, die die Erbschaft des alten gesellschaftshütenden Königtums an- treten kciimte. L)ie Verhältnisse sind also mit denen gleichartig, die in England vor der Zeit dei- Tudors. in Schweden \iu- der Zeit (iustav Wasas herrsciiteii.

Sind denn aber nicht die Tudors und Wasas legitime Herrscher, (ibgh'ich sie nach dem Szeplei' griffen mid iibgleich sie. den meisten JMirsien der i\(>naissance ähidich. ihre luinigsjjtlichten mit anderen Augen ansahen, als es die Könige einer iilteien Zeit getan hatten? Sie herrschten ja jedenfalls mit Minwilliguni; ihrer \'ölkei- tmtl zu ihrem Hesten.

So Miich die Tyrannen. W'e ihre .Viil'galie eine anüerurdentliclie ist. so dal.) sie rem jiuhlkain lonstititere sollen, was gar nicht immer der hall ist. da gelten die Worte ilomnisens'l \(m den römischen Be- amten ..konstituierender (iewalf; ..Ihren Rechtsgrnnd halien sie weniger in den Comitialbeschlüssen . als in dem Notsland, welcher aller- dings jede Illegalität und jede Revolution legitimiert." Den Griechen selbst stand beim Beurteilen solcher Dinge das Staatsinteresse im ganzen inid grol.'ien im \'ordergruiule. So wird in jener staatsrechtlicluMi Schrift aus der Zeit des .\ntigonos Gonatas - im Auszug bei Suidas auf- bewahrt — die i^egitimität der Diadochen eingeschärft, obgleich sie ja das makedonische Erbkönigtum gestüizt hatten: niirs (fvai^ ovre w öixaiov änodidoi'Gi tolc dvÜQwiroig täc: ßadiXeiag, d/j.ä lolg dvvaßevoic rjYSlffUcu arQawTTSÖov xal xsiqit^eiv nQayßaia i'0«irf;(ajc, oiog ■»jr ^ihnno; y.al ot

öiäöo/oi 'JXf^uvSqov on ») ßaaileia xxi\i.ia wv /.oirwr, äXX

ov d)jfu>aia t»;c ßadtleiac xirj/^iara. Das Schriftchen ist freilich nach- aristdtelisch. aber, wie ich oben luMvorgehnlien habe. Aristoteles hegt im Grunde dieselbe .\id'fassiing.

L)alJ die Tyiannen selbst ich icde natürlich immer nur von der

älteren Tyramiis sich als die Diener d(^s \'olkes und ihre Würde als eine evdo'soc äovkiia betrachteten, steht ohne Zweifel.-)

Man kami nun fragen, warum das neue Königtum nicht auch den Namen des alten Königtums annahm. Die Antwort ist nicht allzu schwer zu geben. Eine scheue Ehrfurcht vor ..den hohen Köuigsgestalten" einer älteren Zeit war gewil.i nicht die Lh'sache. Sie liegt nach meinem Dafür- halten in der änl.ierst unbedeutenden Stellung, welche die ßaadela zu jener Zeit in der hellenischen Welt besaß, wenn man von solchen zurück- gebliebenen Gegenden wie Makedonien, Ejieiros, Atollen absieht. Der Weg vom Einkönigtum zuiu Geschlechtskönigtum und von diesem zum

1) Abrha des röm. Staatsrechts, S. I8S. 2) Vgl. z. B. IGA 510]

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Aisymnetic und Tyrannis. 403

Adelskönistuiii wnr htiii; iioweson. iiiiil iiiitci- (ioinsclhcii war der (ia(Ji).(t'c griiiidlicli fast all 'i' der Machthcfiiiinisso. die ihm xiulicr zui^cliöil lialKMi. onfkloidot wdrdeii. In .Mytilciie. Kvnic. l'llis') und wahrsclioinlicli aiicli andtTswo teilte er mit allen übiii;(>n Miti^liedern des Adelsrates A'ainen und Rang. In Megara und einigen von den KehniiiMi dieser Stadt, wie auch anfangs in Athen, war ei' noch Kpiinynuis und erwählter Opferkönig: auf Cliios.-j in Miletos. spiiter in .\then ein jährlieh erwählter Beamter mit nur sakralen I'^inkti(nien, (ihn(> den hrichslen i\ang zu haben. In Sparta nud Arges-') wai' die ^iaaikhia nichts als ein hlol.ies Schattenkrmigtum. Was das ältere Köingtum einmal gewesen, das hatte wenig auf sich: soviel war dagegen eine ganz gewisse Tatsache, dal.) es nun nichts mehr war. i)er Uegriff (■i(((T//fiv. wie ei' danuils gefallt wurde, deckte sich nicht mit den Aufgaben, welche nun mehr mul mehr als die eines wirklichen Herrschers angesehen wurden. Nicht viel tiefei- gingen die Bezeichnungen Tigi'rai'ic, nq^mv^ öafuovqyo^ usw.. zwiscluMi einem ,ioiinvi:. ciiiein ('('eZ""'i einem Saftiovgyö^ und dem neuen Staa tkcinige wai- dei' Llnterscliied ebenso groß wie zwischen einem ['i;tsident(Mi im französischen Direktorium des Jahres 111 mit seinei 7M-tägigen ..Regierungs"'-Zeit nnd Napcdeon 1. als Kaiser. Das \'(ilk liedmfte für ^\^■i^ neuen Köiug eines neuen .Namens. der ihn dentlich als Herrscher angab. Einen solchen Namen bekam man in Ti'gai'ioc, einen andern in aiavunlrijc, beide ohne Zweifel nrsprünglich jonisclie Königsnanien und als Bezeichnungen für die Könige eiu(M- neuereu Zeit zuerst in den Städten Kleinasiens angewendet. Her. V 92 zeigt jedoch, wie vorher gesagt, dal.) auch der Namen ßarn'/.evc \on den Tyrannen gebraucht werden konnte.

Erst in einer weit späteren Epoche kam der Nanu'u ßn(Jt/.ei'c wieder zu Ehre und Ruhm in Hellas.

Es gab aul.ier den Aufgaben, von welchen oben gesprochen worden ist, noch eine weitere, die der Tyrannis zufiel. Die Tyrannen sind die ersten, welche in Hellas (iroföstaaten zu begründen versuchen: denken wir nur an Periandros uinl sein grobes korinthisches Reich! Sie lösten das Problem nicht, nicht weil es überhaupt unlösbar wai-. sunilern haupt- sächlich, weil die kleinen \'erliältm'sse der griechischen Städte der Daru'r einer starken Erbkönigtums nicht günstig waren. Es war das alte König- tum, wie es in Makedonien fortgelebt hatte, das zuletzt ganz Hellas einigte. wenn auch auf eine gewaltsame Weise nnd nicht zu seinem inneren (ilflck. nnd das Griechentum zu seiner größten weltgeschichtlichen Tat anführte. Als dieses Königtum dann mitten im Leben der Hellenen stand, wurde sein Name ein Ausdruck wirklicher Macht, ganz wie es vorher der Name der Tyramien gewesen war. Sowohl l'hilippos als Alexander wurden auch in Hellas als Tyrannen betrachtet. Als sodann die Generale des

l) IGA 112. 2) IGA 381. 3) Her. VH 14<).

12

404 Bkhard Nordin,

inakediiiiisclieii Köiiifiroiclis im -hilirc ;^0() den alten Köniiisnaiiien an- nahmen, war (liesei- nicht mein- die Henennnnii einei- Schatteiifiewah.

Es ist in dieser tlinsielit sein- hezeielmeiid. dal.) nun anch der einzitjc vollkoinnien unal)liänt;if>e lleirschei- (h'r ^rieclusciien Welt. dei- Tyrann Aii'athdkles von Syrakus. sich den Titel [!ani'Aerc heik'.iit.

Jedenfalls betrachte ich es als sicher, daü die ;iltei(> Ty- i'annis in demsel lieii .Ma 1.5 e \vi(- die ßnai /.l-Iu ein wirklich let; it i mes Königtum - also keine Usnrpation war und anch \(in den (iriechen der Zeit als ein solches angesehen wurde.

Meines Erachtens gibt es foloiich zwischen Tyrannis und Königtum mir einen Unterschied des Namens. Die Aufgaben, welche der einen niid dem andern gestellt wurden, waren freilich in vielen Dingen einander ungleich, so etwas ist aber ja bei den Entwickelungsstadien. die eine In- stitution durchläuft, nichts ungewöhnliches.

Wie wir schon gesehen, sind die aristotelischen Definitionen der Aisymnetie höchst unbestimmt fonnuliert und voll von Widersprüchen. In der Tat ist es ihm nicht geglückt, in der Politik einen wirklichen Unterschied zwisciien TjTannis und Aisymnetie festzustellen. Das wesent- lichste ist hier jedenfalls dem Tyrannen und dem Aisymneten gemeinsam: sie regieren Secsnoxixös y-<(i y.diü irjv arimv yrrninii'.^) Späterhin scheint Aristoteles Tyrannen uw\ .\isymneten sogar identih<'rt und die Aisymnetie mu' als ein fridiercs Stadium der neuen Monarchie betrachtet zu haben. In der Politik der I\i/>naier hat er niindich gesagt,-) die Tyrannen seien in früherer Zeit .Visymneten genannt worden.

Man hat bezweifelt, dal.i .\ristoteles wirklich sich so habe anssprechen kömuni. So sagt Busolt:''! ...Vristoteles unterscheidet in der Politik schai-f Aisymneten nnd Tyramum. er rechnet die Aisymnetie trotz ihrer Verwandt- schaft mit der Tyrannis zu den formen des Königtums." Davon mm ab- gesehen, dal.'i Ai'istoteies ja gar lucht ..schaif" .Visymneten uml Tyrannen untersciieidet. so bringt uns die 'All);}', .lo'/.. zahlreiche Beispiele dafür, dal.) eine giüiuiliche l-'orschung ihn in seinem gi'ol.len staatsrechtlichen encyklopjhlischen Werke von manchen der Konstruktioiu'n. denen er sich in der Politik hingab, weitab geführt hat.^l

Unzweifelhaft rührt jene Notiz \'on Aristoteles her: wir haben keinen (irund anders zu glauben. Kr trifft hier auch in der Hinsicht das richtige, dal.) das Wort .\isymnet weit fridiei- als der Xame Tyrann aufhörte.

1) Pol. IV 10. Sielic oben.

2) Fragm. 1!)2 bei Müller = .Vr^uiii. Supli. (»ed. Tyr.

3) Griech. Gesch., I, S. 43'.».

4) So erklären sich auch viele der \Viders|)rüclie zwisciien der '.4tf;/r. nn/.. uuil der Politik, die seiner Zeit in den Schriften von Fr. und P. Cauer, Fr. Kühl u. A. nachgewiesen wurden. \'gl. aufii 1! Keil. Die solonische Ver- fassung etr. Berlin 1892.

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Aisiintni'lic lind Ti/ntiDii.^. I')')

Königstituhitur zu soin. Sonst kdiiinil iiiclil olnio weiteres iil)erall die Aisyiiinetie früher als die 'ryiaiinis \(ir. So fiii(l(>ii \vii- in Mytilene vor der Aisymnetic dc^ l'iftakos eine iianze Reihe von Tyiannen. Der Herrsclier wird übriijcns bald Tyrann, bald Aisymnet genannt: der eine Name hezeic'l)net weder einen höiieien Grad von Maclit nocli eine größere Legalität als der andere. Dal.) der Aisymnet einen alten Königsnamen trägt, das wußten wir schon ans den homerischen (ledichten.M Wenn also Aristoteles Pittakos einen nloviivilnjc: nennt, während anderer- seits Alkaios und teils nach ihm. teils nach anderen Quellen manche, wie Hermippos iPlut. Sohn 14. MiTvh]vaioig Unraxdi' rjorjßevoic ivQarvov, eine allzu wenig beachtete Stelle) ihm den Namen eines Tyrannen geben, so liegt darin ebensowenig ein tatsächlicher Widerspruch, wie es uns merkwürdig vorkommen darf, wenn das alte Volkslied von ihm als j.teyäXw; MiTvXavag ßaat.?.ei'u)v redet.')

Als geschickter und erprobter Offizier wurde einst Pittakos während der inneren Fehden, an welchen er den lebhaftesten Anteil genommen, zum Führer der augenblicklich die Stadt beherrschenden Partei erwählt oder ernannte sieh selbst dazu, was hier ein und dasselbe ist . damit diese Partei für die Zukunft im Besitze der höchsten Macht sicher sein könnte. und zwar sollte er gerade gegen seine früheren Genossen auf- treten, gegen Antimenides und Alkaios. Wir wissen nicht mit Sicherheit. ob sein Auftrag noch mehr in sich eingeschlossen hat. Aristoteles sagt.'j daß die Aisymneten teils auf Lebenszeit, teils für gewisse bestimmte Zeiten und Aufgaben erwählt werden konnten, olov s)2ovt6 ttots Mvxl^ hjvaToi Jlirmxnv noog rovc (fiiyüäct;, cor TrgoEtaTijxeaav 'Jrti /^ttjviör^c xal 'Alxaloc o Ttoi^Ti'ic. l-^henso wenig wissen wir etwas davon, wie lange die Wiiide des Pittakos dauern sollte. Das wahrscheinlichste ist. wie es auch aus den Worten des Aristoteles hervorgeht, daß man ihn auf unbestimmte Zeit erkor. Die bisher als richtig angenommene Angabe"') von der zehnjährigen Aisymnetie des Pittakos halte ich mit Busolt'^) für sehr wenig glaubwürdig. Teils hindert uns die Chronologie, dies anzunehmen, teils schweigt hier Aristoteles ganz und gar. obgleich ihm wohl viel daran hätte liegen müssen, die Zeit anzuführen, weim wirklich eine bestimmte Vorschrift hinsichtlich der Dauer jener Aisymnetie gegeben worden wäre. Ans Unkenntnis der bezüglichen Verhältnisse schwieg er nicht; die Gedichte des Alkaios schenkten ihm gewiß ein viel reicheres Material als man jetzt gewöhnlich glaubt. Indessen, wenn auch Pittakos zum Herrscher auf eine bestimmte Zeit ernannt worden wäre, so bedeutet das hier nichts, er war jedenfalls König mit voller königlicher Gewalt. Nach Aristoteles konnten die Aisymneten auf kürzere Zeit eingesetzt werden: man kannte

1) II. 24,347: ,■?;; (S' itvv.i novQv) ('.lavixyifxiiiji totxwQ.

2) Bergk, P. L. G. IIL Nr. 43.' 3) Pol. III 10. 4) Diog. Laert. I 74 fr. 5) Griech. Gesch., IP 1895, S. 477.

Beitrage z, alten Geachichte V 3. 27

14

40(i IfirJianl Kordin.

ja aucli aus der \'('i1'assiiiigssescliiclite Atliciis ein zeliujäliiijies Könitituin. ol)wolil mit weit kloiiipipiu Maplitborpiclic als das der Aisyinnetio. Die unglückliclie (icwcdmlioit. t'üi' das i;riecliisclu' Staatsreclil mit soiclieii I]egriifen zu operieren, die in die römisehe (ieseliiclite geiiören. Iiat einige Forscher auf d(Mi (ledanken cehraelit. nach dem Vorsiang einiger AheuM die Aisvmneli'n mit den Iiiktatni'eii R(nns v.u vergh^'iclien. Aber wann konnten i\n'fii' ihr(> flacht lehenslängiicii i)esitzen. was docli Aristo- teles ausdrücklich von den Aisynnieteu bezeugt':' l'ittakos legte nach einiger Zeit sein Amt nieder, naelidem er die Parteien versöhnt hatte. Er zog dies den .Midien vor. weiche der Desitz der Macht nut sieh führte. Vm\c solche freiwillige, ehrenvolle .\bdikation schien wahrscheinlich den Hellenen jener Zeit weit natürlicher, als wir sie inis nun v(n'stellen.

Aber die Krblichkeit' Die Tyiannis hatte doch wuhl den keim- zeiclinendeu Zug. dal.i sie erblich war?

Das war nun gar nicht ohne weiteres sicher, wie viele Fälle zeigen. Es geschah oft. dal.) die Macht des Tyrannen nicht aid sein(> Söhne über- ging, wie gern diese sie auch erlangen wollten. In seiner Wahl oder in der Kompetenz, welche er jedenfalls in irgend einer Form ei'hielt. nachdem er sich zum Herrscher gemacht hatte, lag niemals die Verpflichtung, seine Stellung als eine erbliche anzuerkennen, ja. kamn die Zusicherung, ihm selbst während seines ganzen Lebens zu gehorchen. Die Tyrannis war nichts desto weniger, nämlich nach hellenischer, wenn \ielleicht auch nicht nach römischer und moderner Auffassung, ein Königtum.

So auch die Aisymnetie. Woher wissen wir übrigens, daß nicht auch die Aisymnetie ebenso gut wie die Tyrannis bisweilen tatsächlich erblich wurde? Wir keimen ja im Grunde die (ieschichte der Aisymnetie nur sehr unvollständig. Es ist uns also nicht mehr möglich, mit Be- stimmtheit zu entscheiden, oh jene beschränkte Form der Erblichkeit, die einzige, wovon hier die Rede sein könnte, bei der Aisymnetie vorhanden war oder nicht. Warmn aber sollte dies andererseits nicht der Fall sein. da Aristoteles, wie wir jüngst sahen, in der Politik fler Kymaier eine so sichere Stütze der Ansicht gegeben hat. dal.i nur der Name die Tyrannis und die Aisyiunetie als Staatsformen unterscheidet?

Mau ist also meines Erachtens nicht berechtigt, einen Unterschied in staatsrechtlicher Hinsicht zwischen Tyrannis und Aisymnetie zu macheu.

Aristoteles erzählt '-I. dal.'i in Kyme die Archouten Aisynineten genaimt wurden. In der Tat scheint später in einigen Städten die Aisymnetie als ein stehendes Wahlamt existiert zu haben. '^j Wahrscheinlich durchlebte

1) Dien. Hai. V 73. 2) Fr. 19-2.

a) Vgl. Gilbert, Pla.ss, Busolt. Über eiue Wahlaisymnetie iu Miletos im (j. Julirhuudert v. ('hr. siehe v. Wilamowitz-Moelleiulorff, Satzungen einer

nüksisiclteii Sätif/erijildr. Sil~un/jsher. der preuss. Ahnt. il. It'/.«. 1904.

15

Aisjimndic nml Ti/rannis. 407

die Aisyninetio. wenn aucli niclit dieselbe, so jedenfalls eine gleichartige Entwickelung wie das alte Königtum. Die Überliet'eiung ist indessen hier unsicher und läl.it uns oft im Stiche. Jedoch darf man dies wohl nicht mit Busult') so ansehen, daü sich dort, wo eine solche Wahl- aisymnetie angetroffen wird, die stehende Behörde notwendig aus dem außerordentlichen Amte entwickelt liätte.

Da, hauptsächlich wohl in den äolischen und ionischen Städten, die Worte ßaaü.eik und alavi-iirjtrjc wahrscheinlich al)wechselnd als Prytanen- und in älteren Zeiten als Königsnanien gebraucht wurden, so ist es natürlich durchaus möglich, daß hie und dort ein ßaadev? oder alavßvijrtj.: sich aus dem Kreise dieser gewöhnlich jährlich erwählten pares erhob, seine Gewalt zu einer dauernden machte und ein wirklicher König wurde. Eine solche Entwickelung, welche jedenfalls ebenso möglich ist wie das Gegenteil (zu diesem kommt man jedoch immer beim endlichen Untergange der Aisymnetie zurück), wäre in gcnvissem Grade analog zu der. die einst hetrefjs der ßuadeia stattfand: icii meine die merkwürdigen Begebenheiten in der Geschichte der ßaadsia, da diese jedes beengende Band explosiv abzuwerfen und gleichzeitig grol.le uiul bedeutende Aufgaben auf sich zu nehmen suchte, d. h. da Pheidon -— nach Aristoteles sich zum Tyrannen maciiend - zu früii den gröl.ieren Teil des Peloponnes zu einem Großstaate der Grol.istaatsgedanke ist in Hellas viel älter als man gewöhnlich meint unter der Führerschaft von Argos vereinigen wollte, und da Agis III. und Kleomenes 111. zu spät nach dem Beispiele des ersten'-) Kleomenes die ehrenvollen Traditionen des lakedaimonischen Heerkönigtums wiederzuerwecken und dem sparta- nischen Staate eine Prostasie in Hellas auch Makedonien gegenüber zu erwerben strebten, ^j

Warum hatte nun das ältere hellenische Tyrannentum ich rechne dai)ei natürlich auch die Aisymnetie mit eine so relativ kurze Dauer?

Wir müssen den äußeren Grund hierfür in der Tatsache suchen, daß es der Tyrannis nicht gelungen war. wirkliche Reiche zu schaffen oder wenigstens, wo sie geschaffen worden waren, zu erhalten. Es fehlte also die wichtigste äußere Bedingung, welche, wie es später in Rom geschah, eine starke Herrschergewalt im Iimern fest und sicher hätte machen können. Der Cäsarismus setzt, um gedeihen zu können und nutzbringend zu werden, mit Notwendigkeit die Verhältnisse eines Großstaates voraus, wo der Bedarf an einheitlicher Führung und an kräftiger persönlicher Initative sowohl sich gehend machen als anerkannt

Ij Oriech. Stdatsaltertümer, S. 39.

2) Vgl. meine Scln-jft: Die äussere Politik Sjjartas zur Zeit der ersten Perser- kriege, Upsala ISO.'), S. 4.1.

3) Über Agis und Kleomenes iiiiil ihren Königsgedanken vgl. die verdienst- volle Abhandlnng von A. Hallström, Agis och Eleomeiics, Karlstad 1891.

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408 Richard Nordin,

werden kHiin. Und d;is hellenische Tyraniientiini ist eine Form vdii Cäsarisnnis. ancli wenn es bisweilen, wie anch der ältere dyarcliische Cäsarisnnis in Rnni. sich in dem Rahmen einer re|)ni)likanisclien Verfassnni; hcwest. I*>in Weltreich ist der mitwenchiie Hinteri;rnnd zu dei- Kaiserniaclit Roms. Das wird hinreichend dniTli die wankende und jedenfalls fast immer ^ehai.ite Stellnni»- ei'wiesen. welche die Kaisei- in Rom selbst einnahmen, l'm so mehr mul.ite sidches in den weit kleineren hellciiisclien Städten der l-"all sein. Die Kypseliden Korintlis konnten zuletzt ihrer Stadt nicht das Reich erhalten, welches ihre ^';ite|■ i^eiiriindet hatten: deslialb fielen sie. 'i

Als Aristfiteles in seiner l'ohtil: die .\id'meiksand\eit auf die kurze Daner der Tyrannis richtet, hat er also das richtige i^etroffen. Der Hanpt- i;rund jener Talsache lai; abei- ijar nicht, wie er s;laul)t. in der sittlichen Kntartun.üder jüngeren Tyraimeni;eiierationen: i;ei>en eine solche .Vuffassnui; spricht sich schon Tliukydides in l'xv.ui;- auf die Peisistratiden i^anz be- stimmt ans. |)ie Tvraimis wai' als die l-'oli;e einei' harten sozialen und ))olitischen Xii!\vendii;keit cmpoi'iiekomnieu. ihre ilenesis stand allzu oft im Zusamnieidianne nn't blutiiicu raiteifehdeii. Im innersten BewuL)ts(>in des Volkes wurde jene Tatsache aus (U'v ( lescIiicIiK^ des neuen Kfiuiütums

1) Herr Prut'. ('. F. behmaiin hat niicli auf einen Aufsatz vom U. v. Wila- JUOwitz-MoclIeniluiff. Hieron vnd Vhiilarof:. {Sitxungshcr. der Bcrl . Alma. lüOl, S. 127311'.), aufineiksani geniaclit. in wclcheni im Vorbei jjelien das Problem des Tyrannis berührt wird. Vou der älteren Tyrauuis auf Sizilien sagt er (S. liTTf.i: „Die 'l'yrunuis stellt sich minder als die flerrsclutft einer Person dar, denn als die eines Geschlechtes. Wie man in .\tlieii von I'eisistraden re<iet, neben denen die AlUniäouiden niul l'bilaiden nach der Herrschaft '(hvccTtit') trachten, so stehen nm Tlieron seine Verwandten, und unter den Söhnen des Deinomenes geht das so weit, daß sie sowohl \nn den Dichtern als audi in eigener oflizieller Rede als eine Einheit erscheinen, dal.l die Herrschaft innerlialb des Geschlechtes niclit nacli den Regeln der Krbfolge. sondern als Seniorat verwaltet wird". Die Beobachtung ist fein, iindert afier natürlich inciits in den Hauptergebnissen, zn denen ich olien gekommen bin. Sie zeigt uns höchstens, wie überraschend vielgestaltig die V,x\)- folge in der lielleuisdien Zeit auftritt. Das trifft auch fiii- andere Epochen, in welchen die Formen der Verfassiuig niclit allzu fest geordnet sind, zu. Die höchste Macht im Staate ist ja bei den Bi.nirbons. Plantagenets, Stuarts usw. in eraineutein .Maße die eines Geschlechtes, und z.B. während der ersten Zeiten des Wasas in Schweden sehen wir die Hernscliaft als ein tatsächliches, jedoch mehr aus den Verhältnissen hervorgegangenes, als verfassungsmäßiges Seniorat hervortreten. Regel ist dies ebensowenig hier wie in Hellas, es gilt ebensowenig von dem älteren und jüngeren Königtum wie betreffs der Tyrannis. Gegen V. Wilamowitz betrachte icli mit Busolt {Gr. Gesch. II-, S. 779 t'.) die Gründung Aetuas als „einen Akt despotischer Willkür", der zum Ziele hatte, Hieron und seinem Sohne in Aetna einen Stützpunkt zn geben, „wenn in Syrakusai, wo die Stimmung nicht besonders gut war, ein Aufstand ausbrach", ungetahr dasselbe also, was wohl einst Periandros mit der Sendung Lykophrons nach Korkyra beabsichtigte. Daß Hieron in Aetna als Oikist ohne weiteres ein verfassungs- mäßiger ,?(;ij(/.£i--' wurde, glaube icli trotz des Lofjes. das Piudar ihm spendet, nicht.

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Aisymnetie und Ti/rainiiy. 40fi

niemals verijosseii . Djigcsifii verlor man sein' bald ilie Frinnornnii" aji die \vidrii;eii l'nistäiidc. inUer welchen die ältere Zeil diese kr;it'tif;(\ Kricdeii und liuiie Inileiidc llci isclieiinacln hatte ertrai;eii innsseii. Das rnhii^c !■ reiheilsiiliick. weh-heiii die alten Könige Tyrannen. Aisyinnelen nnd Träuei' dei- riarit'lt-iu in hnsleren Tai;en die IJahn licbrecheii hatten, win'de oft zum Tnteriian^e ihrer Knkel. IJei solehei' Anffassunii lien't etwas tragisches im Schicksah' dri Tvrannis. l'nd licwilj s|ir;icli die i'ythia eine tiefe Wahiheit in der .Vnlwort ans. ^\\v Uelphi einst dem Kypselos vim Kmiinh L;ah (Her. \' '.i-J);

O'/.ßiOi (iciog (HtJo ac fui'jv dö/ior saxaraßairi:!^ KvifieXoc 'öfT«'()'»,c, itaaiÄ£i<< x/.eitoio hooivi)ov^ .iiioc xcti ;Tm6irC, naidmr ye iifv ovxfTi riaide-:.

Karlstad

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410

Mitteilungen und Naclirichten.

Die diesjährigen deutschen Ausgrabungen in Ägypten. Vou Ludnis' IJorchardl.

Von ilrii (lii'i nrölieren (luiitsclien l'iileriK'liinungtMi, flif /,. Zt. in Ag\|itcM im Gange sind, lisittc in diesem Jahre die eine, die Erlbrscliung des 'J'otenfeldes von Aluisir diurli die deutsclie Oneut-Clesellscliaft, ein Riihejalir: die tjeiden anderen, das preut'.iselie Papyrus- Qnternelimen und die Aii.sgrabungen l)ci Giseii nahmen iliren Fortgang.

Für da.s jireu ßi.sclie I'y pyrus- 1' n tern e li men wurde zuerst in Fseli- nuineju geaibeitet und zwar im Ostliöm daselbst, liier wurde eine gröllere Anzahl etwa löO Stück vollständiger Geschäftspapiere aus dem dritten uiul vierten Jahrhundert und eine Anzahl etwa 20 F'ragraente literarischer Stücke gefunden. Unter letzteren waren mehrere grilßere Stucke einer Buchausgabe des Homer aus dem 4. oder 5. Jahrhundert uiul ein Perganientblatt mit r>C, Versen aus den /i'ix/T-to des Kuripides. Fuu(k> von archäologischer Bedeutung wurden in Kschmunejn nicht gemacht.

Nach Beendigung dieser Grabungen wurde in Abusir-el-meleq, wo bereits mehrere Kampagnen hindurch gearbeitet worden war, noch eine Nachlese gehalten. Dabei wurde wieder eine Anzalil von Papyrus-Särgen geborgen, jedoch nur ein Teil davon in so guter Erhaltung, wie die vom vergangenen Jahre. Auf dem Südende des Friedhofes wurden weitere Kartonnageu gefunden, aber nicht ganze Särge, sondern nur Urust- und Beinbelag. Diese Funde stammen aus ptole- mäischer Zeit.

Bei der Untersnchung der Gräber wurde wieder eine Anzahl von Treppen- gräbern aufgedi ckt. Diese zeigen einen kurzen vertikalen Schacht und unten in diesem eine steile Treppe, die zu einem größeren Räume fülirt, an dem mehrere Kammern liegen. Unter Aulagen dieser Art wurde das Gralj eines Gaufürsten, leider mit völlig zerstörten Beigaben, gefunden.

Von den Särgen aus diesen Grabanlagen wareu einige Papp-Särge in Mumien- form, jedoch war nur ein Stück davon gut erhalten. Ebenso war von den llidz- särgen das meiste in sehr schlechtem Zustande. Von Interesse war unter den letzteren ein Kasteusarg mit Pilasterornament. Die aufgenagelten Säulclien waren aus dunklem Holze, die Kapitelle darüber aus hellem. Unter den hier nicht be- sonders erwähnten Funden war viel ähnliches wie im letzten Jahre.

Gegen Ende der Grabungen sollte noch ein Hügel südlich von der bisher erforschten Nekropole untersucht werilen. Er machte den Eindruck unberüliiter Kieselwüste. Nach kurzer Arbeit wareu dort vorhistorische Gräber mit Skeletten in llockerstellung und den üblichen Beigaben: Thou- und Steingefäßen, Schminkiilatten aus Schiefer, Perlen etc. aufgedeckt. Die Gräber waren teils roh in den Wiistenboden gehauen, teils mit Luftziegeln ausgemauert und ausgeschmiert.

Die weitere Untersuchung, die der eilig herbeigerufene Berichterstatter vor- nahm, ergab, daß dieser Friedhof, dessen Gräber sich auf dem Wüstenboilen nur als minimale, bloß Ijei niedrigem Sonnenstande erkennbare Mulden anzeigen, sich .ledenfalls auf 1 km siidlich erstreckt, vielleicht aber auch zwei- bis dreimal so weit gellt. Es scheint der ausgedehnteste bisher bekannt gewordene prähistorische Fiiedliof /.u sein. Näch.st dem von Turrah ist es auch der erste, der in Nord-

1

MiUeiluncjeH und Nnchrirhfen. 411

Ägypten l)t:kaiiiit wird. Kr muri ülirigens IVüIht ikicIi weiter iiucli Nunlcn i^e- gaiigeii sein, da in der scIkhi ausgegrabenen NeUropule liäulig leere (irid)en mit und ohne Ausmauerung gefunden wurden, die, wie jetzt die Vergleiciiniig zeigt, von präliisliirisclien, später geräumten Gräbern liorrülirteii.

Min \'<ir>tandsmitglied der deutsclieu OrientgesellsciLaft stellte dersellien sotnrt die nötigen Mittel zur Verfügung, so daß dieser ungelumre iMiedlmt nncli in diesem .lalire in Aiigritf genommen werden konnte, lim uan/. zu erledigen, dazu wird jahrelange Arbeit erforderlich sein.

Die beituiig der Grabungen für das preuLliscIie I'aj)yiiis-linteruelunen lag wiederum in den Händen des Herrn Dr. Kubensohn. von dem auch die oben ge- gebenen Naclirichten darüber stammen. Ihm zur Seite stand in diesem Jahre Herr Dr. Zucker, Scluilamtskandidat aus Nürnberg.

Hei der Teilung der Funde blieben die weitaus besseren Stücke in .Ägypten, ^o vor allen Dingen ein prähistorisches Steingefäß mit einem Henkel, der zwei gedrehte Schnüre nachahmen sidlte. Die Pajiyri gingen, wie üblicli, alle nach Deutschland, um durt erst geglättet und verglast zu werden. Die Teilung tlieser .\rt Funde wird dann erst luicidräglich erfolgen.

Die inj .Jahre 1003 begonneneu Ausgrabungen in der Nekropole bei der Cheops-Pyramide wurden von Februar bis Ai)ril dieses Jahres fortgesetzt. Auch dieses Mal wurden die Kosten von Leipziger Herren und von Herrn \V. Pelizäus in Kairo be.stritteu. Die Leitung der Grabungen lag zuerst in den Händen des Herrn Dr. Möller, sjuiter wurde sie von Herrn Professor Steind orff übernommen. Als Architekt stand Herr Regierungs-Baumeister Dittmar aus Meiuingen den Herren zur Seite.

Das erforderliche Bahnmatorial hatte elie deutsche Orient-Gesellschaft zur Veifügung gestellt. Mit Hülfe einer nach Westen geführten Fördcrbahnliuie wurde ein Gebiet freigelegt, daß sich im Südwesten an das Grabungsfeld der ersten Kampagne anschließt. Hier wurden 50 größere Mastabas au.sgegiaben. Die meisten davon waren Bauten jnit einem Kern von Rruchsteinen und Ijesscrer Kalkstein Verblendung.

Daneben fanden sich in geringerer Anzahl Ziegel-Mastabas, sowie Gebäude mit Bruclisteinkeni und Ziegelverkleiduug. Die Mastabas sind an engen Gassen, die vielfach mit Platten überdeckt sind, gelegen. Vor einigen befindet sich ein Opferhof, den eine Ziegel- oder Steinmauer umgibt. Weitaus die größere Anzahl der Gräber hat auf der Ostseite die Scheintür, bei weuigeu ist diese zur Kultkammer erweitert.

Unter den letzteren verdient besondere Erwähnung die Mastaba eines Djedj- em-oucli, die der fünften, vielleicht auch der sechsten Dynastie entstammt. Ihre Kammer ist mit Stein-Keliefs geschmückt, welche die gewöhnlichen Darstellungen vom Schlachten. (.)pferbringen usw. geben.

Die Grabschächte enthielten unten nur kleine Kammern, in denen die Leichen in gekrümmter Stellung, Kojif nach Norden, Gesicht nach Osten, beigesetzt waren. Die Kniee waren nicht völlig angezogen wie bei den Leichen der Prähistorie, sondern nur leicht gekrümmt. .Nur in wenigen Fällen, so in dem Grabe des oben erwähnten Djedj-em-onch war der Tote in ausgestreckter Stellung bestattet. Hier wurden neben dem Skelett die 4 Eingeweidekrüge gefunden, ein Beweis, daß der Bestattung die Einbalsamierung voraufgegangen.

Die Serdabs scheinen in den meisten Fällen erst später angelegt worden zu sein. Sie finden sich gelegentlich in einem Geliäudeteile, oft in einem Anbau, in anderen Fällen endlich im Ende der oben erwähnten überdeckten Gänge zwi.schen den Mastalias. In fast allen Fällen steht der Serdab mit der Kammer oder mit dem Gange ilurch eine Ideine Luke in Verbinduni,'. In einer Mastaba

412 Mitteilungen und Nachrichten.

waren neben dieser Luke Inschriften und Reliefs von Dienern mit Opfergaben, sowie vom Vorlesepriester, der vor dem Serdabschlitz aus seiner Rolle rezitiert.

Leider wurde iu den meisten Fällen der Serdab ausKeräumt getuudeu. Trotz- dem ergaben aber die wenigen unberiiiirteu noi-li eine reicbe Ausbeute von Statuen. So waren in der Mastaba des Djasclui 1!» neunzelui Figureu aus Kalkstein vereinigt. Sie stellten den Verstorbenen und seine Familienmitglieder, sowie Diener bei den verschiedensten häuslichen Verrichtungen dar. Zu den be- kannten Typen dei- Dienerstatueu treten durch diesen Fund mehrere neue kultur- geschiohtlicii interessante hinzu.

Im Serdab des Mejm wurden 2 wohl erhaltene Kalksteiustatueu, eine sitzende und eine stehende gefunden, in dem des Djedj-em-onch 2 Statuen.

Mit den 2 Granit-Statuen, welche im vorigen Jahre iu der Zwischenzeit zwischen den Grabungen geborgen worden waren, ))el;uift sich die Zahl der gefundenen Statuen auf fast 30 Stück.

Aus den übrigen Funden in den Grabkammern mag hier nur erwähnt werden: Ein Kupfergefäß mit kupfernem gedrehtem Henkel und ein Kalksteinkopf. Das Geiäß ist wegen der Technik seines Henkels wichtig. Derselbe scheint aus einem Kupferstab von quadratischem Querschnitt kalt gedreht zu sein. Der Kopf ist ein weiteres Beispiel für die „Reserveköpfe", die man im alten Reiche den Toten beigegeben zu haben scheint. Außer diesem neuesten E.xemplar sind solche in den de Morgan'schen Grabungen bei Dahschur, in denen der deutschen Orient-Gesellschaft bei Abusir und in den amerikanischen Grabungen bei Giseh gefunden w^oi-den.

Von den Funden wurden die nicht für das Kaireuer Museum gewählten Stücke zur Hälfte nach Leipzig gesandt, zur anderen Hälfte blieben sie bei Herrn Pelizäus. Derselbe wird sie veiinutlich der Saunnbing seiner Vaterstadt Hildesheim stiften.

Mit der Grabung iu Giseh war eine .Vrbeit am sogenannten Sphinx-Tempel verbunden. Die Kosten dafür hat ein au der Erforschung dieses Bauwerks be- sonderes Interesse nehmender Facligeuosse aufgebracht. In diesem Jalire konnte nur mit einer kurzen Förderbahn von der Südostecke her ein Zugang durch den 10 Meter hohen Sandberg geschaffen werden, der heute diesen Portalbau des Totentempels des Chephreu umgibt. Man mußte zuerst durch den Marietteschen Schutt sich hindurch arbeiten und darauf eine gewaltige Sanddüne abfahren. Zu baugeschichtlichen Resultaten dürfte man erst bei der dritten Kampague kommen. Gefunden wurden nur Fragmente von aller Art KönigsStatuen, darunter ein recht guter Kopf des Chephren. Derselbe ist uach Leipzig gekommen.

Von anderen deutschen Unternehmungen, ilie uiilit direkt Ausgrabungen zum Ziel hatten, ist die Entsendung des Professors Set he nach Theben zu er- wähnen. Derselbe hat dort von Mitte Oktober 1004 bis Anfang Mai 1905 für das Wörterbuch die Inschriften in Lu(isor. Kaniak und die auf der Westseite mit Ausnahme der Königsgriiber kollationiert bezw. neu abgeschrieben. Von Anfang Mai bis Mitte Juli hat er dann noch im Kaireuer Museum im gleichen Sinne gearbeitet.

Außerdem bereiste Herr Karl Maria Kaufmann aus Frankfurt a. M. von Ale.xandrien aus die uach der Kyreuaika zu liegenden nordwestlichen Gebietsteile. Er wurde von einem jüngeren Deutschen uuil einem Beamten des Alexandriner Museums, Herrn Beghe, begleitet. Sein Interesse richtete sich hauptsächlich auf die altchristlichen Denkmäler in jener Gegend. Über den Verlauf und die Resultate der Reise lialien bereits einige im .Juli in dei- Frankfinti'v Zeitiaif/ erschienene .Artikel kurz orientiert.

Mifieilunr/en und Xachrichten. -fl3

Die Residenz Tukulti-Ninib's I.

\'ni' Kurzem sind ilie iiciR'iittkMkli'ii Aiiiialcn di's iiiäclitigen alhissyriMliiMi [\niiii;s riiUiilti-Niriib I. (iiiii 1300 v. Chr.) vuu Kiiisj;- veröffentlicht \vor<k'n :s. iilien ISii. IV 100-). Die Steintafel, auf der dicse.s hiNtoriseli liervorraseud wii-litiii'e |)iil<uuient eiuijegratien ist, war einst, wie die Inselirit't sellist l)esai;t, in die Mauer der von Tukulti-Ninil) I. S''g'ündeteu Stadt Kar- TuUulti-Ninil) cinnetiigt, die, „Assur gegenüber" lielegen, gleich einem L'ferwall Ib'init vom Tigris bespült wurde. Tu dieser Stadt ist der König, der sie begründet hat. wie wir aus der keilinschriftliclien Chrmiik P. wissen, von seinen aufständischen l ntertaiuMi be lagert und ermordet worden. Sollten, wie es den .Anschein hat. Kings .Andeutungen, die eine .Anlage direkt gegenüber .Assiii' ausschließen, auf unmittelbarer Kenntnis des P'undorte.s der Steintafel bernheu, so würde nach meiner autojjtiscbeu Kunde die Stätte von Kar-Tukulti-Ninib in ilem heutigen Jari/rndjä, ca. 1 .Stunde unter- halb Niniveli's am linken Tigri.s-L'fer erhöht lielegen uiul einst unmittelbar viuii Flusse bespült, zu erblicken sein. ('. Y. b.

.luni I:h).'>.

Ancora la tetrarchia tessalica di Viiicetizo (oslanzi. Felix Stähelin in min studio pnbblicato In questo periodic«! sui franimeuti storici cuuservatici uel conimeiitario di Hidimo a Demostene {Die <j>ici-hisi:hen Historiker frag inente bei IHilijnwx. VA. V lieft I S. hh—lV;, discorrendo del frammento di Filocoro che si completa col 13.")" della racculta müUeriana. ha toccato occa- sionalmeute la ijuestione couceruente la natura della tetrarchia tessalica. II prelodato erudito iiupugna le mie conclusioni (Ricistn di Filohyia XXIX p. 147 sq.) accettate dallo Swoboda {.Tahreshefie des öslerr. Inslit. VI, 2(1!) .Anm. 4:i che si riassnmono in iiuesto concetto: in Tessaglia prima delF assetto datole da Filip|io nel .m' iioii si puo parlare di (elrarchic come organo interiuedio tra il ynirlir e la .t()/.(,--), ma di tetrudi, esiiressione jiriva di ogni contenuto (lolitico e amministrativo. A ([uesto proposito egii si fouda sul noto versn deU' .\lcesti eiiripidea, ll.W ürixmi ib"- .i(':<?/, r" {'iTKiiu rsryf.'c//«, che io, atte.se le cinostanze svantaggiose in cui dovetti elaborare quella monogralia^). ebbi il torto di traiasciare di esamiiuire al lume della critica. Tuttavia uon credo clie Tobiezione del valoroso critico basti a intirmare sostanziaF mente i risultati delle mie ricerche intorno alla struttura costituzionale della Tessaglia, quantun(|ue io jier jirinio riconosca l'inesattezza didia mia afferniazioue che prima della nota divisione operata da l-'ilipi)0 il nome di rtjo<:o/ii: fosse sconoscinto come de.signazione di ciascuna delle quattro regioui della Te.s.saglia. Ma il mio illu.stre contraddittore vciriä meco coli venire che di designazioni inquiiprie ve ne

1) Neu Uli so indurre a recedere dalla persuasioue che la parola •''ixi'.fiaoyjc.v della Pbilipp. II. 22 vada corretto in rt-ri)<:n/ii:r. couie il Keiske aveva proposto. e il Beloch (Griccli. Gesdi. II, .i33 u. 1) con altri eruditi ha ritenuto giiisto. Tratterö altra volta la <iuestione, risiiondendo alle oliiezioni dello Swoboda (op. cit. ]>. 208 n. 38): j)er ora rimando solo a quanto ho scritio nella Ifiristu di Filologia XXIX. p. 449 (dove per errore tipogralico nelle lliiea pennltima e rimasto 342 iuvece tli 344) e se(|.

2| Vedi Hiller von Gaertringen. Anti der Aiiomia. p. D. e })iu esplicitamente Beloch. GriccIiiscJie (jesciiiclite ]. p. 2T(;, F. Meyer, Gescliiclife des AltertiiDis, II p. 2!)0, v p. 473. Non e questo il luogo opportuno per mostrare Finsostenibilita dell'opinione del AVilamowit'z. (Euripides' Hcmkles. I- p. 13). clieriavvicina le tetrarcliie te.ssaliclie alle celtiche. e alla ilivisione beotica da cui e scaturita Fistituzione delle Ti'nisnoi:; liov/.ci. yuesto compito me lo a.ssumern in uii lavoro cnmiileto sulla Tessaglia, al quäle sto atteudendo.

3) A «lueste circostanze svantaggiose si deve pure i|ualche svista (p. e. a \). 444 I. 21 e scritto ida iuvece di (jssa), e (|ualclie errore tiixigratico come quello citato uella nota superiore. o qualche negligenza (Fesiiressioue.

414 Mitteihmr/en und Nuchrkhten.

S(nio (ante in tiilte k' liiiiiiie. che l;i sula iiieiizioiii' di th!j< n/In in Kurijiuli' nun

basta per annettere a qiiosta ]iarola il signUicato che ebbe al tenipo ilel-

regeniotiia niace(hjnica. Se b; uostre conoscenze della costitii/.ione ateniese fossern

cosi laoiinose corae (juelle delhi costituzione tessalica, e trovassimo hi parola

1/ r/.(;(r/o^. iKin ripetereninio noi l'errore tlTM'ntloto (V. 69) clie prese il filarco rotiie

il rnaglstrato .sui)remo delhi if r/.lj. e noii ci faremmo coiiseguentemente iina raiipresen-

tazione inesatta della fiiuzione esercitata (hilla ifr/J/ nella vita politica ateniese?

Certainente noi pensereniino che la ifv/.i/ fosse im complesso di (f;;/(o/ aggriippati

topograficanientc, e, se ignorassiino le rifornie di Clistene, sareraino sicurarnente

indotti neirernirc che la coalescenza di tanti Mi/kh in iina <fr/.i) fosse il ])riinii

stadio della sinipolitia delT Attica. Veiliaiuo adiini|ue cume le testimonianze della

iiostra tradiziüue letteraria ed epigratica possano servire di conimento al citatü

passo della tragedia euripidea.

Da Tucidide sappiaino che i Perrebi flV, 78), i Magneti (II, 101) e gli Achei

Ftioti (Vlll, 3) erano iTxiixnai dei Tessali. Quanto ai Perrebi e ai Magneti noii vi

sarebbe nessiina difticolta a conciliare rinferiorita della loro condizione giuridica

COM l'esistenza <ielle tetrarchie, poiche ne la sede degli uni ne (|uella degli altri

coincidono col territorio di tina tetrade, <iuautiiniiue nietta couto di lilevare che

i Perrebi, i (|uali priinadi Filippofurono trÜMitari dei l.arissei (Strab. p. 410), avrelibero

abitato iina regione conipresa nella tetrade dell" Estiotide. Ma l'Acaia Ftiotide

forniava essa stessa l'anibito di una presunta tetrarcliia: coine dun<|ue la sua

posizione <li sudditan/.a i- conciliabile eon un" originaria divisinne della Tessaglia

in cui savebbe su|)posta la rela/.ioiie di aeqimm ins tra le varie parti? Avreinnio

uvuto delie nninr/ir.i. non delle jtTnr.o/i'ai! Nel 431 vengouo i Tessali iu soccorso

degli Ateiiiesi !^<tT<'! ro nnhuhr ivfqur/ixnv (Tliuri/d. H, 22) duiique con tntta

piobal>ilitä iier deliberazione dei koivov tessalico [Rivista di FUnlogia XXIX p. 470):

ebbene, ciascnna citta ha il suo proprio litjywy o ("it/orTi-i dei contingente di

milizia inviato. Dunque Tucidide che in questo luogo accenna a circostanze della

Tessaglia per iiu periodo posteriore piii che tre histri alla rapjiresentazioue del-

l'Alcesti d'Runi)ide nou s'accorge d'una fnnzione politica e nenimeno militare della

tetrarcliia tessalica: nel luogo riguardaute il [irincijjio della guerra deceleica

(Vlll, 3) si es))rime iu modo da escludere assolutamente che l'Acaia Ftiotide possa

venir considerata come un uienibro della federazione tetrarcliica in Tessaglia.

Similniente contro lateoria dei sistema tetrarclnco si possono citare le testimonianze

ricavate indirettaraeiite da Seiiofonte (Hellen. II, n, 4) e da Diodoro (XIV, 82, 4)

per i fatti conuessi e consegueuti alla rivoluzioue dei penesti ') : ma sopratutto

signiticaiite e il silenzio di Giasoue di Fere nel discorso a Polidamaute di F'arsalo

jiresso Senofonte iHclI. II, 1, 8 si|.) dove e caratteristica Fespressione: <I>(iQim>.ov

TXQoayerofifftji; aci rojr j'c iiniy i' ^ ifOr ii/i i nnr :i(>}.tu>v. dove si sarebbe, nel

caso dell'esistetiza di (juesti luiclei tetrarchici, aspettato: 'I'nynd/.ov 7i(}nayiro/i(r>ii

xcd rf/i 7t('<ii)j^ r£rj)«<j//(;c. l'u altro luogo dove l'esistenza delle tetrarchie si sarebbe

l)ur dovuto avvertire, e i|uelIo in cui il medesimo autore riferisce le riforme e gli

ordinamenti di Giason(^ (\'l, 1, l!)i: ktk' yt iiS/i- iWriyfiae, lUhuSer 'innixoi' ze oaov

nie 07)1 'i''^'-' ih'yi'.Ti/ iji' Tiinii-ynr xi') tirr'/jruiiv. f

I) Non sareblie dil'ticile spigulare altri ceniii tiegli autori aiitichi: iiui perora,

nd limiterd a riportare (piesto luogo di Senofonte (ifcZ/. IV, 3, 3), in cui e descritta

lattitudine dei Tessali rispetto ad Agesilao che, ritoruando dalTAsia, traversava

la Tessaglia nel 394: .Imnijocioi iiir m-r xc.i lioct-yöiviin xc.'i —xoiuvnrKüin xiu

'l'i'.liiii'.lioi ui/i/ii'./di o)T!>' lldiujToTg. XIU :ii'.rTt4 iM HtTTCJ.o'i. n/.)/f oaoi ci'noy ifi-

yüdt^ tot' iTtyyi'.roy. i'xc.xtilijyiiyy t'.vroy i':ii'.x<t/.ovihi\yrii I barissei, i Craunonii,

gli Scotussei a|ii)arfcnevaiio tutti alla stessa tetrade, alla Pidasgiotide; cppure souo

iMiuuierati insienie cui Farsalii. senza che Sendt'oiile seiita il bisogno di accentuare

che i Farsalii avreliberci apparteniiln ;i iiiia divcrsa ciscoscrizione.

Mitfeilungen und Nachrichten. 413

Avuto riKu;ii(l(p ;< tutte qiieste testiinoiiianze di snittoii ciiiitpmporanoi, liinaiiP uua sola intcrpictiizioue possibilt; dol valoie ila aisseguaie alla i)aiola Tuni'.n/ii'. in Euiipide, e cerrheremo dlmostrarla ])rendendo in esanie le condizioiii delT airo- hiniento in Tessaglia. Qnando (|Uf.sto paese cia sotfo la sovranitii di im Tf.yii.;, i' naturale eilt» la t'nrinaziune dcllc unita tattiche non poteva essoro regolata in coni- spondenza alle singole citta. I'oitantu r s|iicgabile conio si seguisse 11 critorio regional«', formando tanti corpi d'esercito ((uante erano le ripartizioni naturali del paese, vale a dire le tetradi. Ilcapo, eoniandando le trujjpe reclntate da una tetrade, si sara eliia- mato rfr()f(()/)/i,- o riTocn/iu: die questi fosse la niagglor parte dellc volte un i)riiiciiie loeale non fa nieraviglia, nia non era indispensabile i|uesta eondizione. Aenonio ehe neir iscrizione di Daoco r chianiato r)-r(<r<)/o,- (inhjc/.i'ii- con Tevidentc tenden- ziosa intenzione da parte del tanio nepote di presentarlo rivestitn di una dignitii siraile a quella creata da Filipi)0, ') difticilmente jioteva essere un principe re- «nante. Egli e vissuto eon tutta iirohabilita al tempo delle guerre persiane:-') eerto la sua attivita deve cadere anterioruieute alla caduta di Eehecratida II o di Oreste .TliKci/rl. I, 111)^1 Ora la stirpe dcgli l^clieeratidi, (|uando non lia reguato su tutta la Tessaglia, lia eerto inantennto il suo dimiinio a Farsalo: e per una sovranita di Aenonio, non si trova faeilineute ])osto. Chianiandosi adunque rfr()«s(/)/.- « rirocii/o^ il capo delle milizie reclutate da una tetrade, si spiega conie venisse ricavato il nome di rerp«?//«. adoperato da Euripide, in luogo di reryf't.-.

Un argomento di riprova si puo addurre |ier mostrare che il innao/ii; m>\\ fosse nn dinasta, ma un eapn uiilitare. le cui funzioni non (dtrepassiavano il gir<i d'azione che poteva spiegare nel camjio di battaglia. Nel trattato d'alleanza stretta tra i Tessali e gli Ateniesi (CIA II, 88), a](|uanto prima del 3(30 a. C, i capi delle milizie d'una tetrade non sono chiamati Tit(>«ir/oi o TnyaQ/cj, ma, no?J/ii.n>yoi, e questa nuova deuoininazione forse non e anteriore all" ingerenza di Tebe nelle cose di Tessaglia. Ma se il tetrarca avesse rivestito im potere esorbitante le coiiipetenze militari, il eamhiamento di nonie non sarebbe concepibile, mentre si eomprende bene il lovescio, cioe che l'autorita militare ariogando a se attribuzioni politiche couservi Tantica designazione, come gli stiateghi ateniesi che da semplici capi della fanteria di una tfi-'/tj assunsero in Atene una posizion epolitica eminente e preiionderante. Pertanto quaiulo Demostene dice (l'hiliiip. III, § 2(j) r.l'/.i'. htTji'j.ic nw^ i/.>ri: ov/'i r«,- nn'/.i- tsUtg xcct T«i nb'f.fn; lurmv nic{>j;(>i/Ti'.i i^ci rtryfrc/;/«:,' xt'.rioDjntr. 'lyr. iilj iiinor xc.tv. nöleii, a'ü.tt xul xnf bftrii iSov/.tiovtair: non parla da avvocalo, ina ci da una notizia cronologica precisa iiitorno all" instaurazione di questo regime, ehe aveva certo radici nella storia, ma non aveva prima di Filippo assunta la ligura di organismo politico.

1) Filipiio si valse di nn nome antico per un'istituzioiie nuova. In un «locu- mento a scopo aiiologetico si eomprende la dissimulazioue della dit't'erenza tra il TtTQftp/oi. ufticiale delFesercito. e il Tirociß/oi sovrano. siiecialinente ])erclie la sovranita politica era in gran parte foudata sul eomando della iiiilizia.

2) Quanto alla cronologia di (|iiesti principi farsalii, navighiamo in graiiile incertezza. A nie pare d'aver «limostrato (Rh-ista di FUolo(ji(i. XXIX pp. 4(56 72| che le conibinazioni dell" llumoUe (KCilXXI \i. h->h) poggiatio su base molto malsicura, e che il regno di Daoco I cade in im periodu anteriore a quello com- preso tra lo scoiipio della guerra del Peloponneso e il inot(j dei penesti. Dumiue, considerando che tra Acnoiiin e Daoco c"era Fiiitervallo di nn'inteia geue- razione, quella di Agia, ilit'licilmeute la maturita d'Aciionio si )iiiu rijiortare dopo il 460: la sua attivita puo essersi esplieata anclie prima.

3) La caduta di Eehecratida n di Oreste -- (|Uesto pimtu nun e chiaiito da Tucidide deve essere avvenuta al temiio della battaglia di Tanagra, (|uaiido i cavalieri tessali defezionaroiio passaiulo agli Sjiartani Diod. XI, S(J, 2). Nel 460 la diuastia a degli Echecratidi si reggeva ancora, aveudo alloia stipulato gli Ateniesi un trattato d'alleanza con i Tessali e gli Ari,nvi {Thucijd. 1, 10-2). Che Eehecratida il padre di Oreste sia identicd al jiadre di Antioco, iiii senibra uiropinioue in- conciliabile con le ragioui crouologiche. Vedi Hiller von Gaeitringen, o. c. p. 6.

6

416 Alifteihingen und Nachrichten.

Zum Monumentum Ancyranum. Von l>a\vril Kazarow.

F. Kmp]i|i liat in .seiner Abliandlung IM/Ilcil. d. Anh. Tust, lioni. XIX (l:t(J4). S. Tiifg.i. die ifi'i^en K iirn eniaiins Auffassung des Mon. Am: gericlitet ist. die Vermutung ausge.sproclien. daß ea|i. "25 uisprünglicli für die Stelle nach oap. -J licstiniint gewesen sei. Wenn wir dieses Kiipitel hinter c. "-' versetzen, würden wir in den Kapiteln 1—4 eirii- vdllständige Idstoriselie Darlegung des EuijKirlcomiuens des I'riiize|is voi- uns liabeu: seine jetzigi' .'Stellung verdanke dieses Kapitel der umstellenden Tätigkeit eines Kedaktns, Weiter meint K(iep]i, dal.l die 'Worte in cap. 4: coii,s-iit fiier\aiii tvr decieiis, r[t<\iii [,vrr//«'/;j(([(/i] liai'c [<-/ miin t!c]p[limnni et trif/ensimum irHm\niri(ic potestalis, ursprünglich ein eigenes Kapitel gebildet haben. Dagegen widerlei;f Kornemaun folien .S. öIT Ki)e])ps Argumente und i;ilit seiner eigenen Auffassung eine neue und, wie uns scheint, sidiere Grund- lage. Daß die letzten Worte im c. 4 \un dem Rest des Kai)itels abzutrennen sind, darin sind beide Gelehrten einig. Weiter aber hat Kuruenumu ganz Recht, wenn er „die .Motivierung der angeblichen Ka])iteluuisteilnug vollkommen uu- geui'igend" tindet, uuil er hat gezeigt (<ibeu S. 3-.'of.). daß c. -.'5 au iler überlieferten Stelle gar uiclil unpas.send ist.

Aber, abgesehen von den vnn Kurnemanu Ijeigebrachteu .\rgumenteu, spricht gegen diese \'ersetzung noch Folgendes:

Die Worte am Ende von c. 4 sind im Zusammeuliang zu Ijetracliten nicht nur mit dem Schluß des ganzen Dokuments, sondern auch mit den Worten im c. 7: \ i/riucejt.s scnuliis fiil iisquc ad cum d/eiii. quo scrips]erain liaec und im c. '2.'): ijiii siih [siijuis iiieis liiiti] i,iilitarerii>l, fiicriint sciiaforen plures qudiii DOC. in ii[s coH- .•'itlare.'i et qni p()s]tca coiisiih'K farli aiiiil (id eittii difiii. quo scripta su[nt haec, FjXXXIII usw. Ks ist zu beachten, daß die Zeitbestimmung in diesen Kapiteln: (',v(/((c ad ciiii) dient, i/vo usw. in der Luft schweben würde, wenn nicht friiher das Jahr der Niederstdirift des ersten Entwurfes mit dem Konsulat bestimmt gewesen wäre lam Ende von c. 4). Weil .Vugnstus im caji. 4 die Zeit der Niederschrift des Dokuments genau bestimmt hat. lieschränkt er sich im c. darauf, nur das Lebens- .lalir anzugeben, in dem dieselbe erfulgt ist. Wenn dem so ist, wird man die Versetzung des c. 2j hinter c. 2 nicht billigen können; denn die Worte im c. 25: .'// ii[s constilure-f et ijiii jJOa]tea consiilc-'^ farli .saut ad eum diciii. quo scripta !iu[nt liacc, die mit Rücksicht auf die Zeitbestimmung der .Viederschrift im c. 4 gesclirieben sind, dürfen nicht dieser Zeitbestimmung vorangehen. Selbstverständlich hat .Vugustus bei der Redaktion, der die Kapitel 7 und 2.3 ihre Entstehung verdanken, die ursprüngliche Datierung') im c. 4 mit iliicksicht auf die Zeit dieser Redaktion abgeändert. So ergibt sich, daß die Ilyputhese Koei)ps von der umstellenden Tiltigkeit eines Herausgebers kaum zu begründen ist.

I) Nach Kurnemanu (Beilräi/c \\. dö: V 327, : coihsul craia umlccitmtm.

Personalien.

.\m 21. Oktcilier liHij hat lleiinann Fsener zu ISoun die .Vngcn geschlossen. Den .Manen des großen Forschers und Lehrers, dem ..Philologie und Gesclriclits- wissenschaft" als Eines galten, dem die antike Chronologie nud vor Allem die Religionswissenschaft tiefgreifende und bahnbrechentle Förderung verdanken, beugen sich ehrfurchtsvoll mit den gesamten Altertiimsforscheiii auch die \'er- treter und Jünger der alten Geschichte.

ririch Wilcken. ordentlicher Professor der alten Geschichte in Halle, geht in gleicher Eigenschaft als X:ichf'iilger Gurt Wachmuths n;icli Leipzig.

Mitteilnmjen und Nachrichten. 417

Zum Titel unserer Zeitschrift. \'(Fii ('. F. liOlinianu-Haiipt.

Mit dein vorliegenden Hefte bescldießen die Bcilröge :nr dlten OesckiMe ihr erstes Liistniiii. Als ich sie, gestützt (iurch das lebhafte Interesse und die 0])fer- willigkeit des Herrn Verlegers, liegriindete, war ich /.war davon durchdrungen, daß eine Zeitschiift für alte Geschichte ein iniah\vei.sl)ares Üedürfnis sei, aber, wenn ich auch holTte. (hil.> sich das l nternehnien als lelienstähig erweisen werde, so scheute ich mich doch, den vielen Fehlgründungen schnell ents('hlummernder Zeitsclirifton eine neue hinzuzufügen. So zog icli für den iicginn die bescheidenere Form einer Serie von Beiträgen vor. die in zwanglosen Heften ersclieinend. jeder- zeit als abge-schlossen gelten konnte.

Schneller, als ich erwarten durfte, hat sich sodann der Übergang zur Zeit- .schrift vollzogen, iu deren Leitung mir alsbald Frust Kornemann als nin- sichtiger Kollege und treuer Freund zur Seite trat. Her Zeitschrift, deren He- .stehen nun gesichert erscheint, darf man einen knappen, nicht durch Ab- kürzungen zu verunzierenden Titel wünschen.

Her iu diesen Blättern gegebenen dankenswerten .Anregung folgen wir nun- mehr, iu der Cberzeugung, daß die nicht zu leugnenden Nachteile der .Neuerung von ihren Vorzügen erheblich übertroffen werden. Dem alten unverändert beizu- behaltenden Titel sei als Obertitel und Kennwort der Name dei' Muse vorgesetzt, die zwar nicht von Haus aus. abei- in lani;er Zeiten Lauf als Träyerin und Sinnljild der Geschichte gegolten bat.

.KJio. Das Zeitalter" steht über dem seciisten (iesang v<ui ..Hermann und Dorothea". Wii- diirfen die altvertraule Fiu-ni wühlen, ohne des Grieclirntnms überi-agende Bedeutung zu verleugnen.

Zu dem früher mitgeteilten Votum der iii'rliner ai-cliiiologischen Gesellschaft, gesellt sich in gleichem Sinne Ji'tzt die überwiegemle .Mehrzahl der einbeimischen uiul auswärtigeu Fachgeuossen, die als Förderer der Zeitschrift auf dem Titellilatt genannt waren und auf deren Mitwirkun;;- und Jlitarbeit Hedaktion und Verlair der Zeitschrift Klio. Beiträge :uy alten (Jcseliirhte auch ferneihin recbni-n.

41«

Namen- und Sachverzeichnis.

Von H. Tliiiiiiiiiel.

(iegenstunde, die, iilino auslührlicher behandplt zu werden, nur erwähnt wurden, sind niclit aufgenommen Die groücn Zalilen l>edeuien die .Seiten, die kleinen die Anmerliungen. Grieeliisrlie Namen sind in grierhi.scher. lateiniselie in lateinischer Form aufgenommen. ..Citale". „Inseln illen". ..Münzen- s. unter

diesen Rubriken.

Seite

.Abhängigkeit: Fovmt'ii(l.staatl..A.4S. 305 f. Acliaier, Aut'geliot 344; ii. Neineen •2'2'2 Achilleu.s in Olympia vereint . . 3.s Acilius Attiamis. jiraef. jiraet. . . üOl Atlelshensfliaft i. griocli. Landein 401 3 Ägypten nnd reisit-n i. .1.344 Uft; äg.

.. Münzt'uLl V21

ÄtolischeSynipiiliticn. .\iui)liikti(inie2'i7f. Agatliokles, lAsiinacli. S. •-'4ö, •i't'i, 387;

A., Tyrann v. .Syiukiis .... 404 ager u. oppiilnni s.'). ii. nilisHDf.: ;i. Ho-

niann.s 87''', 'JO

Agiadenli.stf d. ncnen Weltcluonik '289 Agime in Olympia I. IC. 22, 30f.. 34, 3<;. 38,

nu-, 201, 213; lifi aiiileieii Festen 22(; 8;

Aguniithetfs in .Vthen I.'i", ICH'.,

lii.jf., li;8, im .lalire 2.s2;l . . li;5^ Agyrrldos, Kalllniedims S. 102, 104. liKj. Klii Aigati.sclie Inseln liei Ptilybios . . 93f. Aigina, Streitkräfte ... 2(;(;. 364'

Aiolis = Thessalien 152

Aisyranetie . . . 392, 397 400. 403 f. Akarnanieu, Heerwesen .... 341 Alexander der Gr.; Gebnrtstag 12 f.;

Reichsverwaltung u. Politik 133, 303/l(i;

Königtum 403: A. u. .Atlien 1.^,5 7;

A. Balas, syr. Usurpator ... 49 Alexaudrinist'lies t'liristentuin 120, 122;

Chroniken 289: al. Jahr ... 6 r.ri'.(Styta!h'.i (jTHf(cr<n- u. Verwandtes 299 Anaximenes, Historikerb.l»idymosl43,l.DO Andokides alsUuterhäinller i. koi-. Kriege

b~{., tn/4; Friedensrede 57f., 27(U'. Androtion b. Ditlymos 145 f., l.W; Polit 146 Antalkidas u. s. "Friede . . .')6f., 60/3 Antigonos Monii|(litli. 387": A. Gonatas

a. makedtMi. Kg. 2.')0f., 38,3/7, 3S9': A.

u. Athen 16ä/9, 179, 375, 377 f.. 3811".,

3SS/9I: u. Antiochos I. 250, 378f., 381,

383 u. Ptol. Keraunos 250', 251. 379f.;

u. Pyrrhos380f., 386. A. Doson 223,5 Antiochos I. /.. Seleukos" Lebzeit. 2491'..

253: a. makedon. Prätendent 2.53, 381,

3S6f.; s. Temiielbanten 248f. A. III.

41', 44^ 46': A. V. Knpator 46: A.VII.

Sidetes 51, 53 f.

Antipater 15,5, 158; A, Ka.ssanders S. 1C8',

388f.: A., NeH'e d. Ka.ss. 168'. 388, 3«8^

Antonius, Triumvir ic(f (>icxri'.. Schifte

.Seite 321'-, 328-', 329, 3303

178'

.Apollon Hiyiao^ in Uhiupia . . . 203

Apollonios. elischer Monat 11'., 5 8, 14/9,

26, 341'., 38. 197, 203, 210, 212, 214

Apostelgeschichte a. histor. Quelle 117/23

.\ppiaiis l^hjitiitr. 138; A. u. Pollio 1681'.

A(|iiileia v. Taiiriskerii licdrdhl 105t'.

aitytiy jussiv gcljranclit .... 4

Archelaos von iMakedonien . . . 246 '

.\rchidanios" Heer i. .1. 431 . . . 365

Areus von Sitarta .... 375, 37Sf.

.Vrgos, lleeieswesen 347, 364; A. im

Jahre 420 1 1 f ; im korinth. Krieg. 62:

V. Kleomenes III. yenommeii 225; A. u.

d. Nemeen 222'4, 226

Ariarathes, ka]ipailok. Fürsten . 294/1; .Ariobarzanes a. kyzikeii. Inschrift 294/8; als metlisch. und kapi)adok. Fürsteu- name 294/7

Aristagoras, .\iistandros, kyzikenisclie

Namen 300/2

Aristoinedesv.Pherai, Söldnerführer 1491'. .Aristophon, ath. Demagoge . . 147 f. Aristoteles' Staatslehre 394 9; n. '.4.'/. IIo/.. 40i*;'.ioiiiTori/.i/i totfi/.i)i- <l'i/.i'(iJio^ 132 Arkadien. Heerwesen 341, 344; Arkader

und Olympia 222

.\rkesilaos von Kyreue '. . . . 153 Armenien und das Partherieich 4b'\ 54

Arrheneide.s" Archoutat 167

Ar.sakesl. v. Parthien 41', 44, 129, 130';

A.-Tiridates s. Tiritlates: Arsakes als

Titel 43; Ar.sakiden 41, 44, .s. Mithri-

dates; A.-Ära 39^ 41', 44'-, 54, 128/30

.Arsinoe u. d. juakedon. Königtum 182,

2451'., 248, 252, 254, 383, 385 7; Anteil

a. d. Politik d. Ptolem. 1823. 3801'.,

383/5, 387; Tod 376, 384, 387 90

Artabanos, S. iL Phraapates 39', 42, 42'

.Artavasdes, medisch. Fürstcnnanie 2961'.

Artemision, Monat 204

.Vschenüberlührung zwisclien Altären 16 Assyrische Thronf'olgeurdnung . . 40 «ör<«(rf/f;c /(J'.Y'z i" -Athen . . . 343 .Athanaios, elischer Monat . . 23, 211 Athen i. d Per.serkr. 272f., 392: u. Sparta n. Plataiai 257 68: Maiierbau iL Theni.

Namen- und Sachverzeichnis.

419

SiMiO

78^, 250,7;); im ]icliii)uinie>. Kriege 10/2; Krieileu iii. Sjiaita i. .1. .'334 und 371 64: A. gegen Epameinoiulas ."USf., 354f.; A. um 350/40 v. Chr. (17 f., 146/8; Vertas,sungen ii. Politik i. ' o Ili. Jalirii. lö.j/83, 37j 91; A.s Auniilieruiig an Ägypten um 273 380f., 3831'., 387, 38lt/91; .s. koiintii., laraisclier Krieg, Antigonos, Pyrrho.s. Atli. i?eamte 157, Un, 165f.. lGii,72, Finan/.ver- waltung 148, 171 3. 180, 382; liürger- zalil 273 f., 352 f., 3H5 7, Sklaven 274: Heerwesen: Aufgeliote 341/3, 347,74; Dienstpflicht 350: Feldarmee 2i;G, 3Ü3, 371: llopliten 20(3, 347, 3.')0f., 3.55/Gl, 365 9, 371 4; Reiterei 350, 356'8, 372, 374; Söldner 350; Belagernngstrnppeu 10, 303^ 364; Flotte 266, 271, 273, 347, 360f. A. als Fe.stung 261, 265 7, 361', 370; Mauer vor Themist. 78, 266, 273, 275; d. Them. 256, 258, 268f., 271/9; d. Konon 56; Besatzung .-V.s 362 f., 365, 367/71. .s. attisch

Atheua i. Elis verehrt 22 f.

Atropatene (Media) 46

Attalos II. unil Nikomedes Monodüs 103 Attalos, Kommentator zu Aratos und

Polybios 100. 102

Attische Demen 75, 77, Familien 282/4, .Tor.- 272: Münzfuß 1261"., Kalender 15,7, 19, 192 '5 Aufgebote, griechische . . . 341/74 Augustus u. d. Monumentum Ancyranum 317/32: a'. als Sti-o^ geehrt 300: A. a. Schriftsteller 317, 320, 327, 330. A.- Statue V. Priraaporta 331; Aug. a. Titel

324 f, 330

L. Aurelius Cotta v. Scipio angekl. 135f.

Auslosung von Beamten . . 173, 177'

Arrox'/.iji Airiov 'Ayccntiz . . . 2S2f.

Babylonien unt. seleuk. Herrsch. 46, 48/50,

128/30; unt. parthischer 41 '. 4(;'. 49, 51,

54, 129; bab. u. bab. arsakid. Datierung

41', 128 30; leichte Gewichtsraine 124f.

Bagoas 142 f., 145

Baktrien u. Parthien . . 44 f., 48, .50, 54 i^uailtiu. ßaai'/.er^ s. Königtum Beamtenlisten, griechische . . . 293 Beinamen lielleuist. Könige . . 43, 52 „Beiträge" oder „Kleio?" . . 140, 291 f. Boioter aus Thessalien vertrieb. 152;

Heerwesen 344, 347

Bürgerkrieg i. Mon. Aucvr. . . .321 f.

Rukatios 6\ 17. 26, 219

Bularchos, ath. Politiker u. s. Familie 165

Byzanz i. makedon. Zeit 68f.. 147 f., 305

Caecilius llilarus (Hispo) .... 285

Caelius geg. llirrus 231, 235: C. u. Cäsars

gall. Statthalterschaft . 111/3, 238/40

Caesar u. s. gall. Statthalterschaft 107 16,

236/40; C. u. das Consnlat 108, 112 f.,

116, 233-, 236, 240. C. u. d. Obstruktion

i. Senat 231/3. Cäsarisraus. . 401

.Scili'

Capiliiliuin v. iJom 90

Cato d. .1. u. d. Olistruktion 230f., 233 f. Caudiuni als Stadt ohnr Territorium 85

XiciiiHt-ÜM.: Ihticviti.; 131

.Wt/y/x-ro,' (1) A'vTox'/.iovi nilteig . 282

Chaironeia. Schlacht 1 56 :iiTIieopomp 149;

Aufgebote b.Ch.342,349.351,353, 355,362

Chamyne (Demeter) . . 29/31, 37, 205 '•^

Chares i. .1. 340 v. dir 68f.

Cliiliarchie, makedonisciie . . . . 314 Chios um 346 u. 340 i'>d, 147f.: i. d. delph.

.\nipliiktionie . 228

('hremoni(les"Psepliisma375,379/81,383f.,

387f.: chrem. Krieg 165/7, 3751'., 378,

380 <, 384,6, 389/91

Chronologie, olympische 192f, 207/9; d.

Arsakiden . ' 44, 128/30

Cicero u. d. Obstruktion 230f.; u. Caesars gall. Statthaltensch. 109/11, 114 f., 236 f.; C. im .J. 44 V. Chr. 13f.; Glaubwürdig- keit 136

Citate Pind. Schol. V. 33 2/5; Thuk. 1. 89 257 f., Thuk. II. 13 356 f., 361/71: Thuk. II. 20, 4 369; Thuk. III. 17 369; Hippocr. Epid. IL 2, 3 133f.; Aristot. U». Iloln. 24 357; Charax (Müll. FHG. III 643, 36), 138f.; Polvb. I. 56, 4 97f.; IX 15, 8 99f; XXXVII 6, 2 137; Didym. Coinm. ad Demosth. col. 7, 17f. 64, col. II, 37f. 71; Syncell. 369, 17 213; Eusel). Chron. I p. 192 186^: Cic. de off. 1 38 135; Cic. de or. II 277 136; Cic. ad Att. VII 7, 6 UOf., 236f.; Cic. ad Alt. VU 9 HO, 236; Caes. b. civ. I 9, 2 1163, 237', Hör. a. p. 345f. 115';

Liv-Epit. col. IV 136 f.

T. Claudius Asellus trib. pl. . . . 135 Clodius u. Senatsobstruktion 230/2, 234 colonia, Bedeutg. 80»; röm. c. 89, 91 f. coniuratio Italiens f. Augustus . 328/30

Crassus 1071'., 110, 115, 234

Curio trib. pleb Ulf., 239 f.

Darius' Satrapieueinteilung . 306 f., 312 Daskviion n. Daskylitis-See . . 241/3 Datierung, doppelte .... 41', 130

Decius, um 150 v. dir 136 f.

Deinarchos' Reden .... 161, 170^

Delion, Schlacht. Aufgebote 342, 347/9,

358, 361 f, 368, 373

Delphische Ampliiktionie 32 ^ 70f., 148,

221, 227 f.; Orakel u. Orgas 64/6, 146,

280 2; Kalender . . . 15/7, 19, 212

Demades 155, 159, 162, 342

Demetrios v. Phaleron 155/'8, 161, 170=, 176^ ISO'; Dem. Poliorketes a. Kg. V. Makedonien 160f., 388^; u. Athen 156, 158 64, l(i7, 176/9, 181/'3; Dem. I Soter V. Syrien 46, 48, 125; D. II Nikator 47,

49/51, 53 f.

DemiH-hares v. Leukonoe 156, 163, 166,

I68f., 175f. 180', 181, 388; Ehrendekret

f. ihn 168f, 173/6. 377, 3811'., 3871'.

420

Namen- und Suclivcrzeklmis.

Demokratie i. Atlieu l.')5 T'J, 377t'., 381 Demon 1). Didynids citiert . . . .101/4 nemustlienes fii, 70, 147, US8, 34Ü;.s));iterer Kintliil.1 l.').j/;», 162, liUi, IC8. 1(1. Rede G7. 143f.: Uii.'iai-Iiliclilcüit . . . 131 f. I)e.si)oti.siiiii.s il. (iriental. Könige .3iii;8

Dimnevismos 288f.

Ai/ofii/yi^. Ai/o/n/yic 1, .")

Didyino.s" Ivoiniiieiitar /.. Demostiiene.'i u.

iristoiil<ert'raKiiieiite . .•■J5,7I, 141/.34

Diodor.s//Uverlässigk.348/.')U, 353,3.')tif., 3G8

iSioi^fiiai-i. il \it'i] i'nl Tii d. i. .\tiien 157,

170/2. 38-2

LUoiUisnios 77

Diouv.siiis 1, .s. lleeresaiifgeljot . . 343

Dionysos-Kiilt i. Pisa u. Elis 34,26, 32, 191

DIopeithes, Diopiiantos. Diotiiiios. ath.

Politiker löii, 8 :l)iotiiiios'Arclioutat 177'

Diskos d. Iphitos 184f., 1!)6

Dörfer, grieeli. s. ;^iv/o/; ital. 78f., 81/4 (So>!(ii('.t>i('. i. Athen .... 1G7, 172f. Doppelaltäri; i. Olympia 28'. o2-' 32^. ll'l

Drei/.ald a. ital. lioden 83

Duris h. Didymos citiert .... 151

I'jrene-Knlt Ii4

l<;kechciria s. Odttesfriede: l^etleiitg. l'JUl'.,

213: iüldsällle 18,'); ^yf/iiijU:. l-x-

'/'/;""■ -"■'*! "•^'"i- !-xt/fiijl»fonoq 21G

Kkkle'sia/.nsen d. Aristoplianes . , 03 f.

i';iai)liios. eliscli. Monat d. Arterais IG, U).22

Kleusis lim 2S4 v. Chr. 388 ■•; Elensiuien

204f.,21»: Priestersehaft 14.'): .■•.T/."f/./r//L:

l.')7. IG.'if.: 'ni>i: itoyv.c . G4/G, 14.i/7

Klis M. Ülym]iien Kk 22. 2i:if.. 222: und

Istiimien 221; i. Kampf ni. Pisa 31t'..

.•;g. 191; ;i. heilig. Land 1941'.; Synoi-

kismos 77; .lahr 1419. 22/4: ,s. Apollo-

niiis, l'artheinos

Klymaia n. Mithridates 1. \. I'aith. 47f.. .jo

Eiinaeterisehe Feste 2."). 189

K])liel)en. athen. IG4t'., 1G.Ö\ lG8t'., 294,

3.'. 1/3, 3.')«, 3G8, 371

Kpliialtcs :i. Oi\sandter i. Pei'sien Gfi, G8,

Zug g. .Megara . . . 6.-.f., 14."», 147

Kplioros" Zllverli■lS.^igkeit . . 2G7, 27ij 8

Ei}icliares. .Mikons S 132

Epieharmos, Kallistratide>' S. . . 1(52 Epikrates i-,t'.i<taii injo-: .... .■)7/G3

!Tcij^i)irioi -= )fi>o:iowi 211

iTiilxO.tiTc) TijQ :iOfin)j^ . . . \'u, lG.')f. Ejiispondorchesten i. olvmpia 207, 209,

211, 214, 21G

Eryx b. Polybios 95/7

f'&ro^'. Bedeutung 75

Etrusker. Eintlul.l a. ital. Siedelun.gen 79. 87 ^ 88 '90, 92, 337 Eubulos, ath. Politiker ISO; Archou IGiI; E.V. Atariieus 141 : Eubulid. v. Eleusis 58 Eukrat,idesI.v.Haktrien44f...54:E.II.45'-,48 EtxTtifHor Xfttjloi- .Idvniti-^ . . . 1311'. El/ith-)jg a. kyziken. hischr. . . 299 302 Euphiletos, ath. Politiker .... 157 fieTuarijQ 171t.

SlM(r

Fastenehronik d- neuen Weltehron. 289 Eeldgemeinsehaft b. alt. Siedelgu. 74/G. 81 Feste, grieeh. 203 5, 22G f, s. a. Eleusinien.

Isthmieu, N'emeen, Olympien, Pythieu,

l'anathenaien, Soterien. .Änkiiu-

digilug s. ri:iov(U:'i 220

Frauen b. olymp. Fest . . . 31, 3G 8

l'undus. Bedeutung M

Ciaia in olvmjjia verehrt ... 29, 38 Galliscli.Statthaltersch.('aes.l(i7 lG,23G/40 Gelous Sieg am llimera . . 392, 397 Ülaukon, athen. Politiker .... lG5f. üüttest'rieden, olympischer 8, 12. 1S4;'218;

bei andereu Festen 2031'.

Griechische Städte in Asien 313; EiutlnU

auf italische Siedelnngen 79, 87; .Vuf-

gebote 341 74: s. die einzeln. Staaten, llabron. ath. Finauzverwalter ... 157 lladrians Keyieruug 290f. ; griecli. Spiele

unt. II. . ^ 2G, 226 f.

llannilial.karth.Ofl'izierei. l.i)un. Kr. 93/5 Heiliges Laiul l)ei Olympia 94/(), s. Orgas

h. Zeit, s. (jottesfriede. lleirkte b. Polybios geschildert . . 97 f. Ilelhiuodikeii IG, 2.5, 32^ .34. 184, 191/3,

196. 201, 207 Hellenistische Monarchien 42f, 50, 52,

Städte 46'. 52: Hellenismus u. Alex. 31 1 Hera .7/;p.'>f)o; 23f , a. Moudgöttin 24: II.

und Zeus 33; lleraien i. Elis 22 38, 189.

191, 203: i. Argos 226 f; lieraion i.

Olympia 28. 34: Altar 28, 34; Priester-

inueu und olymp. Fest 36f.

Herakles uiul Ulympia 1. 3, G, 18. 29f..

194f, 212; lleVakleideu iiiul Olympia

194f, 199-'; Herakleios. Monat "2121'. Ileicidanenm und Vesuvau.sbriicli 333 5 llerodots (leschichtswerk . . . .3921'.

Ilerinias v. .Marneus 141/5

lleriruppos ii. Didymos citiert . . . 143 Heirscherkult der pers. Könige 3()S'10; der

parthisch. Köuige 52^

lletahen, makedoui.sclie l.'id. 246', 304 llierokleides, Daduche i. .1. 352 . G.5, 61 lli]iparchs astronomisches Werk . . 1021'. Ilippische .\gone in Olympia 191, 200f. Ilipiiodameia und Olympia 29/31, 34, 38 llipi)ostratos. .\myuta.s' S. ... 1.50f. llirrus' Obstruktiousversucii. 231 f, 235 llofsiedeluug b. d. Italikeiu ... 79

liortus^ Bauernhof .80', 90'-'

llyrkauien v. Mithridates 1. von Parthieu

unterworfen 46,8, 50, 54

lamideu, pisat. Priester 33, 186, 187i, 209

1971".

Indische Feldzüge der Baktrer u. Parther

4.5, 48, 45 In.schritten, Keilinschrift. Bihlioth. III

p. 137 ff. 248'. 386f.; bab. seleukitl.

und arsakid.41', 46', 49; grieeh.; IG. II

104a 651'., 280/2; IG. II 269 172;

IG. II 481 294/6; IG. II'- 1028 132;

IG. II 1406 296: IG. II add. 302b

A'auien- und Sachverzeichnis.

4-21

Seite lö'J; CK;. 11 p. 1135, ut;9.".b 301; CIG. 5795 18-": Kpliebeuinsclirift CIA. (=IG.) U lOUi, lOi'S, 1031", CIA. IV (= IG. I Suppi.) 2, 5381) 3.Mf.: Ditt. Syll.-' 1 4, 214 375, s. Chremonides; Ditt. Syll.- 11. 259, 42 -JU^-; Ditt. Syl!.' ii. 281 220t'.: Aiiiial. of Brit. School at Atli. VIII 211 imü 228 132: BCH. XIV 537 299: Pivtanenliste Atlien. Mitt. X lOG 283t': (iischr. a. Kyzikos Athen. M. IX p. 10 300 2, Atheu. M. IX r.O 293/302: Iiisclir. a. Zeleia 298; Ü|if'erljearateuli.ste v. Olympia 205 9, 214 Ol. V II. G4 208; Ol. V 103 207 j'ilt. Olympioiiikenli.ste Ol. V^ n. 17, 192=, Iiischr. z. Ehren e. Sti-o^ 300f.; latein: Stand d. Corpus 139: CIL. II 4ß0 und 1041 S(i; CIL. V 2, 8270 104/(5 ; Verschleppuua; v. Inschriften 298 Iphitns u. d. Ohinpieii 184 9. 194. 196, 200'-', 2121', 215

Isthmien 2031'., 221, 226

Italisclie Siedeluugeii 78/88

Jahresanfang i. griecli. Kalender 14 6, 19

.Jason V. Pherai 347, 349

.lupiter, Juno 24

Justins (;ilaul)\vünligkeit ... 39, 47 Kaiser, röm.u. griecli. Spiele 2ü, 211-, 225/7

Kallias v. Aixoue 164^

Kalliinedon, athen. Oligarch ... 162

Kallisthenes"(jij';'i)/(,«/(f: üb. Herinias 142f.

Kallistratos, Gegn. d. Audokides 48, 61/3:

K. 'J/fr<»i'fij 283; K., Telesino.s" S. 1G6

Kappadokisciie Fürsten 294/6

Kannanien unt. parthisch. Herrsch. 485

Karneios 6\ 8f., 22, 197 f.

Kartliago ii. 1. syr. Krieg . . 378, 384 Kassander. . 155, l.öSf., 176, 181, 188 Katharsis b. Festen 8', 16, 18, 34, 38, 201 f., 204-, 214 keltenkrieg i. J. 279 355; keltiber. Kriege d. Römer 135, 137/9; kelt. Siedelungen

79', 813

Kimmeiier - Tliraker 134

Kleistheues' Reform 77

Kleomenes III. V. Sparta 224f.

Kleonai u. i\. Neineen 222

Kleosthenes v. Pisa u. d. (tlympieu 184,

194, 196, 215

Kleruchen u. deren Dienstptlic]it354f., 359,

361, 367 f., 373

Koareue u. d. Partiierreich . . . .451

Königtum u. Tyranuis 393/8,400 4, „König

d. Könige" a. parthisch. Titel 52 f. Könige

V. Augustus besiegt 32Öf.

Komarchos -Tty; 'W.e/wv . . . 3, 5, 7 x(l>/Lt)i a. Siedelungsforni 75,8, SP, 84, 91 Koinisene u. d. Partherreich . . . 45f.

Konon 56

Konsularkomitien, Zeit . 113, 116^. 239

s^ xooax«^ 151/4

Korinthu.d. Tyranuis 392f.;K.l.peIoponn. Bund 264/7; korinth. Krieg (s. a. Nemea")

Beiträgt* z. alten Geschichte V3.

Seite

56' 8, 60, 62, 349, 3531'., 362, 366: Ver-

liandlniigen v. J. 392/1 v. Chr. 561'.. 61 3.

Heerwesen. . . , 342, 348. 364-

Koi-oibos' olymi). Sieg . 186/90, 213f.

Koroueia, Schlacht 344

Kos, Schlacht 390, 391'

Kreta um 273 v. Chr 379

Krisa zerstört 32. 192

Kultstätten und Ausiedehiiig . 84^: parallele Kulte 33f.; K. verdrängt 31 3: von Kinwandererii übernommen . 194

Kurupedion. Schlacht 244f.

t'.7T(') ar(''./i(iv Aui/j'/.Kii 357 '

Kiai.iuw Dichtungen 150

Kyzikos unt. Augustus u. später 300 2;

kyziken. Familien 299/301

I,achare.s' Tvrannis 159 '61. 163'. 179%

183, 377 haches, Deraochare.s" S. 168f., 173, 3771'.,

381, 383, 38S Lakedaimonier s. Sparta . . . .9 11

Lakrateides, iiieroidiant 66

Lamisclier Krieg, .\ufgebote 343, 349 f., 353f ; u. siiät. atli. Politik 1551.. 162,

164, 180 Laucieiises als niuuicipia . . . 86 Laudverteilung b. griech. Siedelung. 75 t. Leuktra (i'4: Aufgebote . . . 342, 371 Lilybaion v. Polybins gesrhiklert 93 5 i.iuh-t,- --= llafenanhigen .... 94' Liviusepitome, neue .... 55, 135/9 loy/'.ih'^. griecii. Flitetrupiieu . . 346 .t(0o.-. makedon. Monat .... 12f. Liika, Konferenz der Tiiuuivirii . 115 Lukas und die ApostelgescJiichte 118/22

Luthrophorien 23

l,ykurgos v. Sparta u. Olympien 184 7, 'l94, 196, 213, 215f.: L., ath. Staats- mann 155, 157

Lysandra, Gen. d. Agathokles 245, 252. 387 Lysimachos a. Kg. v. Makedonien 245 8, 388 ■\ 389; L. u. Atlien 163, 179, 181/3,388 .ii-'j((Tr(j(.'ro^ 'EuTiirAin- '<)ii!hr . . . 282 Magas v. Kyreue . . . 378, 380, 384

/.Hcyn'ji)^ in Olympia 190'

Magnesia a. Maiandros, Grnndung 153f. Makedonien, Militärverfassung u. Zustand vor Alex. (L Gr. 246f., 252, 304f.: makedon. Krmigtum (s. Philippos, Alexander. Seleukos, Demetrios) 160, 168', 178f., 244/54, 380. 383, 385/8, 402/4; M. u. Athen 155/7, 160 5, 167 9, 173, 175/9, 376 8, 380/3; mak. Sprache 133f: Satrapen unt. Alex. d. Gr. 312; M. a. prätor. Provinz . . . .116'

Mantik in Olympia 38

Mantineia, i. J. 420 1 1 f.: Schlacht 418 v.Chr. 341 f., 344: Schi. 362 v. Chr. 348, 3.50, 354 Marathon, Stärke der Athener . . 355 M. Marcellus cos. 51 . 107, 115, 238f. Marder im Kampf mit Parthien 45 f. Marsyas bei Didymos citiert . 150 f. Mauer v. Stadt. 78,89/9; s. .Ulien, Servius

28

■i-2-2

Kamen- und Sachverzeichnis.

Seile

Mtyca/.t'ii'iij.; .ln;?o)of i - .... 13^ Medien i. Kampf m. Partliieii 45 8. 4;)^, ö4: med. Fürsten i. I. Jh. v. Chr. 29r>f. Megara u. Atlien.s Mauerbau 266: M. n. d. ')<>;■« c ()4 f., 145,7; s. Periklcs, Myronides 3h/.>i<iiiv('i(i0^ Si-:rfT('.i(f)y ... L'83

Menoii V. Acharnai 167

Mentor 14-.' f., 145

Me.sopotaiinen und d. Parther 49, .'jl, .■)4

Metallwerte 127^

faTmiytuxif 'J06/I1, -ilö

Metoiken i. athen. Heere 350, 3531'.. 356, 358 f., 361 f., 363-, 36.5/S, 371,4

MetroDii i. 01yni|iia 28-

i-i!i\: '(l}.ifini!fo.; 8, 197t'.

Miniatnren d. neuen Weltchrouik 288, 290 Misenum und der V'e.suvausbruch 3335 Mithridate.s I.V. Parthien 39,. 54; M.l 1.42,46-

Mitylene belagert 10, 364

Molianimeds (ieburtstag .... 286 ÄlouuHientuni Ancyranuni 317,32: Kut- stehüug 318^. 41G; Aufzeichnung 331 f.: erster Entwurf 321,7; Auurduung 317=, 318 '25: cap. 3 und 4 321/3: cap. 25 319: cap. 34 324 f.; spät. Be- arbeitungen 331: zur Textkritik 319 = Monate, gritH'hi.sehe 6*, 13, 22 4, 197, 203% 204, 212. 217, 219; olymp. 8, pi.sat. 2; s. Eli.s; athen. 7, 9, 12, 22, make- doT). 121'.: i. d. neuen Weltchronik 288 Mondphasen und Olympien 181'., 21, 24; M.-'i'afeln und Finsternisse 9^, 285

moutes, Hügel Roms 87

MiinzpriigUTig in Alex. d. Gr. Zeit 308, 313'-; iran., partliische M. 44', 44-', 46": d. Itemetrios 1. v. Syrien 1257: a. Xiko ileiiiia 124f.: M -Legende .\K Y.XG u. W 124/6; M.-Fü.sse u. ihr Ausgleich 124,7: M. -Recht a. Zeichen d. Unabhängigkeit

305 f., 313 Myrouide.s" Zug nach der Megaris 3631'. Nachrichtenvvesen im V. Jahrh. v. Chr. 270 Nemea, Schlacht 344, 346/50, 355, 374 Neraeenfe.st 203f., 2151'., 220/8: jährliche 219/28; winterliche i. Argos 221/3, 22Gf.: Verschiebung d. N. . . . . 223f. ?v'eu-Kartliago b. Polybios . . 101 f. Neumond v. 22. Febr. 1477 v. Chr. 287 Nikaia i. d. Thermopylen . . . 70f. Nikias. ath. Archonteu . . . 164/6 Nikokrate.s, athen. Politiker 162, 164

Nikoniedes Monodus 103

Noriker Taurisker .... 105t'.

vlt^oi a. athen. Bürger 373

Ob.struktion im römischen Senat 229/35

Odryses-Fluß in Kl.-Phrygieu . . 242

Oktaeteris, elisch-olympische 2, 6, 8, 14f.,

171'., 201"., 24f., 189. 192,213; heraiische

24 f.; delphische .... 17 f., 20f.

Oligarchie in Athen 155/79; um 301/296

(gemäßigte Demokratie) 158 f., 163',

171 6, 179», 180f., 377, 380, 382: um

276/4 168, 170. 382

Seite Olympia n. ol. Hochfest l,.js, 184,218; Olympiaden-Zählung w. 8 jähr. Olvmp. 184/6, 189f., 193: spätere 186. 190''4, 209; älteste Feiern 30, 184/6: einzelne Feiern Ol. 1 17/9, 185f., 188/91, 193; Ol. .50 191f.. Ol. 75 8/10: (»1. 90 11: (d. im .1. 364 222;

Ol. 106 12f.: Ol. 184 13f.; Ol. uut. .lidian 225. Olymp. Zeitordnung 1/38, Periodos 14/6, 33f. : umgekehrte P. 16/22, 25/7: Jahreszeit 5/8: Beamte 209/18: Vorbereitungen 198/202; Agone, s.d., Opfer 16, 38, 199 f., 200, 205, 209, 213; Ol. als Wallfahrts- und .Messe-Ort 198, 200/3; Bauten, älteste 28, Altäre 28, 200, 202'; Doiipehdtäre 28', 32'-',% 191 ; Pryta- neion 205. Schatzliäuser 217; andere Hauten 29, 34. 193''', 201; Siegerlist-'u und Bilder . . . 191'-'. i:)2f., 202 (•lymi)ieieu in Athen . . . . 7-, 26 'Olymiiiodoros. ;itlii>n. Archon 160, 169

onw<ji: 5, 7, IC

oppidum als Siedeluugstorm 84/7, 92 (H>y{U i. Kleusis . .' 64/6. 145/7, 280/2

Grodes von Parthieu 42

Oxylos u. d. Olympien 187', 191, 194/G

Pälignische pagi 82

pagus al.s Siedelungsturm 80/4, S6/8, 91 :i('.!(hc i''.'i ' jur/ftc .... 214, 215' Pauatlieuaien . . . 12, 17, 25, 163. 219 .-r'r)v)///<f-/-Anfgebote b. Historikern 344/6; Stärke . . 341/9, 355, 362, 364, 371 Partlieuios, elisclier Monat 1, 5/8, 10/9, 22/6, 34 f.. 38, 197, 200, 212, 214; P.,

Parthenia in Kidten 23f.

Parthisclies Reich, zur Geschichte 39/54, 1291'.; Form d. Thronfolge 39/43, .52'- .54 Pauliiusche Briefe u. Apostelgesch. 121 Pausanias' Zuverlässigkeit . . 159f. Peiraieus um 295 v. Chr. 1591'., um 276 168; Befestigungen .... 267 f. Peisistratos u. s. Söhne u. Athen 392,

394. 396/400

Peithid.-mos' .\rchontat 375, 3S6f., 389

Pelops i. Olym]iia verehrt 29/31, 34, 38, 210

Peloponnesischer Bund 10, 263/5, 267;

pelop. Krieg 265, 270, i. J. 428 10;

i. J. 420 11, 21: Streitkräfte 356/74

PeutaeterLs, olymp. 2, 4f., 34, 11,5, 189;

heraische 24 8, 34: b. anderen Festen

251'., 219, 228

Peplosweihe i. Athen n. Olvmpia 25, 31,

" 34, 38, 207 = PergamenischerUnabliängigkeitskrieg38G Periandros v. Korinth . .393, 395, 403 Perikles 392; s. Strategie 365, 367, 370; inegar. Expedition 65, 344, 348, 356. 365. 367, 371 ntiihü/.oi. att. (s. Epheben, . 351, 372 Perioiken i. spartau. Heer .... 346 Persisches Reich, Charakter 306,8; P.- Kriege 8 f., 257,64, 279, 375, 392, 3951'.; P. u Grieclienland um 344 v, Chr. 67 9,

Namen- und Sachverzeichnis.

423

140, U3f., Uli: P. mit. iiarth. Herr- schaft 48, 54

Persönlichkeit d. Ilerrschers 304, 306,

308,10, 315 Pest i. Atlieii ii. ihre Opfer 359 IJI, 37df. Petrus u. (1. AixistelgescJiichte . 119 2-2 Pfalilbau-Siedeluugen i. Italien . . 74 Pliaiilros v. Sidiettns llUf., 1(55^ 16Gf.,

1G9, 176, 178

Pliciiloii V. Argüs 212, 400

PhilippII.v. Maiceilonien v.Byzanz 13, 68 f.. U;t, V. Methnne 14(!, löOf.: b. philolirat. Frieden 146f.: s. Verwundungen 146. 1.50f.: Ph. u. 'l'lieben 69 71. u. Athen 69/71, 155f.: geg. Persien 1431'., 149; u. d. spart. Königtuni ■246': Ph. ri-iitirvoi

403. Ph. V 2-22

Philippide.s, Philomelos' .S.. atli. Pulit. 158, 160, li;9: Ph., Komiker I5.s-ä, '■. 162f., 181 Philoclioros b. Didymos citiert 56/71, 150 J'liilokrates u. s. Friede 65,'7, 146/8, 280/2 Philomelos, atli. Politiker .... 158f.

Pliönizischer .Münzful.'i 126f.

Phokischer Kries^- 147

Piidkiou . . ." 69, 15.5, 162. 168, 180 Phormisios, atli. Ge.sandter . 59/61, 63 Phraapates v. Parthien 39, 42'. 44, 46'; Phraate» I. 39f. 42', 44f., 54; Phr. 11. 42, 51, 52', 3, .J3f : Phr.III. -53; Phr. IV. 43 <f.<)()iiHK = Sperrforts 342, 356, 360, 362, 367

tfHn-iim-xjov 7. lOf.

Phvlenordnunii 177', 181, Ph. -Regimenter

34.3, 347, 3.50, "^361, 372

Pisa i. Kampf m. Eli.s 31/3, 36. 191 f., 196:

P. n. Olympien 29, 32, 35, 196, 215f.,

222: pisat. Kulte 31/6, 38: p. Monate 2

Pittakos V. .Mitviene 398

Planetentafelu 41', 285

Plataiai, Schlacht, Aufgebote 344, 355 f., 364: Zeit 258: jiolit. Lage nach d. Schi. 257 60; Plat. belag. u. zerstört 271, 275

Plenratos. lUvrierfiirst 150f.

Plinius (I. Ä. u. d. .1. li. Vesuvaii.sbr. 333/5 Poikile-Petra i. Kilikieu .... 340 7ii'i/J4 a. Siedehuigsform 72, 75, 77, 92 Polvbios" Werk, Entstehung 100 3: Quellen 98/103: Pol. b. geograi»li. Beschreib. 94 7: Autopsie 9.3/9; Reisen . . 96 f. UoliniSoc. kyzikeu. Name .... 300 Piilygonalmauern i. myken. Zeit 336/9

liomerium 89. 91

Pompeji u. d. Vesuvausbrucli . . 334f. Piimpejus u. Cäsars gall. Statthaltersch. 107'16, 236/40: Sext. P. i. Mou. Aue. 319, 3212, 322 praefecti Augustales 289 i. ; praefecturae 84 Priester i. Olympia .... 36 f, 205- prorogare, gramni. Konstrnkt. 114 f., 236 ^ Prosopographia Attica . . 131 f., 282/4

Proskyuesis 308

Proxenos, Athener .... 16H'., KU

Prytanenlisted. Leontis 283; Pr.-Sclireiber

162, 164 ^^ 166, 176, 177'

Ptolemaidsl. hilf, 165,179. 182, 389; u. Alex. d. Gr. 387-'; u. Pt. Keraunos 2.50f., u. Sarapis-Kult 133: Ptol. II. 254, 375 f.. 378/81, 386 f., 389f.; Ptol., „S. d. Ptol. 11." 389'; Ptol. III. 224f.,385, .389': Ptol. IV. u. V. 224f.: Ptol. Philometor 49; Ptol. Auletes234: iitolem. Jlünzorduuug 126f. Ptol. Keraunos 24.5 54, 379, 385, 388^: Pt. 7:,7/';-oroj. Lysimaciios' S. 245, 254. 385, 387, 389: Pt. Telraessios 3853, 339 i Pyrrhos u. Demetr. Poliork. 179, 182; P. u. Antigonos 1681'., 379/81, 383f.. 386, 390; a. Kg. V. Makedonien . . .388^

//[ »,•'»;_•. kvziken. Name 300

Pvthienfei'er 17, 26, 1.S9, 192. 203 f, 21 9 f.,

'225: jährl. P. 219f, 228: P.-Zählung 221

Pythokles v. Kedoi 11. s. Familie 162, 167f.

Ih» i. Inschriften fehlend .... 299 '

Reclienschaftsablage v. Königen . 397

Rhodos gTiechischl52; um 346/0 69 147f.

Rom, älteste Siedelung 87. 89 -, 90 : a. Stadt

89/92; a. Weltstadt 72f.; R.u. l.syr.Krieg

378, 384: röm. Namen a. Eiionymen-

listen 297. r. Pfund u. babyl. Mine 124f.

Salamis. Schlacht 9, 392

Sarapis u. anklingende Namen . . 133 f.

Satrapien d. Darius 306 f., 3 12, d. Alex. 312. 4

Schaltordnuni;-. uriech. 14/9, 24/6, 35; i.

Olympia 189,201 f.,213f.,217;i.Argos217

Scipio d. J.. Gesaudtschaftsreise . 135f.

—f{iuiiiiit'. Si'iiic. i. Laotlikeia . . .2261'.

Sechzehn Frauen in Olvmpia 22, 25,

31 f., 36/8," 191, 205-, 207

Seher i. Olympia . . . 193, 207. 209

Seleukos a. Kg. v. Makedonien 244/54,

381. a. Kg. V. Babyl. 128f. S. g. Ägypten

250 f., g. Antigon. 389, g. Demetrios 179,

I82f. S. Kalliiiikos .50'': Sel.-Ära 41 >,

44-, 128/.30; Selenkeia i. Kilikien 34<)

Sella.sia. Schlacht 223/5

Senat u. .Jugurtha 230, u. Cäsars gall. Statthaltersch. 107 f, llOf., 238 f.: Ob- struktion i. Senat 229/35

^tiir.nUor. 2£t<ti:7iU u. Ahnliclies 133 f

Servianiscde Mauer 74, 91

Siebenhügelstadt Roms. . . .87, 89'-' P. Silius Nerva cos 20 v. Chr. . . 105

Siuatrokes v. Parthien 43

Sizilische Sklavenkriege .... 139

Sirius-Aufgaug 7

Solons neifvr/ßric. 399/401, gottesdienst.

Reformen 192

Sosipolis i. Olympia verehrt . 29 ', 205^ Soterien, delph.-ätol. Spiele 204^ 227f. Spanische Kriege d. Römer 135, 137/9;

s[). Gemeinden 86

Sparta u. Olympien 195f.. 219f.: u. Athen. Mauerbau 78 s, 257/70, 273, 2771'.; im jieloponn. Kriege 10/2: u. '/. IV. Jh. 64, 166: Politik um 270 v. Chr. 375, 378 f., 383 f., 390. Sp. a. Dorfgemeinde 76, 78: Königtum 76, 78, 246'; Heerwesen 341/3, 34.5/7, 360

2S*

424

Namen- und Sachverzeichnis.

Seite Spartokos, Kg. v. Bo-sponis . 162, 177 Spartolos, Schlacht . . . 359, 361, 373 fOToivS«; = Gottesfriedeii 21. ■)!"., Spoiido- phoren 8, 12, 2ii-lf.. 2(17, 209, 211, 214/8 Stabiä u. d. Vejsuvau.sbiuch . . . 334 f.

Stadion i. Olympia 30 f., 191

.'^tädte (s. ;to/.(s, iii'bs) 721'., 79; St.-Grün- dungen 79, 1.53f.,31.5; Stadtstaaten 79f.,

91 f., 206 Steuerverwaltuug i. pers. Reich 306, 313f.,

Stoa und deren Politik 167

^Tpnnoc. kvzikeu. Name .... 299

Stratokies, atheu. Politiker 1561., löS^,

160, 163. 169, 174/6, 181

Stratonike . 182

.i'irtd^/or liiniiy llitiifhi'.iviv . . 40,421.

Synoikismos 77, 92

Syrisches Reich 44. 48/.')0; 1. syr. Krieg

37S. 380, 386 rciildi Tov ('i>ift(n- in Athen . . . 171 l'anagra, Schlacht, Anfgebote 35.5 f., 364

l'auriskertriumph 104/6

Telokles' Arcliontat 162"

Tempelbauten üb. alt. Kultstätten . 34 tenipus consumere ^ Obstruktion . 231' Tetraeteris, olvmp. 6f., 1."). 17, 2.') f., 34,

207; in spät." Zeit 26

Theben i. d. Perserkr. 2.j8, 26S ; um 339 7i)f. Theniistokles" Mauerbau . . 78^, 2.')6/79 Theokolen im Olympia 38, ■209/11, 214

Theophilos, Patriarch 289

Theoponipos- Fragmente b. Didymos 1411'., 146/50; direkte Rede 1481.; lib. 48 149 ; Bericht üb. Themist. Ilauerbau276 f. Theoren i. Olvmpia 36, 19Sf.. 202, 214, 2171., b. and. Festen.. . . . 220, 2281. «f-V/""?'- 'yfcin'K und Ähuliclies. . 203 Theseus a. Herrsclier-ldeal 398; Synoi- kismos 77

Thesmotheteu, athen 172

Thessalische Tetrarchien 70', 144, 413/6;

Th. = Aiolis 152

Theteu a. Besitzer 274, 359, a. Soldaten 271, 2731., 3591'., 365/7, 371 Thimoteos u. Apostelgeschichte . . 119 f-hoc,vih,u. .Alonat . ". .4, 6, 10, 12, 14 Thrakieu von l'hilipp unterworfen 144, 149; um 280 V. Chr. . . .250', 251 TImkydides' Geschichtswerk 394; Über- lieferung 368/71; Th's. Zuverlässigkeit 255/61, 263. 266/71, 276/9, 356/8, 361, 365/7. 369; Th. i. s. Reden . . . 370 Thiitmosis II!. Resierung .... 287

Seile

Thymochares, Pliaidios" S. . . . 166 f. Tiberius u. d. Mou. .\ncyr. . .318 20 Tierkreis und Zeitbereclinniig 99f., 102f. Timarchos, Satrap v. Babylonien . 46 Tiridates-Arsakes 41 ', 42 ', 44, 47, hÖ\ 129 Trasimeiiischer See. Schlacht . . 222 Treboniu.s u. d. Obstruktion . . 232, 234 tribus a. Siedelungsform . . 87 f.. 90/2 'l'rieterische Feste 26. 221 f.

T<)ITtIi:i>'/<)I 171 f.

Triumvirat i. Mou. Ancyr. . . . 327/30 Trogus' Glaubwürdigkeit .... 39

Trojas Kroberuug 212'

Tryphon. .syr. Usurpator 49 f.

Tukulti-Ninib's I. Residenz ... 413

Tyche a Münzen 1251".

Tyrannis 392/409: tvranuus = Gegen-

kai.ser . . . . " 291

Umbrische Siedeluugen .... 87f. uvbs a. Siedelungsform 72, 87 '\ 88/90. 92

Urios' .Vrchontat 164-

U.xellodunum v. Cäsar belagert 113f, 237 V'agasi, parthi.sch. Satrap . . .46f., 5i> Valerius Ma.ximus und Ijivius . . 138

Vatinia lex 107f, HO, 114

Verre.s" ProzelJ 232

Vesuvausbriich 333'5

V'eteraneuversorgung d. Augustus . 323 vicus a. Siedelungsform . . . 80f., S3f.

Villa " 80", 81-'

Viriathus' Tod 51, 137

Wallfahrten ' 198

Wehrptlicht (.s. Aufgebote) in griechischen

Staaten 341'3.351/5; Verzeichnisse342f.,

345; b. Schriftstellern Ö44f., 348/.50, 353.

35(if. Weibliciie Gottheiten i. Olympia 28/31. 37 Weisse Raben u. Schwalben i. Sagen 152/4 Weltchrouik, neue griech. . . . 287 :h> Winterwende in antik. Berechn. 6. 11. 14 f.

Xenokles, ath. Politiker 157

Xerxes im 3. Perserkrieg ... 9, 392 Xystos-Genossenschaft i. Olympia . 2()1 Zeleia b. Kyzikos, Lage .... 298 Zeno d. Stoiker 167; Z., i)tolem. Admiral

162, 178 Zeugiten a. Besitzer .... 274. 367 Zeusfest, s. Olvmpieu; Zeusdienst 29 f..

Z. n. Hera 33f : Z. u. d. Eleier 195f ;

Z.-Tempel 28 f.. 34^, 185, 205; Altar

34, 20(.> Ziegelbau, griech. 271 4; Ziegel v. Terra-

cina 2S4f.

Berichtigungen:

S. 8, Z. 5 v. u. .,Wiuterwende 481" st. „479". - S. li, Abschu. 2, Z. 3 v. „Ol. 88, 4" St. ,84, 4". S. 12, Abschu. 1, Z. 11 v. u. „8 Jahre" st. „4 .Jahre". S. 53, Z. 15 V. o. _Partia" st. „Patria". S. 125« Deraetrios J" st. ,11".

DiiK-k von Julius Ahel 111 (lieifswalil.

D Kilo

51

K6

Bd. 5

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UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY

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