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nl

o

Lehrbuch Electricität und des Magnetismns

James Clerk Maxweil, M. A.

Aiitorisirtc deutsche Ucbersctzunf;

Dr. B. Weinstein.

In zwfi Mndea. Erster Band.

Mh :aJ,lrekhc-n HolzKlinitlen und il Tafilii.

BERLIN.

Verlag vou Juliu« Springer.

T^sSö7$-ti5

( JAN 30 18B9

Kvi/v/5-</^ GUAaJ>v^»

i)ruc* ron Eduard Krause in Berlin.

Vorwort des Verfassers.

-*^^

Jjie Tatsache, dass gewisse Körper, wenn man sie reibt, andere Körper anzuziehen vermögen, war schon dem Altcrtume bekannt. Neuer- dings hat man dann noch eine lange Reihe von Erscheinungen kennen gelernt, welche mit jenem Phänomen der Attraction eng verknüpft sind. Nach der griechischen Benennung des Bernsteins, -^^exTpov, bei dem man sie zuerst beschrieben hat, bezeichnet man all diese Er- scheinungen als Electrische Phänomene.

Femer weiss man schon seit langer Zeit, dass andere Körper, so namentlich Magneteisenstein, Eisen und Stahl, nachdem man sie gewissen Processen unterworfen hat, auf einander Fern Wirkungen ausüben, die nebst einer Reihe anderer damit in Beziehung stehender Erscheinungen anders als die erwähnten electrischen Phänomene ausfallen. Man nennt diese Erscheinungen Magnetische Phänomene nach der im alten Thessalien gelegenen Stadt Magnesia, wo man früher den Magnet- eisenstein fand.

Später hat man die Erkenntnis gewonnen, dass die magnetischen Phänomene in engster Beziehung zu den electrischen stehen, und in der Untersuchung dieser Beziehung eine neue Wissenschaft, die des Electromagnetismus, aufgebaut.

Ich werde in dem Werke, das ich dem wissenschaftlichen Publicum vorlege, die wichtigsten der bezeichneten Erscheinungen qualitativ beschreiben, ich werde zeigen, wie man sie quantitativ messen- kann, und die einzelnen dabei in Betracht kommenden Grössen mit einander durch analytische Ausdrücke verbinden. Nachdem ich so die Grundlage für die mathematische Theorie des Electromagnetismus erhalten habe, und nachdem ich gezeigt habe, wie man diese Theorie zur Voraus- berechnung des Verlaufs betreffender Erscheinungen verwenden muss, werde ich so klar, als ich es nur irgend kann, die Beziehungen, die zwischen jener Theorie in ihrer mathematischen Fonn und der der Funda-

IV Vorwort des Verfassers,

inontalwisseiischaft, der Mechanik, bestehen, auseinandersetzen. Ich werde so die besondem mechanischen Erscheinungen einigermassen anzugeben im Stande sein, welche die electromagnetischen Phänomene illustriren oder gar erklären.

Bei der Beschreibung der einzelnen Erscheinungen werde ich zu- nächst die berücksichtigen, welche am meisten den Grundcharakter der Theorie kennzeichnen, und andere Erscheinungen entweder ganz über- gehen, oder erst dann anführen, wenn der Leser mit der Materie schon genügend vertraut ist.

Bei jeder Erscheinung hat man vom mathematischen Standpunkte aus darauf zu achten, ob die dabei ins Spiel kommenden Grössen einer Messung untei-worfen werden können. Daher werde icli die electrischen Erscheinungen hauptsächlich mit Rücksicht auf ihre Messbarkeit behandeln und dabei die Methoden, die man bis jetzt zur wirklichen Ausführung solcher Messungen kennen gelernt hat, vorführen und nachweisen, von welchen Einheiten man die einzelnen in Betracht kommenden Grössen abhängig machen kann.

In Anwendung der mathematischen Rechnungen wird meine erste Aufgabe in der Deduction der allgemeinsten Schlüsse aus den bis jetzt vorliegenden Daten bestehen. In zweiter Reihe werde ich dann die einzelnen Formeln auf die einfachsten Fälle anwenden. Fragen, die mehr die Geschicklichkeit des Mathematikers herausfordern, als die Erkenntnis in unserer Wissenschaft fördern, werde ich zu vermeiden suchen.

Auf der einen Seite bestehen in unserer Wissenschaft zwischen den einzelnen Zweigen, mit denen wir uns hier zu beschäftigen haben, mehr und complicirtere innere Beziehungen als zwischen denen irgend einer andern der bisher entwickelten Wissenschaften. Auf der andern Seite sind ihre äussern Beziehungen einerseits mit der Mechanik und andererseits mit der Lehre von der Wärme, vom Licht, von den chemischen Actionen und von der Constitution der Körper so mannigfach und tiefgreifend, dass sie auf eine ganz exceptionelle Wichtigkeit unserer Wissenschaft für die Erklärung der physikalischen Erscheinungen hinzuweisen scheinen.

Deshalb, glaube ich auch, hat das Studium des Electromagnetismus in seiner ganzen Ausdehnung als Mittel zur Förderung der Gesammt- wissenschaft die höchste Bedeutung erlangt.

Vorwort des Verfassers. V

Man darf behaupten, dass die mathematischen Gesetze der ein- zelnen Erscheinungsclassen grösstenteils in befriedigender Weise eruirt worden sind. Auch die Verbindungen dieser einzelnen Erscheinungs- classen mit einander sind ziemlich sorgfältig untersucht worden, und die experimentellen Gesetze haben durch die ausgedehntere Kenntnis ihrer gegenseitigen Beziehungen beträchtlich an Wahrscheinlichkeit für ihre Exactheit gewonnen. Endlich hat man auch durch den Nachweis, dass kein electromagnetisches Phänoijien der Annahme, dass sein Verlaut durch rein mechanische Actionen bestimmt wird, widerspricht, einige Fortschritte in der Verpflanzung der Theorie des Electromagnetismus auf das Gebiet der Mechanik gemacht.

Soviel man aber auch bis jetzt schon geleistet hat, so ist doch das Gebiet der electrischen Phänomene noch lange nicht vollständig ausgekundschaftet. Vielmehr hat man dieses Gebiet eigentlich erst erschlossen, indem man einerseits die Punkte, die einer Untersuchung bedürfen und einer solchen fähig sind, entdeckt und andererseits die Mittel zur Durchführung solcher Untersuchungen geschalTen hat.

Ich brauche mich nicht erst weitläufig über den hohen Nutzen, den die Schifffahrt aus den magnetischen Untersuchungen gezogen hat, auszulassen, über die Wichtigkeit der Kenntnis der wahren Kichtung der Compassnadel und über die Bedeutung der Einwirkung, welche die Eisenteile eines Schiffes auf die Magnetnadel ausüben. Umgekehrt haben aber auch die Arbeiten derer, die, um die Sicherheit der Schiff- fahrt zu heben, magnetische Beobachtungen angestellt haben, ganz be- trächtlich zum Fortschritt der Weissen schaft beigetragen.

Gauss hat als Mitglied des magnetischen Vereins die Macht seines Genius zum Aufbau einer Theorie des Magnetismus und zur Entdeckung von Beobachtungsmethoden für den magnetischen Zustand der Körper verwendet. Wir verdanken ihm nicht blos die grossen Fortschritte auf dem Gebiete der Attractionslehre, sondern auch fast alle Instrumente, deren wir uns bei der Anstellung magnetischer Observationen bedienen, wir verdanken ihm die Beobachtungsmethoden, und wir haben von ihm gelernt, wie man aus den erhaltenen rohen Beobachtungszahlen die Endresultate zu berechnen hat. Seine Unter- suchungen über den Erdmagnetismus haben für die ganze Wissenschaft hohe Bedeutung erlangt, denn man kann sich ihrer überall in der Physik, wo man es mit der Messung von Kräften zu tun hat, bedienen.

VI Vorwort des Verfassers.

Die Anwendungen, die der Electromagnctismus in der Telegraphie gefunden hat, haben wiederum auch für die reine Wissenschaft Früchte getragen, denn sowie genaue electrische Messungen eine commer- cielle Wichtigkeit erlangten, sind die Electriker in den Stand gesetzt w^orden, ihre Untersuchungen mit Apparaten und Einrichtungen durch- zuführen, welche das Maass der in Laboratorien gewöhnlich benutzten weit überstiegen. Man kann die Bedeutung der practischen Anforderungen an unsere Wissenschaft und die günstige Lage, in die sie dadurch gekommen ist, schon jetzt nicht hoch genug schätzen, denn einerseits haben die Männer der Wissenschaft sich dem Ausbau der Electricitäts- lehre mit grosser Energie gewidmet, und andererseits haben die Männer der Praxis eingehende wissenschaftliche Kenntnisse äu schätzen gelernt. Letztere Tatsache wird aber sehr geeignet sein , die ganze Ingenieur- kunde wissenschaftlich zu fördern.

Werke, in denen die Electrici tätsieh re populär behandelt ist, existiren schon in ziemlicher Anzahl. Inzwischen können populäre Bücher denen nicht genügen, welche sich mit wirklichen Messungen zu beschäftigen haben, oder welche bei Hörsaal-Experimenten nicht stehen bleiben wollen.

Auf der anderen Seite giebt es auch eine grosse Menge mathe- matischer, für unsere Wissenschaft hochbedeutender Abhandlungen, aber diese sind in den Zeitschriften und dickleibigen Berichten gelehrter Gesellschaften begraben. Sie stehen nicht notwendig in Beziehung zu einander, und sie sind auch sehr ungleich in ihrem Werte. Zudem sind sie, abgesehen von den Mathematikern, nur wenigen Menschen wirklich verständlich. .

Ich habe daher geglaubt, dass ein Werk, das sich die methodische Darstellung unserer AVissenschaft zur Hauptaufgabe macht, und das gleichzeitig zeigen will, wie man die Lehren ihrer einzelnen Zweige einer Verification durch Messungen zu unterwerfen vermag, dass also ein solches Werk nicht unwillkommen sein dürfte.

Das Werk, das ich herausgebe, unterscheidet sich in seiner Ge- sammtanlage beträchtlich von den meisten der namentlich in Deutsch- land edirten Lehrbücher über Electricität, und es wird wol dem Leser so scheinen, als ob ich nicht immer den Speculationen mancher berühmter Physiker und Mathematiker volle Gerechtigkeit habe wider- fahren lassen. Ich möchte deshalb darauf aufmerksam machen und

Vorwort des Verfassers. VIT

als Entschuldigung anführen, dass ich, als ich an das Studium der Electricitüt ging, mich entschloss, nicht eher mathematische Werke durchzuarbeiten, als bis ich Faradays Experimentelle Untersuchungen über Electricität (KrpenmentalResearches in Electvicity) vollständig gelesen habe. Ich war schon davon avertirt, dass eine gewisse Differenz zwischen der Art, wie Farad ay die electrischen Phänomene auffasste und wie die Mathematiker sie zu behandeln gewohnt waren, bestand, und dass weder Faraday die Ausdrucksweise der Mathematiker ge- nügend fand, noch die Mathematiker die Faradays billigen mochten. Ich hatte aber auch die Ueberzeugung, dass diese Discrepanz nicht davon herrührte, dass eine der beiden Parteien Unrecht hatte. Diese Ueberzeugung habe ich zunächst durch ViM'hom so n*) erlangt, dessen Beihilfe durch Rat und Tat ich nicht minder, wie seinen Abhandlungen alles das verdanke, was ich auf diesem Gebiete gelernt habe.

Je mehr ich fortfuhr Faradays Werke zu studiren, desto mehr erkannte ich, dass auch seine Art, die electrischen Phänomene auf- zufassen und zu beschreiben, wenngleich er sich nicht der ge- wöhnlichen mathematischen Zeichensprache bediente, eine mathema- tische war.

So sah, zum Beispiel, Faraday in seinem geistigen Auge überall da Kraftlinien den Raum durchdringen, wo die Mathematiker in die Ferne wirkende Kraftcentren supponirten, und wo Diese nichts als die Abstände zwischen den Kraftcentren bemerkten, war für Jenen ein Zwischenmedium' vorhanden. Faraday suchte die Ursache der Er- scheinungen in Actionen, die im Zwischenmedium vor sich gehen sollten, die Mathematiker dagegen gaben sich damit zufrieden, dass sie sie in einer Fernwirkung auf die electrischen Fluida entdeckten.

Als ich nun Faradays Ideen, wie ich sie verstand, in mathe- matische Form brachte, fand ich, dass die aus denselben fliessenden Resultate im allgemeinen vollständig mit denen der Mathematiker zusammenfielen. Beide Methoden geben von dem .Verlauf derselben Erscheinungen Rechenschaft und beide lieferten dieselben Wirkungs- gesetze. Aber während die Faradaysche Methode in einer Deduction* des Besondem aus dem Allgemeinen bestand, beruhte die mathematische

*) Ich benutze die Gelegenheit, um W. Thomson und Professor Tait für die mannigfachen Unterstutzungen, die sie mir während des Druckes meines Werkes haben angedeihen lassen, meiucn Dank auszusprechen.

Till Vorwort des Verfassers.

Methode auf dem synthetischen Aufbau des Allgemeinen aus dem Ijcsondern.

Ich fand ferner, dass manche der von llathematikeru entdeckten fruchtbarsten Untersuchungsmetlioden sich weit besser durch Faradays Terminologie als durch ihre ursprüngliche Darstellung entwickeln Hessen.

Beispielsweisse gehört die Potcntialtheorie, wenn man das Potential als eine Grösse, betrachtet, welche einer gewissen partiellen Differential- gleichung genügt, der Hauptsache nach der von mir nach Faraday benannten Untersuchungsmethode an. Sieht man dagegen das Potential als Summe von Electricitätsmengen, deren jede durch die Entfernung ihrer Lage von einem gegebenen Punkt dividirt ist, an, so resultirt die Potentialtheoric aus der zweiten Untersuchungsmethode. Daraus erklärt sich, weshalb so viele Entdeckungen von Laplace, Poisson, Green und Gau.ss gerade in diesem nach Faradays Ideen geschriebenen Buche ihren geeigneten Platz und Ausdruck finden müssen.

J)ie Electricitätslehre ist von den Anhängern der Theorie einer Wirkung in die Ferne namentlich in Deutschland mächtig gefördert worden. Weber hat seine so bedeutenden electrischen Maassbestim- mungen nach dieser Theorie interpretirt, und die von Gauss begonnenen und von Weber, Riemann, Neumann, Vater und Sohn, Lorenz und Andern fortgesetzten electromagnetischenSpeculationen sind auf der Hypo- these einer Wirkung in die Ferne aufgebaut. Doch hängen sie nebenbei entweder unmittelbar von relativen Geschwindigkeiten sich bewegender Partikel ab, oder sie werden durch die Supposition einer allmäligen Fortpflanzung von Partikel zu Partikel von irgend etwas, sei es von der 'eines Potentials oder einer Kraft bestimmt. Die grossen Erfolge, die die genannten hervorragenden Forscher bei der Anwendung ihrer Analyse auf electrische Phänomene erzielt haben, mussten naturgemäss ihren theoretischen Speculatlonen bedeutendes Gewicht verleihen, und es konnte nicht fehlen, dass diejenigen, welche bei diesen grössteu Autoritäten auf dem Gebiete der mathematischen Electricitätslehre ihre Kenntnisse schöpften, je mehr sie sich mit ihren mathematischen Metho- den vertraut machten, um so mehr auch von ihren physikalischen Hypothesen erfüllt wurden.

Diese physikalischen Hypothesen sind aber der Art und Weise, wie ich hier die einzelnen Gegenstände betrachten werde , gänzlich fremd. Ich lege gerade darauf Wert, dass meine Leser sich aus

Vorwort des Veifasscrs. IX

meinem Werke iiberzeiigen möchten, dass man unsere Wissenschaft noch mit ganz andern physikalischen Ansicliten bearbeiten kann, die die einzelnen Phänomene nicht minder zu erklären im Stande sind, als jene genannte Hypothese einer Wirkung in die Ferne. Und wenn auch die hier auseinandergesetzte Theorie in manchen Fällen weniger klar und präcis erscheinen dürfte, so glaube ich doch, dass sie dem Stande unserer Kenntnisse besser sowohl in dem entspricht, was sie explicirt, als auch in dem, w^as sie unentschieden lässt.

Es ist für die Naturphilosophie von hoher Bedeutung, dass man in der Tat auf zwei verschiedenen Wegen die Haupterscheinungen des Electromagnetismus zu beschreiben und einen Versuch die Fortpflanzung des Lichtes als ein electrisches Phänomen aufzufassen und die Licht- geschwindigkeitwirklich zu berechnen zu unternehmen vermochte, während doch die Vundamentalconceptionen und die meisten secundären An- sichten über die Bedeutung der einzelnen diesbezüglichen Grössen in beiden Fällen radical verschiedene sind.

Ich habe deshalb mein Werk nicht als Richter, sondern wie ein Advocat geschrieben. Doch habe .ich keinen Versuch gemacht, beide Methoden unparteiisch nebeneinander zu beschreiben, sondern mich fast ausschliesslich auf die eine, die Faradaysche, beschränkt. Ich zweifle nicht, dass die andere Methode, die deutsclw, wie ich sie nenne, auch ihre Vertheidiger finden und eine der (Jenialität ihrer Urheber würdige Bearbeitung erfahren wird.

Ich mache keinen Anspruch darauf, dass meine Aufzählung der electrischen Erscheinungen, Versuche und Apparate erschöpfend sein soll. Wer alles, ^yas bis jetzt auf diesem Gebiete erkundet und erfunden worden ist, lesen will, wird sich namentlich durch dclaUives Traite (F Electricite und durch die deutschen Werke, durch Wiedemanns Lehre von der Electricität^ Riess' Reibungselectrlcitätj Beers lünleituny in die Electrostatik u. a. m. unterstützt finden.

Ich habe mich fast gänzlich auf die mathematische Bearbeitung unserer Wissenschaft beschränkt, ich empfehle aber dem Studirenden, nachdem er sich, wenn möglich durch Experimente, eine genügende Kenntnis von den zu beobachtenden Phänomenen verschafl't hat, sorg- faltig Farad ay 8 Krperinwdal Researches in Electric ity^) zu lesen.

*) Zum Teil auch in Pogg. Ann, veröireiitliclit.

X Vorwort des Verfassers. '

Er wird daselbst streng Jiistorische Berichte über einige der wichtigsten Entdeckungen und Untersuchungen auf dem Gebiete der Eloctricilät finden, die in ilirer Ordnung und Aufeinanderfolge kaum so von einem Manne hätten verfasst werden können , dem die Resultate von vorn- herein bekannt gewesen wären und der seine ganze Aufmerksamkeit darauf gelenkt hätte, die wissenschaftlichen Arbeiten und ihre Resultate möglichst genau zu beschreiben.

Es ist ja schon an sich ein Vorteil, wenn der Studirende sich möglichst mit den Originalabhandlungen über seine Wissenschaft ver- traut macht, denn er wird ihre Lehren um so leichter in sich auf- nehmen, je mehr er sie in seinem Geiste sich nochmals gewissermassen entwickeln lässt. Zu einer derartigen Leetüre von Faradays Researches wird man aber verhältnissmässig leicht kommen, weil sie in Form eines Werkes veröffentlicht sind und in ihrer Aufeinanderfolge gelesen werden können.

Ich würde einen meiner sehnlichsten Wünsche erfüllt sehen, wenn es mir durch das, was ich hier schreibe, gelungen sein sollte, dem einen oder dem anderen Studirenden das Verständnis der Faradayschen Ideen und Ausdrucksweise zu erleichtern, und wenn ich auch andern den Genuss verschafft haben sollte^ den ich selbst empfand, als ich Researches des grossen Physikers las.

Ich habe das ganze Werk in vier Teile eingeteilt und jeden Teil mit einer die ersten Capitel ausfüllenden Beschreibung der betreffenden Phänomene und mit ihrer elementaren * Theorie begonnen. Ich glaube, dass der Leser schon in den ersten Capiteln genügend Material zur Erlangung einer elementare^ Kenntnis von dem gesammten Gebiete unserer Wissenschaft finden wird.

Die übrigen Capitel eines jeden Teiles umfassen die schwierigem und hohem Partieen der Theorie, Auseinandersetzungen für die nume- rische Auswertung der Formeln und Beschreibungen der bezüglichen Messinstrumente und Untersuchungsmethoden.

Die Beziehungen zwischen electromagnetischen und Strahlungs- phänomenen und dieTheorie der molecularen electrischen Ströme habe ich mit den Resultaten der Speculation über die Fernewirkung der Kräfte in die vier letzten Capitel des zweiten Bandes verwiesen.

1. Februar 1873.

Maxwell.

Vorwort des Uebersetzers.

- ■•■

Im vorliegenden Buche wird dem wissenschaftlichen Publicum eine nach der zweiten Auflage angefertigte ücbersetzung des ersten Bandes von Maxwell s Treatüe on Electriciiy and Magnetism unterbreitet. Maxwell ist leider durch seinen allzufrühcn Tod verhindert worden, die neue Ausgabe seines Werkes selbst vollständig zu revidiren, er hat nur die neun ersten Capitel umarbeiten können; die zweite englische Ausgabe ist vom zehnten Capitel ab lediglich ein Abdruck der ersten.

Ich habe mich bestrebt, möglichst wortgetreu zu übersetzen und die Eigenart der Ausdrucksweise und des Gedankenganges Maxwell s zu wahren. Doch verkenne ich nicht, dass mir dies bei den eminenten Schwierigkeiten, die das eigenartige Werk manchmal dem Verständnis bietet, nifcht überall gelungen ist. Zusätze habe ich nur an wenigen Stellen, und nur da gemacht, wo ich selbst erst durch längeres Nach- denken zur richtigen Auffassung habe gelangen können. In der An- ordnung des Stoffes und in Bezug auf die Auswahl aus den vom Heraus- geber der zweiten englischen Auflage, Herrn Dr. Xiven, hinzugefügten Erläuterungen bin ich mit etwas grösserer Freiheit vorgegangen. Die Rechnungen sind fast durchgängig nochmals durchgeführt worden, und. der Leser darf die Maxwell sehen Formeln mit Vertrauen hinnehmen. Die Literaturangaben habe ich durch grössere Berücksichtigung der deutschen Werke und Abhandlungen zu vervollständigen gesucht.

Zusammen mit dem jetzt in dritter Auflage erscheinenden Wiede- m an n sehen Werke über Electricität bietet das Max well sehe Buch das vollständigste Lehrgebäude, dessen sich ein Zweig der Physik zu rühmen vermag.

Bei der Uebersetzung und Redaction des Buches hat mir Herr Dr. Leopold Levy die ausgiebigste Unterstützung angedeihen lassen, wofön ich ihm meinen aufrichtigen Dank ausspreche.

. Berlin, October 1882.

Weinstein,

Zu beachten.

Die Begriife und Grössen, mit denen es unsere Wissenschaft zu tun hat, sind an den Stellen, wo sie ihre eigentliche Definition erfahren, durch cursiveu Dnick und grosse Anfangsbuchstaben hervorgehoben.

Im Text sind Brüche nach der jetzt auch in den Wiedemannschen Annalen adoptirten Schreibweise gedruckt, also (a + b)l{c -f- o) für das bisher

übliche t -_r^ gesetzt.

Partielle Differentiale sind nach Jacob i durch ein ^, totale durch d charakterisirt.

Die Formeln sind in dem englisxhen Original ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung für die betreffende Untersuchung durch jedes Capitel fortlaufend numerirt. Ich war in der Bezeichnung derselben bestrebt, dem Leser auch äusserlich die Ergebnisse heiTorzuheben. welche in jedem Falle den Zielpunkt der Untersuchung bilden.

Die Hauptformeln sind durch arabiscjie Ziffern, die Nebenformeln durch Buchstaben gekennzeichnet.

Zwei gleichwertige Formeln sind durch dieselbe Ziffer unter Hinzu- fügung von Buchstaben charakterisirt.

Die Bezeichnungen unentwickelter Formeln sind von denen gleichwertiger entwickelter durch Accente unterschieden.

Specielle Fälle einer Formel sind darch die betreffende Zahl der Formel unter Hiuzul'ügung von Zahlen-Indices hervorgehoben.

Zum Schluss bitte ich den Leser noch die folgenden störenden Druck- fehler zu beachten.

Auf Seite Gfi hat der zweite Absatz durch falsche Stellung des Fürworts ^welclu'' seinen Sinn verloren. Er muss lauten:

Die nach Aussen gerichtete electrische Verschiebung durch eine Kugelfläche, welche mit einer gleichmässig electrisirten Kugel denselben Mittelpunkt hat, ist gleich der Ladung dieser Kugel.

Auf Seite 78 sind in der Formel \\) die beiden-— Zeichen zu streichen.

Ferner auf Seite

122 im zweiten Abschnitt .des Art. G9a) statt s lies t,

232 in Formel 8b) statt A^^y'" ii<^s A^^x"\

23G in der Formel für a statt 1 4-Fsin2» lies 1 A2sin2».

Inhalt

Einleitung.

Dimensionen der Grössen.

Art. Seite

1-2. Messung der Grossen 3

3-5. Die drei fundamentalen Einheiten 4

6. Abgeleitete Einheiten 6

Mathematische Definitionen und Iiebrsätze.

7-8. Physikalischer BegriiT der Continuität und Discontinuität 8

8. Discontinuität der Derivirten einer continuirlichen Function 0

9. Periodische und vielfache Functionen 10

10-15. Ueber die Beziehung von physikalischen Grössen zu den Richtungen im

Räume 10

16. Da« Linienintegral 15

16-18. Potential 16

18-20. Zusammenhangende Flächen und Rüumc 18

21-22. Das Flächenintegral 20

. 22. Stromlinien und Stromfaden 23

22. Flächenintegrale in mehrfachen Gebieten 23

23. Rechts und Links im Räume 25

24. Beziehung zwischen Flächen- und Linienintegralen 26

25-26. Ueber die Operation V an einer Vectorfunction 28

Erster Teil. Electrostatik.

Cap. I. Beschreibung der electrischen Erscheinungen.

27. Electrisirung durch Reibung 33

28. Electrisirung durch Inductiou oder Influenz . . - 34

20. Electrisirung durch Leitung 35

29. Leiter und Nichtleiter oder Conductoren und Isolatoren 35

29-35. Ladung 35

36. Hypothese der Zwei Fluida 40

37. Hypothese von Einem Fluidum 42

38. Messung der Kraftwirkung zwischen elcctrisirten Körpern 43

XIV Inhalt.

Art. Seite

39. Abhängigkeit der Kraft von der Höhe der Ladung 44

40. Abhängigkeit der Kraft von der Entfernung .• . 45

41. Definition der electrostatischen Elcctricitätseinheit. ."* 45

42. Dimensionen der electrostatischen Electricitätseinheit 46

4«^. Yerification des Gesetzes der electrischen Kraftwirkung 46

44. Das electrische Feld 47

45. Electromotorische Kraft und electrisches Potential 48

46. Aequipotentielle Flächen oder Electrische Niveauflächen 49

47. Kraftlinien 51

48. Electrische Spannung 51

49. Electromotorische Kraft zwischen zwei Conductoren 51

50. Capacität eines Conductors 52

50. Accumulatoren und Condensatoren 52

51. Widerstand der Körper gegen den Durchgang von Electricität ... 52

52. Specifische inductivc Capacität 54

53-54. Absorption der Electricität 55

55. Disruptive Entladung. . 57

55. Die electrische Lichthälle, Convectiye Entladung 57

56. Das electrische Büschellicht 59

57. Der electrische Funke 59

58. Pyroelectricität . . ' . . .• 61

59-62. Plan und Anlage dieses Buches 62

Cap. n.

Elementare mathematische Theorie der statischen Electricität.

63. Mathematische Definition der Electricitätsmengc 70

64. Verteilung der Electricität in einem Körper, Raumdichte 70

64. Verteilung auf einer Fläche, Flächendichte 71

64. Verteilung längs einer Linie, Liniendichte . 71

64. Electricitätsmengo 72

65. Definition der Electricitätseinheit 72

66. Kraftgesetz für electrisirte Körper .72

67-68. Resultirende Kraft zwischen zwei electrischen Körpern 73

69. Das Linienintegral der electrischen Kraftinteusität ....... 74

70. Potentialfunction 75

71. Darstellung der Kraftintensität und ihrer Componenten durch das Potential 76

72. Potential eines Conductors 77

73. Potential eines electrischen Systems 78

74a-74b. Ueber den Beweis des Gesetzes vom umgekehrten Verhältnis des

. Quadrats der Entfernung 78

74c-74e. Theorie des Experiments 81

75. Das Flächenintegral der electrischen Induction und die electrische Ver-

schiebung durch eine Fläche . 85

76. Induction eines einzelnen Kraftcentrums durch eine Fläche .... 86

77. Die Gleichungen von Laplace und Poisson . . . ^ 87

78a. Variation des Potentials an einer geladenen Fläche .88

Inhalt. ' XV

Art. Seite

78b. Charakteristische Gleichung an einer electrischen Fläche 90

79-81. Mechanische Kraftwirkiing an einer geladenen Fläche 91

82. Kraftlinien 95

83a. Berücksichtigung der dieleclrischen Eigenschaften der Zwischenmedien 97

83b. Scheinbare Dichte 98

Cap. IIL

Arbeit und Energie in einem electrischen System.

84-86. Arbeit bei der Electrisining eines Systems KXV

87. Theorie eines Systems von Conductoren 104

88. Dimensionen der Potential- und Inductionscoefficienten 108

89a. Bedingungen, denen die Potential- und Inductionscoefficienten

genügen mü.ssen 108

89b-91c. Sätze über Potential- und Inductionscoefficienten 108

9:'a-92b. Specielle Anwendungen 112

93a-93c. Arbeit während der Verschiebung eines Systems geladener Conductoren 115 94. Beziehungen zwischen Körpern, die in ihrer Form oder in ihrer

Ladung sich ähnlich sind. .' 117

Cap. IV. Allgemeine Theoreme.

95a-95b. Vorbemerkungen 119

96a-97b. Der Greensche Satz 122

98. Die Greensche Function ; .... 129

99a-99b. Electrische Energie 131

lOOa-lOOc. Der Thomsonsche Satz 134

lOla-lOlg. Componenten der Verschiebung und der electroraotorischen Kraft . 139

101h. Allgemeine Form des Greenschen Satzes 144

102a-102c. Grenzwerte für die electrische Capacität 146

Cap. V. Mechanische Kräfte zwischen zwei electrischen Systemen. 103-111. Mechanische Kräfte zwischen zwei electrischen Systemen . . . .152

Cap. VI.

Funkte und Linien des G-1 eich gewichte.

112. Bedingungen an Stellen des electrischen Gleichgewichts 166

113-114. Anzahl der Gleichgewichtspunkte und Gleichgewichtslinien. . . . 168

115. Durchschnitt einer Niveaufläche durch sich selbst 170

116. Eamshaw's Theorem . . . . ' 171

Cap. VII.

Aequipotentielle Flächen und Kraftlinien.

117-122. Beschreibung der Niveauflächen und Kraftlinien in einfachen Fällen 174

123. Anleitung zum Zeichnen von Niveauflächen und Kraftlinien . . . 179

XVI Inhalt.

Cap. viir.

Art. Einfache Fälle der electrisohen Vertheilung. s«ite

124. Zwei parallele unendlich ausgedehnte Ebenen 183

125. Zwei concentrische Kugelflücheu 185

126. Zwei unendlich lange coaxiale Cylinderflachen 188

127. Drei coaxiale Cylinder 189

Cap. IX.

Harmonische Kuselfunotionen.

128. Vorbemerkung 191

129a-129c. Singulare Punkte des Potentials 191

129c-130b. Harmonische Raum- und Flächenfunclionen 194

131. Potential einer Kugelscliale 196

132. Darstellung der harmonischen Kugelfunclionen 197

133a-134b. Sätze über harmonische Kugelfunctionen 200

135. Ent Wickelung nach zonalen harmonischen Functionen 204

13G. Conjugirie harmonische Functionen 206

137. Symmetrisches System harmonischer Functionen 207

138-139. Zonale Functionen 208

140a-141. Tesserale und Sectorielle Functionen 210

142a-142b. Entwickelung nach tesseralen harmonischen Functionen .... 216 143. Graphische Daretellung der Curven gleicher Werte von harmonischen

Functionen 218

144a. Eine Kugel unter dem Einfluss eines electrischen Systems .- . . 219

144b. Die Greensche Function einer inducirenden Kugel 220

145a-145b. Nahezu sphärische Conductoren 223

145c. Conductor innerhalb einer Schale 226

146. Zwei Kugeln 227

Cap. X.

Confocale Flächen zweiten Grades.

147-148. Kmmmlinige Coordlnaten 234

"149. Transformation der Lajdace-Poissonschen (ileichunj^ 237

150. Losungen der Differentiali^leichung 238

150. Zweischalige Hyperboloide 238

150. Einschalige Hyperboloide 240

150. Ellipsoide 240

151-152. Besondere Fälle 241

153. Cylindrische Flächen 244

154. Confocale Paraboloide . .- 245

Cap. XI.

Theorie der electrischen Bilder und der electrischen Inversion.

155. Vorbemerkung 248

156-160. Theorie der electri.schen Bilder 249

Inhalt. XVII

Art. Seite

161. Abbildung in einer leitenden unendlichen Ebene . : 257

162-164. Inversion . 258

165a. Abbildung in zwei Ebenen : 264

165b- 16Sb. Abbildung in zwei sich schneidenden Kugeln 265

169. Drei orthogonale Kugeln im freien electrischen Felde 272

170a-170b. Vier orthogonale Kugeln 273

171. Zwei concentrische Kugelflächen . 275

172-174. Zwei sich ausschliessende Kugelflächen 278

175. Zwei sich berührende Kugeln 285

176-181. Kugelkalotte 288

Cap. XII. BlectriBche Probleme in zweidimensionalen Gebieten.

182. Vorbemerkung 293

183-187b. Conjugirte Functionen . 294

188. Ihversion in zweidimensionalen Uebieten . 300

189-190. Electrische Bilder in zweidimensionalen Gebieten 301

191. Vertheilung der Electricität in der Kähe der Kante eines von zwei

Ebenen begrenzten Conductors 305

192. Confocale Ellipsen und Hyperbeln als Niveau- und Kraftlinien .. . 307 193-194. Strömung in zerteilten Streifen 309

195. Eine einseitig begrenzte Platte zwischen zwei unendlichen Ebenen . 311

196. Condensator aus drei Platten 312

197. Eine Reihe paralleler Halbebenen 315

198. Eine plane xmd eine gewellte Ebene 316

199. Durchfurchte Flächen 317

200. Abänderung der Conductoren durch Rotation 318

201: Theorie des Thomsonschen Schutzringes 320

202. Eine halbe Ebene gegenüber einer ganzen Ebene .... . 321

203-206. Theorie des Schutzgitters 323

Cap. XIII. Apparate für eleotrostatische Untersuchungen.

207. Electrisirmaschinen 330

208. Der Vollasche Electrophor ' 332

209-213. Influenzmaschinen 333

214. Classificirung der Electrometer und Electroskope 339

215. Die Coulombsche Toi'sionswage 340

216-218. Absolutes Scheibenelectrometer von Thomson . 343.

219-220. Thomsons Quadrantenelectrometer 350

221^222. Messung des Potentials an einem frei gelegenen Punkt 354

223-225. Theorie der Prüfungskorper; Probekugel, Probescheibchen . . . 35G 226-228. Electrische Accumulatoren 361

229. Vergleichung der Gapacitäten von Accumulatoren 365

*

XVITI Inhalt.

Zweiter Teil. Electrokineniatik.

Cap. I. Der electriBche Strom.

Art. Seite

?3Ü-2:n. Bedeutung des electrischen Stromes 371

232. Stationäre Ströme 372

232-234. Die Voltasche Batterie 372

23'). Bahn und Dauer des Stromes 374

230-238. Electrolytische Wirkung des Stromes 374

230-240. Magnetische Wirkungen des Stromes 376

Cap. IL Leitung und Widerstand.

' 241. Vorbemerkung 378

241. Das Ohmsche Gesetz 378

242. W^ärmeentwickelung durch den electrischen Strom 379

243-245. Analogieen und Unterschiede zwischen W^ärme und Electricität . . . 380

Cap. III. Electromotorische Kräfte bei der Berührung von Körpern.

246-248. Contactelectricität: Spannungsgesetz 383

249. Das Peltiersche Phänomen 384

250-254. Thermoelectricität 386

Cap. IV.

Eleotrolyse.

255. Electrolytische Leitung 392

256-260. Theorie der Electrolyse 394

261. Secundäre Vorgänge bei der Electrolyse 398

262-263. Erhaltung der Energie in electrolytischen Processen 400

Cap. V. Electrolytische Polarisation.

264-266. Wirkung der Polarisation auf den primären Strom 403

267-270. Ursache, Energie und Entwickelung der Polarisation 404

271. Secundärbatterieeu 407

272. Constante Elemente 410

Cap. VI. Lineare electrische Ströme.

273. Definition eines linearen Leiters 415

274. Das Ohmsche Gesetz ^ 415

275. System hintereinander gereihter Leiter . . . f 416

276. System nebeneinander gereihter Leiter 417

277. Körperiiche Leiter von gleichförmigem Querschnitt 417

278-279. Dimensionen des W^iderstandes und der Leitungsfähigkeit .... 418

Inhalt. XIX

Art. Seite

280-282. Allgemeine Theorie eines Systems linearer Leiter 419

283-284. Wärmemenge, welche in einer Drahtverbindung durch einen Strom

erzeugt wird 423

Cap. VII.

Ströme in körperlichen Leiter n.

285-286. Zerlegung eines electrischen Stromes 425

287-289. Stromflächen 426

290-292. StromVöhren 428

293. Stromlinien 429

294. Stromschalen und Stromfunctionen 429

295. ContinuiUitsgleichung 430

296. Electricitätsmenge , welche durch eine gegebene Fläche hindurchgeht 431

Cap. VIII.

Widerstand und Ijeftung in körperlichen Leitern.

297-298. Allgemeinste Beziehungen zwischen Stromstärke und electromotorischer

Kraft 433

299. .Wärmeentwickelung im Leiter 435

300. Bedingung der Stabilität " 436

301-302. Continuitätsgleichung in homogenen Medien 436

303. Transformation der Widerstandsgleichungen 437

304. Der Thomsonsche Satz in der Electrokinematik 438

305. Eindeutigkeit des Problems der Stromverteilung 440

306-309. Näherungsweise Berechnung des Widerstandes eines Couductois von

gegebener Form 442

Cap. IX.

lieitung durch heterogene Media.

310. Bedingungen an der Trennungsfläche zweier leitenden Medien . . 450

311a. Strom aus einem isotropen in ein anisotroprs Medium 451

311b. Strom aus einem isotropen in ein anderes isotropes Medium . . . 452

312. Isotrope Kugel in einem isotropen Conductor ' . . 452

313a. Isotrope Kugel umgeben von einer isotropen Schale in einem isotropen

Conductor 453

313b-313c. Isotrope Kugelschale in einem isotropen unendlichen Conductor . . 454 314. Mehrere isotrope Vollkugeln in einem unendlichen isotropen Leiter . 456

315-316. Zwei isotrope durch eine Ebene getrennte Medien 457

317-318. Leitung durch eine zwei isotrope Medien trennende Platte .... 460 319-321. Geschichteter Leiter 462

322. Isotropes Medium mit eingestreuten parallelen Parallelepipeden . . 464

323. Parallelepiped von einem isolirten Draht diagonal durchsetzt . . . 465

324. Netzwerk linearer Leiter 466

Cap. X. Leitung in Dielectricis.

325. Vorbemerkung 468

326-327. Ladung und Entladung eines Condensators 469

XX Inhalt.

Art. Seite

328. Geschichtetes Dielectricura 471

329a-330. Electrisches Residuum * 473

331. Strom durch ein System von Condensatoren 477

332-333. Telegraphische Kabel 479

334. Mechanische Versinnbildlichung der Eigenschaften eines Dielectricums 481

Cap. XL

Messung des ' electrischen Widerstandes.

335-340. Normal- Widerstanlseinheiten 485

341-344. Widerstandsrollen 488

345. Widerstandsvergleichung nach Ohm 491

346. Widerstandsvergleichung nach Becquerel 492

347a-350. Widerstandsvergleichung nach Wheatstone 497

351-352. Messung geringer Widerstände , 504

353-355. Vergleichung von bedeutenden Widerstanden 508

356. Thomsons Verfahren bei der Bestimmung deS Widerstandes eines

Galvanometers 510

357. Mances Methode zur Bestimmung des Widerstandes einer Batterie . 512

358. Vergleichung electromotorischer Kräfte . 515

. Cap. XII. Electrisöher Widerstand der Körper.

359. Classificirung der Körper 517

360-362. Electri-icher Widerstand der Metalle 518

363-365. Electrischer Widerstand der Electrolyte 521

366-370. Electrischer Widerstand der Dielectrica 523

n

Einleitung.

Maxwell, Electriciiat n. Biagnetismus. I.

Dimensionen der Grössen,

-K-

Messuns der Grössen,

'O

1. Jeder Ausdruck für eine Grösse besteht aus zwei Componenten oder Factorcu. Der eine bezeichnet eine vorausbesiinimte, ein für alle Mal als Vcrgleichseinheit dienende Quantität der zu messenden Grösse, während der andere angiebt, wie oft die Vergleichseinheit genommen werden muss, bis man den geforderten Betrag der betreffenden Grösse erhält. Man be- zeichnet deu ersten Factor kurzweg als Einheil der Grösse, den zweiten als ihren Numerischen Betrag.

Ist mithin jede Grösse mit einer aus Grössen ihrer eigenen Art ent- nommenen Einheit messbar, so kann man doch in den Zweigen der Wissen- schaft, die ihre Grundlagen in der Mechanik finden, alle Grössen durch drei fundamentale oder absolute Einheiten, durch die der Länge, der Zeit und der Masse, bestimmen. Beispielsweise sind die Einheiten von Flächen und Körpern durch Quadrate und Würfel defiuirt, deren Seiten der Längen- einheit gleich sind.

In der Praxis benutzt man häufig verschiedene Einheiten zur Messung derselben Grösse. So dient in England zur Bestimmung eines Rauminhaltes neben dem Cubikfuss auch noch das Gallon (das Volumen von 10 Pfund Wasser), ein Raummaass, dass sich wol in manchen Fällen empfehlen mag, das aber theoretisch zu verwerfen ist, weil es in keiner rationalen Beziehung zu dem Längenmaass steht.

2. Da es sich für uns um ein mathematisch streng definirtes Maass- system handelt, so werden wir jene drei fundamentalen obengenannten Ein- lieiten der Länge, Zeit und der Masse zu Grunde zu legen und aus ihnen alle anderen Einheiten in der möglichst einfachen Weise abzuleiten haben. Die Ausdrücke, zu denen wir so gelangen, müssen dann so beschaffen sein, dass sie unabhängig von den in den verschiedenen Ländern gebräuchlichen Einheiten für die fundamentalen Maasse stets zu einem richtigen Resultate fuhren.

4 Die drei fundamentalen Einheiten. [3.

Es ist aber an sich von der grössten Wichtigkeit, wenn man schon andere Einheitssj^steme in wissenschaftlichen Untersuchungen verwenden will, nur solche zu wählen, welche genügend definirt und in ihrem Ver- hältnis zu den absoluten Einheiten gehörig fixirt sind, so dass man mit Sicherheit von einem System zu dem anderen überzugehen vermag.

Am leichtesten lassen sich solche Uebergänge bewerkstelligen, wenn man für jede Grösse die Dimensionen angiebt, in denen die drei fundamen- talen Einheiten in ihr vertreten sind.

Eine Grösse ist aber nach einer anderen Grösse von der nten Dimension, wenn diese in ihr in der wten Potenz enthalten ist. So ist die wissen- schaftliche Einheit des Volumens der Würfel, dessen Seite der Längen- einheit gleich ist; variirt diese, so ändert sich der Würfel, wie die dritte Potenz, daher ist die Einheit des Volumens von der dritten Dimension in Bezug auf die Längeneinheit.

Die Kenntnis der Dimensionen der Grössen giebt ein bequemes Mittel die Zulässigkeit von Formeln, die durch längere Rechnung gewonnen sind, zu prüfen. Da nämlich das numerische Endresultat mit Aenderung der Einheiten für die fundamentalen Maasse nicht variiren darf, so müssen alle Glieder einer Gleichung nach derselben Einheit auch von derselben Dimen- sion sein, wenn nicht die Gleichung in verschiedenen Ländern verschiedene Ergebnisse liefern soll.*)

Die drei fundamentalen Einheiten.

3. Lauge. Als Einheit für die Länge wird bei wissenschaftlichen Untersuchungen in England der Fuss verwendet, der als der dritte Teil eines in den Exchequer Chambers aufbewahrten Prototyps für den Yard definirt ist.

In Frankreich, Deutschland, Italien und den anderen Ländern, welche das metrische System adoptirt haben, gilt als solche das Meter, Theoretisch sollte dasselbe der zehnmillionste Teil eines vom Pol zum Aequator der Erde führenden Quadranten sein. Tatsäclilich ist es aber durch das von Borda angefertigte melre des archiveSy das mit dem vorher von Del ambre bestimmten Urmaasse bei der Temperatur des schmelzenden Eises gleiche Länge haben sollte, definirt. Die Länge des Meters ist auch nicht mit den neueren sichereren Bestimmungen der Dimensionen der Erde in Einklang gebracht worden, man drückt vielmehr umgekehrt die Länge eines Quadranten durch das einmal fixirte Meter aus.

Die Astronomen benutzen häufig die mittlere Entfeniung der Erde von der Sonne als Längeneinheit.

*) Die Theorie der Dimensionen der Grossen ist von Fourier begründet worden. Theorie de la dialeur § IGO,

5.] Die drei fundamentalen Einheiten. 5

Bei dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft wäre die allgemeinste Längeneinheit, die wir annehmen könnten, die "Wellenlänge im Vacuum einer bestimmten Lichtart, wie sie von einem weitverbreiteten Körper, etwa Natrium, das gut definirte Linien in seinem Spectrum hat, ausgesandt wird. Eine solche Einheit würde unabhängig von Aenderungen in den Dimensionen der Erde sein, und sollte deshalb von Denen angenommen werden, welche ihren Schriften eine grössere Lebensdauer zusprechen möchten als unserm Planeten.

Im Folgenden soll die Einheit der Länge durch [L] bezeichnet werden. Ist dann l der numerische Betrag einer Länge, die in Einheiten [L] ge- messen werden soll, so giebt / [L] den explicitem Ausdruck für ihre wirk- liche Länge.

4. Zeit, Die Einheit der Zeit wird in allen civilisirten Ländern von der Rotationsdauer der Erde um ihre Achse hergeleitet. Der Sterntag oder die wahre Periode für die Umdrehung der Erde kann durch gewöhnliche astronomische Beobachtungen mit grosser Präcision bestimmt werden, und aus diesem lässt sich dann mit Hilfe der Jahreslänge leicht der mittlere Sonnentag berechnen.

Dcmgemäss wird in allen physikalischen Untersuchungen eine Secunde des mittleren Sonnentages als Zeiteinheit angewendet.

In der Astronomie gilt manchmal das Jahr als Zeiteinheit.

Auch hier lässt sich eine allgemeinere Einheit in der Oscillations- dauer der Lichtart angeben, deren Wellenlänge man als Längeneinheit be- nutzt hat.

Die Zeiteinheit als solche soll durch [T] bezeichnet werden, während / den numerischen Betrag einer Zeitdauer festzusetzen hat.

5. Masse. Die Einheit der Masse ist in England das avoirdujwids- pound, welches in den Exchequer Chambers aufbewahrt wird. Das Grain, welches manchmal ebenfalls als Einheit benutzt wird, bildet den 7000 sten Teil dieses Pfundes.

Im metrischen System ist das Gramm die Masseneinheit. Theoretisch sollte es gleich dem Gewicht eines Cubikcentimeters destillirten Wassers bei der Temperatur seiner grössten Dichte und unter dem Drucke von 760 mm sein, tatsächlich ist es der tausendste Teil eines in Paris aufbe»vahrten Urkilogramms.

Da die Genauigkeit, mit der Massen durch Wägungen verglichen werden können, verhältnismässig weit grösser ist, als die bei der Vergleichung von Längen erreichbare Präcision, so sollte man alle Massen, wo es nur angeht, direct mit dem Urgewicht vergleichen, statt ihre Beträge aus Experi- menten an Wasser abzuleiten.

In der beschreibenden Astronomie setzt man die Einheit gleich der Masse der Sonne oder der Erde, in der theoretischen dagegen leitet man sie aus den Einheiten der Zeit und der Länge unter Zuziehung des

6 Abgeleitete Eiiiliciten. [6.

allgcincincn Gravitationsgesetzes ab. Die astronomische Einheit für die Masse ist dann diejenige Masse, welche einer anderen Masse durch ihre Anziehung in der Einheit der Entfernung eine Einheit der Beschleunigung erteilt.

Wir können nunmehr bei der Bildung unseres allgemeinen Systems von Einheiten die Einheit der Masse entweder in der oben angegebenen Weise aus den Einheiten für Zeit und Länge ableiten, wie das bis zu einer gewissen rohen Annäherung bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft wirk- lich möglich ist, oder aber, wenn wir hoffen dürfen bald die Masse eines einzelnen Molekels einer Substanz bestimmen zu können*), so lange warten, bis wir diese als Masseneinheit zu benutzen vermögen.

Die Einheit der Masse als eine der drei fundamentalen Einheiten bezeichnen wir durch [M]. Wenn, wie im metrischen System, die Einheit der Masse durch das Gewicht eines bestimmten Volumens einer bestimmten Substanz, Wasser, definirt wird, so ändert sich die Masseneinheit wie die Volumeinheit oder wie [L^].

In der Astronomie, in der die Masseneinheit im Verhältnis zu der von ihr ausgeübten Attraction definirt wird, sind die Dimensionen von [M] gegeben durch [L^I'-S],

Wirkt nämlich während einer sehr kurzen Zeit die Attraction einer Masse m auf einen in der Entfernung r ursprünglich in Ruhe befindlichen Körper nach dem Newtou'schen Anziehungsgesetz, so ist der Weg «, den der Körper in dieser Zeit t zurücklegt, nach der Galilei 'sehen ßegel

mithin m = 2 r-s/t^, r und « sind beide Längen, i ist eine Zeit, die Dimen- sionen von m müssen daher, wofern jene Gleichung einen Sinn haben soll, durch [LT-^] gegeben sein. Ganz dasselbe lässt sich aus jeder Gleichung der Astronomie, in der nicht alle Glieder die Masse m enthalten, nachweisen.**)

Abgeleitete Einheiten.

6. Ein Körper besitzt die Einheit der Geschwhidigkeit^ wenn er in der Zeiteinheit sich um eine Längeneinheit fortbewegt. Die Dimensionen der Geschwindigkeitseinheit sind mithin [LT~^].

*) J. Loschmidt, Zur Grösse der Luftmolekel. Berichte der Wiener Aca- demie 1S65 Oct. 12; G. J. Stoney, The Internal Motion» of Gases. Phil. Mag. 1868 Aug.; W. Thomson, T/te Size of Atoms. Nature 1870 März 31.

**) Benutzt man Centimeter und Sekunde als Einheiten für Länge und Zeit, so ergiebt sich die astronomische Masseneinheit aus den Dimensionen der Erde, ihrer Dichte und der Intensität der Schwere auf ihrer Oberfläche zu 1,537 x 10^ Gramm. Dabei ist für die Dichte der Erde die von Bailey aus allen seinen Bestimmungen deducirte Zahl 5,6604 angenommen worden.

6.] Abgeleitete Einheiten. 7

Uebrigens würde die Eiuheit der Geschwindigkeit, wenn wir unsere Einheiten für Länge und Zeit von den Lichtvibrationen ableiten, gleich der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes sein.

Die Einheit der Beschleunigung ist diejenige, bei welcher die Ge- schwindigkeit in der Zeiteinheit um die Geschwindigkeitseinheit zunimmt. Ihre Dimensionen sind also [LT-^.

Die Einheit der Dichte ist die Dichte einer Substanz, von der in der Volumeneinheit die Masseneinheit enthalten ist. Die Dimensionen sind [iVL-^l

Die Einheit des Moments giebt das Moment einer Masseneinheit, die sich mit der Geschwindigkeitseinheit fortbewegt. Die Dimensionen sind [MLT-^l

Die Einheit der Kraft erteilt einem Körper in der Zeiteinheit die Momenteinheit und hat die Dimensionen [MLT-^,

Dies ist die absolute Ejrafteinheit, wie sie durch jede Gleichung der Dynamik definirt ist. In manchen Lehrbüchern wird aber eine andere Einheit, nämlich das Gewicht der gerade gebräuchlichen Masseneinheit benutzt. Um dann den Gleichungen der Dynamik gerecht zu werden, wird diese Einheit wieder verlassen und eine künstliche dadurch eingeführt, dass man jene Einheit noch durch die Schwerkraft an dem betreffenden Orte dividirt. Dadurch wird aber sowohl die Masseneinheit als die Krafteinheit in Abhängigkeit von der Schwerkraft gebracht, und da diese von Ort zu Ort wechselt, so sind auch jene Einheiten immer an den Ort gebunden, an welchem sie bestimmt sind. Beziehungen, in denen sie vertreten sind, leiden also solange an Unvollständigkeit als nicht angegeben ist, an welchem Orte sie als richtig befunden worden sind.

Doch ist diese Art die Krafteinheit zu fixiren seit der Zeit, da man durch Gauss zunächst die magnetischen Kräfte in allen Ländern, in denen die Schwerkraft selbst verschieden ist, nach einer und derselben allgemeinen Methode zu messen gelernt hat, so ziemlich geschwunden. Man bestimmt jetzt in der Tat alle Kräfte nach jener streng dynamischen Definition, welche an allen Orten dieselben numerischen Resultate finden lässt.

Die Einheit der Arbeit ist gleich dem Producte aus der Krafteinheit in die in Richtung der Wirkung der Kraft genommenen Längeneinheit. Die Dimensionen sind [ML^T-^].

Da die Energie eines Systems von Körpern gleich der in demselben aufgehäuften potentiellen Arbeit ist, so wird sie durch die Arbeitsmengo gemessen, die das System bis zur vollständigen Erschöpfung seines Energic- inhalts leisten kann.

Von andern Grössen sollen die Definitionen und Dimensionen bei passender Gelegenheit angegeben werden.

Will man die Werte von physikalischen Grössen, die in einer Einheit ausgedrückt sind, auf eine andere Einheit beziehen, so darf man sich nur

J

8 Continuität und Discontinuität. [7,

erinnern, dass jeder Ausdruck für eine Grösse aus zwei Componenten besteht, aus der Einheit und aus einem Zahlenfactor, welcher angiebt, wie oft diese Einheit genommen werden soll. Der Zahlenfactor ändert sich daher um- gekehrt wie die Einheit, er muss also den verschiedenen Potenzen der Fundamentaleinheiten, die in der abgeleiteten Einheit vertreten sind, um- gekehrt proportional sein.

Mathematische Definitionen und Lehrsätze.

Physikalischer Begriff der Continuität und

Discontinuität.

7. Eine Grösse ändert sich continnirlich, wenn sie bei dem Uebergange von einem Werte zu einem andern alle Zwischen werte nacheinander annimmt.

Man kann sich den Begriff der Continuität unter Zuhilfenahme der Ejdstenz eines Körperpartikels in Zeit und Raum klar machen. In der Tat kann ein solches Partikel nicht von einem Orte zu einem andern gelangen, ohne einen ununterbrochenen Weg im Räume zu beschreiben, und die Coordinaten seiner aufeinanderfolgenden Positionen müssen continuirliche Functionen der Zeit sein.

So drückt denn auch die sogenannte Continuitätsgleichung der Hydro- dynamik nichts anderes aus, als dass Materie in keinem Volumenelement erscheinen und aus keinem verschwinden kann, ohne durch die Oberfläche desselben gegangen zu sein.

Eine Grösse ist eine continuirliche Function ihrer Variabein, wenn sie bei continuirlicher Aenderung dieser Variabein selbst continnirlich variirt.

Ist also u eine Function von ar, welche während x von jtq bis x^ continnirlich abändert ohne Unterbrechung von Uq zu w^ übergeht, dagegen bei einer Aenderung des x von Xi bis X2 von u^' bis u^ gelangt, wo m/ von Hl verschieden ist, so hat u an der Stelle x = Xi eine Discontinuität, weil es liier plötzlich vom Werte u^ zu dem u^' übergeht, ohne dass x selbst eine Aenderung erleidet.

Betrachtet man den Betrag des Differentialquotienten von u nach .r für X = Xi als den Grenzwert des Bruches (wg «^o)/C^2 -^o)? wenn 0*2 sowohl als Xq ohne Eude dem x^ genähert werden, dann ist, wenn .rg und 0?^ den Wert .rj unendlich nahe einschliessen , der Wert des Zählers w/ Mj, und der des Nenners gleich Null Ist u eine physikalisch continuirliche Grösse

8.] Continuität und Discontinuität. 9

so kann die Discontinuitiit nur in Bezug auf die besondere Variabelc x stattfinden, und die Grösse hat dann bei x=^x^ einen unendlich grossen üitFerentialquotienten. Ihre Piifcrentiation ist aber überhaupt sinnlos, wenn sie auch physikalisch nicht continuirlich ist.

Man kann sich in physikalischen Fragen zunächst von der Berück- sichtigung der Discontinuität befreien, ohne deshalb die Bedingungen eines vorliegenden Falles ändern zu müssen. Man nimmt erst jtq nur sehr wenig kleiner und jc*^ nur sehr wenig grösser als .r^, so dass z/^ sehr nahe gleich U| und t/2 sehr nahe gleich u^' wird, dann setzt man voraus, dass u in dem Bereiche Xq x^ zwar beliebig, aber continuirlich von Uq zu w^ übergeht und untersucht, zu welchem Resultat man gelangt, wenn man das Unstetig- keitsgebiet immer enger macht bis Xq und x^ mit x^ zusammenfallen. Findet sich das Resultat unabhängig von dem Wege, auf dem man die Function u von dem Werte u^ zu dem u^ übergeführt hat, so darf man schliessen, dass es auch noch richtig ist, wenn n discontinuirlich ist.

8. Wenn wir in einer Function F von mehreren Variabein .r, y^z,., , zunächst x allein als Veränderliche betrachten, y,z . .. aber als Constanten ansehen, so kann F für gewisse Werte von x discontinuirlich werden. Indem wir uns diese Werte von x mit denen der andern Variabein durch eine Gleichung

verbunden denken, wird also die Function F dann unstetig werden, wenn 0=0 ist. Ihre Werte F^ , i'\ für positive bezüglich negative Beträge von ^ brauchen in keiner Weise mit einander zusammenzuhängen. Man kann diese Art der Discontinuität leicht durch mathematische Symbole fixiren, indem man eine Function herstellt, die für positive <1> nahe gleich F^ und für negative nahe gleich F^ ist. Dazu kann z. B. die folgende dienen

^ " 1 + e»^^ '

in der man sich die Variabele x durch <I>, ?/, z ersetzt zu denken hat. So- lange n endlich bleibt, mag es auch noch so gross genommen werden, ist F stetig, sowie aber n positiv unendlich ist, hat F für positive 4) den Wert 7' 25 för negative den Wert F^,

Discontinuität der Derivirten einer continuirlichen Function.

Es mögen die Werte der Variabein .r, y^z,.. ., für welche in den ersten Derivirten einer Function F derselben Discontinuitäten auftreten sollen, mit einander durch eine Gleichung

10 Beziehung von pliysik. Grössen zu den Richtungen im Räume. [9.

verbuudcu sein. Drückt mau die Werte der Function F fdr positive bezüglicli negative Werte von <I>, also nach unserer frühern Bezeichnung F^ und 7*\, durch <1> und n 1 andere Variabein, etwa y,z, .,. aus, so muss, da /' continuirlich sein sollte, F2 = Fi sein, wenn Ö verschwindet. Daraus aber ergiebt sich, dass fdr 0 = 0 wohl die Derivirten nach 0, nämlich dF2/d<b und dF^/d<^ von einander verschieden sein können, nicht aber die nach einer andern Variabein, wie dF^/dy und dF^/dy. Es kann also nur die Derivirte nach <& unstetig werden, während die Derivirten nach allen andern Variabein stetig bleiben müssen.

Periodische und vielfache Functionen.

9. Hat eine Function u von ^ für alle Werte ihrer Variabein, die sich um eine und dieselbe Grösse a von einander unterscheiden, also für x, j? -h 05, X + 2a^ . . . j* 4- jya . . ., denselben numerischen Betrag, so heisst sie periodisch in Bezug auf diese Variabele x und hat a zur Periode. Daraus ersieht man, dass umgekehrt x für einen bestimmten Wert von w unendlich viele um Vielfache von a differirende Werte haben muss; x wird deshalb eine vielfache Function von u genannt und hat a zur cyclischen Zahl. Der Differentialquotient dxidu hat nur eine begrenzte Anzahl von Werten für ein und dasselbe u.

üeber die Beziehung von physikalischen Grössen zu den

Richtungen im Räume.

10. Es war einer der grössten Fortschritte in der Mathematik als Des Cartes durch die Einführung der Coordinaten die analytische Geometrie begründete und so an Stelle der gewöhnlichen geometrischen Methoden rein rechnerische Operationen setzte. Er machte die Lage eines Punktes im Räume von der Länge dreier Geraden abhängig, welche in bestimmte Richtungen verliefen, und liess jede Linie zwischen zwei Punkten als die Resultante dreier Strecken erscheinen.

Für die Physik hat sich die Des Cartes'sche analytische Methode, so namentlich zur Unterscheidung der einzelnen physikalischen Grössen von einander, von einer nicht hoch genug zu schätzenden Bedeutung erwiesen. Für manche Untersuchungen, die sich ziemlich scharf von den eigentlichen Rech- nungen trennen, ist es aber von Vorteil, sich von den C artesischen Coordinaten frei zu machen, also direct einen Punkt selbst anstatt seiner drei Coordinaten oder eine Kraft und ihre Richtung statt ihrer drei Componenten in Betracht zu ziehen. In der Tat ist auch diese letztere Art geometrische und physikalische Grössen so zu sagen in ihrer Totalität aufzufassen das Ur- sprünglichere und Natürlichere. Doch hat sie ihre eigentliche Ausbildung

11.] Beziehung von physik. Grossen zu den Richtungen im Räume. 1 1

erst durch Hamiltons Erfindung de3 Quatemionen-Calculs, die die zweite Etappe in der Erforschung räumlicher Beziehungen bezeichnet, erhalten.

Da aber die Des Cart es' sehe Methode einerseits den der Wissenschaft beflissenen weit geläufiger ist als die Hamilton sehe und andererseits bei Rechnungen weitaus die grössten Vorteile bietet, so sollen in der Folge alle Resultate nach ihren Vorschriften gegeben werden. Ich hege jedoch die Ueberzeugung, dass die Einführung der Begriffe und Operationen der Quaternionenrechnung auf vielen Gebieten unserer Aufgabe für uns von bedeutendem Nutzen sein wird. Es gilt das namentlich für die Electro- dynamik, wo wir mit einer grossen Anzahl von physikalischen Grössen zu tun haben, deren Beziehungen zu einander sich nach keiner anderen Methode so kurz und so klar auseinander setzen lassen, als nach der Hamiltonscheu. Ich lasse daher zunächst einiges aus den Grundlagen des Quatemionen- Calculs folgen.

U. Charakteristisch und von der grössten Bedeutung für die Hamilton sehe Methode ist die Einteilung aller Grössen in Zahlen- und Kichtungsgrössen, in Sealaren und Vectoren.

Ein Scalar ist vollständig durch eine einzige numerische Angabe definirt, und sein Wert hängt in keiner Weise von den Richtungen etwaiger Coordinatenaxen ab.

Ein Vector dagegen bedarf als Richtungsgrösse zu seiner völligen Fest- setzung dreier numerischer Angaben, die man zu den Richtungen der Coordinatenachsen in Beziehung setzen mag.

ScaJaren haben also nichts mit Richtungen zu schaffen.

Der Inhalt einer geometrischen Figur, die Masse und Energie eines Körpers, der hydrostatische Druck in einem Punkte einer Flüssigkeit, das Potential an einer Stelle im Räume sind Beispiele für Sealaren.

VectDren haben sowohl Richtung als Grösse und wechseln ihr Zeichen, so oft ihre Richtung umgekehrt wird. Die Lagenänderung eines Punktes gemessen durch eine gerade Linie von der Anfangs- bis zur Endlage kann als Typus eines Vectors betrachtet werden, da ihr der Name Vector ent- lehnt ist. Die Geschwindigkeit eines Körpers, das Moment desselben, die dabei wirkende Kraft, der electrische Strom, die Magnetisirung eines Eisen- stückchens geben Beispiele für Vectoren ab.

Andere physikalische Grössen werden zwar auch auf Richtungen im Baume bezogen, sind aber doch keine Vectoren.

Dahin gehören Druck und Zug in festen Körpern und manche Eigen- schaften der Körper, die in der Theorie der Elasticität und Doppelbrechung behandelt werden.

Grössen dieser Art verlangen zu ihrer gehörigen Festsetzung neun Be- stimmungen. In der Sprache der Quaternionen heissen sie lineare Vector- functionen eines Vectors.

12 Beziehung von phjsik. Grossen zu den Richtungen im Räume. [12.

Zwei Vectoren derselben Art werden genau so addirt, wie in der Statik Kräfte summirt werden. In der Tat ist der Beweis, den Poisson für das Parallelogramm der Kräfte giebt, für die Zusammensetzung aller Grossen anwendbar, bei denen eine Zeichenäuderung mit einer Drehung um 180»^ gleichbedeutend ist.

Wenn wir einen Vector durch ein einziges Symbol bezeichnen und namentlich darauf aufmerksam machen wollen, dass wir es eben mit einem Vector zu tun haben, demnach Richtung sowohl als Grösse beachten müssen, so werden wir die grossen deutschen Buchstaben 3(, 3?, . . . benutzen.

In der Methode der Quaternionen wird die Lage eines Punktes im Räume dadurch fixirt, dass man von einem festen Punkte aus bis zu ihm einen Vector zieht. Haben wir nun an der Stelle dieses Punktes im Räume eine physikalische Grösse zu betrachten, welche von der Lage dieses Punktes abhängt, dann behandeln wir sie als Furction des vom fixen Punkte gezogenen Vectors. Die Function kann dabei ein Scalar oder ein Vector sein. Die Dichtigkeit eines Körpers, seine Temperatur, sein hydrostatischer Druck, sein Potential in einem bestimmten Punkte sind scalare Functionen. Dagegen sind die resultirende Kraft in einem Punkte, die Geschwindigkeit eines Stromes, die Rotationsgeschwindigkeit eines Elementes und das die Rotation hervor- bringende Kräftepaar Vectorfunctionen.

12. Man kann die physikalischen Vector-Grössen in zwei Klassen einteilen, je nachdem sie zu Linien oder zu Flächen in Beziehung gebracht werden.

So lässt sich die Grösse einer in bestimmter Richtung wirkenden Anziehungskraft durch das Verhältnis ihrer Arbeitsleistung, während sie einen Körper in ihrer Wirkungsrichtung verschiebt, zu der Grösse der Verschiebung messen. Die attrahirende Kraft ist dann zu einer Linie in Beziehung gebracht. Andererseits deünirt man die Intensität eines in einem Körper in bestimmter Richtung verlaufenden Wärmestroms als das Verhältnis der Wärmemenge, welche durch eine zum Wännestrom senkrechte kleine Fläche in der Zeiteinheit durchgeht, zu der Grösse dieser Fläche. Hier ist also die Strömung unter Zuhilfenahme einer Fläche gemessen.

Doch giebt es Fälle, in denen eine Quantität sowohl auf eine Linie als auf eine Fläche bezogen werden kann. So wird man bei der Betrachtung der elastischen Verschiebung in einem Körper entweder seine Aufmerksamkeit auf die ursprüngliche und nachherige Lage eines Partikels richten, also die Verschiebung durch die Länge der Strecke von der ersten zur zweiten Lage des Teilchens messen; oder man wird untersuchen, welche Summe von Partikelchen des Körpers während der Dauer der Verschiebung durch eine bestimmte Fläche hindurchgeht.

Ebenso mag man die Geschwindigkeit einer Flüssigkeitsbewegung da- durch bestimmen, dass man die Geschwindigkeit der einzelnen Teilchen in ihren Bahnen untersucht, oder die Flüssigkeitsmenge eruirt, welche während einer bestimmten Zeit durch eine bestimmte Fläche strömt.

14.] Beziehung von physik. Grössen zu den Richtungen im Räume. 13

Die erste Methode haben wir anzuwenden, wenn wir sowohl die Dich- tigkeit eines Körpers als auch die in ihm stattfindenden Verschiebungen und auftretenden Geschwindigkeiten der Partikel kennen lernen wollen, die zweite dagegen, wenn es sich um eine moleculare Theorie der Bewegungen handelt.

Bei einem electrischen Strome wissen wir weder etwas von der Dichte der Electricität, noch von der Geschwindigkeit, mit der die Strömung vor sich geht, wir kennen einzig den Wert einer Grösse, welcher in der Hydrodynamik das Product aus der Dichte und Geschwindigkeit entsprechen würde. Hier haben wir also die allgemeinere Methode der Messung der Stromstärke unter Zuhilfenahme einer Fläche anzuwenden.

Electromotorische und magnetische Kräfte gehören, weil man sie auf Linien bezieht, zu der ersten Klasse von Vectoren; so oft wir auf diese Tatsache namentlich aufmerksam zu machen haben, werden wir sie Kraft- intensitäten nennen.

Andererseits definirt man die Stärke der electrischen und magne- tischen Induction ebenso wie die des galvanischen Stromes unter Zuhilfe- nahme von Flächen, man hat sie also zur zweiten Klasse der Vectoren zu rechneu. Wir werden sie deshalb zu den Stromgrössen zählen.

Jede jener Kraftintensitäten ist bestrebt, eine ihr entsprechende strömende Bewegung hervorzubringen, oder bringt wirklich eine solche zu Stande. Electromotorische Kräfte zum Beispiel setzen die Electricität in Leitern in Bewegung und suchen sie in Fluss zu bringen iu dielectrischen Medien. Sie verursachen eine electrische Induction in Dielectricis und wahrscheinlich auch iu Couductoren ; in demselben Sinne bringen auch magnetische Kräfte magnetische Induction hervor.

13. In mjinchen Fällen ist eine Strömung proportional der sie ver- ursachenden Kraft und findet auch in Richtung dieser statt, häufig aber weiss man nur, dass sie in Grösse und Richtung von Grösse und Richtung der Kraft abhängt.

In dem Capitel über die Bewegungsgleichungen der Electricität in Leitern, Art. 296, werden wir den Fall betrachten, wo die Stromcom- ponenten lineare Functionen der Kraltcomponenten sind, und dabei finden, dass im allgemeinen neun Constanten erforderlich und hinreichend zur Herstellung der Beziehungen zwischen den Componenten der Strömung und denen der Kraft sind. In gewissen Fällen kann man vermuten, dass sechs jener Coustanten sich paarweise gleich sind ; dann ist die Beziehung zwischen der Richtung der Kraft und der einer zur Stromrichtung senk- , rechten Ebene dieselbe, wie die zwischen der Richtung eines Durchmessers eines Ellipsoids und der Richtung der ihm conjugirten Diametralebene. In der Ausdrucksweise des Quaternionencalculs sagt man, dass der eine Vector eine lineare Vectorfunction des andern ist, und zwar eine selbstconjugirte Function, wenn eben der Fall eintritt, dass sechs Cocfficienten zu drei Paaren zusammenfallen.

14 Rezieimng von pliysik. Grossen zu (L-n Richtungen im Räume. [14.

Bei der magnetischen Induction in Eisen ist die Strömung, d. h. die Magnetisirnng des Eisens, keine lineare Function der magnetisirenden Kraft. Doch ist in allen Fällen das wissenschaftlich wichtige Product aus der Kraft und der in ihrer Richtung genommenen Stromcomponente eine scalare Grösse.

14. Jene beiden Klassen von Vectoren sind auch durch besondere mathematische Operationen charakterisirt, die bei ihrer Behandlung häufig auftreten.

Bei Kräften haben wir meist das Integral längs einer Linie von dem Product eines Elements dieser Linie und der in Richtung dieses Elements fallenden Kraftcomponente zu nehmen. Das Resultat dieser Oj)eration nenne ich das Linienintegral der Kraft. Es repräsentirt die Arbeit, welche bei der Bewegung eines Körpers auf dieser Linie geleistet wird. Hängt dasselbe nicht von der Gestalt der Linie selbst ab, sondern nur von der Lage der beiden Endpunkte derselben, so wird das Linienintogral als Potential bezeichnet.

Bei Strömungen tritt uns ein Integral über eine Fläche von dem Product eines Elements derselben und der normal zu ihr auftretenden Stromcomponente entgegen. Wir erhalten durch dieses Integral, das Flächenintegral, die Menge eines Agens, welche durch die Fläche in bestimmter Zeit hindurchgeht.

Es giebt Flächen, durch welche hindurch keine Strömung stattfindet. Schneiden sich zwei solche; Flächen, so bildet ihr Durchschnitt eine Strom- linie, welche auch als Kraftlinie bezeichnet wird, wenn die Strömung in Richtung der Kraft verläuft.

Man tut aber gut in der Lehre von der statischen Electricität und vom Magnetismus die Bezeichnung Inductionslinien festzuhalten und den Namen Stromlinien für die Electrokinematik zu reserviren.

16. Ein anderes Unterscheidungsmerkmal zwischen Vectoren, nämlich ein aus den Eigenschaften einer trpnslatorischen im Gegensatz zu einer rotatorischen Bewegung abgeleitetes, ist für die Physik zwar in mancher Hinsicht sehr wichtig, hat aber keine besondere Bedeutung bei mathe- matischen Untersuchungen.

Gehen wir auch hierauf mit einigen Worten ein, so kann die Richtung und Grösse einer Quantität von irgend einer Action oder Wirkung, die ganz längs einer gewissen Linie sich manifestirt, abhängen, oder sie kann durch irgend etwas bestimmt sein, was eine Rotation um diese Linie als Achse charakterisirt. Die Composition von Vectoren geschieht stets nach denselben Gesetzen, mögen sie translatorischer oder rotatorischer Natur sein, so dass in der mathematischen Behandlung beider Klassen sich kein Unterschied geltend machen kann. Bei physikalischen Untersuchungen ven*aten aber gewisse Umstände die Klasse, zu der wir eine Grösse zu rechnen haben. So besteht die Electrolyse in dem Transport zweier Substanzen auf Linien nach entgegengesetzten Richtungen, und das charakterisirt ein translatorisches

n

16.] Das Linieniiitegral. 15

Phänomen, so dass offenbar keine rotatorische Wirkung um die Kraftrichtung in Action tritt. Daraus müssen wir schliessen, dass der electrische Strom, welcher Electrolysen verursacht oder begleitet, ein translatorisches Phänomen ist, kein rotatorisches.

Andererseits unterscheiden sich Nord- und Südende einer Magnetnadel nicht wie Sauerstoff und Wasserstoff, welche bei der Electrolyse an entgegen- gesetzten Stellen erscheinen, so dass wir daraus translatorische Eigenschaften des Magnetismus nicht entnehmen können. Im Gegenteil zeigt die Tatsache, dass der Magnetismus die Polarisatiousebene des Lichtes 7U drehen im Stande ist. dass wir es bei ihm mit einem rotatorischen Phänomen zu tun haben.

Das Linienintegral.

16. Im Anschluss an die früheren Bemerkungen über die bei Rechnung mit Vcctoren namentlich auftretenden mathematischen Operationen lasse ich nunmehr einige Bemerkungen zunächst über die in der Physik eine grosse Rolle spielenden Linienintegrale folgen.

Es seien .r, y, z die Coordinaten eines Punktes P auf einer Linie , und s die Länge dieser Linie von einem fixen Punkte A bis zu diesem Punkte P. Weiter sei R der Wert eines Vectors im Punkte P und e der Winkel, den die Richtung dieses Vectors mit der Tangente der Linie « in P bildet. R cos e giebt dann die Componente des Vectors längs der Linie s im Punkte P, und

Ja) L= \ Rcoszds

das Linienintegral des Vectors.

Betrachtet mjin die Coordinaten .T^y,z als Functionen der Variabein «, so geht das Linienintegral nach bekannter Transformation über in

wo X, F, Z die Componenten von R nach den Coordinatenaxen angeben. Im allgemeinen häng^ dieses Integral von der Form der Linie zwischen A und P, längs welcher iutegrirt werden soll, ab. Es kann aber vorkommen, dass in gewissen Bezirken der Factor von ds in unserm Linienintegral ein vollständiger Differentialquotient ist, so dass

Xdx + Ydy -hZdz=—dW wird, dann haben wir Ic) L==Wa-^'p,

auf welchem Wege mr auch von dem Punkte A zu dem Punkte P über- gehen mögen, vorausgesetzt dass der Integrationsweg die Grenzen unseres Bezirkes nicht überschreitet.

IC Potential. [17.

Potential.

Die Grösse V ist eine scalare Function der Lage des Punktes P, also unabhängig von etwaigen Richtungen und heisst das Potential in diesem Punkte. Ein Vector R hat ein Potential, wenn seine Componenten Ä", T, Z Differential quotienten ein und derselben Function sind, so dass

1) A = ^--f 1 = -^-» Z =

^ C.V 01/ cz

wird. Existirt ein solches Potential, so heissen Flächen, in denen dasselbe constanfc bleibt, Aequipoientielle oder Niveauflächen, Sie haben die Eigen- schaft, dass ihre Normalen v die Richtungen des Vectors R anzeigen, und dass in ihren Punkten

2) R = -^r^

' on

wird.

Laplace ist der Erfinder dieser Methode, Vectorcomponenten als erste Derivirte einer gewissen Function zu betrachten.*) Doch stammt der Name Potential von Green her, der diese Function zur Grundlage seiner Electricitäts- theorie gemacht hat.**) Greens Arbeiten blieben aber bis zum Jahre 1846 unbeachtet, so dass inzwischen die meisten seiner Resultate von Gauss, Chasles, Sturm und Thomson neu entdeckt wurden***).

In der Gravitationstheorio wird dem Potential das entgegengesetzte Zeichen von dem liier benutzten gegeben, und die Kraft in einer Richtung durch die in dieser Richtung für die Längeneinheit stattfindende Zunahme der Potentialfunction gemessen. Bei electrischen und magnetischen Unter- suchungen setzt man dagegen die Kraft gleich der Abnahme des Potentials für die Längeneinheit in Richtung ihrer Wirkung. Dadurch kommt das Zeichen des Potentials in Uebereinstimmung mit dem der potentiellen Energie, welch letztere stets abnimmt, wenn ein Körper in Richtung der ihn an- greifenden Kraft bewegt wird.

17. Viel Licht wird auf das Verhältnis der Kraft als Vector- zur Potential- function als Scalarengrösse durch die Hamiltonsche Entdeckung der formjilen Operation, mit Hilfe deren jene aus dieser abgeleitet wird, geworfen.

Wir haben nämlich gesehen, dass die Componente des Vectors nach einer bestimmten Richtung gleich dem negativen Differentialquotienten der Potentialfunction nach der Coordinate, die in jener Richtung verläuft, ist. Sind also t, jy k drei zu einander senkrechte Vectoreinheiten, und A', 7, Z die Componenten eines Vectors % nach jenen drei Vectoren, dann ist

% = iX-hjY-\-kZi

•) Mec. CiL liv. III,

••) Essay on the Application of Malhematical Anahjsin to the llieories of pXecincitii and Maynetism, Nottingham 1828. In Crcllc's Journal für reine und an- gewandte Mathematik Bd. 39, 41, 47 von Thomson mitgeteilt.

***) Thomson u. Tai t: Theoretische Physik § 483.

IB.] Potential. 17

mithin, wenn ^' das Potential bezeichnet,

dy dz

Benutzt man ftir die Operation

c.v '' cy cz das Symbol v, so wird

Das Operationszeichen v weist uns also an, zunächst das Anwachsen von ^' für die Längeneinheit in drei zu einander senkrechten Richtungen zu bestimmen, und dann die so eruirten Vorhältnisse wie Vectoren zu einem einzigen zusammenzuziehen. Man kann aber auch die durch v bezeichnete Operation so auffassen, dass erst die Richtung eruirt werden soll, in der ^V am raschesten anwächst, und dass dann nach dieser Richtung ein Yector zu ziehen ist, der den Betrag, um den ^F für die Längeneinheit zunimmt, repräsentirt.

Lam^ bezeichnet in seinem TraiU des foncüonR inverses den Betrag dieses grössteu Anwuchses als Differential-Parameter, doch giebt weder diese Be- zeichnung selbst noch auch die Art und Weise, wie L am 6 von ihr Gebrauch macht, von der Tatsache Rechenschaft, dass es sich hier um Grössen handelt, die neben Quantität auch Richtung haben.

In den seltenen Fällen, in denen jene Beziehung in rein geometrischem Sinne zu berücksichtigen sein wird, werde ich den Vector g als die Baum- Variation der scalaren Function ^I' bezeichnen, um auszudrücken, dass es sich sowohl um die Grösse als um die Richtung der raschesten Abnahme von W handelt.

18. In gewissen Fällen sind die Bedingungen dafür, dass Xd.r -h Ydy -i- Zdz ein vollständiges Differential ist, also die Gleichungen

8X_&F__ £Z__^?__A ^_^_o

dy d,r ^ dz dy ' dx cz

in einem bestimmten Raumbezirk erfüllt, ohne dass die Integration von A bis P auf zwei verschiedenen in diesem Bezirke liegenden Wegen zu dem- selben Resultate führt. Das trifft z. B. bei einem ringförmigen Integrations- gebiet ein, wenn die Integrationswege durch entgegengesetzte Segmente gehen. Charakteristisch für diesen Fall ist dann, dass man die Integrations- wege nicht in einander überführen kann, ohne durch einen Raum zu gelangen, der nicht mehr zum Integrationsgebiet gehört. Wir kommen so zu Betrachtungen, die der Geometrie der Lage angehören, deren Wichtigkeit durch Leibniz und namentlich Gauss oft genug betont worden ist, bis sie in der neuern Zeit durch Listing eine ziemlich erschöpfende Bearbei- tung gefunden haben.*)

•) Der Census räumlicher Complere. Gott. Abb. Bd. X. S. 97 (1861). Maxwell, KlectricHät u. Maguctismus. I. 2

18 Zusammenimngende Flächen und Räume. [18.

Zusammenhängende Flächen und Räume.

Werden im Räume ;> Punkte durch l Linien so verbunden, dass kein Punkt ausgelassen ist und keine zwei Linien sich gegenseitig schneiden, so soll die dadurch entstehende Figur als Diagramm bezeichnet werden. Es genügen nun zunächst p 1 Linien , um die Punkte mit einander voll- ständig zu verbinden und jede neu hinzukommende Linie vervollständigt einen in sich zurücklaufenden Weg, den wir Cjjkel nennen können. Die Anzahl der Cykeln in dem Diagramm beträgt l /? -4- 1. Jeder geschlossene Weg in dem Diagramm setzt sich aus diesen von einander unabhängigen Cykeln zusammen, von denen jeder beliebig oft und in beliebiger Richtung durchlaufen werden kann.

Die Existenz der Cykeln bezeichnen wir als Ct/klose und die Anzahl derselben in einem Diagramm als die Cyklomaiische Zahl des Diagramms.

Flächen sind entweder geschlossen oder begrenzt und die geschlossenen können unendlich oder endlich sein. Die unvollständigen Flächen werden durch eine oder mehrere geschlossene Linien begrenzt und sie umfassen auch die unendlichen und geschlossenen Flächen insofern, als bei jenen die Grenzlinien unendlich lang werden, bei diesen zu Punkten zusammen- schrumpfen.

Ein endliches Stück des Raumes wird durch eine oder mehrere ge- schlossene Flächen begrenzt. Eine dieser Flächen kann als äussere Ober- üäche betrachtet werden, während die andern Flächen sich gegenseitig ausschliessen und die inneren Begrenzungsflächen bilden.

Hat ein Raum nur eine begrenzende Fläche, so kann man diese beliebig zusammenziehen ohne ihre Continuität zu gefährden. Ist derselbe auch noch einfach zusammenhängend, Acyklisch, wie eine Kugel, so geht die Fläche schliesslich in einen Punkt über, ist er zweifach zusammenhängend, wie etwa ein Ring, so wird die Fläche bei fortdauernder Contraction zur geschlosse- nen Curve, ist er endlich mehrfach zusammenhängend, Cykllsch, so entsteht schliesslich ein Diagramm, dessen cyklomatische Zahl gleich der des Raumes, also um eine Einheit kleiner als seine Zusammenhangszahl ist. Der vom zusammenhängenden Gebiet ausgeschlossene Raum hat dieselbe cyklomatische Zahl wie das Gebiet selbst, und hieraus folgt, dass, wenn das zusammenhängende Gebiet durch innere und äussere Flächen begrenzt wird, seine cyklomatische Zalü gleich der Summe der Zahlen ist, wie er sie den einzelnen Flächen verdankt.

Schliesst eine Region mehrere andere Gebiete ein, so heisst sie mehrfach oder Per iphr actisch. Die periphractische Zahl ist gleich der Anzahl der begrenzenden Flächen, sie wird gleich 1 bei acyklischen Flächen.

Die cyklomatische Zahl einer geschlossenen Fläche ist doppelt so gross als die des Raumes, welchen sie begrenzt. Um die cyklomatische Zahl einer begrenzten Fläche zu erhalten, denkt man sich alle Begrenzungen ohne L^nterbrechung der Continuität so lange gegen einander nach Innen

20.] Sätze über das Linicnintegral. 19

zusammengezogen bis sie sich schneiden. Die Fläche wird dann zum Punkt, wenn sie acyklisch und zum linearen Diagramm, wenn sie cyklisch ist. Die cyklomatische Zahl des Diagramms ist gleichzeitig die der Fläche.

Nach diesen Auseinandersetzungen über das Zusammenliängen von Flächen und Räumen beweisen wir noch einige wichtige Sätze über das Linienintegral.

19. I.) Wenn i7i einem ein/ach zusammenhängenden Räume

Xdjc 4- Ydy -h Zdz = dV

ist, 80 ergiebt die Integration dieses Ausdrucks zwischen zivei Punkten längs allen Linien, die ganz in dem bezeichneten Räume liegen^ denselben Wert,

Wir beweisen zunächst, dass man bei der Integration stets Null erhält, wenn der Integrationsweg in sich zurückläuft.

Denken wir uns nämlich die äquipotentiellen Flächen gezogen, so werden sie entweder alle geschlossen sein, oder von der Oberfläche unseres Raumes vollständig begrenzt werden. Jede geschlossene Linie in unserem Räume, die eine dieser Flächen beim Durchgehen schneidet, muss sie daher bei der Rückkelir an einer andern Stelle in entgegengesetzter Richtung treflfen. Da das für alle noch so nahe aneinander gezogenen äquipotentiellen Flächen gilt, so werden sich immer zwei Elemente des Linienintegrals gleich und entgegen- gesetzt sein, so dass die Summe aller Elemente, also das ganze Integral, verschwindet.

Sind demnach AQV und AC^ P zwei lutegrationswege von A nach P, so ist das Linienintegral auf dem geschlossenen AVege AQPQ! A gleich Null, daher das längs AQP gleich und entgegengesetzt dem längs PQJ A oder gleich dem längs AQJP,

Es ergiebt sich hieraus, dass wenn das Potential in einem einfach zusammenhängenden Räume für einen Punkt gegeben ist, dass es dadurch für jeden andern Punkt des Raumes unzweideutig bestimmt ist.

20. n.) In jedem mehrfach zusammenhängenden Raum, in welchem die

Beziehung

Xdx -f- Xdy -hZdz^ dW

überall erfüllt wird, ist der Wert des Linienintegrals zwischen A und P im allgemeinen erst bestimmt, wenn der Verlauf des Integrationsweges näher angegeben ist.

Ist der betrachtete Raum Ä:+lfach zusammenhängend, so kann man ihn durch k Schnitte oder Diaphragmen in einen einfach zusammenhängenden verwandeln ohne seine Continuität zu zerstören. Solange der Integrationsweg von A nach P keines der Diaphragmen durchschneidet, ist der Wert des Linienintegrals von seinem besondern Verlauf unabhängig. Es mögen nun die beiden Punkte A und P einander unendlich nahe zu entgegengesetzten Seiten eines Diaphragmas liegen und dasselbe möge von zwei andern Punkten A\ P* gelten, von denen A' dem A und P' dem P unendlich ]iahc liegt.

3'

20 Das Flacheniiite^ral. [21.

Das Linienintegral über APP'A'A muss dann verschwinden, und weil die Wege PP' und A'A sich gleich und entgegengesetzt sind, haben die beiden Integrale über AP und A' P' ebenfalls gleiche Werte. Hieraus folgt, dass das Linienintegral längs einer geschlossenen Curve stets den- selben Wert hat, wo auch die Curve das Diaphragma schneiden mag.

Ist dieser Wert bei einem einmaligen Durchschneiden des Diaphragmas gleich A'i , und geht die Curve p mal in positiver und p^ mal in negativer Richtung durch das Diaphragma, so ist der Wert des Linienintegrals gleich (p /'i) ^1 = Wj/iTi. Aehnliche Betrachtungen ergeben, dass, wenn der Integrationsweg l Diaphragmen durchschneidet , das Linienintegral längs demselben gleich

sein muss, wo m den Ueberschuss der positiven Durchgänge durch das tte Diaphragma über die der negativen angiebt.

Zwei Curven, die in einander continuirlich übergeführt werden können, ohne jemals das Gebiet, in welchem ein Potential existirt, zu verlassen, sind einander äquivalent*).

Die Bedingung der Existenz eines Potentials, also die, dass Xdx -h Ydy -{- Zdz ein vollständiges Differential ist, tritt in vielen physikalischen Untersuchungen und namentlich da auf, wo das Potential zu andern physikalischen Deutungen führt als die aus ihm abgeleitete Vectorgrösse.

Betrachtet man bei rein kinematischen Fragen A', }', Z als Componenten der Verschiebung eines Partikels in einem continuirlichen Körper, so sagt jene Bedingung aus, dass diese Verschiebung eine rotationslose Deformation hervorbringen soll **).

Entsprechend geschieht auch die Bewegung einer Flüssigkeit, deren Geschwindigkeitscomponenten ein Potential haben, ohne Kotation.

Handelt es sich um Kräfte, so drückt jene Bedingung die Tatsache aus, dass die Arbeit, die bei der Ueberfiihrung eines Körperpartikcls von einer Position in eine andere geleistet werden muss, gleich der Differenz der Potentiale in den beiden Endpositionen ist, und für alle äquivalenten Wege einen und denselben Wert hat.

Das Flächeniutegral.

21. Bezeichnet dS das Element einer Fläche S und e den Winkel der nach dem Innern von S gezogenen Normale mit der Richtung der Vector- grösse 7?, so nennt mdiXifJ'll cos tdS das Flächenintegral von 4i über S, Es seien wie bisher X, Y, Z die Componenten von R und /, m, n die llich-

*) W. Thomson, On Vortex Motion, Trans. R. S. Edinb. 1867-1868. **) Thomson ii. Tait, Theoret. Physik, §190/.

31.] Das Flächenintegral. 21

tungscosinusse der Nonnale zu 5, dann giebt die Zerlegung des Flächen- integrals

l \R coszdS= \ [xidS-^ \ [rmdS-h \ \ZndS

^ l \Xdtjdz -4- l l Ydx dz-h\\Zdx dij,

wo die Integrationen sich auf die Fläche S beziehen.

Ist die Fläche geschlossen, so hat die Coordinate x für jedes TVertepaar der y und r-eine gerade Anzahl von Werten, weil jede der xAie parallele Linie ebenso oft aus dem von S umschlossenen Raum austreten muss, als sie in denselben eintritt. Bezeichnen demnach Xy^ Xg, Xr^., . die Eintritts- punkte und ^2, J"4, j-ß,. .. die Austrittspunkte für eine solche unendlich lauge Grade, so ist an den Stellen X2t-|-i das Element IdS positiv und an den X2i negativ zu nehmen, also wird

Ich füge noch die Bedingung hinzu, dass die Vectorcomponente -X" in dem von der Fläche eingeschlossenen Räume endlich ist und stetig verläuft. Man darf danu

setzen, und erhält

Xi+x-'Xi^y^dx \\xdydz = \\\ g^- dx dy dz,

wo die dreifache Integral ion sich auf den ganzen von der Fläche S um- spannten Raum erstreckt.

Sind demnach überhaupt Xy Y, Z in dem Räume endlich und stetig, so ist das Flächenintegral

m,) f Ja cose dS = _ JJJ{g + |^+^f|rfxdy rf..

Trifft die Bedingung der Stetigkeit nicht zu, weil die Compononten A", y, Z beim Durchgang von der negativen zur positiven Seite einer inner- halb S liegenden Fläche F(x, y^z) = 0 plötzlich von den Werten A", Y, Z auf die A'', Y',Z' springen, so ist, wenn F zwischen Xi-\.i und Xi liegt,

'dX

mithin

X.+i - Xi =j -^d^ + (A'-- A)

22 Das Flächeiiintegral. [22.

+ ( ( CA'' X) dydz+\\ (F -^Y)dzdjc-h\\ (Z' Z) dx dy,

oder, wenn /', m', n' die ßichtungscosinusse der positiven Normjile der Dis- continuitätsfläche S' angeben,

4-

rU(,Y' X) V + (y Y) m' + (Z' Z) n'l efÄ',

wo das Doppelintegral sich auf die Discontinuitätsfläche bezieht. Findet für jeden Punkt des Raumes die Gleichung

dX dY öz ^

^ ex cy GZ

statt und gilt für jeden Punkt der Discontinuitätsfläche die Beziehung

b) X'V + 7W + Z'n' = XV + Ym! + Zn\

so verschwindet das Flächenintegral ganz.

Die Vectorgrösse ist dann auf dünnen Cylindern oder Röhren verteilt, und deshalb wird die Gleichung a) als allgemeine, die Gleichung b) als superficielle Sphondyloidale Bedingung bezeichnet werden.

22. Wir verfolgen den Fall, dass für jeden Punkt innerhalb der Fläche

S die Gleichung

dX dY dZ ^

cx cy Cz

erfüllt ist. Wenn keine Discontinuitätsflächen vorhanden sind, ist das Flächenintegral gleich Null, wie auch die geschlossene Fläche sonst beschaffen sein mag. Nun möge S aus 3 Teilen S^^ Sq, S2 bestehen. S^ sei ganz beliebig geformt und werde durch eine geschlossene Curve L^ begrenzt, Sq entstehe dadurch, dass von allen Punkten von Lj Linien gezogen werden, deren Tangenten überall mit den Richtungen der Vectoren B zusammen- fallen, endlich sei S2 eine beliebige durch ihre Schnittcurve L^ mit iSj, begrenzte Fläche. Unser Flächenintegral zerfällt entsprechend den drei Teilflächen in drei Teile Q^ Qq, Q2, und es wird

Q=Qi+Qo+ Q3 = 0. Da aber zufolge der Deflnition von Sq

B cose = Xl-hYm + Zn

für alle Punkte dieser Fläche verschwinden muss, so ist Q^ für sich schon gleich Null und deshalb

22.] Das Flächenintegral. Z\

Das Flächenintegral über Q2 ist also entgegengesetzt gleich dem über Qi wie auch ^2 '^^^ '^i sonst beschaffen sein mögen, wenn nur die Ver- bindungsfläche Sq keine andern Linien zu Tangeuten hat als die Richtungen der Vectoren R.

Je kleiner die durch die geschlossene Linie L^ begrenzte Fläche ist, desto mehr entspricht die Fläche Sq einem dünnen Cylinder oder einer Röhre, und wir können uns den ganzen Raum als aus solchen Röhren zusammen- gesetzt denken. Für jede solche Röhre hat das Flächenintegral über alle vollständigen Querschnitte, wenn die Gleichung a) erfüllt ist, einen und denselben Betrag, und daraus erhellt, weshalb ich

dX dY dZ ^

ex cy cz

als sphondi/loidale Bedingung*) bezeichnet habe.

Stromlinien und Stromfäden.

Man kann sich den Raum auch noch specieller derartig in sehr dünne Röhren oder Fäden zerteilt denken, dass das Flächeuintegral für den Quer- schnitt einer jeden solchen Röhre der Einheit gleich ist.

Das Flächenintegral bezogen auf irgend eine endliche durch eine geschlossene Linie L begrenzte Fläche S ist dann gleich der Anzahl der- jenigen Röhren, welche in positiver Richtung durch die Fläche gehen, oder, was dasselbe ist, gleich der Anzahl derjenigen, welche die Grenzlinie L treffen.

Das Flächenintegral hängt also nicht von der Form der Fläche, sondern nur von der ihrer Begrenzung ab.

Flächenintegrale in mehrfachen Gebieten.

Allgemein gilt die Behauptung, ' dass das Flächenintegral in einem Räume, in welchem die Bedingung

dX dY öZ^

dx dy d;

}Z

erfüllt ist, für jede geschlossene Fläche verschwindet und für jede begrenzte Fläche nur von der Form der Begrenzungslinie abhängt, dann, wenn dieser Raum nur von einer Fläche begrenzt ist. Sobald das nicht der Fall ist, kann das Gebiet S andere Gebiete S^^S^^S^,,, in sich fassen, für welche die sphondyloidale Bedingung nicht erfüllt ist, und für diese verschwinden die Flächenintegrale Qj, Q27 Q39 nicht mehr. Der obige Satz gilt dann nur für die Flächen S' des Gebietes 5, welche alle Gebiete S^^S^,,,, in denen die sphondyloidale Bedingung nicht erfüllt ist, ausschliessen. Für Flächen, welche

*) Maxwell benutzt das Wort solenoidal, da aber bei uns Solenoid schon eine ganz feste Bedeutung hat, so habe ich die ursprüngliche Faraday'sche Bezeichnung wieder hergestellt.

24 Das Flächeuintegral. [22*

einzelne der Gebiete «9|, «^2 . . . umfassen, ist das Flächeuintegral gleich der Summe der Flächenintegrale für die Begrenzungsflächen der bezeichneten Gebiete. Daraus folgt auch, dass es für zwei durch ein und dieselbe ge- schlossene Linie begrenzte Flächen nur dann denselben Wert hat, wenn diese continuirlich, das heisst lediglich durch Biegung und Dehnung ohne Ueberschreitung der hervorgehobenen Gebiete in einander übergeführt werden können.

So oft wir es aber mit einem mehrfachen Gebiete zu tun haben, müssen wir dasselbe durch Linien, welche die verschiedenen innem Begrenzungs- flächen mit der äussern in Verbindung setzen, in ein einfaches Gebiet ver- wandeln. Jede solche Linie, die zwei sonst ganz getrennt liegende Flächen verbindet, reducirt die Anzahl der unabhängigen Gebiete um eins, so dass die Zahl der zu ziehenden Linien der periphraktischen Zahl des ganzen Gebietes oder der Anzahl der inneren Begrenzungsflächen gleich wird.

Wir gewinnen nunmehr die präcisere Behauptung:

ni) Das Flächenintegral verschwindet in dem Gebiete S, wo die sphondy- loidale Bedingung erfüllt ist, für jede geschlossene Fläche, welche die Ver- hindungslinien der Partialgebiete mit der äussern Grenzfläche gar nicht, oder eine gerade Anzahl Mal durchschneidet. Hat die Fläche mit der Ver- bindungslinie eines Partialgebietes zur äussern Grenzfläche eine ungerade Anzahl von Durchschnittspunkten, so ist ihr Flächenintegral gleich dem der Grenzfläche des betreffenden Partialgebietes,

Das bekannteste Beispiel eines mehrfachen Gebietes, in welchem die sphondyloidale Bedingung erfüllt ist, bietet die Region, welche einen Massen- punkt umgiebt, der eine Attraction oder Repulsion im verkehrten Verhältnis des Quadrats der Entfernung ausübt.

Man hat für diesen Fall

wo m die im Coordinatenursprung concentrirt gedachte Masse angiebt. Für jedes endliche r ist daher

dX dY dZ ^

cx öy cz

Im Massenpunkt selbst aber werden die Componenten und ihre Derivirten unendlich. Demgemäss ist das Flächenintegral gleich Null, wenn die Fläche, um die es sich handelt, den Massenpunkt nicht miteinschliesst, und, wie eine w^eitere analytische Behandlung ergiebt, gleich 4irw, wenn der Massen- punkt innerhalb der Integrationsfläche liegt.

Wollen wir das Gebiet um den Massenpunkt wie ein einfaches behandeln, so haben wir von diesem aus eine Linie bis in die Unendlichkeit zu ziehen, und bei Auswertung des Flächenintegrals jedesmal 4 Tum zu addiren, wenn diese Linie von der negativen zur positiven Seite der Integrationsfläche übergeht.

28.] Rechts und Links im Räume. 25

Rechts und Links im Räume.

23. Alle Translatioiisbewegungen längs einer Axe und alle Rotations- bewegungen um diese Axe sollen in diesem Werke als gleichsinnig an- gesehen werden, wenn ihre Richtungen mit denen der Translation bezüglich Rotation einer rechts drehenden Schraube übereinstimmen*). Nimmt man zum Beispiel die Rotationsbewegung der Erde, welche von Westen nach Osten vor eich geht, als positiv an, so muss man sich ihre Axe von Süden nach Norden gerichtet denken. Für Jeden, der nach Norden, also nach der positiven Richtung sieht, findet dann die Rotation vom Kopfe zur rechten Hand zu den Füssen zur linken Hand statt.

Befinden wir uns auf der positiven Seite einer Oberfläche, so läuft die positive Richtung ihrer Grenzlinie entgegen dem Zeiger einer Uhr, die uns ihr Zifferblatt zuwendet.

Dieses Rechts-System ist von Thomson und Tait in ihrer Theoretischen Physik § 243 adoptirt, das Links-System dagegen ist in Hamiltons Quateruiontheorie massgebend. Listing bezeichnet den Uebergang von dem einen zum andern System als Perversion. Als typisches Beispiel für einen solchen Uebergang kann die Reflexion eines Gegenstandes von einem Spiegel gelten.

Entsprechend dem von uns adoptirten System werden wir also bei Be- nutzung von Cartesischen Coordinaten x^ y^ z die Axeu stets so uns gelegt denken, dass die übliche cyklische Folge der Symbole für die Coordinaten zu einem Rechts -System im Räume führt. Ist also die j? Axe nach Osten, die y Axe nach Norden gezogen, so muss die z Axe nach dem Zenith gehen. Den Inhalt einer Fläche werden wir als positiv bezeichnen, wenn die Ord- nung der auszuführenden Integrationen der cyklischen Folge der Coordinaten- zeichen sich anschliesst. Daher ist der Inhalt eines von einer geschlossenen Ourve begrenzten Stückes der xy-Ebene

entweder i x dy oder \ y rf j?,

•) Eine bessere Versinnbildlichung als durch Worte gewinnt man für die Be- wegung einer rechtsdrehenden Schraube, wenn man die Hand nach vorwärts stösst und sie gleichzeitig um das Gelenk so dreht, dass die Handfläche von unten nach oben zu liegen kommt. Ein erewohnlicher Pfropfenzieher kann mit demselben Vorteil benutzt werden, um dem Gedächtnis den Lauf einer Rechtsschraube einzuprägen.

Prof. W.U. Miller teilt mir mit, dass die schraubenartigen Ranken beim Wein rechts, die beim Hopfen links gedreht sind, und so kann man wol die beiden be- zeichneten Systeme in Beziehungr zum Wein und zum Hopfen bringen.

Das System, das wir beim Wein antreffen, ist mit Ausnahme von Japan in allen civilisirten Ländern beim Schneiden vcn Schrauben adoptirt. De Candollc be- zeichnete übrigens die Hopfenranken als rechtsgedreht, und darin sind ihm Listing und alle, die über die Circular - Polarisation des Lichtes geschrieben haben, uefolgt. Schrauben nach Art der Hopfenranken werden zur Kuppelung der Eisenbahnwagen und zur Befestigung der Räder der linken Seiten gewöhnlicher Wagen verwendet. Sie werden aber auch stets von ihren Verfertigeru selbst als links gedrehte Schrauben bezeichnet.

26 Beziehung zwischen Flächen- u. Linienintegralen. [24.

da in dorn ersten Ausdrucke die Integration über j:, in dem zweiton dagegen die über y zuerst ausgeführt worden ist.

Diese Beziehung zwischen den beiden Producten dr dy und dy dx ent- spricht dem Verhältnis zwischen den Producten zweier zu einander senk- rechter Vectoren in der Quaternionentheorie, wo das Zeichen ebenfalls von der Ordnung, in der sich die Operationen folgen, abhängt. Aehnlich ändert auch eine Determinante ihr Zeichen, wenn zwei parallele Reihen mit einander vertauscht werden.

Ein Volumintegral ist positiv, wenn die Integrationenfolge der Folge der Coordinaten entspricht, und negativ, wenn sie dieser entgegengesetzt ist.

Beziehung zwischen Flächen- und Linienintegralen.

Wir lassen nunmehr den Beweis eines Satzes folgen, der sich deshalb als sehr nützlich herausgestellt hat, weil er eine Beziehung zwischen dem Integral über eine endliche Fläche und dem über die Begrenzungslinie der Fläche festsetzt.

24. IV.) Das Linienintegral längs einer geschlossenen Curve kann durch ein Fl äcJien integral über eine Fläche ersetzt werden j ivelche von dieser Curve begrenzt ist.

Es seien X, y, Z die Componenten einer Vectorgrösse ?(, deren Linien- integral längs der geschlossenen Curve s genommen werden soll, und es bezeichne S eine durch die Curve vollständig begrenzte Fläche. Das Flächen- integral soll sich auf eine andere Vectorgrösse 23 beziehen, deren Com- ponenten ?, Yj, C mit denen des Vectors 9t durch die Gleichungen

öz_ey ^^_^_^ r- ^

^ dy dz^ ^ dz dx dx dy

verbunden sind.

Aus der Definition der ?, t], C erhellt, dass sie der sphondyloidalcn Bedingung

dx. dy dz genügen.

Sind /, ???, n die Richtungscosinusse der zu dem Elemente dS der Fläche Ä gezogenen positiven Normale, so kann das Flächenintegral von S geschrieben werden

3) ( U^Z + Tj^H-jn) dS

oder, indem man E, tt), J durch ihre Werte ersetzt

CCCf dx dx ^ dY dY dz sz\ ,„

24.] Beziehimg zwischen Flächen- u. Linienintegralen. 27

Wir transformircn dieses Integi'al dadurch, dass wir für das Flächen- element andere Ausdrücke einfuhren. Es seien die Coordinaten .r, y, 2: für jeden Punkt der Fläche S Functionen zweier von einander unabhängiger Variabein a, ß. Ist ß constant und a variabel, so beschreibt der Punkt (.r, y. z) eine Curve auf der Fläche, zu einer Reihe von Werten des ß gehört also eine Reihe von Curven (a), die alle auf der Fläche S liegen. Ganz ebenso gehört zu einer Reihe von Werten des a eine Reihe von Curven (ß), die sich ebenfalls auf der Fläche S befinden. Indem sich die Curven (a) und (p) schneiden, zertheilen sie die Fläche S in einzelne Elemente, die wir be- liebig klein halten und für unsere dS substituiren können. Die Projection eines solchen Elements auf die Ebene der ^, r, also IdS, ist aber nach be- kannten Regeln

a) IdS =\r^r^n Jn^-] da rfß,

und ähnliche Ausdrücke erhält mau für mdS und ndS durch cyklische Ver- tauschung der j-, y, c.

Wir haben daher für den Teil unseres Flächeuintegrals , der von X abhängt

Jj[dz [da d? c3 da) dii [da 6,3 caj] ^^ ^^'

oder nach Addition und Subtraction von -^—,5--^

övC Ca 03

J j[d'^[dx da'^ dfj da'^ dz da) da[dx d'?'^ df/ d}^ dz d^)]^"^^'^

Wir setzen nunmehr voraus, dass die Curven (ß) eine Reihe von ge- schlossenen Linien bilden, deren letzte unsere Grenzlinie «, für welche a den Wert «1 haben soll, ist, und welche den Punkt der Oberfläche einschliessen, in dem a seinen kleinsten Wert aj, erreicht. Die Curven (a) ziehen wir dann von dem Punkte a = aQ zu unserer Grenzlinie ä, so dass die erste % und die letzte ß^ zusammenfallen. Integrirt man in dem Ausdruck b) das erste Glied partiell nach a, das zweite partiell nach ß, so heben sich zunächst die dabei auftretenden Doppelintegrale auf. Da ferner die Curve a = ay nur in einem Punkte besteht, wo X nur einen Wert haben kann, so muss

J(^&?L^

verschwinden. Endlich fällt der Punkt (a, ß,) mit dem (a, ß^) zusammen und deshalb heben sich die beiden Integrale

28 Die Operation V. [26.

et. «,

U44=.--r(-sL,.*

auf und es bleibt für den Ausdruck unter b) nur

übrig. Hier ist aber a^ der Wert von a für unsere Grenzcurve, somit wird aus dem Ausdruck unter b)

b,) J^el'^'''

WO die Integration längs der Grenzlinie s auszuführen ist. In ganz der- selben Weise können wir auch die andern von Y bezüglich Z abhängigen Teile unseres Flächenintegrals behandeln und erhalten schliesslich

IV) j'j*a^-H,« + :«)rf.s=j(x|j+r| + z|)rf.,.

Das Integral links ist auf die Fläche Ä, das rechts auf die Grenzlinie s zu beziehen. *)

lieber die Operation V an einer Vcctorfunction.

25. Wir haben an einer andern Stelle gesehen, dass die Operation v. an einem Potential ausgeführt, einen Vector kennen lehrt. Man kann aber auch dieselbe Operation auf Vectorfunctionen, wie namentlich Tait**) gezeigt hat, ausdehnen und gelangt dann zu Resultaten, die mit den Theoremen unter DI und IV in Verbindung stehen.

Es sei 0 eine Vcctorfunction von p, dem Vector eines variabeln Punktes. Wie üblich schreiben wir

wo X, y, Z die Componenten von 5 sind.

Führen wir an o die Operation v aus und beachten die bekannten Kegeln ***) für die Multiplication der Grössen /, j, k miteinander, so erhalten wir für v^y zwei Teile, einen Scalar S^7 und einen Vector Fy«?.

*) Der gegebene Satz rührt von Stokes her. Smith's Price Examination. lSr)4. Question 8. Den Beweis findet man in Thomson und Tait, Theoretische Pht/stk § 190 (;•).

**) Proc. R. S. Edin. 1862 April 28. Sehr bemerkenswert ist die Abhandlung On GreerCs and other allied Theorems in den Trans. R. S. Edin. 1869 70 und Oll some Qualernion Integrals Proc. R. S. Edin. 1870 71.

***) ij = A:, y . ^• = t, k . i =j\ j. e = A:, k,j = ?, i,k = —j; i . i =7 .;' = k.k = i.

26. J Die Operation 7. 29

Der erstere ist

der zweite

\Cij cz ) '^ \cz cz ) \dx oyj

oder, indem wir die in dem Theorem IV definirten Grössen $, t], Z einführen,

Es erhellt hieraus, dass die Functionen, welche in den Theoremen III und IV eine so grosse Rolle spielten, gleichzeitig durch die Operation v an dem Vector mit den Componenten A'', Y, Z erhalten werden. Jene Theoreme lassen sich aber nunmehr kurz ausdrücken durch

I**-lf''-

IV) \^(jc/p= l \S,V(jUjds,

wo d' ein Volum-, da ein Flächen- und f/p ein Liuienelement angiebt, Uy aber die Fiinheit eines Vectors in Richtung der Normale bezeichnet.

Die folgende Bemerkung wird die Bedeutung dieser beiden Functionen eines Vectors dem Verständnis näher bringen. Legt man

um einen Punkt P, in welchem a den Wert ^o hat, eine \ 1

\ /

geschlossene Fläche und rechnet bei der Bildung des

Fläcbenintegrals von a die Normale nach dem Innern ^ . ^

der Fläche als positiv, so ist Ss/^ positiv. Der Vector "^

a—j^, muss dann in der Nähe von P überall nach diesem /^ k \ Punkte hin gerichtet sein, wie die nebenstehende Fig. 1 1

versinnbildlichen soll. Fig. i.

Ich schlage daher vor, den Scalar-Teil von v^? die Convergenz von a nach dem Punkte P zu nennen.

Um in ähnlicher Weise den Vectorteil zu deuten, stellen wir uns vor,

dass wir in Richtung des Vectors sehen, dessen Componenten ^

c, Tj, J sind. Wir bemerken dann, dass die Vectoren <j ^o i \

in der Nahe von P tangential angeordnet sind und entgegen- | p I gesetzt laufen wie der Zeiger einer Uhr, wie die Fig. 2 ^

andeutet. ^*ff- ^•

Ich schlage deshalb (freilich mit geringer Zuversicht) vor, diesen Teil von v <? die Rotation des » um den Punkt P zu nennen.

Die Fig. 3 stellt die Verbindung einer Rotation mit einer Convergenz dar.

Verschwindet der Vectorteil der Operation v -, ist also

Fig. 3.

30 Die Operation V«. [26.

so heisst das, dass v <j ein Scalar oder dass a die Raunivariation einer scalaren Function W sein soll.

26. Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der Operation y besteht darin, dass ihre Wiederholung zu der so wichtigen Operation

führt, die in fast allen Zweigen der Physik ausgeführt werden muss, und die man wol passend als die Laplacesche Operation bezeichnen kann.

Die Operation v^ ist an sich eine scalaro und ihr Resultat ist ein Scalar bezüglich Vector, Je »achdem sie an einer Scalar- oder Vectorfunction ausgeführt wird.

Bezeichnet q^ den Wert einer Grösse q in einem Punkt P und q den Mittelwert derselben Grösse innerhalb einer sehr kleinen um P mit dem Radius r geschlagenen Kugel, so ist

so dass der Wert des q im Centrum ein wenig grösser oder kleiner ist als der Mittelwert q innerhalb der Kugel, je nachdem v^^ positiv oder negativ ist. Die Operation v ^ bestimmt also den Ueberschuss des Wertes von q in einem Punkte über den Mittelwert dieser Grösse für die ihm benachbarten Punkte, sie zeigt also gewissermassen an, dass die Grösse q sich in dem Punkte P concentrirt. Für eine Scalarfunction ist die Bildung des Mittelwerts bekannt genug. Bei einer Vectorfunction gelangt man zu demselben mit Hilfe der für die Integration von Vectorfunctionen geltenden Regeln. Das Resultat ist natürlich ein Vector.

ERSTER TEIL.

Electrostatik.

Oa.p« I.

Beschreibung der electrischen Erscheinungen.

Electrisirung durch Reibung.

27. EzperimeiLt I*). Reibt man zwei vollkommen electricitätsfreie Stücke von Glas und Harz gegeneinander und lässt sie zunächst mit ihren Keibungs- flächen in gegenseitiger Berührung, so bemerkt man noch keine electrische Piigenschaft an ihnen. So wie man sie aber von einander trennt, ziehen sie sich an.

Führt man dieselbe Operation bei zwei andern Stücken von Glas und Harz aus und hängt sie getrennt in der Nähe der beiden ersten Stücke auf, so treten die folgenden Erscheinungen zu Tage:

1) Die beiden Glasstücke stossen einander ab.

2) Jedes Glasstück zieht jedes der beiden Harzstücke an.

3) Die beiden ILirzstücke stossen sich gegenseitig ab.

Man bezeichnet die nach den angegebenen Operationen auftretenden Phänomene der Anziehung und Abstossung als Electrische Erscheinungeny und betrachtet die betreffenden Körper als Klectrisch oder mit Electric ität geladen.

Doch kann man einen Körper ausser durch Reibung gegen einen andern auch noch durch sehr viele andere Manipulationen electrisiren.

Da Glas die Körper anzieht, welche Harz abstösst, und die abstösst, welche dieses anzieht, so verhält sich ein Glasstück ähnlich wie ein anderes Glasstück, aber entgegengesetzt wie ein Harzstück.

Ein Körper ist mit Glaseleciricität geladen, wenn er unabhängig von der Operation durch die er electrisirt ist, Glas abstösst und Harz anzieht. Ein Körper ist dagegen mit Harzelectricität geladen, wenn er Harz abstösst und Glas anzieht.

•) William Thomson, On the Mathematical Theory of Electricitg. Cambridge and Dublin Matbematical Journal, 1848 März.

Maxwell, Electricitfitu. Magnetismus. I. 3

34

Indiiction oder Influenz.

[28.

Andere Arten der Electricität als die beiden eben genannten giebt es nicht, denn man findet, dass das electrische Verhalten aller Körper entweder dem des Glases oder dem des Harzes entspricht.

Wissenschaftlich bezeichnet man die Glaselectricität als Positive Electricität und die Harzelectricität als Negative Electricität. Das entgegen- gesetzte Verhalten der beiden Electricitätsarten rechtfertigt auch vollkommen diese beiden Gegensätze ausdrückenden Bezeichnungen, doch beruht es selbstverständlich auf Willkür, wenn wir gerade die Glaselectricität positiv nennen, wie ja auch in der analystischen Geometrie nach Rechts verlaufende Strecken rein conventionell positiv heissen.

Zwischen einem electrisirten und einem nichtelectrisirten Körper kann man keine Kraftwirkuiig, weder eine Anziehung noch eine Abstossung be- merken. Wo man dennoch eine solche Wirkung zwischen electrisirten und ursprünglich nichtelectrisirten Körpern findet, da sind die letztern durch Induction oder fvflaenz electrisch geworden.

Electrisirung durch Induction oder lufluenz.

28. Experiment IP). Man hängt ein Metallgefäss an Fäden von weisser

Seide auf und bringt an seinem Deckel ebensolche Fäden

an, um ihn, ohne das Gefäss zu berühren, leicht abnehmen

und aufsetzen zu können. Hängt man an die untere Seite des

Deckels mit Seidenfäden ein in der oben angegebenen Weise

elcctrisirtes Glasstück, und setzt den Deckel vorsichtig auf das

ursprünglich electricitätsfreie Gefäss, so dass das Glas nirgend

die Metall wand desselben berührt, so zeigt sich die Aussenseite

des Gefässes mit Glaselectricität geladen, und es lässt sich

nachweisen, dass diese Electrisirung des Gefässes unabhängig

V j von der Lage, die das Glasstück in seinem Innern ein-

jT' nimmt, ist. So wie man das Glasstück ohne das Gefäss zu

l\ berühren herausnimmt, verschwindet die Electricität der Aussen-

Fig. 4. s^^*® ^®^ Gefässes, das Glas dagegen befindet sich in demselben

electrischen Zustande wie zuvor. Diese Art der Electrisirung, die direct von der Gegenwart des Glases in dem Gefasse abhängt und aufhört, wenn das Glas entfernt ist, wird als. Electrisinmg durch Induction oder Influenz bezeichnet.

Ein ähnliches Kesultat erhält man, wenn das Glasstück aussen neben das Gefäss aufgehängt wird, doch wird dabei ein Teil der Aussenseite des Gefässes mit Glaselectricität ein anderer mit Harzelectricität geladen, während im vorigen Fall, wo das Glasstück sich in dem Innern des Gefässes befand, die Glaselectricität die ganze Aussenseite bedeckte, und die Harzelectricität die ganze innere Seite des Gefässes einnahm.

*) Dieses und noch manches der folgenden Experimente verdankt manFaraday. On Statte Eleitrkal Jnductive Actiun. Phil. Mag. IbA'd oder Exp. Res. vol. II. pag. 279.

29.] LeituD?. 35

Electrisirung durch Leitung.

29. Experiment m. Wir electrisiren das Metallgefiiss wie in dem letzten Versuche durch Inductiou, hängen in seine Nähe ein anderes Metall- gefass an Seidenfäden auf und verbinden beide Gefässo durch einen Metall- draht mit einander.

Dadurch erreichen wir, dass auch das zweite Gefäss sich mit Glas- electricität ladet, und dass die Glaselectricität des ersten sich vermindert.

Der Draht bildet also die Brücke für den Uebergang des electrischen Zustandes von dem einen Gefäss zu dem andern und heisst demgemäss ein Leiter oder Conducior der Electricität.

Das zweite Gefäss aber ist durch Leitung geladen.

Leiter und Nichtleiter oder Conductoren und Isolatoren.

Experiment IV. Hätten wir die beiden Gefässe statt durch einen Draht mit Hilfe eines Glasstabes, einer Harzstange oder eines Fadens von weisser Seide verbunden, so würde keine Hinüberleitung von Electricität von dem einen zu dem andern stattgefunden haben. Man nennt deshalb diese Körper Nichtleiter oder, weil man sich ihrer bei electrischen Experimenten bedient, um Körper so aufzustellen oder aufzuhängen, dass sie ihre Electricität bewahren, Isolatoren,

Metalle sind gute Leiter; Luft, Glas, Guttapercha, Harz, Kautschuk, Paraffin u. s. f. gute Isolatoren. Wir werden aber später sehen, dass einer- seits alle Körper dem Durchgange der Electricität einen gewissen Widerstand entgegensetzen, und andererseits auch alle, wenn auch in sehr verschiedenem Grade, sie fortleiten. Die genauere Untersuchung über diese Verhältnisse können wir erst bei der Lehre von der Bewegung der Electricität durch- führen. Für jetzt teilen wir alle Körper nur in zwei Klassen ein, in gute Leiter oder Conductoren und in gute Nichtleiter oder Isolatoren.

Wir haben eben bemerkt, dass Luft zu den Nichtleitern gehört, und doch zeigte das zweite Experiment, dass das Metallgefass sich mit Electricität lud, trotzdem es von dem Glasstücke durch die Luft getrennt war. Faraday hat solche Körper, welche den electrischen Zustand von Ort zu Ort fort- pflanzen, ohne doch die Electricität zu leiten, Dielectrica oder Dielectrische Medien genannt. Der Proccss der bei dieser Art der Verteilung der Electricitiit sich abspielt, heisst Induction oder Influenz.

Ladung.

Beim dritten Experiment haben wir mit Hilfe eines Drahtes Glas- electricität vom ersten Gefäss auf das zweite übergeführt. Entfernen wir nunmehr den Draht, nehmen das electrische Glasstück aus dem ersten Gefässe heraus und bringen es möglichst weit von demselben fort, so behält

3'

36 Ladung. [82.

das zweite Gefäss noch weiter seine Glaselectricität, das erste aber findet sich mit Harzelectricität geladen. Verbinden wir jetzt wieder beide Körper durch den Draht, so tritt durch denselben eine Leitung beider Electricitäts- arten ein, und die Gefasse werden unelectrisch. Daraus folgt aber, dass sie zuletzt gleich stark und mit entgegengesetzten Electricitäten geladen gewesen sind.

30. Experiment V. Wir haben femer beim zweiten Versuche gesehen, dass wenn man ein durch Beibung mit einem Harzstück electrisirtes Glas- stück in ein Metallgefäss hineinhängt, die Electrisirung der Aussenseite des Gefässes unabhängig von dem Orte ist, an welchem das Glasstück sich in dem Innern befindet. Führen wir nun auch das Harzstück, mit dem wir das Glas gerieben haben, in das Gefäss ein ohne dieses oder das Glas zu berühren, so erweist sich die Aussenseite des Gefässes als unelectrisch. Das Gefäss wird also durch das Harzstück ebenso stark, aber entgegengesetzt electrisirt wie durch das Glasstück.

Hängen wir eine beliebige Anzahl von electrisirten Körpern in das Gefäss hinein, so werden wir immer die Electrisirung seiner Aussenseite gleich der algebraischen Summe der Electrisirungen aller itörper finden, wenn wir unserer früheren Festsetzung gemäss eine Ladung mit Harz- electricität als eine negative ansehen. Wir erlangen so eine praktische Methode, die electrischen Wirkungen einer lleihe von Körpern zu summireu, ohne ihre bezüglichen Ladungen ändern zu müssen.

31. Experiment VI. Wir isoliren die beiden Gefässe A und ß, die uns in dem dritten Experiment gedient haben, bringen in A das Glasstück, in B das Harzstück und verbinden die Gefässe mit einander durch einen Metalldraht. Es verschwindet dann jede Spur von Electricität an den Ge- fässeu. Entfernen wir den Draht und ziehen die Stücke Glas und Harz aus den Gefässen ohne sie zu berühren heraus, so finden wir A mit Harz- electricität und B mit Glaselectricität geladen.

Bringt man dann das Gefäss A und das Glasstück oder das Gefäss B und das Harzstück in ein anderes weiteres Gefäss C ohne dasselbe zu berühren, so bemerkt man, dass die Aussenseite von C unelectrisch bleibt. Daraus folgt, dass die jetzige Electrisirung von A genau gleich und ent- gegengesetzt der des Glasstückes und dass die von H genau gleich und entgegengesetzt der des Harzstückes ist. Wir haben so die Möglichkeit erlangt irgend ein Gefäss mit Electricität zu laden, die an Menge gleich und dem Zeichen nach entgegengesetzt der eines andern Körpers ist, ohne die Electrisirung des letztern ändern zu müssen. Nach derselben Methode lassen sich auch eine Reihe von Gefässen mit ein und derselben Menge Electricität irgend einer Art laden, die wir dann als provisorische Mass- einheit benutzen können.

32. Experiment VDL Wir laden das Gefäss B mit einer Einheit positiver Electricität und bringen es in das isolirte Gefäss C ohne dasselbe

S8.] Ladung. 37

zu berühren. Die Aussenseite des letztern erhält dadurch ganz so wie in dem zweiten Experiment eine positive Ladung. Diese Ladung ändert sich auch nicht, wenn wir die Innenseite des Gefasses C mit dem Gefasse B in Berührung bringen. Nehmen wir aber nunmehr das letztere heraus, so zeigt es sich, dass es jede Spur von Electricität verloren hat, wohingegen das Gefäss C eine Einheit positiver Electricität, also alles, was dem Gefass B angehört hat, besitzt. Wir haben also die Ladung des einen Körpers auf einen andern übertragen.

Führen wir dieselbe Operation nochmals aus, laden also B mit einer zweiten Einheit positiver Electricität, bringen es in C, berühren B mit C und nehmen B wieder fort, so wird B wieder unelectrisch, C aber hat eine zweimal so grosse Ladung wie früher.

Wir können den Process beliebig oft wiederholen, ohne etwas anderes zu finden, als dass B seine Ladung stets vollständig an C abgiebt, wie es auch electrisirt sein mag und wie hoch auch schon die Ladung von C ist, wofern nnr B zuerst vollständig in C ohne dasselbe zu berühren hineingesenkt, dann mit C zur Berührung gebracht und endlich ohne Czu berühren wieder herausgenommen wird.

Wir werden später in der practischen Durchführbarkeit dieser Methode, einen Körper mit einer beliebigen Anzahl von electrischen Einheiten zu laden, den untrüglichsten Beweis für die Kichtigkeit der jetzigen mathematischen Theorie der Electricität finden.

33. Ehe wir zu einer genauen Untersuchung der Gesetze übergehen, nach welchen die electrische Kraft wirkt, wollen wir nochmals die eruirten Tatsachen kurz zusammenfassen.

Bringen wir ein System irgend wie electrisirter Körper in ein isolirtes leitendes Gefäss, so lehrt eine Untersuchung der Electricität der Aussenseite des Gefasses unmittelbar den Gesammtcharakter der Electricität des in seinem Innern befindlichen Systems kennen, ohne dass wir die Electritäts- arten der verschiedenen Körper mit einander in Verbindung zu setzen brauchen.

Die Art der Electrisirung der Aussenseite des Gefasses lässt sich aber mit grosser Präcision bestimmen, wenn man dieselbe mit einem Electroskop verbindet.

Als solches PHectroskop können wir einen Streifen Blattgold benutzen, welcher zwischen zwei gleich und entgegengesetzt geladenen Kugeln hängt. Wird der Goldstreifen electrisirt, so neigt er sich der Kugel zu, die ihm entgegengesetzt geladen ist. Indem man die Kugeln stark ladet und dem Blattgold eine möglichst hindernisfreie Aufhängung giebt, kann man so die minimalsten Spuren von Electricität auf dem Streifen entdecken und dem Zeichen nach bestimmen.

Wir werden freilich später bei der Beschreibung der Electrometer und Condensatoren noch weit delicatere Methoden zur Entdeckung von Electri- cität und zur Verification unseres Satzes kennen lernen, einstweilen aber

38 Erhaltung der Electricität. [35.

benutzen wir noch zur Prüfung des clectrischen Zustandes des Gefasses ein Blattgold -Electroskop, das wir uns mit ihm in Verbindung gesetzt denken. Hat sich doch Faraday desselben in der angegebenen Weise bei seinen be^v^lnde^ungswtirdigen Untersuchungen über die Gesetze, denen die clec- trischen Phänomene gehorchen, bedient*).

34. I.) Die Gesammtelectricität eines Körpers oder eines Systems von Körpern ändert sich nur insoweit, als es Electricität an andere Körper ab- giebt oder von ihnen empfängt.

Man findet freilich in allen auf Electricität bezüglichen Versuchen, dass die Electrisining eines Körpers sich mit der Zeit ändert, allein es lässt sich dann auch stets eine mangelhafte Isolation desselben nachweisen. In der Tat verliert auch ein Körper um so weniger von seiner Ladung je besser er isolirt ist, und man darf annehmen, dass jeder Körper seine Electricität ungeschmälert behalten würde, wenn man ihn in ein vollkommen nicht- leitendes Medium bringen könnte.

n.) Wird ein Körper durch Leitung von einem andern electrisirt, so ist die Ladung beider Körper zusammen gleich der früher von dem einen Körper allein innegehabten Electricitätsmenge; der eine Körper verliert soviel an positiver und gewinnt soviel an negativer Electricität als der andere an jener gewinnt und an dieser verliert.

Den Beweis für diese Behauptung können wir darin sehen, dass wenn man beide Körper in ein Metallgefäss bringt, die Herstellung einer leitenden Verbindung zwischen ihnen keine Aenderung in der Electrisining der Aussen- seite des Gefasses verursacht.

III.) Bei jeder Electricitätserregung durch Reibung oder durch irgend eine andere Operation tritt ebensoviel positive als negative Electricität auf.

Dieser Satz lässt sich dadurch beweisen, dass man entweder die ganze erregte Electricität auf ihren Trägern in ein Metallgefäss bringt, oder über- haupt die Electrisining in diesem Gefässe vornimmt. Immer wird das Electroskop anzeigen, dass die Summe der auf der Aussenseite des Gefasses erregten Electricitäten NuU ist.

Die electrische Erregung eines Körpers oder seine Electricitätsmenge ist daher eine physikalische der Messung zugängliche Grösse, so dass das Resultat der Addition mehrerer Electrisirungeh ganz dem Ergebnis einer algebraischen Summation der einzelnen Electrisirungen entspricht. Dem- nach sind wir auch berechtigt Ausdrücke einzuführen, die die Electrisining eines Körpers nicht blos als Qualität, sondern auch als Quantität charak- terisiren, so dass ein electrisirter Körper als „geladen mit einer gewissen Menge positiver oder negativer Electricität'' erscheint.

36. Indem wir aber die Electricität in die Klasse der messbaren Grössen bringen, dürfen wir natürlich nicht übereilt jetzt schon sagen, was sie

*) Oll Static Klectrical Inductive Action Phil. Mag. 1843 oder Erp, Res, vol. II p. 249.

.86.] Electricitat als Quantität. 39

eigentlich ihrer Natur nach ist oder nicht ist, ob sie eine Substanz oder eine Energie oder sonst eine der bekannten physikalischen Quantitäten vor- stellt. Alle bisher angeführten Erfahrungen zeigen nur, dass Electricitat weder geschaifen noch vernichtet werden kann, so dass die Gesanimt- electricität eines durch eine Fläche eingeschlossenen Körpersystems nur dadurch zu vermehren oder zu vermindern ist. dass man Electricitat durch die Fläche einströmen bezüglich herausfliessen lässt.

Genau dasselbe gilt auch für Materie und findet in der Hydrodynamik z. B. seinen Ausdruck in der sogenannten Continuitätsgleichung.

Es gilt aber nicht für die Wärme, da diese innerhalb der Fläche selbst durch Verwandlung von Energie einer andern Art in Wärme oder von Wärme in Energie anderer Art vermehrt bezüglich vermindert werden kann.

Lassen wir zwischen Körpern eine Wirkung in die Ferne zu, so gilt jener Satz nicht einmal für die Energie in ilirer allgemeinsten Bedeutung, denn dann kann ein Körper innerhalb einer Fläche mit einem ausserhalb befindlichen Energie austauschen, ohne dass dieser je sich in der Fläche selbst noch so kurze Zeit befunden zu haben braucht. Sobald wir jedoch die Wirkung in die Ferne als nur scheinbar zu betrachten und jede Wirkung zwischen zwei Körpern auf Actionen, die zwischen den kleinsten Teilchen eines Zwischenmediums vor sich gehen, zurückzuführen im Stande sein werden, dann ist es wol möglich, dass wir mit Hilfe einer klaren Vorstellung von den intermediären Vorgängen bei allen Aenderungen, welche Energie innerhalb ' einer Fläche erleidet, den Durchgang der Energie durch dieselbe werden verfolgen können.

Auch noch aus andern Gründen können wir die Electricitat, als physi- kalische Grösse synonym mit der Electrisirung eines Körpers, nicht wie die Wärme als eine Form der Energie betrachten. Ein electrisirtes System hat allerdings eine gewisse Summe von Energie, aber diese Energie wird dadurch berechnet, dass man die Electricitätsmenge jedes Teiles des Systems mit dem ihm zugehörigen Potential, das selbst eine andere physikalische Grösse bildet, multiplicirt und von der Summe der so erhaltenen Producte die Hälfte nimmt. Die Energie entspricht also hier dem Producte der beiden physikalischen Grössen „Electricitat ** und „Potential", und deshalb können Electricitat und Energie unmöglich Grössen derselben Art sein. Electricitat ist eben nur einer der beiden Factoren der Energie, der zweite Factor ist das Potential.

Uebrigens tritt die Energie nicht blos in der Electricitätslehre als das Product zweier Factoren auf. So ist sie z. B. auch noch gleich

Einer Kraft x der Entfernung, durch die die Kraft wirkt.

Einer Masse x der Schwere, die diese längs einer gewissen Fall- höhe angreift.

Einer Masse x dem halben Quadrate ihrer Geschwindigkeit.

Einem Drucke x dem Volumen einer Flüssigkeit, die unter diesem

Drucke in ein Gefäss einströmt.

40 Hypothese der Zwei Fluida. [SO,

Einer chemischen Verwandschaft x einer chemischen Veränderung, gemessen

durch die Zahl der electrochemischen Aequivalente, welche in die Verbindung eintritt.

Wir könnten aber aus dem Begriflfe der Energie, falls wir je auch für das electrische Potential eine mechanische Vorstellung gewinnen sollten, die physikalische Kategorie aufsuchen, in welche wir die Electricität zu ver- setzen haben.

36. Die meisten Theorieen behandeln die Electricität als eine Substanz. Da aber einerseits oifenbar zwei Arten von Electricität existiren, die in ihrer Combination sich gegenseitig vernichten, und andererseits zwei Stoffe, die sich zu Nichts zusammensetzen, nicht denkbar sind, so hat man sich ge- zwungen gesehen, zwischen freier und gebundener Electricität zu unter- scheiden.

Hypothese der Zwei Fluida.

In der Hypothese der zwei Fluida nimmt man an, dass jeder Körper in seinem unelectrischen Zustand mit gleichen Mengen positiver und negativer Electricität geladen ist. Dabei sollen diese Mengen so gross sein, dass kein Electrisirungsprocess bis jetzt einen Körper gänzlich einer Electricitätsart hat berauben können. Die Electrisirung eines Körpers besteht dann nach dieser Hypothese in der Uebertragung einer gewissen Menge P positiver Electricität von einem Körper A auf einen andern Körper B, oder einer ge- wissen Menge N negativer Electricität von ß nach A^ oder auch in einer Combination beider Processe.

Es hat also A nach der Electrisirung P -^ N Einheiten negativer Electricität mehr im Verhältnis zu der ihm noch gebliebenen positiven Electricität. Letztere denkt man sich mit einer gleichen Menge negativer Electricität verbunden und bezeichnet sie zusammen mit dieser als Gebundene oder Latente Electricität, P 4- A' aber heisst die Freie Electricität des Körpers A,

Da die beiden Electricitätsarten nach dieser Theorie von einem Körper zu einem andern übergeführt werden können und zudem in Leitern eine ausserordentliche Beweglichkeit zeigen, so bezeichnet man sie meistenteils als Fluida. Aber abgesehen von der Beweglichkeit schreiben ihnen die- jenigen, welche die Theorie nach ihrer mathematischen Seite verfolgen, fast keine einzige der sonstigen Eigenschaften der Flüssigkeiten zu, also weder Trägheit, noch Gewicht, noch Elasticität. Das Wort Fluidum hat jedoch viele, und unter ihnen auch Gelehrte, welche wenig an naturphilosophisches Denken gewöhnt waren, anzunehmen verleitet, dass es ganz unentbehrlich für den Ausbau der ihnen fasslich scheinenden Theorie sei.

86.] Hypothese der Zwei Fluida. 41

Wir werden später sehen, dass die mathematische Behandlung unseres Gegenstandes gerade von denen am meisten gefördert worden ist, welche sich der Terminologie der Theorie von zwei Fluidis bedienten. Ihre Eesultate sind aber unabhängig von jener Hypothese, weil sie aus Daten erhalten sind, die jederzeit durch das Experiment verificirt werden können, also keinen Zweifel an ihrer Richtigkeit zulassen. Deshalb ist auch die Bestätigung der mathematischen Resultate durch die Erfahrung kein Prüfstein für die Richtigkeit der speciellen Lehren jener Theorie, aber auch keiner gegen dieselbe.

Die Einführung der beiden Fluida gestattet uns die negative Electri- sirung von A und die positive Electrisirung von B in dreifacher Weise mit demselben Endresultat zu erreichen. Früher haben wir sie dadurch zu Stande gebracht, dass wir P Einheiten positiver Electricität von A nach B und xV Einheiten negativer Electricität von B nach A übergeführt haben. Bringen wir jetzt P-h N Einheiten positiver Electricität von A nach 5, oder P-h N Einheiten negativer Electricität von B nach A , so müssen offenbar A und B ebensoviel freie Electricität erhalten, wie nach der zuerst angegebeneu Operation, aber die in A gebundene Electricitätsmenge ist im zweiten Fall kleiner und im dritten grösser, als sie im ersten war.

Demnach würde man nach dieser Theorie nicht blos die freie Electricität eines Körpers, sondern auch seine gebundene ändern können. Bis jetzt hat man noch keine besonderen Eigenschaften an einem Körper, wenn sein Inhalt an gebundener Electricität geändert wurde, in Erscheinung treten sehen. Wir müssen daher schliessen, dass entweder die gebundene Electricität überhaupt keine Eigenschaften besitzt, oder dass ihre Menge in einem Körper nicht verändert werden kann. Die erste dieser Alternativen bietet den Mathematikern weiter keine Schmerigkeiten, denn da diese den Fluidis keine andern Eigenschaften zuschreiben, als die der Attraction und Repulsion, so müssen sich die beiden Electricitätsarten , wenn sie sich binden, in ihren Wirkungen aufheben und so jeder Beobachtung entgehen. Wer jedoch mit dem Worte Fluidum substantielle Eigenschaften verbinden zu müssen glaubt, dem wird es immer undenkbar bleiben, dass die Combinirung der zwei Fluida sie gänzlich jeder Eigenschaft berauben sollte, so dass sie weder das Gewicht, noch die Masse, noch sonst eine Qualität des Körpers, in dem sie sich be- finden, zu ändern vermögen. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, haben daher einige angenommen, dass jede Electrisirung in einem Transport genau gleicher Quantitäten der beiden Fluida nach entgegengesetzten Richtungen bestehe, so dass die absolute Summe der beiden Fluida in einem Körper sich stets gleich bliebe. Durch dieses neue Gesetz retten sie zwar den Schein, vergessen aber vollständig, dass sie es sehr wol entbehren könnten, wenn sie nicht darauf ausgingen, die zwei Fluida auf alle Fälle mit den Tatsachen in Einklang zu bringen und ihre Theorie davor zu bewahren, Phänomene vorauszusagen, die in der Tat nicht existireu.

42 Hypothese von Einem Fluidum. [87.

Hypothese von Einem Fluidum.

37. Die Hypothese von einem Fluidum unterscheidet sich von der der zwei Fluida eigentlich nur dadurch, dass sie für das eine Fluidum der letztern, im allgemeinen für das negative, alle Eigenschaften der gewöhnlichen Materie vindicirt, uud nur das zweite, das positive, als electrisches Fluidum bezeichnet.

Die Teilchen dieses Fluidums sollen sich untereinander im verlcehrten Verhältnis des Quadrats der Entfernung abstossen, dagegen die Teilchen des Körpers, in dem sie sich befinden, nach demselben Gesetze anziehen. Aehnlich sollen die Teilchen der Materie gegen einander eine Abstossung und gegen das electrische Fluidum eine Anziehung ausüben. Doch nimmt man an, dass die Attraction zwischen Einheiten der Materie und Electricität etwas grösser ist, als die gegenseitige Repulsion gleicher Einheiten von Materie bezüglich Electricität. Eine Einheit Materie in Verbindung mit einer Einheit Electricität soll also eine entsprechende Combination anziehen. Die Kraft der Attraction zwischen Combinationen von Electricität und Materie wird aber als sehr gering gegen die der Attraction freier Electricität gegen freie Materie betrachtet. Sie soll übrigens dazu dienen, die allgemeine Gravitation zu erklären.

Enthält ein Körper soviel Fluidum, dass seine Electricität ein ausserhalb befindliches electrisches Partikel ebenso stark abstösst, als seine materiellen Teilchen es anziehen, so heisst er electrisch Gesättigt Enthält er mehr Fluidum, so besitzt er einen Ueberfluss an Electricität und ist Ueberladen, Enthält er weniger, so ist er nicht gesättigt oder Unterladen und hat ein Deficit an Electricität. Zur Sättigung eines Gramms gewöhnlicher Materie scheint eine grosse Electricitätsmenge zu gehören, denn wenn man ein Gramm Gold, was leicht auszuführen ist, zu einem Blatt von einem qm Flächeninhalt auswalzt, so kann es mindestens eine Ladung von 60000 Ein- heiten negativer Electricität fassen. Es gehört also sicher noch mehr Electricität dazu, um es zu sättigen.

Diese Theorie lehrt, unähnlich der von den zwei Fluidis, nicht mehr als die Erfahrung bestätigen kann. Sie setzt aber voraus, dass die Dichtig- keit der Electricität so gering ist, dass keine bisher erreichbare Electri- sirung die Masse oder das Gewicht eines Körpers zu verändern vermag. Zudem ist sie auch nicht im Stande zu erklären, weshalb gerade die Glas- electrisining in einem Ueberschuss an Electricität im Verhältnis zur Materie bestehen soll.

Ganz ungerechtfertigt ist aber ein anderer Vorwurf, der dieser Theorie selbst von competenter Seite gemacht worden ist. Man sagte nämlich, dass die Lehre von der Repulsion zweier von Electricität freier materieller Teilchen in directem Gegensatze zu der allgemeinen Erfahrung stehe, dass materielle Teilchen sich im ganzen Universum anziehen, denn nach jener Lehre müsste gerade das Gegenteil stattfinden. Das würde richtig sein, wenn eben die Welt-

88.] Messung der Kraftwirkung zwischen electris. Korpern. 43

körper ganz frei von Electricität wären, denn dann hätten sie die höchste negative Ladung und mästen sich gegenseitig ahstossen. Zu einer solchen Annahme liegt aber nicht der geringste Grund vor. Man wird vielmehr mit grösserer Wahrscheinlichkeit voraussetzen dürfen, dass die Erde und alle andern Weltkörper sich in einem unelectrischen Zustande befinden, das heisst ebensoviele Einheiten Electricität als Materie besitzen, ihre gegen- seitige Anziehung wird dann, wie wir schon bemerkt haben, durch den Ueberschuss der Attraction ungleichnamiger Substanzen über der Repulsion gleichnamiger verursacht. Inzmschen ist nicht zu leugnen, dass die Ein- führung dieses Ueberschusses etwas gekünstelt erscheint, und dass sie einen mächtigen Vorwurf gegen die Theorie bildet.

Ich werde in diesem Werke bei Gelegenheit verschiedener Untersuchungen die einzelnen Theorieen in dem Lichte neuer Klassen von Phänomenen, die uns die Electricität bietet, zu prüfen haben. Doch glaube ich meinerseits, dass wir die meiste Aufklärung über die Natur der Electricität aus einem Studium der Vorgänge in dem Räume zwischen den electrisirt-en Körpern schöpfen werden. Ein derartiges Studium charakterisirt auch die Unter- suchungen, die Faraday in seine Experimental Researches niedergelegt hat. Demnach habe ich vor, die Resultate, zu denen Faraday, W.Thomson und andere gelangt sind, mit einander zu verbinden und in mathematische Form zu bringen, so dass wir die Erscheinungen, welche durch alle Theorieen ihre Erklärung finden, leicht von denen, welche den einzelnen Hypothesen Schwierigkeiten bereiten, werden trennen können.

Mesisung der Kraftwirkung zwischen electrisirten Körpern.

88. Ich führe von den zahlreichen Methoden, die Kraft, welche electrisirte Körper auf einander ausüben, zu messen, zunächst die folgende als die wichtigste an. Man tarirt einen Körper auf einer feinen Waage aus und legt unter die Schale, welche diesen Körper enthält, in bekannter Ent- fernung einen andern Körper hin. Electrisirt man beide Körper, so werden sie sich anziehen oder abstossen, und man muss, um an der Waage das Gleichgewicht wieder herzustellen, zu der Tara Gewichte zulegen oder von ihr wegnehmen.

Drückt man diese Gewichtszulagen oder Abnahmen in . dynamischem Mass aus, so erhält man die Grösse der Kraftwirkung zwischen den beiden Körpern. Dieser Methode hat sich zunächst W. Snow Harris bedient, und auf ihr basirt auch das absolute Electrometer, welches W. Thomson an- gegeben hat, und von dem in Art. 217 weiter die Rede sein wird.

Meist bedient man sich jetzt bei Ausführung dieser Methode statt einer gewöhnlichen Waage der Torsionswaage.

Man bringt an das untere Ende eines oben eingeklemmten Drahtes oder Fadens einen horizontalen Arm an, der um diesen als Aie

J

44 Gesetz der electrischen Kraftwirkung. [39.

schwingen kann. Befestigt man dann den einen Körper an ein Ende des Armes und stellt den andern seitlich von ihm auf, so dreht der tangentiale Teil der electrischen Kraft, welche zwischen den beiden Körpern wirkt, den Arm um die vertikale Axe und tordirt dadurch den Draht oder Faden um einen gewissen Winkel. Aus diesem Torsionswinkel kann man dann die Anziehungs- oder Abstossungskraft berechnen, wenn der Torsionscoefficient des Drahtes und das Trägheitsmoment der Waage bestimmt sind.

Die Torsionswaage ist von Mich eil zur Bestimmung der Gravitation zwischen kleinen Körpern vorgeschlagen und von Cavendish zu diesem Zwecke verwendet worden.

Coulomb erfand sie dann nochmals unabhängig von jenen Natur- forschern und eruirte mit ihrer Hilfe die Gesetze, nach denen die elec- trischen und magnetischen Kräfte wirken. Seitdem ist sie in allen Unter- suchungen, die eine Messung von kleinen Kraftwirkungen erheischten, verwendet worden. Ihre Theorie und Benutzungsweise werde ich in Art. 215 auseinandersetzen.

Abhängigkeit der Kraft von der Höhe der Ladung.

39. Wir wollen nunmehr voraussetzen, dass uns irgend eine Methode zur Messung electrischer Kräfte zu Gebote steht. Bei der Ausführung einer solchen Messung nehmen wir aber die beiden electrisirten Körper möglichst klein im Verhältnis zu ihrem gegenseitigen Abstand, so dass das Resultat unabhängig von etwaigen Uugleichartigkeiten in der Verteilung der Elec- tricität auf einem der Körper ist. Gleichzeitig entfernen wir alle Körper, auf welche unsere Versuchskörper inducirend wirken könnten.

Wir finden dann durch eine solche Messung, dass zwei Körper, welche mit den bezüglichen Electricitätsmengen <», e \ die mr uns in irgend einer Einheit ausgedrückt denken, geladen sind, sich in bestimmter Entfernung mit einer Kraft proportional dem Producte von e und e' abstossen, wenn ' die Zeichen von e und e* gleich, und anziehen, wenn sie entgegen- gesetzt sind.

Der erste Körper, A^ soll m Einheiten positiver und n Einheiten negativer Elcctricität besitzen, die wir uns wie in dem Experiment V. von einander getrennt denken können.

Der zweite, i?, besitze m' Einheiten positiver Elcctricität und n* Ein- heiten negativer.

Jede der m positiven Einheiten in A wird dann jede der m' positiven Einheiten in B mit einer Kraft / abstossen. Der Totaleflfect ist also wi/n'/. Dagegen wird sie jede der negativen 7i' Einheiten mit derselben Kraft anziehen, und das giebt eine Kraftwirkung von der Grösse mn'/. Aehnlich werden die n negativen Einheiten in A die m' positiven in B anziehen und die n' negativen abstossen.

41.] Electrostatische ElectricitätseiDheit. 45

Die gesammte zwischen den Körpern wirkende Abstossungskraft ist

also (mm' 4- nn')/ und die gesammte Anziehungskraft (mn' + m'nf.)

Die Resultante beider Kräfte, die wir uns als Abstossung denken

wollen, ist also

(mm' + nn' mn' m'n)/ oder

(m w) (m' n')f.

Nun ist aber m n = e der algebraische Wert der Ladung von A und ebenso m' w' = e' der der Ladung von Z?, somit wird die resultirende Abstossung gleich ee'f, wo wir den e die Zeichen zu verleihen haben, welche ihnen als algebraischen Werten zukommen.

Abhängigkeit der Kraft von der Entfernung.

40. Haben wir die Abhängigkeit der Kraftwirkung zweier in constanter Entfernung gehaltener Körper von der Höhe ihrer Ladung eruirt, so können wir durch Variation dieser Entfernung und Constanthaltung der Ladung auch die Abhängigkeit der Kraft von dem Abstand, in dem die Körper auf einander wirken, bestimmen.

Nach diesem Princip ausgeführte directe Messungen haben ergeben, dass die Kraftwirkung, . gleichgiltig ob sie sich als Anziehung oder Ab- stossung äussert, im umgekehrten Verhältnis zu dem Quadrate der Ent- fernung der beiden Körper von einander steht. Bezeichnen wir demnach durch / die Kraft zwischen zwei Einheiten Electricität, wenn sie sich in der Einheit der p]ntferuung befinden, so ist ihre Wirkung auf einander in dem Abstände r gleich /r-2. Allgemein ist also die Anziehung oder Abstossung zwischen zwei Electricitätsmengen e und e', die auf sehr kleinen Körpern concentrirt sind, gegeben durch

fee'r-^.

Definition der clectrostatischen Electricitätseinheit.

4L Wir sind bis jetzt von einer ganz willkürlichen Electricitätseinheit ausgegangen, indem wir die Electricitätsmenge des Glasstückes, welches wir am Beginn unserer Versuche gerade zur Hand hatten, allen Messungen zu Grunde legten. Das oben entwickelte Gesetz für die Kraftwirkung zwischen Electricitätsmengen setzt uns aber in Stand bei der Definition der electrischen Einheit ein ganz bestimmtes Princip zu befolgen, so dass wir sie stets wieder zu finden vermögen. Wir definiren sie nämlich so, dass die Grösse / gleich 1 wird. Also:

Die electrostatische Einheit der Electricität ist diejenige positive Elec- tricitätsmenge ^ welche eine ihr gleiche positive Electricitätnnenge in der Ein- heit der Entfernung mit der Einheit der Kraft abstösst.

4G Verification für das electrij^^chc Kraftgesefz. [43.

Wie die Definition schon ausdrückt, bezeichnet man diese Einheit als Electrosiatinche zur Unterscheidung von der Electromagnetischen Einheit, von der später die Rede sein wird.

Das allgemeine Gesetz der electrischen Wirkung vereinfacht sich also in

Die Absl088ungskraft zwischen zwei sehr kleinen Korpern, die mit den in electrosiatischen Einheiten gemessenen Electricitätsmengen e bezüglich e' ge- laden sind, ist direct gleich dem Verhältnis des Productes der Ladungen zu dem Quadrate der Entfernung, in der sich die beiden Körper von einander befinden,

Dimensionen der electrostatiscben Electricitatseinheit.

42. Ist [Q] die Electricitätsmenge, welche in der elcctrostatischen

Electricitatseinheit enthalten ist, geben e^ e' die numerischen Beträge

specieller electrischer Quantitäten an, bezeichnet man weiter mit [L] die

Längeneinheit, mit r den numerischen Betrag einer Entfernung; mit [/♦']

die Krafteinheit und mit F den numerisclien Betrag einer Kraft, so

haben wir

F[F]^ e e' r-^ {(eilL-*^], somit

und dadurch sind die Dimensionen der electrostatiscben Einheit bestimmt.

Man mag wol in der Praxis und auf «indem Gebieten der Electricitäts- lehre andere Einheiten zu Grunde legen, in der Electrostatik sind aber Electricitätsmengen nur nach der electrostatiscben Einheit zu messen, wie ja auch in der Astronomie die Masseneinheit durch das Gravitationsgesetz definirt ist, und keineswegs mit den sonst üblichen Einheiten zusammenfallt.

Verification des Gesetzes der electrischen Kraftwirkung.

43. Man darf das oben angeführte electrische Wirkungsgesetz durch die bekannten Versuche Coulombs an der Torsionswaage als in gewisser Annäherung als richtig erwiesen ansehen. Inzwischen erschweren die vielen störenden Ursachen, die nur bei grösster Sorgfiüt vermieden werden können, die Ausführung solcher Experimente und rauben den Resultaten einen Teil ihres Wertes.

Zunächst ist man gezwungen den zu electrisirenden Körpern Dimensionen zu verleihen, die nicht gerade klein im Verhältnis zu ihrer Entfernung sind, weil allzu kleine Körper nicht im Stande sind Ladungen aufzunehmen und zu behalten, die messbare Kraltwirkungen aufeinander ausüben. Dadurch

44.] Electrisches Feld. 47

bringt aber jeder der Körper in dem andern eine Verteilung der Electricität hervor, welche die gleichmässige Bedeckung ihrer Oberflächen mit Electricität aufhebt. Man darf dann auch nicht die Ladungen als in den Schwerpunkten der Körper concentrirt betrachten. Man muss also diese Verteilung selbst bestimmen, und das kann meist nur durch den feinsten theoretischen Calcul bewerkstelligt werden. Für zwei Kugeln hat Poisson eine solche Berechnung in der ingeniösesten Weise durchgeführt. Später hat dann W. Thomson mit Hilfe seiner Theorie der electrischen Bilder, wie wir in den Artt. 172—175 sehen werden, denselben Fall in beträchtlicher Vereinfachung behandelt.

Eine andere Schwierigkeit bereitet die in die Wände des Gehäuses, welches die Torsionswaage gegen Luftströmungen schützen soll, inducirte Electricität, doch kann man ihren Einfluss rechnerisch bestimmen, wenn man die Innenseite des Gehäuses möglichst regelmässig und aus Metall herstellt.

Femer ist es nicht möglich die Körper so vollständig zu isoliren, dass sie nicht doch fortwährend Electricität verlören. Coulomb hat sich daher gezwungen gesehen über diese Zerstreuung der Electricität specielle Unter- suchungen anzustellen, um mit Hilfe der für ihren Verlauf eruirteu Gesetze die nötigen Correctionen ableiten zu können.

Seitdem hat man freilich, namentlich durch W.Thomson, im Isoliren und im Messen electrischer Kräfte beträchtliche Fortschritte gemacht, aber der strenge Nachweis für die Giltigkeit des Coulomb sehen Kraftgesetzes ist nicht durch directe Messungen und Versuche (die eher zu seiner Demonstration dienen können), sondeni durch die mathematische Verfolgung der von uns in dem Experiment VII. angeführten Tatsache geführt worden, derzufolge ein geladener Leiter B gänzlich entladen wird, wenn man ihn erst vollständig in ein Gefäss C versenkt, dann mit der Innenseite des Gefässes berührt und zuletzt ihn herauszieht ohne wieder mit dem Gefässe in Berührung zu kommen. Durch feine Electroskope kann man leicht nachweisen, dass auf U nach der angegebenen Operation keine Spur von Electricität mehr vorhanden ist, wie auch die Aussenseite von C geladen sein mag, und der mathematische Calcul, den ich im Art. 74 dem Leser vorzuführen gedenke, zeigt, dass das nur dann stattfinden kann, wenn die Kraft im umgekehrten Verhältnis zum Quadrat der Entfernung steht, und dass nach jedem andern Kraftgesetz B eine gewisse Elcctricitätsmenge würde behalten müssen.

Das electrische Feld.

44. Man bezeichnet den Raum in der Umgebung eines electrisirten Körpers, insofern sich in demselben die electrischen Phänomene abspielen, als Electrisches Feld. Es ist dabei gleichgiltig, ob der Körper sich in der

48 Electromotorische Kraft und electrisches Potential. [46.

Luft oder in irgend einem anderen Medium befindet, oder ob er in ein sogenanntes Yacuum^ das hoisst in einen Baum, aus dem wir mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln alles Körperliche entfernt haben, gebracht ist. Befindet sich ein electrisirter Körper in irgend einem Teile des electrischen Feldes, so wird er von einer Kraft angegriffen, deren Grösse im Allgemeinen von seiner Gestalt und von seiner Ladung abhängt, der Körper bringt seiner- seits eine Störung in der Electrisirung der andern Köi-per des electrischen Feldes hervor. Ist er so klein und seine Ladung so unbedeutend, dass er die Electrisirung anderer Körper nicht fühlbar zu alteriren vermag, so braucht man seine Anwesenheit nur insofern zu berücksichtigen als sein Schwerpunkt, einen Punkt des electrischen Feldes darstellt.

Die den Körper angreifende Kraft ist dann proportional seiner Ladung und wirkt im entgegengesetzten Sinne, wenn das Zeichen seiner Ladung ins entgegengesetzte verwandelt wird.

Sei also e die Ladung des Körpers und F die auf ihn in bestimmter Entfernung wirkende Kraft. So lange der Körper sehr klein ist, haben wir

wobei B nur von der Configuration und Lage der übrigen im electrischen Felde befindlichen Körper abhängt. Kann man dem kleinen Körper ohne das electrische Feld zu stören eine Einheit von Electricität mitteilen, so wird F= 7?. Wir nennen deshalb 7? die Besultirende Klectrisdie Kraft- intensität in dem betrachteten Punkte des electrischen Feldes.

P'loctromotorischc Kraft und electrisches Potential.

4ö. Führen wir den betrachteten kleinen Körper von einem Punkte A des electrischen Feldes zu einem andern Punkte Zi, so greift ihn in jeder seiner aufeinanderfolgenden Lagen eine Kraft Re an, die insofern variirt, als R von Punkt zu Punkt der Bahn des Körpers seinen Wert ändert. Bezeichnen wir die gesammte Arbeit, welche geleistet werden muss, um unsern Körper von A bis B zu bringen, durch Ee, so heisst E die gesammte Electromotorische Kraft längs der Bahn A/J, Läuft die Bahn AB in sich zurück, ohne dass die gesammte electromotorische Kraft längs derselben verschwindet, so kann die Electricität nicht im Gleichgewicht sein, sondern sie befindet sich in Strömung. Die Electrostatik beschäftigt sich also nur mit solchen Zuständen des electrischen Feldes, wo die gesammte electro- motorische Kraft längs jeder geschlossenen Bahn gleich Null ist. Bricht man eine geschlossene Bahn in einem solchen Felde in zwei Teile, so hat die electromotorische Kraft für beide Teile denselben Betrag. Da man nun ieden Teil für sich beliebig transformiren kann, so fol^jt hieraus:

Die gesammte electromotorische Kraft zwischen zwei Punkten eines im Gleichgewicht befindlichen electrischen Feldes ist unabhängig von der Bcüm, avf der man von dem einen zu dem andern Punkt übergeht.

46.] Potential. 49

Bezieht mjin die Lage aller Punkte auf die eiues einzigen Punktes 7?, so heisst die electromotorische Kraft von A zu li das Potential in A, Gewöhnlich rückt man B in die Unendlichkeit. Kann man also einen Körper, ohne die schon oft genannten Bedingungen zu verletzen, mit einer Electricitätseinheit laden, so giebt das Potential in einem Punkte des elec- trischeu Feldes direct die Arbeit, die man verwenden muss, um denselben von diesem Punkte bis in die Unendlichkeit zu führen.

Ein Körper mit einer positiven Ladung hat das Bestreben von Orten grössern positiven Potentials zu solchen kleinern positiven oder grossem negativen Potentials tiberzugehen. Ein negativ geladener sucht sich in der entgegengesetzten Richtung zu bewegen.

Es ergiebt sich hieraus die >>ichtige Folgerung, dass in einem Conductor nur dann electrisches Gleichgewicht herrschen kann, wenn das Potential in allen seinen Punkten einen und denselben Wert hat. Denn da in einem Conductor die Electricität sich vollkommen frei bewegen kann, so wird beispielsweise positive Electricität so lange sich von Orten grössern Potentials zu solchen kleinern Potentials bewegen, als noch Differenzen zwischen den Potential werten der einzelnen Punkte des Conductors vorhanden sind. Das Potential in den Punkten des Conductors nach Eintritt des Gleichgewichts heisst das Potenttalniceau des Conductors oder kürzer das Potential des Conductors.

Aequipotcntielle Flächen oder Electrisclie Niveaufläclien.

46. Der Namo bezeichnet schon, dass man unter einer Aequipotentiellen Fläche oder NiveavJIäche des electrischen Feldes eine Fläche versteht, in deren allen Punkten das Potential einen und denselben Wert hat.

Ein Punkt, den man auf einer aequipotentiellen Fläche zu bleiben zwingt, hat, weil das Potential auf der ganzen Fläche von derselben Grösse ist, kein Bestreben von einem Punkte der Fläche auf derselben zu einem anderu ihrer Punkte überzugehen.

Aequipotentielle Flächen sind also Gleichgewichtsflächen, und verdanken dieser Eigenschaft die Bezeichnung als Niveauflächen.

Dagegen wirkt normal zu einer solchen Fläche die ganze electrische Kraft. Die Grösse dieser resultirenden Kraft bestimmt sich dadurch, dass die Arbeit bei Ucberführung einer Electricitätseinheit von der äquipotentiellen Fläche V zu der V gleich V V sein muss.

Zwei Niveauflächen verschiedenen Potentials können sich niemals schneiden, weil in einem Punkt nur ein Potential existiren kann. Dagegen kann eine Niveaufläche sich selbst beliebig oft schneiden. Die Schnittlinien sind dann Gleich (/ewichtslinien.

Aus dem frühem Satze über das Gleichgewicht der Electricität in einem Conductor folgt, dass die Oberfläche eines Leiters notwendig eine Niveaufläche

HaxwcH, Electricität a. Magnetismus. L 4

50 Nivcaufläclicn. [46.

sein mu88. Ist dabei die Electrisirung positiv, so nimmt das Potential mit wachsender Entfernung von dem Conductor ab. Der Conductor wird daher von Niveauflachen umgeben, deren Potentiale niedriger sind als sein Potential. Wenn aber in Folge der Anwesenheit anderer electrisirter Körper der Con- ductor auf einem Teile positive, auf einem andern negative Electricität besitzt, so besteht die vollständige äquipotentielle Fläche aus der Oberfläche des Conductors und aus einem Sj'stem anderer Flächen, die den Conductor in den Linien schneiden, welche die positiv geladenen Gebiete von den negativ electrisirten trennen. Solche Linien sind also Gleichgewichtslinien, und ein Punkt, der sich auf einer solchen befindet, wird nach keiner Richtung hin- gezogen.

Damit aber ein Conductor in einigen Teilen entgegengesetzt geladen sein kann als in andern, muss mindestens ein electrisirter Kör])er in seiner Nähe und ausserhalb seiner Oberfläche sich befinden. Denn wenn wir einen positiv geladenen Punkt von einem positiv electrisirten Teile der Oberfläche des Conductors aus stets in Richtung der auf ihn wirkenden Kraft sich bewegen lassen, so wird das Potential auf ihn so lange con- tinuirlich abnehmen, bis er entweder eine negativ geladene Fläche, welche ein kleineres Potential besitzt als der Conductor, trifft, oder bis er sich unendlich weit entfernt hat. Da aber in der Unendlichkeit das Potential gleich Null ist, so kann der letztere Fall nur dann eintreten, wenn der ganze Conductor positiv geladen ist.

Ebenso muss ein negativ electrisirter Punkt, von einem negativ geladenen Teile des Conductors ausgehend, entweder einen andern positiv geladenen Köq)er erreichen, oder bis in die Unendlichkeit wandern, wo das Potential wiederum versch\rindet, und die letztere Alternative ist nur möglich, wenn der ganze Conductor negativ electrisirt ist.

Hieraus aber ergiebt sich die Richtigkeit der obigen Behauptung, dass wenn ein Körper positiv und negativ geladen sein soll, notwendig ausser ihm noch ein anderer electrischer Körper vorhanden sein muss, dessen Potential numerisch grösser, aber von demselben Zeichen wie das des Con- ductors ist. Befindet sich ein Conductor allein in einem Felde, so ist die Electrisirung in jedem Teile von demselben Zeichen wie das Potential des Conductors.

Die Innenfläche eines hohlen leitenden Gefasses, innerhalb dessen sich keine electrischen Körper befinden, ist stets vollständig frei von Electricität. Wäre nämlich ein Teil der Innenfläche positiv geladen, so müsste ein von ihm ausgehender in Richtung der Krait sich bewegender positiv geladener Punkt irgendwo einen negativ geladenen Teil der Innenfläche von geringerem Potential trefTen. Die Innenfläche besitzt aber als einem Conductor an- gehörig übenill dasselbe Potential, sie kann also keine geladenen Teile haben.

Bringt man einen Conductor in ein leitendes Gefäss und setzt ihn mit diesem in Verbindung, so kann seine Oberfläche als zur Innenfläche des

49.] KraftliDien. 51

Gefasses gehörig angesehen werden. Der Conductor wird also durch das Gefäss vollständig gegen alle von Aussen kommenden electrisirenden Ein- flüsse geschützt, und bleibt stets ungeladen.

Kraftlinien.

47. Die Bahn eines Punktes, der sich in Richtung der auf ihn wirkenden Kraft fortbewegt, heisst Kraftlinie, Aus der Definition der Niveauflächen folgt, dass die Kraftlinien die äquipotentiellen Flächen rechtwinklig schneiden. Die Conception der Kraftlinien als Hilfsmittel zur Bestimmung der Grösse und Richtung der Kraft in einem electrischen Felde rührt von Faraday her, der mit ihrer Hilfe vielen der von ihm für die electrische Action entdeckten Gesetzen präcisen Ausdruck verliehen hat. Wir werden daher in der Folge ihre Eigenschaften eingehend zu entwickeln haben.

Electrische Spannung.

48. Da die Oberfläche eines Conductors eine Niveaufläche sein muss, so wirkt die resultirende Kraft in jedem Punkte normal zu derselben. Sie ist ausserdem, wie wir später, Art. 78, sehen werden, proportional der Dichte der Electricitat an der betreifenden Stelle. Infolge dessen hat die Electricität eines Oberflächenelements das Bestreben, sich mit einer Kraft proportional dem Producte der resultireudcn electrischen Kraft und der Dichte der Electricität, also proportional dem Quadrate dir Dichte von dem Conductor fortzubewegen. Dieses nach Aussen gerichtete Streben muss notwendig eine Spannung der Electricität auf dem Conductor bewirken und heisst danim auch die Electrische Spannung,

Man hat freilich das Wort Spannung oft in anderer und vielfach in sehr vager Bedeutung gebraucht, so auch namentlich zur Bezeichnung des Potentials. Ein Ueberblick über die Fälle, in denen es benutzt worden ist, lehrt aber, wie ich glaube, dass man darunter, entsprechend seiner gewöhn- lichen Bedeutung nach Analogieen aus der Mechanik besser eine forttreibende Kraft versteht, die dem Druck so und so vieler Kilogramm pro Quadratmeter der Oberfläche des Conductors entspricht. Nach Faraday soll diese electrische Spannung nicht blos an der Oberfläche des Conductors wirken, sondern überall im electrischen Felde, und wir werden finden, dass sie in dieser Conception uns zu einer Theorie führt, welche die electrischen Phänomene aus Zwang- zuständen in dem Zwischen medium erklärt.

Electromotorische Kraft zwisclien zwei Conductoren.

49. Verbindet man zwei Conductoren verschiedenen Potentials durch einen dünnen Leitungsdraht, so hat die Electricität das Bestreben, diesen entlang mit einer Kraft zu fliessen, die durch die Potential difl'erenz der

4*

52 Capacitäf. [50.

beiden Conductoreii gemessen wird. Die Potentialdifferenz zweier Conductoren heisst deshalb -die zwischen ihnen wirkende EhctromoiorisiQhe Kraft, In der Theorie der statischen Electricität werden wir es nxir mit dieser durch die Potentialdifferenz definirten electromotorischen Kraft zu thun haben ; es giebt aber Fälle, die wir später bei Betrachtung der electrischen Störungen durch chemische Wirkungen , Bewegungen von Magneten und durch Temperaturungleichheiten untersuchen werden, in denen die electromotorische Kraft nicht als eine Potentialdifferenz ausgedrückt werden kann.

Capacität eines Conductors.

60. Isolirt man einen Conductor und hält die Potentiale aller andern noch etwa vorhandenen electrischen Körper durch leitende Verbindung der- selben mit der Erde auf NuU, so heisst das Verhältnis der Ladung des Conductors zu dem Potential, das er unter diesen Umständen hat, seine Capacität. Schliesst man einen Conductor in einen andern vollständig ein ohne diesen irgendwo zu beiühren, dann ist die Ladung des eingeschlossenen Conductors gleich und entgegengesetzt der der Innern Fläche des ein- schliessenden. Ihre Grösse ist durch das Product aus der Capacität des ein- geschlossenen Conductors in die Potentialdifferenz gegen den einschliessenden Conductor gegeben.

Accumulatoren und Condcnsatoren.

Man bezeichnet ein System von zwei Conductoren, deren gegenüberstehende Flächen durch eine dünne Lage eines isolirenden Mediums getrennt sind, als einen electrischen Accumulaior. Die beiden Conductoren des Accumulators heissen Electroden, und das isolirende Zwischenmedium nennt man das Dielectrlcum,

So ist eine Leydener Flasche ein Accumulator, in welchem Glas als isolirendes Medium zwei Conductoren aus Metallfolie trennt. Man nennt übrigens die Accumulatoren oft auch Condensatoren, doch soll diese Bezeich- nung für diejenigen Apparate reservirt werden, die nicht sowohl zur Auf- bewahrung von Electricität, als vielmehr zu ihrer Verdichtung bestimmt sind. Die Capacität eines Accumulators ist direct proportional der Grösse der beiden sich gegenüberstehenden Conductorflächen und steht im umgekehrten Verhältnis zur Dicke der isolirenden Schicht.

Widerstand der Körper gegen den Durchgang von Electricität.

61. Teilt man irgend einem Teile einer Metallmasse eine Ladung positiver Electricität mit, so geht dieselbe mit grosser Rapidität von Stellen höheru zu solchen niederem Potentials so lange über, bis das Potential in

51.] EIcctrischer Wideretand. 53

der ganzen Masse einen und denselben Wert hat. Die Geschwindigkeit, mit der diese Verteilung Platz greift, ist in Metallstücken, wie man sie in den gewöhnlichen electrischen Experimenten benutzt, so gross, dass sie sich jeder Beobachtung entzieht. Aber in den langen, dünnen Drähten, die in der Telegraphie gebraucht werden, wird das Potential erst nach einer mess- baren Zeit constant, weil der Draht dem Durchgange der Electricität einen gewissen Wider$tand entgegensetzt.

Die Tabellen, die ich bei der Behandlung der electrischen Ströme in den Art. 3r)2, 366 und 369 anfuhren werde, zeigen, dass die Wider- stände der einzelnen Substanzen sehr verschieden sind.

Alle Metalle sind gute Leiter, doch ist der Widerstand von Blei zwölf- mal, der des Eisens sechsmal und der des Quecksilbers sechzigmal so gross, als der von Kupfer oder Silber. Der Widerstand der Metalle wächst mit steigender Temperatur.

Das krystallinische Selen kann ebenfalls noch als Leiter angesehen werden, obgleich sein Widerstand 3,7 x 10^^ ^al so gross als der eines ent- sprechend grossen Kupferstückes ist. Auch sein Widerstand wächst mit der Temperatur. Das amorphe Selen aber ist ebenso wie der Schwefel ein guter Isolator.

Von den Flüssigkeiten gestatten einige der Electricität den Durchgang durch Klectroli/se, eine Art der Leitung, die wir im zweiten Teile dieses Werkes betrachten werden. Einstweilen können wir alle wasserhaltigen Flüssigkeiten und alle dampfförmigen Körper als Leiter, wenn auch als sehr viel schlechtere Leiter wie die Metalle, deshalb ansehen, weil sie die Electricität nicht einmal während der zu ihrer Messung nötigen Zeit zu isoliren vermögen.

Im Gegensatz zu dem, was wir bei den Metallen gefanden haben, nimmt der Widerstand dieser als Electrohjte oder Leiter zweiter Klasse bezeichneten Körper mit steigender Temperatur ab.

Andererseits sind Gase sowohl im trocknen als feuchten Zustand bei gewöhnlichem Atmosphärendruck für kleine Ladungen so nahe vollkommene Isolatoren, dass man bis jetzt durch sie noch keinen Durchgang der Electricität durch Leitung hat bemerken können. Die continuirliche Abnahme der Ladung eines electrisirten Körpers wird wol in allen Fällen der mangel- haften Isolirung seiner Träger zur Last gelegt werden müssen, indem die Electricität entweder durch diese hindurch oder längs ihrer Oberfläche sich verliert. Als Beweis dafür kann die Tatsache gelten, dass zwei geladene, nebeneinander hängende Körper ihre Electricitäten besser bewahren, wenn sie entgegengesetzt, als wenn sie gleichnamig electrisirt sind. Denn wenn die Leitung der Luft den Verlust an Electricität verursachen würde, müsste gerade bei entgegengesetzter Ladung die Zerstreuung grösser sein, weil in diesem Falle die electromotorische Kraft, welche die Electricitäten durch die Luft treibt, grösser ist als im andern. Für den Durchgang der Electricität durch die Träger ist dagegen der electromotorische Antrieb bei gleichnamiger

54 Specifische indudive Capacität. [52.

Ladung grösser als bei ungleichnamiger, und demgemass ist auch der Ver- lust bei gleichnamiger Ladung grosser als bei ungleichnamiger, wie das auch die Erfahrung bestätigt.

Durch Gase geht die Electricität im allgemeinen durch disruptive Ent- ladung, die nicht eher beginnt, als bis die electromotorische Kraft eine gewisse Stärke erreicht hat, hindurch. Man bezeichnet den Maximalbetrag der electromotorischen Kraft, die in einem Dielectricum noch wirken kann, ohne dass eine Entladung vor sich geht, als die Electrische Stärke des Dielectricums. Die electrische Stärke der Luft nimmt bei einer Druck- yerringerung zunächst ab, bis der Druck auf 3 mm Quecksilber gesunken ist. Wird aber der Druck noch weiter reducirt, so nimmt sie schnell wieder zu. Bei der jetzt in der Druckverringerung erreichbaren Grenze bedarf man zur Hervorbringung eines 6 mm langen Funkens eine noch grössere electro- motorische Kraft, wie unter gewöhnlichem Druck zu der eines 200 mm langen. Ein Yacuum, das heisst ein Raum, aus dem alles entfernt ist, was wir überhaupt nur mit unsern Mitteln zu entfernen vermögen, ist also ein Isolator von grosser electrischer Stärke.

Wasserstoff hat eine bedeutend geringere Stärke als Luft.

Einige Glassorten sind bei niedriger Temperatur wunderbar gute Isolatoren, so dass W. Thomson in hermetisch verschlossenen Glaskolben Electricität Jahre hindurch aufbewahren konnte. Aber schon bei Tempe- raturen unter 100<^ C. werden dieselben Glassorten zu Leitern.

Guttapercha, Kautschuk, Hartgummi, Paraffin sind ebenso wie die Harze gute Isolatoren ; beispielsweise ist der Widerstand des Guttapercha bei 249 C. etwa 6 X 10*^ mal so gross, wie der des Kupfers.

Eis, Krystalle und starre Electrolyte sind ebenfalls Isolatoren.

Einige Flüssigkeiten wie Naphta, Terpentin und einige Oele sind Isolatoren, wenn auch weniger gute als die angeführten festen Körper.

Dielectrische Medien. Specifische iaductive Capacität.

52. Faraday nannte diejenigen Isolatoren, in denen durch eine electro- motorische Kraft die Electricität nicht unmittelbar derartig verteilt wird, dass das Potential überall denselben Wert erhält, Dielectrica,

Aus neuerdings veröffentlichten Untersuchungen erhellt, dass Cavendish schon vor 1773 die Capacität von Glas-, Harz-, Wachs- und Schellakplatten maass und mit der Capacität entsprechend grosser Luftplatten verglich.

Ohne von diesen frühen Bestimmungen etwas zu wissen, entdeckt« dann Faraday, dass die Capacität eines Accumulators nicht blos von der Form und Lage seiner Electroden, sondern auch von der speciellen Natur des trennenden Zwischenmediums abhängt. Substituirte er in einem Accumulator

68.] Electrisches Residuum. 55

ohne die sonstige Anordnung zu ändern, für die Luft als isolirendes Medium andere Gase, so fand sich die Capacität seines Accumulators nicht merklich alterirt. brachte er aber Schellak, Schwefel oder Glas an Stelle der Luft, 80 wuchs die Capacität je nach der Zwischensubstanz in verschiedenem Maase an.

Faraday bezeichnete darum das Verhältnis der Capacität eines Accumu- lators für ein bestimmtes Dielectricum als Zwischensubstanz zu der Capacität desselben Accumulators, wenn Luft das Zwischenmedium bildete, als die Specifische Inductlve Capacität des Dielectricums. Jetzt heisst dieses Ver- hältnis meist die Dielectricitätsconstante des Dielectricums.

Die Constante hängt nicht blos von der Natur des Mediums, sondern auch von seinem Zustande ab. So fand Boltzmann durch delicate Messungsmethoden, dass sie bei Gasen mit Aenderung des Druckes variirt. Ist das Dielectricum kein guter Isolator, so ist es schwer, seine specifische inductive Capacität zu bestimmen, weil die Electricität während der Messung sich durch dasselbe hindurch verbreitet. Doch ist es wahrscheinlich, dass die specifische Capacität nicht auf Isolatoren beschränkt ist, sondern über- haupt für alle Körper ihre Bedeutung hat.

Absorption der Electricität.

53. Wird ein Accumulator einige Zeit, nachdem er electrisirt worden ist, plötzlich entladen und isolirt, so zeigt er sich bald wieder in demselben Sinne wie zuerst', aber schwächer geladen. Man kann ihn mehrmals ent- laden, erhält aber stetig abnehmende Electricitätsmengen. Man bezeichnet die ganze nach der ersten Entladung noch zum Vorschein kommende Elec- tricität als Electrisches Eesiduum,

Jede der entladenen Electricitätsmengen scheint der bei der Entladung auf dem Accumulator herrschenden Potentialdiiferenz proportional zu sein, und das Verhältnis der jeweiligen Entladung zur entsprechenden Potential- differenz giebt die wahre Capacität des Accumulators. Derartige Bestimmungen der Capacität eines Accumulators durch Messung der entladenen Electricitäts- menge und der gerade herrschenden Potentialdiiferenz führen aber nur dann zu einem richtigen Wert, wenn die Entladung augenblicklich geschieht, denn wenn man die Dauer des Contactes des Entladers gegen den Accumulator verlängert, so birgt dieser auch einen Teil des electrischen Residuums und die berechnete Capacität fällt zu gross aus.

Ein geladener und isolirt aufgestellter Accumulator scheint seine Elec- tricität durch Leitung zu verlieren, und wie die Erfahrung lehrt, ist der Verlust zu Anfang verhältnismässig weit grösser als zuletzt. Man würde demnach die Leitungsfahigkeit des Accumulators zu hoch schätzen, wenn man sie aus den ersten Verlusten berechnen wollte, und das ist der Grund, warum bei einem submarinen Kabel die Isolirung sich mit der Dauer der Electrisirung zu vervollkommnen scheint

5G Electrische Absorption. [54.

Leitet man Wanne durch einen Körper, dadurch dass man zwei Stellen desselben auf verschiedene Temperaturen erhält, so treten Phänomene auf, die man auf den ersten Blick für ganz analog den geschilderten electrischen Erscheinungen halten möchte. Bei der Wärme hängen sie aber von der vom Körper selbst aufgenommenen und abgegebenen Wärme ab. Man hat darum geglaubt, dass die Körper die Fähigkeit besitzen auch Electricität zu absorbiren und zu emittiren. Ich werde aber in Ä.rt. 329 zeigen, dass diese Hypothese einer Absorption der Electricität durch materielle Teilchen zur Erklärung des Residuums nicht nöthig ist, dass schon die Annahme einer gew^issen Heterogeneität in der Structur der Dielectrica dazu genügt.

Man kann übrigens leicht nachweisen, dass die sogenannte electrische Absorption nicht in einer wirklichen Absorption von Electricität besteht. ' Ladet man nämlich die betreifende Substanz, während sie von einem Metall- gefäss vollständig eingeschlossen ist, entladet dann das Gefäss und lässt es isolirt, so erhält es keine Spur von der allmälig sich zerstreuenden Electricität des in ihm befindlichen electrisirten Körpers.

54. Faraday*) drückte diese Tatsache durch den Satz aus, dass es nicht möglich sei einem Körper eine absolute unabhängige Ladung einer Elcctricitätsart mitzuteilen.

In der Tat scheint jedes Experiment zu lehren, dass die Electrisirung der Aussenfläche eines Gefasses ganz unabhängig von den electrischen Actionen ist, die zwischen und in den von ihm eingeschlossenen electrischen Körpern etwa vorgehen.

Könnte man nun Electricität einer Art zwingen, in einem Körpei absorbirt, das heisst latent zu werden, ohne doch mit einer gleichen Menge der entgegen- gesetzten Art mittelbar oder unmittelbar verbunden zu sein, oder könnte man eine Electricitätsmenge allmählich aus ihrem latenten Zustande wieder ans Tages- licht kommen lassen, so müsste offenbar dadurch die Electrisirung des um- gebenden Gefasses Abänderungen erleiden.

Da nun solche niemals beobachtet worden sind, so schloss Faraday, dass es nicht möglich ist einer Substanz eine absolute Ladung mitzuteilen, und dass kein Körper durch eine Aenderung seines Zustandes latente Electricität zu entwickeln oder vorhandene Electricität zu verbergen im Stande ist.

Demgemäss betrachtete er die Induction oder Influenz „als die essentielle Grundlage sowol bei der Erregung von Electricität als auch bei den darauf folgenden eigentlichen electrischen Erscheinungen*'. Unter „Induction'*' ver- steht er aber (1298) einen gewissen Zustand von Polarität in den Partikeln des Dielectricums, der zufolge jedes Teilchen an der einen Seite eine positive und an der andern Seite eine dieser an Grösse stets gleiche negative Electricitäts- menge beherbergen sollte.

•) Exj>, Res, I. Serie 11.

56.] Eni ladung. 57

Disruptive Entladung.*)

55. Lässt man die clectromotorische Kraft an einer Stelle eines Dielectricums allmählich anwachsen, so erreicht man schliesslich eine Grenze für dieselbe, bei der die Electricität sich plötzlich durch das Dielectricum hindurch in Begleitung von Schall- und Lichterscheinungen entladet. Gleich- zeitig wird das Dielectricum vorübergehend oder ganz zerrissen.

Der Grenzwert der electromotorischen Kraft bei einer solchen dis- ruptiven Entladung hängt von der Natur des Dielectricums ab. Er ist zum Beispiel grösser für Glas als für Luft, und bei dieser wächst er mit zunehmender Dichte. Man kann aber stets die clectromotorische Kraft so weit anwachsen lassen, dass eine Disruptice Entladung Platz greift, das heisst die Isolation des Mediums aufgehoben und plötzlich einem Strome von Electricität der Durchgang gestattet wird. Darin liegt der Grund weshalb in der Natur keine Ladungen vorkommen können, welche unendlich grosse Kräfte verursachen.

Die elcctrischc Lichthülle, Convective Entladung.

Bei einem Conductor, der in eine Spitze ausläuft, würde die Annahme, dass ein isolirter Körper stets seine Electricität behält, dazu führen, dass die Dichte der Electricität ohne Ende anwüchse, je mehr man sich der Spitze nähert, und in der Spitze selbst unendlich gross würde. Die Kraft würde also dort auch unendlich gross gefanden werden, und factisch müsste das der Pall sein, wenn die isolirende Kraft der umgebenden Luft unendlich gross wäre. Die Erfahrung lehrt aber, dass der Widerstand der Luft, wenn die Electricität eine gewisse Dichte erreicht hat, zu weichen be- ginnt, so dass die Luft leitend wird. Sie spielt dann in Umgebung der Spitze die KoUe eines Conductors. Weil aber in genügender Ent- fernung von der Spitze die electrische Kraft nicht hinreicht um die Isolation aufzuheben, so findet der electrische Strom bald sein Ende und die Electricität sammelt sich in der Luft in der Nähe der Spitze an. Die Spitze ist also von Luftschichten umgeben, die mit ihr gleichsinnig elec- trisirt, und so gegen die enorme clectromotorische Kraft geschützt sind, die sie angreifen würde, wenn die Spitze allein Trägerin der gesammten Electricität sein müsste. Tatsächlich hat also der Conductor gar keine Spitze mehr, denn man muss die Oberfläche der umgebenden electrisirten Luft als Conductorobei-fläche ansehen. Könnte man nun die Luft in Ruhe erhalten, so würde der electrisirte Körper, wenn wir zu ihm auch die die Spitze umgebende Luft rechnen, seine Ladung bewahren. Da sich aber die Luftteilchen frei bewegen können, so folgen sie den zwischen ihnen wirkenden Abstossungskräften und suchen sich in Richtung der Kraftlinien

*) Faraday, Erp, /?e«. Vol. I, Seiie 12 und 13.

58 Entladung. [66.

SO lange fortzubewegen bis sie unter den umgebenden Körpern die ihnen entgegengesetzt geladenen erreichen. An ihre Stelle kommen dann andere noch ungeladene Luftpartikel in die Nähe der Spitze, und da diese die der Spitze nächsten Teilchen nicht gegen die excessive electrische Spannung schützen können, so findet eine abermalige Entladung statt, nach welcher sich die neugeladenen Partikel entfernen und andern Teilchen Platz machen. So geht es fort, so lange der Conductor überhaupt Electric! tat besitzt. Es treten also folgende charakteristische Erscheinungen auf:

An der Spitze und in ihrer Nähe zeigt sich eine Lichthülle, die der continuirlichen Entladung der Spitze gegen die umgebende Luft ihre Ent- stehung verdankt.

Da ferner die Luftteilchen im Allgemeinen nach derselben Richtung sich fortbewegen, so geht von der Spitze ein Luftstrom aus, der die elec- trisirten Luftteilchen und wahrscheinlich auch nichtelectrisirte mit sich fortführt. Erleichtert man künstlich die Bildung eines solchen Luftstromes, so erstreckt sich die Lichtentwickelung über weitere Strecken. Das ent- gegengesetzte tritt ein, wenn man seine Bildung erschwert.*)

Der so in der Nähe der Spitze entstehende Electrische Wind ist oft sehr heftig. Seine Geschwindigkeit verlangsamt sich aber schon in geringer Entfernung beträchtlich, so dass die electrisirten Luftteilchen nur noch von den zu jeder Zeit vorhandenen gewöhnlichen Luftströmungen fortgeführt werden, und so eine unsichtbare electrische Wolke bilden. Kommen dann die Teilchen in die Nähe einer leitenden Fläche, etwa in die Nähe einer Wand, so induciren sie in diese eine ihrer eigenen Electricität entgegengesetzte Ladung, und werden dann oft an die Wand durch die auftretende electromotorische Kraft herangezogen und entladen. Meist ist aber diese electromotorische Kraft zu gering, und dann bleiben die Luftteilchen lange Zeit in der Nähe der Wand oder anderer Leiter mit ihrer vollen Ladung und bilden eine electrische Atmosphäre um dieselben, deren Existenz sich oft durch das Electroskop verrät.

Die Kraft, welche zwischen geladenen Luftmasscu und anderen Körpern wirkt, ist sehr unbedeutend im Vergleich zu der Kraft, mit der Winde durch Dichtigkeitsungleichheiten in der Atmosphäre, veranlasst durch Temperatur- differenzen, erzeugt werden. Man wird «also kaum annehmen können, dass auch nur ein geringer Teil der Bewegung, die man bei gewöhnlichen Gewitterwolken beobachten kann, electrischen Ursachen ihre Entstehung verdankt.

Geschieht der Uebergang der Electricität durch die Bewegung der mit ihr geladenen Teilchen, so bezeichnet man sie als Electrische Convection oder als Couvective Entladung.

Die electrische Lichthülle verdankt also ihre Entstehung dem fort- währenden Durchgang von Electricität durch eine dünne Luftschicht, in der

*) Priestley, IJistory of Electricity pp. 117, 591; Cavendii :lics Phil. Trans. 1771,' § 4; Reprint oj Covendish Art. 125.

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67.] Entladung. 59

die Spannung so gross ist, dass sie auch die umgebenden Luftteilchen ladet; letztere werden dann durch den electrischen Wind, der einen essentiellen Teil des ganzen Phänomens ausmacht, fortgeführt. Die Lichthülle bildet sich leichter in verdünnter als in verdichteter Luft und auch leichter, wenn die Spitze positiv, als wenn sie negativ geladen ist. Die letzte Bemerkung gilt namentlich für diejenigen, welche die Unterschiede zwischen den Elec- tricitätsarten studiren, um so irgend etwas, was ihnen die Natur der Electricität enthüllen könnte, zu entdecken.

Das electrische Büschellicht.

56. Stumpft man die Spitze eines Conductors ab oder ersetzt sie durch eine kleine Kugel, so nimmt zwar die electrische Spannung mit wachsender Entfernung von derselben ab, aber in weit geringerem Maasse als es bei einer vollständigen Spitze der Fall ist. Die Ausgleichung der Tension geschieht dann durch aufeinanderfolgende Entladungen, die sich in der Luft verzweigen und dadurch enden, dass sie entweder Teile der Luft electrisiren oder auf einen Conductor treffen. Die Erscheinung ist von einem Geräusch begleitet, dessen Höhe von dem Zeitintervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ent- ladungen abhängt. Ein continuirlicher Luftstrom, wie wir ihn in Begleitung der Entladung durch die electrische Lichthülle gefunden haben, tritt hier nicht auf.

Der electrische Funke.

67. Wenn die Spannung zwischen zwei Conductoren überall sehr be- deutend ist, wie bei zwei geladenen Kugeln, deren gegenseitige Entfernung im Verhältnis zu ihren Kadien nicht zu gross ist, so geschieht die Ent- ladung gewöhnlich durch einen von einem Conductor zu dem andern über- springenden Funken^ der meist die gesammte Electricität mit sich nimmt.

Giebt dabei ein Teil des Dielectricums der Spannung nach, so wer- den die anliegenden Partikel in Richtung der electrischen Kraft einer starkem Spannung unterworfen und dadurch gezwungen ebenfalls nach- zugeben, so dass die Ladung durch das Dielectricum dringen kann. Den Weg, den der Funke einschlägt, können wir uns durch ein Beispiel ver- sinnbildlichen. Reisst man nämlich ein Blatt Papier an einer Kante ein und zieht die beiden Enden dieser Kante auseinander, so geht der Riss in dem Blatte weiter und zwar stets über die Stellen weg, welche am nach- giebigsten sind. Ganz ebenso beginnt die Entladung da, wo die Spannung zuerst die Isolirung überwindet, und setzt sich in einer unregelniüj?sigen Bahn über die Stellen fort-, die ihr den geringsten Widerstand bieten. Der Funke wird also namentlich die Luftteile durchdringen, welche Wasser- dämpfe enthalten.

60 Entladung. [67.

W. Thomson bat die electromotorische Kraft, welche nötig ist, um einen Funken durch verschieden dicke Luftschichten durchzutreiben, mit Hilfe eines Electrometers bestimmt.*)

Er liess die Funken zwischen zwei Flächen tiberspringen, deren eine ganz eben war, während die andere nur in so weit convex gekrümmt wurde, dass der Funke stets von derselben Stelle auszugehen gezwungen war.

Er fand so, dass die electromotorische Kraft beim Ueberspringen des Funkens mit Vergrösserung des Abstandes der beiden Flächen zwar wuchs, aber weniger schnell zunahm wie die Entfernung. Die electrische Kraft an einer Stelle zwischen den Conductoren, in diesem Falle das Verhältnis der Potentialdiiferenz beider Flächen zu der Entfernung der Platten, kann also bei einer dünnen Luftschicht verhältnismässig grösser werden als bei einer dicken, ehe eine Entladung eintritt.

Für eine sehr dünne Schicht von 0,^ 0254 cm ergab sich die Kraft bei der Bildung des Funkens, cm und gr als Einheiten für die Länge und das Gewicht benutzt, gleich 527,7, das heisst, die electrische Spannung betrug 11,29 gr für das qcm.

War der Abstand der beiden Platten etwa 1 mm, so betrug die electrische Kraft 130 und die Spannung 0,68 gr auf das qcm.

Wahrscheinlich ist die Spannung bei noch grösseren Entfernungen nicht viel kleiner als die zuletzt genannte. Zur Vergleichung der genannten Kräfte mit andern geläufigeren führe ich an, dass die Luft mit einem Gewicht von 1032 gr auf dem qcm lastet.

Es ist schwer zu verstehen, weshalb bei einer dünnen Luftschicht zur Bildung eines Funkens eine grössere Tension erforderlich ist als bei einer dicken.

Man kann vielleicht annehmen, dass die Luft an den Oberflächen der Conductoren sich verdichtet und so besser isolirt, sind dann die beiden Conductoren sehr nahe, so stossen die condensirten Luftstrata an einander. Es ist aber auch möglich, dass überhaupt das Potential eines geladenen Conductors nicht mit dem der ihn berührenden Luftschicht übereinstimmt, sondern sich von ihm um eine Grösse unterscheidet, die gerade vor der Entladung ihren maximalen Betrag erreicht. Die beobachtete Potential- differenz der beiden Conductoren würde darnach grösser sein als die zwischen den beiden Seiten der Luftschicht herrschende, und zwar um so viel grösser, wie wenn die Dicke der Schicht um etwa 0,127 mm vermehrt würde. Wir kommen im Artikel 370 darauf noch einmal zurück.

Alle diese Erscheinungen fallen für die verschiedenen Gase sehr ver- schieden aus und variiren selbst für ein und dasselbe Gas mit der Dichtigkeit desselben. Gewisse Entladungen durch verdünnte Gase bieten sehr be- merkenswerte Phänomene dar. Lässt man, zum Beispiel, die Electricität durch eine Köhre, welche nur sehr wenig Gas enthält, längs der Axe der-

*) Proc. R. S. 1860 oder Reprint of Paper s onFAectrhity and MagnetUw, chap. XIX.

68.] Pyroelectricitat. 61

selben sich eutladen, so sieht man leuchtende vSchichten mit dunklen quer gegen die Röhre gerichteten in fast gleichen Abständen abwechseln. So Ykie der Strom anwächst ensteht eine neue Schicht und die alten Schichten rücken näher aneinander. In einer Röhre, wie sie von Gassiot*) beschrieben worden ist, ist das Licht der Schichten nach der Seite des positiven Pols rutlich, nach der des negativen bläulich und in der Mitte glänzend rot.

Solche und ähnliche Phänomene, welche man bei der electrischen Entladung bemerken kann, sind von der grösston Wichtigkeit, da sie uns mit der Zeit zu einer wirklichen Einsicht in die Natur, nicht allein der Electricität, sondern auch der Gase und des den ganzen Raum ausfüllenden Zwischenmediums führen können. Einstweilen ist es aber noch nicht möglich de in das Bereich der mathematischen Theorie der Electricität einzuverleiben.

Pyroelectricitat.

58. Gewisse Krystallformen des Turmalins und anderer Mineralien zeigen Erscheinungen, die man passend als electrische Polarität bezeichnen könnte. Erwärmt man nämlich einen Turmalinkrystall, der sich in gleich- förmiger Temperatur befunden hat und anscheinend keine Spur von Electricität zeigte, so wird ein Ende desselben positiv, das andere negativ electrisch. Setzt man die Erwärmung fort, nachdem die entstandene Elec- tricität in irgend einer Weise (etwa dadurch dass man mit dem Krystall durch eine Flamme fährt) entfernt ist, so entsteht von neuem eine electrische Spannung derselben Art wie zuvor zwischen beiden Enden. Lässt man dagegen den Krystall sich abkühlen, so kehrt sich die Polarität um, das früher positiv geladene Ende wird nunmehr negativ electrisch und das früher negative wird positiv.

Die charakteristischen Enden liegen in der krystallographischen Axe. Sind die Kry stalle, wie das oft vorkommt, dadurch ausgezeichnet, dass das eine Ende durch eine sechsseitige, das andere durch eine dreiseitige Pyramide gebildet wird, so zeigt sich bei einer Erwärmung die erstere positiv electrisch, die zweite negativ.

Nach W.Thomson hat jeder Teil dieser und ähnlicher hemiedrischer Kr}stalle eine bestimmte von der Temperatur abhängige Polarität. Führt man den Krystall durch eine Flamme, so wird seine Oberfläche in allen Punkten so stark elcctrisirt, dass die Wirkung seiner innern Teile nach aussen gerade aufgehoben wird. Der Krystall übt dann keine electrische Wirkung aus und hat auch kein Bestreben seinen electrischen Zustand zu ändern. Erwärmt man ihn dagegen oder kühlt ihn langsam ab, so ändert sich die electrische Erregung seiner inneren Teilchen, so dass sie nicht mehr durch die Ladung an der Oberfläche neutralisirt werden kaun. Der Kr}'stdll beginnt dann nach aussen zu wirken.

*) Intelkctual Observcr, 1866 März.

Plan und Anlage fle>4 Bnches. [50.

Plan und Anlage dieses Buches.

Ö9. Ich werde in dem ferneren Verlaufe dieses Werkes zunächst die gewöhnliche Theorie der electrischen Wirkung auseinandersetzen, bei der man keine Rücksicht auf das Medium zwischen den electrisirten Körpern nimmt, sondern alle Erscheinungen als nur abhängig von den Ladungen und der gegenseitigen Lage der betreifenden Körper ansieht. Dadurch werden wir das Gesetz des umgekehrten Quadrats der Entfernungen, die Theorie des Potentials und die Gleichungen von La place und Poisson abzuleiten im Stande sein. Weiterhin werden wir dann die Ladungen und Potentiale in einem System electrisirter Körper durch Gleichungen mit einander verbinden, deren Coefficientcn wir da, wo die Theorie zu ihrer Be- stimmung nicht ausreicht, durch die Erfahning eruiren müssen. Aus ihnen werden sich die zwischen electrisirten Körpern wirkenden mechanischen Kräfte berechnen lassen. Nächstdem sollen gewisse allgemeine Theoreme untersucht werden, durch welche Green, Gauss und Thomson die Be- dingungen für die eindeutige Lösbarkeit des Problems der Verteilung der Electricität fixirt haben. Eine Folge dieser Theoreme ist zum Beispiel, dass wenn irgend eine Function die Poisson sehe Gleichung erfüllt und an der Oberfläche eines jeden der Conductoren mit dem Potential dieses Conductors zusammenfällt, dass sie dann allgemein das Potential des Systems in jedem Punkte des electrischen Feldes darstellt. Bei der grossen Schwierigkeit, welche die Lösung von vorgelegten Problemen meist bietet, werden wir umgekehrt auch eine Methode angeben, wie man Probleme finden kann, die einer exacten Lösung fähig sind.

Das Thomson sehe Theorem drückt die gesammte Energie eines Systems einmal durch ein Integral über den ganzen von den electrisirten Körpern ausgeschlossenen Raum, und dann auch durch ein anderes Integral, das sich auf die Oberflächen der electrisirten Körper bezieht, aus. Die Tat- sache, dass eine und dieselbe Grösse durch ein Raumintegral ebenso wie durch ein Flächenintegral sich ausdrücken lässt, kann physikalisch in folgender Weise interpretirt werden. Man kann nämlich die Wirkung, die zwei Körper auf einander ausüben, entweder als das Resultat eines gewissen Zustandes des sie trennenden Mediums oder aber auch als eine directe actio in dislans auffassen. Geht man von der letzteren Auffassungsweise aus, so kann man wohl zu einem Ausdrucke für das Wirkungsgesetz zwischen den beiden Körpern gelangen, aber jede weitere Speculation über den Vor- gang bei der Einwirkung des einen Körpers auf den andern ist ausgeschlossen. Die zweite Auffassungs weise dagegen zwingt uns geradezu den Process, der bei der Action zweier Körper aufeinander in jedem Teile des Mediums sich abspielt, zu verfolgen.

Jenes Theorem lehrt auch, dass wenn wir die verschiedenen Teile des Dielectricums als Sitz der electrischen Energie betrachten, die Grösse dieser Energie in einem kleinen Teilchen des Dielectricums von dem Producte des

5Ö.] Faradays Theorie der electr. Wirkung. 63

Quadrats der Intensität der electromotorischen Kraft an der Stelle des be- trachteten Teilchens in einen Coefficienten , den wir als die specifische in- ductive Capacität bezeichnet haben, abhängt.

Es ist aber besser, bei einer Theorie der Dielectrica, die von möglichst allgemeinen Gesichtspunkten ausgeht, zwischen der electromotorischen Kraft und der electrischen Polarisation der Teilchen des Dielectricums zu unter- scheiden, denn wenn auch diese beiden Vectorgrössen nicht unabhängig von einander sind, so wirken sie doch in manchen Substanzen nicht in derselben Richtung. Bei flüssigen Dielectricis fallen beide Grössen freilich vollständig zusammen. Im allgemeinsten Fall ist die electrische Energie in der Volumeneinheit eines Mediums gleich dem halben Product der electro- motorischen Kraft in die electrische Polarisation multiplicirt mit dem Cosinus des Winkels, den die Wirkungsrichtungen dieser beiden Grössen einschliessen.

Die nach dieser Annahme berechnete gesammte Energie des Mediums ist dann gleich der Energie der Electrisirung der Conductoren, wie man sie unter der Annahme der Wirkung in die Ferne findet. Beide Annahmen fuhren also zu demselben Endresultat.

Eine nähere Untersuchung ergiebt, dass wenn die Wirkung zweier electrisirter Körper aufeinander unter Vermittelung des sie trennenden Zwischenmediums vor sich gehen soll, dieses sich in einem Zustande eines gewissen mechanischen Zwanges befinden muss, ähnlich wie ein Seil gespannt wird, wenn ein Körper auf einen andern mittelst desselben einen Zug ausübt, und wie eine Stange comprimirt wird, welche zwei Körper, die sonst zu- sammenfallen würden, auseinander hält.

Der Zwangzustand des Mediums zwischen electrisirten Körpern besteht also nach Faraday*) entsprechend den angeführten Beispielen in einer Spannung in Richtung der Kraftlinien und einem ihr gleichen Druck in allen zu den Kraftlinien senkrechten Richtungen. Die Grösse der Spannung sowohl wie die des Druckes ist proportional der electrischen Energie, das heisst proportional dem Quadrate der resultirenden electromotorischen Kraft und der specifischen inductiven Capacität des Dielectricums.

Nur ein Zwang der eben geschilderten Art kann die Einwirkungen electrisirter Körper auf einander und das trotzdem ungestörte Gleichgewicht des umgebenden flüssigen Mediums erklären.

Ich habe daher geglaubt, dass es für den Fortschritt der Wissenschaft wünschenswert sein dürfte, die Existenz eines solchen Zwangzustandes in dem Medium- wirklich anzunehmen und zuzusehen, zu welchen Consequenzen man dadurch gelangt. Da ich aber fand, dass das Wort ^electrische Spannung'* vielfach in ganz vager Bedeutung gebraucht wird, so habe ich versucht es so zu interpretiren, wie es wohl manche, die es benutzen, auch verstehen, nämlich als einen Zustand eines gewissen Zwanges in dem dielectrischen Medium, der die electrisirten Körper sich zu bewegen zwingt

♦) tV/i. Re9.y Serie 11. 1297.

64 Dielectrische Polarisation. [60.

und zuletzt bei starker Vergrösserung eine disruptive Entladung hervor- bringt. So verstanden ist die electrischc Spannung ganz von derselben Art und auch so zu messen wie die Spannung eines Seils, und man darf bei einem dielectrischen Medium, das eine gewisse Tension, und nicht mehr, zu ertragen vermag, auch in ganz demselben Sinne wie bei einem Seil von einer gewissen Festigkeit desselben sprechen. So kann zum Beispiel, wie Thomson gefunden hat, die Luft unter gewöhnlichen Verhältnissen eine electrische Tension von 0,G7 gr auf das qcm ertragen , ehe eine Punken- entladung eintritt.

60. Aus der Annahme, dass die Wirkung zweier electrisirter Körper auf einander nicht als eine actio in distafis anzusehen ist, sondern durch Vermittelung des Zwischenmediums vor sich geht, folgte, dass das Diclectricum sich in einem gezwungenen Zustand befinden muss. Wir haben auch ge- sehen, dass der Zwang unter Zugrundelegung der geläufigen Vorstellungen von den elastischen Kräften in festen Körpern in einer Spjinnung längs den Kraftlinien und einem Druck in allen zu diesen senkrechten Richtungen besteht. Spannung und Druck sind sich numerisch gleich, und jedes ist proportional dem Quadrate der resultirenden Kraft in dem betrachteten Punkte des Mediums. Damit können wir dann einen Schritt weiter gehen und eine Vorstellung von der Natur der electrischen Polarisation des Mediums zu gewinnen suchen.

Wir erklären ein Körperelement für polarisirt, wenn es an zwei ent- gegengesetzten Enden der Quantität nach gleiche, der Qualität nach aber entgegengesetzte Eigenschaften zeigt. Permanente Magnete bieten uns ein gutes Mittel zur Versinnbildlichung der Polarität eines ganzen Körpers, sowie auch, wie wir in der Lehre vom Magnetismus sehen werden, zu der von Polarität innerer Teilchen.

Die Dielectrische Polarisation entsteht durch den Zwang, den die electromotorische Kraft ausübt, und verschwindet, wenn diese Kraft zu wirken aufhört. Wir können sie als eine durch die electromotorische Kraft hervorgerufene Verschiebung der Electricitäten der Teilchen des Dielectricums ansehen. Wirkt nämlich die electromotorische Kraft in einem Leiter, so versetzt sie die Electricität in Strömung. In einem Nichtleiter, in einem Diclectricum ist sie aber nicht im Stande, der Electricität eine solche strömende Bewegung zu erteilen, sie verschiebt nur die Electricitäten der einzelnen Teilchen in Richtung ihrer Wirkung in dem Maasse, wie es eben ihre Stärke mit sich bringt und verschiebt um so weniger, je geringer ihre Intensität ist.

Die Grösse der electrischen Verschiebung wird aber durch die Electricitäts- menge gemessen, welche durch eine Flächeneinheit vom Beginn der Ver- schiebung an hindurchgeht, und diese Menge ist auch das Maass für die dielectrische Polarisation.

Diese Vorstellung, dass eine electromotorische Kraft eine electrische Verschiebung hervorzubringen vermag, findet ihr Analogen in der Tatsache,

60.] Electrische Verschiebung*. 6')

dass eine mechanische Kraft eine elastische Verschiebung verursachen kann, und die Aehnlichkeit zwischen diesen Wirkungsweisen electromotorischer und mechanischer Kräfte ist so augenscheinlich, dass ich es gewagt habe, das Verhältnis der electromotorischen Kraft zu der ihr entsprechenden electrischen Verschiebung als den Coefficienten der electrischen Elasticität oder als den Electrischen Elast icUätscoe/ficienten zu bezeichnen. Dieses Verhältnis ist übrigens verschieden für die verschiedenen Medien, und es steht in um- gekehrter Proportion zu der specifischen inductiven Capacität der Dielectrica.

Die Aenderung einer electrischen Verschiebung äussert sich in einem electrischen Strome, der so lange besteht, als die Aenderung fortdauert. Da aber die electrische Verschiebung schliesslich eine disruptive Entladung verursacht, so kann dieser Strom nicht wie Ströme in Leitern beliebig in derselben Richtung fortgesetzt werden. Wahrscheinlich befinden sich der Turmalin und die andern pyroelectrischen Krystalle stets, auch wenn keine fremde electromotorische Kraft gegen sie thätig ist, in einem von ihrer Temperatur abhängigen polarisirten Zustand. Ist aber ein Körper in einem Zustande permanenter Polarisation, so wird seine Aussenseite allmählich so weit geladen, dass die Wirkung der in seinem Innern befindlichen Electricität auf ausserhalb seiner Oberfläche existirende Körper neutralisirt ist. Die Electricität auf der Aussenseite des Krystalls spielt dann fast die Rolle von gebundener Electricität, so dass sie weder bemerkt noch auch durch die gewöhnlichen Mittel, d. h. ohne Zustandsäuderungen, entfernt werden kann. Deshalb ist es auch nicht möglich, die innere Polarisation in dem Krystall eher zu entdecken, als bis aussergewöhnlichc Mittel, wie Temperatur- änderungen, sie vergrössern oder verkleinern, da dann die Oberflächen- electricität nicht mehr im Stande ist, ihre Wirkung auf äussere Körper auf- zuheben. Der Körper erscheint dann wie der Turmalin in gewisser Weise electrisirt.

Verteilt man eine Electricitätsmenge e gleichmässig über eine Kugel, so ist die Kraft in einem Punkte des die Kugel umgebenden Mediums gleich dem Verhältnis der Ladung e zu dem Quadrate des Abstandes des be- trachteten Punktes von dem Centrum der Kugel. Diese resultirende Kraft bewirkt also nach unserer Theorie eine electrische Verschiebung in dem Medium, die von der Kugel fortgerichtet ist. Denken wir uns concentrisch zu dieser Kugel eine andere Kugelfiäche vom Radius r gelegt, so ist die Verschiebung E durch diese Oberfläche proportional der resultirendcn Kraft und dem Inhalte der Fläche. Beachtet man aber, was über die Grösse der rcsultirenden Kraft gesagt ist, so sieht man, dass die gesammtc electrische Verschiebung E durch die fragliche Kugelfläche proportional der Ladung c, also ganz unabhängig von dem Radius der Kugelfiäche, ist.

Das Verhältnis zwischen den beiden Electricitätsmengeu e und E^ zwischen der Ladung der leitenden Kugel und der Verschiebung durch irgend eine dieser concentrische Kugelfläche des umgebenden Mediums, können wir dadurch bestimmen, dass wir die Arbeit berechnen, welche in

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. I. 5

66 Electrisclie Verschiebung^. ' [60.

dem Medium zwischen zwei concentrischen Kugelflächen geleistet wird, während sich E um oE ändert. Sind aber Fi, V^ die Potentiale der innern bezüglich äussern Kugelfläche, so ist die electromotorische Kraft, welche die hinzukommende Verschiebung BE verursacht, gleich V^ V2 und demnach die bei dieser Verschiebung geleistete Arbeit gleich (F^ F2)6E. Lassen wir die innere Fläche mit der electrisirteu Kugel zusammenfallen und nehmen den Radius der äussern unendlich gross, so wird F^ gleich dem Potential F der Kugel selbst und V^ verschwindet, so dass in dem Medium die gesammte Arbeit VoE geleistet wird. Aendert man die Ladung e und S«», so ist die dazu nötige Arbeit T», und wenn diese Arbeit, wie wir voraussetzen, ganz zur Vermehrung der electrischen Verschiebung verwendet wird, so folgt, dass dE = de sein muss. E und e verschwinden aber gleichzeitig, also ergiebt sich E =e^ d. h. :

Die nach Aussen gerichtete electrische Verschiebung durch eine Kugel- fläche mit einer gleichmässig electrisirteu Kugel, welche denselben Mittel- punkt hat, ist gleich der Ladung dieser Kugel.

Um uns eine klare Vorstellung von dem, was wir electrische Ver- schiebung genannt haben, zu verschafl'en, wählen wir noch ein anderes Beispiel.

Wir stellen einen Accumulator aus zwei Platten A und J9, die durch eine dielectrische Schicht C getrennt sind, her, verbinden sie mit einem Draht W und lassen durch den Draht vermittelst einer electroraotorischcn Kraft eine positive Electricitätsmenge Q von /? nach A überströmen. Die so entstehende positive Erregung der Platte A bringt mit der negativen Erregung der Platte B eine electromotorische Kraft hervor, welche die dielectrische Schicht in der Richtung von A nach B angreift und in ihr eine electrische Verschiebung von A nach B bewirkt. Der Betrag der electrischen Verschiebung, gemessen durch die Electricitätsmenge, welche durch einen Parallelschnitt der dielectrischen Schicht hindurchgeht, ist dann (Artt. 75, 76, 111) genau gleich der Electricitätsmenge Q.

Es scheint also, dass während die electromotorische Kraft eine Elec- tricitätsmenge durch den Draht liindurch von D nach A transportirt, gleich- zeitig eine dieser gleiche Electricitätsmenge Q durch alle Parallelschnitte des Dielectricums sich von A nach B verschiebt.

Wird der Accumulator wieder entladen, so bewegt sich die Electricität entgegengesetzt wie bei der Ladung, durch den Draht geht eine Electricitäts- menge von A nach //, durch das Dielectricum eine ihr gleiche Verschiebung von B nach A^ und der Zwang in dem Dielectricum hört mit der Ent- ladung auf. Jede Ladung und Entladung repräsentirt also einen geschlossenen Stromkreis, dessen Querschnitte zu derselben Zeit von gleichen Electricitäts- mengen durchflössen werden.

Bei dem Voltaischen Stromkreise hat man schon längst eine solche Bewegung der Electricität angenommen, unsere obigen Betrachtungen zeigen

62] Electrische Verschiebung. G7

aber, dass sie auch da stattfindet, wo man bisher nur von Aufhäufung von Electricitätsmengen an bestimmten Stellen gesprochen hat.

61. Das führt uns zu der sehr bemerkenswerten Consequenz der auseinandergesetzten Theorie, dass nämlich die Electricität sich wie eine incompressible Flüssigkeit bewegt, also ihre Gesammtmenge innerhalb einer geschlossenen Fläche stets dieselbe bleibt. Diese Behauptung scheint schon durch die Tatsache widerlegt zu werden, dass man einen Couductor laden und in den geschlossenen Raum bringen kann, wodurch der Inhalt dieses Baumes an Electricität geändert werden würde. Verfolgen wir aber die Erscheiming der Electrisirung nicht nur in soweit als die Oberflächen der Leiter und Dielectrica dabei geladen werden, sondern ziehen wir auch die gleichzeitig in dem Dielectricum auftretende Verschiebung in Betracht, so zeigt sich jener Widerspruch als nur scheinbar. Ist nämlich der Cou- ductor mit positiver Electricität geladen, und erstreckt sich das dielectrischo Medium nach allen Eichtungen jenseits der geschlossenen Fläche, so tritt eine electrische Polarisation ein, in Folge deren eine electrische Verschiebung von innen nach aussen durch die geschlossene Fläche vor sich geht. Das Plächenintegral der Verschiebung durch die ganze Fläche ist dann gleich der Ladung des Conductors in derselben. Sobald also der Couductor in einen al^geschlossenen Raum versenkt wird, tritt durch die Verschiebung eine der Ladung des Conductors gleiche Quantität von Electricität durch die Fläche aus dem Raum heraus, und der Inhalt des Raumes an Electricität wird wieder so gross, wie er vor Einführung des geladenen Conductors war.

Im fünften Capitel wird die Theorie der electrischen Polarisation weit- läufig auseinandergesetzt werden und in Art. 331 werde ich sie auch durch mechanische Operationen zu illustriren suchen. Ihre hohe Wichtigkeit wird aber erst bei der Untersuchung der electromagnetischen Phänomene ins volle Licht treten können.

62. Fassen wir die Hauptannahmen der eben auseinandergesetzten Theorie noch einmal zusammen, so ergeben sich die folgenden Grund- anschauungen.

Der Sitz der Energie einer electrischen Erregung befindet sich in dem Dielectricum, gleichgiltig ob dasselbe fest, flüssig oder gasförmig, dicht oder dünn ist. Es braucht auch nicht aus der gewöhnlichen groben Materie zu bestehen, wenn es nur überhaupt eine electrische Action vermitteln kann.

Die Energie in irgend einem Teile des Mediums ist in Form eines Zwanges aufgespeichert, den wir als eine dielectrischo Polarisation bezeichnen, deren Betrag von der Grösse der resultirenden electromotorischen Kraft in jenem Teile abhängt.

Die Wirkung der electromotorischen Kraft auf ein dielectrisches Medium äussert sich in einer wie wir es genannt haben electrischen Verschiebung. Die allgemeinste Beziehung zwischen der Kraft und der Verschiebung kann erst in der Theorie der Leitung untersucht werden, doch geht in den wichtigsten Fällen die Verschiebung in Richtung der wirkenden Kraft vor

5*

G8 Electrische Verschiebung. [62.

sich und ist numerisch der Kraftintensität multiplicirt mit Kjitz gleich, wo K die specifische inductive Capacität des betreifenden Dielectricums angiebt.

Die Energie in der Voluraeneinheit des Dielectricums, welche von der dielectrischen Polarisation herrührt, ist gleich dem halben Producte der electroraotorischen Kraft und der electiischen Verschiebung multiplicirt mit dem Cosinus des Winkels, den die Richtungen beider einschliessen.

Bei flüssigen Dielectricis ist die Polarisation von einer Spannung in Richtung der Kraftlinien und einem dieser Spannung gleichen Drucke senk- recht zu den Kraftlinien begleitet. Die Grosse der Spannung bezüglich des Druckes auf die Flächeneinheit ist an jeder Stelle numerisch gleich der dort in der Volumeinheit aufgespeicherten Energie.

Zerteilen wir das Dielectricum in kleine Elemente, so haben wir uns die Oberfläche jedes derselben als geladen vorzustellen. Die Flächen- dichte der Electricität in irgend einem Punkte einer solchen Oberfläche ist dann an Grösse gleich der an diesem Punkte nach Innen stattgehabten clectrischen Verschiebung. Findet also eine Verschiebung der Electricität in positiver Richtung statt, so ist das Element auf der positiven Seite negativ, auf der negativen positiv geladen. Natürlich heben sich die Wirkungen dieser Electricitäten der einzelnen Elemente im Innern des Dielectricums auf. An der Oberfläche dagegen und an den Stelleu in dem Innern, die an sich schon eine Ladung besitzen, treten sie zu Tage.

Die electrische Verschiebung besteht in einer Bewegnng der Electricität von derselben Art wie der Transport der Electricität durch Leitung, was wir auch sonst unter Electricität und Bewegung der Electricität verstehen mögen. Der einzige Unterschied zwischen electrischer Verschiebung in einem Dielectricum und electrischer Strömung in einem Leiter besteht darin, dass jene gegen einen Widerstand zu kämpfen hat, welcher sich mit dem Widerstunde vergleichen lässt, den elastische Körper Verschiebungen ihrer Teilchen entgegensetzen, so dass die Electricität sich sofort zurückbewegt^ so wie die electromotorische Kraft zu wirken aufgehört hat, bei dieser da- gegen giebt die electrische Elasticität fortdauernd nach, und die Electricität wird tatsächlich von Ort zu Ort fortgeleitet. In der Tat hängt auch bei einem electrischen Strome der Widerstand nicht von der gesammten aus dem Gleichgewicht gebrachten Electricität ab, sondern nur von der Menge, welche einen Querschnitt des Leiters in bestimmter Zeit passirt.

In jedem Falle aber folgt die Bewegung der Electricität demselben Gesetze wie die einer incompressibeln Flüssigkeit, vermöge dessen in einem abgeschlossenen Raum genau soviel Electricität eintreten muss als aus ihm herausfliesst.

Ein electrischer Strom läuft also stets in sich zurück, und das ist, wie wir sehen werden, für die Theorie des Electromagnctismus von der grössten Bedeutung.

Da, wie wir bemerkt haben, die Hypothese einer Wirkung in die Ferne zu ganz denselben Resultaten führt wie die Annahme einer Wirkung durch

62.] Mossottrs Theorie der Dielectrica. 69

Vermittelung eines Mediums, so kann man natürlich die electrisclien Phänomene, so weit sie nicht noch andere Hypotliesen erfordern, durch die eine der genannten Theorieen so gut wie durch die andere verfolgen. So hat denn auch Mossotti die mathematische Theorie der Dielectrica dadurch aus der gewöhnlichen Attractionstheorie abgeleitet, dass er in derPoissonschen i>eduction der magnetischen Induction aus der Theorie der magnetischen Fluida den einzelnen Symbolen statt ihrer magnetischen eine electrische Bedeutung beilegte. Infolge dessen nahm er an, dass jedes Dielectricum aus kleinen leitenden Teilchen bestehe, die durch Induction an entgegen- gesetzten Enden entgegengesetzt electrisirt werden können, die aber Elec- tricität weder aufnehmen noch abzugeben vermögen, weil sie von einander vollständig durch irgend eiu anderes nicht leitendes Mittel getrennt sind.

Diese Hypothese über die Constitution der Dielectrica harmonirt mit den Gesetzen der electrischen Wirkung, und es kann wol auch sein, dass sie der Wirklichkeit entspricht. Nach ihr kann die specifische inductive Capacität eines Dielectricums wol grösser, nicht aber kleiner als die der Luft oder die eines Vacuums sein. Bis jetzt weiss man auch noch keine Substanz, deren specifische inductive Capacität kleiner wäre als die der Luft, fände sich aber doch noch eine solche, so müsste Mossotti's Theorie auf- gegeben werden. Seine Formeln würden sich aber nur darin ändern, dass ein in ihnen vertretener Coefßcient ein anderes Zeichen bekäme.

Es kommt in der Physik oft genug vor, dass Gleichungen von derselben Form zur Beschreibung so verschiedenartiger Phänomene, wie es etwa die electrische Induction durch Dielectrica, die Leitung durch Conductoren und die magnetische Induction sind, verwendet werden können. In allen solchen Fällen wird also die Beziehung zwischen der Kraft und dem von ihr hervor- gebrachten Effect durch eine Reihe von Gleichungen derselben Art fixirt.

Ist demnach ein Problem für eine Erscheinungsklasse gelöst, so hat man das Resultat nur in dem Sinne der andern zu interpretiren, um sofort die Lösung eines entsprechenden Problems dieser andern Klasse von Er- scheinungen zu erhalten.

Cap. II.

Elementare mathematische Theorie der

statischen Electricität,

Mathematische Definition der Electricitätsmenge.

63. Wir haben gesehen,» dass man einen Körper stets so laden kann, dass seine Electrisirung der eines oder mehrerer anderer Körper gleich wird.

Ferner haben wir gezeigt, dass zwei gleich und entgegengesetzt electrisirte Körper, wenn man sie in ein leitendes Gefäss bringt, gar keine Wirkung auf ausserhalb befindliche Körper ausüben. Für diese und noch andere Tatsachen gewinnen wir einen präcisen Ausdruck, wenn wir einen electrischen Körper als einen mit einer gewissen „Quantität e Electricität geladenen Körper" beschreiben. Ist die Electrisirung positiv, besteht sie also nach der allgemein angenommenen Festsetzung aus Glaselectricität, so ist e positiv zu nehmen; fallt sie mit der des Harzes zusammen, so ist e negativ zu rechnen. e ist also entweder eine negative Quantität positiver Elec- tricität oder eine positive Quantität negativer Electricität.

Addirt man zwei gleiche und entgegengesetzte Ladungen -h t und e, so ist die resultirende Ladung gleich Null, der Körper also garnicht electrisirt. Jeder unelectrische Körper kann demnach als mit gleichen und jeder electrisirte als mit ungleichen Mengen der entgegengesetzten Electricitäts- arten geladen angesehen werden. Die algebraische Summe der beiden Ladungen bildet dann die beobachtete Electrisirung. Es ist aber klar, dass diese Ansichten über die Constitution der Electricität der Körper zunächst rein künstlich sind, wie man ja auch die Geschwindigkeit eines Körpers als aus mehreren Geschwindigkeiten sich zusammengesetzt denken kann.

Verteilung der Electricität in einem Körper, Raumdichte.

64. Definition. Die Baumdlchte der Electricität in einem be- stimmten Punkte eines von ihr erfüllten Raumes ist gleich dem Grenzwert des Verhältnisses der in einer den Punkt umgebenden stetig abnehmenden kleinen Kugel enthaltenen Electricitätsmenge zu dem Volumen dieser Kugel.

Die so definirte Haumdichte, p, kann je nach der Electricitätsai't, um die es sich handelt, positiv oder negativ sein.

64.] Electrische Dichte. 71

VcrtciluDg auf einer Fläche, Flächendichtc.

Theorie sowol wie Experiment haben gelehrt, dass die Electricltät sich in vielen Fällen auf die Oberfläche eines Körpers zurückzieht und nur diese ladet. Hier würde also die obige Definition für die Dichte einen unendlich grossen Wert ergeben.

Ich schlage daher zu ihrer Definition einen andern Weg ein.

Definition. Die electrische Dichte in einem Punkte einer electrisirten Fläche, die Flächendichte der Electricität, ist gleich dem Grenzwert des Ver- hältnisses der in einer um den betrachteten Punkt geschlagenen stetig ab- nehmenden Kugel enthaltenen Electricitätsmenge zu dem Inhalt des von der Kugel ausgeschnittenen Flächenstückes.

Ich bezeichne die Flächendichte durch j.

Betrachtet man mit manchen Physikern die Electricität als ein materielles Fluidum oder als ein Aggregat von einzelnen Partikeln, so kann man bei einer Verteilung derselben auf einer Fläche nur an eine der Fläche an- haftende electrische Schicht von gewisser Dicke, 0, denken. Die Raum- dichte Po einer solchen Schicht würde dann diejenige Dichte sein, die die Electricität haben müsst^, wenn ihre Teilchen so nahe als es überhaupt möglich ist an einander gerückt wären. Demnach ist nach dieser Theorie

6po = cj.

Ist <3 negativ, so würde das nach der dualistischen Theorie der Elec- tricität bedeuten, dass eine gewisse Schicht von der Dicke 0 in einem Körper keine positive Electricität enthält und lediglich mit negativer gefüllt ist, nach der unitarischen dagegen würde in dieser Schicht überhaupt keine Electricität, sondern nur Materie vorhanden sein.

Bisher spricht aber noch keine Erfahrung weder dafür, dass die electrische Schicht eine gewisse Dicke besitzt, noch dafür, dass die Elec- tricität eine materielle Flüssigkeit oder ein Aggregat von einzelnen Partikeln ist. Deshalb ist es besser die Flächendichte als selbstständige Grösse zu betrachten, statt sie durch die Dicke der Oberflächenschicht und die in ihr herrschende Raumdichte zu definiren.

Verteilung längs einer Linie, Liniendichte.

In manchen Fällen ist es von Vorteil die Electricität sich längs einer Linie, das heisst längs eines Körpers verteilt zu denken, dessen Dicke ver- nachlässigt werden kann.

Definition. Die Dichte dieser Verteilung in einem Punkte der Linie, die Liniendichte, ist dann gleich dem Grenzwerte des Verhältnisses der in einem daselbst befindlichen stetig abnehmenden Linienelement enthaltenen Electricitätsmenge zu der Länge dieses Elementes.

72 Kraftgesetz. [öö,

Electricitatsmenge.

Ist also X die Liuiendichte, da ein Element der Linie; j die Flächen- dichte, dS ein Element der Fläche; p die Ranmdichte, dz ein Element des Raumes, so haben wir

Electricitatsmenge auf einer Linie = ./ Xt/«, Electricitatsmenge auf einer Fläche = J'fodS^ Electricitatsmenge in einem Körper = J'ff^d-z, Die Integrationsgrenzen werden selbstverständlich durch die Grenzen der Linie, der Fläche bezüglich des Körpers bestimmt.

^, X, ff, p sind verschiedenartige Grössen, und jede folgende ist um eine Raumdimension ärmer als die vorhergehende, f, XZ, j/-, pi^ sind also gleichartige Grössen. Bezeichnet man durch [L] die Längeneinheit und durch [X], [d], [p] die Einheiten für X, j, p, so drücken

H, [x/0, \?JA. [p^^']

alle eine Einheit der Electricität aus.

Definition der Elcctricitätseinheit.

65. Definition. Zwei gleich stark positiv geladene im Verhältnis zu ihrem gegenseitigen Abstand unendlich kleine Körper, die in der Einheit der Entfernung sich gegenseitig mit der absoluten Einheit der Kraft an- greifen, enthalten je eine Electriciiätseinheit.

Ist die Ladung der Körper gleichnamig, so ist die Krafteinheit eine Repulsionseinheit, ist sie bei dem einen entgegengesetzt wie bei dem andern, so ist jene Krafteinheit eine Attractionseinheit. Die Krafteinheit soll gemäss der für sie in Art. 6 gegebenen mechanischen Definition bestimmt sein.

Die Wirkung zweier Electricitätsmengen aufeinander wird der Erfahrung nach durch die Anwesenheit anderer Electricitätsmengen nicht weiter afficirt. Demnach ist die Abstossungskraft zwischen zwei gleichnamigen Electricitäts- mengen f, e\ welche auf zwei sehr kleinen Körpern concentrirt sind, in der Einheit der Entfernung gleich ee',

Kraftgesetz für electrisirte Körper.

66. Wie wir bereits bemerkt haben, hat Coulomb experimentell ge- zeigt, dass zwei im Verhältnis zu ihrer Entfernung sehr kleine electrisirte Körper auf einander eine Wirkung ausüben, die im umgekehrten Verhältnis zum Quadrat ihrer Entfernung steht.

Die Abstossungskraft zwischen zwei mit den Electricitätsmengen f, e'

gleichnamig geladenen und in der Entfernung r befindlichen sehr kleinen

Körpern ist also

ee'

68.] Kraftwirkung zwischen electrischcn Korpern. 73

In Art. 74 werden wir sehen, dass dieses das einzige Gesetz ist , das sich mit der Tatsache, dass ein Conductor in dem Innern eines anderen hohlen nnd geschlossenen Conductors durch Berührung mit diesem seine ganze Electricität verliert, vereinbaren lässt.

Man darf auch annehmen, dass unsere Ueberzeugung von der Richtigkeit des Coulomb sehen Gesetzes weit mehr auf dieser leicht zu verilicirenden Tatsache als auf den directen Messungen, die Coulomb für die Wirkung zweier electrisirter Körper aufeinander ausgeführt hat, beruht.

Resultirende Kraft zwischen zwei electrischen Körpern.

67. Für zwei beliebig grosso electrisirte Körper berechnet man die Kraft aus dem Coulomb sehen Gesetz nach dem bekannten Verfahren dadurch, dass man jeden der beiden Körper in Elemente zerlegt. Jedes Element des einen Körpers greift dann alle Elemente des andern an, so dass wir ein System von Kräften erhalten, die nach den Regeln der Statik zusammenzusetzen sind.

Bezeichnen also x, y, z die Coordinaten eines Punktes des einen Körpers, p die Dichte der Electricität in diesem Punkte, und gelten accentuirte Buchstaben für die entsprechenden Grössen bei dem andern Körper, so haben wir für die Kraftcomponente in Richtung der x Axe das sechsfache Integral

x') dx dl/ dz dx' dy' dz'

jJJjJj |(^-x7+(y

Die Integrationen sind erst über den einen und dann über den andern Körper auszuführen.

68. Eine wesentliche Erleichterung für die mathematische Behandlung unseres Gegenstandes erlangen wir dadurch, dass wir uns einen der Körper sehr klein denken, ihm dem entsprechend eine kleine Ladung zuschreiben, und den andern in beliebiger Form annehmen. Wir erreichen damit nämlich, dass der kleine Körper wegen seiner geringfügigen Ladung keine merkbaren electrischen Störungen im grossen Körper hervorzubringen vermag.

Ist also e die Ladung des kleinen Körpers, Be die auf ihn im Punkte (x, y, z) wirkende Kraft, und bezeichnen l,m,n die Richtungscosinusse dieser Kraft, so haben wir für die Kraftcomponenten Xe, Ye, Ze in Richtung der drei Coordinatenaxen

1) Xe = Bei, Ye = Bern, Ze = Ben.

Ich nenne B die resultirende electrische Kraßintensität*) in dem Punkte (x, y, 2). Ihre Componenten X, Y, Z sind

2) X = Bl, Y= Bm, Z = Bn.

•) Die Intensität der electrischen und magnetischen Kräfte findet ihr Analogen in der Intensität der Schwere, die man gewöhnlich durch y bezeichnet.

74 Kraftintensitat. [60.

Wenn ich aber von der resultirenden Kraftintensität in einem Punkte spreche, so sage ich damit nicht, dass in dem fraglichen Punkte wirklich eine solche Kraft ausgeübt wird, sondern ich meine, dass wenn dort ein electrischer Punkt mit der Ladung e vorhanden wäre, derselbe von einer Kraft Re angegriffen werden würde.

Definition. Die resultirende elcctrische Kraftintensitat in einem Punkte ist gleich der auf einen mit einer positiven Electricitätseinheit geladenen und ohne Störung des electrischen Feldes in den betreffenden Punkt versetzten kleinen Körper ausgeübten Kraft.

Die Wirkung dieser Kraft besteht darin, dass sie einerseits den Körper fortzubewegen und andererseits seine positive Electricität in ihre eigene, seine negative in eine dazu entgegengesetzte Richtung zu treiben sucht. Wegen der zuletzt genannten Wirkung bezeichnet man die Grösse R auch als die Electromotorische Intensität in dem Punkte (.r, //, c).

Wollen \^ir die resultirende Kraftintensität in ihrer Eigenschaft als Vectorgrösse betrachten, so wählen wir für sie als Symbol den deutschen Buchstaben @.

Bei einem Dielectricum mit der specifischen inductiven Capacität K findet, wie wir wissen, in Richtung der Kraft eine electrische Verschiebung 2) statt. Die durch eine Flächeneinheit senkrecht zu S in Richtung von @ verschobene Electricitätsmenge ist gegeben durch

Ist dagegen der Körper ein Leiter, so entsteht, weil der Widerstand fortwährend gerade überwunden wird, ein Strom von geleiteter Electricität, der so lange anhält als die Kraft S wirkt.

Das Linienintegral der electrischen Kraftintensität.

69. Die electromotorische Kraftintensität, den Bogen einer Curve AP entlang, misst die Arbeit, welche die electrische Kraft leistet, wenn sie eine Einheit positiver Electricität von dem Anfange A des Bogens bis zu seinem Ende P fortbewegt.

Bezeichnet s die Länge des betreffenden Bogens von A ab gezählt, R die electrische Kraftintensität und e den Winkel, den R mit der Tangente der Curve bildet, so ist diese Arbeit während der Verschiebung der Elec- tricitätseinheit auf dem Bogenelemente da gleich

R cos e ds^

somit die gesammte electromotorische Kraffcintensität

la) ^ = f

i^coseds.

70.] Potentialfunction. 75

Nach Einführung der Componenten far die Kraftintensität wird daraus

0

Sind X, r, 7j so beschaffen, dass Xdx -\- Ydy -H Zdz das vollständige Differential einer Function V von x, y, z ist, so erhalten wir

9 S

2) JB; = UXdx -+- Ydy -^Zdz)= - 1 ^7= Va Vp-

0 0

Wie man dabei von dem Punkte A zu dem P gelangt, ist gleichgiltig, da das Endresultat lediglich von den beiden Werten des Y in den beiden Endpunkten der Curve abhängt.

Y ist in diesem Falle eine scalaro Function der Lage des Punktes (j-, ;/, 2) im Eaume also vollständig bestimmt sobald die Coordinaten des Punktes gegeben sind, wie auch sonst die Axen des benutzten Coordinaten- systems im Räume gerichtet sein mögen. Art. 16.

Da wir im Folgenden sehr viel mit solchen Functionen, wie die eben benutzte zu tun haben werden, so fügen wir gleich hinzu, dass unter einer Function der Lage eines Punktes eine solche Function verstanden werden soll, die allein durch die Coordinaten des Punktes völlig bestimmt ist. Es ist dabei keineswegs nötig, dass die Function für alle Punkte des Raumes durch deuselben Ausdruck dargestellt wird.

In der Tat kommt es oft genug vor, dass eine solche Function auf der einen Seite einer Fläche eine ganz andere Form hat als auf der andern.

Po tentialf un c tion .

70. Die Bedingung, dass Xdx -f Yd\j -4- Zdz ein vollständiges Diffe- rential ist, wird stets dann erfüllt, wenn die Kraft, deren Componenten X, r, Z sind, Attractionen oder Repulsionen ihre Entstehung verdankt, die nur von den Entfernungen des betrachteten Punktes von gewissen andern Punkten abhängen.

Ist nämlich r^ der Abstand unseres Punktes {x^ y, z) von einem der letztgenannten Punkte und B^ die Abstossungskraft, so haben wir

cir ^ ex* tiTT (Sir tiv

^1 = -^1 - = ^1 ^T' ^1 = ^1 ^77' ^\ = -^1 ^T'

r

1

tx' ^1-^18//' ^1-^107

mithin

Xi dx -\-Y^d]j-\- Zj dz = i?i dr^

und da E^ eine Function von r^ allein sein sollte, so ist i?i c/r^ das voll- standige Differential einer Function F^, von rj.

J

76 Potential. [71.

Aehnliches gilt für eine andere Kraft /?2, die von einem von (x, y, :) um Tg abstehenden Centrum ausgeht, so dass

X^ dx 4- Yo rf^ -4- Z^ dz = i?2 dr^ = rfFo

ist, und da die resultirenden Componeuten gleich den Summen der ent- sprechenden Partialcomponenten sind, so hat man

Xdx+ Ydy -^Zdz^^ rfFi rfFo . . . = rfF.

Das Integral

l {Xdx + Ydy + Zrfc) = 4- (rf7

wird, wenn es in der Unendlichkeit verschwindet, als Potent ial/unction bezeichnet.

Die Einführung dieser Function hat man Laplace zu verdanken, der sich ihrer bei der Bestimmung der Attraction der Erde bediente. Den Namen ^Potentialfunction'' hat sie aber von Green erhalten. Gauss be- diente sich in seinen unabhängig von Green geführten Untersuchungen der Bezeichnung Potential, die nachmals von Clausius und andern Physikern auf die Arbeit übertragen wurde, welche geleistet wird, wenn zwei oder mehr Körper sich von einander unendlich weit entfernen. Der letzteren Auf- fassung entspricht die Definition, welche W. Thomson gegeben hat, die wir auch für die Folge adoptiren.

Definition des Potentials. Das electrische Potential in einem Punkte ist gleich der Arbeit, welche von den electrischen Kräften geleistet wird, wenn eine Einheit von Electricität, die diesem Punkte, ohne irgend welche Störungen im electrischen Felde hervorzubringen, mitgeteilt worden ist, mit dem Punkte bis in die Unendlichkeit (oder bis zu einem Punkte, wo das Potential Null ist) entfernt wird, oder, was dasselbe ist, gleich der Arbeit, welche von fremden Kräften geleistet werden muss, wenn eine Electricitätseinheit aus der Unendlichkeit (oder von einem Punkte, wo das Potential Null ist) ohne weitere Störungen des electrischen Feldes bis zu dem betrachteten Punkte gebracht wird.

Darstellung der Kraftintensität und ihrer Ooniponenten

durch das Potential.

71. Wir fanden für die electromotorische Kraft E^ß entlang einer Curve AB

Daraus folgt für die Kraftcomponente in Kichtung des Curvenelements ds der Ausdruck

2) 7?cosc = ^-'

^ OS

72.] Potential eines Conducfors. 77

Ersetzt man ds der Reihe nach durch dx, dy^ dz^ so ergiebt sich 3, X_-|I, l-_-|t, z„_|E

-{(L7-(iHII)'r "

Potential eines Condactors.

72. Unter Conductor verstehen wir bekanntlich einen Körper, in welchem die Electricität unter dem Einfluss auch der geringsten electromotorischen Kraft sich von einer Stelle zur andeni bewegt. Findet also eine solclie Bewegung nicht statt, das heisst, ist die Electricität in dem Conductor im Gleichgewicht, so kann auch keine angreifende electromotorische Kraft tätig sein, daher ist in allen Punkten des Conductors 7^ = 0. Wir haben also zufolge der Gleichung 4) des vorigen Art.

-pr— 0, TT" = 0, TT— = 0 oder

V = Const. = C,

In einem Conductor hat demnach das Potential in allen Punkten einen und denselben Wert.

Die Grösse C heisst, weil sie eben für alle Punkte des Conductors das Potential darstellt, das Potential oder das Potenüalniceau des Conductors, und sie ist gleich der Arbeit, welche von äusseni Kräften geleistet wird, wenn man eine Electricitätseinheit aus der Unendlichkeit auf den Conductor versetzt, ohne daselbst die electrische Verteilung irgendwie zu verändern.

Es kann übrigens vorkommen, dass die Electricität in einem Conductor in Gleichgewicht ist, ohne dass das Potential in allen Punkten des Con- ductors einen und denselben Wert hat. Der Conductor muss dann aber stets aus mindestens zwei verschiedenen oder auch aus zwei gleichartigen, aber verschieden temperirten sich berührenden Körpern bestehen. Denn, wie wir in Art. 246 sehen werden, tritt dann stets eine electromotorische Kraft auf, welche durch die Berührungsfläche hindurch wirkt, und unter deren Einfluss die Electricität sich im Gleichgewicht befindet, wenn das Potential des einen Körpers höher als das des andeni ist.

Wir nehmen deshalb vorläufig an, dass ein Conductor nur aus einer Substanz besteht und überall dieselbe Temperatur hat.

Verbindet man zwei Conductoren A und Z^, deren Potentiale durch Vj^ bezüglich F^ dargestellt werden, durch einen Draht, so wirkt in der Ausdehnung dieses Drahtes eine electromotorische Kraft

V —Y

in Richtung von A nach TJf. Es geht dann positive Electricität von dem Conductor mit dem höhern Potential zu dem mit dem niederem über. Das

78 Potential eines electrischcn Systems. [78.

Potential nimmt in der Electriciiätslehrft physikalisch und analytisch zur Electricität dieselbe Stellung ein, wie der Druck in der Hydrostatik zur Flüssigkeit und die Temperatur in der Wärmelehre zur Wärme.

Electricität, Flüssigkeit und Wärme streben von Orten höhern Potentials, Druckes bezüglich Temperatur zu Orten, wo die genannten Grössen geringere Werte besitzen. Nun ist Flüssigkeit sicher eine materielle Substanz, Wärme aber ebenso sicher keine materielle Substanz, wir erlangen also durch die eben bezeichnete Analogie zwischen Wärme, Flüssigkeit and Electricität weiter nichts als eine Beihülfe bei der Betrachtung der Beziehungen von Electricitätsmengen zu einander. Wir dürfen aber weder aus ihrer Analogie zur Wärme auf eine nicht materielle, noch aus der zur Flüssigkeit auf eine materielle Constitution der Electricität schliessen.

Potential eines electrisclien Systems.

73. Es seien x, ;/, z die Coordinatcn eines mit der Electricitätsmenge e geladenen Punktes und r sein Abstand von einem andern Punkte (x\ y\ c')? dann ist

r r

Sind allgemeiner (j-^, y,, ^,), (j:-2, ?/2, z^) ... die Coordinaten anderer mit den Electricitätsmengen pj, r.^ . . . geladener Punkte und rj, rg, . . . ihre Ent- fernungen von dem Punkte (x',f/\z')^ so haben wir für das Potential des Punktsystems in dem Punkte ix\v\z')

■) ^-<7}

Bildet das Punktsystem einen Körper, in welchem in einem Punkt (.r, ?y, z) die Electricität die Dichte p hat, so verwandelt sich die Summe in ein Integral, und wir erhalten für das Potential des Körpers auf den Punkt {x\y\z')

2) V=^^^^dxd!)dz,

wo

ist, und die Integration sich über den ganzen Körper erstreckt.

Ueber den Beweis des Gesetzes vom umgekehrten Verhältnis

des Quadrats der Entfernung.

74a. Mau kann wol die Tatsache, dass clectrisirtc Körper auf einander im umgekehrten Verhältnis des Quadrats ihrer Entfernung einwirken, durch

74b.] Experimenteller Beweis des eleclr. Kraftgesetzes. 79

die Coulomb sehen Versuche an der Torsionswaage als genügend gesichert betrachten. Inzwischen hängt der wahrscheinliche Fehler des Resultats solcher Experimente von den wahrscheinlichen Fehlern der einzelnen Ver- suche ab, und diese können, wenn die Versuche mit der Torsionswaage aus- geführt werden, sehr beträchtlich anwachsen, falls der Experimentator nicht ganz besondere Sorgfalt dem Arrangement und der Ausführung seiner Ver- suche widmet.

Eine weit genauere Verification des Kraftgesetzes können wir durch einen dem in Art. 32 beschriebenen Experiment VII ähnlichen Versuch er- halten. Cavendish hat schon im yorigen Jahrhundert in einem neuerdings erst veröffentlichten Werke über Electricität die Evidenz des Kraftgesetzes von der Ausführbarkeit eines solchen Versuches abhängig gemacht.

Er befestigte eine vollständige Kugel an einen isolirenden Ständer und zwei Halbkugeln durch Glasstangeu an 2 hölzerne Rahmen, die von eiuem Querbalken herabhingen. Brachte er die beiden Holzrahmen, aneinander, so bildeten die Halbkugeln eine mit der vollständigen Kugel concentrische isolirte Kugelschale.

Mit Hilfe eines kurzen Drahtes, an welchem ein seidener Faden geknüpft war, um ihn ohne den Apparat zu entladen, entfernen zu können, stellte er dann eine leitende Verbindung zwischen der Kugel und den beiden Halb- kugeln her. Zur Ladung der Halbkugeln diente ilim eine Leydener Flasclie, deren Potential er vorher mit einem Electrometer bestimmte. Unmittelbar nach der Electrisirung zog er den Verbindungsdraht an der Seidenschnur fort, entfernte die Halbkugeln und entlud sie. Als er dann mit Hilfe eines Electrometers aus HoUundermarkkügelchen die Vollkugel untersuchte, konnte er auf ihr keine Spur von Electricität entdecken.

Die Empfindlichkeit seines Electrometers, das damals (1773) als das delicateste Electroskop galt, untersuchte er dadurch, dass er der Kugel eine vorher bestimmte Ladung mitteilte und ihre Grösse mit seinem Electrometer nochmals auf der Kugel maass. So fand er, dass die Kugel noch nicht den GOsten Teil der ganzen dem Apparat erteilten Ladung enthalten konnte, ohne durch das Electrometer ihre Electrisirung anzuzeigen.

Er nahm nunmehr ein Wirkungsgesetz an, in welchem der negative Exponent der Entfernung 2 + einem Bruche betrug, und berechnete damit, dass wenn dieser Bruch auch nur 0,02 wäre, die Kugel eine Ladung von Y;,7 der Gesammtladung in dem beschriebenen Experiment hätte zeigen müssen, die sich also durch sein Electrometer verraten haben würde.

74b. Dieser fundamentale Versuch ist neuerdings imCavendish- Labora- torium mit einigen Abänderungen wiederholt worden. Die beiden Halb- kugeln wurden an isolirende Ständer angebracht uud die Vollkugcl mit einem Ebonitring gleich in die ihr zukommende Stellung innerhalb der beiden Kugeln befestigt. Man umging so den isolirenden Ständer für die Halbkugel und hatte keine Störungen von der Electricität zu befurchten, die längs der Fläche des Ständers zur Kugel hinaufkriechen konnte. Nach

80 Experimenteller Beweis des eleclr. Kraftgeselzes. [74b.

Erteilung einer Ladung wurden die Halbkugeln nicht aus ihrer Position entfernt, sondern direct zur Erde entladen. Nun zeigte sich zwar die FAn- Wirkung einer der Kugel selbst gegebenen Ladung auf das Electrometer kleiner, wenn die Kugel von den Halbkugeln eingeschlossen war, als wenn sie ganz frei dastand, allein dieser Nachteil wurde mehr als aufgewogen durch den vollständigen Schutz, den die Halbkugeln der Vollkugel gegen äussere electrische Einflüsse gewälirten.

Die aus den Halbkugeln gebildete Schale besass an einer Stelle eine Durchbohrung, welche durch einen kleinen Deckel geschlossen werden konnte. An dem Deckel befand sich einerseits der kurze Verbindungsdraht zwischen der Kugel und der sie umgebenden Schale und andererseits ein Seidenfaden. Schloss der Deckel die Oeflfnuug, so befand sich die Kugel in leitender Verbindung mit der Schale. Zog man den Deckel an dem Seidenfaden fort, so wurde diese Verbindung aufgehoben, und man konnte durch die Durch- bohrung eine Electrode des p]lectrometers zur Vollkugel einführen.

Das benutzte Electrometer war ein Thomsonsches Quadrantelectronieter, wie es in Art. 219 beschrieben werden soll. Sein Gehäuse und eine seiner Electroden befanden sich stets zur Erde abgeleitet, auch die andere Electrode, die Tastelectrode, stand solange mit der Erde in Verbindung, bis die Schale entladen war.

Die der Kugelschale mitgeteilte Ladung \>Tirde durch die von ihr in einer kleinen, isolirt aufgestellten und während der Ladung zur Erde ab- geleiteten Messingkugel influenzirte Electricität bestimmt.

Die einzelnen Operationen bei dem Versuch wurden wie folgt vor- genommen.

Die Schale wurde durch eine Leydener Flasche positiv geladen. Die kleine Messingkugel wurde zur Erde abgeleitet, und, nachdem sie durch Influenz eine negative Ladung erhalten hatte, wieder isolirt.

Man entfernte dann an dem Seidenfaden den Verbindungsdraht zwischen Vollkugel und Kugelschale und entlud die Kugelschale zur Erde, mit der mein sie auch weiter in Verbindung liess.

Die Tastelectrode des Electrometers wurde aus ihrer Verbindung mit der Erde gelöst und durch die Durchbohrung der Schale mit der Vollkugel in Berührung gebracht.

Das Electrometer hätte nun, wenn die Kugel electrisirt gewesen wäre, eine Ladung anzeigen müssen, es war aber nicht möglich, auch nur den geringsten Eifect bei Berührung der Electrode mit der Kugel auf das Electrometer zu entdecken.

Zur Bestimmung der Empfindlichkeit des Apparates wurde die Schale von der Erdleitung gelöst und die kleine Messingkugel zur Erde entladen. Dfis Electrometer zeigte dann eine positive Ablenkung /).

Nun war die negative Ladung der Messingkugel etwa Vrit ^'^'^ ^^^ ursprünglichen Ladung der Schale, und die von der Messingkugel rückwärts in die entladene und zur Erde abgeleitete Schale influenzirte positive Elec-

74 c.] Theorie des Experiments. 81

tricitätsmenge etwa V9 der Ladung der Messingkugel. Das Electrometer zeigte nach Ableitung der Messingkugel zur Erde diese Ladung der Kugel- schale, die doch nur 74^6 Jlirer ursprünglichen Ladung betrug, sehr deutlich an. Nimmt man in dem Wirkungsgesetz für die Potenz r-^^ allgemeiner r^-2 an, so müsste nach der Gleichung 8,), die wir bald in dem Art. 74 d abzuleiten Gelegenheit haben werden, die Vollkugel eine Ladung 0,l4781)q von der der Schale besitzen.

Ist also dl d die grösste nicht mehr beobachtbare Deflexion des Electro- nieters nnd D die bei der Ladung der Schale durch Influenz der Messingkugel an dem Electrometer beobachtete Deflexion, so kann q nicht grösser sein als

72 D

Es war aber selbst bei ganz roher Ausfuhrung eines Experiments D immer noch mehr als 300 mal so gross wie e/, und folglich kann q nicht grösser sein als

21G00

Theorie des Experiments.

74c. Die Elcctricität befindet sich nur auf den Oberflächen der Kugeln, daher haben wir zunächst das Potential einer gleichmässig electrisirtcn Kugelfläche auf einen Punkt unter Annahme, dass das Wirkungsgesetz durch eine Function 9 (r) die Entfernung bestimm^ wird, zu berechnen.

Es sei a der Radius der Kugelfläche und (x die Flächendichto, dann ist die gesammtc Electricitätsmenge der Kugelfläche

a) a = 47: a^ j.

Ferner sei h der Abstand eines gegebenen Punktes von dem Centrum und r seine Entfernung von einem Punkte der Fläche. Bei Benutzung von Kugelcoordinatcn, deren Pol im Centrum liegt und deren Axe in Richtung von h verläuft, hat man dann

b) r2=a2 + P— 2a^> cos ö.

Die Electricitätsmenge in einem Punkte der Fläche wird

jrt^sini^rf^ d\).

Bezeichnen wir durch 9 (r) die Abstossungskraft zwischen zwei Elec- tricitätseinheiten in der Entfernung r und wählen eine Function / (r) so, dass

/>* C) ^^ = n<-) ^ ry^(r) dr

r Maxivell} Electriciiät u. Mognetiäinus. 1. £

82 Theorie des Experiments. [74 c.

ist, so wird das Potential des Elements der Kugelfläche in dem betrachteten

Punkt gleich

/' (r)

folglich das Potential der ganzen Schale

7==r \ <i a^ sin ^'^^dbdf

0 o

= 2r:a^a\smb^^db.

0

Durch Differentiation der Gleichung b) ergiebt sich aber

rdr = ab sin b rfO, somit

2Tza7

~ir~

[/(r,)-f(r,)}.

Vi giebt den grössten Wert des r an, ist also gleich a + b, und rg den kleinsten, also 6 a, wenn der betrachtete Punkt ausserhalb, a ä, wenn er innerhalb der Kugelfläche liegt.

Setzt man noch für 2r.aajb den Wert aL/2ab ein, so wird für einen Punkt ausserhalb der Kugelfläche

1) Ve^^[f(ia-hb)-f(b^a)l für einen Punkt auf der Kugelfläche

2) V = ^f(2a\ für einen Punkt innerhalb der Kugelfläche

3) Vi = ^\/(a-^b)-/(a-b)[

Daraus können wir dann leicht die Potentialniveaus A und B zweier coucentrischen Kugelflächen mit den Radien a und ä, wo a7>b sein mag, und den Ladungen a und ? berechnen. Dem Obigen zufolge ist nämlich für einen Punkt der äusseren Kugelfläche

74 dj Theorie des Experiments. 83

und für einen der Innern 5) 5 = 2|j/(26) + 2^{/(a + 6)-/(a-6)}.

Nun waren in unserm Versuche die beiden Kugelflächen durch einen Draht verbunden, sie mussten also durch die Ladung dasselbe Potential T' bekommen. Lösen wir daher die Gleichungen A= D= V für 3 auf, so folgt

b) P - ^ ►' * /(2 a) /(2 6) - [/(a + ft) - /(a - 6)]2

In dem von Cavendish angestellten Versuche wurde die äussere Kugelfläche so weit von der Innern entfernt, dass sie keine Wirkung mehr auf diese ausübte und dann entladen. Daher musste in seinem Versuche das Potential der Innern Kugeloberfläche

^ y_ "fr" /(2 g)

1 [/(a4-6)-/(a-6)]« /C2a)/(2&)

sein. In der angeführten Wiederholung des Experiments dagegen wurde sie an ihrer Stelle gelassen und mit der Erde verbunden, so dass A sich auf Null reducirte. Das Potential der innern Kugeloberfläche ist also

^) ^2-T|i j 7(2«) j-

74d. Wir nehmen nun mit Cavendish an, dass

ist. Die Wirkung geht dann nicht genau umgekehrt proportional dem Quadrate der Entfernung vor sich, und es wird nach der Gleichung unter c')

Ist nun q nicht gleich 0, so wird es jedenfalls verhältnismässig klein

sein, so dass nach q log r entwickelt werden darf.

Man erhält

r ( 1 1

Ci) /W = jTI^p [1 ^- <? log r 4- y-^ (7 log r)2 -t- . . .j,

und indem man die Potenzen von (q log /•), welche höhere Exponenten als 1 haben, vernachlässigt, wird aus den Gleichungen unter 7) und .S)

6*.

81 Theorie des Experiments. [74 e.

[4a2 a a + ^1

Die eiuzelueu Grössen dieser Gleichungen müssen bis auf q durch das Experiment selbst gegeben seiji, so dass aus ihnen q berechnet werden kann. In dieser Weise ist die in Art. 74b fiir q angegebene Grenze eruirt worden.

Da übrigens alle bei der Berechnung von B^ bezüglich IJ^ angeführten Vernachlässigungen sich auf gcinze positive Potenzen von q erstrecken, so folgt, dass wenn B^ und Z>2 verschwinden sollen, q gleich Null sein muss.

74 e. Eine gleichmässig electrisirte Kugelfläche übt auf einen Innern Punkt keine Wirkung aus, und diese Tatsache benutzte Laplace*), um zu beweisen, dass die einzige damit vereinbare Function für das Wirkungsgesetz ^ (r) = l/r^ ist. Wir können seine Methode auf unsern Fall übertragen, wenn wir die Bedingung aufsuchen, der /(r) genügen muss, falls 3 = 0 sein soll.

Aus Gleichung G) folgt, dass dann

hf(2a) afQi -\-b) + a/(a h) = 0 wird, woraus nach zweimaliger Diiferentiation nach b und Division durch a

f\a + h)=r{a-b) sich ergiebt. Soll diese Gleichung allgemein gelten, so muss

/"(r) = Const. = Co, also

sein. Vermöge der Festsetzung unter c') erhält man weiter

9

also schliesslich

?('-)rfr==^/^=r„ + ^>

«=5

Die Annahme von Cavendish, dass die Kraft umgekehrt proportional

einer Potenz der Entfernung ist, scheint weniger allgemein zu sein als die

von Laplace, der die Form der Function ganz allgemein lässt. Sie ist

aber die einzige mit der Tatsache verträgliche, dass in der Form ähnliche

. Körper electrisirt auch ähnliche electrische Eigenschaften zeigen.

Wäre nämlich die Kraft eine andere Function der Entfernung als eine Potenz derselben, so würde die Kraftwirkung an zwei verschiedenen Stellen nicht vom Verhältnisse der Abstände, sondern von ihren absoluten Beträgen, also von den Verhältnissen der Abstände zu einer fixirten Länge abhängen.

*) Mec. cel. I. 2.

75.] Flächenintegral der laduction. 85

Eine solche Abhängigkeit kann zum Beispiel eintreten, wenn man von Cavendish's Ansicht über die Constitution des electrischen Fluidums ausgeht, der zu Folge die Teilchen der electrischen Flüssigkeit in der Nähe der Oberfläche eines Conductors nahe an einander gerückt sein sollen. Die Abstossungskraft zweier Teilchen würde dann von einer gewissen Grenze ab mit abnehmender Entfernung rascher wachsen als das umgekehrte Quadrat der Entfernung.

In der Tat macht auch Cavendish selbst darauf aufmerksam, dass nach dieser Hypothese über die Constitution des electrischen Fluidums die electrische Verteilung auf zwei geometrisch ähnlichen Körpern nur dann eine ähnliche sein kann, wenn die Ladungen proportional den Voluminibus der Conductoren sind.

Das Fliichenintegral der electrischen Induction und die electrische Verschiebung durch eine Fläche.

76. Bezeichnet R die resultirende Kraftintensität in einem Punkte einer Fläche S und e den Winkel von R gegen die nach der positiven Seite von S gezogene Normale, so giebt i?cose die Normalcomponente der Kraftintensität in dem betrachteten Punkte, und es ist nach Art. GS die electrische Verschiebung durch ein Flächenelement dS von S gleich

-.— KRcoszdS, 47:

Abstrahirt man von den dielectrischen Eigenschaften der Zwischenmedien, so hat man Ä'= 1 zu setzen, und erhält für die gedachte Verschiebung

-. R cos e dS.

Die Grösse R cos s dS können wir aber auch, indem wir vorläufig von einer Einfuhrung des Begriffs der Verschiebung noch absehen, als die Influenz oder Induction in dem Elemente dS bezeichnen. Wir haben es dann mit einer Grösse zu tun, die der mathematischen Physik sehr geläufig ist und deren Name ,Induction' von Faraday herrührt. Das Flächenintegral der von innen nach aussen gerichteten Induction ist gleich

W'

la) \\ßcos£rf,S

oder, wenn die Componenten X, Y, Z von R in dem von S begrenzten Gebiete endlich und stetig sind,

1 b) jjß cose dS = f j f (^-J + II + 11] rf^ rfy d..

Das auf der rechten Seite der Gleichung stehende dreifache Integral erstreckt sich über den ganzen von S eingeschlossenen Kaum.

8G Firichenintepp-al der Induction. [76.

Induction eines einzelnen Kraftcentrums durch eine Flache.

76. Geschlossene Fläche, Ist e die Electricität eines Punktes 0 und r seine Entfernung von einem Punkte P der Fläche #S, so ist der Wert der in Richtung von OP auf P wirkenden Kraft R gleich er-^. Zieht man von 0 aus eine Linie in die Unendlichkeit, so schneidet dieselbe, wenn 0 ausser- halb S liegt, diese Fläche entweder gar nicht oder sie tritt so oft in die Fläche ein als sie aus ihr austritt. Befindet sich aber 0 innerhalb S^ so muss die Anzahl der Austritte die der Eintritte um eins übersteigen. Wo die Linie aus der Fläche herausgeht, ist cose positiv, wo sie eintritt, negativ.

Wir denken uns das Flächenelement dS dadurch entstanden, dass OP um 0 einen Kegel von unendlich kleiner Oeffnung beschreibt. Ist dann c/cd das Flächenelement, welches dieser Kegel aus einer um 0 mit dem Radius 1 geschlagenen Kugel herausschneidet, so haben wir

dS = r^secerfü).

Demnach ist wegen B = er-^^ je nachdem r aus der Fläche austritt oder in dieselbe eintritt,

R cost dS = -{- ediü oder R cos edS=i eddi.

Liegt nun der Punkt 0 ausserhalb der Fläche S, so ist die Anzahl der Eintritte gleich der der Austritte, demnach, wenn wir durch das Zeichen 2 alle von demselben Kegel aus S herausgeschnittenen Flächenelemente zusajnmenfassen,

2Äcosed»S = 0,

also auch

W-

1) \\Äcoserf*S = 0.

Im andern Falle, wenn der Punkt 0 sich innerhalb der Fläche befindet, übersteigt die letzte Zahl die erste um 1 und deshalb wird

1 R cosz dS = + edio.

Die Integration über die ganze Fläche ist hier gleichbedeutend mit der über die ganze um 0 gelegte Kugel, mithin

2) l lÄcoserf*S= l \ediü = 4:'e.

Die gesammte von einem Kraftcentrum 0, in dem eine Electricit^its- menge e concentrirt ist, von innen nach aussen durch eine geschlossene Fläche be^virkte Induction ist also gleich Null, wenn das Kraftcentrum ausserhalb, und gleich -ir.e, wenn es innerhalb der Fläche sich befindet.

77.] Gleichungen von Poisson und Laplace. 87

Bei der Luft ist die electrische Verschiebung gleich der electrischeu Induction dividirt durch 4i:, also gleich der innerhalb der Fläche befind- lichen inducirenden Electricitätsmenge e.

Begrenzte Fläche, Wenn die Fläche, statt geschlossen zu sein, durch eine in sich zurücklaufende Linie begrenzt ist, so ergiebt sich aus den obigen Betrachtungen für die electrische Induction der Wert

if

3) 1 lÄC08ed5f = a)e,

wo a> die OeflFbung des Kegels bezeichnet, dessen Scheitel in 0 liegt und dessen Directrii die Grenzcurve der Fläche ist. Die Induction hängt also Dur von der Form der Grenzcurve ab, und man kann die Fläche selbst irgend wie biegen und dehnen, ohne, so lange man die Fläche nicht durch das Kraftcentrum hindurch führt, den Betrag der Induction zu ändern.

Die Gleichungen von Laplace und Poisson.

77. Die obige Ableitung für den Wert der Induction durch eine geschlossene Fläche geschah unter der Voraussetzung eines einzigen Kraft- centrums, sie bleibt aber giltig, wenn eine ganz beliebige Anzahl solcher Centra gegeben ist. Wir haben dann in der Gleichung

11^

1) \ IÄC0S8rfÄ = 47re

unter e die algebraische Summe aller Ladungen e^^ <'2j ^^^ Centra zu verstehen, die sich innerhalb der Fläche befinden. Glaselectrische Ladungen rechnen dabei als positive, Harzelectrische als negative.

Füllen die Centra den ganzen von S begrenzten Raum continuirlich aus, ohne dass die electrische Dichte p irgendwo unendlich wird, so haben wir nach Ari 64

4:c e = 4t: I i X^dxdydz,

und da weiter nach Art. 75

J Ja cos e rfÄ = j* j* KU + ^ + ^)d^ rf», rf^

ist, so folgt

Haben die Componenten ein Potential F, so ergiebt sich aus Art. 71

o=F^82F_^827

88 Gleicluingen von Poisson und Laplacc. [78a.

Diese Gleichung setzt uns in Stand, wenn das Potential in allen Punkten eines Gebietes gegeben ist, die Verteilung der Electricität in diesem Gebiete zu bestimmen.

In der obigen allgemeinen Form hat Poisson die Gleichung 2) zuerst aufgestellt, für den speciellen Fall aber, dass p=:0 ist, war sie schon früher von Laplace abgeleitet worden.

Benutzen wir für die Operation

das Zeichen y^, so wird

2i) die Poisson sehe Gleichung v2 7=47rp,

22) die Laplacesche S7'V=0.

Nach Art. 72 hat V für einen Conductor, in dem die Electricität sich in Gleichgewicht befindet, in allen Punkten denselben Wert, hängt also nicht von x,yfZ ab. Die Raumdichte der Electricität ist also in einem Conductor gleich Null, und demgemäss befindet sich die gesammte freie Electricität auf der Oberfläche des Conductors.

Ausser der Raumdichte haben wir früher noch eine Flächen- und Liniendichte der Electricität unterschieden. Stellt man sich aber eine Flächenladung als in einer sehr dünnen Electricitätsschicht und eine Linien- ladung als in einem sehr dünnen Electricitätsfaden bestehend vor, so wird die Raumdichte p auch in diesen Fällen noch einen Sinn haben. Indem wir die Dicke der Schicht bezüglich des Fadens fortwährend verringert und . p vergrössert denken, gelangen wir schliesslich zu einer Flächen- bezüglich Linienladung, und da die Poisson sehe Gleichung während des ganzen Ueberganges besteht, so verliert sich auch im Grenzfall ihre Bedeutung nicht. Sie muss aber den Verhältnissen gemäss interpretirt werden.

Variation des Potentials an einer geladenen Fläche.

78 a. Die Potentialfunction V wird im allgemeinen in dem in Art. J definirten Sinne continuirlich sein. Nur an der Grenzfläche zweier ver- schiedener, oder gleicher aber verschieden temperirter Medien, kann, wit schon bemerkt, das Potential einen plötzlichen endlichen Sprung erleiden, so dass es, wenn die Electricität sich im Gleichgewicht befindet, dort ii. einem Punkte eines Körpers um eine endliche, von der Natur der beider Medien und ihrer Temperatur abhängige Constante grösser ist als in einem gegenüberstehenden Punkte des andern.

Dagegen können die Derivirten des Potentials nach jc^ y^ z auch ganz allgemein unstetig werden. Die Punkte, in denen eine Discontinuität

[78 a. Bedingungen an einer Grenzfläche. 89

stattfindet, liegen dann nach Art. 8 in einer Fläche, deren Gleichung durch

ausgedrückt werden kann. Die Fläche trennt das Gebiet, wo <I> positiv ist von dem, wo es negative Werte hat.

Erleidet das Potential bei dem Uebergange aus dem Gebiete der nega- tiven <^, wo es gleich Vi ist, in das der positiven, wo es gleich Fg ist, einen Sprung C, so muss auf der Fläche <!>

1) 7, + C= V,

sein.

Wir bezeichnen durch /, w, n die ßichtungscosinusse der von der Fläche in das Gebiet der positiven <^ gezogenen Normale Vg, die entsprechenden Grössen für die in dem Gebiet der negativen 0 verlaufende Normale v^ sind dann i, m, n.

Somit wird

9.^ ^^»- 7^^» J^^ „^^' z a ) = l -r m TT n -;;— ?

"^ cvj cx cy cz

^ CV3 Cjo Cy Cz

Für jeden Punkt der Fläche, also auch für jeden Punkt einer auf ihr gezogenen Curve «, gilt aber die Gleichung Fo F^ = C, also folgt aus einer Differentiation nach s

^ \dx Cx ) ds yciß dy J ds ydz czjds '

und da die Normale der Fläche auch Normale der Curve s ist, mithin

,dx, dy , dz ds ds ' ds

sein muss, so venÄ-andeln sich die drei Gleichungen 2 a), 3 a), 4 a) in

^ cx cx \ OV3 gvj )

> cy Cy Vc/g ovi7

^ Cz Cz \ CVo CVj }

Uebrigens kann während des Durchganges durch eine Fläche von den Componenten der electromotorischen Kraft nur die zur Fläche nonnal wir- kende einen Sprung erleiden, die tangentialen Componenten müssen stetig bleiben.

90 Charakteristische Gleichung. 78b.J

Charakteristische Gleichung an einer clectrischcn Fläche.

78b. Wir bilden mit Hilfe der Gleichungen unter 2) bis 4) das Flächenintegral für den in Rede stehenden Fall.

Nach Art. 21 ist allgemein

W'^^-f-Mw-f-g)"'*-

+

{{\KX2 - X,) + m(Y,-Y,) + n(Z,^Z,)} dS.

Das zweite Integral auf der rechten Seite der Gleichung bezieht sich auf die Fläche .S', das erste auf den von ihr eingeschlossenen Raum.

Benutzen wir aber die. im vorigen Art. unter 2) bis 4) aufgestellten Beziehungen und beachten, dass nach Art. 7G, bezüglich 77

yy

Äcose dS = 47:e

J J J ("eT + If + It) *'•' "^^ '^^ = ^ '^ J J J P ''•^ '^^ '^'

ist, so folgt

Andererseits ist aber nach der Definition der Raumdichte p und der Flächendichte a

4TCe = 47c\ l \pdxdt/dz-{-4:rA XidS, somit ergiebt sich

und diese Gleichung leistet zur Berechnung der Flächendichte dieselben Dienste, wie die Poissonsche zu der der Raumdichte.

Sie ist die Charakteristische Gleichung des Potentials V an einer zur Dichte j electrisirten Fläche.

78c. Ich führe noch eine wichtige Folgerung aus den bisher abgeleiteten Gleichungen an.

Genügt V als Function von Xj y, z in einem continuirlichen Räume der Laplac eschen Gleichung v3F=0, und hat sie ausserdem in einem Teile dieses Raumes einen und denselben Wert C, dann muss sie in dem ganzen Geltungsbereich der Laplaceschen Gleichung diesen Wert C be- sitzen.

AVir ziehen von der Fläche S^ welche den Teil des Gesammtgebietes begrenzt, für den von vornherein F= C ist, eine Normale Y nach aus-

[79. Mechanische Kraftwirkung an einer geladenen Fhlche. 91

wärts. Auf der Fläche ist noch V=C und es erhält eventuell andere Werte, erst wenn wir uns längs der Normale fortbewegen. dV I d* kann also in der Nähe und ausserhalb der Fläche positiv oder negativ sein, darf aber nicht verschwinden, w^enn nicht zufällig die Normale gerade von einer Linie der Fläche ausgeht, w^elche positive Electricität von negativer trennt. Für eine nach dem Innern der bezeichneten Fläche gerichtete Nor- male v' ist oF78v'=0, somit nach 2)

dV

8v

= 4i:t.

(X wird also, abgesehen von den Grenzlinien zwischen positiver und negativer Electricität, einen endlichen bestimmten Wert haben, und somit müsste auf der Fläche S eine bestimmte Verteilung von Electricität vorhanden sein. Ist das aber der Fall, dann kann die Laplacesche Gleichung auf der Fläche S nicht mehr richtig sein, weil sie gerade voraussetzt, dass in ihrem Geltungs- bereich keine freie Electricität vorhanden ist. Die Fläche «S, welche die Region, in der F= C ist, von dem Gebiete, wo Y andere Werte als C hat, trennt, muss also an die Grenze des Geltungsbereichs der Laplaceschen Gleichung rücken.

Mechanische KraftwirkuDg an einer geladenen Flache.

79. Allgemein lassen sich die nach den drei Axen gerichteten Com- ponenten A, D,C der einen geladenen Körper angreifenden Kräfte darstellen durch

1) ^=1 l UXdxdjfdz, B = \ \ Lräxdi/dz

C=\ \ [pZdxdydz.

Da aber in einer geladenen Fläche p unendlich gross ist, so können wir aus diesen Darstellungen die Kraftcomponenten an einer electrischen Fläche nicht ohne weiteres berechnen.

Der Einfachheit wegen verlegen wir zunächst die x Axe in die Normale der Fläche. Die t/ und z Componente der Kraft verlaufen dann tangential zu der Fläche und ändern sich beim Durchgang durch dieselbe stetig während die x Componente die Fläche senkrecht triift und beim Durchgang durch dieselbe einen Sprung erleidet. Sehen wir aber eine geladene Fläche als mit einer sehr dünnen Schicht von Electricität belegt an, so können wir die Aenderung der x Componente als allmählich vor sich gehend betrachten, die Ausdrücke unter 1) beibehalten, sie ausrechnen und zusehen, ob wir zu einem brauchbaren Resultat gelangen, wenn wir nach der Ausrechnung die Dicke der Schicht gleich Null setzen.

92 Mechanische Kraftwirkung an einer geladenen Fläche. 79.]

Nach der Poisson sehen Formel ist

also

dX dY dZ ^ ex cy Cz

1 CCiCdX dY dZ\^, , , = 1 \ \ \ I "5 1- - h -— I Xdx du dz.

Integrirt man nach i von .r^ bis x^ und wählt 0-3 so, dass x<^ x^ gleich der Dicke der Schicht wird, so ergiebt sich

X.

als Wert der Kraftcomponente A für eine zur yz Ebene parallele Schicht von der Dicke jto x^- Da nun Y und Z continuirlich sind, so ist dYjdy -^dZjdz endlich und da auch X endlich ist, so wird

n^_Y^cz\

Xdx<. C{x<2 i^i),

wo C den grössten Wert angiebt, den (cY/ci/ -{-dZ/d:)X innerhalb der Schicht Xo ^1 annehmen kann. Lässt man daher X2 J^i, die Dicke der Schicht, ohne Ende abnehmen, so bleibt

^jJG^^-^D^rf---

^=8 Nach der charakteristischen Gleichung ist aber

also

X3 -f X^) j dy dz.

-IJ«-^

In diesem Ausdrucke giebt ^ (Xo -+■ X^) das arithmetische Mittel der Kraftcomponente X zu beiden Seiten der Fläche und j die Flächendichte an. Ein Element der Fläche wirä also von einer Kraft angegriffen, deren Normalcomponente gleich dem Producte der Ladung dieses Elements in das arithmetische Mittel der zu beiden Seiten des Elements wirkenden electro- motorischen Kräfte ist.

Die in der Tangentialebene der Fläche dieselbe angreifenden Kraft- componenten sind stetig, ihre Berechnung unterliegt also weiter keinen Schwierigkeiten.

[79. lleclianiselie Kraft Wirkung einer geladenen Flache. 93

Wählt man das Axensystem beliebig, so hat man allgemein für die Kraftcomponenten an einem Elemente dS

2) /i = ^(ri+3'2)crd,V,

C=l(Z^-\- Z2)7dS.

[Sind nämlich die Componenten normal und tangential zur Flärhe iV, Tj 9, so haben wir

A = A'co8(AV) -h rcos(r.r)+ 0 cos(9u),

n = A^cos(A» 4- 7008(7» + 0 coB(ßff\

C= A^cos(AV) + r cos (72) + 0 cos(0O, oder wegen

A^= J(A\ -h Ag) <J^*S; T= .^T'i + Ti) (Jd5,

0 = -i(ej + 0,)(jrfÄ.

2 ^ = [A'i cos( A>) 4- Tj cos(7>) H- 0i cos(0-c)] ddS 4- [A'a cos(A>) + Ti cos{Tjr) -h 0i 008(00-)] j d5.

Die erste Zeile auf der rechten Seite ist aber X^^idS und die zweite XoidS. Entsprechende Ausdrücke gelten für 2r, 2Z.]

Gewöhnlich leitet man diese Ausdrücke für die ein Element angreifenden Kräfte in anderer von Laplace angegebener Weise ab.

Zieht mau nämlich von der Mitte von dS aus eine Normale mit den Kichtungscosinussen /, iw, n und wählt auf dieser zu beiden Seiten von dS zwei Punkte P, /' so nahe an dS^ dass ihr Abstand von dS selbst gegi^n die kleinste Dimension dieses Flächenelemcnts noch unendlich klein ist, so kann das Element in Bezug auf P wie auf F wie eine unendliche ebene Platte betrachtet werden.

Seine Kraftwirkung auf P in Richtung der Normale berechnet sich dann zu 'luidS und die auf P\ den Punkt auf der andern Seite von dS^ zu ^T.sdS. Da nun beide Punkte P und P' einander sehr nahe liegen, so müssen beide von der Kraft des Restes der electrischen Fläche und noch anderer etwa vorhandener electrischer Körper gleich stark angegriffen werden. Bezeichnen wir demnach diese letztere Wirkung, wenn sie in Richtung der X Axe vor sich geht, mit A und die ganzen Kraftcomponente durch a X^ dS bezüglicli 1 X2 dS, je nachdem der Punkt P oder P' ins Auge gefjisst wird, so haben wir

'jXidS= A + 2r.eitdS,

7 A'^2 ^'^ = A 27:0 7 dS^ also

A = la(Xi-\- X.j)dS,

Wenn nun P und P' auf dS zusammenfallen, so heben sich die Kraft- Wirkungen von dS als gleich und entgegengesetzt auf, und A stellt die

94 Mechanische Kraftwirkung an einem Conductor. [81.

gesammte Kraft, die das Flächeiielement dS in Richtung der x Axe an- greift, dar.

Wir wenden unsere Formeln zur Berechnung der Kraftwirkung an der Oberfläche eines Conductors an.

Im Art. 77 haben wir aus der Laplace sehen Gleichung die Consequeuz abgeleitet, dass die Electricität eines Conductors erst dann sich im Gleich- gewichte befindet, wenn sie sich vollständig auf die Oberfläche desselben begeben und dort so verteilt hat, dass das Potential überall im Conductor denselben Wert besitzt. In dem Innern eines Leiters kann sich also freie Electricität überhaupt nicht in Ruhe befinden, wol aber in dem eines Nichtleiters.

Demnach ist die resultireude Kraftintensität innerhalb eines Conductors gleich Null, an der Oberfläche dagegen zufolge der charakteristischen Gleichung gleich 4:: ff und normal von innen nach aussen gegen den Conductor ge- richtet.

Diese Beziehung zwischen der Dichte der Electricität an der Oberfläche eines Conductors und der Intensität der daselbst wirkenden Kraft ist von Coulomb experimentell entdeckt worden. Doch wies er durch Versuche nur nach, dass die Kraftwirkung in den Punkten eines Conductors sich pro- portional der in ihnen herrschenden Flächendichte der Electricität ändert. Der Proportionalitätsfactor 4- und damit auch die Relation

3) i? = 47rff

ist erst von Poisson angegeben worden.

Nach innen wirkt in dem Conductor keine Kraft, daher ist nach Art. 79 die Kraftwirkung auf ein Oberflächenelement dS des Conductors

4) iR<J dS = 27rff2 t/Ä = ^ 2^2 ^s.

Diese Kraft ist unabhängig von dem Zeichen der Ladung stets von innen nach aussen gerichtet, sie wirkt also wie eine Spannung von der Conductoroberfläche fort. Ihre Grösse für das qcm ist gleich

4i) i7?ff=2ira2 = _L7^2.

81. Verringert man die Querdimensionen eines Conductors, so gelangt man schliesslich zu einem electrisirten Draht.

Sei da ein Element dieses Drahtes und c sein Umfang, ferner a die Dichte der Electricität auf seiner Oberfläche und X die in einer Längen- einheit des Drahtes enthaltene Electricitätsmenge. Wir haben dann für die resultireude Kraftintensität an der Oberfläche des Drahtes wieder den Wert 4 t: ff und da cff = X sein muss, so folgt

X

5) i? = 4-ff = 4T:-. ^ c

82.J Kraftlinien. 95

Nimmt der Umfang des Drahtes unbegrenzt ab. während X constant bleibt, so wird schliesslich R unendlich gross. Wir haben aber schon bemerkt, dass in jedem Dielectricum dem Anwachsen der Kraftintensität durch die disruptive Entladung eine Grenze gesetzt ist, und deshcalb kann in der Natur keine Linie mit einer endlichen Electricitätsmenge geladen werden. Selbst dann, wenn wirklich eine Substanz gefunden werden könnte, die so streng isolirt, dass sie jeder noch so grossen electrischen Spannung Widerstand zu leisten vermag, wäre es doch nicht möglich, eine endliche Electricitätsmenge auf eine Linie zu bringen, weil man dazu eine unendlich grosse Kraft zur Verfügung haben müsste.

Ganz ebenso lässt sich einsehen, dass auch kein Punkt in der Natur eine endliche Electricitätsmenge fassen kann.

Doch ist es der kurzem Ausdrucksweise halber von Vorteil, von elec- trischen Linien und Punkten zu sprechen, man muss dann darunter Drähte bezüglich Körper von so geringem Umfang verstehen, dass ihre Dimensionen zu den gerade in Betracht kommenden Distanzen verschwindend klein sind.

Ich erwähne noch eine für experimentelle Arbeiten wichtige Folgerung, die man aus den obigen Bemerkungen ziehen kann. Da nämlich die einem Drahte bei bestimmtem Potential mitteilbare Electricitätsmenge um so kleiner wird, je mehr sein Querschnitt abnimmt, so kann die Verteilung der Elec- tricität auf Körpern von endlichen Dimensionen durch Einführung feiner Drähte in das electrische Feld nicht merkbar geändert werden, und man darf den Einfluss der Drähte, die etwa Conductoren mit einander oder mit Electrisirmaschinen oder mit der Erde oder mit Electrometern verbinden, gänzlich ausser Acht lassen.

Kraftlinien.

82. Nach Art. 47 ist eine Kraftlinie dadurch definirt, dass ihre Tangeute in jedem Punkte mit der Richtung der resultirenden Kraft in diesem Punkte zusammenfallt.

Kraftlinien verlaufen von Orten hohem zu solchen niederem Potentials, sie können also nie in sich zurücklaufen, sondern müssen einen Anfang und ein Ende haben. Sie gehen von positiv geladenen Körperoberflächen aus und enden im allgemeinen in negativ electrisirten.

Anfangs- und Endpunkt einer Kraftlinie bezeichnen wir als Correspon- dircnde Punkte der geladenen Flächen, in denen sie sich befinden.

Denkt man sich eine Kraftlinie so bewegt, dass ihr Anfangspunkt auf der positiv geladenen Fläche eine geschlossene Curve beschreibt, so durchläuft ihr Endpunkt auf der negativ geladenen gleichfalls eine geschlossene Linie.

Es entsteht so eine Cylinderiiäche , deren Mantel nur aus Kraftlinien gebildet ist, und die wir als Inductionsröhre oder nach F a r a d a y als Sphondyloid bezeichnen.

9G Kraftlinien. [82.

In jedem Punkte einer solchen Röhre ist die Kraft tangential zu ihrer Oberfläche gerichtet, daher kann quer zur Röhre keine Induction stattfinden.

Enthält also die Röhre in ihrem Innern keine Electricität, so muss das Flächenintegral ^7^cos£rf*V, auch wenn man zur Oberfläche der Röhre ihre Endflächen mitrechnet, nach Art. 77 verschwinden. Dieses Integral ist also in Bezug auf die beiden Endflächen gleich und dem Zeichen nach entgegen- gesetzt. - Gehen die Kraftlinien von Conductoren aus und enden auch in Conductoren, so ist für die positive Endfläche 0_^_

für die negative 0__

somit

e = 0, i? = 4-ff_.

LdO_^-^- rcr_fl?Q_.

0, 0.

Die Ladung an dem Ende des Sphondyloids ist also gleich und ent- gegengesetzt der an seinem Anfang.

Man kann noch andere sehr wichtige Resultate aus den Eigenschaften der Kraftlinien ableiten.

Jede Kraftlinie muss, wie wir bemerkt haben, von positiv geladenen Flächen ausgehen und in negativ electrisirten enden. Befindet sich also eine solche Kraftlinie innerhalb eines überall geschlossenen Metallgefässes, welches keine Electricität in seinem Innern birgt, so nehmen die Kraftlinien von der Innenfläche des Gefässes ihren Anfang und finden auch in der- selben ihr Ende. Auf einer Kraftlinie muss das Potential im Ursprung höher sein als im Ende, innerhalb eines Conductors ist es aber überall gleich, also kann dort überhaupt keine Kraftlinie vorhanden sein. Daraus folgt:

Wenn eine leitende überall geschlossene Schale keine freie Electricität in sich birgt, so besitzt ihre Innenfläche keine Ladung, und das Potential ist in dem ganzen eingeschlossenen Raum ebenso gross wie auf der Ausscn- seite, also gleich dem Potential der Schale.

Bringt mau einen Conductor in das Innere eines solchen Gefässes und verbindet ihn durch einen Draht mit der Innenfläche desselben, so verhält sich seine Oberfläche ganz so wie die Innenfläche des Gefässes, sie bildet einen Teil dieser Innenfläche, ist also nicht geladen und hat dasselbe Potential wie die Aussenfläche des Gefässes.

Teilen wir die Oberfläche eines Conductors in einzelne Elemente, deren jedes eine Einheit von der Electricitätsmenge in sich fasst, und lassen von den Grenzlinien derselben Kraftlinien ausgehen, so zerfällt der ganze Raum in Inductionsröhren. Das Fläclienintegral der Induction ist dann für jede andere Fläche gleich der Anzahl der Inductionsröhren, welche sie schneidet. In diesem Sinne hat Faraday vornehmlich die Kraftlinien verwendet, denn

89 a.] Berücksichtigung des Zwiscbenmediums. 97

sie dienten ihm nicht blos nm die Bichtung der Kraft anzuzeigen, sondern auch um ihre Grösse in den einzelnen Teilen des electrischen Feldes zu messen.

Eigentlich sollten diese Linien Inductionslinien genannt werden, denn unter Induction versteht Faraday die Beziehung, in der die Ladungen electrischer Körper zu einander stehen, und er versinnbildlicht sich diese Beziehung dadurch, dass er Linien zieht, welche Einheiten positiver Elec- tricität mit correspondirenden Einheiten negativer verbinden. Ich habe aber die Benennung Kraftlinien beibehalten zu müssen geglaubt, weil sie seit Faraday allgemein üblich geworden ist.

Inductionslinien und Kraftlinien fallen im allgemeinen nicht zusammen, in den uns am meisten interessirenden Fällen verläuft aber die Induction in Richtung der electromotorischen Kraftintensität und ist an Grösse dieser proportional. Hier decken sich also die Kraftlinien vollständig mit den Inductionslinien.

Sonst müssen wir aber daran festhalten, dass jene wichtigen Linien, von denen oben die Rede gewesen ist, Inductionslinien sind. Die Kraft- linien bestimmen sich unabhängig von ilinen durch die Festsetzung, dass sie alle Niveauilächen senkrecht schneiden sollen.

Die electromotorischen Kräfte wirken in Richtung dieser Kraftlinien und sind umgekehrt proportional den Abständen auf einander folgender äquipotentieller Flächen.

Berücksichtigung der dielectrischeu Eigenschaften der

Zwischenmedien.

83a. Bei der bisherigen Auswertung der Flächenintegrale sind wir der gewöhnlichen Annahme einer Wirkung in die Ferne gefolgt und haben infolge dessen keine Rücksicht auf die eventuelle Abänderung, welche die Kräfte in den dielectrischeu Medien erleiden, genommen.

Faraday hat aber, wie ich bereits bemerkt habe, die Entdeckung gemacht, dass die von einer bestimmten electromotorischen Kraft in einen Conductor inducirte Electricitätsmenge von der Natur des Dielectricums, in welchem der Conductor sich befindet, abhängt, so dass sie für fast alle festen und flüssigen Dielectrica grösser als für Gase ist. Man drückt diese Tatsache dadurch aus, dass mau sagt, die specifische inductive Capacität eines Dielectricums hänge von seiner Beschaffenheit ab und sei bei festen und flüssigen Körpern im allgemeinen grösser als bei der Luft.

Einen mathematischen Ausdruck für Faradays Theorie gewinnt man dadurch, dass man als Induction durch eine Fläche das Product der nor- malen Induction (wie wir sie bisher betrachtet haben) in die inductive Capacität ansieht. Dies ist gleichbedeutend damit, dass die frühem Kraft- componenten X, Y, Z durch ihre Producte in die specifische inductive Capacität K ersetzt werden.

Maxwell, Electricität u. Magnelismus. 7

98 Scheinbare Ladung. [83 b:

Damit wird also die Laplace-Poissonsclie Gleicliung

8ir|^ 6Ä«/ eA'^

ex cy dz

Ferner nimmt die charakteristische Gleichung an der Grenzfläche zweier Medien, deren Potentiale Fj, V^ und deren specifische Capacitäten A',, K^ sind, die Form an

2) A'i|^ + Ä2|^ + 4^cr = 0,

Vj , vg geben die in demselben Punkte nach den beiden Medien gezogenen Normalen und a bezeichnet die an der Grenzfläche wirklich stattfindende Flächendichte, das heisst, die Dichte der Electricitätsmenge, welche sich auf der Grenzfläche in Form einer Ladung wirklich befindet, die also nur durch Zuführung oder Wegnahme von Electricität geändert werden kann.

Scheinbare Dichte.

83b. Bestimmt man zunächst die Verteilung der Potcntialwerte in einem electrischen Felde und dann mit ihrer Hülfe unter der Annahme, dass A' == 1 ist, die Dichten p' und a' in den electrisirten Körpern, bezüglich auf den Oberflächen, so erhält man nicht die wahren Werte dieser Grössen, sondern nur die scheinbar stattfindenden, weil die so berechnete Verteilung der Electricität nur dann reell sein würde, wenn das in Art. GG für die Wirkung der Electricität aufgestellte Gesetz durch die Dazwischenkunft von Di- clectricis keine Modification erlitte.

Die scheinbare Ladung in einem abgegrenzten Gebiete kann sich dem- nach vermehren oder vennindem, ohne dass ein Durchgang von Electricität durch die Grenzfläche stattzufinden braucht, und das ist ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen dieser und der wahren Ladung, welch letztere der Continuitätsgleichung genügen muss.

Demnach haben wir einerseits

dW dW cW

und andererseits, wenn K in dem Dielectricum continuirlich variirt,

dKdV oA'cF. cKlV r^lcW c^' , dn'\ . , öx ex cy cy dz dz \dx^ cy- cz^ ) ^

somit

^ ex ex ey ey öz cz ^^ ^ ^

eine Gleichung, welche zur Bestimmung der scheinbaren Dichte aus der

83 b.] Scheinbare Ladung. 99

wahren und umgekehrt dienen kann. Beide Verteilungen, die scheinbare wie die wahre geben zur Entstehung derselben Potentialwerte Veranlassung, wenn bei Annahme der erstem die specifische inductive Capacität gleich 1, bei der der zweiten gleich Ä angesetzt wird.

Ganz analog finden wir die scheinbare Flächendichte, 9', aus der Gleichung

5) ^ + ^ + ^r.^'^o,

während die wahre aus der Gleichung 2) zu berechnen ist.

Wenn ein festes Dielectricura vollkommen isolirt und an seiner Ober- fläche von Anfang an keine Ladung hat, so bleibt seine- wahre Electricitäts- menge stets gleich Null, von welchen electrischen Kräften es auch an- gegriffen werden mag.

In diesem Falle wird

also nach Gleichung 5)

6vj Ä\ Ä2 ßvj A\ A2

d' ist die Flächendichte der auf der Oberfläche des Dielectricums scheinbar inducirten Electricität. Die scheinbare Ladung verschwindet, wenn die inducirende Kraft entfernt ist. Entladet man aber das Dielectricum während diese noch wirkt, etwa dadurch, dass man es durch eine Flamme führt, dann erscheint nach Entfernung der inducirenden Kraft auf der Oberfläche des Dielectricums eine wirkliche Ladung, welche der erstem scheinbaren entgegengesetzt ist.*)

•) Faraday, Remarks on Static Induclion Proc. R. S. 1858, Febr. 12.

7'

Arbeit und Energie in einem electrischen

System,

Arbeit bei der Electrisirung eines Systems.

84. Die Definition des Potentials ergiebt nach Art. 70 für die Arbeit 5IF, welche geleistet werden muss, um eine Electricitätsmenge oe aus der Unendlichkeit (oder von einem Orte, wo das Potential Null ist) zu einem gegebeneu System mit dem Potential V hinzubringen, den Ausdruck

6 W = Vde

Dadurch wird aber die Ladung in einem Teile des Systems um ver- mehrt, und wenn sie daselbst ursprünglich die Grösse e hatte, wird sie jetzt <? 4- 5^. Die Arbeit, welche geleistet werden muss, um in den Teilen des Systems eine Aenderung der Ladungen hervorzubringen, wird also

1) 1F=2(/FS0.

Das Integral bezieht sich auf die Aenderung der Ladung in einem be- stimmten Teile des Systems, die Summe fasst alle Teile zusammen, deren Ladungen überhaupt geändert werden.

Aus dem in Art. 73 für das Potential eines Svstems in einem Punkt gegebenen Ausdruck erhellt nun, dass man dasselbe als die Summe von Potentialen betrachten kann, die den einzelnen Teilen des Systems ihre Ent- stellung verdanken. Ist demnach V das Potential in einem Punkte, her- rührend von einem System A, und V das von einem System R so ist das Potential, welches in dem fraglichen Punkte durch die gleichzeitige Existenz der Ladungen beider Systeme hervorgerufen wird, gleich V+ V.

Es folgt hieraus, dass wenn die Ladungen aller Teile eines Systems sich in demselben Verhältnis von n zu 1 ändern, das Potential des ganzen Systems in einem Punkte sich ebenfalls im Verhältnis von n zu 1 ändert.

85 a.] Energie eines electrischen Systems. 10 J

Nach dieser Bemerkung wollen wir uns das Laden des S3"stems in folgender Weise ausgeführt denken.

Wir nehmen ein System von Körpern, das ganz frei von Electricität ist und sich auf dem Potential Null befindet, und laden alle Teile desselben gleichzeitig in ein und demselben Verhältnis zu ihren bezüglichen End- ladungen. Beträgt dann in irgend einem Stadium der Operation die Ladung eines Teiles des Systems n Teile seiner schliesslichen Ladung «, so wird sein Potential in diesem Stadium auch gleich n Teilen von dem schliesslichen Wert seines Potentials V sein.

Der ganze Process der Ladung besteht nun darin, dass wir n von 0 bis 1 continuirlich anwachsen lassen. Steigt n um dn an, so wächst die Ladung des hervorgehobenen Teiles um edn und sein Potential um Von. Die Arbeit, welche während dieser Verstärkung der Ladung an dem Teile geleistet werden muss, ist also bis auf unendlich kleine Grössen zweiter Ordnung

f ((n + Ön)2-n2J

= eVn dn.

Daraus folgt für die Gesammtarbeit bei der Ladung aller Teile des

Systems

1

W=leV\ndn = ileV,

0

das heisst, die halbe Summe aus den Producten der Ladungen der einzelnen Systemteile in die den betreffenden Teilen zugehörigen Potentiale.

Diese Arbeit muss im Verlaufe des Ladens von einer äussern Kraft geleistet werden, da aber unser System ein conservatives *) ist, so ändert sich ihr Wert nicht, wenn das System durch irgend einen andern Process als den von uns geschilderten auf dieselbe Ladung gebracht wird.

Wir dürfen also allgemein die Grösse

2) W = :^lVe

als die Energie des electrischen Systems, ausgedrückt durch die Ladungen und Potentiale der einzelnen Teile ansehen.

86 a. Wir setzen den vorher beschriebenen Process fort, indem wir den Teilen des Systems so lange Electricität zuführen, bis ihre Ladungen die Werte e' und ihre Potentiale die Beträge V erreichen.

Ist dann in irgend einem Augenblicke die Ladung eines Teiles gleich f? -f « (e' <?), so ist das zugehörige Potential 74-n(7' F), und die

♦) Thomson und Tait, Theore\ Physik §271. Deutsche Ausg. von 1871.

102 Energie eines clectrischen Syste:r.s, [86 b.

Arbeit bei Verstärkung der Electricitätsmenge dieses Teiles um t —e ist gegeben durch

U'— e)r7-Hn(F'— 7)]dn = i(e'-e)(F+F').

Bezeichnet also TF' die Energie des Systems bei der Ladung t\ so haben wir 3 a) >F ' - TF = -J 2 («' 0 ( ^ ' + >")•

Andererseits ist aber

>F' = ^2c'F' und PF = -J2(?F, und damit wird 4) 26F' = 2ö'F.

Befindet sich also ein System von Körpern nach einander in zwei Zuständen (e, F) und (e', F'), so ist die Summe der Producte aus den Electricitäts- mengen der einzelnen Körper in dem ersten Zustande in die entsprechenden Potentiale während des zweiten Zustandes gleich der Summe der Producte aus den Electricitätsmengen in dem zweiten Zustande in die entsprechenden Potentiale während des ersten Zustandes.

86b. Mit Hilfe der Gleichung unter 4) bekommt die unter 3a) die Form 3b) T7' _ ir = i 2 4- ß') (F' F).

Für unendlich kleine Zustandsänderungen haben wir also

5a) 3[F = 2FÖe,

5b) 5]F=2caF.

Bezeichnen wir die Energie als Function der Ladungen der einzelnen Körper durch IF^ und als Function der Potentiale durch Wy und beziehen den Index r auf einen bestimmten Körper des Systems, so folgt aus den Gleichungen unter 5)

6)

V =

r

8«,

*,

IWy

87.

7)

86. Aus dem unter 4) aufgestellten Satz der elementaren Electricitäts- lehre, der in dem Green sehen Satz in der analytischen Theorie der Elec- tricität sein Anologon findet, *) ergeben sich durch Specialisirung des Anfangs- und Endzustandes viele sehr nützliche Resultate, von denen wir einige anführen wollen.

*) Doch ist dieser Satz 4) zuerst von Claus ins, Wiedem. Ann. I. 493 aufgestellt worden, Anra. d. Uebers.

8ej Specielle Sätze. 103

Wenn in dem S^'stem von Conductoren einer, /1, weder am Anfang nocli am Ende der Electrisirung eine Ladung besitzt, so ist e = e'=i\ und aus den Summen der Gleichung 4) verschwinden alle Glieder, die auf diesen Conductor Bezug haben.

Ganz dasselbe ist der Fall, wenn seine Potential werte F, F' zu Anfang und zu Ende gleich Null sind.

Sind daher in einem System von Conductoren alle bis auf zwei, A ^ und A^^ entweder isolirt und ohne Ladung, oder electrisirt, aber mit der Erde in Verbindung, so bleibt

Macht man noch so wird

4,) f; = f., d. h.

Wenn eine Electricitätseinheit auf einen Conductor A^ gebracht das Potential eines sonst nicht geladenen zweiten Conductors A^ bis zu V an- steigen lässt, so verursacht eine Electricitätseinheit auf dem zweiten Con- ductor A^ in dem ersten nicht geladenen Conductor A ^ ein Potential von der- selben Grösse F, vorausgesetzt dass etwaige andere Conductoren isolirt und ohne Ladung oder zur Erde abgeleitet sind.

Beispielsweise ist das Potential einer mit der Electricitätseinheit ge- ladenen leitenden Kugel auf einen um r von ihrem Mittelpunkte abstehenden äussern Punkt gleich r~^; erteilen wir also einem ausserhalb einer Kugel im Abstand r von ihrem Centrum befindlichen Punkt eine Electricitätseinheit, so wird das Potential auf der Kugel, welche sonst keine Ladung besitzen soll, ebenfalls gleicli r~^.

Solche reciproke Beziehungen wie die obige zwischen zwei Conductoren finden sich in fast allen Zweigen der Wissenschaft, und sie sind ganz be- sonders dazu geeignet, Probleme auf andere schon gelöste zurückzufuhren.

Setzen wir in 4^)

7, = 1, F, = 0,

so folgt

43) ^=<, d. h.

Steigt das Potential in A^ von 0 bis 1, so wird in A^ dieselbe Elec- tricitätsmenge inducirt wie in J ^, wenn das Potential in A^ sich von 0 bis l erhebt.

104 Spcciello Sfitze. [86.

Als dritten Fall nehmen wir

Aus 4i) ergiebt sich dann

^i) < -H T^, = 0, d. h.

Bleibt A^ ohne Ladung und steigt sein Potential, während A^ positiv bis zur Potentialeinheit geladen wird, von 0 bis F, so bekommt A^^ wenn sein Potential auf Null erhalten wird, während A^ mit einer Electricitäts- einheit geladen wird, eine negative Ladung von dem Betrage F. Dieser dritte Fall entspricht wieder einem von Green aufgestellten Theorem.

Wir können ihm die folgende etwas allgemeinere Fassung geben, wenn wir auch noch andere Conductoren in die Betrachtung ziehen.

Erteilen yär in einem System von Körpern A^^ A^, . . .^ einem, ^,, eine Electricitätseinheit, und finden wir dann auf den andern Körpern, während ihre Potentiale gleich Null sind, inducirte Ladungen tjj, Tjg..., so wird das Potential von A^^ wenn es ungeladen bleibt, während die andern Con- ductoren bis zu den Potentialen Fi , F2 electrisirt werden.

Kennen wir demnach in allen Punkten einer leitenden Schale die Flächendichte, wie sie von einem mit einer Electricitätseinheit geladenen innerhalb der Schale befindlichen Punkte inducirt wird, sind wir femer im Stande, in allen Punkten der Innenfläche der Schale das Potential an- zugeben, so vermögen wir auch umgekehrt das Potential in dem vorher geladenen innerhalb der Schale befindlichen Punkt zu berechnen, wenn auf die Schale eine Electricitätseinheit gebracht wird.

Daraus folgt der wichtige Satz:

Ist das Potential in allen Punkten einer geschlossenen Fläche gegeben, so kann es auch für jeden Punkt innerhalb derselben berechnet werden, wenn die Fläche keine electrischen Körper einschliesst; ebenso ist damit auch das Potential in jedem Punkt ausserhalb der Fläche bestimmbar, wenn sie keine electrischen Körper ausschliesst.

Theorie eines Systems von Conductoren.

87. Das electrische System bestehe aus den Conductoren ^i,/i2,... A„, denen die Ladungen ^1, ^2? ^n ^^^ ^^ Potentiale F^, F2 . . . F„ zu- gehören. Ferner sei das trennende Dielectricum überall von derselben Beschaifenheit und werde während der Ladung des Systems in keinem Teile electrisirt.

87.] Theorie eines Systems yon Gonductoren. 105

Nach Art. 84 ist das Potential jedes der Gonductoren eine lineare homogene Function der n Ladungen, somit ist die Energie des Systems nach Gleichung 2) jenes Artikels eine homogene quadratische Function der n Ladungen, also

1 a) W, = i pii ej -I- p^o <*! <'o -+-... H-i^in ei e^ ■+- ^p^^ e\ -t- ^23 ^'a ^3 -+"

Daraus lässt sich dann das Potential jedes Conductors in dem System ableiten. Da nämlich das Potential als die Arbeit definirt ist, welche geleistet werden muss, wenn man eine Electricitätseinheit aus einem Orte, wo das Potential gleich Null ist, zu einem, wo es den vorgeschriebenen Wert hat, bringen will, und da weiter diese Arbeit lediglich dazu verwendet wird, um die Energie W zu vermehren, so muss offenbar das Potential eines Conductors wie es auch die Gleichung 6) im Art. 85 b aussagt gleich der Derivirten der Energie nach der Ladung des Conductors sein.

Wir haben also allgemein

^n = Pin ^1 + P2« ^2 + + Pfm ^n

ZU setzen.

Die Coefficienten p heissen Potentialcoe/ficienten. Sie haben zwei

Indices, deren erster mit dem Index der Ladung übereinstimmt, während der zweite mit dem des Potentials zusammenfallt.

Die nPotentialcoefficienten, deren Indices sich gleich sind, beziehen sich nur auf einen Conductor, so dass z. B. p^^ das Potential von A^ ist, wenn dieser Conductor mit der Electricitätseinheit geladen ist, die andern aber nicht electrisirt sind.

Die Coefficienten, deren Indices sich ungleich sind, stellen ebenfalls Potentiale dar, und zwar ist p^^ das Potential von A^^ wenn A^ mit der Elec- tricitätseinheit geladen ist, die andern Gonductoren aber wieder nicht electrisirt sind.

Aus den Gleichungen unter la) und 2) folgt somit

3) Prs=Pir

ein Satz, der genau dasselbe aussagt, wie die Gleichung 4 g) in Art. 8G.

106 Theorie eines Systems von Conductoren. [87.

Aus den Gleichungen unter 2), welche die Potentiale als Functionen der Ladungen bestimmen, kann man umgekehrt die Ladungen als Functionen der Potentiale darstellen. Ihre Auflösung ergiebt nämlich

^1 = (Zu ^1 + <?i2 >^2 -*-•••• -+- Qm^n^

4) ^2 = (721 '^l H- ?22 ^2 + -+- (?2n >^n,

^n = !/nl ^1 + 9n2 ^3 H" "H ^„„ T „.

Daraus folgt analog der Gleichung unter 3)

somit

und das entspricht dem Satze 43) in Art. 86. Weiter ist

Ib) w = ie,V, + ie,V, + + i*,7.,

also ^

IC) Wy = i q,, VI + q,,V,V, + . . (7ln Vi Vn -^^922^, + (723 >^2 ^ +

+ (72«^2T^« + ----Hi(7nn^«,

eine Darstellung der Energie als homogene quadratische Function der Potentiale.

Die Coefficienten q^^^ deren Indices einander gleich sind, bezeichnen wir als die Capacitäten der betreifenden Conductoren. Daraus ergiebt sich die folgende

Definition. Unter Capacität eines Conductors versteht man die Elec- tricitätsmenge, die derselbe in sich fasst, wenn sein Potential gleich der Einheit ist, während alle andern Conductoren des electrischen Feldes sich auf dem Potential Null befinden.

Dies ist die eigentliche Definition der Capacität eines Conductors, und so oft keine nähere Specificirung hinzugefugt ist, verstehen wir auch unter Capacität die so begrenzte Grösse. Manchmal ist es aber von Vorteil, die Bedingungen, denen die andern Conductoren zu genügen haben, für alle oder für einen Teil derselben in anderer Weise festzusetzen, etwa z. B., dass die Ladung nur eines Teiles der Conductoren gleich Null ist. Immer aber ist erforderlich, dass der Conductor, dessen Capacität seiner Ladung gleich sein soll, das Potential Eins hat.

Ist von der Capacität eines Conductors ohne nähere Angaben über Gestalt und Lage anderer Conductoren die Rede, so versteht man darunter die Capacität desselben, wenn kein anderer Leiter oder electrisirter Körper in endlicher Entfernung von ihm vorhanden ist.

Die Coefficienten qrs^ deren Indices einander ungleich sind, bezeichnen wir als Jnductiovscoefficienten ^ denn qn giebt die Ladung an, welche in

87.] Theorie eines Systems von Condixtoren. 107

A^ inducirt wird,wenn man A^ bis zur Potentialeinheit electrisirt, w<ährend die Potentiale aller andern Conductoren auf Null erhalten werden.

Die Coefficienten p und q sind, wie ich später beweisen werde, in jedem Falle eindeutig bestimmbar. Ihre mathematische Berechnung ist aber, weil sie von Form und Lage der einzelnen Conductoren abhängen, meist sehr schwierig. Für die einfachem Fälle werde ich sie noch ableiten, und in den complicirten Fällen werde ich wenigstens zeigen, wie ihre Beträge experimentell eruirt werden können.

Man bedient sich in Untersuchungen, in welchen nur von Capacitäten und Inductionscoefficienten die Rede ist, für diese mit Vorteil der Bezeichnung [AF]^ indem man unter diesem Symbol die im Conductor Ä während einer Electrisirung des Gonductors P bis zur Potentialeinheit inducirte Ladung versteht.

Damach bedeutet [(A -h B) (P -+- Q)] die Ladung, welche in den Con- ductoren A und B inducirt wird, während man die Conductoren P und Q bis zum Potential 1 electrisirt.

Da übrigens, wie eine leichte TJeberlegung zeigt,

6) l(A-hB) (P4- Q)]=[AP] -h [AQ] -h [ÄP] + [BQ] = [(P-h Q) (A-hB)\

ist, so folgt, dass man die benutzten Symbole ganz so durch Addition und Multiplication zusammensetzen kann wie quantitative Grössen.

Das Symbol [AA] bedeutet nach dem Vorigen die Ladung auf .4, wenn sein Potential gleich 1 ist, es bezeichnet also die Capacität von A,

Aehnlich ist [(A -\- B)(A-\- Q)] die Summe der auf A und B auf- tretenden Ladungen, wenn A und Q zum Potential 1 electrisirt werden, und die andern Conductoren das Potential Null behalten. Sie kann in die vier Partialladungen

[AA]-h[AQ]-h[BA]-h[BQ] zerlegt werden.

Zufolge der Gleichung

7) 2 [A B] = [(A H- ß) (A -+- /y)] - \A A] - [B B]

kann man den Inductionscoefficienten zweier Conductoren aus ihren Capa- citäten, wenn man sie getrennt als zwei Conductoren betrachtet und der Capacität, wenn man sie zu einem Conductor vereinigt denkt, zusammensetzen. Der Grund dafür, dass die Inductionscoefficienten sich so zerlegen lassen, ist darin zu suchen, dass diese Coefficienten eben Ladungen bezeichnen, die man als quantitative Grössen nach den algebraischen Regeln behandeln kann. Bei Potentialen hat die Summe zweier Potentiale Vi und Vq auf zwei Conductoren keine rechte auf Erscheinungen sich beziehende physika- lische Bedeutung, wenn auch die Differenz V^ V^ eine electromotorische Kraft bezeichnet. Deshalb kann man auch mit entsprechenden Symbolen für die Potentialcoefficienten nicht so operiren, wie es oben bei den Inductionscoefficienten geschehen ist.

lOS

Potential- und Inductionscoefficienlen.

[88.

Dimensionen der Potential- und Inductionscoefficicnten.

88. Die Dimensionen der Inductionscoefftcieuten qr» ergeben sich aus der Bemerkung, dass nach den Gleichungen unter 4) qrs Vs eine Ladung bezeichnet. Da aber das Potential einer Ladung e in der Entfernung r gleich ejr ist, so ist eine Ladung gleich dem Producte einer Linie in ein Potential, und hieraus folgt, dass die Coefficienten der Induction und Capa- cität die Dimensionen von Linien haben.

Jeder dieser Coefficienten kann also durch eine gerade Strecke dar- gestellt werden, deren Länge unabhängig von dem System der adoptirten Einheiten ist.

Eine ähnliche Betrachtung ergiebt, dass die Potentialcoefficenten in ihren Dimensionen reciproken Linien gleichen.

Bedingungen, denen die Potential- und Inductions-

coefficienten genügen müssen.

89a. Eine Reihe von Bedingungen fiir die obengenannten Coefficienten ergiebt sich aus der Bemerkung, dass die Energie eines Systems ihrer Natur nach eine positive Grösse ist. Soll also W als quadratische homogene Function der Ladungen e für alle positiven und negativen Werte derselben stets positiv sein, so müssen bei einer bestimmten Anordnung der Conductoren die n Determinanten

PiV

P2i^ P22

iPii» P12 ••• Pm 2hl 1 P22 " P2n

VnU Pn2 '• ' Pn^

positiv sein. Das giebt n Bedingungen.

n Conductoren lassen sich aber in 1 Arten zu einem S3^stem ver- einigen und demgemäss bestehen auch zwischen den n^ Coefficienten 1 der obigen Reihe entsprechende Bedingungsreihen.

Unabhängig von einander können jedoch nur n Bedingungen sein.

Betrachtet man die Energie als homogene quadratische Function der Potentiale, so ergeben sich für die Capacitäts- und Inductionscoefficicnten ganz entsprechende Bedingungen wie für die Potentialcoefficienten.

Sätze über Poteiitial- und Inductionscoefficienten.

89b. Bei Gelegenheit der Theorie der Kraftlinien, Art. 82, haben wir gesehen, dass die Ladung eines Conductors durch den Ueberschuss der von ihm ausgehenden Kraftlinien über die in ihn eintretenden gemessen

800.] Potential- und Inductionscoefficienten. 109

wird. Ist ein Conductor gar nicht geladen, so müssen also ebensoviele Kraftlinien durch seine Oberfläche eintreten als von ihr ausgehen. Nun laufen aber Kraftlinien stets von Orten hohem zu solchen niederem Potentials, somit kann ein ungeladener Conductor in einem electrischen Felde nicht das grösste in demselben vorhandene Potential haben. I)ie Potentiale ungeladener Conductoren liegen also zwischen dem grössten und kleinsten Potentialwerte. Laden wir aber einen Köq)er mit der Electricitäts- einheit, während alle andern Conductoren ungeladen bleiben, so ist sein Potential /7^^, und das eines ungeladenen Conductors 7?^^, und daraus folgt, dass p^^ nicht grösser als p^^ oder ;>^, sein kann.

In einem Falle ist das Potential eines ungeladenen Conductors gleich dem eines geladenen, dann nämlich, wenn der geladene Conductor den ungeladenen vollständig umhüllt. Sobald aber die Conductoren sich aus- schliessen, muss stets

sein.

Femer ist bei der zuletzt angeführten Ladungsweise das Potential des geladenen Conductors, also 7?^ ^, das grösste Potential im electrischen Felde und Null in der Unendlichkeit das kleinste, somit müssen die Potentiale, p^^s der ungeladenen Conductoren zwischen p^^ und Null liegen, das heisst mit p^^. dasselbe Zeichen haben, p^^ ist aber positiv, wir haben also den Satz:

I.) Alle Potentialcoefficienten sind positiv und kein Coefftcient p^^ ist grösser wie p^^ oder p^^,

89 c. Wir bringen einen Conductor A^ auf die Potentialeinheit, während alle andem Conductoren A^ auf dem Potentialwert Null erhalten werden. Die Ladung von A^ ist dann q^^^ das heisst es gehen q^^ Kraftlinien von diesem Conductor aus. Von diesen Kraftlinien kann ein Teil in den andern Conductoren sein Ende finden und ein anderer Teil bis in die Unendlichkeit verlaufen. Es setzt sich aber keine Kraftlinie von einem der auf das Potential Null erhaltenen Conductoren noch weiter ins Unendliche fort, weil eben Null der kleinste Wert des Potentials ist, und Kraftlinien von Orten höhern zu solchen niederem Potentials verlaufen. Eben so wenig kann eine Kraftlinie zwei dieser Conductoren verbinden.

Ein Conductor A^^ dessen Potential gleich Null ist, kann also nur eintretende Kraftlinien besitzen, und er hat überhaupt keine Kraft- linien, wenn er durch einen andern Conduct-or vollständig von A^ ge- trennt ist. Die Ladung q^^ von A^ wird also höchstens gleich Null sein und ist im allgemeinen von entgegengesetztem Zeichen wie q^^ bezüglich q^^^

Weiter sind im ganzen electrischen Felde nur so\del Kraftlinien vor- handen, als von A^ ausgehen, es können also in den andem Conductoren zusammen höchstens q^^ Kraftlinien ihr Ende finden, und deshalb kann die Summe der Ladungen der andern Conductoren absolut genommen höchstens gleich </j.^, der Ladung von A^^ sein. Sie ist dieser in der Tat gleich,

110 Potential- und Induciionscoefficienton. [90.

wenn ein Conductor A^ den Conductor A^ vollständig einhüllt, weil dann tolle Kraftlinien in A , und den durch A ^ ausser A ^ sonst noch eingeschlossenen Conductoren ihr Ende finden müssen. Im allgemeinen ist jene Summe aber kleiner, weil sich auch Kraftlinien in die Unendlichkeit verlieren werden. Wir haben also den Satz:

II.) Die Capacitäten sind stets positiv, die Inductionscoefficienten stets negativ. Die Summe aller Inductionscoefficienten, die einem einzigen Con- ductor ihre Entstehung verdanken, ist numerisch nicht grösser als die Capacität dieses Conductors.

Ich habe die beiden Theoreme unter 89 b) und 89c) unabhängig von einander vermittelst der Eigenschaften der Kraftlinien abgeleitet und über- lasse es dem Leser zu versuchen, ob das eine Theorem eine mathematische Consequenz des andern ist.

Weiter ergiebt sich der Satz:

ni.) Wenn im elcctrischen Felde nur ein Conductor vorhanden ist, so ist sein Potentialcoefficient auf sich selbst gleich dem reciproken Wert seiner Capacität.

90. Man nennt den Schwerpunkt der auf der Oberfläche eines allen äussern Einflüssen entzogenen Conductors verteilten Electricität den Elec- irischen Mittelpunkt des Conductors.

Bei symmetrisch um einen Punkt geformten Conductoren ist der Symmetriepunkt selbst der electrische Mittelpunkt.

Bei Conductoren, deren Dimensionen klein sind im Verhältnis zu den in Frage kommenden Distanzen, lässt sich seine Lage mit genügender Ge- nauigkeit durch Schätzung finden. Rechnet man die Distanzen c vom elcctrischen Mittelpunkt ab, so muss das Potential solcher Conductoren in der Entfernung c zwischen

e c

(l + ^.^undf(l-45)

liegen, wenn e die Ladung des Conductors und a den Abstand seines vom elcctrischen Mittelpunkt am meisten entfeniten Oberflächenpunktes bedeutet.

Denkt man sich nämlich die Ladung e zu gleichen Teilen in zwei Punkte concentrirt, die zu entgegengesetzten Seiten des elcctrischen Mittel- punktes liegen und von ihm um a abstehen, so ist das Potential auf einen Punkt in ihrer Verbindungslinie, weil a sehr klein gegen c sein sollte, gleich der ersten oben angegebenen Grenze und das auf einen Punkt in einem Lot zu ihrer Verbindungslinie gleich der zweiten Grenze, demnach das Potential in Punkten einer mit c um den elcctrischen Mittelpunkt ge- schlagenen Kugel kleiner als der erste Grenzwert und grösser als der zweite.

rV.) Befinden sich im elcctrischen Felde zwei Conductoren, so kann nach dem obigen in ihrem Potential auf einander, in 1 /c', die Grösse c' von dem Abstände c ihrer elcctrischen Mittelpunkte um nicht mehr als um («^ -{- /yS)/^ verschieden sein, wenn a und h die Abstände der am meisten von den be-

91b.] Potential- und Tndnclionscoefficienten. 111

zügliclicn Mittelpunkten entfernten Teile der Conductor- Oberflächen von diesen Mittelpunkten angeben.

91a. V.) Durch die Einfuhrung eines neuen Conductors in ein elec- trisches Feld werden die Potentialcoefficicnten der schon vorhandenen Con- ductoren auf sich selbst verkleinert, und um so mehr verkleinert, je grösser der neu eingeführte Körper ist.

Wir nehmen zunächst an, dass dieser neu eingeführte Körper B kein Leiter ist und keine Electricität enthält, laden einen der Conductorcn, etwa w^i, mit einer Electricitätsmenge e^ und lassen alle andern Conductoren unelectrisirt, dann ist die Energie

unbeschadet ob der Körper B existirt oder nicht. Wird nun B leitend, so muss sich in ihm die Electricität von Orten hohem zu Orten niederem Potentials fortbewegen, dadurch tritt eine Verminderung der electiischen Energie des Systems ein, und die Grösse ^^if?n wird kleiner, e^ kann sich aber nicht ändern, also muss j)^^ kleiner werden, wie es der obige Satz ausspricht.

Fuhren wir noch einen zweiten Leiter c ein, so wird zunächst p^^ noch weiter vermindert, verbinden wir B mit c durch einen Draht, so fliesst eventuell wieder Electricität durch denselben von Orten höhern zu solchen niederem Potentials, das heisst jt^^ wird durch die Herstellung der Communi- cation zwischen B und c noch mehr verringert.

Daraus folgt, dass die Verringerung des /7,| durch Einführung des B grösser als durch die eines von B umschlossenen Köri)ers und kleiner als durch die eines Körpers, der B umhüllt, ist.

Der Betrag der Verringerung von p^ hängt natürlich von der Form und Lage des eingeführten Körpers ab; eine Kugel vom Eadius 6/2 im Abstand r vom geladenen Leiter verringert tjjj, wie wir im Capitel XI sehen werden, um nahezu b^j^r^. Die Verringemng durch jeden andern Körper, dessen grösster Diameter gleich b ist, wird also kleiner als b^/Sr^ sein, wo r von der Mitte von b gerechnet ist.

Ist dieser grösste Durchmesser b von B so klein gegen die Entfemung des eingeführten Conductors B vom Conductor A^^ dass man Grössen von der Ordnung b^/Hr^ vernachlässigen kann, so wird auch die Verkleinemng des pii durch B sehr unbedeutend sein. Der Potentialcoefficent des Con- ductors A^ auf sich selbst wird dann sehr nähemngsweise mit dem reciproken Werte seiner Capacität, wenn er sich allein im electrischen Felde befindet, confundirt werden können.

91b. VI.) Bringt man in ein clectrisches Feld einen runden Conductor ^3, dessen Dimensionen gegen die Abstände der Conductoren untereinander klein sind, so wird der Potentialcoefficent eines Conductors A^ gegen einen Conductor /Ig vergrössert oder verkleinert, je nachdem A^ innerhalb

112 Potential- und Inductionscoefficienten. 91c.]

oder ausserhalb einer mit der Entfeniung von Ai gegen A^ als Durchmesser geschlagenen Kugel sich befindet.

Eine positive Electricitätseinheit auf A^ bringt nämlich in A^ eine der- artige electrische Verteilung hervor, dass 4- e sich nach der von A^ ent- ferntesten — e sich nach der A^ nächsten Stelle von A^ begiebt. Das Potential dieser in A^ entstandenen Verteilung auf A2 ist nun positiv oder negativ, das heisst das Potential von Ai auf A2 wird vergrössert oder ver- kleinert, je nachdem die Electricität 4- e oder e des Conductors A^ dem Conductor ^2 ^^ nächsten ist, und das hängt, wenn A.j^ kein verlängerter Körper ist, davon ab, ob der Winkel A^A^A^ stumpf oder spitz ist, also ob ^3 in der bezeichneten Kugel oder ausserhalb derselben liegt.

Wenn der Conductor A^ statt rund zu sein eine verlängerte Form hat, so kann er das Potential von A^ auf A^ vergrössem, wenn seine lange Axe tangential zum Kreise A^A^A^ ist, selbst wenn er ganz ausserhalb desselben sich befindet. Umgekehrt kann er dieses Potential verkleinern, wenn seine lange Axe senkrecht zum Kreise verläuft, selbst wenn er ganz innerhalb des Kreises liegt.

Solche Bemerkungen sollen aber nur dazu dienen, dem Leser in ge- gebenen Fällen eine rohe Vorstellung von den zu erwartenden Erschei- nungen zu verleihen.

91c. Vn.) Ein neu eingeführter Conductor vergrössert die Capacitäten und verkleinert die numerischen Beträge der Inductionscoefficienten der schon vorhandenen Conductoren.

Wir geben dem Conductor A^ ein Potential gleich 1 und machen die Potentiale aller anderen Conductoren gleich Null. Da der neu eingeführte Conductor durch Induction sich entgegengesetzt wie A^ also negativ, ladet, so inducirt er in den andern Conductoren positive Electricitätsmengen. Er vermehrt also die positive Ladung von A^ und verringert die negativen Ladungen der andern Conductoren.

Specielle Anwendungen.

92a. Zwei kleine Conductoren, Es seien A<^^ und A^ zwei Conductoren in einer mittlem Entfernung r von einander, die selbst gegen ihre grössten Dimensionen noch sehr gross ist. Bezeichnen A'j und K^ ihre Capacitäten, wenn jeder von ihnen sich allein im electrischen Felde befindet, dann ist dem obigen zufolge

1 1 1

also

y.2 = ^jr"* -{-e^Kf^.

82 b.] Wirkung zweier Conductoren auf einander. 113

Berecknet man ans den beiden letzten Gleichungen ^^ und e^ und benutzt die Gleichungen 4) in Art. 87, so folgt

7„ = i^,(l-Ä'iÄ'jr-»)-S 3,8 = r- h\ Ä, r-i (1 - K, K,r-ir\

^11, ^22 81^*^ Capacitäten der beiden Condnctoren, wenn sie, statt einzeln im electrischen Felde zu sein, sich gleichzeitig in demselben in einer Ent- fernung r von einander befinden.

92b. Zwei Condensatoren. Zwei Körper, die sich so nahe nebeneinander befinden, dass ihre gegenseitige Iiiduction eine beträchtliche Grösse erreicht, bilden zusammen einen Condensator ^ oder, was dasselbe ist, die Electroden eines Condensators.

«

Es seien A^ B die Electroden des Condensators (A^ B\ L gebe die Capacität von A^ iV die von B an, wenn (A^ B) sich allein im electrischen Felde befindet, M bezeichne die gegenseitige Induction von A und B (M ist also eine negative Grösse). Entsprechend seien /, n, m Capacitäten und Induction der Electroden o, h eines andern Condensators (a, h) unter der Bedingung, dass er allein im Felde vorhanden ist.

Zunächst haben wir, wenn jeder Condensator für sich allein besteht, die Gleichungen

^ ' ^ aa '

Pab'^Pba^-^ '^' Pa» = n«=-<' ''»

?

wo

ist.

P = LN—M\ d=ln fn^

Befinden sich die beiden Condensatofen in einer Entfernung R von einander, die so gross ist, dass ihre Dimensionen dagegen verschwinden, so werden die obigen Potentialcoefficienten auch für den Fall gelten, dass beide Condensatorcn gleichzeitig im electrischen Felde vorhanden sind. Es kommen dann noch 8 Coefficienten p hinzu, die, weil das Potential zweier Condnctoren in sehr grosser Entfernung R von einander gleich R-^ ist, alle den Wert R-^ haben werden. Es gelten demnach noch die 8 Gleichungen

PAa'==PaÄ=^PBa=PaB = PAl^PbA^PBb'=PbB=^

1

Nach Art. 87, 2) werden dann die Potentiale der 4 einzelnen Electroden

Maxvrell, ElectrichSt u. Maguetisi^Dius. I. 8

114 Wirkung zweier Condiiclorcn auf einander. [92b.

A A B a b^

D A. O CL O

a A . a a 0

o A B a o

Löst man diese Gleichungen nach ^j^t^B'^^a-' ^b ^^^' ^^ ^^^^ ^^^ ^®° Gleichungen 4) in Art. 87

^AA —^' ^- -^ y^2 _ (/, 4. 2iU 4- A) (/ H- 2w -f- w) '

1{{L + M){l^m)

^Aa ir^ _ (/, 4_ 2i¥ + A) (/ -4- 2m -h »0 '

7?(L-hA/)Cm4-w) _

^Ab^^ R^ (7. + 2 AT -h"A- ) (/ -+- 2 w +"^) '

Die 12 andern Coefficienten ^5^= (7^^, ^;,ß=A", 7^^, (/;,,, ^«a=^

^a6=^6a="''' ^«A' Kb^ ^66="'' ^6^' ^6 ß «^S^cbeU sich aUS dcU

obigen 4, indem man A" mit />, die grossen mit den kleinen Buchstaben vertauscht, endlich nach der letztern Vertauschung noch n in / verwandelt.

L\ M', A'; /', w', n' haben für die einzelnen Conductorcn, wenn beide Condensatoren gleichzeitig im Felde sind, dieselbe Bedeutung wie L, ^/, A'; /, TW, w, wenn nur je einer sich daselbst befindet.

Wenn ausser dem Condensatpr {A^B) nur noch ein Conductor a in der Entfernung 7/ von diesem vorhanden ist, so muss 'm = ?? = o sein, also

^AB = ^BA=^-^+ E2.,i^L^2Mi:-N)'

^Aa ir^ —l(L-h 2M-\- l\) '

Sind nur zwei Conductoren A und a in der grossen Entfernung R von einander vorhanden, so ist noch einfocher

^aa R'i II,

und diese ausdrucke fallen mit den in Art. 92 a) abgeleiteten zusammen.

9db.] Verschiebung eines Systems von Conductoren. 115

Die Grösse L -h 2 i/ -h :V giebt die gesammfce Ladung eines Conden- sators, wenn seine beiden Electroden des Potential 1 haben, sie ist nicht, grösser als die Hälfte des grössten Diameters des Condensators.

Diese Ladung L-h23/-hL verteilt sich so, dass die erste Electrode die Ladung L -h 3/, die zweite die N + M erhält. Da M eine negative Grösse ist, so sind diese Ladungen positiv und kleiner als die Capacitäten der Electroden (jede allein im Felde gedacht).

Die obigen Beispiele beziehen sich zwar nur auf näherungsweise gelöste Probleme, sie sind aber insofern von Wichtigkeit als sie den Weg zeigen, den man zur Lösung verwickelter Aufgaben einzuschlagen hat, welche wegen etwaiger complicirter Form der Conductoren eine strenge mathe^ matische Behandlung nicht zulassen.

Arbeit während der Verschiebung eines Systems geladener

Conductoren.

93a. Ladungen unveränderlich. Die Conductoren sollen zunächst isolirt sein, ihre Ladungen können sich dann während der Verschiebung nicht ändern. Ist daher die Energie vor der Verschiebung

ir=j2.F, so beträgt sie nach derselben

Die Arbeit der electrischen Kräfte während der Verschiebung, also W— W\ ist daher

gleichgültig ob die Verschiebung- beträchtlich oder gering ist.

Bezeichnen wir Weiter mit 9^ die Variabele, von der eine bestimmte Verschiebung abhängt, mit <I>^ die Kraft, welche eine solche Verschiebung 9^ zu Stande bringt, und rechnen <I>^ positiv, wenn es 9^ zu vergrösseni sucht, so ist

Die Kraft ist also

, d ^V

e

2a) <!>,= - -T^

WO ir^ die Energie als Function der Ladungen angiebt.

93b. Wir haben aber für die Energie drei Ausdrücke aufgestellt.

r=>i

2 ^^ r r .

r=l

als Function der Ladungen und Potentiale;

IKj Verschiebung eines Systems von Conductoren. [88b.

r=n »=n

r=l« = l

als Function der Ladungen und der Potentialcoefficienten, welche ihrerseits von den die Configuration des Leitersystems bestimmenden Variabein ab- hängen;

als Function der Potentiale und mittelbar der Variabein, die zur Festsetzung der Configuration des Systems dienen.

Diese drei Darstellungen sind sich natürlich vollkommen gleichwertig, so dass

ist. Demnach haben wir auch

W^-hWy—2W=0.

Bezeichnet also e^ eine der zur Bestimmung der Configuration des Systems dienenden Variabein, so ergiebt die vollständige Variation der letzten Gleichung nach den Ladungen, den Potentialen und den Variabein

Nacji den Gleichungen G) und 7) in Art. 85 b verschwinden die Factoren der ^e^ und o V^ , und da ausserdem die 0.9^ unabhängig von einander sind, so folgt die Beziehung

3) -:r-^ 4- -^ = 0.

Daraus ergiebt sich

d Wy

93c. Potentiale unveränderlich. Integrirt man die Gleichung unter 2 b), so folgt

Soll also die Vorschiebung der Conductoren sd vor sich gehen, dass die Potentiale dabei nicht geändert werden, so hat man

I2) A=Wy—]Vy.

Die Arbeit,, welche die electrischen Kräfte während einer solchen Ver- schiebung leisten, ist also gleich dem Betrag, um welchen die electrische Energie während der Verschiebung anwächst.

94.] Aehnlich geformte und ähnlich geladene Körper. 117

Der Sinn dieses Satzes, welcher eine .Beziehung zwischen einer ge- leisteten Arbeit und einer angewachsenen Energie aufstellt, ist aber der, dass wenn wirklich die Potentiale der Conductoren durch die Verschiebung nicht afficirt werden sollen, dem System von Aussen her, etwa durch eine Voltasche Batterie, Energie zugeführt werden muss.

Die Arbeit, welche die Batterie verbraucht, ist gleich der Summe aus der von den electrischen Kräften geleisteten Arbeit und dem Anwuchs der Energie des Systems, sie ist also zufolge des Satzes unter L,) zweimal so gross wie die Arbeit, welche von den electrischen Kräften des Systems ge- leistet wird.

Bezieliiingen zwischen Körpern, die in ihrer Form oder in

ihrer Ladung sieh ähnlich sind.

94. Wenn zwei Systeme einander geometrisch ähnlich sind, das heisst, wenn correspondirende Strecken in ihnen überall in demselben. Verhältnis L: L' zu einander stehen, und wenn ferner die Leiter in beiden Systemen durch dasselbe Dielectricum von ein^pder getrennt werden, so verhalten *sich die Capacitäten entsprechender Leiter wie Ij zu L'.

Seien nämlich die Electricitätsmengen auf zwei entsprechenden Elementen Ä und A' beider Systeme gleich e bezüglich t'^ dann ist das Potential von A auf ein anderes Element H des ersten Systems gleich V= e/Aß und das Potential von A' auf ein dem H entsprechendes Element V = e'/A'n\ Da aber AB : A'B'='L : L' ist^ so folgt

woraus sich bei F = 7' = 1 die Richtigkeit des obigen Satzes ergiebt.

Wenn aber bei Fortbestand des geometrischen Aehnlichkeitsverhältnisses beide Systeme verschiedene Dielectrica als Zwischenmedium haben, so dass die specifische inductive Capacität in dem einen gleich A', in dem andern gleich K! ist, so ergiebt sich

1) e:e' = LKV:UK'V\

und diese Gleichung lehrt das Verhältnis der Ladungen entsprechender Teile der beiden Systeme kennen, wenn erstens diese Systeme geometrisch ähnlich sind, also entsprechende Strecken sich wie L zu L' verhalten, zweitens die specifischen inductiven Capacitäten der Dielectrica sich wie K zu K' verhalten, und drittens die Potentiale an entsprechenden Stellen in der Proportion von V zu F' stehen.

Für entsprechende Capacitäts- oder Inductionscocfficienten </, q* folgt hieraus

2) q:q'=LK:L'K'

und für entsprechende Poteutialcoefficienten />, />'

118 Verhalten geladener Körper in verschiedenen Medien. [94*

Verschiebt man zwei entsprechende Körper beider Systeme nm Strecken, die zu einander in dem Verhältnis von LiL' stehen , und braucht man dazu in dem einen Systeme eine Kraft F, in dem andern eine Kraft F^ so ist das Verhältnis der geleisteten Arbeiten A^A' zu einander gegeben durch

4) A:A' = LF:L'F'.

Weiter stehen die totalen Energieen Tr, W* beider Systeme dem obigen zufolge im Verhältnis von eV itH e' V\ so dass

5) WiW =:eV:e'r.

ist, und dasgiebt zusammengehalten mit der Definition der Energie als Arbeit .6) FL:F'L' = eV:e'V'.

Für das Verhältnis der zur Verschiebung nötigen Kräfte folgt daraus wegen der Gleichung!)

7a) * F:F' = KV^:K'V'^

oder

7b "i F' F* = 7i

Nach der ersten dieser Proportionen ist das Verhältnis dieser Kräfte unabhängig von den Dimensionen der Systeme und gleich dem der Productc aus den Quadraten der electromotoriechen Kräfte in die speciflschen in- ductiven Capacitäten.

Bringt man also zwei Conductoren in eine Flüssigkeit, deren specifische inductive Capacität grösser als die der Luft ist, so werden sie sich nach der Electrisirung zu bestimmten Potentialen hier Stärker anziehen oder ab- stossen, als wenn sie sich in der Luift befanden und dort zu denselben Potentialen geladen würden.

Nach der zweiten Proportion verhalten sich die beiden Kräfte gerade wie die Quadrate der entsprechenden Ladungen und umgekehrt wie die Quadrato der Distanzen und die einfachen Potenzen der inductiven Capacitäten.

Ladet man demnach zwei Conductoren mit denselben Electricitätsmengen f, e' einmal in Luft und ein andermal .in einer Flüssigkeit, die ein grösseres specifisches Liductionsvermögen als die Luft besitzt, so werden sie in letzterer sich weniger stark- anziehen, bezüglich abstossen als in der Luft.

Cap. IV.

Allgemeine Theoreme.

-X-

Vorbemerkungen.

95 a. Wir haben im zweiten Capitel die Potentialfunctiou unter An- nahme einer Wirkung in die Feme zu berechnen gelernt, und sie als Resultante der verschiedenen Einzelwirkungen der electrisirten Körperteile auf einander dargestellt.

Daraus haben wir dann eine Anzahl ihrer Eigenschaften abgeleitet.

Wir schlagen nun den entgegengesetzten Weg ein, indem wir die Eigenschaften der Potentialfunction als bekannt voraussetzen und aus ihnen die Form der Potentialfunction zu ergründen suchen.

Die erste directe Methode ist nur da anwendbar, wo ausser der geometrischen Confignration des electrischen Systems auch die electrische Verteilung -in allen seinen Partieen gegeben ist. Ihre Hauptaufgabe besteht alöb in der Bestimmung der electrischen Kräfte, wenn die Electricität in und auf Körpern in vorgeschriebener Weise angehäuft ist.

Die zweite Methode dagegen dient zur Ergriindung der electrischen Verteilung und des Potentials aus den Eigenschaften des letztern, und sie führt, w^ie wir noch zu zeigen haben werden, zu ebenso eindeutigen Resul- taten, wie jene erste Methode.

Die fundamentale Eigenschaft des Potentials, von der wir bei der zweiten Methode Gebrauch zu machen haben, i^ die durch die Laplace- Poissonsche Formel

ausgedrückte.

Sie stellt eine partielle Differentialgleichung für F vor, da sie eine Beziehung zwischen den zweiten Derivirten des Potentials in der Nachbar- schaft eines bestimmten Punktes und der in diesem Punkte herrschenden Dichte der Electricität festsetzt.

120 Gegensatz der Integialformel zur Differentialgleichung. [95b.

Im Gegensatz dazu giebt die Hauptgleichong der ersten Methode

-+-« -+- » -+-00

7=r r \ ^- dx' dj,' dz'

00 OD 00

eine Beziehung zwischen dem Potential in einem Punkte (x, ^, c) und den Dichten der Electricität in beliebig weit von diesem Punkte entfernten andern Punkten {x[^y\z'y Der durchgreifende Unterschied zwischen ihr und der Laplace-Poisson sehen Gleichung besteht also darin, dass das bestimmte Integral als der mathematische Ausdruck der Tatsache einer Wirkung in die Ferne betrachtet werden kann, während die Differential- gleichung sich nur mit dem beschäftigt, was unmittel bar an einer bestimmten Stelle geschieht.

Wir haben aber gesehen, dass das bestimmte Integral auch der Differentialgleichung genügt, und ich werde noch zeigen, dass es die einzige Lösung derselben ist, die gewisse Bedingungen befriedigt.

Beide Ausdrücke für das Potential werden sich uns also als äquivalent ergeben, und dadurch gewinnen wir den üebergang von der Annahme einer Wirkung in die Ferne zu der einer Einwirkung benachbarter Teilchen auf- einander.

95b. Bei den Theoremen, die ich in diesem Capitel zu begründen haben werde, wird es sich vornehmlich um die Eigenschaften von Kaum- integralen, erstreckt über endliche Gebiete, die wir als electrische Felder bezeichnen w^erden, handeln.

Das Element dieser Integrale, also die Grösse unter dem Intcgratious-

zeichen, wird entweder das Quadrat eines gewissen Vectors, der in Betrag

und Kichtung von Punkt zu Punkt variirt, oder aber ein Product eines

Vectors in die in seine Kichtung genommene Componente eines andern

"Vectors sein.

Ueber die Verteilung von Vectoren im Kaume, auf die es uns hier, wie man leicht sieht, namentlich ankommen wird, habe ich schon an andern Orten einiges gesagt.

Damach haben wir namentlich zwei Verteiluugsarten zu berücksichtigen.

Bei der ersten Verteilungsart, der irrotationalen, kann ein Vector als die Kaum- Variation einer scalaren Function, die wir als Potential bezeichnet haben, betrachtet werden. (Art. 17.)

Die Attractions- und Repulsionskräfte eines Systems von Kraftcentren geben, sofern sie nur von Distanzen abängen, ein Beispiel für eine solche Verteilung von Vectoren ab.

Die zweite Art der Verteilung, die sphondyloidale, ist dadurch charak- terisirt, dass der scalare Teil der Operation v = * d^ßx -hj di/di/ -\- k di/dz wir haben ihn früher die Convergeuz genannt in allen Punkten ver- schwindet (Art. 25.)

06 b.] Charakterisirung, der Theoreme. 121

In dieser (sphondyloidalen) Weise ist zum Beispiel die Geschwindigkeit in einer incompressiblen sich bewegenden Flüssigkeit verteilt.

Triift es sich, dass Centralkräffce dem Newton sehen Gesetze gehorchen, so varürt die resnltirende Kraft in dem Baume, wo keine Kraftcentren vor- handen sind, von Ort zu Ort sowohl in der sphondyloidalen als in der irrotationalen Weise.

Entsprechend findet die Verteilung der Geschwindigkeiten in einer incompressibeln Flüssigkeit gleichzeitig nach beiden Arten statt, wenn die sie bewegenden Kräfte nur Centralkräftie sind, oder wenn sie in Druckkräften bestehen und die Flüssigkeit reibungslos ist und sich ursprünglich in Euho befand.

Solche ycrteilungen, die zugleich sphondyloidal und rotationslos ver- laufen, sind namentlich von Laplace untersucht worden, und. deshalb werde ich sie als Laplace sehe Verteilungen bezeichnen.

Die Raumintegrale, mit denen wir uns zu beschäftigen haben werden, beziehen sich auf Ausdrücke für die Energie im electrischen Felde. In der ersten Gruppe der abzuleitenden Theoreme, die mit 'dem Greenschen Satz beginnt, wird die Energie als. Function der electromotorischen Kraft- intensität, also eines Vectors, der im Falle des electrischen Gleichgewichts irrotational verteilt ist, dargestellt.

Es wird sich dabei zeigen, dass bei vorgeschriebenen Potentialwerten für die Conductoroberflächen von allen irrotationalen Verteilungen diejenige die geringste Energie im electrischen Felde hervorbringt, welche zugleich sphondyloidal ausfallt. Daraus folgt dann, dass wenn die Potentialniveaus der Conductoren von vornherein gegeben sind, damit. die Laplacesche Ver- teilung eindeutig bestimmt ist.

In der zweiten Gruppe von Theoremen, welche namentlich denThomson- schen Satz einschliesst, ist die Energie durch die electrische Verschiebung ausgedrückt, also durch einen Vector mit sphondyloidaler Verteilung. Ent- sprechend wird man hier finden, dass bei gegebenen Oberflächenladungen von allen sphondyloidalen Verteilungen diejenige die geringste Energie ent- wickelt, welche gleichzeitig irrotational ist. Es giebt dann nur eine Laplacesche Verteilung, die mit gegebenen Flächenladungen sich verein- baren lässt.

Die Beweise dieser Sätze werden alle nach demselben Schema geführt, und ich bemerke, um Wiederholungen zu vermeiden, dass in jedem Falle, wo es sich um Untersuchung eines Flächenintegrals handelt, der Satz 111^ in Art. 21,*) der eine Beziehung zwischen einem Flächenintegral und einem entsprechenden* Raumintegral herstellt, anzuwenden sein wird. Man hat in-.

*) Den citirten Satz scheint zuerst Ostrogradsky aufgestellt zu haben, und zwar in einer Abhandlung, die 1828 gelesen und 1831 in den Mem. de l'Acad, de St, Petersbourg T. I. p. 39 veröffentlicht worden ist. Der Satz kann auch als ein besonderer Ausspruch der Continuitätsgleichimg gelten.

122 Vorbcmorkiingen. [96 a.

diesem Satze für X, y, Z die Componenten des Vectors einzusetzen, um den es sich in dem betreffenden Theoreme gerade handelt.

In der ersten Ausgabe dieses Buches habe ich jedes Theorem von einer Menge von Alternativen abhängig gemacht, die einerseits die allgemeine Gültigkeit desselben dartun sollten, und andererseits dazu bestimmt waren zu zeigen, in wie mannigfachen Fällen das Theorem verwendet werden könnte. Ich habe mich aber überzeugt; dass sie viel dazu beitrugen den Leser über das, was angenommen, und das, was bewiesen werden sollte, in Unklarheit zu lassen. Deshalb habe ich in dieser Ausgabe jedes der Theoreme zuerst in ganz bestimmter und etwas eingeschränkter Fassung ausgesprochen und dann erst gezeigt, in wie weit dasselbe einer Verall- gemeinerung fähig ist. '^

Ich habe noch eine kleine Aenderung in der Bezeichnung anzuführen, die im Folgenden hervortreten wird. Das frühere Symbol V für das Potential soll nämlich so lange noch weiter beibehalten werden, als es sich um strict electrostatische Fragen handelt. Sonst benutze ich hier so wie im zweiten Bande dieses Wejrkes, wo wir electromagnetische Untersuchungen anzustellen haben werden, den Buchstaben ^ als Bezeichnung für das clcctrische Potential.

Der Green sehe Satz.

96a. Der in der Ueberschrift bezeichnete wichtige Satz ist von Greeu in seinem Esmy on the Aj)2)licatio7i of Mathematics to Electricity and Maynetism aufgestellt .worden.

Es sei 8 ein von einer geschlossenen Fläche abgegrenztes Gebiet und V eine nach dem Innern der Fläche gerichtete Normale mit den lüchtungs- cosinussen /, wi, n. Wir haben dann

a) / ^ h m V-— 4- 71 -7:^ = -^—

^ ' ex Cy Cz Ci

für die verhältnismässige Aenderung der Function ^F auf der Normale v;

Speciell soll aber unter o^'/ov der Wert dieser Grösse auf der Ober- fläche « verstanden werden, also wenn v = 0 ist.

Weiter setzen wir symbolisch

aäijr g»\i,- gsijr

und

^'V 80 . 8«^ 8<6 8«f 84> „. ^

Für den Leser, der mit der Theorie der Quatemionen wenig vertraut ist, sind jene Symbole V'^I'und 5.V^^'V^ weiter nichts als Abkürzungs- zeichen für die angegebenen Reclmungsoperatiouen, und da wir im Folgenden

96a.] Der Greensche Satz im einfach zusammenhangenden Raum. 123

lediglich die gewöhnliche C artesische Methode anzuwenden haben werden, wird es auch nicht nötig sein, auf ihre Bedeutung in der Quaternionentheorie besonders einzugehen. Ich benutze aber gerade diese Symbole und nicht Buchstaben, die beliebig gewählt werden könnten, weil sie eben in der Sprache der Quatemionen vollständig die Grösse ausdrücken, zu deren Be- zeichnung sie dienen sollen. Die Operation V giebt nämlich, auf eine scalare Function W angewendet, äi% Raum-Aenderung dieser Function, und die Operation S ,SJW\/ <^ bezeichnet den scalaren Teil des Products zweier Kaum-Aenderungen, oder auch das Product einer dieser beiden Raum- Aenderungen in die in ihrer Richtung genommene Componente der andern.

Man hat übrigens in der Quaternionentheorie auch für die Grösse o^F/^v eine besondere Bezeichnung, nämlich S.U'^yW^ wo f7v einen Einheits- Vector in Richtung der Normale ang^ebt. Die Benutzung dieser Bezeichnung ist bei der Untersuchung anisotroper Mittel von einiger Bedeutung, hier aber bietet sie weiter keine nennenswerten Vorteile dar.

Ich lasse nach diesen Vorbereitungen den Satz folgen, um den es sicl\ handelt.

Sind ^" und <D zwei Functionen, die in einem durch eine geschlossene Fläche 8 abgegrenzten einfach zusammenhängenden Raum t endlich und stetig verlaufen, dann gelten die Gleichungen

Die Doppelintegrale beziehen sich auf die gesammte Grenzfläche «, die dreifachen auf den ganzen Raum t innerhalb dieser Fläche.

Zum Beweise dieses Satzes setzen wir in Theorem Uli -^^*- 21, in welchem dieselben Bedingungen der Contiuuität und Endlichkeit erfüllt sein müssen,

und erhalten

c<Ji> c;(I> d^

Äco8e= ^1' 1/ o— + 'm-^- + n^r-| V ox oy oz)

= ip

dX cY dZ

j

ex dt/

j \cx-* c//- cz^ J ox Ox 01/ Ol/ oz oz

124 Der Grecnsche Satz im einfach ziisammeuhäiigendeii Raum. [96b.

Nach dem citirten Theorem Uly in Art. 21 ist aber

somit wird

Eine analoge Gleichung erhält man, wenn <!> mit ^'' vertauscht wird und damit den ganzen oben ausgesprochenen Greenschen Satz.

96 b. Wir bekommen eine Erweiterung unseres Theorems durch den Nachweis, dass eine der Functionen, etwa ^F, auch mehrwertig sein kann, wenn nur ihre ersten Derivirten in dem einfach zusammenhängenden Raum einwertig und endlich sind.

Nach dieser Festsetzung ist V^ sowohl als \/W einwertig, also in der Gleichung 1) das Glied auf der rechten Seite auch einwertig, dagegen ist U'V"^ vielwertig. Gehen wir aber von einem der Werte des W in einem •Punkte A^ von Wq aus, dann ist in jedem andern Punkte P der Wert des W eindeutig bestimmt, auf welchem Wege wir auch von A nach P gelangen mögen. Die durch den speciellen Wert Wq charakterisirte Reihe von Werten des ^' bildet nämlich einen continuirlichen Zweig der Function M', und wenn man trotzdem auf zwei von A nach P führenden Wegen in P zu zwei ver- scliiedenen Werten des W gelangen sollte, die zwei Zweigen der Function ange- hören, so kann das nur dadurch geschehen, dass diese beiden Wege einen Punkt einschliessen, in welchem zwei Wert« zweier verschiedener Zweige zusammen- fallen, so dass man continuirlich aus dem einen Zweig in den andern über- zugehen vermag. In einem Verzweigungspunkt werden aber die Derivirten der Function unendlich gross, und da sie in unserem ganzen Gebiet endlich sein sollten, so kann ein solcher Verzweigungspunkt sich nur ausserhalb unseres Gebietes befinden. Wäre das Gebiet mehrfach zusiimmenhängend, so könnten die beiden Wege ihn doch noch einschliessen, ohne selbst aus dem Gebiete heraustreten zu müssen. Wir haben aber noch die Voraus- setzung gemacht, dass unser Gebiet einfach zusammenhängt, und das ist gleichbedeutend damit, dass sich kein geschlossener Weg in demselben an- geben lässt, der ausserhalb des Gebietes befindliche Teile umfasst. Es kann demnach, wenn die Annahmen für die Function ^' bestehen sollen, überhaupt keine geschlossene im Gebiete t verlaufende Curve einen Verzweigungspunkt einschliessen, das heisst aber, man muss auf jedem in dem Gebiete t von A nach P führenden Wege stets zu demselben in dem Zweige, dem W^ an- gehört, befindlichen Wert für ^V gelangen.

Hätten wir in A für Wq einen andern Wert Wq -\- nvL gewählt, so würde sich in P statt W der Wert W -{- nr. finden, die linke Seit« der Gleichung 1) würde also noch um die Differenz

wx

[jjw-lfi'-'].

96 cU] Der Grecnsche Satz im mehrfacli zusammeuhängendcn Kaum. 125

anwachsen. Diese Diflferenz ist aber nach dem citirten Theorem Uli gleich Null.

96 c. Haben wir statt des einfach zusammenhängenden einen mehrfach zusammenhängenden Kaum, so verwandeln wir ihn durch geeignete Schnitte oder Diaphragmen in einen einfach zusammenhängenden. Die Diaphragmen zählen dann mit zur Begrenzungsfläche des Raumes.

Ist «1 ein solches Diaphragma und x^ der Sprung, den W beim Durch- gang durch dieses Diaphragma erleidet, so ist, wenn ^*, und ^'! zwei unmittelbar zu beiden Seiten des Diaphragma geltende Werte des ^* an- g eben

Bei der Ausführung der Flächenintegration muss nun jedes Element des Diaphragma s^ zweimal vorkommen, weil zu beiden Seiten desselben Stücke des Gebietes x liegen, und wenn v^ die nach der positiven v^, äie nach der negativen Seite gezogene Normale zu «^ ist, so haben wir

mitlün

8(D cO 80

^\ ^— dtt. -h ^\' ^ , ds, = X. - däi.

Die Gleichung. 1) wird also in einem wfach zusammenliängenden Raum

p = n 1

p = l

Das erste Integral bezieht sich auf die Grenzfläche, die n— 1 Integrale unter dem Summenzeichen erstrecken sich auf die einzelnen Diaphragmen, wobei jedes Element derselben nur einmal zu rechnen ist, und die Normalen in positiver Richtung laufen, die dreifachen Integrale umfassen das ganze Raum gebiet t. .

Die Notwendigkeit dieser Erweiterung des Greenschen Satzes ist von Helmholtz*) angegeben worden. Thomson hat sie dann in der an- gegebenen Weise ausgeführt.**)

96 d. In der weitem Verallgemeinerung lassen wir mit Green für eine der Functionen, für 0, die Voraussetzung, dass sie und ihre ersten Derivirten iu dem gegebenen Gebiete endlich sind, fallen. Wir nehmen vielmehr an, dass 4) in dem Punkte I\ aber nur in diesem, unendlich wird wie 1/r. ■Ist also Oq eine endliche stetige Grösse, so setzen wir in der" Nachbarschaft von P das O = O^ -+- e/r.

*) Uebtr Ifitegrale der hydrodifnamischen Gleichungen ^ welche den Wirbel- beitegungen entsprechen, Grelle, Journal für reine und angewandte Mathematik 1858.

'*♦) On Vortex Motion, Trans. R. S. Edin. XXV part I, pag. 241 (18G7).

126 Der Green sehe Satz i. c. Gebiete mit Uiistetigkeitspunkten. [96 d.

Einen solclieu Wert würde <l> zum Beispiel haben, wenn es -das Potential einer im Gebiete t endlichen electrischen Verteilung und einer im Punkte P befindlichen Electricitätsmenge e wäre.

Schliessen wir den Punkt P durch eine kleine mit dem Radius a ge- schlagene Kugel ein, so können wir in dem Gebiete zwischen s und dieser Kugel den Greenschen Satz anwenden, wenn bei Berechnung des Flächen- integrals die Fläche der Kugel mit zur Grenzfläche gezählt wird, und bei Berechnung des Raumintegrals der Teil desselben, der sich .auf die kleine Kugel bezieht, in Abzug gebracht wird.

Nun ist aber das eine Raumintegral,

ffUv.»-

dx dy dz^ für die kleine Kugel numerisch nicht grösser als

(V^'I"),

IfJ*

dx dy dz

also auch nicht grösser als

wenn der Index g augiebt, dass der innerhalb der Kugel grösst^ Wert einer Quantität genommen werden soll. Dieses Raumintegral der Kugel ist also von der Ordnung a^ unendlich klein und kann vernachlässigt werden.

Das zweite Raumintogral JJ/J ^' /S^ ^tix dy dz kann numerisch nicht grösser sein als

*"p(V''*o)f««='

und ist demnach als von der Ordnung a^ ebenfalls zu vernachlässigen.

Von den Flächenintegralen in Bezug «auf die Kugel um Fht /J'(i>(d^i'/'dy)ds numerisch nicht grösser als ^^^.//(('^'Viöv) ds. Nun ist nach dem Theorem Uli

Jjlv <^« = - JJJ"^ '*■ '^•^ '^^ '^•'

und da das Integral auf der rechten Seite nicht grösser ist als (V 2 W) 4 7:a^/3, SO kann jenes Flächenintegral nicht grösser sein als

(D (V2i|-) ±T:a\

Auf der sehr kleinen Kugel ist aber <I> nahezu gleich eja. Das erst^» Flächenintegral ist also von der Ordnung «- und kann vernachlässigt werden.

Das zweite Flächenintegral über die kleine Kugel, y/'4"(c)<I>/c'v) ^/ä, ver- schwindet aber nicht, denn da die Kugel sehr klein ist, und U' sich con- tinuirlich ändert, so muss jenes Integral bis auf sehr kleine Grössen gleich U'*j, ^'(r »!>/<)/) f/« sein, wo ^\\ den Wert dos M* im Punkte P bezeichnet.

97 Si] Ableitung der Charakteristischen Gleichung^. 127

Nach früheren Sätzen ist dann noch

d8 = 4::^ und demnach

P

W

^' -7^— = 4T:e%.

der durch Gleichung 2) ausgedrückte Green sehe Satz wird also unter diesen Umständen

97a. Als Anwendung dieses besonderen Falles des Greenschen Satzes bestimmen wir die Flächendichte, mit der die Electricität sich auf einer Fläche verteilt, wenn die Potentiale innerhalb und ausserhalb derselben vorgeschriebene Werte erhalten. Auf der Fläche müssen die Potentialwerte von Innen und Aussen zusammenftillen, ferner ist innerhalb der Fläclie V^^' = 0 und ausserhalb derselben v^^'' = 0.

Green, der dieses Problem fiuch behandelt hat, beginnt mit der früher charakterisirten directen Methode, welche, wenn die Dichte j der auf der Fläclie verteilten Electricität gegeben ist, die Potentiale für innerhalb bezüglich ausserhalb derselben liegende Punkte I\ P' durch die Integrale

in denen r, r' die Distanzen der Punkte P, F von den Elementen ds der Fläche bedeuten, finden lehrt.

Wir setzen <l)=l/r und wenden den Satz unter 4) auf Punkte P innerhalb der Fläche « an. Da SJ^Q>=S/^W = 0 sein muss, so ergiebt jener Satz, wenn W^ das Potential im Punkte P selbst bedeutet,

gl

Femer beziehen wir bei derselben Annahme für <I) den Satz unter 2) auf das Gebiet zwischen « und einer andern in der unendlichen Entfernung a von s sich befindenden geschlossenen Fläche. Hier ist \/^^= v^ ^F'= 0, und da das Integral in Bezug auf die unendlich weite Fläche von der Ordnung \/a ist, so kann es fortgelassen werden, mithin wird

128 Eindeutigkeit des Potentials. [97b.

Für die Fläche s selbst ist H' == W\ ferner sind v und v' Teile derselben Normale, die in entgegengesetzte Richtungen verlaufen, so d^s

o— c

r V

- - -4- -J-r = 0

wird. Die Gleichungen 5) und G) setzen sich also zusammen zu

und hieraus folgt dann wegen der Gleichungen unter a) die bekannte charakteristische Gleichung

_ d^V BT'

4ir j -7 1 : r

Cv C'v

zur Bestimmung der Flächendichte im Element ds, die in Art. 78b in ganz anderer Weise ihre Ableitung gefunden hat.

97b. Eine andere Anwendung, die Green von seinem Satze gemacht hat, besteht in dem Nachweise, dass, wenn das Potential in jedem Punkte auf einer geschlossenen Fläche s beliebig gegeben ist, dasselbe sofort auch für alle Punkte innerhalb und ausserhalb dieser Fläche mitbestimmt ist.

Er nimmt zunächst an, dass sich stets eine Function <P angeben lässt, die in der Nähe eines innerhalb der Fläche « gelegenen Punktes P sehr nahe gleich 1/rist, für jeden Punkt der Fläche « verschwindet und überall inner- halb der Fläche« der Laplace sehen Gleichung V^^ = 0 genügt.

Die Existenz einer solchen Function resultirt aus der folgenden Betrachtung. Versteht man unter s die Fläche eines Conductors, den man durch einen Draht mit der Erde verbunden hat, und unter P einen mit einer Electricitäts- einheit geladenen Punkt, so ist das Potential auf « wegen der Ableitung zur Erde gleich Null, und da das Gesammtpotential in irgend einem Punkte innerhalb « der Electricität in P und der durch diese in « inducirten Ladung seine Entstehung verdankt, so wird auch allda V^^ = 0 sein. Endlich ist auch in der Nähe von P das Potential nahezu gleich l/r. Dieses Potential genügt also genau den Bedingungen, denen <1> unterworfen werden sollte, und weil der auseinandergesetzte Fall physikalisch existirt, muss <I> auch eindeutig bestimmbar sein.

Der Green sehe Satz giebt nach alledem 8a) 4nV-^=JJ4'|^rf*.

WO W unter dem Integrationszeichen den Wert des Potentials in dem Flächenelement ds festsetzt, der der Annahme nach gegeben sein sollte.

98.] Greenschc Function. 129

Eine andere Fassung erhält dieser Satz durch Einführung einer Grösse j^ die mit 8<l>/9v durch die Gleichung

4:cjp + -^— = 0

verbunden ist. Man bekommt so *

8b) Wp==^^w^pas,

Hier giebt jp, wie man sich leicht aus den Bedingungen, denen die Function <t> unterworfen worden ist, überzeugt, die Flächendichte der Electricität, welche, wenn in P eine Electricitätseinheit concentrirt wäre, auf dem Flächenelement ds inducirt werden würde. .Ist also das Potential für jeden Punkt der Fläche s gegeben und genügt es im ganzen Raum- innerhalb s der Laplac eschen Gleichung V^^I'* = 0, so ist es in jedem Punkte durch eine mechanische Quadratur bestimmbar, wenn man die Flächendichte der durch eine in dem betreflTenden Punkte P concentrirte Electricitätseinheit auf s inducirten Electricität anzugeben vermag.

Später werden wir noch sehen, dass diese Bedingungen das Potential auch eindeutig bestimmen.

Die Greensche Function.

98. Das eben behandelte Problem giebt uns Gelegenheit zur Ein- führung einer Function, die unter dem Namen Greensche Function bekannt ist.

Es sei 8 eine geschlossene Fläche, die (durch eine Verbindung mit der Erde) stets auf dem Potential Null erhalten wird; P und Q mögen zwei auf der positiven Seit« von « (gleichgiltig ob es die äussere oder die innere Seite ist) befindliche Punkte bezeichnen. Bringen wir nach P einen sehr kleinen mit einer Electricitätseinheit geladenen Körper, so wird in « Electri- cität von entgegengesetztem Zeichen inducirt, und das Potential* in Q setzt sich demzufolge aus zwei Teilen zusammen. Ein Teil rührt von der directen Wirkung, welche die Electricitätseinheit in P auf Q ausübt, her, der andere verdankt seine Entstehung der in « durch P inducirten Electri- cität. Diesen zweiten Teil des Potelitials in Q nennen wir die Greensche Function und bezeichnen sie durch den Buchstaben Gpq.

Offenbar hängt der Betrag dieser. Function von der Lage der Punkte P und Q gegen einander und zur Fläche ab, während ihre Form durch die geometrische Gestalt der Fläche s bestimmt mrd. Man kennt sie in einigen wenigen Fällen und namentlich dann, wenn s eine Kugel ist.

Kurz lässt sich diese Function so definiren, dass sie das Potential der in einer Fläche s durch eine in einem festen Punkt P concentrirte Electricitäts- einheit inducirten Ladung auf einen Punkt Q angiebt.

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. 1. 9

130 Darstellung der Green schon Function. [98.

Bezeichnet r^ den Abstand zwischen P und Q^ so ist dem obigen zu- folge das Gesaram tpotential in Q gleich l/vpq-h Gpq.

Auf der Fläche s und in allen Punkten auf, der Seite derselben, wo P nicht liegt, sollte das Gesammtpotential verschwiuden. Giebt also Gp* den Wert der Oreenschen Function auf « an, so haben wir

1) ' G^.^-~

Damit können wir nun einen anal3tisclien Ausdnick für Gpq ableiten und dann einen wichtigen Satz beweisen.

Sei nämlich ct., . die durch eine in P concentrirte Electricitätscinheit auf 8 in Punkt A* inducirte Flächendichte und ch' das FlächenelTiment von am A\ so \st zunächst

2a) G^ = ^y^ds',

vo die Integration sich auf die ganze Fläche s bezieht. Hätten wir um- gekelirt die Electricitätscinheit nach Q versetzt, so wäre nach der Gleichung 1)

la) =—Gq»',

Bezeichnet aber x. die Flächendichte der durch die Electricitätseinheit in Q auf s im Punkte A inducirten Electricität, ck das Flächenelement von 8 in A und r^^, den Abstand zweier Flächenpunkte A und A\ so ist auch

Ib) 0,.=^^lys,

also nach la)

und folglich

Man bemerkt, dass das Integral auf der rechten Seite der Gleichung symmetrisch in Bezug auf ^? und q ist, demnach wird

3) Crpq = Ggp ,

Ich habe diesen Satz, der hier als eine Folge der Bestimmiingsweiso der Greenschen Function sich erweist, schon im Art. 87 aus ganz andern Betrachtungen abgeleitet.

Die Greensche Function drückt auch bei geeigneter Wahl des inducirenden Punktes und der inducirten Fläche das Potential irgend eines electrischen Systems auf einen Punkt Q aus. Bringt man nämlich in einen

99a.] . Die Greensohe Function als Pot. eines electr. Systems. . 131

Punkt^P eine Electricitätseinheit und denkt sich diejenige Niveaufläclie s, für welche das Gesammtpotential gleich Null ist, als Leiterfläche, so besteht, wenn P durch 8 vollständig von dem gegebenen electrischen System getrennt wird, das Potential in einem Punkte Q^ der mit.P auf derselben Seite von s liegt, aus drei Teilen, aus dem Potential von P auf (?, aus dem Potential Gpq der durch P auf » inducirten Electricität, endlich aus dem Potential ^ des electrischen S3"stems, und da die Niveaufläche s so gewählt ist, dass auf ihr l/r 4-^ = 0, also nach der unter 1) gegebenen Gleichung 1) Gpq ^ = 0 ist, so muss überall in dem Gebiete, wo P liegt, wenn man von der in P befindlichen Electricitätseinheit wieder abstrahirt, das Potential- Crp^ verschwinden, das heisst aber, es ist Sp =^ Gpq,

In dieser Weise kann man sich eine Reihe von Fällen construiren, das heisst Flächen s herstellen, in denen die Greensche Function für bestimmte Lagen des inducirenden Punktes P von vornherein bekannt ist. Weit schmieriger ist die Lösung der umgekehrten Aufgabe, die Greensche Function für bestimmte gegebene Flächen bei beliebiger Lage des induciren- den Punktes zu berechnen. Sie ist aber, wie ich gezeigt habe, mathematisch möglich, und deshalb darf man voraussetzen, dass derartige Probleme sich in jedem Falle auflösen lassen.

Befindet sich der mit einer Electricitätseinheit geladene Punkt P inner- halb der Fläche s, so ist dem obigen zufolge das Potential der aufs durch P inducirten Electricität auf einen Punkt Q ausserhalb s gleich und ent- gegengesetzt dem von P in ^ verursachten Potential. Demnach ist die Verteilung der Electricität auf« eine centrobarische*), sie wirkt auf äussere Punkte mit derselben Kraft, wie ein in dem Innern der Fläche s in ge- wisser Weise orientirter, mit einer Electricitätseinheit geladener Punkt P.

Electrische Energie.

99a. Macht man in dem analytischen Ausdruck für den Greenschen Satz die beiden Functionen O und W einander gleich, so wird

Ist ^' das Potential einer electrischen Ansammlung* im Räume von der Raumdichtft p und einer electrischen Verteilung auf Conductoren mit den Flächendichten <ii, ^2? ^^^ ^^^ bezüglichen Potentialen ^P'j, W^^ ... so ist

7 = 0, -^ = -4ircri,

av/ -' öv^

•) Thomson und Tait, Theoretische P/tysik § 526.

132 Electrische Energie. [99 b,

also

yp

0n

dSi = 471^1, . . . .

wenn e^ die Ladung eines bestimmten Conductors angiebt. Aus der Gleichung unter 1) wird also nach Division mit Stc

fl^

Das erste Glied auf der linken Seite dieser Gleichung stellt die Energie der Ladungen der Conductoren dar, und das zweite giebt die Energie der im elcctrischen Felde etwa 'vorhandenen Electricitätsmengen. Beide zu- sammen umfassen demnach die gesammte Energie der Electricität, und so- mit muss auch das Glied auf der rechten Seite die gesammte Energie aus- drucken.

Da wir noch oft Gelegenheit haben werden, diesen neugewonnenen Ausdruck für die Energie anzuwenden, so führe ich eine besondere Be- zeiclinung \]\ für ihn ein, indem ich

setze.

Wenn im electrischen Felde ausser den Ladungen auf den Conductoren weiter keine Electricitäten vorhaiiden sind, so wird p = 0, und es bleibt nur die Energie der auf den Conductoren aufgehäuften Electricität. Für diesen speciellen Fall lasse ich den Lidex M' fort und verstehe demnach, wie in Art. 84, unter

die Energie, wenn alle im electrischen Felde vorhandene Electricität sicli auf

Oberflächen von Leitern befindet.

.

99b. Wir beschränken die Anzahl der Conductoren auf einen, bezeichnen

also mit s eine ringsgeschlossene Fläche und mit U* eine Function von ;r, ?/, r,

die auf dieser Fläche den vorgeschriebenen Wert U' hat. Wenn W weiter

keinen Bedingungen unterworfen wird, so ist sie noch ganz beliebig, und

es lassen sich eine Menge Functionen angeben, die auf s den Wert H' haben.

Von allen diesen Functionen entspricht nun derjenigen Function W^, welclie

innerhalb der Fläche s auch noch der Laplaceschen Gleichung V^^^'i =0

genügt, die kleinste Energie W.

99 b.] Die elcctiische Energie als Minimum. 133

Es sei W eine Function, welche auf « mit ^l\ zu*ammoiifällt, sonst aber in jedem Punkte innerhalb s von U'\ verschieden ist. Setzen wir also

so ist ^Fo auf 8 gleich Null, und wenn \V, Tr„ IFg die dem ^F,*Fi bezüglich ^''2 entsprechende Energie ist, so wird nach 3i)

" JJJ'^'^L^'^ ^-^ ^U ^U cz dz J ^

Nach dem Greenschen Satz ist aber das auf der rechten Seite stehende dreifache Integral gleich

und da einerseits im Räume t das \7^^'i = 0 ist und andererseits auf der Fläche s das U'g verschwinden soll, so reducirt sich jenes Integral auf Null, und es bleibt

Die Elemente unter den Integralausdrücken S,) für die Energie sind aber Summen von Quadraten, die Integrale bezeichnen ihrerseits auch weiter nichts als Summen, also muss ir^ wie W^ stets positiv sein. Verschwindet iTo nicht, so ist es jedenfalls, positiv, also W>W^, Verschwindet es aber, so ist jedes seiner Elemente gleich Null, das heisst

O !»•

cx. Cy oz

Diese Gleichungen zeigen an, dass ^'2 ™^ ganzen durch « begrenzten Baum T einen und denselben Wert haben muss, und da es auf der .Fläche «

«

gleich Null ist, so verschwindet es überhaupt. W ist also gleich IFj, wenn ^' gleich W^ ist, sonst ist stets W :> W^,

Gleichzeitig ergiebt sich, dass ^\ auch die einzige Function ist, die innerhalb der Fläche « der Laplac eschen Gleichung genügt und auf der- selben einen vorgeschriebenen Wert U'" hat.

Denn wäre ^l\ eine andere Function, die ganz denselben Bedingungen genügt wie U'*i, so müsste dem obigen zufolge die ihr entsprechende Energie die kleinstmögliche sein, sie kann aber nicht kleiner sein als die der Function U\ entsprechende Energie IFj, sie muss dieser also gleich sein, und das bedeutet, wie wir eben gezeigt haben, dass überhaupt Wg mit U\ zusammenlallt.

Am nützlichsten wird sich für uns der Fall erweisen, wo das electrischc Feld durch eine äussere Fläche « begrenzt ist, auf der das Potential gleich Null ist, und eine Reihe von Conductoren «1, «2^ ? ^^ denen das Potential die bezüglichen constanten Werte ^\\^ ^'o^ ^«*^? enthält.

Auch hier hat die Function ^F,, welche den genannten Oberflächen- bedingungen genügt und in jedem Punkte des electrischen Feldes die Laplacesche Gleichung befriedigt, die kleinste Energie TF^.

134 Hilfssatz. [100a.

•Der Thomson sehe Satz.

100 a. Hil/ssatz. Ich brauche zur Ableitung des Thomson sehen Satzes ein anderes Theorem, das ich zunächst deduciren werde.

Es sei ^V eine Function von x, ^, r,. die innerhalb einer geschlossenen Fläche 8 endlich und stetig verläuft und auf andern geschlossenen Flächen Kj, ^2, . . . mit den für die betreffenden Flächen geltenden constanten Werten U\, ^Fj, . . . zusammenfallt.

Neben dieser Function ^V wählen wir noch drei andere Functionen ?/, t?, w von x\ f/, r, die wir als Componenten eines Vectors (5 betrachten können, und unterwerfen sie der Bedingung

N o ,-, rt- ^^ ?y ^'^'

Ersetzen wir in dem Theorem IIIi Art. 21 die X, Y, Z durch b) * X=^'u, Y=Wv, Z = Ww,

so folgt aus demselben

Die Flächenintegrale gehen über alle Flächen «, «j, «o--, die Raum- integrale über das ganze electrische Feld. Wegen der unter a) aufgestellten Bedingung verschwindet aber das erste Raumintegral und es bleibt

oder, da U'\, ^Fo, ... auf den bejreffenden Flächen «j, «2 constant sein sollten,

JJJV ^'^ ^y c-y

Specialisiren wir noch die Fläche s dadurch, dass wir sie nur aus Teilen . zusammensetzen, in denen entweder

c) ^'' = 0 oder /M-h7ntJ4-nw; = 0

ist, und nehmen femer für die Flächen «1, s^^ . . an, dass in jeder von ihnen entweder

100b.] Der 'Fhomsonsche Satz vom Minimum der Energie. 135

^) ^'« = 0 oder Lu-{- mr -h iiAo = 0 oder l i Ou -h mv H- ntA c/x = 0 ^ p p P P j } ^ p. p p ^ p

ist, so erhalten wir

Das ist die Beziehung, die ich habe ableiten wollen.

100b. Der Thoms 0 71 sehe Satz. Nun sei das electrische Feld wie im Torigen Artikel durch die äussere Fläche 5 und durch eine Reihe anderer geschlossener Flächen «i, ^2, . . . begrenzt.

Die Function W von x^ij^z

a,) sei überall im electrisehen Felde endlich und stetig,

a.j) verschwinde auf der äussern geschlossenen Fläche »,

a-j) habe auf den innem geschlossenen Flächen «i, ,«o, ... die für

die betreifenden Flächen constanten Werte ^'j, Wo, . . . a4) und genüge im ganzen Felde der Laplaceschen Gleichung

Die Ladung fj irgend' einer Fläche s^ ist dann

wo die Normale Vj von der Fläche fort in das electrische Feld zu ziehen isl.

Weiter seien /,</,/* Functionen von x^rj^z^ die wir als Componcntcn eines Vectors ® betrachten. Für jeden Punkt des electrisehen Feldes soll

^f '^g '^h ^

^ ex cy cz

sein, und für jeden Conductor «^ die Gleichung

d) ) r'i-^ "^ ^^^ "^ ^^''^ ^^ ^ ^^

•gelten, in der ^j, ?«i, n^ die Richtungscosinusse der Normale Vj angeben, und

^1 die Ladung von ^i, wie sie durch die Formel unter b) bestimmt wird, ist.

Nach diesen Festsetzungen vergleichen wir die beiden Raumintegralo

e) W^ = 2ir f j f (/2 + .72 + /,2) ^,, dy dz •und

deren Gebiet das gesammte electrische Feld innerhalb der Fläche $ und ausserhalb der Flächen äj, «g?-- ausmacht.*

136 Der Thomson sehe Salz vom Minimum der Bnergie. [100 b.

Zur Verbindung der Functionen /, //, h mit ^1' nelim<?n wir nocli drei andere Functionen m, r, w, die wir so bestimmen, dass

1 dW . 1 c^'. , 1 a^"

ist und setzen

h) W^ = 2ir i l\ (m3 -h ü2 + i/;2) rfx dy dz,

indem wir unter 6 die Resultante der m, r, «? verstehen..

Wir haben dann nach den Gleichungen g) für das Element von W t^ die Gleichung

+ t"* -H tu'

_ 1 / m

mithin nach e), f)? h)

Die hier eingeführten Functionen m, r, ?t? genügen aber ganz denselben Bedingungen wi« die durch gleiche Symbole bezeichneten im vorhergehen- den Artikel.

Denn erstens ist wegen der Beziehungen unter a4) und c)

' ex oy dz ex cy cz Atz

Femer haben wir

l \(/iM 4- WitJ 4- Wim;) c^«i = J j (/i/+ mi/7 + WiÄ) (7^1 + j^ U

woraus bei Berücksichtigung der Gleicliungen unter b) und d) folgt

k) \ \ (liu + »?!« -+- u^to) ds^ = 0.

Endlich ist W auf den Flächen «j, «2? constant gleich ^'j, Wo, , . und verschwindet ganz auf der Fläche «. Damit sind aber alle Bedingungen

«

zur Existenz der Gleichung 3) in Art. 100a) erfüllt, und. die Gleichung 1)

reducirt sich auf

li) W^==W^-i-W(^,

Das Element von Wa besteht aus einer Summe von Quadraten, diese Grösse kann also nur positiv oder Null sein, und im letztem Falle müssen die Functionen m, r, w jede für sich verschwinden. In den Punkten des

lOOc] Erweiterung des Thomson sehen Satzes. 137

electrischeu Feldes, wo die m, r, w von Null verschieden sind, wird Tr£.> n> sein.

Wir können aber immer die Beziehungen für die /, </, h unter g) so wählen, dass für jeden Punkt des electrischeu Feldes a=:t? = = 0 ist, denn die Supposition

1 m 1 cW , 1 cW

ändert nichts in den vorangehenden Deductionen. In diesem Falle haben wir dann

2,) . W^==W^,

und dieser Wert von TFj) ist kleiner als der bei irgend einer andern An- nahme für. die Functionen /, </, h stattfindende.

Dass das Potential für unsem Fall eindeutig bestimmbar ist, haben wir bereits Art. 99b) nachgewiesen, wir sehen jetzt, dass auch die electrische Verschiebung denn diese wird durch die ersten Differentialquotienten des Potentials gegeben sich eindeutig ableiten lässt.

Dieser Satz ist in allgemeinerer Form, die wir bald kennen lernen werden, zuerst von W. Thomson aufgestellt worden.*)

100c. Das Thomsonsche Theorem ändert sich gar nicht, wenn wir die Bedingungen unter c) und d) für die Functionen /), </), h) dadurch ver- allgemeinem, dass wir für jeden Punkt des electrischen Feldes

df dg dh

^ ox cy cz ^

setzen, wo p, die electrische Raumdichte, überall im Felde gegeben ist und continuirlich oder discontinuirlich verlaufen kann, wenn n\yi Jff^dxdydz in jedem endlichen Gebiet auch einen endlichen Wert hat. Natürlich muss dann auch

g2ll;' g2^- g2ll/

*^ cx^ cy^ cz^ ^

sein.

Weiter können wir für einige der Innern Grenzflächen in dem Felde

statt der Gleichung d) die allgemeinere

d') /i/i -h Wj (/i + WiÄi H- /;/; + m\g\ -+- n\ h\ = Jj

setzen, wenn /, ?«, n und /', m\ n' die Richtungscosinusse einer Normale der Fläche nach den Gebieten, wo die Verschieb ungscomponenten /, g^ h bezüglich /, g\ h' sind, bezeichnen und wenn jj, die Flächendichte in einem Punkte der betreffenden Fläche, überall so gegeben ist, dass sie stetig oder unstetig der Bedingung, dass /Jf^i dfi^ für ein endliches Stück der Fläche

*) Cambridge and Dublin Matiiem, Journ, 1848 Febr.

138 Erweiterung des Thom so nschen Satzes. [100c.

endlich ist, genügt. Nehmen wiF auch noch an, dass für jeden Punkt der äussern Fläche « das Potential W constant und" die Gleichung

a') l/rh mg + nh-h /'/ -+- mg' -i- n'h' = u

erfüllt ist, wo wieder die Flächeudichtc j in dem betreffenden Punkte der äussern Fläche gegeben ist, dann fällt auch die frühere Bedingung, dass W auf der Fläche » verschwinden sollte, fort.

Es gilt dann in allen Flächen die Gleichung b') -X l-T:-T + 4irj = 0.

Durch diese neu eingeführten Bedingungen ändert sich die Form der Functionen u, r, w gar nicht, es bleibt

, 1 cW 1 aW , \ dW >

Ferner haben wir für jeden Punkt des Feldes nach c'), a^), g)

^ dx dy dz dx dy dz -iTz '

und für irgend eine der innem Grenzflächen

I I (/j M + 7»! t? 4- Wi w) ds^ -\- \ \(l[u' H- m'j v' H- n\ iv) dsi

= fj(/i/4- w/ii7 + «iÄ)rf«i + f j(/;/ + m[g' + n[h')ds

also wegen d') und b')

k') l l(/iM-h m^r + n^w-h l[u' '{-m[v'-\-n[w'\d8i = b.

Endlich ist noch in der Fläche s \\^^(lH-hmv'hnw)d4i-i-\\ W.(l'u' -h m'v' -h n'w') ds

= j j^F (// 4- m^ + 71 A) c/« -f- r U- (/'/ -h m'g' -h n'h') ds

also weil W constant und die Bedingung a') mit b') zusammen besteht \\ilu -^ mv -h nw-\- l'u' -hm'v' -h 7i' w' \ ds = Ox

101 a.l Dielectrische Medien. 139

Nach 100a ist demnach wieder

also

so dass

ein wirkliches Minimum ist, wenn wie früher

gesetzt wird.

Dielectrische Medien.

Coniponenten der Yerschicbung und der clectromotorischea

Kraft.

lOla. Bis jetzt haben wir unsere Theoreme so gcfasst, als ob die Eigenschafteu eines electrischen Systems lediglich von der Configuration und Lage der einzelnen Körper und von ihreo Ladungen abhängt. Von den Einwirkungen der dielectrischen Zwischenmedien haben wir dagegen ganz abgesehen.

Solche Gesetze also, wie zum Beispiel das Coulomb sehe, dass die electromotoiische Kraftintensität 7? unmittelbar an einem Conductor stets durch die Beziehung

gegeben ist, gelten nur so lange, als wir uns in ein und demselben Dielectricum, das wir als Standard betrachten, aufhalten. Jene Belation ändert sich aber von Medium zu Medium, wie schon Cavendish experimentell gefunden, wenn auch nicht bekannt gemacht hat, und wie es später von Faraday nochmals unabhängig entdeckt worden ist. Ich habe aber schon an einer andern Stelle bemerkt, dass wir, um die Erscheinungen in ihrer möglichsten AUgemeinheit verfolgen zu können, zwei Vectorgrössen ein- führen müssen. . Diese beiden Grössen die electromotorische K-raftintensität und die electrische Verschiebung sind zwar für sich durch Gleichung»^n von unveränderlicher Form mit dem Potential bezüglich mit der electrischen Verteilung verbunden. Aber die Relation zwischen ihnen .wird durch die Natur des dielectrischen Zwischenmediums bestimmt, und noch ist die

140 Diclcctnsche Medien. [101b.

allgemeinste Form der sie verknüpfenden Gleichungen nicht völlig eruirt und scheint nur experimentell durch in verscliiedenen Dielcctricis anzustellende Versuche entdeckt werden zu können.

' 101b. Die electromotorischc Kraftintensität ist nach ihrer in Art. 68 gegebenen Definition die mechanische Kraft, welche auf eine kleine Elec- tricitätsmenge e ausgeübt wird, dividirt durch diese Electricitätsmcnge.

Wir bezeichnen ihre Componenten durch P, Q, R und sie selbst als Vector durch ©.

In einem im electrischen Gleichgewicht befindlichen Felde ist das zwischen zwei Punkten genommene Linienintegral von 6 unabhängig von dem Integrationsweg, 6 ist also die Raum -Variation eines Potentials W und man hat

1) p^-^, a^-f, n^-^,

^ ex Clß CZ

was sich in der Sprache der Quaternionen kürzer durch die Gleichung

2) e=— V^"

ausdrücken lässt.

101c. Die nach einer Richtung vor sich gehende electrisohe Verschiebung ist nach ihrer in demselben Art. 68 gegebenen Definition gleich der Elec- tricitätsmenge , welche durch eine zur Verschiebungsrichtuug senkrechte kleine Fläche hindurchgeht, dividirt durch den Inhalt dieser Fläche.

Wir bezeichnen ihre Componenten durch /, ^, h und sie selbst als Vector durch 2).

Die Raumdichte der Electricität ist dann in irgend einem Punkte

« X ß/ da ch

^ ^ ex Clß dz

oder in der Sprache der Quaternionen

3b) p = 5.V5?.

Dia FlächendicTite einer geladenen Fläche folgt aus der Gleichung 4 a) (j = //-+- mg 4- 7\h -t- l'f 4- m'y 4- n'li!

/^g^h; /,g\h' sind die Verschiebungscomponenten unmittelbar an der Fläche in den bezüglichen Gebieten, nach denen die bezüglichen Normalen v, v' mit den Richtuugscosinussen /, w?, n; /', in\ n' gezogen sind. Benutzen wir wieder die Ausdrucks weise der Quaternionentheorie, so lautet jene Gleichung

4b) (j = [5 . 6^® + S . IWZ'] '

wo Lh, LV Einheiten der Normalen zu beiden Seiten der Fläche bedeuten, und das vorgesetzte S wie bisher angiebt, dass man von den Producten 6^v©, C/^v'S)' den scalaren Teil zu nehmen hat.

101 e.] Diclcctrisclie Medien. 141

Für den speciellen P\all, dass wir es mit einer Conductorfläche zu tun haben, bei der v die nach aussen gehende Normale bedeutet, ist / = ^' = Ä' = 2)' = 0 und

4 ,) cj = //-h mg -h nh

die gcsainmte Ladung des Conductors also

5,) e = \ \(//+W(7-h»i/0</«

= I Ls.f/vSf/Ä.

101 d. Die electrische Energie \V des Systems ist, wie wir in Art. 81 bestimmt haben, gleich der Summe der halben Producte aus den Ladungen in die zugehörigen Potentiale, also

Ga) W=^\^eW

= i n Y^' dx dy dz -{- ^ \ (j^'rfs

Das Raumintegral bezieht sich auf das ganze electrische Feld, das Flächenintegral auf die Oberflächen aller Conductoren.

Noch einen andern Ausdruck für die Energie liefert uns der Satz IITi Art. 21. Indem wir nämlich daselbst

schreiben, erhalten wir

Darnach wird W zufolge der obigen Gleichung für die Energie

=^iW

(/P-hgQ-^hB)dxdi/dz.. .

lOle. Nach diesen Vorbereitungen stellen wir die Beziehung zwischen S und für die uns am meisten interessirenden Fälle auf.

Gewöhnlich leitet man die Einheit der Electricität aus, Versuchen, die in Luft angestellt sind, ab. Seitdem aber Boltzmann experimentell nach-

1 42 Ziisamracn'hang zw. cleciromof. KHft ii. electr. Verschiebung. [101 o.

gewiesen hat, dass die dielectrische Constante der Luft grösser ist, als die eines Vacuums, und dass sie mit Aendcrung der Dichte der Luft in ihrem Betrag' variiii, sind alle electrischen Messungen streng genommen entweder auf Luft von bestimmter Dichte und Temperatur, oder, noch wissenschaft- licher*, auf ein Vacuum zu bezichen, ganz so wie auch die in der Luft ge- messenen Brechungsindices fiir das Vacuum corrigirt werden müssen. In beiden Fällen sind aber die anzubringenden Reductionen so unbeträchtlich, dass sie nur bei sehr feinen Messungen sich bemerkbar machen.

Für das Standard-Medium haben wir nun, wenn es isotrop ist,

7,) 47:S = g

und

8i) 4i:/=P, 4r.g=Q, 4:tJi^R,

also in einem andern ebenfalls isotropen Medium mit der Dielectricitäts- constante K

82) 4t:/= KP, iug = KQ, 4tJi = KR,

m

In manchen Mtjdien freilich, wie in Glas, das man am sorgfältigsten untersucht hat, ist die Relation zwischen S und complicirter, da sie die zeitliche AendeYung eines oder beider Vectpren enthält.

Ihre Form ist dann

F(I^,(5, 5),e, 2),tö...) = 0.

Jch werde aber hier noch keinen Versuch machen, Beziehungen solch allgemeiner Art zu entwickeln, sondern mich auf den einfachsten Fall, in welchem 55 eine homogene lineare Vectorftinction von S ist, beschränken.

Verstehen wir also unter 9 eine lineare, homogene Vectorftinction, so setzen wir allgemein

7) -47:5) = 9(6),

und haben dann für die ComponQ^ten von S entsprechende lineare, homogene Functionen der Componenten von 6, also

4r./ ^KxxP-^- Kxu Q + Kxz /?,

8) 4T.g=Kp:cP-hKyyQ-^KyzIi,

4r A = Äix P -I- KzfjQ -+- Kz, R.

In den Coefficienten zeigt der erste Index die Richtung der Componente der Verschiebuüg, der zweite die der Componente der electromotorischen Kraftintensität an.

Drücken wir umgekehrt 6 durch S aus, so ist

9) ^e=<p'C5»,

101g:.] Gleichungen zwischen den Coefficienten. 143

10) ■][zQ = kx,jf^k,jyg.+ hyh, ' .

1 j^ Ä = kjegf H- kyzg + A-«Ä.

Die linearen, homogenen Vectorfiinctionen 9 und 9' enthalten in ihrer allgemeinen Form 9 Coefficienten, die durch die Natur des Mediums bedingt werden. Fallen die Coefficienten mit gleichem. Indexpaar zusammen, so heissen sie sich selbst conjugirt.

lOlf. Man kann aber leicht zeigen, dass, wenn die Dielectrica conservative Systeme bilden und man weiss, dass das in der Tat der Fall ist, weil sie ungestört beliebig lange Energie aufzubewahren im Stande sind , die Functionen 9 und 9' wirklich selbstconjugirt sein müssen.

Bezeichnen wir nämlich mit d]V die Arbeit der electromotorischen Kraftintensität während einer Verschiebung, die siph aus den auf die Volum- einheit des Mediums bezogenen Componenten rf/, dg^ dh zusammensetzt, so ist

11) dW = Pdf+Qdg -h Rdh,

und da das dielectiische Medium sich bei einer electrischen Verschiebung conservativ verhalten sollte, so muss W eine Function von /, g-, h sein. Die Verschiebungscomponenten können aber ganz unabhängig von einander gewählt werden, mithin haben wir zu setzen

12) P=_, Q = _, ij = .

Aus derselben Tatsache der Unabhängigkeit der Componenten/,^, h von einander, folgt dann weiter

14) ^=^.

^^^ dg df

Beachten wir aber, dass dP/dg^Ar.ktjx und dQ/d/=4i:kx!; ist, und dass dieselben. Betrachtuugen auch für die Paare P, R; (?, R gelten, so erhalten wir

Damit erg^ebt sich dann leicht auch

b) Kyx = -^xy, J^ty = ^yz, Äx» = A4

XX'

101g. Benutzen wir diese Resultate zur Umgestaltung der electrischen Energie, die wir durch IFcg, Tr<j) bezeichnen, je nachdem sie durch die

144 Ausdrucke für die Eaer^e. [101 h.

Componenten der electromotorischen Kraftinteneität oder durch die der Ver- schiebung bestimmt ist, so erhalten wir

15a) Trg= ^JJ^iT^ P2 ^- K^^ Q^ + K„m + 2K^^QR + 2JSr„ KP

, +2K^^PQ\dxdydz,

15b) W^ = 27: HKä-,. + k^^g^ + A-„A» + 2k^^gh + 2fc,,Ä/

^'iK^fgjdxdydz,

15 c) ir = 4 ) J J (/^ + ff Ö + i? a) rfx rfi? rfj

oder

loa) W^= - 3^ f J5.g9((5)rfr,

15b) W^ = --2A\\S.^^'(^)dT^

15c) * Tr= ij ( U.2)g^t.

Der Vollständigkeit wegen habe ich noch die letzte Form hinzugefügt, die schon in Art. 101 d) abgeleitet worden ist.

Im ganzen haben wir also 6 Ausdrucksformen für die Energie in einem <3lectrischen Felde kennen gelernt, nämlich ausser den drei eben gegebenen noch die drei anderen in Art. 87 aufgestellten. Die letztern sind aus den Ladungen und Potentialen der Conductoren zusammengesetzt, " sie gelten also unter der Annahme einer Wirkung in die Ferne.

Die erstem drei dagegen stellen die Energie durch Raumintegrale er- streckt über das ganze electrische Feld dar und drücken die T^atsache einer Wirkung vermittelst des Zwischenmediums aus. Sie enthalten die Componenten der electromotorischen Kraftiutensität, bezüglich die Componenten der elcctrischen Verschiebung, bezüglich die Componenten beider genannten Grössen.

Allgemeine Form des Green sehen Satzes.

lOlh. Wir leiten den Greenschen Satz für diesen allgemeinen Fall eines heterogenen anisotropen Mittels ab, indem wir in Theorem Uli Art. 21

\ ^* cx *y öl/ '* cz )

\ y^ vx yy cy y\cz )

\^ ^* cx ^y vy '* Cz )

flOlh. Der Grcenschc Satz in dielectiiscben Medien. 145

setzen. Die Substitution ergiebt unter Berücksichtigung der Gleichungen unter b) in Art. 101 f)

..0^

^y

4-

dy \ y* ex yy oy y* cz )

cz \ •' Cx *y Cy ** cz yj

-M^.

** a.r e^ yy dy dy '* dz dz y'\Cy Cz cz cyj ^'\ cz cx c,c dz J

,, fd^' 8(1> d^' r<D\l ,

T

JJJLöwpV -f'c^' ''y cy ** cz )

"^ a^ V y* eu; '^'^yy dy "^ ^>* cz ;

CJ V ^-^ ^y dy " 6^:: / J

Kürzer lässt sich das in der Sprache der Quaternionentheorie durch die Gleichungen ausdrücken

Ib) \U'Ä.C.^^(V.<I>)^«— V\U'''S:.(S7<pV)<I>^t

= _| U .9,y U' 'f VcD JT = + m .S. va)cp V T r/r

Maxwell, Electricität u. Magnetisinos. I. 10

14() Grenzwerte für die eloctrischc Capacität. [102 a.

Grenzwerte für die electrische Capacität.

102 a. Als Anwendung der bisherigen Untersuchungen bestimmen wir nach, der vgn J. W. Strutt in der Abhandlung On the Theory of Besonance Phil. Trans. 1871 entwickelten Methode die Grenzwerte, zwischen denen die Capacität eines Conductors liegen muss.

Als Capacität eines Couductors oder eines Systems von Conductoren haben wir die Electricitätsmenge definirt, welche sich auf ihm befindet, wenn sein Potential gleich der Einheit, das aller andern noch* etwa Tor- handenen Conductoren aber gleich Null ist.

Es seien pun s^, W^^ e^ und «o, Wq^ e^ Flächeninhalt, Potential und Ladung des Systems von Conductoren, dessen Capacität bestimmt werden soll, bezüglich des Systems, das sich sonst noch im Felde befindet, e^ ist dann gleich e^,

Giebt q die Capacität von s^ an, so ist

femer die Energie des Gesammtsystems bei der betreffenden electrischen

Verteilung

a) Tr=i.,(*-,-U^),

demnach

Ib) q =

e Ic)

9

2Jr

Nehmen wir nuil einen speciellen Wert für W, der auf «^ gleich 1 und auf Ä^^ gleich Null wird, und berechnen mit ihm 'das über das ganze elec- trische Feld zu erstreckende Raumintegral

SO kann nach Art 99b) W jedenfalls nicht grösser sein als dieses TF^,.; die obere Grenze von q ist also gleich 2\V^,

Zur Bestimmung der untern Grenze von q benutzen wir ein System von Werten von /", ^, A, welches der Gleichung

d/ dg dk ^' ^ öx oy cz

genügt, und ferner

d) \\(JJ+^x9 + ^i^)ds^^e^

102b ] Grenzwerte für die electrische Capacität. 147

macht. Berechnet man mit den so bestimmten Functionen das ebenfalls über das ganze electrische Feld zu erstreckende Kaumintegral

"'-=^'=ilf

80 ist nach Art. 100c) W jedenfalls nicht grösser als dieses W^^ die untere Grenze von q ist daher e\/2W^^' also

2W

2) ^2W^>q>^^lr-

2)

Darnach verfahrt man bei der Bestimmung der Grenzen von q so, dass man auf «^ und s^ electrische Verteilungen annimmt, deren Summe Null giebt. Damit berechnet man ein dieser Verteilung entsprechendes Potential ^', das auf *, gleich 1 und auf «q gleich 0 ist, und aus der Gleichung b) die entsprechende Energie W^, Es ist dann

q<:2'\Vyp. •Femer macht man

^^ 4i:Ö:c' ^~ ir.dy Ar. dz '

und bestimmt nach e) die Energie TF^j. Man erhält so

Es ist dabei nicht nötig W^^ durch eine Integration über das ganze electrische Feld zu eruiren, denn da im ^nzen Felde V ^ ^' = 0 sein muss, so haben wir auch

ej ' W^ = i jjy CT, ds, 4- i jj^* ^0 ^0,

wo sich das erste Integral auf die Conductoroberfläche «j, das zweite auf die «0 bezieht.

Wenn gar keine anderweitigen Conductoren in endlicher Entfernung von «1 vorhanden sind, verschwindet das zweite Integral.

Wegen weiterer Ausführungen verweise ich auf Art. 308.

102b. Die obige Methode für die Bestimmung der Grenzen, innerhalb deren die Capacität eines Conductors sich befindet, erfordert die Berechnung eines Potentials, dessen Eruirung selbst meist mit grossen Schwierigkeiten verbunden ist. Ich will daher noch zeigen, wie man das Potential von Conductoren mit beliebiger Annäherung bestimmen kann, wenn seine Werte auf den Conductoren selbst gegeben sind.

Es sei also, um bei dem uns interessirenden Fall zu bleiben, s^ die Fläche des Conductors (oder eines Systems von Conductoren), auf dem das

»

10'

148 Angenäherte Beieclinung des Pofenlials. 102b.]

Potential 1 ist. und' Hq die eines andern Conductors (oder eines Systems von Conductoren), auf dem das Potential den Wert Null hat.

Stellen wir uns vor, dass mau die Kraftlinien von a^ nach Sq in gewisser Annäherung zu ziehen vermag und bezeichnen mit s^8^y, Pi^^^ die Bogenlänge einer solchen Linie vom System Si bis zu dem s^y bezüglich von einem Punkte P bis zu 5^, so können ^ir in erster Annäherung für das Potential den Wert

1) U\=^*^

«i»o

nehmen, der auf s^ gleich 1 und auf s^^ gleich 0 wird.

Ziehen wir nun die Kraftlinien, welche senkrecht zu den Niveauflächen il* ^ const. sind, und bezeichnen ein llogenelement derselben mit ds\ so haben wir für die Kraftcomponenten in erster Annäherung

wenn R die resultirende Kraft bezeichnet. Um zu einer zweiten Annäherung zu gelangen, nehmen wir diese Kraftcomponenten etwas allgemeiner

und bestimmen y so, dass dieLaplace sehe Gleichung dficx H- dgldy -+- chldz = 0 erfüllt wird.

Wir machen also

^ ^ ^ dx dx dy dy dz dz

Diese Gleichung für p lässt sich aber leicht integriren, denn da w^egen der Beziehungen unter a)

dpdW, ^ dpdW, ^ dpcW,^ ^^ dp^ ^a dp 1 ^ dx dx dy cy cz dz * ds i ds Uy

■~^^» ds d^\~~^^^d^\\

da ist, so folgt aus c)

somit

Die Integration nacli W, bezieht sich auf alle Werte des U', längs der Kraftlinie s^ «g. Führt man diesen Wert von ;> in die Gleichungen b) ein,

[102 c. Angenäherte Berechnung des Potentials. 149

SO erhält mau die zweite Annäherung für die Kraftcomponenten. Die zweite Annäherung für das Potential, also U*o, ergiebt sich dann, weil

__d%_ dx . dp dz rf%

ds '' ds ^ ds ds~ ^ äs ist, nus

W.2 verschwindet schon, wenn ^\ gleich Null ist, also auf Sq. damit es auch die zweite Bedingung erfüllt und auf ä, gleich 1 wird, rauss die Con- stante C aus

f) ^J* d%=l

0

bestimmt werden. Aus dieser zweiten Annäherung ^Fg kann man wieder eine dritte W^ u. s. f. rechnen.

Die damit bestimmten Energieen {Fy, , T^i^i, ^^^v,, ^V^^, geben

dann .nach der im Vorigen auseinandergesetzten Methode für die Capacität Werte, die bald grösser bald kleiner, als ihr wahrer Wert sind und diesem sich möglichst zu nahem gestatten.

Zur Ausführung dieser Methode ist aber, wie man sieht, die genäherte Kenntnis des Verlaufs der Kraftlinien nötig, weil sonst die Integrationen sich nicht ausfuhren lassen, und das erschwert und beschränkt ihre An- wendbarkeit ganz beträchtlich.

102c. Ich lasse ein Beispiel zu ihrer Klarstellung folgen, indem ich die Niveauflächen und Inductionslinien (Kraftlinien) in einem electrischen Felde zwischen zwei schwach gekrümmten und nahezu parallelen Flächen ange- nähert bestimme.

Sei z die Axe, welche beide Flächen senkrecht verbindet,

die Gleichung der Fläche, auf der das Potential gleich Null, und

die derjenigen, auf welcher es gleich 1 sein sollte, a und ft, wo b grösser sein soll als a, sind dann gegebene Functionen von u\ y^ deren Derivirte nach .r und y wegen der schwachen Krümmung der Flächen sehr klein sind.

Offenbar kann man wegen des eben erwähnten Umstandes zunächst an- nehmen, dass die Kraftlinien parallel der ::Axe laufen.

Da ^\ = Pso/*i*ü s®^^ sollte, so ist iu erster Annäherung

^ b a

150 Potential zwischen zwei schwach gekrümmten Platten. [102c.

Die Kraftlinien laufen senkrecht zu den Flächen

Z ~—' CL

^1 = 7 = const.,

* b a . '

und die Kraftcomponenten sind

_Ö5\ __öU^ _ W, 1

Bei der Bildung von R\ können wir /^ und ^j als sehr klein gegen h^ fortlassen und dann bleibt .

Femer ist bei Vernachlässigung von Producten der Derivirten von a und b nach x und y

^rra{v*« + 'PiV''(*-«)}

Also

woraus folgt

und

1^2

= c{^, + (6 - a) (i^Wj + i ß*-?)].

Für Vj = l sollte **3 = 1 sein, man hat also bis auf kleine Grössen zweiter Ordnung

6'=l-(6_a)(i^+^ß),

und damit

i' = 1 + i (* «) V -(2b + 6) _ (s a) V 2o - i ^"TT^* V "(Ä - a)

^Fj, ist die zweite Annäherung an das Potential.

102c.] Potential zwischen zwei schwach gekrümmten Platten. 151

Die zweitgenäherten Werte für die Kraftcomponenten ergeben sich aus den Gleichungen b) des vorigen Artikels zu

/2 b --^ aldx^ b -- a dx J

_ p rda z a 8(6 a)"! ^^ ~~ h a \jiy b a dy J'

Ao = -.-^

b a

Sind endlich j^, <j^ die Flächendichten auf den Flächen a und b und ^P'^, ^^ die zugehörigen Potentiale, so haben wir noch

"b

Cap. V.

Mechanische Kräfte zwischen zwei electrischeu

Systemen.

103. Wir bezeichnen die beiden electrischen Systeme, um deren Ein- wirkung auf einander es sich liandelt, durch E^ und E2 und die bezüglichen Raumdichten der in ihnen angehäuften Electricitätsmengen durch pj und po.

Die in Riclitung der x Axe wirkende Abstossungekraft eines Elements (jTo? !/2^ *i>) in E2 auf ein Element (xi^ Uith) i^ ^1 ist dann

^' = Pi P2 -^3 " ^^1 ^!/i ^h ^-«'s ^1/2 ^h »

r3 = {x, - ^o)2 + {y, - y^y + {z, - z.y

ist. Giebt also A die nach der ^^Axe gerichtete Kraftein Wirkung des ganzen Systems E^ auf das ganze System E^^ so haben wir

1 a) ^ ^J J M J J ~~r3~' Pi P3 d^i ^yi ^h ^-^2 dUi ^h-

Die Grenzen der Integrationen werden durch die Grenzen der beiden Systeme Eo und E^ bestimmt. Da aber p^ nur in 7t\ und p2 nur in E^ von Null verschieden ist, so kann man auch ± ,oc als Integrationsgren?en wählen.

Die obige Formel für die Kraftwirkung ist der mathematische Ausdruck der Annahme einer Wirkung in die Ferne zwischen den beiden electrischen Systemen, ohne Rücksicht auf eine etwaige Modificirung des Kraftgesetzes durch das beide Systeme trennende Medium.

Führen wir wieder das Potential -ein, das wir durch W^ bezeichnen, wenn es von der Einwir-kung des Systems £"3 auf ein Element (xj, y^y Zi) von El und durch U'i, wenn es von der Einwirkung des Systems E^ auf ein Element (j-o, ^o, zo) in E^ herrührt, so haben wir zunächst*

104.] Darstellung der Kraftcompo^entea durch Raumiutegrale. 153

a) %=^^{^-cix,di,,dz,,

d) V3^P\ = -i-47rpt,

wozu noch kommt, dass ^'3 und ^V\ in der Unendlichkeit verschwinden. Damit erhalten wir

Ib) ^ = jjj-^pi^ic^^i'^-'i,

oder wenn von der Gleichung d) Gebrauch gemacht wird,

ein Ausdruck für die Kraft, der nur noch die beiden Potentiale enthält.

Es ist dabei vorausgesetzt, . dass ^'o sowohl wie W^ in jedem Punkte des electrischen Feldes einen bestimmten Wert hat.

104. Wir haben schon bemerkt, dass man als Integrationsgrenzen aucli :t oc wühlen darf, allgemein also irgend welche Grenzen, durch die das S3'stem A\ vollständig 'eingeschlossen wird. Im Folgenden werden wir an- nehmen, dass die beiden Systeme -fe\ und A\ so zu einander liegen, dass sich stets eine geschlossene Fläche s angeben lässt, welche Ei gänzlich einscliliesst und E2 gänzlich ausschliesst.

Setzen wir dann

e) p = Pi + P2, W=vi'\-h^'2,

so ist innerhalb s

P2 = 0, p = pi.

und ausserhalb s

also auch

Pi = 0, p = Po,

rd) A = -^\^-^^'dx,dy,dz,.

. Auch die Form 1 c) für die Kraftcomponente A können wir in ähnlicher Weise umgestalten.

Es ist nämlich zunächst

4 ^ .1 = - J j" J— c^— V K'y - IV) d^x %. <^M >

154 Darstellung der Kraftcompongnten durch Flächenintegrale. [105.

und da innerhalb der Grenzfläche s die Grösse V ^ ^'3 = 0 ist, so wird

Die Grösse

bezeichnet aber die in Richtung der x Axe fallende Kraftwirkung des Systems E^ auf sich selbst, sie muss also verschwinden, weil die Wirkungen zweier Teilchen aufeinander sich gleich und entgegengesetzt sind. Damit wird

le) ^ = -ij'j'j'^V»Wrfx,rf^idz,.

^ ist das Potential beider Systeme auf ein Element des Systems iJj, und die Integration erstreckt sich auf den ganzen Bauin innerhalb der Grenz- fläche «, die das ganze System E^ einschliessen muss, aber keinen Teil des Systems E2 enthalten darf.

105. Ich leite fiir die Eraftwirkung A noch einen andern Ausdruck ab, in welchem die dreifache Integration über den Raum innerhalb s durch ein zweifaches Integral über die Fläche s ersetzt ist..

Hier leistet uns, wie im vorigen Capitel, das*Theorem JH^ in Art. 21 die nötigen Dienste. Ehe wir es aber anwenden können, müssen wir die Grösse

auf die Form

bringen. Nun ist

dX 87 8Z

dx dy dz

dWoW

dx dx^

^dx\dx)'

dx dy^'~dy\dx dy) dydxdy 8^\8u? dy) ^dx\dy)

m

und ähnlich

dW dW d /8U' cW

dx

c'c- ~ dz \ dx dz ) ^ dx\dz )

106.] Darstellung der Kraftcomponenten durch Flächcaintegrale. 15.')

Setzt man also

cy dz ' '*y'

dz cx ' ^ »*

^— :^— = 47rp =471» ,

so wird

4^ ö^ aa? öy dz

also nach dem citirten Satz

3f) C =J J a^^x. + ^Py, + ^p J ^«•

Die Integrationen erstrecken sich über die Fläche «, welche E^ ganz einschliesst und E^ ganz ausschliesst. Wenn nun die Wirkung von E^ auf El direct ohne Inanspruchnahme des zwischenliegenden, Mediums vor sich geht, so haben die Grössen p weiter keine physikalische Bedeutung; sie sind dann einfach als Abkürzungen für die Grössen zu betrachten, denen sie gleichgesetzt sind.

Abstrahirt mau aber Yon einer actio in distans und sucht die Ein- wirkung zweier electrischer Systeme aufeinander aus einem Zwange, der in gewisser Weise im Zwischenmedium verteilt ist, abzuleiten, so ist klar, dass man die ganze mechanische Wirkung von E2 auf E^ muss berechnen können, wenn man die Zwangskräfte in jedem Punkte einer Fläche «, welche E^ von E2 trennt und E^ ganz einschliesst, kennt. Denn wenn man damit nicht die ganze Kraftwirkung von E2 auf E^ erhielte, so müsste eben noch eine Wirkung von Teilen, die ausserhalb s liegen, auf Teile, die sich inner- halb 8 befinden, zur Vervollständigung hinzutreten.

156 Componenten des Zwanges im Zwischenmedium. [106.

Das erste Erforderjiis zur Rechtfertigung der Annahme einer Wirkung vermittelst des Zwischenmediums ist also die Umwandelbarkeit der Raum- integrale für die Kraftcomponenten über den Raum innerhalb s in Flächen- integrale über 8.

m

Wir haben aber eben gezeigt, dass eine solche Transformirung wirklich möglich ist, und wir haben die drei Kraftcomponenten durch die drei Flächenintegrale unter If), 2f) und 3f) dargestellt.

Vergleicht man aber diese Ausdrücke mit den für die entsprechenden Grössen in der Elasticitätstheorie geltenden Gleichungen, so folgt, dass wenn wir der Annahme folgen, vermöge deren zwei electrische Systeme auf einander nicht direct, sondern vermittelst eines Zwanges, der in dem Zwischenmedium continuirlich verteilt ist, wirken, dass wir dann die ein- geführten Functionen p^^., als die Componenten ßines in dem Medium

wirklich vorhandenen Zwanges zu betrachten haben.

106. Die Verteilung des Zwanges und seine Natur wird uns klarer * werden, wenn wir die Fläche « specialisiren. Da diese Fläche keiner andern Bedingung unterworfen ist, als der, dass sie Ei vollständig ein- schliesst und Eq vollständig ausschliesst, so können wir auch irgend eine äquipotentielle Fläche, welche der obigen Bedingung genügt, zur Fläche s benutzen. Ist dann v die nach aussen gerichtete Normale derselben und R die re&ultirgnde Kraftintensität in Richtung von v, so ist

... o«r bW 6«F

IU= . -•) Rtn = - 1 Rn= -. ? ex Cfi cz

alsp nach den Gleichungen unter 2)

2.) ,

1

n = p . = 7— iJ^ Im.

106.J Natur des Zwanges im Zwisolieumedium. 157

Bezeichnen wir durch a^,ft.,c^die Componenten der Druckkraft, welche senkrecht zu ds auf die Flächeneinheit wirkt, so ist

3) K.= 'Pyx + '>'P,j»+'*P'J.>

also zufolge der obigen Werte für die p

3.)

4i) {<

«K

1

8t:

R^l,

''.

1

Si:

R^m,

C^

1

St:

R^n,

<

u

Daraus ergiebt sich, dass die Kraftwirkung des ausserhalb ds befind- lichen Mediums auf das Medium, welches sich innerhalb ds aufhält, senk- recht zu ds und nach aussen gerichtet ist. Sie besteht also in einer Spannung gleich der eines Seils, und hat zur Resultanten

O ii.

Wir nehmen zweitens an, dass ds ein Flächenelement Ton s ist, welches senkrecht zu den Niveaufläch en, die es treffen, steht.

Wir haben dann

^W dW d^' ^ l -o~ ^w-^ hn^— = 0.

ox oy oz

Andererseits ist aber

also durch Combination beider Gleichungen

Die drei Componenten ö^, h^^ c^ des auf die Flächeneinheit und senk- recht zu derselben wirkenden Druckes sind demnach

158 Natur des Zwanges im Zi^iseheninediuin. [100.

3,) _J^ = J-ß2«,

Steht also das Flächenelemeut ds senkrecht zu den Niveaufläcben, so ist die darauf wirkende Kraft eine Druckkraft, die wieder das Element senk- recht angreift. Ihr numerischer Beü'ag ist gleich dem der vorher bestimmten Zugkraft, die auf ds wirkt, wenn es parallel einer Niveaufläche verläuft.

Damit ist der Charakter des Zwanges in dem Medium vollständig klar gestellt.

Die Kichtung, nach der die electromotorische Kraftintensität an einer Stelle des Mediums wirkt, ist eine Hauptaxe des Zwanges, der längs der- selben eine Spannung von der Grösse 7^^/ 8t: verursacht.

Jede zu der Richtung der electromotorischen Kraftintensität senkrechte Richtung ist ebenfalls eine Hauptaxe des Zwanges. Doch äussert sich hier der Zwang in einem Druck von derselben Grösse R^/S' wie die zuerst an- geführte Spannung.

Der Zwang ist von ziemlich specieller Natur, denn alle Hauptcompo- nenten desselben haben numerisch denselben Betrag. Die Zeichen der den Zwang in Richtung der electromotorischen Kraftintensität zusammensetzen- den Componenten sind aber den Zeichen der Componenten, aus welchen der Zwang senkrecht zu jener Richtung resultirt, entgegengesetzt.

Demnach gelten zwischen den sechs eingeführten Variabein ;?, weiche den Zwangzustand des Zwischenmediums bestimmen, wie man leicht aus den Formeln unter 2) deduciren kann, die folgenden drei Bedingungs- gleichungen

Pz\= (Pzz + Pzx) ^Pyy + KJ»

und' es fallen die sechs Variabein p zu drei zusammen. Ebenso ist ja auch der Zustand des Mediums durch die drei Derivirten des Potentials, durch

_55! __e^ _d^l

djT dy dz

bestimmt.

107.] Zwang an einer electriscben Fläche. 159

107. Die bisherigen Untersuchungen basiren auf der Annahme, dass die Dichte der Electricität überall endlich ist, die Electricität also räumlich verteilt ist. Ich werde jetzi zeigen, dass man mit Hilfe desselben durch die Gleichungen unter 2) in Art. 105 definirteu Zwangzustandes des Zwischen- mediums auch die electrische Kraftwirkung erklären kann, wenn eine . endliche Electricit-ätsmenge auf einer endlichen Fläche ausgebreitet ist, wo

also die Raumdichte derselben unendlich gross wird, die Flächendichte aber endlich bleibt.

Da die Kraftcomponönten beim Durchgang durch eine electrisirte Fläche Sprünge erleiden, so kann auch der Zwang, welcher im Zwischenmediuni herrschen soll, nicht im ganzen Felde stetig variiren, er muss vielmehr eben- falls zu beiden Seiten der electriscben Fläche um einen endlichen Betrag verschiedene Werte haben.

Sind nun /, m, n'die Richtungscosinusse der Normale zu dem Element f/« einer electriscben Fläche, P, Q, li die Componenten der electriscben

. Kraftintensität auf der Seite von d«, wohin die Normale läuft, und P, Q\ R* die Componenten auf der entgegengesetzten Seite, so haben wir für die in Richtung der xAxe die Flächeneinheit angreifende Componente a des zu beiden Seiten des Flächenelements ds wirkenden Zwanges

also nach den Gleichungen unter 2) in Art. 105

=i^;{(p-P')(P4-P')-(Q-e')(Ö + C')-(Ä-Ä')(Ä + i2')}

+ 3^ n {(P - P') (ÄH-Ä') -h (P -+- P') - R')].

Es ist aber nach den Gleichungen 2) bis 4) in Art. 78 a und 2) in

Art. 78 b

P P' = 47:/<j,

Q— Q' = 47:mj,

Ä— •i?' = 47rhj,

wo <j die Flächendichte der Electricität angiebt, mithin wird

a = :JZ(i{/(P+P')-w(Q-hö')-w(Ä4-i2')}

'-4-im<j{/(Q + e') + m(P+P')}4-ina{/(P + Ä') + w(P+P')}

oder

IGO Zwang an einer electrischen Pläclic. (108.

Definircn wir also den Zwangzustand in einem Medium durch die Gleichungen unter 2) in Art. 105, so ist die in irgend einer Richtung wirkende Componente des ein Element ds der electrischen Fläche senkrecht angreifenden Zwanges gleich dem Product aus der daselbst herrschenden Flächendichte in das arithmetische Mittel der zu beiden Seiten des fraglichen Elements ds in jener Richtung wirkenden electrischen Kraftcomponenten.

•Dieses Resultat stimmt aber vollständig mit dem überein, das wir schon im Art. 79 in ganz anderer Weise abgeleitet haben.

Die Hypothese eines Zwangzustandes im Zwischenmedium reicht also auch in dem Falle einer superficiellen Verteilung einer endlichen Electricitäts- menge vollständig zur Ableitung der mechanischen Xraftwirkung der Elec- tricität hin.

108. Ich benutze die Entwicklung dieser Hypothese, um einen Satz zu beweisen, von dem icli schon im Art. 104) zur Ableitung der Formel 1 e) Gebrauch gemacht habe, dass nämlich die resultirende Kraftwirkung eines Systemes auf sich selbst verschwindet, also

V24'rfT=0

wird, wenn W das Potential der im Räume t verteilten electrischen Massen auf einen Punkt (.r, y, z) dieses Raumes angiebt.

Dieser Satz scheint zwar evident genug zu sein, wenn man bedenkt, dass die Wirkungen zweier Teilchen aufeinander sich gleich und entgegen- gesetzt sind. Allein hier handelt es sich zunächst darum, dass eine Summe von Gliedern ohne Rücksicht auf ihre physikalische Bedeutung verschwinden soll, wenn die Function M' von vornherein durch gewisse Bedingungen, die sie zu erfüllen hat, gegeben ist, und ob das wirklich zutrifft, ist so ohne weiteres nicht einzusehen.

Einen Beweis für den obigen Satz können wir aus dem in den Art. 99b und 100 c abgeleiteten Resultat erhalten, dass wenn V^^' in jedem Punkte gegeben ist imd U' in der Unendlichkeit verschwindet, das Potential W in jedem Vxxrikte' (x\ y\ z') einen und nur einen endlichen Wert

'■=rM

hat.

Einen andern Beweis erhalten wir durch die früher vorgenommene Umwandlung des Raumiutegrals für eine KraftÄomponente in ein Flächen- integral, wenn wir von der directen Darstellung des Potentials als Function der Coordinaten ausgehen, also das Potential W selbst und nicht die Grösse V^^I* als das Primäre betrachten.

109.] Faraduys Beschreibung des Zwangzustaudes. IGl

Wir haben

=11

(/r,,+ m;7,y4-«/>^J^5,

wo »S' irgend eine das electrische System einschliessende Fläche bedeutet. ^^^ Pxx"» Pxy^ Vxz ^^önnen dem frühern zufolge nicht grösser als E^/St: sein. Wählen wir aber, was uns vollständig freisteht, die Fläche S in sehr bedeutender Entfernung a von der Fläche 8^ welche alle Punkte einschliesst, für die V^U* einen von Null verschiedenen Wert hat, so ist, wie man weiss, U" numerisch nicht grösser als e/a, und B numerisch nicht grösser als c^'/ca oder e/a^^ die ;; sind also numerisch nicht grösser als tr^/8na*. Specialisiren wir die Fläche S noch weiter, indem Wir sie als eine Kugel mit dem sehr grossen liadius a ansehen , so folgt, dass Ä nicht grösser als e^l^a^ ist. Wächst demnach a unendlich an, so convergirt A gegen Null. Allein die Darstellung des A durch das Flächen- integral über S ist identisch mit der durch das Raumintegral über t. Dieses letztere giebt aber nach Art. 104 stets denselben Wert für ^i® gross auch der von S eingeschlossene Kaum t sein mag, wenn ihnx nur jeder Punkt angehört, in welchem V^^' von Null verschieden ist. Es muss also A überhaupt verschwinden, wenn es die Kraftwirkung eines electrischen Systems auf sich selbst bezeichnet, wie auch die Fläche S sonst gewählt sein mag, vorausgesetzt dass sie keinen electrischen Punkt ausschliesst.

109. Der Zwängzustand in dem Zwischenmedium, wie ich ihn in diesem Capitel zur Erklärung der Kraftwirkung electrischer Systeme auf einander angenommen habe, unterscheidet sich in nichts von dem von Faraday bei seinen Untersuchungen über die Induction durch Dielectrica hindurch supponirtcn.

Faraday. kommt nämlich in seinen Besearches zu folgenden Resultaten:

^(1297) Die direct inducirende Kraft, die man sich als Isings Linien wirkend vorstellen kann, welche von der Oberfläche eines geladenen Con- ductors zu der eines andern .gezogen sind«, wird von einer seitlichen oder transversalen Kraft begleitet, welche eine DilatatioÄ oder Repulsion jener vorgestellten Linien herverbringt.

(1224) Die in Richtung der Inductionslinien zwischen den Teilchen des dielectrischen Mediums wirkende Attraction ist von einer seitlich wirkenden und eine Divergenz der Inductionslinien verursachenden Abstossungskraft begleitet.

(1298) Induction scheint in einem gewissen durch den electrisirten Körper in den einzelnen Partikeln des Mediums hervorgerufenen und erhal- tenen Polarisationszustand zu bestehen, der sich dadurch charakterisirt, dass die Partikel zwei entgegengesetzt begabte, positive und negative Teile erhalten, welche gegen einander und gegen die inducirenden Flächen ocTer Teilchen symmetrisch angeordnet sind. Der Zustand, in den das Medium

Maxwell, Electricit&t u. Magnetism us. I. 1 1

162 Vertraglichkeit des Zwanges mit der Natur der flüssigen Dielectrica. [110.

dadurch gerät, ist ein erzwungener, denn er entsteht durch eine äussere Kraft, bleibt solange diese Kraft wirkt und verschwindet sobald. die Kraft entfernt wird. Dieser Zustand wird aber nur in Isolatoren durch ein und dieselbe Electricitätsmenge fortdauernd erhalten, denn nur bei ihnen bleiben die einzelnen Partikel .in ihrer erzwungenen Lage, solange die Electricitätsmenge vorhanden ist."

Diese Theorie entspricht vollständig den Schlüssen, zu denen wir in den obigen Auseinandersetzungen gelangt sind, denen zufolge das Medium in jedem Punkte tangential zu der durch ihn hindurchgehenden Kraftlinie einen Zug, i)roi)ortional dem Quadrate der electrischen Kraftintensität und senkrecht zu derselben einen dem Zuge numerisch gleichen Druck erleiden sollte.

Wenn ich mich statt der Bezeichnung «Zug" des Namens „electrische Spannung" ein Wort, das von verschiedenen Physikern vielfach in sehr verschiedenem Sinne gebraucht wird bedienen sollte, so verstehe ich darunter stets die mechanische Kraftwirkuhg in Richtung der Kraftlinien; also eine Grösse, welche von Punkt zu Punkt proportional dem Quadrate der electrischen Kraftintensität variirt.

110. Es könnte nun zunächst scheinen, als ob die Hypothese, dass ein solcher Zwangzustand in flüssigen Dielectricis, wie in Luft oder Ter- pentin, wirklich existirt, mit der Tatsache im Widerspruche, steht, dass in solchen Flüssigkeiten ein Druck sich gleichmässig nach allen Seiten fort- pflanzt und an jeder Stelle nach allen Richtungen mit derselben Stärke wirkt. Indessen wird bei der Ableitung dieses Princips aus den für das Gleichgewicht einer Flüssigkeit unter der Annahme einer vollständigen Be- weglichkeit ihrer Teilchen geltenden Bedingungen von solchen Vorgängen, wie sie nach unsern früheren Schilderungen an den Kraftlinien stattfin- den sollen, gänzlich abstrahirt. In der Tat ist auch ein solcher Zwangzustand in einer Flüssigkeit sehr wol mit dem Gleichgewicht und der Beweglichkeit ihrer Partikel verträglich, denn wenn ein Teil der Flüssigkeit nicht elcctrisch ge- laden ist, so üben die an seiner Oberfläche verteilten Zwangskräfte, wie gross sie da auch sein mögen, .doch im Innern dieses ungeladenen Teiles keine von Null verschiedene Wirkung aus. Nur wenn dieser Teil selbst ge- laden ist, bringen die an der Oberfläche wirkenden Kräfte im Innern einen gezwungenen Zustand hen^or, und dann sucht auch das Medium, wie ich schon im Art. 55 auseinandergesetzt habe, wirklich sich zu bewegen. Sonst wird das Gleichgewicht der Flüssigkeit durch den' cliarakterisirten Zwangzustand nicht weiter gestört.

Wir können nun die Grösse W, deren Eigenschaften uns in Art. 99 beschäftigt haben, als die Energie des Zwanges, der durch das ganze Medium wirkt, definiren. Es folgt dann aus den an der betreflVmden Stelle abgeleiteten Theoremen, dass der Zwangzustaud ein absolutes Minimum (]p.T Energie hervorbringt, wenn er den. dort aufgestellten Bedingungen entspricht. Wenn" aber ein System in einer gewissen Configuration ein

111.] Electrische Verschiebung. 1G3

Minimum der Energie besitzt, so befindet es sich in dieser Configuration in stabilem Gleichgewicht. Ein Diclectricum kommt also von selbst, wenn es unter dem Einfluss der Indnction electrischer Körper aufeinander steht, in einen Zwangzustand , der in der angegebenen Weise im Medium verteilt ist.

Mit der Hypothese eines Zwangzustandes in dem Zwischenmedium sind wir aber nur einen Schritt in der Erkenntnis der Kolle, welche das Zwischen- medium bei 'der Fortleitung der electrischen Kraft von einem electrisirten Körper zu* einem anderen spielt, vorwärts gekommen, denn einstweilen haben wir weder die Art und Weise dargelegt, wie dieser Zwang physika- lisch entsteht, noch auch, wie er erhalten wird. Der nächste Schritt, den wir zu machen hätten, müsste uns erklären, wie dieser Zwang durch die Einwirkung der einzelnen Partikel des Mediums auf einander zu Stande kommt. Er scheint mir deshalb von grosser Wichtigkeit zu sein, weil er Erscheinungen, die man früher nur durch die Annahme der Existenz einer Wirkung in die Ferne hat erklären können, auf das Spiel molecularer Kräfte reduciren würde.

Ich bin aber nicht im Stande gewesen, diesen zweiten Schritt zu machen und mit den Principien der Mechanik jenen Zwangzustand eines Mediums aus Molecularkräften abzuleiten. ' Ich werde daher die Theorie auf diesem Punkte noch stehen lassen und mich zu den andern Er- scheinungen, die in einem Dielectricum während der Induction zu Tage treten, wenden.

111. I. Electrische Verschiebung, 'Wenn ein Körper auf einen andern durch ein Dielectricum hindurch inducirend einwirkt, so findet in dem Dielectricum in Richtung der Induction eine electrische Verschiebung statt. So geht, zum Beispiel, in einer Leydener Flasche, deren innere Belegung positiv und deren äussere Belegung negativ geladen ist, durch den tren nenden Glaskörper der Flasche eine electrische Verschiebung von innen nach aussen vor sich.

Ein Ansteigen der electrischen Verschiebung während einer gewissen Zeit entspricht einem während dieser Zeit in Richtung der Verschiebung stattfindenden electrischen Strome, ein Abnehmen der. Verschiebung ist einem in entgegengesetzter Richtung verlaufenden Strome äquivalent.

Die gesamnite Electricitätsmenge, welche durch eine bestimmte Fläche « in dem Medium verschoben ^\ird, ist nach Art. 75 gegeben durch

. Ä#'

COS£ (Is^

wo K die specifische inductive Capacität bezeichnet und die Integration auf das Stück der Fläche sich bezieht, för welches die verschobene Elec- tricitätsmenge gemessen werden soll.

II. Die Flächcnladuny der einzelnen Teilchen den Dielectricums. Trennen wir von dem Dielectricum einen Teil durch eine geschlossene Fläche ab, so geht durch diese Fläche eine electrische Verschiebung nach dem Aeussern vor

161 Ladung der Teilchen der Dielectrica. [111.

sich. Wir müssen daher annehmen, dass jedes Element der Trennungsfläche eine Ladung besitzt, deren Grösse durclr^lie durch das Element nach dem Innern verschobene Electricität gemessen wird.

Die Ladung ist positiv auf der Seite der Fläche, welche von der Ver- schiebungsrichtung getrolfen wird, negativ, wo sie von ihr verlassen wird; in einer Leydener Flasche, deren innere Belegung positiv, deren äussere Belegung negativ electrisirt ist, wird also ein Stück des Glaskörpers auf der nach dem Innern der Flasche zugewendeten Partie positiv, auf der nach aussen gerichteten negativ geladen sein.

Befindet sich also das abgegrenzte Stück des Dielectricums ganz inner- halb des Mediums, so hebt sich die Ladung eines Elements seiner Ober- fläche durch die Ladung des daran stossenden Elementes des Restes des Dielectricums auf. Stösst dagegen dieser Teil an einen Conductor, der als solcher nicht im Stande ist, in sich von selbst den inductiven Zustand zu erhalten, so wird «eine Flächenladung nicht mehr neutralisirt, sondern sie bringt die scheinbare Ladung des Conductors hen^or, die wir gewöhnlich als die Ladung des Conductors bezeichnen.

Was man also in der älteren Theorie als Ladung eines Conductors ansah, muss nach dieser Theorie der Induction durch das Zwischenmedium als die Ladung der an dem Conductor anstossenden Fläche des Dielectri- cums bezeichnet werden.

Damach besteht also jede Ladung in dem Zutagetreten der nicht neu- tralisirteu Polarisation eines Teiles des Dielectricums. Die Polarisation existirt zwar im ganzen Medium, aber ihre Wirkungen werdjen in dem Innern des Dielectricums durch die entgegengesetzte Ladung benachbarter Teile aufgehoben und treten nur da hervor, wo eben eine solche Neutralisirung nicht stattfinden kann, weil ein Conductor die Continuität des Mediums unterbricht. .

Diese Theorie giebt auch Kechenschaft von der im Art. 77 aufgestellten Behauptung, der zufolge die gesammte Induction durch eine geschlossene Fläche gleich dem Product der innerhalb der Fläche befindlichen Electri- citätsmenge in 4;: sein sollte. In der Tat ist die Induction durch eine Fläche nichts weiter als die electrische Verschiebung multijlicirt mit 4 t:. und die gesammte nach aussen durch die Fläche stattfindende electrische Verschiebung muss nach den obigen Betrachtungen gleich der innerhalb der Fläche befindlichen Ladung sein.

Nach unserer Theorie sollte jedes Partikel des Dielectricums an entgegengesetzten Stelleu gleiche und entgegengesetzte Ladungen haben, was wir vielleicht besser so ausdrücken, dass wir sagen, es sollte unter dem Einflüsse der electrischen Polarisation an entgegengesetzten Seiten mit gleichen aber entgegengesetzten Electricitätsmengen geladen sein. Sie giebt also auch von der Tatsache, dass es nicht möglich ist, einem Körper eine absolute Ladung einer Electricitätsart mitzuteilen, Rechenschaft.

111.] VVärineciitwickeluirg durch Nachlassen des* Zwanges. 1G5

Das Dielectricum besitzt im polarisirteii Zustande eine electrisclie Energie, die für die Volumeinheit von derselben Grösse ist, wie die auf die Flächeneinheit des Dielectricums wirkende electrische Spannung. Beide Grössen sind gleich dem halben Product aus der electrischen Ver- schiebung 3 in die electrische Kraftintensität Cr. Ist also p die 9i>annung, so haben mx

Wenn das Medium nicht vollständig isolirt, so lässt der Zwangzustand, den wir als electrische Polarisation bezeichnet haben, stetig nach. Das Medium weicht der electromotorischen Kraft, der Zwang erlahmt, und seine potentielle Energie geht in Wärme über. Das Verhältnis, in dem diese Abnahme der Polarisation mit der Zeit vor sich geht, hängt von der Natur des jeweiligen Mediums ab. Beim Glase zum Beispiel nimmt der Zwang so langsam ab, dass Jahre vergehen können, ehe er auf die Hälfte seines Wertes gesunken ist, beim Kupfer dagegen geschieht das schon in kaum einem. Billionteil einer Secunde.

Das gilt so lange als das Medium nach seiner Polarisiruug sich selbst überlassen ist.

Wird es dagegen von einem electrischen Strome durchflössen, so sucht dieser fortdauernd die Polarisation in demselben Verhältnis wieder zu ergänzen, als sie durch die Leitung abnimmt. Die äussere Kraft, welche den Strom unterhält, muss also bei der Wiederherstellung der Polarisation eine Arbeit leisten; die Polarisation nimmt fortdauernd ab und wird fort- dauernd ergänzt, ihr Verlust geht aber in Wärme über. Das Schluss- resultat besteht darin, dass die Energie, die dazu diente, den Strom zu unterhalten, die Temperatur der Strombahn soweit erhöht, bis die von ihr in der Zeiteinheit erzeugte Wärmemenge den durch Fortleitung und Strah- lung in dieser Zeit entstandenen Verlust gerade deckt.

Cap. VI.

Punkte und Linien des Gleichgewichts.

B edinguDgen an Stellen des electrischen Gleichgewichts.

112. Ein Punkt des electrischen Feldes heisst ein Gleichgewichtspunkt, wenn in ihm die resultirende electrische Kraft verschwindet.

Besteht. eine Linie aus lauter solchen Gleichgewichtspunkten, so heisst sie eine Gleichgewichtslinie.

Bezeichnet V das Potential in einem Punkte (.r, y, z), so -ist die Be- dingung dafür, dass dieser Punkt ein Gleichgewichtspunkt ist,

Das Potential ist also daselbst in Bezug auf die Coordinätenvariationen ein Maximum oder ein Minimum oder stationär. Nun kann das Potential in einem Punkte ein Maximum oder Minimum nur dann sein, wenn dieser Punkt entweder selbst positiv bezüglich negativ geladen ist, oder wenn er sich innerhalb einer positiv bezüglich negativ geladenen Fläche befindet. Kommt also ein Gleichgewichispunkt in einem nicht electrisirten Teile des Feldes vor, so wird das Potential daselbst nur stationär sein , nicht aber einen grössten oder einen kleinsten Wert haben.

In der Tat, die erste Bedingung für ein Maximum bezüglich Minimum besteht darin, dass die zweiten Derivirten

827 cH^ dW c).i2' o/y^' hz^''

wenn sie endlich sind, alle einen negativen bezüglich positiven Wert haben. Nach der Laplac eschen Gleichung , verschwindet aber die Summe jeuer drei Abgeleiteten in jedem nicht selbst geladenen Punkt, sie können also nicht alle zugleich negativ oder positiv sein.

Ich will aber statt den Fall, dass die Kraftcomponenten in einem Punkte verscliwinden, analytisch weiter zu verfolgen, eine allgemeine Unter-

[112. Bedingungen an Gleichgewichtsstellen. 167

suchung über diese Verhältnisse mit Hilfe der äquipotentiellen Flächen anstellen.

Wenn in irgend einem Punkte P das Potential V ein wirkliches Maximum besitzt, so kann das nur so sein, dass V in allen P umgebenden Punkten einen kleinern Wert als in P selbst hat. P wird also von einer Reihe von geschlossenen Niveauflächen umgeben, deren jede alle vorher- gehenden völlig umhüllt. In allen Punkten einer jeden dieser äquipo- tentiellen Flächen wirkt die elecirische Kraft von innen nach aussen, und da. nach den Ausführungen des Art. 7G das Flächenintegral der electromo- torischen Kraftintensität über die betreffende Niveaufläche multiplicirt mit 4ir die innerhalb dieser Fläche befindliche Laduug darstellt, dieses Flächen- inte^al aber, weil die Kraft nach aussen gerichtet ist, einen positiven Wert hat, so muss die Ladung innerhalb der äquipotentiellen Fläche positiv sein. Man kann aber die Fläche dem Punkte P beliebig nahe annehmen, .und es folgt, dass V nur dann in P ein Maximum sein kann, wenn dieser Pui>kt positiv geladen ist.

Ganz ebenso lässt sich zeigen, dass 7 in P nur dann ein Minimum besitzt, wenn P negativ electrisirt ist.

Befindet sich P in einer nicht electrisirten Region des electrischen Feldes, so kann das Potential auf einer kleinen um P gelegten Kugelfläche nicht in allen ihren Punkten grösser oder kleiner als in P sein. Es ist vielmehr in einigen Teilen der Kugel grösser, in andern kleiner und in den Linien, welche diese Teile gegen einander begrenzen, gleich dem in P. Längs den Linien, die P mit Punkten der Kugel verbinden, in denen das Potential kleiner ist als in P, wirkt die electrische Kraft von P fort, längst denen dagegen, die von P zu Punkten der Kugel führen, die ein grösseres Potential als P haben, wirkt die Kraft nach P hin. Für Verrückungen nach gewissen Richtungen ist also P ein Punkt des stabilen Gleichgewichts, für solche nach andern Richtungen ein Punkt des labilen Gleichgewichts.

Im freien Räume können Gleichgewicht«linien nur unter ganz besondern Verhältnissen- existiren, auf Conductoren treten sie stets da auf, wo beide Electricitätsarten neben einander vorhanden sind.

Ein Conductor kann abör nur dann auf seiner Oberfläche entgegen- gesetzte Ladungen beherbergen, wenn im electrischen Felde Gebiete vor- handen sind, in denen das Potential einen höhern Wert, und solche, in denen 'es einen niederem Wert als auf dem Conductor hat.

Wir verfolgen diese Verhältnisse etwas näher für den Fall, dass zwei Conductoren im Felde existiren, die beide positiv und zu demselben Potential geladen sind. Man übersieht leicht, dass dann zwischen beiden Körpern ein Gleichgewichtspunkt sich befinden muss. Verringert man allmählich das Potential des ersten Conductors, so rückt der Gleichgewichtspunkt diesem näher, bis er, wenn 3ie Verringerung einen gewissen Grad erreicht hat, auf seine Oberfläche fällt. Die Niveaufläche des zweiten Conductors, der ein Potential von der Grösse, welche das Potential des ersten Conductors nach

168 Anzahl der Gleichgewichtspunkte und Gleichgewichlslinien. [118.

jener Verkleinerung erreicht hat, zugehört, berührt dann die Oberfläche des ersten Conductors. Fahren wir mit der Verkleinerung des Potentials dqs ersten Conductgrs fort, so schneidet die bezeichnete Niveaufläche seine Ober- fläche rechtwinjvlig und giebt dadurch Aulass zur Entstehung einer Gleich- ge wichtslinie. Je weiter die Verringerung vor sich geht, desto weiter rückt die Gleichgewichtslinie auf dem Conductor fort, bis sie bei einer bestimmten Grösse des Potentials wieder zu einem Punkt zusammenschrumpft, der auf der von dem zweiten Conductor abgewendeten Seite des ersten Conductors liegt. Bei noch weiterer Verkleinerung des Potentials rückt der Gleich- gewichtspunkt vom Conductor fort und befindet sich in der Unendlichkeit, wenn beide Körper gleiche. und entgegengesetzte Ladungen besitzen.

Anzahl der Gleichgcwichtspunkte und Gleichgewiclitslinieii..

113. Zur Bestimmung der Anzahl der Gleich ge wich tspunkte und Gleich- gewichtslinien teilen wir das electrische Feld in Regionen ein, die von ein- ander durch Niveauflächen getrennt sind, in denen das Potential einen vorgeschriebenen Wert C hat. Die Teile des Feldes, für welche V <.€ ist, bezeichnen wir als negativ, und die, für welche y>Cist als positiv. Weiter sei Fq cler kleinste, V^ der grösste Wert, den das Potential im electrischen. Felde überhaupt annimmt. Machen wir dann C= Fq, so um- fasst die negative Region nur den Punkt oder Conductor, wo das Potential ein Minimum erreicht, also eine Region, die negativ geladen sein muss. Das positive Gebiet, der Rest des ganzen Feldes, umgiebt dieses negative und ist demHach p.eriphractisch. Lassen wir Cvon Fq ab anwachsen, so breitet sich das negative Gebiet aus, und es entstehen immer mehr negative Regionen um negativ geladene Körper. Jede so neu auftretende negative Region vermehrt zunächst die periphractische Zahl des positiven Gebietes um eine Einheit.

Je weiter sich aber die negativen Regionen ausdehnen, um so eher werden sich zwei oder mehr von ihnen durchsetzen, und dadurch verliert das positive Gebiet wieder an Periphraxe. Schneiden sidi n-\-\ negative Regionen, so nimmt die periphractische Zahl des positiven Gebietes um n ab und es entsteht ein Gleich gewichtspunkt oder eine Gleich ge wichtslinie vom nten Grade.

Wird endlich C gleich Fj, so hat sich das positive Gebiet auf einen Punkt oder einen Conductor, in dem das Potential seinen höchsten Wert besitzt, reducirt, und schliesst weiter keine fremden Regionen in sich ein.

Aus diesen Betrachtungen folgt, dass, wenn wir jeden Gleichgewichts- punkt bezüglich jede Gleichgewichtslinie so oft rechnen, als der Grad des- bezüglich derselben Einheiten besitzt, die Anzahl aller so entstehenden Gleichgewichtspunkte oder Gleich gewichtslinien gleich der um eine Einheit verminderten Anzahl der" negativ geladenen Körper ist.

114.] Osculirender Kegel. 169

Verfahren wir genau so, indem wir von C= V^ ausgehen und das positive Gebiet sich ausbreiten lassen, so müssen wir wieder ebenso Tielo (Punkte und Linien vom ntan Grade mal gerechnet) Gleichgewichtspunktc bezüglich Linien erhalten, als die um 1 verminderte Anzahl aller positiv geladenen Körper beträgt.

Hat also ein Feld p positiv und n negativ geladene Körper, so ist die Anzahl der Grade der positiven Gleichgewichtspunkte und Glcichgewichts- linien gleich ;? 1 und die Anzahl der Grade der negativen gleich 71 1, falls jene durch die Durchsetzung der positiven diese durch die der negativen Regionen entstehend gedacht werden. Dabei ist diejenige Fläche, welche in der Unendlichkeit liegt und das ganze, electrische System einschliesst, mit der Ladung in Rechnung zu bringen, welche gleich der algebraischen Summe der Einzel ladungen des Systems ist.

Ausser diesen in ihrer Zahl bestimmt angebbaren Punkten und Linien des Gleichgewichts sind noch andere vorhanden, von denen wir weiter nichts auszusagen vermögen, als dass sie in ihrer Summe eine gerade Zahl ergeben müssen. Denn während sich eine negative Region ausbreitet, kann es vor- kommen, dass ihre Grenzfläche sich selbst einmal oder mehrmal schneidet oder berührt, so dass die Region mehrfach zusammenhängend wird, und jeder Zunahme des Zusammenhanges um eine Einheit entspricht die Ent- stehung eines Punktes oder einer Linie des Gleichgewichts. Je weiter sich aber die negative Region ausbreitet, um so mehr Grade des Zusammen- hanges verliert sie wieder, und wenn sie das ganze Feld umfasst, ist sie nur noch einfach zusammenhängend. Es muss also wieder ebensoviele Punkte und Linien des Gleichgewichts geben, wo das negative Gebiet an Graden des Zusammenhanges verliert, als es Punkte und Linien gab, wo es an Zusammenhang gewann. Hieraus folgt, dass allgemein die Anzahl der so entstehenden Punkte und Linien des Gleichgewichts gerade ist. Weiter können wir auch über sie nichts aussagen, solange wir von der Form der geladenen Körper nichts näheres wissen. Besteht das System nur aus geladenen Punkten oder kugelfönnigen Conductoren, so kann die Zahl der in der angegebenen Weise entstehenden Gleichgewichtspunkte nicht grösser als (71 1) (n 2) sein, wo n die Summe aller Einzelkörper des Systems bezeichnet.

114. Man kann das Potential V in der Nähe eines Punktes P, in welchem es den Wert Vq erreicht, durch eine Reihe

darstellen, in der Hj^ eine homogene Function des ^ten Grades der vom Punkte P ab gerechneten Coordinaten j*, //, z bezeichnet. Ist nun P ein Punkt des Gleichgewichts, so haben wir in ihm dV/d.v = cV/dtf= c V/dz 0, und da H^ vom ersten Grade ist, so muss H^ in P überhaupt ver- schwinden. Es können noch eine Anzahl anderer // gleich Null sein, wenn dann K das erste // ist, das einen von Null verschiedenen Wert hat, so

170 Gestalt der Niveaufläche an einem Gl«ichgewichtspunkt. [115.

kann man, weil die Coordinaten von P aus gerechnet werden, in der Nähe dieses Punkt<5& alle folgenden H gegen H^ vernachlässigen, und es bleibt

Im Punkte P ist F= 7(„ also H^ = 0. Letztere Gleichung stellt aber einen Kegel vom nten Grade dar, der mit der durch P gelegten äquipoten- tiellen Fläche die innigste Berührung eingeht.

Die den Punkt P enthaltende Niveaufläche hat also in P einen siugulären Punkt, in welchem sie von einer Kegelfläche von mindestens dem zweiten Grade berührt wird.

Den Durchschnitt dieser Kegelfläche mit einer um P gelegten Kugel bezeichnen wir als eine KnotenUnie,

Liegt P nicht auf einer Gleich gewichtslinie, so besteht die Knotenlinie aus n oder aus einer geringern Anzahl getrennter geschlossener Curven.

Befindet sich dagegen P auf einer Gleichgewichtslinie, so schneidet sich die Knotenlinie in einem oder in mehreren Punkten und dem ent- sprechend durchsetzt sich die zugehörige Niveaufläche in der Gleicligewichts- linie, der P angehört.

So oft sich die Knotenlinie an nicht gerade entgegenstehenden Stellen der Kugel schneidet, so oft muss das auch bei der äquipotentiellen Fläche der Fall sein, und da jede Durchsetzung der äquipotentiellen Fläche in einer Gleichgewichtslinie geschieht, so gehen durch P dann drei oder mehr Gleichgewichtslinien.

Durchschnitt einer Niveaufläche durch sich selbst.

116. Zwei stücke einer und derselben äquipotentiellen Fläche können sich, wenn sie es überhaupt tun, nur rechtwinklig schneiden.

Legt man nämlich die rAxe in Richtung der Tangente der Durch- schnittslinie der beiden Stücke und lässt die jr Axe eines derselben berühren, so i^idW ldx^=d^V ltz^=^Q, Demnach ist nach der L apl ac eschen Gleichung auch dWjdy^ = 0, das heisst die y Axe ist dann Tangente des zweiten Stückes an der Durchschnittstelle, oder die Stücke der Niveaufläche durchsetzen sich rechtwinklig.

*Damit sich aber an derselben Stelle nur zwei Schalen derselben äqui- potentiellen Fläche schneiden, muss in der Entwicklung des Potentials nach den // das H2 von Null verschieden sein.

Ist das nicht der Fall, so können .sich mehrere Schalen in derselben Linie schneiden, und wenn das n Schalen tun, so geschieht das unter einem AVinkel iz/n.

Dieser Satz rührt von Rankine*) her und lässt sich folgehdermassen beweisen.

*) .^Summartf of the Properlies of certaia Stream Lines**. Phil. Mag. 1864 Oct. ; Thomson und Tai t, Theoretische Physik § 780; Rank ine und Stokes in den Proc. R. S. 18C7, pag. 468; W. R. Smith Proc. R. S. Edin. 1869—70, pag. 79.

116.] Durchschnitt einer Nivcaiifläche durch sich selbst. 171

Man legt die z Axe wieder in Richtung der Tangente der Schnittlinie der Schalen der Niveanfläche und den Coordinatenursprung in die Schnitt- linie. Da dann d-V/cz^ =0 wird, so geht die Laplacesche Gleichung . über in

Macht man x = rcosb, y=rsinö, so resultirt

m

Die Lösung dieser Gleichung nach steigenden Potenzen von r hat die Form

F= VQ-hA^r cos({> 4- «i) -+■ AoV' cos(2{> + 02)-!- A^r^ cos(3ö + «3) 4- ... .

Die Niveaufläche schneidet sich selbst aber in einer Gleichgewichts- linie, demnach ist y1i = 0 zu 'setzen^: und das Potential V geht, wenn das erste nicht verschwindende Glied voü der ?i ten :Pote'nz nach r ist, über in

n-hl

F= Fo4- vl^r" cos (w» + olJ 4- ^'^„^i-r"-^' cbs(ii -h 1 » -h a^^.^) -h . . .

Für sehr kleine r wird

7— Vo = .4^r« cos f> -h a J,

und daraus folgt schon, dass n Schalen einer Niveanfläche F=Fq sich unter gleichen Winkeln T,/n schneiden.

Earnsliaw's Theorem.

116. Der folgende auf das Gleichgewicht von Körpern im electrischcn Felde sich beziehende Satz rührt von Earnshaw her.

. Ein geladener Körper kann sich an keiner Stelle des electrischen Feldes in stabilem Gleichgewicht befinden.

Ich beweise die Richtigkeit dieses Satzes zunächst für electrisirte Isolatoren. Demnach sollen also der bewegliche electrisirte Körper A und das System B der umgebenden geladenen Körper so beschaffen sein, dass sich die Electricität auf ihnen in keiner Weise verschieben kann.

Ist V das Potential des Systems /i auf einem Punkt (j:, y, z) des be- weglichen Kör|)ers A und e die Electricitätsmenge eines den Punkt (j*, //, z) umgebenden Flächenelements, so haben wir für die potentielle Energie von A in Bezug auf D

wo die Summation sich auf alle geladenen Teile von .1 l)ezieht.

172 Satz von Earnshaw. [116.

Ausser dem im Kaume festen Axensystem <ler x, y, z nehme ich noch ein zweites, diesem paralleles der a, b. c an, dessen Ursprung sich mit dem Körper Ä bewegt und in Bezug auf das feste System der ö-, y, :: die Coor- dinaten 5, r^, ^ hat.

Beschränkt man die Bewegung des Körpers A so, dass er nur sich selbst parallel sich verrücken kann, so ändert das neue Coordinatensystem der a, b^ c nur die Lage seines Ursprungs, nicht die Richtung seiner Axen im Räume. Die absoluten Coordinaten eines Punktes «, ä, c sind in diesem Falle

und das Potential Y der Körper B auf einen Punkt a, ft, c in A ist eine Function der a, 6, c und der S, tj, J. Das Gesammtpotential M auf A besteht demnach aus einer Reihe von Gliedern, deren Summe ebenfalls eine Function der ö, ft, c, die bei der Bewegung von A für jeden Punkt constant bleiben, und der ;, tq, I, deren Aenderung allein eine Bewegung des Körpers A allzeigt, ist. Es muss ebenso wie jedes seiner constituirenden Glieder der Laplac eschen Gleichung genügen, demnach haben wir

c^'M d^M dhM ^

Bezeichnet dM die Aenderung, welche dieses Potential, während einer Verschiebung des Körpers A um eine Strecke rfr, deren Componenten

dZ == Idr^ dri = mdr^ d^ = ndr

sind, erleidet, so erhält man durch dM/dr die Kraft, welche bei dieser Aenderung von r um dr wachgerufen wird. Dieselbe strebt r wieder zu verkleinern, w^enn dM positiv ist, sie sucht r noch weiter zu vergrössern, wenn dM einen negativen Wert hat. Nimmt also das Potential bei der Yerrückung von A zu, muss also dabei eine Arbeit geleistet werden, so befindet sich A in einem stabilen Gleichgewicht, verkleinert es sich dagegen, so befindet sich A in einem labilen Gleichgewicht.

Legt man aber um den Ursprung als Mittelpunkt mit dem Radius r eine Kugel 5, die so klein ist, dass solange der feste Punkt (5, tq, I) des beweglichen Körpers sich in ihr befindet, dieser in keinem Teile mit irgend einer Partie des Systems B zusammenfallt, so ist, innerhalb der Kugel überall S7^M=0, also auch das Flächenintegral

dM

11^

dr

dS

über die ganze Kugel gleich Null, und das kann nur sein, wenn auf der Kugel neben positiven Werten des dM/dr auch negative vertreten sind. Es muss also auch Richtungen geben, nach denen eine Verrückung des Körpers A parallel mit sich selbst eine Verkleinerung de« Potentials des Systems B auf ihn hervorbringt, in denen der Körper also immer weiter von seiner Gleichgewichtslage sich entfernt. Geschieht das aber schon bei einer so

116.] Labilitfit eines Körpers im electrischen Felde. 173

beschränkten Verrtickungsart, §o muss es a fortiori bei ganz frei und beliebig vor sich gehenden Verschiebungen eintreten.

Wenn der Körper A ein Leiter ist. die Electricität auf ihm also sich frei bewegen kann, so mag man diese Electricität als einen Teil des Systems A betracliten, A mit seiner Electricität hat dann mehr Freiheits- grade als früher, wo seine Electricität sich nicht bewegen können sollte. Man mag dann so argumentiren, dass wenn ein System bei weniger Freiheits- graden sich schon im labilen Gleichgewicht befand, seine Lage a fortiori keine stabile sein kann, wenn es mehr Freiheitsgrade besitzt.

Strenger ist aber der folgende Beweis.

Wir denken uns zunächst den Körper A allein um dr verrückt, während seine Electricität auf ihm fixiri ist. die Potentialänderung ist dann (clJM/dr) dr. Nun stellen wir uns vor, dass seine Electricität in die ihr für seine neue Position zukommende Gleichgewichtslage, sich begiebt. Bei dieser zweiten Bewegung muss das Potential abnehmen um eine Grösse, die wir mit Cdr bezeichnen.

Die gesammte Aenderung des Potentials ist demnach für den Fall, dass A ein Leiter ist,

und die daraus entspringende Kraft

dr ^' wo C stets positiv ist.

Den grössten Wert hat diese Kraft also, wenn C = 0 ist. Wir haben

aber gesehen, dass wenn die Electricität auf A fixirt ist, dM/dr auch für

gewisse Richtungen negativ sein muss. Durch die Beweglichkeit der

Electricität kann also die Labilität des Körpers A nur vermehrt werden.

Cap. Vir

Aequipotentielle Fluchen und Kraftlinien.

Beschreibung der Niveauflacheii und Kraftlinien in

einfachen Fallen.

117. Die Bestimmung der Verteilung der Electricität auf Conductor- flächen hängt, wie wir gesehen liaben, von der Auflösung der Laplac eschen Gleichung

fiir das Potential V unter Berücksichtigung der Bedingungen ab, dass dasselbe als Function von .r, y, r überall im electrischen Felde endlich und .stetig ist, auf den vorhandenen Conductoren vorgeschriebene constante Werte an- nimmt und in der Unendlichkeit verschwindet.

Da es aber mit den jetzigen mathematischen Hilfsmitteln im allgemeinen nicht möglich ist, jene Gleichung für beliebig gegebene Formen der Con- ductoren aufzulösen, so schlägt man mit Vorteil den entgegengesetzten Weg ein, indem man was nicht schwer ist eine Reihe von Functionen, welche der Laplac eschen Gleichung genügen, niederschreibt und aus ihneu dann die Conductorformen ableitet, für welche sie gelten.

Es scheint also, dass das umgekehrte Problem der Bestimmung der Conductorform zu einem vorgeschriebenen Potential sich leichter und be- quemer lösen lässt, als das directe der Berechnung des Potentials für eine gegebene Conductorform.

In der Tat ist auch fast jedes Problem der Electrostatik, dessen Lösung wir besitzen, auf jenem umgekehrten Wege bewältigt worden. Deshalb ist ÖS für den Electriker von grösster Wichtigkeit, sich mit allen so bereits gewonnenen Ergebnissen vertraut zu machen, da die einzige Möglichkeit, ein neues Problem zu lösen, darauf beruht, dass man es auf FäUe, für die die angeführte umgekehrte Methode die Lösungen schon kennen gelehrt hat, zurückzuführen vermag. Eine solche historische Kenntnis gewonnener Resultate ist uns in zweifa^Jier Weise von Nutzen. Einmal, können wir,

118.] Losung electrostatischer Probleme. 175

wenn für electrische, in der Messung grosse Genauigkeit erfordernde Unter- suchungen, Instrumente gebaut werden sollen, für die zu electrisirenden Körper immer die Formen uns heraussuchen, für welche exacte Lösungen der Laplac eschen Gleichung schon vorliegen. Dann aber gewinnen wir auch für den schwierigem Fall, dass uns die Form der zu electrisirenden Körper schon vorgeschrieben ist, aus unserer bezeichneten Kenntnis wenig- stens die Möglichkeit, angenäherte Lösungen herzustellen. Zunächst .suchen wir uns nämlich aus den gewonnenen Resultaten eine äquipotentielle Fläche aus, die einigermassen der gegebenen Conductorform entspricht, und dann ändern wir versuchsweise das schon gelöste Problem so lange ab, bis wir zu einer äquipotentiellen Fläche gelangen, die in der Form dem gegebenen Copductor noch mehr gleicht.

Diese Methode ist vom mathematischen Standpunkte aus zwar sehr unvollkommen, aber einstweilen hat die Wissenschaft noch keine exactere entdeckt, und da wo man. sich die Bedingungen nicht selbst stellen kann, muss man sich eben mit möglichster Annäherung an die gegebenen Ver- hältnisse begnügen.

Wir haben also unser Augenmerk darauf zu richten, so viele Formen von äquipotentiellen Flächen und Inductionslinien zu ergründen, als nur irgend möglich ist. Für gewisse Klassen von Problemen, so namentlich für solche, die sich auf kugelförmige Conductoren beziehen, hat man mathe- matische Methoden kennen gelernt, die ihre Lösung ermöglichen. In andern Fällen dagegen kann man sich noch nicht anders helfen, als durch ^ie weniger wissenschaftliche Methode, auf Papier versuchsweise nach bekannten Formeln Figuren zu zeichnen und diejenigen unter ihnen auszuwählen, welche der gegebenen Conductorform am meisten entsprechen.

Ich glaube übrigens, dass diese letztere Methode selbst in den Fällen noch von grossem Nutzen ist, wo man die strenge Lösung besitzt, denn ieh finde, dass eine Kenntnis äquipotentieller Flächen aus directer Anschauung oft zur Wahl- einer richtigen mathematischen Methode bei der Lösung eines Problems führt.

Deshalb habe ich auch eine Reihe von Zeichnungen für äquipotentielle Flächen und zugehörige Kraftlinien ausgeführt, damit der Leser ihre Formen seinem Gedächtnisse genügend einprägen kann. Ich lasse zunächst eine Beschreibung der einzelnen Zeichnungen folgen, in Art. 123 werde ich auch angeben, wie ich bei ihrer Herstellung verfahren bin.

118. In der Tafel II. am Ende dieses Bandes haben wir die Schnitte der äquipotentiellen Flächen, welche zwei gleichnamig im Verhältnis von 20 zu 5 geladene Punkte*) umgeben, mit einer durch diese Punkte ge- legten Ebene.

*) Die Anzahl der Electricitälseinheiten, welche jeder Punkt enthält, ist in allen Figuren entsprechend der Farad ay sehen Ansicht von der Bedeutung der Kraftlinien (Art. 82) durch die Anzahl der Kraftlinien, die von ihm einseitig ausgehen, charak- terisirt. Anm. d. üebere.

176 Besehreibung von Niveaiiflaelien und Kraftlinien. [119.

Zunächst ist jeder der beiden Punkte von einer Eeilie von äquipotentiellen P'lächen eingeschlossen, die sich in der Form um so mehr einer Kugel an- schliessen, je näher sie dem betreffenden Punkte sind, ohne doch je ganz kugelförmig zu werden. Tersehen wir also zwei entsprechende, um die beiden Punkte gelegte Niveauflächen, die wir uns zu Conductoren erstarrt denken, mit bezüglichen Ladungen, die zu einander im Verhältnis von 4 zu 1 stehen, so giebt uns die Tafel 11. die Niveauflächen dieser Conductoren, wenn wir die in ihrem Innern gezeichneten Flächen uns fortgelöscht denken. Die Wirkung zwischen zwei solchen Conductoren ist also ganz dieselbe, wie die zwischen den beiden bezeichneten Punkten, die dem frühern zufolge von dem Halbirungspunkt der. Verbindungslinie zwischen beiden Conductoren etwas weiter entfenit sind, als die Mitten der Axen der Conductoren.

Eine der äquipotentiellen Flächen ihr Schnitt ist in der Figur durch die aus Strichen und Punkten gezeichnete Cuitc charakterisirt besteht aus zwei Schalen, die sich in dem vielfachen Punkte P schneiden. Dieser Durch Setzungspunkt P ist ein Gleichgewichtspunkt. Auf einem Conductor von der Form der bezeichneten Niveaufläche hat die Electricitä-t in diesem Punkte die Flächendichte Null.

Die dieser Fläche folgenden Niveauflächen umgeben beide geladenen Punkte und sind oval geformt. Denken wir uns eine dieser Flächen wieder zum Conductor erstarrt und mit 25 Einheiten Electricität geladen, m zeigt die Figur, dass die grösste Flächendichte auf dem spitzen Ende herrscht, eine geringere auf dem stumi)fen und die geringste auf einem Kreise sich befindet, der dem spitzen Ende näher liegt als dem stumpfen.

Die Kraftlinien bestehen aus zwei verschiedenen Systemen von Curven, die von einander durch eine Fläche sechsten Grades ihr Schnitt mit der Ebene der Figur ist durch eine aus Punkten bestehende Linie markirt getrennt sind. Die Fläche geht durch den Gleichgewichtspunkt P und sieht einer Schale eines zweischaligeu Hyperboloids nicht unähnlich.

Uebrigens kann dieselbe Figur auch zur Versinnbildlichung des Ver- laufs der Niveauflächen und Kraftlinien zweier gravitirender Kugeln, deren Massen zu einander im Verhältnis von 4 zu 1 stehen, benutzt werden.

119. Die dritte Tafel gilt für den Fall, dass zwei Punkte wieder im Verhältnis von 20 zu 5, diesmal aber entgegengesetzt, der erste positiv, der andere negativ, geladen sind.

Man ersieht aus dem Diagramm, dass zwei runde entgegengesetzt ge- ladene Conductoren sich gegenseitig in derselben Weise anziehen, wie zwei entsprechend electrisirte Punkte, die einander näher gerückt sind als die Mitten der beiden Conductoren.

Die wichtigste Niveaufläche, auf welche ich Hoch in der Theorie der electrischen Bilder zu sprechen kommen werde, ist die mit dem Potential 0. Sie ist kugelförmig und in der Figur durch einen aus Strichen ge- zeichneten Schnitt Q markirt.

120.] Beschreibung von Niveauflächen und Kraftlinien. 177

Aucli hier giebt es wie im vorigen Fall eine Niveaufläche ihr Schnitt ist in der Figur aus Strichen und Punkten zusammengesetzt , welche aus zwei Schalen besteht, die sich in dem Gleichgewichtspunkt P durchsetzen, und deren eine den mit fünf Einheiten geladenen Punkt umgiebt, während die andere beide Punkte umfasst.

Hat ein Conductor gerade die Form der äussern Schale, die einem Apfel, dessen Stielgrund sich in P befindet, nicht unähnlich sieht, so kann man leicht die Verteilung der Electricität auf ihm aus dem Diagramm studiren. Ich hebe hervor, dass in dem Stielgrund dieses apfelformigen Conductors die Flächendichte der Electricität gleich Null ist.

Die äussere Schale der bezeichneten äquipotentiellen Fläche wird von einer Reihe anderer Flächen umgeben, welche alle an der P entsprechenden Stelle eine Vertiefung zeigen, die sich um so mehr verflacht, je weiter die Fläche von der genannten Schale entfernt ist, bis sie in einer durch den Punkt M der Figur gehenden Fläche verschwindet.

Die Kraftlinien setzen sich wieder aus zwei Systemen zusammen, die durch eine durch den Gleichgewichtspunkt P gehende Fläche in der Figur durch eine punktirte Linie charakterisirt getrennt werden.

Die resultirende Kraft in Richtung der Verbindungslinie der beiden electrischen Punkte A und B nimmt, je weiter man sich von B und gleich- zeitig auch von A entfernt/ immer mehr ab, bis sie in dem Doppelpunkt P ganz verschwindet. Von P ab ändert sie ihr Zeichen, erreicht in M (wo die Niveauflächen ihre Vertiefung verlieren) ein Maximum und nimmt dann wieder stetig ab.

Das 'eben bezeichnete Maximum ist aber kein absolutes Maximum, sondern gilt als solches nur f&r die in Richtung der Verbindungslinie von A und B wirkende Kraft, denn wenn man durch M eine Fläche senkrecht IM AB legt, 80 ist die resultirende Kraft (weil dort gerade die Vertiefung der Niveauflächen verschwindet) in allen in der Nähe von M gelegenen Punkten dieser Fläche grösser als in M selbst.

120. Die folgende Tafel IV. charakterisirt die Störung, welche ein mit zehn Einheiten geladener Punkt A in den Niveauflächen und Kraftlinien eines nach Grösse und Richtung der Kraft gleichförmigen electrischen Feldes (wie es etwa ein sehr weit entfernter electrischer Körper näherungsweiso hervorbringt) verursacht. Die modificirten äquipotentiellen Flächen haben alle Asymptotenebenen. Eine von ihnen in der Figur durch eine aus Strichen und Punkten zusammengesetzte Linie markirt hat einen viel- fachen Punkt P und eine Schale, die A umgiebt. Die unterhalb dieser liegenden Flächen sind einschalig und mit Vertiefungen versehen, durch welche eine gerade KrafUiuie hindurchgeht. Die oberhalb befindlichen be- stehen aus zwei tdurch die bezeichnet« Niveaufläche getrennten Stücken, deren eines den Punkt A ganz umgiebt, während das andere sich überall in die Unendlichkeit erstreckt und nach A hin in Richtung der geraden Kraftlinie leicht deprimirt ist.

Maxwell, Elcctricitut n. Maguetismus. I. 12

178 Beschreibung von Niveaiiflachen und Kraftlinien. [121.

Setzen wir an Stelle zweier zu beiden Seiten von Ä liegender Niveau- flächen zwei, entsprechend geformte Conductoren, so bestimmen die da- zwischen befindlichen Flächen und Linien die Verteilung der Kraftwirkung im electrischen Felde. Befindet sich der untere Conductor in genügender Entfernung von Ä^ so geht seine Begrenzungsfläche in eine Ebene über. Wir erhalten dann durch das Diagramm die Verteilung der Electricität auf zwei Conductoren, die beide nahezu parallel und eben sind, und von denen der obere einen mehr oder minder nach dem andern Conductor zu vor- ragenden Buckel hat, während der untere eine entsprechende Einbuchtung zeigt.

121. Tafel V. enthält eine Zeichnung der äquipotcnti eilen Flächen und Kraftlinien' für drei electrisirte Punkte, von denen A 15 Einheiten positiver, ^12 Einheiten negativer und C 20 Einheiten positiver Electricität in sich concentrirt. Die drei Punkte sind in einer Graden in den Entfernungen

= 9, BC=U, ÄC='2b angeordnet.

Die Fläche, für welche das Potential gleich Null ist, besteht aus zwei Kugeln mit den Mittelpunkten in A und C und mit den Radien 15 und 20. Die beiden Kugeln schneiden sich in einem Kreise, der die Ebene der Zeichnung senkrecht- in den Punkten D und B' trifft, dessen Mittelpunkt in den negativ geladenen Punkt/} fällt und dessen Eadius die Länge 12 hat.

Die resultirende Kraft verschwindet in jedem Punkte dieses Kreises, er bildet das .erste Beispiel einer Gleichgewichtslinie.

Wird die Kugel, deren Centrum in A liegt, zum Conductor, dessen aus drei Einheiten positiver Electricität bestehende Ladung unter dem Einflüsse der in C concentrirten 20 Einheiten positiver Electricität sich befindet, so giebt unser Diagramm alle auftretenden Niveauflächen und Kraftlinien, wenn die Curven innerhalb der bezeichneten Kugel gelöscht werden. Die Ladung der Kugel ist dann unter dem Einfluss von C innerhalb des kleinen Kreises DD' negativ, ausserhalb desselben positiv. Auf dem Kreise selbst befindet sich keine fseie Electricität.

Ebenso können wir dasselbe Diagramm benutzen, wenn die Kugel mit dem Centnim in C durch acht Einheiten positiver Electricität geladen und unter den Einfluss der 15 Einheiten positiver Electricität in A gestellt wird.

Endlich bleibt das Diagramm noch ungeändert, wenn der Conductor aus den zwei grossem Kugelfragmenten besteht, die im Kreise DD' an ein- ander stossen und zusammen eine Ladung von 23 Einheiten positiver Electri- cität haben. Doch komme ich auf diese Tafel noch einmal zurück, wenn ich Illustrationen zu der Thomsonschen Theorie von den electrischen Bildern vorzuführen haben werde (Art. 1G8).

122. Man bedient sich dieser Diagramme mit Vorteil, um für die Faradayscheu Bezeichnungen „Kraftlinie", „Wirkungen auf einen electrisirtcn Körper** u. a. m. eine Versinnbildlichung zu gewinnen.

123.] Verlauf der Kraftlinien. 179

.So wird nach Faraday die Electricitätsmenge eines Körpers durch die Anzahl der Kraftlinien, oder richtiger gesprochen, der Indnctionslinien gemessen, welche von ihm ausgehen. Diese Linien müssen aber alle irgendwo ein Ende finden, sei es auf' andern in der Nachbarschaft vor- handenen Körpern oder auf den Wänden und der Decke des Zimmers, in dem sich das electrische System befindet, oder auf der Erde oder, endlich auf den Himmelskörpern. Wo eine Kraftlinie endet, da muss sich eine Electricitätsmenge befinden, die an Quantität gleich, im Zeichen aber ent- gegengesetzt ist der Ladung an der Stelle des Conductors, von der die Kraftlinie ausgegangen ist,. Dasselbe lehren aber auch die vorgeführten Diagramme, die nach mathematischen Rechnungen ausgeführt sind, wie sie die alte Theorie der Electricitätswirkungcn vorschreibt. In den Resultaten besteht kein Widerspruch zwischen der Faradayschen Annahme einer Vermittelung der electrischen Wirkungen durch Kraflinien und der alten Theorie einer Fernewirkung. Die Conception der Kraftlinien bringt aber noch den Vorteil mit sich, dass durch sie die mathematischen Resultate unmittelbar in eine physikalische Beschreibung der auftretenden Erscheinungen übertrage« werden können: Ausserdem scheint es, als ob man mit Hilfe der Kraftlinien mit der Zeit tiefer in das Verständnis der electrischen Erscheinungen wird eindringen können, als es die alte Theorie je ermöglichen kann.

Anleitung zum Zeichnen von Niveauflachen und Kraftlinien.

123. Ich lasse nun eine Beschreibung der Methode folgen, nach der solche Diagramme angefertigt werden können, und von mir angefertigt worden sind.

Wir betrachten zunächst als einfachsten Fall einen kleinen mit der Electricitätsmenge e geladenen Körper. Das Potential V dieses kleinen Körpers ist in der Entfernung r von demselben gleich <'/r. Legen wir mit dem Radius r=^ejY eine Kugel um den kleinen Körper, so haben alle Punkte ihrer Oberfläche dasselbe Potential F. Machen wir demnach der Reihe nach F== 1, 2, 3, . . ., so erhalten wir ein System von concentrischen Kugelfiächen, die die Niveaufiächen darstellen, deren Potentiale der Reihe nach die natürlichen Zahlen angeben. Eine durch ihren gemeinschaftlichen Mittelpunkt gelegte Ebene schneidet alle Niveauflächen in Kreisen, die wir der Reihe nach durch die die betreifenden Potentiale repräsentirenden Zahlen kennzeichnen. Auf der rechten Hälfte der auf Tafel 1. gezeichneten Figur sieht man die Hälften dieser Kreise durch punktirte Linien an- gedeutet.

Befindet sich im Felde noch ein zweiter Kraftmittelpunkt, so können wir für ihn ohne Berücksichtigung des ersten Kraftcentrums ganz ebenso die äquipotentiellen Flächen zeichnen.

«

12*

180 Methode Kiveauflächen zu zeichnen. [123.

Wir fiiideu dann die äquipotentiellen Flächen bei gleichzeitiger Existenz beider Kraftcentreu- durch die Ueberlegnng, djiss in irgend einem Punkte das Potential V beider Kraftcentren gleich V^ -+- V^ ist, wenn Fj das vom ersten, V2 üas vom zweiten Kraftcentrum für sich allein an der betreffenden Stelle hervorgebrachte Potential angiebt. Man kennt aber F, und Y^ *^ ^^^ Durchschnittsstellen der beiden den einzelnen Centren angehörigen Systeme äquipotentieller Flächen, also ist dort auch -der Wert von V gegeben. Wir suchen nun von allen Schnittstellen diejenigen heraus, die für F=Fi-l-F2 einen und denselben Wert ergeben, und legen durcli diese eine Fläche, die an den Schnittstellen sich an die entsprechende äquipotentielle Fläche beider Centren anschmiegen wird. Je näher aneinander die Niveauflächen jedes der Systeme gezogen sind, um so mehr solcher zusammengehöriger Schnitt- stellen haben wir, und um so genauer schliesst sich die gezeichnete Fläche einer wirklichen Niveaufläche beider Centren an. Wir können so jeden beliebigen Grad von Präcision in der Zeichnung der Niveauflächen bei gleichzeitiger Existenz beider Centren erreichen.

In dieser Weise sind zum Beispiel die äquipotentiellen Flächen zweier gleich und entgegengesetzt geladener Punkte gewonnen, und auf der "rechten Seite der auf Tafel I. befindlichen Zeichnung durch ihre Schnittlinien mit einer durch die electrischen Punkte gelegten Ebene fixirt.

Selbstverständlich kann man dieselbe Methode in jedem Falle anwenden, wenn das Potential aus einer Summe von Potentialen gebildet ist, für die , man schon die I^iveaufläclien gezeichnet hat.

Was femer die Kraftlinien anbetrifft, so sind sie bei einem einzelnen Kraftcentrum radial von diesem ausgehende gerade Linien. Sollen sie aber nicht blos die Richtung der Kraft kennzeichnen, sondern auch ein Maass für die electrische Kraftintensität liefern, so muss man sie vom Kraftcentrum aus so ziehen, dass sie auf den äquipotentiellen Flächen Stücke ausschneiden, für welche das Flächenintegral der Induction (Art. 75, 7()) vorgeschriebene Werte hat.

Am einfachsten gelangt man dazu, wenn man die in der Ebene des Kraftcentrums angefertigte Zeichnung als den Schnitt dieser Ebene mit einer Figur im Räume betrachtet, die durch Rotation der Zeichnung um eine durch das Kraftcentrum gehende Axe hervorgebracht wird. Eine Kraftlinie, die mit der Axe einen Winkel \) bildet, beschreibt dann einen Kegel, der von den äquipotentiellen Flächen bestimmte Stücke ausschneidet.

Das Flächenintegral der Induction für ein solches die positive Axe schneidendes Stück ist nach Art. TG gleich

2i:e(i— cosö).

Demnach ist die Induction <I) durch den Teil des betrachteten Stückes, der durch zwei Ebenen abgeschnitten wird, welche durch die Axe gehen

123.] Methode Kraftlinien zu zeichnen. 181

und einen Winlcel, dessen Bogen gleich dem hiilben Radius ist, einschlicssen, gleich dem 1/4-ten Teil der Grösse 2 7te(\ cos i>), also

'2<I) - e(\ —cost)),

und hieraus folgt

f ^\

b = arccos I 1 2

Gicbt man dem <I> nach einander die Werte 1, 2, 3... <•, so erhält man eine Reihe entsprechender Werte für i>, und wenn e eine ganze Zahl ist, wird die Anzahl der VV^'erte für i>, also auch die Anzahl der Kraftlinien, die Axe als solche jnitgerechnet, gleich e.

Diese Methode lehrt die Kraftlinien eines Centrums so zu ziehen, dass ihre Anzahl in einer durch das Centrum gehenden Halbebene gleich der Ladung dieses Centrums ist, und dass die Induction durch ein K\igcl- stück; welches von zwei im Bogenabstand 1/4- gezogenen Meridianen und einem bestimmten Breitenkreise begrenzt wird, durch die Anzahl aller dieses Flächenstück schneidenden Kraftlinien gemessen wird. Auf der linken Hälfte der Figur auf Tafel I. bezeichnen die gestrichelten Linien die Kraftlinien jedes der beiden elcctrischen Punkte. Entsprechend der Ladung -\- 10 nuä 10 derselben zählt man auch für jeden Punkt 10 solcher Kraftlinien.

Sollen nun die Kraftlinien gezeichnet werden, die der -gleichzeitigen Existenz beider Punkte ilire Entstehung verdanken, so beginnt mau damit, dass man erst die jedem Punkt für sich zugehörigen und den Inductions- werten Oj bezüglich <I>'i entsprechenden Kraftlinien zieht. Dann sucht man von den Schnittpunkten der so gewonnenen zwei Systeme von Kraftlinien diejenigen aus, welche für die Summe <I>i -i- <!>, denselben Wert ergeben, und verbindet sie durch eine Linie, je mehr solcher Schnittpunkte man zur Verfügung hat, desto genauer schliesst sich die gezogene Linie einer Kraft- linie der Qombinirten electrischen Punkte an. Nach diesem Princip sind die 'Kraftlinien auf der linken Hälfte der oft genannten Figur auf Tafel I. in Gestalt ausgezogener Linien gezeichnet.

Ich habe so die KTaftlinien unabhängig von den äquipotentiellen Flächen •ziehen gelehrt, letztere müssen aber von erstem senkrecht geschnitten werden, und das giebt eine Controle für die Exactheit der ganzen Zeichnung. Ferner muss der Abstand zweier aufeinanderfolgender äiiuipotentieller Flächen sich zu dem Abstand zweier aufeinanderfolgender Kraftlinien ebenso verhalten, \sie die Hälfte des mittlem Abstandes von der Symmetrieaxe zur benutzten Längeneinheit, und damit können wir unsere Zeichnung einer zweiten Probe unterwerfen.

Wenn ein derartiges electrisches System endliche Dimensionen hat, so besitzt diejenige Kraftlinie , deren- zugehörige Induction <I> kleiner als die Gesammtladung e des ganzen Systems ist, eine Asymptote, die durch das

182 Verlauf der Kraftliriien. * . [128.

electrische Centrum (Art. 89 d) hindurchgeht. Sie bildet mit der Axe einen Winkel d, dessen Wert aus der Gleichung

d = arccos

(-4)

folgt. Kraftlinien, deren zugehörige Induction grösser als e ist, hören in der Endlichkeit auf, haben also eine endliche Länge. Daraus ergiebt sich, dass wenn die Gesammtladung e verschwindet, keine Kraftlinie bis in die Un- endlichkeit verlaufen kann.

In einem Felde, in welchem die Kraft überall gleichförmig parallel einer Axe verteilt ist, laufen die Kraftlinien dieser Axe parallel. Ihre Abstände von derselben repräsentiren die Quadratwurzeln «einer arithmetischen Reihe.

Eine besondere Untersuchung verdient der Fall, dass die äquipotentiellen Flächen und Linien schon in zwei Dimensionen bestimmt sind. Ich komme aber später bei der Behandlung der Theorie der conjugirtcn Functionen darauf zurück.*)

•) Ich verweise noch auf die Abhandlung von W. R. Smith, ,0/i Flow of Elcc- tricity in conductiiig Surfaces*' Proc. R. S. Edin. 1869—70 pag. 79.

Cap. VIII.

Einfache Fälle der electrischen Verteilung.

Zwei parallele imendlich ausgedehnte Ebenen.

124. Wir betra<;hten zunächst zwei parallele, unendlich ausgedehnte, leitende Ebenen A, ß, deren Entfernung von einaüder gleich c ist und welche zu den Potentialen A bezüglich B geladen sind.

Von vornherein sieht man, dass die äquipotentiellen Flächen in diesem Falle selbst unendlich ausgedehnte, zu den gegebenen Ebenen parallele Ebenen sein müssen, die nur da, wo die Conductoren aufhören, also in der. Unendlichkeit eine Gestaltsänderung erleiden würden. Nehmen wir demnach die Ebene A zur xy Ebene, so dass die z Axe senkrecht von A nach B übergeht, so reducirt sich die Laplacesche Gleichung auf

woraus das Potential V aiif einen zwischen beiden Ebenen liegenden Punkt

7= Ci -f- C^z folgt. Für z = 0 ist F= A und für 2 = c ist 7= J5, also allgemein

V^Ä-^(B^A)y .

Für die resultirende Kraftintensität R erhalten wir

A^ B

sie ist also überall von derselben Grösse und wirkt normal zu den. Platten. In den Conductoren selbst ist Ä = 0, demnach die Flächendichte dj, ^2 der auf A bezüglich B ausgebreiteten Electricität

l^A—B

47C

^1 = -. »

1 B—A

184 Zwei parallele unendliche Ebenen. [124.

Sclili essen wir weiter von der ersten Conductorebene ein Stück S aus, das nirgends in die Unendlichkeit reicht, so ist die auf demselben befindliche Elec- tricitätsinengo e^ = S^i, Nach Art. 79 wirkt aber auf jede Elcctricitäts- eiuheit eine Kraft von der Grösse H/'2. Die Kraft, welche S angreift und es nach der andern Ebene B hinzudrängen sucht, wird demnach

* ^ Htz 87r\ c )

Die Kraft ist so durch die Grösse des Flächenstückes, den Abstand

beider Conductorebene n und die Potentialdifferenz zwischen ihnen bestimmt.

Einen Ausdruck für dieselbe durch die Grösse des Flächenstückes und durch

die auf demselben befindliche Electricitätsmenge gewinnt man durch die

Beziehung

S A B

* 4r c welche

finden lässt.

Die Energie W der Electricität, welche auf S und auf der Projection S von S auf die Ebene B enthalten ist (die Projectionslinien sind hier Kraft- linien), wird nach Art. 84

ir=K^i^ + ^2ß)

St: 'c

2^

e^c

Im ganzen haben wir also fünf Ausdrücke für diese Energie.

Der erste derselben * giebt sie in ihrer allgemeinen Form, wie wir sie in Art. 84 kennen gelernt haben.

Der zweite bestimmt die Energie durch die Grösse der Fläche, für welche sie gelten soll, den Abstand und die Potentialdiflferenz der Con- ductoren.

Der Dritte macht sie von der resultirenden Kraft R und dem Volumen Sc zwischen den Flächen »S, S und den durch ihre Begrenzungen gehenden Kraftlinien abhängig. Aus dieser letzteren Darstellung folgt, dass die Energie p für die Volumeinheit gleich Ä-78- ist. Die Grösse ;> hat auch noch eine andere Bedeutung. Da nämlich p.S die Attraction zwischen den Flächen angiebt, so ist p auch gleich der gegen die Flächeneinheit wirkenden electrischen Spannung.

125.] Zwei parallele unendliche Ebenen. 185

Der vierte Ausdruck für die Energie stellt <üese durch die Ladung, den Inhalt der Flächen 5, S und durch den Abstand derselben dar.

Der fünfte endlich lehrt, dass die Energie gleich der Arbeit ist, welche die electrische Kraft leistet, indem sie die Flächen «S, S mit ihren fixirt und unveränderlich gedachten Ladungen parallel mit sich selbst bis zu ihrem Zusammenfallen verschiebt.

Weiter haben wir

daher ist die Capacität der Fläche S in Gegenwart der ihr entsprechenden Fläche S des andern Conductors gleich q = S/4iTzc,

Wenn die specifischo inductive Capacität des Mediums zwischen den Conductoren nicht, wie wir bisher angenommen haben, gleich 1, sondern . gleich K ist, so wird die Ladung A'mal so gross als im erstem Fall, also

ferner die Energie

Stzc 2k

-FT e^c

KS und die Kraftwirkung zwischen 5 und S

-'^^=^{'^)'

KS ^

-e«

Bringt man also zwischen zwei stets zu derselben Potentialdifferenz A f] geladene Platten verschiedene Zwischenmedien, so ändert sich die Kraftwirkung zwischen den Platten direct wie die specifische inductive Capacität, ladet man dagegen, während verschiedene Medien zwischen den Platten sich befinden, dieselben mit stets derselben Electricitätsmenge e^^ so variirt die betreffende Wirkung umgekehrt wie die specifische inductive Capacität. (Vergl. Art. 9-4.)

Zwei concentrische Kugelflächen.

125. Als zweiten Fall betrachten wir zwei sich gegenüberstehende concentrische Kugelflächen mit den Radien a und b (wo b:>a ist) und den Potentialen A, /?.

136 Z^'^i conccntrische Kugelflächen. [126.

Die äquipotentiellen Flächeii können offenbar nur von r, dem Ab- stände ihrer Funkte von dem Mittelpunkt der Eugelflächen abhängen. Die Laplacesche Gleichung wird also

d^V 2 dV '

cr^ r er

woraus zunächst

-1

folgt. Für r = « ist aber V=A und für r = b ist V=B, somit ist zwischen beiden Flächen

Aa Bb Ä—B

^—-i

a b a b

Y : 1 f.- 1

dV A—B _3 dr a-^ ir^

Bezeichnen Jj, jo die Flächendichten der auf den einander zugewandten Seiten der Kugelflächen befindlichen Electricität, so ist

1 A—B 1 B—A

also haben wir für die Ladungen e^, ^2 ^^^^ einander gegenüberstehenden Kugelflächen

e^ = 47ra2(7i, «2 = 47cä2<72 oder

A B _ ab a-^^b-^'" b a

^i = ^2 = --i 7=T'=- (^ ^).

Die Capacität der Innern Kugelfläche in *der Gegenwart der äussern

ist demnach

ab

Diese Resultate gelten unabhängig von der Gestalt der äussern Ober- fläche der äussern Kugelfläche. Wenn diese äussere Oberfläche auch eine Kugelfläche vom Kadius c(c>'bz>a) ist, so wird das Potential ausserhalb derselben Bcjr^ und ihre Ladung

^3 = Bc,

Die ganze der äussern Kugelfläche angehörige Electricitätsmenge ist demnach

^2 + ^3 = - yZTa {A-B)-{-Bc,

125.] Electrisirtc Seifenblase. . 187

während die der innern gleich

ab

bleibt.

Die an der Flächeneinheit der innern 'KugelJfläche wirkende electrische Spannung ist

1 b^(Ä BY

Die Resultante dieser Spannung bezogen auf eine Hälfte der innern Kugel ist numerisch gleich r^a-p = F, Sie wirkt senkrecht zur Basis der Halbkugel und wird neutralisirt, wenn man an der Längeneinheit der Begrenzung der Basis der Halbkugel eine Spannung

T=3 F lT.a

m

wirken lässt, wir haben also

>i\b a) 8a3'

\{iT:a\ b a) Ißiza

3

~3

Wird b= oo genommen, so bleibt die Kugel mit dem Radius a fillein im unendlichen Eaume übrig. Ihre Capacität ist dann gleich a, also gleich ihrem Radius.

Für eine zum Potential A electrisirte Seifenblase haben wir

1 ^

j = -

4ir a

Die resultireude Kraftintensität ist in der äussern Fläche 47rj und an der innern gleich Null. Nach Art. 79 wirkt also an der Flächeneinheit der Seifenblase eine mechanische Kraft 2i7 9^ von innen nach aussen.

Die Electrisirung der Seifenblase vermindert demnach den in ihrem Innern herrschenden Luftdruck um 2-^3, d. h. um A^/Siza^, Wenn aber Tq die Spannung längs der Längeneinheit eines Flüssigkeitsfaddns angiebt, so muss, wie man leicht einsieht, im Innern der Seifenblase, damit sie nicht zusammenfällt, ein üeberdruck ^T^ja gegen den äussern Luftdruck herrschen. Soll also die Seifenblase durch die Electrisirung allein gerade noch erhalten werden, während der Druck in ihrem Innern gleich dem äussern Luftdruck ist, so muss sie' bis zum Potential

A = /leiroT^ geladen werden.

188 Zwei unendliche coaxialc Cylinderflächen. [126,

Zwei unendlich lange coaxiale Cylinderflächeu .

126. Die Radien der beiden sich gegenüberstehenden coaxialen CyUnder- flächcn seien a bezüglich b (/»>a), die Potentiale A und li.

Da die äquipotentiellen Flächen z\yischcn den beiden Cylinderflächen mit ihnen coaxiale Cylinderflächen sein werden, so* geht die La place sehe Gleichung über in

dW IdV ^ er r er '

wenn r den Abstand eines zwischen den Cylinderflächen gelegenen Punktos von ihrer gemeinschaftlichen Axe bezeichnet. Daraus folgt

7=Ci-hC2logr,

und weil F = ^ für r = a und V= B für r = b ist,

^ log^ + Z^log-^

F =

logi

dV A B

ii == - = .

. ^^ rlog-|

Sind weiter (Tj, dg die Flächendichten an den einander zugewandten Seiten der Cylinderflächen, so haben wir

\ A B 1 B ^A

''^ 4r alog-^' "^^"4- blog^'

Für die auf Cylinderstücken von der Länge / vorhandenen Electricitäts-* mengen e^, €2 erhalten wir . .

6j«=27rflf/j^, €2 = 2Tzbl^2 oder

A B

log 4

^1 : ^2 i ^b ^'

a

Die Capacität eines Stückes von der Länge l des innern Cylinders ist also bei Gegenwart des äussern Cylinders

l

9-i

log 4

Befindet sich zwischen den Cylinderflächen ein Dielectricum von der specifischen inductiven Capacität A', so geht die Capacität des betrachteten Teiles des innern Cylinders über in

Kl

i: T'

log 7

127.] Drei coaxiale Cylinderflächen. * 1S9

und die Energie der auf entsprecheuden Stücken der beiden Cylinder be- findlichen Electricität wird

IK(A-By log-

Drci coaxiale Cyliiidcr.

127. In der nachstehenden Figur bezeichnen A und B zwei einseitig sich in die Unendlichkeit erstreckende, diuch einen kurzen Zwischenraum o getrennte Hohlcylinder mit gemeinschaftlicher zur x Axe gewählter Axe und mit innern Radien a, b. Wir zählen die x von einem Punkte in der Nähe der Mitte der Trennungsstelle zwischen A und B von links nach rechts, so dass A als positiver, B als negativer Cylinder bezeichnet werden kann.

B A

Flg. 5.

Coaxial mit ihnen und in beide Hohlcylinder gleich weit hineinreichend befindet sich ein dritter Cylinder C von der Länge 21 und der Dicke 2<7, dessen Mitte von dem Ursprung der a;.Coordinaten. um x nach der positiven Seite absteht.

Die Potentiale der Cylinder setzen wir entsprechend jihrer Bezeichnung gleich A, By C\ und verstehen unter a die Capacität einer Längeneinheit des Cylinders C in Gegenwart von A und unter 3 dieselbe Grösse in Gegen- wart von B,

Wir sind noch nicht iui Stande die wahre Verteilung dör Electricität auf den drei Cyliudern in der Nähe ihrer bezüglichen Enden zu berechnen. Wenn aber / genügend gross gegen o und gegen x ist, also ein beträcht- liches Stück des innern Cylinders C in jeden der Hohlcylinder hineinragt, so wird die Flächendichte auf Teilen der Hohlcylinder A^ B weder in der Nähe des Coordinatenursprungs noch in der Nähe der Enden des Cylinders C durch den Betrag des Abstandes x der Mitte des Cylinders C von dem Coordinatenursprung merklich beeinflusst werden. Bewegt man also den itlneru Cylinder in seiner Axenrichtung, so ändert sich dadurch weder die electrische Verteilung an den Enden der Hohlcylinder noch auch die auf dem Mantel des innern Cylinders, vorausgesetzt, dass dabei immer noch gegen x und 8 genügend lange Stücke von C in die Hohlcylinder hineinragen. Der einzi*ge Eifect einer solchen Verschiebung von C besteht also darin, dass lediglich die Länge des Stückes, desselben, auf welchem die Verteilung der

190 Arbeit bei der V^ei-scliiebung eines Cy linders in einer Rühre. [127.

Electricität der auf einem unendlich langen Cylinder eriitspricht, vergrössert bezüglich verkleinert wird.

Die gesammtc Energie" des Systems in ihrer Abhängigkeit von x ist demnach nach Art. 126

W=^a(l -hx)(C- Ay -+- i?(/ - .r) (C - ü^ -h 0,

•wo a = 1 / (2 log ö/c), ß = 1 / (2 log h/c) ist und 9 Glieder in sich fasst, die von X unabhängig sind. Man erhält daraus für die parallel der Axe der Cylinder bei einer solchen Verschiebung wirkende resultirende Kraft

Für den Fall, dass die Hohlcylindcr A und /^gleiche Querschnitte besitzen, wird a = ß und

X=^=a(B-A)[C-^(A+Ii)\.

Die physikalische Bedeutung dieser Gleichung für X geht dahin, dass der innere Cylinder durch eine constante Kraft i>i den Hohlcylinder hinein- gezogen wird, von dessen Potential das seinige am meisten abweicht.

Wenn C gegen A -h B numerisch gross ist, so wird näherungsweise

X=a (D--A)a

Diese Gleichung kann zur Berechnung der Potentialdiffercnz der äussern C3'linder dienen, wenn ausser a das Potential C des innem Cylinders und die Kraft X gemessen werden können. Die Berechnung schliesst sich um so genauer den Tatsachen 'an, je grösser C im Verhältnis zu A ^ B ge- nommen wird.

In etwas modificirter Weise ist diese Methode zur Bestimmung der Potentialdifferenz zweier Leiter von Thomson bei der Constniction seines Quadrantenelectrometers, auf das ich in Art. 219 noch zu sprechen kommen worde, zu Grunde gelegt worden.

Dieselbe Anordnung dreier Cylinder kann auch noch, wie seiner Zeit ausgeführt werden soll, benutzt werden, um die Capacität direct zu messen.

Ca.p. IX.

Harmonische Kugelfunctionen.

X-

128. Die Theorie der harmonisclien Kugelfunctionen ist miclirfach Gegen- stand eingehender Untersuchungen für Mathematiker und Physiker gewesen. Ich nenne zunächst als das umfassendste Werk das Handbuch der Kugel- functionen^ von E. Heine, das 1878—81 in zweiter Auflage (bei G. Reimer, Halle) in zwei Bänden erschienen ist. Dann haben wir noch die Beiträge zur Theorie der Kugel/unctlpnen (Leipzig, Teubner 1878) von Neumann und die Abhandlung über harmonische Kugelfunctionen in Thomson und Taits Theoretische Physik j die in der zweiten englischen Ausgabe (von 1879) eine beträchtliche Erweiterung erfahren hat. Fenier sind noch zu erwähnen Todhunters Elementarg Treatise on Laplace's Functions, Lamers Functions, and BesseVs Functions und Ferrers Elementarg Treatise on Spherical Jlarmonics and subjecis connected ivith them. Bei der Fülle an Belehrungs- mitteln über die Kugelfunctionen wird es also wol nicht nötig sein, sie in einem Buche über Electricität eingehend mathematisch zu untersuchen.

Doch habe ich auch in diese Ausgabe die Darstellung der Kugelfunctionen in ihrer Abhängigkeit von der Lage ihrer Pole mit aufgenommen.

«

Singulare Punkte des Potentials.

129 a. Befindet sich eine Electricitätsmenge Aq in gleichförmiger Aus- breitung auf einer Kugel, deren Mittelpunkt die Strecken a,Ily c zu Coor- dinaten hat, so ist nach Art. l'2b das Potential derselben auf einen um r von ihrem Mittelpunkt entfernten ausserhalb ihrer Oberfläche liegenden Punkt (jr, y, z)

r

wobei r^={x a)2 -f- (y by 4- (2 c)2

ist. Der Ausdruck für V ist von dem Radius der Kugel unabhängig, er bleibt also auch bestehen, wenn wir die Kugel sich beliebig zusammenziehen lassen. Die Ladung A^ befindet sich dann zuletzt auf einer Kugel, die so

192 Singulare Punkte. . [129b.

klein ist, dass sie mit einem Punlvte confundirt werden kann. In der Natur ist es zwar nicht möglich, eine endliche Electricitätsmenge auf einen Punkt zu bringen, weil dazu nach Art. 55, 81 eine unendlich grosse Kraft gehören würde, und man kann deshalb tatsächlich den Badius der Kugel nicht unter eine gewisse Grenze sinken lassen. Da aber die Gleichung V=AQ/r die physikalisch möglichen Potentialwerte in dem Räume um eme Kugel darstellt, so können wir bei einer rein mathematischen Unter- suchung von der Fiction ausgehen, als ob die Ladung Aq sich auch in einen Punkt (er, b, c) condensiren lasse.

Ich bezeichne den Punkt (a^b^ c) als Unendlichkeitspunkt von der Ordnung Null. Ehe ich zur Ableitung der Eigenschaften dieses und noch complicirterer singulärer Punkte übergehe, teile ich eine Reihe von Aus- drücken mit, die sich bei Oj)erationen mit Richtungen im Räume und mit zu jenen Richtungen in Beziehungen stehenden auf Kugelflächcn gelege^en Punkten von grossem Nutzen erweisen.

129 b. Eine Axe ist eine bestimmte Richtung im Räume.

Zieht man vom Centrum einer Kugel in Richtung der Axe einen Radius, so heisst der Punkt, wo der Radius die Kugel trifft, Pol der Axe. Der Pol kann also zur Matkirung einer Axe dienen. Es ist aber zu beachten, dass nach der Definition eine Axe nur einen Pol haben kann, nicht zwei. Ist ji der Cosinus des Winkels zwischen einer Axe It und einem Vector r und setzt man

a) P = P-^,

so heisst ;; die Componente des Vectors r in Richtung der Axe h.

Verschiedene Axen charakterisiren wir dadurch, dass wir an die Grössen, die zu ihnen in Beziehungen stehen, verschiedene Indices anhängen. Nament- lich verstehen wir unter

deiv Cosinus des Winkels zwischen zwei Axen m und n.

Unter einer Differentiation nach einer Axe h, deren Richtungscosinusse die Grössen L, i/, N sind, verstehe ich die Operation

V d - d .. d .,d

^ dh ox cy Cz

Aus den Festsetzungen unter a), b), c) folgten die Beziehungen

^^ ch ^""» ' dh '

^M-,;i ^«.«— I^J^

^K . r

129 o.] Singulare Punkte. 193

üebt ein singularer Punkt beliebiger Ordnung, der sich im Ursprung einer Axe h befftidet, auf einen andern Punkt mit den Coordinaten Xj y, z ein Potential

aus, so ist dais Potential desselben Punktes, wenn er in das Ende der Axe k verlegt wird, an derselben Stelle (x, ?/, z) gleich

Af[x Lh, y Mh, z—Nh], f

Bringen wir nunmehr in den Ursprung der Axe einen andern geladenen

Punkt hin. der sich vom vorigen nur dadurch unterscheidet, dass seine

Electricität A das entgegengesetzte Zeichen wie die des ersten Punktes

hat. so i.st das Potential des Punktpaares im Punkte (x. 3/, z)

r = A/[x Lh, y 3/Ä, z NK\ Af{xyz)

oder nach dem Taylorschen Satz

%

F== Ah ^-^^l]^'^^ + Gliedern von höherer Potenz als Ä.

Ch

Indem man h continuirlich abnehmen und A continuirlich so stark

wachsen lässt, dass das Product Äh = A' einen endlichen Wert behält,

wird -schliesslich

, c/(.r,7/,0

r' = ^

ch

Genügt /(Xj ?/, z) der Laplac eschen Gleichung, so muss dasselbe auch bei T*' der Fall sein, weil dieses nichts weiter als die Diflcrenz zweier Functionen ist, deren jede die Laplacesche Gleichung identisch erfüllt.

129c. Das Potential eines Unendlichkeitspuuktes von der Ordnung Null, also

1) ^0 = ^

ist nun in der Tat eine Lösung der Lapla.c eschen Gleichung, daher muss jede andere Function , die aus diesem Potential durch successive Differentiation nach irgend einer Anzahl von Axen entstanden ist, ebenfolls die Laplacesche Gleichung erfüllen.

Ich kann jetzt auseinandersetzen, was ich unter einem siiigulären Punkt von anderer Ordnung als Null verstöhe.

Bringt man einen Punkt von der Ordnung Null mit einer Ladung ■— Afj in den Anfang und einen andern von derselben Ordnung Null mit der Ladung -t- -4^, in das Ende einer Axe ä^, lässt //j continuirlich abnehmen und A^^ continuirlich wachsen, so dass -^o^i? ^^^ Moment^ endlich bleibt, so fallen schliesslich beide Punkte zusammen und bilden einen Doppelpunkt, den ich als singulären Punkt erster Ordnung bezeichne.

Maxwell, Electricität u. Maguetisiuus. I. 1;;

194 Singulare Punkte. [129 c,

Das Potential V^ eines solchen Punktes von der ersten Ordnung ist also

r^ 1 ' = ^172"

Bringt man weiter einen Punkt von der ersten Ordnung mit dem Moment Ai an den Anfang und einen andern von derselben Ordnung mit dem Moment -h Ä^ an das Ende einer zweiten Axe //2, lässt wieder 7/2 ohne Ende abnehmen und A^ wachsen, so dass

endlich bleibt, so erhält man einen singulären Punkt von der zweiten Ordnung.

Das Potential eines solchen Punktes ist nach Art. 129 b, a), 7)

3) r2 = -Ä2^ '

= iA.

3 |Ai |i^ ^M 2

r

»

Ein singulärer Punkt von der zweiten Ordnung besteht aus vier Punkten der nullten Ordnung, hat zwei Axen Äj, h^ und ein Moment A2. Er ist vollständig definirt, wenn die Richtungen dieser Axen und die Grösse des Moments gegeben sind.

Harmonische Raum- und Flächcnfunctionen.

Aus den bisherigen Ableitungen sieht man schon, dass man durch Differentiation des Potentials eines Punktes der nullten Ordnung nach n Axen zu dem Potential eines Singalären Punktes n ter Ordnung gelangt.

Dieses Potential ist dann das Product dreier Factoren, nämlich einer Constante, einer gewissen Combination von Cosinussen und endlich der Potenz r-C» + ^\ Es empfiehlt sich dabei aus Gründen, die erst später klar werden können, den numerischen Betrag der Constante so zu wählen, dass, wenn die Richtungen aller Axen mit der Richtung des Vectors r zu- sammenfallen, der Coefficient des Moments r - + 0 wird. Dazu hat man nach einer Differentiation nach ä durch n zu di\'idiren.

Vi

So resultirt ein bestimmter numerischer Betrag für die besondere Potentialfunction

u) r-c-ir ' ^ ^-A....-?-(-M^

^^^ ^'""^ ^M.2.>J....waÄ, rA2 c^/':, Chn\r)

die wir als Harmonische Raumfunction des (n -f- l)ten Grades bezeichnen.

180 a.] Harmonische Raum- und Flfichenfimctioncn. 195

Diese Function hört auch nicht auf das Potential eines Punktes von der nten Ordnung zu sein, wenn wir sie noch mit einer Constante multi- piiciren.

129d. Das Resultat der durch die Gleichung la) des vorigen Artikels angedeuteten Operation ist von der Form

Ib) r==yr-^«+*\

Y^ ist eine Function der n Cosinusse fi^, jAg, . . . ix„ der Winkel zwischen den w Axen und dem Vector r und der }[n(n 1) Cosinusse Xjg, Xjg . . . . der Winkel zwischen je zwei Axen. Ziehen wir von dem Mittelpunkt einer Kugel Radien in Richtung der Axen Äj, //2 ^'« ^"^ <^^'S Vectors r, so er- halten wir auf der Kugelfläche n Punkte zur Markitung der n Axen und einen Punkt zur Markirung von r. Y^ ist dann durch die relative Lage dieser n -+- 1 Punkte gegeneinander bestimmt und gilt für den Punkt, der den Vector r markirt. Aendert sich die Richtung von r, so wandert sein Pol auf der Kugelfläche und Y^ nimmt andere Werte an. Y^ ist demnach eine Function der \ri(n-{- 1) Abstände der n Pole der Axen und des Pols des -Vectors r von einander.

Wir bezeichnen Y^ als Harmonische Kugelflächen/unction oder Flächen- fnnction von der Ordnung n,

130a. Ich beweise, dass zu jeder harmonischeu Flächenfunction der « ten Ordnung ausser der harmonischeu Raumfunction vom (w -h l)ten Grade noch eine andere vom wten Grade gehört, das heisst, dass nicht bloss 1'^= y„r-(« + i), sondeni auch //„= T^r« der Laplaceschen Gleichung genügt.

Zunächst ist

2) H^=Ty=vy+',

also

^2 // ^ y

-^-t/ = (2n -h 1) {(2n 1) 2-2 -h r^r^"^"^ F^-f- 2(2w -\- 1) r^'^-^r -.—

.

Kntsprechende Ausdrücke gelten für die Derivirten nach t/ und z. Es wird also

ö2// o^H d^n

ir

196 Anzahl dor Constanton in einer Kiisfelfnnction. [130 b.

Da aber F^ eine homof^ene Function des (w -f l)ten Grades der Coordinaten ist. so ergiebt der p]ulersche Satz die Beziehung

ex " Cy c: V ^ y „•

Damit heben sich dann die beiden ersten auf der rechten Seite der Gleichung stellenden Glieder auf. und weil ausserdem 7 2 T'^ = 0 sein sollte, bleibt

3) 7^//„-0. . .

^J^ genügt also in der Tat der Laplac eschen Gleichung urd ist eine harmonische Raumfunction vom nten Grade.

Das eben bewiesene Theorem bildet nur einen speciellen Fall eines allgemeinen Satzes über reciproke Verhältnisse in der Electricitätstheorie, demzufolge die Existenz einer Function jP (j*, //, 2) , die der Laplac eschen Gleichung genügt, sofort die einer andern Function

welche ebenfalls die Laplacesche Gleichung erfüllt, mitbedingt. (Art. 1G2.)

130b. Die wAxen der harmonischen Flächenfunction Y^ sind durch ihre auf der Kugel gelegenea 7? Pole bestimmt, jeder der Pole erfordert aber zu seiner Fixirung die Angabe zweier sphärischer Coordinaten, w^ie Länge und Breite. Daher enthälk eine harmonische Flächenfunction der uien Ord- nung 2n Constanten.

Ihrer Definition zufolge müssen auch die harmonischen Raumfunctionen V und H ie 2 n willkürliche Constanten besitzen. Sie hören aber nicht auf der Laplac eschen Gleichung zu genügen, wenn man sie mit Constanten multiplicirt, somit enthalten sie in ihrer allgemeinsten Form 2ji •+- 1 will- kürliche Constanten.

Nun hat zwar eine homogene ganze Function /v dreier Variabein vom ?iten Grade im allgemeinsten Fall -J(;i -h 1) (w 4- 2) Constauten. Es ist aber leicht zu zeigen, dass trotzdem -!//„, wo A eine Constantc ist, die allgemeinste ganze homogene Function vom n Grade ist, welche der Laplac eschen Gleichung genügt. Denn wenn wir die allgemeinste Form K der Operation v'^ unterwerfen, so wird v^/» eine homogene ganze Function vom n 21;en Grade und besitzt als solche nur noch .J n (n 1) Constanten, die einzeln verschwinden müssen, sobald V ^ A' = 0 sein soll, die allgemeinste Function Ä" behält also nur noch J (;^ + 2) (/r-f- 1) J 7i (n 1) oder 2n -h 1 willkürliche Constanten, also genau soviele wie A 11^ schon besitzt.

Potential einer Kugelschale.

131. Die Raumfunction r^ = Y^ ?•-(« + D vom (w -+- l)ten Grade genüg-t der Laplac eschen Gleichung, verschwindet in der Unendlichkeit,

182.] Potejilial einer Kugelschale. 197

wird aber unendlich im Ursprung des Vectors r. Andererseits gentigt //^ = Y^r^ der La place sehen Gleichung, verschwindet in dem Ursprung des Vectors r, wird aber unbestimmt in der Unendlichkeit.

Setzen wir also fest, dass in- allen Punkten ausserhalb einer um den Ursprung des Vectors r mit dem Radius a gelegten Kugelschale das Potential F^ = y^ r (»+!) und in allen J*unkten innerhalb dieser Kugel gleich F|j = a ~ -»- 1) F^ sein soll, und bestimmen femer, dass in allen Punkten auf der Kugel die Flächendichte a durch

*

gegeben sein soll, dann erfüllt das Potential alle Bedingungen, die an dasselbe gestellt werden, denn erstens ist es überall endlich und stetig, ferner verschwindet es in der Unendlichkeit, dann sind seine ersten Deri- virten überall endlich, abgesehen von der Kugelfläche selbst, und dort genügen sie der Grenzbedingüng

rV dV

-^r + ~-r>~ = 4 na.

Aus Art. 100a folgt dann weiter, dass die Lösung

1) V=a''Y^r-^''^'^ . für Punkte ausserhalb der Kugel, und

2) F' = a-^"-^"*^F„r"

für Punkte innerhalb der Kugel die einzig mögliche ist, wenn die Vertei- lung der Blectricität auf der Kugelfläche durch die Bedingung

gegeben ist.

Lässt man die Kugel vom Radius a sich unendlich zusammenziehen, so giebt V^M^ a''Y^^r-('* + ^) daS Potential eines singulärcn Punktes von der 7<ten Ordnung.

Darstellung der harmomschen Kugelfunctionen.

132. Ich leite jetzt die allgemeine Form einer harmonischen Flächen- function Y^ der 7/ten Ordnung in Termen der Cosinusse der Winltel der Axen gegeneinander und gegen den Vector, oder kürzer, in Termen dei Winkel zwischen den n -\- 1 auf der Kugelfläche gelegenen Polen ab.

Für « = 0, 1, 2, 3, . . sind die Flächenfunctionen leicht hinzuschreiben, wenn man ihre Definition beachtet. Es ist nämlich

7«=!, 7i = |x,, Y.j = ^iLiii.j~}^ly.. ^3 = ^^-1 V'j 1^3 i (P"! h-A -^ \^2 h 1 -^ [^3 'u«)^ u. s. f.

198 Uarätellung der harmonischen Kugelfunctioncu. [132.

Jedes Glied von 1\ bestellt aus Producten von Cosinussen, von denen die mit einem Index markirten fx für die Winkel, welche die Axen gegen den Radiusvector bilden, die mit zwei Indices ausgezeichneten X für die Winkel der Axen untereinander gelten.

Da jede Differentiation eine neue Axe einführt, so kann das Symbol einer jeden Axe in jedem Gliede einmal und nur einmal unter den Indices der. Cosinusse vertreten sein.

Enthält also ein Glied von Y^ s Cosinusse mit doppeltem Iudex, so müssen sich n 2s Cosinusse mit einfachem Index in ihm vorfinden.

Ich bezeichne durch

die Summe aller Glieder, in denen s Cosinusse doppelte, also n Cosinusse einfache Indices haben.

Um ferner auszudrücken, dass ein besonderer Index ?w nur bei den p. bezüglich nur bei den X vertreten ist, hänge ich diesen Index dem [l bezüglich dem X an. Die Gleichung

2 |x(»-2«) Xf*) = 2 [A„/'»-2') X(*) -{- 2 |x(«-2*) IJ'')

m

drückt also aus, dass die ganze Summe der einzelnen Glieder in zwei Partial- summen zerlegt werden kann, in deren einer der Index m sich in den Richtungscosinussen p. der Axen gegen den Radiusvector r vorfindet, während in der zweiten Partialsumme derselbe Index in den Richtungscosinussen der Axen gegen einander vertreten ist. Es sei nun für ein bestimmtes n

4-^, 2|x(''-2*U('^+

n, 9

Verstehen wir unter S eine Summation, die nach s ausgeführt werden soll, 'während s alle ganzzahligen zwischen 0 und ?i/'2, die 0 mit einge- schlossen, gelegenen Werte umfasst, so lässt sich obiger Ausdruck auch schreiben

1') Y^^S[A,^,l^^'-"h%

lind mau erhält für die harmouisclie Kauinfanction des (»j + l)ten Grades

2'a) K„ = r-("+"6'i^„,2Hi<»--'^/.«l,

oder

2'b) F„ = S [A^^ r'"-='"-' 2y/"-=='>X«],

WO wie früher ;? = r p. gesetzt ist.

Die Grössen A sind Constanten, deren Werte wir -leicht bestimmen können, wenn wir von der Function 1"^ zu der r^_j_^ ül>ergehen.

132.] Darstellung der harmonischen Kugelfunctionen. 199

Es ist aber nach der Defiuitioil der harinouischeu Function durch eine //fache Differentiation

m

also unter Beachtung der in Art. 129 b, a) bis*7) gegebenen Beziehungen (n + 1) Fn-i=. S' [.1^^,(2«+ 1-2«) r^'^-»-^2;>„/'-=' + ^)>/^>

_4 ,.2*-2«-l V (n-25-l)X («-J-Dl,

n. s

oder, wenn mau die Glieder unter dem Zeichen S so ordnet, dass sie immer 8 Cosinusse mit zwei Indiccs enthalten,

Die Summen lpJ''-'"^^^}S'^ und v^(»-2* + l)^w unterscheiden sich

aber nur dadurch von einander, dass der Index m eimnal unter den p. das andere mal unter den X vertreten ist, und da die Function Y, nur Glieder enthält, in denen alle Indices zu finden sind, so muss zunächst

sein. Weiter entsteht V„,. aus I' auch dadurch, dass man in dem Aus- drucke für V^ an Stelle des n die Zahl ?* -i- 1 setzt, demnach haben wir

Für « = 0 wird

und weil wegen Y^ = jx^ die Constante -4j ^ := 1 ist.

Allgemein ist dann nach a)

(n s)!"' und damit wird der Ausdruck für die harmonische Fläch enfunction

U l 7i!(« 8)\ J

und der für die harmonischen Raumfunctionen

c) A„={—\y--^~

200 Darstellung der harinoni.schen Kugel functioDen. [188 a.

2)

V = r-<"+'> sU- ly C2»-2^)_L^ V (.-2.) ^w"!

"L^ ^ 2"-'«!(n-«!) /^ J

«)

Die Summe S bezieht sich auf alle Werte des s zwischen 0 und ^ w, die 0 mitgenommen, die Summe 2 dagegen auf die Indices der Cosinusse fx und X der Winkel der Axen gegen den Vector und gegen einander. Die Indices laufen von 1 bis n und müssen alle in jedem Gliede vertreten sein, so aber dass kein Index in demselben Gliede zweimal vorkommen kann. Dadurch ist die Operation vollständig bestimmt, wenn man noch beachtet, dass die Exponenten (n '2 s) und («) keine Potenzirungen anzeigen, sondern festsetzen, dass « Cosinusse der Klasse p. und « Cosinusse der Klasse a vertreten sein sollen. Da die Existenz jedes Poles in jedem Gliede- von Y^ einmal und nur einmal ihren Ausdruck findet und X und p. Cosinusse sind, so muss Y^ sein Zeichen ändern, wenn man einen Pol durch das Centrum der Kugel. nach der entgegengesetzten Seite sich ^ hinbegeben lässt, also wenn man die entsprechende Axe in die der ersten Richtung entgegen- gesetzte verlegt.

Verwandelt man also die Richtungen einer geraden Anzahl von Axen ins Entgegengesetzte, so bleibt die harmonische Flächenfunction ungeändert, tut man dasselbe mit einer ungeraden Anzahl, so wechselt sie ihr Zeichen.

Indessen hat Sylvester nachgewiesen*), dass wenn die harmonische Function Y^ gegeben ist. die Aufgabe, ihre Axen zu finden, nur eine Lösung zulässt, trotzdem, wie wir eben gesehen haben, die Function Y^ keine Aendening erleidet, wenn man die Richtungen einer geraden Anzahl ihrer Axen um 18CK> dreht.

Sätze über harmonische Kugelfunctionen.

133 a. Bei der Ableitung der fundamentalen Sätze aus der Theorie der Kugelfunctionen gehe ich von dem rein physikalischen Problem der Be- stimmung der Energie eines electrischen Systems E auf einen singulären Punkt der nten Ordnung aus. Die ganze Deduction wird aber rein mathe- matisch verlaufen, so dass alle Endresultate unabhängig von der speciellen ])hysikalischen Bedeutung der einzelnen benutzten Grössen bestehen bleiben.

•) Phil. Mag. 1876 üct.

188 b.] Energie eines Systems auf einen singularen Punkt. 201

Nichtsdestoweniger habe ich so und nicht anders verfahren zu müssen ge- glaubt, weil einerseits auch dem Mathematiker die physikalischen Grössen immer noch geläufiger sein dürften, als andere, die er etwa einführen könnte, und andererseits der Physiker einem rein mathematischen Calcul besser zu folgen im Stande ist, wenn er jeder Einzelgleichung eine physikalische Deutung, beizulegen* vermag.

Ist zunächst 'A^) die Ladung eines singularen Punktes der nullten Ordnung und W das Potential des electrischen Systems E in ihm, so wird die potentielle Energie des Systems auf den singularen Punkt

Wo = A, yv.

Haben wir nun zwei Punkte der nullten Ordnung mit den Ladungen Ao und -+- -4y, deren erster sich im Anfang der Axe Äj befindet, während der zweite im Ende derselben liegt, so ist

W, = -AoW + Ao[yV + h,~^+ihl^^^ ),

und wenn wir wieder wie früher h^ unendlich abnehmen und ^o unendlich wachsen lassen, so dass A^h^^Ai endlich bleibt, so wird die Energie des Systems E auf einen Punkt der ersten Ordnung

Allgemein ist die potentielle Energie eines electrischen Systems E auf einen singularen Punkt der nien Ordnung, dessen Moment AJnl ist,

133 b. Nun bestehe das electrische System E aus mit den einzelnen be- züglichen Electricitätsmengen riE geladenen Teilen, so dass

** r

wird. Ebenso seien die Ladungen der einzelnen den singularen Punkt zu- sammensetzenden Punkte nullter Ordnung dargestellt durch de, das Potential des singularen. Punktes wird also

1

V ^.

Die Energie der Wirkung des Systems E auf deu singularen Punkt ist dann

^) \V^^l^^'de = ll^dEde

= l\\dE,

202 Energie eines Systems auf eine Kugel. [134 a;

»

Der letzte Ausdruck -diso IV^dE giebt auch umgekehrt die Energie der Wirkung des singiilären Punktes auf das System K.

Ersetzen wir ferner den singulären Punkt durch eine ihm entsprechende, das System E ausschliessende geladene Kugelfläche vom Radius a (Art. 131), deren Potential auf ausserhalb ihrer Oberfläche gelegene Punkte gleich V^ ist, und deren Flächendichte ^ durch

1

bestimmt ist, so haben wir ., W^ = lV^dE=:ll-dE7ds

wo ds ein Flächenelement der Kugel bezeichnet. Die Summation in dem dritten Ausdruck erstreckt sich über alle Elemente der Kugel, ersetzen wir sie also durch eine Integration, so wird

134 a. Beachtet man, dass die bisher für die Energie abgeleiteten Aus- drücke alle eine und dieselbe Grösse darstellen, so erhält man aus a) und c) unter Berücksichtigung, dass in unserm Falle A^ = zu setzen ist, die Beziehung

1) r(Vrrf« = - i^---a«-^2 -— - -.

Das Glied auf der linken Seite dieser Gleichung bezieht sich auf eine Operation über eine Kugelfläche, das auf der rechten Seite auf eine Operation im Centrum dieser Kugelfläche, und die Gleichujig spricht den Satz aus, dass man die Integration der Grösse U'Y^ über eine Kugelfläche vom Kadius a durch eine n fache Differentiation von M' nach den wAxen der harmonischen Flächenfunction Y^ ersetzen kann, wenn man das Resultat auf den Mittelpunkt der Kugel reducirt.

Die Grösse ^' ist ein Potential, nehmen wir also an, dass W eine harmonische Raumfunction vom mten Grade, also

ip* ;= a—"^Y r"* ist, so wird auf der Kugeloberfläche, weil dort r= a ist, W = Y^^^. Demnach

. Ist zunächst n<:tw. so ist das Resultat der ;< fachen Differentiation eine homogene Function von x^ y^ z vom m wten Grad, und da die Differen-

134 b,] yiäclienintcgral vom Product zweier Flachenfunctioneu, 203

« tiation auf das Centruin der Kugel bezogen werden soll, so wird die rechte Seite der obigen Gleichung gleich Null. Wenn femer /i > w ist, so ergiebt die Diflferentiation an sich schon Null. Demnach wird

]T

3) Jjr,„y,rf. = 0, m^n.

Für 7/1 = n ist das Endresultat der n fachen Diflferentiatioii eine Coustiinte, deren Wert wir aus der in Art. 132 gegebenen Darstellung der harmonischen Kugelfunctionen zu eniiren vermögen.

Zunächst ist nach der Gleichung unter 3) des angeführten Art.

Y.J = ^[(-1) 2-S.!(m-..)! '^'" """J'

Differenzirt man ein Glied von Y^^^r'" etwa r^'pt'~''^^vL ^^^^ ^«" n Axen //j, ho^ . . Äh, so ist in Bezug auf die « ersten Axen pjn~''^^lnm als Constante zu betrachten. Führt man also die » ersten Differentiationen, dia sich nur auf r"' erstrecken, aus, so wird nach Art, 129 b Gleichung a) bei' jeder Differentiation ein neues p.^ oder ;)^/r eingeführt. Nach einer s maligen Differentiation sind also # der p^neu eingetreten und zugleich hat sich der Factor

2*(26' 2)... 2 = 2'«!

abgeschieden. Setzt man die Operation fort, indem man nach den «nächsten Axen differenzirt, so gehen die neueingetret^nen 2\ in Kn ^^^^t ^^ Zahlen- factor kommt aber nicht zum Vorschein. Endlich werden durch die ?i letzten Differentiationen nach den n 2s letzten Axen die «,„ in X..^ ver-

* itt Hin

wandelt, so dass das Glied ^ pI\ Ki ^^^^ ^^^ «fachen Differentiation übergeht in 2«. !X«X«.).l::-^'>.

Unterwirft man alle Glieder von ^„/"' derselben Operation, so wird schliesslich, weil vi = n sein soljte.

4) (Ty Y d8= l^L^-Äfr-iy-^^-""-^-'^— NYx^'^ x^-^x^"--'^^l

Dieser Ausdruck gilt ganz allgemein ^ wie auch die Axenrichtungen in Y„^ sich zu denen in Y^ verhalten, wenn nur beide Flächenfunctionen eine gleiche Anzahl von Axen haben. Deshalb sind auch die beiden Flächen- functionen und alle auf sie Bezug habenden Grössen noch durch die Indices m, n von einander unterschieden, obgleich die Zahlenwerte m und 7i ein- ander gleich sein sollten.

184b. Ich setze speciell voraus, dass die Axen von Y,,^ alle zu einer Axe zusammenfallen. Y^,^ geht dann in eine Zonale harmonische Function P,,^ von der witen Ordnung über. Alle Cosinusse der Form X^^^ werden dann zu Cosinussen ji , indem wir unter jx den Cosinus des Winkels

204 Flächenintegral einer zonalen und einer anderen Flächenfiinction. [185.

«

zwischen der m fachen Axe von Y,.. = P„ and einer der ?i Axen von Y^ verstehen. Die Cosinusse von der Form X^^,^^^ werden 'gleich 1, so dass ^'^Hm &l®ich ist der Zahl aller Cömbinationen von s Symbolen, deren jedes zwei verschiedene aus der Zahlenreihe 1, ^, 3, . . « entnommene Indices hat. Demnach wird

fi\

Ferner ist die Anzahl aller Permutationen von n 2$ Indices der Axen von P^ gleich (n 2^?) !, somit

Dadurch geht aber- die Gleichung 3) des vorigen Artikels über in

5a) Jjy,P„>-(2„^,)„-j;;5L(-l)2.-.(„_^),-t- ^ J'

oder nach Gleichung 1) in Art. 132

wenn Y , . den Wert der harmonischen Flächenfunction T im Pole der

zonalen harmonischen Function P , also im Pole der zusammenfallenden

TU '

Axen von P„^ angiebt.

Weniger umständlich können wir zu demselben Resultat auf dem folgert- den Wege gelangen.

Aus der Gleichung 1) in Art. 134 folgt, dass für m = /* und y„^ = P„^ auch

J

^n^m^f (2«-f-l)«! e^**

ist. Wählen wir das Coordinatensystem so, dass die rAxe mit der ^xe der zonalen harmonischen Function P,,^ zusammenfällt und denken uns Y„r^ als homogene Function des 7iten Grades nach x, i/y z entwickelt, so ist der Wert von Y^ r^ im Pol von j),^ wo x^=y = 0 ist gleich Cz^, Dort ist aber c = r, also bezeichnet C den Wert von Y„ im Pol der Function P . Andererseits ist d* {Cz^)ldz'* ^ n ! C\ somit

W

YP dR = ——r-~—-y

Eütwickelung nach zonalen harmonischen Functionen.

186. Das durch die vorstehende Gleichung ausgedrückte Resultat ist eines der wichtigsten, zu der die Theorie der Kugellunctiouen geführt hat. weil es lehrt, wie man eine Reihe von harmonischen Kugelfünctiouen zu

ISO.] Entwickehing nach xonalen Fiinclionen. 205

a

bilden hat, welche den Wert einer Grösse wiedergiebt, die in den Punkten einer Kugelfläche endliche und sich stetig aneinänderscllliessende, sonst aber beliebig vorgeschriebene Werte besitzt.

Ist nämlich /•' der Wert dieser Grösse in einem Punkt Q der Kugel- oberfläche, rf» ein Element um Q und P^ der Wert, den eine zonale har- monische Function, deren Pol in P liegt, in Q besitzt, so kann das Flächen- integral ff FP^ds^ weil der Wert des P^ von der Lage des Punktes P abhängt, zunächst als Function der Lage dieses Punktes betrachtet werden.

Hier ist also der Pol P fixirt, und die ihm entsprechende zonale har- monische Kugelfunction für jeden Punkt der- Ku^el genommen. Da aber der Wert einer harmonischen zonalen Function in einem Punkte Q^ wenn ihr Pol in P liegt, ebenso gross ist als der einer andern zonalen harmo- nischen Function derselben Ordnung im Punkte P, wenn ihr Pol sich in (i befindet, so kann man auch umgekehrt die Werte der zonalen harmonischen Function auf einen festen Punkt P beziehen und ihren Pol auf der Kugel wandern lassen, also für jedes Element ds der Kugelfläche eine zonale harmonische Function construiren, deren Pol in Q liegt und die Fds zum Coefficienten hat.

In dieser Weise erhält man ein System übereinander gelagerter Func- tionen, deren Werte alle auf einen und denselben Punkt der Kugelfläche bezogen sind, und deren Pole sich in allen den Punkten der Kugel befinden, wo F einen von Null verschiedenen Wert hat. Jede dieser Functionen be- steht aus einem Factor Fds und einer harmonischen zonalen Flächenfunction von der Ordnung w, ist also ein Vielfaches der letztern, und daraus folgt, dass auch die Summe dieser übereinander gelagerten Functionen ein Viel- faches einer harmonischen Flächenfunction (nicht notwendig einer zonalen) sein muss.

Pas Flächenintegral ffFP^ ds als Function der Lage des Punkts P betrachtet, ist also ein Vielfaches einer liannonischen Flächenfunction 1' .

Wenn- demnach F überhaupt nach Kugelfunctionen entwickelbar ist so laxxss ff FP^ds der in dieser Entwickelung auftretenden harmonischen Fläch en- ^*^"ction der nteli Ordnung proportional sein, so dass sie statt dieser substituirt werden kann. Der Proportionalitätsfactor lässt sich leicht juit Hilfe der Sätze unter 8) und 5 b) bestimmen.

Es sei die gegebene Entwickelung

1 ) F=AoYo + Ä^ 1\ H- ^, y^ + . . . + .4, }; H- . . . ,

wo F für jeden Puhkt der Kugel einen bestimmten Wert hat. Multiplicirt man mit P^ds und integrirt über die Kugelfläche, so ist nach 8) und 5 b)

B'

y p ds=:0 ^ ^Tw,

,'> ,'»

e «.'

^'.^»'"'-il+'i^V

206 Conjngirte harmonische Functionen. [130.

also

If

^Pnäs = ^,A^l\,

nnd damit wird

Lässt sich also eine Function F überhaupt nach Kugelfunctionen ent- wickeln, so ist die unter 2) gegebene Entwickelung die einzig mögliclie.

Conjugirte harmonische Functionen.

136. Wenn zwei harmonische Functionen verschiedenen Ordnungen angehören, so ist, wie wir gesehen haben, das Flächenintegral ihres Products über eine Kugelfläche gleich Null. Haben die beiden Functionen dieselbe Ordnungszahl, so ist jenes Integral im allgemeinen von Null verschieden, und es hat den auf der rechten Seite der Gleichung 4) in Art. 134a an- gegebenen Wert.

Die beiden Functionen können aber in einem derartigen Verhältnis zu einander stehen, dass jedes Glied des Ausdrucks auf der rechten Seite der citirten Gleichung für sich verschwindet, dann hat das Flächenintegral den Wert Null auch für gleiche Ordnungszahlen. Die beiden harmonischen Functionen sind in diesem Falle einander Conjugirt:

Aus der Gleichung 5b) in Art. 134b folgt, dass eine harmonische Flächenfunction zu einer zonalen harmonischen Function nur dann conjugirt sein kann, wenn ihr Wert im Pole der zonalen Function gleich Null ist.

Im allgemeinen hat eine harmonische Function der nten Ordnung ab- gesehen von einen constanten Factor 2n willkürliche Constanten, durch deren geeignete Bestimmung man sie anderen harmonischen Functionen der- selben Ordnung conjugirt machen kann. Lassen wir sie nur einer Function coiyugirt sein, so haben ihre 2/i Constanten auch nur einer Bedingung zu genügen.

Soli weiter eine dritte harmonische Function zweien andern Functionen derselben Ordnung conjugirt werden, so haben ihre 2n Constanten zwei Bedingungen zu befriedigen.

Fahren wir so fort immer neue Kugelfunctionen einer gegebenen con- jugirt zu machen, so werden die 2n Constanten der (2n 4- l)ten harmo- nischen Function Bedingungen zu erfüllen haben. .Die Function wird demgemäss gar keine willkürlichen Constanten mehr enthalten, sondern vollständig bestimmt sein.

Nehmen wir nun an , dass in einem gegebenen System von 2/i -f- 1 harmonischen Functionen 3'", T^^ . ., l'^J, . . jede allen andern conjugirt sein soll, so enthält die Keihe

137.] Entwickelung nach conjugirten Functionen. 207

2 7A-hl Constanten, und da jede harmonische Function AY ebenfalls 2 n -h 1 Constanten hat, so können wir

1) ^7,=iio y«' + ^lYi + . . . -h ^ r; 4- . . . + A,,i\

n

setzen. Die Constanten A^^ A^^... ^^,... A^^ lassen sich stets eindeutig so bestimmen, dass die Gleichung identisch befriedigt wird. Multipliciren wir nämlich mit Y^ds und integriren über die ganze Kugel, so fallen alle Glieder A. fi'YlYlds^ wo c^ ^ ist, fort, und es bleibt

t e e- t

woraus 'sich der Wert des A^ bestimmt.

Ist also ein S3stem von 2u -h l conjugirten harmonischen Functionen gegeben, so lässt sich jede andere harmonische Function derselben Ordnung durch dieses eindeutig ausdrücken.- Gleichzeitig ersieht man, dass keine andere Function mehr den Functionen des gegebenen Systems conjugirt sein kann, denn da jede andere Function A Y^ derselben Ordnung sich durch

ausdrücken lassen muss, und

[MiiYyds^Ä^^Y^Ylds

e. e et/

ist, so Vsiim J'/'Y^Y^ds nicht, wie es nötig wäre, verschwinden, wenn nicht A^ verschwindet, das heisst, wenn nicht Y^ schon unter den 2n-i- 1 con- jugirten Functionen sich befindet.

Symmetrisches System harmonischer Functioneiu

137. Ein System von 2n-f-l harmonischen zu einander conjugirten Functionen der 7iten Ordnung enthält 2ri(2n-f- 1) Constanten, die mit ein- ander durch n(2n-hl) Bedingungen verbunden sind. Ein solches System hat also noch w(2w-f-l) willkürliche Constanten und kann deshalb noch mannigfachen Bedingungen unterworfen werden, wenn man es -zur Dar- stellung anderer harmonischer Functionen derselben Ordnung verwenden mW.

Wählt man, wie es Thomson tind Tait tun, Systeme harmonischer Functionen so,, dass von den 7iPolen jeder Function j* in dem Pole der .rAxe, k in dem der // Axe und l = n—j k in dem Pol der cAxe zusammen fallen, so kann man durch die w 4- 1 Verteilungen der Pole, für welche / 0, und durch die w Verteilungen, für welche /=^1 gegeben ist, alle andern ausdrücken. Dieses System ist aber nicht das allgemein acceptirte, viel-

208 Symraetrisches System harmonischer Functionen. [188.

inohr haben alle Mathematiker (auch Thomson und Tait) ein System harmonischer Functionen gewählt, wo in jeder « 5 Pole in einem Punkt zusammenfallen, den wir als Ihsitiven Ihl der Kugel bezeichnen, und die übrigen 7 Pole in gleichen Abständen auf dem zum positiven Pol der Kugel gehörigen Aequator verteilt siud, und zwar auf dem ganzen Aet^uator, wenn a eine ungerade, auf einer Hälfte des Aequators, wenn 7 eine gerade Zahl angiebt. Das ist das Symmetrische System harmonischer Functionen.

Wir haben für diesen Fall p-i = 1^2 = . = H-,,! <, = cosJ>, und

fi.»i-a+i' J^n-a+2 •••i^» ^'^^ ^^^ Form sinH cos(9 3)- wenn wir unter ? das Azimut eines der auf dem Aequator verteilten Pole verstehen.

Ferner ist in diesem Falle X gleich 1, wenn />, q beide kleiner als n. j sind, gleich 0, wenn einer dieser Indices kleiner, der andere grösser als n 1 ist, und gleich cos(7:r/j) wo r eine ganze unterhalb 1 liegende Zahl angiebt, wenn ;>. q beide grösser als n a sind.

Zonale Functionen.

138. Fällen alle Pole in den positiven Pol der Kugel, so wird <y = 0 und die harmonische Function geht in eine zonale Function P. über.

Die zonalen harmonischen Functionen sind von ganz besonderer Be- deutung, und ich werde sie in der Folge unter den andern harmonischen Functionen durch die Bezeichnung P^ *) charakterisiren.

Die Entwicklung für P^ können wir entweder der in Art. 13*2 gegebenen allgemeinen Ent Wickelung für harmonische Functionen entnehmen oder aus der Beziehung

ableiten, wo die z Axe in die n fache kj,c der zonajen Function verlegt ist. Führt mau die Differentiation aus. so ergiebt sich**)

_]J^.5.7...(2n-1) r , t,(w-l) ,_2

1.2.3...«

n(h-l)(n-2)(»-.3) ,., -1

2.4(-2n— l)(2n 3) ^ " " ' J

>^) -2[(-0--T7<'-^'"^K-"]-

^ L 2 p\(7i— ;>)! (n 2/0! J

p durchläuft alle ganzen Zahlen, die zwischen 0 und liegen, die 0 mit einbegriffen.

*) Keine hat die Hezeichnung f*^"' gewählt.

*^*) Vergl. Thomson und Tait, Theoretische Fnyiik Teil li. Seite 330 der ersten Ausgabe.

139.] Flucheniiitegral des Productcs zonaler Functionen. 209

Für einige Untersuchungen ist es von Vorteil, P^ nicht blos durch |jL = cos f>, sondern auch durch v = sin Ä auszudrücken. Man erhält so

Die Grösse P^ ist, wie in mathematischen Werken über Kugelfunctionen nachgewiesen wird, der Coefficient von /i« in der Entwickelung von (1 2|a/4 -H Ä'-^)"^ nach Potenzen von h.

Nach früheren Sätzen ist

2) \(p,„P,ds = 0, «t^-n

und

Im Pol von P^ ist aber ijl= 1, v = 0, also nach Ic) P^..='\ und

rf^2 , 4i:a2

Andererseits ist dfi ^= a^ sin f> ^/f> rf^ = a^ c^jx c^^, somit

0 -1 —1

Aus der Gleichung 3) folgt dann

■f 1

4) (^-^»^=2n4-T-

l

139. Die zonale harmonische Function P^ lediglich als Function des {X ohne Kücksicht auf ihre Beziehung zur Kugelfläche betraclitet. kann auch als Legendr escher Coefficient bezeichnet werden.

Fasst man aber die Function gerade in ihrer Beziehung zur Kugelfläche auf, sieht sie also als Function der sphärischen Coordinaten ihres Pols und des Punktes, für welchen sie gelten soll; an, so nennt man P^ den Laplaceschen Coefficienten ^ oder mit Thomson und Tait die Zweiaxige harmonische Function,

Fixirt man die Punkte der Kugelfläche durch die Winkel i> und ^, und bezeichnet die Coordinaten des Poles der zonalen harmonischeu Function

Maxwell, EIcctriciiät u. M.iguetisinas. I. 14

210 Tesserale und sectorielle Functionen. [140a.

dnrch ^' und 9', so ist der Wert von P„ in einem Punkte der Kugel« welcher die Coordinaten ^, 9 hat, eine Function der vier Winkel d, 9, 0', 9'. Da^ aber P^ eine Function von fi, dem Cosinus des Bogens zwischen (^, 9) und (f)', 9') ist, so ändert es seinen Wert nicht, wenn man 0 mit (>', 9 mit 9' vertauscht, ein Satz, von dem ich schon Art. 135 Gebrauch gemacht habe.

Tesserale und Sectorielle Functionen.

140 a. Die zonale harmonische Function gehört zu dem System har- monischer Functionen, das ich am Ende des Art. 137 charakterisirt habe, wo also n uPole zum positiven Pol der Kugel zusammenfallen, und »Pole gleichmcössig auf dem ganzen Aequator oder auf seiner Hälfte, je nachdem 7 ungerade oder gerade ist, verteilt sind.

Um noch die andern harmonischen Functionen dieses Systems zu cmiren, haben wir DiiFerentiationen nach j Axen auszuführen, die alle in der Ebene des Aequators liegen und miteinander Winkel von der Grösse ir/j bilden.

Ich verlege die Ebene der Coordinaten »r, y in den Aequator der Kugel, richte die z Axe so, dass ihr Pol in den positiven Pol der Kugel fällt und führe mit Thomson und Tait*) imaginäre Coordinaten ein, indem ich setze

a) i = X-hiy, ri^x-^iy.

Richten wir die yAxe nach einer der Functionsaxen , so wird zufolge der in Art. 129b für die Differentiation nach Axen gegebenen Definition

Lassen wir aber die 2^ Axe in die Mitte zwischen zwei Axen fallen, so erhalten wir

Beide Operationen, sowohl Ds als /)c, führen zu reellen Resultaten und sind nur Abkürzungen für die. Operationen

'^ dx^-^df/ 1.2.3 dx'-^di/^

c'J 2'-^7)c= ^—-^-T^, +

dx 1.2 dx Ciß

♦) Theorethche Physik, teil I. S. 163.

140a.] Einfubninpf der Operation D^\ 211

Entsprechend setze ich noch

e') -^^Dc)^nc.

OZ \ J n

(•) (»)

Ds nnd 7)c bezeichnen Operationen, bei denen Differentiationen nach

r? Axen aaszufuhren sind, von denen n a mit der 2 Axe zusammenfallen und a in der Ebene der xy sich befinden und miteinander Winkel gleich -/j bilden. Die genannten Symbole stellen also die ganze Operation, die wir

vorzunehmen haben, dar. und zwar D«, wenn die yAxe mit einer der 9 Axen

n

der Function zusammenfallt, Dc^ wenn die y Axe mitten zwischen zwei der

n

9 Axen zu liegen kommt.

Ich definire jetzt Tesserale harmonische Functionen von der Ordnung n und dem Typus ^ durch die Gleichungen

Wir haben darnach zwei Arten solcher Functionen. Setzen wir aber

f) jjL = cos », V = sin f>, p2 = ^2 _^ 2/^

g) r = |ir, p = vr, X = p cos 9, y = p sin 9, 80 wird .

V i.':'(i)=(-.)-p'i-;.(,--o;.i^, .

also weil

i 1

9 (^j*' S*) = P* 8in79, qT (5* -+- T)') = p' cosa^ ist,

ir

n a

. . . n

212. 0^''\ä^'^ und die tesseralen imd sectoriellen Fimctionon. [140a.

Wir haben diese Ausdrücke noch nach z zu differenziren^ Dabei ist die einzige Variabole l/r^'"^*, und man erhält nach bekannten Regeln

^""7 1 \ . C2;0!2%! 1 r

(n j)(n^g— 1) .^_g o 2(2n— 1) ^

oder auch, weil nach den Gleichungen unter g) r^^z^-i-p*^ ist

_(n— ^(n— 0— J) „^,_j 2 4(a+l) ' "^

Beachtet man die Beziehungen z=:\i.r, p = vr und setzt

(71 (j)(w (T— l)(n (T— 2)(n g-~3) n-<»-4_ 1 ■^ 2.4.(2n l)(2n 3) ^ "j'

' n L 4 (<T 4- 1 ) "^

(„_,)(„_ j_l)(„_j_2)(„-j-3) „_,_, ,_ ■^ 4.8(a+l)(j+2) •* "

so wird also

■1

]

K) -(-i)-"~-:';,tr».

und

(■23)1 r

^ " (27/)! j! «

so dass sich die Functionen Ö und W nur durcJi eine multiplicirendc Constante von einander unterscheiden.

Nach den unter 1') und 2') gegebenen Definitionen haben wir also für die beiden tesseralen harmonischen Functionen von der O^-dnung n und dem Typus j

1a) = —rri- Ö; 2sm^z>

Ib) =^2^'7i.!''« ^''"'^

140 b.J Verj^leiehung der von verschied. Autoren benutzten Symbole. 213

•2'd) ^c = --^— ö^ 2cosj?

2b) =T^— ^^„ 2 cos 59.

l«'ür 5 = 0 ist siu j:p = 0, cos j<p = 1, somit

n 2'*n!w! "

Es ist aber

.

^(«)__ , n(/>~l) ^_o n(/t-l)(n~2)(n-~3)^ .^ " ^ 2(2n 1)^ ■^2.4.(2n"— 1)(2« 3)*^

2"7i!n[ "^ (2n)"! n' somit

(0)

1,) = o,

fi (ü) .

n

Für jeden andern Wert der t von 1 bis «, die Grenzen mit einbegriffen, eiistireu zwei tesserale harmonische Functionen. Eechnet man also die zonale Function P^ als speciellen Fall einer tesseralen hinzu, so giebt es, wie es sein muss, 2w-h 1 tesserale harmonische Functionen von der Ord- nung n^ die sich von einander durch ihre typische Zahl j unterscheiden, welche festsetzt, wie viele Pole auf dem ganzen oder auf dem halben Aequator gleichmässig verteilt sein sollen.

140b. Die Entwickelungen für die tesseralen harmonischen P'unctionen sind aus der allgemeinen Definition der harmonischen Functionen als Diflferentialquotienten des reciproken Radiusvector nach einer gewissen Anzahl von Axen dividirt durch n\ geflossen. Sie bestehen aus vier Gom- ))onenten, einem Sinus oder Cosinus von j^, einer Potenz a von v, einer Function von \l oder von jj. und v und endlich einem numerischen Factor.

Für das Product der zweiten und dritten Componente hat man drei verschiedene Symbole eingeführt, die sich von einander nur durch Zahlen- Factoren unterscheiden.

Ich habe in diesem Buche für jenes Product von v' in die nach absteigenden Potenzen von p. (beginnend mit ji""') verlaufende Reihe dasselbe Zeichen 8^*^ verwendet, welches Thomson und Tait in ihrem oft citirten Werke be- nutzt haben.

Heine hat in seinem Handbuch der Kugelfunctionen 47) eine Function P^^^ eingeführt, die er ^eine zugeordnete Function der ersten Art^ nennt (von Todhunter in seinem am Eingang dieses Capitels angeführten

214 Vergleichuiig der von verschied. Autoren benutzten Symbole. [140 o.

Buche mit Aasociated Function 0/ the First Kind übersetzt), und die zu iinserm 6^'^ in der Beziehung

steht.

Die Reihe der absteigenden Potenzen von [i selbst bezeichnet Heine durch ^^"^ und Todhunt er durch co (a. y*)-

Man kann übrigens diese Reihe auch durch die folgenden Formeln ausdrücken.*)

oder da

1 r^^

ist, auch durch

Der letztere Ausdruck, in welchem iß^**^ durch Differentiation der zonalen harmonischen Function 1\ erhalten wird, scheint Ferrers zur Einführung seines Zeichens 7'^'^ bewogen zu haben, welches durch

CfJL 2 (w 7)1 nl

definirt ist.

Endlich habe ich noch das Symbol \}^^^ benutzt, um dasselbe Product durch 6ine nach absteigenden Potenzen von fx und aufsteigenden Potenzen von V verlaufende Reihe auszudrücken.

140c. Die Namen „zonal^ und „tesseral", die wir den Kugelfunctionen des eben behandelten Systems beigelegt haben, gewinnen eine geometrische Bedeutung, wenn wir mit Thomson und Tait die harmonischen Functionen nach den sphärischen Curven-klassificiren, auf denen sie Null werden.

Die zonale harmonische Function ist, wie' wir gesehen haben, eine Function des n Grades des Cosinus der Poldisümz des Punktes, für den sie gelten soll, als solche muss sie also für w Werte dieses Cosinus, die alle zwischen -4- 1 und 1 liegen,**) verschwinden. Die Curven, in deren Punkten die zonale Function auf der Kugel gleich Null ist, sind also Breitenkreise, deren Pol mit dem Pol der Function zusammenfällt. Zwei benachbarte

*) Heine, Kugelfunctionen, erste Ausg. 1861- pag. 117, zweite Ausg. 1878 pag. 152 ff.

'^'^J Heine I. c, §7,

141.] Ciirven, auf denen die hyinmetrischen Functionen verschwinden. 215

Breiteukreise schliessen eine Zone ein. in der die Function nur positive oder nur negative von Null verschiedene Werte hat; innerhalb des dem Pol nächsten Breitenkreises sind nur positive AVerte. vertreten. Die Werte der Function sind also auf Zonen verteilt, in denen sie abwechselnd positive und negative Beträge besitzen.

Die zonale Function eignet sich deshalb zur Darstellung von Functionen, die in gewissen Breitenkreisen einer Kugel oder auf gewissen konischen Flächen im Räume verschwinden.

Die andern harmonischen Functionen des behandelten Systems treten zu Paaren auf, in denen die eine Function den cosjtp die andere den sinj^ zum Factor hat. Diese Functionen verschwinden also auf a Meridianen, und, da sie nach ja vom Grade n j sind, auch auf n j Breitenkreisen. Die ganze Kugelfläche zerfallt fiir sie demgemäss in2a(7i j 1) sphärische Vierseite und 47 an den Polen gelegene sphärische Dreiecke. Innerhalb dieser 2j(« j-h 1) Felder haben sie von Null verschiedene Werte.

Wir haben sie deshalb als tesserale (oder quadrilaterale) Functionen bezeichnet, weil sie namentlich bei Untersuchungen, die sich auf zwischen Parallel- und Meridiankreisen befindliche Vierseite (im Grenzfall Dreiseite) beziehen, ihre Anwendung finden müssen.

Die tesseralen Functionen, für welche i = n ist, im ganzen also zwei zu einem Paare vereinigt, verschwinden auf n Meridianeif, also auf gar keinen Breitenkreisen. Wir scheiden deshalb dieses letzte Paar von den andern tesseralen aus, indem wir den in ihm vertretenen Functionen die Be- zeichnung Seciorielle Flächenfunctionen beilegen, weil die von Null ver- schiedenen Werte auf Sectoren, welche von Meridianen begrenzt werden, verteilt sind.

141. Wir haben nun noch, ähnlich wie es für zonale harmonische Functionen schon geschehen ist, auch für tesserale Functionen das Flächen- integral ihres Quadrats zu bestimmen.

Dazu verfahren wir nach ganz derselben Methode wie in Art. 134, die ja auch durch den allgemeinen Satz über das Flächenintegral zweier har- monischer Functionen vorgeschrieben ist.

Wir venvandeln also die Flächenfunction 1'^"^ durch Multiidication mit der. positiven Potenz r" in eine harmonische Raumfunction, differenziren sie dann nach ihren n Axen, setzen .r = ^ = r = 0 und multipliciren das Schluss- resultat mit 4 t: a^/n ! (2n + 1).

Nach der adoptirten Bezeichnungsweise ist also

Es ist aber nach Art. 140a; la), 4), a), g) als Function von z, S, i) -J'^_Ol+j)i;/ . i^S.'-o (n g)(n J-l),„-,-2. 1

216 Flächenintegral vom Product zweier tesseraler Functionen. [142 a.

und deshalb müssen nach der 71 a fachen Differentiation nach z alle Glieder bis auf das erste fortfallen. Durch die Differentiation dieses ersten wird dann (n !j) ! als Factor eingeführt. Die weitere Differentiation nach l und r^ erstreckt sich auch nur auf das erste Glied und führt den Factor 5! ein so dass man schliesslich erhält

ijH'y- ^

(n4- j)! (n d)!

1) 22"n!«!

= [w, 9]. Diese Gleichung gilt für a= 1. 2, . . . «, für j= 0 aber giebt es keine Function Ys, Ganz dasselbe Resultat erhält man auch für Yc, nämlich

Diese Gleichung gilt aber auch für j = 0 und ergiebt wie wir schon im Art. 138 gefunden haben.

Entwickelimg nach tesseralen harmonischen Functionen.

142a. Die eben gegebenen Entwickelungen gestatten nach der in Art. 13(> auseinandergesetzten Methode, die Constanten in der Darstellung einer be- liebigen Function der Lage eines Punktes auf einer Kugel vom Radius a durch eine nach tesseralen Functionen fortschreitende Reihe zu bestimmen.

Ist nämlich 7*^ diese willkürliche Function und

m

so haben wir

^^'--y-W-^-

also wegen der Gleichungen unter 6) und 7) des vorigen Artikels

wo ist.

142b.] Entwickelung nach lesseralen Functionen. 217

142b. Ist ^1^' eine Function, welche der Laplac eschen Gleicliung genü^d; und in einem Abstände a von einem Punkt Ö, in den wir den Coordinaten- ursprung verlegen, keine singulären Punkte hat, so kann man W^ unter Be- nutzung der bisherigen Resultate, immer in eine Reihe harmonischer Raum- functionen positiven Grades, deren Kugelmittelpunkt sich in 0 befindet, entwickeln.

Man gelangt zu einer solchen Entwickelung nach harmonischen Raum- functionen zunächst in der folgenden Weise.

Man entmckelt das Potential T auf der Fläche einer mit dem Radius r um ö gescblagenen Kugel nach harmonischen Flächenfunctionen und multiplicirt jede der Flächenfunctionen mit eiuer Potenz von r/a,. welche gleich der Ordnungszahl der betreffenden harmonischen Flächenfunction ist. Dadurch erhält man eine Reihe, die nach harmonischen Raumfunctionen positiven Grades fortschreitet und als Darstellung für das Potential U'' im ganzen gegebenen Gebiete angesehen werden kann.

Bei der Bestimmung der Constanten dieser Entwickelung hat man, dem obigen zufolge, Integrationen über die Kugelfläche auszuführen. Entwickelt man aber das Potential nach tesseralen Functionen, so kann man die Operation des Integrirens durch die geeignetere des Differenzirens nach den Axen det tesseralen Functionen ersetzen.

m

Führt man nämlich an der Eut\^ickelung von U'" nach tesseralen Kugel- fuuctioueu vom Typus Yc, also in U* = 2^c Ycr ^ die für tesserale

n k k .

Functionen charakteristische Operation

aus und ^etzt nachher x- = ^ = 2 = 0, so fallen alle Glieder fort bis auf das.

(») welches Äc als Factor enthält, und man bekommt

n

-CT)!

e.-'-'VoE' or)V 2'+»«!

oder expliciter

?/* 2.' (c^ 9(J - p e'-" 0^ \ W (n + a)!(n-j)!

Iz'-'Xdx' 1.2 ex»-'' dy^ '"} n r-'n\

woraus dann die Constante Ac zu berechnen ist, wenn die angedeuteten

n

Differentiationen fQr W ausgeführt und auf den Mittelpunkt 0 bezogen sind.

218 Curven gleicher Werte tier Kugel fuiictioncu. (143.

Graphische Darstellung, der Curven gleicher Werte von

harmonischen Functionen.

143. Mau kann, wie sich aus den Untersuchungen des Art. 135a er- giebt; jede harmonische Function nter Ordnung durch ein System zonaler harmonischer Functionen derselben Ordnung darstellen, deren Pole auf der Kugelflache verteilt sind. Die Vereinfachung eines solchen Systems scheint aber nicht leicht zu sein. Indessen habe ich, um dem Leser eine geometrische Anschauung von dem Verlauf harmonischer äquipotentieller Flächen zu ver- schaffen, die zonalen Functionen der dritten und vierten Ordnung berechnet, und dann nach dem in Art. 123 für die graphische Summation auseinander- gesetzten Verfahren die auf der Kugelfläche liegenden äquipotentiellen Linien harmonischer Functionen, welche durch algebraische Addition der beiden ge- nannten zonalen Functionen -entstehen, in orthogonaler Projection gezeichnet. Die Figuren befinden sich auf den Tafeln VII. bis X. «am Ende dieses Bandes.

Die Tafel Vn. repräsentirt die Curven gleicher Werte der Differenz zweier zonaler Functionen der dritten Ordnung, deren Axen 120*^ gegen einander in der Ebene der Zeichnung geneigt sind. Diese Differenz ist eine tesserale harmonische Function von der dritten Ordnung und dem ersten Typus (j=l) mit einer zur Ebene der Zeichnung senkrechten Axe.

In der Tafel VIII. sind die Curven gleicher Werte der Summe zweier zonaler Functionen der dritten Ordnung dargestellt, deren Axen gegenein- ander um 90^ geneigt sind. Die resultirende harmonische Function ist von der dritten Ordnung, gehört aber nicht dem symmetrischen System an. Von den Knotenlinien den sphärischen Curven. in deren Punkten die harmonische Function verschwindet. ist eine ein grösster Kreis, die beiden andern, welche von ihr geschnitten werden, sind keine Kreise.

Tafel IX. enthält die Zeichnung für die Differenz zweier zonaler Functionen der vierten Ordnung, deren Axen senkrecht zu einander sind. Die harmonische Function ist hier eine tesserale von der vierten Ordnung und dem zweiten Typus (j = 2).

Endlich repräsentirt die Tafel X. die Curven gleicher Werte der Summe derselben zwei zonalen Functionen. Sie soll dazu dienen, dem Leser vom Verlauf einer etwas allgemeinerien Kugelfunction vierter Ordnung eine Vor- stellung zu verschaffen. Die Knotenlinie besteht hier aus G Ovalen, die sich in der sechsfach zusammenhängenden Fläche nirgend schneiden. Inner- halb dieser Ovale ist die harmonische Function positiv, ausserhalb derselben negativ.

Ausser den eben angeführten Zeichnungen für die harmonischen Flächen- functionen habe ich noch eine auf Tafel VI. befindliche Zeichnung für eiue harmonische Raumfunction angefertigt.

Die Kugel ist so electrisirt. dass das Potential auf ihr wie eine harmonische Flächenfunction der ersten Ordnung variirt, und die Zeichnung stellt einen

144a.] Eine Kugel unter dein Einfluss eines clectr. Systems. 219

Schnitt der äquipoteutielleu Flächen mit einer Ebene dar, die durch den Mittelpunkt der Kugel geht und die Axe der Kugelfunctiou enthält.

Man sieht, dass die äquipotentiellen Flächen innerhalb der Kugel durch Ebenen gebildet werden, die senkrecht zur Axe einander in gleichen Ab- ständen folgen. Die Kraftlinien sind also hier gerade parallel der Axe ver- laufende Linien. Ihre Abstände von der Axe entsprechen den Quadrat- wurzeln der natürlichen Zahlenreihe. Ausserhalb der Kugel sind Flächen und Linien gekrümrat. Wäre der Magnetismus der Erde nach der einfachsten harmonischen Function verteilt, so würde diese Zeichnung ihre äquipotentiellen Flächen und ihre Kraftlinien in einem bestimmten grössten Kreise dar- stellen.

Anwendungen der Kugclfunctionen.

144 Eine Kugel unier dem Einfluss eines electriscJun Systems. Wir können nunmehr die Verteilung der Electricität auf einem kugelförmigen Conductor berechnen, Wenn er sich unter dem Einfluss electrischer Massen befindet, für die das Potential von vom herein gegeben ist.

Wir entwickeln zunächst das gegebene Patential ^V nach harmonischen liaumfunctionen positiven Grades, deren Mittelpunkt sich in dem Mitteli)unkt der Kugelfläche befindet, und erhalten so

für das Potential der electrischen Massen auf einen im Innern der Kugel im Abstände r vom Centrum befindlichen Punkt.

Da nun das gesammte Potential innerhalb der Kugel constant sein muss, so lautet die Entwickelung des Potentials der inducirten Kugcl- oberfläche

V=^B'— BYr— BYr^^ B Y r*

und demnach ist das Potential ausserhalb der Kugel (s. Art. 131a)

3 5 2n4-l

,.a ,> ,, O ,r " -r* nr «

^a ~" ^^0 r -^l^ ^ Ji -^2 ^2 ^3 •• ' 'TT

BY.

n « „n 4- 1

Aus der charakteristischen Gleichung erhält man dann

j =^; ~ + 3B^ y, -H 5^2 ^2« -^- •- -^ (^^ -^ l)^n ^'« «"~^-

Darin ist durch die für ^' gegebene Entwickelung alles bestimmt bis auf den Coefficientcn Bq. Ist aber die Entwickelung von j nach Kugcl- functionen

7 = 7y -h 5j H- jg -h ... H- <y^,

220 Die Greeiische Funclioii einer imliicireiiden Kugel. [144b.

wo j den Wert (271 -f- l) B Y a**~* hat, so erhält man für die auf der Kugel inducirtc Electricitätsmenge

e = \ ^ds =^ i ^f, ds.

Für A:>0 muss ^her J'jj^ ds verschwinden, weil 1 ebenftills eine har- monische Flächenfunctiou (nämlich Yy) ist, es bleibt demnach

und da <Jq = Byir.a war. so folgt

Zur vollständigen Bestimmung der Flächendichte gehört also auch noch die Kenntnis der durch das electrische System in der Kugel inducirten Electricitätsmenge.

Das Potentialniveau der Kugel findet sich zu

144b. Die Greensche Function einer inducirenden Kugel. Wir nehmen nun an, dass die Kugel sich in der Nähe von Conductoren befindet, die stets in Verbindung mit der Erde stehen, so dass das Potential auf ihnen immer gleich Null ist. Die Kugel inducirt dann in diese Leiter Electricitätsmeugen, und es soll unsere Aufgabe sein, das Potential dieser Electricitätsmengen auf einen Punkt zu bestimmen, wenn die Verteilung der Electricität auf der Kugelfläche gegeben ist.

Im Art. 98 haben wir schon einen analogen Fall behandelt, dabei aber die inducirende Electricität uns in einem Punkt concentrirt gedacht. Dort habe ich auch eine Function, die Green sehe Function, eingeführt, die ich als das Potential auf einen Punkt p = (x, //, z) der von einer in einem Punkte y/ = ix\ y\ z') befindlichen Electricitätseinheit in andern auf dem Potential- niveau Null befindlichen Körpern inducirten Electricitätsmenge definirt habe.

Ist also diese Function G ,^ die in •// concentrirte inducirende Elec- tricitätsmenge gleich Aq und das Potential der in den andern Körpern inducirten Electricitäten auf einen Punkt /> = (.r, ?/, z) gleich U^', so haben wir

*• = Ä.. c„.

ü ^--"

Wir können nun die Bedeutung der Greenschen Function auch auf unsem Fall ausdehnen, wo die Electricitätsmenge A^ sich nicht in einem Punkt, sondern auf einer Kugel verteilt befindet.

Stellt man nämlich die Flächendichte j der auf der Kugel befindlichen Electricität durch eine harmonische Reihe dar eine solche Darstellung ist, wie wir wissen, immer möglich so kann man* die von der Ladung

144b] Die Greensche Function einer iuducirenden Kujrel. 221

der Kugel ausserhalb derselben hervorgebrachten AVirkungen, durch die Wirkungen singulärer geladener Punkte, die sich sämmtlich im Centruni der Kugel befinden, ersetzt denken.

Jeder in der Entwickelung der Dichte auftretenden Kugelfunction ent- spricht ein singulärer Punkt, dessen Ordnung sich aus den in Art. 129 c angestellten Untersuchungen ableiten lässt.

Haben wir also

47:ö2 5 = 24-a2^j^. = -4j^ -+- :Uj Y^ -h bA^Y^ ^ ... -h {2n -{- l) Ä^Y^ ^ ..,

so ist das Potential, welclies von einer dieser Partialdichten, etwa von 4 -«2 5^^ herrührt, gleich (Art. 1:51a).

r*«

- 7--4 1' für innerhalb der Kugel befindliche Punkte,

_^-rÄ^ Y für ausserhalb derselben gelegene.

V

Nun ist aber nach den Gleichungen la) und Ib) in Art. 129 c, d

wo die Differentiationen auf der rechten Seite der Gleichung auf den Mittelpunkt der Kugel zu beziehen sind.

Das durch die electrische Partialverteilung a^ auf der Kugelfläche in Punkten ausserhalb derselben hervorgerufene Potential ist also ebenso gross, wie das durch einen im Centrum der Kugel liegenden vielfachen Punkt, dessen Axen A,,//«. . /' sind, und dessen Moment die Grösse Ä^ä^ hat, verursachte.

Die Greensche Function für die Partialverteilung -ir.a^a^ auf der Kugel fällt also, sowohl was die Verteilung der auf dem System inducirten Electricität als die der Potentialwerte anbetrifft, mit der für diesen vielfachen Punkt geltenden zusammen, und .wenn 'wir das Potential der durch die Partialverteilung 4'a'^a^ in andern Conductoren, die sich auf dem Potential Null befinden, inducirten Electricität auf einen Punkt j-, ^, z mit U*^ bezeiclmen, so haben wir

wo die Accente der £ angeben, dass die Differentiationen sich auf den Punkt x\ if\ z\ den wir nachher mit dem Centrum der Kugel zu confundiren haben, beziehen sollen.

Es ist nun von Vorteil jede der Kugelfunctionen Y^ durch die 2// -f- 1 Kugelfunctionen des symmetrischen Systems y!^^ (die zonalen und tesseraleu und sectorielleu in sich begreifend) darzustellen. Ist dann

222 r^ic Greensche Function einer inducirenden Kugel. [144b.

. r=2^i'^rf'\ SO haben wir

n H

wo von den Zeichen s und c (je nachdem Tj^'^einen sin<7^ oder cos 19 als Factor enthält) abgesehen ist.

Für das ganze Potential W der inducirten Electricität haben wir also

1) *=4.o+22[^i'^lr^?'(ö)]-

Innerhalb der Kugel ist das Potential der inducirten Electricität plus dem Potential der Ladung auf der Kugel fläche constant, also ergiebt pich

2) n'-h^Ao-hll -^ 4*»> ri'«^= Const.

a

w, -4- l «, «i

Die Werte der «, und Jj sind von den Beträgen der n und a unab- hängig. Führt man an der linken Seite dieser letztern Gleichung die

Operation 7)^'-^ in Bezug tixxf (t.jj.z aus, so fallen in S^r^^ul^^'^y^^'V«"'"^ * alle Glieder bis auf das mit ri""^ fort, und man findet

Wir erhalten so eine Reihe von Gleichungen zur Bestimmung der Constanten Ai^'K

Das Hauptglied auf der rechten Seite dieser Gleichungen ist das erste, welches die Ladung A^ der Kugel zum Factor hat. Vernachlässigt man alle andern Glieder, so bekommt man in erster Annäherung

'^ ("iH-^i)-(^'i "^i)- «t ^ '^

Bezeichnet b die kürzeste Entfernung des Kugelmittelpunktes vom nächsten Conductor, so ist

«^-Hx^(0(ö)<(|):'"'

Wenn demnach b gegen o, den Radius der Kugel beträclitlich ist, so sind die Coeificienten aller aiideni Kugelfunctionen klein im Verhältnis zu A^y Die unter der Doppelsumme stehenden vernachlässigten Glieder der rechten Seite der Gleichung 8) sind von ähnlicher Grösse wie

146 a.J Nahezu kugelförmiger Comhiclor. 223

(«f/^)^""*""'*^*, woraus man ersieht, dass man sie in der Tat in erster An- näherung fortlassen darf.

Ersetzt man dann in diesen Gliedern die Constanten A^^'^ durch ihre in erster -Näherung gefundenen Werte, so kann man eine zweite Näherung rechnen, mit dieser dann eine dritte u. s. f.

145 a. Verteilung der Electricität auf nahezu sphärischen Conductoren, Wir betrachten als anderes Beispiel die Verteilung der Electricität auf einem nahezu sphärischen Conductor.

Die Gleichung des Conductors sei

r^a{\-^F)

wo F eine Function der Richtung des Eadiusvector r, also eine Function von H und 9 ist, für Kugeln ganz verschwindet und für unsem Conductor so klein sein soll, dass ihr Quadrat unbeanstandet fortgelassen werden darf. Entwickelt man /•' nach Kugelfun ctionen, so dass

ist, so hängt das erste Glied von dem Ueberschuss des mittlem Eadius- vector über den Radius a ab. Aendem wir also die Bedeutung des a dahin, dass wir unter a gerade diesen mittlem Eadiusvector verstehefti, so dass Ar.d^l'^ sehr nahe dem Volumen des gegebenen Conductors gleich ist, so wird in der Entwickelung des F die Grösse /^ verschwinden.

Das zweite Glied /^ Yj hängt von dem Abstände des Massenmittel- punktes des überall gleich dicht gedachten Conductors von dem Coordinaten- anfang ab. Wählt man also diesen Mittelpunkt selbst zum Coordinaten- ursprung, so verschwindet auch /^ , und es bleibt

r = a(l +/2 Fg -H/3 Tg -h . . .).

Hat der Conductor eine Ladung -4^, und ist er sonst keinen äussern electrischen Kräften unterworfen, so wird sein Potential in Punkten, die ausserhalb seiner Grenzfläche liegen, von der Form

1,1 1

^' ^ A) ";r ~*^ -^1 ^"1 7:2 "*■•••"*■ -^« ^n "ithmT

sein, wobei die Y' nicht von demselben Typus zu sein brauchen wie die 1" in der Entwickelung des F, Auf der Fläche selbst ist das Potential constant gleich dem Potential a des Conductors. Aus der Gleichung des Conductors folgt aber bei Vemachlässigung höherer Potenzen von /^ als der ersten für Punkte, die auf dem Conductor gelegen sind,

1= 1(1 _ F\ i = 1(1 - 2^0 u. 8. f., mithin haben wir

« = -^ü ~ ^~ -^i 'i i 1 -h . . . . -4- i4„ -; X'

224 Nahezu kiigelforraiger Condiictor. [145 a.

Die Coefßcienten -A,, A.^. u. s. f. sind aber klein ^,^^^\\ A^^ und wenn wir ihre Productc mit F in erster Annäherung fortLassen. erhalten wir

I V \ \ 1

^ = ^^' ä ' ^ ^^ ^^ 02 "^^2 yi ^3 -H . . . -h ^„ y; ^-7-

oder, weil F = /i Tj H- /? ^2 ■+"•••■+" ^w ist,

a= A)-^(l - (/l 3^1 +/. 1^2-^ . . . -+-/n yn)) + ^, y; i-+ ^2 5^^^ +

Es ist aber sehr näherungsweise a = -4.,,/a, lassen wir also die Glieder mit harmonischen Functionen derselben Ordnung verschwinden, so ergiebt sich das Gleichungssystem

a = A^ ■)

A^ Yl = Aoa/^l\,

A2 Tg = Aqü^/^I^^

-^n ^n -^0^ -*n*

Daraus folgt zunächst, dass die Y Functionen desselben Typus sein müssen wie die l", und fenier, weil /i = 0 ist,

A^ = 0, A2'= A^a^f^^ u. s. f.

Ist also die Entwickelung der Grösse F nach harmonischen Functionen bekannt, so resultirt daraus unmittelbar eine angenäherte Entwickelung des Potentials des Conductors nach denselben harmonischen Functionen.

Für die Bestimmung der electrischen Verteilung auf unserm Conductor haben wir die charakteristische Gleichung

47:5 = -;^— = -^— cose , c V er

wo V die Normale und e der Winkel zwischen dieser und r ist. Da F und seine Derivirten selir klein sein sollten, so darf man bis auf Grössen von der Ordnung F* den C08s= 1 setzen, und erhält

'" 17" 11 1

** "" ' = ~ I7 = ^ r2 "^ ^ ^1 ^^1 7»" "^ "^ ^'' "^ ^ ) -^'^ ^'" 7T2

Indem man wieder die Potenzen von r durch a und F genähert aus- drückt und Producte der A^.A<^,,,,A^ mit F veniachlässigt, findet man

\T.i = ^:l (1 - 270 -h 2^1 Y, \, -h . . . .

146 b<] Nahezu kugelförmiger Conductor. 225

oder mit Hilfe der Näherungswerte für die Coefficienteu -4,, ^g^ -^n 4i:cr = ^^ [l ^/^y^ H- 2/3y3 + . . . 4- (n - !)/„ tJ .

Untersclieidet sich demnach der Conductor von einer Kugel durch eine dünne Schicht, deren Tiefe von Punkt zu Punkt wie eine harmonische Function der nien Ordnung variirt, so ist das Verhältnis der Diiferenz der Flächendichten in zwei Punkten zu der Summe dieser Flächendichten H 1 mal so gross wie das Verhältnis der Differenz der zugehörigen Radien zu deren Summen.

145b. Existiren ausserhalb des Conductors noch electrische Massen, die ihn mit einer Kraft, deren Potential gleich U ist, angreifen, so ent- wickeln wir dieses Potential nach harmonischen Raumfunctionen positiven Grades, deren Mittelpunkt wie früher sich in dem Volumcentrum des Con- ductors befindet, setzen also

Die Functionen Y' brauchen \ivieder nicht von demselben Typus zu sein wie die Y in der Entwickelung von F.

Wäre der Conductor vollständig kugelförmig, so würde das Potential seiner Ladung auf einen ausserhalb seiner Oberfläche gelegenen Punkt (s. Art. 144a) gleich

7= A - -ßj r, ^- . . . - i?, r, --;^.

sein. Da er aber nur genähert kugelförmig ist, so fügen wir zu V noch eine Grösse W hinzu, die wir durch die Entwickelung

Tr Cq "+" ^1 M -2 "^ "^ ^w»

^ ^^ ^1 -* 1 y.2 ^^ ^^m J-m m + 1

r

darstellen können, in der die Y" im allgemeinen von den Y und 7' im Typus abweichen werden, und wo -die Constanten C klein sind, weil F nur zu geringen Beträgen ansteigt.

Das Gesammtpotential des Conductors und der electrischen Massen ist also U -{- F-HlF. Auf der Fläche selbst, also für r = a(l -^ F)^ muss

U+V^ ]r= Const. = ^t, -h -Bo

gleich dem Potential des Conductors sein. Entwickelt man aber in den Ausdrücken für U^ F, W die Potenzen von r nach Potenzen von a und J", veniachlässigt höhere Potenzen von F als die erste und lässt auch alle Producte von C mit F fort, so kommt

F[— ^0 + ?^B,aY[ -h bB.,a^Y'i 4- . . . -h (2w -f- 1) a^B^Y^]

4- Cq -h C'j a y 1 -h .... r,„a"* Yp, = 0.

Maxwell, Klcctricität u. Maguetismus. I. 15

226 Conductor innerhalb einer Schale. [145 C.

Der Ausdruck F {A^ S^jö Y[ ) stellt also direct die Entwicke-

lung von \V auf der CDnductorfläche dar und lässt demnach in bekannter Weise W auch für jeden ausserhalb derselben gelegenen Punkt finden. Es ist aber noch folgendes zu beachten.

F ist selbst durch eine harmonische Eeihe darstellbar. Die Reihe für W enthält also zunächst Producte harmonischer Functionen. Das Product zweier harmonischer Functionen der Ordnungen ?j, m ist eine rationale Func- tion des {n-\-m)i^Xi Grades von den Grössen xjr. yjr^ zjr^ und als solche nach einer Reihe harmonischer Functionen entwickelbar*), deren Ordnungen n -h in nicht überschreiten. Kann man also F nach Kugelfunctionen entwickeln, deren Ordnungen nicht grösser als m sind, und ebenso das Potential der äussern Kräfte nach Kugelfunctionen entwickeln, deren Ordnungen nicht grösser als n siiid, so wird das Potential der geladenen Conductorfläche keine Kugelfunction enthalten, deren Ordnung die Zahl tw -f- n überschreitet.

Die Flächendichte findet man nach Berechnung des W in erster An- näherung, aus der Gleichung

146 c. Conductor innerhalb einer Schale. Als Seitenstück zu der im Art. 125 gelösten Aufgabe und als Verallgemeinerung derselben behandele ich noch den Fall, dass ein nahezu kugelförmiger Conductor sich innerhalb einer nahezu kugelfonnigen und mit ihm nahezu concentrischen Schale befindet.

Die Gleichung der Conductoroberflächo sei i^ieder

r = a(l + F)

ist, die der inneren Schalenfläche

r = ^(l -f-6') und

m

Die / und g sind klein gegen die Einheit, und die Y^ harmonische Flächenfunctionen von der Ordnung ??.

Ferner sei das Potential auf dem Conductor gleich a, auf der Schale gleich 3 und in einem Punkte zwischen Conductor und Schale gleich M'. Entwickeln wir 4' (weil der Punkt ausserhalb des einen und innerhalb des andern Conductors sich befindet) nach harmonischen Raumfunctionen positiven und negativen Grades, setzen also

W=.h^'hh^Y^r-h...-^h^Yy

*) Heine, Kugelfunctionen; Bd. 1, pag. 71 ff.

146.1 nerechnnng der C'oofficicnten. 227

so haben wir die h und die k so zn bestimmen, dass für r = a(l 4- F) das ^r = a und für r = 6(l -H Cr) das U*= ^ wird. Nun sind die h und ä-, ab- gesehen von Äo und k^^ so kleine Grössen, dass wir ihre Producte mit /' vemachlässig-en dürfen, wir erhalten also ganz wie bei frühern Gelegenheit^en

also

k k k k

Die Ladung dos innern Conductors wird demnach und ausserdem ist allgemein

/;_ = li

n

«+W «»'-+•1

k r=k a" b"" --i

Ä^, /„,/,, //^ sind aber Coefficienten einer und derselben harmonischen Flächenfunction in den verschiedenen Entwickelungen.

Die Flächendichte der Electricität auf dem innern Conductor findet man aus der Gleichung

wo allgemein

A a'-^'+ (n + 1) ^"-^ ' I - g„ (2« + 1) «" + ' />"

gesetzt ist.

148. Zwei kugelförmige Conductoren. Als specielles Beispiel für die Anwendung zonaler Functionen untersuchen wir die electrische Verteilung auf zwei kugelfönnigen Conductoren.

15'

228 Zwei Kugeln. [146.

a und b seien die Radien der Kugeln und c gebe den Abstand ihrer Mittelpunkte von einander an. Bezeichnen wir noch mit j\ y zwei Zahlen, die kleiner als 1 sind, so haben wir a = .rr, b=^yc. Weiter sei r der Abstand eines Punktes von dem Centrum der ersten und ä der von dem Centrum der zweiten Kugel, i^ die Flächen dichte der Electricität auf der ersten Kugel und X, die auf der zweiten.

Wir legen in die Centrale der beiden Kugeln die Axen und in die ein- ander zugewandten Schnittpuuktc der Centrale mit den Kugeln die Pole zweier S3^steme zonaler Functionen. Entwickeln wir dann die Dichten Jj, ^g nach diesen zonalen Functionen, setzen also

1) 4 t: «2 Ji = /!+ ^1 Pi -f- 3 A., l\ + ..,-{- {im -f- 1) ^„^ P„,,

2) 4 t: ^»2^a = B + B^ I\-\- S B.^ P^ -^ . . . -h (2» + 1) 2?„ J\ ,

und bezeichnen mit U\ U das Potential der Electricität der ersten Kugel auf Punkte innerhalb bezüglich ausserhalb ihrer Oberfläche und mit V\ V das Potential der zweiten Kugel auf Punkte innerhalb bezüglich ausserhalb ihrer Oberfläche, so haben wir

3) aV=A + A, P,-+ A, P,^+... + .1„,2',„ - >

4) rU=A + A, I\j+ A,P,y,+ ... + A„,P^ ^ ,

5) bV' = B + B,P,j+ B, P, y,+ ...+B„ P„ -^,

6) ,Y =B + B,P,^+B,P,j^+...+B„P„^-

Dabei sind A und B die Ladungen der entsprechenden Kugeln.

Ist femer das Gesammtpotential auf der ersten Kugel gleich a, das auf der zweiten gleich p und das in einem ausserhalb beider Kugeln gelegenen Punkte gleich ^F, so haben wir

7a) . a = V -h V für Punkte innerhalb der ersten Kugel,

8a) [i = (J -^ V' y^ zweiten

9) ^' = U 4- F \ ausserhalb beider Kugeln.

Aus der ersten dieser drei Gleichungen folgt aber für Punkte innerhalb der ersten Kugel

m

Bildet man diese Gleichungen speciell für Punkte auf der Centrale, wo also

r -\- s = c

140.] Gleichungen zwischen den Coefficienten. 229

ist, und beachtjet, dass eine zonale Function in ihrem Polo den Wert 1 hat, so folgt für r = 0, also 8= c

10) '^^•a3+i^j =0-

«= c

Indern man die Diiferentiationen von F ausführt und a/c = x^ ^/c = !/ setzt, erhält man das System der Gleichungen

Hl)

0==A^^^-hBxf'' + ^-h(m-i-\)BiX»'+^y-\-i(ni-{-})(m~h'2)BoX'''-^^f/^ + H-^ ri-^««^'""^*^**-

In ganz derselben Weise ergiebt sich aus der zweiten Gleichung ^-f-F'= ? für r = c und 5 = 0

0=Bi-hÄi/^-h2A^?/x-hdÄ2y^x^-i-.,.-h(m-hl)Ä,ni/.r"', ö=B2-^Aif-h3Ayx'h6A2!f^x^'{-...-{-i(m-i'\)(m-h2)A^^y^x'\

lU)

+ + -- ,- ,' A^y^+^x"".

mini ^'^

Wir haben also zwei Systeme von im Ganzen m-^?i Gleichungen, aus denen wir die m-\-n Grössen -4i, -4o...,-4„^, -Bj, i?o...J5^ durch A und B berechnen können.

Die Lösung lässt sich durch Determinanten ausltihren, die folgende Methode führt aber den Eechner schneller zum Ziel.

Entnimmt man dem Gleichungssystem 11 y) die Werte der B und trägt sie in das System 11,) ein, so geht dieses über in

^,= ^^-s.^^ ^•.y[.2.i+:].i /-h4.i y-ho.i/'H-r).i/+&c.

A.t'*//3[2.3-h3.() i/^-h'iAOy^-hS:^ A]x^y^[2A-hSA0y^-hkc,

H- J4cr''^3p.5H-&c.

230

Zwei Kugeln.

Bx^^A xV[3.H-6.1 //2-^ 10. V +15.1/ -1-^2^5/ [3.3h- 6. 6 i/--i-&c.

A,=

Bx*^^A .c*^3[;4. 14.10.1^3-^ 20. iy-f-&c. -t-^iJrV[**.2 f 10.3i/2+&c.

A,-

Bx^ + ^ a-"^/ [5 . 1 -h 1 5 . 1 f H- &c.

u. s. f.

[146.

&c.

Als erste Näherungswerte für ^,, -<4m,... kann man die mit A und B multiplicirten Glieder ansehen. Trägt man dann diese Näherungswerte in die rechten Seiten der vorangehenden Gleichungen ein, so erhält man zweite Näherungswerte u. s. f.

Die allgemeine Form der A und B ist aber

und man lindet leicht

2 4- 3^4- \]i^-\- 5/4- C).y«

8-f- 30/4- 75/ -1-154/ 4- 280/ 18 f m)/ 4- 288/ 4- 735/ 4- &c. 32 4- 2(H)/4- 780/ 4- Ä:c. 504-375/4- &c. 724-&C.

JT^/ ^•11/

X^/

^1 = •^-

4- x'/

.1-1»/

.fi-'^/ ^"/

x^/ 4-^iV

xl^y6

7//^® + 8//"4-9/*1-&c. &c.

324- 192/4- Ä:c. 1444-vV:c.

4-H !>/

(54- 18/

84- 30/

104- 45/

124- 63/

144- 84/

1 I

l(>/4- 25/4- 3G/4- 49/«4-G4/2-f &c.

40/4- 75/4- 126/4- 196/0 4- &c.

80/ 4- 1 75/ 4- 336/ 4- &c. 140/4- 350/ 4- &c. 224/ 4- &c. &c.

I64-&C.

16 4- 72/4- 209/ 4- 488/ +- Ate.

604-342y2_^.i222/4-&c. 150 4- 1050/ 4- &c. 308 4- &c.

4-.t;"/[ 644-&C.

140.] Berechnung der Coefficienten. 231

Für die folgenden Untersuchungen -ist es vorteilhafter, diese Coefficienten durch tf, b und c auszudrücken und alles nach c zu ordnen. Man erhält so, indem man hei den Näherungswerten stehen bleibt, die durch die nieder- geschriebenen Glieder charakterisirt sind,

(7a26i« + 75a5Äio ^_ 90a7Ä8 4- 32a96«)c-i5

(Sa^^is + 154a'»6i2 -+. 288a7^,io .+. 320»^» -h 2Q0aPb^ H- 50aii66)c-" 4- (9a26i7 _^ 2800^61* -+- 735a76^2 ^ I92a»5ii H- 780a»6W

-h 144a^ö69 -h 375ai»i»8 -h 72ai366)c-i9.

{^aH^ 4- 18a765 4- \^a^b'f)c-'^^

l\Oa}^b^ 4- 30a»ft5 4. i^aH^ 4- 400^*7 4. 25a5Ä»»)c-"

(120^3^3 4. 45a"6Ä 4- 60aWft6 + 80a»67

-4- 72a»68 -h 75a769 4. 36a56")c-^^ (14a^5^3 4- 63a«65 -+- löOai^Äß -+- UOa^^b'^ -+- 342aioi8

4- 175a»Ä» 4- 209a8^i« 4- 12Ga76" 4- 49aSi»")c-i8 4- (16a"^>3 4- 84a"*5 4. 308ai*/>« 4- 224a^3Z>7 4- WoOa^H^

414a" -+- 1222a*o^»o _^. ^^^aH^^ 4- 488a8ft»2 4. I96a76»3 64a56i^)c-3o.

P3 = 3a3/,3c-6 4- 6a3Ä5c-8 4. lOa^Ä^c-^ö 4- (12a«Ä6 4- 15a36»)c-i3 (27a« ^6 -{- b^aH^ 4- 21 a3&")c-i^ (48aW56 4. i62a«Ä» 4- Ib^aH^^ 4- 28a36i3)c-i6 4- (75ai2^,6 4. ^(SOa}H^ 4- 48a» 4- GOea»^^«

4- 372a«6i2 _^ 36a3*^5)c-i«.

^3 = a3c-3 4- 6aßZ»3c-» 4- (Oa^i» 4- 18a6^'^)c-" 4- (12a^o63 4- 36a865 4- 40a660c-"

(15ai263-4- ma>H^ 4- 24a966 4- lOOa»^^ 4- Iha^b^y-^^ (18ai*63 4- 90ai2^5 _^ 90a"^« 4- 20()ai"67-

4- 126a9Ä» 4- 225a8Z»9 4- 126a«6")c-i7 (21 ai«^^ 4- 126ai*//' 4. 225a"^>« + 850ai2^7 _^. 594aii6«

4- 525aio^^ 4. 418a» i>i« 4- 441 a«6" 4- 1 96 6^3)^-19.

;73 = 4a*^»3c-7 4- lOa^Ä^c-» 4- 200^67 c-" -h (lÖa'i!^« 4- 35a*6»)c-^3

4- (3Ga»6« 4- 84a7ft8 ^_ '^Qa^b^^).c-^^

4- (64a"6« 4- 252a» 4- 282a76»o 4- 84a^Z>")c-". ^^ ^ a4c-4 ^. 8a7e>3c-io 4- (12a» 63 4- 30a7^»-^)c-»2

4- (I6a"63 4- 60a»65 4. 80a767)c-i*

4- (200^3^3 4. I00a"6-» 4- 32ai«*6 4. 200a»M 4- 175a'6»)c-i6

4- (24a^'^63 4. I50ai365 4. I2()ai2ft6 4- 400a"67 4- 192aio.i>«

4- 525a»6» 4- 336a7Ä»ii)c-i».

/?4 = 5a5Ä3c-6 -h löa^ft^c-i« 4- 35a'^67c-i2 _^(20a«Ä« 4- 70a'^&?)c-" (45aWft6 4_ i20a»Ä» 4- 126a**")c-i«.

232 Zwei Kugeln. [146.

;?5 = 6aH3c-9 H- 21 a^b^c-^^ -h bßa^b'^c-^^

-h (24ai363 -H 126aii65 + 224a»Ä7)c-i6. /jg = 7a763c-io + 28a765c-i2 _^- UaH'^c'^K q^ = a7c-7 H- Ua^H^c-"^^ -+- (21 a^^^^ + Ua^H^^-^K Pj = 8a8i>3c-ii -f- 3ßa^b^c-^K yy = a8c-8 4-16aii63c-i*-

Daraus erhält man die Werte der r und s indem man a mit 6 in den q bezüglich p vertauscht.

Die Potentiale a und ? auf den Kugeln selbst sind zunächst 7b) °^= ^f"^^"*'^ + ^1^ "^ ^2f-^' + Bny"J

8b) ^ = ^r'By-hÄ-\' A^x-hA^^-h ....^Äyl

oder

7c) a= Z^H-m5,

Sc) ß=m-ä-^n jB.

/, TO, n sind die Potentialcoefficienten (Art. 87), und man findet aus den angegebenen Werten der A und B

m = c— ^ -{- piüc^ -\- p^a^c-^ -\'

n = 6—1 q^ac—^ q^a^ c—^

oder in ihrer Entwickelung nach a, 6, c

m = c-i 4- 2a3Z»3e-7 4_ 3a3^3(o2_|_ ^2) c-9-i- «3^3(4^4 4. Ga^Ä^^. 4j4)c-ii + a3Ä3(5^6 + 10^4^2 4. 8a3^3 4. iQa^M + 5&6)c-i3 + a3i>3((5^8 4_ 15^6^,2 4. 300^63 + 20a*^>*

+ 30a365 + 15^266 4_ 6^s)c-i5 -4- 03^3(7^10 _|_ 21 a«^>2 4. 75^7^3 4. 35a66* + 144a565

4- 35a*i»6 + 75a3i7 4. 2la268 + 7M«)c-" 4- a3Z>3(8rti2-}- 2801^^24. 154^9^3 ^ ^Ga»** + 446a7 65 4. 102a666

+ 446a5Z>7 + 5Ga4Z>8 4. I54a3^,» + 28a2/yio h- 86i2)c-i9 + a3i>3(9ai4 4. 3Gai2^,2 4. 28Üa"63 + 84ai«6*+ 1107 a»^^-h 318 a^ft^^ . -h lGG8a7Ä7 + 318a6Ä8 + 1107a''^69 + 84a*6w 4. 280a36ii 4-3Ga26i2+9Ji4)c-2».

146.] Berechnung der Goefficienten. 233

-h 72a3^« -h 15()a2/>9 + 366ii)a6c-iö

(ai3 4- l(Ua»063 -f- 4(H)a»^'^ + 272a7^>6 -+- i\^Oa^b^ -h 4t)8a568

-h o75a4|5»9 -h 209a36i« -f- 'Ib^aH^^ -4- 49^13)^6^-20

(fli-^ + 147ai263 -h 720ai«^'^ 4- 693«^^»« -h 1548a»i7 ^_ I836a7&«

l«14a6Ä9-h UUOa'^Ä»!^ -h 1113a*Ä»" + 488a36i2 392a2i»i3 4_(54;i,i.-i)a6c-22.

Der Wert des l folgt aus dem des w, indem man a mit b Tertausclit.

Aus den Entwickelungen des Art. 87. ergiebt sich für die i)otentiellc Energie des Systems

12) \V= ^lA^-\^mAB + ^^n B\

Die Abstossungskraft, welche die beiden Kugeln in Richtung ihrer Centrale auf einander ausüben, ist nach Art. 93 a

13) -^^^^A-^^ + AB^-+^B^-^.

^ de ^ cc cc ^ cc

Endlich findet man noch die Beträge der Flächendichten der Ladungen auf den Kugeln aus den Gleichungen unter 1) und 2), indem mau die Ai . , , B^ , . . durch ihre gefundenen Werte ersetzt.

Confocale Flächen zweiten Grades.

-K-

Krummlinigc Coordinaten.

Eine zweite Methode, Lösungen der Po isson-Laplac eschen Gleichung, und damit electrostatischer Probleme zu erhalten, besteht darin, dass man sie für andere Coordinatensysteme transformirt.

In dem C artesischen Coordlnatensystem wird jeder Punkt des Raumes als Schnittpunkt dreier zu den Axenebenen paralleler Ebenen angesehen.

Bei dem jetzt einzuführenden System fixiren wir jeden Punkt des Raumes durch die drei confocalen Flächen zweiten Grades (einschaliges Hyper- boloid, zweischaliges Hyperboloid und EUipsoid), deren Schnittpulikt er ist.

147. Die allgemeine Gleichung eines Systems*) confocaler Flächen ist

X ist ein Parameter, durch dessen Variation mau von einer Fläche zu einer andern übergeht, und es soll, je nachdem es sich auf Systeme confocaler zweischaliger Hyperboloide, einschaliger Hyperboloide, Ellipsoide bezieht, durch Xj, Xg, Xg charakt^risirt werden.

Die Reihenfolge der a, ä, c ist so gewählt, dass a <: Ä < c, demnach

a<:Xi<:6<:X2<c<X3-

wird. Doch ist die Grösse a nur der Symmetrie der Resultate wegen ein- geführt und kann und soll auch in den Schlussresultaten gleich Null gesetzt werden.

Eliminirt mau zwischen den Gleichungen dreier confocaler Flächen, denen die Parameter Xj, X^, X, zukommen, das y- und 2-, so folgt

*) Die folgenden Untersuchungen sind der Hauptsache nach dem höchst inter- essanten Werke Lamers Le^'ons sur les Fonctions Inverses des Transcendantes et tes tSur/aces Isothermes, Paris, 1857, entlehnt.

147.] Elliptische Coordiuaten. 235

2) ^2 (62 _ a2) (c2 - a2) = (X,2 _ a2) ()^2 _ «2) (X32 _ «2)

als Gleichung für die x Coordinate des Durchsclinittspunktes der drei Flächen. y und z erhält man durch Vertauschung von a mit b und b mit a, bezüglich von a mit c und c mit a.

Weiter ergiebt eine Differentiation

woraus die acht andern entsprechenden Differentialquotienten durch geeignete Vertauschung der Buchstaben resultiren.

Bezeichnet also s^ den Bogen der Schnittlinie der Flächen Xg und X3, der von zwei aufeinander folgenden Flächen \ und Xj 4- dX, eingefasst wird, so ergiebt sich

4a^ l ^*iV= (^W (sjlW ( ^- V_'_ >M- (>-/ - K') (h' - >>.")

Entsprechende Gleichungen erhalten wir für die Grössen dt^o/^^h') ^.VcXj.

Setzen wir a) />,2 = X32 _ XgS, y^^s = X32 - X/-', I),^ = X22 - XjS

und nehmen a = 0, so wird

^ ^^^1 J/^2_X^2 ,/^.2_Xj2

Der Nenner ist das Product der parallel der t/ bezüglich z Axe lau- fenden Halbaxen der Fläche mit dem Parameter X^. Der Zähler ist ebenfalls ein Product von Halbaxen, und zwar desjenigen Centralschnittes der Fläche X,, welcher zum Halbmesser, der durch den Schnittpunkt der drei Flächen geht, coujugirt ist. Es ist auch leicht zu zeigen, dass Do parallel e/5o, D^ parallel ^^^3 und J>^ parallel dsi verläuft, doch gehe ich nicht weiter darauf ein.

Wir machen nun die Parameter Xj, X.,. Xg von drei andern Grössen a. % 7 abhängig, indem wir setzen

OL = ( ^^V ,

J^/^,2_Xi2 /c2-X/8' 0

cdh

236 Elliptische Coordinaten. [148.

und erhalten damit

4 c) ds^ = Ihj O3 da , dso ^ 7 D-^ />, d^ , ds-^ =■ D^ Dod^(,

c 0 c

Das Volumenelement, dessen Kanten r/ifi, d^o, ^/»s sind, hat einen Inhalt

/) 3 /) 2 /) 2 6) ds^ ds.j f/Ä3 -^ ' 'j^ ^ doL d';} d^.

Die drei Bogeneleinente ds^, ds^^ dy^ sind zu einander rechtwinklig" geneigt, und die Bogen äj, «2, ^^3» zu denen sie gehören, bilden ein orthogonales krummliniges Coordinatensystem.

148. Man kann diese drei Grössen a, 3, 7 auch als elliptische Integrale erster Art darstellen. Setzt man nämlich

Xj = ^siuf>,

b) X2 = l/c- sin^^ -+- ^2 008^9 ,

X3 = csec}/, ferner

c) b = Arr,

d) Ä:2 + A^'2=l,

so dass k und k' als copiplementäre Moduli des Systems confocaler Flächen angesehen werden können, so findet sich

Ji/T

„J/l-t-*«sin!>»

-f

5b) . ß = f---^^^=:: = F(^') - i^ (^',?) ,

'^ ,,J|/l-Ä;'2cos2<p

d^

^Jj/l— ^'2C0S2^

F(k) ist das vollständige elliptische Integral erster Gattung, das man auch durch K zu bezeichnen pflegt, F(k') ist das ihm complementäre.

Darnach ist a eine Function von f^, also von Xj, ,3 eine Function von ^, also von Xg, 7 eine Function von ^, also von Xg.* Man kann aber auch umgekehrt die Winkel 0, (p, ^ und die Parameter Xj. Xg, X3 von a, p, 7 abhängig machen. Lame behandelt gerade die Eigenschaften, die sich aus solcher Inversion von Functionen ergeben.

Da übrigens die Parameter Xj, Xg, X3 periodische Functionen der Hilfs- winkel i>, 7, 4* sind, so müssen sie auch periodische Functionen der a, ,3, 7 sein. Aus der Theorie der elliptischen Functionen folgt, dass die Periode von Xj und X3 gleich 4 F (k) ist, während Xg zur Periode 2 F (k') hat.

140.] Transformation der Laplace-Poissonschen Gleichung. 237

Transformation der Laplace-Poissonschen Gleichung.

149. Wir transforniiren die Laplace-Poissonsche Gleichung, indem wir statt der bisherigen C artesischen Coordinaten die neuen Coordinaten ot, p, 7 einfuhren.

Jene Gleichung ist bekaifntlicli identisch mit der Beziehung

\ \/i?coserf«+ \ \ \47:prfT = 0,

und darum bilden wir zunächst das Flächenintegral der Kraft R,

Bezeichnet T' das Potential in einem Punkte (a, 3. 7), so ist die in Richtung von ca^ resultirende Kraft

_ cr__ cV coL cV c

C «1 COL C8i tl />2 l\

und demzufolge

Die linke Seite der Gleichung giebt das Flächenintegral von /?, für das Flächenelement ds^ 0V3. Fassen wir ferner das von dem System der Flächen a, % 7 und a -h f/a, ^-i -f- t/^-J, 7 4- t/7 gebildete Kaumelement (solcher ßaumelemente giebt es acht, eines in jedem Octanten) ins Auge, so erhalten wir durch die rechte Seite jener Gleichung das Flächenintegral der (von aussen nach innen als positiv bezeichneten) Normalcomponente der Kraft für da» Element der Fläche a, welches zwischen den Flächen 3 und ß -4- d 3, 7 und 7 -+- d'( liegt. Das Flächenintegral für das entsprechende Fläch en- eloment auf a-h doL ist dann, weil Di'^ von a unabhängig ist,

d^ dy + TT—i -^

CT. C ' ' COL^ C

'^TZ -^ ^? ^V + 1^:^« ~7~ ^? f^v.

Die beiden Flächeneleniente auf a und a -h dn stehen sich in dein von ot, % 7 und a -h r/ot, ^ -f- d% 7 -i- d'( begrenzten Volumelement da d^ d'{ gegenüber und das Flächenintegral in Bezug auf beide zusammen wird

ca^ T ^* ^'^ ^'''

Entsprechend erhalten wir für die Flächenintegi-ale der Normalcom- ponente der Kraft in Bezug auf die Paare gegenüberstehender Elemente der Flachen ^ und ? -h r/? bezüglich 7 und 7 4- c?7

TTTjTT ^ rfa rf? d'{ und >. - ^ t/a J3 ^7.

cy c ' 07'' c * '

238 Losimpen der Differentialgleichun«». [160.

Die sechs Flächenelcmeiite schliessen einen Raum ein, dessen Volumen nach Art. 147, (>)

d«, d82 d«3 = - 3— '^- da rfß d7

ist, und da nach Art. 77 die Summe aus dem Flächenintegral des Elements und aus der in demselben enthaltenen Electricitätsmenge, welcher hier gleich p d»^ d82 d^z ist, verschwinden muss, so erhalten wir

und das ist die transformirte Poissonsche Gleichung.

Die Laplacesche folgt, wenn p = 0 gesetzt wird.

Wegen der allgemeinen Discussion «üeser Gleichung muss auf das citirte Werk von Lamö verwiesen werden.

Lösmigen dei' DiferentiaJgleichmig.

150. Ganz so wie die Laplacesche Gleichung in ihrem Ausdruck durch C artesische Coordinaten x.y^z durch eine lineare Function dieser Coordinaten erfüllt wird, genügt ihr in ihrer transformirten Gestalt eine lineare Function der ot, 3, 7. Dadurch sind wir aber in den Stand gesetzt, die electrische Verteilung auf zwei confocalen Flächen derselben Art so wie die Potentialwerte zwischen diesen Flächen zu l)estimmen, wenn die Potentiale auf den Flächen selbst gegeben sind.

Zweischalige Hyperboloide.

Wenn a constant.ist, so sollte die Fläche, um die es sich handelt, ein zweischaliges Hyperboloid sein. Nehmen wir für a dasselbe Zeichen, welches die JT Coordinate der betreffenden Schale hat, so können wir beide Schalen gleichzeitig behandeln.

Es seien otj und -^2 die Werte des a für zwei Schalen, die zu demselben oder zu verschiedenen Hyperboloiden gehören, und Y^, Y.^ die Potential- niveaus auf ihnen.

Das Potential für einen Punkt zwisclien ihnen ist dann

1') Y^A-^Bi

und folglich, weil

sein muss,

y^ ct,rg a.^r, -f-g(r, t y

^ «1 a.^

150.] Zweischalige Hyperboloide. 239

Die* resultirende Kraft in Puukteu der confocalen Schalen ist durch

gegeben, sie wird also (Art. 147, 4 c)

r. Vi Vo c ^

Bezeichnet man mit ^^ die Länge des von dem Mittelpunkt auf die Tangentialebene in dem betreflTenden Punkte gefällten Lotes und mit I\ das Product der Halbaxen des betreffenden Hyperboloids, so ist bekanntlich /7i/>2/>3 = -Pi, demnach auch

2b) ä.=Il^iI^^J'.

«1 «2 -Pl

Die Kraft ist also proportional der Länge des Lotes von dem Mittel- punkt auf die Tangentialebene der betreflTenden Fläche.

Für die Flächendichte j haben wir die Gleichung 3a) 4„=i? =IlZlZ2.^,

«1 02 ^^2^3

oder

3b) 4«,-!^ f.

Daraus folgt für die auf einem Segmente, welches durch eine Ebene oc=:q von einer Schale eines Hyi)erboloids abgeschnitten wird, vorhandene Electricitätsmenge

Eine ganze Schale enthält also eine unendlich grosse Electricitäi<?menge. Grenzfalle erhalten wir für

1) a = F(k)^ die Schale wird zu einem Stück der xr Ebene, welches sich auf der positiven Seite des positiven Hyperbelanns, dessen Gleichung

•4/ <b

~1

b^ b^ ist, befindet

2) a = 0, die Fläche geht in die i/zEhene über.

3) a = F(k), die Schale .wird zu einem auf der negativen Seite des negativen Arms der angeführten Hyperbel liegenden Stück der x: Ebene.

240 Kinschalige Hyperboloide. [150.

Einschalige Hyperboloide.

Die Gleichung 3 = coust. bestimmt ein einschaliges Hyperboloid. Wird also das electrische Feld durch zwei coufocale einschalige Hyperboloide begrenzt, denen die Parameter Ji, bezüglich Jig angehören, und welche zu den Potentialen T'j bezüglich Vj, geladen sind, so hat man

zu setzen, und die weitere Rechnung in ganz, derselben Weise zu führen, wie beim zweischaligen Hyperboloid.

Auch hier gelangt man zu dem Resultat, dass die Flächendichte der Electricität in einem Punkte eines der Hyperboloide proportional ist der Länge des Lotes vom Mittelpunkt auf die Tangentialebene in dem betreffenden Punkte, und dass auf einer Schale eine unendlich grosse Menge Electricität ausgebreitet ist.

Von Grenzfällen hebe ich die folgenden hervor.

1) fl = 0, die Fläche geht in den Teil der irr Ebene über, welcher zwischen den beiden Zweigen der Hjperbcl

■^ä ~" c-a ^»^ ~ sich befindet.

2) 3 = /'(^'), die Fläche geht in den Teil der .r^Ebene über, welcher von der Ellipse

X^ ?/2

ausgeschlossen wird.

Ellipsoide.

Für ein EUipsoid ist 7 der constante Parameter. Wird also das elec- trische Feld durch zwei confocale Ellipsoide 7 = 7, und 7 = 70 begrenzt, deren Potentiale V^ bezüglich V2 sind, so haben wir

Ti 72 Die Flächendichte der Electricität in einem Punkte eines Ellipsoids ist

1 \\ Vo r/)3

2)

WO pa die Länge des vom Mittelpunkt auf die Tangentialebene des Ellip- soides in dem betreffenden Punkte gefällton Lotes ist, und P^ das Product aus den Halbaxen bezeichnet.

151.] Ellipsoid ; Elliptische Platte. 241

Die Ladung jedes der Ellipsoide ist gegeben durch

Y Y

3) - Q,= -Q,=-c '_/•

Q, und Q2 sind also endliche Grössen.

Für ein unendlich grosses Ellipsoid ist 7 = F{k). Setzen wir also ^2 = 0 und '(2= F(k)^ so haben wir es mit einem Ellipsoid 71 in einem unendlich ausgedehnten electrischen Felde zu tun. Die auf demselben be- findliche Electricitätsmenge ist dann gleich

V

Haben wir zugleich 7^ = 0, so. geht die Fläche des EUipsoides in den von der Ellipse

>^^ I y^ -1

«

eingeschlossenen Teil der xi/ Ebene über. Man erhält so eine elliptische Platte mit den Halbaxen c und r/c^ b^ und von der Excentricität k.

Für die Flächendichte der Electricität in einem Punkte? (x, y) haben wir für jede Seite der Platte

und für die Ladung

Y

Besonderg Fälle.

151. Bleibt c endlich, während 6, also auch k fortdauernd bis Null abnimmt, so wird in jedem der zweischaligen Hyperboloide die reelle Axo und eine der imaginären Axen immer kleiner, bis schliesslich jedes Hyper- boloid in zwei in der z Axe sich schneidende . Ebenen übergeht. Die Grösse a wird gleich ^>, und man erhält als Gleichung des Systems der meri- dionalen Ebenen, in welches das System der confocalen zweischaligen Hyper- boloide übergegangen ist,

'^ sm^a cos^a

Aus der Grösse ,3 würde in diesem Falle (Art. 147, 5 a)

-J

dh

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. I. 16

242 Meridianebenen, einschalige Rotationshyperholoide. [151.

werden. Für die untere Grenze wird aber das Integral unendlich grross, deshalb führe ich eine neue Definition für ß ein, indem ich setze

X,j/c8-Xa2

Nach den Gleichungen unter b) in Art. 148 wird dann

IC

ß = 1 -r-^ = log cot JO.

' J 8in<p ® *^

9

Definiren wir umgekehrt <p durch ß, so erhalten wir

P -P e e

cos9 = -p ^

e + e

2

sin9 = -p ^^

e -{- e

Bekanntlich bezeichnet mau die Grösse (e^-f-c~^)/2 als den hyper- bolischen Cosinus von ß und die {t^ e'~^)/2 als den hyperbolischen Sinus von ß. Führt man entsprechende Definitionen für die hyperbolische Tan- gente, Cotangente, Secante und Cosecante ein und unterscheidet die hyper- bolischen Functionen von den gewöhnlichen trigonometrischen durch Anhän- gung eines h an die Symbole dieser, so wird

cos?p = tghß, 8in9 = sech3.

Die Gleichung des Systems der einschaligen Hyperboloide geht also über in

sech2 ß tgh2 ß

Weiter wird für ^ = 0 das 7 = 'J' j ^^^o

X3 = c sec 7 , . und die Gleichung des Systems der EUipsoide geht über in

x^ -+- y^ z^ sec''^7 tg^7

. Die EUipsoide sind also abgeplattete Rotationsellipsoide mit der Aequa- torialaxe 2 c sec 7 und der Polaraxe 2rtg7.

162.] Abgeplattete Rotationsellipsoide, zweischalige Rotationshyperboloide. 243

Die auf einem solchen abgeplatteten Rotationsellipsoid enthaltene Elec- tricitätsmenge ist

Für 7 = 0 wird das Ellipsoid zur Kreisscheibe vom Radius c. und man erhält dann

V

(j =

2icy

c2 7-2

V

152. Als zweiten Fall setzen wir ft = c. Es wird dann ifc = 1 und it'==0, also

a = logtg— ^-,

Xj = c tgh a.

Die zweischaligen Hyperboloide gehen in zweischalige Rotationshyper- boloide über, deren Gleichungen durch

^ tgh^a sech^a

dargestellt werden.

Ferner wird ? = 9, und jedes der einschaligen Hyperboloide geht in

ein Ebenenpaar über, dessen Componenten sich in der x Axe schneiden und

zur Gleichung

2^ ^ = 0

^ sin^jS cos^Ji

haben. Es entsteht so ein System von Meridianebenen, deren gemeinschaft- liche Axe die x Axe ist und die sich durch ihre Länge ^ von einander unterscheiden. Nach der Definition unter 5a) in Art. 147 wird 7 für &=c unendlich gross. Ich definire daher diese Grösse in anderer Weise, indem ich setze

Machen wir dann X3 = csec4', so wird

T

= \ -T-^ = log cot V

7

also

X3 Ä c coth "(.

IC

•♦

214 Verlängörte Rotationsellipsoide. [163.

Damit geht die Gleichung für das System der Ellipsoide über in

^ coth^7 cosech^Y '

und zeigt ein System confocaler verlängerter Rotationsellipsoide an.

Die . Electricitätsmenge eines solchen verlängerten Rotationsellipsoids ist gleich

4 a) log cot '^" '

2

WO csec^Q gleich der Länge der Rotationsaxe ist. Hat also das Ellipsoid A zur Polarhalbaxe und B zur Aequatorialhalbaxe, so wird

Q^V ^'''-^'

4^) A+]/A^-B^

"^ B

Ist B verhältnismässig klein gegen A, so wird das Ellipsoid sehr gestreckt und geht in einen Stab mit kreisförmigem Querschnitt und ab- gerundeten Enden über. Die Electricitätsmenge wird dann

^1 ^ ^.^ log 2 A log B '

Wenn ausserdem, dass b=c ist, auch noch die Gleichung 6 = c = 0 stattfindet, so erhalten wir zwei Systeme confocaler Kegel und ein System concentrischer Kugeln, deren Radien umgekehrt proportional der Grösse 7 variiren, falls das Verhältnis von ^ zu c von Null verschieden und endlich ist.

Ist aber b/c = 0 oder gleich 1, so besteht ein System von Flächen aus Meridianebenen, das zweite aus geraden Kegeln mit gemeinschaftlicher Axe und das dritte wieder aus concentrischen Kugeln mit Radien, die im umgekehrten Verhältnis zu ihren Parametern 7 stehen.

Die letztem drei Flächensysteme dienen zur Definition der sphärischen Polarcoordinjiten.

Cylindrische Flächen.

163. Ist c unendlich gross, so gehen die Flächen in cylindrische Flächen über, deren erzeugende Linien parallel der z Axe laufen.

Ein System hyperbolischer Cylinder entsteht durch die Degeiierirung der tweischaligen Hyperboloide , und da für c = x das k = 0 und »> = a wird, so erhalten wir als Gleichung dieses Systems

1) -'^ 4- = ^'-

^ sm^ a cos^ a

154.] Cylinder. 245

Im zweiten System wird

also Xo = ft cosh ß, und

repräsentirt das zweite aus elliptischen Cylindern bestehende System. Im dritten wird ^ = ^ und

3) z^ = (X32 - c2),

Das System besteht also aus parallelen zu beiden Seiten der xt/ Ebene senkrecht zur z Axe verlaufenden Ebenen.

Die Curven auf Tafel XI. stellen einen Durchschnitt der beiden ersten Flächensysteme mit einer Fläche des dritten Systems, also mit einer zur zAjlo senkrechten Ebene dar.

Confocale Paraholoide.

154. Wir transformiren die allgemeine Gleichung confocaler Flächen zweiten Grades, indem wir den Coordinatenursprung auf der j.Axe um die Grösse t verschieben. Setzen wir für x, X, b, c die neuen Werte x-h^ X -i- /, 6-h/, c -f- i, und lassen t bis ins Unendliche wachsen, so geht die allgemeine Gleichung über in

Sie stellt ein System von Paraboloiden dar, deren Brennpunkte im j?=6 und x=c liegen.

Wir verstehen speciell unter X den Parameter elliptischer Paraholoide, unter |x den hyperbolischer P^iraboloide und unter v den elliptischer Para- holoide der zweiten Art, so dass

* X<d<|x<:c<:v

ist. Für einen Durchschnittspunkt dieser drei Fläclienarten haben wir dann

X =X-|-|xH-v c 6,

(i_X)(|x-Z.)(v-6)

2{i) ^2 = 4

c—b

246 Paraboloide. [154.

Ferner setzen wir, um unendlich grossen Werten, die wir bei der frühern in Art. 147 gegebenen Definition für a, ß, 7 in unserm Fall erhalten würden, aus dem Wege zu gehen.

6

^ äX

a

r dl

""Jl/(6-X)(c-X) '

X

3) ? = ,

woraus sich ergiebt

^ = i (^ + *) i (^ *) cosha, 4) iJL= i (c -4- ^) I (c *) cosß,

also

1 1

x=w(c-hb)-{'-ä(c b) (cosh7 cos? cosh a)

7

2b) y= 2(c b) sinh-^-sin -^ cosh-^^

a ß 7

2 = 2 (c Ä) cosh cos 3^ sinh ■„

Für b=c erhalten wir Rotationsparaboloide mit der a: Axe als Rotations- axe, und es wird

y = 2ac«+Tcosß, 5 = 2ae«+T8in3.

Die Flächen a = const sind, wie schon bemerkt, confocale Paraboloide, die sich, wenn a = 00 wird, auf gerade Linien, die im Coordinatenanfang ihr Ende finden, reduciren.

Die Flächen ? = const sind Ebenen, welche alle durch die x Axe gehen, und deren Neigung gegen eine die ;cAxe enthaltende feste Ebene durch die Grösse ? ausgedrückt wird.

Man kann auch die Werte der a, ß, 7 durch sphärische Polarcoordinaten ausdrücken, deren Ursprung im Brennpunkt sich befindet, und deren Axe mU der der Paraboloide zusammenfallt. Man hat so

a = log (r* cos ^ d), Y = log (r* sin ^ b).

154.] Flächendichte auf einem Paraboloid. 247

Das Potential F=a lässt sich mit dem Potential, das durch eine zonale harmonische Raumfunction r*Q. dargestellt wird, vergleichen. Beide Potentiale genügen der Laplace sehen Gleichung und beide sind homogene Functionen von jc. y. r. Im erstem Falle tritt aber an der Axe eine Dis- continuität ein und i fällt mit Null zusammen.

Die Flächendichte in einem Punkt eines Paraboloids, das sich in einem unendlichen electrischen Felde befindet, ist umgekehrt proportional der Quadratwurzel aus dem Radiusvector des Punktes (seinem Abstände vom Brennpunkte). Geht das Paraboloid in eine nach einer Seite sich ins Un- endliche erstreckende gerade Linie über, so fallt der Brennpunkt in den Anfang der Linie, die Dichtigkeit der Electricität in einem Punkte einer solchen Linie ist also umgekehrt proportional der Quadratwurzel aus der Strecke vom Anfang der Linie bis zu dem betreffenden Punkt.

Theorie der electrischen Bilder und der

electrischen Inversion.

155. Ein anderes Mittel znr Lösung electrischer Probleme liefert uns die Theorie" der electrischen Bilder und der electrischen Inversion,

Wir haben schon gesehen, dass, wenn sich eine leitende Kugel unter dem Einflüsse bestimmt verteilter electrischer Agentien befindet., man stets mit Hilfe harmonischer Kugelfunctionen die Verteilung der Electricität auf der Kugelfläche und das Potential auf Punkte ausserhalb derselben bestimmen kann. Man hat dazu das Potential des influencirenden Systems in eine nach harmonischen Kaumfunctionen positiven Grades fortschreitende Reihe zu entwickeln, aus der sich dann unmittelbar eine andere nach harmonischen. Kaumfunctionen negativen Grades fortschreitende Reihe ergiebt, welche das Potential der influencirten Kugel auf ausserhalb derselben gelegene Punkte darstellt (Art. 144 a).'

Nach dieser in ihrer Anwendbarkeit mächtigen Analyse hat Poissou die Electrisirung einer Kugel, die unter dem Einflüsse eines gegebenen electrischen Systems steht, bestimmt und auch noch das schwierigere Problem der Berechnung der Verteilung der Electricität auf zwei gleichzeitig im elec- trischen Felde vorhandenen Kugeln gelöst. Plana und andere haben dann die Poissonschen Untersuchungen weiter verfolgt und seine Resultate bestätigt.

Im einfachsten Falle, wenn eine Kugel durch einen electrischen Punkt influencirt wird, hat man also das Potential dieses Punktes nach Kugel* functionen zu entwickeln und daraus dann die entsprechende Reihe von Kugelfunctionen abzuleiten, die das Potential der Kugel auf Punkte ausser- halb ihrer Oberfläche darstellt.

Bildet man nun diese zweite Reihe harmonischer Kugelfunctionen, also das Potential der influencirten Kugelfläche, so zeigt sich, dass die Wirkung der durch den ursprünglichen electrischen Punkt inducirten Electricität auf ausserhalb der Kugel gelegene Punkte vollständig durch die eines imaginären,

166.] . Einfuhrung der electrischen Bilder. 249

innerhalb der Kugel befindlichen electrischen Punktes ersetzt werden kann. Der eben genannte Punkt hat keine reelle Existenz, man nennt ihn das Electrische Bild des die Kugel iufluencirenden Punktes.

Diese Aequivalenz zwischen der Wirkung einer durch einen electrischen Punkt influencirten Kugelfläche und der des electrischen Bildes des influen- cirenden Punktes scheint vor W. Thomson von keinem Mathematiker be- bemerkt worden zu sein.

W. Thomson deducirte aber aus derselben eine äusserst wirksame Methode zur Lösung electrischer Probleme und zur elementaren geometrischen Darstellung der erhaltenen Resultate.

Seine ersten diesbezüglichen Untersuchungen sind in dem Cambridge and Dublin Mathematical Journal vom Jahre 184:8 enthalten und noch, ganz in der Terminologie der gewöhnlichen Theorie der Wirkung in die Ferne durchgeführt. Er macht in seiner ersten Abhandlung noch keinen Gebrauch vom Potential und ebensowenig von den in Cap. IV auseinander- gesetzten Lehrsätzen, wenn er auch wahrscheinlich gerade durch den Begriff des Potentials zu seiner Entdeckung geführt worden ist.

Ich werde aber bei der Wiedergabe seiner Theorie der electrischen Bilder nicht der Methode des Autors folgen, sondern von den Begriffen des Potentials und der Niveauflächen überall, wo die Untersuchung durch ihre Einführung an Klarheit gewinnt, den freiestcn Gebrauch machen.

Theorie der electrischen Bilder.

1Ö6. Es seien (Fig. 6) A und B zwei in einem gleichförmigen dielectrischen Medium von unendlicher Ausdehnung befindliche Punkte, welche die bezüglichen Electricitäts- mengen e^ und e^ enthalten. Ihr Potential auf einen dritten Punkt P, der von A um Tj und von B um r^ absteht, ist

1) F = ^ + ^.

'^1 ^2

Flg. 6.

Ich habe schon in Art. 118 und 119 den Verlauf der äquipotentiellen Flächen für diesen Fall beschrieben und auf den Tafeln II. und III. Dar- Stellungen von Schnitten durch diese Flächen für die Fälle gegeben, dass ^, und e^ gleiche bezüglich entgegengesetzte Zeichen haben. Hier interessirt uns nur eine äquipotentielle Fläche, nämlich die, für welche das Potential verschwindet: Die Gleichung dieser Fläche ist

1.) '-! + '-=().

250 EiuführuDg der electrischen ßilder. [166.

Haben e^ und eo dasselbe Zeichen, so kann sich die zugehörende Fläche nur in der Unendlichkeit befinden. Sind aber e^ und ^2 entgegengesetzte Grössen, so wird jene Gleichung auch für in der Endlichkeit liegende Punkte erfüllbar. Sie stellt dann eine Kugel und im Grenzfall eine Ebene dar.

Der Mittelpunkt C der Kugel liegt auf der Verbindungslinie der beiden electrischen Punkte A und B und sein Abstand A(\ BC von ihnen genügt der Gleichung

2) AC'.BC^fi^ie^^, Der Radius der Kugel ist dann

3) Cd=:AB~^^,= BC^=^\/AC,BC\

Er ist also die mittlere Proportionale zu den Abständen der Punkte A und B vom Kugelmittelpunkt.

Die beiden Punkte A und B heissen in Bezug auf die Kugel Inverse Punkte, Hat die Kugel den Radius Eins, so bilden sie mit den auf der Kugel liegenden Punkten des durch sie gehenden Durchmessers ein har- monisches Punktsystem, in dem sie einander zugeordnet sind.

Da sich die eben bestimmte Kugelfläche auf dem Potential Null be- findet, so können wir sie uns durch eine dünne zur Erde abgeleitete Metall- kugelfläche ersetzt denken. Wir ändern dadurch das Potential weder in dem von ihr eingeschlossenen noch in dem von ihr ausgeschlossenen Raum, vielmehr bleibt die electrische Wirkung stets von der Grösse, wie sie durch die alleinige Existenz der beiden electrischen Punkte bedingt wird.

Entfernen wir jetzt den innerhalb der Kugel befindlichen Punkt B^ während diese noch mit der Erde in Verbindung bleibt , . so sinkt das Potential in allen Punkten innerhalb der Kugel auf Null herab, ausserhalb der Kugel aber bleibt es ungeändert, weil erstens die Kugel ihr früheres Potentialniveau Null beibehalten hat und zweitens der electrische Punkt A in seiner ursprünglichen Lage geblieben ist.

Aus dieser Betrachtung ergiebt sich das Resultat:

Liegt ein electrischer Punkt ausserhalb eines kugelförmigen auf dem Potential Null erhaltenen Conductors, so ist seine electrische Wirkung auf ausserhalb des Conductors befindliche Punkte zusammen mit der Wirkung der durch ihn in dem Conductor inducirten Electricität ebenso gross wie seine Wirkung zusammen mit der eines innerhalb des Conductors iJefind- lichen Punktes, den wir als sein electrisches Bild bezeichnen können.

Liegt der electrische Punkt innerhalb des Conductors, so ist seine electrische Wirkung auf innerhalb des Conductors befindliche Punkte zu-

167.] Definition eines electrischen Bildes. 251

sammen mit der Wirkung des inducirten Cönductors ebenso gross wie seine Wirkung zusammen . mit der eines ausserhalb des Cönductors befindlichen und als electrisches Bild bezeichneten electrischen Punktes.

Fassen wir die bisherigen Resultate zusammen und verallgemeinern sie noch dadurch, dass wir statt der Kugel irgend eine Fläche zu Grunde legen, so haben wir die folgende Definition.

167. Definition eines electrischen Bildes. Befindet sich ein .System von electrischen Punkten auf einer Seite einer Fläche, so ist sein electrisches Bild mit Bezug auf diese Fläche ein System electrischer auf der andern Seite der Fläche gelegener Punkte, welches auf der Seite der Fläche, wo das ursprüngliche electrische System sich befindet, in jeder Hinsicht ganz dieselbe Wirkung ausübt, wie die auf der Fläche selbst tatsächlich Vor- handene Electricität.

In der Optik bezeichnet man bekanntlich ein auf der einen Seite eines Spiegels oder einer Linse gelegenes Punktsystem, welches, wenn es existirte, auf der andern Seite des Spiegels bezüglich der Linse dieselben Strahlen hervorbringen würde, welche dort tatsächlich vorhanden sind, als ein virtuelles Bild.

Electrische Bilder entsprechen also solchen virtuellen optischen Bildern insofern, als ihre Wirkung in Bäumen betrachtet wird, in denen sie nicht existiren, die also von ihren imaginären Aufenthaltsorten durch Flächen getrennt sind. Sie entsprechen ihnen aber nicht in der wirklichen Lage, und sie können auch nicht, wie jene es wenigstens näherungsweise vermögen, in Brennpunkten vereinigt auftreten.

Während femer optische Bilder wirklich im Räume existiren können, giebt es keine reellen electrischen Bilder, das heisst keine imaginären electrischen Punkte, welche auf derselben Seite der Fläche, auf der auch ihr imaginärer Aufenthaltsort sich befindet, dieselbe Wirkung wie die electrische Fläche ausüben.

Denn, wenn das Potential in einem bestimmten Gebiete gleich dem durch ein gewisses electrisches System hervorgebrachten Potential ist, so ist es eben das Potential dieses Systems allein, und keines andern, und dieses System muss eine reelle Existenz haben, weil man mit Hilfe der Poisson-Laplaceschen Gleichung die Electricitätsmenge in jedem Punkte des electrischen Systems eindeutig und reell bestimmen kann.

Es sei nunmehr a der Radius der Kugel und / der Abstand eines Punktes A^ welcher die Electricitätsmenge e enthält, von ihrem Mittelpunkt. Das Bild B des Punktes J^ liegt auf dem zu A führenden Radius, ist vom Mittelpunkt der Kugel um

entfernt und besitzt eine Electricitätsmenge von der Grösse

2) 'i=-*7-

252 Kugel unter dem Einfluss eines electrischen Punktes. [157.

Dieses Bild wirkt, wie wir wissen, ausserhalb bezüglich innerhalb der

Kugel (je nachdem es sich innerhalb bezüg- lich ausserhalb derselben befindet) wie die Kugel selbst, und das setzt uns in den Stand, die Verteilung der Eleetricität auf |d der Kugel zu bestimmen.

Nach der Coulombschen Gleichung (Art. 80) ist die resultirende Kraft R an einer Stelle der Oberfläche eines Conduetors, wo die y^e- 7. Eleetricität die Dichte j hat,

E = 4ir(j,

falls eine Kraft als positiv gerechnet wird, wenn sie von der Fläche fort wirkt.-

Die Kraft E setzt sich aber aus zwei Teilen zusammen, einem- Teile, der dem Punkte A seine Entstehung verdankt, längs der Linie AP wirkt und die Grösse e/AP^ hat, und einem zweiten, dem Zeichen nacii diesem entgegengesetzten, der von der Wirkung des Bildes B von A herrührt, in Richtung von BP wirkt und von der Grösse ea//PB^ ist.

Zerlegen wir jede dieser beiden Partialkräfte nach AC und 6'P, so hat die erste Kraft die Componenten /i -Tm ^^ ^^^ Richtung A C und ~rm ^^ ^^^ Richtung CP.

Die entsprechenden Componenten der zweiten Kraft sind

Es ist aber

a . a^

BP=jAP, BC=-^^

und damit werden die Componenten der letztem Kraft

1 /^ 1

ef p3 in Richtung von ^6' und —e— ,y^ in Richtung von CP.

Die in Richtung AC wirkenden Componenten der Partialkräfte heben sich auf, so dass die gesammte Kraft den Punkt P in Richtung des Radius CP angreift. Hieraus folgt zunächst, dass die Kugelfläche wirklich eine Niveaufläche ist, denn an einer äquipotentiellen Fläche wirken die Kräfte überall senkrecht zu ihr.

Die resultirende Kraft in P wirkt also in Richtung von CP nach der Seite der Kugel, auf welcher der ursprüngliche electrische Punkt A sich befindet, und ihre Grösse ist

/»— a2 1

Ol) E = e 7Y^ 9

^^ a AP^

158.] Kugel unter dem Einfluss eines electrischen Punktes. 253

wenn A ausserhalb und

«2-/2 1

32) i? = -f

a ^f3

wenn A innerhalb der Kugel liegt. In der Form

AD. Ad 1 '^) B-^ e ^.p ^^^3 .

wo /), d die Schnittpunkte der Kugel mit irgend einer von A aus durch die Kugel gezogenen Linie bezeichnen, braucht man keinen Unterschied zwischen den Fällen zu machen, wo der Punkt A ausserhalb oder innerhalb der Kugel liegt, weil AD. Ad stets positiv ist.

158. Aus dem angeführten Coulomb sehen Satz ergiebt sich nunmehr die Flächendichte der Electricität im Punkte P der Kugel

e AD. Ad ' 1 4) j =

4r CP AP^

woraus folgt, dass die Flächendichte in den einzelnen auf ein und derselben Ku^el gelegenen Punkten umgekehrt proportional der dritten Potenz ihrer Entfernung vom electrischen Punkt A .ist.

Die gesammte auf der Kugel vorhandene Electricitätsmenge ist, wie man leicht findet,

Um es nochmals zu wiederholen, so bringt die so auf der Kugel ver- teilte Electricität zusammen mit der Ladung des Punktes A auf Punkte, die mit A auf derselben Seite der Kugel liegen, dieselbe Wirkung hervor, wie die Ladung des Punktes A zusammen mit einer Electricitätsmenge e a/f^ welche sich in einem vom Centrum der Kugel um a^/f entfernten Punkte D befindet, der auf der Verbindungslinie des Punktes A mit dem' Kugelmittel- punkt liegt. Die Electricität der Kugel für sich wirkt also, wenn sie auf derselben so verteilt ist, wie die Gleichung 4) vorschreibt auf Punkte, die mit A auf derselben Seite der Fläche liegen, ebenso wie das mit der Electricitäts- menge — ^ö// geladene Bild von A.'

Damit erhalten wir die folgenden Sätze.

Wenn Electricitüt auf einer Kugel vom Radius a so verteilt ist, dass ihre Flächendichte in irgend einem Punkte P umgekehrt proportional dem Cubus der Entfernung dieses Punktes von einem festen Punkt A ist, dass also

' ^/^ ist, so giebt

4icaC

^) . "'^AD.Ad

254 Kugel unter dem Einfluss eines electrischen Punktes. [169.

die Electricitätsmenge, welche im festen Punkt A concentrirt gedacht, auf der Kugel durch Influenz jene Verteilung hervorbringen würde.

Die Wirkung der so auf der Kugelfläche verteilten Electricität auf Punkte, die durch sie von A getrennt sind, ist ebenso gross wie die der im Punkte A concentrirt gedachten Electricitätsmenge

^'> '^''AD.Ad'

Ihre Wirkung auf Punkte, die mit A auf derselben Seite der Kugel liegen, ist ebenso gross wie die einer in dem Bilde von A concentrirt ge- dachten Electricitätsmenge

^^ ''~f,AD.Ad'

Die gesammte auf der Kugel verteilte Electricitätsmenge ist gleich

^»^ ^^" AD, Ad'

wenn A innerhalb der Kugel Hegt, und gleich

•^2>' ^^^~' f.AD.Ad'

wenn A ausserhalb derselben sich befindet.

All diese Sätze sind zuerst von W. Thomson in seinen geometrischen Untersuchungen über die Verteilung der Electricität auf kugelförmigen Conductoren aufgestellt. Ich verweise den Leser auf die Originalabhandlung.

Iö9. Wir untersuchen den allgemeinen Fall, dass eine Kugel statt unter dem Einflüsse eines electrischen Punktes unter dem eines ganzen Systems von Punkten sich befindet.

Die Kugelfläche sei also leitend, habe den Radius a und befinde sich durch ihre Verbindung mit der Erde stets auf dem Potential Null.

Die electrischen Punkte bezeichne ich durch yl^, -^g, . . , ihre bezüglichen Entfernungen vom Mittelpunkt der Kugel durch /j, /g, . . ., ihre Ladungen durch ^1, 6*2, .. . und endlich ihre Bilder mit Bezug auf die Kugel durch -B,, i?2 . . Jedes Bild Bj^ befindet sich mit dem ihm zugehörigen electrischen Punkt Aj, und dem Centrum der Kugel auf derselben Geraden. Die Ent- fernungen der Bilder vom Centrum sind

ihre bezüglichen Ladungen

a a

/l /2

Das Potential der durch Influenz der electrischen Punkte auf der Kugel verteilten Electricität ist dann auf Punkte, die mit den influeucirendeu

160.] Kugel unter dem Einfluss mehrerer electrischer Punkte. 255

Punkten auf derselben Seite ihrer Oberfläche liegen, gleich dem Potential der Bilder der influencirenden Punkte.

Das System der einzelnen Bilder giebt also das Bild des Systems der influencirenden Punkte.

Man kann diese und alle vorhergehenden Betrachtungen leicht so ab- ändern, dass sie ihre Geltung behalten, wenn das Potentialniveau der Kugel auch von Null verschieden ist.

Hat nämlich das Potentialniveau der Kugel den Wert F, so haben wir zu der influencirten Electricität noch eine andere hinzuzufügen, die mit gleichförmiger Dichte

r

auf der Kugel ausgebreitet ist.

Das Potential der Kugel ist dann in diesem Zustande in Punkten ausser- halb ihrer Oberfläche gleich dem Potential in ihrem frühern Zustande zu- sammen mit dem Potential einer in ihrem Mittelpunkt concentrirt gedachten Electricitätsmenge Va; das Potential auf Punkte innerhalb ihrer Oberfläche wächst um V an.

Die gesammte Electricitätsmenge der Kugel ist, wenn die influencirenden Punkte sich ausserhalb ihrer Oberfläche befinden,

/l /2

Kennt man eine der Grössen V oder E^ so lässt sich die andere nuch dieser Gleichung berechnen.

Liegen die influencirenden Punkte innerhalb der Kugeloberfläche, so wird die gesammte Electricitätsmenge der Kugel

IO2) E2 = Va e^ €2 ....

le giebt die auf ihr inducirte Electricität an, die für jede geschlossene Fläche gleich und entgegengesetzt der inducirenden ist, wenn diese sich im Innern der Fläche befindet.

160.*) Bezeichnet man das Potentialniveau des electrischen Punktes A^ wenn er als sehr kleine Kugel vom Radius b angesehen wird, mit r, ver- wendet für die Capacität der Kugel bezüglich des Punktes Ä die Buch- staben g^^, g^^ und setzt den Inductionscoefflcienten zwischen Kugel und Punkt gleich ^^^, so ist die electrische Energie dieser beiden Körper nach Art. 87, 1 c)

'^^-ii^aa^^^^aJ^^^t,^']'

•) Diese Stelle ist in dem Original etwas dunkel, die Anmerkung, die der Heraus- geber der zweiten engl. Aufl., Herr Niven, deshalb zu derselben gemacht hat, scheint mir aber nicht zutreffend zu sein, ich habe sie darum fortgelassen und den Anfang des Artikels etwas anders, ich^hoffe etwas klarer, gefasst. Anm. d. Uebers.

25() Kraftwirkung zwischen einem Punkt und einer Kugel. [lÖO.

Aus Art. 93 ergiebt sich hieraus für die zwischen dem Punkt und der Kugel wirkende Abstossungskraft

F=i

F^'-^«-f-2 7/^*4-.-''-^

^^ - a/ a/ j

Nun ist zwar r für einen Punkt unendlich gross von der Ordnung tfK- aber vdqahj'cf ist ebenso wie v^cqhhlcf endlich. Mein hat nämlich, wenn der Punkt ausserhalb der Kugel liegt, nach später in Art. 173 abzu- leitenden Formeln

ab a^ b^

9ab=-

somit bis auf unendlich kleine Grössen

d/ ^*' "" df P' df (J'-aY

Hiemach wird

11,) i^\-ga^2 (/2-a2)2J"72l^^-V(y'^-;^^^'/

Die Kugel und der Punkt ziehen sich also an, wenn

1. die Kugel nicht isolirt ist,

2. die Kugel ausser der Influenzelectricität keine andere Ladung

besitzt, 8. der electrische Punkt A der Kugelfläche hinlänglich kommt.

Soll jene Kraft in einer Repulsion bestehen, so muss das Potential der Kugel positiv und grösser sein als epf(J^— a^y,. oder die Gesammtladung der Kugel muss mit e dasselbe Zeichen haben und einen grossem Betrag besitzen als ea^(2p a^)/J(p a^)^.

Im allgemeinen befindet sich im Felde eine Gleichgewichtsstelle, da aber Kugel und Punkt sich anziehen, wenn sie einander nahe kommen und sich abstossen, wenn sie sich von einander mehr entfernen, so kann A in diesem Punkte sich nur in einem labilen Gleichgewicht befinden.

Liegt der electrische Punkt innerhalb der Kugel, so ist die Grösse der auf ihn wirkenden Kraft

112) ^;a=""(a2^ir/'2)2-

Der Punkt wird dann stets vom Mittelpunkt fortgedrängt.

Befindet sich der influencirende Punkt wieder ausserhalb der Kugel, so ist die Flächendichte der Electricität in dem ihm nächsten Punkte der Kugel

lei.]

Flächendichte auf einer influencirten Kugel.

25?

und in dem von ihm entferntesten

12,)

_ 1

T'a e

<f-

a)2j 4 -«2 \

E

e

aS(3/4-ö)

(/H-«)*J 4-«M /(/

Liegt die Gresammtladung E der Kugel zwischen

-a)\

«2 (3/ _ a)

e

Tö- und

a^^f-ha)

so ist die P^lectricität neprativ an der dem influencirenden Punkte A nächsten und positiv in der von ihm entferntesten Stelle der Kugel.

Es giebt dann auf der Kugel eine kreisförmige Linie, welche die beiden Klectricitätsarten von einander trennt, und die in Folge dessen eine Gleich- gewichtslinie sein muss.

Ist speciell / ^ 2 \

so wird die Gleichgewichislinie durch die Schnittcurve der Kugel mit einer andern äquipotentiellen Kugel gebildet. Der Mittelpunkt dieser zweiten Kugel liegt in y1, und der Kadius derselben ist gleich ^ p a^.

Die in Art. 121 beschriebene Figur auf Tafel V. soll dem Leser einen Begriff von dem Verlauf der äquipotentiellen Flächen und der Kraftlinien, die sich in diesem Falle ausbilden, geben.

Abbildung in einer leitenden unendlichen Ebene.

161. Wenn zwei Punkte gleich stark, aber entgegengesetzt electrisirt sind, so ist die Niveaufläche mit dem Potentialniveau Null eine Ebene, welche zwischen beiden Punkten hindurch geht, und deren Elemente ebenso weit von dem einen wie von dem andern electrischen Punkte abstehen.

Ist also A ein mit der Electricitätsmenge e geladener, in der Entfernung A D^ von einer leitenden und mit der Erde verbundenen Ebene liegender Punkt, so befindet sich sein Bild mit Bezug auf diese P^bene in einem Punkte B^ der von ihm durch die Ebene getrennt ist, auf dem von A auf die Ebene gefällten Lote liegt, von dieser Ebene ebensoweit absteht wie .1 und die Electricitätsmenge e enthält. Dieses Bild wirkt auf alle xpn ihm durch die leitende JJbene ge- trennten Punkte, ganz ebenso wie die durcli A auf der Ebene influenzirte Electricität. Denn erstens erfüllt das Gcsammtpotential von A und B in allen Punkten, die mit .1 auf derselben Seite der Ebene sich beiluden,

Maxwell, EleciricitSt u. Magnetismus. I. 17 .

FiK. 8.

258 Abbildung in einer Ebene. [162.

mit Ausnahme von A selbst, die Laplacesche Gleichung, und zweitens verschwindet dieses Gesammtpotential auf der Ebene. Die Bedingung, dass eine Function der Laplac eschen Gleichung genügt und auf einer vor- geschriebenen Fläche einen vorgeschriebenen Wert anniimnt, genügt aber zur eindeutigen ISestimmuug derselben.

Jedes Element V der Ebene wird von zwei Kräften angegriffen, die in den Richtungen AP bezüglich VH wirken und numerisch gleich e I AP^= e/PB^ sind. Die resultirende Kraft wirkt also in Richtung von AB und ist der Grösse nach gleich

e AB AP^ AP

Rechnet mau die Kraft als positiv, wenn sie nach der Seite des Raumes wirkt, wo A liegt, und beachtet, dass AB ^=^2 AD ist, so folgt für dieselbe

^leAJ)

damit wird die Dichte der im Punkte P der Ebene durch A inducirten Electricität nach der Coulouib sehen Gleichung

luvcrsion.

162. Die Theorie der electrischen Bilder führt, wie ich im Folgenden zeigen will, unmittelbar zu einer besondern Transformation, die uns gestattet, aus einem electrischen Problem, dessen Lösung wir besitzen, eine Reihe anderer Probleme gleichzeitig mit ihren Auflösungen abzuleiten.

Bezeichnet r den Abstand eines electrischen Punktes vom Mittelpunkt einer mit dem Radius 11 geschlagenen Kugel, und giebt r' den Abstand seines Bildes (das sich auf demselben Radius wie der Punkt befindet) eben- falls vom Mittelpunkt der Kugel, so gilt die Relation

aj rr' = n^.

Man erhält also das Bild eines ' Systems von Punkten, Linien o<ler Flächen durch eine Constructiousmethode, die in der reinen Geometrie unter dem Namen der Inversion (Methode der reciproken Radien) bekannt und

von C h a s 1 e s , S a 1 m o n und andern Mathematikern behandelt worden ist.

Sind A und B zwei electrische mit den Elec- tricitätsmeiigen e, e^ geladene Punkte; A' und B' ihre bezüglichen die Electricitätsmengen t\ e[ ent- haltenden Bilder und () der Mittelpunk't der zu- gehörigen Kugel, so ergiebt sich aus der Gleichung unter aj)

a) OA .(}A'= OB . OB' = /^\

102.] Inyei-sion. 259

Die Dreiecke OAB und OB' A' sind also einander ähnlich und gehen unter Zuhilfenahme der Gleichung a) die Doppel proportion

b) AB: A'B' = OA : OB' =OA.OB: R\

Ist V das Potential von A in B und Y' das Potential von A' in B'^ so haben wir

e ^

AB ' A'B'

Da aber A',B' Bilder von A^B sind, so besteht nach Art, 150, 2) die Gleichung

c) f : «' = 0^ : Ä = Ä : 0^', also ist

d) V:y' = BxOB,

Das Potential eines electrischen Punktes auf einen andern Punkt ver- hält sich zum Potential seines Bildes auf das Bild dieses andern Punktes wie der Radius der abbildenden Kugel zu der Entfernung' des zweiten Punktes vom Centrum der Kugel.

Es fallt sofort auf, dass dieses Verhältnis der bezeichneten Potentiale ganz unabhängig von der Lage des ersten electrischen Punktes in A ist, wir können daher den erweiterten Satz aufstellen:

Das Verhältnis des Potentials eines electrischen Systems auf einen Punkt zu dem Potential des Bildes des Systems auf das Bild des Punktes ist gleich dem Verhältnis des Radius der abbildenden Kugel zu der Ent- fernung des Punktes von dem Centrum "der Kugel.

Daraus und aus den vorhergehenden Gleichungen fliessen eine Menge von Relationen, die ich nach dem Vorgange von Thomson und Tait in ihrem Lehrbuche über theoretische Physik (Art. 515) hier ^wiedergeben will.

Ausser den schon benutzten Bezeichnungen r. r'; <», e für die Entfernung vom Kugelmittelpunkt und fiir die Electricitätsmenge des Punktes A be- züglich seines Bildes führe ich noch ein 7>, #9, A'; X, j, p für das Element einer Linie, Fläche und eines Raumes bezüglich fiir die Linien-, Flächen- und Raumdichte der Electricität iu -4, //, »S", A''; X', 5', p' für die ent- sprechenden Grössen im Bilde von A und nenne T^ das Potential in A. herrührend von einem Punkte. JK und Y' das Potential im Bilde von -4, herrührend vom Bilde von B. Damit erhalten wir

1)

2)

r'

L'

R^

r'2

S'

R^

r'i

7v'

R^

r'«

r

L

r^

-7^2'

S

V*""

77i'

K

7^'

V

r

R fj'

r3

/?3

p'

rh

Ä-

K

H

r" ä

'^R'^

r'i

1

P

R'^

~r'5'

17*

«'

B

r'

e

r

R

V

r

R

V

' R

r'

260 Sätze aus der Theorie der Inversion. [163.

3)

4)

Befindet sich im ursprünglichen System in A eine Conductorfläche vom Constanten Potentialijiveau P, so haben die Punkte ihres Bildes das Potential PR/r'. Verlegt man daher in den Mittelpunkt der abbildenden Kugel, in das Cenirum der Inveasiov^ eine Electricitätsmenge von der Grösse P/?. so reducirt sich das Potential des abgebildeten Conductors auf Null.

Kennt man also die Verteilung der Electricität auf einem isolirten Conductor, d«r bis zum Potential P geladen ist, so erhält man durch Inversion die Verteilung der Electricität auf einem andern mit der Erde in Verbindung stehenden Conductor, dessen Form gleich der des Bildes jenes Conductors ist, und der unter dem Einflüsse einer im Centrum der ab- bildenden Kugel vom Radius P, im Inversionsmittelpunkt, concentrirten Electricitätsmenge PR sich befindet.

163. Ehe ich zu weitern Folgerungen und Anwendungen dieser Theorie übergehe, haJ)e ich noch eine Reihe geometrischer Ergebnisse derselben anzuführen, deren Kenntniss uns von grossem Nutzen sein wird.

I. Der Winkel zwischen zwei geometrischen Figuren bleibt bei der Inversion ungeändert.

Oder allgemeiner.

Das Bild ist dem Gegenstand in den kleinsten Teilchen ähnlich.

n. Die Abbildung eines Kreises ist wiederum ein Kreis, der zur geraden Linie wd, falls der Kreis durch das Inversionscentrum geht.

III. Das Bild einer Kugel , die Ebene als Kugel mit unendlich grossem Radius mitgerechnet, ist wiederum eine Kugel. Geht die Kugel durch das luversionscentrum, so wird ihr Bild zur Ebene.

Sind a, a' die Abstände der Mittelpunkte einer Kugel und ihrer Ab- bildung vom Mittelpunkt der abbildenden Kugel, also vom Inversionsmittel- punkt, a, a' die bezüglichen Radien der Kugeln und verstehen ^ir unter Potenz einer Kugel in Bezu^ auf^ das Inversionscentrum, wie üblich, das Product der Strecken einer Geraden vom luversionscentrum bis zu ihren Schnittpunkten mit der Kugel, so dass die Potenz der ersten Kugel gleich a^ a^ und die der zweiten gleich a"^ a'2 ist, so gilt der Satz :

IV. Das Verhältnis der Abstände der Mittelpunkte eiuer Kugel und ihrer Abbildung vom Inversionsceutrum ist gleich dem Verhältnis ihrer Radien, oder gleich dem Verhältnis der Potenz der Inversionskugel zu der Potenz der abzubildenden oder endlich gleich dem Verhältnis der Potenz der abgebildeten Kugel zur Potenz der Inversionskugcl.

Wir haben «also

g' ^ g^ ^ R^ ^ a'^ a"^ ß a a^ a^ R'^

163.] Sätze aus der Theorie der Inversion. 261

V. Besteht der Gegenstand und sein Bild in einer Kugel und einer Ebene, so verhält sich das vom Inversionscentrum auf die Ebene gefällte Lot zum Radius der Inversionskugel wie dieser Kadius zum Durchmesser der Kugel. Die Kugel hat ihren Mittelpunkt auf diesem Lote und ' geht durch das Centrum der Inversion.

VI. Das Bild des Centnims vom Bilde einer gegebenen Kugel in Bezug auf eine und dieselbe Inversionskugel fällt mit dem Bilde des Inversions- centrums in Bezug auf die gegebene Kugel zusammen.

Oder allgemeiner.

Das Bild des Inversionscentrums in Bezug auf eine der beiden Kugelu ist der inverse Punkt des Centrums der andeni Kugel in Bezug auf die Inversionskugel.

VII a. Geht ein Kreis gleichzeitig durch einen Punkt und durch das Bild dieses Punktes, so schneidet er die Inversionskugel -senkrecht.

Die Umkehrung dieses Satzes ist ebenfalls richtig.

VII b. Geht also ein Kreis durch einen Punkt und. schneidet er zugleich die Inversionskugel senkrecht, so geht er auch durch das Bild jenes Punktes.*)

Zwei Punkte heissen Incers in Bezug auf zwei Kugeln^ wenn sie Bilder von einander in den bezüglichen Kugeln sind.

VIIL Das Bild eines der beiden inversen Punkte in Bezug auf die Kugel, innerhalb deren er liegt, fallt mit seinem Bilde in Bezug auf die andere Kugel, also mit dem zweiten inversen Punkt zusammen.

IX. Geht ein Kreis durch die beiden inversen Punkte ZAveier Kugeln, so schneidet er diese Kugeln orthogonal.

Die inversen Punkte haben noch eine andere .Eigenschaft, welche hervorgehoben werden muss, weil sie im folgenden oft benutzt wird.

X. Die Bilder zweier sich nicht schneidenden Kugeln in Bezug auf einen der beiden inversen Punkte sind concentrische Kugeln.

Sind aj und ao die Radien der Kugeln, c der Abstand ihrer Mittelpunkte, und S die Entfernung eines der inversen Punkte von dem Mittelpunkt der Kugel (-xo), so ist

Setzt man die Grösse

also

*) Die folgenden Sätze bis zum Schluss des Artikels habe ich wegen der in den Art. 171 bis 174 behandelten Probleme hinznpfefugt, um wenigstens etwas für das leichtere Versiäudniss der dort ziemlich schwierig gehaltenen linl ersuchungen zu tun. Anm. d. Uebers.

262 Inversion einer gleichförmig olectrisclien Kugel. [164.

so wird

Daher sind die Abstände der inversen Punkte von den bezüglichen Mittelpunkten der Kugeln (aj), («j)

f

a.,2 aj2 ^_ c2

«2

2c

5 = .

^ /a,2 _ a,2 + ,2

Der Abstand der beiden inversen Punkte von einander ist

164. Wir benutzen die Methode der Inversion, um die Verteilung der Elcc- tricität auf einer von einem electrischen Punkt influencirten leitenden, nicht isolirten Kugel (a) aus der gleichförmigen Verteilung der P]lectricität einer Kugel (a'), welche sich ganz allein im electrischen Felde befindet, abzuleiten.

Wir nehmen den electrischen- Punkt -4 , den wir uns vorläufig als un- geladen vorstellen, zum Inversionscentrum. Ist dann / die Entfernung des Mittelpunktes der Kugel (a) von A, bezeichnet ferner a den Radius dieser Kugel (a), a' den Radius ihrer Abbildung (a') und /' die Entfernung des Mittelpunktes unserer Abbildung vom Inversionscentrum Ä^ so haben wir nach Art. 163, IV.

a' . Ä^

/' = /-=/

2_/,2

a ' p a

Erteilen wir der Kugel (a') eine Electricitätsmenge c' und entziehen sie allen fremden Einflüssen, so verteilt sich diese Electricitätsmenge gnnz gleichförmig auf ihrer Oberfläche und giebt zur Entstehung. einer Flächen- dichte

Veranlassung.

Die Wirkung dieser Electricität auf ausserhalb dieser Kugel gelegene Punkte ist dieselbe, wie die einer gleichen, in ihrem Mittelpunkt B' con- centrirten Electricitätsmenge e'. Auf der Kugel selbst und in ihrem Innern ist das Potential

p' = 4

a eine Constante.

Bilden wir nunmehr diese gleichförmig belegte Kugel (a') in Bezug auf die um A gelegte Inversionskugel ab, so geht sie wieder in die ursprüng- liche Kugel (a) über, und wir erhalten ausserdem einen Punkt //, der die

164.] Inversion einer gleichförmig electrischen Kugel. 263

Abbildung' dos Centrums der Abbildung (u) des ursprünglichen Kugel- conductors (a) mit Bezug auf eine uud dieselbe luversionskugel darstellt, der also nach dem im vorhergehenden Artikel angeführten Satz VI. mit dem Bilde des Inversionscentrums Ä in Bezug auf den Kugel conductor (a) zusammenfällt.

Der Ladung e\ die wir uns früher in B' vereinigt denken konnten, entspricht in B eine Ladung e' H//\

Das Potential F' = e'/a' des Punktes B' in einem Punkte der Bild- kugel (a') geht für einen Punkt P auf dem ursprünglichen Conductor (a) oder für einen Punkt, der mit B auf derselben Seite dieses Conductors liegt, nach Art. 1G2, 4) über in

Bringen wir aber in A eine Electricitätsmenge

e' a

so sinkt das Gesammtpotential für alle Punkte der neuen Kugel (a) und für alle Punkte, die mit ß auf derselben Seite von a liegen, auf Null herab.

Hingegen ist das Potential in allen Punkten, die sich ciuf derselben Seite der Kugelfläche wie Ä befinden, gleich dem Potential der Ladung e in .1 zusammen mit dem der Ladung e'R/f in B.

Es ist aber

e'B __ «' _ __ «

Die Ladung des Punktos B ist also dieselbe, wie wir sie schon früher für die Ladung des Bildes von Ä erkannt haben, und hieraus folgt, dass das Potential der Kugel (a) auf Punkte, die mit Ä auf derselben Seite ihrer Oberfläche liegen, gleich dem Potential des Bildes B von A ist.

Für die Dichte der Electricität in einem Punkte der Kugel (a) ergiebt sich nach Art. 1<)2, 2)

oder

3'

AP^~

e' ß3 "4-«'*-^ AP^

e 4ira'

Ä3

4-

a2 1 a AP'^'

Der letzte Ausdruck ist aber genau derselbe, wie wir ihn schon in Art. 157 für die Dichte der Electricität auf einer zur Erde abgeleiteten und durch die im Punjvte A concentrirte Electricitätsmenge e influencirten Kugel vom Radius a berechnet haben.

- \

264

Abbildung ia zwei Ebenen.

[165 a.

Sw*cessive Bilder in endlicher Anzahl .

Abbildung in zwei Ebenen.

165a. Wenn ein Puukt sich zwischen zwei Couductorllächen befindet, so entwirft die eine derselben ein Bild von ihm. Dieses Bild wird dann von der zweiten Fläche wieder abgebildet und von dieser Abbildung des Bildes macht die erste Fläche ein neues Bild u. s. f. Dasselbe gilt von den Bildern, welche von dem durch die zweite Fläche erzeugten primären Bilde entworfen werden. Man erhält so zwei Reihen von Bildern des electrischen Punktes, die im allgemeinen eine unendliche Anzahl von Bildern umfassen. In besondern Fällen kommt es aber vor. dass in der Folge der einen Keihe von Abbildungen ein Bild mit dem primären Bilde der zweiten Reihe zusammenlallt, dann geben die beiden Reihen dieselben Bilder und um- fassen eine endliche Anzahl von Bildern.

Das trifft beispielsweise ein, wenn die Conductoren aus zwei Ebenen bestehen, die sich unter einem Winkel schneiden, der ein Submultiplum von zwei Rechten ist.

Es sei in diesem Falle AGB ein Schnitt durch die beiden leitenden Ebenen, der senkrecht zur Durchsetzungslinie derselben geführt ist und den electrischen Punkt P enthält. Den Winkel AOB setzen wir gleich -/?/,

machen P 0 = r und P OB = W. Buden wir den Punkt P in der Ebene OB ab, so erhalten wir nach Art. IGl sein Bild(i>i auf dem Lote von P auf OB ebenso weit von der Ebene abstehend wie P, Die zweite Ebene OA entwirft dann ein Bild von Qi in Pg? welches auf dem Lote von ^>i auf OA liegt und ebenso weit von OA absteht wie Q^ Dann bildet

die erste Ebene Pj i^ Qi ^^ ^^^ zweite Q^ in P3, die erste wieder P^ in Q2 ^^^ schliesslich in dem in der Figur angenommenen Fall die zweite Ebene Q^ in P^ ab, welches mit P zusammenfällt, so dass ^2 ^^^ Bild von P in der Ebene OA ist. All diese Bilder liegen auf einem Kreise, der in 0 seinen Mittelpunkt hat -und durch den electrischen Punkt P geht.

Hätten wir mit dem Bilde von P in A 0, begonnen, so würden wir ganz dieselben Bilder, nur in der umgekehrten Folge Q.^^ P^. Q^, P^, Q^ erhalten haben, wenn eben A OB ein Submultiplum von zwei rechten Winkeln ist. Denn man überzeugt sich leicht, dass die Bilder von P mit Bezug auf die Ebene OA^ also P^, P^, P^^^ ebenso wie die Bilder mit Bezug auf die Ebene OB^ also ^1, ^2» %? auf dem Kreise in Intervallen von der Winkel- grösse 2 AOB augeordnet sind. Wenn also 2 AOB ein Submultiplum von

Fig. 10.

166b.] Abbildung in zwei sich schneidenden Kugeln. 265

27: ist, so kann es nur eine endliche Anzahl von Bildern geben, deren keines in den Raum AGB fallen darf.

Wir haben also in diesem Falle, \fo AOB = ic/n ist, ?i negative Bilder Öi5 Ö2 Qn-» deren jedes (Art. 161) gleich und entgegengesetzt geladen ist wie P und n 1 positive P29 -^3 -P«? deren jedes gleich und gleich- sinnig geladen ist wie P.

Der Winkel im Centrum 0 zwischen zwei gleichsinnig geladenen Bil- dern ist gleich 2iz/7i. Die Bilder sind in Bezug auf jede der beiden Ebenen symmetrisch angeordnet, so dass jedem positiven Bilde auf der entgegen- gesetzten vSeite der Ebene ein negatives auf derselben Normale und in gleichem Abstände von der Ebene befindliches entspricht.

Die Bilder bestimmen völlig die durch Influenz des Punktes P auf den Ebenen hervorgerufenen Electricitäten, wie bald bei einem andern Beispiel erläutert wird.

Abbildung in zwei sich schneidenden Kugeln.

16öb. Wir können aus diesem Fall sofort einen zweiten ableiten, in- dem wir die Ebenen mit Bezug auf irgend einen Punkt als Inversions- centrum abbilden. Sie gehen dann in zwei Kugeln oder in eine Kugel und eine Ebene über, die sich in einem Kreise schneiden und so eine Linse bilden. Der Winkel r./n zwischen den beiden Ebenen ändert seine Grösse nicht, und der electrische Punkt F liegt innerhalb dieses Winkels.

Die successiven Bilder von P mit Bezug auf die beiden Kugeln sind auf einem Kreise aflgeordnet, der durch P geht und die Kugeln recht- winklig schneidet.

Wir finden diese Bilder, weil ein Punkt und sein Bild auf demselben Radius der abbildenden Kugel liegt, dadurch dass wir mit P anfangend Sehnen des. Kreises ziehen, die alternirend durch die Mittelpunkte der Kugeln gehen.

Die Zeichen der Bilder wechseln wieder ab, so dass, wenn man den electrischen Punkt P mitzählt, ebenso viele positive als negative Bilder vor- handen sind.

Die Ladungen aller Bilder sind proportional ihren Abständen von ein und demselben (sonst willkürlichen) auf dem Schnittkreise der Kugeln liegenden Punkt, als welchen man den Punkt, wo die Ebene des Bilder- kreises diesen Schnittkreis der beiden Kugeln triift, annehmen kann.

In dieser Weise lässt sich also die Verteilung der Bilder bestimmen, wenn ein Raum durch zwei leitende Kugelflächenstücke begrenzt wird, die sich unter einem ausspringenden Winkel ujn schneiden, auf dem Potential Null erhalten werden und unter dem Einfluss eines electrischen von ihnen ein- geschlossenen Punktes stehen.

266 Abbildung in zwei 'sich schneidendon Kugeln. [i06.

166. Der eben betniclitete Raum wurde von zwei Kugelflächen begrenzt, deren Älittelpunkte ausserhalb desselben lagen, er hatte also die Gestalt einer gewöhnlichen biconvexen oder planconvexen Linse mit ausspringender Kante. Bilden wir jetzt jene Kugeln mit Bezug auf den electrischcu Punkt P als Inversionscentrum ab, so erhalten wir durch die vorangegan- genen Betrachtungen die Lösung des Problems der electrischen Verteilung auf zwei sich unter einem einspringenden Winkel ^u/n schneidenden Kugel- segmenten, deren Potentialniveau gleich 1 ist, und die von keinen äussern electrischen Agentien angegriffen werden.

Der Kreis, auf dem die Bilder früher lagen, geht in eine Gerade über, welche nach Art. 163, I, II durch die Mittelpunkte der Kugelsegmente hin- durchgeht, er transformirt sich also in die Centrale der neuen Kugelflächen.

Die beistehende Fig. 11 repräsentirt einen Centralschnitt durch die Kugeln. Ä. B sind die Mittelpunkte der Kugeln, P, r, Q,.., die electrischen Bilder und />, />' Punkte auf dem Durchsetzungs- kreis der Kugeln.

Die successiven Bilder liegen auf der Centrale AB.

Verbinden wir /> mit A und ziehen

von /) aus Linien, die gegen DA um

Winkel von der Grösse tt/;i, '2t:/ n^.,.

geneigt sind, so sind die Schnittpunkte (,B... mit der Centralen AB die

positiven Bilder. Das letzte positive Bild liegt im Centrum /? einer der

Kugeln.

Ziehen wir andererseits von D aus Linien, welche die Centrale AD unter Winkeln -/n, 2-///, . . .treffen, so sind die Schnittpunkte dieser Linien mit der Centralen die negativen Bilder. Die Ladungen der Bilder sind abgesehen vom Zeichen proportional ihren bezüglichen Abständen von D.

Die Flächendichte in irgend einem Punkte .S' einer der Kugeln ist gleich der Summe der Fläcliendichten, welche die einzelnen entsprechenden Bilder dort hervorrufen.

Liegt also beispielsweise S auf der Kugel mit dem Centrum A^ und sind A, B, C . , . die positiven Bilder, so ist nach Art. 157 die Flächendichte der Electricität in S

In dem Schnittkreise der Segmente ist die Flächendichte gleich Null.

Die ganze auf einem der Kugelsegmente enthaltene Electricitäts menge findet sich durch eine einfache Integration.

Uelimen wir wieder das Kugelsegment um A, so ist Jj die Flächen- dichte in einem Punkte desselben, welche von der positiven Electricitäts-

167.] Fälle, in denen Bihlcr in endlicher Anzahl existiren. 267

menge AD in A hervorgerufen wird. Aehulich verdankt ^2 der positiven Electricitätsmenge BD m B seine Entstehung u. s. f.

Die einzelnen Integrationen sind über die ganze Fläche des Segments auszuführen, und indem man von den angegebenen Werten für die Flächen- dichten Gebrauch macht, findet sich

DA -h OA DA + OA

e. t)

DA

'2 DA 2

7^1? DB^OB _ DB -f- OB

^^ 2 DB ~ 2 U.S.U

wo O den Mitteli)unlvt des Schnittkreises der beiden Segmente um A und B angiebt, und die Strecken OA, OB, . . . von 0 zur Kechten gemessen als l»oeitiv, zur Linken als negativ in Anschlag zu bringen sind. Die Gesammtladung des Segments (A) ist also

2) ^ = i (DA -h DB H- D6'-h . . .) + i (OA -(- 0 J9 -h 06' -f- . . .) i(Z)P-h DQ H- DR-h . . .) i(OP+ OQ + 0R+ . . .)•

167. Man kann die Methode der electrischen Bilder auf irgend einen Raum anwenden, welcher von Ebenen oder Kugeln begrenzt wird, die sich alle unter Winkeln, welche Submultipla von zwei rechten Winkeln sind, schneiden.

Dazu muss im Falle sphärischer Flächen jeder körperliche Winkel in dem System von drei Flächen begrenzt sein, zwei seiner Kantenwinkel müssen rechte Winkel, der dritte ebenfalls ein rechter oder ein Submultiplum von zwei rechten Winkeln sein.

Die Anzahl der Bilder ist endlich, wenn wir haben

1) Eine einzelne Kugelfläche oder Ebene.

2) Zwei Ebenen, eine Kugel und eine Ebene, oder zwei Kugeln, die sich unter einem Winkel -/« durchsetzen.

3) Zwei der unter 2) erwähnten Flächen und eine dritte Ebene oder Kugel, welche jene rechtwinklig durchsetzt.

4) Drei der unter 3) erwähnten Fläcben und eine vierte Ebene oder Kugel, welche die beiden ersten Flächen rechtwinklig, die dritte unter einem Winkel r./n' schneidet.

In diesem Falle muss wenigstens eine der vier begrenzenden Flächen eine Kugelfläche sein.

Den ersten und zweiten Fall haben wir schon behandelt, und es hat sich ergeben, dass im ersten Falle ein Bildpunkt vorhanden ist, im zweiten 2n 1 Bilder (abgesehe;!! vom influencirenden Punkt) sich vorfinden, die alle auf einem Kreise angeordnet sind, der durch den influencirenden Punkt geht und die beiden Flächen orthogonal schneidet.

Im dritten Fall haben wir ausser diesen 2n l Bildern auch noch ihre Bilder in Bezug auf die dritte Fläche, zusammen also 1 Bilder ausser dem influencirenden Punkt.

268

Zwei unbeeinfliisste orthogonale Kugeln.

[168 a.

Um im vierten Fall die Anzalil der Bilder zu fiiwien, construireu wir zunächst die Bilder für die beiden ersten Flächen auf dem Kreise, der sie beide orthogonal trifft. Dann construireu wir uns zu jedem der 2n Bilder (der influencirende Punkt eingeschlossen), indem wir durch jedes Bild einen Kreis ziehen, der orthogonal zur dritten und vierten Fläche ist, die 27i' 1 neuen Bilder, so dass wir im ganzen den influencirenden Punkt mit ein- begriffen 2nn' positive und' 27in' negative, also inn' Bilder erhalten.

Diese 4nM' Bilder sind die Schnittpunkte von «Kreisen mit n' andern Kreisen, welche zu den beiden Systemen von Krümmungslinien einer C3xlidc gehören.

Ist jeder der Punkte mit der ihm zukommenden Electricitätsmenge gcr laden, so besteht die Fläche, deren Potential gleich Null ist, aus n -f- «' Kugeln, die sich in zwei Reihen anordnen. In der einen Reihe ist der Schnittwinkel auf einander folgender Kugeln gleich ir/w, in der andern ist dieser Winkel gleich i:/n\

Jede Kugel der ersten Reihe durchsetzt jede Kugel der zweiten Reihe orthogonal.

168 a. Zwei sich rechtwinklig schneidende Kttgeln, (Tafel V.) Ich führe die Rechnungen specieller zunächst für den Fall aus, dass zwei leitende Kugeln sich rechtwinklig durchschneiden.

A und B (Fig. 12) seien die Mittel- punkte der Kugeln, D und D' Punkte aut ihrem Durchschnittskreis und C gebe den Schnittpunkt von DD' mit der Centrale AB^ also den Mittelpunkt des Schnittkreises der Kugeln an.

n ist in diesem Fall gleich 2, es giebt also 4 Bilder, zwei davon, die .positiven, fallen in A bezüglich Ä, die beiden .andern negativen Bilder liegen in demselben Punkte C, denn C ist sowohl das Bild von A in der Kugel um B als das Bild von B in der Kugel um A.

Setzt man zur Abkürzung

Fig. 12.

.a) so wird

AD = a, BD = ?,

DC=

«?

\/a.^- ■+■

Demnach sind, Art. 16'), 1G6, die Ladungen in A. B und C 1) «, ?, -

«?

l a- H- ^-

168a.] Zwei unbeeinflnsste orthogonale Kugeln. 269

Das Potential der drei Punkte auf einen von ihnen um die bezüglichen Strecken r^, rj, r^ abstehenden Punkt ist

2) 7 = ^4-i--A=l.

n ^2 j/a2 4.^2^'3

Sucht man die Fläclie, für welche dieses Potential gleich 1 wird, so findet man nach leichter Zwischenrechnung unsere Kugelflächen. Letztere sind also Niveauflächen mit dem Potentialniveau 1.

Wenn sich nun 2 Kugeln schneiden, so können wir vier Configurationen ableiten, deren Grenzflächen Teile beider Kugeln sind, nämlich die Linsö PDQjy P mit einspringender Kante, die Linse P' DQ'D'P mit anspringen- der Kante, den Meniscus UPD'Q'D und den Meniscus /^ Q // P' />.

Auf jeder dieser Configurationen ist das Potential gleich 1.

Wir erhalten demnach durch die obigen m A^ B und C gelegenen Bilder die Lösung für die Verteilung der Electricität in 4 Problemen.

1) Der Conductor P/)^/)'^ befindet sich auf dem Potentialniveau 1 und entliiilt die Electricitätsmenge

1,) a -f- 3 == = AD-^BD^ CD,

welche die Capacität dieses Conductofs bezeichnet, wenn er sich, wie im an- genommenen Fall, in einem freien electrischen Felde befindet.

Man bekommt in der oft angegebenen Weise die Flächendichte der Elec- tricität in einem Punkte P der Kugel um A bezüglich in einem Punkte Q der Kugel um /i, wenn man beachtet, dass der Punkt C bei jeder Kugel zweimal berücksichtigt werden muss, einmal als Bild von A in der Kugel um B und dann als Bild von B in der Kugel um A^ gleich

Auf dem Durchschuittskreise der Segmente ist die Flächendichte gleich Null.

Wenn eine der Kugeln sehr gross gegen die andere wird, so .ist die Dichte in dem Scheitel der kleineren Kugel dreimal so gross wie die in dem Scheitel der grösseren.

•2) Die Linse FDQ'D'P befindet sich auf dem Potential 1, enthäli die Electricitätsmenge

/a« + ?"

und wird von den in den Punkten -4, Fi concentrirten bezüglichen Ladungen a, ["i angegriffen.

Für die Dichte der Electricität in den verschiedenen Punkten der Linsen- fläche findet man dieselben Ausdrücke, wie im vorigen Fall.

270 Zwei von aussen infliiencirte orthogonale Kugeln. [168 b.

3) Der Meniscus DPD'Q'D hat das Potentialniveau 1, enthält die Ladung

I3) aL = ÄD

und wird von den in den Punkten B^ C concentrirten Electricitätsmengeu p, aß/j/'a^-f- 32 angegriffen. Alles andere wie früher.

4) Der Meniscus DQD'FD hat wieder das Potential 1, ist mit der Electricität

geladen und steht unter dem Einflüsse der in den Punkten -4, C concen- trirten Electricitäten a und aß/i/a2-f-p2

Das gilt alles. für die äussern Flächen der angeführten Conductor- formen. Man kann aber auch die entsprechenden Probleme für die innern Flächen lösen, wenn diese sich unter dem Einflüsse der betreffenden von ihnen eingeschlossenen electrischen Punkte A^ JB, C befinden. Ich gehe darauf nicht weiter ein, sondern wende mich zu einer Erweiterung des ad 1) behandelten Falles.

168b. Tjinse mit einspringender Kante von einem äussern electrischen Ihinkt influencirt.

Ich bestimme nämlich die Flächendichte in Punkten der ersten Linse (der mit einspringender Kante), wenn sie von einer negativen Electricitäts- einheit, die sich ausserhalb ihrer Oberfläche im Punkte 0 befindet, influencirt wird, und das Potentialniveau Null hat.

Ist r der Abstand eines Punktes P der Oberfläche unseres Conductors in seinem jetzigen Zustande vom Punkte O, so wird durch Ladung dieses Punktes mit einer negativen Electricitätseinheit das Potential in P um -^ 1/r vermehrt, so dass es auf 1 1 /r ansteigt.

Wir haben daher ein System zu construireu, dessen Inversion mit unserm Conductor zusammenfällt und auf der Oberfläche das Potential 1/r hat.

Ein solches System erhält man aber, wenn man den Conductor in Bezug auf eine Kugel, deren Radius gleich 1 ist, und deren Centrum sich in 0 befindet (das wir uns noch als electricitätsfrei vorzustellen haben), abbildet.

Die Abbildung darf sich aber nur auf die Form erstrecken.

Die Inversion unseres Conductors ist diesem in den kleinsten Teilchen ähnlich und alle Betrachtungen, die wir für diesen angestellt haben, gelten unmittelbar auch für seine Inversion.

Setzen wir im ursprünglichen Conductor

0.'l = a, 0/i=i, OP=r, ÜQ = p, BP=p, ÄQ = q,

und benutzen acceutuirte Buchstaben zur Bezeichnung der Bilder dieser Grössen, so haben wir nach der Aufgabe ad 1)

168 b.J Inversion der beiden Kugeln. 271

-.4..[.-(m'

wenn /-' auf der Kugel um A' liegt und das Potentialniveau des inverseu Systems gleich 1 ist.

Es ist aber nach den Gleichungen unter 1) in Art. 1G2 und nach IV) in Art. 16^

b)

somit wird

1)

a

, //

"62

a' =

a

1^'-

ß

«2

7^

«2 _ a2 '

r

r' =

1 r

;/2 =

P2,.2

-f-(62 r2

- ?2) C?'^ - (^2 p2)a

-ß2)

1

^2.

'^^V.

?3r3

\

[[^2 ,.3 -f- (Ä2

Bilden wir nunmehr die Inversion des iuversen Systems mit Bezug auf dieselbe Abbildungskugel , so erhalten wir genau unser ursprüngliches System wieder, aber da wir dem inversen System das Potentialniveau 1 zu- geschrieben haben, so wird in einem Punkt P der Inversion des inversen Systems, also unseres ursprünglichen Systems, das Potential nach der citirten Gleichung 4) in Art. li)2 gleich l/.r. Bringen wir dann in 0 eine negative Electricitätseinheit, so sinkt das Potential in P und überhaupt in allen Punkten unseres Conductors auf Null.

Ferner ist nach Art. 11)2, 2)

Befindet sich also ein Couductor der angegebenen Form, während er zur f]rde abgeleitet ist, unter dem influencirenden Einfluss einer in 0 con- centrirten negativen Electricitätseinheit, so ist die Flächendichte der in einem vom electrischen Punkt (> um r abstehenden Punkt P der Kugel A influen- cirten Electricitüt

^ ^"i-r^ a V [32;24_(/,2_r.i2)Q,2_r^2)j3J-

Die Flächeudichte in einem von O um p abstehenden Punkte Q der Kugel um li erhalten wir durch Vertauschung von ö, Z», a, [i, />, r mit 6, a, 3, a, q, p.

Um die gesammte lufluenzelectricität unseres Conductors zu finden, wenden wir uns wieder dem inversen System zu; dort befinden sich in den Punkten Ä\ W, 6" die bezüglichen Lädungen

^\ ?', -

l/a'2 + ß'2 A\ B' sind die Mittelpunkte der inversen Kugeln, C ist der inverse Punkt C,

4Wf <M

Drei unbeeinflusste orthogonale Kugeln.

[lee.

Setzen wir also c) OA = a\ OD' = b\ OC" = c';

so erhalten wir, indem wir das inverse System in unser ursprüngliches zurück invertiren, nacji der Gleichung unter 3) in Art. 1(12 für die Ladungen in A, n, C

3')

a'ß'

1

\/a'^ -h ß'a

Nun ist zunächst (Art. 1G3)

Ferner haben wir

A'C':C'B' = aL'^:P,

also

c

A'B'= }/a'2 4-p'»,

^_^a'2p^l,'Qa'2^a'2p

9

a'2 4- P und damit ^^rd die gesammte Influenzeloctricität des Conductors

3)

- + I- a 0

«?

|/a'^?a-|-&»a2 «2^3

Drei orthogonale Kugeln im freien clectrischen Felde.

169. Bezeichnen wir die Mittelpunkte der Kugeln mit A^ B^C die Kadien mit a, ,3, 7, so wird

a)

/l Z^ = j/a2 _^ ß2, ^^= |/ß2_^.^a^ Cyl= 1/72^^2.

Ferner seien P, §, /? die Fusspunkte der von. -4, /?, C auf die gegenüber- liegenden Centralen gefällten Lote und 0 gebe den Schnittpunkt dieser Lote an.

P ist das Bild von B in der Kugel {C) und ebenso das Bild von (' in der Kugel (/y), und es wird seinerseits durch 0 in der Kugel {A) abgebildet.

Sind a, ß, 7 die in den Mittelpunkten A^ B^ C concentrirten Ladungen, so liabQU wir für die Ladung in P (ähnlich wie im vorigen Artikel für die Ladung in C)

Flg. 18,

1)

170 a.] Vier iijibeeinflusste orthogonale Kugeln. 273

ßT 1

»/?* + T=

Ferner ist

AP =

_ /ßV + v^a^+g'pi'

]/f + Y*

also die Ladung im Bilde 0 von P 2) - "?^

P* 7' Genau so berechnet man die Ladungen der Bilder in U und in Q zu

und

y7*^"^a2 ' Va»"^?»

Die weitem Abbildungen von R und § fallen dann in 0, so dass 0 ein dreifacher Bildpunkt ist.

Damit lässt sich dann alles, w^ auf die Verteilung der Electricität auf dem System Bezug hat, unmittelbar erledigen. Das Potentialniveau der Kugeln ist gleich Eins;

Vier, orthogonale Kugeln.,

170 a. Aehnlich kann man die Verteilung der Bilder, welche vier elec- trischen, sich rechtwinklig schneidenden Kugelflächen mit dem Potential- niveau 1 electrisch äquivalent sind, finden.

Ist der. Mittelpunkt der vierten Kugel 7), ihr Radius gleich o, und concentriren wir in dem Mittelpunkt eine Ladung ö, so ist die Ladung in dem Schnittpunkte der Centrale :5.weier Kugeln, etwa (^4) und {B\ mit der Ebene des Schnittkreises der beiden Kugeln, also in dem Bilde von B in {A) oder A in (ß), gleich

Das Bild dieses Punktes liegt in dem Schnittpunkte der durch die drei Centreu ^, ß, C gelegten Ebene mit einem von I) gefällten Lot, und die daselbst befindliche Ladung ist

2) ^

ß2 ^^ Maxwell, Electricität n. Magnetismus, I. \%

274 Vier infliiencifte orthogonale Kugeln. [170b.

Durch die vier Centren lassen sich aber vier Ebenen legen, welche je drei von ihnen in sich aufnehmen, wir haben also auch vier von den betreffenden übrigbleibenden Centren zu fallende Lote. Diese vier Lote schneiden sich in einem Punkt, der wieder der Bildpunkt des letzten Bildes ist und die Ladung

3) - -j=L^=

y ä2 + ßSf + -.8 ■*" $2

enthält. Genau so kann man alle noch fehlenden Bilder construireu und ihre Ladungen berechnen. Die letzten Abbildungen fallen immer in den Schnittpunkt /) der vier letztgenannten Lote, der somit ein vierfacher Bildpunkt ist. Ausser den vier Ceutren hat man sechs einfach invertirte, vier zweimal iuvertirte Punkte und einen dreimal invertirlen Punkt; mit den vier Centren kommen also für diesen Fall fünfzehn Bilder in Rechnung.

170b. Vier sich rechtwinklig schneidende Ktigeln unter dem Einfluss eines electrischen Punktes. Wie früher bezeichnen A^ 7i, C, D die Centren der vier Kugeln undü den electrischen Punkt. Man construirt vier andere Kugeln -4i, /?!, Ci, Dj, von denen jede durch 0 hindurchgeht und die ihr nicht entsprechenden drei ursprünglichen Kugeln orthogonal schneidet, so dass die Kugel (Ä^) durch 0 hindurchgeht und (/i), (C), (D) rechtwinklig durchsetzt. Ausser in dem Punkte O schneiden sich je drei der vier con- struirten Kugeln auch noch in einem andern Punkte, den ich mit A\ B\ C, Z>' bezeichne, je nachdem zu den sich schneidenden Kugeln A^^' B^^ Ci oder y>i nicht, gehört. Darauf construirt man weitere sechs Kugeln (ab% (ac)^ {ad\ (hc\ (bd), (cd), deren jede durch 0 und den Schnittkreis zweier der ursprünglichen Kugeln geht [z. B. (ab) dureh den von (A) und (J5)].

Von diesen sechs Kugeln wird jede, etwa (cd) von zwei der zuerst con- struirten vier Kugeln, von (^,), (B^) in einem Punkte (a'b') geschnitten. Das giebt sechs Punkte.

Weiter schneidet jede der Kugeln (iij), (ßj, (d^,), (Z)i), etwa (^j), drei der sechs Kugeln, etwa (ab)y {ac\ (ad) in einem Punkte a\ was wieder vier Schnittpunkte giebt.

Endlich durchsetzen sich alle sechs Kugeln noch in einem Punkt S. Im ganzen haben wir also, abgesehen von 0, fünfzehn Schnittpunkte.

Bilden wir die Inversion des aus den leitenden vier Kugeln bestehenden Conductors und aller zehn dazu construirten Kugeln in Bezug auf eine um 0 als Centrum mit dem Radius E geschlagene Kugel, so geht der Con- ductor in einen ihm in den kleinsten Teilchen ähnlichen Conductor über, und die zehn construirten Kugeln geben, weil sie alle das Iriversionscentrum enthalten, zehn Ebenen.

Von den fünfzehn SchnittpXinkten zwischen je drei der zehn construirten Kugeln gehen die vier ersten A\ B\ C, D' in die Centren der inversen Con- ductorkugeln über. Die jelf andern verwandeln Mch in das System der Bilder, das wir am Ende des vorigen Artikels behandelt haben. Die Inversionen- der

171.] Zwei concentrische Kugeln. 275

fünfzehn Schnittpunkte der construirtcn Kugchi sind also die BiJder des Punktes 0 in unserm aus vier Kugeln zusammengesetzten Conductor.

In dem Punkt A\ der das Bild von 0 in der Kugel {A) ist, haben wir die Ladung zu verlegen, die ihm als Äld von 0 zukommt, also a/a, wo a der Radius von {A) ist und a den Abstand seines Centrums von Ö angiebt.

Entsprechend haben Wir in den Punkt B\ 6*, Z)' die Ladungen ß/*, 7/c, ö/d zu concentriren.

Die Ladungen der andern elf Bilder ergeben sich aus den am Ende des letzten Capitels abgeleiteten Ausdrücken, indem man in ihnen a, p, 7, 5 durch

"^ a2 a2 ' ' ^»2 __ ß2 ' 7 c2 _ ^2 ' ^ rfa 52

ersetzt und jede Ladung mit dem Abstände des zugehörigen Punktes vom electrischen Punkt 0 multiplicirt.

Successire Bilder in unendlicher Anzahl Zwei concentrische Kugelflächen.

171. Wird ein Raum von zwei Kugelflächen begrenzt, die sich nirgends schneiden, und die unter dem Einfluss eines in diesem Räume befind- lichen electrischen Punktes stehen, so bilden die successiven Abbil- dungen des electrischen Punktes in ihnen zwei unendliche Reihen. Alle Bilder liegen ausserhalb des von beiden Kugelflächen begrenzten Raumes, so dass man die Theorie der electrischen Bilder in Anwendung bringen kann.

Man darf das Problem, das uns jetzt beschäftigen soll, dadurch ver- einfachen, dass man die Kugelflächen als concentrisch annimmt, denn wenn sie es nicht sind, so kann man sie durch Inversion in Bezug auf einen ihrer inversen Punkte immer dazu machen (Art. 163, X).

Wir beginnen jilso.mit dem Fall^ wo wir zwei concentrische, leitende, nicht isolirte Kugclflächen haben, die von einem electrischen zwischen ihnen liegenden Punkt influencirt werden.

Der Radius der ersten Kugel sei ^, der der zweiten he^ und der Abstand des electrischen Punktes P vom Centrum 0 gleich he^. Alle Bilder liegen mit P auf demselben Radius der Kugelflächen ausserhalb des von ihnen be- grenzten Raumes.

Sei Qq das Bild von Pin der ersten Kugel, P, das von Qq in der zweiten, Q^ das von P^ in der ers.ten u. s. f., dann haben wir allge- mein nach Art. 162, 1)

276 Zwei concentrische Kugeln. [171.

wo Q^ das Bild von P^ iu der ersten Kugel und P^ das Bild von Q^_^ in der zweiten Kugel ist. Aus diesen Recursionsforinelu folgt

0^ = 6«" + *"*, nnd allgemein

1) OP = fr«'' + 2""

»

-(u+2#tu)

2) OQ, = he

Bezeichnet man die Ladung des electrischen Punktes iu P durch P, und allgemein die Ladung eines Bildes in P durch P , so haben wir

«00

3) n=^« >

4) ^,= -Pc-^"+""',

und damit ist die erste Reihe von Bildern vollständig bestiuimt.

l)ie zweite Reihe von Bildern bekommen wir dadurch, dass wir P

zuerst in der zweiten Kugel abbilden. Ist Q\ das Bild von P in der

zweiten Kugel, P[ das von Q, in der ersten, Q'^ das von PJ in der zweiten u. s. f., so findet man

u 2«cu.

2«aj tt = oe

Allgemein ist 5) OP' = h.

C) OQl=be'

Die Ladungen dieser Bilder' ergeben sich zu

7) y^Je— ",

8) «; = - P«'

«Ol «

171. J Berechnung der Ladungen. 277

Alle Bilder P sind positiv geladen, alle Bilder Q negativ, ausserdem gehören alle P' und Q, also alle Bilder in Bezug auf die erste Kugel, zur Bestimmung der electrischea Verteilung auf der ersten Kugel und alle P und Q'y also alle Bilder in Bezug auf die zweite Kugel, zur Bestimmung der Verteilung auf der zweiten.

Die Ladungen der Bilder, die bei der ersten Kugel in Betracht kommen, bilden eine convergente Reihe, deren Summe

e 1

die Electricitätsmenge der ersten, innern, Kugelfläche angiebt.

Die Bilder, die bei der zweiten, äussern, Kugel in Rechnung zu ziehen sind, liegen ausserhalb ihrer Oberfläche, und ihre Ladungen bilden eiAe divergente Reihe, aber da eben das Flächenintegral einer jeden Einzcl- ladung in Bezug auf diese zweite Kugelfläche verschwindet (d. h. die gesummte auf beiden Kugelflächen influencirte Electricitätsmenge gleich und entgegengesetzt der influencirenden ist), so hat man für die auf der äussern Kugdfläche influencirte Electricitätsmenge

CU U t \ , ..Ol „cu »

10a) (fi)=p(lL^-i_i) = _-p «^ "

e 1 Beachten wir. dass

^ OB OB , ^ OP OP

e = -,— = TT-j und c" = r- =

b OA, " "~ Ä OA

ist, so resultirt auch

OB AP

10b) (B) = '-P

OP A B

Werden die Radien der Kugeln unendlich gross, so liegt der cloc- frische Punkt zwischen zwei . parallelen unendlichen Ebenen, und es wird

PB 10.) (B)i=-P^-|-

278

Zwei sich ausscbliessende Kugeln.

[172.

Zwei sich ausschliesscnde Kugclflächen.

172. Auf den eben behandelten Fall lässt sich der allgemeinere reduciren, dass zwei Kugeln, die sich nicLt schneiden, irgendwie zu

einander liegen. Denn, wenn man die beiden Kugeln in Bezug auf einen der beiden inversen Punkte 0 0', durch welche auch alle Kreise hindurchgehen, welche beide Kugeln orthogonal schneiden, invertirt, so erhält man zwei concentrische Kugeln. Für zwei concentrische Ku- gelflächen haben wir aber schon im vorigen Artikel die Lösung gefunden. Bilden wir demnach ^^«- ^^' rückwärts diie Inversion der con-

centrischen Kugeln in Bezug auf einen der charakterisirten Punkte 0^0\ der zwischen ihnen liegt, so gehen die beiden concentrischen Kugelflächen in zwei andere sich ausschliesscnde über,^ und wir erhalten so die Lösung unseres jetzigen Problems.*)

Die Bilder., des Inversionspentrums in Bezug auf die beiden sich aus- schliessenden Kugeln fallen nach Art. 163 mit dem Bilde des Centrums der beiden concentrischen Kugeln in dem zweiten inversen Punkte zusammen.

Der Radius OAPB in Fig. 14, auf welchem die Bilder liegen, geht daher in Fig. 15 in den Bogen eines Kreises durch 0 und O' über, auf dem sich also die successiven Bilder und auch der electrische Punkt P befinden. Die Lage des electrischen Punktes P ist dadurch fixirt, dass das Verhältnis von O'P zu OP gleich Oe" ist, wo C eine Zahl bedeutet. Setzen wir also

a)

so erhalten wir

. , O'P . Ö'Ä . . O'B

3 a = ü), u4-a = d.

OB

Die Lage des Bildes Qq von P in der Kugel (Ä) ergiebt sich aus

O'Qo

»(«o) = log^

= 2a »,

*) Eine genaue Untersuchung über dieses Problem Hndet man in Heine 's Handbuch der Kugelfanttionen Bd 2, p. 261 ff. Man sehe ferner Poisson, Memoire de la classe des sc. rnath. et phiL de V Institut de France annee 1811. Plana, Meviorie delie scienze di Torino VII. 1845. Kirchhoff in Crelle's Journal für reine und angew, Math, 1861, Bd. 59, oder Gesammelte Abhandlungen pag. 78 ff.

172.] Lage der Bilder. 279

die des Bildes Pj von Qq in der Kugel (D) aus

J)(P,) = log-^ = ö + 2u,.

Allgemein ist *

1) »(P,) = {>4-2sü), »(.QJ = 2a » 2«ü).

Aehnlich bestimmen sich die BiliJ^r von P, wenn man P zuerst in der zweiten Kugel abbildet. Man hat

»(0=2?-», ö(p;) = d^2«),

und allgemein

2) d(e^) = d-H2«(ü, 0(P^') = ö 2«(i).

Für die Ladung eines Punktes P^ fanden ¥dr bei den concentrischon Kugeln nach den Gleichungen unter 1) und 3) den Wert

... ^I^ÖP'

daher ist die Ladung des entsprechenden Bildes für unsern jetzigen Fall

Setzen wir zur Abkürzung

c') 5= j/OP. O'P,

und nennen i den Parameter des Punktes P, so wird

3'b) P,= -fP-

Die Ladung eines Bildes ist also proportional seinem Parameter.

Genau so berechnen sich die Ladungen für die andern drei Klassen von Bildern Q, P\ Q',

Zur Fixirung der Lage des electrischen Punktes P führen wir ein recht- winkliges Coordinatensystem ein, dessen x Axe mit der Linie 0 0' zusammen- fallt und dessen ^Axe durch die Mitte von 0 0' geht.

Sind dann x, i/ die Coordinaten von P und k = ^00\ so setzen wir

d) ',»+*.= / +4'/^.

^ ,c + 1^ -h ^•

Für die Grösse k ergiebt sich aus- der Bcdingungsgleichung für die inversen Punkte 0,0' nach Art. 1()3, X)

o) A: = ^- /a* H- M _j. c* _ 2a2 62 2a^c^ 2b^c^ ,

280 Zwei sich ausschliessende Kugeln. [172.

wo a^ b die Radien der Kugeln sind und c die Entfernung ihrer Mittel- punkte bezeichnet.

» ist gleich log O'P— log OP, ^ bezeichnet den Winkel OPO' und wir erhalten

_ A^-sinh^ ^ ^•sin^

^ "~ cosh 0 cos <p ' ^ "*" coshJ) cos(p* '

also ^

x^-^-iy k cot 9)2 = ifc» co8ec3<p,

(o; -+- Ä; coth»)« + = jfca cosech^ö,

und daraus folgt

x^ -h u^ k^ x^ -^ «/2 -L ^2

g) -cot,^ ^1^^ , cothtt = -^-±X_i:^.

Weiter haben wir

somit

j/ cosh ö cos 9

Die Ladung eines jed^n Bildes ist, wie wir schon bemerkt haben, pro- portional seinem Parameter, und sie hat das positive oder negative Zeichen, je nachdem si« zu den P oder Q gehört. Demnach findet sich

, . p ^ P K cosh ft C0S9

Kcosh(J>-f- 2«(i)) cos 9

,v ^ _ PK coshi^ C0S9

J/cosh(2a ö 2«cü) COS9

rN p'— P K cosh{> COS9

j/cosh(f) -— 2«<ü)— cos 9

gN >-^'_ P K cosh& C0S9

j/cosh (23 J> 4- 2ä.(o)-- cos 9

*) Es ist zu bemerken, dass

2cosh» = e^ + «-^ 2sinh» = e* c"^ ffesetzt ist. Vergl. noch Art. 151.

Die Anwendung dipolarer Coordinaten rührt von Thomson her, Liouvillo Journal 1847, und Thomson Reprint of Electrical Papen § 211, 212.

Die Rechnungen sind im Anschluss an Betti's Untersuchungen über unser Problem (NuovoCimentoXX) durchgeführt, die Methode aber, die der electrischcn Bilder, ist dieselbe, deren sich Thomson zuerst bedient hat. Vergl.'Phil. Mag. 1853.

173.] Berechnung der Ladungen. 281

Die durch den electrischen Punkt P inducirfe Ladung (A) der Kugel um Ä ist gleich der Summe der Ladungen der Bilder Q und P\ welche innerhalb dieser Kugel sich befinden, die Ladung (B) der Kugel um B ist gleich der Summen der Ladungen der Bilder Q' und /', welche innerhalb dieser Kugel liegen. Also

7) (^)= Pj/coshö— C0S9 2 7

* = i V

C08h(d 2«ü>) C08<p

Pj/coshd cos 9 2i "7

1

cosh(2a b 2«a>) CO89

#= 00

8) (ö)= p/^shö C0S9 2

P /coshU COS^ i ~7

«=o V

= 1 /cosh(ft -f- 2«cü)-- coscp

1

cosh(23 ^4- 2«o>) coscp Das Potential ist auf beiden Kugeln gleich Null.

173. Capadtät und Jnduction zweier Kugeln, Wir leiten daraus die Bestimmung der Capacitäts- und Iiiductionsooefficienten zweier Kugeln her, deren Radien a und b sind, und deren Centralabstand durch c gegeben ist.

Nach der" Definition dieser Grössen (Art. 87) haben wir eine der Kugeln auf dem Potential Null, die andere, deren Capacität bestimmt werden soll, auf dem Potential Eins zu erhalten.

Im vorigen Fall hatten beide Kugeln das Potential Null, bringen wir also in den Mittelpunkt der Kugel (Ä) mit dem Radius a eine Electricitäts- menge a, so wird ihr Potentialniveau gleich Eins und das der Kugel (B) bleibt Null. Die durch die successiven Bilder dieser Ladung a berechnete Verteilung der auf den Kugeln inducirten Electricität entspricht vollständig der Verteilung, wie sie unter Annahme der bezeichneten Potentialniveaus eintreten muss. Die Bilder dieser Ladung liegen alle auf der Centralen zwischen den Polen und den Centren der Kugeln, und es bleiben von den vier Systemen von Bildern Q, P, Q\ P*, die wir im vorigen Artikel bestimmt haben, nur zwei übrig, das erste und das letzte System.

Als Ladung in P haben wir die Ladung des Centrums -4, also a zu setzen, und diese Ladung muss natürlich bei der Bestimmung der Gesammt- ladnng (Ä) mit in Rechnung gezogen werden.

Nach den unter a) aufgestellten Gleichungen des vorigen Artikels und nach Art. 1G3, X) haben wir

a) sinha = ? sinh3 = -r9

282 Capacitäten uad Inductionscoefficienten zweier Kugeln. [173.

WO k den schon angegebenen* Wert

b) Ä;=^|/a4 4-6*-4-c*— 2a2Ä2 2a»c3~2Äac2

besitzt.

Demnach ist auch

c) P= -r

sin ha

Ferner haben wir nach den Gleichungen unter a) und g) des vorigen Artikels, in denen ^ = 0 zu setzen ist,

d) (p = 0, » = 2a.

Damit wird die Capacität q^^ von A

«

^ . ^«<* -^ sinh(«a> a)

und der Inductionscoefficient von A auf B oder von B auf A

«=00

^ "ab ^ sinlijsrit

* = 1

Genau so erhalten wir, wenn (B) das Potential 1 und (A) das Po- tential 0 hat,

<= 00

^^^ ?66 -^^2 sinhfff

* = 0

O + Äcu)

In diesen Ausdrücken können wir noch a, ß, to und A: durch a, 6, c er- setzen. Machen wir nämlich

e) Ä =j/a4 + Z,4 + c* 2an^ 2a2c2 2 b^c^ = 2ck,

so ergiebt sich wegen der Beziehung sinh^j? = cosh^^ 1 und der Gleichungen unter b) im vorigen Artikel

f ) sinh a = -^ ? sinh 3 = -rv, - ? siuh to == t^ ri ^ 2ac 26c 2a6

c2H-a2 62 ^^ c2h-63 a2 , c2 62

cosha = jq; 9 C08h3 = 7<-r r coshü) = ^7— r

2ac * 26c 2a6

Indem man noch von den Relationen

sinh (a 4- Ji) = sinh a cosh ,3 + cosh a sinh 3, cosh(a 4- ß) = cosha coshf-i + sinh a sinh ß

Gebrauch macht, gelangt man zu demselben Resultat, welches Thomson

174.] Energie und Kraft Wirkung zweier. Kugeln. 283

durch directe Berechnung der einzelnen Bilder schon gefunden hat, nämlich zu den Gleichungen

. __ an as^a

^ ah a252 ö353

ab^ a^b^

3b) 5^,6= ^ + ^2_^2+ (c2 _ aa 4. ^c) (c2 o2 ^>c) "*"•* "

174. Haben die beiden Kugeln Potentialniveaus V^ bezüglich F^, so ergeben sich ihre Ladungen E^^ E^ nach Art. 87 aus den Gleichungen

Setzen wir die Determinante der q und machen

6) Paa=9bö^'^ Pah == Pba^ ^ %b^'^ Pbb = ^a«^''

also

&0 P Pku P^K = ^\

SO erhält man zur Berechnung der Potentialniveaus aus den .Ladungen die Formeln

Die p sind die PotentialcoefBcienten.

Die Energie unseres Systems ist nach Art. 85

9a) Q = i(EaVa + E^V,),

9c) = i(p,,El + 2p^, E^E, + p,,El).

Endlich ergiebt sich für die Abstossungskraft zwischen dan beiden Kugeln aus Art. 92, 93

.03, , p= i{.:%„K.r.%+n^),

■Ob, ._iJ.:%..,..«.%..e;^J,

WO c wie bisher den At)stand der Centreri der beiden Kugeln darstellt.

284 Kraftwirkung zwischen zwei Kugeln. [174.

Von "diesen beiden Ausdrücken für die zwischen den Kugeln wirkende Abstossungskraft ist der erste zu speciellen Eechnungen geeigneter als der zweite; er setzt sich aus Producten der Potentiale der Kugeln und der Derivirten der Capacitäts- und Inductionscoefficieuten zusammen.

Bei der Differentiation der q nach c sind a und h als Constanten zu betrachten, somit ergiebt sich aus den Gleichungen [s. Art. 173 f)]

1 u r vo siuhasinh? A; = a sinha == h sinhß = c ^-r

.0>

h)

i)

k)

1)

dk '_ cosha coshp de sinhüi

da. sinha cosh?

de k sinhu)

cosha sinh?

de "^ k sinh u)

3(0 1

Wir finden also

* = «

^^aa _ cosli a cosh ^^aa- '^ (»c -f- 6 cosh ß) cosli (äU) a) ^ de sinh tu k ^ c sinh ^ (sto a)

-A V ^^ab cosha cosh 3 ^a6 y g cosh g et)

^ de sinhiü k ^ sinh^sw '

^^66 _ cosha coshß ^66 y (sc -f-a cosha) cosh (p -i- Sü)) ^ de '~ sinhü> k ^ csinh^CÄw -h ß)

Man gelangt zu diesen Differentialquotienten auch durch Differentiation der Reihen in a^b^ c^ welche ich unter den Gleichungen Ib), 2b), 3b) des vorigen Artikels für die q gegeben habe.

IIb)

12b)

de "" (c^-^by (c2 ^2 4- acy (c3 ~ 62 acy

^9 ab « * «2 ^3 (3 6-2 a2 /y2)

öc e^ c^(c^ a^ b^y

a3 53{ (5c2 a2 _ J2) (c2 a2 ^>2) a2ft2}

13b)

c2 (c2 «2 ^3 4- a^>)3 (c2 a2 ^>2 __ ab^

^gjb _ _ 2ab^c 2a2 63e(2c2 2a2 62) ^

"ä7 - (c3 a2)2 (c2 - a2 + 6(?)2 (c» a2 6c)2

176.] Zwei sich berührende Kugeln. 285

«

Thomson*) hat die Kraftwirkung zwischen zwei Kugeln von gleichen Radien, deren Abstand er von geringerer Grösse als den Durchmesser einer der Kugeln annahm, berechnet. Bei grösseren Entfernungen der Kugeln von einander braucht man nicht mehr als zwei oder drei aufeinanderfolgende Bilder zu berücksichtigen.

Zwei sich berührende Kugeln.

175. Zwei sich berührende Kugeln von den bezüglichen Radien a und h sollen zum Potentialniveau 1 geladeu sein und von keinen fremden electrischen Punkten influencirt werden.

Bildet man die Inversion der beiden Kugeln in Bezug auf ihren Be- rührungspunkt als Inversionscentrum, so erhält man zwei um die bezüglichen Strecken l/2a und 1/26 vom Berührungspunkt abstehende Ebenen, welche von einer Electricitätseinheit, die in diesem Punkte concentrirt zu denken ist, influencirt werden.

Die Bilder des electrischen Punktes in diesen Ebenen zerfallen in zwei Reihen, deren eine alle positiv geladenen enthält, während die andere die negativ electrisirten mnfasst.

Bezeichnet s eine ganze von qc bis -h x varürende Zahl, so sind die Abstände der positiven Bilder vom electrischen Punkt gleich s (\/a-\- !//>) und die der negativen l/a + «(l/<H- l/b) in Richtung von a.

Die Ladungen der positiven Bilder sind alle gleich 4- 1, die der negativen alle gleich 1 .

Bilden wir die beiden Ebenen wieder in sich berührende Kugejn um, so geht die Reihe der positiven Bilder in negative über, deren Abstände' vom Berührungspunkt durch

1

8

(i ■" i)

gegeben sind. Davon gehören alle Bilder Jiiit positivem s der Kugel mit dem Radius a, alle mit negativem s der Kugel mit dem Radius b an. Die Ladung jedes Bildes ist, wenn das Potentialniveau den Wert 1 hat, numerisch gleich seinem Abstand vom Berührungspunkt und, wie schon bemerkt, stets negativ.

Die positiven Bilder liegen in Abständen

1

n

1\

-h«

4-

A

a

a

h 1

*) 'Reprint of Electrical Papen , pag. 96 ff. ; W i e d e m an n FAectritität 1882, Bd. I. pag. 83. .

286 Zwei sich berührende Kugeln. [176.

vom Berührungspunkt (wobei die positive Richtung nach dem Centrum der Kugel (-4) hin gerechnet ist). Alle Bilder, für welche s gleich Null oder gleich einer ganzen positiven Zahl ist, liegen innerhalb der Kugel (Ä)^ alle, für welche /? eine ganze negative, von Null verschiedene Zahl ist, befinden sich in der Kugel (B). Die Ladung jedes Bildes ist auch hier gleich seinem Abstand vom Berührungspunkt der Kugeln, sie ist aber stets positiv.

Demnach ist die ganze Ladung der Kugel (Ä)

m

»=00 «=00

la) ^a=2i rrnr\-2

a \a b) \a b)

» = o

Für sich genommen, divergirt jede der beiden Reihen, verbinden wir aber die zwei Reihen zu einer

11») ^«=2

a^b

so erlialten wir eine convergente Reihe. Die Ladung der Kugel {H) ist

2b) ^6 = 2

ab^

,-^1 s (a -h Ä) j « -h Ä) ft }

Poisson giebt diese Ladungen in Form bestimmter Integrale. Nach ihm ist

6

1

ab c r+^ -1 ^^

u

t -?^-l

ab C »» + * —1 .„

2c) ^6 = ^äJ nr»— '^^

0

was dem Resultate nach mit unseren Reihen zusammenfällt.

Eine andere Darstellung ist {Legendr e, Traue des Forte» ElUptiqueSy II, 438)

2d) ^^=*-{7 + '^(^,)}^

r

wo

7 = 0,57712 . . ., .J-(x) = £ logr (1 + x)

gesetzt ist.

176.] Ladungen der Kugeln. * 287

Die Auswertung dieser Ausdrücke ist durch die Tafel, welche Gauss (Werke Bd. III. pagg. 161, 102) für die Function ^ berechnet hat, beträchtlich erleichtert worden.

Für die Differenz der Ladungen beider. Kugeln haben wir, wenn x = b/(a-h b) gesetzt wird,

3) E„-E, = - ^^£[iogr(.)riii-.))

ab I

a -h«Ä dx

1 log sin 7t a* j

t: ab , Tzb cot

a -{-b a-\-b

Sind beide Kugeln gleich gross, so sind ihre Ladungen einander gleich und es wird

J^J

-'a ^>6 -^^^2«(2S-1)

"" «(2.1 " 4.3-^1

^+

■••)

=-(l-Ki-^

+ f-

•i+-

■)

= a log 2

= 0, 69314718... a.

Ist die

Kugel (-4) sehr klein, so haben wir näherungsweise

E, = h.

1>)

und

2.)

Die Ladung auf (Z?) ist also so gross, als wenn {A} gar nicht existirte.

Die mittlere Dichte auf jeder der Kugeln ergiebt sich durch Division der zugehörigen Ladung mit dem Flächeninhalt der betreffenden Kugel. Für ein sehr kleines (-4) ist also

5.)

C.)

7) 9 =-—n= 1.644936 . . . <j..

Berührt also eine kleine Kugel eine grosse, so ist die mittlere Flächen- dichte der auf ihr sich verbreitenden Electricität- das 1.644936 fache der mittlem Flächendichte der Ladung der grossen Kugel.

K

=

<r

'a

47:a2

24^^ '

E,

r

1

AT.b^

47r6'

r^

288 Verfeiliing der Electricität auf einem Ellipsoid. [176.

Kugelkalotte.

176. Eines der bemerkenswertesten Beispiele von der Anwendbarkeit der T h om s 0 n sehen Methode der electrischen Inversion bietet das von Thomson selbst untersuchte Problem der Verteilung der Electricität auf einem Stücke einer Kugelfläche, das von einem kleinen Kreise begrenzt ist. Thomson teilte seine Resultate ohne Details Liouville mit, der sie. 1847 in seinem Jowrna/ veröffentlichte. Später erschienen dann auch die diesbezüglichen speciellen Rechnungen in Thomsons Electrical Papers^ Art. XV.

Es scheint dies das erste und einzige Mal gewesen zu sein, dass die electrische Verteilung auf einer begrenzten krummen Fläche bestimmt worden ist.*)

Da aber der specielle Zweck meines Buches mehr, darin besteht, Methoden auseiijander zu setzen, als Rechnungen zu wiederholen und zu verificiren, so kann ich nicht auf die geometrischen und analytischen Einzel- heiten eingehen, und muss den Leser auf das citirte Thomsonsche Werk verweisen. Ich will aber sowohl den Weg angeben, den man bei der Be- handlung von Kugelsegmenten einzuschlagen hat, als auch 'die einzelnen Resultate mitteilen.

Dazu bedarf es einer kleinen Vorbereitung.

177, Eine Kugelkalotte entsteht durch Abbildung einer Kreisscheibe, und daher müssen wir uns zunächst mit dieser beschäftigen.

Eine Kreisscheibe ist aber eine specielle Form des EUipsoids, so dass die Verteilung auf einer solchen bekannt ist, wenn man die Verteilung der Electricität auf EUipsoiden kennt.

Verteilung der Electricität auf einem Ellipsoid, Es lässt sich in be- kannter**) Methode (vergl. Art. 150) nachweisen, dass die Attraction einer von zwei ähnlichen und ähnlich gelegenen concentrischen EUipsoideuflächen begrenzten Schale auf jeden in ihrem Innern gelegeneu Punkt verschwindet. Lässt man die Dicke der Schale mehr und mehr abnehmen,' so gelangt man schliesslich zu der Conception eines auf einer Ellipsoidenfläche ausgebreiteten Agens, dessen Flächendichte von Punkt zu Punkt wie das vom Centrum auf die Tangentialebene gefällte Lot variirt. Ist also das auf dem Ellipsoid ausgebreitete Agens Electricität, dessen Flächendichte in der angegebenen Weise bestimmt ist, so wird sich die Electricität, weil sie im Innern des Ellipsoides keine Wirkung ausübt, auf demselben in Gleichgewicht befinden. Wir können also umgekehrt schliessen:

Wird die Electricität auf einem Ellipsoid durch keine anderweitigen electrischen Pole beeinflusst, so verteilt sie sich derartig, dass ihre Flächen- dichte in einem Punkte proportional dem Lote ist, das man vom Mittelpunkt des Ellipsoides auf die Tangentialebene in jenem Punkte fallt.

*) Vergl. dagegen Heine, Handbuch der Kugel/unctionen, Rd. 2 pag. 292 Anm.

Anm. d. üebers. **) Thomson und Tait, Theoretische Physik § 520. Claiisius, Mechanische Wärmetheorie Bd. II, § 19.

178.] Inversion einer Scheibe, Kugelkalotte. 289

Verteilung ' der Electricität auf einer Seheibe, Macht man zwei Axen des Ellipsoides einander gleich und lässt die dritte verschwinden, so geht dasselbe in eine kreisförmige Scheibe über, und man erhält durch Speciali- sirung des obigen Satzes einen Ausdruck für die Flächendichte der Electricität in den Punkten einer Scheibe, welche zum Potentialniveau V geladen und allen fremden Einflüssen entzogen ist.

Bezeichnet <y die Flächendichte in einem Punkte P einer solchen Scheibe und KPL eine durch P gehende Sehne, deren Schnittpunkte mit dem Grenz- kreis der Scheibe in K und L liegen, so hat man

V

1) . ^ = y

2T:^yKP, PL

178. Inversion einer electriacken Scheibe^ Kugelkalotte, Wir bilden nun- mehr die Scheibe in einer um einen Punkt Q mit dem Radius R geschlagenen Kugel ab. Die Scheibe Yörwandelt sich dann in ein Stück einer durch das Inversionscentrum Q gehenden Kugelfläche, das von einem Kreise begrenzt ist, und als Kugelkalotte bezeichnet wird.

Ist die Scheibe S' bei Abwesenheit fremder electrischer Pole zum Potential V geladen gewesen, so wird ihr Bild 5, die Kugelkalotte, sich auf dem Potential Null befinden und von einer Electricitätsmenge 7'i?, die in Q concentrirt ist, influencirt werden.

S muss als Bild einer Ebene durch den electrischen Punkt Q hindurch- gehen. Wir lösen also durch die bezeichnete Inversion .das Problem der Verteilung der Electricität auf einer Kugelkalotte, die von einem auf ihrer Oberfläche beflndlichen electrischen Punkt influencirt wird.

Eine Kugelkalotte unter dem Einfluss eines auf dem Best der Kugel- fläche liegenden electrischen Punktes. Das Resultat, zu dem man auf dem angegebenen Wege gelangt, lässt sich so aussprechen:

Liegt der Pol der Kugelkalotte in C in einem Abstände a von einem Punkte der Kante der Kalotte, giebt q die im electrischen auf der Kugel- oberfläche liegenden Punkte concentrirte Electricitätsmenge, bezeichnet d die Flächendichte in einem Punkte P der Kalotte, wie sie durch die in Q con- centrirte Electricitätsmenge dort inducirt wird, wenn die Kalotte zur Erde abgeleitet ist, so haben ^ir

2^ * ,1g JcQ^-a'

^ ^~2i:^QP^f a'i-^CP^'

WO QP^CQy CP die die Punkte C, P, Q verbindenden Geraden bezeichnen. Es muss hervorgehoben werden, dass dieser Ausdruck für <j unabhängig von dem Radius der Kugel ist, von der die Kalotte einen Teil bildet, er gilt also auch für eine ebene Scheibe.

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. I. 1 9

290 Kugelkalotte. [179.

179. Eine Kugelkalotte unter dem Einfluss beliebig vieler auf dem Best der Kugelßäche liegender electrischer Punkte, Wenn auf dem Rest der Kugel sich mehrere electrische Punkte befinden, welche die Kugelkalotte influenciren, so wird die Dichte der hervorgerufenen Electricität gleich der Summe aller durch die einzelnen Punkte inducirten Flächendichten sein. Das gilt, wie nahe auch die electrischen Punkte nebeneinander liegen, es gilt auch, wenn sie so dicht gruppirt sind, dass sie den ganzen Rest der Kugelfläche con- tinuirlich mit der Dichte p bedecken. In diesem Falle tritt an Stelle der Summation «ine Integration, die sich über den ganzen Rest der Kugelfläche erstreckt und die Flächendichte auf einer Kugelkalotte bestimmt, die sich auf dem Potential Null befindet und von einer electrischen Schicht, die mit der Dichte p auf dem Rest der Kugelfläche ausgebreitet ist, influencirt wird.

Wir isoliren jetzt das ganze System, also die Kugelkalotte sammt dem zugehörigen Rest der Kugel, und bringen es in eine andere Kugel vom Durchmesser /, die durch eine electrische Schicht, welche sich auf ihr gleich- formig mit der Raumdichte p' ausbreitet, electrisirt ist.

Innerhalb einer gleichförmig electrisirten Kugel hat aber die electrische Kraft keine von Null verschiedene Resultante. Die Verteilung der Electricität auf dem Kugelsegment wird also durch die angegebene Operation nicht alterirt. Das Potential dagegen wächst in allen Punkten, die sich innerhalb der neuen Kugel befinden, um die Grösse

an. Das Potentialniveau der Kalotte geht dadurch von Null in V über.

Legen wir die umgebende Kugel concentrisch mit der Kugel, zu der die Kalotte gehört, und lassen ihren Radius so lange abnehmen, bis sie sich unserer Kugel eng anschliesst, so gewinnen wir die Lösung unserer Auf- gabe für den Fall, dass die Kalotte bei dem Potentialniveau V sich unter dem Einfluss einer den Rest der Kugel, von der sie einen Teil bildet, mit der Raumdichte

fest bedeckenden electrischen Schicht befindet.

180. Eine Kugelkalotte im freien electrischen Feld, Nehmen wir speciell p -h p' = 0; so ergiebt sich sofort die Lösung des Problems der Verteilung der Electricität auf einer Kugelkalotte, die zum Potential V geladen ist und von keinen fremden electrischen Punkten angegriffen wird.

Bezeichnet j die Flächendichte in einem Punkte einer der Flächen der Kalotte, wenn diese sich auf dem Potential Null befindet und von dem Rest der Kugel, welche zur Dichte p geladen ist, influencirt wird, so wächst also die Dichte auf der Aussenseite der Kalotte, wenn ihr Potentialniveau zu Y erhoben wird, um p' = F/2ir/.

181.] Unbeeinflusste Kalotte. 291

Eine nähere Untersuchung lehrt, dass, wenn wie bisher / den Durch- messer der Kugel und a, r die' Entfernung des Pols der Kalotte von einem Punkt« ihrer Kante bezüglich von einem Punkte P ihrer Fläche bezeichnet, dass also die Flächendichte in einem auf der Innenseite der Kalotte ge- legenen Punkt

ist.

Die Flächendichte in dem entsprechenden Punkte P der Aussenseite der Kalotte findet sich zu

I

Bei der Berechnung dieses Endresultates hat man, abgesehen von der Inversion selbst, weiter keine schwierigeren Operationen auszuführen, als Integrationen über Teile von Kugelflächen.

181. Eine KttgeUcalotie unter dem Einflnss eines beliebig gelegenen eUcirischen Punktes, Auf die Lösung des eben behandelten Problems reducirt sich die des allgemeinern Falls, dass der eine Kugelkalotte influencirende electrische Punkt sich nicht auf dem Rest der Kugel befindet. Ich gebe den Weg, den man bei der Berechnung der dann eintretenden Verteilung einzuschlagen hat, und die Resultate, zu denen man gelangt, an.

Man geht von dem Bilde S' der Kalotte, das wieder eine Kalotte ist, in einer mit dem Radius R um den electrischen Punkt Q geschlagenen Kugel aus, nimmt in diesem Bilde Q als unelectrisch an und setzt voraus, dass die Bildkalotte das Potentialniveau qjR hat. wo q die in Q ursprünglich vor- handene Electricitätsmenge ist. Berechnet man dann nach dem vorigen Artikel die Verteilung der Electricität auf dieser Bildkalotte und invertirt sie wieder zurück in die ursprüngliche Kalotte, so wird das Potential in einem von § um r abstehenden Punkte dieser Kalotte nach Art. 162, 4) gleich (//r, verlegt man also die Electricitätsmenge q in den bisher als unelectrisch angenommenen Punkt Q^ so fällt das Potential niveau der Kalotte auf Null und sie tritt in die von unserm Problem vorgeschriebenen Ver- hältnisse. Bezeichnet man also mit jj die Dichte in dem Punkte P der ursprünglichen Kugelkalotte S und mit a' die Dichte in dem Bilde von P auf der Bildkalotte, in P\ so hat man nach Art. 1()2, 2)

n ^= -

19*

292

Influen eilte Kalotte.

(181.

Zur Durchführung der Inversion benutzen wir die beistehende Figur IG, welche einen Durchschnitt durch das Centrum 0 der Kugel, den Pol C der Kugelkalotte um den influen- cirenden Punkt Q darstellt. E, F sind im Bande der Kalotte gelegene Punkte.

Nimmt man zum Radius R der Inversions- kugel die mittlere Proportionale zu den Ab- schnitten der durch den «lectrischen Punkt Q gelegten Sehnen der Kugel, und zieht durch den bezeichneten Punkt die Sehnen EQE' \mdiFQF\so i^iE'F' das Bild von E F. Halbirt man den Bogen F'CE^' in />' und zieht die Grade D'QD, so ist I) das Bild vor />', wo eine von ,Q durch den Mittelpunkt des Randes der Kalotte gezogene Linie die Fläche der Kalotte trifft. Verbindet man ferner Q mit O und verlängert QO zu beiden Seiten, so ist H' das Bild von //.

Damit findet man für die durch die Electricitätsmenge q des Punktes Q in einem Punkte P der Kugelkalotte, der von Q durch die vervollständigte Kugel fläche getrennt ist, inducirte Flächendichte

ö) ^

wo a wie bisher den Abstand des Poles C von einem im Rande der Kalotte gelegenen Punkte bezeichnet.

Liegt P auf der Q zugewandten Seite der Kalotte, so hat man

6)

J. = 7.

q QH.QW

2r 1IH\PQ^

Electrische Probleme in zweidimensionalen

Gebieten.

182. Die Methoden, die wir bisher zur Lösung von Problemen über das electrische Gleichgewicht kennen gelernt haben, sind in den Bereichen ihrer Anwendbarkeit äusserst wirksam. So beantwortet die Methode der Ent- wickelung nach Kagelfunctionen alle Fragen, die sich auf Kugelconductoren beziehen, und noch vielseitiger und mächtiger in ihrer Anwendbarkeit ist die Methode der electrischen Bilder. Im Ganzen ist aber doch die Zahl der vollständig untersuchten von einander unabhängigen Fälle des electrischen Gleichgewichts sehr beschränkt, und so viel ich weiss, kennt man nur für Conductoren, die von Flächen zweiten Grades begrenzt sind, den Verlauf der Niveauflächen und der Kraftlinien,- wenn letztere nicht gerade ebene Curven sind.

Wir haben nun noch eine Klasse von wichtigen Problemen näher zu untersuchen, die sich dadurch charakterisiren, dass die Functionen, die bei ihrer Behandlung auftreten, zweidimensional sind, also nur von zwei Variabein abhängen.

Haben wir zum Beispiel einen Teil des electrischen Feldes zu unter- suchen, in welchem die Flächen aller Conductoren durch Bewegung von geraden Linien, die ein und derselben Axe, der der rCoordinaten, parallel laufen, gebild.et sind, und der so weit von andern Teilen des Feldes, in denen das nicht zutrifft, entfernt ist, dass man von diesen andern Teilen abstrahiren darf, so ist die Electricität längs jeder erzeugenden Geraden gleichförmig verteilt. Betrachtet man also ein Stück des electrischen Feldes, das durch zwei parallele, zur z Axe senkrechte und um die Einheit der Länge von einander abstehende Ebenen ausgeschnitten wird, so werden darin Potential und Verteilung der Electricität lediglich Functionen von X und y sein.

Bezeichnet p dxdij diejenige Electricitätsmenge, welclie in einem Raum- element enthalten ist, dessen Grundfläche gleich dxdy und dessen Höhe

294 * Cunjugirte Functionen. [1S3.

gleich 1 ist, so nennen wir p die Raumdiclitc der Elcctricität. Entsprechend ist j die Flächendichte, wenn ads die in einem Flächenelement mit der Basis ds und der Höhe 1 vorhandene Electricitätsmenge angiebt. Die Poissonsche Gleichung geht über in

Wo keine freie Electricität vorhanden ist, da tritt an Stelle dieser Gleichung die Laplacesche

Das allgemeine Problem, dessen Lösung uns lehren soll, wie die Elec- tricität in diesem Falle sich verteilt, wenn sie sich im Gleichgewicht be- findet, lässt sich so aussprechen.

Man soll eine Function V finden, die innerhalb eines durch geschlossene Curven begrenzten zwei dimensionalen Gebietes der Laplaceschen Gleichung genügt, endlich, stetig und einwertig ist, und die auf den Crrenzlinien des Gebietes constante vorgeschriebene Werte F^, Fg, . . . annimmt.

Ich glaube nicht, dass dieses Problem bisher eine allgemeine Lösung erfahren hat. Die Transformationsmethode aber, die wir iji Art. 190 kennen lernen werden, wird uns mehr specielle Aufgaben erledigen helfen, als irgend eine der für dreidimensionale Gebiete entwickelten Methoden.

Ehe ich sie auseinander setzen kann, muss ich den Leser mit den Eigenschaften der conjugirteu Functionen zweier Variabein vertraut machen.

Conjugirte Functionen.

183. Definition, Zwei Grössen a und ß heissen Conjugirte Functionen der Variabein x und ^, wenn ihre Zusammenfassung zu a + eine Func- tion von X H- iy ist.

Aus dieser Definition ergiebt sich

^ dx dy ^ dy dx '

^^^ dx^'^dy^'"^' dx^'^dy^

Zwei Functionen, die in einem conjugirten Verhältnis zu einander stehen, genügen also gleichzeitig der Laplaceschen Gleichung.

Femer ergiebt sich aus der Formel unter I) die Beziehung

^ dx dy dy dx \dxj \dy) \dx) \Cy J

188.] Conjugirte Functionen in der Electrostatik. 295

Die Gleiclmngeu a = coiist und ,3 = const stellen in der xy Ebene gelegene Curven dar. Bezeichnet man mit ds^ das Bogenstück einer Curve 3, welches von zwei aufeinander folgenden Curven a und a + da ausgeschnitten wird, und mit ds^^ das Bogenstück einer Curve a, das von zwei aufeinander folgenden Curven 3 und ? -I- rfß ausgeschnitten wird, so hat man

Die Curvensysterae a und ß schneiden einander rechtwinklig.

a und ß sind beide Lösungen der Laplac eschen Gleichung. Nehmen wir also das Potential 7= yy^-^-G^, wo k irgend eine Constante bedeutet, so genügt V der Laplaceschen Gleichung, und die Cun^en a = const stellen die Niveaulinien dar. Die zu a conjugirten Curven ? = const. geben die Kraftlinien.

Die resultirende Kraft in einem Punkte .r, y ist zufolge der Gleichung Aüter in) gleich

" [©■-(S)l-[(i)'-(l)']*

Das Flächenintegral von R in Bezug auf ein Stück der Cyliuderfläche, dessen Breite gleich der Längeneinheit ist, und dessen Projection auf die xy Ebene durch die Curve AB dargestellt wird, ist gleich

wo 3^ bezüglich ß^ die Werte von ß in den beiden Endpunkten der Cufve AB darstellen.

Zeichnet man in der xy Ebene eine Keihe von Curven a = const, in der die Differenz der Constanten zweier aufeinander folgender Curven überall dieselbe ist (so .dass die Constanten eine arithmetische Reihe bilden), und eine entsprechende Reihe von Curven ß = const , bei der die constante Constantendifferenz zweier aufeinander folgender Curven dieselbe ist ma bei den Curven a, so zerfallt die ganze Ebene bei abnehmender Constanten- differenz schliesslich in lauter kleine Quadrate, deren Seiten in den ver- schiedenen Teilen des electrischen Feldes verschieden gerichtet und ver- schieden lang sein können. Die Grösse der Seite eines solchen Quadrats ändert sich umgekehrt proportional der Grösse der resultirenden Kraft R.

Laufen zwei oder mehr äquipotentielle Linien a in sich zurück, so können die von ihnen eingefassten Cylinderflächen als Conductoroberilächen mit den bezüglichen Potentialniveaus Tj^-i-Aai, V^^-\-k'u^ . . . gewählt werden.

Die auf einem zwischen zwei Kraftlinien ßj und ßg liegenden Stück einer solchen Conductoroberfläche befindliche Electricitätsmengc ist gleich

3) ^ = ^(ß2-?i).

•1

296 Conjugirte Functionen. [184.

Die Zahl der zwischen zwei Conductoren verlaufenden äquipotentiellen Linien zeigt die Potentialdifferenz der Conductoren an.

Die Zahl der von einem Conductor ausgehenden Kraftlinien giebt die Ladung desselben.

Ich habe nun noch einige Sätze über conjugirte Functionen anzuführen, deren Beweise entweder aus den unter I) gegebenen Differentialgleichungen oder direct aus der Definition der conjugirten Functionen, welche auf der Kenntnis der complexen Grössen basirt, fliessen.

184. V. Sind x\ y' und x'\ y" zwei Baare conjugirter Functionen von ^? «0 geben die Summen x' -h x'\ y' -H y" ein Ihar ebenfalls conjugirter Functionen von ic, y.

Aus den unter I) angeführten Gleichungen des vorigen Artikels folgt

also

dx^^dy^ d3^^^.^^_^ ^^" ^ ^y" dx dy dx dy dy dx dy dx

dx dy dy dx

was mit den Definitionsgleichungen eines. coiyugirten Functionenpaars über- einstimmt.

Graphische Summation. Es sei eine Function a von r, y graphisch durch eine Reihe von Curven, deren jede einem bestimmten Werte des a entspricht, in der ^y Ebene so dargestellt, dass die Differenz 6 der Werte von a auf zwei aufeinanderfolgenden Curven überall dieselbe ist.

Ebenso sei eine zweite Function ß von x^y durch eine Reihe von Curven ß repräsentirt, in der die Constantendifferenz zweier aufeinander folgender Curven ebenfalls überall dieselbe bleibt und von derselben Grösse ö wie die Constantendifferenz bei den Curven a ist.

Verbinden wir die Schnittpunkte der Curven a und ß, a-f-5 und ß 8, a.-f-2ö und ß 2<5, so erhalten wir eine neue Curve, die durch die Gleichung a 4- ß = const repräsentirt ist. Verbinden wir ebenso die Schnitt- punkte der Curven a und ß -f- 8, a -|- ö und ß, a h- 26 und ß 6 u. s. f., so ergiebt sich die nächste Curve a -h ß -h o = const. Man erhält also eine dritte Reihe von Curven, deren Gleichungen allgemein a -h ß = const sind, die also die Summe der beiden gegebenen Functionen a und ß darstellen.

Bei der wirklichen Ausführung solcher graphischen Summationen kann man natürlich die drei Curvensysteme auf verschiedenen transparenten Papierstückeu zeichnen, man legt dann die Papierstücke mit den Curven a und ß in der gehörigen Weise übereinander und deckt darüber das Blatt, auf welches das System der Curven a -f- ß hingezeichnet werden soll.

Durch diese Methode Functionen graphisch zu summiren, kann man in manchen interessanten Fällen den Verlauf complicirter Functionen kennen lernen, wenn man die einfachem Functionen, aus denen sie zusammengesetzt sind, darzustellen vermag.

186.] Ableitung einer conjugirten Function aus gegebenen Functionen. 297

Es giebt aber noch eine andere in ihrer Anwendbarkeit weit mächtigere Methode, aus schon bekannten Lösungen der Laplace sehen Gleichung andere Lösungen abzuleiten. Sie wird aus dem folgenden Theorem deducirt.

186. VI. Sind x'\ y conjügirte Functionen von x' und y\ und x\ y' ihrerseits conjügirte FunQ^ionenvon x und y, so sind x",y" auch in Bezug auf X und y einander conjugirt.

Es ist nämlich

dx dx' dx dy' dx also nach der Gleichung I) des Art. 183

dx öy' dy dx' dy dy ' Ebenso haben wir

dx"^dx"dx' dx"dy'

dy dx' dy dy' dy also

dy dy' dx dx dx ' dx

so dass A*", y" auch in Bezug auf .r, y die beiden Definitionsglcichungen conjugirter Functionen erfüllen.

Man kann diesen Satz übrigens noch leichter aus der ursprünglichen Definition conjugirter Functionen ableiten, denn es ist

x" -h iy" =/(x' 4- iy') =/[9 (x -h iy)] = + (^ + i^)-

Als Zusatz ergiebt sich daraus:

VII. Sind x' und y' conjügirte Functionen von x und y^ so sind auch umgekehrt x und y conjügirte Functionen von x' und y'.

Graphische Darstellung, Wir benutzen x' und y' als Coordinaten in einem rechtwinkligen Axensystem und ziehen parallel den Axen horizontal und vertical in gleichen Abstanden gerade Linien, die wir durch die zugehörigen Werte der x' bezüglich y' markiren. In dem so liniirten Blatt zeichnen wir die als von x\, y' abhängig aufgefassten Curven, welche Werten von x" und y" entsprechen, die eine arithmetische Reihe bilden. Dadurch erhalten wir zwei Systeme von Curven, die das Zeichenblatt in lauter kleine Quadrate zerlegen.

Auf einem andern Blatt benutzen wir x und y als Coordinaten in einem rechtwinkligen Axensystem, liniiren wieder dasselbe parallel den Axen und zeichnen darauf die als von j:, y abhängig gedachten Curvensysteme x\ y' in ganz derselben Weise wie früher die x'\ y".

Dieses so auf dem x^ y Blatt erhaltene System krufnmliniger Coor- . dinaten x\ y' entspricht dann Punkt für Punkt dem früher auf dem x\ y' Blatt gezeichneten System geradliniger Coordinaten x'^ y'.

298 Conjugirte Functionen. [180.

Nehmen wir also eine Reihe von Punkten auf einer Curve x" des ersten Blattes und suchen die zu diesen Punkten gehörigen Werte von x\ ;y' auf dem zweiten Blatte auf, so gelangen wir zu einer Reihe von Punkten §iuf dem zweiten Blatt, die der Reihe von Punkten auf dem ersten entspricht, also auf der Transformation der Curve x" von x\ y' in x, y liegt. Führt man das für alle Curven x'\ y" des ersten Blattes» aus, so erhält man auf dem zweiten Blatte zwei neue Systeme von sich rechtwinklig schneidenden Curven, die der Form nach von den frühem Curven x'\ y" verschieden sein können, aber alle Eigenschaften conjugirter Curvensysteme besitzen, die also namentlich das ganze zweite Blatt in kleine Quadrate zerteilen.

186. Vin. Ist V eine Function von x' und y\ die ihrerseits conjugirte Functionen von x und y sind, so besteht die Integralgleichung

in der die Integrationen zu beiden Seiten zwischen denselben Grenzen auszu- fiütren sind.

In der Tat ist zunächst

cV dVcx' . dVdy'

dx dx' dx dy' dx

d''V_d^V {dx' dx^ dx'^

(dxy d^V dx' dy' d^V (dy'Y

\dx) "^ ^ hx'dy' dx dx "*" dy'^ [dx )

dVd^x' dVd^v'

dx' dx^ dy' dx

' ;ir2 >

dV_dV^dx[^ dV^ dy^ dy dx' dy dy' dy

dW d^Vfdx'V dy'

_ m' /ö^y ^ d^v d^ dj_ ö^f (dj\

8x'2 \dy) ^ - dx'dy' dy dy ^ dy'^ \dy )

aF ÖV dY d^y' "^ dx' dy^- "^ dy' dy^

Die Addition ergiebt also unter Beachtung der Gleichungen I) und II) des Art. 183

d'^V d^V

-'mmoi-'^mhitn

dx^ dy oder zufolge der Gleichung III) in Art. 183

d^V d^V dx^ dy^

_ (d^V d^V\ (d^ dy;_ _ dx^'d£\ " \dx"' "^ dy'^ )\dx dy cy dx )

187 b.] Ableitung ciuer coiiju^rten Function aus gegebenen Functionen. 299

Also CCfd^V 'd''V\, ., ff/S» 7 , d^V\{du>'dv' dx' dy'\ , _,

nach einem bekannten Satz über Transformation vielfacher Integrale. Ist V ein Potential, so dass

wird, so lautet der obige Satz auch

4) fjp(fx(/^=UpV^''c/y,

oder :

In entsprechenden Teilen zweier Systeme befindet sich eine gleich grosso Electricitätsmenge , wenn die Coordinaten in einem System* conjugirto Functionen der Coordinaten in dem andern System sind.

187a. IX. Z)/c beiden Functionen

sind einander conjugirt, wenn x^ y^ und x^^ y^ conjugirte Paare ergeben.

Die Kichtigkeit dieses Satzes folgt unmittelbar aus der leicht zu veri- ficirenden Gleichung

X-hiY = (xi-h iyi) {x^ -I- iy^) . 187b. X. ht <p eine Losung der Laplaceschen Gleichung

dx' dy^ " ' 80 sind die Grossen

-'4(S)"-(I)']

8'f 0 = arctg

Ö9

conjugirte Functionen von x und y.

Zunächst sind nämlich nach bekannten Sätzen aus der Theorie der complexen Grössen R und 9 conjugirte Functionen von d^/dx und d^/dy, diese Derivirten sind aber ihrerseits conjugirte Functionen von x^ y.

300 Inversion. [188.

Inversion in zweidimensionalen Gebieten.

18B. Als erste Anweudang der angefUhrten* Transformationsmethoden untersache ich die Inversion in zweidimeusionalen Gebieten.

Sei 0 ein in der Ebene der a: y befindlicher fester Punkt, OA eine feste Richtung undP ein beliebig gelegener Punkt ebendaselbst.

Benutzen wir Polarcoordinaten, deren Pol in 0 liegt und deren Axe in Bichtung von OA läuft, und setzen

r^OP, » = ^ OP,

so ist, wenn 0 zugleich den Ursprung eines, rechtwinkligen Coordinaten- Systems bildet, dessen :rAxe mit der Geraden OA zusammenfällt,

r == ]/x^ -h y' ' ö = arctg Macht man aber

X

80 wird

p = log ]/x^ -hy^ >

•c = ae^cosB, y = ac^sin^,

un<l p'und l> sind nach dem unter X gegebenen Satz conjugirte Functionen von X und y.

Weiter sind die Grössen p' = >ip und i>' = n{> ebenfalls conjugirte Functionen, und da n irgend eine Zahl bedeuten kann, so werden auch p' = p und 0' = {> conjugirte Functionen von x^ y sein. Wir haben dann

r' = , »' = ». r

Diese Transformirong von p und 0 in p und & ist also gleich- bedeutend mit einer Inversion unserer Figur verbunden mit einer Drehung derselben um die Axe OA durch 180*^

Wie bei der früher behandelten Inversion in dreidimensionalen Ge- bieten, haben wir auch hier entsprechend den in Art. 162 gegebenen Formeln eine Reihe von Gleichungen zwischen den einzelnen auf die ursprüng- liche und invertirte Figur sich beziehenden Grössen.

Es seien also r, r' Abstände entsprechender Punkte der beiden Figuren vom Inversionscentrum 0; S^ S' Flächeuelemente; /T, K Raumelemente; <j, j' Flächendichten; p, p' Raumdichten; e, e' Electricitätsmengen ; 9, 9' Potentiale in entsprechenden Punkten der Figur und ihrer Inversion.

Die den Gleichungen 1) bis 4) Art. lf)2 entsprechenden Beziehungen

sind dann

r 1) T =

S' «3 ^'3

K' a* r'4

S r3 a2 '

K H~a*'

189.] Electrische Abbildung:. 301

p' H a^ p a* r'* '

^-'. .

i-u

2)

3)

4)

ElectrJsche Bilder in zwcidimeQsionalen Gebieten.

189. Die Fig. 17 stellt einen Durchschnitt durch einen leitenden Cylinder vom Radius AQ = b dar, so dass A, der Mittelpunkt des gezeichneten Kreises, den Durchschnitt der Cylinderaxe mit der Ebene der Zeichnung markirt.

Wir nehmen an, dass der Cylinder zur Erde abgeleitet ist, also das Potentialniveau Null hat, und dass die Axe desselben gleichförmig mit Electricität, von der in der Längeneinheit die Menge E vorhanden sein soll, belegt ist. Wir haben dann einen speciellen Fall des Problems, das schon Art. 12G behandelt worden ist, und ^'^«- "•

finden, das Potential in einem innerhalb der Mantelfläche des Cylindcrs gelegenen Punkte P

9 = 2ii;iog^jp. und die Flächendichte auf dem Mantel des Cylinders

2-0

Die Aufgabe, die ich nunmehr mit Hilfe von electrischen Büdem losen will, soll in der Bestimmung des Potentials für einen innerhalb des Cylinders gelegenen Punkt bestehen, wenn das Potentialniveau des Cylinders nach wie vor Null ist, die electrische Linie aber aus seiner Axe parallel mit sich selbst herausgerückt ist.

Bilden wir unsere Figur in einem um einen Punkt 0 geschlagenen Kreis ab, dessen Centrum O wir in die Entfernung 0A = mb von A ver- legen, und dessen Radius a durch die Gleichung

= (w2 1) b^ gegeben sein soll, so haben wir

OA ^='-7n'= ^ also -4-4 =

OA m m

Die Ladung in dem Bilde A* von A bleibt zufolge der Gleichung 3) des vorigen Artikels dieselbe, wie sie früher in A gewesen ist.

302 Electrische Abbildung. [180.

Ferner ist Q\ der Schnittpunkt unseres Kreises mit der Secante OQ^ gemäss der Wahl, die wir für a getroffen haben, das Bild des auf unserm Kreise gelegenen Punktes §, und es folgt aus der Proportion

OQ': OA = Ä*Q':AQ, O Q' = A'Q'fn'.

Aehnlich findet man, wenn P' das Bild des innerhalb des ursprünglichen Kreises gelegenen Punktes P ist,

A'P'mb

AP=

OP

Die Flächendichte in dem Bilde Q' von Q ist zufolge der Gleichungen unter 2) des Art. IH8

E h^ AÄ^

2Tzb A'U

'2

Das Potential 9' in dem innerhalb des Kreises gelegenen Punkte P' ist nach Gleichung 4) des cltirtcn Art. ebenso gross wie das des Punktes P, dessen Bild P ' ist, also haben wir

2a) <p' = ^ = 271; (logb log AP)

= 2E (log OP' log^'P' logm).

Das entspricht aber der combinirten Wirkung einer Ladung £, die in A\ und einer imaginären Ladung E^ die sich in dem Bilde 0 von -4' in Bezug auf den ursprünglichen Kreis um A befindet, so dass die Wirkung dieser beiden durch A' bezüglich () gehenden electrischen Axen auf inner- halb der Mantelfläche gelegene Punkte ebenso .gross ist, wie die der elec- trischen durch A' gehenden Axe und der durch diese Axe in der Mantel- fläche des Cylinders um die Axe A inducirten Electricität.

Ich bestimme die Lage des Punktes P' durch Polarcoordinaten AP' r=:r, OAP' = \}^ deren Pol in A liegt, und setze zur Abkürzung

p = log^P' ~ log^», log— = Pj, = logAA' logb.

Dann wird

AP' = bt\ AA' = be^% AO==br^\ und wir erhalten für das Potential in einem Punkte mit den Coordinaten p, i>

2b) 9 = E log (<? ~ * 2 e"P« «P cos » -h c^P)

E log (c^P« 2 eP* eP cos » -t- e^P) -h 2 T^p^.

100.] Neumanns Transformation. 303

Das Potential verschwindet, wenn p = 0, das heisst, wenn r = h ist, also in allen Punkten des Kreisquerschnitts des Cy linders um die Axe A. Es stellt also ^ das Potential in den Punkten innerhalb eines inducirten Cylinders dar, dessen Mantelfläche das Potenti^Bniveau Null hat, .während parallel seiner Axe, innerhalb der Mantelfläche eine gleichförmig electrisirte Linie läuft, deren Schnittpunkt Ä' mit der Ebene unserer Zeichnung die Coordinaten p = Poi ^^ = 0 hat.

p und [> sind die in Art. 188 erwähnten conjugirten Functionen, p ist der Logarithmus des Verhältnisses des Radiusvectors eines Punktes zum Radius des Kreises, und f> ist ein Winkel.

In dem durch diese Grössen definirten Coordinatensystem ist das Cen- trum Ä der einzige singulare Punkt. Ferner ist das Linienintegral ßd^lds)dii längs einer geschlossenen Curve gleich Null dder gleich 2r, je nachdem das Centrum innerhalb oder ausserhalb der Integrationscurve liegt.

190. Neumanna Transformation*). Es seien a und ß zwei coiyugirte Functionen von x und y\ und es mögen die Curven (a) äquipotentielle Linien und die Curven (?) Kraftlinien darstellen, die in Folge der Wirkung einer halben im Coordinatfljiursprung beflndlichen Electricitätseinheit und eines in einem gewissen Abstände vom Ursprung irgendwie angeordneten electrischen Systems entstehen.

Wir denken uns das electrische System so verteilt, dass eine äqui- potentielle Curve {i^ in sich zurückläuft und abgeseheu von der halben im Ursprung concentrirten Electricitätseinheit keine weitern electrischen Punkte einschliesst. Alle Cun^en (a), welche zwischen (aj uud dem Ur- sprung liegen, sind dann geschlossene Linien, die diesen Ursprung umgeben. Die Curven (ß) schneiden sich also alle im Ursprung und treffen die Curven (a) senkrecht.

Die Coordinaten irgend eines Punktes des von a^j umfassten Gebietes sind durch die Werte der a und ß, also durch die Curven (a) und (?), welche sich in ihm schneiden, bestimmt, wandert der Punkt auf derselben Curve (a) in positiver Riclitung bis er an seine Ausgangsstelle zurück- gekommen ist, so wächst der ihn charakterisirende Wert ß für jeden vollen Umlauf um 2i:.

Es sei nun a^, der Schnitt der innern Fläche eines hohlen Cylinders mit der xy Ebene. Nehmen wir an, dass das Potential des Cylinders unter dem Einflu^s einer electrischen Linie, von der der Ursprung die Prpjection auf unsere Ebene ist, den Wert Null hat, so können wir bei der Unter- suchung des Potentialwertes in Punkten, die innerhalb der Curve a^ liegen, von dem äussern electrischen System ganz absehen. Ist dann E die Linien- dichte der Electricität auf der electrischen Axe, so ist in einem auf der Cur^T (a) innerhalb des Cylinders gelegenen Punkt das Potential

9 = 2 A' (a Oy). *) Grelle, Journal für reine und angewandte Mathematik, 1861.

304 Neumanns Transformation. [190.

Für die auf einem von den Kraftlinien ß^ und pg ausgeschnittenen Teile der Cun'C Oq inducirte Electricitätsmenge finden wir nach Art. 183, 3)

Haben wir so den Verlauf des Potentials innerhalb einer bestimmten Querschnittscurve berechnet, wenn der electrische Punkt sich im Ursprung der Coordinaten befindet, so können wir durch die allgemeine Trans- formation diesen Verlauf auch noch bestimmen, wenn der electrische Punkt irgend eine 'andere Stelle innerhalb der Querschnittscurve einnimmt, (daö heisst, wenn die electrische Linie parallel mit sich selbst aus dem Ur- sprung herausgeschoben ist) und das Potontialniveau auf der Curve gleich Null bleibt.

Denn wenn die Werte von a und ? in dem electrischen Punkt durch a^ und Pi bezeichnet werden, so haben wir für das Potential in einem Punkte a, fi nach dem vorhergehenden Artikel, wo f> wie man sieht, durch ß ßi und p durch a Oq zu ersetzen ist,

9 = Elog (l - 26«-^«'-2«- COS(p - ßi) 4- 6^^« + *'' -20^,))

J5; log (l 2 e" - cos(3 ~ ßi) -f- e^^«-«»0 ^E (a^ ~ a^).

Das Potential verschwindet für a = a^ also auf der Grenzlinie und ist in den innerhalb a^ gelegenen Punkten endlich und stetig. Nur im elec- trischen Punkte «1, ßi selbst wird das zweite Glied wie (2E\ogr')^j^Q unendlich, falls r' den Abstand eines Punktes in der nächsten Nachbarschaft des electrischen Punktes bezeichnet.

Man kann also die Greensche Function -für eine bestimmte Lage des electrischen Punktes berechnen, wenn sie bei einer andern Lage des- selben schon bekannt ist.

Die in einem, zwischen den Curven ß und ß -h rfß gelegenen Element ds^ der Curve a^ inducirte Electricitätsmenge ist, weil die Curve (ß) die Cun'e «Q senkrecht schneidet, gleich

'^^ {ii^,^'^\=^

wo dsi ein zwischen den Curven a und a-\-doL gelegenes und nach innen als positiv gerechnetes Element der Curve ß angiebt, also nach Gleichung IV) in Art. 183 .

Mit Benutzung des Potentialausdruckes für 9 wird daraus

__E^ l^g^^">-°*^

"^^"^ 21; i-2e«'— «cos(ß-ßi)-he^<««-«*^''^'

191.] Potential innerhalb eines Cylindei-s. 305

Damit können wir umgekehrt das Potential in einem Punkte a^, ßj inner- halb der geschlossenen Curve berechnen, wenn der Potentialwert in jedem Punkte der Curve als Function von ß gegeben ist, und im Innern der Curve sich keinerlei electrische Punkte befinden.

Nach Art. 97, 8b) ist nämlich das Potential in aj, ßj, herrührend von der Electricität des zum Potential V geladenen Elementes der Curve a gleich Vde^ wenn de diejenige Electricitätsmenge angiebt, welche von einer in ttj, ßi supponirten Electricitätseinheit in diesem Element inducirt werden würde.

'Ist also V das Potential in einem. Punkte einer geschlossenen Curve a als Function von ß gegeben, und liegen innerhalb der Curve keine elec- trischen Punkte, so ist das Potential der ganzen Curve auf den innerhalb derselben befindlichen Punkt a^, ßj, weil ß um 27: wächst, wenn man die Curve a in positiver Richtung einmal durchläuft, gleich

=i.r Li

2^"J 1— 2c'»

(l-_g^^«i-«a^)7rfß

•'»cosCß ßO-f-e^^"'""'^

Verteilung der Electricität in der Nähe der Kante eines von zwei Ebenen begrenzten Conductors.

191. Erstreckt sich zunächst der Conductor nach allen Seiten in die Unendlichkeit, so ist das Potential in einem von ihm um y abstehenden Punkte P

wo C das Potential niveau und a^ die gleichförmige Dichte der Ladung des Conductors angiebt.

Transformiren wir den obigen Ausdruck in Polarcoordinaten, deren Axe in der Ebene des Conductors liegt, und bezeichnen mit r = ae^ das vom Punkt P auf die Axe gefällte Lot und mit ft den Winkel, den dieses Lot mit einer von seinem Fusspunkt zu dem Fusspunkt des von P auf die Ebene gefällten Lotes y gezogenen Linie bildet, so finden wir

F= C 4:^za^^ae^ sinf^.

Die in einem an die Axe anstossenden Parallelogramm von einer Breite gleich der Längeneinheit und von einer Länge gleich ae° auf der Couductor- ebene ausgebreitete Electricitätsmenge ist

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. I. ' 30

306 Keilförmiger Condnctor. [191.

Ich führe die Transformation p = np' nnd ft = niV ein, wobei p' und ö' coiyugirte Functionen von p und f> sein sollen. Die Ausdrücke

F= C—ir!:i^ae''^'smn{}\

bestimmen dann ciuc mögliche Verteilung der Electricität.

Ersetzt man ae^ durch r, wo also r den Abstand eines Punktes von der Axe bezeichnet, und schreibt für W wieder U, so ist

T

V=C 4tc<Jo— - rsin«}^

a

y wird gleich C, wenn nb einen vielfachen Wert von r ausmacht.

Die Grösse n ist noch willkürlich, wir können sie benutzen, um uusern bisherigen Conductor abzuändern.

Die folgenden Rechnungen lehren, dass n eindeutig bestimmt ist, wenn wir annehmen, dass der Conductor von zwei halben unendlichen Ebenen eingefasst wird, die an der unendlich langen geraden Grenze* eine K«ante vom Winkel a bilden.

Der Winkel des anstossenden Dielectricums ist 2tc a.

Das Potential muss auf einem solchen keilförmigen Conducter in ent*-

sprechenden Punkten zu beiden Seiten der Kante denselben Wert haben,

und daraus bestimmt sich die Grösse n. .

Wir haben also

fi(2K a) = iT , und

IT

zu setzen. '•

Weitere Bedingungen erfordert unser Conductor nicht, daher ist

r=c-4«,„«(^]

1t »

Sin

2t:

das Potential desselben in einem durch r, 0 charakterisirten Punkt. Die Electricitätsmenge E wird

B = ao«(f)

7t

2r «

Für die Plächendichte ^ in einem von der Kante um r abstehenden Punkt des Conductors findet sich

3«— « ff =

~ Ör " 27^-a ^«V«/

192.] Keilförmiger Conductor. 307

Die Kante des Conductors kann verschieden geformt sein.

Ist a ein ausspringender Winkel, also kleiner als tz^ so ist a t: negativ, und demnach ändert sich die Dichte wie eine gewisse negative Potenz der Abstände der Punkte von der Kante -des Conductors. In der Kante selbst wird die Dichte unendlich gross, trotzdem die gesammte auf einem von der Kante bis in gewisser Entfernung von derselben reichenden endlichen Flächen - stück enthaltene Electricitätsmenge endlich ist.

Wenn speciell a = 0 ist, das heisst, wenn die Kante unendlich scharf zu- läuft, so ist die Dichte in einem Punkte umgekehrt proportional der Quadrat- wurzel aus seinem Abstände von der Kante.

Bei a = 7;/3, wo die Kante so aussieht, als ob sie einem gleichseitigen Prisma angehörte, ist die Dichte umgekehrt proportional der fünften Wurzel aus dem Quadrat^ des Abstandes.

Ist a = ic/2, 80 wird die Kante rechtwinklig und die Dichte umgekehrt proportional der Kubikwurzel aus der Entfernung.

Für a = 2i:/3 gehört die Kante einem regulären hexagonalcn Prisma an, und die Dichte variirt umgekehrt wie die vierte Wurzel aus dem Abstände.

Erreicht a den Wert r, so ist die Kante verschwunden, der Conductor erstreckt 'sich überall in die Unendlichkeit und die Dichte ist überall die- selbe.

Für 0L==4u/3 sieht die Kante so aus wie die Innenseite der Kante eines hexagonalen "Prisma, und die Dichte variirt direct wie die Quadrat- wurzel aus der Entfernung des Punktes, für den sie bestimmt wird, von der Kante.

Bei a = S'/2 bildet die Kante einen einspring^enden ' rechten Winkel, und die Dichte ändert sich direct wie die Entfernung von derselben.

Endlich bildet die Kante für a = 5ir/3 einen einspringenden Winkel von 60^, die Dichte variirt wie das Quadrat des Abstandes.

In der Natur kommt es nicht vor, dass dte Dichte in einer Kante uh- endlich wird, denn wir haben schon gesehen (Art. 55), daiss, wenn die Electricität übermässig an einer Stelle aufgehäuft wird, eine P^ntladung in das Dielectricum eintritt.

Confocale EUipseu und Hyperbeln als Niveau- und

Kraftlinien.

192. Setzt man

x^ = e^ cos^l^, yi = e^ siii ^ ,

so sind, wegen iTi + t^i = e^ ■*"* '^ die Xi und 2/1 conjugirte Functionen von cp und ^. *

20*

308 Langer flacher electrischer Cy linder. [192.

Ebenso sind unter der Annahme

ir2 = c~'cos^, ij2 = e~'^sin^,

auch X2 und 1/2 conjugirte Functionen von 9 und ^. Daraus folgt nach Theorem V, dass wenn

2 X == a-j -h jTg = C^''' + ^~'^) cos 4> , 2y = y^-\- y^ = {^ ^'~'^) si" ^

gemacht wird, auch .r und y conjugirte Functionen von 9 und ^ sein müssen.

Die Punkte a;, y, für welche 9 constan* ist, liegen auf einer Ellipse

«

'^^ -4- y" _ 1

(^-ü)- (£.-7

deren Axen <? "*"' 4- c ^ und e"*""^ e ' sind. Die Punkte x^ y, für welche ^ constant ist, befinden sich auf einer Hyperbel

x2 ?/2 __

1,

cos*-*^ sin'^^

welche 2cos^ und 2sin4' zu Axen hat.

Auf der o^Axe haben wir y = 0, also entweder 9 = 0, oder 4' = «^. Wenn 9 = 0, so ist \ = arccos j-, also reell für alle zwischen* 1 und 4- 1 liegenden Abscissen x, Ist dagegen ^ = 71-, so ergiebt sich für ^ eine quadratische Gleichung, deren Lösung eine Wurzel i/x^^j enthält. Man hat also zusamnieu

9 = 0, 4^ = arccosx

von. ir = 1 bis iF = + 1,

^l^ = 0, 9 = log(ir -h ],/a?2— 1)

fürir>4-l,

<j/ = r,- 9 = log(j/.r»--l .r)

für .r <: 1 .

Benutzen wir 9 als Potentialfunction und ^ als Stromfunction, so haben wir den Fall vor uns, dass Electricität aus den Punkten der j-Axe, welche zwischen j: = + 1 und ir = 1 Hegen,* heraus die Ebene in Richtung von -h .r nach —x durchströmt, während die ausserhalb der Greuzpunkte be- findlichen Teile der a;Axe undurchgängig für Electricität sind.

Zu den Stromlinien, welche hier Hyperbeln sind, gehört auch die ^Axe, man darf diese also ebenfalls als für Electricität undurchdringlich ansehen.

Man kann 9 auch als die Potentialfunction, welche ein langer flacher Conduotor von elliptischem Querschnitt, der bei einer Breite gleich 2 auf einer Einheit seiner Länge mit einer halben Electricitätseinheit geladen ist, hervorbringt, ansehen.

9

198.] Transformation. 309

Macht man umgekehrt ^ zur Potential-, 9 zur Stromfunction, so liat man die Lösung für den Fall, dass von zwei halben Ebenen, die derselben Ebene angehören und durch einen Zwischehraum von der Breite 2 von einander getrennt sind, die eine zum Potential tt, die andere zu dem Potential Null geladen ist.

Die Lösung dieser behandelten Fälle lässt sich auch aus der schon in Cap. X. durchgeführten Theorie der electrischen Verteilung auf Flächen zweiten Grades ableiten.

Die Curven sind auf Tafel XL abgebildet.

Strömung in zerteilten Streifen.

193. Eine weitere Transformation erhalten wir durch die Substitution

x' = b logj/a:2 + y2^ ^y^b arctg f ,

wo X und y in der im letzten Artikel angegebenen Weise als Functionen von 9 und ^ definirt sind, x' und y' sind nach dem Theorem X. conjugirte Functionen von 9 und ^. Die früheren in der jr// Ebene liegenden und auf Tafel XL abgebildeten Curven 9 und ^ werden in andere auf der x'j/' Ebene befindliche transformirt, deren Verlauf dem Leser durch die Tafel XII. vor- geführt wird.

Sind x\y' rechtwinklige Coordinaten, so gehen die Eigenschaften, die früher der x kxe zukamen, also für ^ = 0 stattfanden, jetzt auf Eeihe von der jc' Axe parallelen Geraden y' = bn'iz über, wo n' alle ganzen Zahlen durchläuft.

Den Punkten der x Axe, für welche u; > 1 war, entsprechen die Punkte dieser Schaar von Geraden, für welche x'^-0 ist. Die diesen Punkt-en zu- gehörigen Werte von 9 und ^j' folgen aus den Gleichungen

^ / /"^ *;\

1) ,j; = nit, . 9 = log (j/ d;2 1 V a;) = \og\y « * 1 -f- ^^ j.

Den Punkten der x Axe, für welche x<:l war, entsprechen die Punkte der Schaar von Geraden, für welche x' <: 0 ist, und man hat für diese Punkte

2) 9 = 0, i^ = arccos;i; = arccosß*.

Ferner gehen die Eigenschaften der ^Axe, die also für x = 0 gelten, in unserer Transformation auf eine zweite Reihe von zur x'Axe paraHelen Geraden y' = b (n' -h i) ^ über.

Für alle Punkte dieser Geraden haben cp und ^ die Werte ^^ ?== log 0^4- 1/2^1)= logVe'^-hl/e"^4-lj, ^ = (714-^)::.

310 Beschreibung der Niveau- und Kraftlinien. [193.

Man kann*) dio Curven, für welche 9 bezüglich ^ constant ist, direct durch die Gleichungen

x'^ib log J (e^'f -h c-^'P-h 2 cos2ij/), ^) ... /g^~e~^

construiren. Da aber die Figur sich in zur x' Axe parallelen Streifen von der Breite Tzb wiederholt, so genügt ihre Beschreibung für einen solchen Streifen.

y wechselt sowohl mit <p als ^ sein Zeichen, 'und wir haben darum zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem 9 oder ^ durch Null hindurch geht. Nehmen wir an, dass ^ keinen Zeichenwechsel erleidet, so zeigt die Gleichung für x\ dass die Curve ^j* = const, also

1^ sin (t -h 4*) sin (^ - tl)

5) U ^ „. ^l ^' -f-2cos24^

sin (I - ^) sin (f + +)

symmetrisch zur x' Axe liegt.

Sie schneidet die negative Hälfte der x' Axe in einem Punkte

6) x' = b]ogcos^,

wo 9 = 0 ist, senkrecht und läuft schliesslich für grosse Werte des 9 der x' Axe parallel. Die Werte des 4' liegen entsprechend den Grenzwerten 0 und ±:jzb/2 yon y' zwischen 0 und r/2.

«

Die positive x' Axe gehört mit zu den ^ Curven.

Die Curven 9 = const schneiden die eben behandelten ^ == const senk- recht und liegen in dem Intervall 9 = 4-00 bis 9 = 00.

Ihre Gleichung ist

1^ tgh8cp-tg2|^

7) . 2e * = cosh 2^ 4- --^ / '

tgh2 9 + tg2|-

Nun haben wir gesehen, dass d^e ^^ Curven symmetrisch zur positiven x' Axe liegen, eine Curve, welche alle ^ Curven orthogonal schneidet, läuft also ebenfalls symmetrisch zur x' Axe , wie das auch direct aus der ge- gebenen Formel für die 9 Curven folgt. Bezeichnen wir eine solche Curve, die zu dem System der 9 Curven gehört, durch PQH^ wo P auf der Linie y' = -\-i:b/2^ Q auf der //' = 0, also auf der x'Axe und R auf der Linie y' = 1:6/2 liegt, und setzen auf dem Stück PQ den Wert von 9 gleich c, so muss er auf dem Stück QB gleich c sein. Im Punkte Q erleidet

^) Das Folgende bis zum Schluss des Artikels ist mit geringen Abänderungen vom englischen Herausgeber, Herrn Dr. Niven, hinzugefügt. Anna. d. Cebers.

106.] Strömung in zerteilten Streifen. 31 1

also 9 einen Sprung von -h c auf— c. In Art. 195 wird sich zeigen, durch welche electrische Verteilung ein solcher Sprung verursacht wird.

Die Curven ^ und 9 sind auf der Tafel XII. verzeichnet. Das oberste Drittel der Figur ist eine Wiederholung des untersten Drittels und fortzu- denken, da schon die beiden ersten Drittel' das Intervall y = Trft/2 bis ^' = 4- Tzhji enthalten.

Wir nehmen zweitens an. dass 9 sein Zeichen stets beibehält und ^ mit y sein Zeichen wechselt.

Dem Werte 9 = 0 entspricht als 9 Curve die negative x' Axe und dem Werte 9 = oc eine zur x' Axe senkrechte, in der Unendlichkeit liegende Linie. Längs einer 9 Curve PQ R ist 9 constant und positiv.

Aehnlich wie im vorigen Fall 9 erleidet jetzt 'J^ auf einer ^ Curve beim Durchgang durch die negative x' Axe dadurch einen Sprung , dass der Wert von ^ plötzlich Ins Entgegengesetzte umschlägt.

Die physikalische Bedeutung dieser Discontinuität wird aus den Erörte- rungen in Art. 197 erhellen.

194. Ich mache erst eine electrodynamische Anwendung dieser Er- gebnisse. Benutzt man 9 zur Bestimmung des Potentials und ^ zu der der Stromlinien, so haben wir den Fall eines unendlich langen Met^allstreifens von der Breite r.b, dessen in Eichtung der positiven x' Axe laufender Teil durch einen vom Ursprung ausgehenden, parallel der ic'Axe gerichteten, nicht leitenden Canal (etwa durch einen Schlitz in dem Streifen hervor- gebracht) in zwei Hälften geteilt ist.

9 und ^ bestimmen dann Potential- und Strodilinien, wenn ein electrischer Strom in der Unendlichkeit in die eine Hälfte des positiven Teiles des Streifens ein- und durch die andere Hälfte dieses Teiles in der Unendlichkeit wieder austritt.

Ist umgekehrt ^ Niveau- und 9 Stromfunction, so haben wir die Lösung für den Fall, dass ein Strom im Allgemeinen in Kichtung der j/' Axe durch eine Schicht Hiesst, welche durch nichtleitende Canäle zer- schnitten ist, die alle von der y' Axe ausgehen und parallel mit der nega- tiven x' Axe in die Unendlichkeit verlaufen.

Eine einseitig begrenzte Platte zwischen zwei unendlichen

Ebenen.

196. Wichtiger noch ist die Anwendung der obigen Formeln auf zwei electrostatische Fälle, die sich ergeben, je nachdem man ^ oder 9 als Potentialfunction wählt. Es sei ein Conductor in Form einer ebenen Tafel gegeben, die sich nach einer Seite hin in die Unendlichkeit erstreckt und nach der andern Seite durch eine gerade Kante begrenzt ist.

Wir verlegen die Tafel in den positiven Teil der jc' 2' Ebene, lassen die x' Axe senkrecht zur Kante stehen und bringen über und unter ihr in den

312 Condensator aus drei Platten. [196.

Abständen -Rbß zwei leitende, unendlich grosse Ebenen hin. Das Potential ^ ist dann auf der Tafel gleich Null und auf den beiden Ebenen gleich i:/2.

Die in einem Streifen von der Breite 1 und der Länge x*2 ^'i auf der Tafel enthaltene Electricitätsmenge, ist -zunächst nach Art. 183, 3) gleich (<P2 ?i)/'*^- Machen wir also u?'i = 0, ^'2=^<'5 so haben wir für diese Electricitätsmenge nach der Formel 1) des vorigen Artikel

1) £ = ^log(.»+/«*-l).

Ist a, die Breite des Streifens, sehr gross im Verhältnis zu &, dem Quotienten aus dem Abstände der beiden die Tafel einfassenden Ebenen und aus ir, so wird

h

oder

a -+- Mog 2

h) ^ =

4 TT^

Die Ladung unserer Tafel ist bei der tatsächlichen Verteilung grösser, als sie sein würde, wenn die Electricität sie gleichförmig mit der Dichte bedecken würde, welche auf der Tafel in einiger Entfernung von der Kante herrscht.

Ein Streifen von der angegebenen Art hat also bei der tatsächlichen Ver- teilung ebensoviel Electricität als ein um ilog2 breiterer Streifen bei der gleichförmigen Verteilung.

In der Tafel XIL sind die Niveau- und Kraftlinien für den supponirten Fall einer gleichmässigen Verteilung der Electricität, wenn die beiden ein- fassenden Ebenen gleichfÖnnig electrisirt sind und allseitig sich in die Unendlichkeit erstrecken, durch die punktirten Linien dargestellt. Man sieht, dass beide Liniensysteme aus Geraden bestehen. Die horizontalen geben die Durchschnitte der Niveauflächen mit der Platte, die verticaleu die Kraftlinien.

196. Condensator aus drei Platten, Man wendet in der Praxis manch- mal electrische Condensatoren arr, die man sich in 'der oben angegebenen Weise dadurch herstellt, dass man eine Platte zwischen zwei andere bringt, welche sie weit überragen. Ist dabei der Krümmungsradius der Begrenzung der Mittelplatte gross im Verhältnis zu dem Abstände der einfassenden Platten, so darf man die Begrenzung als geradlinig auffassen und die obigen Formeln anwenden.

Man bestimmt also die Capacität der Mittelplatte des Condensators dadurch, dass man ihren Flächeninhalt durch einen um den Rand herum- gelegten Streifen von der constanten Breite ^log2 vergrössert, und dann unter Annahme, dass die Electricität mit der Dichte, die man auf der Platte

196.] Correction für die Kante und die Dicke. 313

iu einiger Entfernung von der Kante antrifft, verteilt ist, die gesammte auf

der vergrösserten Platte enthaltene Electricitätsmenge berechnet. *

Bezeichnen wir mit B den Abstand der umfassenden Platten, mit Ä

den wahren Flächeninhalt der Mitt^lplatte und mit L die Länge ihrer

wahren Begrenzung, so ist wegen der Beziehung izb^^ B die Breite des

hinzuzufugenden Streifens

a,) a = log2,

der vergrösserte Flächeninhalt also

1t

woraus sich die .Capacität der Mittelplatte ergiebt zu

Correction für die Dicke der Blatte, Bei diesen Bechnungen ist von der Dicke der Mittelplatte ganz abgesehen worden, im allgemeinen wird man sie aber nicht gegen den Abstand der einfassenden Ebenen vernach- lässigen dürfen. In einiger Entfernung von der Kante wird die Dicke überall dieselbe sein, an der Kante selbst aber, die wir uns als abgerundet vorzustellen haben, wird sie stark variiren.

Man gelangt daher tw, genauem Resultaten, wenn man die Oberfläche der Platte nicht wie bisher mit der vermittelst der Curve ^ = 0 charak- terisirten Niveaufläche, sondern mit der durch die Curve + = <}'' bestimmten confimdirt.

Ist 3 die Dicke der Platte, so haben wir /;<{;' = p/2 zu setzen. Die Lage der Kante ergiebt sich aus der Bemerkung, dass für sie tf' = 0 ist, die Kante geht also durch einen Punkt x' der x' Axe, der nach Art. 193, 6) durch die Gleichung b) x' ==b log cos^/

bestimmt ist.

<p hat in dieser Kante den Wert Null und in einem Punkte x =^a den Wert (a -h Ä log 2)/^. Daraus folgt, dass die Electricitätsmenge unserer Platte gefunden wird, wenn man ihr ausser dem frühern Streifen von der Breite (Zi?log2)/it noch einen von der Breite (B\ogcosr.[i/2B)/Tz hinzufügt.

Im ganzen ist also die Platte um

aj) «. = ^ (log 2 + log cos ll) =|- log(2 cos||)

ZU verbreitern.

Die Electricität ist dann überall als gleichförmig mit einer Dichte, welche in einem in einiger Entfernung von der Kante der Platte befind-

314 Fläch endiclite in der Nähe der Kante. [196.

liehen Punkt angetroifen wird, ausgebreitet zu denken, und man hat die Capacität

^^ 2r.B~'2B

Dichte der Electricität in der Nähe der Kante, Allgemein ist die Flächehdichte in einem Punkte x' der Platte nach Art. 193, 1) gleich

X'

3) .-ife-iiV.K.(.^+)/.T_,) = "

4:: dx' Ar^Cx^

1 1 1 / -Ef 1-lf \

Der Klammerausdruck nähert sich rasch mit wachsendem x\ also mit wachsender Entfernung von der Kante, der 1.

Die bei der Berechnung der Electricitätsmenge anzunehmende Normal- dichte ist also gleich 1/4-6, und die wahre Dichte in einem Punkte, der sich in einer Entfernung n a = /i 6 log 2 von der Kante befindet (dessen Ent- fernung von der Kante n mal so gross ist wie die Breite des ersten hinzu- zufügenden Streifens), ist nur noch um den l/2^*"^^ten Teil der Normal- dichte grösser als diese Normaldichte.

In ähnlicher Weise berechnet sich die in Punkten der einfassenden Ebenen herrschende Dichte der Electricität aus der Gleichung 3) in Art. 193 zu

4) ^ --

} 6 * 4-1

Für x' = 0 ist diese Dichte das 2~^ fache der Normaldichte 1/4 ir^.

Für x' = noL ist sie um den 1/2^""^^ ten Teil der Normaldichte kleiner als diese.

Für x' = na ist sie das 1/2" fache der Normaldichte.

Man gewinnt durch diese speciellen Resultate ein Kriterium für die bei Platten von endlicher Ausdehnung oder bei Platten, welche in nicht zu grosser Entfernung von ihrer Grenze einige Unregelmässigkeiten auf- weisen, durch die obige abgekürzte? Berechnung erlangte Genauigkeit.

Ganz so wie in dem eben behandelten Fall verteilt sich. die Electricität auch, wenn man eine unendlich grosse Anzahl von ähnlichen Platten, die sich in gleichen Abständen ß auf einander folgen, hat, deren Potential- niveaus abwechselnd ■+■ V und V sind.

197.] Parallele Ilalbebenen. 315

Eine Reihe paralleler Halbebenen.

197. Wählen wir zweitens <p zur Potentialfunction, so gelangen wir zu der Lösung eines Problems, *das sich auf eine unendliche Anzahl von leiten- den Ebenen bezieht, welche einander in Intervallen B = Tzb folgen, der x'z' Ebene parallel in Richtung der negativen x' laufen und nur durch die Schnittlinien mit der ^r' Ebene begrenzt sind, wenn das Potentialniveau aller dieser Halbebenen gleich Null ist.

Für eine im Abstände ij = mzh von der x' z' Ebene in der Verlängerung einer Ebene jener Schaar liegende Ebene haben wir

und für eine andere durch die Mitte zwischen dieser und der folgenden hindurchgehende Ebene

2) y' = b(n-h i) IT, x' = b logi (e^ - e"').

Die Curve <p = const verläuft also wie eine in der x't/' Ebene liegende Wellenlinie.

Ist 9 sebr gross, so ist der mittlere Abstand der zugehörigen Wellen- linie von der y'Axe näherungsweise

3) x' = a = b(f^'^ log 2).

Die Amplitude der Undulation zu einer Seite der Wellenaxe ist gleich

4) iZ> = iftlog _

e^ e ^

m

also für grosse Werte von ^ gleich

40 D^r=2be-^'^,

In der grossen positiven Entfernung a von der y' Axe nähert sich die Wellenlinie einer Geraden.

Denken wir uns durch x'=a senkrecht zur a;' 2' Ebene eine leitende Ebene gelegt, die ein bestimmtes Potentialniveau hat, das sich von dem Potentialniveau -der Conductoren unterscheiden kann, so ist, weil allda ^<P = aH-61og2 ist, die Flächendichte der in. dieser Ebene inducirtcn Electricität ebenso gross, wie wenn die Electricität durch eine der fraglichen Ebene parallele, im Abstand a = b\og2 von den Kanten der electrischen Ebenen auf der Seite der negativen x' befindliche und zu dem Potential dieser Ebenen geladene Ebene inducirt wäre.

Ist noch B der Abstand zweier auf einander folgender Ebenen, so haben wir

a = -log2.

316 Eine plane und eine gewellte Ebene. [108.

Die Flächendichte auf den zur x'2:' Ebene parallelen clectrischen Ebenen findet sich aus der Gleichung

nach Art. 193, 2) zu

5)

1

1

' '^"J

2X'

Auf einer in beträchtlicher Entfernung von den Kanten unserer Reihe von Ebenen befindlichen Ebene ist die mittlere Dicht«

1

^ ~ 1 T' 4 7:0

sie ist also das j/2^* 1 fache der auf einer der electrischen Ebenen in der n fachen Entfernung na = «5 log 2 von ihrer Kante herrschenden Dichte.

Eine plane und eine gewellte Ebene.

198. Wir betrachten nun den Raum zwischen zwei äquipotentiellen Flächen, deren eine durch parallele Berge und Thäler wellig gebogen ist, während die andere in der Entfernung a?' = a von den Kanten der electrischen Ebenen befindliche mit einer Ebene confundirt werden darf.

Bezeichnet D die Tiefe der Wellen einer bestimmten Niveaufläche von der Spitze bis zur Sohle gerechnet, so haben wir das zugehörige

IN 11 ^*-+-l

1) ? = -ilog-^

Ist <& das Potential auf der Niveaufläche x' = a, die wie eine Ebene zu behandeln ist, und <p das Potential einer andern Niveaufläche, so ist, weil die Ladung der Flächeneinheit jener Ebene gleich l/ir.b ist, die Capacität derselben in Gegenwart der zweiten Niveaufläche

2) C= ^

Wir setzen das gleich ^'^ ^'=^4 7r(^-ha')

109.] Eine plane und eine gewellte £bene. 317

und erhalten

a) -4. 4- a' == ^> (O <p).

Verstehen wir nunmehr unter A den Abstand der Wellenspitzen der zweiten Niveaufläche von der ersten als Ebene zu betrachtenden, dann ist nach den Gleichungen unter 1) und 2)

A + x'=A + h logi (.''? 4- e~ ^) = a A (<& log 2), also haben wir

b) a' = ^9 + ft [log2 + logi {e^ -h c"')]

= Z»log(l+e~^')

= 6 log —^,

1-4-e *

und das bedeutet, dass die Capacität des aus einer planen und einer ge- wellten Ebene bestehenden Systems von Niveauflächen ebenso gross wie die zweier paralleler von einander um A -\-oJ abstehender Ebenen ist, wenn A die mittlere Entfernung unserer beiden Niveauflächen angiebt und

gemacht wird.

a' = *log -^

1-f-c fr

Durchfurchte Flächen.

199. Dem obigen zufolge ist also die Capacität einer Ebene in Gegen- wart einer andern grösser, als diejenige einer gewellten Ebene in Gegen- wart einer andern Ebene. Bringt man also in einen durch eine Ebene begrenzten Conductor eine Furcht an, so wird seine Capacität in Gegenwart eines andern ebenen Conductors verringert. Von je mehr Furchen einer der Conductoren durchzogen wird, desto kleiner ist seine Capacität im Verhältnis zu der Capacität, die er haben würde, wenn er ganz eben wäre. Die Ver- ringerung der Capacität durch n Furchen ist aber kleiner als das n fache der Verringerung durch eine Furche, so dass die Capacität verhältnismässig um so weniger abnimmt, je mehr Furchen man zieht; denn da die durch- schnittliche zwischen den Conductoren wirkende electrische Kraft bei mehr- facher Durchfurchung eines derselben kleiner als bei einfacher Durch- furchung ist, so wird die Induction in eine Furche durch die Existenz anderer Furchen verringert.

Bezeichnet man mit L die Länge, mit B die Breite und mit D die Tiefe einer Furche in einem der um A von einander abstehenden Conductoren,

318 Gefurchte Flächen. . [200.

SO ist die Capacität eines Flächcnsfückes S des gegenüberstehenden Con- ductors

^ S LB LB S LB a'

Das Glied LBo.' IAt.A{A -{- oJ) bezeichnet die Correction, welche nach der Durchfurchuug an die ursprüngliclie Capacität anzubringen ist, um die dem neuen Zustand entsprechende Capacität zu erhalten.

Ist A sehr gross gegen B oder a', so wird nach der Gleichung b) im vorigen Artikel

r. S ^- B\ 2

4:T.A 4712 ^2^-6 _^D

1-f-e «

Wird D = (x>^ so geht die Furche i?i. einen durch den glänzen Conduc- tor führenden Schlitz über, und die Capacität wird

^2) . ^-4^-T^A^^'^'^

S B^

= -r— 7 - 0,01 7557G -72 />.

47: -A ' A^

Abäaderuiij? der Conductoren durch Rotation.

200. Cylindrisch gebogene Platten. Wir suchen mit Hilfe der obigen Ergebnisse die electrische Verteilung in einer Configuration zu bestimmen, welche durch Rotation unserer Halbebenen um eine Axe y' = R entsteht. Die ebenen Platten gehen in cylindrisch gekrümmte über und die gewellten Niveauebenen bleiben gewellte Ebenen, ihre Canellirung wird aber kreis- förmig.

Die Poissonsche Gleichung erhält für diesen Fall die Form

82F ^ 1 tV _

Setzen wir F gleich unserer frühem Function 9 (Art. 193), so wird

_ i_ ^ L?

Nimmt man also an, dass neben der auf Flächen in der früher Art. 197, b) bestimmten Weise verteilten Electricität von der Dichte a noch eine Raum- verteilung von der durch obige Gleichung angegebenen Raumdichte p existirt, so kann man alle frühern Rechnungen und Resultate beibehalten. Die Figur auf Tafel XII. repräsentirt also auch für diesen Fall den Verlauf der üijui potentiellen Linien.

200.J Cyliiider. 319

Eiue nähere Betrachtung dieser Figur lehrt aber, dass d^l^y^ abge- sehen Yon den Kanten der Platten, verhältuissmässig klein ist, so dass die neu einzuführende Verteilung von Electricität als lediglich auf diese Kanten beschränkt angesehen werden darf, und näherungsweise als das erscheint, was wirklich vorhanden ist, nämlich als eiue Flächenladung.

Das Integral E =jy^dx' dy' von / = 0 bis y'=^T. b/2 und von a-'= bis x' = -{- oc- giebt demnach die gesammte Ladung, die einer Seite der Platten wegen der eingeführten Krümmung hinzugefügt werden muss.

Man hat aber cr^/dy' = c^ldx' und szh = B, also

JB s

0 CO 0 «0

^^ij^i-y^+^-o-'^'-*)^^^'

oder nach Art. 11)3, 4) '

2

0

""8 HB ^^^ 2R

^ _l_S ]_B^ 32 R "^ 192 R'^ "^

Das giebt die Hälfte der gesammten Electricitätsmengc , die man in dem Räume zwischen zwei aufeinanderfolgenden Cylinderflächeu von den Radien R und R-{-B/'2 für die Längeneinheit des Umfangs zu verteilen hat. Sie ist, wie ich bemerkt habe, fast nur an der Kante einer Fläche fühlbar und kann, ohne dass die Wirkung dieser Fläche auf die gegenüber- stehende alterirt wird, gänzlich auf ihr condensirt gedacht werden. Man darf also auch die Atstossungskraffc" zwischen den Flächen unter Annahme einer solchen Flächenverteilung der hinzukommenden Electricität berechnen.

Vor der Rotation war die gesammte auf einem unendlich langen Streifen von der Breite 2=1 auf der positiven Seite einer Platte enthaltene Elec- tricitätsmenge (Art. 193, 4)

o

8

ap

320 Theorie des Thomson sehen Schutzringes. [201.

Nach der Rotation wird also die entsprechende gesammte Ladung einer Cylinderfläche vom Radius R näherungsweise das (1 4- ^ ^/^) fache der frühern.

Kreisscheibe zwischen zwei unendlichen Ebenen. Aehnlich erhält man für die Capacität einer Scheibe vom Radius /?, die sich mitten zwischen zwei unendlichen Platten, deren Abstand von einander ß beträgt, befindet,

C=^ + log2-h-2-

Theorie des Thomson sehen Schutzringes.

201. In einigen der von W. Thomson construirten Electrometer be- findet sich gegenüber einer breiten ebenen, zu einem gewissen Potential geladenen Platte, in einer Entfernung A eine ebene Scheibe vom Radius 7?, welche von einem breiten Ring, dem Schutzring, mit dem innern Radius R' concentrisch umgeben wird. Scheibe und Ring werden beide auf dem Potential Null erhalten.

Bei der Entwickelung der Theorie dieses Systems von Conductoren kann man, Scheibe und Ring zusammen genommen, wie eine Ebene betrachten, welche von einer kreisförmigen Furche, deren Tiefe unendlich gross und deren Breite B = R' E ist. Diese gefurchte Ebene befindet sich dann einer andern Ebene gegenüber.

Setzt man voraus, dass die Electricität auf der Scheibe gleichmässig ver- teilt ist, so ist die Ladung derselben, welche von dem Potentialniveau 1 der Platte hervorgerufen wird, nach Art. 124 gleich R^AA,

Weiter kann man die Ladung an einem Rande einer geraden Furche von der Breite /?, der Länge L und einer unendliöh grossen Tiefe durch die Anzahl der Inductionslinien messen, welche von der Platte ausgehend, in diesem Rande ihr Ende finden. Unter Beachtung der in Art. 107 und 198 geführten Untersuchungen erhält man diese Ladung

oder, weil für 4> = 1, <p == 0 das & = -4 4- a' wird und L=2'R ist,

RB

£' = i

a'

In unserm Fall ist die Furche kreisförmig, nach Art. 200 haben wir also den obigen Ausdruck noch mit 1 4- 5/27?. zu nmltipliciren. Wir erhalten dann für die Gesammtladung der Scheibe

,, R^ 1 RB (^ Ii\

202«] . Eine halbe und eine ^anze Ebene. * 321

oder zxrfolge des Wertes von B

^^) ^= SA -^ HA Ä--^'

Die Grösse

B

2) a' = log

ist nicht grösser als (ßlog2)/ir, ist also näherungsweise gleich 0,22 J5.

Wenn demnach B verhältnismässig klein gegen A oder E ist, so erhält man durch die obige Formel einen genügenden Ausdruck für die in Folge ihrer Potentialdifferenz gegen die Platte auf der Scheibe durch In- duction hervorgerufene Flectricitätsmenge.

Das Verhältnis von A zu R ist keiner Beschränkung unterworfen; da- gegen muss der Radius der Platte sowohl wie der des Schutzringes den Kadius der Scheibe um ein möglichst grosses Multiplum von A übersteigen.

Eine halbe Ebene gegenüber einer ganzen Ebene.

»

202. Ich schlage auch hier den entgegengesetzten Weg ein, indem ich erst einen gewissen Ausdruck für das Potential aufstelle,. jind dann die zu- gehörigen Conductoren bestimmt. Dabei folge ich dem Gedankengange, der Helmholtz leitete, als er in seiner Abhandlung über discontinuirliche Flüssigkeitsbewegungen*) die Coordinaten als Functionen des Potentials und der diesem conjugirten Function darstellte.

Man überzeugt sich leicht, dass

ir^ = Ät^ cos ^ ^ 1/2 = ^^ fi^ ^i^^^ zwei Paare conjugirter Functionen von 9 und ^ sind. Setzen w^ir also

* 2) ^= ^^ 4- ^e'^sinij; ,

so sind X und 1/ conjugirte Functionen von 9 und ^ und umgekehrt auch 9 und ^ conjugirte Functionen von x und y.

Wir verstehen nunmehr unter x^y rechtwinklige Coordinaten, unter k eine Constante und unter k^ ein Potential, dem kr^ conjugirt ist.

Machen wir, um zu erfahren, welchem System von Conductoren k^ als Potential zugehört, zuerst <J< = 0, so wird y=0; die 2*2 Ebene ist also eine äquipotentielle Fläche vom Potentialniveau Null.

Setzen wir ferner ^^ = tt, so wird y=AT.^ x = A(^ e'^).

♦) Abb. d. Kgl. Acad. der Wissenschafien zu Berlin, 18C8, April 23. Maxwell, Electricität u. Magnetismas. I. 21

322 Eine halbe und eine ganze Ebene. [202.

«

Durchläuft; also 9 alle Werte von oc bis 0 und dann von 0 bis -h « , 80 variirt a: von 00 bis A und von A zurück bis oc .

Die äquipotentielle Fläche Ä:<^ = ä: -. ist also eine der icc Ebene parallele Ebene, welche vom Coordinatenursprung um die Strecke b = A'!: entfernt ist und bei x = x und j: = A von geraden Linien begrenzt wird.

An der Kante dieser Niveauebene, wo x=—A ist,' haben wir 9 = 0, in einer Entfernung a von der Kante, wo x den Wert (A-^a) besitzt, berechnet sich 9 aus der Gleichung

-(.4 + a) = ^(9-«^).

Diese Gleichung giebt aber zwei reelle Werte für 9, einen negativen 9^ und einen positiven 92, die entgegengesetzten Seiten der Niveauebene k^ = kT: zugehören. Daher ist die Electricitatsmenge auf einem Streifen, der von den vier Linien ^r = A^ x= -^(A-h a\ r = 0, z = c eingefasst wird, nach der hierher gehörigen Gleichung in Art. 183 gleich nk^^^/iTz auf der einen, und gleich c/r 92/41: auf der andeni Seite. Weil 91 negativ und 92 positiv ist, sind beide Seiten des Streifens positiy geladen, und die ganze Electricitätsmehge des Streifens beträgt

3,x c fe (92 - 9O

Die Gleichui\g für 9 ist transcendent, als Näherungswerte ihrer Wurzeln erhält man

a .

^) ?2 = log|-J + l+92J = log{j + 14-log(j + l + log(-^+l + ...}.

Ist a so gross gegen -4, dass man e~"^^ schon vernachlässigen darf, so wird

Die Ladung auf der negativen Seite des Streifens ist dann ebenso gross, wie die Ladung, die der Streifen auf dieser Seite haben würde, wenn seine Breite nm Ä = h/r. vergrössert und die P^lectricität auf ihm mit der Dichte, die sie in der Wirklichkeit erst in einiger Entfernung von der Kante hat, gleichförmig ausgebreitet wäre.

Die Capacität beider Seiten des Streifeus der Niveauebene lc^ = kT. ist

und da die gesammto Ladung gleich CV ist, wo T' das Potentialniveau angiebt, so haben wir für die Attraction des Streifens gegen die ganze

204.3 Potential eines firahtes. 323

Niveauebene 2/ = 0, wo ^ = 0 ist, für verhältnisgrosse Werte von a/Ä den Ausdruck

Die Figur auf Tafel XTTT. enthält die auf diesen Fall bezüglichen Niveau- und Kraftlinien.

Theorie des Schutzgitters.

203. Das Problem der Electricitätsverteilung auf einem von parallelen Drähten gebildeten Gitter hat für die Praxis eine gewisse Bedeutung, weil solche Gitter häufig verwendet werden, um Köri)er gegen die Influenz anderer Körper zu schützen.

Am einfachsten hält man von einem Körper die Influenz ab, wenn man ihn in ein ihn vollständig einschliessendes und nirgend berührendes Metall- gefäss bringt, das sich mit ihm auf demselben Potentialniveau befindet. Da aber der Körper dann für den aussensteheöden Experimentator unsichtbar wird, so ist man gezwungen, in das umhüllende Gefass eine Oefi'nung zu bohren, die man, um die schützende Wirkung des fortgefallenen Metall- stückes zu ersetzen, mit einem Gitter von parallelen Drähten schliesst.

Wir haben nun zu untersuchen, inwiefern ein solches Gitter die schützende Wirkung eines Metallstückes wirklich zu ersetzen vermag.

Das Gitter soll aus einer Reihe feiner paralleler und in einer Ebene in gleichen Abständen angeordneter Drähte bestehen. Die Intervalle zwischen den Drähten sollen sehr gross gegen die Durchmesser der Drähte, aber verhältnismässig klein gegen die Entfernung des dem Gitter nächsten elec- trischen Körpers sein.

204. Das Potentialniveau eines geraden dünnen Drahtes von unendlicher Länge, der auf einer Längeneinheit die Electricitätsmenge X enthält, ist nach Art. 120 in einer Entfernung r' von seiner Axe

7= 2Xlogr'-f-C.

Füliren wir Polarcoordinaten (s. Art. 191) r, i) ein, deren Axe in der Einheit der Entfernung von der Axe des Drahtes parallel mit dieser läuft,

so haben ym r'2 = 1 - 2r cos!) -h r».

Laden wir die Coordinatenaxe selbst mit Electricität, so dass sich auf ihrer Längeneinheit die Menge X' befindet, so geht das Potential im Punkte r, 0

über m ^^ _ ^ ^^^^^ _ 2^. cosf) -+- r^) - 2X' logr -i- C.

ai*

324 Schutz^tter. [204.

Setzen wir endlich a) r = e *, 0 =

a

und yerstehen unter x und p rechtwinklige Coordinateu, so giebt nach der Theorie der conjugirten Functionen der Ausdruck

1 2c ** cos-^+ß** J 2X'log« « -hC

das Potential in dem Punkte x,y^ herrührend von einer unendlichen Reihe feiner Drähte, die alle in der .r z Ebene parallel der z Axe laufen, die x Axe von Null angefangen in lauter gleiche Intervalle a zerschneiden, und die alle mit derselben Electricitätsmenge X auf der Längeneinheit geladen sind.

Das Glied mit dem Factor X' zeigt eine Electrisirung an, welche in Rich- tung der ^Axe eine constante Kraft 4irX7a ausübt.

Die Figur auf Tafel XIV. zeigt die in einer zu den Drähten senkrechten Ebene liegenden Niveau- und Kraftlinien für den Fall, dass X' = 0 ist.

In der Nähe der Drähte sind die Niveauflächen nahezu Cylinder, so dass die obige Lösung auch noch gilt, wenn die Drähte durch cylindrische Stäbe gebildet werden. Doch darf die Bedingung, dass ihre Abstände von einander sehr viel grösser als ihre Durchmesser sind, nicht verletzt werden.

In genügender Entfernung von den Drähten gehen die äquipotentiellen Flächen in Ebenen über, die sich parallel der Ebene des Drahtgitters erstrecken, also die ^Axe senkrecht schneiden.

Auf einer Ebene ^ = ^i ist also, wenn b^ verhältnismässig gross gegen a, den Zwischenraum zwischen zwei Drähten, ist, näherungsweise

1,) Fi = -i^(X + X') + C.

Aehnlich haben wir für i/ = b^^ wo b^ eine positive und gegen a beträchtliche Grösse bedeutet.

Das Potentialniveau des Gitters erhalten wir durch die Annahme, dass die Oberfläche eines jeden Drahtes mit der Niveaufläche zusammenfällt, welche in einer .dem Radius c der Drähte gleichen Entfernung von der z Axe die x z Ebene schneidet.

Wir haben also in dem allgemeinen Ausdruck für das Potential x = c, y = 0 zu setzen, und erhalten für das Potential niveau des Gitters, weil' c gegen a sehr klein sein sollte,

13a) r= ~ 2Xlog2 sin -h C.

205.] Influenz durch ein Schutzgitter hindurch. 325

Der folgenden Untersuchungen wegen setza ich

b) a=— ^log2sm

und habe

lab) r= a^-a

a

a ist eine Linie, die for ein sehr kleines c unendlich lang wird.

206. Die beiden Ebenen ^ = ^i, y= ^2 sind zwar streng genommen keine Niveauebenen, nimmt man aber b^ und b^ möglichst gross an, so darf man sie durch Conductorebenen ersetzen. Bezeichnen tdr die Dichte der auf der Ebene y = bi bezüglich y= ftg influencirten Electricität mit j, bezüglich (72, so ist

2a) 47:cri = -^ = - (X + X'),

3a) 4r,, = |J^=+i^X'.

CÖ2 et

Eliminirt man aus diesen beiden und den drei voraufgehenden Gleichungen für V^V^-^V^ die drei Grössen X, X', C, so resultiren für die Dichten die beiden Gleichungen

2b) 4..,(^ + ft, + *^) = F,(l+^)-F,-r^,

3b) 4.a,(^ + i,+*i^) = F,(l+^)-n-A

Sind die Drähte sehr dünn, so ist a unendlich gross, und man erhält Tür die Dichten-Uj, jg auf den beiden Ebenen dieselben Ausdrücke, welche gelten würden, wenn zwischen den Ebenen überhaupt kein Gitter vor- handen wäre.

Verbindet man das Gitter leitend i^it einer der Ebenen, etwa mit der Ebene y = bi^ so wird F= V^ und

2, ) 4ra, {b, + 6, + ^) = \\ - 7,.

Demnach verhält sich die Dichte der unter Anwesenheit des Gitters auf der ersten Ebene durch die zweite inducirten Electricität zu der Dichte, welche die Electricität dort erlangt, wenn das Gitter nicht vorhanden ist, während die zweite Ebene ihr Potential ungeändert beibehält, wie

1

326 Schutzgitter. [206.

Dasselbe Resultat erhalten wir, .wenn wir das Gitter mit der zweiten Ebene verbinden (es folgt das sowohl daraus, dass b^ und h^ in den Formeln in derselben Weise auftreten oder auch aus Art. 88).

Bringt man also ein Drahtgitter zwischen zwei Ebenen, so wird ihre Induction aufeinander ebenso stark verringert, wie wenn man den Abstand 6j -h &2 ^^r beiden Ebenen um b^ b^/oL vergrössert hätte.

Erhält man beide Ebenen auf dem Potential Null und electrisirt das Gitter zu einem gewissen Potentialniveau, so steht seine Electricitätsmenge zu der, welche bei einer in seiner Lage befindlichen Ebene auftritt, in dem Verhältnis von

5) bi b^ zu bib2-h OL (ftj -+- b^).

Doch gut das Alles nur, wenn b^ und b<^ gegen a, und a gegen c genügend gross ist.

Wird der Radius c der Drähte gleich a/'2^ so berühren sich die Drähte gegenseitig und bilden eine geschlossene Wand.

Es dürfte also in diesem Falle durch das Gitter hindurch keine Induction der beiden Ebenen aufeinander auftreten, und man müsste haben

das heisst es müsste a = 0 sein.

Aus der für a gegebenen Formel findet man dagegen

a,= „/,= -^log2^- 0,11a.

Man darf aber nicht ausser Acht lassen, dass dann auch unsere Gleichungen, weil sie nur approximativ gelten, nicht mehr ausreichen. Ich werde deshalb, freilich ohne genaue Durchführung der einzelnen Rechnungen.' zeigen, wie man zu noch weiter getriebenen Annäherungen gelangen kann.

206. Ich gehe bei dieser strengern Rechnung diregt davon aus. dass ein Gitter und zu beiden Seiten desselben zwei ihm parallele ebene Cön- ductoren gegeben sind, die aufeinander und auf das Gitter influencirend einwirken.

Nach der Theorie der electrischen Bilder hat man das Gitter in den beiden Ebenen abzubilden, und dann die Potentiale der einzelnen Bilder zu Summiren. Für jedes Bild wird das Potential ähnlich construirt sein, wie das, was wir schon benutzt haben, es wird also namentlich von dem cos(2rw/a) und von der Grösse 2ui//a abhängen.

Setzen wir also

, . ^ 27:.r 2rv 2r.r 2r.b

206.] Abbildung' des Gitters in zwei Ebenen. 327.

und bilden eine Function

la) F^ = IpgC«''"^^ + e-^^ + W _ 2 cos5),

so können wir, indem das Potential des Gitters

dF d^F

2) V= AqF-^ A^-^-h A^-^-h . ..

gesetzt wird, die Constanten Aq^ A^^ , , . so bestimmen, dass V ein Potential angiebt, welches von tj und von cos S abhängt und nur für r, -+- ? = 0 und cosS=l unendlich wird.

Entwickelt man die Function F^ nach p und k\ so ergiebt sich für ?>Ü

lb)i''p = ß + 21og(l-e-'')+;"^''_pPC08»- " lp.p»cos2.»+...,

für ß = 0 ^

1,) 7*;, = 21ogp-hy2 P^cos2ö Yj|^p*cos4d-h...,

und damit lässt sich dann V für jeden gitterlormigen Conductor berechnen.

Bei der Abbildung des Gitters in den Ebenen erhält man nun zwei unendliche Reihen von Bildern. Die erste Reihe besteht aus dem Gitter selbst und aus Bildern, die zu- beiden Seiten desselben liegen und mit ihm gleich und gleichsinnig geladen sind.

Bezeichnet man die Gleichungen der beiden Ebenen durch tj^ = ßj, 7)2 == ^2 ^^^ ^^^^ ^iß Lsige des Gitters durch r^ = 0, so liegen die Axen dieser Bilder (also die Axen der abgebildeten Drähte) in Ebenen

T)=±2n(ßi + ßp,

wo n eine ganze Zahl angiebt.

Für das Potential eines jeden dieser Bilder gut dann eine Entwickelung, wie sie oben in ihrer Abhängigkeit von den Constanten Ä angegeben worden .ist. Die Constanten Ä sind für diese Bilder dieselben, wie für das Gitter.

Die zweite Reihe umfasst wieder eine unendliche Anzahl von Bildern, in deren Potentialfunctionen die Constauten A^^ Ao^ A^, . . gleich und ent- gegengesetzt, die Constanten A^, A^y A^ gleich den entsprechenden in der Potentialfunction des Gitters vertretenen Constanten sind. Die Axen dieser Bilder liegen in Ebenen

Tj = 2ß2±2m(ßi-^-ß2), wo m eine ganze Zahl ist.

328 Schutzgitter. [206.

Das Gesanimtpotential der Ebenen und des Gitters ist gleich der Somme der Potentiale aller Bilder.

Wenn man es mit einer endlichen Anzahl von Bildern zu tun hat, so hängt das Gesammtpotential davon ab, ob die Anzahl der Bilder eine gerade oder eine ungerade ist, bei einer unendlichen Anzahl von Bildern ist also die Summe der einzelnen Potentiale eine unbestimmte Grösse. Fügt man aber noch eine Function Br^-\- C hinzu, so erlangt man eine hinreichende An- zahl von Bedingungsgleichungen, um die electrische Verteilung auf den leitenden Ebenen bestimmen zu können.

Man entwickelt für jedes Bild das zugehörige Potential nach den Gleichungen 1) und 2), summirt alle Potentiale, fügt noch die Tenne B[iCos^ -h C hinzu und erhält so eine Reihe von Gliedern, die zum Teil nach Potenzen von p und Cosinussen von Vielfachen von ^ fortschreiten. Betrachtet man dieses Aggregat vom Gliedern als das gesuchte Potential, so hat man also

7' = F+2C;.p''cost». '

y, das Potential des Gitters, hängt nur von r, dem Abstand des betrachteten Punktes von der Axe eines Drahtes, nicht von ö ab, die C sind Functionen von p, B und von den A.

Jeder Draht des Gitters ist aber ein Leiter, auf ihm muss also 7' tiberall einen und denselben Wert haben, folglich müssen die Glieder, die nach Cosinussen von Vielfachen von i> fortschreiten, wenn r gleich dem Radius eines Drahtes wird, herausfallen, iLas giebt

eine Reihe von Gleichungen, aus denen man beliebig viele der Constanten Ä berechnen kann.

Es sind dann noch die Constanten Aq^ B unbestimmt. Zu ihrer Be- rechnung bedient man sich der Kenntnis der Potentialniveaus F^, Fg, F auf den beiden Ebenen und auf dem Gitter, indem man jedes derselben in der schon angegebenen Weise entwickelt, und die schon eruirten Werte der A benutzt.

Die Mittelwerte (t^ , 93 für die Flächendichten auf den beiden Ebenen ergeben sich zu

und man erhält nach Ausführung der angegebenen Operationen Gleichungen von der Form

3) V^ V= 'ir.tJi (63 + a 7) -^ iiz7^ (a H- 7),

4) Fj F = 4k Ja (^2 -f- a 7) + 47r(Ji (a + 7)-

206. J Strengere Formeln. 329

Für a und 7 ergiebt eine genauere Rechnung die Näherungswerte

_4«^ _4k^

« o / —4«— 4ii— \

\1 e a 1 e «/

Ich hebe hervor, dass die Induction einer der Ebenen auf die andere durch Einschiebung eines Drahtgitters zwischen ihnen um eben- soviel geändert wird, wie durch Vergrösserung ihres Abstandes b^ 4- &2 ^^ den Betrag

5) y —^^

Cap. Xlll.

Apparate für electrostatische Untersuchungen.

Man kann die Apparate, mit deren Einrichtung und Theorie wir uns zu beschäftigen haben, in die folgenden vier Klassen verteilen:

1) Electrisirmaschinen zur Erzeugung und Vermehrung der Electricität,

2) Condensatoren zur Vergrösserung der electrischen Erregung in einem vorgeschriebenen Verhältnis,

3) Electrometcr zur Messung, Electroskope zur Constatirung von Elec- tricitätsmengen und von Potentialen,

4) Accumulatoren zur Aufbewahrung beträchtlicher electrischer Ladungen.

Electrisirmaschinen.

207. In der gewöhnlichen Electrisirmaschine lässt man eine Glasplatte oder einen Glascylinder um eine Axe rotiren und dabei gegen ein Leder- kissen, welches mit einem Amalgam von Zink und Quecksilber bestrichen ist, sich reiben.

Die Oberfläche des Glases wird positiv, die des Reibzeuges ebenso stark negativ electrisch. Durch die Rotation wird die an einer Stelle des Glases entstandene Electricität vom Reibzeug fort- und in die Nähe einer Reihe von Spitzen, welche mit dem Gonductor der Maschine in Verbindung stehen, hingeführt. Je weiter die Ladung sich von dem Reibzeug entfernt, desto höher steigt ihr Potential und ihre Wirkung nach aussen an. Geht sie dann an den Spitzen vorbei, so w^erden diese durch Influenz negativ electrisch, und zwar um so stärker electrisch, je spitzer sie sind und je näher sie dem rotirenden GIasköri)er stehen.

Dabei sieht man, wenn die Maschine in gehöriger Tätigkeit ist, zwischen dem Glaskörper und den Spitzen Entladungen Platz greifen, infolge deren jene/ einen Teil seiner positiven Electricität an die Spitzen abgiebt, von

207.] Wirkungsweise der Electrisirmaschine. 331

denen er wieder auf den isolirten Conductor oder auf irgend einen andern mit diesem leitend verbundenen Körper übertragen wird.

Kommt dann der betreffende Teil des Glaskörpers wieder an. das Reib- zeug, so ist er mit weniger positiver Electricität geladen als der Teil des Glases, welcher gerade das Reibzeug verlässt, und infolge dessen werden Reibzeug und alle mit ihm in Verbindung stehenden Körper negativ electrisch.

Die das Reibzeug verlassende stark electrisirte Stelle des Glaskörpers wird von der negativen Ladung des Reibzeuges mit grösserer Kraft zurück- gezogen, als die zum Reibzeug zurückkehrende und zum Teil entladene von diesem herangezogen wird. Die electrische Kraft wirkt also der Kraft, die man beim Drehen der Scheibe verwendet, entgegen, so dass man, um die Maschine in Gang zu erhalten, eine grössere Kraft aufwenden muss, als zur Ueberwindung der Reibung und anderer mechanischer Widerstände an sich erforderlich wäre.

Die gesammte Arbeit, die beim Drehen der Electrisirmaschine v.erbraucht wird, zerfällt also in zwei Teile, der eine dient zur Ueberwindung der mechanischen Widerstände und geht in Wärme über, der andere wird be- nutzt, um den Ueberschuss der electrischen Attraction des Reibzeuges auf sich von ihm entfernende Teile des Glaskörpers über die auf sich ihm nähernde zu paralysiren und findet sich in der Energie der durch die Rei- bung entstandenen Electricität wieder.

Die Energie der erregten Electricität ist diesem zweiten Teile der auf- gewendeten Arbeit genau gleich, und kann rückwärts in eine Arbeit oder eine entsprechende Wärmemenge verwandelt werden.

Wenn die Maschine so construirt ist, dass sie die von der verwen- deten Arbeit herrührende Energie nicht in sich aufhäuft, so wird die gesammte Energie in Wärme übergeführt; ein Unterschied zwischen der durch Ueber- windung der Reibung und der aus der electrischen Energie entstandenen Wärme findet nur darin statt, dass jene Wärme an Ort und Stelle, also da, wo die Reibung überwunden wird, entsteht, während diese in von dem Orte, wo die Electricität hervorgerufen wird, entfernten Leitern erst in Erschei- nung treten kann.*)

fes kann vorkommen, dass die Attraction der Glaselectricität zu der. auf dem Reibkissen vorhandenen Ladung so gross wird, dass zwischen Glas- körper und Reibzeug Entladungen auftreten, statt, wie es der Zweck der Maschine erheischt, zwischen dem Glaskörj)er und den Saugspitzen. Man bringt deshalb an das Reibzeug Seidenstreifen an, die sich mit ihm gleich- namig laden und infolge dessen an den Glaskörper anschmiegen.

*) Wahrscheinlich wird in vielen Fällen da, wo mechanische Energie durch Reibung in Wärme verwandelt wird, ein Teil der Energ-ie zunächst in electrische Energie über- gefahrt, und geht dann erst, dadurch dass die electrische Energie zur Unterhaltung kurzer geschossener Strome in der Nähe der reibenden Flächen verbraucht wird, in Wärme über. Vergl. W. Thomson, On the Electrodijnamic Qualities of Metals, Phil. Trans. 185(5, p. 650.

332 Electrophor. [208.

Unter dem Einfluss des Seidenstreifens steigt das Potential der positiven Electricität des Glaskörpers, während sie sich von der negativen Electricitat des Beibzeuges entfernt,* weniger rasch an, als es sonst der Fall sein würde; ihre Attraction gegen die negative Electricität ist also geringer und die Gefahr einer Entladung zwischen Glaskörper und Keibkissen vermindert.

Statt der Glaskörper verwendet man in manchen Electrisirmaschinen Ebonitplatten und benutzt als Reibkissen Wolle oder Pelzwerk. Die roti- rende Scheibe, also auch der Conductor der Maschine, wird dann negativ, das Beibkissen positiv electrisch.

Der Voltasche Electrophor.

208. Der Electrox>hor besteht aus einem in ein flaches Metallgefäss gelegten Harz- oder Ebonitkuchen, welcher von einer ihm in der Grösse gleichen Metallscheibe tiberdeckt wird. Durch den Kuchen geht ein Metall- stift, der den Deckel mit dem Boden des Metallgefasses leitend verbindet. Deekel und Gefäss sind mit isolirenden Handhaben versehen.

Beibt man den Kuchen mit Wolle oder einem Katzenfell, so wird or negativ electrisch und inducirt in den Metalldeckel, wenn man ihm diesen an der isolirenden Handhabe nahe bringt, ohne ihn zu berühren, ein negatives Potential. Zwischen dem Deckel und dem Kuchen tritt dabei keine Ent- ladung ein, kommt aber der Deckel dem Metallstift, welcher den Kuchen durchsetzt, nahe, so springt von ihm ein Funke auf den Stift über* und man findet, nachdem man den Deckel wieder entfernt hat, diesen positiv, den Boden des Metallgefösses ebenso stark negativ geladen.

Will man mit dem Electrophor einen Condensator oder einen Accu- mulator positiv laden, so electrisirt man den Kuchen, legt den Deckel darauf und leitet ihn zur Erde ab. Wird dann der Deckel abgehoben, so zeigt er eine positive Ladung, die man durch Berührung auf den Condensator übertragen kann. Man wiederholt den Prozess so lange, bis man die genügende Electricitätsmenge hat.

Um einen Conductor mit dem Electrophor negativ zu laden, leitet man den Deckel zur Erde ab und bringt den Conductor mit dem Kuchen in Be- rührung.

Die Arbeit, welche der Arm bei der Trennung des Deckels vom Kuchen zu verrichten hat, ist grösser als die Arbeit, welche die electrischen Kräfte bei der Annäherung des Deckels an den Kuchen leisten. Das Laden eines Conductors mit Hilfe des Electrophors bedingt also immer einen Aufwand an Arbeit, die zum Teil in der Energie der dem Conductor mitgeteilten Electricität, zum Teil in dem Geräusch und in der Wärme der über- springenden Funken sich wiederfindet, zum Teil bei der XJeberwindung der der Bewegung sich entgegenstellenden Hindernisse verbraucht wird.

210.] Princip der Influenzmaschine. 333

lüfluenzmaschinen.

209. Bei der gewöhnlichen Reibungselectrisirmaschine ist die Arbeit, welche zur Ueberwindung der Reibung verbraucht werden muss, weit grösser als diejenige, welche der Vermehrung der Electricität zu Gute kommt. Daher sind Apparate, in welchen die bei der Electrisirung verwendete mechanische Arbeit nur gegen* electrische Kräfte geleistet wird, von hohem Interesse für die Wissenschaft nicht minder wie für die Praxis.

Ein solcher Apparat scheint der Nicholsonsche in den Philosophical Transaciions vom Jahre 1788 beschriebene Revolving Doubler gewesen zu sein, welcher durch die Drehung einer Kurbel beide Electricitätsarten ohne Reibung und ohne Erdverbindungen her\'orbrachte {y,an Instrument tchich hij the turning o/ a Winch produces the two siates of Electricity without friction or communication with the Earth"").

210, Mit Hilfe eines solchen Eevolving Doubler ist es Volta gelungen unter Anwendung der an den Polen seiner Säule entstehenden Ladungen eine so grosse Electricitätsmenge hervorzubringen, dass sie von seinem Electrometer angezeigt werden konnte.

Später sind dann auf demselben Princip beruhende Apparate unab- hängig von C. F. Varley*) und W. Thomson angegeben worden.

Sie bestehen der Hauptsache nach aus isolirten Conductoren, deren einige fest, andere beweglich sind. Die beweglichen Conductoren bezeichnet man als Carrier, die festen kann man je nach der Aufgabe, die sie zu erfüllen haben, Inductoren, Receptoreu'und Regeneratoren nennen. Die Inductoren und Receptoren sind so eingerichtet, dass die Carrier an gewissen Punkten ihrer Bahn gänzlich von Leitern umgeben sind. Da es nun ohne die complicirteste Einrichtung nicht möglich ist einen Carrier mit Inductoren und Receptoren vollständig einzuschliessen und ihm doch das freie Aus- und Eintreten in das System der Inductoren und Receptoren zu lassen, so ist die Maschine theoretisch unvollständig, wenn man ihr nicht noch zwei Regeneratoren liinzufügt, welche die Aufgabe haben, die geringe Electricitäts- menge, die der Carrier, nachdem er durch das System der Inductoren und Receptoren hindurchgegangen ist, noch zurückbehalten hat, in sich aufzu- nehmen.

Die Theorie des Apparates vereinfacht sich aber beträchtlich, wenn wir annehmen, dass der Carrier wirklich von den Inductoren und Receptoren beim Durchgang durch sie vollständig umhüllt wird.

Ich setze also zunächst voraus, dass die Maschine zwei Inductoren A und C, zwei Receptoren B und D und zwei Carrier F und G hat.

Der Inductor A sei positiv zum Potential A geladen, der Carrier F möge sich in dem Inductor befinden und das Potential F haben. Ist dann der

•) Specißcation of Patent, 1860 Jan. 27, N. 206.

334 Influenzmaschine. [210.

Coefficient der Induction zwischen A und F als positive Grösse gedacht gleich Q, so hat die vom Carrier beherbergte Electricitätsmenge den Wert Q(F-^A),

Verbindet man den Carrier, während er sich in dem Inductor A be- findet, mit der Erde, so wird 7^=0 und die Ladung des Carriers, —QA^ negativ. Wir fuhren nun den Carrier aus dem Inductor A heraus bis er in den Receptor B eintritt und bringen ihn dort mit einer Feder in Berührung, die mit B in leitender Verbindung steht. Nach Art. 82 entladet sich dann der Carrier vollständig und giebt seine gesamrate negative Electricitäts- menge an B ab.

Auf seiner weitern Bahn tritt dann der Carrier in den Inductor C ein, der negativ geladen sein soll, und erhält allda, wenn er zugleich mit der Erde* in Verbindung steht, eine positive Ladung, die er mit sich nimmt und an den Receptor /) abgiebt.

So geht es weiter, und wenn die luductoren immer auf demselben Potential erhalten werden, bekommen die Reccptoreu B und D bei jedem Umlauf des Carriers frische Electricitätsmengen von immer derselben Stärke, so dass jeder Umlauf ihre bezüglichen Ladungen um dieselbe Grösse erhöht.

Verbindet man aber noch den Inductor A mit dem Receptor D und den Inductor C mit dem Receptor B^ *o wachsen die Potentiale der lu- ductoren fortwährend an, und infolge dessen werden auch die Electricitäts- mengen, welche die Carrier den Receptoren übermitteln, fortdauernd grösser.

Den zweiten Carrier G richtet man so ein, dass er sich im Inductor C befindet, wenn der erste in A ist, und dass er sich im Receptor D aufliält, wenn der erste im Receptor B verweilt. .

Ist nun das Potential von A und f) gleich U und das von B und C gleich F, so ist die Ladung, die der Carrier innerhalb A^ während er zur Erde abgeleitet ist, durch Influenz erhält, :: = tlL\

Der Carrier giebt dann diese Electricitätsmenge an B ab und ver- wandelt dadurch das Potential V von B und C in V ^QU/B^ wo B die Capacität von .B und C ist. In derselben Zeit hat der zweite Carrier eine Ladung Q'V von C nach I) gebracht und dadurch das Potential U von A und /) in Ü Q' V/ A übergeführt, wo A die Capacität von A und /), Q' den . Coefficienten der Induction zwischen G und C bezeichnet.

Es seien allgemein ^^„_i, ^n-i ^^® Potentiale der beiden luductoren nach n 1 halben Revolutionen der Carrier und ^7^, \\^ die nach n halben Revolutionen, dann ist also

y n n— 1^71— 1'

9S^ V V —~r

210.] Theorie der Influenzmaschine. 335

Setzt man zur Abkürzung

- ^' "B ^ '^ A so wird

l'b). .pf', + !7F, = (pt7._^4-.jr,_j)(l-p?)

2'b) p l\ - 5 r„ = (2> U„ _ i - 7 T;_ j) (1 -^pq)

und. aus diesen Recursionsformeln folgt sofort

2'c) pu^-qyn=(pu,-qv,)i\^pqr ,

m

also

2) Vn = >; {(1 - PlT + (1 + P?)"} + 1 f^o [(1 - P?)" -(1 + P9)"}

Aus der Gleichung l'c) ergiebt sich, dass die Grösse pU-^-qV fort- dauernd kleiner wird. Die beiden Receptoren erscheinen also schliesslich, wie auch ihr ursprünglicher 'electrischer Zustand beschaffen gewesen sein mag, einander entgegengesetzt electrisirt, und es stehen die Endwerte ihrer Potentiale ebenso wie die der bezüglichen Inductoren, mit denen sie ver- bunden sind, in dem Verhältnis von p zu. q.

Dagegen wächst nach der Gleichung 2' c) die Grösse pV qV fort- dauernd an, so dass, wie klein auch ihr Aufangswert pÜQ qVQ gewesen sein mag, ihr Betrag doch im Laufe der Eevolutionen der Carrier so hoch ansteigt, dass die electromotorische zwischen den Receptoren wirkende Kraft schliesslich alle Isolationen des .Apparates überwindet.

Derartige Instrumente finden mannigfache Anwendung.

Die Varleysche grosse Maschine dient dazu, um eine bedeutende Ver- stärkung der Electricität bei hohem Potentiale zu erzielen.

Kleine Maschinen, sogenannte Replemsher ^ verwendet man, um, wie beim Thomson sehen Electrometer, mit wenigen Umdrehungen die Ladung eines Condensators auf eine bestimmte Stärke zu bringen und zu justiren. Weiter kann man mit ihrer Hilfe kleine Potential differenzen, soweit es die Isolation zulässt, v-ergrössern und so electromotorische Kräfte, die sonst der Beobachtung entgehen würden, messen. Ladet man zum Beispiel die beiden Inductoren zu der so geringen Potentialdifferenz eines aus nur zwei Metallteilen bestehenden Thermoelements, setzt die Maschine in Gang, bis die Potentialdifferenz mit Hilfe eines Electrometers messbar geworden ist, und bestimmt das Verhältnis, in welchem die Potentialdifferenz bei jeder

336 Die Holtzscbe Influenzmaschine.. [21L

Umdrehung zunimmt, so kann man nach den frühern Formeln auch die ursprüngliche Potentialdifferenz durch die Anzahl der ausgeführten Um- drehungen und den erreichten Endzustand berechnen.

Bei den meisten derartigen Instrumenten lässt man die Carrier um eine Axe rotiren und bringt sie durch Drehung einer Kurbel in die geeignete Lage zu den Inductoren.

Die ableitenden Verbindungen zur Erde und zu den Receptoren werden durch Federn hergestellt, mit denen die Carrier in geeigneten Momenten in Contact treten.

211. W. Thomson*) hat eine Maschine construirt, bei der die Carrier durch Wassertropfen gebildet werden, welche durch einen hohlen Inductor in einen isolirten Receptor fallen, so dass dieser fortwährend Electricität zugeführt erhält, deren Zeichen dem der Electricität des Inductors entgegen- gesetzt ist.

Aus dem Receptor läuft das Wasser in einen Trichter, dessen Röhre grösstenteils von dem Metall des Receptors umgeben ist, so dass das Wasser fast gänzlich entladen den Receptor verlässt. Der Apparat enthält noch einen zweiten Inductor und Receptor, von denen der erstere mit dem frühem Receptor, der zweite mit dem frühem Inductor leitend verbunden ist. Die Receptoren laden sich entgegengesetzt und ihre Electricitätsmengen , die ihnen durch die Wassertropfen zugeführt \i'erden, wachsen nicht mehr wie früher in arithmetischer, sondem in geometrijjcher Progression mit der Zeit.

Die electrische Erregung der Receptoren nimmt so lange zu, bis die Tropfen durch die electrische Kraft entweder seitwärts vom Receptor ab- gelenkt oder gegen die Wände der Inductoren geschleudert werden.

Uebrigens schöpft die Ladung der Receptoren ihre Energie hier aus der kinetischen Energie der fallenden Tropfen.

212. Man hat noch eine Anzahl anderer Maschinen construirt, die auf der Benutzung der Influenz bemhen. Die bemerkenswerteste ist die Influenz- maschine von Holtz, in der der Carrier aus einer mit Schellack über- strichenen Glasplatte besteht, und wo die Inductoren durch Pappstücke ge- bildet sind. Um das Ueberspringen von Funken zwischen den Teilen des Apparates zu verhindem, befinden sich zu beiden Seiten der rotirenden Scheibe zwei andere Glasscheiben. Die Maschine hat sich als sehr wirksam und ziemlich unabhängig von dem Zustande der umgebenden Atmosphäre erwiesen. Das Princip, auf dem die Wirkung dieses Appartites beruht, ist ganz dasselbe, wie das im Revohing Doubler und den andern angeführten Mascliinen dieser Art massgebende, der Carrier ist aber bei der Holtzschen Maschine ein Isolator und die Inductoren sind unvollkommene Leiter. Des- halb ist auch die Theorie dieser Maschine we>t schwieriger zu entwickeln, als in dem Falle, wo der Carrier ein guter Leiter von bekannter Form ist, und die Entladungen immer an denselben bestimmten Stellen auftreten.

*) Froc, H. S,, 1867, Juni 20.

»8.]

Funkenfreie Verbindung.

337

213. Bei den beschriebenen electrischen Maschineu'treten immer Funken auf, so oft der Carrier mit einem Leiter in Verbindung kommt, der ein von dem seinigen verschiedenes Potential besitzt. Die Bildung solcher Funken ist aber, wie ich schon bemerkt . habe, mit einem Energieaufwand, der sich in der Wärme und in dem Geräusch des Funkens wieder findet, verbunden, und dieser Energieaufwand geht für die Electrisirung verloren, so dass man nicht die ganze Arbeit, die zum Drehen der Maschine verwendet wird, für die Electrisirung nutzbar machen kann.

Ich habe daher geglaubt, dass es einem Bedürfnis entsprechen würde, wenn ich zeige, wie man Maschinen bauen kann, die gegen einen solchen Verlust von Energie geschützt sind. Doch will ich damit weniger prak- tische Formen für solche Maschinen empfehlen, als vielmehr ein Beispiel dafür geben, wie man die Vorrichtung, welche bei den thermodynamischen Maschinen unter dem Namen des Regenerators bekannt ist, auch bei den Electrisirmaschinen benutzen kann, um Energieverluste zu verhindern.

Es seien A,B,C, A\ B\ C hohle festgelegte Conductoren,. die so an- geordnet sind, dass der Carrier P der Reihe nach durch jeden von ihnen hindurch gehen kann. A^ A' und J9, B' fassen den Carrier fast ganz ein, wenn er sich in der Mitte seiner betreffenden Bahn befindet, C, C" da- gegen bedecken ihn weniger voll- ständig. Ich verbinde A, B^ C mit einer Leydener Flasche von grosser Capacität und vom Potentiale V und Ä\ B\ C mit einer andern Flasche von dem Potentiale 7'.

P soll in unserer Figur den Carrier vorstellen, der sich in einem Kreise von Ä nach C D A' C B' Ä bewegt und in gewissen Punkten a, a'; e, e' seiner Bahn durch, Federn mit den Con- ductoren A,Ä' bezüglich mit der Erde in Verbindung tritt.

Es sei, während sich der Carrier in der Mitte von A befindet, A der Coefficient der Induction zwischen P und A und A -j- a die Capacität von P in dieser Lage.

Da P von A nur zum Teil umfasst wird, so muss seine Capacität grösser sein als A^ die Grösse a ist also positiv.

Die in P in der angegebenen Lage inducirte Ladung ist (/l -ha) U—AV, wenn U das Potential von P und V das von A bezeichnet. Ist aber P gleichzeitig durch die Feder a in leitender Verbindung mit A, so geht sein Potential in das von A. also. in V über und seine Ladung wird gleich nV, die er beim Verlassen der Feder mit sich weiter führt. .

Fig. 18.

Max wo 11, Eiectricität u. Magnetismus. L

22

338 Influenzmaschinen. [218.

Sowie P sich aus dem Inductor A entfernt, wird sein Potential kleiner und verringert sich um so beträchtlicher, je näher es an C\ das negativ geladen sein sollte, kommt. Innerhalb T' sei das Potential von P auf eine Grösse V gesunken, femer sei sein Inductionscoefßcient gegen C gleich C und seine Capäcität in Gegenwart von C gleich C ' -f- c\ dann haben wir

und indem wir den Conductor C so wählen, dass

wird, reducirt sich das Potential U des Carrier jP auf. Null. Tritt also P durch die Feder e\ deren Potential ebenfalls Null ist, in Verbindung mit der Erde, so gescliieht das ohne Funkenbildung.

Der Conductor C hat also die Aufgabe, eine funkenlose Verbindung des Carrier P mit der Erde zu ermöglichen, und er entspricht bei den thermodynamischen Maschinen der Vorrichtung, die man als Regenerator bezeichnet. Ich werde ihm daher in der Tat den Namen Regenerator beilegen.

Bei seiner Weiterbewegung bleibt P immer noch durch die Feder c' in Verbindung mit der Erde, bis er in die Mitte des Inductors B kommt, dessen Potential Y ist. Bezeichnet B den Coefficienten der luduction zwischen P und B in dieser Lage, so geht die Ladung von P, dessen Potential ^^^=0 ist, in BV über.

Beim Verlassen der Feder e nimmt P diese Ladung mit sich, und indem es sich gegen den negativen Receptor A' bewegt, wächst sein Potential stetig negativ an, in der Position gegenüber A würde, falls P seine Ladung beibehält, sein Potential, wenn V das von A' bezeichnet, gleich

A'V-hBV

A' H-V

sein, wo A' der Induotionscoefticient zwischen Ä und P ist, und A + a' die Capäcität von P in Gegenwart von A' bezeichnet. Ist BY grösser als a' Y\ 50 würde das Potential des Carrier numerisch das dcvS Keceptors noch übersteigen. P kommt dann, bevör es noch die Mitte von A' erreiclit, in eine Lage, wo sein Potential gerade gleich Y' ist, und in dieser Lage berührt eg eine Feder a\ dife es leitend mit A' verbindet. Eine Funken- bildung findet nicht statt, weil P dasselbe Potential wie der Receptor und die mit ihm verbundene Feder hat. P bewegt sich dann weiter immer in Berührung mit der Feder und teilt dabei dem Receptor A' eine negative Ladung mit. Mit dem Rest seiner Electriciiät, a'Y\ verlässt es in der Mitte von A' die Feder und wandert zum positiven Regenerator C, welcher sein Potential reducirt und es gerade dann auf Null bringt, wenn P die Feder ^, die es zur P^rde ableitet, erreicht. P bleibt mit der Feder e in Berührung, bis es in diö Mitte des negativen Inductors B' gelangt. Es

214.] Electrometer und Electroskope. 339

erhält dabei durch Induction eine positive Ladung B' V\ die es am Schlüsse des Kreislaufes, der beliebig oft wiederholt werden Itann, dem Receptor A mitteilt.

Während dieses Kreislaufs hat der positive Receptor eine Ladung aV verloren und eine Ladung W V gewonnen, ebenso hat der negative Receptor eine Ladung a'V verloren und eine Ladung BY gewonnen.

Der Totalgewinn an positiver Electricität ist also

B'Y' aV und der an negativer Electricität

Man kann nun dadurch, dass man die Inductoren den Carrier so eng, als es nur irgend ohne Geföhrdung der Isolation geschehen darf, einschliessen lässt, B und B' sehr gross, und indem man auch die Receptoren möglichst vollständig den Carrier einfassen lässt^ a und a' ziemlich klein machen, so dass jede Revolution des Carrier den Receptoren, die man sich mit Leydener Flaschen verbunden denken kann, einen Gewinn an positiver bezüglich negativer Electricität bringt.

Die Regeneratoren müssen so geformt sein, dass sie den Bedingungen

C'F' = a7 und CV=^a'V'

gehorchen. Sind a' und a' durch die Wahl der Receptoren sehr klein gemacht, so braucht man die Regeneratoren weder sehr eng noch sehr weit zu wählen.

Eledrometei* und Electroskope. Classificirung der Instrumente.

214. Mit Electrometer bezeichnet mau ein Instrument, das die Messung von Ladungen und von Potentialen ermöglicht.

Unter Electroskop versteht man dagegen ein Instrument, das die Existenz von Ladungen oder von Potentialdiffereuzen anzeigt, ohne eine genügende numerische Bestimmung zu gestatten.

Doch vermag man auch Electroskope, w^enn sie sehr empfindlich sind, zu Schätzungen zu verwenden, die sich auf die Anzeige der Ab>vesenheit von Electricität stützen. So kann man bei zwei electrischen Körpern A^ B nach der im ersten Capitel auseinandergesetzten Methode entscheiden, welcher von ihnen der stärker geladene ist. Man bringt den Körper A an einer isolirenden Handhabe in ein leitendes Gefäss C\ das ihn ganz ein- schliesst und nirgend berührt. Verbindet man C mit der Erde und isolirt es wieder, so bemerkt man auf seiner Aussenfläche keine Spur von freier

23'

340 Electrometer ziir Messung voa Ladungen. [215.

Electricität. Entfernt man nun A aus 6 und fuhrt den Körper B ein, so wird das Electroskop an der Aussenseite von C immer no<?h keine Electricität nachweisen, wenn B ebenso stark geladen ist wie A, Beherbergt aber B eine grössere oder kleinere Electricitätsmenge als -4, so zeigt das Electroskop ' an der Aussenfläche von C eine mit der von U gleichnamige bezüglich entgegengesetzte Ladung an.

Derartige Methoden, die auf Anzeigen von der Nichtexistenz einer Er- scheinung sich stützen, kann man als Null- oder Zero-Methoden bezeichnen. Ihre Anwendung erfordert weiter nichts als ein Listrument, mit Hilfe dessen man die Existenz der Erscheinung zu entdecken vermag.

Eine andere Classe von Apparaten zur Registrirung von Erscheinungen wird so eingerichtet, dass man für dieselbe Erscheinung, wenn sie in der- selben Stärke auftritt, stets dieselbe Anzeige erhält. Solche Instrumente sind mit Scalen versehen, deren Teilungen im allgemeinen nicht proportional der Quantität der zu messenden Grösse verlaufen. Die zu messende Quantität ist dann eine Function der betreffenden Scalenablesung, von der man meist weiter nichts weiss, als dass sie in continuirlicher Abhängigkeit von der betreffenden Quantität steht.

Dahin gehören einige Electrometer, bei denen die Messungen mit Hilfe der gegenseitig;en Abstossung ähnlich electrisirter Teile des Instruments ausgeführt werden. Man erhält bei ihnen anstatt der wahren Werte der zu messenden Grösse eine Reihe von Zahlen, die nicht eher verwertet werden können, als bis man die Scala des betreffenden Instruments gehörig untersucht, und die ihren Angaben entsprechenden Werte der zu messenden . Grösse in Tafeln gebracht hat.

Einer höhern Klasse von Instrumenten gehören dann endlich diejenigen an, bei denen gleichen Ablesungsdifferenzen gleiche Differenzen in den Werten der zu messenden Grösse entsprechen. Um solche Instrumente vollständig zum Gebrauch fertig zu machen, hat man weiter nichts zu tun, als den Proportionalitätsfactor des betreffenden Instruments zu bestimmen, also die constante Zahl zu eruireu, mit der man die Scalenablesungen zu multi- pliciren hat, um die entsi)rechenden Werte der zu messenden Grösse zu erhalten.

Man nennt Instrumente, die in sich selbst die Mittel besitzen, um in jedem Falle die wahren Werte der zu messenden Grössen bestimmen zu können, Absolute Instrumente.

Die Coulomb sehe Torsionswage.

215. Ein grosser Teil der Experimente, aus denen Coulomb seine Fundamentalgesetze für die Wirkung electrischer Körper aufeinander deducirt hat, basirt, wie* wir in Art. 38 gesehen haben, auf der Messung der Kraft- wirkung zwischen zwei elcctrisirten kleinen Kugeln, deren eine fixirt war, während die andere unter der Einwirkung der electrischen Kraft und der

215.] Torsionswage. 341

Torsionselasticität eines Glasfadens oder Metalldralites in Gleichgewicht erhalten wurde.

Die Torsionswoge, deren Coulomb sich dabei bediente, besteht aus einem mit Hilfe eines Drahtes oder Glasfadens horizontal aufgehängten Schellackstäbchen, an dessen einem Ende sich eine kleine, leicht vergoldete Hollunderraarkkugel befindet. Der Aufhängedraht ist in einem verticalen Metallstück befestigt, der durch die Mitte eines horizontalen graduirten Kreises geht und durch einen horizontalen Arm um die Axe des Drahtes ' gedreht werden kann. Die Drehung bewerkstelligt eine Torsion des Drahtes um einen am horizontalen Tofsionsk^eis abzulesenden Winkel.

Um den Apparat gegen Luftströmungen zu schützen, umgiebt man ihn mit einem Gehäuse , auf dem man zugleich eine Kreisteilung, die sich in der Schwingungsebene des Wagebalkens befindet, eingravirt. Da§ Gehäuse hat oben eine Oeffnung, durch welche an einem isolirenden Stabe eine andere kleine leitende Kugel, die Standkugel. eingeführt und bis in die Ebene des Schwingungskreises des Wagebalkens versenkt werden kann.

Die eingravirte Teilung gestattet dann die Lage dieser Kugel zu der am Wagebalkeu befestigten und in derselben Entfernung vom Aufhänge- draht befindlichen zu bestimmen.

Wenn zunächst beide Kugeln unelectrisch sind, so möge der Winkel, den der W^agebalken mit einem durch die Standkugel gehenden Radius bildet, gleich <p sein. Sind beide Kugeln geladen und befindet sich die aufgehängte Kugel im Gleichgewicht, wenn der Wagebalken gegen den bezeichneten Kadius um einen Winkel 0 geneigt ist, so ist die Entfernung, der Centren beider Kugeln gleich 2asin(»>/2), wo a die Entfernung jeder der Kugeln von der Axe des Drahtes angiebt. Bezeichnet man mit F die directe electrische Kraftwirkung zwischen den beiden Kugeln in dieser Enfernung 2 a sin (ö/ 2), so ist das electrische Drehungsmoraent um die Axe der Torsion (d. h. des Drahtes) gleich /^'acos(^/2), und da dieses Moment den Draht um den Winkel 0 9 tordirt, so haben wir, falls M den Torsionscoefficienten des Drahtes angiebt,

li) /^^a cos 1 = 3/(0 9),

eine Gleichung, tvelche F^ die electrische Kraftwirkung, zwischen den beiden Kugeln, wenn sie von einander um 2asin({>/2) abstehen, zu berechnen gestattet, wenn M bekannt ist.

M bestimmt man aber durch die Beziehung

K 2) 3/= 4-2 ^.2^

wo K das Trägheitsmoment des Balkens sammt der Kugel in Bezug auf die Axe des Drahtes angiebt, und T die Zeit eines Hin- und Herganges desselben, wenn er lediglich unter Einwirkung der Torsionselasticität um diese Axq schwingt, bezeichnet,

ä42 Electrometer zur Messung von Ladungen. * [215.

Im allgemeinen ist freilich die so berechnete Grösse 7*'' nicht der Grösse der Kraft Wirkung zwiscTien den Kugeln gleich zu setzen, denn die beweg- liche Kugel wird nicht blos von der Ladung der Standkugel angegriffen, sondern auch von der in den Wänden des Gehäuses etwa influencirten Electricität.

Besteht das Gehäuse aus Glas, so kann man seine electrische Erregung nicht anders bestimmen als durch mühsame Messungen, die für jeden Punkt desselben ausgeführt werden müssen. Wenn aber das Gehäuse aus Metall ge- arbeitet ist, oder wenn zwischen dem Glasgehäuse und dem eigentlichen Apparat ein letzteren fast ganz einschliessender Metallschirm angebracht ist, so 'hängt die electrische Erregung auf den inneren Wänden desselben gänzlich von der der Kugeln ab, und jede Unbestimmtheit in der Bedeutung der Kraft F verschwindet.

Ich führe ein Beispiel au, in welchem man die fremden Einwirkungen auf die bewegliche Kugel berechnen kann.

Das* Gehäuse habe die Form einer Metallkugel, deren Centrum im Be- wegungsmittelpunkt des Wagebalkens sich befindet und deren Radius gleich b ist. Die Ladungen der kleinen Kugeln seien E^ und E und der Winkel zwischen den ihnen entsprechenden Radien werde durch 0 gegeben. Den Abstand der Standkugel von der Axe des Drahtes bezeichne ich durch a^ und . den der beweglichen Kugel durch a. Endlich, soll r die Entfernung der beiden Kugeln von einander bedeuten.

VernaoJilässigt man die von den Kugeln durch die gegenseitige Influenz in ihnen hervorgebrachte Störung in der gleichmässigen Verteilung ihrer bezüglichen Electricitäten, so wird die zwischen den beiden Kugeln wirkende Abstossuugskraft gleich EE^/r^^ somit das Drehungsmoment in Bezug auf die Axe des Drahtes

E E^ aa^ sinf>

^^■^—

Den Einfluss der. von der Standkugel in dem Kugelgehäuse influencirten Electricität auf die bewegliche Kugel können wir durch den des Bildes der Standkugel mit Bezug auf das Kugelgehäuse ersetzen. Ist die Stand- kugel sehr klein gegen das Kugelgehäuse, so liegt ihr Bild in dem durch die Standkugel gezogenen Radius in einer Entfernung h^ja^ von dem Bo- wegungsmittelpunktc und hat die Ladung E^bja^, Da der Abstand dieses Bildes von der beweglichen Kugel gleich

(

a^ 2 cosü -+- ö I

«1

ist, so haben wir für das von dem Bilde der Standkugel auf die bewegliche Kugel um die Drahtaxe ausgeübte Drehungsmoment

216.] Eiufluss des Gehäuses. 343

Z)' = EEj

62

, . a sin }>

0 a^

«1

a2— 2 COS& H A

a,

= EE ^^^ ^^"^

*T-^V" •=*'''* + "in

Wir haben also die Gleichung

Ist der Radius des Kugelgehäuses sehr beträchtlich gegen die Ent- fernung der beiden Kugeln von der Dxehungsaxe, so geht der obige Aus- druck über in

Electroineter * zur Messung von Potentialen.

216. Bei allen Electrometem besteht der bewegliche Teil aus einem Körper, der mit Electricität zu einem Potential geladen ist, welches von den Potentialen anderer in seiner Nähe befindlicher fixirter Körper abweicht.

Isolirt man mit Coulomb den beweglichen Körper von allen «udern, so ist seine Ladung das directe Object der Messung. Wenn man die Kugeln des Coulomb sehen Electroineters durch feine Drähte mit andern. Conductören verbindet, so laden sie sich mit Electricitätsmengen, welche von den Potentialen der betreifenden Conductören und von dem Potential des Gehäuses abhängen. Näherungsweise ist dann die Ladung jeder Kugel gleich dem Producte ihres Radius in die Diiferenz ihres »Potentials gegen das Potential des Gehäuses, vorausgesetzt dass die Radien der Kugeln verhältnismässig klein sind gegen den Abstand sowohl der Kugeln von einander als von der nächsten Wand oder Begrenzung des Gehäuses. Die letzte Bedingung bringt es mit sich, dass die Coulomb sehe Form der Torsionswage sich für genaue Messungen geringer Potentialdifferenzen nicht eignet, weil die Kraft, mit der die beiden Kugeln in der durdi die Bedingung geforderten Entfernung aufeinander einwirken, bei kleiner Potentialdifferenz zu unbeträchtlich ausfallt.

Absolutes Scheibenelectrometer mit Schutzring von Thomson, Weit geeigneter zu Messungen kleiner Potentialdifferenzen sind die Electrometer, in denen die Kugeln durch Scheiben ersetzt sind.

344 Electrometcr zur Messung von Potentialen. [217.

Solche Electrometcr sind zuerst. von W. Snow Harris construirt worden.*) Ihre grösste Vervollkommnung in theoretischer wie in constructiver Hinsicht verdankt man aber W. Thomson.**)

Wenn zwei Scheiben von verschiedenem Potential einander bis auf einen geringen Abstand gegenüber gebracht werden, so verteilen sich die Electricitäten auf den einander zugewendeten Flächen derselben fast ganz gleichförmig und verlassen fast vollständig die von einander abgewendeten Scheibeuflächen, so dass man dort, falls keine fremden Körper in der Nähe sind, nur Spuren von Electricität vorfindet.

Die Ladung einer der Scheiben, der positiven etwa, ist dann direct proportional dem Producte aus dem Flächeninhalt dieser Scheibe in ihre Potentialdifferenz gegen die andere Scheibe und umgekehrt proportional dem Abstände der beiden Scheiben von einander. Nimmt man also grosse Scheiben und nähert sie einander so weit, als man nur, ohne die Isolation aufzuheben, vermag, so wird auch eine nur geringe Potentialdifferenz zu einer messbaren Attractionswirkung Veranlassung geben.

Ich habe schon in Art. 202 die mathematische Theorie der Verteilung der Electricität auf zwei Scheiben gegeben, dort ist aber angenommen worden, dass die Scheiben in der Unendlichkeit von einander isolirt sind, und das ist natürlich in der Praxis unstatthaft. Es ist daher auch nicht leicht, aus den numerischen Angaben so construirter Apparate die zu messenden Grössen abzuleiten.

217. Thomson hat darum, um den theoretischen Bedingungen möglichst nahe zu kommen, die bewegliche Scheibe noch mit einem Schutzring umgeben und damit die wichtigste Verbesserung seines Apparates zuwege gebracht.

Er nahm zunächst beide Scheiben gleich gross und schnitt aus der beweglichen einen kleinen centralen Teil heraus, den er zur eigentlichen bew.eglichen Scheibe machte, während er den übrig gebliebenen Ring fest mit der fixirten Scheibe verband. Dadurch erreichte er zweierlei, einmal wird die Kraftwirkung nur an dem Teile der Scheibe gemessen, wo sie noch am regelmässigsten gestaltet ist, dann aber fällt auch der Einfluss, den sonst die nicht ganz gleichförmige Verteilung der Electricität ausüben würde, fast ganz heraus, weil gerade der Teil der Scheibe, wo die. Ungleich- förmigkeit in der electrischen Verteilung am meisten hervortritt, also der an der Kante, auf dem Schutzring fixirt bleibt.

Ausserdem kann man auf dem Schutzring ein "Metallgehäuse an- bringen, durch welches die Rückseite der beweglichen Scheibe und alle mit dieser in Verbindung stehenden Teile dee Apparates gegen fremde Influenz- einwirkungen geschützt werden.

*) Phil. Trans. 1834.

**) Man sehe Thomsons vor/ilglichcn Bericht über Electrometcr. ReporLof ihe Brithh Asxoviation. Dundee 18G7.

217.]

Absolutes Electrometer von Thomson.

345

Das absolute Electrometer von Thomson besteht also der Hauptsache nach aus zwei parallelen Platten, die zu verschiedenen Potentialen geladen sind, und von denen die eine so eingerichtet ist, dass nur ihr centraler Teil, der als solcher frei von der an der Kante herrschenden ungleichförmigen Verteilung der Electricität ist, unter dem Einfluss der elcctrischen Kräfte sich bewegen kann.

Die feste Scheibe ist horizontal auf einem isolirenden Fuss befestigt, der durch eine Micrometerschraube vertical auf und ab bewegt werden kann. Der Schutzring muss möglichst eben gestaltet und parallel der festen Scheibe befestigt sein. Sein Rand muss mindestens über dem Rande der Scheibe

^ e^enyeuriekt

Sicher^ ^^ hntsmurKen

WiJJupe

Jsölirender Tau

Fig. 19.

sich befinden, es ist aber gut, wenn er diesen noch überragt. Die beweg- liche Scheibe ist an einem Wagebalken, der eine sehr delicate Bewegung gestattet, an drei Fäden so aufgehängt, dass sie gerade durch die OeflFnung des Ringes ohne Reibung hindurchgehen kann. Ihre untere der festen Scheibe zugewandte Fläche muss möglichst eben sein, und die Aufhängung ist so einzurichten, dass diese untere Fläche in einer gewissen Lage mit der untern Fläche des Ringes, vollständig zu einer Ebene zusammenfällt, die nur durch den schmalen kreisförmigen Zwischenraum, der Ring und Scheibe trennt, unterbrochen ist.

346 Electrometer zur Messung von Potentialen. [218 a.

Zu dem Bebufe schraubt man die üxirte Scheibe so lange in die Höhe, bis sie den Schutzring berührt, lässt die bewegliche Scheibe, indem man. sie eventuell mit Gewichten belastet herunter und justirt die Aufhängung so lange, bis die Scheibe gerade noch, aber vollständig auf der festen Scheibe aufliegt. Die untere Fläche der beweglichen Scheibe befindet sich dann mit der untern Fläche des Ringes in einer Ebene. Wenn auch die obern Flächen von Scheibe und Bing möglichst eben sind, so erkennt man das daran, dass das Bild eines Gegenstandes, welches zum Teil von der Scheibe, zum Teil vom Ring entworfen wird, keine Discontinuität zeigt. Die Lage der beweglichen Scheibe gegen den Ring wird durch Sicherheitsmarken fixirt. Thomson verwendet dazu ein horizontal in einer Gabelöffnung des Wagebalkens ausgespanntes dunkles Haar, das bei der Schwingung des Balkens zwischen zwei auf iw^eissem Grunde gezeichneten schwarzen Punkten sich hin und her bewegt. Die Punkte befinden sich auf einem auf dem Ring befestigten Halter, der auch eine Lage trägt, durch die man die Lage des Haares zu den Punkten näher beobachten kjinn. Man bringt nun die Punkte so an, dass das Haar, wenn die untere Seite der Scheibe in der Ebene der untern Fläche des Ringes schwebt, und alle Teile des Apparates durch Herstellung von Verbindungen zwischen ihnen vollständig von Electricität befreit sind, durch die Lupe gesehen als gerade Linie erscheint, welche das Intervall zwischen den beiden Punkten bisecirt. Diese Lage bezeichnet man als Yisirlage,

Auf den Ring setzt man noch ein Metallgehäuse, das die Scheibe und ihre Aufhängungsvorrichtung umgiebt, und Oeffhungen zur Beobachtung der Visirmarken enthält.

Bei einigen Electrometern schwingt der Wagebalken nicht auf einer Schneide, sondern um einen gespannten Platindraht, "der durch seinen Schwerpunkt hindurchgeht (die Figur 19 stellt ein solches Electrometer dar). Man kann sie dann im allgemeinen nicht zu absoluten Messungen ver- wenden, doch sind ihre Angaben constant dieselben, wenn die Torsions- elasticität des Drahtes sich mit der Zeit nicht ändert.

Ring, Gehäuse und bewegliche Scheibe stehen mit einander in leitender Verbindung, sind aber von allen andern Teilen des Apparates isoürt-,

218 a. Hat man mit Hilfe dieses Electrometers die Potentialdifferenz zweier Conductoren zu bestimmen, so verbindet man sie durch Drähte mit den bezüglichen Scheiben, nimmt von der beweglichen Scheibe das Gewicht, welches sie in der Visirlage erhält, herunter und schraubt die feste Scheibe mit der Micrometerschraube so lange in die Höhe, bis die bewegliche Scheibe durch die electrische Attraction wieder in die Visirlage gebracht wird. Die electrische Anziehungskraft der Scheiben in ihrer neuen Lage gegeneinander wird dann durch das Gewicht gemessen, welches die bewegliche Scheibe früher in der Visirlage erhalten hat.

Es sei also W der numerische .Betrag des Gewichts, g die Constante der Schwerkraft; die dem Gewicht entsprechende Kraft ist gleich gW, Ißt

218a.] Absolutes Electroineter von Thomson« 347

dauii A der Flächeuinhalt der beweglichen Scheibe, D ihr Abstand von

der festen Scheibe und V die Poteutialdifferenz der beiden Scheiben gegen- einander, so haben wir

«

Wg =

^T.lfi

also

A ist eigentlicli nicht genau gleich dem Flächeninhalt der beweglichen Scheibe, sondern hat einen etwas grössern Wert^

Bezeichnet man nämlich mit R den Radius der beweglichen Scheibe, mit R' den der Oeffnung im Schutzring, so dass B = R' R die Breite der zwischen Scheibe und Schutzring vorhandenen Furche ist, so haben wir nach Art. 201 für die Electricitätsmenge der beweglichen Scheibe

(R^-hR^ R^—R'

8 Z> ' 8/>

D-ha]

2i) Q==V^

wo

a) a = log 2 = 0,220635(72 ' R)

TZ

ist. Befindet sich die Ebene des Schutzringes nicht in derselben Höhe über der festen Scheibe wie die Ebene der beweglichen Scheibe, sondern ist sie um z von derselben weiter entfernt als die bewegliche Scheibe, so tritt der Charakter des Randes der beweglichen Scheibe als Kaute etwas hervor, und man hat zu der frühem Electricitätsmenge noch eine Correction hinzuzufügen, deren Wert nach einer Berechnung, die erst im Art. 225 an- geführt werden soll, gleich

yj (JB -h R'),z log —^

ist.

Man hat also

2) Q = V

R^-hR'^ R^—R'^ OL . R-^R' , 4rJR-^R')

1 ttt: ,1—. f-- *■

SD SD D-hoL

und hieraus folgt allgemeiner*)

-^-^.logi^i^^f^))

^') Eine strenge Theorie des Thomson sehen Schutzring- Condensators hat Kirchhoff geliefert. Der Leser findet sie in den Gesammelten Abhandlungen dieses Physikers auf Seite 113 ft

348 Electrometer zur Messung -von Potentialen. [218b.

Ist J5, das Intervall zwischen der beweglichen Scheibe und dem Ring^ sehr klein, so fällt das zweite Glied fort, ist z die Höhendiiferenz zwischen der beweglichen Scheibe und dem Schutzring gegen a von unbedeutender Grösse, so ist das dritte Glied zu vernachlässigen.

Im allgemeinen wird man den Apparat so justiren, dass. H sowohl als z nicht berücksichtigt zu werden brauchen, und dann hat man

und

So kann man selbst eine schwache electromotorische Kraft mit dem Electrometer bestimmen, wenn seine Scheiben in sicher messbarer Ent- fernung von einander sich befinden. Ist der Abstand der Scheiben von einander bei einer solchen Bestimmung verhältnismässig klein, so bringt schon eine ganz geringe Aenderung desselben, eine beträchtliche Aenderung in der zwischen den Scheiben wirkenden Kraft hervor, da die Kraft um- gekehrt proportional dem Quadrate des Abstandes variirt. Ein geringer Fehler in der Ablesung der Micrometerschraube verfälscht also das Resultat sehr beträchtlich, wenn nicht der Abstand der Scheiben von einander noch verhältnismässig gross gegen die Fehler der micrometrischen Ein- stellungen ist.

Die Einwirkungen geringer Unregelmässigkeiten in der Form der Scheibenflächen auf die Messungsresultate nehmen, ebenso m% die einer fehlerhaften Bestimmung des Intervalls zwischen den Scheiben, ab wie der reciproke Wert der dritten und hohem Potenz der Entfernung der Scheiben von einander. Ist der Abstand der Sclreiben verhältnismässig gross gegen die Dimensionen der auf ihren Flächen etwa befindlichen Hervorragungen, so wirken die Scheiben aufeinander ebenso wie zwei Ebenen, die in sehr geringen Entfernungen von den Spitzen der bezüglichen Hervorragungen gelegen sind. Wegen näherer Ausführung verweise ich auf die Art. 197, 198, wo von den Kräften, die zwischen gewellten Flächen spielen, die Rede ist.

218b. Der Abstand D der Scheiben von einander bestimmt sich aus der Differenz der Micrometerablesungen, wenn die bewegliche Scheibe auf der festen aufliegt und wenn sie sich in der Visirlage befindet. Da aber einerseits die Bestimmung des Moments des vollen Berührens beider Scheiben mit grosser Unsicherheit behaftet ist, und andererseits selbst ein kleiner Irrtum in der Bestimmung von D bei der Messung geringer Potential- differenzen von grosser Bedeutung ist, so zieht Thomson es vor, nicht direct die Potentialdifferenzen der beiden Scheiben zu bestimmen, sondern Differenzen von Potentialdifferenzen zu beobachten.

218b.] Absolutes Electrometer von Thomson. 349

Sind nämlich D und D' die den Potentialdifferenzen F, 7' entsprechenden Scheibenabstände, so hat man

3)

y_F' = (D-D')]/^'

und D D' ist von der Lage des Nullpunkts der Micrometerschraube, also von der Ablesung bei der Berührung der beiden Scheiben, unabhängig.

Hat man zum Beispiel die electromotorische Kraft einer galvanischen Batterie zu bestimmen, so ladet man erst die untere Scheibe mit Hilfe eines Condensators, der, wenn nötig, durch einen Replenisher auf derselben Höhe seiner Ladung erhalten wird, zu einem Potential V und leitet die obere bewegliche Scheibe zur Erde ab, so dass die Potentialdifferenz zwischen beiden Scheiben V beträgt, Ist I) die Entfernung, bis zu der man die feste Scheibe der beweglichen nähern muss, damit diese wieder in die Visirlage gelangt, so haben wir

= 7)|/«^

Dann setzt man die negative Electrode der Batterie mit der beweglichen Scheibe, deren Veibindung zur Erde man vorher unterbrochen hat, in Contact und leitet ihre positive Electrode zur Erde ab. Ist v die electro- motorische Kraft der Batterie, so ist jetzt die Potentialdifferenz irischen den beiden Scheiben V -\- v. Verschiebt man wieder die untere Scheibe bis zum Abstand />' von der obem, bis letztere sich in die Visirlage ein- stellt, so hat man

also

= (/)'- Z))]/^

g\y

Man kann sich also mit Hilfe einer zweiten Electricitätsmenge immer ein geeignetes Intervall verschaffen.

Es ist aber dabei notwendig, dass während des Experiments das Potential 7, zu welchem die untere Scheibe durch den Condensator geladen ist, constant bleibt. Um sich von dieser Constanz zu versichern, verbindet man die untere Scheibe des Electrometers mit der untern Scheibe eines andern Electrometers, dessen obere Scheibe zur Erde abgeleitet und durch Heraufschrauben der mitcrn Scheibe in die Visirlage gebracht ist. Jede Veränderung in dem Werte von V manifestirt sich dann an dem zweiten Electrometer durch ein Herausgehen des Haares aus der Mitt« des Intervalls zwischen den beiden schwarzen Visirpunkten.

350 Electrometer zur Messung von Potentialen. [219.

Das Hilfselectrometer braucht nicht so sorgfältig gearbeitet zu sein wie (las erste zur eigentlichen Messung verwendete, da es nicht zu absoluten Bestimmungen dienen soll, sondern nur um zu constatiren, dass die Hilfs- ladung vom Potential V sich im Laufe des Versuchs nicht verändert. Man kann es deshalb Prüfelectrometer nennen.

Man bezeichnet die oben auseinjindergesetzte Methode, eine electro- motorische Kraft unter Zuhilfenahme einer fremden El^tricitätsmenge zu messen , als die . Hetefostatische Methode der Electrometrie, im Gegensatz zu der Idiostatißchen , bei der die ganze Einwirkung lediglich durch die zu messende Electricitätsmenge hervorgebracht wird.

Wenn der Apparat genügend bequem eingerichtet ist, so setzt man ihn in ein Leydener Gefäss, dessen innere geladene Belegung mit der be- weglichen Scheibe und dem Schutzring leitend verbunden ist. Die feste Scheibe wird erst zur Erde abgeleitet und dann mit dem Conductor. dessen Potential bestimmt werden soll, verbunden.

219. Thomsons Qiiadrantenelectromeier. Das eben beschriebene Electrometer ist nicht selbstwirkend, sondern ergiebt seine Resultate jedes- mal nur unter Beihilfe des Experimentators, der die untere Scheibe durch die Micrometerschraube zu verschieben hat. Es gehört also nicht zu den selbst- registrirenden Instrumenten, deren Eigenschaft eben darin besteht, dass sie von selbst die geeigneten Angaben machen. Das im Folgenden zu be- schreibende Thomson sehe Quadrantenelectrometer ist dagegen dieser Classe der selbstregistrirenden Instrumente einzureihen.

Der Hauptbestandtheii des Apparates besteht in einer zu einem hohen Potential geladenen beweglichen Scheibe C, welche innerhalb zweier in noch anzugebender Weise geformter Conductoren -4, B von gleichem oder ver- schiedenem Potential so schwingt, dass bald in dem einen, bald in dem andeni Conductor sich ein grösseres Stück von ihr befindet.

Dazu benutzt man für -4, J?, C am besten Teile von Rotationsflächen, die dieselbe Axe haben, und lässt C sich um diese Axe bewegen.

Bei einer solchen Configuration bleibt der Abstand der Flächen von C gegen die Flächen der Conductoren A und B während einer positiven Rotation von C um die Axe der Configuration immer derselbe, während das Flächenstück, das B gegenübersteht, sich zum Beispiel vergrössert und das dem Leiter A zugewandte kleiner wird.

Sind die Potentiale von A und B einander gleich, so existirt keine Kraft, welche C von A nach B oder umgekehrt von B nach A drängen könnte. Ist aber die Potentialdifferenz von C gegen B grösser als die von (' gegen A^ so hat C das Bestreben, sich so zu bewegen, dass den Flächen des Conductors B ein grösseres Stück seiner Fläche gegenübersteht, als denen des Conductors A,

Man kann nun durch geeignete Anordnung des Apparates bewirken, dass die Kraft, welche eine bestimmte Vergrösserung des einem der Con-

219.] Thomsons Quadrantenelectroracter. 351

ductoren Ä oder B gegenüberstehenden Flächenteiles von C hervorbringt, in gewissen Grenzen unabhängig von der Lage ist, die C gegen die festen Conductoren. schon einnimmt. Ist dann C an einem Faden aufgehängt, so werden seine Ablenkungen aus der Gleichgewichtslage näherungsweise proportional dem Producte aus den entsprechenden Potentialdifferenzen zwischen A und B in die Differenz des Potentials von C gegen das Mittel der Potentiale von A und B sein.

Die Methode, deren man sich bei der Messung von Potentialdifferenzen mit diesem Electrometer bedient,* ist die heterostatische. Man erhält die Platte C mit Hilfe eines Condensators, der mit einem Beplenisher*) ver- bunden ist, und durch ein Prüfelectrometer**) controlirt wird, auf einem hohen Potential, während man A und B mit den Conductoren verbindet, deren Potentialdifferenz gemessen werden soll. Der Apparat ist um so empfindlicher, je höher das Potential von C gegen die Potentialdifferenz von A und B ist, so dass er sich ganz besonders zur Bestimmung kleiner Potentialdifferenzen eignet.

Die Theorie dieses Electrometers ergiebt sich aus der in den Art. 93, 127 auseinandergesetzteu allgemeinen Theorie eines Systems von Leiteni.

Es seien also A^ B^ 6* die bezüglichen Potentiale dreier Conductoren, deren Capacitäten bei ihrer gleichzeitigen Existenz durch a, 6, c gegeben sind, p bezeichne den Coeffici^nten der Induction zwischen B und C, q den zwischen C und A^ r den zwischen 4 und B. Da die Capacitäten und Inductionscoefficienten von der Configuration und Lage der Systeme, für welche sie gelten sollen, abhängen, so werden sie im allgemeinen Functionen der Lage von C gegen A und B sein, und man kann auch die Form dieser Functionen eruiren, wenn man die Bewegung von C so einschränkt, dass seine Kanten nirgends denen von A bezüglich B zu nahe kommen. Be- zeichnet 0 die Ablenkung des Conductors Cvon A nach 2? hin, so wird der dem Conductor A gegenüberstehende Flächenteil von C um so kleiner, je grösser 0 ist. Hat also das Potentialniveau auf A den Wert 1 und auf B und C den Wert Null, so wird die Ladung von A, also die Capacitä.t dieses Conductors bei der betreffenden Lage von C, gleich a = ai) a{> sein, wo Qq die Capa- cität von ^'in der Gleichgewichtslage von C bezeichnet, und a eine Con- stante angiebt. Liegen A und B symmetrisch zu C\ wenn dieses sich in der Ruhelage aufhält, so ist gleichzeitig die Capacität von 5, also 6 =Z>q + af>. Die Capacität von C ändert sich natürlich nicht durch seine Bewegung, weil der einzige Effect der Bewegung von C darin besteht, dass die Intervalle zwischen A und /i durch immer andere Teile von C ausgefüllt werden. Wir haben also c = Cq. Femer ist die Electricitätsmenge, welche in C in seiner abgelenkten Lage durch eine Steigerung des Potentialniveaus auf B

*) Wiedemann benutzt dafür die Bezeichnung Füllapparat. S. dessen Lehre von der Eleciricität 188'2 Bd. I. pag. 168. Andere nennen es Restitutor.

**) So nennt Wiedemann 1. c. dieses Controlinstniment; sonst heisst es aiich Ladungsincsscr {gauge electrometer,)

352

Electrometer zur Messung von Potentialen.

[219.

von 0 bis 1 inducirt wird, also der Coefficient der Induction zwischen B und C gleich p=Po a^, wo j^o den Inductionscoefftcienten in der ursprünglichen Lage des C bezeichnet. Entsprechend haben wir q^q^-^ ab und, weil A und B ihre Lage gegen einander nicht verändern, r = r^.

Die electrische Energie des Systems ist aber

1)

ir= ^A^a-^-^BH-^^ Q^c -i-BCp-h CAq+ A Br,

also das Moment 9 der Kraft, welches W zu vergrössern strebt,

2a) ^ = FJr=^2"^ aö+2^^ p-^2^ fb-^^^^eS-^-^^^Ti^^'^li

= -~A^oi+^n^a nCa -^CAa^' woraus sich das schon früher ausgesprochene Gesetz

e = a(^~B)(c-i(k-4-ß))

2b)

ergiebt.

Gegenwärtig bildet man die Conductoren A^ B des Thomson sehen Quadrantenelectrometers dadurch, dass man eine cylindrische Büchse durch zwei zu einander und zu den Grundflächen senkrechte Schnitte in vier von

einander vollständig getrennte und isolirte Quadranten zerschneidet. Je zwei diagonal gegenüberstehende Quadranten durch einen Draht verbunden bilden dann den Conductor A bezüglich B,

Der Conductor C besteht aus zwei flachen Bogenstücken, welche durch die zugehörigen Durchmesser mit einander verbunden sind. Er befindet sich innerhalb der Büchse, aus der die Conductoren A und B gebildet sind, und kann sich um eine zur Büchse senkrechte Axe drehen. In der Gleichgewichtslage von C liegen die Bogenstücke von C zu gleichen Teilen in A und B, so* dass die beiden Durchschnitte durch die Büchse den Winkel zwischen den Durch- messern von C halbiren. Ausserdem hängt C genau in der Mitte zwischen den Bodenflächen der Büchse , sodass die Entfernungen zwischen .den Kanten der Conductoren möglichst gross sind.

' Dor Conductor C wird mit der innem Belogung einer Le3'dener Flasclie verbunden, die gleichzeitig als Gehäuse für den Apparat benutzt wird und so zu einem hohen Potential geladen.

Fig. 20.

219.] Theorie des Quadrantenelectrometers. 353

Die Conductoren B und A werden mit den Körpern verbunden, deren Potentialdiiferenz gemessen werden soll; handelt es sich also um Bestim- mung des Potentials eines Körpers, so verbindet man B mit der Erde und A mit jenem Körper.

Ist das Potential des Körpers, also auch das des Conductors A^ gleich

•Null und der Apparat sonst in Ordnung, so darf keine Kraft auftreten, die C zu bewegen strebt. Ist das Potential auf A von demselben Zeichen

wie das auf C\ so dreht sich C mit nahezu gleichförmiger Kraft so lange von A nach B hin, bis die Torsionselasticität des Fadens, an dem C hängt, ein dem electrischen Moment gleiches Torsionsmoment wachruft. Die Ab- lenkung/> von C aus der ursprünglichen Lage ist dann, wie wir gesehen haben, innerhalb gewisser .Grenzen proportional dem. Product

3) D = (A B)[C-i(A-^D)l

Indem man C beträchtlich anwachsen lässt, kann man die Empfind- lichkeit des Instruments so lange, als es die Bedingungen, welche den Ausschlag des Conductors C einschränken, gestatten, beliebig steigern. Ist das Potential von C sehr gross gegen das mittlere Potential von A und 5, so wird die Ablenkung von C proportional der Grösse

3j) D = C\A^B)

sein, oder, wenn B zur Erde abgeleitet ist, proportional

32) ' D = CA,

Da die Electricität des Körpers, dessen Potential bestimmt werden soll, bei seiner Verbindung mit dem Conductor A sich auf diesem mit verbreitet, so ist A als das Potential von A nicht direct das zu messende Potential des Körpers, sondern sein Potential nach seiner Verbindung mit A, Ist aber /t die Capacität des betreffenden Körpers, A"' die des Conductors A, V das Potential des Körpers vor seiner Verbindung mit A und T" das Potential von A vor der Verbindung mit dem Körper, so ist das Potential A nach Herstellung der Verbindung-

_ KV-^-K'V ^— K-hK' '

also das zu messende Potential des Körpers

4) V = A+^(A^r),

Man sieht, dass V=A ist, wenn der Körper sehr gross gegen den Conductor A ist, so dass auch K sehr gross gegen K' wird, oder wenn der Betrag von A sich nur wenig von dem von T" unterscheidet.

Da eine directe Bestimmung der Capacitäten sich nur schwer bewerk- stelligen lässt, so tut man gut, den letztem Fall möglichst zu realisiren.

Maxwell, Electricität U.Magnetismus. 1. 23

354 Messunof des Potentials. ' [220.

Man misst daher zunächst das Potential des Körpers näherungsweise und ladet die Electrode .4 durcli einen Rejilenüher müglichst zu dem Potential A^ welches A nach seiner Verbindung mit dem Körper annehmen wird, so dass A V nur einen geringen Betrag erreicht und das von K' j K abhängige Glied in der Formel 4) fortgelassen werden darf. Damit bekommt man einen zweiten Näherungswert für das Potential, mit dessen Hilfe man die Ladung der Electrode A corrigirt, um einen dritten Näherungswert zu erlangen. So kann man selbst ohne Kenntnis der Capacitäten mit dem Quadrantenelectrometer das Potential auch für Körper, deren Capacität klein ^(^gQW die der benutzten Electrode A des Electrometers ist, bestimmen.

220. Zur Graduirung des Quadrantenelectrometers verwendet man am besten ein Scheibenelectrometer, ^velches Potentfale in absolutem Maasse zu bestimmen gestattet, indem man Potentiale von Conductoren, die sich auf dem Scheibenelectrometer mit genügender Sicherheit messen lassen, die also nicht zu klein sind, erst mit diesem und dnnn mit dem Quadrantenelectro-

meter bestimmt. Man erhält so eine Reihe von Scalenablesungen , welche bestimmten. Potentialen entsprechen, und durch deren Ausgleichung sich die Proportional itätsconstante des betreflfenden Electrometers berechnen lässt. Der Wert, welchen das Quadrantenelectrometer dann für ein Potential ergiebt, hängt noch von dem Torsionsco'efticienten des Drahtes, an dem C aufgehängt ist, und von dem als constant betrachteten Potential dieses Conductors ab.

Messung des Potentials an einem frei gelegenen Punkt.

221. Erste Methode, Man bringt eine Kugel, deren Radius klein gegen ihren Abstand von dem nächsten electrischcn Körper ist, in den Punkt, wo das Potential gemessen werden soll, verbindet siQ zunächst mit der Erde,. ' isolirt sie dann und bestimmt ihr Potential an einem genügend weit ent- fernten Electrometer.

Ist 1' das Potential in dem betreffenden Punkte, a- der Radius der benutzten Kugel, I'' das Potential der Kugel, gemessen an einem durch ein Metallgehäuse, das zur Erde abgeleitet ist, gegen alle Influenzeinwirkungen geschützten Electrometer und Q die Electricitätsmenge der Kugel, so haben wir einerseits

und andererseits auch demnach

Das gesuchte Potential in dem betreffenden Punkte ist also entgegen- gesetzt gleich dem der kleinen Kugel, wenn letztere an den Ort des Punktes

221.] Messung des Potentials. 355

gebracht, dort zur Erde abgeleitet, dann isolirt und ihr Potential in einem gegen Influenzein Wirkungen geschützten Kaum gemessen wird.

Es ist dies die Methode, deren sich Dellmann aus Kreuznach bei seinen Bestimmungen des Potentials in gewissen Höhen über der Erdober- fläche bedient hat.

Zweite Methode. Man befreit zunächst die Kugel vollständig von aller Electricität, indem man sie in ein rings geschlossenes Metallgefäss einsenkt und mit der Innenfläche des Gefässes in Berührung bringt. Dann legt man sie an den Ort, wo das Potential bestimmt werden soll, und verbindet sie durch einen feinen Draht mit einer Electrode eines entfernt aufgestellten Electrometers. Das Potential dieser Electrode wird sich dann in seiner Grösse etwas dem an der Stelle, wo die Kugel sich befindet, herrschenden Potential nähern. Man löst die Verbindung der Kugel mit der Electrode, entladet sie möglichst vollständig und stellt jene Verbindung wieder her, das Potential der Electrode nähert sich xlann noch mehr dem zu messenden. So fährt man mit Lösen, Entladen und Verbinden fort, bis das Potential der Electrode sich nicht mehr merklich ändert, und erhält in diesem schliess- lichen Wert des Potentials der Electrode das Potential an der Stelle, wo die Kugel sich befindet.

Dritte Methode. Diese Methode ist im Princip dieselbe, wie die zweite, sie beruht darauf, dass man eine Reihe von kleinen Körperchen zwingt, sich in dem betreifenden Punkte, wo das Potential gemessen werden soll, von der Electrode des Electrometers abzulösen. Man verbindet zu dem Behufe die Electrode mit einem Trichter oder einer Röhre, durch die man Schrotkörner oder Feilspäne oder Wasser fliessen lässt und regulirt die ganze Einrieb tutig so, dass der Strom von Körperchen in dem Punkte, wo das Potential gemessen werden soll, discontinuirlich wird. Das Potential der Electrode wird dann mit der Zeit gleich dem an der betreffenden Stelle herrschenden Potential.

Mau kapn auch an die Electrode einen feinen Schwefelfaden binden, den man an dem freien Ende anziindet, das Electrometer giebt dann sehr bald das Potential xin der jeweilig brennenden Stelle.

Ist die Potentialdifferenz zwischen der Electrode des Electrometers und dem Punkte, wo das Potential gemessen werden soll, sehr beträchtlich, so kann man auch so verfahren, dass man in diesen Punkt eine feine Spitze anbringt, die mit der Electrode verbunden ist. Es tritt dann mit Hilfe .der umgebenden Luftpartikel eine Entladung ein. Wo die Potentialdifferenz nicht genügend .gross ist, da muss man schon von den andern Methoden Ge- brauch machen.

Will man nur das Zeichen der Differenz der au zwei verschiedenen Stellen herrschenden Potentiale, nicht ihren numerischen Betrag kennen, so führt man von dem einen Orte zu dem andern eine Metallröhre und lässt durch diese Wasser oder Feilicht in ein isolirtes Metallgefäss laufen. Jeder

23*

356 Messung des Potentials. [222.

Tropfen, der in das Gefäss gelangt, bringt dann eine gewisse Electricitäts- menge mit sich, die er dem Gefäss abgiebt, so dass die I.adung des letztem sich fortdauernd vergrössert und schliesslich selbst durch rohe Methoden bestimmt werden kann. Das Potential des Gefässes ist positiv, wenn das der Röhre gegen die umgebende Luft positiv ist.

222. Man kann eine der angegebenen Methoden zur Bestimmung des Potentials in Punkten eines electrischen Feldes auch dazu verwenden, um das Potential auf Conductoren zu messen, ohne sie dabei zu berühren. Man bestimmt dazu das Potential in Punkten in der Nachbarschaft des Conductors, aus dem sich dann das Potential des Conductors leicht berechnen lässt. Jene Methoden sind namentlich dann, wenn der betreffende Körper einen nahezu abgeschlossenen Hohlraum enthält, anwendbar, denn da in einem solchen Hohlraum das Potential fast constant und beinahe genau gleich dem Potential des Conductors ist, so hat man nur das Potential in einem Punkte der Höhlung, der möglichst entfernt von der Oeffnung derselben sich befindet, zu messen.

In dieser Weise hat W. Thomson die Tatsache constatirt, dass das Potential in den Punkten eines von einem Zinkconductor umgebenen Hohl- raumes positiv ist gegen das Potential in den Punkten eines von einem Kupferconductor umgebenen Holüraumes, wenn beide Conductoren mitein- ander leitend verbunden sind.

Messung der electrischen Flächendichte. Theorie der Prüfungskörper.

223. Will man die mathematische Theorie der electrischen Verteilung auf Conductoren verificiren, so muss man ein Mittel besitzen, \lie Flächen- dichte der Electricität in den verschiedenen Punkten der Oberfläche eines Conductors zu messen. Coulomb bedicptc sich zu solchen' Dichtebestim- mungen einer Scheibe von Rauschgold, welche an einem isolirenden SeheTlack- stäbchen befestigt war. Er legte die Scheibe so eng als möglich an die betreffende Stelle des Conductors an, entfernte sie mit der isolirenden Hand- habe und bestimmte dann ihre Ladung an seinem Electrometer.

Da die Oberfläche der Scheibe möglichst der Conductorfläche ange- schmiegt wurde, so schloss er, dass die Flächendichte der Electricität auf der Aussenseite dieser Scheibe sehr nahe der auf der betreffenden Stelle der Conductorfläche herrschenden gleich sei, und dass die Ladung der Scheibe, nach ihrer Entfernung vom Conductor, sehr nahe dieselbe Grösse habe, wie das von der Scheibe bedeckte und ihr an Flächeninhalt gleiche Stück der Conductorfläche.

223.] Theorie der Prijfungskörper. 357

Mau iieuut seither eine zu derartigen Messungen verwendete Scheibe eine Frohe- oder Prüfungncheibe. Da aber gegen Coulombs Art der Ver- wendung der" Probescheibe Einwürfe erhoben worden sind, so lasse ich einige Bemerkungen über die Theorie derartiger Untersuchungen folgen.

Das Charakteristische an derartigen Experimenten ist. dass man einen kleinen leitenden Körper in Berührung mit der Stelle eines Conductors bringt, wo die Dichte gemessen werden soll, ihn dann entfernt und aus seiner Ladung auf. die Flächendichte der Electricität an der betreffenden Stelle des Conductors schliesst.

Ich habe daher zunächst zu zeigen, dass der kleine Körper bei seiner Berührung mit dem Cqnductor sich mit einer Electricitätsmenge ladet, welche der an der Berührungsstelle vor der Berührung herrschenden Flächen- dichte der Electricität wirklich proportional ist.

Ich setze voraus, dass .alle Dimensionen des Prüfungskörpers, und namentlich die in Richtung der Normale zur Conductorfläche fallende, ver- hältnismässig klein gegen die Krümmungsradien der Conductorfläche an der Bcrührungsstelle sind. Erfüllt der kleine Körper diese Bedingung, so kann man von der Variation der electrischen Kraft vom Conductor bis zu seinem am weitesten abgelegenen Punkt abstrahiren, und den kleinen Körper als kleine plane Fläche betrachten.

Die Ladung, welche eine solche kleine Fläche bei der Berührung mit einem Conductor in sich aufnimmt,' ist aber proportional der an der Be- rübrungsstelle, in Richtung der Normale wirkenden Kraft, also auch pro- portional der dort herrschenden Flächendichte.

Es könnten noch Zweifel bestehen, ob der kleine Körper auch seine Ladung bei seiner Entfernung von dem Conductor mit sich zu nehmen im Stande ist, ob er sie nicht dem Conductor durch Funkenentladung zurück- giebt. Es lässt sich aber leicht zeigen, dass in der Tat keine solche Funken von ihm zum Conductor überspringen können.

Wenn der Prüfungskörper sich mit dem Conductor in Berührung be- findet, so ist sein Potential ebenso gross und von demselben Zeichen-, wie das des Conductors, also die Dichte in den der Prüfungsstelle nächsten Stellen sehr gering. Wird dann der kleine Körper eine kurze Strecke vom Conductor, den wir uns als positiv geladen vorstellen, entfernt, so ist zwar die an der ihm gegenüberstehenden Stelle des Conductors herrschende Dichte nicht mehr gleich Null, sondern positiv-, da aber die Ladung des kleineu Körpers ebenfalls positiv ist, so wird die Flächendicht^ der Elec- tricität in diesem dem kleinen Körper gegenüberstehenden Punkt kleiner als in den benachbarten Punkten sein. Nun hängt der Uebergang eines Funkens im allgemeinen von der Grösse der electrischen Kraft, also von der der Dichte ab, und da wir uns den Conductor nicht so stark electrisirt denken, dass etwa Entladungen an einzelnen Stellen desselben Platz greifen könnten, so wird auch von ihm kein Funke auf den kleinen Körper von

3.V< ilesMJDsr der Fläcbeu^licbte. [

einer Stelle überzuspringen vcniiOgea. die. wie wir gesehen haben, weniger KlHCtricität 'dh die benachbarten Stellen enthält.

224. Eine Kugel ah Prüf ungskbr per. Ich werde jetzt die Ladung des kleinen Körpers unter der Annahme bestimmter Formen für ihn und für den Coüductor berechnen. Der Conductor soll eine verhältnismässig grosse Kugel sein, und der kleine Körper von der Conductorfläche aus einer kleinen Kugel ausgeschnitten werden, deren Mittelpunkt auf dem Conductor liegt, die also den Conductor orthogonal schneidet. Wir habeu dann ein Problem vor uns, dessen exacte Lösung wir in Art. ItiC», 108 schon kennen gelernt haben.

Sind also A und B die Centren zweier Kugeln, die sich jsenkrecht schneiden. i und 3 ihre Radien. D IJ' der Durchmesser und C der Mittelpunkt ihres Schnittkreises. endlich V das Potential eines Conductors, der von den beiden, Stücken der Kugelflächen begrenzt ist. so habeu wir für die Ladung auf dem Teile der Kugel (A)

1') (A) = i r (AD -i-BD-\- AC CD BC)

oder

1) {A)^^vU-^^+—..L=J-\.

und für die Ladung auf dem Teile der Kugel {B)

2') {B)^^V{AD-\-BD-\- BC—CD^AC)

oder

V |/a2_ß2 /

Die gcsamiiite Ladung beider Segmente wird

3') {A) -^(B) = V(AD-{-BD-^ CD)

oder

3) ' ^'A)-^(B)^v(a-h?--=^L=\

\ j/a2 -u PL2/

Das Verhältnis der Ladung von (B) zu der von (A) ist also, wenn a relativ grogs gegen p ist,

Hczeichnet weiter <3 die gleichförmige Fläcbendichte , mit der die Elec- tricität sich auf (A) ausbreiten würde, wenn (B) entfernt wäre, so ist die Ladung, die die Vollkugel (A) dann besitzen würde, gleich

(^):=47Ca2(7

226.] Eine Kugel als Prnfungskurper. 359

und wir haben für die Ladung auf (ß)

Ist also |H sehr klein gegen a, so wird die Ladung von (//)

also dreisial so gross, wie die Ladung ihres Aequators, wenn dieser gleich- förmig mit Electricität von der Dichte j belegt wäre.

Wenn die Prüfungskugel voll ist, so wird die mittlere Dichte der Elec- tricität, welche sie nach ihrer Berührung mit der Conductorkugel und Ent- fernung von derselben behalten hat, wie man aus Art. 175, 7) ersieht, gleich r^/i), d. h. das l.()45 fache von der im Berührungspunkte auf der Conductor- kugel herrschenden Dichte der Electricität.

225. Ein Scheibchen als Prüfungskorper,' Die geeignetste Forni für den Prüfungskörper ist die einer ebenen, kreisförmigen Scheibe. Ich zeige daher auch noch, wie man die Electricitätsmenge , die eine solche Scheibe enthält, nachdem man sie auf einen Cond'uctor gelegt und von ihm wieder entfernt hat, berechnen kann.

Die Lösung wird so durchgeführt, dass ein Potential aufgesucht wird, welches eine äquipotentielle Fläche aufweist, auf der *sich eine kreisförmige breitgeschlagene Protuberanz befindet, die in der allgemeinen Form einer einer Ebene aufliegenden Scheibe äjmelt.

Bezeichnet ^ die Flächendichte auf einer gleicliförmig electrisirten Ebene, die wir zur Ebene der jc y machen, so ist das Potential auf einen um z von dieser Ebene entfernten Punkt

T'= 4-72.

Wir electrisiren zwei Scheiben von gleichem Radius a*mit gleichen und entgegengesetzten Electricitätsmengen, deren Dichten i bezüglich -f y sind, derartig, dfiss sich die P]lectricitäten auf ihnen nicht bewegen können, und legen die erste auf die Ebene der x y, so dass ihr Mittelpunkt mit dem Coordinatenursprung zusammeiifallt, und die zweite parallel zu ihr in einem sehr kleinen Abstand c.

Das Potential einer solchen Scheibencombination ist, wie wir noch in der Theorie des Magnetismus zu sehen Gelegenheit haben werden, in einem Punkte, dessen zu dem Rande einer 4er Scheiben führende Vectoren eine Kegeleckc co einhüllen, gleich (j'c<o. Daher haben wir für das Gesammt- Potential der Ebene und der beiden Scheiben den Wert

1) F= 4t:(i2 -h Jj'ctü.

Die Figur auf der linken Seite der Tafel XX. am Ende des zweiten Bandes giebt eine Vorstellung von den diesem Falle entsprechenden Niveau- flächen und Kraftlinien.

360 Messunpr der Fliichendichte. [2a5,

«

Die Kegel ecke ü> wird durch den Inhalt des von dein Kegelmantel auf einer um die Kegelspitzc mit dem Radius 1 gelegten Kugel ausgeschnittenen Flächenstückes gemessen. Zu ihrer Berechnung setzen wir den Abstand des Punktes, in dem V das Potential sein soll, von der rAxe gleich r uud haben dann, wenn r sowohl als z klein gegen den Radius a der Scheib- chen sind,

= 2ic 27:-4--

a

also

ii)

7— 4t:j2 4- j'c(2ir -

Daher ist

V

= 0 für

2)

a'c

a

4-

)

und hieraus ergiebt sich, dass die äquipotentielle Fläche F= 0 in der Nähe der 2:Axe nahezu flach verläuft.

Für Punkte, die ausserhalb der Scheibenränder, wo also r^-a ist ge- legen sind, verschwindet w nur, wenn z verschwindet, es gehört also die a:^ Ebene bis auf das von den Kreisscheiben geschützte Stück mit zur äquipotentiellen Fläche 7=0; die ganze äquipotentielle Fläche

4t:j-2 -}- (j'ctü = 0

sieht also so aus wie eine Ebene, die an einer* Stelle eine Protuberanz von der nahezu gleichförmigen Dicke

(J c

^0 =

2(j-+-(j'- a

besitzt.

Die Breite dieser Protuberanz finden wir, indem wir die Stellen auf- suchen, wo der zuerst behandelte Teil der äquipotentiellen Fläche F=0 die o:^ Ebene schneidet, das heisst, wo dVldz = 0 wird.

Wenn r nahezu gleich a ist, so wird das von dem Kegelmantel auf der Einheitskugel ausgeschnittene Flächenstück

z ü) = 2arctg

r a

a]so

cV ^ 2cr'c

= 47rj -h

Cz r a

226.] Theorie des Probescheibchens. 361

cV/cz ist demnach gleich Null, wenn

3)

oder näheruDgsweise

3i)

wird. Die Protuberanz der Ebene xt; hat also einen Durchmesser von der Grösse 2 (a -h Zo/'^)-.

Das Flächenintegral über die Protuberanz giebt die auf ihr ausge- breitete Electricitätsmenge Q, und lässt sich wie im Falle eines Kreisstromes, Art. 704, auswert(in. Man erhält

^0 =

= a +

(J c

'•ü

a +

r.arj^

4) (;> = 4Tracr'c|log^rT3^ -2j -f-

oder näherungsweise

Wäre die Dicke der Protuberanz gleich Null, gehörte sie also der j:^ Ebene selbst an, so würde ihre Ladung iz^sr^ sein, das erste Glied in Q entspricht demnach der Correction, die man für die Dicke der Protuberanz anzubringen hat.

Denkt man sich die Protuberahz von der Dicke z und dem Radius r

m

von der xy Ebene losgelöst und als Probescheibchen verwendet, so nimmt sie von der auf dem Berührungsteil der xy Ebene und in der Nähe desselben vorhandenen Electricität sehr näherungsweise das

1 H- 8 log fache

r z

mit sich.

Electrische Accumulatoreo.

226. Ein electrischer Aacumulator oder Condensator besteht aus zwei durch ein isolirendes dielectrisches Medium getrennten leitenden Flächen.

So ist die Leydener Flasche in ihrer jetzigen Gestalt ein Accumulator, der dadurch gebildet wird, dass eine Glasflasche innen und aussen bis zu einer gewissen Entfernung von der Flaschenmündung mit Zinnfolie belegt wird. Früher goss man in die Flasche Wasser hinein und hielt sie bei Experi-

362 Accumulatoren. [226.

menteu in der Hand. Das Wasser war dann der eine, die Hand der andere Conductor.

Allgemein kann man die äussere Fläche irgend eines Conductors als einem Accumulator angehörig betrachten, dessen andere Conductorfläche durch die Erde oder die Wände des Raumes, in dem der Conductor sich befindet, gebildet wird, während die Luft das isolirende Zwischenmedium darstellt.

Die Capacität eines Accumulators ist diejenige Electricitätsmenge, mit der man die innere Conductorfläche laden muss, bis die Differenz ihres Potentials gegen das Potential der andern, äussern, Conductorfläche gleich der Einheit wird. Sie ist, wie schon in Art. 88 auseinandergesetzt ist, electrostatisch gemessen von den Dimensionen einer Linie, so dass die für sie in speciellen Fällen gemachten Zahlenangaben sich auf die in dem be- treff'enden Lande übliche Längeneinheit beziehen. Die Accumulatoren werden in electrischen Untersuchungen hauptsächlich nach zwei Bichtungen hin. verwendet.

Einmal sollen sie eine grosse Menge von Electricität in sich aufnehmen und auch zurückhalten, dann aber dienen sie zur Messung von Electricitäts- mengen , indem man das Potential bestimmt, zu dem sie durch diese er- hoben werden.

Für den ersten Zweck hat sich bis jetzt noch keine Einrichtung so' gut bewährt, wie die in der Leydener Flasche getroffene, wenngleich auch in dieser die Electricität sich nicht dauernd aufbewahren lässt. Der grösste Teil des Verlustes an Electricität;, den eine Leydener Flasche erleidet, rührt davon her, dass die Electricitäten beider Belegungen längs den, meist feuchten, unbelegten Teilen der Flasche einander entgegen kriechen und sich dann neutralisiren. Man" trocknet deshalb die Flasche im Innern möglichst sorgfaltig und überzieht die nicht belegten Teile derselben mit einem Firnis. Dadurch wird der Verlust ziemlich stark reducirt; In W. Thomsons Electroskopeii ist denn auch der tägliche procentische Verlust an Electricität äusserst gering, und ich glaube, dass selbst dieser Verlust weder der Leitung durch die Luft noch der durch das Glas zu- geschrieben werden darf, sondern dass er durch die Leitung längs den Flächen der isoHrenden Stäbe und freien Glasteile jener Apparate ver- ursacht wird.

In der Tat hat auch Thoms(5u, als er Schwefelsäure in einen Kolben mit langem Halse einfüllte, mit Electricität lud und dann hermetisch durch Zuschmelzen des Kolbenhalses absperrte, noch nach Jahren die Ladung in ihrer Stärke unverändert gefunden.

Doch isolirt Glas nur bei niederen Temperaturen, in höheren wird es leitend und lässt schon bei weniger als 100^ die ganze lillectricitätsmengo entschlüpfen.

227.] Kugeln und Schalen als Accumulatoren. 363

AVill man Accumulatoren von grosser Capacität und verhältnismässig kleinem Umfang construiren, so verwendet man als isolirendes Zwischen- medium Kautschuk, Glimmer odqr mit Paraffin getränktes Papier.

227. Bei Accumulatoren, die zur Messung von Electricitätsmengen dienen sollen, kann man feste Dielectrica wegen ihrer als electrische Absorption bezeichneten Eigenschaft nur unter grossen Vorsichtsmassregeln als Zwischenmedien verwenden.

Für solche Accumulatoren ist die Luft das einzig geeignet« Dielectricum. Doch bietet auch sie wegen der Leichtigkeit, mit der» sich fremde leitende Körper durch sie verbreiten, manche Unzuträglichkeiten. So können zum Beispiel Feuchtig keits- und Staubteilchen in den engen Raum zwischen den beiden Conductoren, wo nur Luft vorhanden sein sollte, gelangen, wo- durch nicht blos die Dicke der trennenden Luftschicht alterirt wird, sondern auch Leitungsbrücken zwischen beiden Conductoren hergestellt werden können, durch die sich ihre Electricitäten ausgleichen.

Die Capacität eines Accumulators wird in absolutem Maasse, das heisst in Einheiten der Länge, entweder durch Rechnung bestimmt, indem man seine Form und die Lage seiner einzelnen Teile gegen einander mathe- matisch fixirt und dann für ihn das Problem der Verteilung der Electricität löst, oder durch Vergleichung mit der Capacität eines andern Accumulators, für den aUe Daten schon vorliegen, gemessen.

Dre erste Methode ist meist äusserst schwierig durchzuführen, njan be- nutzt daher am besten die zweite, indem man sich als Standard einen Accu- mulator verschafl't, für -den sich das Problem der Verteilung der Electricität exact lösen lässt. Dazu kann man zujn Beispiel eine isolirte, in einem sehr Jiusgedehnten electrischen Felde befindliche, leitende Kugel verwenden, deren Capacität bekanntlich gleich ihrem Radius ist.

In der Tat haben auch Kohlrausch und Weber mit einer solchen Kugel, die in ihrem Laboratorium aufgehängt war, als absolutem Standard, die Capacitäten anderer Conductoren bestimmt.

Inzwischen ist die Capacität einer Kugel von massiger Grösse so klein im Verhältnis zu der Capacität der gebräuchlichen Accumulatoren , dass eine Kugel sich nicht wohl zu solchen Vergleichungen eignen dürfte.

Eine beträchtliche Vergrösserung erfährt die Capacität einer Kugel, wenn man sie mit einer ihr concentrischen Kugelschale von etwas grösserem Radius ' umgiebt. Die Capacität der Kugel wird dann die vierte Proportio- nale zur Dicke der Luftschicht, welche die Kugel von der Schale trennt, und zu den Radien der Kugel und der innem Schalenfläche.

Ein so construirter Accumulator ist beispielsweise von W. Thomson als Standard benutzt worden, doch ist es sehr schwer, die Conductoren voll- kommen kugelförmig herzustellen, sie concentrisch anzuordnen und ihre Radien zu bestimmen.

364

Accumulatoren.

[228.

Man wird daher am besten zur absoluten IVhssung von Capacitaten einen Accumulator verwenden, dessen Conductoren durch i)arallel sich geg^eu- überstehende Ebenen gebildet werden.

I)ie Planität der Flächen kann ziemlich leicht untersucht werden und ihr Abstand lässt sich mit genügender Genauigkeit durch eine Micrometer- schraube messen. Ausserdem kann dieser Abstand beliebig verändert wer- den. Jede Messung lässt sich also mehrmals unter verschiedenen Umständen ausführen.

Eine Schwierigkeit bleibt aber auch bei einem so construirten Accu- mulator bestehen, die nämlich, dass man* die ebenen Conductoren notwendig begrenzen muss, während man die Verteilung der Electricität in der Nähe der Kanten nicht streng zu berechnen vermag. Nimmt man zu Conductoren Kreisscheiben, deren Radien gross gegen ihren Abstand von einander sind. so kann man zwar nach der in Art. 202 auseinandergesetzten Helmholtz- schen Methode, indem man die Kanten der Scheiben als gerade Linien betrachtet, die Verteilung der Electricität auf ihnen berechnen. Mau darf aber nicht ausser Acht lassen, dass bei jenen Rechnungen vorausgesetzt ist, dass ausser den beiden einander zugewandten ebenen Flächen weiter keine electrischen Körper mehr vorhanden sind, während in unserm Falle, wie das bei begrenzten Instrumenten nicht zu umgehen ist, sicher ein Teil der Electricität auch auf den von einander abgewandten Seiten der Scheiben sich verteilen wird.*)

228. Ich ziehe deshalb das folgende, als Accumulator mit Schutzring zu bezeichnende und von W. Thomson angegebene Arrangement vor, welches die Electricitätsraenge auf einer isolirten Scheibe durch ihr Pot^ntial- niveau exact zu bestimmen gestaltet.

Accumulator mit Schntzr'mg. Bh ist ein cylindrisches Gefäss aus leiten- dem Material, dessen obere Fläche möglichst eben geschliffen ist und aus

zwei Teilen, einer Scheibe A und einem diese umgebenden breiten Ring B B besteht. Scheibe und Ring hän- --] gen nirgend zusammen und das Intervall zwischen ihnen ist gerade so breit, dass kein Funke unter ge- wöhnlichen Verhältnissen es zu über- springen vermag. Die Scheibe wird

^'^^^ ^^^^ isolirenden Füssen G G ge-

Fig. 21. tragen, und ihre obere Ebene muss

möglichst genau in die Ebene des Ringes fallen. Weiter ist C eine Metallscheibe, (leren untere Fläche eben ge-

Lr

1 r

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:ii

*) Die allgemeine Tlicoric des Condonsators (auch die des im Folgenden be- schriebenen Thomsonschen) nehst {{an Literaturnachweisen findet der Leser in Kirch hoff, Gesammelte Abhandlungen pag. 101 ff.

229.] Accumiilator mit Schiitzrinpr, Theorie. 365

schliffen ist und parallel 52? verläuft. Sie ist beträchtlich grrösser gehalten als die Scheibe A und kann durch eine Micrometerschraube, die in der Figur nicht weiter angegeben ist, gegen BB um sicher zu messende Inter- valle, verstellt werden.

Die Messungen werden mit diesem Accumulator so ausgeführt.

Hat die Scheibe C das Potential Null, während die Scheibe A und das ganze Gefäss Bb das Potential V besitzeii, so kann auf der Rückseite von A keine Electricität vorhanden sein, weil A einem nahezu überall ge- schlossenen leitenden Gefasse angehört und mit diesem Gefäss sich auf demselben Potential befindet. Ferner wird auch auf der Kante der Scheibe A^ weil die ihr gegenüberstehende Kante dasselbe Potential hat, nur wenig Electricität existiren. Auf der Fläche der Scheibe A wird die Electricität nahezu gleichförmig verteilt sein, und deshalb wird ihre Electricitätsmenge sehr genähert durch das Product aus ihrem Flächeninhalt in die nach Art. 124 für eine Ebene zu bestimmende Flächendichte sein.

Nach den Untersuchungen in Art. 201 ist tatsächlich die Ladung der Scheibe

a jR2 _ ji-i (,

"T"

8^

wo R den Radius der Scheibe, R' den der Oeffnung im Schutzring, A den Abstand zwischen A und C und a eine Grösse bezeichnet, die an der an- geführten Stelle deiinirt ist und den Betrag {R' 7?)(log2)/7c nicht über- schreitet.

Wenn die Grösse R' R^ die Breite der Furche, welche die Scheibe voll dem Schutzring trennt, klein gegen den Abstand der Scheibe A von der Scheibe C ist, so wird diese Ladung der Scheibe A einfacher

R^-^-R''^

Verbindet man nunmehr das Gefäss Bb mit der Erde, so sinkt sein Potential auf Null und da das Potentijil von A nicht mehr gleich dem des Gefässes ist. so wird die Electricität auf A sich in anderer, nicht mehr gleichför-miger Weise anordnen. Die auf A befindliche Electricitätsmenge wird dadurch aber nicht alterirt; entladet man also /l, so bekommt man eine Electricitätsmenge, die sich durch die ursprüngliche, gemessene Potential- differenz zwischen A und C und durch die Constanten R.R' und A des Apparates berechnen lässt.

Vergleiclmng der Capacitäten von Accumiilatoren.

229. Die Form des Accumulators, die aus der Gestalt und den Dimensionen seiner Teile die sicherste Bestimmung seiner Capacität gestattet, eignet sich im allgemeinen nicht sehr zu experimentellen Untersuchungen. Für praktische Arbeiten ist es wünschenswert, möglichst einfach construirle Instrumente

366 Accumulaloren. [229.

zu verwenden, also solche, die nicht mehr als die nötigen zwei Conductoren besitzen, deren einer den andern so vollständig als möglich umgiebt. Der eben beschriebene Accumulator mit Schutzring hat aber drei von einander unab- hängige Conductoren, die in bestimmter Ordnung zu laden und zu entladen sind. Man wird ihn daher nur als Standard zur Herstellung secundärer Vergleichsapparate von einfacherer Gestalt und Handhabung benutzen. Ich werde deshalb noch darlegen, wie man Accumulatoren mit einander ver- gleicl^t, und als typisches Beispiel zeigen, in welcher Weise zwei Accumulatoren mit Schutzring auf die Gleichheit ihrer Capacitäten geprüft werden können.

Es sei also A die Scheibe, B der Schutzring zusammen mit den übrigen Teilen des Gefässes und C die grosse verschiebbare Scheibe eines Accu- mulators, während A\B\C' die entsprechenden Stücke in einem zweiten Accumulator bezeichnen.

Ist einer der beiden Accumulatoren von einfacherer Constniction , so hat man B oder B' zu unterdrücken und unter A die innere, unter C die äussere A umgebende Leiterfläche zu verstehen.

Bei einer Yergleichung der beiden Accumulatoren erhält man die Schutzringe derselben in steter Verbindung mit den gegenseitigen grossen Scheiben, man zieht also Drähte von B nach C und von B' nach ('. Als- dann führt "man die folgenden Operationen aus.

1) Man verbindet A mit B^ mit (" und mit einer Electrode J einer. Leydener Flasche, deren andere Electrode zur Erde abgeleitet ist, ferner A' mit B\ mit (■ und mit der Erde.

2) Man trennt A^ B und 6" von der Electrode J der Leydener Flasche. '

3) Man hebt die Verbindung von A mit B und C und die von A' mit B' und 6' auf.

4) Man verbindet B und C mit B' und C und mit der Erde.

5) Man verbindet A mit A'.

G) Man verbindet A und A' mit einem Electroskop E.

Die folgende symbolische Zusammenstellung gewährt einen Uebprblick über den Zustand, in dem sich die einzelnen Teile der beiden Apparate bei jeder Operation befinden. Dabei soll ein Gleichheitszeichen zwischen zwei Buchstaben bezeichnen, dass die durch sie gekennzeichneten Teile mit einander verbunden sind, während ein senkrechter Strich angiebt, dass die Teile von einander isolirt sind.

Damach haben wir

1) •() ^c=B' = A'' I ^ = JB = 6" = /.

2) U=C=^' = ^' I A = B^C \ J,

3) 0=C=J?' \ A' ,\ A\ B=C\ ' .4) 0 = C=B' \ A' I ^ I ^==C' = 0, o) 0=C=i?' I ^' = ^1 5 = (?' = ().

{>) o=r;=i;' I A^K^A I 5 = r = ü.

unter 0 die Erde verstanden.

229.] Herstellung von Normal- Accumiilatoren. 367

Bei der Operation 1) sind beide Accumulatoren entgegengesetzt ge- laden, ,i positiv und Ä' negativ. Dabei sind die Electricitätcn auf den obern Flächen dieser Scheiben nahezu glcichfönnig verteilt.

Die Operation 2) bewirkt* nur die Entfernung der ladenden Flasche, während die unter 3) die Ladungen der Scheiben A, Ä isolirt.

Bei der Operation 4) werden die Schutzringe mit den zugehörigen grossen Scheiben C, (" verbunden, so dass die Ladungen der Scheiben A^A\ ohne ihre Grössen zu ändern, sich auf diesen Scheiben ungleichförmig verteilen.

Bei der Operation 5) ist A mit A* verbunden. Sind die Capaci täten beider Accumulatoren einander gleich, so bewirkt diese Operation eine voll- . ständige Vernichtung der freien Electricitäten auf den Schjeiben A und A\ Ob eine solche vollständige Vernichtung wirklich stattgefunden hat, also ob die Accumulatoren wirklich gleiche Capacität besitzen, lehrt dann die Operation unter (>),. wo die Scheiben mit einem Electroskop verbunden werden, welches, je naclidem A oder A die grössere Capacität besitzt, eine positive oder negative Electricitätsmenge zur Anzeige bringt.

So weitläufig auch diese ganze Prüfungsmethode erscheint, so können doch alle Operationen mit Hilfe eines geeigneten Stromschlüssels in wenigen Augenblicken ausgeführt werden.

Ergiebt die Vergleichung der beiden Accumulatoren eine Verschiedenheit " ihrer Capacitäten, so kann man sie durch die Verschiebung ihrer grossen Scheiben so lange justiren, bis sie dieselbe Capacität besitzen. Man kann auch- in derselben Weise die Capacität eines Accumulators gleich der Capacität einer . ganzen Reihe mit einander verbundener Accumulatoren machen. Ueberhaupt vermag man so mit Hilfe eines Standard-Accumulators die Capacitäten irgendwie gestalteter, aber für experimentelle Untersuchungen geeigneterer Accumulatoren in absolutem Maass, das heisst in Längeneinheiten, zu bestimmen, so dass sie nunmehr ihrerseits zu weiteren Vergleichungen dienen können.

In dieser Weise kann man sich für Accumulatoren ebenso Normale herstellen, wie für Gewichte, Längen und die andern in der Metronomie gebräuchlichen Maasse.

Die oben auseinandergesetzte Vergleichsmethode dürfte auch sehr geeignet sein zur Bestimmung der specifischen inductiven Capacität von Dielectrieis. Bringt man nämlich eine Scheibe eines Dielectricums, dessen specifische inductive Capacität K verschieden von der der Luft ist, welche sich zwischen den Scheiben A und C eines Accumulators befindet, und sorgt dafür, dass sie die Scheibe A überall beträchtlich überragt, so ändert sich die Capa- cität des Accumulators, wie wenn die Scheibe C der Scheibe A genähert worden wäre.

Verschiebt man die Scheibe C so lange bis die Capacität des Accu- mulators nach Zwischenbringung der dielectrischen Platte gleich der ohne diese Platte ist, bezeichnet mit .r den Abstand zwischen C und yl, wenn die

368 Bestimmung der Dielectricitätsconstante. [229.

Platte eingeführt ist, und mit x' den, wenn sie fehlt, so hat man die specifische iuductive Capacität

Ä=- "

wo a die Dicke der dielectrischen Platte angiebt.

W. Thomson hat noch einen andern Accumulator aus den drei in Art, 127 beschriebenen Cylindern construirt, dessen Capacität messbar ver- ändert werden kann.

Eine Verwendung liat dieser Accumulator in den Untersuchungen von Gibson und Barclay (Proc. IL S. 1871. Febr. 2 und Phil, Trans. 1871 p. 573) gefunden, aus denen die geuannten Physiker geschlossen haben, dass die specifische inductive Capacität des Paraffins 1.975 mal so gross als die der Luft ist.

ZWEITER TEIL

Electrokinematik.

Älaxwcll, Electricitrit ii. Magnetismus. 1. 24

. I.

Der electrische Strom.

-x-

Bedeutung des electrischen Stromes.

230. Wir haben in Art. 45 gesehen, dass, wenn Electricität auf einem Conductor sich in Gleichgewicht befindet, das Potential in jedem Punkte des Conductors einen und denselben Wert hat.

Sind also zwei Conductoren Ä und B mit Electricität so geladen, dass das Potentialniveau auf A höher ist als das auf i?, so muss, wenn sie durch einen Draht C miteinander verbunden werden, Electricität von Ä nach B so lange übergehen, bis ihre Potentiale was übrigens in sehr kurzer Zeit geschieht sich ausgeglichen haben.

231. Während nun die Electricität durch den Draht C von Ä nach B übergeht, beobachtet man an demselben Erscheinungen, die man in ihrer Gesammtheit als Electrischen Strom bezeichnet.

Zunächst findet eine Uebertragung von positiver Electricität von A nach B und von negativer von B nach A statt.

Durch diesen Process, den man als den der Electrischen Convection bezeichnen kann, werden successive kleine Teilchen Electricität von jedem der Körper zu dem andern übergeführt, so dass eine gewisse Electricitäts- menge oder auch, wie wir sagen können, eine gewisse electrische Erregung längs einer bestimmten Bahn von einem Körper zu einem andern übergeht.

Man kann also nicht umhin, den eben beschriebenen Vorgang als eine Strömung von Electricität zu betrachten, was man sich auch sonst unter Elec- tricität vorstellen mag.

Der electrische Strom kann entweder in einer Fortbewegyng positiver Electricität von A nach Z?, oder negativer von B nach A^ oder in einer Fortbewegung positiver Electricität von A nach J5, verbunden mit einer gleich- zeitigen in entgegengesetzter Richtung vor sich gehenden Fortbewegung nega- tiver Electricität von B nach A bestehen

Fe ebner und Weber sind von der letztern Annahme ausgegangen, die sie noch dadurch specialisirten , dass die entgegengesetzt gerichteten

24

372 Electriscber Strom. [282.

Ströme positiver und negativer Electricität, welche den electrischen Strom constituiren, einander völlig gleich sein sollten. Man muss sich dieser sehr künstlichen Hypothese über die Natur des electrischen Stromes wol erinneni, wenn man die Fassung der wichtigsten experimentellen Resultate, zu denen Weber gelangt ist, verstehen will.

Nehmen wir wie in Art. 36 an, dass in der Zeiteinheit P Einheiten posi- tiver Electricität von A nach B und gleichzeitig N Einheiten negativer Electricität von B nach A übergehen, so ist also nach Webers Hypothese P = i\', und man kann P oder .V als den numerischen Betrag der Strom- stärke betrachten.

Ich werde hier keine Beziehung zwischen P und A' aufstellen, sondern lediglich das Resultat des electrischen Stromes, nämlich die Ueberfühnmg von P-h A' Einheiten positiver Electricität von A nach /J, ins Auge fassen.

Daher werde ich auch Pn- A' als das wirkliche Maass für die Inten- sität des elecirischen Stromes betrachten. Eine Stromstärke, die nach Weber gleich 1 ist, wird also hier gleich 2 zu setzen sein.

Stationäre Ströme.

232. In dem bisher betrachteten Fall, wo ein Strom zwischen zwei zu verschiedenen Potentialen geladenen Conductoren fliesst, nimmt der ganze Bewegungsprocess sehr ball, weil die" Potentiale der beiden Conductoren sich ausgleichen, ein Ende, so dass der Strom der Hauptsache nach in einer Translation von Electricität besteht und als lieber ga?igs8iro'm bezeichnet werden kann.

Es giebt aber Methoden, durch die man die Potentialdifferenz zweier Conductoren auf unveränderter Höhe erhalten kann, und ulann muss die Electricität unablässig mit sich gleich bleibender Stärke zwischen den Con- ductoren strömen und so einen Stationären Strom bilden.

Die Voltasche Batterie.

Man bringt einen stationären electrischen Strom am besten mit Hilfe einer Voltaschen Batterie oder Kette hen'or.

Um das Charakteristische einer solchen Batterie klar hervortreten zu lassen, will ich das von Daniell angegebene constante Voltasche Element beschreiben.

Man tut eine Lösung von Zinkvitriol in eine poröse Tonzelle und setzt diese Zelle in ein anderes Gefass, welches eine gesättigte Lösung von Kupfer- vitriol enthält. Dann taucht man einen Zinkstab in die Zinkvitriollösung und einen Kupferstab in die Kupfervitriollösung. Befestigt man noch an die Enden der beiden Stäbe, die aus den Fiüssigkeiten herausragen, Drähte, so hat man eine Vorrichtung, die man als ein Daniellsches Element oder

284.1 Voltasche Batterie. 373

eine Danielische Zeile bezeichnet. Mehrere solcher Elemente 4)il(ien eine Danielische Kette oder Batterie. Wegen der nähern Einrichtung sehe man Art. 272.

233. Isolirt man ein solches Element, indem mau es auf einen Isolir- schemel setzt und verbindet den Draht, der vom Kupferstab abgeht, mit einem isolirten Conductor Ä und den Draht, der vom Zinkstab abgeht, mit einem isolirten Conductor 5, der von demselben Metall wie A hergestellt ist, so findet man mit einem feinen Electrometer, dass das Potential auf A das auf B herrschende um eine gewisse Grösse übersteigt.

Diese Potentialdifferenz heisst die Electromotorische Kraß des Daniell- schen Elements.

Trennt man A und B von dem Element und verbindet sie durch einen Draht, so findet ein vorübergehender Strom von A nach B statt, und die Potentiale der beiden Conductoren gleichen sich aus. Man kann dann die Conductoren von neuem durch die Zelle laden und die Operation so lange wiederholen, als die Zelle überhaupt in Tätigkeit ist. Lässt man aber die Conductoren, während sie mit einander durch einen Draht C verbunden sind, auch noch in ihrer angegebenen frühem Verbindung mit dem Element, so unterhält die Zelle einen Strom, der stationär durch den Draht C fliesst und die Potentialdifferenz zwischen den beiden Conductoren constant auf derselben Höhe erhält. Es ist aber diese Potentialdifferenz, wie wir noch später sehen werden, nicht gleich der ganzen electromotorischen Kraft des Elements, weil ein Teil dieser letztern Kraft dazu verwendet wird, um den Strom, der durch das Element selbst geht, zu unterhalten.

Combinirt man eine Anzahl von Elementen so, dass mau immer den Zinkstab eines Elements mit dem Kupferstab eines andern metallisch ver- bindet, so erhält man eine Voltasche Batterie oder Kette, Die electromo- torische Kraft einer solchen Batterie ist gleich der Summe der electromo- torischen Kräfte der einzelnen die Batterie zusammensetzenden Zellen.

Ist die Batterie isolirt, so kann man sie als Ganzes laden, zu welchem Potential man sie aber auch laden mag, immer wird das Potential am Kupferende um den Betrag der electromotorischen Kraft grösser als die am Zinkende sein. Die einzelnen Zellen können dabei sehr verschiedenartig construirt sein, indem sie entweder andere chemische Agentien oder andere Metalle enthalten als die beschriebenen, falls nur keine chemischen Actionen vor sich gehen, wenn kein Strom sie durchsetzt.

234. Sind die beiden Enden einer Voltaschen Batterie vou einander isolirt, so findet man immer das Kupferende positiv, also mit Glaselectricität, das Zinkende negativ, also mit Harzelectricität geladen. Verbindet man die beiden Enden durch einen Draht, so beginnt ein electrischer Strom ihn zu durchfliessen. Der Strom steigt sehr rasch an, wird schnell constant und bildet dann einen Stationären electrischen Strom.

374 Eigen Schäften des electrischcii Stromes. [285.

Eigenschaften des eledrischen Stromes. Bahn und Dauer des Stromes.

235. Der electrische Strom bewegt sich in geschlossener Bahn, er geht in den Drähten des Elements vom Kupfer zum Zink, in den Lösungen vom Zink zum Kupfer.

Unterbricht man die Bahn des Stromes, indem man den vom Kupfer zum Zinkstabe führenden Draht durchschneidet^ so hört der Strom auf, und man findet, dass das Potential am Kupferende um die Grösse der electro- motorischen Kraft des Elements das am Zinkende überragt.

Electrolytische Wirkung des Stromes.

236. So lange der Strom unterbrochen ist, finden in den Elementen einer Daniellschen Batterie keine chemischen Vorgänge statt, sobald er aber geschlossen wird, geht am Zinkstab eines jeden Elements eine Auflösung des Zinks vor sich, während am Kupferstabe Kupfer niedergeschlagen wird. Das Zinkvitriol nimmt an Menge zu, das KupfciTitriol dagegen ab, wenn man nicht frisches Vitriol nachfüllt. In allen Zellen der Batterie, die der Strom durchfliesst, wird dieselbe Quantität Zink gelöst und dieselbe Quantität Kupfer niedergeschlagen, von welcher Grösse auch die einzelnen MetaUstäbe sein mögen. Ist eines der Elemente der Batterie anders construirt als die Daniel Ische Zelle, so steht die in ihr stattfindende chemische Action in con- stanter Proportion zu der in einem Daniellschen Element vor sich gehenden. Besteht zum Beispiel eine der Zellen aus einem Becherglas voll verdünnter Schwefelsäure, in welches zwei Platinstreifen tauchen, so wird an dem Streifen, wo der Strom in die Zelle eintritt, also an dem mit einem Kupferstab eines Danielischen Elements verbundenen, Sauerstoff, und an dem Streifen, wo er sie verlässt, also an dem mit einem Zinkstab eines Daniellschen Elements verbundenen, Wasserstoff entwickelt. Das Volumen des entwickelten Wasser- stoffs ist zweimal so gross wie das des in derselben Zeit entwickelten Sauerstoffs, dagegen ist das Gewicht dieses Gases achtmal so gross wie das jenes.

In jeder Zelle ist das Gewicht einer jeden, in einer bestimmten Zeit gelösten, oder zersetzten, oder niedergeschlagenen Substanz gleich dem Pro- ducte einer gewissen Grösse, die man als das Electrochemische Aequivalent der Substanz bezeichnet, in die Intensität des Stromes und in die Zeit, während deren der Strom geflossen ist.

Die Experimente, durch welche dieses Princip der ElectrolyLischen Äequivalente bewiesen wird, findet der Leser in der siebenten und achten Serie der F siraday sehen Experimental Besearches*) eine Untersuchung der

*) Auch in P(f(/f;, Ann, Bd. 33, 35,

238.] Eleclroly tische Wirkung. 375

scheinbaren Widersprüche gegen dasselbe in Millers Chemical Physxcs und W i e d e in a n n s Galt an ism us,

237. Die Zersetzung durch den electrischen Strom wird als Electrolyse bezeichnet. Die Substanzen, welche vom electrischen Strom zersetzt werden, hcissen Elecirolyte. Die Stellen, an denen der Strom in das Electrolyt eintritt, bezüglich aus ihm austritt, nennt man Electroden, Speciell heisst die Electrode, wo der Strom in das Electrolyt eintritt, die Anode und die, wo er aus demselben austritt, die Kathode. Die Componenten, in welche ein Electrolyt durch den Strom zerlegt wird, werden als lo.nen bezeichnet, und zwar heisst das Ion, welches sich an der Anode abscheidet, das Anion^ und dasjenige, welches sich an der Kathode abscheidet, das Kation. Endlich bezeichnet man die Art, wie der Strom, unter dessen Einwirkung ein Electrolyt zerlegt und die Com- ponenten an ihre bezüglichen Plätze geführt werden, durch das Electrolyt geleitet wird, als Electrol t/tische Leitung oder Leitung durch Electrolyse.

Ich glaube, dass Faraday diese Bezeichnungen unter Beiliülfe Wh ewells erfunden hat. Sie sind übrigens ziemlich allgemein adoptirt.

Bringt man ein Electrolyt in eine Röhre von variabelem Querschnitt, an deren Enden Electcoden befestigt sind, so scheiden sich an diesen. Electroden electrochemische Aequivalente der Ionen, an der Anode des Anions, an der Kathode des Kations, in solchen Quantitäten ab, dass sie zusammen einer gewissen Menge des Electrolytes äquivalent sind. Dabei ändert sich in den übrigen Teilen der Rohre, gleichgütig ob sie dort eng oder weit oder von variabelem Querschnitt ist, die Zusammensetzung des Electrolytes nicht.

Der Betrag an Electrolyse ist also in allen Querschnitten der Röhro gleich gross, der electrolytische Prozess demzufolge an den engen Stollen der Röhre intensiver als an den weiten. Die Menge des durch einen Querschnitt in bestimmter Zeit hindurchgehenden Ions ist aber unabhängig von der Grösse dieses Querschnitts.

Man kann also die Geschwindigkeit, mit der die Electrolyse vor sich geht, indem man sie durch die in der Zeiteinheit zerlegte Menge eines Electrolvtes definirt, als ein Maass für die Intensität des electrischen Stromes benutzen: Die Menge der abgeschiedenen Electrolyte wird durch ein Volta- meter bestimmt.

In dieser Weise gemessen ist die Intensität eines Stromes in allen Punkten seiner Bahn gleich gross.

Die gesammte während einer gegebenen Zeit durch einen Querschnitt des Stromkreises hindurchgegangene Electricitätsmenge ist proportional der in derselben Zeit im Voltameter abgesclüedenen Menge der Producte der Electrolytes, welches als Füllung des Voltameters dient.

238. Man kann die Vergleichung der durch einen Querschnitt des Stromes hindurchgegangenen Electricitätsmengen mit den in derselben Zeit gelösten Mengen von Electrolyten in folgender Weise durchführen.

376 Eigenschaften des elecfrischcn Stromes. [239.

Man fülirt ein Voltametcr in einen Teil des Stromkreises einer Voltaschen Batterie ein und unterbricht den Kreis in einem andern Teil. Es seien A und ß die Enden des geöffneten Kreises, und zwar A die Anode und n die Kathode. Lässt man eine kleine isolirte Kugel abwechselnd A und /^ berühren, so wird sie bei jedem Hin- und Hergang eine gewisse Electricitätsmenge von Ä nach IJ überführen. Gleichzeitig geht im Volta- metcr und in jedem der Elemente der Batterie eine Electrolyse vor sich. Bestimmt man also die von A nach B durch die Kugel durch Convection übergeführte Electricitätsmenge entweder direct mit dem Electrometer oder rechnerisch durch Multii)lication der electromotorischen Kraft des Stromes mit der electrostatischen Capacität der Kugel, und misst die in den Zellen der Batterie und des Voltameters zersetzten Mengen der Electrolyte. so hat man alle Daten zur Vergleichung dieser mit der in electrostatischen Ein- heiten gemessenen, währefid der Zeit von A nach /> übergegangenen Electricitätsmenge.

Die Quantität einer Substanz, welche gelöst wird, während eine Electricitätseinheit einen Querschnitt des Stromkreises passirt, heisst das Eleclrochcmische Aequivalevt der betreffenden Substanz.

Das oben angegebene Experiment würde also die electrochemischen Aequivalente der Substanzen bestimmen lehren. Es ist aber in der an- gegebenen Weise mit gewöhnlichen Batterieen nicht gut durchführbar, weil man die Kugel ausserordentlich oft hin- und herführen raüsste, ehe sich in den Zellen eine messbare Menge zersetzter Substanzen zeigen würde. Man kann aber jenes Experiment benutzen, um sich eine Anschauung von dem Vorgang bei der Electrolyse zu verschaffen. Betrachtet man nämlich die electrolytische Leitung als eine Art Convection, so kann man sich vorstellen, dass ein electrochemisches Aequivalent des Anion eine Menge N negativer Electricität nach der Anode, und dass gleichzeitig ein Aequivalent des Kation eine Menge P positiver Electricität nach der Kathode mit sich führt, so dass der gesammte Betrag P-h N an übergeführter Electricität gleich einer Electricitäts- einheit wird. Soweit ich sehen kann, ist diese Hypothese über den Vorgang bei der Electrolyse niclit unvereinbar mit der Erftüirung, wenn sie auch bei der Unkenntnis, in der wir uns noch über die Natur der Electricität urd die Structur chemischer Verbindungen befinden, nur sehr unvollkommen die wirklichen Vorgänge beschreiben dürfte.

Magnetische Wirkungen des electrisclicn Stromes.

239. Ocrstedt entdeckte, dass ein Magnet in der Nähe eines gerad- linigen electrischen Stromes, wie ich später in Art. 47."; noch näher aus- führen werde, sich senkrecht zu der durch ihn und durch den Strom gehenden Ebene zu stellen sucht.

240.] 3Iagnelischc Wirkimg; Galvanometer. 377

Genauer lässt sich die La«<o. die eine bewegliclie Magnetnadel unter dem Einfluss eines Stromes einzunehmen strebt, durch folgende Regel bestimmen.

Befindet sich ein Mensch in der Strombahn in einer derartigen Lage, dass der durch den Draht vom Kupfer zum Zink fliessende Strom durch seinen Kopf zu seinen Füssen geht, und richtet er sein Gesicht dem Centrum der Magnetnadel zu, so beweg-t sich der Nordpol der Nadel nach seiner rechten. Hand hin.

Später im vierten Teil dieses Werkes werden wir uns genauer mit den Gesetzen dieser electromagnetischen Wirkung eines Stromes zu beschäftigen haben. Worauf es uns aber hier namentlich ankommt, das ist, darauf auf- merksam zu machen, dass ein electrischer Strom magnetische Wirkungen ausserhalb seiner eigentlichen Bahn auszuüben vermag, durch die man nicht blos seine Existenz nachweisen kann, sondern auch seine Stärke zu messen vermag, ohne ihn unterbrechen und ohne etwas in seinen Kreis einschalten zu müssen.

Der Betrag der magnetischen Wirkung eines Stromes ist, wie durch zahlreiche Versuche bewiesen worden ist, streng proportional seiner Strom- stärke, wie sie durch die Zersetzungsproducte im Voltameter gemessen wird. Er ist forner unabhängig von der Natur des Körpers, den der Strom durch- fliesst, calso derselbe, sei es dass der Strom durch ein Metall oder durch ein Electrolyt geht.

240. Man nennt ein Instrument, das die Stärke eines Stromes durch die von ihm ausgeübte magnetische W^irkung zu messen gestattet, ein Galvanometer,

Ein Galvanometer besteht im allgemeinen aus einer oder aus mehreren parallelen Windungen eines mit Seide besponnenen Drahtes, in deren Mitte eine Magnetnadel sich in einer Horizontalebene um eine Axc, die durch ihren Schwerpunkt geht, bewegen kann. Wird der Draht von einem Strom durchflössen, so sucht sich die Nadel senkrecht zur Ebene der Windungen des Drahtes zu stellen. Eichtet, man die Ebene der Windungen parallel zur Ebene des Aequators und lässt den Strom sie von Osten nach ^Vesten in Richtung der sclieinbaren Bewegung der Sonne durchfliessen , so sucht sich die Magnetnadel genau so zu stellen wie die Erde, wenn man sia als einen grossen Magneten betrachtet, dessen Nordpol da liegt, wo der Südpol unserer Nadeln hinweist.

Das Galvanometer ist' das bequemste Instrument für die Messung von Stromintensitäten, und obgleich ich erst im vierten Teil dieses W^crkes seine Theorie werde auseinandersetzen können, muss ich docli im Folgenden vor- aussetzen, dass ein solches Instrument construirt und angewendet werden kann. In der Tat werde ich auch tiberall, wo von der Intensität eines Stromes die Rede sein wird, diese als durch ein Galvanometer gemessen annehmen.

Cap* II,

Leitung und Widerstand.

241. Die PoteiitialdiifereTiz zweier Punkte einer Leitung, die von einem stationären Strom duichflossen wird, hängt im allgemeinen von der Stärke des Stromes, von der BescliaifenJieit, den Dimensionen und dem Zustande, in dem sicli die Leitung zwisclien den beiden Punkten befindet, ab. Ist das Leiterstück homogen und überall gleich temperirt., so heisst jene PotentialdifPerenz seine Aeussere' Electromotorische Kraft.

Besteht das Stück der Leitung aus mehreren mit einander verbundenen Substanzen, etwa aus Metallen, oder aus Electrolyten, oder aus Metallen und Electrolyten , oder ist es an verschiedenen Stellen verschieden temperirt-, so wirken auch au den Uebergangsstellen electromotorische Kräfte, und man muss dann neben der äussern electromotorischen Kraft auch Innere Electro- motorische Kräfte in Rechnung ziehen.

Die Abhängigkeit der electromotorischen Kraft von der Natur und den Dimensionen der Leitung heisst die Abhängigkeit von dem Widerstände der Leitung. Die ersten Untersuchungen über die Beziehungen zwischen elec- tromotorischer Kraft, Stromstärke und Widerstand sind von Ohm angestellt und 1827 in seinem Werke Die Galvanische Kette mathematisch bearbeitet veröifentlicht worden. Nach ihm nennt man auch das Ergebnis jener Unter- suchungen in seiner Anwendung auf homogene Leiter das Ohm sehe Gesetz,

Das Ohm sehe Gesetz.

Die zwischen den Enden eines Teiles eines Stromkreises wirkende electro- motorische Kraft ist gleich dem Froduct aus der Stromstärke i7i den Wider- stand des betreffenden Teiles des Stromkreises.

Man kann dieses Gesetz auch als zur Definition des neu eingeführton Begriffs des electrischen Widerstandes dienend betrachten. Demnach würde der electrische Widerstand eines Leiters gleich sein dem Verhältnis- der

242.] Ohmschcs Gesetz. 379

Electromotorisclien Kraft zu der Intensität des Stromes, den diese her- vorbringt.

Die Einführung eines solchen Begriffs würde weiter von keiner wissen- schaftlichen Bedeutung gewesen sein, wenn Ohm nicht experimentell be- wiesen hätte, dass der Widerstand eine ^\'irkliche physikalische Grösse ist, das heisst eine Grösse, die sich in jedem Falle bestimmt messen lässt, und die sich nur dann ändert, wenn die Beschaffenheit des Conductors geändert wird.

Zunächst ist also der Widerstand eines Conductors unabhängig von der Stärke des Stromes, der ihn durchfliesst.

Er ist weiter unabhängig von der Grösse des electrischen Potentials, auf welchem der Gonductor erhalten wird, sowie von der Dichte der auf dem Conductor verteilten Electricität.

Er wird allein durch die Natur des Materials, aus welchem der Con- ductor besteht, dem Aggregatzustande desselben, seiner Configuration uud seiner Temperatur bestimmt.

Man kann den Widerstand eines Leiters bis auf ein Zehntausendteil oder sogar bis auf Hunderttausendteil seines Wertes messen, und man hat darauflün schon so viele Körper untersucht, dass man das Ohm sehe Gesetz mit grosser Sicherheit als wahr annehmen darf. Die Anwendungen und Cousequeuzen dieses Gesetzes werden wir im sechsten Capitel kennen lernen.

WärmeentwickeluDg durch den electrischen Strom.

242. Wenn ein Strom unter dem Einfluss einer electromotorischen Kraft einen Leiter durchsetzt, so wird, wie wir gesehen haben, Electricität von Orten höhern zu Orten niederem Potentials übergeführt. Würde man diese Ueberführung von Electricität von einem Platze zu einem andern mit Hilfe einer hin und her schwingenden Kugel in der früher angegebenen Weise bewirken, so müssten die electrischen Kräfte an der Kugel Arbeit verrichten, die man dann weiter benutzen könnte. In der Tat wird auch diese Arbeit in dem sogenannten electrischen Glockenspiel, wo die Elec- troden einer trocknen (Zamboni sehen) Säule in Glöckchen enden, zwischen denen ein isolirter Klöppel hin und her geht, zum Teil gewinnbringend ver- wendet. Die electrischen Kräfte erhalten hier die Schwingungen des Klöp- pels, also auch seine Anschläge gegen die Glöckchen, und bringen so Töne hervor, die sie in die Ferne fortpflanzen. Da wir nun in einem Strom- kreise einerseits dieselbe Art der Ueberführung von Electricität von Orten höhern zu solchen niederem Potentials vor uns haben, und andererseits eine dadurch ins Leben tretende äussere Arbeit nicht bemerkbar wird, so treibt uns das Princip der Erhaltung der Energie nach innerer Arbeit, die der Strom in seiner Bahn leistet, zu suchen. Sind im Stromkreis Elec- trolyte eingeschaltet, so manifestirt sich ein Teil dieser Arbeit in der Zer-

380 Verwandlung der electrischen Energie in Wärme. [243.

setzuijg: der Electrolyte. lu andern Leitern aber geht die innere Arbeit des Stromes vollständig in Wärme über.

Die in einer bestimmten Zeit in Wärme verwandelte Energie des Stromes ist gleich dem Producte aus seiner electromotorischen Kraft in die während dieser Zeit übergeführte Electricitätsmenge. Die electromotorische Kraft ist aber nach dem Ohm sehen Gesetz gleich dem Product aus der Stromstärke in den Widerstand, und die Electricitätsmenge ist gleich dem Product aus der Stromstärke in die Zeit. Daher ist die Menge der in einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Leiter entwickelten Wärmemenge multiplicirt mit dem mechanischen Wärmeäquivalent gleich dem Quadrate der Stromstärke multiplicirt mit dem Widerstände des Leiters und mit der Zfiit.

Diese von einem Strom bei der Ueberwindung des Widerstandes in seiner Bahn entwickelte W^ärmemenge ist von Joule auch experimentell bestimmt worden. Seine ersten Untersuchungen lehrten, dass diese Wärme- menge proportional dem Quadrate der Stromintensität ist. Später aber veri- ficirte er durch äusserst sorgfältige absolute Messungen der einzelnen Grössen das oben ausgesprochene Gesetz, das in mathematischen Symbolen ausgedrückt so lautet

JU=C^Rt=CEt,

J ist das mechanische W^änneäquivalent, // die Anzahl der entwickelten Wärmeeinheiten, C die Stromstärke, R der W^iderstand des Leiters, t die Zeit, während der der Strom geflossen ist, und E die electromotorische Kraft.

Ihre theoretische Deutung und Entwickelung erhielten die obigen Relationen in einer Abhandlung von Thomson über die Anwendung des Princips der mechanischen Wirkung zur Messung electromo torischer Kräfte.*)

Analogieen und Unterschiede zwischen Wärme und Electricität.

243. Auf den ersten Blick scheint zwischen der Theorie der Leitung von Electricität und der von W^ärme eine grosse Analogie zu bestehen, die sich durch den folgenden Satz ausdrücken lässt. Sind zwei Systeme geo- metrisch ähnlicher Körper so beschaffen, dass die Leitungsfähigkeit für Wärme in einem Teile des ersten Systems proportional ist der Leitungs- fähigkeit für Electricität in dem entsprechenden Teile des andern Systems, und machen wir die Temperatur an einer Stelle des ersten Systems pro- portional dem Potential au der entsprechenden Stelle des zweiten, so ist die in der Zeiteinheit durch einen Querschnitt des ersten Systems fliessende Wärmemenge proportional der in der Zeiteinheit durch einen entsprechenden Querschnitt des zweiten Systems fliessenden Electricitätsmenge.

*) Phil, Mag, Dcc. 18.') I. 8. auch Clausius, Mechanische Wärmetheorie. 187i), Bd. 2 Seite 143.

24Ö.] Warme und Electricitfit. 381

In dieser Analogie entspricht einem electrischen Strom ein Wärmestrom und einer Potentialdifferenz eine Tempera turdiiferenz, und ganz so wie Wärme von Orten höherer Temperatur zu solchen niederer sich hinbegioht, fliesst Electricität von Orten höhern Potentials zu Orten niedereren.

244. Die Theorie der Ausgleichung von Potentialdiiferenzen und die der Ausgleichung von Temperaturdilferenzen können also zur Veran- schaulichung des einen Vorganges durch den andern dienen. Es giebt aber einen bewerkenswerten Unterschied zwischen den electrischen und thermischen Bewegungsphänomenen.

Mau hänge einen leitenden Körper an einem Seidenfaden in ein geschlossenes leitendes Gcfass und lade letzteres mit Electricität. Das Potential des Gefässes und jedes innerhalb desselben befindlichen Gegen- standes steigt danii momentan an, wie lange und wie kräftig man aber auch das Gefäss laden mag. so wird doch der innerhalb desselben auf- gehängte Körper, selbst wenn man ihn mit der Innenseite des Gefässes in Berührung bringt, keine Spur von Electricität aufweisen, weder während er sich in dem Gefässe befindet, noch wenn man ihn herausgenommen hat.

Erhebt man dagegen das Gefäss zu einer hohem Temperatur, so nimmt auch der Körper, freilich nach längerer Zeit, diese Temperatur an. Wenn man ihn herausnimmt, findet man ihn erwärmt und selbst heiss, so lange bis er durch Leitung und Strahlung seinen Wärmeüberschuss wieder verloren hat.

Diese Differenz zwischen den beiden Classen von Erscheinungen beruht auf der Tatsache, dass die Körper wol für die Wärme, nicht aber für die Electricität ein Absorptions- und Emissionsvermögen besitzen. Man kann nicht die Temperatur eines Körpers erhöhen, ohne dass man ihm auch eine seiner Masse und seiner spocifischen Wärme entsprechende Wärme- menge mitteilt; dagegen kann man sehr wol in der angegebenen Weise das Potential eines Körpers zum Ansteigen bringen, ohne ihm selbst Electricität zufuhren zu brauchen.

245. Wir erhitzen ferner einen Körper und bringen ihn in ein geschlossenes Gefäss. Die Aussenseite dieses Gefässes, die ursprünglich die Temperatur der Umgebung hatte, erwärmt sich allmälig, bis schliesslich ihre Temperatur und die des eingeschlossenen Körpers sich wieder mit der der Umgebung ausgeglichen und der Körper seinen Wärmeüberschuss ver- loren hat.

Es ist aber ganz unmöglich, ein ähnliches Experiment mit Electricität durchzuführen; man kann keinen Körper so mit Electricität laden, dass die ursprünglich unelectrische Aussenseite eines geschlossenen Gefässes, in das man ihn versenkt hat, electrisch würde. Faraday hat gerade nach einer derartigen Erscheinung unter dem Namen einer absoluten electrischen Ladung ganz vergeblich gesucht.

382 Wurme und Electricilat. [245.

Man kann Wanne so innerhalb eines Körpers latent machen, dass sie nach Aussen nicht die geringste Wirkung ausübt, dagegen vermag man durch kein Mittel* eine Electricitätsmenge so zu isoliren, dass sie nicht eine ihr gleiche und dem Zeichen nach entgegengesetzte Electricitätsmenge influencirt.

Es giebt daher in der Electricität nichts, was der specifischen Wärme- capacität entspricht, wie das auch aus dem in diesem Werke zu Grunde gelegten Princip folgt, dass die ElectricitJit derselben Contiuuitätsbedingung gehorcht, der incompressible Flüsf^igkeiteu folgen. Man kann also auch keinem Körper eine körperliche Ladung dadurch erteilen, dass man ihm immer neue Electricitätsmengen zuführt. Ich verweise noch auf die Art. Gl, 111, 329,334.

1

i

Electromotorische Kräfte bei der Berührung

von Körpern.

Contactelectricität ; Spannungsgesetz.

246. Das Potential eines hohlen Conductors, definirt als das Potential in den Punkten seines mit Luft erfüllten Hohlraumes, lässt sich nach der in Art. 222 angegebenen Methode messen.

Verbindet man zwei leitende Gefässe von verschiedenen Metallen, etwa von Zink und von Kupfer, durch einen Draht, so findet man das Potential im Hohlraum des Zinkgefässes positiv gegen das im Hohlraum des Kupfer- gefässes herrschende. Die Differenz der Potentiale in den beiden Hohl- räumen hängt von der Beschaffenheit der Innenflächen der beiden Leiter ab und ist am grössten, wenn die Zinkfläche blank, die Kupferfläche mit Oxj'd bedeckt ist.

Man kann aus diesem und aus ähnlichen Beispielen schliessen, dass im allgemeinen, wenn zwei verschiedene Metalle mit einander in Contact gebracht werden, eine electromotorische Kraft zwischen ihnen zu wirken anfängt, durch die das Potential niveau des einen Metalls um eine gewisse Grösse über dem des andern erhoben wird. Auf dieser Tatsache beruht die . Voltasche Theorie von der Contactelectricität,

Spannungsgesetz. Ist die Potentialdifferenz von Eisen gegen Kupfer gleich /, und die von Zink gegen Kupfer gleich Z, so ist die Potential - differenz von Zink gegen Eisen gleich Z J.

Diese als Spannungsgesetz bekannte Begel, wonach die Differenz der Potentialdifferenzen zweier Metalle gegen ein drittes Metall, bei derselben Temperatur gleich ist der Potentialdifferenz zwischen den beiden Metallen selbst, gilt für irgend welche drei Metalle. Bildet man also einen Kreis von irgend einer Anzahl irgend welcher Metalle, so tritt, sobald die einzelnen Metalle die ihnen zukommenden Potentiale erlangt haben, electrisches Gleichgewicht ein, und es circulirt kein Strom in dem Kreise.

äS4 Contactelectricitat. [247.

247. Besteht dagegen der Kreis aus zwei Metallen und einem Electrolyt, so sucht das Electrolyt nach Voltas Theorie die Potentiale der mit ihm in Berührung befindlichen Metalle auszugleichen. Die electromotorische Kraft wird daher an den Stellen, wo die Metalle mit einander direct oder durch einen Draht in Verbindung stehen, nicht inehr balancirt, und es tritt ein continüirlicher Strom ein. Die Efiergie dieses Stromes wird durch die an den Berührungsstellen zwischen den Metallen und dem Electrolyt auf- tretenden chemischen Actionen geliefert und auf ihrer Höhe erhalten.

248. Inzwischen kann man die Ausgleichung zwischen den Potentialen zweier in Contnct befindlicher Metalle und die daraus resultirende electrische Erscheinung auch noch durch andere Mittel bewirken, als durch chemische Actionen. W. Thomson*) brachte einen kupfernen Trichter in Contact mit einem vertical stehenden Zinkcylinder und liess durch den Trichter Kupferfeilicht strömen, welches sich in der Mitte des Zinkcy linders. wo es den Trichter verliess, in seine einzelnen Teilchen auflöste und dann in ein isolirtes Metallgelass fiel. Das Metallgefass wurde allmälig negativ electrisch, und seine Ladung nahm zu, je mehr Kupferfeilicht in dasselbe kam. Zugleich zeigte sich der Zinkc)iinder und mit ihm der ihn berührende Kupfertrichter mehr und mehr positiv electrisch. Verband er nun den Zink- cylinder mit dem Metallgefass durch einen Draht, ijo wurde dieser von einem continuirlichen Strom in Richtung vom Zinkcylinder zum Metallgefass durch- flössen. Der Strom von Kupferfeilicht, dessen einzelne Teilchen durch In- ductiou negativ geladen werden, bildet den negativen Strom vom Trichter zum Metallgefiiss oder, was dasselbe ist, einen positiven Strom vom Metall- gefass zum Trichter. Der Strom geht also durch die Luft (mit Hilfe der Feilspäne) vom Zink zum Kupfer und durch die metallische Verbindung vom Kupfer zum Zink, ganz so wie in der gewöhnlichen Voltaschen Einrichtung. Hier wird aber der Strom nicht durch eine aus chemischen Actionen ent- springende Kraft, sondern von der Schwerkraft unterhalten, welche die negativ geladenen Feilspäne entgegen der electrischen Attraction, welche sie zum positiv geladenen Trichter zieht, zu fallen zwingt.

Das Paltiersche Phänomen.

249. Eine bemerkenswerte Bestätigung der Theorie der Contactelec- tricitat hat die Entdeckung Peltiers geliefert, dass ein electrischer Strom, wenn er in einer Richtung durch die Verbindungsstelle zweier Metalle hindurchgeht, daselbst Wärme erregt, und wenn er sie in der entgegen- gesetzten Richtung durchfliesst, Wärme verbraucht.

Die Abkühlung, die der Strom bei dem Durchgang durch eine Ver- bindungsstelle zweier Metalle hervorbringt, ist aber nicht so gross, wie die

*J North British Review 1864 i). 353 und Proc. E. S, 1807, Juni 20.

249.] Der Peltiersche Effect. 385

bei entgegengesetzter Stromrichtunjg auftretende Erwärmung, weil ein Strom an sich schon bei der Ueberwindung des Widerstandes, den auch Metalle seinem Durch gange entgegensetzen, Wärme entwickeln muss.

Man hat daher die in jedem Metall durch die Ueberwindung des Wider- standes entstehende Erwärmung sorgfältig von der an der Verbindungsstelle zweier Metajle auftretenden Erwärmung oder Abkühlung zu trennen. Jone ist unabhängig von der Kichtung des Stromes und wächst proportional dem Quadrate seiner Stromstärke an. Diese dagegen wechselt ihr Zeichen, wenn der Strom seine Richtung wechselt, und variirt proportional der Stromstärke. Jene kann man als die Reibungswärme des Stromes, diese als den I¥ltierschen Effect bezeichnen.

Ist ein Leiter aus zwei Metallen zusammengesetzt, so kann man die gesammte in ihm während der Zeit t durch den Strom entwickelte Wärme- menge darstellen durch

1) H=jC^t \\Ct.

7/ ist dieWännemenge, Jdas mechanische Wärmeäquivalent, 7? der Wider- stand des Leiters. (■ die Stromstärke und II die Gonstante des Pelti ersehen Effects, also die bei einem Strom von der Stärke Eins in der Zeiteinheit an der Verbindungsstelle der Metalle absorbirte Wärmemenge (eine negative

absorbirte Wärme als entwickelte Wärme betrachtet).

«

Nun ist aber die gesammte im Leiter entwickelte Wärmemenge mechanisch äquivalent der Arbeit, welche gegen die electrischen Kräfte im Leiter geleistet wird, das heisst gleich dem Product aus der Strominten- sität in die den Strom unterhaltende electromotorische Kraft E. Daher haben wir auch

2) JH=CEt, woraus sich bei Beachtung der Gleichung 1) ergiebt

3) E=RC JU,

Bestände der Leiter aus einem überall gleich temperirten Metall, so wäre nach dem Ohmschen Gesetz

3i) E=:Ma

Daher ist die electromotorische Kraft, welche hinreicht, um den Strom durch den zusammengesetzten Conductor zu treiben, kleiner oder grösser als die lediglich zur Ueberwindung des Widerstandes in dem Leiter erforder- liche. JIl repräsentirt also eine durch den Contact der beiden den Leiter zusammensetzenden Metalle hervorgebrachte, in positiver Kichtung wirkende electromotorische Kraft.

Maxwell, Electricitüt u. Maguetismus. 1. 25

386 Wärmeentwickelung in einem Stromkreise. [2M.

Diese Ton W. Thomson*) herrührende Anwendung der Principien der mechanischen Wärmetheorie zur Entdeckung localer electromotorischer Kräfte ist von hoher wissenschaftlicher Bedeutung. Die gewöhnliclie Methode zur Entdeckung solcher Kräfte, die darin besteht, dass man zwei Punkte des Leiters mit den Electroden eines Galvanometers oder Electroskops verbindet, würde hier wegen der Contactwirkungen, die an den Verbindungsstellen des Leiters mit den Leitungsdrähten auftreten, nicht zum Ziele fuhren können. Dagegen lehren Betrachtungen, die der mechanischen Wärmetheorie entnommen sind, dass die einzige Energiequelle im Leiter der electrische Strom ist, und ferner, daßs der Strom im Leiter weiter keine Arbeit verrichtet, ausser dass er ihn erwärmt. Können wir also die Stromstärke in dem betreffenden Leiterstück und zugleich die in ihm entwickelte bezüglich absorbirte Wärmemenge messen, so haben wir sofort, ohne weitere Untersuchung der sonst noch im übrigen Teile des Stromkreises vorhandenen Contactkräfbe, alle Daten zur Berechnung der Grösse der electromotorischen Kraft, welche den Strom durch das betreffende Leiterstück treibt.-

Die so zu bestimmende an der Verbindungsstelle zweier Metalle wirkende electromotorische Kraft kommt gegen die in Art. 246 definirte Voltasche electromotorische Kraft wenig in Betracht. Letztere ist im allgemeinen sehr viel grösser als jene und oft selbst von entgegengesetztem Zeichen. Es kann daher die Annahme, dass man das Potential eines der Metalle gleich dem der mit ihm in Contact befindlichen Luft setzen darf, nicht richtig sein. Leteteres wird vielmehr zur Bestimmung der Voltaschen electromo- torischen Kraft dienen, und man muss den grössern Teil dieser Voltaschen electromotorischen Kraft nicht an der Verbindungsstelle der beiden Metalle, sondern an einer oder an beiden Flächen der Metalle suchen, welche sie von der Luft oder sonst einem als drittes Element des Kreises dienenden Medium trennt.

Therinoelectricität.

250. Die an den Contactstellen eines aus Metallen zusammengesetzten Kreises wirkenden Kräfte heben . sich nicht immer gegenseitig auf. Als Beweis dafür dient Seebecks Entdeckung, der zufolge in einem solchen lediglich aus Metallen bestehenden Kreise, wenn er an seinen ver- schiedenen Contactstellen verschieden temperirt ist, ein Thermoelectrischer Strom fliesst. Ein solcher Strom kann aber, wie sich leicht zeigen lässt, nicht auftreten, wenn der ganze rein metallische Kreis überall dieselbe Tem- peratur besitzt. Würde nämlich ein solcher gleichmässig temperirter rein metallischer Kreis von einem Strom durchzogen werden, so könnte man diesen verwenden, um Maschinen zu treiben, oder um in dem Kreise Wärme zu entwickeln, also wiederum um eine Arbeit zu verrichten, während sonst

♦) Proc, R. S. Edin. 1851, Dec. 15; Tr. R. S, Kdin. 1854.

261.] Thermoelectrische Ströme in heterogenen Leitern. 387

I

nirgend Energie verbraucht wird, weil der Kreis überall dieselbe Temperatur hat und an keiner Stelle chemische oder sonstige Actionen aufzuweisen vermag. Bezeichnet mein also den Pelti ersehen Effect an der Berührungsstelle zweier Metalle a und h durch 11^^, so muss dem obigen zufolge für einen gleichmässig temperirten aus zwei Metallen gebildeten Kreis

sein. Entsprechend haben wir fQr einen aus drei Metallen a, 6, c geformten Kreis

Die drei an den drei Contactstellen dreier Metalle stattfindenden Pelti ersehen Effecte sind also nicht von einander unabhängig, vielmehr bestimmt sich einer aus den beiden andern. Nehmen wir zum Beispiel c als ein Standard-Metall und schreiben

SO haben wir

P^ und P^ sind Functionen der an den Contactstellen herrschenden Temperatur und hängen von der Beschaffenheit der betreffenden Metalle a

m

und b ab.

251. Weiter hat Magnus gezeigt, dass wenn ein Kreis von einem einzigen Metall gebildet wird, kein Strom in ihm entsteht, wie auch der Querschnitt und die Temperatur auf ihm von Ort zu Ort variircn mag.

Dieses Kesultat ist aber von vornherein keineswegs selbstverständlich, denn hier haben wir, weil die Wärme fortgeleitet wird, wirklich einen Verbrauch fremder Energie vor .uns. Es ist auch wol denkbar, dass, wenn ein solcher Kreis von einem Strom durchsetzt wird, die Grösse der electromotorischeu zwischen zwei Stellen des Stromes wirkenden Kraft davon abhängt, ob der Strom von einer dickern zu einer dünnern Stelle oder umgekehrt von einer dünnem zu einer dickem passirt, und ob er langsam oder schnell von höher temperirten zu niedriger temperirten Stellen oder umgekehrt übergeht, und dann müsste auch in einem nur aus einem Metall . gebildeten, aber an ver- schiedenen Stellen verschieden temperirten Kreis ein Strom entstehen und anhaltend fliessen.

Dasselbe Baisonnemeut, welches wir bei dem Peltier sehen Phänomen angewendet haben, würde auch hier lehren, dass wenn in einem ein- metalligen Kreis ein durch den Strom erzielter thermischer Effect sich, umkehrt, wenn die Stromrichtung umgekehrt wird, dass dann auch ein Strom von höher temperirten zu niedriger temperirten oder umgekehrt von niedriger temperirten zu höher temperirten Stellen im Kreise fliessen muss.

Ist femer die Wärmemenge, welche ein in dem einmetalligen Kreis von Orten, wo die Temperatur x ist, zu Orten, wo sie y ist, fliessender Strom entwickelt, gleich //, so muss die Gleichung

2) JII^BCH-S^^Ct

388 Thermoelectricitat. [252.

gelten. S^ würde daun die electromotorische Kraft angreben, welche den Strom in dem Kreise unterhält.

Nach den Untersuchungen von Magnus ist aber, wenuir, ?/, c die Temperaturen an drei Stellen des einmetalligen Kreises bezeichnen, ent- sprechend der Gleichung unter la)

und dieser Bedingung müssen die electronio torischen Kräfte in den drei Stellen eines homogenen Kreises gehorchen, wenn durch die Temperatur- differenzen in dem Kreise kein Strom hervorgebracht werden soll.

Nehmen wir z = 0, und setzen so wird

Die Q sind Functionen der entsprechenden Temperaturen, deren Form von der Beschaffenheit des Metalls abhängt, welches den Kreis bildet.

Hat man einen Kreis von zwei Metallen er, b, der an der Stelle, wo der Strom von a nach b übergeht, die Temperatur x und da, wo der Strom von b nach a geht, die Temperatur y besitzt, so ist also die electro- motorische Kraft

WO P^^ der Wert der Art. 250 definirten Grösse P für den Körper a bei der Temperatur x ist, und die Q den eben benutzten Q entsprechen.

In anderer Schreibeweise hat man

Es existiren nun in der Tat in Kreisen, die aus verschiedenen Metallen zusammengesetzt und an verschiedenen Stellen verschieden temperirt sind, Ströme, die man als thermoelectrische Ströme bezeichnet. Die P werden also im allgemeinen von den Q für dasselbe Metall und bei derselben Temperatur verschieden sein.

252. Die Existenz der electromotorischen Kräfte Q ist zuerst von W. Thomson in der schon citirteu Abhandlung als eine Folge der von Cumming*) entdeckten thermoelectrischen Umkehrung nachgewiesen worden. Die bezeichnete Erscheinung ist die, dass die Reihenfolge gewisser MetaDe in der thermoelectrischen Spannungsreihe eine andere ist für niedere als für hohe Temperaturen, so dass zwei Metalle bei gewissen Temperaturen sicli ganz neutral gegeneinander verhalten können.. Hält man zum Beispiel in einem Kreise, der von Kupfer und Eisen gebildet ist, eine Lötstelle auf

♦) Cambridge Trans, 1823.

253.] Thomsons Theorie. 389

Zimmertemperatur und erwärmt die andere, so setzt sich ein Strom, der durch die heisse Lötstelle vom Kupfer zum Eisen geht, in Bewegung. Je weiter man die Lötstelle erhitzt, um so stärker wird die electromotorische Kraft des Stromes, bis diese Lötstelle eine Temperatur T erreicht, welche nach Thomsons Bestimmungen etwa 284 <^C. beträgt. Setzt mau die Erwärmung der Lötstelle noch weiter fort, so nimmt die electromotorische Kraft des Stromes wieder stetig ab, wird Null und geht ins Entgegen- gesetzte über. Der Strom kehrt dann bei genügend hoher Erhitzung der Lötstelle seine Richtung um und fliesst durch die heisse Lötstelle vom Eisen zum Kupfer. Rascher erreicht man die Umkehrung des Stromes, wenn man auch die andere Lötstelle erwärmt. Befindet sich die Temperatur beider Lötstellen über 7', so geht schon- der Strom durch die wärmere Stelle vom Eisen zum Kupfer, also umgekehrt, wie wenn beide Lötstellen unter T temperirt sind.

Ist also eine der Lötstellen auf der neutralen Temperatur T und die andere wärmer oder kälter, so geht der Strom durch jene in Richtung vom Kupfer zum Eisen.

253. Aus dieser Tatsache zieht Thomson die folgenden Schlüsse.

Sei die zweite Lötstelle auf einer niedrigeren Temperatur als T, Man kann den Strom, der dann durch den Kreis geht, benutzen, um eine Maschine zu treiben oder um Wärme in einem Draht zu entwickeln. Die Energie, die dabei verbraucht wird, muss durch die Umwandlung von Wärme in electrische Energie ersetzt werden, und daraus folgt, dass irgendwo, im Kreise Wärme verschwinden wird. Bei der Temperatur T verhalten sich die Metalle Kupfer und Eisen neutral gegen einander. Von da ab nimmt die electromotorische Kraft des Thermostromes mit wachsender Temperatur der heissen Lötstelle nicht mehr zu, sondern ab. Unterhalb T sucht also der Peltiersche Effect die Temperatur der heissen Lötstelle zu verringern, oberhalb T dagegen sie zu vermehren. Demnach geht bei der Temperatur T an der heissen Lötstelle kein umkehrbarer Process vor sich, an der kalten Stdle findet dagegen nach dem Pelti er sehen Phänomen eine Entwickelung von Wärme statt. Daraus folgt, dass Wanne allein in den Kupfer- oder Eisenteilcn des Kreises verschwinden kann!

Geht also ein Strom im Eisen von der warmen zur kalten Lötstelle und im Kupfer von der kalten zur warmen, so muss eine Abkühlung ent- weder im Eisen oder im Kupfer oder in beiden Teilen des Kreises statt- finden. Der Sitz der theimoelectrischen Phänomene kann sich also nicht lediglich an der Berührungsstelle der Metalle befinden, sondern muss auch in den Metallen selbst gesucht werden,, dfis heisst die Kräfte Q müssen eine reelle Existenz haben. Durch eine Reihe ingeniöser Experimente glückte es nun Thomson in der Tat, die reversible thermische Wirkung des Stromes beim Durchgang durch verschieden t^mperirte Teile eines Metalls zu ent-

390 Thermoelectricilät. [254.

decken und es ergab sich dabei*), dass die Wirkungen des Stromes in Kupfer den in Eisen auftretenden entgegengesetzt waren.

Daraus lässt sich der interessante Schluss ziehen, dass die Electricitäten nicht aus materiellen Teilchen im gewöhnlichen Sinne bestehen können.

Wenn nämlich ein Strom materieller Flüssigkeit durch eine Röhre von warmen zu kalten Stellen fliesst, so erhitzt er die Röhre, und wenn er yon kalten zu warmen Stellen übergeht, kühlt er sie ab. Der Grad der Erwär- mung hängt wie der der Abkühlung von der specifischen Wärmecapacität der Flüssigkeit ab.

Dasselbe müsste bei einem Strom von Electricität stattfinden, wenn die Electricität, positiv oder negativ, eine materielle Flüssigkeit wäre, und man könnte aus den Einwirkungen des Stromes auf einen ungleichmässig erwärmten Körper die specifische Wärme der Electricität bestimmen. Thomsons Experi- mente zeigen aber, dass im Kupfer nur die positive und im Eisen nur die negative Electricität den Uebergang von Wärme von warmen zu kalten Stellen vermittelt. Die Erscheinungen im Eisen widersprechen also der Annahme einer materiellen Beschaifenheit für die positive und die im Kupfer einer solchen für die negative Electricität, und man darf weder die positive noch die negative Electricität als eine materielle Flüssigkeit ansehen, welche selbst erhitzt und abgekühlt werden könnte und welche fähig wäre, andern Körpern Wärme mitzuteilen.

Diese Voraussagung des reversiblen Effects eines Stromes auf einen ungleichmässig erwärmten Conductor bildet ein instructives Beispiel für die Anwendbarkeit des ersten Hauptsatzes der mechanischen Wärmetheorie, des Princips der Erhaltung der Energie, um der Wissenschaft neue Felder für ihre Untersuchungen zu eröffnen.

Thomson hat auch den zweiten Satz der mechanischon Wärme benutzt, um zwischen den Grössen P und Q Beziehungen aufzustellen. Ferner hat er auch die thermoelectrischen Eigenschaften von Körpern untersucht, die in verschiedenen Richtungen verschiedene Structur besitzen, und weiter die Bedingungen ^verfolgt, unter denen ein Metall durch Druck, Magnetisirung und andere Einwirkungen thermoelectrische Eigenschaften erhält.

264. Neuerdings hat Tait die electromotorische Kraft thermoelectrischer Kreise von verschiedenen Metallen, deren Lötstellen auf verschiedenen Temperaturen erhalten wurden, untersucht und sie als genügend genau durch die Formel

E=:a (<i-/a) [^0 - i (<i + '2)]

darstellbar gefunden. *•) t^ ist die absolute Temperatur der erhitzten, fg die der kalten Lötstelle, /q die neutrale Temperatur. Der Factor a hängt von der Natur der beiden den Kreis bildenden Metalle ab. Das obige Gesetz

*) On the Electrodynamic Qualities 0/ Metals , Phil. Trans. 1856. S. auct Clausius, Mechanische Wärmetheorie^ Bd. IL pag. 334 ff.

♦*) Proc. R. S. Edin. Session 1870—71, pag. 308, und 1871, Dec. 18.; Avenarius, Pogg.Ann. 119, 122.

254.] Taits Theorie. 391

ist sowohl von Tait als von seinen Schülern in weiten Teinperaturgxenzen ge- prüft worden, und Tait hofft die thermoelectrischc Säule zu einem wirklichen Temperaturmessungsinstrument für Untersuchungen über Wärmeleitung und für die Fälle, wo das Qnecksilberthermometer wegen der zu * beschränkten Ausdehnung seiner Scala nicht mehr gut anwendbar ist, machen zu können.

Nach Taits Theorie würde die von Thomson als specifische Wärme der Eleckicität bezeichnete Grösse für jedes reine Metall proportional seiner absoluten Temperatur sein, wenngleich sie von Metall zu Metall ihren Wert Und auch ihr Zeichen ändern kann. Daraus zieht dann Tait nach thermo- dynamischen Principien unter Anwendung der Bezeichnungen kj^ k^t, k^t für die specifischen Wärmen der Electricität in drei Metallen a, *, c und von ^6c' '^ca'» '^ah ^^^ ubsoluteu neutralen Temperataren an den drei Lötstellen je zweier der drei Metalle die Beziehungen

«) (k,^ k,) T^ + (k^-k^T^ + (A„- k,) T^ = 0;

ß) ■/ll»o = (*»-^c)(^6c-0',

für die neutraleu Temperaturen, die Pelti ersehen Effecte und die thenno- clectromotorischen Kräfte.

Cap. IV.

Electrolyse.

Electrolytische Leitung.

255. Ich habe bereits in der kurzen Zusammenfassung der Eigen- schaften eines electrischen Stromes bemerkt, dass der Durchgang eines Stromes durch gewisse zusammengesetzte Stoffe, die man als Electrolyte be- zeichnet, von einem eigentümlichen Process begleitet wird, den wir Electrolyse genannt haben. Die Substanz wird in zwei Componenten, Ionen, zerlegt, von denen die eine, die electronegative, das Anion, an der Anode, da wo der Strom in das Electrolvt eintritt, erscheint, während die andere, die electropositive, das Kation, sich an der Kathode, wo der Strom das Electrolyt wieder verlässt, ansammelt.

Die genaue Untersuchung all-er Vorgänge bei der Electrolyse gehört eigentlich mehr in das Gebiet der Chemie als in das der Physik, daher werde ich sie auch nur so weit fuhren, als sie uns vom Standpunkte der Electricitätslehre interessirt, und mich auf keine Discussion der Schlüsse, zu denen sie hinsichtlich der Constitution chemischer Verbindungen Ver- anlassung giebt,- einlassen.

Die charakteristische Erscheinung der Electrolyse besteht in der Ver- bindung von Strömungen materieller Teilchen mit Strömungen von Elec- tricität, und darum dürfte sie von allen electrischen Phänomenen am meisten geeignet sein, uns einen Einblick in die Natur der Electricität zu ver- schaffen.

In der Tat ist auch die Theorie der Electrolyse auf das engste mit der der Electricität verbunden, und sie ist deshalb noch so wenig be- friedigend, weil wir noch keine rechte Idee davon haben, was eigentlich die Electricität ist.

Das fundamentale Gesetz der Electrolyse, welches von Faraday auf- gestdlt und von Beetz, Hittorf und andern bis jetzt als correct befunden worden ist, lässt sich so aussprechen:

2Ö5.J Priiicip der electrochemischen Aequivalente. 393

Die Zahl der electrochemischen Aequivalente eines Electrolyts^ welche von einem Strome wäJirend einer gegebenen Zeit zerlegt wer den ^ ist gleich der Zahl von Einheiten von Electricität ^ die der Strom in derselben Zeit durch einen Querschnitt des Electrolyts hindurch/ühri.

Das electrochemische Aequivdlent eines Electrolyts ist diejenige Menge desselben, welche von einer Stromeinheit in der Zeiteinheit zersetzt wird.

Misst man demnach die Electricitätseinheit in absolutem Maass, so kann man die electrochemischen Aequivalente in Grammen ausdrücken.

Die electrochemischen Aequivalente verschiedener Substanzen sind proportional den entsprechenden gewöhnlichen chemischen Aequivalenten. Diese sind aber weiter nichts als Verhältniszahlen, welche angeben, in welchen Verhältnissen Substanzen sich miteinander verbinden, während jene ganz bestimmte Quantitäten von Materie anzeigen, welche von der jewei- ligen Einheit, die man der Messung von Electricitätsmengen zu Grunde legt, abhängen.

Jedes Electrolyt besteht aus zwei Componenten, welche, so lange der dasselbe durchsetzende Strom andauert, sich an den Elcctroden ab- scheiden, sonst aber nirgend weiter auftreten. Denken wir uns also eine Fläche ganz innerhalb des Electrolyts beschrieben, so ist der Betrag an Electrolyse durch diese Fläche, gemessen durch die Zahl der electro- chemischen Aequivalente der durch die Fläche nach entgegengesetzten Richtungen gehenden Componenten, gleich der gesammten durch die Fläche hindurchgeflossenen Electricitätsmenge.

Der wirkliche Transport der Ionen durch das Electrolyt nach entgegen- * gesetzten Richtungen bildet also einen integrirenden Bestandteil des Phä- nomens der Leitung von Electricität durch Electrolyte. An jeder Stelle eines Electrolyts, wo ein electrischer Strom durchgeht, linden gleichzeitig zwei entgegengesetzt gerichtete Bewegungen des Anion und des Kation statt, welche in Richtung der Stromlinien des Stromes vor sich gehen und in ihrer Intensität proportional der Stärke des electrischen Stromes wachsen. Man wird daher unwillkürlich zu der Annahme gedrängt, dass die Ströme von Ionen ConvectionsstrÖme für die Electricität bilden, und speciell, dass alle Molekel aller Kationen mit einer und derselben unveränderlichen Menge positiver Electricität geladen sind, und dass ebenso alle Molekel aller Anionen dieselbe unveränderliche Menge negativer Electricität enthalten.

Die in Electrolytcn stattfindenden entgegengesetzt gerichteten Be- wegungen der beiden Ionen würden dann eine vollständige physikalische Repräsentation des electrischen Stromes bilden. Man kann auch diese Bewegung der Ionen mit der Bewegung von Gasen oder Flüssigkeiten wäh- rend ihrer Diffusion durcheinander vergleichen, nur dass hier die verschie- denen Substanzen sich lediglich mit einander mischen und so eine nicht homogene Masse bilden, während bei der Electrolyse die Substanzen, die Ionen, im Electrolyt sich chemisch mit einander nach ihrer Trennung wieder verbinden, das Electrolyt also stets homogen bleibt. Bei der Diffusion bc-

394 Electrolyse. [250.

steht die Ursache der nach einer bestimmten Kichtnng vor sich gehenden Bewegimg einer Substanz in der in dieser Bichtung stattfindenden Verrin- gerung der in einer Volumeinheit vorhandenen Menge der Substanz, bei der Electrolyse bildet die electromotorische Kraft in ihrer Wirkung auf die ge- ladenen Molekel jedes der Ionen das treibende Moment.

Theorie der Electrolyse.

256. Clausius*), der sich vielfach mit der molecularen Constitution der Körper beschäftigt hat, nimmt au, dass in allen Körpern die Molekel in fortdauernder Bewegung begriffen sind. In den festen Körpern sollen die Molekel sich um bestimmte Gleichgewichtslagen herumbewegen, während in den Flüssigkeiten die Molekel sich beliebig in frühere Lagen zurück- begeben, oder noch weiter von ihnen sich zu entfernen vermögen. Wenn also auch eine Flüssigkeit scheinbar in Ruhe verharrt, so sollen doch ihre Molekel drehend und wälzend und aneinander stossend sich fortwährend von Ort zu Ort begeben und von einem Teile derselben zu andern beliebig übergehen. Zugleich nimmt Clausius noch an, dass in zusammengesetzten Flüssigkeiten, deren Molekel selbst Aggregate von Molekeln bilden, bei dem Aufeinanderstossen der Molekel die Componenten derselben sich van ein- ander trennen und mit andern frei gewordenen Componenten wieder zu Molekeln vereinigen können, so dass die zusammengesetzte Flüssigkeit eigentlich fortwährend aus ihren Bestandteilen sich zusammensetzt und in ihre Bestandteile sich zerlegt. Derartig sollen die molecularen Bewegungen in den Flüssigkeiten zu jeder Zeit sein, so lange sie nicht von andern Kräften angegriffen werden. Wirkt aber auf eine Flüssigkeit eine electromotorische Kraft, so werden die Bewegungsrichtungen der Molekel, die früher nach allen Richtungen gleichmässig verteilt waren, beeinflusst, ein positiv geladenes Molekel zeigt dann mehr Neigung, sich nach der Kathode hin zu be- wegen als nach der Anode, während ein negativ electrisirtes mehr dieser als jener zustrebt. Unter der Voraussetzung, dass das Kation positiv, das Anion negativ geladen ist, wird also ersteres, wenn es. durch einen Zu- sammenstoss mit andern Molekeln ß,us seiner Verbindung mit dem Anion gelöst ist, sich nach dem Kation hin zu begeben suchen, da ihm aber in ähnlicher Weise befreite Anionmolekel , mit deren einem es* sich zu einem Molekel der Flüssigkeit wieder zusammensetzt, entgegenkommen, so wird es bald in seiner Bahn aufgehalten. An der Kathode findet das Kation kein Anionmolekel mehr vor, dort kann also eine Verbindung zu einem Molekel des Electrolyts nicht mehr vor sich gehen, und darum bleibt das Kation frei. Dasselbe geschieht an der Anode mit dem Anion. Innerhalb des Electrolyts ändert sich also die Flüssigkeit nicht, an den Electroden treten aber ihre Ionen auf.

*

) Pogg. Ann. Bd. 101, S. 338 (1857).

259.] Theorie von Clausius. 395

257. Biese von Clausius begründete Theorie erklärt auch, weshalb ein Electrolyt den Strom unter allen Umständen genau nach dem Oh ra- schen Gesetz fortleitet, so dass selbst der schwächsten electromotorischen Kraft ein Strom von ihrer Grössenordnung. entspricht, während doch die Zerlegung des Electrolyts erst dann beginnt, wenn der Strom eine gewisse Stärke erreicht hat.

Nach jener Theorie geht nämlich die Zerlegung und Wiederbildung des Electrolyts fortwährend, auch ohne dass Ströme vorhanden sind, vor sich, und die geringst^ electromotorische Kraft ist dann im Stande, dem Processc einen gewissen Grad von Richtung zu erteilen. Es treten dann Ströme von Ionen und mit ihnen, als integrirender Teil der Gesammterscheinung, solche von Electricität auf. Bei schwachen Strömen können aber die Ionen nicht so vollständig von einander befreit werden, dass sie an den Electroden auch ■frei zu bleiben vermögen.

Zur Hervorbringung einer vollständigen Trennung der einzelnen Ionen von einander ist eine endliche electromotorische Kraft nötig, und da der ihr entgegenwirkende Widerstand von der electrischen Attraction der beiden entgegengesetzt geladenen Ionen herrührt, so wird durch die Trennung des Kation vom Anion eine der electromotorischen Kraft des Stromes ent- gegenwirkende electromotorische Kraft wachgerufen, die auch einen diesem Strom entgegen gerichteten sogenannten Xhlai-isatiovsstrovi hervorbringt. Ist dieser aus der Anhäufung der Ionen an den bezüglichen Electroden her- rührende entgegen gerichtete Strom stark genug geworden, dass er beobachtet werden kann, so nennt man die Electroden .Polarisirt.

258. Der Polarisationsstrom bietet eines der besten Mittel zur Ent- scheidung, ob ein Körper zur Classe der Electrolyte gehört oder nicht. Man schaltet den Körper, indem man Platinstreifen als Electroden benutzt, einige Zeit in einen Stromkreis ein und verbindet ihn unmittelbar nach seiner Ausschaltung aus dem Kreise mit einem Galvanometer. Zeigt das Galvanometer einen dem ersten Strom entgegengerichteten Strom an, so hat man den Beweis, dass jener Strom die Substanz electrolytisch zersetzt und ihre Ionen an den bezüglichen Electroden aufgehäuft hat.

Diese Methode reicht, wie in Art. 271 noch näher erläutert wird, selbst da aus, wo man durch chemische Untersuchungen nur schwer die An- wesenheit der Ionen an den Electroden nachweisen könnte.

259. Somit scheint die Theorie der Electrolyse genügend von allen Vorgängen Eechenschaft zu geben. Sie verschafft uns eine Anschauung von dem Process, .den wir unter „electrischer Strom'' verstehen, dessen Natur uns sonst unbekannt bliebe, indem sie ihn durch die Bewegung der materiellen Componenten erklärt, die zwar an sich für das Auge unsichtbar bleibt, die aber doch leicht demonstrirt werden kann. Sie erklärt ferner, wie Faraday gezeigt hat (und wie auch unmittelbar aus der Clausius- schen Theorie der Constitution der Körper folgt), weshalb ein Electrolyt,

396 Electrolyse. [200.

welches im flüssigou Zustand die Electricitiit leitet, im festen ein Nicht- leiter ist, denn soll ein Electrolyt zu leiten vermögen, so müssen seine Molekel sich von einem Ort zu einem andern begeben können, und dazu muss der Körper eben flüssig sein, sich also in einem geschmolzenen oder gelösten Zustande befindeu.

Geht man aber weiter und nimmt zur Vervollständigung dieser Theorie noch an, dass die Ionen der Molekel in dem fllectrolyt tatsächlich mit bestimmten positiven bezüglich negativen Electricität^n geladen sind, so dass die Leitung durch ein Electrolyt lediglich in einer Convection der Electricität bestehen würde, so stösst man auf bedeutende Ünzuträg- lichkeiten.

Zunächst muss man annehmen, dass jedes Kationmolekel, so wie es vom Anion an der Kathode befreit ist, dieser Kathode eine gewisse positive Ladung mitteilt, die nicht blos für die Kationmolekel derselben Substanz, sondern überhaupt für alle Kationen von einer und derselben Grösse ist. Ebenso teilt jedes Anionmolekel jeder Substanz, wenn es an der Anode befreit wird, dieser eine und dieselbe negative der positiven Ladung, die das Kation der Kathode abgiebt, numerisch gleiche Electricitätsmenge mit.

Die Ladung aller Molekel, die ein electrochemisches Aequivalent des betreffenden Ions bilden, ist dann gleich einer positiven bezüglich negativen Electricitätseinheit.

260. Man weiss noch nicht, wie viel Molekel ein electrochemisches Aequivalent zusammensetzen, die Moleculartheorie der Chemie, die auch durch viele physikalische Betrachtungen gestützt wird, setzt aber voraus, dass die Anzahl von Molekeln in einem electrochemischen Aequivalent für alle Sub- stanzen dieselbe ist, und wir können von dieser Voraussetzung Gebrauch machen.

Ist also X die Anzahl aller in einem electrochemischen Aequivalent enthaltenen Molekel eine Grösse, die für alle Substanzen denselben bisher noch unbekannten Wert hat , so teilt jedes befreite Kationmolekel der Kathode eine Ladung von der Grösse -+- l/X und jedes befreite Anion der Anode eine Ladung von der Grösse 1/;V mit. Ich bezeichne diese Electricitätsmenge 1/A^, die, wenn sie bekannt wäre, wol die naturgemässeste Einheit für die Electricität abgeben würde, als die Moleöuiare Ladung.

Diese bestimmten Angaben über die Electrisirung der Molekel und über ihre Entladung dienen zunächst nur, um unsere Ansichten von den betreffenden Vorgängen näher zu präcisiren. Wenn die Ionen verbunden sind, so besitzen sie die eben festgestellten Ladungen. Ihre Befreiung von einander findet gleichzeitig mit dem Abgange positiver Electricität aus der Anode und dem Eingange positiver Electricität in die Kathode statt. Wenn die Ionen schon frei sind, besitzen sie keine Electricitäten.

Allein so leicht es ist, von einer molecularen Ladung zu sprechen, so schwer ist es, die Existenz einer solchen zu begreifen.

260.] Theorie. 397

Man weiss, dass "wenn zwei Metalle in einem Punkte zum Contact gebracht werden, dass dann der Rest ihrer Oberflächen electrisirt wird, und diese Electrisirung kann sehr beträchtlich werden, wenn die Metalle aus zwei Platten bestehen, die durch eine sehr dünne Luftschicht von einander getrennt sind. An etwas Aehnliches konnte man denken, wenn die Ionen eines Molekels eines Electrolyts mit einander verbunden sind. Man konnte annehmen, dass in jedem Paar von Ionen die Componenten sich in einem Punkte berühren, so dass der Rest ihrer Oberflächen durch die beim Contact auftretende electromotorische Kraft geladen wird.

Um aber die Erscheinung ganz zu entwickeln, müsste man auch sagen können, weshalb die so in jedem Molekel entstehende Ladung einen ganz festen, von der Natur des Molekels unabhängigen Betrag hat, weshalb die moleculare Ladung eines Chlormolekels in seiner Verbindung mit einem Zinkmolekel gen^u so gross ist, wie wenn das Chlormolekel mit einem Kupfermolekel verbunden ist, während doch die electromotorische Kraft zwischen Chlor und Zink viel grösser ist, als die zwischen Chlor und . Kupfer. Wenn ferner die Ladung der Molekel durch die beim Contact der Ionen auftretende electromotorische Kraft entsteht, weshalb bringen dann electro- motorische Kräfte verschiedener Intensität Ladungen von genau gleicher Grösse hervor.

Wir wollen aber annehmen, dass wir schon über alle diese Schwierig- keiten hinweg sind, indem wir uns einfach mit der Tatsache begnügen, dass die Ladung der p]inzelmolekel eine ein für alle mal gleiche, weder mit der Zeit noch mit der Substanz veränderliche Grösse besitzt. Ich nenne der Bequemlichkeit wegen diese Ladung ein Electricitäismolekel. So grobsinn- lich dieser Ausdruck ist und so wenig er sich auch mit dem Geiste dieses * Werkes verträgt, so soll er uns doch schliesslich dazu verhelfen, klar aus- zusprechen, was wir bis jetzt von den Vorgängen bei der Electrolyse wissen, und welche Schwierigkeiten noch zu überwinden sind.

Jedes Electrolyt muss als eine binäre Verbindung seines Kations mit seinem Anion betrachtet werden. Dabei können Anion wie Kation selbst noch zusammengesetzte Körper sein, die aus Aggregaten von Molekeln ein- facherer Körper bestehen. Die Verbindung eines Kationmolekels mit einem Anionmolekel bildet ein Molekel des Electrolyts,

Damit ein Molekel in einem Electrolyt als ein Anion auftreten kann, muss es mit einem negativen Electricitätsmolekel, und damit es als ein Kation auftreten kann, mit einem positiven Electricitätsmolekel verbunden sein. Doch sind diese Electricitätsmolekel nur dann mit dem Anion- be- züglich Kationmolekel verbunden, wenn diese selbst zu einem Molekel des Electrolyts combinirt sind.

Sind die Molekel electrolysirt, so begeben sie sich mit ihren Electricitüts- molekeln zu den betreffenden Electroden und erscheinen dort, wenn sie selbständig auftreten, als unelectrische Körper.

1

398 Electrolyse. [261.

Kann ein Molekel in einem Electrolyt die Rolle eines Anions, in einem andern die eines Kations spielen, oder kann es in zusammengesetzte Körper eingehen, die überhaupt keine Electrolyte sind, so muss man schon voraus- setzen, dass es, je nachdem es als Anion oder Kation auftritt, eine nega- tive oder positive Ladung erhält, und dass es in ein Nichtelectrolyt ganz electricitätsfrei eingeht. So ist Jod in den Jodiden der Metalle und in der Jodwasserstoflfsäure ein Anion, dagegen soll es im Bromjod die Rolle des Kation spielen.

Es ist sehr wenig wahrscheinlich, dass diese eben dargestellte Theorie der molecularen Ladungen in irgend einer Form wird beibehalten werden können, wenn wir erst zu einer wirklichen Einsicht in die Natur der Electrolyse gelangt sein werden. Denn wenn wir erst soweit sind, werden wir auch eine sichere Basis für eine Theorie der electrischen Ströme ge- wonnen und so' alle solche provisorischeu Theorieen nicht mehr nötig haben.

* Man kann aber diese Theorie von den molecularen Ladungen wenigstens dazu benutzen, um dem Gedächtnis viele Tatsachen aus der Lehre von der Electrolyse einzuprägen.

Secundäre Vorgänge bei der Electrolyse.

26L Ein beträchtliches Stück weiter in die Erkenntnis der Electrolvse hat uns die Entdeckung und Erforschung der bei der Eutv^'icklung der Ionen an den Electroden stattfindenden secundären chemischen Vorgänge gebracht.

Manchmal sind nämlich die Substanzen, die man an den Electroden vorfindet, nicht die Ionen der Electrolyse, sondern Producte dieser in ihrer ^ chemischen Einwirkung auf das Electrolyt.

Lässt man zum Beispiel einen Strom durch eine Lösung von Natrium- sulfat (Aog '^(\) und zugleich durch verdünnte Schwefelsäure fliessen, so ent- stehen an den Electroden, die in das Natriumsulfat tauchen, genau dieselben Substanzen und auch in genau denselben Quantitäten wie an den Electroden, die den Strom durch die verdünnte Schwefelsäure leiten, nämlich an der Anode Sauerstoff und an der Kathode Wasserstoff. Lässt man aber die Electrolyse des Natriumsulfats in einem Gefässe vor sich gehen, welches die Substanz an jeder Electrode für sich allein zu uutersuchen gestattet dazu eignet sich eine T- Röhre oder eine von einer porösen Wand durch- setzte Schale , so findet man an der Anode sowohl ein Aequivalent Sauerstoff als ein Aequivalent Schwefeltrioxyd und an der Kathode ein Aequivalent Natrium- oxyd und zwei Aequivalente Wasserstoff. Man könnte nun auf den erst43n Bück nach der alten Theorie von der Constitution der Salze annehmen, dass der Strom einmal das Natriumsulfat in seine beiden Bestandteile A'äfg 0 und SO2 zerlegt und dann noch die Lösungsfiüssigkeit, Wasser, in Sauerstoff und Wasserstoff electrolysirt hat. Damit würde man aber zugeben, dass

261.] Seciuidare Vorgänge. 399

derselbe Strom, der in der verdünnten Schwefelsäure nur ein Aequivalont Wasser zersetzt, in der Lösung des Natriumsulfats nicht blos ein Aequi- yalent Wasser, sondern auch noch ein Aequivalent vom Natriumsulfat electrolysirt, und das widerspricht dem Gesetz der electrochemischen Aequi- valente.

Setzt man aber voraus, dass das Natriumsulfat nicht gleich SO^-^ Na^ 0, sondern gleich S 0^-^ Na^ ist, so geht das S 0^ nach der Anode und wird dort frei, da es aber im freien Zustande nicht existiren kann, so zerfällt es in Schwefeltrioxid »S O3 und Sauerstoff 0. Gleichzeitig begiebt sich das Natrium nach der Kathode und zerlegt daselbst das Wasser der Lösung. Dadurch entstehen ein Aequivalent Natriumoxyd A^Og 0 und zwei Ajequiva- lente Wasserstoff.

Bei der verdünnten Schwefelsäure sind die an den Electroden sich an- sammelnden Ionen die Componenten des Wassers, also ein Volumen Sauer- stoff und zwei Volumina Wasserstoff. Ausserdem nimmt noch die Schwefelsäure an der Anode zu, aber nicht nach dem Gesetz der electrolytischen Aequi- valente.

Man weiss bis jetzt noch nicht sicher, ob reines Wasser ein Electrolyt ist oder nicht. Seine Leitungsfähigkeit wird durch die geringsten Spuren einer fremden Beimischung beträchtlich erhöht, und deshalb weichen auch die von den einzelnen Beobachtern für die Leitungsfähigkeit des Wassers gefundenen Zahlenwerte so sehr von einander ab, dass man sie bis jetzt noch nicht als wirklich bestimmt ansehen darf.

Je reiner das Wasser ist, einen desto grossem Widerstand setzt es der electrolytischen Leitung entgegen. Man wird also noch unentschieden lassen, ob es im ganz reinen Zustande überhaupt die Electricität zu leiten vermag. So lange man es als ein l^lectrolyt ansah und sogar als typisches Beispiel für die Electrolyse benutzte, hatte man sicher Grund, es als eine binäre Ver- bindung zu betrachten. Darnach müssen zwei Volumina Wasserstoff einem Volumen Sauerstoff äquivalent sein.

Darf man aber aus den mitgeteilten Tatsachen schliessen, dass es kein Electrolyt ist, so hindert uns nichts anzunehmen, dass gleiche Volumina Sauerstoff und Wasserstoff einander chemisch äquivalent sind.

Die 'dynamiscfhe Gastheorie führt uns zu der Annahme, dass gleiche Volumina verschiedener Gase eine gleiche Anzahl von Molekeln enthalten und dass weiter der Hauptteil der specifischen Wärme, nämlich der von der Bewegung der Molekel gegen einander abhängige, bei allen Gasen für die- selbe Anzahl von Molekeln auch denselben Wert hat. Damach würden wir die Theorie vorzuziehen haben, in welcher gleiche Volumina von Wasserstoff und Sauerstoff als äquivalent angesehen werden, wo also Wasser als Ver- bindung von zwei Aequrvalenten Wasserstoff mit einem Aequivalent Sauerstoff betrachtet wird. Wasser ist also wahrscheinlich kein Electrolyt.

Während die Electrolyse eine enge Beziehung zwischen electrischen Phänomenen und chemischer Verbindung herstellt, zeigt die Tatsache, dass

400 Electrolyse. [262.

nicht alle chemischen Verbindungen auch Electrolyte sind, dass die chemische Verbindung einen complicirtern Process darstellt, als irgend ein electrisches Phänomen. So wird die Verbindung zweier Metalle, selbst wenn beide gute Leiter sind, und selbst wenn sie in der Spanuungsreihe für Contactelectricität genügend weit auseinanderliegen, von einem Strom auch dann nicht zer- legt, wenn sie geschmolzen ist.

Die meisten Verbindungen von Substanzen, die in andere Substanzen als Anionen eingehen, sind Nichtleiter, also auch keine Electrolyte. Ferner giebt es auch eine Anzahl von Verbindungen, welche aus denselben Stoffen, wenn auch nicht in äquivalenten Verhältnissen wie Electrolyte zusammen- gesetzt, sind, und die doch nicht zu den Electrolji^en gehören.

Erhaltung der Energie in electrolytischen Processen.

262. Geht ein Strom durch einen Volta sehen Kreis, der teils aus einer Batterie, teils aus einem Draht und teils aus einer electrolytischen Zelle besteht, so wird während eine Electricitätseinheit einen Querschnitt desselben passirt, ein electrochemisches Aequivalent von jeder der Sub- stanzen in den Elementen der Batterie sowohl als in der electrolytischen Zelle electrolysirt.

Die mechanische Energie, die dabei ins Spiel kommt, lässt sich wie sonst bei irgend einem chemischen Process dadurch bestimmen, dass man sie gänzlich in Wärme umwandelt, diese nach bekannten Methoden misst und durch Multiplication mit dem mechanischen Wärmeäquivalent auf mechanische Energie reducirt."

Wo eine solche directe Bestimmung nicht gut durchführbar ist, da führt man die Substanzen vor dem chemischen Process und nachdem derselbe sich abgespielt hat, zu eineip und demselben Endzustande und misst die in beiden Fällen entwickelten Wärmemengen. Die Differenz der beiden Wärmemengen ist dann das thermische Aequivalent des chemischen Pro- cesses, dem die Substanzen unterworfen worden sind.

Unterhält ein chemischer Process einen Voltaschen Strom, so ist die in den Zellen der Batterie entwickelte Wärmemenge, wi^ Joule gefunden hat, kleiner als sie den innerhalb derselben vor sich gehenden chemischen Processen zukommt, die fehlende Wärmemenge findet .sich aber in dem Vorbindungsdraht der Batterie oder in der mechanischen Arbeit, die der Strom leistet, wenn in seinem Kreise eine Maschine eingeschaltet ist.

Verbindet man also beispielsweise ^ie 'Electroden einer Batterie erst durch einen kurzen dicken und dann durch einen langen dünnen Draht, so ist die in einer Zelle während der Auflösung eines Gfamms Zink entwickelte Wärmemenge im ersten Falle um einen gewissen Betrag grösser als im zweiten, dagegen ist die in dem Draht entwickelte Wärme im ersten Falle um denselben Betrag kleiner als im zweiten. Die gesammte .während der

268.] Electromotorische Kraft ii. chen>. Äction in einem Element. 401

Auflösung eines Gramms Zink im ganzen Kreis entwickelte Wärmemenge hat aber in beiden Fällen dieselbe Grösse. Joule hat diese Consequenz des Princips von der Erhaltung der Energie durch directe Messungen be- stätigt gefunden.

Die in einer Zelle entwickelte Wärmemenge steht zu der im Verbindungs- draht entwickelten in dem Verhältnis des Widerstandes, den die Zelle dem Strom entgegensetzt, zu dem Widerstände des Drahtes. Macht man also einmal den Draht möglicht resistent gegen den Durchgang des Stromes und ein anderes Mal möglichst nachgiebig gegen denselben, so findet man fast die ganze entwickelte Wärmemenge das erste Mal im Drahte, das zweite Mal in der Batterie des Stromkreises. Setzt der Draht dem Strom den grossen Widerstand entgegen, so ist die in ihm in bestimmter Zeit ent- wickelte Wärmemenge gleich dem Product aus der durch ihn in dieser Zeit hindurchgegangenen Electricitätsmenge in die electromotorische Kraft, die den Durchgang bewerkstelligt.

263. Nach frühem Definitionen geht nun in derselben Zeit, in welcher in einer Zelle ein electrochemisches Aequivalent der dort enthaltenen Sub- stanz sich einem chemischen Process unterzieht, eine Electricitätseinheit durch den Draht. Daher wird die beim Durchgang einer Electricitätseinheit entwickelte Wärmemenge durch die electromotorische Kraft gemessen. Andererseits ist diese Wärmemenge aber auch ebenso gross wie die vom electrochemischen Aequivalent der Substanz sei es in der Zelle oder im Draht während des betreffenden chemischen Processes entwickelte Wärmemenge. Daraus fliesst dann der folgende von Thomson zuerst*) bewiesene Satz:

Die electromotorische Kraft eines electrochemischen Apparates ist in ab- solutem Maasse gleich dem mechanischen Aequivalent der chemischen Action^ welcher ein electrochemisches Aequivalent der in dem Apparat enthaltenen Substanz unterliegt.

Für die thermischen Aequivalente chemischer Processe liegen schon eine Menge von numerischen Bestimmungen von Favre und Silbermann, Andrews, Hess, Berthelot, Thomsen u. a. vor, aus denen sich die mechanischen Aequivalente durch Multiplication mit dem mechanischen Wärmeäquivalent ergeben. Mau kann demnach leicht die electromotorischen Kräfte verschiedener Vol tascher Batterieen von vornherein berechnen. Jener Satz gestattet also durch rein calorimetrische Methoden electromoto- rische Kräfte zu bestimmen, die in Batterieen tätig sind, bezüglich vor- geschriebene electrolytische Processe bewirken sollen. Er giebt uns sogar die Mittel, chemische Affinitätskräfte in absolutem Maasse auszudrücken. Man hat wol auch früher gewusst, dass die chemische Affinität, das heisst, das Bestreben der Substanzen sich einer gewissen chemischen Veränderung zu unterziehen, in einigen Fällen grösset war, als in andern, aber ein be- stimmtes Maass hat man für sie nicht eher besessen, als bis sich gezeigt

*) PfiiL Mag. 1851, Dec. Maxwell, Rlectricität u. Magnetismus. I. 2C

402 Erhaltung der Energie bei der Electrolyse. [208.

hat, dass sie in gewissen Fällen genau gleich gewissen electromotorischen Kräften ist. Seitdem kann man sie mit denselben Hilfsmitteln bestimmen, mit denen man überhaupt electromotorische Kräfte misst.

Weiss man aber erst, wie man die chemische Affinität zu messen hat, so wird der gesammte Verlauf, den ein chemischer Process nehmen muss, von vornherein klarer; man übersieht leichter, mit welcher Intensität er vor sich geht «und kann eher angeben, welche Substanzen einander ersetzen werden, was man alles früher, als man die chemische Affinität als eine qualitas sui generia betrachtete, die eben nicht messbar sein sollte, nicht zu tun vermochte.

Wenn das Volumen der Producte einer Electrolyse grösser als das ent- sprechende des Electrolytes ist, so wird bei der Ausdehnung eine gewisse Arbeit verbraucht. Drückt man die Vergrosserung des Volumens eines electrochemischen Aequivalents, wenn es unter einem Drucke p electrolysirt wird, durch v aus, so ist die dieser Vergrosserung entsprechende Arbeit gleich pv. Die electromotorische Kraft, welche die betreffende Electrolyse hervorbringen soll, muss also um p v grössör sein, als sie sein würde , wenn keine Volumveränderung stattfände.

Sind die Producte der Electrolyse Gase, welche, wie etwa Sauerstoff und Wasserstoff, eine weit geringere Dichte, als das Electrolyt, dem sie entstammen, haben, und welche genügend genau dem Boy leschen Gesetze gehorchen, so ist pv bei einer und derselben Temperatur eine fast unver- änderliche Grösse. Die electromotorische Kraft hängt dann nicht merklich von dem Druck ab, unter dem das Electrolyt, welches durch sie zersetzt werden soll, sich befindet. Das ist der Grund, weshalb man die electrolytische Zersetzung der verdünnten Schwefelsäure nicht dadurch aufhalten kann, dass man die Gasproducte in enge Räume hineinzwängt.

Sind die Producte der Electrokse flüssig oder fest, so wächst pv mit ansteigendem Druck. Bei einer Druckzunahme muss dann die electro- motorische Kraft vergrössert werden, wenn sie das Electrolyt in derselben Weise wie bisher zerlegen soll.

Ebenso muss auch jede andere Arbeit, die während der Electrolyse noch nebenbei geleistet wird, die electromotorische Kraft der Electrolyse beeinflussen. Läuft zum Beispiel ' ein -electrischer Strom vertikal zwischen zwei horizontal gelegte Zinkelectroden durch eine Lösung von Zinkvitriol, so führt er Zink, wenn seine Richtung von unten nach oben geht, von der untern nach der obern Electrode, und wenn er von oben nach unten fliesst, von der obern zur untern Electrode. Bei der erstem Richtung muss er also stärker sein, als bei der letztern. Doch. ist die Vergrosserung, die seine electromotorische Kraft pro Meter Entfernung der beiden Electroden erheischt, kleiner als ein Millionteil der Kraft eines Daniel Ischen Elements.

Cap. V

Electrolvtische Polarisation.

Wirkung der Polarisation auf den primären Strom.

264 Geht ein electrischer Strom durch ein von zwei Electroden bc- grenztes Electrolyt, so bringt die Aufliäufung der Ionen an den Electroden die Erscheinung der Folarisaüon hervor, die sicli darin äussert, dass eine electromotorische Kraft der Kraft des zersetzenden Stromes entgegenwirkt und auf die Stromstärke eine ähnliche Wirkung hervorbringt wie eine Vergrösserung des Widerstandes im Stromkreise.

Wendet man einen continuirlichen Slrom an, so scheint der sich ihm entgegenstellende Widerstand vom Beginn seines Laufes an schnell zu wachsen, bis er eine gewisse Höhe erreicht hat, auf der er dann nahezu unverändert bleibt. Aendert mau die Form des Gefässes, in welcliem das ' Electrolyt enthalten ist, so ändert sich der Widerstand in derselben Weise wie bei einem metallischen Conductor, den man. einer ähnlichen Gestalts- veränderung unterwirft, immer aber hat man, um den ganzen Widerstand, den der Strom scheinbar überwindet, zu erhalten,- zu dem wahren Wider- stand des Electrolytß noch einen scheinbaren Widerstand, der von der Natur der Electroden abhängt, hinzuzufügen.

266. Deshalb glaubten einige Physiker annehmen zu müssen, dass zur Durcliführung eines Stromes durch ein Electrolyt eine gewisse endliche electromotorische Kraft erforderlich ist. Die Untersuchungen von Lenz, Neumann, Beetz, Wiedemann*), Paalzow**) beweisen aber ebenso, wie die von F. Kohlrausch und A. Nippoldt***) ausgeführten Experi- mente, dass die Leitung durch ein Electrolyt mit ganz derselben Exactheit nach dem Ohm sehen Gesetze vor sich geht, wie die durch einen metalli-

*) Galvanismus Bd. 1.

**) Monatsbericht der Berl. Acad. der Wissenschaften 1868, Juli. •**J Pogg. Ami. Bd. 138 (1869, Oet.), S. 286.

26*

404 Schwächung des primären Stromes durch die Polarisation. [206«

sehen Conductor, und dass der scheinbare, an den Flächen der Electroden

auftretende Widerstand lediglich von der Polarisation dieser Electroden herrührt.

266. Die Polarisation manifestirt sich darin, dass die Intensität des eletrolysirenden Stromes geschwächt wird, wodurch eine dem Strom ent- gegengerichtete Kraft sich verrät. Nun äussert sich zwar der Widerstand ebenfalls in einer dem Strom entgegengerichteten Kraft, die wie die Pola- risation seine Stärke zu verringern sucht. Allein es ist leicht seine Er- scheinung von der der Polarisation experimentell zu trennen, wenn man den electrolysirenden Strom plötzlich unterbricht oder umkehrt.

Der Widerstand wirkt in Richtung des Stromes, und die electromotorische Kraft, die ihn gerade überwindet, ist proportional der Stärke des Stromes und ändert ihre Wirkungsrichtung, wenn der Strom umgekehrt wird. Wenn femer die electromotorische Kraft verschwindet, so hört der Strom sofort zu lliessen auf.

Die von der Polarisation herrührende electromotorische Kraft hat eine ganz feste Richtung, sie wirkt immer entgegen der Richtung des Stromes, der sie wachruft. Hört der electrolysirende Strom auf, so bringt die Polarisation einen dem ursprünglichen Strom entgegengerichteten Strom hervor.

Man kann den Unterschied zwischen diesen beiden Erscheinungen mit dem Unterschiede vergleichen, der eintritt, je nachdem man Wasser durch ein langes capillares Rohr oder durch eine gewöhnliche Röhre von massiger Länge von unten nach oben in 'einen Behälter zu fliessen zwingt. Hebt man den Druck, der den Strom unterhält, auf, so hört im ersteren Falle das Wasser einfach auf zu fliessen, im andern Falle dagegen fliesst jetzt umgekehrt das Wasser aus dem Behälter durch das Rohr ab.

Um diese mechanische Versinnbildlichung noch anschaulicher und voll- ständiger zu machen, haben wir nur noch vorauszusetzen, dass der Behälter eine massige Tiefe besitzt, so dass er, wenn in ihn lange genug Wasser hineingelaufen ist, überzufliessen beginnt. Der Gegendruck des gefüllten Behälters erreicht dann seinen höchsten Betrag, auf dem er sich constant erhält. Dadurch wird auch die Erscheinung noch illustrirt, dass die electro- motorische Kraft der Polarisation einen gewissen maximalen Betrag nicht überschreitet.

Ursache, Energie und Entwickelung der Polarisation.

267. Die Polarisation scheint ihre Ursache in der Existenz der Pro- ducte der electrolytischen Zerlegung an den Electroden zu haben, denn indem sich an den beiden Electroden verschiedene Substanzen anhäufen, werden die Electroden gegeneinander electrisch verschieden, und es beginnt zwischen ihnen eine electromotorische Kraft zu wirken, die der Kraft des electrolysirenden Stromes entgegengerichtet ist.

268.] .Electromotorische Kraft der Polarisation. 405

Die Tonen, die so durch ihre Anwesenheit an den Electroden den Polari- sationsstrom hervorrufen, sind nicht als vollständig frei zu betrachten, sie hängen vielmehr an den Electrodenflächen mit ziemlich beträchtlicher Kraft fest.

Die Höhe der electromotorischen Kraft der Polarisation wird durch die Dichte, mit der ein Ion an der betreifenden Electrode condensirt ist, bestimmt, doch wächst sie nicht so schnell wie diese, ist ihr also auch nicht proportional.

Im allgemeinen hat nun ein Ion fortdauernd das Bestreben, sich ganz frei zu machen, und entweder in die Flüssigkeit zu düfundiren, oder sich als ein Gas zu entfernen, oder sich als festen Körper niederzuschlagen.

Die so entstehende Zerstreuung der Polarisation geht sehr langsam im Beginn der Polarisation und sehr rasch, wenn diese sich der Grenze ihrer Entwickelung nähert, vor sich.

268. Die electromotorische Kraft, welche in einem- electroljrtischen Process zur Geltung kommt, ist, wie wir in Art. 2H2 gesehen haben, numerisch dem mechanischen Aequivalent der Energie gleichwertig, die bei der Zersetzung eines electrochemischen Aequivalents des Eloctrolyts ins Spiel^ kommt. Involvirt der Process, wie in der Voltaschen Zelle, eine Verringerung der innem Energie der Substanzen, welche ihm unterworfen sind, so wirkt die electromotorische Kraft in Richtung des Stromes; ist er dagegen, wie in einer electrolytischen Zelle, von einem Anwachsen der innerü Energie der Substanzen begleitet, so wirkt die electromotorische Kraft entgegen der Bichtung des Stromes und heisst dann die Electro^ motorische Kraft der Ihlarisation,

Im Falle eines stationären Stromes, wo die Electrolyse continuirlich ihren Fortgang nimmt, und die Ionen getrennt im freien Zustand an den Electroden erscheinen, hat man zur Bestimmung der electromotorischen Kraft, die zur Unterhaltung der Electrolyse hinreicht, weiter nichts zu tun als die innere Energie der Ionen mit geeigneten Apparaten zu messen und hierauf mit der innem Energie des Electrolyts zu vergleichen. Man erhält dann durch die Diiferenz der Energieen den Maximalbetrag, den die Polarisation zu erreichen vermag.

Beim Beginn der Electrolyse sind aber die Ionen, wenn sie an den Electroden abgeschieden werden, noch nicht vollkommen frei, sie haben weniger innere Energie, als wenn sie gar nicht mehr zurückgehalten werden, aber mebr als in ihrer Verbindung zum Electrolyt. In der Tat ist auch der Zust-and, in welchem sich ejn Ion, wenn es in sehr dünner Schicht an der Electrode abgelagert wird, befindet, sehr ähnlich mit dem Zustande, in den es bei einer wirklichen chemischen Verbindung mit der Electrode treten würde. So wie aber die Ablagerung des Ion zunimmt, kommen die folgen- den Teilchen immer weiter von der Electrode zu liegen, sind also mit dieser nicht mehr so innig verbunden wie die zuerst abgeschiedenen, sie adhäriren

406 Bcstimmutigsgrösscn der Polai isation. [269.

*

noch einige Zeit, zuletzt aber entweichen sie in Blasen, oder diifuudircn, oder schlagen sich in fester Form nieder, je nachdem sie gasig oder flüssig od§r fest sind.

Eine Untersuchung der Polarisation muss daher auf folgende Phänomene Kücksicht nehmen.

I. Auf die Dichte <j der Ablagerung der Ionen auf den Electrodenflächen, also auf die Anzahl electrochemischer Aequivalente des betreffenden Ions, die sich auf einer Flächeneinheit der zugehörigen Electrode niederschlägt. Da jedem abgeschiedenen electrochemischen Aequivalent eine vom Strom fortgeführte Electricitätseinheit entspricht, so kann man a sowohl als die Flächendichte einer Materie, als auch als die Flächendichte von Electricität ansehen.

n. Auf die electromotorische Kraft p der Polarisation, die als die elec- tri^che Potentialdifferenz zwischen den beiden Electroden definirt werden kann, wenn der das Electrolyt durchsetzende Strom so schwach ist, dass der eigentliche Widerstand des Electrolyts keine merkliche Veränderung in der Potentialdifferenz der Electroden zu verursachen vermag.

Diese electromotorische Kraft p ist in einem bestimmten Moment mechanisch äquivalent der zu dieser Zeit stattfindenden ein electrochemisches Aequivalent des Electrolyts angreifenden Action. Man muss aber beachten, dass dieser Process in einer Ablagerung der Ionen an den Electroden besteht, und dass der Zustand, in welchem die Ionen abgeschieden werden, von dem Zustand der Electrodenflächen abhängt, welche durch die schon abgeschiedenen Massen modificirt sein können.

Die zu irgend einer Zeit wirkende electromotorische Kraft p wird also durch alle vorangegangenen Processe, so zu sagen, durch die Vorgeschichte der Iillectrode bestimmt. Kurz und wenig präcis ausgedrückt ist also p eine Function von der Dichte j, die mit 7 verschwindet, aber weit früher eine obere Grenze als die Dichte erreicht. Im Grunde genommen kann man p nicht als Function von a betrachten, soudem man muss correcter sagen, p sei eine Function des chemischen Zustandes der an den Electrodenflächen abgelageri-en lonschichten, der seinerseits wieder von der Dichte der Schichten nach einem die Zeit mitenthaltenden Gesetze abhängig sein wird.

269. in. Drittens ist noch die Zerstreuung der Polarisation zu berück- sichtigen. Diese hängt aber zum Teil von der Intensität der Polarisation oder der Dichte a der Ablagerungen an den Electroden, zum Teil von der Natur des umgebenden Mediums und zum Teil von den mechanischen, thermischen oder chemischen Einwirkungen, denen die Flächen der Electroden etwa unterworfen sind, ab.

Die Zeit T, innerhalb welcher eine an einer Electrode gebildete lon- raenge durch die tatsächlich stattfindende Zerstreuung sich wieder entfernt, bezeichne ich als den Modulus der Zerstreuungszeit. So lauge die Dichte der Ablagerung nur gering ist, hat dieser Modul einen sehr grossen Wert,

271. J Zerstreuung der Polarisation. 407

mit wachsender Dichte vermindert sich T und nimmt sehr stark ab, wenn die Dichte sich ihrem grössten erreichbaren Werte nähert. Hat die Dichte ihren unter den bezüglichen Umständen grössten Betrag erlangt, so macht der Modul wahrscheinlich nur einen geringen Bruchteil einer Secunde aus. In der. Tat nimmt die Zerstreuung, wenn der Strom constant erhalten wird, so rasch zu, dass die Gase statt sich auf die Electrode niederzuschlagen und die Dichte des daselbst schon befindlichen Ions zu vermehren, in demselben Augenblick, wo sie abgeschieden werden, auch in Blasen entschlüpfen.

270. Demnach ist der Zustand , in welchem sich die Electroden einer electrolytischen Zelle bei schwacher Polarisation befinden, sehr von dem verschieden, wenn ihre Polarisation den Maximalbetrag erreicht. Verbindet man zum Beispiel eine Anzahl electrolytischer Zellen, die mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt sind, hinter einander und schaltet sie in den Strom- kreis eines einzigen Daniel Ischen Elements ein, so hält der Strom nur ausserordentlich kurze Zeit an, weil die electromotorische Kraft der in den electrolytischen Zellen sich ausbildenden Polarisation sofort die des Daniells äquilibrirt.

Die Zerstreuung ist hier sehr geringfügig, sie wird durch die langsame Absorption und Diüusion der Gase durch die Flüssigkeit unterhalten. Sie ist aber wirklich vorhanden, und ihre Existenz wird durch den äusserst schwachen Strom angezeigt, der immer noch durch die Zellen fliesst, ohne doch eine merkliche Abscheidung der Gase bewirken zu können.

Vernachlässigt man die in der kurzen Zeit, während der die Polarisation sich herstellt, vor sich gehende Zerstreuung, so ist die in dieser Zeit durch den Strom fortgeführte Electricitätsmenge

wo A den Flächeninhalt einer Electrode und j die als gleichförmig ange* nommene Dichte des auf -4 niedergeschlagenen Ions angiebt. Schaltet man nach dieser Zeit die Electroden des electrolytischen Apparates aus den\ Stromkreis des Daniells aus und verbindet sie statt dessen mit einem Galvanometer, der die gesammte durchgehende Ladung zu messen gestattet, so findet man, dass beim Verschwinden der Polarisation die Electricitätsmenge Q nahezu vollständig wieder zum Vorschein kommt.

Secundärbatterieen.

271. In dieser Anordnung und Verwendung gleicht der electrolytische Apparat, welcher dann der Ritt er sehen Secundärbatterie entspricht, sehr einer Leydener Flasche. Beide Apparate können mit Electricität geladen und von derselben . entladen werden. Bei beiden findet die Entladung in entgegengesetzter Bichtung wie die Ladung statt. Die entladene Electricitäts- menge ist. nahezu gleich der den bezüglichen Apparaten mitgeteilten Ladung.

408 Secundärbatlcric. [271.

Ihre Differenz gegen die zugeführte Ladung rührt zu einem Teil von der Zerstreuung her, welcher die Polarisation bezüglich die Ladung unterworfen ist, einer Zerstreuung, die hei der Secundärbatterie wie' bei der Leydener Flasche bei kleinen Ladungen sehr langsam yor sich geht, dagegen sehr rasch Platz greift, wenn die Ladung eine gewisse Stärke überschritten hat. Ein anderer Teil der Differenz kommt wieder zum Vorschein, wenn man die Electroden der Secundärbatterie bezüglich der Leydener Flasche, nachdem der Entladungsstrom scheinbar ganz aufgehört hat, für einige Zeit von einander trennt und dann wieder mit einander verbindet. Es tritt dann eine secundäre Entladung in Richtung der primären ein. Diese zweite Ent- ladung, die als Electr hohes Besiduum bezeichnet wird, ist för die Secundär- batterie nicht weniger charakteristisch, wie für die Leydener Flasche.

Obgleich hiernach die Secundärbatterie ziemlich viel Aehnlichkeit mit einer Leydener Flasche zeigt, so giebt es doch auch einige wichtige Differeuz- punkte zwischen beiden Apparaten, die ich hervorheben muss.

Die Ladung einer Leydener Flasche ist sehr genau proportional der electromotorischen Kraft der Ladung, das heisst der Potentialdifferenz zwischen den beiden Belegungen der Flasche. Die Ladung, die einer Einheit der electromotorischen Kraft entspricht, die Capäcität der Flasche, ist also constant, das heisst unabhängig von der Anzahl der Einheiten, die die electromotorische Kraft enthält. Bei der Secundärbatterie dagegen wächst diese Grösse, die man als ihre Capäcität bezeichnen kann, mit der electro- motorischen Kraft an, die Ladung der Secundärbatterie nimmt nicht pro- portional der electromotorischen Kraft zu.

Femer hängt die Capäcität einer Leydener Flasche von der Grösse der Belegungen, von ihrem gegenseitigen Abstände und von der Substanz, die sie trennt, ab, sie ist aber unabhängig von der Natur der Metalle, aus denen die Belegungen gebildet sind. Auf der andern Seite wird die Capä- cität der Secundärbatterie von der Grösse der Electrodenflächen, von ihrer natürlichen Beschaffenheit und von der Flüssigkeit, die sich zwischen ihnen befindet, bestimmt, sie ist aber unabhängig von dem Abstände, der die Electroden von einander scheidet. Der Maximalbetrag der Potentialdifferenz der Electroden ist bei einer einzelnen electrolytischen ZeUe sehr gering im Verhältnis zu dem, den die Belegungen einer Leydener Flasche zu erreichen vermögen, und es müssen zur Hervorbringung einer entsprechend grossen elec- tromotorischen Kraft viele secundäre. Zellen mit einander verbunden werden.

Dagegen ist die Flächendichte der Ladung bei einer Secundärbatterie so ausserordentlich viel grösser als die, welche auf den Belegungen einer Leydener Flasche durch Aufhäufung von Electricität hervorgebracht werden kann, dass Varley *) bei der Beschreibung der Construction eines Condensators von grosser Capäcität den Gebrauch einer Zusammenstellung von Gold- und Platinstreifen , die in verdünnter Schwefelsäure tauchen, immer noch als

*) 0. F. Varley, Electric Telegrapks <fec., 1860, Jan.

271.] Die Secundärbatterie als Accumulator. 409

wohlfeiler denn die Benutzung der gewöhnlichen Franklinschen Tafeln, die aus weiter nichts als aus den zu beiden Seiten mit Zinnfolie belegten isolirenden Tafeln bestehen, empfehlen konnte.

In einer Leydener Flasche besteht die Form der aufgehäuften Energie in einem Zwangzustande des die Belegungen trennenden Dielectricums, den ich schon an einem andern Orte unter dem Namen electrische oder dielec- trische Polarisation beschrieben habe. Dort (Art. 62, 111) habe ich auch unter Hinweisung auf unsere Unkenntnis bezügKch der Natur jenes Zwang- zustandes, soweit es einstweilen möglich ist, auf die Erscheinungen hin- gewiesen, durch welche er sich, manifestirt.

Bei einer Secundärbatterie besteht die Form der aufgehäuften Energie in der chemischen Bedingung, in der die Ionen sich gegen die Electroden- flächen befinden, eine Bedingung, die von yollständiger chemischer Bindung durch oberflächliche Condensation, mechanische Adhäsion bis zu einfacher Anlagerung variirt.

"Der Sitz dieser Energie, die ich entsprechend der dielectrischen Polari- sation als Electrolytiache Polarisation bezeichne, befindet sich unmittelbar an den Electrodenflächen, nicht in der Substanz des zwischen den Electroden vorhandenen Electrolyts.

Ich empfehle dem Leser, in der Weise, wie es hier für die Secundär- batterie und die Leydener Flasche geschehen ist, auch eine Vergleichung zwischen der. Volt a sehen Batterie und irgend einer von den in Art. 211 beschriebenen Electrisirmaschinen durchzufuhren.

Neuerdings hat Varley*) noch gefunden, dass die Capacität eines Platinstreifens, in verdünnter Schwefelsäure pro Quadratcentimeter 27 bis 84 und noch mehr Microfarads beträgt, und dass sie mit der electromotorischen Kraft wächst. Steigt diese Kraft von 0,02 Daniells bis zu 1,6 Daniells an, so erhebt sich die Capacität von 27 bis 84 Microfarads.

Man kann aber die Vergleichung zwischen der Secundärbatterie und der Leydener Flasche noch weiter treiben wie das folgende von Buff**) aus- geführte Experiment zeigt. Man weiss, dass Glas nur bei niedriger Tempe- ratur ein Isolator ist, und dass es schon unter 100^ C. zu leiten beginnt. Schüttet man also in ein Reagenzglas Quecksilber und taucht es in ein mit Quecksilber gefülltes Gefass, so hält die so gebildete Leydener Vorrichtung, so lange ihre Temperatur die gewöhnliche Zimmertemperatur nicht zu st-ark überschreitet, eine mitgeteilte Ladung zurück. Verbindet man die durch das Glas getrennten Quecksilbermassen durch Electroden mit einer Vo Ha- schen Batterie, so geht zunächst kein Strom durch sie hindurch. Erwärmt man aber die Vorrichtung allmälig, so setzt sich der Strom in Bewegung

♦) Proc, R. S, 1871, Jan. 12.

♦•) Annalen der Chemie und Pharmacie^ 1854, Bd. 90 Seite 257; Wiedemann, Lehre von der Electricität 1882, Bd. I. pag. 519 ff.

410 Constanle Elemente. [272.

und wächst an Stärke, je mehr die Temperatur des Glases ansteigt, während das Glas in seiner physikalischen Beschaffenheit noch ganz unverändert scheint.

Schaltet man jetzt die Batterie aus uud verbindet die Electroden mit dem Galvanometer, so zeigt sich ein jenem primären Strome entgegengesetzter Polarisationsstrom. Die Flächen des Glases sind also polarisirt, und die Electricität wird demnach durch heisses Glas electrolytisch geleitet.

Lässt man den Apparat, während er in dem Volta sehen Kreis ein- geschaltet ist, sich wieder abkühlen, so wird der Strom immer schwächer, bis er zuletzt ganz aufhört. Die Polarisation der Glasflächen bleibt aber . bestehen. Entfernt man das Quecksilber, wäscht das Glas mit Salpetersäure und Wasser ab und füllt frisches Quecksilber ein, so ist der Apparat wie- der zum Gebrauche fertig, und der frühere Versuch kann mit demselben Erfolg wiederholt werden.

Man darf also Glas bei einer Temperatur von 100^ C, wo es noch ganz starr ist, als ein Electrolyt betrachten. Wahrscheinlich sind die meisten Dielec- trica, welche den Strom in geringem Grade leiten, Electrolyte.

Die Existenz einer Polarisation kann als genügender Beweis für eine stattfindende Electrolyse gelten, und ferner darf man von Substanzen, deren Leitungsfälligkeit mit steigender Temperatur zunimmt, vermuten, dass sie electrolytisch leiten.

Constante Elemente.

272. Unterbricht man den Strom eines Voltaschen Elements, in wel- chem die Electroden polarisirt werden, für einige Zeit und schliesst ihn dann wieder, so ist die Intensität des Stromes nach diesem zweiten Schluss stärker, als sie bei der Oeffinung des Kreises war, weil inzwischen ein Teil der Polarisation im Element verschwunden ist. Vermindert man andererseits den Widerstand des Kreises, indem man den Strom zeitweilig durch eine kurze dicke Schliessung fliessen lässt, so findet man ihn nach Wiederherstellung des vorangegangenen Zustandes weniger, stark, als er sonst gewesen sein würde, weil durch jene Widerstandsverminderung die Polarisation im Element gesteigert worden ist.

Solche Unregelmässigkeiten im Stromkreise sind bei Experimenten, die exacte Messungen erfordern, sehr störend; deshalb sucht man sich Elemente herzustellen, die entweder gar keine oder doch eine möglichst geringe Polarisation der Electroden nachweisen.

Es scheint, als ob die Zinkelectrode des Danie 11 sehen Elements, wenn sie in einer Zinkvitriollösung oder in verdünnter Schwefelsäure taucht, nur sehr wenig polarisirt wird. Der Hauptteil der Polarisation befindet sich viel- mehr an der hegativen Electrode. Steckt man die negative Electrode in "Sverdünute Schwefelsäure, so sieht man, wie sie sich mit Bläschen, welche

272.] " Element von Smee, Grove und Bunsen. 411

Wasserstoff, das von der Zersetzung der Flüssiglcoit herrührt, einschliessen, bedeckt. Diese Bläschen verringern dann die Berülirungsfläche der Elec- trode mit der Flüssigkeit und vermehren so den Widerstand. Ausser von diesen sichtbaren Bläschen wird aber die Electrode auch von einer dünnen anhaftenden Schicht freien Wasserstoffs tiberzogen, die eine der Kraft der Batterie entgegenwirkende electromotorische Kraft wachruft und so jene notwendig verringert.

Man hat verschiedene Methoden zur Entfernung dieser Wasserstoffschicht versucht. Zunächst kann man ihre Bildung bis zu einem gewissen Grade mechanisch verhindern, wenn man die Flüssigkeit gehörig rührt, oder wenn man die negative Electrode abreibt. In der Smeeschen Batterie sind zu dem Behufe die Electroden vertikal eingesetzt und mit fein verteiltem Platin- schwamm bedeckt, von dem die Bläschen sich leicht loslösen können. Die Strömung, die dadurch in der Flüssigkeit verursacht wird, zieht dann die andern Bläschen, so wie sie gebildet werden, mit sich fort.

Weit wirksamer erweist sich aber die Anwendung chemischer Mittel. Man befolgt dabei zwei Methoden. In dem Groveschen und Bunsenschen Element wird das negative Metall in eine an Sauerstoff reiche Flüssigkeit getaucht. Der an dieser Electrode sich ausscheidende Wasserstoff findet dann in der Flüssigkeit eine genügende Menge von Sauerstoff, mit dem er sich zu Wasser verbindet. Grove benutzt als negative Electrode einen Platinstreifen, dem er in concentrirte Salpetersäure tauchen lässt, Bunsen benutzt zwar ebenfalls die Salpetersäure, senkt aber einen Streifen besonders präparirter Kohle hinein. Statt der Salpetersäure, die durch die Dämpfe von Untersalpetersäure, welche sie aushaucht, lästig Tällt, wendet man häufig Chromsäure an.

Dahin gehört auch die Säule, in der man Kupfer, das man vorher künst- lich mit einer Oxydschicht versehen hat, als negative Electrode benutzt. Der abgeschiedene Wasserstoff reducirt die Oxydschicht und verbindet sich mit dem Sauerstoff zu Wasser. Die Oxydschicht schwindet aber schnell, um sie zu ersetzen, schlägt Joule vor, die Kupferelectrode in Form einer Scheibe zu bilden, die senkrecht nur zur Hälfte in die Flüssigkeit taucht und um eine horizontale Axe langsam rotirt. Die aus der Flüssigkeit tretenden Teile derselben können dann von der umgebenden Luft wieder oxydirt werden.

Die zweite Methode beruht auf der Anwendung eines, die negative Elec- trode umgebenden Electrolyts, dessen Kation ein Metall bildet, welches gegen Zink stark negativ ist.

In dem Daniel Ischen Element taucht eine Kupferi)latte in einer ge- sättigten Lösung von Kupfervitriol, geht dann der Strom in dem Element vom Zink zum Kupfer, so schlägt sich an die Kupferelectrode aus der Lösung nicht Wasserstoff, sondern metallisches Kupfer nieder. Damit das Kupfer der Lösung als wirkliches Kation auftritt, darf der Strom nicht zu stark und muss die Lösung gesättigt sein. Das Auion SO 4, begiebt sich dann zum *Zink und löst dasselbe allmälig auf, wenn es nicht amalgamirt ist.

412 Constante Elemente. [272.

Sind die genannten Bedingungen nicht erfüllt, ^so bildet sich an der Kathode auch Wasserstoff, welches aus der Lösung S O4 an sich zieht (wo- bei wieder Kupfer frei wird) und Schwefelsäure entstehen lässt. Die Kupfer- vitriollösung wird dann an der Kupferelectrode allmälig durch Schwefel- säure ersetzt, die Flüssigkeit wird farblos, und die Electrode polarisirt sich schliesslich durch den Wasserstoff. Das Kupfer, welches durch diesen secundären Process niedergeschlagen wird, ist loser und zerreiblicher als das durch die regelrechte Electrolyse abgeschiedene.

Man fugt deshalb zu der Flüssigkeit, die die negative Electrode um- giebt, um den Abgang an Kupfer genügend zu ersetzen, von Zeit zu Zeit Kupfervitriolkrystalle hinzu.

Muss demnach die Flüssigkeit an der Kupferelectrode mit Kupfervitriol gesättigt sein, so darf die Flüssigkeit, in der die Zinkelectrode taucht, keine Spur dieses Vitriols enthalten, sonst schlägt sich das Kupfer desselben auf das Zink nieder. Das Zink, das daran gesetzte Kupfer und die umgebende Flüssigkeit bilden dann einen kleinen secundären Kreis, in welchem eine rasche Electrolyse vor sich geht, die das Zink verzehrt und doch nichts zum Nutzeffect der Batterie beiträgt.

Man taucht deshalb das Zink entweder in verdünnte Schwefelsäure oder in Zinkvitriollösung, die man in eine Schweinsblase oder in eine Zelle aus gebranntem porösen Ton, welche rings von der Kupfervitriollösung umspült wird, füllt. Die Electrolyse wird dadurch nicht gehindert, während eine Mischung der beiden Flüssigkeiten durch sichtbare Strömungen genügend gehemmt ist.

In einigen Elementen» versucht man die Strömungen durch Sägespäne aufzuhalten; man kann aber dadurch die Mischung der Flüssigkeiten nicht verhindern, weil, wie Graham gezeigt hat, zwei Flüssigkeiten, die durch derartige Zwischeumittel getrennt sind, fast genau so schnell in einander diffundiren, als wenn sie sich direct berühren und nicht sichtbar durch ein- ander strömen.

Ausserdem würde wahrscheinlich ein Septum, das die Diffusion ver- mindert, in genau demselben Verhältniss den Widerstand des Elements vermehren, weil die mathematischen Gesetze, welche die Verbreitung des Stromes durch electrolytische Leitung regeln, genau dieselbe Form haben, wie die, welche die Diffusion bestimmen, Aenderungen also, die die Diffusion betreffen, in ganz derselben Weise sich auch bei der Fortleitung des Stromes zeigen müssen. Ein Unterschied findet allerdings zwischen diesen, beiden Vorgängen statt, die Diffusion geht nämlich fortwährend vor sich, die Leitung dagegen nur so lange, als der Strom anhält.

Doch kann keine Vorsichtsmassregel verhindern, dass nicht schliesslich doch das Kupfervitriol noch seinen Weg zum Zink findet and so die Batterie ihrer Kraft beraubt.

2720

Das Thom so n- Daniel Isch'o Element.

413

Thomson*) hat der Danielischen Zelle, um jenes Endresultat wenigstens möglichst weit hinauszuschieben, die folgende Einrichtung ge- geben.

Die Eupferelectrode besteht aus einer grossen Eupferplatte, und liegt auf dem Boden eines Glasgefasses. Darüber ist Zinkvitriol gefüllt, welches von der Zinkelectrode, der die Form eines Gitters gegeben ist, überdeckt wird. Durch die Lösung geht eine Glasröhre, die gerade über der Kupfer- platte ihr Ende findet. Füllt man in diese Röhre Kupfervitriolkrystalle ein, so bildet sich eine Kupfervitriollösung, die, weil sie specifisch schwerer als die Zinkvitriollösung ist, sich auf der Kupferplatte ausbreitet und die Zink- platte nur durch Diffusion erreichen kann.

Um die Diffiision möglichst zu verlangsamen, fuhrt Thomson in die Zinkvitriollösung einen Heber, dessen Inneres durch einen Baumwollendocht ausgefüllt ist, so ein, dass seine eine Mündung ungefähr in der Mitte zwischen den beiden Electroden sich befindet, während die andere in einem

EUetrodan

HelfT

Zink ZnSo^

KupFfr

Flg. 22.

ausserhalb des Elements stehenden Gefass endet. Die Flüssigkeit wird dadurch langsam von der Mitte ihrer Tiefe aus aufgesaugt, der grössere Teil der nach oben diffandirenden Kupfervitriollösung also durch den Heber, ehe er noch die Zinkelectrode erreicht, abgezogen. Das Zink bleibt dann stets von einer nahezu gan^ reinen Zinkvitriollösung umgeben. Die Diffusion wird auch noch dadurch verlangsamt, dass die Flüssigkeit an der Zinkelectrode durch die Heberwirkung sich langsam nach unten senkt, also die aufwärtsgehende Bewegung des Kupfervitriols ein wenig hemmt. Ist der Spiegel der Zinkvitriollösung zu stark gesunken, so fügt man Wasser oder eine schwache Zinkvitriollösung hinzu. Während der Wirkung dieses Elements wird Kupfer auf die Kupferplatte niedergeschlagen, und Schwefel- tetroxyd (ÄO4) langsam durch die Flüssigkeit zum Zink geführt, wo es

•) Fror. /?. S. 1871, Jan. 19.

414 Constante Elemente. [272.

es sich mit diesem zu Zinkvitriol, das sich sofort in der umgebenden Flüssig- keit löst, verbindet. Dadurch wird allmälig die Dichtigkeit der Flüssigkeit am Boden des Elements immer geringer und die der Flüssigkeit am Rande immer grösser, und es würden bald Strömungen auftreten, welche das Element unbrauchbar machen würden, wenn man nicht einerseits die Glas- röhre genügend mit Kupfervitriolkrystallen gefüllt erhielte, und andererseits die Zinkvitriollösung durch Nachgiessen von Wasser gehörig verdünnte.

Die electromotorische Kraft der Groveschen Zelle beträgt 192,000,000, die der Bunsenschen 188,000,000 und die der Daniellschen 107,900,000. Die Danielische Zelle ist also keineswegs die stärkste von den im ge- wöhnlichen Gebrauch befindlichen Elementen.

Auch ist der Widerstand eines Daniellschen Elements im allgemeinen grösser als der eines Groveschen oder Bunsenschen von derselben Grösse. Trotz alledem ist die Daniel Ische Zelle weitaus am meisten zur Ausführung exacter Messungen geeignet, weil sie von allen bisher getroffenen Ein- richtungen die grösste Constanz der electromotorischen Kraft aufweist. Sie hat noch den Vorteil, dass sie sehr lange zu arbeiten vermag und keine lästigen Dämpfe ausstösst.

Ca-p. VI.

Lineare electrische Ströme,

-X

Definition eines linearen Leiters.

273. Die folgenden Untersuchungen umfassen nicht blos wirklich lineare Leiter, sondern auch solche, die wie lineare Leiter behandelt werden können. Als Lineare Leiter sind aber die Leiterteile zu betrachten, zwischen deren End- punkten oder Electroden der Strom immer in derselben Weise fliesst. So kann man zum Beispiel einen Conductor von irgend welcher Fonn, dessen Oberfläche bis auf zwei Stellen, die mit Electroden metallisch verbunden sind, mit einem isolirendeu Material bedeckt ist, nach denselben Gesetzen, wie einen wirklich linearen Leiter behandeln. Hier fliesst nämlich ein Strom, der durch die eine Electrode ein- und durch die andere austritt, unabhängig von seiner Stärke stets längs denselben Stromlinien, und seine Stärke ist in jedem Teile der Masse eine lineare Function der electromotorischcn Krnft. Hier wird also die Ohm sehe Beziehung zwischen Stromstärke, electromoto- rischer Kraft und Widerstand in Anwendung zu bringen sein. Hat der Conductor aber mehr als zwei Stellen, durch die der Strom ein- und aus- zutreten vermag, so können Ströme in mehreren von einander unabhängigen und zu einander niclit conjugirten Bahnen fliessen. Ich komme darauf in Art. 282 zurück.

Das Ohm sehe Gesetz.

274. Es sei i'J die in Art. 09 definirte electromotorische Kraft in einem

linearen Leiter, der von der Electrode A^ zur Electrode A^ reicht, ferner ('

die Intensität eines Stromes, der den. Leiter durchfliesst, das heisst, die

Electricitätsmenge, welche in der Zeiteinheit durch einen Querschnitt des

Leiters in Richtung von Ä^ nach A^ hindurchgeht, endlich sei B der

Widerstand des Leiters, dann ist der mathematische Ausdruck für das

Ohm sehe Gesetz

E=±CR.

416 Hintereinander gereihte Leiter. [275.

System hintereinander gereihter Leiter.

276. Widerstand, Wir verbinden eine Anzahl von Leitern so, dass das Ende jedes Leiters mit dem Anfang des folgenden Leiters zusammen- fällt, also die Electroden des ersten ^j, ^2? ^i^ ^^^ zweiten ^2) ^s? ^^ des dritten ^3, ^4, u. s. f. sind. Sie bilden dann ein System Hintereinander gereihter Leiter.

Die electromotorischen Kräfte, die längs dieser Leiter wirken, seien -K,2, A'23, £^34, u. s. f., die Widerstände 2?j2? ^23 ? ^34 ^- s- ^•

Da die Leiter hintereinander verbunden sind, so fliesst ein Strom dui'ch alle mit einer und derselben Stärke, nach dem Ohm sehen Gesetz ist daher

1) /Jj2 = CIix2f ^23 = ^'^23 9 ^34 = ^^34?

Also

2) E12 -H E2^ -h £^34 -4- . . . = C (/?j2 -+■ i?23 ^" ^34 "+-...)

Andererseits haben wir aber, falls E die durch alle Leiter hindurch wirkende, resultirende electromotorische Kraft und R den Gesammtwider- stand aller Leiter angiebt,

3) ^ = CjB, und da

4) E = E^^ + £;23 H- ^34 +

ist, so folgt aus den Gleichungen unter 2), 3) und 4)

5) R = 7?i2 -h -^23 + -^34 + •?

oder in Worten:

Der Widerstand einer Anzahl hintereinander gereihter Leiter ist gleich der Summe der Widerstände der einzelnen Leiter.

Ibtential, Seien A und C die Electroden der Combination von Leitern, B ein zwischen ihnen liegender Punkt und a, /;, c die Potentiale an den betreffenden drei Stellen A, JJ^ C, Femer sei //j der Wirferstand des von A bis B und B2 ^^^ ^^^ ^'^" ^^ ^is C reichenden Leiterstückes, so ist nach der Definition der ejectromotorischen Kraft

6') a-^h^B^C, h--c=B^C, a^^c^BC,

also

r\ h ^-^2-H-g^i

woraus das im Punkte B herrschende Potential h berechnet werden kann, wenn die Potentialwerte in den Electroden gegeben sind.

276.] Nebeneinander gereihte Leiter. 417

System nebeneinander gereihter Leiter.

276. Widerstand. Es seien eine Anzahl von Leitern ABZ^ ACZ, A D Z u. s. f. nebeneinander verbunden, so dass sie dieselben Electroden A und Z haben. Sie bilden dann ein System Nebeneinander gereihter Leiter oder einen vielfachen Leiten

Ihre bezüglichen. Widerstände bezeichnen wir durch Äj, /?2, i?3,..., die in ihnen herrschenden Stromstärken durch Cj, Ci, C3, . . ., den gesammteu Widerstand durch R und die gesammte Stromstärke durch C.

Da durch die einzelnen Leiter dieselbe electromotorische Kraft wirkt, so ist .

1 ) K = C-^lli = 6*2 Äg = ^3 7?3 = . . . = CR.

Femer haben wir

2) C=Ci + Ca + C3 + ...,

«also

A JL J_ _L

oder in Worten:

Der reciproke Wert des Widerstandes eines vielfachen Leiters ist gleich der Summe der reciproken Werte der Widerstände der einzelnen Compo- nenten desselben.

Bezeichnet man den reciproken Wert des Widerstandes eines Leiters' als seine Leitungs/ähigkeit, so kann man auch sagen:

Die Leitungsfähigkeit eines vielfachen Leiters ist gleich der Summe der

Leitungsfähigkeiten seiner einzelnen Zweige.

•• .

Stromstärke in den einzelnen Ztveigen, Aus der Gleichung 1) folgt für die Stromstärke irgend eines Zweiges des vielfachen Leiters

4) <^t = ^#-

R ist durch die Gleichung unter 3) bestimmt.

Körperliche Leiter von gleichförmigem Querschnitt.

277. Der Widerstand p eines aus einem gegebenen Material geschnit- tenen Würfels gegen einen Strom, der parallel einer seiner Kanten fliesst, heisst, wenn die Käuten des Würfels die Länge Eins haben, der Specifische ' Widerstand für die Volumeinheit des Materials.

Ein. Prisma, dessen Querschnitt gleich der Einheit und dessen Länge gleich / ist, kann als aus l Einheits würfeln zusammengesetzt angesehen werden. Der Widerstand eines solchen Prismas ist daher nach Art. 275

«

gleich /p. Da weiter ein Leiter von der Länge / und deui Querschnitt s

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. (. 27

418 Speoifischc T.eitunpsfSihigkcit und specifischer Widerstand. [278.

wie ein aus « nebeneinander verbundenen Leitern betrachtet werden darf, so folgt aus Art. 27(>, dass der Widerstand eines solchen Leiters

1) 7? = p-.

ist.

Diese Gleichung gestattet den specifischen Widerstand irgend eines Materials zu bestimmen, wenn man den Widerstand und die Dimensionen eines aus ihm gebildeten, überall gleich dicken Drahtes zu messen vermag.

Die directe Messung des Querschnitts eines Drahtes ist meist mit grossen Schwierigkeiten verbunden, man bestimmt 'daher ciusser der Länge des Drahtes noch sein Gewicht und seine Dichtigkeit, woraus sich dann der Querschnitt berechnen lässt.

Wo es nicht gut möglich ist, die Dichtigkeit des Materials zu bestin^men, benutzt mau als Vergleichseinheit den Specifischen Widerstand für die Gewichtseinheit f das heisst, den Widerstand eines Drahtes, dessen Länge gleich der Längeneinheit uÄi dessen Masse gleich der Massen einheit ist.

Ist dieser Widerstand gleich r, so hat man für jeden andern Draht der die Länge / und die Masse m besitzt, den Widerstand

^ in

Dimensionen des Widerstandes und der Leitungsfähigkeit.

278. Electrostatisches Maasssystem. Nach dem Ohm sehen Gesetz ist der Widerstand eines Leiters gleich dem Quotienten aus der ihn angrei- fenden electromotorischen Kraft in die Stärke des ihn durchfliessenden Stromes. Seine Leitungsfähigkeit ist dann gleich dem reciproken Wert des Widerstandes, also gleich dem Quotienten aus der Stromintensität in die electromotorische Kraft. Nach dem in der Electrostatik adoptirten Maass- system ist aber das Verhältnis einer Electricitätsmenge zu einer electro- motorischen Kraft, also zu einer Potentialgrösse gleich einer Capacität, also von den Dimensionen einer Linie. Weiter ist das Verhältnis einer Elec- tricitätsmenge zu einer Stromstärke gleich der Zeit, innerhalb deren der Strom eine solche Electricitätsmenge fortschafft. Daraus folgt, dass das Verhältnis einer Stromstärke zu einer plectromotorischen Kraft dem einer Linie zu einer Zeit entspricht, oder dass dieses Verhältnis, die Leitungs- fahigkeit, von den Dimensionen einer Geschwindigkeit ist.

Man kann die Tatsache, dass die Leitungsfähigkeit eines Condüctors im electrostatischen Maasssystem sich durch eine Geschwindigkeit ausdrückt, dadurch veriflciren, dass man einen kugelförmigen Conductor vom Radius r 2U einem Potential V ladet und dann durch den gegebenen Leiter mit. der Erde verbindet. Lässt man, während die Kugel sich zur Erde entladet, ihren Radius so abnehmen, dass ihr Potential V flurch die Entladung keine Ver-

280.] Dimensionen der Leitungsfühigkeit und des Widerstandes. 419

äuderung erleidet, so ist ihre Ladung in irgend einem Augenblick gleich rV und die Stärke des durch den Leiter gehenden Entladungsstromes gleich" d(rV)/dt, das heisst, weil T' durch die Contraction der Kugel constant er- halten wird, gleich Vdr/dt. Die electromotorische Kraft- des Entladungs- stromes ist gleich F, also das Verhältnis der Stärke des Stromes zu seiner electromotorischen Kraft gleich dr/dt^ gleich einer Geschwindigkeit, und zwar gleich der Geschwindigkeit, mit der der Radius der Kugel zu verringern ist, wenn ihr Potentialniveau während ihrer Entladung durch den Leiter zur Erde ungeändert bleiben soll.

Im electrostatischen Maasssysiem ist also die Leitungsfähigkeit eine Geschwindigkeit, und sie hat die Dimensionen

[Leitungsfähigkeit I = [LT-i].

Daraus folgen dann die Dimensionen der andern Grössen

[Widerstand] = [L-i 7],

[Specifische Leitungsfahigkeit für Volumeinheit] . == [T-i], [Speciiischer Widerstand für Volumeinheit]. . . = [7'].

Der numerische Betrag der beiden letzten Grössen hängt also lediglich von der Wahl der Zeiteinheit ab. die in allen Läridern in derselben Weise getroffen wird.

Für die auf die Gewichtseinheit bezogene specifische Leitungsfahigkeit uyd für den entsprechenden specifischen W^iderstand haben wir die Dimensionen

[Spocifische Leitungsfähigkeit für Gewichtseinheit] = [L^T-'^M-^], [Specifischer Widerstand für Gewichtseinheit]. . = [L-^TM].

279. Electromagnetisches MaasBsystem, Wir werden später sehen, dass im electromagnetischen Maasssystem umgekehrt der Widerstand eines Conductors eine Geschwindigkeit ist, in jenem Maasssystem sind also die Dimensionen

[Leitungsfähigkeit] ............= U--^^],

[Widerstand] = [LT-'];

[Specifische Leitungsfähigkeit für Volumeinheit] . = [7>-2 7'], [Specifischer Widerstand für Volumeinheit] . . = [/^^y-ij^ [Specifische Leitungsfähigkeit für Gewichtseinheit] = [L7\l/-i], [Specifischer Widerstand für Gewichtseinheit]. . = [L-ir-ii/].

Allgemeine Theorie eines Systems linearer Leiter.

280. Den allgemeinsten Fall eines Systems linearer Leiter erhält man, wenn man n Punkte A^^Ä^^ A^^ ,,, A^zu zwei und zwei durch n (?i l)/2 lineare Leiter verbindet.

Bezeichnet man die Leitungsfähigkeit eines Leiters , der von A^ nach A gezogen ist, durch ÜT , die Intensität des ihn in Richtung von -^ nach A durchsetzenden Stromes durch C ^ ferner das Potential in A mit P^

2V

420 Allgemeine Theorie eines Systems linearer Leiter. [280.

and das in A^ mit P^, endlich eine längs des Leiters A^ Ä^ etwa wirkende . innere electromotorische Kraft durch E^^^ so haben wir nach dem Ohm sehen Gesetze

y pq pq^ p 9 P9^

Die Leitungsfahigkeit ist eine von der Sichtung des Stromes unab- hängige Grösse, die electromotorische Kraft dagegen und die Stromstärke wechseln ihr Zeichen, wenn die Stromrichtung umschlägt, daher ist

2) -Ä« « = Ä^ ^, E^ ^ = h/^ . C ^ = c*. „.

/ pq qpf pq q p'> pq qp

Sind weiter §j, Qg, Qg, ... (g^ die in das System durch die Punkte A^^A^^ A^^ . , .A^ in der Zeiteinheit eintretenden Electricitätsmengen, so muss, weil in dem Leitersystem Electricität weder aufgehäuft noch geschaifcn werden kann, die Continuitätsgleichung

3) <?i + Ca -t- C, -+-... + i?, = 0

erfüllt sein.

Für irgend einen Pjinkt A ist aber

oder nach Gleichung 1)

5a) «,= (Ä-^^ + Ä-p, + ÜT^, + . . . ä;„) P^

- («"pi^ + ^p8i'2 + ^ps-Ps + + f^pnK)

+ (^Pi-^pi + ^p» ^'pj + K^,E^, + ... + K^.E^J.

Das Zeichen K kommt in diesen Gleichungen nicht vor,, verstehen wir darunter die negative Summe der Leitungsfähigkeiten aller Leiter, die sich- in A schneiden, setzen also

a) K^, (^pl + Äp2 + ^P3 + + Kpnl

SO hat die Continuitätsgleichung für den Punkt A die Form

Indem wir p alle Zahlenwerte von 1 bis n erteilen, erhalten wir so n Gleichungen, die aber, weil ihre Summe wegen der Gleichungen unter 2), 3) und a) identisch verschwindet, zu n 1 unabhängigen Gleichungen zu- sammenfallen.

*

Es ist also nicht möglich alle n Potentiale P durch sie zu berechnen, wohl aber gestatten sie die Potentialdifferenzen der Verbindungsstellen A gegen einander zu bestimmen, und das genügt völlig zur Berechnung der Stromstärken aus den unter 1) gegebenen Gleichungen.

281.]

Die Kirch ho ff sehen Gesetze..

421

Bezeichnet man mit D die Determinante

b)

/) =

K.

11

K.

12

K

13

K

In

K

21

A^,

22

K

23

^.

2n

ä:

31

K,

33

^.

33

K

3n

if

n- 11

iT

n-12

iiT.

n-13

A'

n 1 n

und mit Z)^^ die bezügliche Subdeterminante, so ist Entsprechend haben wir

+ (^21^21 + + ^2n^in~ ^2) ^«2 + + (^pl^pl + + ^,««p«- «p) ^,p + •'

woraus sich die Potentialdifferenz zwischen den Punkten Ap und Aq durch einfache Subtraction und damit die Lösung aller auf .das Problem der Strom- verteilung bezüglichen Fragen ergiebt.

Kirchhoff*) hat die Theorie linearer verzweigter Leiter, indem er statt der in den Verzweigungspunkten herrschenden Potentiale die electromo- torischen Kräfte einführte, durch die folgenden beiden Sätze begründet.

1. Die Summe der Intensitäten aller nach irgend einem Punkte des Systems fliessenden Ströme (solche, die von dem Punkte fortfliessen, als negativ gerechnet) ist gleich Null.

2. In jedem vollständigen von Leitern gebildeten Kreis ist die Summe der electromotorischen Kräfte gleich der Summe aus den Producten der Stromstärken der einzelnen Teile des Kreises in die zugehörigen Widerstände.

Der erste Satz entspricht der unter 3) angeführten Continuitätsgleichung, der zweite ergiebt sich aus dem Gleichungssystem unter 1).

281. Aus den unter Gleichung 2) im vorigen Artikel aufgestellten Be- ziehungen folgt ein Satz, der eine reciproke Eigenschaft zwischen zwei Leitern des Systems festsetzt, die der in Art. 88 für statistische Electricität bewiesenen reciproken Eigenschaft entspricht.

*) üeber die Auflösung der Gleichungen^ auf welche man bei der Untersuchung der linearen Verteilung galvanischer Ströme gefuhrt wird. Pogg. Ann. 72, oder Gesammelte Abhandlungen pag. 23 ff.

422 Conjugirtc Leiter. [282.

Der Coefficient von Q ist in der Gleichung für das Potential P gleich D jD^ und der von Q in dem Ausdruck für P^ gleich D^ J D,

D,_ unterscheidet sich aber von />„„ lediglich durch die verkehrte

pq qp O

Reihenfolge der Symbole, so dass zum Beispiel K^ für K^^ steht. Da aber nach Gleichung 2) A' == AT sein muss, so ist auch

/ pq qpf

also ist der Coefficient von Q in dem Ausdruck für P gleich dem

Coefficienten von Q in dem Ausdruck für P ,

Führt man demnach einen Strom von der Intensität 1 in A ein, so

steigt das Potential in A dadurch ebenso stark an wie in A^ wenn

man in A„ einen Strom von der Intensität 1 einfuhrt. p

Für die practische Anwendung bequemer sind die folgenden aus diesem Satz sich ergebenden Resultate.

Es seien -4, B^ (?, D vier Punkte unseres Leitersystems. Tritt ein Strom von der Stärke Q in das System durch den Punkt A ein und verlässt es im Punkte -B, so ist die dadurch entstehende Potentialdiflferenz P zwischen C und 7) ebenso gross wie die zwischen A und B entstehende Potentialdifferenz, wenn der Strom von derselben Stärke Q das System in C betritt und in D verlässt.

Führt man ferner eine glectromotorische Kraft ein, welche in dem Con- ductor in' Richtung von A nach B wirkt, und so einen Strom von X nach Y mit der Intensität C schickt, so verursacht dieselbe electromotorische Kraft , wenn sie in Richtung von X nach Y wirkt, einen ebenso . starken von A nach B gehenden Strom.

Die electromotorische Kraft kann von einer Voltaschen Batterie ge- liefert werden, die man zwischen die beiden betreffenden Punkte einschaltet, man muss aber dafür Sorge tragen, dass der Widerstand des Conductors sich durch Einführung der Batterie nicht ändert.

282. Wirkt eine electromotorische Kraft E^ längs des Leiters A Ä ,

pq o P 9

SO ist di« Stärke des dadurch in einem andern Leiter A^ A producirten Stromes, wie man leicht aus den Formeln des vorigen Artikels findet

8^ C =K K E \D H-D /) D ^4-

rs ■^Tt'^''pq^pq\^rp^^'-^tq ' rg »PID

Soll dieser Strom verschwinden,' so muss die Bedingung

erfüllt sein.

Man ersieht aber aus der Gleichung unter 7) des Art 281, dass, wenn diese Bedingung erfüllt ist, auch in A^^ kein Strom vorhanden ist, falls die electromotorische Kraft in A^ A, wirkt. Ich bezeichne zwei Leiter, deren Beschaffenheit die Existenz der Gleichung unter O^) bedingt, als Conjugirte Leiter,

283.] Entwickelte Wärmemenge. 423

Specielle üntersuchuiigeu über coiyugirte Leiter sind von Kirchhof f angestellt worden.

Wärmemenge, welche in einer Drahtverbindung durch emen

Strom erzeugt wird.

283. Die von einem Strom in einem Conductor vom Widerstände B in der Zeiteinheit entwickelte W^ärmemenge // ist nach Art. 242

la) H=jRC\

Daher haben wir für einen zwischen Ä und Ä ausgespannten Leiter

Die Stromstärke C ist nach dem Ohm sehen Gesetz

/ pq pq'^ p 9/'

wo . .

y pq pq f

ist.

Setzen wir aber allgemeiner diese Stromstärke nicht, wie sie das Ohmsche Gesetz ergiebt, zu C an, sondern nehmen fiir sie den Wert

y pq pq * pq^

SO habe^i wir

/ \ pq pq pq pq pq pq pq\^

oder zufolge des aus a) resultirenden Wertes von C

2b) «^^=2{(p^-p,)(c^,+2rp,) + Ä^^r;j.

Die C sowohl wie die X müssen der Continuitätsgleichung genügen, also wird

%

^Pl

-h

c

+ ..

.4-

^jpn'

%

'■

/\l

-h

^P3

+ ..

.4-

-^pn'

0

=

^p.

+

^P«

-+- ..

.+

^,.,

somit

und folglich

2c) /ff=2P^Q^ + 2Ä^,y;,.

1

424 Satz vom Minimum der entwickelten Wurmemenge. [284.

R und Y' sind positive Grössen, also ist die zweite Summe rechter Hand ebenfalls eine positive Grösse, daher ist JH ein Minimum, wenn Y in jedem Leiter verschwindet, das heisst wenn der Sti;om in jedem Leiter so stark ist, wie er nach dem Ohm sehen Gesetze sein soll.

Daraus ergiebt sich der folgende Satz:

284. Die in einem System von Leitern, in welchem keine in nern electromotorischen Kräfte wirksam sind, von Strömen entwickelte Wärme- menge hat einen kleinem Betrag, wenn die Ströme dem Ohmschen Gesetz entsprechend verteilt sind, als wenn sie nach andern Regeln, ohne Verletzung der an den Ein- und Austrittstellen geltenden Continuitätsbedinguiigen die Leiter durchfliessen.

Erfüllen die Ströme das Ohm sehe Gesetz, so ist das mechanische Aequivalent der in den Leitern erzeugten Wärmemenge

Ib) JH^lP^Q^,

also gleich der Summe der Producte aus den die Verzweigungsstellen durchströmenden Electricitätsmengen in die an den betreffenden Stelleu herrschenden Potentiale.

Cap. VII,

Ströme in körperlichen Leitern

Zerlegung eines electrischen Stromes.

285. Bezeiqhnet dS ein zur ^-Axe senkrechtes, innerhalb eines Con- ductors gelegenes Flächenelement und Q die durch dieses Flächeneloment in der Zeiteinheit von der negativeh zur positiven Seite der xXxe über- gehende Electricitätsmenge, so heisst der Grenzwert u des Verhältnisses Q/dS für ein unendlich abnehmendes dS die an der betreffenden Stelle des Gon- ductors geltende Componente des electrischen Stromes oder die Stromcomponente in Richtung der x Axe.

In derselben Weise sind die Componenten t?, w des Stromes nach der t/ bezüglich zAxe zu definiren.

286. Durch diese drei in Bichtung der drei Coordinatenaxen fallenden Componenten u^ v^ w lässt sich die Stromcompouente nach jeder andern Richtung bestimmen.

Sei OR eine durch den gegebenen Punkt 0 gehende Richtung, deren Richtungscosinusse -vorgeschriebene Werte /, w, n haben. Eine diese Richtung im Abstände r vom Coordinatenursprung senkrecht treffende Ebene schneidet von den Axen der ^, y, z die bezüglichen Stücke

0^=7, 0^=^, 00=^^ i m n

ab. Daher ist der Flächeninhalt des Dreiecks ABC

^ Imn

und dieser Flächeninhalt kann beliebig klein gemacht werden, wenn r gehörig verkleinert wird.

Die Stromcomponente 7 in Richtung OB ist gleich dem Grenzwert des Quotienten aus der durch dieses Dreieck ABC in der Zeiteinheit hin- durchgehenden Electricitätsmenge und aus dem Flächeninhalt von ABC für ein unendlich abnehmendes r.

426 Zerlegung und Zusammensetzung des electrischen Stromes. [287.

Zufolge der Coiitiuuifcätsbediuguug ist die in das Tetraeder OAliC durch die drei Flächen OBC^ OCA^ GAB eintretende Electricitätsmenge gleich der durch die Fläche ABC aus demselben wieder austretenden, also

1') ABCt=uOBC-\-vOCA-hwOAB.

Es ist aber

OBC=i . OCA = i^^ OAB = i^^ ^ mn ^ nl -* Im

somit

* Imn ^ [mn nl Im]

Also ist die Stärke eines Stromes, der nach einer Richtung, deren Richtungscosinusse /, wi, n sind, fliesst,

la) Y = Zu-h -f- n?ü.

Setzt man

a) M2 + r2 + M?2 = r2

und bildet drei Grössen /', m', n', die die Gleichungen

b) u = VV^ ü = mT, w = n'V erfüllen, so ergiebt sich

Ib) 7= r(/r-hww'4-nn').

Definirt man also die resuLtirende Stromintensität als einen Vector, dessen Grösse gleich F i^t, und dessen Richtungscosinusse durch /', m', n! bestimmt werden, so ist diö Stromintensität 7 in einer Richtung, die mit dem resultirenden Strom den Winkel ^ bildet,

ic) Y==rcos{^.

Man setzt daher Stromintensitäten nach genau denselben Regeln zu- sammen wie Geschwindigkeiten, Kräfte und überhaupt alle Vectorgrössen.

Stromflächen.

287. Unter Stromfläche verstehen wir eine in einem Leiter gelegene Fläche, durch die keine Electricität hindurchgeht, die also nur aus Strom- linien zusammengesetzt ist.

Damit eine Fläche eine Stromfläche sein soll, muss die in Richtung ihrer Normale fallende Stromcomponente verschwinden.

Ist aber

289.]

Stromflächeii.

427

die Gleichung einer Classe von Flächen, die sich von einander durch den Wert des vjiriabeln Parameters X unterscheiden, so haben wir für die Richtungscosinusse der Normale in einem Punkte a:, ^, z einer der Flächen, wenn die positive Normale dahin läuft, wo X wächst,

, xr^^ ^r^^ vrÖ>^

ex cy oz

:^.=(l)'*(|)'-{S)'

gesetzt ist.

Nach Gleichung 1 a) des vorigen Artikels ist also die Stromcomponentc in Richtung dieser Normale

•^=^fS+^

d\ 8X

4- w

)

dy dz

Verschwindet 7, so ist die Fläche F(x^'t/yz) = 'k eine Stromfläche, und die Stromlinien liegen auf ihr selbst.

288. Eine Stromfläche F(x^ y^z)=^\ mnss also der Bedingung genügen

li)

ÖX ö^ . öJ^ ^

cx cy oz

Besteht diese Gleichung für alle Werte, die X anzunehmen vermag, so sind alle Flächen der Classe F(xyy^z) = \ Stromflächen.

289. Haben wir noch zwei andere Classen von Flächen, deren Para- meter X' bezüglich X" sind, und welche ebenfalls Stromflächen bilden, so

ist auch

dV dV W

h)

h)

u

u

dx dx

+ V

4- V

dy dl"

+ w

+ w

dz

d\"

dz

= 0,

= 0.

2)

== 0

Sollen aber diese beiden Gleichungen mit der unter 1]) angeführten zusammen bestehen können, so muss

d\ 8X ex

dx dy dz

d\' dl'- dV dx dy dz

d\" d\" d\"

dx ^ dy ^ dz sein.

Die drei Parameter X, X', X" sind also von einander nicht unabhängig,

sondern einer etwa X" ist durch die beiden andern bestimmt, und man hat

X" = <p (X, X').

428 Stromröhren. [290.

Stromröhren.

290. Vier Stromflächeii, deren Parameter X, X + oX;X', X' 4- öX' sind, schliessen eine vierseitige Köhre ein, die wir durch öX.öX' bezeichnen können. Da alle Begrenzungsflächcn einer solchen Röhre Stromflächen sind, so geht durch ihre Wand keine Electricität hindurch, die Electricität fliesst lediglich auf ihrer Oberfläche, und deshalb nenne ich eine solche Röhre eine Stromrohre oder einen Stromfaden,

Die Electricitätsmenge, welche durch einen Querschnitt einer solchen Röhre eintritt, muss der Electricitätsmenge, welche durch einen andern Querschnitt derselben austritt, gleich sein. Diese Electricitätsmenge hat also für alle Querschnitte der Röhre denselben Betrag, und ich bezeichne sie des- halb durch L6X.8X', wo L eine Function von X und X', den Parametern, welche die herausgegriffene Eöhre charakterisiren, angiebt.

291. Sei ^S ein zur x kiB senkrechter Querschnitt einer Stromröhre, so ist nach einem Satz aus der Theorie der Vertawschung unabhängiger Variabein

\ cy dz oz cy j

und weil naeh der Definition der Stromcomponenten m6ä=L6X.5X' ist, 80 folgt

\dy dz dz dy )^ ^ \dz dx dx dz )^

w

^ \dx dy dy dx)

292. Man kann nun stets, wenn eine der Functionen X, V gegeben ist, die andere so bestimmen, dass L der Einheit gleich wird, und dann fallt der Factor L aus den obigen Gleichungen fort. Ziehen wir zum Beispiel in der Ebene der yz parallel der 3/Axe von einander immer gleich weit ab- stehende Linien und sehen diese als die Schnittlinien der Flächenclasse X' mit dieser ^2 Ebene an, so ist X' durch die Bedingung bestimmt, dass für 0? = 0 das X' = z sein soll. Nehmen wir also noch L = 1 an, so wird für x = 0

= \ udy ,

und die durch einen Teil der |^;z Ebene passirende Electricitätsmenge

l \udydz= \ \d\dk'

294.] Stromlinien. 429

Hieraus folgt für a- = 0

dl dl'

h=^^'

Damit sind daun auch die Schnittlinien der Flächenclasse X mit der yc Ebene bestimmt. Die Gleichung Ij) des Art. 288 für X und die ihr ent- sprechende I2) für X' bestimmen dann die Formen der Flächen X, X' auch an. allen andern Orten.

So fixirt, genügen die Functionen X, X' vollständig, um mit Hilfe der unter 1) in Art. 291 gegebenen Gleichungen, in welchen noch L durch die Einheit zu ersetzen ist, die Stromintensität in jedem Punkte eines Leiters zu berechnen.

Stromlinien.

293. Denkt man sich eine Beihe von Flächen X und ebenso eine Reihe von Flächen X' so gezogen, dass der Parameter in jeder Reihe von der einen .Fläche zu der andern immer um Einheit ansteigt, so teilen die so be- stimmten Flächen den Raum in ein System vierseitiger Röhren. Bei jeder dieser Röhren 'geht durch einen Querschnitt, der selbst geich der Einheit ist, ein Strom von der Intensitätseinheit hindurch, und indem man die Ein- heit möglichst klein wählt, kann man mit Hilfe dieser Röhren das Detail der Stromverteilung mit jeder gewünschten Genauigkeit angeben. Zieht man irgend eine Fläche, welche diese Röhren schneidet, so ist die vom Strom durch eine solche Fläche in der Zeiteinheit hindurchgeführte EleC- tricitätsmenge gleich der Anzahl der Röhren, welche sie durchschneidet.

Die wirklichen Durchschnitte der Stromflächen kann man als Strom- linien bezeichnen, und wenn die Einheiten möglichst klein genommen sind, ist die Anzahl der Stromlinien, welche eine Fläche durchschneiden, näherungs- weise gleich der Anzahl der Stromfäden, welche diese Fläche treffen.

Man kann also die Stromlinien ausser zur Festsetzung der Richtung, in der ein Strom die verschiedenen Stellen des Leiters passirt, auch noch zum Ausdrücken sMner Stärke verwenden, denn jede durch 6inen Quer- schnitt des Leiters gehende Stromlinie repräsentirt einen Strom, dessen Intensität gleich der Einheit \ßi.

Stromschalen und Stromfuuctionen.

294. Eine Schicht' eines Conductors, welche von zwei aufeinander- folgenden Stromflächen eingeschlossen wird, heisst eine Stromschale, Ge- hören die Begrenzungsflächen der Classe X' an, so werden die innerhalb der Schicht liegenden Stromröhren durch die Function X bestimmt. Sind X^ Xp die Werte von X in zwei auf der Schale befindlichen Punkten A, P,

430 Stromfunetion. . [295.

80 ist die Stärke des Ton der reeliten zur linken Hand als positiv gerech- neten Stromes, welcher durch eine auf der Schale von A nach P führende Linie fliesst, gleich X^ X^ Wird also AF=d8 zum Element der auf der Schale gezogenen Curve, so gieht

dC=fds eis

die Stärke des durch dieses Element von der Rechten zur Linken gehenden Stromes.

Die Function X hestimmt also vollständig die Stromverteilung auf der Schale und heisst deshalh die Stromfunetion.

Man kann jede aus Metall oder aus sonst einem leitenden Stoff ge- hildete Schale, wenn sie zu heiden Seiten von einem Isolator eingefasst ist, als Stromschale betrachten. Die Verteilung der Strome in einer solchen Schale bestimmt sich also durch die Stromfunetion. Näheres darüber findet man in Art. G47.

Coütinuitätsgleichung.

296. Differenzirt man die drei unter 1) in Art. 291 gegebenen Gleichungen bezüglich nach a*, y, r, beachtet, dass L eine Function von X und X' ist, und addirt die Resultate, so folgt

du dv dw

Diese Gleichung entspricht völlig der in der Hydrodynamik als Coü- tinuitätsgleichung bekannten Relation. Die Oontinuität, welche diese Gleichung ausspricht, ist die Continuität der Existenz. Die Gleichung drückt also die Tatsache aus, dass eine Materie von einer Steile zu einer andern nicht übergehen kann, ohne alle Zwischenstellen passirt zu haben.' Eine Materie kann nicht an einer Stelle verschwinden und an einer andern Stelle wieder auftauchen, vielmehr muss sie, wenn sie sich bewegt, eine ununterbrochene Bahn beschreiben, und sie muss durch jede Fläche hindurchgehen, welche zwei ihrer Lagen von einander trennt.

Die allgemeinste Form der Coütinuitätsgleichung der Hydrodynamik ist

Q. ^(pM) a(ptO d(^w) ^p_^

^) dx '^ dy '^ 'cz '^dt"^'

p bezeichnet das Verhältnis einer Quantität der Substanz zu dem sehr kleingedachteu Volumen, welches die Quantität einnimmt, pw, pj?, pi^ sind die Verhältnisse der durch Flächenelemente, welche senkrecht zu den Coor- dinatenaxen stehen, in der Zeiteinheit hindnrchgehenden Substanzmengeu

296.] Continuitritäglcichun«^. 431

ZU den Inhalten der betreffenden Elemente. So interpretirt ist jene Glei- chung auf jede, beliebige Substanz anwendbar, auf flüssige, wie auf feste und nicht minder auf gasförmige. Sie gilt auch für discontinuirliche wie für continuirliche Bewegungen, wenn nur die Existenz jedes einzelnen Teil- chens der Substanz selbst eine continuirliche ist. Auch bei Grössen, die nicht Substanzen sind, drückt jen« Gleichung die Bedingung der stetigen PIxistenz in Zeit und Kaum aus. Sie gilt, wie wir sehen, für strömende Electricität und findet sich noch in anderen Teilen der Physik, so zum Bei- spiel in der Lehre vom Magnetismus. Wir werden sie, um auf ihre Form hinzuweisen, immer als Continuitäisgleichung bezeichnen, wenn auch die Grössen, auf die sie sich bezieht, nicht die Eigenschaften von Materie haben und auch nicht einmal stetig in Raum und Zeit existiren sollten.

Die für unsern Fall giltige Gleichung 1) ergiebt sich aus der allge- meinen Relation unter 2), wenn man p = const = 1 setzt, das heisst, wenn die Substanz isotrop und iucompressibel ist. Man kann sie auch, wenn es sich um Flüssigkeiten handelt, nach irgend einer anderen der in der Hydro- dynamik gebräuchlichen Methoden ableiten. Bei einer dieser Methoden ver- folgt man jedes Flüssigkeitselement auf seiner Bewegungsbahn und unter- sucht seinen Lauf und seine Deformation in jedem Zeitpunkte. Bei der andern bleibt man an einer und derselben Stelle des Raumes und betrachtet die Vorgänge in den diese Stelle passirenden. Flüssigkeitsteilchen. Bei electrischen Strömen lässt sich die erste Methode nicht anwenden, da man weder von der Geschwindigkeit noch von der Richtung der Bewegung der Electricität etw^as weiss. Man kennt nur den algebraischen Betrag der Electricitätsmenge, welche durch eine Flächeneinheit in der Zeiteinheit hin- durchgeht, also eine Quantität, die der in der Gleichung 2) vertretenen Grösse pw entspricht. Daher vermag man weder p noch u für sich zu bestimmen, und es ist nicht möglich die Bewegung und Veränderung eines Electricitäts- teilchens bei seinem Durchgang durch einen Körper zu verfolgen. Dagegen lässt sich die zweite Methode ohne Schwierigkeit auf electrische Ströme anwenden, und sie ist vielleicht der Ableitung, die ich hier für die Con- tinuitätsgleichung gegeben habe, vorzuziehen. Man findet sie aber in jedem Handbuch über Hydrodynamik auseinandergesetzt, und deshalb möchte ich sie hier nicht nochmals wiederhole^.

Electricitätsmenge, welche durch eine gegebene Fläche

hindurchgeht.

296. Sei c/.S ein Element einer in einem Leiter gezogenen Fläche iS\ r die resultirende Stromintensität daselbst und s der Winkel zwischen der Stromrichtung und der Normale von dS, Die gesammte in der Zeiteinheit durch diese Fläche hindurchgeführte Electricitätsmenge ist dann

432 Durchströmende Electricitütsmenge. [296.

-If'

la) ^"=1 \rcoserf.S\

wo die Integration sich über die ganze Fläche S erstreckt.

Das Fläch enintegral lässt sich nach Art. 21 in ein Raumintegral ver- wandeln, und man hat darnach auch

Ist die Fläche geschlossen, so bezieht sich die . Raumintegration auf den ganzen von S eingefassten Raum, und das Integral giebt dann die ganze von der Fläche S in der Zeiteinheit ausströmende bezüglich in dieselbe einströmende Electricitatsmenge. Bei stationären Strömen muss diese Menge, wie gross oder wie klein auch der Raum sein mag, verschwinden, und daraus folgt dann wieder die Continuitätsgleichung 1) des vorigen Artikels.

Cap. VIII.

Widerstand und Leitung in körperlichen

Leitern.

-X-

Allgemeinste Beziehungen zwischen Stromstürke und electro- ,

motorischer Kraft. I

297. Die electromotorische Kraft in einem Punkte ist die auf eine in I

diesem Punkte concentrirte Einheit positiver Electricität wirkende Kraft. Sie kann erstens durch gewöhnliche electrostatische Wirkung hervorgebracht" werden und hat dann die Componenten

er ö^ v_ <>y

ox cy dz

wo T" das Potential im Punkte x^y^z angiebt. Zweitens kann sie durch electromagnetisclie Induction verursacht werden, deren Gesetze wir später noch kennen zu lernen Gelegenheit haben werden. Drittens kann sie von thennoelcctrischen oder electrochemischen Wirkungen, die in dem betreffenden Punkt selbst vor sich gehen, und von ihm einen Strom in bestimmte Richtung auszusenden suchen, herrühren.

Ich werde ganz allgemeiii unter X, T, Z die Componenten der electro- . motorischen Kraft, welchen Actionen diese auch ihre Entstehung verdankt, bezeichnen und nur in speciellen Fällen die Resultate für die Annahme discutiren, dass sie durch Variation des Potentials hervorgerufen wird.

Da nach dem Ohmschen Gesetz die Stromstärke proportional der electromotorischen Kraft ist, so müssen X, Y, Z lineare Functionen der Stromcomponenten m, r, w sein, also haben wir

1) r=P3tt-hy?2t?-hCiH',

Maxwell, Electricität u. Magnetismus. I. 28

434 Widei-staiids- und Leitiu)gs(r]cicliiii)g^cn. [298.

Die Grössen R bezeichne ich als die Goefficicnten des Longitudinalen Widerstandes der betreifenden Materie in Richtung der Coordinatenaxen.

Die Grössen P und Q kann man dann als Coefficienten des Transversalen Widerstandes ansehen. Sie zeigen an, dass eine in einer gegebenen Rich- tung wirkende electromotorische Kraft Ströme hervorrufen kann, die nach andern Richtungen fortfliessen.

Hätten wir die Freiheit, einen festen Körper als aus linearen Leitern zusammengesetzt zu betrachten, so würde aus der in Art. 281 für zwei Leiter eines Systems nachgewiesenen reciproken Eigenschaft folgen, dass man, um in Richtung der yAxe einen Einheitsstrom hervorzurufen, in Richtung der z Axe eine ebenso grosse electromotorische Kraft wirken lassen muss, wie in Richtung der ^Axe, wenn ein Einheitsstrom in Richtung der z Axe 'fliessen soll. Hieraus würde dann folgen Pj = Q^ und ähnlich B.^ = Q.^ Pjj = (^g. Bei Körpern, in denen diese drei Bedingungen wirklich erfüllt sind, heisst das S3-stem der Widerstand scoefficienten Symmetrisch^ bei Körpern, deren Beschaffenheit die Existenz jener Bedingungen nicht zuhisst, heisst es Asjjinmetrischl

Wahrscheinlich sind für alle Körper, mit denen man es in der Natur zu tun hat, die Systeme der Coefficienten symmetrisch, ich werde aber auch einige Beziehungen für nicht symmetrische .Systeme ableiten.

«

298. Aus den Gleichungen 1) des vorigen Artikels kann man umgekehrt die Stromcomponenten als lineare Functionen der electromotorischen Kraft- componenten darstellen und hat dann

u=riX-hrz^-bq2Z, 2) v = g,X-hr,Y-hp,Z,

ir = jjg X 4- (7i Y-h 7*3 Z.

Die Grössen r bezeichne ich als die Coefficienten der Longitudinalen Leitungs/äliigkeit ^ die p und g als die der Transversalen Leitungsfähigkeit. Alle Coefficienten sind natürlich durch die //, P, Q bestimmt.

Giebt [/^Q/^] die Determinante der Widerstandscoefficienten und [pqr^ die der Leitungscoefficienten, so hat man zunächst

a) [PCtH] = P1P2P3 + Q,Q,Q:, -^li, Jt,li^ -PiQi^i - PiQ2^2 - /a^^a,

?) [p 9 r\ = Vi P2P3 + 9\ <72 Qz -+- »'i '•2 ^3 - Pi Q\ ''1 P^ O2 ^2 7^3 Q3 ^3.

7) U'Qi^ b^rj=i,

und dann Relationen zwischen den P, Q. H und den p, 7, r, von denen zwei hingeschrieben werden sollen, nämlich

«) . WJi] Pi = (-Pai^. - ^1^1), \PQr\ P, = (P2P, - (?in).

Alle folgenden erhält man durch cyklische Vertauschung der Symbole P,Q,Ii, jKq^r und der Lidiccs 1,2,3.

290.J Wärmeentwickelung. 435

WärmeentwickeluDg Im Leiter.

299. Die Arbeit, die dex Strom bei der Ueberwindung des Widerstandes in der Zeiteinlieit leistet, und welche als Wärme im Leiter zum Vorschein kommt, ist gleich der Summe der Producte aus den Stromcomponenten in die entsprechenden Componenten der electromotorischeu Kraft.

Wir haben also für diese Arbeit den Ausdruck

1 a) W = Xu -hYv-h Z w.

Je nachdem man die Gleichungen 1)' oder 2) des vorhergehenden Artikels verwendet, erhält man diese Arbeit durch die Stromcomponenten, bezüglich durch die Kraftcomponenten ausgedrückt, also entweder

oder

Durch geeignete W^ahl* der Coordinatenaxen kann man- in jeder der beiden Fonuen für W die Glieder, welche die Producte der Strom- beziiglich Kraftcomponenten enthalten, zum Verschwinden bringen. Das Axensystem, welches den Ausdruck für die Arbeit auf

Ijb) iv= Biu^ -^ 7^2«^ + ^'z^f'^

reducirt, fallt aber im allgemeinen nicht mit dem zusammen, welches diese

Arbeit durch

lic) . W^r^X^-hr^Y^-hr^Z^

darzustellen gestattet. Setzt man nämlich mit Thomson*)

a) P=^S-hT, Q=S—T;

b) ' p= s -\- t , q = 8 tj *so wird

P-hQ=2>S:, p-^q = 28.

Es ist aber

[PQR] s, = 7373 + s,s^ - n,s,,

[PQE] /i = - li, 7\ + S, Tg -h ,^3 7'2,

und daraus ersieht man, dass wenn ein Axensystem so gewählt ist, dass die S verschwinden, also die Gleichung Ib) in die Ijb) übergeht, die s nicht gleichzeitig fortzufalleu brauchen, wenn nicht ausser den S auch die 7' sich auf Null reduciren.

yrranf, F. S, Mm. 1853-4 p. ICo.

28*

436 Bedingung der Stabilität. [300.

Bedingung der Stabilität.

300. Da das Gleichgewicht der Electricität stabil ist, so mnss die Arbeit, die zur Unterhaltung des Stromes nötig ist, positiv s6in. Dazu ist erforderlich, dass erstens die drei Coefflcienten

und dann noch die drei Ausdrücke

41i^3 - (P, + (?,)»,

positive Werte haben.

Entsprechenden Bedingungen sind die Leitungscoefficienton unterworfen.

Continuitätsgleichung in homogenen Medien.

301. Sind dier Componenten der electromotorischen Kraft speciell gleich

den Derivirten des Potentials F, so geht die Continuitätsbedingung

* du dv dw

^ dx dy dz

m

unter Benutzung der in Art. 297 gegebenen Ausdrüclie für die Stromcompo- nenten und der ijn vorvorigen Artikel eingeführten Grössen /? über in

dW dW m^ d^v m^ .Üü n

^■> ""' d^ ."^ ''2 -gyi -^ H -^.j + 25i g^ g- + ^^«2 £, ^^ -^ ^H gj.^^ - 0.

Für isotrope Medien ist äj = /jg == #?, = 0; rj = r2 = r3, und die Con- tinuitätsgleichung fällt mit der früher schon angegebenen Laplaceschen Gleichung zusammen.

Bei nicht homogenen Medien ändern sich die Leitungscoefficienten. wenn man von einem Punkte zu einem andern übergeht.

302. Ich setze

a) [^ »] = ^1 »"2 ^3 -+- 2 ^1 «2 *3 ''i ^1^ ^W ^3 '^s*

und bilde sechs Grössen A^. A.^^ A^\ /i^, B^^ B^. die den Gleichungen

b) [^«]^l==^2^3 «J^

[rÄjßi = «2«3 ^i^n

genügen. Im Falle, dass die Coefflcienten T verschwinden, fallen die Coefficient^n A und B mit den 11 und *S' zusammen. Sind dagegen die

308.] Coutinuilätsgleichung in homogenen Medien. 437

Coeffioientcii T von Null verschieden, so haben A und B andere Werte als II und S. Macht man nunmehr

c) [A B] =. A^ A.jA^ -+- 2 Bi B^B^ A^B^^ A^B^^ A^ U.^^

und - .

1) A^jc^- + ^2^2 ^_ j;^^» + 2i?i^s -h 2i?2-i«^ -H 2 Z?3^> = U ^^] P-, so ist

•2) r=f -^

wo c eine Constante bedeutet, ehie Lösung der in Art. 301 unter 1) angegebenen ' Differentialgleichung.

Fliesst also Electricität in einem unendlich ausgedehnten homogenen- Medium von einem Centrum aus, so sind die äquipotentiellen Flächen con- fo6ale EUipsoide, deren Gleichungen durch 1) dargestellt werden, deren Centren mit dem Ausströmungspunkt zusammenfallen, und" deren Axen mit den Hauptaxen der Leitungsfahigkeit, also in Körpern, deren Coefficienten ein symmetrisches- S^'stem bilden, auch mit denen des Widerstandes coincidiren. Man kann die Gleichung 1) so transformiren, dass die Coordinaten-Axen in die Hauptaxen der Leitungsfahigkeit fallen. Die Coefficienten s, also auch die B^ verschwinden dann, und die A gehen in die reciproke» Werte der entsprechenden r über.. Die Gleichung für p wird aber

la) f!H_i?!+i:==_p!_^.

rj r^ rg r^r^r.j^

Transformation der Widcrstandsgleichungen.

303. Die allgemeine Theorie des vollständigen Systems der Gleichungen für Widerstand und Leitungsfähigkeit in homogenen Medien fällt mit der Theorie linearer homogener Functionen dreier Variabein zusammen, wie sie in der Lehre von den Deformationen ehastischer Köri)er*) und in noch andern Gebieten der Physik zur Anwendung kommt. Am meisten geeignet zur Behandlung solcher Gleichungssystome dürfte dia- Methode, deren sich Hamilton und Tait zur Untersuchung ein^r linearen und Vectorfunction eines Vectors bedienen. Ich gehe ein wenig darauf ein, ohne aber die. in der Quaternionentheoric üblichen Symbole zu beiuitzen.

Man kann die drei Coefficienten 7\, 'A, 7 3 als die zu einander recht- winkligen Componenten eines Vectors T betrachten, dessen absolute Grösse und Richtiuig für jeden Körper charakteristisch und unabhängig von der Wahl der Lage des Coordinatensystems ist.

Dasselbe gilt von den Coefficienten /j, /o, /g, die man ebenfalls als Componenten eines andern für das "Medium* charakteristischen Vectors t

*) Thomson uiul Tait, Theoretische Physik ^ 154.

438 Transformation der Widcrstandsgleichungen. |304«

ansehen darf. Die Vectoren T und t sind im allgemeinen nicht gleich gerichtet.

J^immt man die Richtung des Vectors T zur z Axe, so gehen die Wider- standsgleichungen über in

Z = S2U -h SiV -{- M^w.

m

Aus dieser Form erhellt, dass die electromotorische Kraft als die Resul- tante zweier Kräfte hetra<;htet werden kann, deren eine von den Coefßcienten i? und »S abhängt, während die andere durch 7' allein bestimmt wird. Der Teil der Kraft, der von R und S bestimmt wird, steht zu dem Strome in dem- selben Verhältnis, wie das Perpendikel auf die Tangentialebene eines Ellip- soids zu dem nach dem Berührungspunkt gezogenen Radiusvector. Der zweite Teil der Kraft ist gleich dem Product von T in die senkrecht zu T verlaufende Componente des Stromes. Er wirkt senkrecht zum Vector T und zu dieser Stromcomponente immer in der Richtung, wohin die Strom- componcnte fallen würde, wenn man sie um 90^ in positiver Richtung um T herumdreht.

Betrachtet man den Strom und die Grösse T als Vectoren, so ist dieser zweite von 2' allein abhängige Teil der electromotorischen Kraft gleich dem Vectorteil des Products aus T und der Stromstärke.

Viele Erfahrungen sprechen dafür, dass der Coefficient T in allen be- kannten Substanzen verschwindet. Wenu er überhaupt physikalische Existenz hat, so darf man erwarten, ihn noch am ehesten bei Magneten vorzufinden, welche nach einer bestimmten Richtung eine Polarisation zeigen, die wahr- scheinlich in der Substanz vor sich gehenden Rotationsbewegungen ihre Entstehung verdankt.

Ich werde T als den'Rotationscoefficienten bezeichnen.

Der Thomson sehe Satz in der Electrokinematik.

304. Unter der Annahme, dass in homogenen Substanzen der zweite Teil der electromotorischen Kraft nicht existirt, T also gleich Null ist, lässt sich der in Art. 100 bewiesene Thomson sehe Satz auch auf die Electrokinematik ausdehnen und nachweisen, dass die in einem System in gegebener Zeit factisch entwickelte "Wärmemenge den kleinsten Betrag hat, wenn die electromotorische Kraft den aus dem Ohm sehen Satz sich er- gebenden Bedingungen gehorcht.

Wenn T verschwindet, so reducirt dieselbe Coordinatentransformation beide unter Ib) und Ic) in Art. :299 für die entwickelte Wärmemenge ge-

304.] Der Thomsonsche Satz in der Electrokinetuatik. 439

gebeiieu Formen auf rlire eiiifacbgte in den Gleichungen Ijb) und Ijc) au- gefiihrte Gestalt. Die Continuitätsbedingung geht dann über in

n g ^2 + '■a e^2 + ^3 '^.2 - ^•

Ich wähle drei Grössen a, b^ c, die den Gleichungen

dV

' cy

cV

Ca cb de ,,.

^ cx' o// 0::

genügen, und bilde -damit das dreifache Integral

1 a) ir== \[^(R^a^-h R^b^-hB^ c^) dx dij dz.

Die Grenzen des Integrals IF sollen so wie in Art. 100 gewählt werden, also so, dass auf gewissen Teilen, der den Kaum begrenzenden Flächen,. V constant ist, und dass, wenn die Normal com ponente des Vectors a, b. c gegeben ist, ausserdem noch das Flächenintegral dieser Componente über die ganze Begrenzungsfläche verschwindet.

Nach Einführung der Werte für a,b,c wird unter Beachtung der Beziehungen

c) 7^1 Ti = 1, lUr^ == 1, i^aTg = 1,

-f- i l l \liiu^ -i- -R-t'S -h /?3«;aJ dx dy dz

Aus den Auseinandersetzungen des schon citirten Artikels 100 folgt

dann, weil

du CV cw

dx dy dz

au den Grenzflächen verschwindet, dass das dritte Integral rechter Hand fortfällt, demnach

440 Minimum der Energie. [306.

wird. Die beiden bleibenden Integrale sind positiv, demnach wird W ein

Minimum, wenn man

tt = tj = to = 0, also

annimmt.

Daraus folgt unmittelbar noch das folgende Theorem.

Wenn auf einem Teil der Oberfläche eines Körpers die Poteutialver- teilung und auf dem andern Teil die Stromverteilung gegeben ist, so ist die Potentialverteilung innerhalb des Körpers eindeutig bestimmt.

Eindeutigkeit des Problems der Stromverteilung.

305. Ich gebe für diesen Satz wegen seiner grossen Wichtigkeit für die Theorie der Electricität noch einen zweiten Beweis, der ganz allgemein gilt und von allem analytischen Beiwerk frei ist.

Welche Form auch ein Conductor hat, und wie er in seinem Innern beschaffen sein mag , ob homogen oder heterogen , die Portpflanzung der Electricität durch ihn richtet sich immer nach folgenden. Regeln:

1) Eine in Richtung des Weges des electrischen Stromes gezogene Linie geht stets von Orten hohem zu Orten niederem Potentials.

2) Aendert sich das Potential in jedem Punkt des Leiters in vor- geschriebener gleichmässiger Weise, so ändert sich nach dem Ohmschen Gesetz die Stromstärke in ganz demselben Verhältnis.

3) Ist eine gewisse Potentialverteilung Ursache zur Entstehung einer gewissen Stromverteilung, und bringt eine andere Potential Verteilung eine andere Stromverteilung zu Stande, so entsteht durch eine dritte Potential - Verteilung, in der das Potential in jedem Punkte gleich derSumme oder Differenz der beiden Potentiale in den beiden ersten Verteilungen ist, eine derartige Stromverteilung, dass die gesammte vom Strom durch ein gegebenes end- liches Plächensttick in der Zeiteinheit durchgeführte Electricitätsmenge gleich ist der Summe bezüglich- der Differenz der von den beiden ersten Stromverteilungen in derselben Zeit durch dasselbe Flächeustück durch- geführten Electricitätsmengen. Die Richtigkeit dieses Satzes ergiebt sich aus- der Bemerkung, dass .nach dem Ohmschen Gesetz die durch eine Aendemng einer gegebenen Potentialverteilung hervorgerufene Stromver- teilung unabhängig von der schon existirenden Stromverteilung ist.

N

«

805.] Eindeutigkeit des Problems der Stromverteilung. 441

4) Hat das Potential in allen Punkten einer gescLlossenen Fhäche einen nnd denselben Wert und befinden sich innerhalb der Fläche keine Electroden und auch keine inneren electromotorischen Kräfte, so existirt innerhalb der Fläche auch kein electrischer Strom, und das Potential hat in allen Punkten im Innern der Fläche denselben Wert wie auf der Fläche.

Cursiren nämlich Ströme innerhalb der geschlossenen Fläche, so laufen ihre Bahnen entweder innerhalb der Fläche in sich zurück, oder sie fangen innerhalb der Fläche an und enden auch daselbst, odej sie gehen von der Fläche aus und enden in der Fläche. Ein Strom fliesst aber von Orten höhern zu Orten niederem Potentials, also kann er schon nicht inner- halb der Fläche in sich zurücklaufen, weil dort keine electromotorischen Kräfte vorhanden sein sollten. Weiter sollten auch keine Electroden, das heisst keine Anfangs- und Endpunkte von Strömen da sein, folglich kann kein Strom innerhalb der Fläche anfangen und auch aufhören. Endlich ist das Potential in allen Punkten der Fläche von derselben Grösse, es vermag also auch kein Strom von einem Punkt der Fläche zu einem andern zu fliessen.

Es existiren demnach keine Ströme innerhalb der Fläche , es können also auch keine Potentialdifferenzen da&elbst vorhanden sein, weil solche sofort Ströme hervorrufen würden, und es muss in allen Punkten des ab- geschlossenen Gebietes der Potentialwert herrschen, welcher sich auf der Grenzfläche vorfindet,

5) Geht kein Strom durch eine geschlossene Fläche und befinden sich innerhalb der Fläche weder Electroden noch innere electromotorische Kräfte, so laufen auch innerhalb dieser Fläche keine Ströme und das Potential hat überall denselben Wert.

Aus 4) folgt schon, dass innerhalb der Fläche weder in sich zurück- laufende Ströme noch daselbst anfangende und endende Ströme existiren können, und da nach den Bedingungen dieses Satzes auch durch die Ober- fläche Ströme weder ein- noch austreten sollen, so giebt es innerhalb der Fläche überhaupt keine Ströme und das Potential müss überall einen und denselben Wert haben.

6) Hat das Potential in allen Punkten eines Teiles einer geschlosseneu Fläche einen und denselben Wert und gehen durch den übrigen Teil der Fläche keine Ströme, so existiren auch innerhalb der Fläche keine Ströme, wenn daselbst weder Electroden noch electromotorische Kräfte vorhanden sind. Das Potential ist überall constant.

Dieser Satz ist eine unmittelbare Folge der beiden vorangehenden Sätze.

7) Kennt man für alle Punkte eines Teiles der Oberfläche eines Körpers den Wert des Potentials und kennt man ferner die Ströme, welche durch die Punkte des andern Teiles der Fläche des Körpers .hindurchgehen, so ist die Potential Verteilung in dem Körper eindeutig bestimmt.

Wir nehmen an, das Potential hätte in einem Punkte des Körpers zwei Werte F^ und Fg, dann ist V^ V^ ebenfalls eine mögliche Potential-

442 Näherungsweise Berechnung des Widerstandes. [306.

verteiluug. Auf dem Teil der Fläche, wo das Potential bekannt ist,, wird also bei dieser letzten" Potentialverteilung das Potential verschwinden und auf dem Teil, wo die Stromverteilung gegebeh ist, werden die Ströme auf- hören. Nach dem Satz 6) wird also bei dieser dritten Potentialverteilung das Potential auch innerhalb der Fläclie den Wert Null haben müssen, das heisst Fj F2 = 0, also Y^^V., sein. Es giebt also nur eine mögliche Potentialverteilung, gleichgiltig von wie vielen Flächen der Körper begrenzt sein mag, \md das war es, was ich beweisen wollte.

Näherungsweise Berechnung des Widerstandes eines Conductors von gegebener Form.

306. Ich habe schon in Art. 273 betfierkt, dass man von einem be- stimmten Widerstände eines Leiters nur sprechen kann, wenn er auf seiner Begrenzungsfläche nur zwei Stellen hat, durch die Electricität ein- bezüg- lich austreten kann. Demnach nehme ich an, dass der Conductor auf seiner Oberfläche zwei Stellen besitzt, auf deren jeder das Potential einen con- stantcu für die beiden Stellen verschiedenen Betrag hat, und dass der Rest der Oberfläche undurchgängig für Electricität ist. Einen solchen Zustand erreichen Nvir dadurch, dass wir an den Cond-uctor zwei vollständig leitende Electroden fest anlegen und den Rest der Oberfläche mit einer vollständig nicht leitenden Substanz bedecken.

Unter solchen Umständen ist die Stromstärke in jedem Teile des Leiters einfach proportional der Diff'erenz der Potentiale auf den Electroden. Be- zeichnet man diese Differenz der Potentiale auf den Electroden als electro- motorische Kraft, so ist die gesammte Stromstärke im Conductor von einer Electrode zur andern specieller gleich dem Product aus der electromotorischen Kraft in die Leitungsfahigkeit des ganzen Conductors. Daraus efgiebt sich dann die Definition des Widerstandes des ganzen Conductors als des reci- proken Betrages der Leitungsfahigkeit. Sie hat aber nur bei in der ange- gebenen Weise zugerichteten Leitern einen bestimmten Sinn.

Näherungsweise werden die obigen Bedingungen von einer Widerstands- rolle, einem dünnen Draht, der au den Enden mit grossen Kupfermassen in Verbindung gesetzt ist, erfüllt. Die grossen Kupfermassen bilden die Elec- troden, innerhalb deren die Potentiale so wenig variiren, dass man die grösste in* einer Electrode vorkommende Potentialdifferenz gegen die Potentialdifferenz beider Electroden gegeneinander vernachlässigen darf.

Für solche Leiter hat, so viel ich weiss, Rayleigh zuerst in einer Abhandlung über die Theorie der Resonanz*) eine Methode zur Berechnung ihres W^iderstandes angegeben.

Ich habe von dieser Methode schon in Art. 102 gesprochen uud gehe jetzt näher darauf ein.

•) Phii, Trans. 1871, p. 77.

306.] NuheniDgsweisc Berechnung des Widerstandes. 443

Sie beraht auf folgenden Ueberlegungen.

Aendert man den Widerstand eines Teiles des Conductors, so ändert sich der Widerstand des gesammten Conductors, und- zwar wächst er an oder nimmt ab, je nachdem man den Widerstand des betreffenden Teiles vermehrt oder verringert.

Man' kann dieses Princip als selbstverständlich betrachten, man kann aber auch mit Hilfe früherer Theoreme direct nachweisen, dass der Wider- stand eines Systems von Leitern zwischen zwei Stellen, die zu Electroden gewählt werden, anwächst, wenn der eines einzelnen Teiles dieses Systems vermehrt wird.

Daraus folgt., dass der W^iderstand eines Conductors als solcher durch eine in seinem Innern befindliche sehr dünne Schale von vollständig leiten- dem Material vermindert wird, .wenn die Fläche dieser Schale nicht gerade zu den äquipotentiellen Flächen des Conductors in seinem natürlichen Zustande gehört, wo an sich electrisches Gleichgewiclit herrscht und die Einführung der Schale gar keinen Effect hervorbringt.

Zieht man also in dem Leiter eine Reihe von Flächen, deren erste mit der Fläche der ersten Electrode und deren letzte mit der Fläche der zweiten Electrode zusammenfällt, während die Zwischenflächen in dem nichtleitenden Teil der Oberfläche des Conductors enden und einander nicht durchsetzen, denkt man sich ferner jede dieser Flächen als aus einer dünnen Schicht einer vollkommen leitenden Substanz bestehend, so erhält man ein System, dessen Widerstand sicher nicht grösser als der des ursprünglichen Con- ductors ist, . dessen Widerstand aber dem des Conductors gleich wird, wenn die eingeführten Flächen mit den äquipotentiellen Flächen des Con- ductors in seinem natürlichen Zustande zusammenfallen.

Es ist nun viel leichter, den Widerstand des anscheinend complicirtern Systems zu berechnen, als den des ursprünglichen Conductors. Der Wider- stand dieses Systems setzt sich nämlich algebraisch aus den Einzelwider- ständen der Schichten zusammen, aus welchen das System besteht. Der Widerstand einer von zwei Flächen begrenzten Schicht lässt sich aber . in folgender Weise berechnen.

Es sei dS ein Element der Grenzfläche einer Schicht, v die Dicke der Schicht in zu diesem Element senkrechter Richtung, p ihr specifischer Wider- stand, E die Potentialdifferenz der beiden die Schicht einschliessenden, aus vollkommen leitendem Material herge'stellten Flächen und dC die Stärke dos durch dS fliessenden Stromes, dann ist nach dem Ohm sehen Gesetz

dC=E—dS, pv '

und die gesammte durch die Schicht in der Zeiteinheit hindurchgeführto Electricitätsmenge

a) C

■-^ffr-^^'

444 Untere Grenze des Widerstandes. [306«

wo sich die Iiitegratiou über die ganze Fläche der durch die nichtleitende Oberfläche des Conductors begrenzten Schiclit erstreckt. Der Widerstand einer solchen Schicht ist also

B -

Wird die Schicht durch zwei Flächen begrenzt , welche durch die Functionen F und F-i-dF charakterisirt sind, so hat man

(IF ,. VlcF'V fdFV fdFVl^

""''■- [(©'-(!)'-(©*]•

somit

ji'=^/''

i.*) - nwj:!,.

£f

Hieraus folgt für den Widerstand des ganzen zusammengesetzten Con- ductors

'ipf

Der Widerstand R des ursprünglichen Conductors ist grösser als das so bestimmte i^j, und diesem nur dann gleich, wenn alle Flächen Fmit den dem ursprünglichen Conductor naturgemäss zugehörigen äquipotentiellen Flächen zusammenfallen. Da weiter der wahre Wert von B gleich dem absoluten Maximum von 7?i ist, und eine Function in der Nähe ihrer Grenzwerte im allgemeinen wenig variirt, so bringt eine kleine Abweichung der gewählten Flächen vor der Form, der eigentlichen äquipotentiellen t'Jächen einen ver- hältnismässig geringen Fehler in der Bestimmung von li hervor.

Offenbar ist diese Methode zur Bestimmung der untern Grenze des Widerstandes von sehr allgemeiner Anwendbarkeit. Sie kann auf Leiter jedweder Form und jedweder Beschaffenheit übertragen werden und ist auch davon unabhängig, ob der specifische Widerstand p von Punkt zu Punkt variirt oder nicht.

Das bekannteste Beispiel bietet die Bestimmung des Widerstandes eines Drahtes von variabelem Querschnitt. Hier sind die zu wählenden Flächen, die Axe des Drahtes senkrecht schneidende Ebenen, die Schichten haben also parallele ebene Begrenzungsflächen, demnach ist der Widerstand einer Schicht von der Dicke ds und dem Querschnitt S

3Ö7.] Obere Grenze des Widerstandes. 445

Der Widerstand einer Länge s des Drahtes wird daher näherungsweise

s

Co

0

Weiss man, wie der Querschnitt variirt, welche Function er von Ä ist, und wie p eventuell von .9 abhängt, so lässt sich die Integration aus- führen.

Bei Drähten, deren Querschnitt nur schwach mit der Länge abändert, erhält man so einen Wert für den Widerstand, der sich genügend genau dem wahren Werte desselben anschliesst, inzwischen ist das so bestimmte jB immer nur die untere Grenze für den Widerstand.

307. Um noch eine obere Grenze für den Widerstand angeben zu können, legen wir wieder innerhalb des Conductors Flächen, die wir aber diesmal als für Electricität vollkommen uudurchgängig annehmen. Zwei Systeme solcher Flächen zerlegen den Conductor in einzelne Bohren, die den Strom der Electricität reguliren. Dadurch wird der Widerstand des Conductors vermehrt und bleibt nur dann ganz ungeändert, wenn diese Flächen mit den Stromfiächen des Conductors, die Röhren also «lit den Stromröhren in seinem natürlichen Zustande zusammenfallen. Der Wider- stand jeder Rohre kann aber nach der für feine Drähte im vorigen Artikel schon auseinandergesetzten Methode berechnet werden. Summirt man dann die reciproken Werte* der Widerstände der einzelnen Röhren, so erhält man nach Art. 270 eine untere Grenze für den reciproken Betrag des Wider- Standes des Conductors in seiner natürlichen Beschaifenheit. Je mehr sich die Flächen den eigentlichen Stromflächen des Conductors anscjiliesscn, desto mehr fällt dieser angenäherte Wert für seine Leituugsfähigkeit mit dem wahren, Werte zusammen.

Als Beispiel betrachte ich den Fall eines verlängerten Rotationskörpers, in welchem die .cCoordinaten längs der Axe gemessen, werden und der Radius eines durch einen Punkt gelegten Querschnittes gleich b ist. Von den beiden Systemen nicht leitender Flächen, deren Wahl durch die Form des Conduc- tors einigermassen vorgeschrieben ist, soll eines aus Ebenen bestehen, die durch die Ate gehen und unter Winkeln rp gegen die xt/ Ebene geneigt sind. Das zweite System soll von Rotationsflächen gebildet werden, für welche

ist, und ^ eine zwischen 0 und 1 liegende Zahl angiebt.

Der zur x Axe senkrechte Querschnitt eines Röhrenstückes, welches von den Flächenpaaren «p, 94-^/9; ^, ^H-rf^J^; .r, x -h üjc begrenzt wird, ist

y dy dr^ = \ h^ d^ c/9.

446 Näherungsweise Rerechnung des Widerstandes. [307.

Bezeichnet aber 0 den Winkel, den die Röhre mit der orAxe bildet, so hat man

ferner für die wahre Länge eines Röhrenelements

r// = secl>r/A und für den wahren Querschnitt

ifcos^df/df = ^ .b^ cos ^(I^ dr^. Der Widerstand des Röhrenelements wird demnach

dx

^' = 2psec^»i;^ = 2p[l-^^(^^^^

Setzt man

und erstreckt die Integrationen über die ganze Länge ir des Leiters, so ist der Widerstand der von den Flächen 9 und 94-^9, ^ und ^ -^ d^ be- grenzten Röhre d^ d^ gleicli

2

d^ d^ und die Leitungsfähigkeit

d^ d^

(A-h^ß)

Die* gesammte Leitungsfähigkeit ergiebt sich durch Integration dieses Ausdrucks nach 9 von 0 bis 2- und nach ^ von 0 bis 1 zu

^^ = ;;iog(n-J).

Die Grösse rechter Hand ist dann die untere Grenze für die wirkliche Leitungs- fähigkeit des Conductors in seinem ursprünglichen Zustand.

Ist db/dx verhältnismässig klein, so ist auch B/A unbeträchtlich und dann hat man durch Entwickelung

Ji^^Ay 2/1 "'"3/1^ 4kä'^ )'

Das erste Glied z/A fällt mit der obern Grenze zusammen, wie wir sie nach der im vorhergehenden Artikel auseinandergesetzten Methode für die Leitungsfähigkeit gefunden haben würden. Der wirkliche Betrag der Lei- tungsfaliigkeit ist also kleiner als das erste Glied der Reihe für l/i?^. aber grösser als die Summe der ganzen Reihe.

S08.] Widerstandsandenmg eines Drahtes durch Verbindung ra. e. Electrode. 447

Die obere Grenze für den Widerstand des Conductors ist g-leich dem reciproken Wert, jener Reihe, also

Hätten wir ausser der Annahme, dass der Strom durch die Flächen 9 und ^ dirigirt wird, auch noch vorausgesetzt, dass seine Stärke in ieder Röhre proportional ^9 d^ ist, so würden wir

-.•=4(-^f)

erhalten haben, also einen Wert, der sich mehr von dem wahren Betrag des Widerstandes entfernt, als der zuerst angeführte, wie das auch wegen der hinzugefügten Einschränkung der Fall sein muss. Von einer solchen weitern Einschränkung ist Rayleigh in seiner citirten Abhandlung aus- gegangen, demgemäss findet er auch für den Widerstand ii'2 als obere Grenze, die etwas grösser als die durch die Reihe B2 dargestellte ist.

308. Ich wende dieselbe Methode an, um die Aenderung, welche der Widerstand eines Cylinders erleidet, wenn man ihn mit einer massiven Electrode von einem andern Metall in Verbindung setzt, zu bestimmen.

Zur Berechnung der untern Grenze für den Widerstand schiebe ich zwischen Cylinder und Electrode eine Scheibe von vollkommen leitendem Material ein, wodurch das Potential in allen Punkten des an die Electrode anstossenden Cylinderendes einen und denselben Wert erhält.

Das Potential in dem Cylinder wird dann eine Function seiner Länge allein. Setzt man dann noch voraus, dass die Dimensionen der Electrode nach jeder Richtung hin sehr gross gegen den Durchmesser des Cylinders sind, und dass die Electrode da, wo sie an den Cylinder stösst, nahezu eben begrenzt ist, so ist die Potentialverteilung näherungsweise dieselbe, wie die, welche von einer leitenden Scheibe im unendlichen Räume hervor- gebracht wird.

Ist E die Potentialdifferenz der Scheibe gegen entfernte Teile der Elec- trode, C die Stärke des Stromes, der von der Scheibe sich in die Electrode ergiesst, p' der specifische Widerstand des Materials, aus dem die Electrode besteht, Q die auf der Scheibe vorhandene und nach den diesbezüglichen Ergebnissen des Art. 151 verteilte Electricitätsmenge, und a der Radius des Cylinders, so hat man, wie in dem citirten Artikel gezeigt wird,

p'r= .} 41:4?= 2ir 4^ = 4*/::a .

y

Bis zur Scheibe fliesst der Strom durch den Cylinder gleichförmig, er hat also in allen Punkten eines Querschnitts dieselbe Stärke. Von' der

448 Berechnung der unteren Grenze. [808,

Scheibe ab aber geht aus jedem Punkt in die Electrode ein Strom, dessen Starke nach dem Ohm sehen Gesetz und nach Art. 177 umgekehrt pro- portional der kürzesten, -durch diesen Punkt gelegten Sehne der Scheibe ist. Die Gesammtstärke dieser einzelnen von der Scheibe in die Electrode sich ergiessenden Ströme

1) . c^-y-

ist zu dem Strom, wie er sonst durch den Cylinder fliessen würde, wenn dieser nicht an die massive Electrode befestigt wäre, hinzuzufügen. Be- zeichnet also L die Länge des Cylinders von einem gegebenen Querschnitt bis zu seiner Verbindungsstelle mit der Electrode und p den specifischen Widerstand des Cylinders, so ist der Widerstand von dem gegebenen Quer- schnitt des Cylinders ab bis zu einer in der Electrode von ihrer Verbindung mit dem Cylinder weit entfernten Stelle

Lp'

r.a^ \ p 4 ;

Die Grösse p'7ua/4p, um welche man die Länge des Cylinders zu corri- giren hat, um dem Einfluss, den seine Verbindung mit der Electrode auf seinen Widerstand ausübt, Rechnung zu tragen, ist, wenn der Cylinder, wie das in der Praxis meist zutrifft, die Form eines Drahtes von der Dicke 2a hat, sehr klein.

i?i ist aber die untere Grenze des wahren Wertes des Widerstandes und ihre Abweichung von diesem Werte wird dadurch bedingt, dass in Wahr- heit das Potential auf der Anheftungsscheibe zwischen Cylinder und Elec- trode nicht überall denselben Wert hat, sondern von der Mitte nach der Kante zu abnimmt, so dass auch die von den einzelnen Punkten der Scheibe in die Electrode sich ergiessenden Ströme von Punkt zu Punkt weniger stark variiren als zur Ableitung der Grenze lii angenommen word.en ist. .

309. Eine obere Grenze für den Widerstand erhalten wir dadurch, dass wir den Strom, etwa durch electromotorische Kräfte, welche senkrecht zur Scheibe wirken, zwingen, mit derselben* Stärke durch alle Punkte der Scheibe in die Electrode ?u fliessen.

Bezeichnet C wieder die Stärke des ganzen, durch die Scheibe in die Electrode gehenden Stromes, so ist die von jedem Punkt der Scheibe aus- gehende Stromstärke gleich C/ira^, also das Potential auf der Scheibe ebenso gross, wie das einer Scheibe, auf der die Electricität mit der Dichte

gleichmässig verteilt ist.

^ "^ 2 t:^

809.] Berechnung der oberen Grenze. 449

Ich schliesse mich in den folgenden Auseinandersetzungen einer von Cayley veröffentlichten Ahhandlung an.*)

Zunächst hat, wie man leicht findet, daß Potential an der Kante der Scheibe den Wert 4aj.

Die Arbeit, die man aufwenden muss, um an den Umfang der Scheibe einen Streifen von der Breite da anzufügen, ist also 2i:a!jda . 4aj. Somit wird die gesammte potentielle Energie der Scheibe

'= l Sira^

p= \ S'Ka^<j^da= "ö" ita^a^ .

0

Ferner ist die Arbeit, die der Strom C bei der Ueberwindung des Wider- standes li' der Electrode leistet, gleich 6'^i?', und weil die auf die Flächen- einheit der Scheibe bezogene Stromstärke gleich

_l_ö7__4i: ist, so wird diese Arbeit auch gleich

9 also zufolge des Wertes von P und C

8 p'

E' =

3-»a

Ist demnach der wahre Widerstand des Cylinders von der Länge L nach seiner Verbindung mit der massiven Electrode gleich i?, so haben wir

r.a^ \ p 4 / iza^ \ P ^t:/

Die an die Länge L des. Cylinders nach seiner Verbindung mit der Electrode anzubringende Correction beträgt also anp'/p wo 7i eine Zahl ist, die zwischen 7:/4 und 8/3tc, das heisst zwischen 0,785 und 0,849 liegt. Uebrigens hat Rayleigh in zweiter Annäherung für die obere Grenze von M die Zahl 0,8282 gefunden.**)

*) London, Math, Soc. Proc. VI. p. 47.

♦♦) PhiL Mag. 1872, Nov. In den London Math, Soc, Proc, VlII., p. 74 giebt er später 0,8242.

Maxwell, Electricität u. Maguctisonig. I. 29

Leitung durch heterogene Media.

Bedingungen an der Trennungsflächc zweier leitenden Medien.

310. Die Stromverteilung in heterogenen Medien wird im allgemeinen durch zwei Bedingungen, die an jeder der Trennungsflächen der einzelnen Medien zu erfüllen sind, bestimmt. Nach der ersten Bedingung muss das Potential, nach der zweiten der Strom continuirlich von einem Medium zum andern übergehen.

Die erste Bedingung verlangt also, dass das Potential in zwei unendlich nahen, zu beiden Seiten einer Trennungsfläche liegenden Punkten einen und denselben Wert hat. Dabei ist aber vorausgesetzt, dass das Potential jedes dieser Punkte durch directe vermittelst einer Electrode von gegebenem Metall bewerkstelligte Verbindung des Punktes mit einem Electrometer ge- messen wird. Bestimmt man dagegen das Potential eines Leiters nach der in den Art. 222, 246 auseinaniergesetzten Methode, indem man in den Leiter einen Hohlraum ausarbeitet und daselbst eine zu einem Electrometer führende Electrode versenkt, so weichen die Potentiale in den benachbarten zu beiden Seiten der Trennungsfläche liegenden Punkten um eine von der Natur und Temperatur der beiden aneinander stossenden Leiter abhängige Grösse von einander ab.

Die zweite Bedingung verlangt, dass man für die Stromstärke stets denselben Wert erhält, an welcher Seite der Trennungsfläche man sie auch messen mag.

Um diese beiden Bedingungen analytisch auszudrücken, bezeichne. ich mit Fl, T'a ^^^ Potentiale, mit Mi, rj, ?6'i; ^2,^2^102 die Stromcomponenten in zwei aneinanderstossenden Medien , mit /, m, n die Richtungscosinusse der Normale der Trennungsfläche, und habe dann an der Trennungsfläche der beiden Medien

1) v, = r„

2) /mj H- w r^ + M toi = lu^ 4- tn ^2 -H n«72 .

311 a.] Isotropes und anisotropes Medium. 45 L

Im allgemeinston Fall sind die Stromcomponeuten u,v^w lineare homo- gene Functionen der electromotorischen Kraftcomponenten X, y, Z, nämlich

3) v^q^X-^-r^Y-^-p^Z^

II? = P2 ^ + ^i ^ + ^Z^'

Strom aus einem isotropen in ein anisotropes Medium.

311a. Ich nehme speciell an, dass eines der Medien isotrop ist, während das andere ganz beliebig bleibt, und beziehe accentuirte Symbole auf das isotrope, nicht accentuirte auf das anisotrope Medium.

Aus der ersten Bedingung F= Y' folgt an der Grenzfläche

r) Xdx + Ydy -^- Zdz=^ X'dx -f- Ydy -h Z'dz,

Lässt man also /, fi», n die Kichtungscosinusse der nach dem isotropen Medium im Punkte j-, y^ z der Trennungsfläche gezogenen Normale bedeuten und beachtet, dass die Beziehung

Idx -h mdy 4- n rfr = 0

identisch erfüllt wird, so ergeben sich die drei Gleichungen

1) X'= XH-47rj/, F= r-h4i:cjm, Z' = Z -h 4irciw.

Ferner folgt aus der zweiten Bedingung

hl! -t- m ü' -4- n w' = /w -H ?ni? -h n m\ weil

ist. au der Trennungsfläche

r (l X-h m Y -\r n Z -h 4T:a) = /(rj X4- paTH- 72^) H" ^ (Qs ^ -^ ^.^Y -^ 2h ^) -H w (PiX-hq^ Y -h r/Z)

m

oder

•2) 4r.ri = X { l(r^ r) -f- mq^ H- n/jg} 4- Y[ Ip^ -4- m (r2 r) 4- n (7, }

-^ Z[lq2-h mpi 4- n (r^ r) }•

Diese Gleichung dient zur Berechnung der Dichte der Ladung an der Trennungsfläche zweier Medien. Bei krystallinischen und organischen Sub- stanzen hängt diese Ladung sowohl von der Orientirung der Trennungs- fläche in dem anisotropen Medium als von der Grösse der senkrecht gegen sie wirkenden Kraft ab. Bei isotropen Substanzen aber sind die p und q der Null gleich, und die r haben alle denselben Wert r^. hier lÄird also

2i) 4r.<j = (-^ lV/A'4-mr4-wZ)

29*

452 Zwei isotrope Medien. [311b.

rj und r sind die Leitungsfähigkeiten der beiden Substanzen und /, rw, n die Richtungscosinusse der nach der Substanz mit der Leitungsßihigkeit r an die Treunungsfläche gezogenen Normale.

Strom aus einem isotropen in ein anderes isotropes Medium.

311b. Sind beide aneinander stossenden Medien isotrop, so lässt sich die zweite Grenzbedingung beträchtHch vereinfachen.

Ist nämlich k der auf Volumeinheit bezogene Widerstand eines iso- tropen Mediums, so hat man nach dem Ohm sehen Gesetz

l dV l dV 1 dV

^ . k dx k cy k cz

Giebt also v die vom ersten Medium nach dem zweiten gezogene Nor- male der Trennungsfläche an, so wird die zweite Bedingung

2a) i.eZi==l£Z?.

^ k^ 8v k^ öv

Sind f>i und i% ^iß Winkel, welche eine Stromlinie in dem ersten be- züglich zweiten Medium mit der Normale an die Trennungsfläche bildet, so geht die vorstehende Gleichung über in

2 b) A:i tg »1 = A-2 tg tV

Man hat also das folgende dem Brechungsgesetz für Strahlen ent- sprechende Brechungsgesetz für Stromlinien

1) die Tangente einer einfallenden Stromlinie liegt mit der Tangente der gebrochenen Stromlinie und mit dem Einfallslot in derselben Ebene,

"1) die Tangente des Einfallswinkels steht zur Tangente des Brechungs- winkels einer Stromlinie in demselben Verhältnis wie die Leitungsfähigkeit des ersten Mediums zu der Leitungsfähigkeit des zweiten.

Specklle Fälle der Stromcei'teilwig in isotropen Medien. Isotrope Kugel in einem isotropen Conductor.

312. Als erstes specielles Beispiel fiir die Bedingungen, welche beim Durch- gang eines Stromes durch die Trennungsfläche zweier Leiter erfüllt werden müssen, betrachte ich den Fall, dass eine isotrope Kugel vom Radius a und dem specifischen Widerstand Är^ von einem isotropen Medium vom specifischen Widerstand ^"2 umgeben wird.

313 a.] Isotrope Kn^^el in einem isotropen Medium. 453

Ich entwickele das Potential ausserhalb und innerhalb der Trennungs- fläche nach harmonischen Eaumfunctionen, und bezeichne mit Vi bezüglich V2 den von der harmonischen Fläch enfunction S. abhängigen Teil des innerhalb bezüglich ausserhalb der Kugelfläche geltenden Potentials.

Es ist dann

Die Grenzbedingungen müssen von jedem solchen Partialpotential erfüllt, werden, wir haben aber für r = a

v-v ±lZl_±^ *^~ ^^' ky dr ~ kj ör '

also

1') (^i-42)a^' + ' + 5i-Z?2 = 0,

Kennt man zwei der vier Grössen -^j, B^^ -42, -^s? so lassen sich die beiden andern durch die obigen Gleichungen berechnen.

Sind Äi und B^ gegeben, so wird

__ [ki(i +1)4- k,i] Ä, + (kl ~ k,) (i + 1) Bio'^'''^'^ 1; ^2- lci(2i-hl) '

[k,{i-^l) + kii]Bi+(ki^k,}iA,a''^' ^^ ^2"" ki(2i-hl)

So kann man die Bedingungen ,- denen die Coefficienten jedes Gliedes in der Entwickelung des Potentials nach harmonischen Functionen auf den Trennungsflächen* concentrischer Kugelschichten zu gehorchen haben, auf- stellen.

Isotrope Kugel umgeben von einer isotropen Schale in einem

isotropen Condtictor.

313 a. Das System bestehe aus einer Kugel vom Kadius a^ , einer diese umgebenden Kugelschicht von der Dicke ^g Oi und einem alles um- schliesseuden Medium. Die specifischen Widerstände seien für die Kugel gleich ÄTj, für die Schale gleich Arg, für das übrige Medium gleich A3.

Befinden sich innerhalb der Kugelflächen weder Quellen noch Abzüge für Electricität, so kann V innerhalb derselben nirgend unendlich werden,

454 Specielle Fälle der Stromverteilung. [318 b.

die Bi müssen also verschwinden, und wir erhalten für die Coefficientcn ^3, 2^3 der nach harmonischen Kugelfuncidonen verlaufenden Entwickelung des Potentials im äussersten Medium

1) A^k^k^ (2i -f- 1)2 = [[k^ (i + 1) + k^t] [k^ (i -h 1 ) -h k^i]

-hi

21-4-1

2) ^3*1*2 (2i + ly = [t [^1 (»-+-!) + k^i] {k^ - A-3) ai

-+- i [k^i -+- itg (t H- 1)] (ÄTi - Arg) a^^' + ^] A^,

Im allgemeinen ist das Potential in diesem äussern Medium gegeben, und dort wird es teils von äussern electrischen Quellen, welche unabhängig von der Existenz der Kugel und der Schale in dieses Medium Ströme schicken, bestimmt, teils hängt es von den Störungen ab, welche durch die Einführung der Kugel verursacht werden. Das Potential besteht also aus zwd Teilen, deren erster, weil er innerhalb der Kugel nicht unendlich werden kann, nur harmonische Raumfunctionen positiven Grades enthält, während der zweite, der in unendlicher Entfernung von der Kugel ver- schwinden muss, aus solchen negativen Grades zusammengesetzt ist.

Man hat daher zunächst das Potential, welches von den äussern electro- motorischen Kräften herrührt, in eine Reihe harmonischer Raumfunctionen positiven Grades zu entwickeln. Ist A.^ S. r* ein Glied dieser Entwickelung, so lässt die erste der vorstehenden Formeln das entsprechende Ai und die zweit« dann das ^3 berechnen, JB3, der Coefßcient des Gliedes r~ ^' "^ *^ S. in der Entwickelung des zweiten Teiles des Potentials, trägt dann der Aenderung des Potentials in dem äussern Medium durch Einführung der heterogenen Kugel Rechnung. Aus den Gleichungen 1) und 2) des vorigen Artikels folgen dann schliesslich noch die Werte von A^ und B^,

Isotrope Kugelschale in einem isotropen unendlichen Conductor.

313b. Ist speciell ä:3 = ä:i, so haben wir den Fall, wo ein unendlich ausgedehntes Medium durch eine Schale von einem Material mit dem speci- fischen Widerstand k = k.2 unterbrochen wird, also jiusserhalb und inner- halb dieser Schale eine und dieselbe leitende Substanz vorhanden ist.

Setzt man zur Abkürzung

1

C =

(2 i + 1)2 k,k^ + i(i + 1) (k, - fc,)» [1 - (-^y ' ^ '] '

so wird

313 c.] Medium von einer Schale unterbrochen. 455

1) A, = k,k,(2i-\-\yCA,,

2) /lo = k^ (2t 4- 1) [A-i (t 4- 1) H- k^i] CA^,

3) ^2 = koi (2 * 4- 1) (k^ k^) «i^' + * C.'lg,

4) 03 = {k. - Ä-0 I [A-i (i + 1) -h A-2O («2'' "^ ' - «1'' ^ ') C^z-

Die Differenz zwischen -4 3, dem Coefficienten in dem nicht gestörten Potential, und A^ dem Werth, den dieser Coefficient nach Einführung der Kugelschicht innerhalb dieser annimmt, ist

5) A,-A, = (k,- k,)H (i + 1) [1 - (^)" ■*■ '] CA,.

Diese Differenz ist stets positiv, wie auch die Werte k^ und /\, sich zu einander verhalten mögen, demnach ist die electrische Action in dem von der Kugelschale eingenommenen Raum, gleichgiltig ob die Schale besser oder schlechter als das übrige Medium leitet, kleiner als sie sein w-ürde, wenn die Kügelschale nicht vorhanden wäre. Leitet die Kugelschicht besser als das andere Medium, so sucht sie die Potential werte um die innere Kugel auszugleichen, leitet sie schlechter, so ist sie bestrebt, die Ströme von dieser innern Kugel abzuhalten.

Den Fall, wo eine Vollkugel in einem unendlichen Conductor eingeführt wird, kann man entweder aus dem obigen deduciren, indem man a, = 0 setzt, oder auch selbstständig behandeln.

313 c. Das wichtigste Glied in der harmonischeu Entwickelung dos Potentials ist dasjenige, für welches i= 1, also

c= ■'

^ j ^^^ y fC-t Ka Ky ^3 j

^2 = 3A:2(2Ä:i-h^2)C^3, ^2 = 3Ä-2(/:i A:2)ai3C^3, J?3 = (k^ - ÄTi) (2 A:i + ÄTg) (flgS ^ ai3) CA., , wird.

Im Falle einer Vollkugel vom specifischen Widerstand Ao haben wir «1 = 0, also

^2 = 0,

®» ^ A-, + 2Jfc, ^»-

456 Specielle Fälle der Stromverteilung. [314.

Daraus folgt, dass die in der Existenz des Coefficienten B^ sich manifestirende durch eine Kugelschicht von der Dicke a^ a^ und dem specifischen Widerstände k2 in dem äussern Medium verursachte Pot^ntial- änderung ehenso gross ist, wie die durch eine Vollkugel vom Badius a^ und dem specifischen Widerstand

(2k, + k,) fla^ 4- (k, - k,) g^3 (2k, + Ära) «9^ - 2(A:i - k^) a,^ ^^

hervorgerufene, denn für beide Fälle findet man, wie man sich leicht über- zeugt, denselben Wert für den Coefficienten i^g.

Mehrere isotrope Vollkugeln in einem unendlichen isotropen

Leiter.

314. Befinden sich in einem Medium vom specifischen Widerstand A-g n Kugeln vom gleichen specifischen Widerstände k, und gleichem Radius a, in solchen Abständen von einander, dass die Störungen, die sie einzeln in dem Laufe des Stromes hervorbringen, von einander unabhängig sind, so ist das Potential in einem grossen Abstände r von dem Mittelpunkt einer um alle n Kugeln mit dem Radius 02 geschlagenen Kugelfläche von der Form 1') F= (Ar + n Br'^) cosO,

wo nach dem vorigen Artikel

K-t ~~~ Kn

ZU setzen ist.

Bezeichnet man mit p das Verhältnis des Volumens der n Kugeln zu dem der sie umfassenden ideellen Kugel, macht also

«2'

so hat man

1) V=A

"^^^^'-^T^T^}^^^^-

Wäre die grosse Kugel vom Radius a^ allein vorhanden und bestände sie aus einem Material vom specifischen Widerstand K, so würde

F=^{r-f-«,3-^,-^-l}cos»

315.] Kugelförmige Körner In einem isotropen Medium. 457

sein, und dieses Potential wird gleich dem vorigen, wenn die grosse Kugel ideelle und die kleinen Kugeln reale Existenz haben, falls man

2) K=-^zr~^c:rr.ic,

2/ri -h A^a 2p (k^ k^

macht.

K ist also der specifische Widerstand eines hetrogenen Mediums, das aus einer Substanz vom specifischen Widerstand k^ und einer Reihe in dieser Substanz zerstreut liegender kleiner Kugeln zusammengesetzt ist, deren Ge- sammtvolumen zu dem Volumen des Mediums im Verhältnis von /? zu 1 steht, und deren specifische Leituugsfahigkeit gleich k^ ist.

E3 müssen aber, damit die zur Giltigkeit der Formeln notwendige Vor- aussetzung, dass die Störungen der einzelnen Kugeln nicht mit einander interferiren, gemacht werden darf, die Radien der Kugeln sehr klein gegen ihre gegenseitigen Abstände sein, so dass p ein kleiner Bruch wird.

Man kann übrigens zu demselben Resultat auch auf andern Wegen gelangen. Hier folgt es direct aus den für eine einzelne Kugel schon erhaltenen Ergebnissen.

Sind die Abstände der Kugeln von einander .nicht gross genug gegen ihre Radien und hat der Bruch

2A:i -f- k^

einen beträchtlichen Wert, so treten in den Ausdruck für das Potential noch andere Glieder ein, auf deren nähere Construction ich hier nicht eingehen mag. Diese neu hinzukommenden Glieder bewirken aber, dass der Widerstand des Mediums nach Einführung der Kugeln nicht mehr nach allen Richtungen von derselben Grösse ist; der Widerstand nach einer bestimmten Richtung hängt dann auch noch von dem Arrangement der einzelnen Kugeln in dem Medium ab.

Äbbildmig einei* Electricitätsqudle. Zwei isotrope durch eine Ebene getrennte Medien.

315. Um zn zeigen, wie die Methode der electrischen Abbildung zur Lösung hierher gehöriger Aufgaben zu verwenden ist, nehme ich den Fall, dass aus einer in einem Medium befindlichen Electricitätsquelle S in der Zeit- einheit eine Electricitätsmenge S in dieses Medium hineinströmt und von da sich in ein anstossendes Medium verbreitet.

458 Abbildung einer Electriciiritsquellc. [815.

Die Treunungsfläclie der beiden Medien sei eine im Abstände a von der Electricitätsquelle laufende Ebene.

Wäre das Medium, in welchem sich die Electricitätsquelle befindet, nach allen Seiten unendlich ausgedehnt, so würde der Strom von der Quelle aus sich geradlinig ausbreiten und das Potential in einem um r, von «S ab- stehenden Punkt r wäre gleich

Um den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, iDilden wir die Electricitätsquelle S in der Trennungsebene ab. Das Bild liegt dann in dem zweiten Medium in einem Punkte J, der auf dem von *S' auf die Ebene gefällten Lote in einem Abstände a von derselben sich befindet, der durch die Gleichung SJ=^a bestimmt wird.

Ist dann r^ die Entfernung eines Punktes P von der Electricitätsquelle S und ro die von dem Bilde J der Quelle, so wird für Punkte der Trennungs- ebene

c/v rfv

Das Potential V^ in einem Punkte des ersten Mediums möge so gross sein wie das von den Electricitätsmengen A', E^ herrührende, die in S bezüglich J concentrirt sind; ähnlich soll das Potential \\ in einem Punkte des zweiten Mediums so gross sein, wie wenn es von einer Electricitäts- menge E^^ die in S vereinigt ist, verursacht, würde. Wir haben dann

1)

^2 ^2

y^

und da

an

der

Trennungsfläclie

V V.

1 c)Fi

1 dV^

m

sein muss, so haben die Electricitätsmengen /s, Eo. E^ den Bedingungen

y(E E2) =1- E^ zu genügen, woraus dann folgt-

9^ TT ^^2 t' IT ^2 ^1 jp

itj -T" ^2 '*'l '^2

£ ist dabei gleich Sk^Z-iiz zu setzen.

316.] Abbildung in einer £bene. 459

Dztraus ergiebt sich:.

Werden zwei isotrope Medien, in deren einem sich eine Electricitäts- qnelle *S befindet, die in der Zeiteinheit eine Electricitätsmenge S ausströmt, durch eine Ebene von einander getrennt, so ist

I. Das Potential in Punkten des ersten Mediums ebenso gross wie das electrostatische Potential in Punkten, die im freien Räume gelegen sind, wenn in S eine Ladung E = Sk^/4iTz und in ihrem Bilde J eine solche E2 = Ski (ÄTg Ä:j)/4ir (^i -h A'g) concentrirt ist; im zweiten Medium so gross wie im freien Raum, wenn in S sich eine Electricitätsmenge E^ = 2 S k^ k^/4: r. (^k^ -h-k^) befindet.

n. Die Stromstärke in einem Punkte des ersten Mediums so gross, wie wenn der Strom ausser von der Electricitätsquelle S mit der Stärke S noch von einer andern Electricitätsquelle / mit der Stärke aS (Arg ^i)/(^2 + ^'i) genährt, und das Medium sich nach allen Seiten unendlich ausdehnen würde; in einem Punkte des zweiten Mediums so gross, wie wenn der Strom aus einer Quelle S mit der Stärke 2 5A'2/(ä-i -f- A-g) flösse,, und das zweite Medium überallhin sich in's Unendliche erstreckte.

Wir können also die Theorie der electrischen Bilder vollständig auf unsern Fall, wo zwei leitende Medien durch eine Ebene getrennt sind, an- wenden, und wir gelangen stets zur Bestimmung der Potentialverteilttng in dem ersten Medium, welcher Natur auch die dort herrschenden electro- motorischen Kräfte sein mögen, wenn wir ihre Wirkung mit der ihres Bildes combiniren.

Ist das zweite Medium ein vollkommener Leiter, so wird k^ = 0, also Ei = 0 und A^3= E. Das Bild der Quelle strömt demnach in der Zeiteinheit dieselbe, aber entgegengesetzte Electricitätsmenge aus wie die Quelle selbst. Ein solcher Zustand ist in der electrostatischen Theorie der electrischen 'Bilder supponirt.

Ist das zweite Medium umgekehrt ein vollkommener Nichtleiter, so wird k.i = , also J5^i = 2 E und A'g = E. Das Bild strömt dann eine gleiche und auch gleichnamige Electricitätsmenge aus wie die Quelle. In diesem Fall befinden sich zum Beispiel die Bilder in der Hydrodynamik, wenn es sich um die Bewegung einer Flüssigkeit handelt, die von einer ebenen festen Wand begrenzt ist.

316. Die Methode der Inversion in drei Dimensionen, die sich in der Electrostatik, wo die Leiter als vollkommen betrachtet werden, in so mannich- facher Weis.e benutzen lässt, ist in dem allgemeinem Fall, wo Conductoren von verschiedener Leitungsfähigkeit aneinanderstossen,- nicht mehr verwend- bar. Dagegen lässt sich von der Inversion in zwei Dimensionen ebenso wie von der allgemeinem, in Art. 190 auseinandergesetzten Theorie der Trans- formation in zwei Dimensionen hier nicht minder gut wie in der Electro- statik Gebrauch machen.*)

♦) Kirchboff, Pogg. Ann. LXIV. 497 und LXVII. 344; Quincke, Pogp. Ann, XCVII. 382; Smith Proc, R, S. Edin. 1869-70, pag. 79.

460

Abbildung einer Eleclricitritsquelle.

[317.

Leitung diircli eine zwei isotrope Medien trennende Platte.

317. Ich betrachte ferner den Einfluse, den eine Platte von der Dicke AB

und dem Widerstand /Tg, wenn

%

i

*i

-I-

2

Fig. 24.

sie zwei Medien von den Wider- ständen kl und A'3 trennt, auf das Potential, welches von einer im ersten Medium gelegenen Elec- tricitätsquelle S herrührt, ausübt. Bildet man die Quelle S in den beiden Begrenzungsebenen der Platte successive ab, so wird das Potential ebenso gross, wie das von gewissen in den Bildpunkt^n con- centrirten, im freien Baume liegend gedachten Ladungen.

Macht man also

AI= SÄ, BT^ = SB, ÄJi = /j A, BI2 = Jt B, AJ^ = /g -4 u. s. f.

so haben wir zwei Reihen von Punkten J, /, deren Abstände von einander nach Art. 316 gleich der doppelten Dicke der Platte sind.

Das Potential in einem Punkte P des ersten Mediums wird

1')

p=4h- '

PS PI ' P/j das in einem Punkte P' der Platte

^' 4-^ +

PL

2')

P' = -TTTTT + -^-F -^ ^

U

P'S ' FI ' P'Ii P'I^

*/ 1 t/o

und das in einem Punkte P' des andern Mediums

3')

P" =

E"

+

J,

+

J.

P'S ' P'Vi ' P'Va ' P'Vg

-f-

wo /, 7', J', /die Ladungen bezeichnen, die in die betreffenden Bilder zu concentriren sein würden, und die mit einem einfachen Accent versehenen Buchstaben sich auf die Platte beziehen.

Nach dem Art. 316 ist aber wegen der Existenz der durch A gehenden Ebene

2^2

/== J^i:nh^ E,E'=z

k^ ~\- Afj aTj

k,

E

und wegen Existenz der Fläche durch B

n,9 ""~~ iv«)

2 k

3

fC^ -h k'2 n*3 -|- k>

E\

818.] Abbildung in einer Platte. 461

Femer ist wegen der Abbildung des zweiten Bildes durch A

•^^ - k,-^-k^ ^^' ^1- k,-^k^ ^1'

und wegen der Abbildung des ersten Bildes durch B

Jf^ ^^ >^2 j * j _ ^^^ j '

Ä*3 -+- A'2 k2 -h Ar 3

U. 8. f.

Setzt man also zur Abkürzung

__ ^\ ^^2 t ___ ^3 ^2

so wird das Potential für einen Punkt P des ersten Mediums

und in einem Punkt P des dritten

-2) p" = (,+p.)(i_p)^y_ + ^f_ + ...+^Ü-j.

Ist das dritte Medium ebenso beschaflFen wie das erste, so wird k^ = k^ und p = p', das Potential auf der andern Seite der Platte, wo also keine Stromquellen vorhanden sind, geht dann über in

Leitet die Platte beträchtlich besser als eines der durch sie getrennten Medien, so wird p nahezu gleich -+- 1, leitet sie beträchtlich schlechter, so wird p nahezu gleich 1, leitet sie endlich fast ebenso gut, wie das Medium, in das sie eingeschoben ist, so unterscheidet sich p nur wenig von Null und ist eine kleine positive oder negative Grösse.

318. Die auf diesen Fall hezüglichen Formeln sind zuerst von Green in seiner Theorie der magnetischen Induction (Essay pag. 65) entwickelt wor- den, doch ist das Resultat, zu dem er gelangt, nur dann richtig, wenn p nahezu den Wert -h 1 hat.*) Die von ihm benutzte Grösse g hängt mit der hier eingeführten p durch die Gleichungen

__ 2p _ kl ^'2 _ 3^ ^1 ^'2

^~J~^~ ki-{-2k^' P-2T7'^Ä:iHMf2 zusammen.

*) W. Thomson, Note on Induced Mngnethm in a Platey Camb, and Dub. Math. Journal^ 1845 Nov. oder Reprint^ Art, IX. § 15fi.

462 Abbildung einer Electricitätsquelle. [319.

Setzt man in den obigen Formeln p= 2rx/(l + 2irx), so geben sie die Auflösung des Problems des in eine unendliche Platte, welche x zur Magnetisirungsconstante hat, durch einen magnetischen Pol inducirten Magnetismus.

Geschichteter Leiter.

319. Ich bestimme noch den Widerstand eines Leiters, der aus einer Reihe von Schichten zusammengesetzt ist, deren Dicken abwechselnd c und c' sind, und welche aus zwei Materialien von verschiedener Leitungsfahigkeit herausgeschnitten wurden.

Die Symbole, welche sich auf die aus dem zweiten Material gebildeten Schichten beziehen, unterscheide ich durch Accente von den den Schichten aus dem ersten Material zugehörigen; die Symbole, welche für den zusammen- gesetzten Leiter gelten sollen, überstreiche ich.

Wählt man die z Axe senkrecht zu den Begrenzungsebenen der Schichten, so ergehen die beiden Bedingungen an jeder Begreuzungsebene dasselbe System von Gleichungen

X = X = X', (c + c') w = c w -h c' m' ,

Die sechs Grössen w, u\ r, v\ Z, Z' bestimmen sich aus den Widerstands- gleichungen, die nach dem Muster der in Art. 297 oder 298 gegebenen Formeln für jedes der Medien" als Functionen von X, Y und tr, die mit den X, X'; y, Y'; lüjw' gleiche Werte haben, zu bilden sind.

Bezeichnet ma» also mit D die Determinante der Widerstandscoefficient^n, so ergeben sich die Gleichungen

2) rrg D = 7?^ Y Bpt-j-w ;?i />,

Zr.^ = P2X q^Y-hto

m

nebst drei ähnlich gebildeten Gleichungen für u', 1?', Z\ Hat man mit den so bestimmten Werten der 6 Grössen u,v,Z, u\v\Z' aus den unter 1) angeführten Formeln die w, v, Z berechnet, so findet man für die neun Coefßcienten der Leitungsföhigkeit des geschichteten Conductors die Be- ziehungen

321.] Geschichteter Leiter. 4()3

^•* "" c + 6-' (// 4- //) (c -H c')

^^^ c-^c' (li -^ h') {c -^ c') . _ l^1^'{Px-Vx){qx-rHl

'2- C + C' -h /O (C -h C)

ÄH-Ä'

hqi-hk'q^'

h-hh'

hp2-^h'p2

h-hh'

hq^-hh'q^

h-hh'

CP3 + c'p^'

c + c'

c Qz -h c' q.j^'

c-h c'

cr-i -h r'r/

c -h c'

CTg 4- C'7'2'

c + c'

c-f-c'

'■»"' '■--*'

('-V '■=$)

320. Wenn in keinem der beiden Materialien, aus welchen die Schichten des Conductors geschnitten sind, der in Art. 303 delinirte Vector T einen . von Null verschiedenen Wert hat, so sind die P und p gleich den ihnen entsprechenden Q bezüglich q. Daraus folgt dann, dass auch in dem zu- sammengesetzten Conductor

"^i) . Pi = (7i^ Pq = 72. P3 == ^3

ist. Ein aus Schichten in der angegebenen Weise gebildeter Conductor hat also keine an die Existenz des rotatorischen Vectors T sich knüpfenden Eigenschaften, wenn seine einzelnen Schichten sie nicht besitzen.

321. Setzen wir also voraus, dass T =7" = 0 ist und ferner, dass die Axen der .r, y, z mit den Hauptleitungsaxen zusammenfallen, so verschwinden die Coefficienten p und q. und es bleibt

er, -I- c'r,' cro-hc'vo' c -h c'

|-T-t./j i;f2"T^^'2

^3 ''3

Haben die beiden Materialien, aus denen die Schichten gebildet sind, isotrope Structur, so wird

33)

er -h c' r'

c -h c'

= #9 = , 9

r r

464 Abbildimg einer Electricitätsquelle. [322.

Der Widerstand hat also in allen Richtungen, die parallel den Trennungs- ebenen laufen, einen und denselben Wert; in Richtungen, die geneigt zu den Trennungsebenen sind, hängt sein Betrag von der Neigung ab, in der der Strom die Trennungsebene triiffc. Den grössten W^iderstand findet ein Strom in der zu den Schichtebenen senkrechten Richtung.

Isotropes Medium mit eingestreuten parallelen

Parallelepipeden.

322. Ich setze noch einen Leiter duich die folgenden Operationen zusammen.

Ich zerschneide einen isotropen Leiter, der einem Strome den speci- fischen Widerstand 1/r entgegensetzt, in äusserst dünne Streifen von der Dicke a und lege diese Streifen senkrecht zur ^Axe altemirend neben und über Streifen , die in der Dicke Xj a aus einem andern Material von dem specifischen Widerstand 1/s herausgeschnitten sind. Dann zerschneide ich den so gebildeten Leiter parallel der y Axe in Streifen von grösserer Dicke b und setze sie wieder alternirend mit Streifen, deren Widerstand 1/s und deren Dicke Xjft ist, zusammen. Endlich zerschneide ich den neuen Leiter in Streifen, die parallel der zAxe laufen und von noch grösserer Dicke c sind, und setze sie alternirend mit Streifen von dem Widerstand 1/« und der Dicke XgC zusammen.

Das Resultat dieser drei Operationen besteht darin, dass man eine Substanz von der specifischen Leitungsfähigkeit r in rechtwinklige Parallel- epipede von den Seiten er, 6, c, wo a sehr klein gegen b und b sehr klein gegen c ist, zerschnitten, und dass man die Parallelepipede in eine Substanz von der specifischen Leitungsfähigkeit s so eingebettet hat, dass sie in Richtung der drei Axen der j-, y, z um die bezüglichen Grössen X^a, Xg^, Xgc von einander abstehen.

Die Leitungscoelficienten des so componirten Conductors erhält man durch drei aufeinanderfolgende Anwendungen der im vorhergehenden Artikel abgeleiteten Formeln, und es ergiebt sich so für den Fall, dass T =T' = 0 ist und die Coordinatenaxen mit den Hauptaxen der Leitungsfälligkeit zu- sammenfallen,

_ ^ r { 1 + X, (1 H- Xa) (1 -f. X3)} + g {Xg + X3 -j- X^ X3 |

r^ = 8

. ^ r 1 1 4- Xg + X2X3 } -f- g {Xi -f- X3 -^ X^Xa H- XiXg 4- X1X2X3 } ,2-:-s (l-f-X3)lrX2-f-s(l + XiH-XiX2)|

r.>= s

(l-|-X3){r-h«(XiH-X2-hX,X2)}

3 O j :

r X3 + s j 1 -h Xj -H Xg -h Xj Xg 4- Xj Xg -h Xg X3 -h X^ X^ X3 }

323.] Durchbohrtes Parallelepiped. 465

Die Anwendbarkeit dieser Formeln hängt aber von der Genauigkeit ab, mit der die verschiedenen Grössenordnungen der einzelnen Dimensionen bei jedem der Parallelepipedchen inne gehalten sind, denn diese Genauigkeit bestimmt, bis zu welchem Grade man die Bedingungen, die sonst noch an den Kanten und Ecken der Parallelepipede zu erfüllen sein würden, ausser Aclit lassen darf.

Nimmt man X^ = X2 = X3 = 1, so wird

__ 5r-f-3s __ 3r-hi)s __ 2r + 6s

Für r = 0 sind die Parallelepipede vollkommene Isolatoren , und man erhält

I2) ^ = i«5 ^3 = 1«, ^3 = f«-

Ist r = 00, sind also die Parallelepipede vollkommene Leiter, so wird I3) n = i«, = f«, r3=2«.

Man überzeugt sich leicht, dass stets, wenn X^ = X^ = X3 ist, von den r dasjenige das grössere ist, welches den grossem Index hat. Am besten leitet also der zusammengesetzte Conductor in Richtung der grössten und am sclilechtesten in Richtung der kürzesten Dimension der Parallelepipeda.

Parallelepiped von einem isolirten Draht diagonal durchsetzt.

323. Ich bestimme femer die Widerstandsänderung, die in einem festen leitenden Panallelepiped eintritt, wenn man durch sein Inneres diagonal einen isolirten Draht hindurchführt, der so dünn ist, dass diese Aendemng ledig- lich dem durch den Draht hindurchgehenden Strome ihre Entstehung ver- dankt und nicht durch die Existenz des Canals an sich bedingt wird.

Ich wähle die Ecke, wo der Draht in das Parallelepiped eintritt, zum Coordinatenursprung und richte die Coordinatenaxen parallel den Kanten er, b, c des Parallelepipeds.

Ist dann die Leituugsfähigkeit des Drahtes, der sich von der Ecke .r = y = 2 = 0 bis zu der x = a^ 2/ = ^? 2 = c erstreckt, gleich Kahc^ und bedeutet C die Stärke des ihn durchsetzenden Stromes, so hat man, weil die zwischen den Drahtenden wirkende electromotorische Kraft

1) E^aX-^-hY^cZ

ist,

2) C^KabciaX-^-bY-^cZ).

Die Stärke des durch die Fläche bc des' Parallelepipeds gehenden Stromes ist bcit, und sie wird zufolge der fü^ die Dicke des Dr.^htes fcst-

MaxwclK Electricität u. Magnetismus. I. 30

46G Netzwerk linearer Leiter. [324.

gesetzten Bedingung einerseits durch die Leitungsfähigkeit des Parallel- opipeds und andererseits durch die des Drahtes bestimmt. Man hat also

bcu = bc (rj X-hp^Y-hq^^)-^ Kabc (aX^bY + cZ), woraus sich ergiebt

3) u = (ri 4- Kay) X -f- fp, -h Kab) Th- fe "H Ä'«<^) ^•

Entsprechende Gleichungen findet man für die beiden andern Strom- componenten t», w. Die diagonale Durchführung des dünnen Drahtes be- wirkt also, dass das System

^i r^ rj

Pl Pi P3 9l Q2 ^3

der Leitungscoefficienten des Parallelepipeds übergeht in

4) Pl 4- Kbc 2h ~^ ^^^^ Pz + ^^^

q^ 4- Kbc ^2 + -^^^ Qz ~^" Kab,

Die mit demselben Index versehenen Coefficienten p^q erhalten bei Einführung des Drahtes dieselbe Correction. sind demnach diese Coefficienten von vornherein gleich, so bleiben sie es auch. Es ist also nicht möglich durch Durchluhrung von Canälen durch die einzelnen Volumelemente eines Körpers dem Vector T einen von Null verschiedenen Wert zu geben, wenn er nicht schon vorher einen solchen besessen hat.

Netzwerk linearer Leiter.

324. Zum Schluss löse ich noch die Aufgabe «aus linearen Leitern ein Netzwerk zusammenzusetzen, das ein symmetrisches System vorgeschriebener

Leitungscoefficienten besitzt.

Das Netzwerk zerlegt den Kaum in lauter gleiche Würfel, von denen einer durch die beistehende Figur dargestellt sein solL

Ich ordne den vier Punkten 0, L, M, A' die Coordi- naten und Potentiale so zu

m'

N

7\

s^

1

l'

/\

1/

Fig.

1

2h,

n

X

y

z

Potential

0

0

0

0

x+r + z

L

0

1

1

X

M

1

0

1

Y

N

1.

1

0

Z

824.] Netzwerk linearer Leiter. 467

und verbinde diese Punkte durch sechs Drähte

OL, OM, OX, MN, NL, LM,

deren Leitungsfahigkeiten bezüglich durch

A, B, C, R Q, B gegeben sein sollen.

Die längs den Leitern wirkenden electromotorischen Kräfte sind dann

Y-hZy z-hX, X4-r, Y-^z, z x, X— r,

und die sie durchsetzenden Ströme haben die Intensitäten

yl(F-hZ), J5(Z-+-X), C(X-hY), P(Y-Z), Q(Z-X), E(X^Y),

Davon fuhren die Ströme LM,LÄ\OM,OA Electricität in Richtung der positiven irAxe, und demnach wird

u = (B -^ C-h Q-h B) X-t (C R)Y 4. Q) Z,

V = (C— i?) X -H (C-^Ä -I- i? -^ P) r-f- (^ P) Z,

7o = (B Q)X -+.(^_p)r ' 4_(^^_^4.p^-Q)Z.

Durch Vergleichung mit den in Art. 298 gegebenen Leitungsformeln findet man

4^ = ra H- r, rj + 2p^, 4P = rg 4- rg -- r^ - 2p^,

4C = r^ -\- r^ --• r^ -h 2;?3, 4 /? = r^ 4- 7-2 rj 2/;3,

wodurch die Wahl der sechs Drähte, also auch die des ganzen Netzwerks bestimmt ist.

30"

Cap. X,

Leitung in Dielectricis.

325. Eine electramotorische Kraft bringt nach frühern Auseinander- setzungen in einem dielcctrischen Medium einen besondern gezwungenen Zustand hervor, den ich als den der Polarisation bezeichnet hjibe. Der Zustand äussert sich darin, dass in dem Medium eine gewisse electrische Verschiebung Platz greift, welche in isotropen Mitteln in Kichtung der Wirkung der electromotorischen Kraft vor sich geht, und dass gleichzeitig jedes der Volumelemente, in die das Medium zerlegt werden* kann, eine Ladung erhält, die auf der Seite, wo die Wirkungsrichtung der Kraft das Element trifft, positiv und auf der Seite, wo sie das Element verlässt, negativ sein sollte.

In leitenden Medien bringt eine electromotorische Kraft statt der Ver- Schiebung einen Strom hervor.

Nun sind einerseits die dielcctrischen Medien, wenn überhaupt, jeden- falls mit sehr wenigen und zudem zweifelhaften Ausnahmen mehr oder weniger gute Leiter, und andererseits zeigen viele unvollkommene Isolatoren dieselben Erscheinungen der dielcctrischen Liduction wie die Dielectrica. Wir haben daher die Vorgänge in Medien zu untersuchen, in denen neben der Leitung auch noch dielectrische Inductiou Platz greift.

Die dielectrische Polarisation ist ein statischer Zustand, die electrische Strömung ein kinematischer. In solchen Medien wird also neben der Poissonschen Gleichung auch noch die Continuitätsgleichung für electrische Ströme gelten.

Der Einfachheit wegen setze ich voraus, dass das betreffende Medium isotrop, wenn auch nicht in seinen verschiedenen Teilen homogen ist, dann haben wir einerseits die Poissonsche Gleichung (s. Art. 83)

^ cx\ ex) cy\ Cf/J (:\ Cz ) ^

826.] Allgemeine Gleichungen. 469

und andererseits die Coutiiiuitätsgleicliung

^^ dx\r dx)^di/\r di/)^dz\r dz) ä7""^'

A' ist die si)ecifisclie iiiductive Capacität und r der specifisclie Wider- stand des betreffenden Mediums bezogen auf die Volumeinheit.

Sind A' und r discontinuirlich, das Medium also heterogeil, so hat man jene Gleichungen so umzuwandeln, wie sie sich für Discontinuitätsflächen

eignen.

Bei streng homogen isotropen Mitteln sind K und r beide constant, also gehen die Gleichungen 1) und 2) über in

und daraus fol^t

oder, indem man T^=:Kr/4i'K setzt,

p=Ce

T

T ist eine positive Grösse. Befindet sich also ein homogener isotroper Körper, dessen Inneres ursprünglich irgendwie geladen ist, unter dem Ein- fluss externer electronic torischer Kräfte, so schwindet seine innere Ladung allmäbg mit einer von der Grösse der externen Kräfte unabhängigen Geschwindigkeit. Zuletzt ist das Medium seiner ganzen Innern Ladung beraubt, und so lange die Beziehungen zwischen electromotorischer Kraft, electrischer Polarisation und electrischer Leitungftihigkeit für den Körper dieselben bleiben, kann auch keine externe Kraft in irgend einem innern Teile des Mediums eine Ladung heiTorbringen oder erhalten.

Tritt aber eine disrnptive Entladung ein, so hören jene Beziehungen auf zu gelten, und dann kann sich irgend ein innerer Teil des Mediums wieder mit Electricität laden.

Ladung und Entladung eines Condensators.

326. Sei C die Capacität eines Condensators, li sein Widerstand und E die ihn angreifende electromotorische Kraft, das heisstj die Differenz der Potentiale seiner Electrodenflächen.

I)ie Electricitätsmenge auf der Seite des Condensators, die zuerst von der Wirkungsrichtung der electromotorischen Kraft getroffen wird, ist dann gleich CE und die Stärke des Stromes, der durch den Condensator bei der Entladung in Richtung der electromotorischen Kraft geht, gleich EjK,

470 Ladiinf!^ und Kiillatliing eines Coudensators. [320.

Gewöhnlich uiiteruimint man mit einem Condensator die lülgenden Operationen.

Man schaltet ihn in den Stromkreis einer electrischen Batterie ein.

Ist dann E die den Condensator zu einer bestimmten Zeit i angreifende electromo torische Kraft und dQ/dt die Stärke, mit der der Strom durch seinen Kreis fliesst, so hat man

^^^ dt B^^ dt

Bezeichnet aber 7!.\, die electro motorische Kraft der Batterie und j\ ihren Widerstand, so ist auch

dQ^Eo--E dt Tj

also

^>.^ ^o'-E_ E , ^dE

' r<^ R dt

woraus durch Integration die Potentialdifferenz E^ des Condensators zur Zeit t^ nach seiner Einschaltung in den Stromkreis sich zu

«

^.-^.«T7;('-'"'} '•' = ^

ergiebt.

Man unterbricht zur Zeit t^ den Strom und überlässt den Condensator durch eine Zeit ^, sich selbst, am Schluss dieser Zeit ist dann

20) E^=E^e ^», T2=CB.

Endlich setzt man die beiden Flächen des Condensators durch einen Draht vom Widerstände r^ mit einander in leitende Verbindung und hat zur Zeit t^ nach dieser Verbindung

-ßH-r,

Für die während der Zeit /g durch den Draht hindurchgehende Elec- tricitätsmenge (^3, also für die Entladung, die durch den Draht vor sich geht, nachdem man den Condensator während der Zeit t^ mit einer Batterie verbunden und während der Zeit /2 isolirt gehalten hat, findet man demnach

Wählt man t^ und /g, wie das meist geschieht, so gross, dass einerseits der Condensator, so weit es die Umstände gestatten, sich voll zu laden und

828.J Beschrankte Geltung der Formeln. 471

nachher sich vollstäudig zu entladen vermag, so hat man für die gesammte entladene Electricitätsmenge

327. Die Giltigkeit dieser Formeln beruht auf der Voraussetzung, dass in einem solchen Condensator, der zuerst irgendwie geladen und dann durch einen Draht von geringem Widerstände entladen wird, wenn man ihn wieder isolirt, weiter keine Electricitat erscheint. In der Praxis findet man aber, dass in den meisten gebräuchlichen Condensatoren einige Zeit nach ihrer Entladung und Isolirung eine neue Ladung man nennt sie das Electrische Residuum sich entwickelt, die mit der ersten das gleiche Zeichen hat, aber weniger intensiv ist als diese. Zur Erklärung dieser Erscheinung müssen wir für die Dielectrica eine andere Constitution annehmen, als wir sie hier vorausgesetzt haben. Ich werde aber bald zeigen, dass ein Medium, welches aus einem Conglomerat kleiner Stückchen verschiedener diese Er- scheinung nicht zeigender Substanzen zusammengesetzt ist, im allgemeinen doch die Eigenschaft, ein Residuum zu entwickeln, besitzt.

Theorie der zusammengesetzten Dielectrica. Geschichtetes Dielectricum.

328. Der Einfachheit wegen setze ich voraus, dass das betreifende Medium aus einer Reihe planer und paralleler Schichten von verschiedenen Substanzen zusammengesetzt ist, und dass die electromotorische Kraft senk- recht zu den Schichten wirkt. Die erste und die letzte Schicht sollen aus gut leitendem Material hergestellt sein.

Ich nehme den Inhalt der Begrenzungsflächen der einzelnen Schichten gleich 1 an, und bezeichne in den einzelnen Schichten mit

0^,03,... die Dicken,

Xj, Xg, ... die resultirenden Kräfte,

Pi,P2i... die Stärken der geleiteten Ströme,

/i,/2, . . . die electrischen Verschiebungen,

t^i, Uo, . . . die gesammten Stromstärken, die teils der. Leitung, teils der Variation derVerschiebung ihre Entstehung verdanken,

Tj, ro, . . . die specifischen Widerstände bezogen auf Volumeinheit,

ifi, ITo. ... die specifischen inductiven Capacitäten,

Aj, Ato, . . . di« reciproken Werte der eben genannten specifischen inductiven Capacitäten,

(Ti2,(723, ... die Flächendichte der auf der Trennungsfläche zweier auf- einanderfolgender Schichten aufgesammelten ElectricitÄt.

472 Ziisairimengf'setzte Dieicctrica. [828.

Weiter nenne ich

E die Grösse der electromotorischen Kraft einer Volta sehen

Batterie, die sich in demselben Kreise wie das Medium befindet

und einen Strom von seiner letzten zu seiner ersten Schicht

sendet,

Q die durch den Teil des Kreises, wo das Medium eingeschaltet

ist, bis zur Zeit t hindurchgeflossene Electricitätsmenge, Ii^) den Widerstand der Batterie zusammen mit dem der ver- bindenden Drähte. Beziehen wir den Index 1 auf irgend ein Stratum, so ist nach dem Ohm sehen Gesetz

a) ^1 = ^2^1,

und nach der in Art. 75 auseinandergesetzten Theorie der electrischen Ver- schiebung auch

b) Xi = 4irA;i/i.

Ferner nach der Definition dieser Grössen

C) Wj=:pi-H

dt

Weiter haben wir wegen Gleichung b) und der charakteristischen Be- dingung (Art. 83 a, 2)

d)

also

^12 =

= /2-

•/i,

e)

d<Ji2. . dt

dt

yji dt

Andererseits ist aber

f)

dt

Pl

P2^

somit

g) Pl

^ dt

==A-+-

dt

= u etwa.

Beachtet man die Gleichung c), so folgt hieraus als erstes allgemeines Ergebnis

1) ?/j = Mg = 2^ = . . . = u.

Der Gesammtstrom geht also durch alle Schichten mit einer und derselben Stärke durch, und zwar, weil die erste und die letzte Schicht aus guten Leitern bestehen sollten, mit der Stärke, die er in der Batterie und in dem Schliessungsdralit hat.

Ferner folgt aus den Gleichungen unter a), b), c) und 1)

2) «=^r-^^» + 4¥r,V'

829 a.] üeschichtctes Diclectricum. 473

also bei Benutzung: einer leichtverständlichen Bezeichnung für inverse Operationen

Die gesammte electromotorische Kraft ist

4 a) A" = öl Xj H- Ca Xa -I- . . .,

somit haben wir

eine Gleichung, die eine Beziehung zwischen der externen electromotorischen Kraft und der externen Stromstärke ausdrückt.

Hat das Verhältnis der specifischen Leitungsiähigkeit zur specifischen inductiven Capacität in allen Schichten eine und dieselbe Grösse, so redu- cirt sich die Gleichung 4) auf die lineare Differentialgleichung erster Ordnung

4i) ^^VidclT^^^^^^ "*" ^2^2 "^ •^"•

Aus einer Vergleichung mit der in Art. 32G abgeleiteten Gleichung 1 a) ergiebt sich also, dass die obige Voraussetzung bei Substanzen eintrifft, die kein Residuum nach der Entladung aufweisen.

Im allgemeinen ist aber die Gleichung unter 4), wenn das Medium aus n Substanzen zusammengesetzt ist, eine lineare Differentialgleichung der wten Ordnung nach E und der (n l)ten Ordnung nach m, in der i als unabhängige Variabele figurirt.

Aus der Form der Differentialgleichung folgt auch, dass die Reihenfolge, in der die einzelnen Schichten aneinandergelegt sind, den Wert der electro- motorischen Kraft nicht beeinflusst. Sind also mehrere Schichten von dem- selben Material vorhanden, so kann man sie, ohne das Phänomen abzuändern, zu einer Schicht vereinigen.

Electrisches Residuum.

329a. Wirkung einer momentanen Kraft, Für spccielle Anwendungen setze ich voraus, dass im Beginn des Versuches /^ =/2 = .. .0 ist, und suche den unmittelbaren Effect, den eine plötzlich auftretende electro- motorische Kraft K in dem Medium hervorbringt.

Aus der Integration der Gleichung 2) ergiebt sich

1 ) Q^\ udt = y \ Xi </r + j^ Xi -h Const.

474 Zusainmcngeöetzte Dielectrica. [329 b.

Das lutegratioiiHiiitervall sollte sehr eng sein, und da X^ stets endlich ist, so mrdjXidt eine zu vernachlässigende Grösse werden. Ferner sollte die electromotorische Kraft plötzlich auftreten, mithin verschwindet die Con- stante, und es bleibt

2) Xi = ATzk^Q.

Aus der Gleichung unter 4a) folgt dann

3) E = 4T:(aiki + a2k2 + 03^-3 -h . . .) ^1

und damit erhalten wir für die Capacität C des Mediums gemessen durch diese unmittelbar nach Entstehung der electromotorischen Kraft auftretende Ladung

*^ E 47:(a,A-i + a2^2 + •••)'

also dasselbe Resultat, wie wenn wir die Leitungsfälligkeit der einzelnen Schichten ganz vernachlässigt hätten.

d29b. Wirkung eines lang andauernden Stromes auf die nachfolgende Entladung, Zweitens nehme ich an , dass die electromotorische Kraft E schon seit langer Zeit mit derselben Stärke wirkt, so dass ein gleichförmiger geleiteter Strom von der Stärke p das Medium durchfliesst.

Man hat dann

1) Xi = r^p , . . . also

2) E = (r^Oi -H rgfla + . . Ol'-

Daraus ergiebt sich der gesammte Widerstand des Mediums

E

3) = = riai -hr2a2-h . . .

Gleichzeitig ist nach b)

also

^) '''^^[jik^'Aj^'

Verbindet man jetzt plötzlich die beiden Endschichten des Mediums durch einen Draht von geringem Widerstände, so geht E auf einmal von seinem ursprünglichen Wert Eq auf Null zurück, und es fliesst durch den Draht eine Electricitätsmenge Q hindurch, die sich leicht bestimmen lässt.

Da nämlich E = 0 ist, so wird

0 = flj Xi -h ^2 X2 4- . . . , wo X/, X2' die in dem neuen Zustande auftretenden Kräfte bezeichnen.

320 b.] Residuclle Entlad uugfon. 475

Andererseits ist aber nach den Gleichungen 1) und '2) des vorauf- gehenden Artikels

6) Xi'=Xi + 47rA-i<?, somit

7) 0 = aj Xj H- flg Xo H- . . . -h 4 7c(aiÄ'i -H a^k^ -+-...) Q,

oder wegen Gleichung 4a) des Art. 328 und der Gleichung 4) des Art. 329a

8) o = Js;o + |-

Die plötzliche Entladung (;> ist also gleich CE^^ das heisst ebenso- stark wie die früher betrachtete plötzliche Ladung.

Unterbricht man unmittelbar nach dieser Entladung die Verbindung der beiden Endschichten, so wird u = i\ also nach der Gleichung 2) des Art. 328

9a) . X"=XV ,

wo X' den Anfangswert von X nach der Entladung angicbt, also zufolge des aus 6) und 8) sich ergebenden Wertes von X'

»IjL*!«

e *•»

9) X" = Eo{j-47üA:iC}

somit

aA^-4.r.k^c\e ^ + a^y^-- irzkoCU '• +...[.

Lässt man z dieser Zeit das Medium sich wieder plötzlicli entladen, so ist die Electricitätsmenge, die dieser zweite Entladungsstrom mit sich führt, gleich CE^ und diese Electricitätsmenge ist das, was man als elec- trisches Besiduum bezeichnet.

Die Summe aller Coefficienten der Exponentialfunctionen in dem Aus- druck 10) für E ist nach den voraufgehenden Gleichungen für B und C gleich Null, wird also rjk^ = rg/A-j = . . . , so reducirt sich auch E auf Null, es tritt dann, wie auch schon früher bemerkt, kein Besiduum auf.

Ordnet man ferner die Glieder in 10) nach steigender Grösse der Ver- hältnisse r/kf so nehmen die Coefficienten der Exponentialfunctionen und auch die Exponentialfunctionen für positive t den absoluten Beträgen nach ab, für t = 0 ist aber £ = 0 , somit ist E für < > 0 stets positiv, das heisst, das electrische Besiduum hat dasselbe Zeichen wie die erste Entladung.

Wird t unendlich gross, und ist unter den Schichten keine aus einem vollkommen isolirenden Material gebildet, so verschwinden alle Glieder in dem Ausdruck 10) iür E^ es findet sich dann auch kein Besiduum mehr vor.

476 Zusammengesetzte Dielectrica. [330.

Isolirt aber eine Schicht vollkommen, so dass etwa Tj := x wird, so ist der Endwert von E nicht gleich Null, sondern gleich

Man kann also in einem zusammengesetzten Medium eine residuelle Entladung unbegrenzte Zeit erhalten, wenn einige seiner Componeuten, aber nicht alle, aus vollkommenen Isolatoren gebildet sind.

330. Ich bestimme ferner die durch einen Draht, welcher permanent mit den Endschichten verbunden ist und einen Widerstand Eq besitzt, vor sich gehende totale Entladung, wenn das Medium vorher durch lang an- dauernde Anwandung einer electromotorischen Kraft E geladen worden ist.

In irgend einem Augenblick der Entladung ist nach den Gleichungen der vorhergehenden Artikel

11) E = a^r^pi -f- a^r^jj^^ + . . . 4- i^y m = 0, ' und da nach der Gleichung c) des Art. 328

ist, so wird

12) (E ^Ro) u = a,r, ^ + «2^2."^ + Daraus folgt durch Integration

(R + Bo)Q = «1 '•i (// - /i) + a., r, (/.' - /,) + . . . ,

wo die / die Anfangs- und /' die Schlusswerte der / angeben.

Es ist aber für unsem Fall /^ =/2 = . . . 0, und nach b) in -Art. 32 und 9) in Art. 329 b)

somit wird

=-f--22r".".".*.(Ä-Ä)'J

wo die Summationen sich auf alle Grössen von der Form des angegebenen Gliedes, die irgend einem Paar Schichten angehören, beziehen.

Q ist negativ, die Entladung findet also in entgegengesetzer Kichtung wie die Ladung statt.

Es zeigt sich aber, dass ein Dielectricum, wenn es aus einzelnen verschiedenen Substanzen angehörigen Schichten zusammengesetzt ist.

331.] Electrische Absorption. 477

die Ersclieinungen der electrischen Absorption und des electrischen Residuums selbst dann hervortreten lassen kann, wenn sie in keinem der Materialien, aus denen die Schichten geschnitten sind, für sich angetroffen werden.

Ein ähnliches Resultat würde man durch complicirtere Rechnungen für Dielectrica auch dann erhalten, wenn ilire Componenten in anderer, weniger einfacher Weise, angeordnet wären.

Man kann also überhaupt schliessen, dass im allgemeinen electrische Absorption und electrisches Residuum überall da auftreten werden, wo man es mit Dielectricis zu tun hat, die aus, selbst mikroskopisch kleinen Teilchen verschiedener Substanzen zusammengesetzt sind, wenn auch diese Substanzen für sich jene Erscheinungen nicht zeigen.

Daraus folgt aber keineswegs, dass auch jedes Medium, bei welchem jene Erscheinungen angetroffen werden, aus verschiedenen Substanzen zu- sammengesetzt sein muss, denn es ist sehr wohl möglich, dass die fraglichen Phänomene die Existenz einer ganz besondern Art von electrischer Polarisation in homogenen Mitteln anzeigen, einer Art, die vielleicht mehr der electro- chemischen als der hier supponirten dielectrischen Polarisation ähnelt.

Ich habe auch die obige Untersuchung mehr zu dem Zwecke angestellt, um mathematisch scharf den Charakter der sogenannten electrischen Ab- sorption zu fixiren, und um den fundamentalen unterschied zwischen diesem Phänomen und der mit demselben Namen bezeichneten auf den ersten Blick analogen Erscheinung in der Wärmetheorie klar hervortreten zu lassen.

Strom durch ein System von Condensatorcn.

331. Erhitzt man die eine Seite einer dicken Platte so stark, dass ein Wärmestrom durch sie hindurchfliesst, kühlt sie dann plötzlich bis auf die Temi)eratur der andeni Seite ab, und überlässt die Platte sich selbst, so strömt Wärme aus dem Innern der Platte zurück, und die früher erhitzte Seite derselben wird nochmals wärmer als die andere nicht erhitzte.

Ein ganz entsprechendes Phänomen kann man auch mit der Electricität zu Stande bringen, und trifft es auch wirklich bei telegraphischen Kabeln an. Die mathematischen Gesetze, nach denen diese electrische Erscheinung vor sich geht, stimmen mit denen, die für die analoge thermische Erscheinung gelten, überein, sind aber gänzlich verschieden von den Gesetzen, welclien die Erscheinung des Residuums in geschichteten Condensatoren gehorchen.

Ganz streng ist die Analogie zwischen der genannten thermischen Er- scheinung und der entsprechenden electrischen nicht, denn bei der Erwärmung eines Körpers geht mit der Temperaturerhöhung gleichzeitig eine wirkliche Absorption von Wärme Hand in Hand, die bei der Electricität nicht zu Stande zu bringen ist.

Man kann aber doch die genannte thermische Erscheinung in der folgen- den, für einen Vorlcsungsversuch geeigneten Weise nachahmen.

478

System von Condensatorcn.

[331.

Es seien A^.Ä^ ... die innern und Bq^ B^ B^, ... die äussern leitenden Belegungen einer Keihe von Condensatoren. Ich verbinde die innern Be- legungen ^,, ^^2^ ™i* einander durch Drähte von den Widerständen i?i, R^^ . . . und ziehe von der ersten und letzten innern Belegung eine Leitung, die zu bezüglichen Polen einer Batterie fuhrt. Alle innern Be- legungen werden dann von der Linken zur Recht-en von einem Strome

fi^^^St^^^''^

%

^UjiS-^Ji^ju^

Fig. 26.

durchflössen. Die äussern Belegungen Bq^ B^, -Bg. . . erhalte ich zunächst isolirt, die Summe ihrer Ladungen kann sich dann nicht über Null erheben, und da in jedem Falle die Electricitätsmenge einer Belegung Ä gleich und entgegengesetzt der ihr gegenüberstehenden Fläche sein muss, so werden sie überhaupt nicht electrisirt, uod ihre Anwesenheit ist auf den Strom ohne Eiufluss.

Verbindet man jetzt die Belegungen B alle mit einander und mit der Erde, so fallen ihre Poteutialniveaus auf Null, und da das Potential auf den Ä positiv ist, so. laden sich die A positiv und die B negativ.

Ich bezeichne mit Pj, Pg? ^^^ Potentiale der Belegungen A , nenne Cj, C2, . . . die Capacitäten derselben und lasse von der Batterie zur ersten Belegung die Electricitätsmenge Q^^ von dieser zur zweiten duroh Bi die Electricitätsmenge Q, u. s. f. zuströmen. Die Ladung von A^ istdann gleich Qo ^«^1- ^^ß von A2 ist Q, Q2 u. s. f. und man hat die Beziehungen

1)

Q\ ft = ^2-^29

2)

Nach dem Ohmschen Gesetz ist aber auch

» -'S --3 äi

P^ P, = K, - T:^

832.] System von Condensatoren. 479

Bichtet man sich also so ein, dass alle Belegungen dieselbe Capacität C und alle Verbindungsdrälitc denselben Widerstand li besitzen, so hat man

3)

Qr-2Q, + Q, = MC^

Hat man w Electricitätsmengen zu bestimmen, und ist entweder die gesammte electromotprische Kraft oder etwas anderes mit ihr zusammen- hängendes gegeben, so folgt aus dem obigen System von Gleichungen für jode der zu berechnenden Grössen eine lineare Diiferentialgleichung von der wten Ordnung.

Indem Varley einen derartigen Apparat zusammensetzte, konnte er die electrische Wirkung eines etwa 3000 Meilen langen Kabels auf einen Strom nachahmen.

Wenn der Strom von links durch die Belegungen zu fliessen beginnt, so wird er zunächst hauptsächlich zur Ladung der Condensatoren in Anspruch genommen, und es kommt von ihm eine geraume Zeit hindurch nur ein geringer Bruchteil im Ableitungsdraht zum Vorschein. Er ladet erst ^j, dann A^, dann Av^ u. s. f. Schaltet man also in die Verbindungsdrähte 7?i, i?2, i?3.... Galvanometer ein, so werden diese eines nach dem andern vom Strom afficirt, und es verfliesst eine um so grössere Zeit, ehe ein Galvanometer einen Strom anzeigt, je weiter dasselbe von der Eintrittstelle des Stromes entfernt ist.

Telegraphische Kabel.

332. Bei einem telegraphischen Kabel ist der Leitungsdraht von äussern Leitern durch eine cylindrische Umkleidung von Guttapercha oder einem andern nicht leitenden Material getrennt. Li einem solchen Kabel bildet also jedes Stück einen Condensator, dessen äussere Belegung das Potential Null hat.

Die auf der Oberfläche des betreffenden Drahtstückes befindliche freie Electricitätsmenge ist also gleich dem Producte aus dem daselbst herr- schenden Potential in die Capacität des als Condensator betrachteten Kabel- stückes.

Nach Art. 126 ist diese Capacität für die Längeneinheit des Kabels

' »

21og-i

480 Telegraphische Kabel. [332.

wenn K die specifische inductive Capacität der isolirenden Hülle, er, ihren äusseren und a^ ihi*en innem Radius angiebt , und der Draht als überall gleich dick angenommen wird.

Die zwischen zwei von einander um '^x abstehenden Querschnitten des Drahtes enthaltene Electricitatsmenge ist cröjr, wo r das Potential des Drahtes an der Stelle x angiebt.

Bezeichnet aber Q die Electricitatsmenge, welche seit Beginn des Stromes bis zur Zeit t durch einen bei ^f befindlichen Querschnitt des Drahtes ge- flossen ist, so haben wir für die zwischen den zwei Querschnitten bei .r und x-^^x zur Zeit t enthaltene Electricitatsmenge auch den Ausdruck

^~(^^S^'')'^^'^"~gf'^^

somit ergiebt sich die Gleichung

cQ'

Ferner ist die zwischen den beiden Querschnitten wirkende electro- motorische Kraft —cv/cx nach dem Ohm sehen Gesetz

dv , dQ

wo k den Widerstand der Längeneinheit des Drahtes bezeichnet. Eliminirt man Q aus den Gleichungen 2) und 3), so folgt

^^ et Cd^

Diese partielle Differentialgleichung, der das Potential in jedem Punkte des Drahtes zu gehorchen hat, ist der Form nach identisch mit der von Fourier zur Bestimmung der Temperatur in den Querschnitten eines Kör- pers, der senkrecht zu diesen Querschnitten von Wärme durchströmt wird, gegebenen Differentialgleichung. Dort bezeichnet aber c in Fouriers Symbolen CD die auf Volumeiuheit bezogene Wärmecapacität des Kör- pers und giebt k den reciproken Wert der Wärmeleitungsfähigkeit.

Die obige Differentialgleichung erfordeii eine Abänderung, wenn die Hülle des Drahtes nicht vollkommen isolirt, denn dann muss der Strom nicht blos so viel Electricität, als zur Ladung des Drahtes nöthig ist, mit sich führen, sondern er muss auch die Electricitatsmenge, welche sich durch die Hülle zerstreut, ersetzen. Der Betrag der Ladung ist nach wie vor gleich er, und die durch die Mantelfläche gehende p]lectricitätsmenge gleich r/Ai. wo /^ den Widerstand einer Längeneinheit der Hülle ^<^Z(i\\

334.] Telegraphiscbe Kabel. 481

die radiale Leitung des Stromes angiebt. Daher ist die gesammte ver- wendete Electricitätsmenge

d^Q _ dv v_

dxdt dt ^'l

somit nach Gleichung 3)

dv d^v k

und das stimmt mit der von Fourier*) für die Fortpflanzung der Wärme durch einen Stab oder einen Eing unter Berücksichtigung der äussern Lei- tungsfähigkeit gegebenen Differentialgleichung übereiu.

Bezeichnet p^ den specifischen Widerstand der isolirenden Hülle, so ist, wie man leicht findet,

333. Dieselben Gleichungen hätten wir auch erhalten, wenn wir von der Voraussetzung ausgegangen wären, dass die Ladung eines Körpers zu einem hohen Potentialniveau in einer Electrisirung seiner ganzen Substanz besteht, wie wenn die Electricität in ihn hineingepresst worden wäre. Es ist bemerkenswert, dass Ohm selbst, irregeführt durch die Analogie, die scheinbar zwischen der Fortpflanzung von Electricität und der von Wärme besteht, für eine solche Voraussetzung eingenommen gewesen ist. In der Tat glaubte er sich berechtigt, die Fouri er sehen Gleichungen für die Wärmeleitung ohne weiteres auf die Electricitätsleitung übertragen zu dürfen. Ohm ist also durch nicht stichhaltige Voraussetzungen zu den richtigen Gesetzen für die Leitung der Electricität durch einen laugen Draht ge- langt, lange ehe man den wahren Grund für die Existenz jener Gesetze vermutet hat.**)

Mechanische Versinnbildlichung der Eigenschaften eines

Dielectricums.

334. Der Apparat, dessen ich mich zur Versinnbildlichung der Vor- gänge in einem Dielectricum bedienen will, besteht aus 5 gleich weiten Röhren A, IJ, C\ J), P, die mit einander in der durch die beistellende Figur angegebenen Weise verbunden sind. Die vier erstgenannten Röhren laufen vertical, die fünfte P erstreckt sich horizontal.

*) Theorie de la chaleur^ Art. 105.

**} Dieser wahre Grund ist bekanntlich von Kirchhoff aufgefunden worden.

Aura. d. ['ebers.

Maxwell, Electricität u. Magaetismus. 1. 31

482 Mechan. Yersinnbildlichung der Eigenschaften eines Dielectricums. [334.

Die untern Hälften der vier Röhren -4, J5, (\ /> sind mit Quecksilber gefüllt, die obern Hälften enthalten ebenso wie die Röhre P Wasser.

Eine enge Röhre mit einem Hahn bei (^ dient zur Verbindung der untern Teile des Röhrenpaars -4, B mit dem untern Teile des Röhrenpaars C, Z), und ein in der horizontalen Röhre P gleitender Stempel gestattet durch seine Verschiebung in den einzelnen Röhren Druckdifferenzen hervorzubringen.

Beim Beginn des Experiments sollen sich die Quecksilbemiveaus A^^B^^ Q, Z)q in allen vier Röhren -4, ß, 6', D in gleicher Höhe be- finden, die Lage, die dann der Stempel in der Röhre Peinnimmt, bezeichne ich mit P^.

Schliesst man den Hahn Q und bewegt den Stempel von P^ bis P^ durch eine Strecke a, so steigt, weil alle 5 Röhren gleich weit sind, das Quecksilberniveau in den Röhren A und C um die Strecke a bis -4i, Cj an und sinkt in den Röhren B und D um dieselbe Strecke a bis J5i, D^,

Die Druckdifferenz zu beiden Seiten des Stempels beträgt also 4a.

Stellt man sich unter Wasser positive, unter Quecksilber negative Electri- cität, und unter der zu beiden Seiten des Stempels herrschenden Druck- differenz eine electromotorische Kraft vor, so repräsentirt jenes Arrangement den Zustand eines Dielectricums, das von einer electromotorischen Kraft 4 a angegriffen ist; das eine Ende A^ erhält einen Ueberschuss an negativer und das andere T)^ einen an positiver Electricität. Die Differenz des Potentials auf der positiven Seite des Dielectricums gegen das Potential auf der negativen Seite wird dann durch die Differenz des Druckes auf der D zugewandten Seite des Stempels gegen den der andern Seite des Stempels herrschenden Druck dargestellt.

Kann sich der Stempel in der Röhre P frei bewegen, so geht er in seine Gleichgewichtslage zurück, und dem entspricht eine vollständige Entladung des Dielectricums.

Während der Stempel zurückgeht, verschiebt sich auch die Flüssigkeit iu der gan«en Röhrencombination nach rückwärts, und das hat sein Analogon in der Aenderung der electrischen Verschiebung, die in Dielectricis Platz greifen sollte.

Nimmt man noch zudem an, dass das Wasser sowohl wie das Queck- silber gänzlich incompressibel sind, so ist damit auch der Eigenschaft einer electrischen Verschiebung Rechnung getragen, dass während eine solche vor

834.] Mechan. Yersinnbildlichung der Eigenschaften eines Dielectricums. 483

sich geht, an keiner Stelle des Dielectricums eine reelle Aufhäufung Ton Electricität stattfindet.

Oeffnet man, während der Stempel sich in P^ befindet, den Hahn Q, so treten die Röhren Ä und 7), B und C unmittelbar mit einander in Verbindung. In Ä und D bleibt das Quecksilberniveau unverändert in den bezüglichen Lagen A^ und Dj, dagegen steigt es in B und fäUt in C, bis es in beiden Röhren in die ursprüngliche Stellung ^o bezüglich Cq gelangt ist. Die Druck- differenz zu beiden Seiten des Stempels fallt, während das Quecksilber durch Q von C nach B übergeht, von 4 a bis auf 2a.

Der Existenz der Ausgleichungsbahn Q entspricht in dem Dielectricum die Existenz eines Substanzteiles, welches ein schwaches Leitungsvermögen besitzt, das aber nicht das ganze Dielectricum durchzieht, also keinen leitenden Canal bildet.

Die Ladungen der entgegengesetzten Seiten des Dielectricums bleiben dann immer noch von einander isolirt, aber ihre Potentialdifferenz verringert sich, ganz so wie auch die Druckdifferenz zu beiden Seiten des Stempels durch Oef&iung des Canals Q abnimmt.

Schliesst man wieder den Hahn Q und gestattet dem Stempel sich frei zu bewegen, so kommt er schon in P2 zur Ruhe, und dem entspricht, dass in dem Dielectricum die Entladung nur halb so gross zu sein scheint, als sie früher war. Das Niveau des Quecksilbers bleibt in den Röhren -4, B bei -^2, ^29 ^^^^ ^ber Äq^ B^^ und in den Röhren C, D bei C2, D^^ um unter Co, Dq stehen.

Hält man wieder den Stempel an und öffnet die Ausgleichungsbahn Q, so fliesst wieder Quecksilber von B nach C bis das Niveau in beiden Röhren gleich hoch bei Bq^ Cq steht, zugleich steigt die Druckdifferenz zu beiden Seiten des Stempels bis auf a, Schliesst man Q und lässt den Stempel sich frei bewegen, so bleibt er auf halbem Wege zwischen P2 ^^^ P^ in P3 stehen, und diese zweite Druckausgleichung entspricht der residuellen Entladung, die man zu beobachten Gelegenheit hat, wenn ein Dielectricum erst geladen, dann entladen, sich selbst überlassen und wieder entladen wird. Indem man nochmals Q öföiet, kann man eine erneute Druckdifferenz zu beiden Seiten des Stempels und dann nach Schliessung von Q eine erneute . Druck- ausgleichung erlangen, der in Dielectricis eine dritte residuelle Entladung entspricht. Die Druckausgleichungen nehmen ebenso wie die aufeinander- folgenden Entladungen allmälig an Bedeutung ab. Bei unserm ülustrirenden Beispiel ist jede erneute Druckdifferenz, der im Dielectricum eine erneute Potentialdiflerenz, also eine erneute Ladung entspricht, halb so gross wie die vorhergehende, und die einzelnen Druckausgleichungen, denen die Ent- ladungen entsprechen, beziehen sich auf V2? ^U-> Vs ^^^ ursprünglichen Druckdifferenz (Ladung). Alle Druckausgleichungen zusammen reduciren schliesslich die ursprüngliche Druckdifferenz auf Null.

Hätten wir den Hahn, statt ihn abwechselnd zu Öffnen und zu schHessen, durch das ganze Experiment beinahe, aber nicht ganz, geschlossen erhalten,

31*

484 Mechan. Versinnbildlichung der Eigenschaften eines Dielectricums. [334.

80 würden wir einen Vorgang beobachtet haben, der dem in einem electrischen Dielectricum gliche, welches vollständig isolirt und auch noch die Erschei- nung der electrischen Absorption zeigt.

Wollen wir auch noch den Fall veranschaulichen, wo das Dielectricum die Electricität tatsächlich leitet, so haben wir entweder den Stempel aus durchlässigem Material zu bilden oder die obern Enden von A und D direct mit einander zu verbinden.

So können wir uns die electrischen Eigenschaften jedes Dielectricums durch mechanische Vorgänge versinnbildlichen, indem wir die beiden Electri- citätsarten durch zwei wirkliche Flüssigkeiten darstellen, und ein electrisches Potential durch einen Flüssigkeitsdruck repräsentiren. Laden und Entladen ist dann so viel wie den Stempel vor- bezüglich zurückbewegen. Die electro- motorische Kraft hat ihr Analogen in der den Stempel angreifenden resul- tirenden Druckkraft.

Cap. XI.

Messung des electrischen Widerstandes.

Normal -Widerstandseinheiten.

335. Die Bestimmung des electrischen Widerstandes eines Leiters bildet im gegenwärtigen Stande der Wissenschaft bei allen electrischen Unter- suchungen in demselben Sinne die Cardinaloperation wie die Bestimmung des Gewichts eines Körpers bei chemischen Arbeiten.

Bei Bestimmung anderer electrischer Grössen in absoluten Maassein- heiten, wie bei der von Electricitätsmeugen, electromotorischen Kräften, Stromstärken u. s. f. hat man jedesmal eine complicirte Reihe von Operationen, die sich meist auf die Messung von Zeitintervallen, Längen und Trägheits- momenten beziehen, auszuführen; und diese Operationen müssen ganz oder teilweise bei jeder neuen Bestimmung wiederholt werden, weil es nicht möglich ist eine Electricitätsmenge oder eine electromotorische Kraft oder eine Stromstärke längere Zeit unverändert zu erhalten, man also für diese Grössen keine unveränderlichen Vergleichsnormale herzustellen vermag.

Ganz anders verhält es sich mit der Messung des electrischen Wider- standes. Diese Grösse hat für einen und denselben Körper unter denselben Verhältnissen stets denselben Betrag, und wenn man sie einmal für einen besonders gestalteten und aus besonderem Material hergestellten Körper bestimmt hat, so findet man sie immer in der einmal bestimmten Grösse wieder, so lange der Zustand des Körpers sich nicht geändert hat. Man kann also einen solchen Körper als Standard benutzen und aus seinem Widerstand den andern Körper ableiten. Die Vergleichung zweier Wider- stände lässt sich aber mit äusserster Schärfe durchfuhren.

Ist einmal eine Einheit für den electrischen Widerstand fixirt, so kann man sie in beliebigem Material copiren und in der Form von Widerstands- rollen den Electrikern zum Gebrauch überweisen. Man würde dann in

486 Normal -Widerstandseinheiteu. [386.

der ganzen Welt electrische Widerstände in derselben Einheit auszu- drücken vermögen. Die Normal -Widerstandsrollen bilden bis jetzt das einzige Beispiel electrischer materieller Standards, die man beliebig auf- bewahren, vervielfältigen und bei Messungen stets mit demselben Erfolg verwenden kann. Die Methoden, die man bis jetzt zur Messung der elec- trischen Capacität von Conductoren, deren Kenntnis für die Praxis ebenfalls von hoher Bedeutung ist, ersonnen hat, lassen noch wegen des störenden Einflusses der electrischen Absorption viel zu wünschen übrig.

336. Die Einheit für den Widerstand kann zunächst ganz willkürlich festgesetzt werden. Jacobis Etalon bestand aus einem gewissen Kupfer- draht von 22,4932g Gewicht, 7,61975m Länge und 0,667mm Durchmesser. Lejser in Leipzig hat eine Anzahl Copieen dieses Etalons angefertigt, die man noch in manchen Laboratorien finden kann.

Nach einer andern Methode wird die Widerstandseinheit als der Wider- stand eines Stückes einer bestimmten Substanz von bestimmten Dimensionen unter bestimmten Verhältnissen definirt. So ist die Siemenssche Widerstands- einheit als der Widerstand einer Quecksilbersäule von Im Länge und Iqmm Querschnitt bei 0°C. festgesetzt.

337. Endlich kann man die Widerstandseinheit auch in das System der electrostatischen oder electromagnetischen Einheiten einrangiren. In der Praxis bedient man sich bei allen telegraphischen Operationen lediglich electromagnetischer Maasseinheiten, und diese sind tatsächlich die einzigen im gewöhnlichen Gebrauch befindlichen systematischen Einheiten.

Im electromagnetischen System ist aber, wie wir noch später, Art. 628, sehen werden, der Widerstand von den Dimensionen einer Geschwindigkeit, er kann also direct als Geschwindigkeit ausgedrückt werden.

338. Die ersten wirklichen Messungen in diesem System von Maass- einheiten sind von Weber ausgeführt worden. Seine Widerstandseinheit ent- sprach der Geschwindigkeit,, mit der ein gleichförmig sich bewegender Körper ein Millimeter in einer Secunde zurücklegt. Thomson setzte dafür später einen Fuss in einer Secunde, eine grosse Anzahl von Electrikern ist aber jetzt darin übereingekommen, die British Association Einheit zu benutzen, die einen Widerstand repräsentiren soll, welcher als Geschwindigkeit auf- gefasst, einen Körper in einer Secunde zehn Millionen Meter fortbewegen würde. Die Grösse dieser Einheit ist geeigneter als die von Weber gewählte, die zu klein ausgefallen ist. Man bezeichnet sie Öfters als die B. Ä. Einheit^ um sie aber mit dem Namen des Entdeckers der Gesetze, denen der Wider- stand unterworfen ist, in Verbindung zu bringen, nennt man sie ein Ohm,

339. Der Leser wird sich den Wert dieser Widerstandseinheit leichter dem Gedächtnis einprägen, wenn er bemerkt, dass die zehn Millionen Meter gleich der Bogenlänge des Pariser Meridians vom Nordpol bis zum Aequator sein sollten. Legt also ein Körper in gleichförmiger Bewegung auf der

840.] Normal - Widerstandseinheiten. 487

Erde in der Secunde den Weg vom Pol durch Paris zum Aequator zu- rück, 80 hat er eine Geschwindigkeit, die im electromagnetischen Maass- system durch den festgesetzten Widerstand, „ein Ohm^, repräsentirt sein würde.

Ich sage festgesetzt, weil, wenn etwa spätere genauere Untersuchungen zeigen sollten, dass das Ohm, wie es durch die von der British Association construirten materiellen Standards fixirt ist, nicht streng jener Geschwindig- keit entspricht, weil also dann die Electriker nicht ihre Standards abändern, sondern an ihre Angaben Correctionen hinzufügen werdcu. So ist ja auch das Meter seiner Festsetzung nach der zehnmillionste Teil eines gewissen Erdquadranten, und obgleich man jetzt weiss, dass seine materiellen Typen dem nicht genau entsprechen, so hat man diese doch nicht abgeändert, sondern es vorgezogen, die Dimensionen der Erde durch diese Typen selbst zu messen und sie so in weniger einfachen Zahlen auszudrücken.

In dem Maasssystem der British Association ist der absolute Wert der Widerstandseinheit ursprünglich so gewählt, dass er einer aus dem electromagnetischen System abgeleiteten Grösse so nahe als möglich kommt.

340. Nach Fertigstellung einer materiellen Repräsentation für diese abstracte Einheit schaffte man eine Anzahl anderer Normale, indem man dieses Prototyp copirte, was mit grosser Genauigkeit mit verhältnismässig grösserer zum Beispiel als man Längen nach einer Standardlänge zu copiren vermag geschehen konnte.

Diese aus möglichst unveränderlichem Material hergestellten Copieen schickte man nach allen Teilen der Erde hin, und das Ohm wird ohne Schwierigkeit reconstruirt werden können, falls etwa die Prototype verloren gehen sollten.

Da man aber auch eine solche Einheit wie die Sie mens sehe ohne viel Mühe mit grosser Genauigkeit herzustellen vermag, so wird man auch mit Hilfe der bekannten Relation zwischen ihr und dem Ohm das Ohm stets finden können, wenn man auch kein zu copirendes Standard besitzt. Freilich würde einerseits die Arbeit, die die Reconstruction des Ohms aus der Siemens sehen Einheit erfordern dürfte, sehr beträchtlich sein, und anderer- seits Hesse sie sich lange nicht mit der Präcision durchführen, die man beim Copiren nach einem vorliegenden Standard zu erreichen vermag.

Endlich kann man das Ohm, falls es verloren gehen sollte, auch direct durch ähnliche electromagnetische Versuche, wie man sie bei seiner ur- sprünglichen Festsetzung ausgeführt hat, nochmals ableiten. Die Con- struction des Ohms aus seiner Definition ist aber sehr viel mühseliger als zum Beispiel die des Fusses aus der Länge des Secundenpendels und sie lässt sich auch nicht mit der Genauigkeit ausführen, mit der man ein Ohm aus einem andern Ohm oder aus einer Siemens sehen Einheit abzuleiten

488

Copieen der B. A. Einheit.

[841.

vermag. Da man aber andererseits bei den mächtigen Fortschritten, die

unsere Wissenschaft macht, doch die möglich genaueste Relation zwischen der wirklichen electro- magnetischen Widerstandseinheit und dem Ohm erstreben muss, so wird eine Wiederholung jener Construction des Ohms aus seiner. Definition sich nicht nachdrücklich genug empfehlen lassen.*)

Die Widerstandsrollen, welche Copieen des Ohms darstellen sollten, sind in Form von Drähten, deren Durchmesser zwischen 0,5 und 0,8 mm und deren Länge von ein bis zwei Meter schwankte, aus einer Legirung von zwei Teilen Silber und einem Teile Platin hergestellt worden. Die Drähte wurden mit zwei Lagen Seide um- sponnen, in festes Paraffin eingebettet und mit einem dünnen Messingetui umgeben. Ihre Enden lötete man an die Enden von zwei dicken Kupfer- Electroden. Die Normaltemperatur, bei der der Draht genau den Widerstand eines Ohms zeigen sollte, ist an der isolirenden Handhabe an- gemerkt, und kann in jedem Falle durch Er- hitzung des Messinggehäuses und damit des den Draht umgebenden Paraffins hergestellt werden. Die Fig. 28 bringt einen Durchschnitt durch eine solche Rolle zur Ansicht.

Flg. 28.

Widerstandsrollen.

341. Unter Widerstandsrolle versteht man einen Conductor, der leicht in den Kreis einer Voltaschen Batterie eingeschaltet werden kann, und der daselbst den Widerstand um eine ganz bestimmte Grösse erhöht.

Die Electroden einer solchen Rolle müssen so geformt sein, dass kein bemerkenswerter Irrtum durch die Art, wie die Verbindung der Rolle mit der Batterie hergestellt wird, entstehen kann.

Repräsentirt die Rolle einen bedeutenden Widerstand, so genügt es, wenn man ihre Electroden aus möglichst dicken Kupferdrähten oder Kupfer- stäben bildet. Die Enden der Electroden drückt man gegen flache amalgamirte Kupferstücke, die in Quecksilberkuppeu tauchen.

Bei excessiv grossen Widerständen verfährt man auch so, dass man die Electroden aus dicken Messingstücken herstellt und die Verbindung mit der

•) Neuerdings ist eine internationale Coramission zur Festsetzung der electrischen und magnetischen Maasse zusarainenbcrufen worden. Anm. d. Uebers.

341.] Widerstandsrollen. 489

Batterie durch Klumpen von Messing oder Kupfer bewerkstelligt. Solche Verbindungen haben sich als sehr empfehlenswert erwiesen.

Die Widerstandsrolle selbst besteht aus einem mit Seide umsponnenen Draht, dessen Enden permanent durch Anlötung' mit den Electroden ver- bunden sind.

Die äussere Einrichtung ist so zu treffen, dass die Temperatur der Rolle leicht und sicher bestimmt werden kann. Zu dem Behufe rollt man den Draht auf einer Röhre auf, und schiebt darüber eine andere Röhre. Man tut dann das Ganze in ein Gefäss mit Wasser und lässt sowohl die Innenseite als die Aussenseite der Rolle von dem Wasser umspulen.

Zur Vermeidung electromagnetischer Wirkung, die der durch den Draht gehende Strom sonst hervorbringen wurde, biegt man den Draht, ehe man ihn auf die Röhre wickelt, um, man legt ihn also doppelt. Der Strom durch- lliesst dann zwei nebeneinander liegende Drahtteile in entgegengesetzten Richtungen.

Will man zwei Drähte mit einander auf ihren Widerstand vergleichen, also mehr sich davon versichern, ob sie beide wie das bei den be- treffenden Drähten der Wheats ton eschen Brücke nötig ist dem Strom genau gleiche Widerstände entgegensetzen, als die absoluten Beträge dieser Widerstände kennen, so legt man sie nebeneinander, wickelt sie zusammen auf die Röhre auf und tut sie in das Wasserbad. Sie befinden sich dann bei der Vergleichung beide auf derselben Temperatur. Als man zuerst Wider- stände zu messen begann, stellte man sich die Rollen dadurch her, dass man einen nichtumsponnenen Draht auf einen mit einer entsprechenden spiralförmig laufenden Vertiefung versehenen Cylinder aus isolirendem Material aufrollte. Der GyHnder konnte durch eine Kurbel um seine Axe gedreht werden. Die eine Electrode des Drahtes war wie gewöhnlich geformt, die andere aber war in ihrer Lage veränderlich und wurde meist dadurch her- gestellt, dass ein mit einer passenden Rinne versehenes metallenes Rädchen gegen den Draht drückte. Ein solches Instrument nannte man einen Rheostat, Man fand aber bald, dass die Genauigkeit, mit der man sonst Widerstände vergleichen konnte, beträchtlich viel grösser war, als man sie mit einem Apparate, in welchem die Contacte nicht vollkommener als in dem Rheostat functionirten, zu erreichen vermochte. Indessen verwendet man den Rheostat noch heutzutage, wenn es sich mehr darum handelt einen Widerstand zu justiren, als ihn wirklich zu messen.

Man stellt die Rollen aus einem Metall her, welches einen möglichst grossen, aber mit der Temperatur möglichst wenig variirenden Widerstand zeigt. Dazu würde sich Neusilber sehr gut eignen, wenn sich nicht gezeigt hätte dass diese Legirung im Laufe der Zeit manchmal seine Eigenschaften ändert.

Man hat daher die Normal -Rollen aus einigen reinen Metallen, sowie aus einer Mischung von Silber und Platin angefertigt, und es scheint selbst für die jetzt in der Widerstandsmessung erreichbare Präcision das relative

490 Verfahren von P h i 1 1 i p s. [342.

Verhalten jeuer Rollen als für mehrere Jalire unveräiulerlicli angesehen werden zu dürfen.

342. Bei sehr grossen Widerständen, wie es etwa mehrere Millionen Ohms bieten, müsste man die Rollen aus entweder sehr langem oder sehr dünnem Draht construiren, nnd das ist einerseits nicht leicht ausführbar und andererseits mit bedeutenden Kosten verbunden. Man hat daher Tellur und Selen znr Anfertigung von Normal widerständen vorgeschlagen. Ich erwähne das ingeniöse und leicht durchfilhrbare Verfahren, das von Phillips angegeben worden ist.*)

Man aieht auf einer Platte au.s Ebonit oder mattem Glase mit dem Blei- stift eine feine Linie, verbindet die Enden dieser Linie mit Electroden und überstreicht das Ganze mit einem isolirenden Firniss. Sollte es sich heraus- stellen, dass der Widerstand einer solchen Linie constant bleibt, so dürfte man nach dieser Methode am besten und raschesten sich Widerstände, die mehrere Millionen Ohms ropräsentiren, vcrschafTcn können.

343. Zur Einschaltung der Widerstandsrallen in einen Stromkreis hat man mehrere Einrichtungen getroffen.

In dem in der Fig. 29 abgebildeten Siemens'schen Arrangement stellt man eine Anzahl von Rollen, deren Widerstände die bezüglichen Grossen 1, 2, 4, 8, 16, . . , haben, also nach Potenzen von 2 fortschreiten, reihenweise

^n ^9

ITg. !». *

in eiucii Kasten. Jede Rolle hat zwei aus dicken Messingptatten bestehende Electroden, die ausserhalb des Kastens so angeordnet sind, dass bis auf die Endelectroden jede Electrode in einer Reihe zugleich zweien Bollen ange- hört. Steckt man zwischen zwei Electroden einen dazu gehörigen Messing- stöpsel, so wird die betreffende Rolle, weil dann der Strom direct durch die Electroden geht, aus dem Stromkreis ausgeschaltet.

Bei jedem Intervall zwischen zwei Electroden steht die Zahl, welche den Widerstand der darunter befindlichen Rolle markirt. Soll der Wider- stand des ganzen Kastens zum Beispiel 107 betragen, so drücken wir die

•) Phil. Mag. 1870, Juli.

345.]

Widerstandskästen von Siemens.

491

107 erst nach der duadischen Scale durch 64-f-32H-8-f-2 + l oder 1 101 011 aus, ziehen die Stöpsel bei 64, 32, 8, 2, 1 heraus und lassen die bei 16 und 4 vorhandenen stecken.

Dieses auf dem duadischen Zahlensystem gegründete Arrangement em- pfiehlt sich einerseits deshalb, weil es die geringste Anzahl von getrennten Hollen beansprucht, und andererseits dadurch, dass es am leichtesten einer Prüfting unterzogen werden kann. Will man zum Beispiel den Kasten mit einer Normalrolle 1' vergleichen, so untersucht man erst die Gleichheit seiner Rolle 1 mit T, dann die der KoUe 2 mit 1' + 1, dann die der Rolle 4 mit r -h 1 4- 2 u. s. f. Die Anordnung hat aber die Unzuträglich keit, dass sie den Experimentator als vollständig mit dem Gebrauch des duadischen Zahlen- systems vertraut voraussetzt, während das bei Leuten, die nach dem dekadischen Zahlensystem zu rechnen gewöhnt sind, nicht immer der Fall sein wird.

344. Etwas anders richtet man den Widerstandskasten ein, wenn man nicht Widerstände, sondern Leitungsfähigkeiten messen will. Man stellt die Rollen auf ein langes dickes Messing- stück, welches als gemeinschaftliche Electrode dient und versieht die freien Enden derselben wie früher mit dicken Messingplatten. Darüber bringt man in einiger Entfernung ein zweites langes dickes Messingstück an, welches als andere Electrode dienen soll. Steckt man zwischen eine Rolle und die obere

Electrode einen Messingstöpsel, so wird die Rolle in den Stromkreis einge- schaltet. Je mehr Rollen man so nebeneinander mit der Electrode in Ver- bindung bringt, desto geringer vdrd der Widerstand des Kastens, seine Lei- tuugsfähigkeit ist nach Art. 276 gleich der Summe der Leitungsfähigkeiten der einzelnen Rollen.

In der Fig. 30 ist der Fall dargestellt, dass die Rollen die bezüglichen Widerstände 1, 2, 4, ... haben, und dass die Messingstöpsel bei 2 und 8 mit der obem Electrode verbunden sind, die Leitungsfahigkeit des Kastens ist also = 1/2 H- 1/8 = 5/8 und sein Widerstand 8/5 oder 1.6.

Man kann darnach den Widerstandskasten in dieser von Thomson her- rührenden Anordnung der Rollen nebeneinander auch zur Messung von Bruchtheilen von Widerständen verwenden.

Fig. 80.

Vergleicimng von Widerstände^i.

Methode von Ohm.

346. Bezeichnet E die electromotorische Kraft einer Batterie und R den Widerstand der Batterie zusammen mit dem ihrer Schliessungsdrähte und

492 Widerstandsvergleichung nach Ohm. [346.

des Galvanometers, das zur Messung der Stromstärke dienen soll, giebt ferner J die Stärke des Stromes, wenn er den Widerstand R überwindet, und J^ bezüglich J^ die, wenn in seinen Kreis neue Widerstände r^ bezüglich r^ ein- geschaltet werden, so hat man nach dem Ohmschen Gesetz die drei Gleichungen

E^ JB^ J^{R-^ ri) = ^2 (^ + ^^'

Nach Elimination von E^ der electromotorischen Kraft der Batterie, und von i?, dem Widerstände der Batterie und ihrer Schliessungen, erhält man die von Ohm zuerst aufgestellte Formel

r, ^ ^2 (-^ -^i) .

Die Ohmsche Methode zur Vergleichung zweier Widerstände mit ein- ander erfordert also die Bestimmung der Verhältnisse der Stromstärken 7, •^19 «^2 &c&€n einander, und dazu gehört ein Galvanometer, welches absolute Messungen auszuführen gestattet.

Ist r^ = rg, so wird auch J^ = Jg, man kann dann mit einem Galvano- meter, welches sonst eine Messung des Verhältnisses von Stromstärken nicht zulässt, die Gleichheit zweier Widerstände prüfen.

Diese Bemerkung soll aber nur dazu dienen, die Methode durch ein Beispiel zu exemplificiren. Ihrer wirklichen Benutzung zur Bestimmung von Widerständen stellen sich unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen, denn einerseits kann man die electromotorische Kraft E der Batterie nicht ge- nügend constant erhalten, und andererseits variirt auch der Widerstand jR fortwährend. Jede Methode, die auf der Voraussetzung einer, selbst kurze Zeit andauernden Constanz dieser Grössen basirt, muss also von vornherein als unpraktisch angesehen werden.

346. Eine ganz ausserordentliche Genauigkeit in der Vergleichung von Widerständen kann man dagegen durch Anwendung der folgenden beiden Methoden erreichen, die den Experimentator gänzlich von der eventuellen Veränderlichkeit der Grössen E und R unabhängig machen.

Methode von Becquerel.

Die erste Methode*) verlangt zu ihrer Durchführung die Benutzung eines Differential -Galvanometers^ eines Galvanometers, welches zwei Draht- windungen besitzt, also dem Strom zwei von einander unabhängige Bahnen bietet. Lässt man Ströme durch die beiden Windungen einander entgegen laufen, so wirken sie auf die Nadel des Galvanometers in entgegengesetzten Sichtungen, und man kann durch gehörige Justirung der Ströme erreichen, dass ihre Gesammtwirkung auf die Nadel verschwindet.

•) Becquerel, Anv. de Chim, et de PInjs., Serie 3, Bd. 17, pag. 242 (1846).

346.]

Methode von Becquerel.

493

Ich nehme nun an, dass beide Windungen des Galvanometers von einem und demselben Strome, dessen Stärke in dem Schliessungsdraht der Batterie gleich J ist, in entgegengesetzten Eichtungen durchflössen werden, bezeichne mit a, 3 die bezüglichen Widerstände der Windungen und ihrer zugeliörigen Nebenschliessungen und mit A^ B zwei in die erste, bezüglich in die zweite Windung eingeschaltete Widerstände. Ist dann noch E die electromotorische

Kraft der Batterie, r der Widerstand derselben zusammen mit dem ihrer Nebenschliessungen nach 6' und D und bezeichnet Jj, 7^ die Stärke des durch die erste, bezüglich zweite Windung des Galvanometers gehenden Stromes, so hat man die Gleichungen

/i (^ + a) = Jg (-B + ß) = ^ J^. •/j ~i «/g ^^^ •/.

Eine Auflösung dieser Gleichungen nach J^ Jj, J^ ergiebt unter Be- nutzung der Abkürzung

J=E

D = (^ 4- a) (-B -h ß) -h r (^ -4- a -h 5 -h ß) ^-f-a-h^ + ß ^ r."-^ + ß T c.^ + «

I)

D

Nun ist, wie ich schon bemerkt habe, die magnetische Wirkung eines Stromes proportional seiner Stärke, sind also m und n zwei Zahlen, so hat man für die durch die beiden in den Windungen fliessenden Ströme Jj, J^ hervorgebrachte Ablenkung ö der Galvanometernadel

5 = Wl t/j w t/2

oder

5

= §{^(5 + ß)-«(^ + a)}

494 Methode von Becquerel. [346.

Hat diese Ablenkung keine beobachtbare Grösse, so unterscheidet sich der von den Klammern eingefasste Ausdruck in einem gewissen geringen Betrage von Null, der von der Stärke der Batterie, dem Arrangement des ganzen Apparates, der Feinheit des Galvanometers und der persönlichen Geübtheit des Experimentators abhängt.

Ich setze voraus, dass der Widerstand B soweit justirt ist, dass die Galvanometemadel in der Tat nicht aus ihrer Lage abgelenkt wird, wenn man den Strom schliesst.

Führt man dann an Stelle von A einen andern Widerstand A' ein, und justirt jetzt A' solange, bis jede Ablenkung der Galvanometemadel wieder verschwindet, so ist offenbar A'=Ä^ man hat also einen neuen Widerstand gewonnen, der genau gleich einem schon vorhandenen Widerstände ist.

Um einen Ueberblick über die Genauigkeit, die man bei dieser Ver- gleichung zweier Widerstände mit einander zu erreichen vermag, zu erlangen, nehme ich an, dass nach Ausschaltung des Widerstandes A und Einführung des Widerstandes Ä' die Grössen /), E, o in Z)', E\ o' übergegangen sind.

Dann ist

m (5 -+- ß) - 71 ( A + a) = -^ 8 ,

'^ D'

m ( i9 4- ?) - w ( ^ ' -+- a) = -^ ö ' ,

also

2) n(Ä'-A)=^S-^S'.

Hätte die Beobachtung sich darauf beschränkt zu constatiren, dass 5 und o' einander gleich sind und nicht jede dieser Grössen durch Justiruug von B bezüglich Ä' wenigstens zum scheinbaren Verschwinden gebracht, so könnte sich die rechte Seite der letzten Gleichung nur dann auf Null reduciren, wenn E = E' und D = D' wäre. Der Beobachter würde also durch diese Methode nicht mehr als durch die Ohmsche erlangen, die Methode wäre aber dann auch nur eine Modification der Ohmschen.

Was die Methode also verlangt, das ist die Constatirung der Abwesen- heit einer Ablenkung, und gerade darauf beruht das Hauptverdienst der- selben.

Die Methode von Becquerel gehört zu den schon an einer andern Stelle charakterisirten Null-Methoden, bei denen auf die Nichtexistenz einer Kraft geschlossen wird, wenn man durch kein Mittel eine durch sie hervor- gebrachte Wirkung wirklich beobachten kann.

Wird die Methode so durchgeführt, wie sie durchgeführt werden soll, so reduciren sich 8 und 8' auf sehr kleine Grössen, und deshalb kann, wie die Gleichung 2) zeigt, die Veränderlichkeit von E und D keinen merk- baren Einfluss auf die Vergleichung von Ä mit Ä' ausüben.

846.] Geeignetste Anordnung. 495

Will man genauere Daten über das. was man mit dieser Methode zu erreichen vermag, haben, so verfahrt man so, wie man immer bei physi- kalischen Beobachtungen zu verfahren pflegt; man macht eine ganze Reihe von von einander unabhängigen Beobachtungen, in deren jeder man A' apart justirt bis o' verschwindet, und vergleicht die Einzelresultate mit dem aus allen Beobachtungen gezogenen Mittelresultat.

Hebt man femer die Justiruug von AI dadurch wieder auf, dass man zu A oder zu B den hundertsten Teil des Widerstandes von A oder von B hinzufugt, so giebt die Beobachtung der Ablenkung der Galvanometemadel die Anzahl von Graden, welche einem Irrtum von 1% dßi^ Widerstands- bestimmung entsprechen würden. Lässt man dann den zu A zugelegten Widerstand so lange abnehmen, bis die Ablenkung der Galvanometernadel für die Beobachtung gerade verschwindet, so hat man in dem Verhältnis der noch übrig gebliebenen, durch weitere Verringerung der Zulage scheinbar nicht mehr abnehmenden Ablenkung der Nadel zu der Ablenkung, welche die Zulage von einem Procent hervorbrachte, ein Maass für die mit dem betreffenden Apparat erreichbare Präcision.

Hat*) man die Widerstände von A und B mit einander zu vergleichen, so verfahrt man so wie bei der Gaussischen Wägung mit Vertauschung der Gewichte. Man beobachtet erst die Ablenkung 6 der Galvanometer- nadel, wenn A und B in der in der Figur angegebenen Lage sich befinden, und dann die Ablenkung d', nachdem man A mit B vertauscht hat. Man hat dann die beiden Gleichungen

m (5 -H ß) n (^ -f- a) = -^ § ,

m (^ 4- ß) - n (5 + a) = -^ 3' , also 3) (m + n)(/i-^)=-|-$-^ö'.

Sind m und w, A und B^ a und ? einander näherungsweise gleich, so wird

3.) ß-^ = ^(^ + «)(^ + « + 2r)(3-8'),

und man darf für o 5' die kleinste noch beobachtbare Ablenkung der Galvanometemadel nehmen.

Macht man den Draht des Galvanometers länger und dünner, ohne zu- gleich seine Gesammtmasse zu ändern, so variirt n wie die erste Potenz und a wie das Quadrat der Länge. Demnach erreicht die Grösse

(^-hg)(^H-a-f-2r) n

*) Die folgenden Untersuchungen sind Webers Abhandlung Zur Galvanometrie. Abhandl. der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften, Hd. X. p 65 entnommen.

496 Geeignetste Anordnung. [346.

ein Minimum, wenn

wird.

Ist der Widerstand r der Batterie gering gegen den Widerstand -4, so erhält man

ai) °^="8^-

Man hat also dann die beiden Windungssysteme des Galvanometers so zu wählen, dass für jedes derselben der W^iderstand ein Drittel von dem zu messenden Widerstand wird. Die Widerstandsdifferenz B ~ A ergiebt sich dann aus der Gleichung

3.) 5-4 = 1^(6-8').

Diese Differenz kann auch noch in anderer Weise ausgedrückt werden. Lässt man nämlich den Strom nur durch eines der beiden Windungssysteme des Galvanometers gehen, so ist die Ablenkung der Galvanometernadel (vorausgesetzt, dass die Ablenkungen streng proportional der ablenkenden Kraft eintreten)

n E

also für r = 0 und a= A/3

3 nE

und damit wird

33)

3 A

Bei dem Differentialgalvanometer lässt man, wie wir gesehen haben, auf die Nadel zwei Ströme gleiche, aber entgegengesetzt gerichtete Wirkungen hervorbringen. Da nun die Grösse der Kraft, mit der ein Strom eine Magnet- nadel angreift, nicht blos von der Stärke des Stromes, sondern auch von der Lage seiner Bahn gegen die Magnetnadel abhängt, so wird im allgemeinen, wenn nicht der Galvanometerdraht mit ganz ausserordentlicher Sorgfalt gewunden ist, das Verhältnis von m zu n mit der Lage, die die Nadel jeweilig gegen die Windungen einnimmt, variiren. Man wird daher dieses Verhältnis durch geeignete Experimente jedesmal bestimmen müssen, wenn man nicht sicher ist, dass die Nadel ihre Lage ungeändert beibehalten hat.

347 b.] Wheats tone sehe Brücke. 497

Methode von Wheatstone.

347a. Theorie der }r\' he at st on eschen Brücke. Die zweite*) der sigiia- lisirten Methoden, die Wheatstone sehe, eifordert zu ihrer Durchführung eine sogenannte Wheatstonesche Brücke und ein gewöhnliches Galvanojueter. **)

Auch hei dieser Methode hat man die Nichtablenkung der Galvanonieter- nadel zu constatiren, doch bleibt diesmal die Nadel in ihrer Ruhelage nicht deshalb, weil sie von zwei antagonistischen Strömen angegriffen wird, son- dern weil die Einrichtungen so getroffen werden, dass durch den Galvano- meterdraht überhaupt kein Strom circulirt. Was hier beobachtet wird, ist also eigentlich nicht die Nichtablenkung der Nadel, sondern die Nicht- eiistenz eines Stromes, und dlaraus ergiebt sich, dass man bei der Wheat- stoneschen Methode keine Verfälschung der Resultate durch etwaige Aen- derung in der Lage der Windungen des Galvanometerdrahtes oder durch etwaige Unregelmässigkeiten in den Windungen selbst zu befürchten hat. Das Galvanometer hat eben lediglich die Aufgabe, hinlänglich sicher die Existenz und Richtung eines seinen Draht durchfliessenden Stromes anzu- geben, es braucht dagegen weder die Messung der Stärke eines Stromes noch seine Vergleichung mit andern Strömen zu gestatten.

347b. Die Wheatstonesche Brücke besteht der Hauptsache nach aus sechs Leitern, die vier Punkte mit einander verbinden. Man lässt zwischen zwei der vier Punkte, zwischen B und C, indem man in den zugehörigen Draht BC eine Voltasche Bat- terie einschaltet, eine electromotorische Kraft wirken, und misst zwischen den zwei andern Punkten D und Ä mit einem Galvanometer die Stromstärke.

Durch geeignete Justirung der Widerstände der vier Leiter HD, CD^ BA^ CA kann man es dahin bringen, dass zwischen D und A überhaupt kein li Strom fliesst. DA und BC heissen dann conjugirte Leiter (Art. 282 a). Gerade diese Justirung der bezeich- neten Widerstände giebt das Mittel ^ur Vergleichung von Widerständen mit einander.

Bezeichnet man das Potential in 5, C, Z), -A durch die Buchstaben, welche diese Punkte markiren, und benutzt für die Widerstände in 6M, v4/y, BD und DC die Symbole ä, c, p, 7, so ist nach Art. 275

Soll aber die Stromstärke in DA gleich Null sein, so muss das Potential in D denselben Wert wie in A haben, also D = A, das heisst

*) Wheatstone, PhiL Trans. 1843, part IL pag. 323 und Pogg. Ann. Bd. G2 pag. 535.

**) Wofür neuerdings oft das Telephon benutzt wird. Anm. d. Uebers.

Maxwell, Electricitit u. Magnetismus. I. 33

498

Theorie der Wheatstoneschen Brücke.

[847 b.

2) Ä? = CT

sein."

Um auch bei dieser Methode einen Ueberblick über die durch sie

erreichbare Genauigkeit zu gewinnen, nehme ich an, dass die unter 2) fest- gesetzte Bedingung nicht streng erfüllt ist, und bestimme die Starke des Stromes, der dann in DA zum Vorschein kommt.

Es seien die Stromstärken in BC\ CA und AB gleich a*, y und c, und die daselbst herrschenden Widerstände gleich a, b^ c. Für die Stromstärken m-DA^DB^DC benutze ich die Symbole 5, r,, C und für die Widerstände die Symbole a, ß, 7.

Wirkt die electromotorische Kraft E zwischen B und C, so ist

ax = B C-^-E, a5 = Z) ^,

3) hy^C A, ß7) = /) 5,

cz = A--B, il=^D C,

Dazu kommen noch die aus dem ersten Kirch hoff sehen Gesetz folgenden Continuitätsgleichungen und drei andere aus dem zweiten Kirch ho ff sehen Gesetz fliessende Formeln, wenn man die ganze Drahtverbindung als aus den drei Kreisen Z> ^ C, DCA^ DAB, in denen die Ströme die bezüglichen Stärken x^ ^, z besitzen, betrachtet, nämlich

5 + 3/ ^ = 0, fla: 4- pY] yC = J5;,

4) Tj-f-2 iP = 0, hy-\-^Z «5 = 0,

Z-hx y = 0, cz-hdi ßT) = 0.

Die drei letzten Gleichungen folgen auch aus den zuerst aufgestellten sechs Beziehungen.

Durch Elimination von (, t), C erhält man

(a 4- ß 4- t)^ 7 y —^z = E,

ß a? a 3/H-(c4-aH- ß)e = 0.

Setzt mau

a-+-ß-hT T ß

5 a) M = 7 ^ + 7 4- a a

ß —OL c4-a4-ß

so ergiebt sich Ca)

7)

5=^(Äß-n), E

« = jjT" K* + 7) (c + ß) + « (* + c + ? + 7) }

348.] Geei^ietste Anordnung. 499

348. Durch Ausrechnung der Determinante M erhält man die symme- trische Form

M= ahc H- Äc([i + 7) H- ca (T~ha) -I- dÄ(a4-p) H- (a-h&-hc) (ßv + Ta-f-aß).

Da sich im Conductor a die Batterie und in dem Conductor a das Galvanometer G befindet, so ändere ich die bisherige Bezeichnung dahin ab, dass ich für a setze B und für a das G^ somit wird

5b) Af=ßö(i>H.c+ß-h7) + 5(6-+-7)0-+-c)-f-G^(6 + c)(ß + 7)

Daraus ergiebt sich zunächst die Reciprocitätsbeziehung.

Fügt man die Batterie in den Conductor a ein, ohne daselbst den Widerstand zu ändern, und schaltet das Galvanometer in den Zweig BC wiederum ohne den Widerstand daselbst zu alteriren, so ist die Stärke, mit der der Strom jetzt durch BC fliesst, so gross wie sie früher in DA war. Verbindet man aber die Pole der Batterie statt mit B und C mit D und A und die Pole des Galvanometers statt mit /) und A mit B und 6', ohne auf die Widerstände der bezüglichen Conductoren DA und BC Rücksicht zu nehmen, so haben wir in il/, um das dem neuen Zustand entsprechende M' zu erhalten, B mit G zu vertauschen, und es wird

8) M-M' = {G^B) [(b + 0 (P + 7) - (^ -+- 7) 0 + O}

Ich setze voraus, dass d^r Widerstand des Galvanometers grösser als der der Batterie ist, und nehme an, dass die Widerstände ft, c der beiden Drähte, die in Ä zusammenkommen, beide grösser oder kleiner sind als die Widerstände ß, 7 der beiden Drähte, welche ihren Verknüpfungspunkt in D haben.

b ß hat dann mit c 7 dasselbe Zeichen, und demnach ist das Pro- duct (b ß)(c 7) positiv, das Zeichen von M M' hängt also nur noch von dem von B ö ab.

Verbindet also das Galvanometer in seiner ursprjinglichen Lage die beiden grössten Widerstände mit den beiden kleinsten und bietet es selbst dem Strom einen bedeutendem Widerstand als die Batterie, so ist M in der ersten Lage kleiner, also die Ablenkung der Galvanometernadel grösser, als wenn man die Positionen des Galvanometers und der Batterie vertauscht.

Daraus lässt sich die folgende Regel für die Anordnung des Apparates, wenn er unter gegebenen Verhältnissen seine grösste Empfindlichkeit zeigen soll, ableiten.

Man verbindet von den beiden Widerständen, dem der Batterie und dem des Galvanometers, den grössern Widerstand mit den Punkten, wo die beiden grössten bezüglich die beiden kleinsten der vier andern Widerstände der Wheatstoneschen Drahtcombination zusammenstossen.

3J*

500 Theorie der Wheatstoneschon Brücke. [349.

349. Ich nehme jetzt an, dass die Widerstände der Conductoren A B und ÄC mit einander zu vergleichen sind, und dass zur Ausfühhmg einer solchen Vergleichung auf dem Conductor BDC ein Punkt D so bestimmt werden muss, dass die Nadel eines Galvanometers, dessen Electroden mit A und D in Verbindung stehen, keine Ablenkung aus ihrer Ruhelage er- fährt, wenn in den Draht BC eine Batterie eingeschaltet wird.

Der Conductor DPC kann entweder aus einem ge^\öhulichen Draht von überall gleicliem Widerstände bestehen, oder in der Nähe des Punktes I) durch einen Draht und zu beiden Seiten desselben durch Widerstandsrollen ge- bildet sein. Immer aber soll das Verhältnis der Widerstände seiner beiden Teile BD und CD für jede Lage des Punktes /) genau bekannt sein.

Ich verlasse die früher benutzte symmetrische Bezeichnungsweise und führe die folgenden Symbole ein.

B für den gesammten Widerstand von IJAC\ c für die Grösse mB^ h für die Grösse (1 '^m)B^ S für den gesammten Widerstand von BDC^ p für die Grösse 7?*S, 7 für die Grösse (l n) S. Der Wert von n soll direct gegeben sein und der von m sich aus ihm bestinlmen, wenn das Galvano- meter keine Ablenkung seiner Nadel aufweist.

Ferner sei der Widerstand der Batterie und ihrer Nebenschliessungeu gleich B und der des Galvanometers und seiner Nebenschliessungen gleich G.

Wir haben dann wie früher

5c) M = O (^BB -+- BS + BS) -\-m{\— m) R^ (B 4- S)

4- n (1 n) 52 (B -h B) 4- (w 4- w 2wn) BBS,

Ob) 6 = ^(w—*")-

Um ein möglichst präcises Resultat zu erlangen, hat man die Anordnung des Apparates so zu treffen, dass die Ablenkung ? der Galvanometernadel 60 gross, als man es nur irgend bewerkstelligen kann, gegen n m ausfällt.

In dem Abschnitt (Art. 7 IG), in >velchem ich die Theorie des Galvano- meters auseinanderzusetzen habe, werde ich nachweisen, dass, wenn mau in einem Galvanometer die Form des Drahtes abändert ohne sein Gewicht zu alteriren, die durch eine Stromeinheit hervorgebrachte Ablenkung der Nadel wie die erste und der Widerstand des Galvanometers wie die zweite Potenz der Länge variirt. Daraus wird sich dann ergeben, dass der Aus- schlag der Nadel eines Galvanometers für die Stromeinheit einen maximalen Betrag' erreicht, wenn der Widerstand des Galvanometers gleich dem übrigen constanten Widerstand des Stromkreises ist.

Ist aber C eine Constante und 8 die einem Strome von der Stärke £ entsprechende Ablenkung der Galvanometernadel, so haben wir

6 = C |/G 5 = CEBS(n -^m)L^-.

9) , - . ,

350.] Geeignetste Anordnung. 501

Differenzirt man diesen Ausdruck nach G und beachtet, dass in leicht verständlicher Abkürzung M=\G + \l ist, so resultirt

Demnach wird ö ein Maximum werden, wenn in dem Ausdruck für M das Glied, welches G zum Coefficienten hat, also GX ebejiso gross ist wie der Rest dieses Ausdrucks, also wie fi.

Macht man noch, was bei einer gut durchgeführten Versuchsreihe von selbst eintrifft, m = w, so wird also der vorteilhafteste Wert für den Wider- stand des Galvanometers

10) G=-n(l'-n)(R-hS).

Ebenso findet man durch Differentiation nach B als vorteilhaftesten Widerstand der Batterie, wenn die ElectrodenÜächen derselben vorgeschriebene Grössen besitzen.

Endlich bestimme ich noch den Wert, den man S erteilen muss, damit der Ausschlag der Na(iel, der einer vorgeschriebenen Aenderung in dem Betrage von n entspricht, möglichst gross wird.

Eine Differentiation des Ausdrucks für 6 nach S ergiebt nämlich die Bedingung

Hat man eine grosse Anzahl von Widerstandsbestimmungen auszuführen, die sich alle auf nahezu gleiche Widerstände beziehen, so wird man gut tun sich das Galvanometer und die Batterie in der geeigneten Weise ein- zurichten. Dazu macht man

13) S = E, B^iB, G = 2n(l'-n)R',

und wenn n = 4 ist

G==iB,

3öO. Anwendung der Wheaistoneschen Brücke» Nachdem ich die Theorie der Wheats tone sehen' Brücke auseinandergesetzt habe, will ich zeigen, wie sie zu wirklichen Messungen benutzt werden kann.

Die genannte Drahtcombination lässt sich zunächst mit der grössten Präcision zur Herstellung zweier gleicher Widerstände verwenden.

Sei 3 eine Normal- Widerstandsrolle und 7 eine andere KoUe*, deren Widerstand exact dem von ß gleich gemacht werden soll.

Man stellt sich noch zwei Rollen b^c von gleichem oder nahezu gleichem Widerstände her und schaltet die vier Rollen (indem man ihre

502

Anwendung der Wheats tone sehen Brücke.

[850.

Electrodcn in geeignete Quecksilberkuppen einsenkt) in den Kreis einer Batterie B so ein, dass der Strom sich in zwei Zweige verteilt, deren einer die Bollen ß, 7 und deren anderer die Rollen 6, c enthält. Die ftollen 6, c verbindet man noch ausserdem mit einem in seinem Widerstände möglichst gleichförmigen Draht Pß, der längs einer gleichmässig geteilten Scala läuft. Von den beiden Electroden des Galvanometers G fuhrt man eine zu dem Verbindungsdraht von ß und y und die andere zu dem bezeichneten Draht PB. Diese zweite Electrode Q ist längs PB verschiebbar, und man giebt ihr bei jedem Versuche eine ' derartige Lage, dass wenn man erst den Strom und dann das Galvanometer schliesst, die Nadel des letztem nach keiner Seite hin abgelenkt wird.

Fig. 33.

Man vertauscht dann die beiden Rollen ß und 7 mit einander und sucht die neue charakterisirte Lage von Q auf. Zeigt es sich, dass mau die zweite Galvanomet^relectrode Q nach der Vertauschung der Rollen in ihrer Lage nicht zu ändern braucht, so darf man schliessen, dass 7 genau denselben Widerstand besitzt wie die NofmalroUe ß. Muss man aber Q auf PB verschieben, damit die Galvanometernadel wieder in ihre Ruhelage kommt, so lässt sich aus der Richtung und Grösse der Verschiebung von Q der Sinn und Betrag, um den 7 von ß vßrschieden ist, bestimmen.

Rechnet man zu den Widerstandsrollen ft, c auch die daranstossenden bezüglichen ausserhalb der Teilung befindlichen Stücke des Drahtes PB und bezeichnet die Widerstände der so begrenzten Rollen, gemessen in Teilen des Drahtes PB, durch b bezüglich c, dann ist, wenn bei der ersten Lage von ß und 7 die Electrode Q sich bei der Teilung a: und bei der zweiten Lage bei der Teilung y des Drahtes PB befand,

c -h ^ _ ß c -\- y 7

b X

b^y ß

350.] Anwendung der Wheats ton eschen Brücke. 503

also

Nun wird einerseits h y nahezu gleich c -{- x und andererseits h ebenso wie c sehr gross gegen x und y sein, wir haben daher auch

oder

=>(-^f^)

Aus dieser Gleichung erhellt, dass bei derselben Differenz zwischen ß und 7 die Grösse y x^ also auch die Empfindlichkeit des Apparates um so grösser ist, je beträchtlicher die Widerstände b und c sind.

Hat man also mit bestimmten KoUen h und c die Rolle 7 soweit, sds man konnte, justirt, so wird man h und c mit grössern Rollen vertauschen und 7 aufs Neue mit ß vergleichen. Die noch übrig gebliebene Differenz zwischen ß und 7 erscheint dann bei dem zweiten Versuch in demselben Verhältnis wie die neuen Rollen h, c gegen die alten, vergrössert.

Die Justirung eines Widerstandes mit Hilfe eines Drahtes, auf dem sich eine Galvanometerelectrode verschieben lässt*), ist durch einen Wider- standäkasten leichter als durch Rollen ausführbar.

Bei der Anwendung der auseinandergesetzten Methode sollte man nie die Batterie statt des Galvanometers in den Draht mit der verschiebbaren Electrode Q einschalten, denn ein starker Strom greift den Normaldraht PR beim Durchgange durch die Contactstelle Q an. Das angegebene Arrange- ment eignet sich also für den Fall, dass der Widerstand des Galvanometers grösser als der der Batterie ist.

OliverHeaviside**) hat gezeigt, dass, wenn der zu messende Wider- stand 7, femer der Widerstand a der Batterie und endlich der Widerstand a des Galvanometers gegeben sind, für die andern Widerstände 6, c, ß die geeignetste Wahl getroffen wird, wenn man

1/ g-^T = y a'( ; 1

setzt.

*) Der Draht heisst aucli Wieochord, •♦) Fhil. Mag. 1873, Febr.

504

Messung geringer Will erstände.

[35L

Messung geringer Widerstände.

3Ö1. Der Widerstand eines kurzen dicken Conductors ist ausserordentlich gering gegen die Widerstände, welche der Strom beim Passiren der Ver- bindungsstellen, die ja weder durch Contacte noch durch Lötungen je voll- ständig hergestellt werden können, zu überwinden hat.. Man kann deshalb die oben auseinandergesetzte Methode nicht ohne Weiteres zur Bestimmung geringer Widerstände ven^-enden. Derartige Bestimmungen hat man aber dann auszufuhren, wenn es sich darum handelt, den specifischen Widerstand von Körpern zu beobachten, die sich nicht zu langen dünnen Drähten aus- ziehen lassen, oder wenn man ausser dem longitudinalen auch noch den transversalen Widerstand zu untersuchen hat.

Thomson*) hat nun eine Methode beschrieben, die sich gerade zur Bestimmung geringer Widerstände eignet und auf der Combination von neun Leitern beruht.

Bei Widerstandsmessungen will man im allgemeinen den Widerstand eines Leiters gegen einen ihn in Richtung seiner Axe gleichmässig durch- fliessenden Strom kennen lenien. Da aber an den Enden des Leiters, wo der Strom ein- bezüglich abgeleitet wird, Electroden angelötet oder einfach angepresst werden, so hört .daselbst die gleichförmige Stromverteilung auf.

CS

6

//

Fig. 34.

Deshalb bestimmt Thomson und das ist für seine Methode charak- teristisch — nicht den Widerstand des ganzen Leiters, sondern den eines zwischen zw^i Marken gelegenen Stückes desselben. Die Marken können den Leiterenden ziemlich nahe liegen, denn der Strom wird schon in geringer Entfernung .von den Electroden gleichförmig.

Ich schlage dem Leser vor, sich selbst aus den analytischen und geo- metrischen Untersuchungen des Art. 193, welche den Fall betreffen, wo Ströme sich in zerteilten Streifen bewegen, zu überzeugen, dass die Ströme bald den Seiten der Streifen parallel fliessen (s. Tafel XII).

♦) ProL\ R, S. 1861, Juni 6.

351.]

Die Tiioinsonäche Drahtcombination.

505

Es seien also die Widerstände zweier Leiterteile, die zwischen den bezüglichen Marken S\S'; 7, T' gelegen sind, mit einander zu vergleichen.

Man verbindet die beiden Leiter hintereinander und schaltet sie durch möglichst vollkommene Contacte in den Stromkreis einer Batterie, die selbst einen nur geringen Widerstand besitzt, ein. Dann lässt man zwei Drähte SVT und S'V'T' die . bezüglichen Marken S,T und S\T' der beiden Leiter berühren und verknüpft V und V mit den Electroden eines Galvanometers.

Den Drähten SVT und S'V'T' giebt man einen so grossen Wider- stand, dass die Widerstände der etwa unvollkommenen Verbindungen bei .S, T, 6", 'T' dagegen vernachlässigt werden können, und wählt die beiden Punkte y, y, zwischen denen das Galvonometer eingeschaltet ist, so, dass in jedem der Drähte SVT und S'V'T' die Widerstände der zu den bezüglichen Leitern SS', TT' führenden Teile SÄV, VCT und S'PV, V'RT' zu einander in nahezu demselben Verhältnis stehen, wie die Widerstände der beiden zu vergleichenden Leiter SS' und TT',

Ich nenne

H den Widerstand des Leiters SS'.

T r,

. Drahtes SV, VT,

S' v

VT ^ Verbindungsstückes S'T', der Batterie und ihrer* Nebenschliessungen, des Galvanometers und seiner Verbindungen.

F

r>

1

A

n

T>

C

"^

•1

P

Ti

*)

R

•i

"1

Q

'^

n

B

n

T)

G

71

7>

Die nebenstehende Figur 35 soll die bei der Bezeichnungsweise befolgte Symmetrie dartun und schematisch die Verbindung der neun Leiter ver- sinnbildlichen.

Aus frühem Untersuchungen (Art. 282 a) findet man leicht, dass bei dieser Combination die Batterie und das Galvanometer conjugirte Con- ductoren darstellen, wenn zwischen den genannten Widerstandsgrössen die Beziehung

C

? A'^yc A)

Q

P4-^-hi?

= 0

erfüllt ist.

Den Widerstand Q des Verbindungsstückes S'T' der beiden Leiter SS' und TT' kann man durch geeignete Wahl des Materials und der Form ausserordentlich reduciren.

506

. Messifng geringer Widerstände.

[352.

Darf man also Q als sehr klein jselbst gegen // and F betrachten, 80 wird

Die Widerstände der beiden zu vergleichenden Leiter stehen dann ganz wie bei der Wheatston eschen Drahtcombination in dem Verhältnis yon C zu Ä.

352. So wie die Thomsonsche Methode hier dargestellt ist, hängt der Erfolg einer Widerstandsvergleichung von der grössern oder geringem Vollkommenheit der Contacte zwischen den Drähten und den zu unter- suchenden Leitern ab. In der von Matthiessen und Hockin*) angegebenen und benutzten Modification derselben spielen diese Contacte keine Bolle mehr. Die Verbindung der beiden zu vergleichenden Leiter mit einander und mit der Batterie wird in derselben Weise wie früher und mit aller nur

Flg. 36.

erreichbaren Vollkommenheit bewirkt. Die übrige Anordnung des Apparates wird mit Hilfe von Widerstandsrollen A und C und einem Normaldraht FB mit einer auf demselben gleitenden Electrode des Galvanometers ganz so wie bei der Wheatstone sehen Methode getroifen. Die Marken werden nicht direct auf die Leiter aufgetragen. Man befestigt in zwei isolirenden Brettchen je zwei metallene Spitzen oder Schneiden, die mit auf den Brettchen befindlichen Quecksilbemäpfchen in Verbindung stehen. Setzt man die Brettchen auf die Leiter, so hat man in den genau zu messenden Abständen ihrer bezüglichen Spitzen oder Schneiden die Strecken der Leiter, deren Widerstände mit einander verglichen werden. Die zweite Electrode des Galvanometers (die erste endet in Q) wird nacheinander in jedes der vier Quecksilbemäpfchen eingesenkt, also der Beihe nach mit den vier Marken in Verbindung gebracht.

*) Laboratory, On Alloyi,

362.] Methode von Matthiesscu und Hockin. 507

Wir verbinden das Galvanometer mit S und arrangiren die Widerstands- rollen A und C derartig, dass durch geeignete Verschiebung der Electrode Q auf PB das Galvanometer vollkommen stromlos wird, dann hat man

wo XSyPQ.,, die Widerstände der in der Figur durch diese Symbole markirten Leiter angeben. Daraus folgt

,. XS ^i + Pft Ä.^FQ,

^^ XY ^i + Ci-f-Pii"" B

Wir senken jetzt die Electrode des Galvanometers statt in das Queck- silbemäpfchen bei S in das bei *S" ein und transponiren so lange Wider- stand von der Bolle C nach der Rolle Ä^ bis die Electrode Q in eine neue Lage Q2 gebracht werden kann, in der das Galvanometer wieder strömlos wird.

Beachtet qian, dass

a) ^3 4- Ca -h = ^1 -4- Ci + Pi? = 2i

ist, so ergiebt sich ganz so wie früher

XS' _A2+ PQ2

2)

XY B

Durch Subtraction der beiden Gleichungen 1) und 2) von einander folgt

^) Xf- B

Dann senkt man die Galvanometerelectrode in das Näpfchen bei T' bezüglich in das bei T, transponirt wieder Widerstand von C nach A oder umgekehrt von A nach C und verschiebt die Electrode Q auf PB nach Q3 bezüglich Q^^ bis das Galvanometer stromlos wird, und erhält die Gleichungen

4)

^)

und durch Subtraction

6)

XY ß

XT _^A^-hPQ, XY B

XY R

Aus den Gleichungen unter 3) und 6) folgt dann schliesslich für das gesuchte Verhältnis zwischen -SÄ' und T'T

„. SS' A^-A^ + Q^Q^

508 Mcssuu«;^ gorinj^cr Widcrstaiulc. [353.

Wird von der Bestimmung dieses Verhältnisses eine nur massige Ge- nauigkeit verlangt, dann darf man die Rollen A und C ganz fortlassen und hat einfacher

Da aher einerseits die Lage der verschiebbaren Electrode Q auf dem Draht PJR^ wenn dieser ein Meter lang ist, auf nicht mehr als 0,1 mm fixirt werden kann, und andererseits der Widerstand dieses Drahtes PR an seinen verschiedenen Stellen wegen ungleich massiger Temperirung, wegen der Reibung der verschiebbaren Electrode und noch anderer Umstände nicht in allen Punkten von derselben Grösse sein kann, so wird man bei Präcisionsmessungen sehr grosse Rollen A^ C verwenden, deren Widerstands- verhältnis auch an sich schon sich sicherer bestimmen lässt als das zweier Drahtstücke.

Die durchgeführte Theorie zeigt, dass die Resultate unabhängig von der Güte der Contacte bei S, S\ T\ T sind.

Die Methode beruht auf der Vergleichung verschiedener Beobachtungen, deren jede für sich apart anzustellen ist. Die Widerstandsvergleichung wird also nach einer Differentialmethode mit der Wheatston eschen Brücke aus- geführt.

Da die Hauptbedingung für die Verlässlichkeit ihrer Resultate darin besteht, dass die Verbindungen bei den Marken sie mögen sonst so be- schaffen sein wie sie wollen sich während eines vollständigen Versuches nicht ändern, so wird man gut* tun, den vollständigen Versuch zweimal durchzuführen, um sich zu versichern, ob diese Bedingung bei der gerade getroffenen Anordnung erfüllt war.

Vergleichung von bedeutenden Widerständen.

353. Directe Methode. Hat man bedeutende Widerstände zu messen, so bestimmt man ausser den Stromstärken noch mit Hilfe eines empfind- lichen Electrometers, etwa des in Art. 219 beschriebenen Thomson sehen Quadrantenelectrometers, die Potentiale an verschiedenen Stellen der Leiter.

Sind nämlich die Leiter, deren Widerstände gemessen werden sollen, hintereinander in den Kreis eines sehr kräftigen Elements eingeschaltet, so geht der Strom durch alle mit derselben Stärke und die Potentialdifferenz der Enden jedes der Leiter ist dem bezüglichen Widerstände proportional.

Verbindet man also die Enden der einzelnen Leiter der Reihe nach mit den Electroden eines Electrometers, so kann man das Verhältnis, in welchem die zu vergleichenden Widerstände zu einander stehen, bestimmen.

Die directeste Methode zur Messung von Widerständen verlaugt die Benutzung eines Electrometers, dessen Ablesungen zu einander in sichere Beziehung gebracht sind, und sie setzt voraus, dass man eine Batterie

865.] Vergleichimg grosser Widerstände nach Siemens. 509

zur Verfügung hat, deren Constanz man für die Dauer des Experiments zu garantireu vermag.

Man kann vier Leiter, wenn sie bedeutende Widerstände repräsentiren, auch nach der Wheatston eschen Methode mit einander verbinden, das Galvanometer ersetzt man dann durch ein Electrometer.

Der Vorteil, den dieses Arrangement bietet, besteht darin, dass zur Ablenkung des Electrometers kein permanenter Strom erforderlich ist, während die Galvanometernadel nur durch einen solchen fliessenden Strom in ihrer Deflexion erhalten wird.

354. Methode von Bright und Clark. Ist der Widerstand eines Con- ductors so gross, dass man durch keine der gerade vorhandenen Batterien einen durch das Galvanometer hinlänglich sicher messbaren Strom durch ihn hindurch zu schicken im Stande ist, so lässt man die Electricität, nach ihrem Durchgang durch den Leiter, sich auf einem in den Stromkreis ein- geschalteten Condensator einige Zeit lang aufhäufen. Entladet man den Con- densator durch das Galvanometer, so kann man die Menge der in dieser Zeit aufgehäuften Electricität messen. Darauf beruht die Methode, nach welcher Bright und Clark die Verbindungen submariner Kabel unter- sucht haben.

355. Methode von Siemens, Am einfachsten bestimmt man aber den Widerstand eines schlechten Leiters, indem man einen Condensator von bedeutender Capacität ladet und seine Belegungen sowohl mit den Elec- troden eines Electrometers als mit den Enden des betreifenden Leiters ver- bindet.

Bezeichnet E die an dem Electrometer jederzeit beobachtbare Potential- diflferenz, S die Capacität des Condensators und Q die Ladung, welche jede seiner beiden Belegungen beherbergt, giebt ferner li den Widerstand des Leiters und x die Stärke des ihn bei der Entladung des Condensators durchsetzenden Stromes, so hat man nach der Theorie des Condensators zunächst

a) . Q=SK. Nach dem Ohm sehen Gesetz ist aber

b) E = Ba:, und da x durch die Gleichung

'^ ""--In

definirt ist, so ergiebt sich oder

^) Q = Qo^

RS

510 Vergleichung grosser Widerstünde nach Siemens. [866.

wo Qq die ursprünglich zur Zeit t = 0 auf einer Belegung des Condensators vorhandene Electricitätsmenge angiebt.

Aus der Gleichung unter a) folgt dann

i

wo Kq die ursprungliche, E die zur Zeit t vorgenommene Ablesung des Electrometers bezeichnet, und damit findet man in absoluten Maass- einheiten für den Wert des Widerstandes

22) J2= '

S(logEo-logE) .

Die Form des auf der rechten Seite stehenden Ausdruckes zeigt, dass man den wirklichen Wert eines Scalenteils des Electrometers nicht zu kennen braucht.

Ist die Capacität S des Condensators electrostatisch durch eine gewisse Anzahl von Metern ausgedrückt, so wird II gleich dem reciproken Betrag einer Geschwindigkeit. Hat man aber S im electromagnetischen Maass- system als von den Dimensionen [T^L—^] bestimmt, so wird B gleich dem directen Betrag einer Geschwindigkeit.

Da das Zwischenmedium des Condensators die beiden Belegungen nicht vollständig von einander isoliren kann, so muss man bei jedem Experiment zwei Versuche anstellen. Der erste Versuch wird ohne Einschaltung des zu bestimmenden Leiters durchgeführt und dient lediglich zur Messung des Widerstandes des Condensators. Beim zweiten Versuch verfahrt man genau so, wie früher angegeben worden ist.

Hat man für den Gesammtwiderstand beim ersten Versuch den Wert Rq und beim zweiten den Ei erhalten, so folgt für den W^iderstand des betreffenden Conductors die Gleichung

^^ B El Bq

Die auseinandergesetzte Methode rührt von Siemens her.

Thomsons Verfahren bei der Bestimmung des Widerstandes

eines Galvanometers.

356. Eine der Wheatstoneschen Drahtverbindung ähnliche Com- bination hat Thomson*) unter Benutzung der Manceschen Methode, von der bald die Rede sein soll, zur Bestimmung des Widerstandes eines Galvano- meters durch sich selbst angegeben.

•) Proc, /?. S. 1871 Jan. 19.

356.]

Thomsons Widerstandsbestimmung für Galvanometer.

511

Man schaltet die Batterie, wie in der zu Art. 347 gehörigen Figur der Wh eats tone sehen Brücke angedeutet ist, wieder in den Zweig BC ein, verbindet aber das Galvanometer nicht mehr mit D und A^ sondern mit C und A, Wenn jetzt ich verweise auf die nachstehende Figur ,— die Differenz ftß 07 verschwindet, so ist DA coiyugirt zu BC. DA wird dann von keinem Strome durchflössen, wenn die Batterie sich in BC be- findet, und die Stromstärken in den andern Drähten der Combination sind unabhängig von der Grösse des Widerstandes in DA. Ist das Galvano- meter zwischen A und C eingeschaltet, so wird seine Nadel ohne Rück- sicht darauf, ob der Widerstand in DA bedeutend oder gering ist, stets dieselbe Ablenkung zeigen.

Justirt man also die einzelnen Grössen &, c, 7, so dass in der Tat die Ablenkung der Galvanometernadel sich nicht ändert, wenn man den Wider-

Caiv«n«iiieUr

Flg. 37.

stand von DA einmal sehr gering und dann durch Unterbrechung dieser Zweigleitung sehr beträchtlich macht, so darf man sicher sein, dass der Widerstand h des Galvanometers sich aus der Gleichung

b^

£1 ß

berechnet, in der c, 7, ß die bekannten Widerstände der benutzten Rollen angeben.

Diese Methode gehört insofern nicht zu den Null -Methoden, als man den Apparat nicht -so einrichtet, dass der Strom durch das Galvanometer gar nicht hindurchfliesst, da man aber auch hier das Nichteintreten eines Ereignisses, nämlich das der Aenderung in der Ablenkung der Galvano- meternadel bei Schliessung eines gewissen Contacts beobachtet, so dürfte sie doch zu den Null-Methoden zu rechnen sein,

512

Bestimmung des Widerstandes einer Batterie.

[307.

Eine auf der Unveränderlichkeit in der Lage der Galvanometemadcl basirende Beobachtung hat ein grösseres Gewicht als eine Beobachtung, bei der die Gleichheit zweier zu verschiedenen Zeiten stcittfindender Ausschläge derselben Galvanometemadel constatirt wird. Denn welin bei jener während gewisser, beliebig zu wiederholender Abändeiungen in dem Stromkreise die Lage der Nadel wirklich nicht alterirt wird, so hat man die Sicherheit, dass der Strom durch diese Abänderungen niclit bceinflusst worden ist. Bei der zweiten Beobachtungsweise dagegen kann der Strom im Laufe des Versuchs seine Stärke ändern, ohne dass man die Mittel besitzt, die Aenderung auch in Rechnung zu ziehen.

Uebrigens kann man den Widerstand des Galvanometerdralites auch auf der Wheatstoneschen Brücke bestimmen, man bedarf dann aber noch eines zweiten Galvanometers, während bei der eben auseinandergesetzten Methode das betreffende Galvanometer gewissermassen selbst seinen Wider- stand misst.

Mauces Methode zur Bestimiiiiing des Widerstandes einer

Batterie.

357. Der Widerstand einer Batterie ändert sich für einige Zeit be- trächtlich, wenn man die Stärke ihres Stromes alterirt. Deshalb ist es unvergleichlich viel schwerer den Widerstand einer Batterie als den eines metallischen Leiters zu bestimmen, und man muss die liesultato mancher

Fig. 38.

Methoden, die auf die signalisirten im Laufe eines Versuchs vor sich gehenden Aenderungen keine Kücksicht nehmen, als zweifelhaft betrachten.

Die von Mance*) herrührende Methode, welche ich hier auseinander- setzen wili, ist frei von solchen Einwürfen.

Man schaltet die Batterie in /iC, das Galvanometer in CA ein und öfiFnet und schliesst abwechselnd den Zweig DB. Sind BD und CA cou-

«

•) Proc, Ä. S, 1871 Jan. 19.

867.] Methode von Mance. 513

jugirt zu einander, so darf man den Widerstand in DB beliebig abändern, ohne die Lage der Magnetnadel zu alteriren. Man kann dieses Resultat «ils specielleii Fall der in Art. 347 abgeleiteten Ergebnisse betrachten, oder man kann es durch Elimination von z und ß aus den dort unter 4) gegebenen Gleichungen erhalten.

Die entscheidende Formel ist

(aa cy) X 4- (c7 -h ca -f- c& -f- ba) y = Ea,

Soll y von ß, also (man sehe die Gleichung 7) des citirten Artikels)

auch von x unabhängig sein, so muss der Factor von .r verschwinden,

mithin die Gleichung

aa = c7

erfüllt sein. Daraus folgt dann der Widerstand der Batterie

1) a = -^.

Für die Stärke des das Galvanometer durchfliessenden Stromes ergiebt sich unter diöSen Umständen

2) C ^* - ®^

cb -+- a(a -hb-^c) a6 + 7(0 + 6 H- c)

Um einen Ueberblick über die Genauigkeit, welche diese Methode zu erreichen gestattet, zu gewinnen, setze ich voraus, dass die, unter 1) ge- gebene Gleichung nicht ganz streng, wol aber näherungsweise erfüllt ist. Die Werte für die in dem Galvanometer herrschenden Stromstärken yQ be- züglich yi, wenn der Zweig DB einmal nur wenig Widerstand bietet und dann gänzlich unterbrochen ist, ergeben sich aus dem allgemeinen W^ert des y (s. Art. 347), wenn man ß gleich 0 bezüglich gleich 00 setzt.

Macht man von den in Art. 347, 348 eingeführten Bezeichnungen Ge- brauch, so. wird

Daraus erhält man unter Benutzung der Gleichung 5 b) in Art. 348 und der oben unter 2) für C abgeleiteten Relation näherungsweise

yo-G+ 7(c + a) 'E' 6(07 gg) C^

also nach den Gleichungen 1) und 2) näherungsweise

yp yi^tt CT gg ' " C 7 (c -H g) (7 -H- a) '

Maxwell, Electricität a. Mognetisino.«. I- 33

514 Bestimmung des Widerstandes einer Batterie. [867.

Soll die Grösse linker Hand verschwinden, so haben wir die Bedingungren zu erfüllen, dass der Widerstand c des Leiters A B gleich dem Widerstand a der Batterie ist, a und 7 einander gleich und so klein als möglich aas- fallen, h gleich a ■+- 7 wird.

Da ein Galvanometer um so empfindlicher ist , je weniger seine Nadel von ihrer Ruhelage absteht, so wird man gut tun, vor der Herstellung des Contacts zwischen D uiid B die Nadel durch einen festen Magneten mög- lichst in die Nulllage zu bringen.

Die auseinandergesetzte Methode hat, wenn richtig durchgeführt, den Vorzug, dass die Stärke des durch das Galvanometer gehenden Stromes während der Messung des Widerstandes der Batterie sich nicht ändert. Man kann also nach derselben den betreffenden Widerstand für jede Strom- stärke bestimmen und dadurch eruiren, wie er etwa mit Abänderung der Stromstärke variirt.*)

Bezeichnet C die Stromstärke in dem Galvanometer, B^ die in der Batterie, wenn die Brücke BD geschlossen, B\y wenn sie geöifnet ist, so hat man neben den frühem Gleichungen für den Widerstand und die electromotorische Kraft der Batterie

1) a = -*-.

^ OL

2) /:=6(ä+c + |-(/;4-7)), noch die Beziehungen

Die in Art. 3f)G als zur Bestimmung des Widerstandes eines Galvano- meters geeignet angegebene Methode unterscheidet sich von der hier für die Messung des W^iderstandes einer Batterie auseinandergesetzten lediglich dadurch, dass dort die Contacte in DA hier in DB unterbrochen und ge- schlossen werden. Vertauscht man also a und p mit einander, so ergiebt sich für jetzigen Fall

yo y\^ ? n b^

C T (c-+-ß)(ß-i-T)'

*) In dem Phi/, Mag. von 1877, I. pag. 515 525 macht Oliver Lodge darauf aufmerksam, dass, da die electromotorische Kraft der Batterie von der Stärke des durcli sie gehenden Stromes abhänort, die At)lenkung der Galvanometemade I bei offener Brücke eine andere sein wird als bei geschlossener, vorausgesetzt dass die Bedingung Ma=cy wirklich besteht. Er beschreibt deshalb eine Modification der M an cc scheu Methode, die er mit gutem Krfolg angewendet haben will. Siehe auch Wiedemann, I^tre von der Etevtricität lbt>2, J. pag. 48*2.

368.J

Vergleichung electromotorischer Kräfte.

515

Vergleichung electromotorischer Kräfte.

358. Die im folgenden auseinanderzusetzende Methode zur Ver- gleichung von electromotorischen Kräften Voltascher und thermoelectrischer stromloser Ketten verlangt zu ihrer Durchführung ausser zwei Galvanometern einen Satz Widerstandsrollen und eine constante Batterie.

Es seien E^ und E^ die mit einander zu vergleichenden Electromotoren , E bezeichne die constante Batterie, die ich als kräftiger wie Ei und E2 vor- aussetze.

Man ordnet die Apparate so, wie in der beistehenden Figur angegeben ist, und schaltet bei G^ und G2 Galvano- meter ein.

AVenn nun /*J grösser als E^ ist, so kann man durch Vermehrung des Widerstandes (etwa durch Einschaltung von Widerstandsrollen) im Draht Ai B^ , der gleichzeitig dem Stromkreise der Batterie E und der E^ angehört, bewirken, dass die von B^ nach Ä^ zu- folge der Batterie E wirkende electromotorisehe Kraft genau gleich der des Electromotors E^ wird. Sind dann die Electroden dieses Electromotors mit Ä^ und B^ verbunden, so kann durch ihn kein Strom fliessen. Zeigt also nach der Justirung des Widerstandes R^ das Galvanometer G^ keinen Strom an, während der Kreis der Batterie E von einem Strom mit der Stärke C durch- flössen wird, so hat man

mg. 39.

1)

El = CJRi.

Man justirt dann den Widerstand B^ des der Batterie E und dem. Elcctromotor E^ gemeinsamen Drahtstückes A^B^ so lange, bis auch das Galvanometer G^ keinen im Kreise von Eq fliesseuden Strom anzeigt, und hat

2) E2 = OB..

Führt man die Justirung der Widerstände in A^Bi und ^2^2 gleich- zeitig aus, so hat C. in beiden Gleichungen denselben Wert, und man erhält die Bestimmungsformcl

3) El :E2 = Bi: B^.

Die Beziehung gestattet nur die Grösse einer electromotorischen Kraft durch die einer andern zu bestimmen. Absolute electrostatische oder electromagnetische Messungen führt man mit einem Electrometer oder einem absoluten Galvanometer aus.

88'

516 Kr&fte einiger Elemente. [868.

Das oben auseinandergesetzte Verfahren, in dem man dafür sorgt, dass beide Electromotoren im Augenblick, wo ihre Kräfte verglichen werden, stromlos sind, bildet eine von Latimer Clark angegebene Modification der bekannten Poggendorff sehen Methode.

. Ich führe die von Clark für die electromotoHschen Kräfke der Haupt- elemente erhaltenen Zahlen an.

Concentrirte ,v •^

Lösung von ^ **"^- ^

Danielll, Amalgamirtes Zink Hg SO4 H- 4aq. CuSO^ Kupfer 1.079

IL . H2S04 4-12aq. 0.978

« m. ^ Cu(N03), . 1.00

Bunsen I. HNO., Kohle 1.964

Grove H2SO44- 4 aq. HNO", Platin 1.95G.

*) Ein Volt ist dabei gleich 100,000,000 electromotorischer Krafteinheiten des Centimeter-Gramm-Secunden-Systeins gesetzt.

Electrischer Widerstand der Körper.

-K-

Classificirung der Körper.

. 369. Die Körper lassen sich in Bezng auf ihr Verhalten gegen den Durchgang der Electricität in drei Classen verteDen.

Die erste Classe umfasst die Metalle, ihre Legirungen und manche ihrer Verbindungen mit andern Körpern, so eine Reihe von Schwefelmetallen und Superoxyden. Es sind ihr ferner die Kohle in ihrer Form als Gaskohle und das krystallinische Selen zuzuzählen.

Die ihr angehörigen Substanzen werden vom Strom durchsetzt, ohne von ihm zerlegt oder in ihrer chemischen Structur, sei es in ihrem Innern oder an den Stellen, wo die Electricität ein- bezüglich austritt, verändert zu werden.

Zudem leisten sie alle dem Durchgange des Stromes einen um so grössern Widerstand, je höher temperirt sie sind.

Die zweite Classe wird von den Substanzen gebildet, welche als Electro- lyte oder Leiter zweiter Classe bezeichnet werden, die also vom durchgehenden Strome in zwei an den Electroden erscheinende Componenten zerlegt werden.

Im allgemeinen ist ein Körper nur dann ein Electrolyt, wenn er sich in flüssigem Zustande befindet, doch gicbt es auch einige Substanzen, welche wie Glas bei 100^ C, den Strom electrolytisch leiten, trotzdem sie . scheinbar starr sind.

Die Untersuchungen von B. C. Brodie zeigen, dass auch gewisse Gase, wenn man genügend grosse electromotqrische Kräfte anwendet, electrolysirt werden.

Alle Substanzen, welche den Strom electrolytisch leiten, verringern ihren Widerstand, wenn man ihre Temperatur erhöht.

Zur dritten Classe rechne ich diejenigen Körper, welche eine so geringe Leitungsfähigkeit für Electricität besitzen, dass man den Durchgang der Electricität durch sie nur durch allerfeinste Methoden zu constatiren vermag. Das sind die sogenannten Dielectrica. Dahin gehört eine grosse Anzahl der festen Körper, von denen manche im geschmolzenen Zustand Electrolyte

518 Witicrstand der Metalle. [360.

sind. Dahin gehören ferner einige Flüssigkeiten, wie Terpentin, Naphta, geschmolzenes Paraffin, und ebenso alle Gase und Dämpfe. Die Kohle als Diamant und das Selen als amorpher Körper zählen ebenfalls zu den dielec- trischen Medien.

Der Widerstand, den Körper dieser Classe dem Strome entgegensetzen, ist ganz enorm, viel grösser als der, den die Electricität bei den Metallen zu überwinden hat, doch nimmt er ab, wenn ihre Temperatur ansteigt. Die geringe Leitungsfahigkeit der Dielectrica bringt es mit sich, dass man nicht recht entscheiden kann, ob die Ströme in ihrer so bedeutend abgeschwächten Intensität von einer Electrolyse begleitet sind oder nicht.

Electrischer Widerstand der Metalle.

360. Kein Teil unserer Wissenschaft kann sich einer so grossen Anzahl von sorgfaltig durchgeführten Experimenten rühmen, als der von der Be- stimmung des Widerstandes der Metalle handelnde.

Da die Telegraphie grosses Gewicht darauf legen muss, dass die Metalle, aus denen sie ihre Leitungsdrähte herstellt, dem Strome den möglich ge- ringsten Widerstand entgegensetzen, so ist man gezwungen, Widerstands- messungen vor der Wahl des Materials anzustellen. Wenn femer eine Telegraphenünie an irgend einer Stelle defect geworden ist, so helfen wiederum Widerstandsmessungen zur Entdeckung der Stelle. Zu solchen Messungen verwendet man aber jetzt Personen jedes Standes, und deshalb müssen die dazu dienenden Widerstandsrollen aus Metallen hergestellt sein, deren electri- sches Verhalten vorher an zuständigen Orten sorgfältig untersucht und ge- hörig fixirt ist.

Die electrischen Eigenschaften der Metalle und ihrer Legirungen sind durch Matthiessen, Vogt, Uo'ckin und die Siemens studirt worden. Den letztem verdankt man auch noch die Einführung strenger und vorwurfs- freier electrischer Messungen in die Praxis.

Die Untersuchungen von Matthiessen haben gelehrt., dass eine Tempera- turändemng den Widerstand vieler reiner Metalle in ganz gleicher Weise afficirt. Bei einer Temperaturerhöhung von 0^ bis 100^ C. steigt der Wider- stand dieser Metalle im Verhältnis von 1 zu 1.414 an. Für reines Eisen beträgt das Verhältnis 1.645, für reines Thallium 1.458.

C. W. Siemens*) hat in noch weitem Temperaturgrenzen, nämlich von 0^ bis 350*^ C, und in gewissen Fällen bis 1000" C, gearbeitet. Auch er findet, dass der Widerstand der Metalle mit wachsender Temperatur ansteigt, dass aber seine Aenderung pro 1^ C. um so geringer ausfällt, je höher teniperirt das Metall schon ist. Seine Interpolationsformel

_ _, *

*) Pruc, R. ,S. 1871, April 27.

361.] Widerstand der Metalle. 519

wo T die von 273 '^ C. gerechnete absolute Temperatur angiebt, soll sowohl mit seinen eignen in dem weiten Temperaturintervall von Ü*^ bis 1000^ C. erhalteneu Versuchsresultaten sehr genau übereinstimmen, als auch Matthiessens in verhältnismässig niedrigen Temperaturen eruirte Zahlen genügend darstellen.

Mit Einsetzung der Zahlenwerte für die Constanten a, p, 7 ist für

Platin . . . r = 0,034369 j/j -+- 0,00216407 T 0,24130, Kupfer. . . r = 0,026577 / T + 0,00314430 T 0,22751, Eisen. . . . r = 0,072545 /r + 0,00381330 r— 1,23971.

Solche Widerstandsformeln können dann umgekehrt zur Bestimmung hoher Temperaturen dienen. Man hat zu dem Behufe einen so unter- suchten Leiter, etwa einen Platdndraht, der hohen zu messenden Temperatur auszusetzen, seinen Widerstand direct zu bestimmen, um damit aus der Wider- standsformel T zu berechnen.

Nach Matthiessen ist der Widerstand einer Legirung in den meisten Fällen grösser, als der aus der procentischen Zusammensetzung und den bezüglichen Widerständen der Componenten berechnete. Eine Legirung von Gold mit Silber leistet dem Strom einen grössern Widerstand, als reines Gold oder reines Silber, und sie ändert in gewissen Grenzen ihren Wider- stand nur wenig mit Aenderung der Verhältnisse, zu welchen die genannten Metalle in die Legirung eingehen.

Temperaturänderungen alteriren den Widerstand der Legirungen im allgemeinen in geringerem Grade als den der reinen Metalle.

Das ist der Grund, weshalb das Neusilber zur Herstellung von Wider- standsrollen so geeignet ist, denn abgesehen davon, dass diese Legirung einen ziemlich beträchtlichen Widerstand besitzt, ändert sie ihn auch nur wenig der Temperatur.

Auch eine Legirung von Silber und Platin wird oft zur Anfertigung von Normalwiderstandsrollen verwendet.

361. Einige Metalle ändern ihren Widerstand, wenn man sie glüht, und können deshalb nicht eher zu Widerstandsmessungen verwendet wer- den, als bis ihan die aus ihnen gebildeten Drähte hohen Temperaturen ausgesetzt und durch wiederholte Prüfungen die Sicherheit gewonnen hat, dass sie ihren Widerstand nicht weiter verändern.

Bei andern Drähten variirt der Widerstand im Laufe der Zeit, wenn man sie auch keinen beträchtlichen Temperaturänderungen unterworfen hat.

Darum ist die Bestimmung des specifischen Widerstandes des Queck Silbers, welches als Flüssigkeit stets dieselbe moleculare Structur beibehält und durch Behandlung mit Salpetersäure und Destillation leicht gereinigt werden kann, voij so grosser Bedeutung.

Die eingehendsten und sorgfältigsten Untersuchungen über den Wider- stand des Quecksilbers haben W. und C. F. Siemens, als sie aus dem Quecksilber Normalmaasse für Widerstandsbestimmungen herstellen wollten,

520 Ilerstellung der Siemens sehen Quecksilbereinheit. [361.

ausgeführt. Ihre Messungen sind dann von Matthi essen und Ho ekln vervollständigt worden.

Sie leiteten den specifischen Widerstand des Quecksilbers ans dem Widerstände eines in einer Glasröhre befindlichen Quecksilberfadens, welcher bei einer Länge / ein Gewicht w besass, in der folgenden Weise her.

Man kann keine Glasröhren herstellen, welche ihrer ganzen Länge nach calibrisch sind. Bringt man aber in eine solche Röhre einen Quecksilber- tropfen, der sich daselbst zu einem Faden von der Länge X umformt, so wird der Querschnitt der Röhre in der Nähe der Mitte des Quecksilberfadens einen P'lächeninhalt von der Grösse 8 = C'/X haben. Verschiebt man den Faden in der Röhre, so kann sich X und damit s ändern, C ist aber für denselben Faden eine Constante.

Bezeichnet man mit x den Abstand irgend eines Querschnitts der Röhre von einem Ende derselben, so wird das Gewicht eines die Röhre ausfüllen- den Fadens von der Länge /

w

= pl«rfa; = pC-2x

Darin bedeutet n die Anzahl der auf der Röhre in gleichen Abständen verteilten Punkte, an denen die Länge X des kleinen Quecksilberfadens be- stimmt worden ist und p das Gewicht einer Volumeinheit des Quecksilbers.

Für den Widerstand des ganzen Fadens hat man den Ausdruck

1)

Ä=jrd^ = J-2x,

wo r den specifischen Widerstand des Quecksilbers flir die Volumeinheit an- giebt. Demnach wird

und

z) r =

(.(•

2^2t

Den auf die Längeneinheit bezüglich Masseneinheit bezogenen Wider- stand erhält man daraus durch Multiplication von r mit der Dichte p des Quecksilbers.

Nach den Untersuchungen von Matthiessen und Hockin hat eine gleichförmige Quecksilbersäule von Im Länge und lg Gewicht bei 0^ C. einen Widerstand von 13,071 Ohms. Nimmt man also die Dichte des Queck- silbers bei dieser Temperatur zu 13,595 an, so wird der Widerstand einer Quecksilbersäule von 1 m Länge und 1 qmm Querschnitt gleich 0,96146 Ohm.*)

*) Wiedemann giebt Lehre von der Electricität 1882, Bd. I. pag 497 dafür 0,953 an. Neuerdings soll eine interaationale Commission zur Regelung der Frage der electrischen Maasseinheiten und zur Herstellung von Normalen zusammentreten.

Anm. d. Uebers.

384.] Widerstand der Electrolyte. 521

362. In der folgenden, den Mattliiessenschen*) Versuchen ent- nommenen Zusammenstellung bedeutet R den in Ohms gemessenen Wider- stand einer Säule der betreffenden Substanz von Im Länge und lg Gewicht bei O'^ C, und r giebt den Widerstand eines Cubikcentimeters der Sub- stanz in Centimetür durch Secunde.

Procentischc Specifisches Aenderungfilr

Gewicht Beschaffenheit R r l«G.bei20«G.

Silber 10,50 hart gezogen 0,1689 1609 0,377

Kupfer 8,95 hart gezogen 0,U69 1642 0,388

Gold 19,27 hart gezogen 0,4150 2154 0,365

Blei 11,391 gewalzt 2,257 19847 0,387

Quecksilber . . , 13,595 flüssig 13,071 96146 0,072

2 Gold H- 1 Süber . 15,218 hart od. geglüht 1,668 10988 0,065

Selen bei 100» C. krystallinisch 6X10^3 1,00

Electrischer Widerstand der Electrolyte.

363. Der Widerstand eines Electrolyts ist einigermassen schwer zu bestimmen, weil die an den Electroden sich ausbildende Polarisation die Potentialdifferenz der Electroden grösser als die electromotorische Kraft erscheinen lässt, welche tatsächlich den Strom durch das Electrolyt treibt.

Doch vermag man dieser Schwierigkeit in mannigfacher Weise Herr zu werden.

In einigen Fällen kann man durch Benutzung geeigneter Electroden die Polarisation überhaupt vermeiden, so wenn man. eine Zinkelectrode in eine Lösung von Zinkvitriol senkt.

Nach einer andern Methode nimmt man Electroden, deren Flächeninhalt sehr gross gegen den Querschnitt des der Messung zu unterwerfenden Teiles des Electrolyts ist, und lässt den Strom immer nur kurze Zeit und in fort- während wechselnder Richtung das Electrolyt durchsetzen. Man kann dann die Widerstandsmessung ausführen, ehe sich noch durch den primären Strom eine hindernde Polarisation ausgebildet hat.

Endlich vermag man auch noch durch zwei Versuche zum Ziele zu gelangen. Man lässt einen Strom zunächst einen langen Weg in dem Electrolyt zurücklegen, verkürzt dann die IJahn des Stromes und justirt die electromotorische Kraft der primären Batterie so, dass der Strom jetzt mit ganz derselben Stärke wie früher durch das Electrolyt fliesst. Lässt man den Strom beidemal gleich lange das Electrolyt durchsetzen, so kann man aus den Schlussgleichungen die Polarisation ganz eliminiren.

364. In den von Paalzow**) angestellten Untersuchungen war das Electrolyt in zwei flache Tröge verteilt, die mit einander einmal durch einen

•) Phü. Mag. 1865, Mai. **) Monatsberichte der Berliner Academie der Wissenschaften 1868, Juli.

522 Versuche von Paalzow. [365.

und dann durch einen andern langen mit der electroly tischen Flüssigkeit gefüllten Heber communicirten. Die Eiectroden bestanden aus grossen Scheiben und waren einzeln in die Tröge eingesenkt.

Paalzow bestimmte erst die Widerstandsdifferenz Bi -R2» die der Apparat zeigte, wenn erst der eine Heber und dann der andere die Tröge verband, füllte hierauf beide Heber mit Quecksilber und maass wiederum ihre Widerstandsdifferenz li^' li^ bezogen auf O^C. Die Gleichung

gab ihm dann den Widerstand des Electrolyts in Einheiten des Widerstandes des Quecksilbers bei O^C.

Daraus folgt der Widerstand eines Cubikcentimeters des Electrolyts, wenn man p mit dem für O^C geltenden Werte von r (s. Art. 361, 2) multiplicirt.

Ich lasse die von Paalzow gefundenen Zahlen folgen.

SchwefeUäure und Wasaer,

Widerstand verglichen mit Temp. ^^^ j^^ Quecksilbers.

96950

U157

13310

184773

Zi7ikvitriol und Wasser,

ZnSO^ + 23 H2O . . . 230 C. 194400

ZnS04-f- 24H2O. . .230c. 191000

ZnS04 + 107 HgO . . . 23» C. 354000

Kupfervitriol und Wasser.

CUS04-4- 45 HgO. . .220c. 202410

CUSO4 + 105 H3O . . . 220 c. 339341

Schwefelsaure Magnesia und Walser,

MgS04 + 34 H2O . . . 220 c. 199180

MgS04 -h 107 H2O . . . 22« C. 324600

Salzsäure und Wasser,

HCl -h I5H2O. . .23^0. 13626

HCl -f- 5(K) HoO . . . 230 C. 86679

** m

m

366. F. Kohl rausch und W. A. Nippoldt*) haben den Widerstand verschieden concentrirter Mischungen von Schwefelsäure und Wasser nach

H2S04

. . 150 C.

H2S04-h I4H2O.

. . 190 C.

H2S04+ 13H20. .

. 220 c.

H2S04 4-499H20. .

. . 220 c.

•) Pogij, Ann, Bd. 138 (1869), pag. 286.

366.]

Veihuchc von Kohl rausch und Nippoldt.

523

der zweiten angeführten Methode untersucht. Sie benutzten magnetoelectrischo Wechselströme, deren electromotorische Kraft zwischen ^ und -^^ von der des Grove sehen Elements schwankte. Mit Hilfe eines Thermoelements aus Kupfer und Eisen konnten sie sich auch eine electromotorische Kraft ver- schaifen, die nur den ^y^Virir ^®^ Teil von der der Grove scheu Zelle betrug.

Ihre Untersuchungen ergaben, dass das Ohm sehe Gesetz in dem ganzen von den angeführten Grenzwerten der electromotorischen Kraft gebildeten Inten'all exacte Geltung hatte.

Die Mischung setzte dem Strome den geringsten Widerstand entgegen, wenn sie etwa V3 Schwefelsäure und y^ Wasser enthielt.*)

Ausserdem bestätigten sie das Gesetz, wonach der Widerstand der Elec- trolyte mit steigender Temperatur kleiner werden sollte. Die folgende Tafel zeigt die procentische Abnahme des Widerstandes einer Mischung von Schwefel- säure und Wasser für 1^ C.

Widerstand einer Mischung von fScInrefelmure und bezogen auf den Widerstand des Quecksilbers bei 0^

und Nippoldt.

Wasser bei 22 "" C, nach Kohlrausch

Speeifisches (ie wicht

Procente von H,S04

Widerstand

bei 22» (Hgo-I)

Procentische

Zunahme der

Leitungsföhigkeit

für 10 C.

0,0085

0.0

746300

0,47

1,00

0,2

465100

0,47

1,0504

8,3

v34530

0,653

1,0080

14,2

18046

0,646

1,1431

20,2

14000 .

0,700

1 ,2045

28,0

13133

1,317

1,2«31

35,2

13132

1,250

1,3163

41,5

14286

1,410

1,3^47

46,0

15762

1,674

1,3004

50,4

17726

1,582

1,4482

55,2

20706

1,417

1,5026

60,3

25574

1,704

Electrischer Widerstand der Dielectrica.

366. Man hat für Guttapercha und andere Materialien, welche zum Isoliren verwendet werden, eine grosse Anzahl von Widerstandsmessungen ausgeführt, um ein Urteil über ihren Wert als Isolationen der Telegraphen- kabel zu gewinnen.

*) Siehe jedoch wegen dieses Resultats und der folgenden Erffcbnisse Wiedeman n, Lehre von der Eiectrkität, 1882, Bd. I. pag. 601, Note 3 und pag. 603.

Anm. des U ebers.

524 Widerstand der Dielectrica. [366.

Man überzog gewöhnlich einen Telegraphendraht mit dem hetreffenden isolirenden Material, legte das so hergerichtete Kabel in eine mit Wasser gefüllte Wanne und benutzte den Draht als eine, das Wasser als andere Electrode. Dadurch wurde der Strom gezwungen, einen cylindrischen Mantel von bedeutendem Flächeninhalt und geringer Dicke zu durchsetzen. .

Von den Ergebnissen, zu denen man so gelangt ist, erwähne ich zunächst dasjenige, wonach der Strom, wenn die electromotorische Kraft zu wirken beginnt, in seiner Stärke, wie das Galvanometer anzeigt, schwankt. In der Tat besteht die erste Wirkung der electromotorischen Kraft darin, dass sie einen vorübergehenden intensiven Strom aussendet, der lediglich dazu dient, die Oberfläche des Isolators mit freier Electricität in dem Grade zu laden, wie es eben der betreffenden electromotorischen Kraft entspricht. Demgemäss ist die Stärke dieses ersten Stromes nicht als Maass für die Leitungsfahigkeit des Isolators, sondern als Maass seiner Capacität zu be- trachten. Auch nach Ablauf dieses Ladungsstromes ist die Intensität des nachfolgenden regulären Stromes hoch nicht constant, und kann demgemäss auch noch nicht zur Berechnung des wahren Wertes des Widerstandes im Isolator verwendet werden. Man hat nämlich gefunden; dass die Stromstärke mindestens eine halbe Stunde lang nach Schliessung des Kreises fortdauernd abnimmt. Je früher man also den Widerstand bestimmen würde, einen desto geringem Wert würde man für ihn erhalten.

So war bei Hoopers isolirendem Material der scheinbare Widerstand zehn Minuten nach Schluss des Stromes viermal und neunzehn Stunden später etwa drei und zwanzigmal so gross, als am Ende der ersten Minute. Kehrt man die Wirkungsrichtung der electromotorischen Kraft um, so fallt der Widerstand langsam, um dann wieder allmälig anzusteigen.

Man wird annehmen können, dass diese Erscheinungen einer eigen- tümlichen, in Ermangelung eines besseren Ausdrucks, als Polarisation zu bezeichnenden Bedingung, in die Guttapercha unter dem Einfluss einer electrischen Kraft tritt, ihre Entstehung verdanken. Die ganze Vorrichtung verhält sich einerseits, wie eine Reihe von Leydener Flaschen, die man par cascade ladet, und andererseits wie eine Ritt ersehe Secundärbatterie.

Verbindet man eine Reihe Leydener Flaschen von grosser Capacität hintereinander durch einen Draht von bedeutendem Widerstände (etwa, wie in den von Gaugain angestellten Untersuchungen, durch einen durch- nässten Baum wollende cht), so bringt eine durch die Electroden dieser Cascadenbatterie wirkende electromotorische Kraft einen durch das Galvano- meter ang^ezeigten Strom, dessen Stärke fortdauernd so lange abnimmt, bis alle Flaschen zu der unter den obwaltenden Umbänden erreichbaren Höhe geladen sind.

Der Widerstand, den eine solche Flaschenreihe dem Strome entgegen- setzt, nimmt scheinbar mit der Dauer des Stromes zu, und er würde überhaupt über alle Grenzen hinaus anwachsen, wenn das die Belegungen trennende Dielectricam aus einem vollständigen Isolator bestände. Entfernt

867.] Verhalten eines Kabels. 525

man die electromotorische Kraft und verbindet die beiden Electroden der Cascadenbatterie mit einander, so tritt ein dem ladenden Strom entgegen- gerichteter Strom auf, der bei vollständiger Isolirung jeder iunern Belegung von der ihr entsprechenden äussern genau dieselbe Electricitätsmenge wie der primäre Strom während der Dauer seiner Tätigkeit mit sich fort- führen würde.

Aehnliche Erscheinungen kann man auch an der Secundärbatterie be- merken, nur dass hier die schliessliche Isolation nicht so gut und die Capacität einer Flächeneinheit der Electroden ausserordentlich viel grösser als bei der Leydener Batterie ist.

Verbindet man den Draht eines Kabels, nachdem man dasselbe in der angegebenen Weise während etwa einer halben Stunde von einem Strom hat durchfliessen lassen, mit der Electrode der isolirenden Bekleidung, so tritt auch hier ein Rückstrom ein, der einige Zeit anhält und das Kabel allmälig auf seinen ursprünglichen Zustand zurückbringt

Die hier an dem Beispiele eines Kabels behandelten Phänomene ent- sprechen vollständig den unter dem Namen des electrischen Residuums an der Leydener Flasche längst bekannten.

Die Polarisation ist aber in Guttapercha und andern Dielectricis viel bedeutender als in Glas.

Die Polarisation scheint zunächst von den Richtungen in den betreffenden Substanzen abzuhängen und ausserdem zu ihrer Entstehung nicht sowohl die Wirkung einer electromotorischen Kraft, als vielmehr den Durchgang sei es durch Verschiebung oder in anderer Weise eiüer beträcht- lichen Electricitätsmenge zu verlangen. Der Durchgang der Electricität nimmt eine bedeutende Zeit in Anspruch.

Sowie die Polarisation begonnen hat, tritt eine innere electromotorische Kraft auf, die in der Substanz dem Strom entgegenwirkt, und soweit an- wächst, bis sie entweder einen dem primären Strome entgegengerichteton und an Stärke ihm gleichen Strom hervorgebracht hat, oder bis der Polarisations- zustand durch die wirkliche Leitungsfähigkeit der Substanz sich allmälig verliert. Indessen erfordert die ganze Theorie der Erscheinungen, die wir ^Is electrisches Residuum, electrische Absorption, Electrisirung oder Polari- sation hezeichnen, noch die eingehendsten Untersuchungen, und wahrschein- lich werden ^ir noch einst bei dem Studium dieser Erscheinungen wichtige Entdeckungen über die innere Structur der Körper machen.

367. Der Widerstand der Dielectrica nimmt grösstenteils mit steigender Temperatur ab. Guttapercha hat zum Beispiel bei O^C. einen zwanzigmal 80 grossen Widerstand als bei 24** C. Nach Bright und Clark steht die Formel .

Ä = r . 0,8878S

in der jB den Widerstand des Guttapercha bei der Temperatur T -h t und r den bei der Temperatur T angiebt, die Zahl aber zwischen 0,8878 und 0.9

52G Widersland von Guttapercha. [369.

schwankt, in genügender rebereinstimmung mit ihren direct ausgeführten Messungen. Hock in hat die merkwürdige Tatsache verificirt, dass Gutta- percha erst einige Stunden auf der bestimmten Temperatur sich befinden muss, ehe es den dieser Temperatur entsprechenden Widerstand aufweist.

Auf den W- iderstand des Kautschuks übt die Wärme keinen so grossen Einfluss aus, wie auf den des Guttapercha.

Der Widerstand des Guttapercha hängt auch von dem Drucke, unter dem sich dieses Material befindet, ab, und zwar wächst der Widerstand sehr beträchtlich, wenn man es comprimirt.

Ich teile hier nach Jenkin*) die in Ohms gemessenen und auf Cubik- meter bezogenen Widerstände verschiedener in den namliaft gemachten Kabeln benutzter Guttaperchasorten mit.

Nair.c des Cabels. Widerstand.

Red Sea ....... . 0,2(57 x 10^2 hig o^3(j2 x lO'^

Malta-Alexandria 1,2:5 x lO»»

Persian Gulf 1,80 x 10»^

Second Atlantic 3,42 x lO»»

Hoopers Persian Gulf Gore . 74,7 x lO^-'

Guttapercha bei 240C. . . . 3,53 x lO^»

Dazu füge ich noch die folgende aus Buffs in Artikel 271 erwähnten Versuchen abgeleitete Tabelle für den in Ohms gemessenen und wieder auf Cubikmeter bezogenen Widerstand des Glases bei verschiedenen Tempe- raturen hinzu.

Temperatur. Widerstand.

200« C. 227(XX)

250« 13900

3(W 1480

3500 1035

400« 735

369. Neuerdings hat Varley**) die Bedingungen untersucht, unter denen ein Strom durch verdünnte Gase hindurchgeht. Er findet, dass die electromotorische Kraft E eines durch ein Gas fliessenden Stromes aus zwei Teilen besteht, aus einer Const<inte A'^ und aus einem Gliede, welches dem Ohm sehen Gesetz entspricht. Demnach soll

E^Eo + nc

sein.

Er brauchte zum Beisjuel, um einen Strom zum Hindurchgehen durch eine liiit Gas gefüllte KOlire zu bringen, die electromotorische Kraft von

*) Cantor Levtare». ♦*; Proc, 7?. S. 1871, Jan. 12.

370.] Durchgang der Electricität durch Gase. . 527

323 Daniell sehen Elementen. Hatte der Strom erst zu fliessen begonnen, so genügten 304 Daniells, um ihn noch gerade zu erhalten. Die durch ein Galyanometcr gemessene Stromintensität ergab sich dann als proportional der Anzahl von Zellen, die die Daniel Ische Batterie mehr als 304 besass. Die Ablenkung der Galvanometemadel betrug nämlich bei 305 Zellen 2, bei 30() Zellen 4 , bei 307 Zellen fi u. s. f. bis die Anzahl der Zellen auf 380 gestiegen war, wo das Galvanometer eine Ablenkung 150, das heisst. von (380— 304) X 1,97 anzeigte.

Diese Experimente scheinen auf eine gewisse Polarisation der Electroden hinzuweisen, die einer electromotorischen Kraft von 304 Daniells äqui- valent sein würde. Der Strom wäre dann, bis er die electromotorische Kraft von 304 Daniells erreichte, vollauf durch die Etablirung des Pola- risationszustandes, in Anspruch genommen gewesen. Später als die Batterie mehr als 304 Zellen erhielt, wurde der Ueberschuss der electromotorischen Kraft über der Kraft, die gerade nötig war, um die volle Polarisation der Electroden herzustellen, zur Unterhaltung eines electrischen Stromes nach der Ohmschen Regel verwendet.

Der Strom geht also durch verdünnte Gase nach ähnlichen Gesetzen wie durch Electrolyte, wo man ja ebenfalls auf die Polarisation der Elec- troden Rücksicht nehmen muss.

Hierher gehören auch die Thomsonschen in Art. 57 beschriebenen Versuche, welche das Resultat ergaben, dass die electromotorische Kraft, welche einen Funken durch die Luft von einem Körper zu einem andern treibt, nicht proportional der Schlagweite, sondern proportional der um eine Constante vermehrten Schlagweite sein soll. Man kann die electromotorische Kraft, die der zur Schlagweite zu addirenden Constante entspricht, als Aequivalent für die Polarisation der Electroden betrachten.

370. Weitere Untersuchungen über den Durchgang der Electricität durch Gase sind von Wiedemann und Rühlmann*) angestellt worden. Sie benutzten eine Holtzsche Influenzmaschine zur Hervorbringung der Ströme und Hessen die Electricität sich zwischen zwei kugelförmigen i]lec- troden, die innerhalb eines das verdünnte Gas enthaltenden metallenen Gefässes befestigt waren, entladen. Im allgemeinen geschahen die Ent- ladungen in discontinuirlicher Folge, das zwischen zwei aufeinanderfolgende Entladungen verstrichene Zeitintervall wurde mit Hilfe eines um die Axe der Holtz sehen Maschine rotirenden Spiegels bestimmt. Die Bilder der Entladungen wurden mit einem Heliometer beobachtet und die beiden Hälften des in bekannter Weise zerschnittenen Objectivglases so lange justirt bis das erste Bild einer Entladung mit dem zweiten Bild der nach- folgenden Entladung zusammenfiel. Dadurch waren sie in den Stand gesetzt, schön übereinstimmende Resultate zu erlangen. Das Endergebnis war, dass die bei jeder Entladung fortgeführte Electricitätsmenge durch

Berichte der Kgi, Sach», Gesellscho/f, 1871 Oct. 20.

528 Versuche von Wiedemann und Rühlmann. [370.

die Natur und Dichtigkeit des Gases und durch die Entfernung und Form der Electroden bestimmt wurde, dagegen weder von der Stärke des ladenden Stromes noch von dem Material, aus dem die Electroden gebildet waren, abhing. Die Untersuchungen der genannten Physiker bestätigten auch die von Faraday aufgestellte Behauptung, derzufolge die electrisch.e Spannung (Art. 48) beim Eintreten einer disruptiveu Entladung auf einem electrisirten Conductor kleiner ist, wenn der Conductor eine negative als wenn er eine positive Ladung besitzt, dass aber, wenn eine Entladung vor sich geht, weit mehr Electricität von einer positiv als von einer negativ 'electrisirten Fläche mitgenommen wird.

Sie sind auch . bestrebt gewesen, die seiner Zeit (Art. 57) erwähnte Hypothese, dass das an den Flächen der Electroden condensirte Gas eine bedeutende RoUe bei der Entladung spielt, durch Tätsachen zu unterstützen, und sie bemerken, dass am meisten Gas auf der positiven Electrode con- densirt gefiinden wird.

Maacfvell EUctrücüäb. Bd.I.

Taf.I.

JSäxifUinieiv.

Mveaidime/i.

Methode läyjdt^ imd JVuisaidimen zu zeicfuien.

Maocwdl Mectriätät/. Bd.I.

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Maawell EUctrijoiäb. Bd.I.

TafM.

IQxjftlxrderi undMJn^aufLä/fverh,

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JiP^ 2AB.

MaxwelL MectridiäJy. Bd.I.

Taf.IV:

Myjfllmien imd Mveanfljädierb.

A..10.

McuBHvll Mecbixüät. Bd.T.

TafY

Kin/tlinieiv urul Niüptcaxßächerb.

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B^-IZ.

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Maawell Meetricädt. Bd.I.

TafM.

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JKrafi^.imd Nansmäzniesri in der cUametnüeft Sekfvütebeney einer JKugeL, auf der du^ FLdchendichte der EUdrUität nach einer Juirmonischen lä^elßmdion/ des ersten ffmdes aarnrf.

Mcaavetl EUcfridiäb. Bd.I.

ibf.m.

Sarmcmisdie'Iöxgelfttndiori der dritten (kdmm^.

rt^3 är....„I.

Maocwell EUitrijciiäb, Bd.T.

IbfJW.

EDaTn/ms(^ Jöj^dfijurui^ der dritten Ordnung.

TV ^ s.

Maoa^ell EUctrijoiäb. Bd.I.

Taf.m.

Hamwmsdw lüjyäfundwrt der viertelt Ordnung,

71^ ^

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Mcum^U Meärvätäb. Bd.I.

Taf,X

MarnwniscJw Ißu^dfufictioiv der vieriert Ordnung,

JKaawell ELtdrixätäb. Bd.I.

Taf.Jl.

(})nfoc(xle Ellipsen/ und JSyßerbebv .

McactvelL MtdrLdtöjb. Bd.I.

Taf.M.

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MiurndL Mectridiäb. M.I.

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Maam^U Muäicääb. Bd.I.

ibfÄiv:

ISrafitäueri ijnd Jfa^eaußäthsii in djerlSähe eines ßCtters.