LEHRBUCH DER ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES MENSCHEN UND DER WIRBELTHIERE. VON Dr. OSCAR HERTWIG, O. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE UND VERGLEICHENDEN ANATOMIE, DIRECTOR des n. ANATOMISCHEN INSTITUTS DER UNIVERSITÄT BERLIN. FÜNFTE THEILWEISE UMGEARBEITETE AUFLAGE. MIT 384 ABBILDUNGEN IM TEXT UND 2 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN. JENA. VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1896. Verlag toh Gnstav Fiseher in Jena. TTp-p-^ljlj-4 Q. Dr. Oscar, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des II anatomischen XlUllWlgj Institutes an der Universität Berlin. DJC SyinMose Oder daS (yenOSSenSehaftsleben im ThiclTeich. Vortrag in der ersten öffentlichen Sitzung der ö. Versammlung deutscher Maturt'orschcr und Aerzte zu Freiburg i. Br. am 18. September 1883 gehalten. Mit 1 Tafel in Farbendrucli. Preis: 1,80 Marli. üeber die physiologische Grundlage der Tuberkiilinwirküng. Eine Theorie der Wirkungsweise baeiliarer btcöwechselproilukte. 1891. Preis: bü PI. Zeit- nnd Streitfragen der Biologie. Heft i. Präformation oder Epi- genese y (iruudzuge einer i!.utwickluugstlieorie der Organismen. Mit 4 'Abbildungen im Text. Preis: 3 Mark. Inhalt: Einleitung. — Erster Teil. Die Keimplasmatheorie und die Determinantenlehre von Weismann. Kritik der Keimplasmatheorie. A) Erster Abschnitt. Einwendung gegen die Hypothese einer erbungleichen Teilung. 1) Die Einzelligen. 2) Niedere vierzellige Organismen. 3^ Die Erscheinungen der Zeugung und der Regeneration bei Pflanzen und Thieren. 4) Die Erscheinungen der Heteromorphose. 5) Die Erscheinungen der vegetativen Affinität. Zusammenfassung der Ergebnisse des ersten Abschnitts. Bemerkungen zur Unsterblichkeitslehre der Einzelligen und des Keimplasma. B) Zweiter Abschnitt. Einwände gegen die Determinantenlehre, — Zweiter Teil: Gedanken zu einer Entwicklungstheorie der Organismen. Die Zell- teilung, eine Ursache für Entstehung neuer Mannigfaltigkeit. Beziehungen zwischen organischem Wachstum und Formbildung. Die Zelle in ihren Wechselbeziehungen zu anderen Zellen und zum Gesamtorganismus (als Teil eines Ganzen). Einschränkung des cellularen Prinzips. Die Differenzierung der Zelle, eine Funktion des Ortes. Be- deutung der correlativen Entwicklung. Erklärung des Geschlechtsdimorphismus. Erklärung des Polymorphismus. Bedeutung der specifischen Anlage für den Ent- wicklungsprozess. Vergleich der Staatenbilduog mit der Entwicklung eines Organismus. Schluss. Anmerkungen und Litteraturnachweise. Die Zelle nnd die Gewehe. Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. Mit 168 Abbildungen im Text. 1892. Preis: 8 M. Inhalt: Erstes Kapitel. Die Geschichte der Zellentheorie. Die Gechichte der Protoplasmatheorie. — Zweites Kapitel. Die chemisch-physikalischen und morpho- logischen Eigenschaften der Zelle. — Drittes Kapitel. Die Lebenseigenschaften der Zelle. — I. Die Bewegungserscheinungen. — Viertes Kapitel. Die Lebenseigenschaften der Zelle. II. Die Reizerscheinungen. — Fünftes Kapitel. Die Lebenseigenschaften der Zelle. III. Stoffwechsel und formative Thätigkeit. — Sechstes Kapitel. Die Lebens- eigenschaften der Zelle. IV. Die Fortpflanzung der Zelle auf dem Wege der Theilung. — Siebentes Kapitel. Die Lebenseigenschaften der Zelle. V. Die Erscheinungen und das Wesen der Befruchtung. — Achtes Kapitel. Wechselwirkungen zwischen Proto- plasma, Kern und Zellprodukt. — Neuntes Kapitel. Die Zelle als Anlage eines Organismus (Vererbungstheorieen). TToT»t"\xri r»* ^'^' ^i<^^*rd, Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Museums xitJllWlg, ^ j Universität München, Lehrhuch der ZooIogie. Dritte um- gearbeitete Auflage. Mit 568 Abbildungen im Text. 1895. Preis: broscti. ll,öuMk., gebunden 1^,00 Mk. von lj3/rClGlGDGDj ord hon!, und XISjGCKGI^ der Chirurgie an der Univ. Jena, Atlas der topographischen Anatomie des Menschen. Für Studierende und Aerzie. 128 gröbbtenie.ls mehrfarbige üolzschuiite und .eine lithographische Doppeltafel mit erläuterndem Text. Preis: broschiert 15 Mark, ele- gant gebunden 17 Mark. Kritik aus , ^Fortschritte der Medicin^^ 1894, No. 11: Der vorliegende Atlas, von einem Anatomen und einem chirurgischen Praktiker gleichzeitig herausgegeben, verdient die viel- seitigste Beachtung. Die Abbildungen sind sehr lehrreich, dienen zur raschen Orientierung und sind künstlerisch schön ausgeführt. Kaum an einer der Tafeln lässt sich etwas aus- setzen; der beigefügte Text ist kurz und gut. Zur Topographie von Gehirn und Rücken- mark hat Professor Ziehen einige treffliche Abbildungen beigesteuert. Möge das schöne Werk grosse Verbreitung finden. Uelferich {Qreifsioald). Ausführlichen Prospect mit 3 farbigen Abbildungen liefert auf Wunsch jede Buchhandlung oder die Verlagsbuchhandlung unentgeltlicli. .|^^„ TZ^oVllrlon ^^' ^" *■ ^' ^''"ofessor und 1. Assistent am pathologischen VULI XS^dlliUeU, Institut der Universität Freiburg i. B., Tcchnlk dcr histologischen Untersuchung patliologisch-anatomisclier Prä- parate. Für studierende und Aerzte. Vierte vermehrte Auflage. Preis: brosch. 2,öU Mark, geb. 3 Mark. DK. OSCAE HERTW1G-. LEHEBÜCH DEE ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES MENSCHEN UND DER WIßBELTHIEßE. FÜNFTE AUFLAGE. . )^' LEHRBUCH ^ DER ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES MENSCHEN UND DER WIEBELTHIEEE. VON DR OSCAR HERTWIG, O. O. PROFESSOR DER ANATOMIE UND VERGLEICHENDEN ANATOMIE, DIRECTOR DES 11. ANATOMISCHEN INSTITUTS DER UNIVERSITÄT BERLIN. FÜNFTE THEILWEISE UMGEARBEITETE AUFLAGE. MIT 384 ABBILDUNGEN IM TEXT UND 2 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN. >i^ JENA. VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1896. Alle Rechte vorbehalten. Vorwort zur ersten Auflage. „Die Entwicklungsgeschichte ist der wahre Lichtträger für Untersuchungen über organische Körper." C. E. V. Baer, Ueber Entwicklungs- geschichte der Thiere (Bd. I, S. 231). Obwohl die Entwicklungsgeschichte der Thiere neben der Zell- und Gewebelehre einen der jüngsten Zweige morphologischer Forschung darstellt, ist sie doch im Laufe von 60 Jahren zu einem kräftigen und stattlichen Baume herangewachsen. Durch zahlreiche entwicklungs- geschichtliche Untersuchungen ist das Verständniss vom Bau der Or- ganismen in hohem Maasse vertieft worden. Auch das Studium des menschlichen Körpers hat aus denselben reichen Nutzen gezogen. Immer mehr findet die Entwicklungsgeschichte in den neueren anatomischen Lehrbüchern (Gegenbaur, Schw^albe) bei der Darstellung der einzelnen Organsysteme Berücksichtigung. In wie hohem Grade auf diese Weise Vieles lichtvoller und anziehender beschrieben werden kann, lehren am besten die Abschnitte über Gehirn, Auge, Herz u. s. w., wie man bei einem Vergleich älterer und neuerer anatomischer Lehrbücher leicht erkennen wird. Wenn man im Allgemeinen nun auch davon überzeugt ist, dass die Entwicklungsgeschichte „einen Grundstein unseres Verständnisses organischer Formen" bildet, so wird ihr gleichwohl noch nicht die ihrer Bedeutung entsprechende Aufmerksam- keit geschenkt; namentlich ist sie noch nicht in dem Maasse, wie es sein sollte, unentbehrlicher Bestandtheil eines abgerundeten, medi- cinischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts geworden. Zum Theil mag die Ursache für diese Erscheinung darin zu suchen sein, dass in den Kreisen der Studirenden vielfach das Studium der Entwicklungs- geschichte für besonders schwierig und ein Verständniss derselben für mühsam gehalten wird. Und so wagen sich Viele nicht in das an- scheinend dunkle Gebiet. VI Vorwort zur ersten Auflage. Aber sollte wirklich die Entwicklung eines Oroanismus schwieriger zu verstehen sein als der fertige, complicirte Bau? In gewissem Grade ist dies der Fall gewesen zu einer Zeit, als über viele der wichtigsten Entwicklungsvorgänge, wie über die Keim- blätter-7 Urwirbelbildung u. s. w. , noch die verschiedensten, sich wider- streitenden Meinungen herrschten, mit welchen der Vortragende zu rechnen hatte, und als viele Processe in ihrem Wesen und ihrer Be- deutung noch nicht verstanden waren. Aber Dank den Ergebnissen der vergleichenden Embryologie ist die Zaiil der unverständlichen Vor- gänge mit jedem Jahre mehr verringert und in demselben Maasse das Studium der Entwicklungsgeschichte auch für den Anfänger erleichtert worden. Im Wesen des Entwicklungsprocesses liegt es jedenfalls nicht, dass er schwieriger zu verstehen sein sollte, als der Bau der vollendeten Formen. Denn jede Entwicklung beginnt mit einem einfachsten Zustand, aus welchem sich der complicirtere Schritt für Schritt ableiten und er- klären lässt. — Da ich seit 12 Jahren selbst das Studium der Entwicklungs- geschichte mit Vorliebe getrieben und mich mit ihm theils in jähr- lich wiederkehrenden , akademischen Vorträgen , theils in einer Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen beschäftigt habe, ist früh der Wunsch in mir wachgerufen worden, der Entwicklungsgeschichte einen breiteren und festeren Boden im Unterricht zu gewinnen und ihr in weiteren Kreisen von Medicinern und naturwissenschaftlich Gebildeten Eingang zu verschaffen. Aus diesem Bestreben ist das vorliegende Lehrbuch entstanden, das sich zur Aufgabe gesetzt hat, insbesondere den complicirten Bau des menschlichen Körpers durch Erkenntniss seiner Ent- wicklung verständlicher zu machen. Zur Lösung meiner Aufgabe habe ich in dem vorliegenden Lehrbuch die vergleichende Forschungsmethode in den Vordergrund gestellt. Dadurch sehe ich mich in keinem Gegensatz zu einer anderen Richtung der embryologischen Forschung, welche den Schwerpunkt in die physiologische oder mechanische Erklärung der thieri- sehen Kör per formen legt. Eine solche Richtung halte ich für voll berechtigt und einer vergleichend - morphologischen Richtung so wenig entgegengesetzt, dass ich vielmehr glaube, dass erstere durch letztere die nachhaltigste Förderung in ihren Aufgaben erfahren kann. Auch in vorliegendem Lehrbuch wird man finden , dass der me- chanisch-])hysiologischen Erklärung der Formen volle Beachtung geschenkt worden ist. Man vergleiche den Abschnitt über die Zelltheilung und das 4. Capitel: „Allgemeine Besprechung der Entwickluugsprincipien", in welchem über das Gesetz des ungleichen Wachsthums und über die Processe der Faltenbildung und Ausstülpung gehandelt wird. Vorwoi't zur zweiten Auflage. VII Bei der Darstellung der einzelnen Entwicklungsprocesse ist im Grossen und Ganzen nur das Wichtige ausgewählt, Nebensächliches weg- sielassen worden, um so die Einfülirung in das entwicklungsgeschichtliche Studium zu erleichtern. Bei fundamentalen Theorieen bin ich auf ihre Geschichte ausführlicher eingegangen, da es von hohem Interesse ist und unter Umständen anregend wirkt, wenn man sieht, auf welchem Wege der derzeitige Stand einer wissenschaftlichen Frage erreicht worden ist. In schwebenden Streitfragen habe ich zwar die Ansichten, welche mir die am meisten berechtigten zu sein scheinen, der Dar- stellung hauptsächlich zu Grunde gelegt, dabei aber auch entgegen- gesetzte Auffassungen nicht unerwähnt gelassen. Zahlreiche, in den Text gedruckte Abbildungen, sowie einige in Farbendruck hergestellte Tafeln werden zum leichteren Verständniss der einzelnen Entwicklungsvorgänge wesentlich beitragen. Somit übergebe ich das Lehrbuch Aerzten und Studirenden der Medicin und Naturwissenschaften mit dem Wunsch, dass es das Studium der Entwicklungsgeschichte in weiteren Kreisen fördern und erleichtern und dadurch auch zu einem tieferen Verständniss vom Bau unseres eigenen Körpers beitragen möge. Jena, October 1886. Oscar Hertwiff. Vorwort zur zweiten Aiiflasre. Jjie freundliche Aufnahme, welche das Lehrbuch der Entwicklungs- geschichte des Menschen und der Wirbelthiere gefunden hat, ist ein Zeichen für das erhöhte Interesse, welches gegenwärtig diesem Zweig der Morphologie entgegengebracht wird. Nachdem vor Jahresfrist der erste Theil des Lehrbuchs erschienen ist, hat sich bereits schon während des Druckes des zweiten Theils die Noth wendigkeit der Veranstaltung einer neuen Auflage ergeben. In dieser sind tiefgreifendere Veränderungen nicht vorgenommen worden; dagegen hat an einigen Stellen der Text eine Erweiterung durch Berücksichtigung von mehreren neu erschienenen Arbeiten ge- funden: so der Abschnitt über die ersten Entwicklungs Vorgänge des Eies (Weismann, Blochmann); der Abschnitt über die Entstehung des Gefässsystems (Rabl, Bückert) ; der Abschnitt über die Entwicklung der Eihäute (Duval, Osborn); der Abschnitt über die menschliche Placenta ( Kastschenko, Waldeyer, Buge). VIII Vorwort zur dritten Auflage. Da der zweite Theil des Lehrbuchs erst soeben erschienen ist, konnte er in die zweite Auflage unverändert herübergenommen werden. Ferner schien es mir zweckmässig, die Literaturübersichten, welche in der ersten Auflage am Schluss des ganzen Werkes zusammengestellt sind, in der zweiten Auflage an den Schluss der einzelnen Capitel zu vertheilen. Endlich ist eine neue Zugabe das Sachregister, welches eine raschere Orieiitirung über die einzelnen Gegenstände erleichtern und so der Gebrauchsweise zu Gute kommen wird. Möge das Buch auch in dieser Form sich neue Freunde sowohl unter den Studirenden der Medicin und Naturwissenschaften, als auch bei allen Denen erwerben, welche den naturwissenschaftlichen Studien Liebe und Verständniss entgegenbringen. Jena, Februar 1888. Oscar Hertwig. Yorwort zur dritten Auflage. in den zwei Jahren, die seit dem Erscheinen der zweiten Auflage dieses Lehrbuches verflossen sind, hat unsere Kenntniss von der Ent- wicklungsgeschichte der Wirbelthiere , Dank den zahlreichen Unter- suchungen, die alljährlich veröffentlicht werden, manche wichtige Be- reicherung erfahren. Als daher die Aufgabe an mich herantrat, eine dritte Auflage des Lehrbuches vorzubereiten, musste ich an vielen Orten grössere Veränderungen vornehmen. So hat das zweite und dritte Capitel über den Befruchtungs- und Furchungsprocess des Eies durch Dar- stellung der wichtigen Entdeckungen, die am Ei von AscariS megalo- cephala gemacht worden sind, eine Erweiterung erfahren. Eine ganz neue Fassung habe ich dem neunten Capitel über die Entwicklung von Bindesubstanz und Blut, ferner dem Abschnitt über die Entstehung der Harnorgane und über die Entwicklung des peripheren Nervensystems, endlich der Lehre von der Entwicklung des Herzens und des Venen- systems gegeben. Aber auch an anderen Stellen wird man die ver- bessernde Hand vielfach wahrnehmen. Eine wesentliche Bereicherung hat die dritte Auflage durch 30 neue Abbildungen erfahren, die ich den Untersuchungen von van Beneden, BovERi, DuvAL, Flemmino, Hermann, His, Born, Gegenbaur, Nagel, VAN WiJHE, Graf Spee, Bonnet, Keibel entnonnnen habe. Durch das freundliche Entgegenkommen von Herrn Professor van Beneden war ich Vorwort zur vierten Auflage. IX auch in den Stand gesetzt, aus seiner bis jetzt noch nicht erschienenen grösseren Arbeit über die Entwicklung der Keimblätter des Kaninchens drei Figuren für mein Lehrbuch zu benutzen. Durch die Vermehrung der Figurenzahl holTo ich das Verstäudniss vieler P^ntwicklungsprocesse noch mehr erleichtert zu haben. Und so schliesse ich dieses Vorwort zur dritten Auflage, indem ich allen Denen meinen Dank abstatte, die mich freundlich unterstützt haben, insbesondere auch dem Herrn Verleger, der mir bei der weiteren Aus- stattung des Lehrbuchs bereitwilligst entgegengekommen ist. Berlin, März 1890. Oscar Hertwiff. Vorwort zur vierten Auflage. k!5eit dem Erscheinen der dritten Auflage im Jahre 1890 hat mein Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte eine weitere Verbreitung gefunden, indem es in mehrere Sprachen übersetzt worden ist, in das Französische durch Dr. Charles Julin in Liöge (1891), und in das Englische durch Professor Mark in Cambridge (1892). Eine italienische Uebersetzung ist in Vorbereitung begriffen. Die zahlreichen und ausgedehnten Untersuchungen, die jährlich auf dem Gebiete der Entwicklungsgeschichte veröffentlicht werden, haben auch bei der vorliegenden vierten Auflage zum Tbeil eingreifendere Veränderungen, zum Theil kleine Zusätze nothwendig gemacht. So haben namentlich das zweite Capitel über die Reifeerscheinungen des Eies, den Vergleich der Ei- und Samenbildung und den Befruchtungsprocess, ferner das sechste Capitel über das mittlere Keimblatt (Urmundtheorie), endlich die Abschnitte über die Entstehung des Afters, des Urogenitalsystems, des peripheren Nervensystems, die Segmenttheorie des Kopfes u. s. w. eine neue Darstellung erfahren. Hierdurch sowie durch die Aufnahme von 23 neuen Abbildungen habe ich auch bei Herausgabe dieser vierten Auflage des Lehrbuchs mich bemüht, den in den letzten drei Jahren er- folgten Fortschritten auf dem Geliiete der Entwicklungsgeschichte gerech t zu werden. Berlin, Februar 1893. Oscar Hertwig. X Vorwort zur fünften Auflage. Vorwort zur fünften Auflage. Obschon seit der Herausgabe der vierten Auflage dieses Lehrbuches noch nicht zwei Jahre verflossen sind, hat doch fast jedes einzelne Gebiet der Entwicklungsgeschichte bald mehr, bald weniger zahlreiche neu erschienene Arbeiten aufzuweisen, die unserem Wissen manche Bereiche- rung gebracht haben. Da erwächst denn für den Verfasser eines Lehr- buches die oft nicht leichte Aufgabe , sich zu entscheiden, wo er überall die verbessernde Hand anlegen soll, um Fortschritten gerecht zu werden. Dass dies nicht überall in gleichem Maasse geschehen kann, wird jeder Einsichtige verstehen. Denn wie eine neue Anschauung in diesem oder jenem Theilgebiet oft erst durch fortgesetzte bestätigende und erweiternde Untersuchungen sich allgemeine Geltung verschafft, so findet sie auch in ein Lehrbuch nicht immer von Anfang an gleich Eingang. Auch ist nicht immer jedes Neue das Bessere. Selbst manches mit Beifall Auf- genommene findet zuweilen schon nach Jahresfrist eine andere Beur- theilung, wie zum Beispiel gleich die Lehre von der „Quadrille des centres" zeigt. Dies bitte ich den freundlichen Leser wohlwollend berücksichtigen zu wollen, wenn er findet, dass dieses oder jenes Capitel nach seiner Ansicht eine veränderte Fassung hätte erfahren können. Dass es, wie in früheren Auflagen, so auch in dieser mein Bestreben gewesen ist, im Lehrbuche die Fortschritte der Wissenschaft mit zum Ausdruck zu bringen, wird man in den verschiedensten Abschnitten erkennen. Das Problem der Keductionstheilung , die Rolle des Centro- soma beim Befruchtungsprocess, die Entwicklung des mittleren Keim- blattes bei Reptilien und Säugethieren, der Bau des Chorions, die Ent- stehung der Muskelfasern aus den Ursegmenten, die Genese und Beschaffenheit der embryonalen, rothen Blutkörperchen, die Entwicklung der Harnblase und der äusseren Geschlechtsorgane etc. sind Abschnitte, welche theils ergänzende Zusätze, theils eine vollständige Umarbeitung gefunden haben. Ganz neu ist ferner der Abschnitt: „Experimente und Theorieen über die Bedeutung der erstgebildeten Furchungszellen und einzelner Theile des Eies für die Organbildung des Embryo." Auch in der Aufnahme von 22 neuen Abbildungen, durch welche die Gesammt- zahl der Figuren auf 384 gestiegen ist, wird man eine durch das freund- liche Entgegenkommen des Herrn Verlegers ermöglichte Bereicherung und bessere Ausstattung der fünften Auflage erblicken. Zum Schluss sei noch hervorgehoben, dass das Lehrbuch der Ent- wicklungsgeschichte in mehrfacher Hinsicht eine Ergänzung finden soll in dem „Grundriss der allgemeinen Anatomie und Physiologie" , von welchem vor zwei Jahren der erste Theil , die Zelle , erschienen ist. Vorwort zur fünften Auflage. XI lieber die Stellung und Beziehunjjj beider Bücher zu einander habe ich mich schon im Vorwort zur Zelle in folgenden Sätzen ausgesprochen: „Im Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbelthiere habe ich die Gesetze darzustellen versucht, welche die thierische Formbildung beherrschen , die Gesetze , nach denen sich das Zellenmaterial, welches durch fortgesetzte Theilung aus der l)efruchteten Eizelle entsteht, durch ungleichmässiges Wachsthum, durch complicirte Faltenbildung und Einstülpung in Keimblätter und schliesslich in die einzelnen Organe sondert." „Neben der Massenvertheilung und Anord- nung des Zellenmaterials oder neben der morphologischen Diffe- renz i r u n g spielt sich nun aber im Entwicklungsleben noch eine zweite Keihe von Processen ab, welche man als die histologische Diffe- renzirung zusammenfassen kann. Durch letztere wird das schon morphologisch gesonderte Zellenmaterial überhaupt erst in den Stand gesetzt, die verschiedenen Arbeitsleistimgen zu verrichten, in welche sich der Lebensprocess des fertig entwickelten Gesammtorganismus zer- legen lässt." „Im „Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte" konnte auf die zweite, mehr physiologische Seite des Entwicklungsprocesses aus Zweckmässig- keitsgründen nicht näher eingegangen werden. Insofern bildet „die Anatomie und Physiologie der Zelle und der Gewebe", wie ich oben sagte, eine nothwendige Ergänzung und ein Seitenstück zu ihm. Dies wird dem Leser schon in dem ersten Theil des Lehrbuches, welcher allein die Zelle zum Gegenstand hat, bemerkbar werden. Denn nicht nur findet sich im siebenten Gapitel eine ausführliche Darstellung der Anatomie und Physiologie der Zeugung, welche in letzter Instanz, wie des Näheren ausgeführt ist, „ein reines Zellenphänomen ist", sondern es handelt auch noch am Schluss das neunte Gapitel, betitelt: „die Zelle als Anlage eines Organismus", ausführlicli von den älteren und neueren Vererbungstheorieen, " „Noch mehr aber wird der zweite Theil des Buches, welcher die Lehre von den Geweben umfasst und welchen ich in nicht allzulanger Zeit zu veröffentlichen hoffe, eine Ergänzung zur ,, Entwicklungsgeschichte" bilden. Denn es wird in ihm neben der Beschreibung der Gewebe ein besonderes Gewicht auf ihre Entstehung oder Histogenese und auf die physiologischen Ursachen der Gewebebildung gelegt werden; damit wird dann auch die zweite Seite des Entwicklungsprocesses, die histologische Differenzirung, ihre Darstellung finden." Berlin, October 1895. Oscar Hertwig. Inhalt. Seite Einleitung 1 Hand- und Lehrbücher 4 Erster Hanpttheil. Erstes Capitel. Beschreibung der Geschlechtsproducte 7 Die Eizelle 7 Die Samenfäden 18 Geschichtliches 21 Zusammenfassung 25 Zweites Capitel. Die Eeifeerscheinungen des Eies, Vergleich der Ei- und Samenbildung, Befruchtungsprocess 28 Die Reifeerscheinungen 28 Geschichtliches 34 Vergleich der Ei- und Samenbildung 36 Der Befruchtungsprocess 41 a) Befruchtung des Echinodermeneies 42 b) Befruchtung des Eies von Ascaris meg 47 Geschichtliches 52 Zusammenfassung 53 Drittes Capitel. Der Furchungsprocess und die an ihn sich anschliessenden Embryonal- stadien der Morula und Blastula 59 a) Der Furcliungsprocess 59 b) Die an den Furchungsprocess sich anschliessenden Em- bryonalstadien der Morula und Blastula 72 c) Experimente und Theorieen über die Bedeutung der erst- gebildeten Furchungszellen und einzelner Abschnitte des Eies für die Organbildung des Embryo 73 Geschichtliches 80 Zusammenfassung 83 ^iw Inhalt. XIII Seite Viertes Capitel. Allgemeine Besprechung der Entvvicklungsprincipien 87 Fünftes Capitel. Die Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie) 94 Sechstes Capitel. Die Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter und das Schicksal des Urmunds (Coeloratheorie und Urmundtheorie) 113 1) Die Coelomtheorie 113 2) Die Urmundtheorie 145 Zusammenfassung 155 Siebentes Capitel. Geschichte der Blättertheorie 159 Achtes Capitel. Entwicklung der Ursegmente . . . 173 Zusammenfassung 178 Neuntes Capitel. Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. (Die Mesenchymtheorie.) 180 1) Die Entstehung der Bindesubstanzen 182 2) Die Entstehung der Gefässendothelien und des Blutes . . . 185 Geschichtliches 196 Zusammenfassung 198 Zehntes Capitel. Bildung der äusseren Körper form ...202 Zusammenfassung 211 Elftes Capitel. Die Eihüllen der Reptilien und Vögel 212 Zusammenfassung 223 Zwölftes Capitel, Die Eihüllen der Säugethiere 225 Zusammenfassung 240 Dreizehntes Capitel. Die menschlichen Eihüllen 242 1) Das Chorion 247 2) Das Amnion 249 3) Der Dottersack 249 4) Die Deciduae 250 5) Die Placenta 256 6) Die Nabelschnur 266 Zusammenfassung 269 XIV Inhalt. Zweiter H a n p 1 1 h e i 1. Vierzehntes Capitel. g^-^^ Die Organe des inneren Keimblattes. Das Darrarohr mit seinen An- hangsorganen 277 I. Die Bildung der Oeifnungen des Darms 277 A. Die Entwicklung des Afters und des Schwanzes . . . 277 B. Die Entwicklung des Mundes . 282 C. Die Entwicklung der Schlundspalten 285 II. Die Sonderung des Darmrohrs in einzelne Abschnitte und Bildung der Gekröse (Mesenterien) 290 III. Die Entwicklung der einzelnen Organe des Eingeweiderohrs . 297 A. Die Organe der Mundhöhle: Zunge, Tonsille, Speichel- diüsen und Zähne 297 B. Die aus dem Sclilunddarm entstehenden Organe . . . 305 1) Die Tliymus 306 2) Die Schilddrüse 309 3) Lunge und Kehlkopf 311 C. Die Drüsen des Dünndarms 314 1) Die Leber 314 2) Die Bauchspeicheldrüse 321 Zusammenfassung 323 Fünfzehntes Capitel. Die Organe des mittleren Keimblattes 330 I. Die Entwicklung der willkürlichen Musculatur 330 A. Die Ursegmente des Rumpfes 334 B. Die Kopfsegmente 340 II. Die Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane . . . 343 a) Die Vorniere und der ürnierengang 343 b) Die Urniere 350 c) Die Niere 356 d) Der MÜLLEE'sche Gang 358 e) Das Keimepithel 363 f) Der Eierstock 363 g) Der Hoden 370 h) Die Umwandlung der verschiedenen Anlagen des Uro- genitalsystems in den fertigen Zustand 372 A. Im männlichen Geschlecht (Descensus testiculorum) . 374 B. Im weiblichen Geschlecht (Descensus ovariorum) . . 379 i) Die Entwicklung der äusseren Geschlechtstheile . . . 383 III. Die Entwicklung der Nebennieren 389 Zusammenfassung 391 * Sechzehntes Capitel. Die Organe des äusseren Keimblattes 401 I. Die Entwicklung des Nervensystems 401 A. Die Entwicklung des Centralnervensystems 401 a) Die Entwicklung des Rückenmarks 402 Inhalt. X.V Seite b) Die Entwicklung des Gehirns 405 1) Umwandlung des fünften Hirnbläschens . . . . 411 2) „ „ vierten „ .... 412 3) „ „ dritten „ • • • • 413 4) „ „ zweiten „ .... 414 Entwicklung der Zirbeldrüse 414 Entwicklung der Hypophysis 418 5) Entwicklung des Grosshirnbläschens 421 B. Die Entwicklung des peripheren Nervensystems .... 428 a) Die Entwicklung der Spinalknoten 429 b) Die Entwicklung der peripheren Nerven .... 431 1) Die Entwicklung der Nervenwurzeln 434 2) Die Entwicklung peripherer Nervenstämme . . . 435 8) Die Entwicklung der Nerven bei Petromyzon . . 436 4) Die Entwicklung der Kopfnerven 437 c) Die Entwicklung des Sympathicus 441 Zusammenfassung 441 II. Die Entwicklung der Sinnesorgane 445 A. Die Entwicklung des Auges 445 a) Die Entwicklung der Linse 448 b) Die Entwicklung des Glaskörpers 451 c) Die Entwicklung des secundären Augenbechers und der Augenhäute 452 d) Die ^Entwicklung des Sehnerven 459 e) Die Entwicklung der Hülfsapparate des Auges . . . 461 Zusammenfassung 463 B. Die Entwicklung des Gehörorgans 464 a) Die Entwicklung des Hörbläschens zum Labyrinth . . 464 b) Die Entwicklung der häutigen Ohrkapsel zum knöchernen Labyrinth und zu den perilymphatischen Räumen . 471 c) Die Entwicklung des mittleren und des äusseren Ohrs 477 Zusammenfassung 480 C. Die Entwicklung des Geruchsorgans 481 Zusammenfassung 488 III. Die Entwicklung der Haut und ihrer Nebenorgane .... 489 a) Die Haut 489 b) Die Haare 490 c) Die Nägel 494 d) Die Drüsen der Haut 495 Zusammenfassung 498 Siebzehntes Capitel. Die Organe des Zwischenblatts oder Mesenchyms 505 I. Die Entwicklung des Blutgefässsystems 508 A. Die ersten Entwicklungszustände des Gefässsystems . . 508 a) Des Herzens 508 b) Dotterkreislauf, Allantois- und Placentarkreislauf . . 513 B. Die weitere Entwicklung des Gefässsystems bis zum aus- gebildeten Zustand 517 a) Die Umwandlung des Herzschlauchs in ein gekaramertes Herz 517 XVI Inhalt. Seite b) Die Entwicklung des Herzbeutels und Zwerchfells . . 527 c) Umwandlungen im Bereiche des Arteriensystems . . 531 d) Umwandlungen im Bereiche des Venensystems . , 536 e) Die Milz 545 Zusammenfassung 545 II. Die Entwicklung des Skelets 549 A. Die Entwicklung des Achsenskelets 550 a) Entwicklung der Wirbelsäule 552 b) Entwicklung des Kopfskelets 558 I. Knochen der Schädelkapsel 571 II. Knochen des Visceralskelets 573 c) Ueber die Stellung des Kopfskelets zum Rumpf skelet 577 Die Wirbeltheorie des Schädels 577 B. Die Entwicklung des Extreraitätenskelets 583 a) Schulter- und Beckengürtel 586 b) Skelet der freien Extremität 588 c) Entwicklung der Gelenke 591 Zusammenfassung 593 Literaturnachtrag 602 Register 603 Einleitung. Die individuelle Entwicklungsgeschichte oder Ontogenie (Embryo- logie) ist die Lehre vom Werden eines Organismus; sie hat die Form- veränderungen, welche ein Organismus von seiner Entstehung im Ei bis zu seiner völligen Ausl)ilduug durchläuft, zu beschreiben und in ihrem gesetzmässigen Zusammenhange darzustellen. Als den Anfang des Ent- wicklungsprocesses können wir für die Wirbelthiere wie für alle höheren Thiere überhaupt die Befruchtung der Eizelle betrachten. Bei der Darstellung der mit der Befruchtung beginnenden Ver- änderungen der Eizelle kann man zwei verschiedene Methoden wählen. Bei der einen Methode legt man der Darstellung einen bestimmten Organismus zu Grunde und beschreibt von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag die Veränderungen, die sein Keim vom Augenblick der Be- fruchtung an erfährt. In dieser Weise ist die Entwicklungsgeschichte des Hühncb.ens von C. E. von Baer in seinem classischen W^erk und von FosTER und Balfour in ihren Gruudzügen der Entwicklungsgeschichte der Thiere bearbeitet worden. Die Methode hat den Vortheil, dass der Leser ein Bild von der Gesamnitlieschaffenheit eines Organismus in den einzelnen Stadien seiner Entwicklung erhält. Ein derartiges Lehrbuch eignet sich namentlich für solche, welche die Entwicklungsgeschichte eines einzelnen Thieres, wie z. B. des Hühn- chens, aus eigener Anschauung durch Nachuntersuchung kennen lernen wollen. Dagegen is es w^eniger geeignet für denjenigen, der ein zu- sammenhängendes Bild von der Entwicklung der einzelnen Organe, des Auges, des Herzens, des Gehirns u. s. w., erhalten will. Denn die Bildung derselben wird ja an verschiedenen Orten bei Beschreibung jüngerer und älterer Embryonen abgehandelt. Der Leser muss, um sich einen Ueberblick über den Entwicklungsgang eines Organes zu verschaffen, an verschiedenen Stellen des Lehrbuchs nachschlagen und sich das hierauf Bezügliche zusammenstellen. Für den Anfänger und für die Bedürfnisse des theoretischen Unter- richts in der Entwicklungsgeschichte empfiehlt sich die zweite Methode, welche die einzelnen Organe für sich der Reihe nach betrachtet 0. Hertwig, Eutwicklungsgeschiclite. 5. Aufl. 1 2 Einleitung. und die Veränderungen, welche ein einzelnes Organ während der Ent- wicklung von Anfang bis zu Ende zu durchlaufen hat, im Zusammenhang darstellt. In dieser Weise ist die Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere von Kölliker geschrieben. Die zweite Methode ist zugleich auch die einzig anwendbare, wenn es darauf ankommt, die Entwicklung mehrerer Organismen vergleichend zu untersuchen und die Lücken, die in unserer Erkenntniss des einen bestehen, durch das, was wir von nahe verwandten Thieren wissen, auszufüllen. In dieser Lage aber befinden wir uns, wenn wir uns ein Bild von der Entwicklung des menschlichen Körpers verschaffen wollen. Eine Darstellung, welche sich allein auf das, was wir vom Menschen wissen, beschränken wollte, würde sehr zahlreiche und grosse Lücken aufweisen. Denn bis jetzt hat noch keines Menschen Auge gesehen, wie das menschliche Ei befruchtet wird, wie es sich theilt, wie sich die Keimblätter bilden, wie sich die erste Anlage der wichtigsten Organe vollzieht. Gerade über den Zeitraum der ersten drei Wochen, in welchen sich die verschiedenartigsten, grundlegenden Entwicklungsprocesse ab- spielen, wissen wir so gut wie gar nichts; auch ist wenig Aussicht vorhanden, dass in dieser Beziehung eine Aenderung so bald eintreten wird. Für eine vollständige Entwicklungsgeschichte des Menschen im strengen Sinne des Wortes wird daher vielleicht niemals die Zeit ge- kommen sein. Indessen sind die sich hier ergebenden Lücken in einer anderen, unser Wissensbedürfniss gleichfalls befriedigenden Weise auszufüllen. Das Studium der verschiedensten Wirbelthiere lehrt uns, dass sie sich nach einem gemeinsamen Plane entwickeln, dass die ersten Entwicklungs- processe in allen principiell wichtigen Punkten übereinstimmen, und dass Verschiedenheiten, die uns hier und da entgegentreten, durch Ursachen untergeordneter Art, wie durch einen grösseren Gehalt der Eizelle an Dotter, hervorgerufen werden. Wenn wir sehen, dass die erste Anlage des centralen Nervensystems, des Auges, der Wirbelsäule, der Eingeweide etc. bei den Säugethieren im Ganzen ebenso wie bei den Amphibien, Vögeln und Pieptilien geschieht, so ist der Schluss sehr naheliegend und gerechtfertigt, es werde von dieser allgemeinen Erscheinung auch der Mensch in seiner Entwicklung keine Ausnahme machen. So werden wir beim Studium der Entwick- lungsgeschichte von selbst auf die vergleichende Methode hin- geführt. Was wir von der Entwicklung des Menschen der Natur der Sache nach nicht erfahren können, suchen wir durch die Untersuchung anderer Wirbelthiere zu erschliessen. In früheren Jahrzehnten war das Ei des Hühnchens das bevorzugte 01)ject, an welchem die zahlreichsten und vollständigsten Beobachtungs- reihen gewonnen wurden. In den letzten 20 Jahren hat sich die Forschung auch den Säugethieren, bei deren Untersuchung die grössten Schwierig- Einleitung. 3 keiten zu überwinden sind, sowie den Reptilien, Amphilnen, Fischen etc. zugewendet. Erst durch die Beobachtung so verschiedenartiger Objecte ist Klarheit in viele Vorgänge gebracht worden, die bei Betrachtung des Hühnchens allein uns in ihrem Wesen unverständlich geblieben waren. Denn erst so lernte man das Allgemeine und Wichtige vom Nebensäch- lichen un^ Unwichtigen unterscheiden und die Entwicklungsgesetze in ihrer Allgemeinheit verstehen. Ich werde mich daher auch in diesem Lehrbuch nicht an ein ein- zelnes Object, wie an das Ei des Hühnchens oder des Kaninchens, halten, sondern von allgemeineren, vergleichenden Gesichtspunkten aus darzu- stellen suchen, was wir durch ausgedehnte Untersuchungsreihen bisher über das Wesen des Befruchtungs- und des Furchungsprocesses, der Keimblätterbildung etc. als gesetzmässig erkannt haben. Indessen erwarte man kein Lehrbuch der vergleichenden Entwick- lungsgeschichte ! Zweck und Aufgabe ist in erster Reihe, die p]ntwicklung und den Bau des menschlichen Körpers verstehen zu lernen. Was wir darüber wissen, ist vor allen Dingen in den Vordergrund gestellt und die Entwicklungsgeschichte der übrigen Wirbelthiere nur, sow^eit es zu dem angedeuteten Zwecke erforderlich war, herangezogen und gleichsam ausgenutzt worden. In die von mir in Aussicht genommene Eintheilung des entwick- lungsgeschichtlichen Materials nach den einzelnen Organsystemen lässt sich eine grosse Reihe von Vorgängen, mit denen die Entwicklung be- ginnt, nicht einordnen, da am Anfang im Keim die Anlagen zu bestimm- ten, später gesonderten Organen nicht erkennbar sind. Ehe es zur Organbildung überhaupt kommt, sondert sich erst das Ei in zahlreiche Zellen: diese ordnen sich darauf in einzelne grössere Com])lexe, die man die Keimblätter oder die Primitivorgane des Embryo genannt hat. Ferner werden bei den höheren Wirbelthieren einzelne Organe gebildet, die nur für das embryonale Leben von Bedeutung sind und später wieder ver- loren gehen, die Eihüllen nämlich und die Eianhänge. Alle derartigen Vorgänge werden wir im Zusammenhang für sich besonders behandeln. Hiernach können wir unser Thema in zwei Hauptabschnitte zerlegen, von welchen der erste über die Anfangsprocesse der Entwick- lung und über die embryonalen Hüllen, der zweite über die Entstehung der einzelnen Organsysteme handeln wird. Um Vorgerückteren ein tieferes Studium und ein Eindringen in die embryologische Literatur zu erleichtern, wird am Schluss der einzelnen Capitel eine Uebersicht über die wichtigeren Originalarbeiten gegeben werden. Dagegen mögen Lehrbücher der Entwicklungsgeschichte gleich hier Erwähnung finden. Hand- und Lehrbücher. G. Valentin. Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugethiere und Vögel. Berlin 1845. Bischoff. Entwicklungsgeschichte der Säugethiere und des Menschen. Leipzig 1842. H. Rathke. Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere. Leipzig 1861. A. KöLLiKEE. Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Akademische Vorträge. Leipzig 1861. Zweite, ganz umgearbeitete Auflage. Leipzig 1879. Derselbe. Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Zweite Auflage. Leipzig 1884. Schenk. Lehrbuch der vergleichenden Embryologie der Wirbelthiere. Wien 1874. E. Haeckel. Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen. Leipzig 1874. Vierte Auflage. 1891. M. FosTER und F. M. Balfour. The Clements of embryology. Part I. (Hühnchen). London 1874. 2. edit. by Adam Sedgwick and Walter Ha;bpe 1883. Deutsche Uebersetzung durch Kleinenberg. Leipzig 1876. W. His. Unsere Körperform und das physiologische Problem ihrer Ent- stehung. Leipzig 1875. F. M. Balfour. Handbuch der vergleichenden Embryologie. Aus dem Englischen übersetzt von Dr. C. Vetter. Jena 1881. Zwei Bände. G. RoMiTi. Lezioni di embriogenia umana e comparata dei vertebrati. Siena 1881. 82. 88. W. Preyer. Specielle Physiologie des Embryo. 1883. 84. C. K. Hoffmann. Grondtrekken der vergelijkende Ontwikkelingsgeschie- denis van de gewervelde Dieren. Leiden 1884. M. DüvAL. Atlas d'embryologie. Paris 1888. Bonnet. Grundriss der Entwicklungsgeschichte der Haussäugethiere. 1891. KoRSCHELT und K. Beider. Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs- geschichte der wirbellosen Thiere. i^^-'h^k-tv^ (P^.c. f^ö~-) Prenant. Elements d'embryologie de l'homme et des vertöbrös. 1891. Schäfer. Embryology. Quain's Clements of anatomy. 1890. Charles Sedg. Minot. Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen. Deutsche Uebersetzung von Kaestner. Leipzig 1894. R. S. Bergh. Vorlesungen über allgemeine Embryologie. ERSTER HAUPTTHEIL. -<^- ERSTES CAPITEL. Beschreibung der Geschlechtsproducte. Ei- und Samen-Zelle. Die Entwicklung eines neuen Geschöpfes kann bei den meisten Thieren und ausnahmslos bei allen Wirbelthieren nur dann stattfinden, wenn von zweien durch ihr Geschlecht unterschiedenen Individuen Fort- pflanzungsstofife, vom Weibe das Ei und vom Manne das Samenkörper- chen oder der Samenfaden, ausgeschieden werden, und wenn dieselben zu geeigneter Zeit in Folge des Zeugungsactes zur Vereinigung kommen. Ei und Samenfaden sind einfache Elementartheil e oder Zellen, die in besonderen drüsigen Organen, die Eizellen in den Eierstöcken des Weibes und die Samenzellen in den Hoden des Mannes, gebildet werden. Nach Eintritt der Geschlechtsreife lösen sie sich zu bestimmten Zeiten in den Geschlechtsorganen aus dem Verbände mit den übrigen Zellen des Körpers los und bilden unter geeigneten Ent- der beiden Ge- für denen die Vereinigung ist, den Ausgangspunkt emen neuen Wicklungsbedingungen , unter schlechtszellen die wichtigste kindlichen Organismus. Mit den Eigenschaften der beiderlei Geschlechtsproducte werden wir uns daher zunächst bekannt zu machen haben. 1. Die Eizelle. Das Ei ist die weitaus grösste Zelle des thierischen Körpers. Seine einzelnen Bestandtheile hat man zu einer Zeit, wo man von seiner Zellennatur noch nichts wusste, mit besonderen, noch jetzt üblichen Namen belegt. Den Inhalt bezeichnete man als Eidotter oder Vitellus, den Zellenkern als Vesicula germinativa oder Keimbläschen, dessen Entdeckung durch den Physiologen Purkinje geschah; die Kernkörperchen oder Nucleoli nannte man Keimflecke oder Maculae germinativae (Wagner), die Zellenmembran endhch die Dotterhaut oder Membrana vitel- lina. Alle diese Theile weichen in nicht un- erheblicher Weise von der gewöhnlichen Be- schaffenheit des Protoplasma und des Kerns der meisten thierischen Zellen ab. Der Eidotter (Fig. 1 und 5 nd) sieht selten, wie das Protoplasma der meisten Fig. 1. Unreifes Ei aus dem Eierstock eines Eehi- noderms (etwa 300 Mal ver- grössert). Das grosse Keim- bläschen zieigt in einem Netz- werk von Fäden, dem Kernnetz, einen Keimfleck oder Nucleolus. 8 Erstes Capitel. Zellen. , homogen, schleimig und undurchsichtig und grobkörnig. durchscheinend aus. gewöhnlich ist er Es rührt dies daher, dass die Eizelle während ihrer Entwicklung im Eierstock Nahrungsmaterialien oder Reservestoffe in sich ablagert. Dieselben bestehen aus Fett, aus Eiweisssubstanzen und aus Gemischen von beiden und werden je nach ihrer Form als grössere und kleinere Dotterkugeln, Dotterplättchen u. s. w. beschrieben. Sie werden später, wenn der Entwicklungsprocess im Gange ist, allmählich zum Wachsthum und zu der Vermehrung der embryonalen Zellen aufgebraucht. Die Grundmasse des Eies, in welche die eben angeführten Reservestofte eingebettet sind, ist das Proto- plasma, die physiologisch interessanteste und wichtigste Substanz, da in ihr sich, wie wir aus vielen Erscheinungen schliessen, die hauptsäch- lichen Lebensprocesse abspielen. Man muss also im Dotter 1) das Protoplasma und 2) die in ihm aufgespeicherten Reservestoflfe von chemisch verschiedener Natur (das Deutoplasma von van Bexedex) unterscheiden. Wenn die Reservestoffe im Ei sehr reichlich abgelagert worden sind, so kann durch sie die eigentlich wichtige Substanz, das Proto- plasma, fast ganz verdeckt werden (Fig. 5 und 6). Es füllt alsdann die kleinen Lücken zwischen den dicht zusammengedrängten Dotter- kugeln, Dotter-Schollen oder Plättchen wie der Mörtel zwischen den Steinen eines Mauerwerks aus und erscheint auf einem Durchschnitt nur als ein zartes Netzwerk, in dessen kleineren und grösseren Maschen die Dotterbestandtheile liegen. Nur an der Oberfläche des Eies ist stets das Eiplasma als eine mehr oder weniger dicke, zusammenhängende Rindenschicht vorhanden. Das Keimbläschen lagert gewöhnlich in der Mitte des Eies; es stellt das grösste Kerngebilde des thierischen Körpers dar, dessen Durch- messer im Allgemeinen mit der Grösse des Eies zunimmt. So erreicht es z. B. in den grossen Eiern der Amphibien, Reptilien und Vögel solche Dimensionen, dass es ohne jede Vergrösserung leicht gesehen und mit Nadeln für sich isolirt werden kann. Das Keimbläschen (Fig. 1 und 2) grenzt sich gegen den Dotter durch eine oft deutlich darzustellende, feste Membran ab, welche ver- schiedene Inhaltsbestandtheile : den Kernsaft, das Kernnetz, die Kernkörper und fädige, aus Nu dein bestehende Gebilde (Nucleinfäden) um- schliesst. Der Kernsaft ist flüs- siger als der Dotter, meist im frischen Zustand wasserhell und nimmt, wenn er durch Zusatz von Reagentien geronnen ist, nur wenig oder gar keine Farbstoffe in sich auf. Er wird von einem N e t z w e I- k zarter Fäden (hi) durchsetzt, die aus Linin gebildet sind und sich an die Kernmem])ran anheften. In diesem Netzwerk sind dann die Kern- körper oder Keimflecke (/./) eingeschlossen, kleine, meist kug- -- ¥ kn m Fig. 2 9 Keimbläschen eines noch unreifen, kleinen Fi'oscheies. Es zeigt in einem dichten Kernnetz [Icn) sehr zahl- reiclie, meist wandständige Keimflecke (hf) m Kernmembran. Beschreibung der Geschlechtsproducte. 9 lige, homo.uene, gUinzeiule Gebilde, die aus Kernsubstanz oder Nuelein bestehen. Vom Protoplasma untersclieidet sich das Nudeln (abgesehen von einigen anderen chemischen Reactionen) namentlich dadurch, dass es sehr begierig Farbstotte, wie Carmin, Ililmatoxylin, Anilin etc., in sich aufnimmt, daher es auch von Flemmixg den Namen „Chromat in" erhalten hat. Die Anzahl der Keimflecke ist in den einzelnen Keimbläschen eine sehr verschiedene, aber für die einzelnen Arten der Eier ziendich gleich bleibende; bald ist nur ein einziger Keimfleck (Fig. 1), bald sind ihrer mehrere oder sehr viele vorhanden (Fig. 2 l-f). Je nachdem kann man mit Auerbach uninucleoläre, pluri- und multinucleoläre Keimbläschen unterscheiden. Ein weiterer und zwar ausserordentlich wichtiger Bestandtheil des Keimbläschens sind in grösserer und vielleicht genau bestimmter Zahl vorkommende, feinste, aus Chromatin bestehende Fäden, die in Win- dungen den Kernraum durchsetzen (Fig. 3). Sie sind zuerst im Eierstocksei von Siredon durch Flemming, später bei anderen Amphibien durch Oskar Schultze und Born, im unreifen Hiihnerei durch Hüll und im Ei der Selachier durch Rückert nachgewiesen worden. An letzterem Object hat sich ihre Anzahl auf 60 — 72 bestimmen lassen. Fig. 3. Junges Eierstocksei von Siredon pisciformis, nach Flemmung. Quergestrichelte Gerüststränge im Kern. — Nucleolen klein (in älteren Eiern grösser,^ rund, zum Theil in dickeren Strängen gelegen, zum Theil nicht so. Sie sind hier im Zinkdruck nur als Kreischen angedeutet. 10 Erstes Capitel. Nach Born zeigt ein solcher feiner Faden einen sehr complicirten Ver- lauf, indem er (Fig. 4) vielfache Schleifen bildet, die in querer Richtung zusammengelegt sind, in ähn- licher Weise wie der Samen- gang im Nebenhoden. An ihrer Obeiüäche werden ferner die Eier von schützenden Hüllen umschlossen, deren An- zahl und Beschaffenheit im Thier- reich sowohl als auch innerhalb der Wirbelthiere eine ausser- ordentlich verschiedenartige sein kann. Die Hüllen theilen wir, wie es Ludwk; gethan hat, am besten nach ihrer Ent- stehungsweise in zwei Gruppen ein, in die primären und in die s e c u n d ä r e n E i h ü 1 1 e n. Primäre Eihüllen sind solche, oder innerhalb des Eierstockes und des Eifollikels von den Follikelzellen gebildet werden. Die vom Eidotter ausgeschiedenen nennt man Dotterhaut, Membrana v i t e 1 1 i n a , die vom Follikelepithel gebildeten C h o r i o n. Als secun- däre Eimembranen sind alle zu bezeichnen, welche erst ausserhalb des Eierstocks durch Ausscheidungen von Seiten der Wandung des Aus- führungsapparates ihre Entstehung nehmen. Im Einzelnen betrachtet weichen die Eier der arten in hohem Grade von einander ab, so dass die Art am meisten characteristischen thierischen werden müssen. Ihre Grösse, welche auf die geringere oder ^ Ansammlung von Reservestoffen zurückzuführen ist, schwankt so Fig-. 4. Zwei Stücke von Chromatin- fadensträngen aus dem Keimbläschen eines Eierstockseies von Triton taenia- tus, nach IJorn. Das Ei liat einen Dureli- messer von ^U mm. Das centrale Keimbläschen maass ^U mm. welche entweder von der Eizelle selbst verschiedenen Thier- sie wohl als die für Zellarten betrachtet grössere sehr. dass bei einzelnen Thieren die Eizellen eben noch als kleine Pünktchen wahrgenommen werden können, während sie liei anderen die ansehn- lichen Dimensionen eines Hühner- oder sogar eines Strausseneies er- reichen. Die Form ist meist kuglig, seltener oval oder cylindrisch. Andere Verschiedenheiten entstehen durch die Art und Weise, wie Ei- protoplasma und ReservestofPe beschaffen und im Eiraum vertheilt sind ; dazu kommt die wechselnde, feinere Structur des Keimbläschens und die grosse Verschiedenartigkeit der Eihüllen. Einige dieser Verhältnisse sind für die weitere Entwicklungsweise der Eizellen von grösserer Bedeutung. Man hat sie als Princip für eine Eintheilun^* der so verschiedenen Arten der Eier benutzt. Am zweckmässigsten theilt man die Eier in zwei Hauptgruppen, in einfache und in zusammengesetzte Eier ein, von welchen die ersteren wieder in mehrere Untergrujjpen zerfallen. A. Die einfachen Eier. Einfache Eier nennen wir solche, die sich in einem Eierstock aus einer einzigen Keimzelle entwickeln. Zu ihnen gehören die Eier aller Wirbelthiere und der meisten Wirbellosen. In der ersten Hauptgruppe ergeben sich nach der Art und Weise, wie Protoplasma und Reservestoffe im Eiraum vertheilt Beschreibung der Geschlechtsproducte. 11 Menge a n g e s a m protoplasinareicheren sind, drei für die Gestaltung der ersten Entwi cklungs- p r 0 c e s s e s e li r b (^ d e u t u n g s v o 11 e M o d i f i c a t i o n e n. Im einfachsten Falle sind die Ileservestoffe, die gewöhnlich nur in geringerer Menge in dem entsprechend kleinen Ei vorhanden sind, mehr oder minder gl eich massig im Protoplasma ver- t heilt (Fig. 1). In anderen Fällen hat sich von diesem ursprüng- lichen Zustand aus eine massenhafte Zunahme des Dotters und eine Ungleichmässigkeit in der Vertheilung der beiden oben unterschiedenen Eisubstanzen entwickelt. An bestimmten Stellen des Eiraums hat sich das Protoplasma, an anderen Stellen das Ma- terial der Reservestoffe in grösserer melt. Es hat sich somit ein Gegensatz zwischen und protoplasmaärmeren Abschnitten der Eizelle herausgebildet. Eine stärkere Ausbildung dieses Gegensatzes hat einen ausserordentlich grossen und tiefgreifenden Einfluss auf die ersten Entwicklungsprocesse, welche sich nacli der Befruchtung an der Eizelle vollziehen. Es treten nämlich die Veränderungen, welche wir später als Furchungsprocess zusammen- fassen werden, nur an dem protoplasmareicheren Al)schnitt des Eies ein, während der grössere, an Reservestolfen reichere Abschnitt scheinbar ganz unverändert bleibt und nicht in Zellen zerlegt wird. Hierdurch wird während der Entwicklung der schon im ungetheilten Ei vorhandene Gegensatz ein ungleich grösserer und springt mehr in die Augen. Der eine Theil des Eies geht Veränderungen ein, zerlegt sich in Zellen und bildet aus diesen die einzelnen Organe, der andere Theil bleibt mehr oder minder unverändert und wird allmählich als Nahrungsmaterial auf- gebraucht. Nach dem Vorgang von Reichert hat man den protoplasma- reicheren Theil des Dotters, auf den die Entwicklungsprocesse beschränkt lileiben , als B i 1 d u n g s d o 1 1 e r und den anderen als N a h r u n g s - d Otter bezeichnet. Die ungleiche Vertheilung von Bildu ngsd otter (Vi teil us formativus) und von Nahrungsdotter (Vitellus nutritivus) vollzieht sich im Eirauin in zwei verschiedenen Weisen. In dem einen Falle (Fig. 5) sammelt sich der Bildungsdotter an einem Pole des Eies zu einer flachen Keim Scheibe (/.-..sc/O an. Die Scheibe ist, da ihr specifisches Gewicht ein geringeres als dasjenige des am entgegengesetzten Pole angehäuften Nahrungsdotters (n.d) ist, stets nach oben gekehrt und breitet sich auf letz- terem gleichsam wie ein Oeltropfen auf dem Wasser aus. Das Ei hat also hier eine polare r)ifferen- zirung erfahren; es muss in der Ruhelage wegen der ungleichen Schwere der beiden Pole stets ein- und dieselbe Stellung einnehmen. Die ungleichen Pole unter- scheidet man: den nach oben gerichteten, leichteren Pol mit der K e i m s c h e i b e als den animalen (Ä.P), den nach ab- A.F V.F Fig. 5. Schema eines Eies mit polständigem Nahrungsdotter. Der Bildungsdotter bildet am animalen Pole A.P eine Keimscheibe k.sch., in welcher das Keinildäschen k.b eingeschlossen ist. Der Nahrungsdotter n.d füllt den übri- gen Eiraum nach dem vegetativen Pol {V.P) zu aus. 12 Erstes Capitel. wärts gekehrten, schwereren und dotterreicheren als den vegetativen (V.P). Die polare Diiferenzirung der Eier ist bei den Wirbelthieren häufig anzutreffen; besonders deutlich ist sie in der Klasse der Knochenfische, der Reptilien und der Vögel ausgeprägt. In dem zweiten Falle (Fig. 6) sammelt sich der Bil- dungsdotter (b.d) an der ganzen Oberfläche des Eies an und umgiebt als gleichmässig dicke, feinkörnige Rindenschicht, Keimhaut, den central gelegenen Nahrungs- dotter (n.d). Das Ei ist central differenzirt. Anstatt polständig, ist hier der Nahrungsdotter mittel- ständig. Ein derartiges Verhalten wird bei den Wirbelthieren niemals angetroffen, ist aber für die Arthro- poden characteristisch. Um die drei Modificationen in der Vertheilung der verschiedenen Ei- substanzen zu unterscheiden, hat sich Balfour der Ausdrücke alecithal, telolecithal und centrolecithal be- dient. Alecithale nennt er die Eier, in welchen nur eine sehr geringe Menge von Reservestoffen im Proto- plasma mehr oder minder gleich- solche, bei denen das Dottermaterial ist, centrolecithale solche, bei denen ist. Im Folgenden werden wir L'leich massig vertheilten JJ^-. Fig. 6. Schema eines Eies mit m.ittelständigem Nahrungsdotter. Das Keiniblä.sclien /c.i nimmt die Mitte des Nabrungsdotters (n.d) ein, welcher von einem Mantel von Bildungsdotter (b.d) eing:ehüllt wird. massig vertheilt am vegetativen telolecithale angesammelt ist. Pole die Ansammlung im Centrum erfolgt 1) von dotterarmen Eiern mit Reserve Stoffen, 2) von Eiern mit pol ständigem Dotter- material und 3 ) von Eiern mit m i 1 1 e 1 s t ä n d i g e m Dotter- material sprechen (polar und central differenzirte Eier). Es wird jetzt zweckmässig sein , das eben Gesagte an typischen Beispielen zu erläutern, und wählen wir hierzu die Eier der Säugethiere, der Amphibien, der Vögel und der Arthropoden, auf welche wir auch später bei der Darstellung der weiteren Entwicklungsvorgänge öfters wieder zurückkommen werden. Das Ei der Säugethiere niid des Menschen ist ausserordentlich klein, indem es durchschnittlich nur 0,2 mm misst. Es ist daher auch erst in unserem Jahrhundert im Jahre 1827 durch Carl Ernst v. Baer entdeckt worden, nachdem man früher die viel grösseren GRAAFF'schen Follikel des Eierstocks, in welchen die viel kleineren, wahren Eier erst eingeschlossen sind, für die letzteren fälschlicher Weise gelialten hatte. Das Säugethierei (Fig 7) besteht hauptsächlich aus feinkörniger, proto- plasmatischer Substanz, welche dunkle, fettähnliche Kügelchen und Körner (Deutoplasma) einschliesst und je nach ihrer Menge triibe und undurclisiclitig wird. Das Keimbläschen il.h) enthält in ein Kernnetz il\n) eingelagert einen grösseren Keimfieck (Ji.f) mit einigen kleineren Nebenfiecken. Die Eihülle heisst Zona pellucida (z.p), weil sie als eine verhältnissmässig dicke und helle Laue den Dotter umgielit; sie ist eine primäre Hülle, denn sie wird innerhalb des GRAAFF'schen Bläschens von den Follikelzellen ausgeschieden. Bei stärkeren Ver- grösserungen erscheint die Zona pellucida (z.p) radiär gestreift ; sie wird Beschreibung der Gescblechtsproducte. 13 f.z z.p k.n k.f k.b Fig. 7. EI aus einera 2 mm dicken Follikel des Kaninchens nach Waldeyer. Dasselbe ist von der Zona pelhicida {z.p) umgeben, welcher an einer Stelle Follikelzellen {f.z) aufsitzen. Der Dotter enthält Körner von Deutoplasma {d). In das Keimbläschen k.b ist das Kernnetz {k.ot) besonders eingezeichnet, welches einen grossen Keimfleck {k.f) einschiiesst. (Vergrösserung Hartnack ^/e.) nämlich von zahlreichen Porenkanälchen durchsetzt, in welche, solange das Ei im GRAAFF'schen Follikel verweilt, feinste Fortsätze der Follikel- zellen if.s), wahrscheinlich zum Zweck der Ernährung und des Wachs- thums des Eiinhalts, eindringen und mit dem Eiplasma verschmelzen. (Retziüs). Dem Ei der Säugethiere ist das menschliche Ei nach Grösse, Beschaffenheit seines Inhalts und Art seiner Hüllen ausserordentlich ähn- lich. Doch kann es immerhin, wie die sorgfältigen Untersuchungen von Nagel ergeben haben, an besonderen, geringfügigen Merkmalen erkannt werden. Während beim Kaninchen glänzende, fettähnliche Kügelchen den Dotter trüben, behält das menschliche Ei auf allen Entwicklungs- stufen seine Durchsichtigkeit, so dass man auch am lebenden Object alle anatomischen Einzelheiten auf das Genaueste erkennen kann. Der Dotter ist in zwei Schichten gesondert. In der inneren Schicht liegt vornehm- lich das Dottermaterial ; es veranlasst hier im Gegensatz zu den meisten Säugethiereiern nur eine geringfügige Trübung, da es theils aus mattglän- zenden, theils aus stark lichtbrechenden Krümelchen gröberer und feinerer Natur besteht ; doclPist es nicht möglich, eine Abgrenzung der einzelnen Bestandtheile gegen einander zu erkennen, so wie es der Fall ist bei Säugethieren und niederen Thieren, wo man Körner und deutliche Tropfen mit grosser Leichtigkeit sieht. Die äussere Schicht oder Randzone des Dotters ist feinkörniger und noch durchsichtiger als die centrale und schliesst das Keimbläschen mit einem grossen Keimfleck ein, an welchem Nagel amöboide Bewegungen beobachten konnte. Die Zona pellucida ist auffallend breit und gestreift und vom Dotter durch 14 Erstes Capitel. einen kleineu (perivitellinen) Spaltraum getrennt. Ihrer Oberfläche haften, wenn das Ei aus dem GRAAFF'schen Bläschen isolirt wird, zwei bis drei Lagen von Follikelzellen an, welche mit ihren Längsdurchmessern in radiärer Richtung, wie allgemein bei Säugethieren, um das Ei herum angeordnet sind und diesem Umstand den von Bischoff eingeführten Namen Corona radiata verdanken. Das menschliche Ei misst ohne Follikelepithel im Mittel 0,17 mm. Mit dem Ei der Säugethiere stimmen in ihrer Grösse und in der Art, wie Protoplasma und Reservestoffe noch gleichmässig im Eiraum vertheilt sind, die Eier vieler Würmer, Mollusken, Echinodermen und Coelenteraten überein. Einen Uebergang von den dotterarmen Eiern mit gleichmässig ver- theilten Reservestoffen zu den Eiern mit deutlich ausgeprägter und äusserlich erkennbarer, polarer Ditferenzirung bilden die als zweites Beispiel aufgeführten Eier der Amphibien; sie haben schon sehr reichlich Nahrungsmaterial in sich abgelagert und dadurch eine sehr beträchtliche Grösse erlangt. Das Froschei z. B. ist von dicht zusammen- gepressten, fettglänzenden Dotterschollen und Dotterplättchen durch und durch erfüllt. Das Protoplasma breitet sich theils zwischen den Plätt- chen als Netzwerk aus, theils bildet es an der Oberfläche des Eies eine dünne Rindenschicht. Bei näherer Prlifung lässt sich indessen bereits hier der Beginn einer polaren Diflferenzirung auf das Deutlichste er- kennen; sie giebt sich darin kund, dass an einem Pol, der zugleich durch oberflächliche Pigmentablagerung schwarz erscheint, die Dotterplättchen kleiner und von reichlicherem Protoplasma eingehüllt sind, und dass in Folge dessen auch schon geringe Verschiedenheiten im specifischen Gewicht zwischen der pigmeutirten und der unpigmentirten Eihälfte, die man auch als animale und als vegetative unterscheidet, wahrzu- nehmen sind. Wird das Froschei befruchtet und in das Wasser abgelegt, so richtet sich stets binnen kurzer Zeit die pigmentirte animale Hälfte nach oben, weil sie die leichtere ist. Das Keimbläschen (Fig. 2) lagert im unreifen Ei in der Mitte, ist ausserordentlich gross, mit blossem Auge zu sehen und multinucleolär, indem 10(J und mehr grosse Keimflecke (/.•./') dicht unter der Kern- membran vertheilt sind. Die Hüllen zeigen im Vergleich zum Säuge- thierei eine Vermehrung, da sich zu einer im Follikel gebildeten Zona pellucida (Zona radiata) später noch eine secundäre Hülle, eine dicke, von der Eileiterwandung ausgeschiedene, klebrige, im Wasser ausser- ordentlich quellende Gallertschicht hinzugesellt. Die bei den Amphibien gleichsam noch in Entwicklung begriffene polare Differenzirung tritt uns in unserem dritten Beispiel , dem E i eines Vogels, scharf ausgeprägt entgegen. Man muss die Eizelle des Huhnes oder irgend eines anderen Vogels, um ein richtiges Bild von ihrer Beschaffenheit zu gewinnen, noch im Eierstock aufsuchen in dem Augenblicke, wo sie ihr Wachsthum vollendet hat und im Begriff steht, sich aus dem Follikel abzulösen. Man lernt dann, dass sich in dem traul)enförmigen Eierstock nur der kuglige Ei- dotter, das sogenannte Gelbei, entwickelt, welches für sich eine ausser- ordentlich grosse Zelle darstellt (Fig. 8a). Das „Gelbei" wird von einem dünnen, aber ziemlicli festen Häutchen, der Dotterhaut (dJi), ein- geschlossen, deren Verletzung ein Ausfliessen des weichen, l)reiigen Inhalts zur Folge hat. An letzterem wird man bei genauerer Untersuchung einen kleinen, weisslichen Fleck, die Keimscheibe (k.sch) (Discus proligerus, Beschreibung der Geschlechtsproducte. 15 k.b k.seh d.h w.d IV. d g.d auch Hahnentritt oder Narbe, Cicatricula, genannt) entdecken. Die Keimscheibe ist an der Eikugel stets nach oben gekehrt, da sie aus der leichteren Substanz l)esteht, aus Bildungsdotter, einem feinkörnigen Protoplasma mit kleinen Dotterkügelchen, an welchem sich der Furchungs- process allein vollzieht. Sie liegt also immer am animalen Pol unmittelbar unter der Dotterhaut und hat etwa einen Durchmesser von 3 l)is 4 nun. In der abgeplatteten Keimscheibe findet sich auch das Keimbläsclien [Fig. 8 a {li.h) und Fig. 8 b UO] welches gleichfalls etwas abge- plattet und linsenförmig ist. Die übrige Hauptmasse der Eizelle ist der Nahrungsdotter; er setzt sich aus zahllosen Dotterkügelchen zusammen, die durch geringe Spuren von Protoplasma, wie durch einen Kitt, verbunden werden. Ueber seine feinere Structur erhält man Aufschluss durch dünne Durchschnitte, welche senkrecht zur Keimscheibe durch die gehärtete Dotterkugel anzufertigen sind. Man kann dann nach Verschieden- heiten der Färbung und der elementaren Zusammensetzung den weissen und den gelben Nahrungsdotter unterscheiden (Fig. 8 a). Fig. 8 a. Eizelle (Eidotter) desHuhns aus dem Eierstock. k.scit Keimscheibe , k.b Keimbläs- chen, w.d weisser Dotter, g.d gel- ber Dotter, d.h Dotterhaut. Fig. 8 b. Durchschnitt der Keimscheibe eines noch in der Kapsel ein- geschlossenen reifen Eierstockseies, nach Balfour. a Bindegewebskapsel des Eies; b Epithel der Kapsel, an dessen Innenseite auf dem Ei die Dotterhaut liegt; c körnige Substanz der Keimscheibe; iv.y weisser Dotter, der unmerklich in die fein- körnige Substanz der Keimscheibe übergeht; x das von einer deutlichen Membran um- gebene, aber geschnnnpfte Keimbläschen ; y urspi-ünglich vom Keimbläschen eingenom- mener, durch seine Schrumpfung leer gewordener Raum. Der weisse Dotter {tr.d) ist nur in spärlicher Menge in der Ei- zelle vorhanden und stellt einen dünnen Ueberzug auf der ganzen Ober- fläche, die weisse Dotterrinde, her; zweitens sammelt er sich unter der Keimscheibe, für welche er gleichsam ein Bett oder Polster bildet (Pan- DER'scher Kern), in etwas grösserer Menge an und dringt drittens von hier aus in Form eines Zapfens in den gelben Dotter bis zum Centrum der Kugel vor, wo er kolbenartig anschwillt (Latebra, Purkinje). Beim Kochen des Eies gerinnt er weniger und bleibt weicher als der gelbe Dotter. Dieser lässt in geronnenem Zustand auf dem Durchschnitt eine Schichtung erkennen, indem er sich aus kleineren und grösseren Kugelschalen zusammensetzt, die um die Latebra herumgelegt sind. Auch in der Beschaffenheit ihrer elementaren Theilchen sind beide Dotterarten von einander verschieden. Der gelbe Dotter besteht aus weichen, dehnbaren Kügelchen (Fig. 9^) von 25 bis 100 jct Grösse, die 16 Erstes Capitel. durch zahlreiche, feinste Körnchen ein punktirtes Aussehen erhalten. Die Elemente des weissen Dotters sind meist kleiner (Fig. 9 B), ebenfalls kugelig, schliessen aber ein oder mehrere grössere, stark lichtbrechende Körner ein. An der Grenze zwischen beiden Dotterarten kommen Kügelchen vor, die einen Uebergang vermitteln. @0O © @ Fig. 9. Dotterelemente aus dem Ei des Huhns, nacli Balfour. Dotter. B Weisser Dotter. A Gelber Von dem so beschaffenen Eierstocksei unterscheidet sich das nach aussen abgelegte Hühnerei (Fig. lOj in seinem Aussehen. Dies rührt daher, dass um den Eidotter, wenn er sich aus dem Ovarium ablöst und von dem Ausführweg des weiblichen Geschlechtsapi)arates oder dem Eileiter aufgenommen wird, von den Wandungen des letzteren mehrere secundäre Umhüllungen, das Eiweiss oder Albumen, die Schalen- haut und die Kalkschale, abgelagert werden. Jeder der 3 Theile wird in einem besonderen Abschnitt des Eileiters der Henne gebildet. Der Eileiter zerfällt nämlich in 4 Abschnitte : 1) in einen engen, flimmernden Anfangstheil, in welchen die aus dem Eierstock ausgetretene Eizelle auf- genommen wird, um von den daselbst angesammelten Samenfäden be- fruchtet zu werden, 2) in einen mit Längsfalten bedeckten, drüsigen Fig. 10. Schematiseher Längsschnitt eines unbebrüteten Hühnereies. (Nach Allen Thomson, etwas verändert.) bl. Keimscheibe, w.y weisser Dotter; derselbe besteht ans einer centralen, flaschenförmigen Masse und einer Anzahl concen- trisch den gelben Dotter y.j/ umgebender Schichten; v.t Dotterhaut; x. etwas flüssige Eiweissschiclit, welclie den Dotter unmittell)ar umgicbt; w. Eiweiss, aus abwecliselnd dichteren und tlüssigeren Lagen zusammengesetzt; ch.l. Clialazen (Hagelsclniüre); a.ch. Luftkammer am stumpfen Ende des Eies; sie ist einfach ein Zwischenraum zwisclien den beiden Schichten der Schalenliaut: i.s.m. innere, s.m. .äussere Schicht der Schalen- haut; 8. Schale. Beschreibung der Geschlechtsprodiicte. 17 Abschnitt, von welchem das Eiweiss secernirt und in dicker Schicht um den Dotter ausgebreitet wird , 3) in einen etwas ausgeweiteten , mit kleinen Zotten bedeckten Theil, dessen Zellen Kalksalze ausscheiden und so die Bildung der Kalkschale veranlassen, 4) in einen engeren und kurzen Abschnitt, durch welchen das Ei bei der Ablage, ohne weiter verändert zu werden, rasch hindurchtritt. Die vom Eileiter nach einander gelieferten Umhiülungen haben folgende Beschaffenheit: Das Eiweiss oder Albumen (ir) stellt ein Gemisch mehrerer Stoffe dar; es enthält nach chemischen Analysen 12^/o Eiweisstoffe, 1,5 "/o Fett und andere Extractivstoffe, 0,5 *^/o Salze (Chlorkalium, Chlor- natrium, Sulphate und Phosphate), 86 "/o Wasser. Es umgibt in mehreren Schichten von wechselnder Consistenz den Dotter. Eine ihm ziemlich dicht auflagernde Schiclit ist fester und noch deswegen besonders bemerkenswerth, weil sie sich in zwei eigenthümliche und aus sehr dichter Eiweissubstanz bestehende, spiralig aufgerollte Stränge (ch.l), die Hagelschnüre oder Chalazen, fortsetzt, welche sich durch das Albumen hindurch zu dem stumpfen und zu dem spitzen Pole des Eies begeben. Das Eiweis wird nach aussen von der diinnen, aber festen, aus verfilzten Fasern zusammengesetzten Schalen haut (s.m) (Membrana testae) eingeschlossen. Sie ist in zwei Lamellen zerlegbar, in eine äussere, dickere und festere, und in eine dünnere, glatte, innere Lamelle. Beide weichen am stumpfen Pole des Eies bald nach seiner Ablage aus- einander und schliessen zwischen sich einen mit Luft gefüllten Hohlraum ein («.c/0, die Luft kämm er, welche sich während der Bebrütung immer mehr vergrössert und für die Athmung des sich entwickelnden Hühnchens von Bedeutung ist. Die Schale endlich oder Testa (s) legt sich an die Schalenhaut dicht an und besteht aus 2"o einer organischen Grundlage, in welche 98 "o Kalksalze abgelagert sind. Sie ist porös, von kleinen Kanälchen durchsetzt, durch welche die atmosphärische Luft in das Lnnere des Eies eindringen kann. Die Porosität der Kalk schale ist für die normale Entwicklung des Eies ein unbedingtes Erforderniss, da nur bei immer erneuter Sauerstoffzufuhr die Lebensprocesse im Protoplasma sich abspielen können. Man wird in kurzer Zeit den Tod des bebrüteten Eies hervorrufen, wenn man die Porosität der Kalkschale dadurch ver- nichtet, dass man sie mit Oel durchtränkt oder mit Firniss die Poren verschliesst. B. Die zusammengesetzten Eier. Zusammengesetzte Eier finden sich nur in wenigen Abtheilungen der wirbellosen Thiere, wie bei den Cestoden, Trematoden etc. vor: sie bieten uns das Bemerkenswerthe dar, dass sie sich durch Zusammen- fügen mehrerer Zellen aufbauen, die sich in zwei verschiedenen Drüsen des weiblichen Geschlechtsapparates, in dem Keimstock und in dem Dotterstock, bilden. Im Keimstock entwickelt sich die Eizelle im engeren Sinne. Sie ist hier immer sehr klein und besteht fast nur aus Protoplasma. Wenn sie bei ihrer Reife sich aus ihrer Umgebung ablöst und in die Ausführwege geräth, muss sie an der Ausmündung des Dotter Stocks vorbeipassiren ; hier gesellt sich nun zu ihr eine Anzahl von Dotterzellen, welche durch Einlagerung von Reservestoffen ■ 0. Hertwig, Entwicklungägesclüchte. 5. Aufl. ^ 18 Erstes Cai)itel. in das Protoplasma trüb und grobkörnig aussehen und die ]\Jitgift bilden, \Yelche dem sich entwickelnden Keim vom mütterlichen Orga- nismus auf den Weg gegeben wird. Das Ganze wird darauf von einer oder mehreren secundären Eihüllen eingeschlossen und stallt das zu- sammengesetzte Ei dar. In diesem spielen sich die Entwicklungs- l)rocesse einzig und allein an der einfachen Keimzelle ab, welche vom Keimstock abstannnt, allein befruchtet wird und sich theilt, während die Dotterzellen allmählich zerfallen und als Nährmaterial aufgebraucht werden. Insofern erleidet bei näherer Prüfung auch hier das alluemeine Gesetz keine Ausnahme, dass der kindliche Organismus seinen Ursprung aus einer einzigen Zelle des mütterlichen Körpers nimmt. 2. Die Samentäden. Im Gegensatz zu den Eiern, welche die grössten Zellen des thieri- schen Körpers sind, stellen die Samenzellen oder Samenfäden (Spermato- zoen) die kleinsten Elementartheile dar; sie sind in grösster Menge in der männlichen Samenflüssigkeit angehäuft, können in ihr aber nur bei stärkeren Vergrösserungen, meist als feine sich bewegende Fäden, gesehen werden. Da jede Zelle wenigstens aus zwei Theilen besteht, nämlich aus Kern und Protoplasma, so werden wir diese Theile auch hier aufzusuchen haben, wobei wir uns an die Beschreibung der menschlichen Samen- fäden und der Samenfäden von Salamandra maculata halten wollen. Beim Menschen sind die Fäden (Fig. 11) etwa 0,05 mm lang und lassen einen das Vorder- ende bezeichnenden, kurzen und dicken Abschnitt, den Kopf (A), einen langen, dünnen, fadenförmigen Anhang (.s), den Schwanz, und zwischen beiden noch das Mittelstück (m) unterscheiden. Fig. 11. Reife Der Kopf (7.) hat die Form eines ovalen Plätt- Samenfäden des chens , das auf beiden Flächen ein wenig napfartig Mensehen in zwei ausgehöhlt und nach dem Vorderende zu etwas dünner verschiedenen • * tt i c •* / r>\ i • i. Ansichten. Sie ^^t. V on der Seite {-H) gesehen, gewmnt er eine bestehen aus Kopf gewisse Aehnliclikeit mit einer platt gedrückten Birne. {k), Mittelstück (wj jn chemischer Hinsicht wird er, wie mikrochemische 500inaf \^erT^ ^*^ Reactionen lehren, aus Kernsubstanz (Nuclein oder \ergi. Chromatin) gebildet. Mit ihm verbindet sich durch einen kurzen, als Mittelstück (rn) bezeichneten Theil der lange, fadenartige Anhang (.s), der protoi)lasmatischer Natur ist und am besten einer Geissei verglichen werden kann, da er vermöge seiner contractilen Eigenschaften eigenthümlich schlängelnde Bewegungen aus- führt. Dadurch bewegt sich der Samenfaden in der Flüssigkeit mit ziem- licher Geschwindigkeit vorwärts. Von verschiedenen Seiten hat man daher — und wie wir meinen, mit vollem Recht — die Samenfäden als Flimmer- oder noch besser als Geisselzellen bezeichnet. F.rheblich grösser als beim Menschen sind die Samenfäden bei Salamandra maculata (Fig. 12). Sie bestehen hier: 1) aus einem sehr langen Kopf (Je), der die Form eines in eine feine, dünne Spitze (sp) auslaufenden Spiesses besitzt und Farbstoffe sehr begierig aufnimmt; Beschreibung der Geschlechtsproducte. 19 2) aus einem kurzen, cylindiisclieu Mittelstück {m) , das vom ersten Tlieil auch in chemisclier Hinsicht verschieden ist; 3) aus dem beweg- lichen Schwanzfaden, der noch die Eigenthümlichkeit zeigt, dass er mit einer contractilen, unchilirenden Membran iu) besetzt ist. Dass die Samenfäden in der That umgewandelte Zellen sind, ist durch nichts siclierer zu beweisen als durch ihre Entwicklung. Nach den ausgedehnten Untersuchungen von La Valette u. A. l)ildet sich je ein Samenfaden aus einer Samenbildungszelle (Spermatide), und zwar der Kopf aus dem Kern, der contractu e Faden aus dem Protoplasma. Am genauesten haben Flemming und Hermann die hierbei statt- findenden Umbildungen bei Salamandra maculata verfolgt. Von den am Samenfaden oben unterschiedenen drei Abschnitten entsteht der spiessförmige Kopf, wahrscheinlich aber auch das Mittelstück, aus dem Kern der Samenbildungszelle ^ während dem Protoplasma differenzirt. Bei der man den Kern der verlängern (Fig ^P die Form einer der contractile I'aden sich aus Entwicklung des Kopfes sieht Samenzelle sich mehr und mehr 1^ Ä und B); zuerst nimmt er Birne (13^, Ä) an; dann wächst er zu einem langgezogenen Kegel (13 jB, 1-) aus, dessen Basis zur Ansatzstelle des Mittelstücks (nist) wird. Der Kegel verlängert und verschmälert sieh zu einem Stab (Fig. MÄn. B), der sich schliess- lich in die charakteristische Form eines Spiesses umwandelt. Bei der Streckung des Kerns wird das Chromati ngerüst immer dichter und dichter und nimmt zuletzt wie im reifen Samenfaden eine ganz compacte und homogene Beschaffenheit an. Die Anlage des Mittelstückes (Fig. 13 und 14.4 u. B, mst) .s-^^vN sz k mst r MI ''TT -.Tn* sz k n mst r f Fig. 12. Samen- faden von Salaman- dra maculata. ^Kopf, m Mittelstück, ef End- faden, sp Spitze, u \\n- dulirende Membran. Fig. 'l?^ A und -B. Anfangsstadien der Umbildung der Samenzelle in den Samenfaden. (Nach Hermann.) 1000 mal vergTÖs.sert. A Samenzelle mit birnförmigem Kern, B Samenzelle mit kegelförmigem Kern, sz Samenzelle, k Kern mit Chromatin- gerüst und Nucleolen (n), mst Körper, aus dem sich das Mittelstück des Samenfadens entwickelt, r ringförmiges Ge- bilde, das dem Mittelstück anliegt und zur Bildung des Spiral- saums des Samenfadens in Beziehung stehen soll, / Sclnvanz- anhang des Samenfadens. 2* 20 Erstes Capitel. mst f erseheint schon früh, wenn der Kern sich zu strecken beginnt, an seinem oben als Basis bezeichneten Ende als ein kleiner ovaler Körper, der sich Anfangs wie der Kopf färben lässt, später aber diese Eigenschaft verliert. Seine erste Entstehung bedarf noch weiterer Aufklärung. Warum sind die männlichen Geschlechtszellen so klein und fadenförmig und von den Eiern so abweichend gebaut? Die Unähnlichkeit zwischen den männlichen und weiblichen Geschlechtszellen erklärt sich dar- aus, dass zwischen beiden eine A r b e i t s t h e i 1 u n g stattgefunden hat, indem sie sich verschiedenen Aufgaben angepasst haben. — Die weibliche Zelle hat die Aufgabe übernommen, für die Substanzen zu sorgen, welche zur Ernährung und Vermehrung des Zellprotoplasma bei einem raschen Ablauf der Entwicklungsprocesse erforderlich sind. Sie hat daher im Eierstock Dottermaterial, lieservestoffe für die Zukunft, in sich aufgespeichert und ist k dementsprechend gross und unbeweglich geworden. mst Da nun aber zum Zustandekonunen eines Ent- f wicklungsprocesses noch die Vereinigung mit einer zweiten Zelle eines anderen Individuums erforder- lich ist, ruhende Körper sich aber nicht ver- einigen können, so hat sich zur Lösung dieser zweiten Aufgabe der männliche Elementartheil ent- sprechend verändert. Er hat sich zum Zweck der Fortbewegung und um die Vereinigung mit der ruhenden Eizelle zu ermöglichen, in einen con- tractilen Faden umgebildet und hat sich aller Substanzen vollständig entledigt, welche, wie zum Beispiel das Dottermaterial, diesem Hauptzweck hinderlich sind. Dabei hat er zugleich auch eine Form angenommen, welche für den Durchtritt durch die Hüllen, mit welchen sich das Ei zum Schutz umgiebt, und für das Einbohren in den Dotter die zweckmässigste ist. Für die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen vor allen Dingen die Verhältnisse im Pflanzenreiche. Man findet niederste Pflanzen, bei denen die l)eiden copulirenden Geschlechtszellen ganz gleichartig, näm- lich klein und l)e weglich sind, und andere verwandte Arten, bei welchen sich eine allmählich erfolgende Diff"erenzirung in der Weise beobachten lässt, dass die eine Zelle grösser, dotterreicher und unbeweglich, die andere dagegen kleiner und beweglicher wird. Hiermit hängt dann in selbstverständlicher Weise zusammen, dass jetzt das ruhende Ei von der schwärmenden Zelle aufgesucht werden nuiss. Noch einige physiologische Bemerkungen mögen hier Platz finden. Im Vergleich zu anderen Zellen des thierischen Körpers und namentlich im Vergleich zu den Eiern zeichnen sich die Samenfäden durch grössere Lebensdauer und Widerstandsfähigkeit aus, was für das Gelingen des Befruchtungs])rocesses in vielen Fällen von Wichtigkeit ist. Nach ihrer Lösung aus dem Zellenverliande verweilen die reifen Samenfäden Monate lang im Hoden und Samenleiter, ohne ihre befruchtende Kraft einzu- büssen. Auch in die weibliehen Geschlechtswege eingeführt, scheinen A B Fig. 14 A u. B. Zwei Endstadien in der Umbildung der Sa- menzelle zum Sa- menfaden. (Nach Flemming.) k Kern, der sich zum Kopftheil des Samen- fadens verlängert hat, mst Mittelstück, / Schwanz- faden desselben. Beschreibung der Geschlecbtsproducte. 21 sie noch längere Zeit, beim Menschen vielleicht einige Wochen lang, lebensfähig zu bleiben. Für mehrere Thiere ist dies mit Bestinnntheit nachweisbar. So ist von den Fledermäusen bekannt, dass sich der Samen in der Gebärmutter des Weibchens während des ganzen Winters hindurch lebendig erhält, und vom Huhn weiss man, dass es noch bis zum 18. Tage nach Entfernung des Hahns befruchtete Eier legen kann. Aeusseren Eingriffen gegenüber erw^eist sicli der Samen sehr viel widerstandskräftiger als die Eizelle, die leicht geschädigt und abgetödtet wird. Wenn man z. B. Samen gefrieren lässt und wieder aufthaut, kehrt die Bewegung der Samenfäden wieder. Viele Salze, wenn sie nicht in zu starker Concentration augewandt werden, wirken nicht schädigend. Narcotica in starker Concentration und l)ei längerer Ein- wirkung machen die Fäden bewegungslos, ohne sie aber zunächst abzu- tödten, denn durch Entfernung des schädigenden Mittels kann man sie wiederlieleben. Alcalische Lösungen regen in starker Verdünnung die Bewegung der Samenfäden an, Säuren dagegen, auch wenn sie sehr verdünnt sind, führen den Tod herbei. Demgemäss wächst auch in allen thierischen Flüssigkeiten von alcalischer Reaction die Lebhaftigkeit dei- Bewegung, während sie in sauren Lösungen sehr bald erlischt. Geschichte. Die Entdeckung, dass Ei und Samenfaden einfache Zellen sind, ist für das Verständniss des ganzen Entwicklungsprocesses von ausserordentlicher Tragweite, um dies in vollem Maasse zu würdigen, diene ein Excurs in das geschichtliche Gebiet: ein solcher wird uns mit einigen tiefgreifenden Umwandlungen, die unsere Auffassung vom Wesen entwicklungs- geschichtlicher Processe erfahren hat, bekannt machen. Im vorigen Jahrhundert und noch am Anfang des jetzigen hatte man über die Geschlechtsproducte die unklarsten Vorstellungen. Die bedeutendsten Anatomen und Physiologen waren der Ansicht, dass die Eier in ihrem Bau mit den erwachsenen Organismen auf das vollständigste übereinstimmen und daher von Anfang an dieselben Organe in derselben Lage und Verbindung wie diese, nur in einem ausserordentlich viel kleineren Zustand, besitzen sollten. Da es nun auch mit den damaligen Vergrösserungsgläsern nicht möglich war, in den Eiern am Anfang ihrer Entwicklung die vorausgesetzten Organe wirklich zu sehen und nachzuweisen , nahm man zu der Hypothese seine Zuflucht, dass die einzelnen Theile, wie Nervensystem, Drüsen, Knochen etc., nicht nur in einem sehr kleinen, sondern auch durchsichtigen Zustand vorhanden sein müssen. Um sich den Vorgang verständlicher zu machen, wies man als erläuterndes Beispiel auf die Entstehung einer Pflanzenblüthe aus ihrer Knospe. Wie in einer kleinen Knospe von den grünen, noch fest zusammengeschlossenen Hüll- blättern doch bereits schon alle Blüthentheile , wie Staubfäden und die ge- färbten Kelchblätter , eingehüllt werden , wie diese Theile im Verborgeneu wachsen und sich dann plötzlich zur Blüthe entfalten, wobei alle bis dahin verborgenen Theile enthüllt werden, so sollten auch in der Thierentwicklung die bereits vorhandenen, aber kleinen und durchsichtigen Theile wachsen, sich allmählich enthüllen und unserem Auge erkennbar werden. Man hat daher die eben skizzirte Lehre die Theorie der Entfaltung oder Evolution genannt. Noch treffender ist indessen für sie die in den letzten Decennien eingeführte Bezeichnung Präformationstheorie. Denn das Eigenthümliche dieser Lehre ist, dass sich in keinem Augenblick der 22 • Erstes Capitel. Entwicklung etwas Neues bildet, vielmehr jeder Theil von Anfang an vorhanden oder präfonnirt ist, dass also das eigentliche Wesen der Entwicklung, das Werden, in Abrede gestellt wird. „Es giebt kein Werden ! " heisst es in den Elementen der Physiologie von Hallee. „Kein Theil im Thierkörper ist vor dem andern gemacht worden und alle sind zugleich erschaffen." Als die nothwendige Consequenz einer scharf durchgeführten Präfor- m'ationstheorie , welche auch von Leibniz , Haller und Anderen gezogen worden ist, ergiebt sich der Satz, dass in einem Keim auch die Keime für alle späteren Geschöpfe schon angelegt oder eingeschlossen sein müssen , da sich ja die Thiergeschlechter in ununterbrochener Reihenfolge aus einander entwickeln. In der Ausbildung dieser „Ein Schacht elungslehre" ist man sogar so weit gegangen, zu berechnen, wie viel Menschenkeime im Eierstock der Stammmutter Eva zum mindesten eingeschachtelt gewesen sind, wobei man auf die Zahl von 200 000 Millionen kam. Die Evolutionstheorie trug einen Angriffspunkt zu einer wissenschaft- lichen Fehde in sich, insofern sich bei den höheren Organismen ein jedes Individuum durch das Zusammenwirken zweier getrennter Geschlechter entwickelt. Als man daher ausser dem thierischen Ei auch mit den Samen- fäden bekannt geworden war, erhob sich alsbald die lebhaft discutirte Frage, ob das Ei oder der Samenfaden der vorgebildete Keim sei- Jahrzehnte lang standen sich die feindlichen Lager der 0 v i s t e n und der Animalculisten gegenüber, wobei Anhänger der letzteren Richtung bei Zuhilfenahme der damaligen Vergrösserungsgläser die Samenfäden des Menschen auch wirklich mit einem Kopf, mit Armen und Beinen ausgestattet zu sehen glaubten. Die Animalculisten erblickten im Ei nur den geeigneten Nährboden, welcher für das Wachsthum des Samenfadens erforderlich sei. Solchen Lehren gegenüber brach für die Entwicklungsgeschichte eine neue Periode an, als Caspar Friedrich Wolfe in einer Doctordissertation 1759 dem Dogma der Evolutionstheorie entgegen trat und, die Präformation verwerfend, den wissenschaftlichen Grundsatz aufstellte, dass, was man nicht mit seinen Sinnen wahrnehmen könne, auch nicht im Keime präformirt vorhanden sei. Am Anfang sei der Keim nichts Anderes als ein unorganisirter, von den Geschlechtsorganen der Eltern ausgeschiedener Stoff, welcher sich erst in Folge der Befruchtung während des Entwicklungsprocesses allmählich organisire. Aus dem zunächst ungesonderten Keimstoffe lässt W^olpf sich nach einander die einzelnen Organe des Körpers sondern, welchen Process er in einzelnen Fällen bereits durch Beobachtung genauer festzustellen suchte. So wurde C. F. Wulff der Begründer der Lehre von der Epigenese, welche sich durch die Entdeckungen unseres Jahrhunderts als die richtige herausgestellt hat ^). WoLFp's Lehre von dem unorganisirten Keimstoff hat seitdem einer tieferen Erkenntniss weichen müssen , dank den verbesserten optischen Hilfsmitteln der Neuzeit und dank der Begründung der Zellen- theorie durch Schleiden und Schwann. Man gewann jetzt einen besseren Einblick in die elementare Zusammensetzung der Thiere und Pflanzen und ') Eine lesenswerthe gescliichtliche Darstellung der Tlieorie der Evolution und der Theorie der Epigenese geben: A. Kirciihoff in seiner interessanten Schrift: Caspar FniEDRicn Wolff. Sein Leben und seine Bedeutung für die Lehre von der organischen Entwicklung. .Jenaisclie Zeitschrift für Medicin und Naturwissenschaft. Bd. IV. Leij)zig 1868. W. His. Die Theorieen der geschlechtlichen Zeugung. Archiv für Anthropologie. Bd. IV u. V. Beschreibung der Geschlechtsproilucte. 23 besonders auch in die feinere Structur der Geschlechtsproducte, der Eizellen und der Samenfäden. Was die Eizellen betrifft, so begann eine Reihe wichtiger Arbeiten mit der Untersuchung Purkixje's 1825 über das Hiihnerei, in welcher das Keimbläschen zum ersten Male beschrieben wurde. Jhr folgte alsbald 1827 die berühmte Entdeckung des immer vergebens gesuchten Eies der Säuge- thiere durch ('. E. v. Bakr, Umfassende und vergleichende Untersuchungen über den Bau des Eies im Thierreich lieferte 1836 K. Wagnkr, der hierbei zuerst auch im Keimbläschen den Keimfleck (Macula geriiiinativa) entdeckte. Mit der Begründung der Zellentheorie trat naturgemäss auch die Frage in den Vordergrund, inwieweit das Ei seiner Structur nach als Zelle aufzu- fassen sei, eine Frage, die Jahrzehnte lang in verschiedenem Sinne beant- wortet wurde und auch jetzt noch von Zeit zu Zeit in veränderter Form immer wieder zur Discussion gestellt wird. Zwar erklärte sich schon Schwann, wenn auch mit einer gewissen Reserve, dahin, dass das Ei eine Zelle und das Keimbläschen ihr Kern sei; andere Zeitgenossen (Bischofp etc.) aber Hessen schon das Keimbläschen eine Zelle sein und den Dotter eine Umhüllungsmasse um sie bilden. Eine Uebereinstimmung der Anschauungen wurde hier erst herbeigeführt, als in der Histologie der Begriff „Zelle" überhaupt eine schärfere Fassung namentlich durch eine richtigere Erkenntniss des Zellenbildungsprocesses durch die Arbeiten von Nägeli, Kölliker, Remak, Lfa'dig u. A. erhielt. Eine besondere Schwierigkeit verursachte die Beurtheiluug der Eier mit gesondertem Bildungs- und Nahrungsdotter und mit partieller Furchung. Zwei Ansichten haben sich hier lange Zeit einander gegenübergestanden. Nach der einen Ansicht sind die Eier mit polständigem Nahrungsdotter (die Eier der Reptilien, Vögel etc.) zusammengesetzte Bildungen, die nicht als einfache Zellen bezeichnet werden können. Nur der Bildungsdotter mit dem Keimbläschen ist dem Ei der Säugethiere zu vergleichen , der Nahrungs- dotter dagegen ist etwas der Eizelle von aussen neu Aufgelagertes , eine Production des Follikelepithels. Die Kügelchen des weissen Dotters werden für ein- und viel kernige Dotterzellen erklärt. Bildungs- und Nahrungs- dotter zusammen werden dem ganzen Inhalt des GRAAFF'schen Bläschens der Säugethiere verglichen. So äusserten sich mit geringen Modificationen im Einzelnen H. Meckel, Allen Thomson, Ecker, Stricker, His u. A. Nach der entgegengesetzten Ansicht von Leuckart, Kölliker, Gegen- BAUR, Haeckel, van Beneden , Balfoür etc. ist das Ei der Vögel ebenso gut eine einfache Zelle wie das Ei der Säugethiere und der Vergleich mit einem GRAAFF'schen Bläschen zurückzuweisen. Der Dotter enthält niemals Zellen eingeschlossen , sondern nur Nahrungsbestandtheile. Wie Kölliker besonders gegen His gezeigt hat, schliessen die weissen Dotterkügelchen keine mit echten Zellenkernen vergleichbare Bildungen ein und können daher auch nicht für Zellen erklärt werden. „Die Eier der Wirbelthiere mit partieller Fnrchung sind somit," wie schon 1861 Gegenbaur scharf formulirt hat, „keine wesentlich zusammengesetzteren Gebilde als die der übrigen Wirbelthiere; sie sind nichts Anderes als zu besonderen Zwecken eigenthümlich umgewandelte, kolossale Zellen, die aber nie diesen ihren Charakter aufgeben." — An dieser Auffassung wird nichts geändert, auch wenn es sich herausstellen sollte, dass der Dotter von dem Follikelepithel mit gebildet und etwa als Secret von ihm ausgeschieden werden sollte. In diesem Fall hätten wir es nur mit einer besonderen Art der Ernährung des Eies zu thun, dessen Zellennatur dadurch nicht in Frage gestellt werden kann. 24 Erstes Capitel. Im Dotter sind verschiedene ßestandtheile mit besonderen Namen belegt worden. Reichert unterschied zuerst an dem Vogelei die feinkörnige Masse, welche das Keimbläschen einschliesst und die Keimscheibe herstellt, als Bildungsdotter, weil sie allein am Furchungsprocess theilnimmt und den Embryo liefert; die andere Hauptmasse des Eies nannte er Nähr ungs- dolter, da sie nicht in Zellen zerfällt und später, in einem Dottersack ein- geschlossen, als Nahrungsmaterial aufgebraucht wird. His liat später dafür die Bezeichnung Haupt- und Nebenkeim eingeführt. Während die Nomenclatur von Reichert und His nur für die Eier mit polständigem Nahrungsdotter passt, hat van Beneden (1870) von allge- meineren Gesichtspunkten aus eine Eintheilung der Eisubstanzen vorge- nommen. Er unterscheidet die protoplasmatische Grundsubstanz des Eies, in welcher sich, wie überhaupt in jeder Zelle, die Lebensprocesse abspielen, von den Reserve- und Nährstoffen, die in Form von Körnern, Plättchen und Kugeln in das Protoplasma abgelagert sind, und bezeichnet die letzteren als Deutoplasraa. Jedes Ei besitzt beide Bestandtheile, nur in verschiedenen Mengeverhältnissen, in anderer Form und Vertheilung. Das letztere Verhältniss hat Balfour zu einem Eintheilungsprincip gewählt und hiernach die drei Gruppen der alecithalen, telolecithalen und centrolecithalen Eier auf- gestellt, wofür ich die Bezeichnung „Eier mit wenigem und gleichmässig vertheiltem Dottermaterial , Eier mit polständigem und Eier mit mittel- ständigem Nahrungsdotter" gewählt habe. In der neueren Zeit hat sich die Untersuchung der feineren Structur des Keimbläschens zugewandt, in welchem Kleinenberg noch ein besonderes protoplasmatisches Kerngerüst oder Kernnetz, das seitdem als beständige Bildung durch zahlreiche Untersuchungen nachgewiesen ist, zuerst beobachtet hat. Am Keimfleck bezeichnete ich zwei chemisch und morphologisch unterschiedene Substanzen als Nucle'in und Paranuclein, über deren Bedeutung und Rolle in der Eientwickluug die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Chromatinfäden im Keimbläschen der Amphibien und Selachier entdeckten Feeiniming, Schultze, Rückert, Born. Die Geschichte der Samenfäden beginnt mit dem Jahre 1677. Ein Student Hamm in Leyden sah bei mikroskopischer Untersuchung des Samens die sich lebhaft bewegenden Gebilde und theilte seine Beobachtung seinem auf dem Gebiete der Mikroskopie berühmten Lehrer Leeuwenhoeck mit, der genauere Untersuchungen anstellte und sie in mehreren Aufsätzen ver- öffentlichte, die bald allgemeines Aufsehen erregten. Das Aufsehen war ein um so grösseres, als Leeuw^enhoeck die Samenfäden für die präexistirenden Keime der Thiere erklärte, sie bei der Befruchtung in die Eizelle eindringen und in ihr heranwachsen liess. So entstand die Schule der Animalculisten. Nach Beseitigung der Präformationstheorie glaubte man den Samenfäden keine Bedeutung für die Befruchtung beimessen zu sollen, indem man die Flüssigkeit befruchten liess. Noch in den ersten vier Jahrzehnten dieses Jahrhunderts hielt man fast allgemein die Samenfäden für selbständige parasitische Geschöpfe (Spermatozoa), den Infusorien vergleichbar. Noch in .Joh. Müller's Physiologie heisst es: „Ob die Samenthierchen parasitische Thiere oder belebte Urtheilchen des Thieres, in welchem sie vorkommen, sind, lässt sich für jetzt noch nicht mit Sicherheit beantworten." Die Entscheidung wurde herbeigeführt durch vergleichende histologische Untersuchungen des Samens im Thierreich und durch das i)hysiologische Experiment. In zwei Aufsätzen („Beiträge zur Kenntniss der Geschlechtsverhältnisse und der Samenflüssigkeit wirbelloser Thiere", sowie „Bildung der Samen- Beschreibung der Geschlechtsproducte. 25 fäden in Bläschen") zeigte Köllikkr, dass bei manclien Thieren , wie z. B. bei den Polypen, der Samen nur aus Fäden besteht, während die Flüssigkeit ganz fehlt, dass ferner die Fäden sich in Zellen entwickeln und daher thierische Elementartheile selbst sind. Gleiches fand Reichert für die Nematoden. Durch das phj'siologische Experiment aber erkannte man, dass Saraenflüssigkeit mit unreifen , bewegungslosen Fäden und ebenso filtrirter, reifer Samen nicht befruchte. Dies wurde für die Anschauung bestimmend, dass die Samenfäden die bei der Befruchtung wirksamen Theile sind , und dass die bei den höheren Thieren unter coraplicirten Geschlechtsverhältnissen hinzutretenden Flüssigkeiten nur als „Menstruum der Samenkörperchen von untergeordneter physiologischer Bedeutung angesehen werden dürfen". Seitdem haben unsere Kenntnisse 1) über den feineren Bau und 2) über die Entwicklung der Samenfäden noch weitere Fortschritte gemacht. Was den ersten Punkt betrifft, so lernte man namentlich durch Arbeiten von La Valette und Schweigger-Seidel Kopf, Mittelstück und Schwanz unterscheiden und ihre verschiedenen chemischen und physikalischen Eigen- schaften kennen. Die von Kölliker geäusserte Anschauung , dass für gewöhnlich die Samenfäden die umgewandelten und in die Länge gewachsenen Kerne der Samenzellen seien, erlitt Modificationen. Nach den Untersuchungen von La Valette entsteht nur der Kopf des Samenfaiiens aus dem Kern, der Schwanz dagegen aus dem Protoplasma der Spermatide. Endlich führte Flemming den überzeugenden Nachweis, dass es nur das Chromatin des Kernes ist , welches sich zum Samenfadenkopf umbildet. Wichtige Unter- suchungen über die Entwicklung der Samenfäden von verschiedenen Thieren haben neuerdings van Bexeden und Jülin, Platner. Hermann, Henking, Oscar Hertwig, vom Rath u. A. gegeben. Z u s a 111 m e n f a s s u n g. Die wichtigsten Ergebnisse des Capitels fassen wir kurz dahin zti- samiiien : 1. Weibliche und männliche Geschlechtsproducte sind einfache Zellen. 2. Die Samenfäden sind Geisselzellen vergleichbar. Sie setzen sich meist aus drei Abschnitten zusammen, aus dem Kopf, dem Mittelstück und dem contractilen Faden. 3. Der Samenfaden entwickelt sich aus einer Samenbildungszelle (der Spermatide), und zwar der Kopf und wahrscheinlich auch das Mittel- stück aus dem Kern, der contractile Faden aus dem Protoplasma. 4. Die Eizelle besteht aus Protoplasma und eingelagerten Dotter- theilen, welche Pteservestoffe sind. (Deutoplasma.) 5. Menge und Vertheilung der Reservestoflfe in der Eizelle ist sehr verschiedenartig und übt den grössten Einfluss auf den Verlauf der ersten Entwicklungsprocesse aus. a) Die Reservestofte (Dottermaterial) sind in geringer Menge und gleichmässig im Protoplasma vertheilt. b) Die Reservestoflfe sind in grösserer Masse vorhanden und in Folge ungleichmässiger Vertheilung entweder an einem Pole des Eies oder in seiner Mitte dichter angehäuft. (Polständiges und niittelständiges Dottermaterial.) c) An den polar diflferenzirten Eiern unterscheidet man den Pol mit reicherem Gehalt an Reservestoflfen als vegetativen, den entgegen- gesetzten Pol als animalen. 26 Erstes Capitel. d) Bei polar differenzirten Eiern kann sich das am animalen Pole reichlicher vorhandene Protoplasma als Keimscheibe (B i 1 d u n g s - d Otter) schärfer von dem an Reservestoffen reicheren Abschnitt (N a h r u n g s d 0 1 1 e r ) absetzen. Am Bildungsdotter spielen sich allein die Entwicklungsprocesse ab, während sich der Nahrungs- dotter im Ganzen passiv verhält. 6. Die Eier kann man nach ihrer Entwicklung aus Zellen des Eier- stocks allein oder aus Zellen des Eierstocks und Dotterstocks, sowie nach der Vertheilung der ReservestoiTe in mehrere Hauptgruppen und Untergruppen eiutheilen, wie folgendes Schema lehrt: I. Einfache Eier. (Entwicklung aus Zellen des Eierstocks.) A. Eier mit geringer Menge von gleichmässig im Protoplasma ver- theilten Reservestoflfen (alecithale). (Amphioxus, Säugethiere, Mensch.) B. Eier mit mehr oder minder grosser Menge von ungleichmässig im Protoplasma vertheilten Reservestoffen (Dottermaterial). 1) Polar dilTerenzirte (telolecithale) Eier mit polständigem Dotter- material, mit animalem und vegetativem Pol. (Cyclostomen, Amphibien.) 2) Polar differenzirte Eier, die sich von der vorausgehenden Unter- gruppe dadurch unterscheiden, dass es bei ihnen noch zu einer schärferen Sonderung in Bildungsdotter (Keimscheibe) und in Nahrungsdotter, in einen l)ei der Entwicklung activen und in einen passiven Theil gekommen ist. (Polar differenzirte Eier mit Keimscheibe; Fische, Reptilien, Vögel.) 3) Central differenzirte Eier mit mittelständigem Nahrungsdotter (centrolecithal) und oberflächlich ausgebreitetem Bildungsdotter (Keimhaut). (Arthropoden.) II. Zusammengesetzte Eier. (Doppelte Entwicklung aus Zellen des Eierstocks und des Dotterstocks.) Literatur. C. E. V. Baer. Be ovi mammaliuni et hominis genesi epistola. Zipsiac IS27. Ed. van Beneden. Recherches sur la composition et la signijication de l'ocuf. Mem. com: de l'acad. roy. des sciences de Belgiquc. Vol. XXXIV. 1870. Bischoff. EntwicMungsycschichte des Kaninchencies. 1842. Born. Die Reifung des Amphibieneies und die BefrucJtlimg unreifer liier bei Triton taeniatus. Anatomischer Anzeiger. Bd. VII 1SD2. S. 772. Derselbe. Die Struetur des Keimbläschens im Ovarialei von Triton taeniatus. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 43. 1804. Plemming. Zcllsubstanz, Kern- und Zelltheilung. Leipzig 1882. K. Frommann. Das Ei. Realencyklopädie der gesammtcn Htilkunde. 2- AujUzge. C. Gegenbaur. lieber den Bau U7id die Entwicklung der Wirbelthiereier mit partieller Dottertliiilung. Archiv f. Anatomie und Physiologie. 18G1 . Quldberg. Beitrag zur Kenntniss der Eierstockseier bei Echidna. Sitzungsberichte der Jenaischen Gesellschaft. 1885. Hacker. Das Keimbläschen, seine Elemente und Lageveränderungen. Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 41. Henneguy. Essai de Classification des oeujs des animaux au point de vue embryogenique. Paris 1802. Derselbe. Le corps vitellin de Balbiani dans l'ceu/ des vcrtebres. J. de (anat. et de phys. Annce 20. 1S93. Hensen. Die Physiologie der Zeugung. Hermann's Handbuch der Plnjsiologie. Bd. VI. Oscar Hertwig. Beiträge zur Kenntniss der Bildung ., Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morphol. Jahrbuch. Bd. I. III. IV. Beschreibung der Geschlecbtsi3roducte. 27 W. His. UntcrsucJiuvycn Hin- die erste Anlage des Wirbelthierlcibcs. I. Die Entwicklung des Hühnchens im F.t. Leipzig ISiiS. Holl. l'eber die Reifung der FÄztlle des Huhnes. fSitzungsber. der Wiener Acad., Math. Sat. Kl. Bd. IC. Abth. III. 18kyer hat für die Fadenab- schnitte aus Chromatin die allgemein zutreffende Bezeichnung Chro- mosomen vorgeschlagen. Ich werde gewölinlich für sie das be- quemere und ebenso für alle einzelnen Fälle passende Wort „Kern- segmente" gebrauchen. Das Wort drückt zugleich das Wesentliche der i n d i r e c t e n T h e i 1 u n ü" aus, welches doch hauptsächlich darin besteht, dass das Chrom atin in Seg- mente zerlegt wird. Desswegen scheint mir auch das Wort „Kern- segmentirung" dem längeren und weniger bezeichnenden Ausdruck Iteifeerscheiuungen des Eies und Befruchtungsprocess. 29 „indirecte Kerntheilung" oder den für Nichtfachmänner unverständlichen Fremdwörtern .,Mitose" und „Karyokinese" vorzuziehen zu sein. Die Kernsegmente (Chromosomen) ordnen sich tienau in der Mitte der Kerntheilungsfigur in regelmässiger Weise neben einander an, (Fig. 15^) und zerfallen im Verlaufe der Theilung durch eine Längs- spaltung in je zwei, eine Zeit lang parallel verlaufende und noch eng "^ B C 4m> i.Hi:;;!!i;; Fig. 15. Schema der Kerntheilung nach Rabl. In Figur A sieht man die aus zarten achromatischen Fasern gebildete Spindel mit den Protoplasmastrahluugen an ihren Spitzen und mit den chromatischen Schleifen in ihrer Mitte. An letzteren ist bereits eine Längsspaltung der Fäden eingetreten. In Figur £ sind die durch die Spaltung entstandenen Tochterfäden nach entgegengesetzten Richtungen auseinandergerückt. In F'igur C beginnen sie sich in regelmässiger Weise zu zwei Gruppen von Schleifen anzuordnen. In Figur 2> liegen beide Gruppen von Tochterschleifen nahe den beiden Polenden der Spindel. verbundene Tochtersegmente, Dieselben weichen dann in zwei Gruppen auseinander (Fig. B, C, D) und werden in gleicher Zahl auf die Tochterzellen vertheilt, wo sie die Grundlage für die neuen bläs- chenförmigen Kerne bilden. Für den Process der Kernsegmentirung ist ferner charakteristisch: 1) das Auftreten zweier Pole, welche allen Zellbestandtheilen als Mittelpunkte für ihre Anordnung dienen; 2) die Ausbildung der soge- nannten Kernspindel; 3) die strahlige Anordnung des Proto- plasmas um die beiden Pole. Was die beiden Theilungspole anbetrifft, so liegt einem jeden ein ausserordentlich kleines Kügelchen einer schwer färbbaren Substanz zu Grunde, das Centralkörperchen (corpuscule polaire, Cen- trosoma). Zwischen den Centralkörperchen bildet sich die K e r n s p i n d e 1 aus. Sie besteht aus zahlreichen, sehr feinen, parallel angeordneten Spindelfäserchen, die wahrsclieinlich vom Liningerüst des ruhenden Kerns abstannnen und in ihrer Mitte etwas weiter auseinander liegen, während sie mit ihren Enden nach den Polen zu convergiren. Dadurch erhält das Bündel der Fäserchen mehr oder minder die Form einer Spindel. In der Umgebung der Centralkörperchen beginnt sich der Proto- plasmakörper der Zelle in einer Weise anzuordnen, als ob von ersteren gleichsam eine polare Wirkung ausgeübt würde. Es entsteht eine Figur wie um die Enden eines Magneten, die in Eisenfeilspäne eingetaucht sind. Das Protoplasma bildet zahlreiche, feine Fäden, welche sich in radiärer Richtung um die Centralkörperchen als Mittelpunkte oder Attractionscentren herum gruppiren. Erst sind sie kurz und auf die allernächste Umgebung der Attractionscentren beschränkt. Während des Verlaufs des Theilungsproeesses aber werden sie immer länger, bis sie 30 Zweites Capitel. sich endlich durch den ganzen Zellkörper erstrecken. Die Protoplasma- figur um die Pole wird in der Literatur als Plasmastrahlung-, Strahl en- f i g u 1" , Stern, S o n n e , A 1 1 r a c t i o n s s p h ä r e etc. beschriel)en, indem die Fäden den von einem Himmelskörper ausgehenden Lichtstrahlen ver- glichen werden. Das sind kurz die verschiedenartigen Elemente, aus denen sich die Kerntheilungstiguren zusammensetzen. Centralkörperchen, Spindel und die beiden Plasmastrahlungen werden von Flemming als der achroma- tische T h e i 1 der K e r n t h e i 1 u n g s f i g u r zusammengefasst und den verschiedenen Bildern, die durch Umordnung des Chromatins entstehen und den chromatischen Theil der Figur bilden, gegenüber- gestellt. Nach diesen Vorbemerkungen über das Wesen der Kerntheilung können wir uns zum Studium der Reifeerscheinungen wenden. Sie be- ginnen mit Veränderungen des Keimbläschens, die am genauesten bei kleinen, durchsichtigen Eiern wirbelloser Thiere , wie der Echinodermen und Nematoden (Pferdespulwurm), verfolgt worden sind. Das Keim- bläschen rückt aus der Mitte des Eies — zur Grundlage der Beschrei- bung mag uns das Ei eines Echinoderms dienen — allmählich nach der Oberfläche empor und schrumpft ein wenig ein (Fig. 16 Ä), indem Flüssigkeit in den umgebenden Dotter austritt; seine Kernmembran schwindet , der Keimfleck wird undeutlich und zerfällt in kleine Frag- mente (Fig. \6 B, hf). Während dieser R ü c k b i 1 d u n g des K e i m - blä Sehens entsteht, wie allein bei geeigneter Behandlung mit A B Fig. 16. Ausschnitte aus Eiern von Asterias glaeialis. Sie zeigen die Rückbildung des Keimliläschens (kb). In Figur J beginnt dasselbe zu schrumpfen, indem ein Protoplasmahöcker (.r) mit einer Strahlung in sein Inneres ein- dringt und die Membran daselbst auflöst. Der Keimfleck (kf) ist noch deutlich, aber in 2 Substanzen, Nuclein (nu) und Paranuclein (pn), gesondert. In Figur B ist das Keimbläschen {kb) ganz geschrumpft, seine Membran ist auf- gelöst, der Keimfleck (kf) nur noch in kleinen Resten vorhanden, in der Gegend des Protoplasmahückers der Figur A ist eine Kernspiudel (sp) in Ausbildung begriffen. Reagentien wahrgenonnnen werden kann, aus einzelnen Bestaud- t heilen seines Inhalts eine Kernspindel (Fig. 16 B, sj)) also jene oben beschriebene Form des Kerns, welcjie man im Thier- und l*flanzenreich im Vorl)ereitungsstadium zur Zelltheilung antrift't Die Kernspindel verfolgt den vom Keimbläschen bereits einge- schlagenen Weg noch weiter, bis sie mit ihrer Spitze an die Oberfläche des Dotters anstösst, wo sie sich mit ihrer Längsaclise in die Richtung eines Eiradius stellt (Fig. 17 Z sjj). Bald kommt es hier zu einem Process, der von der gewöhnlichen Zelltheilung nur dadurch unter- Reifeerscbeinungen des Eies und Bet'ruchtungsprocess. 31 schieden ist, dass die beiden Theilungsproducte von sehr iin.Lileicher Gröss(> sind. Genauer gesagt, haben wir es also mit einer Zell- knospung zu thun. An der Stelle, wo die Kernspindel mit ihrer einen Spitze anstösst, wölbt sich der Dotter zu einem kleinen Hügel empor, in welchen die Spindel selbst zur Hälfte hineinrückt (Fig. 17 II). Der Hügel schnürt sich darauf an seiner Basis ein und löst sich mit der Hälfte der Spindel vom Dotter als eine sehr kleine Zelle ab (Fig. 17 111, rJc^). Hierauf wiederholt sich genau derselbe Vorgang noch einmal , nachdem sich die im Ei zurückgebliebene Hälfte der Spindel , ohne in das bläschenförmige Ruhestadium des Kerns zuvor eingetreten zu sein, wieder zu einer ganzen Spindel ergänzt hat (Fii. 17 IV). 11 111 ■■:':^<':^'i0^^'y':'' '-'■"^y,, ■ '■:'■,,'/'//■'• ' i\Vv;v',-.:;-.»''' IV VI Fig. 17. Bildung der Polzellen bei Asterias glacialis. In Fig. I ist die Keriispindel sp an die Oberfläche des Eies gerückt. In Fig. II hat sich ein kleiner Hügel {rk'^) gebildet, der die Hälfte der Spindel aufnimmt. In Fig. /// ist der Hügel zu einer Polzelle (rk^) abgeschnürt. Aus der Hälfte der früheren Spindel ist wieder eine zweite vollständige Spindel (sp) entstanden. In Fig. IV wölbt sich luiter der ersten Polzelle ein zweiter Hügel hervor, der sich in Fig. V zur zweiten Polzelle (rk") abgeschnürt hat. Aus dem Rest der Spindel entwickelt sich der Eikern (ek) in Fig. TT. Es liegen nun dicht bei einander zwei Kügelchen, welche aus Proto- plasma und Kern bestehen und daher den Werth von kleinen Zellen besitzen, der Oberfläche des Dotters auf (Fig. 17 V rk^ rk^) und sind hier oft noch zu einer Zeit, wo das Ei bereits in einen Haufen von Zellen getheilt ist, unverändert nachzuweisen. Sie sind schon aus älterer Zeit unter dem Kamen der Richtungskörper oder Pol z eilen bekannt. Den letzteren Namen haben sie deswegen erhalten , weil sie bei Eiern, an denen ein animaler Pol zu unterscheiden ist, stets an diesem ihren Ursprung nehmen. Nach Beendigung des zweiten Knospungsprocesses ist die Hälfte der Kernspindel , deren andere Hälfte bei der Bildung der zweiten Polzelle betheiligt war, in der Dotterrinde zurückgeblieben (Fig. 17 F u. VI ek). Von ihr leitet sich ein neuer, kleiner, bläschenförmiger Kern her, der etwa einen Durchmesser von 1 3 ,u erreicht. Von seiner Bildungsstelle aus wandert er in der Regel wieder mehr nach der Mitte des Eies zurück (Fig. 18 cli). 32 Zweites Capitel. Der Kern des reifen Eies (Fig. 18 ek) ist von mir als Eikern, von VAN Beneiiex als Pronucleus fenielle oder weiblicher Vorkern be- zeichnet worden. Er darf mit dem Keimbläschen des un- reifen Eies nicht verwechselt werden. Man vergleiche die bei der- selben Vergrösserung gezeichneten Figuren, das unreife (Fig. 19) und das reife Ei (Fig. 18) eines Echinoderms. Das Keimbläschen ist von ek Y IX. Fi^-. 19. Fig. 18. Reifes Ei eines Echinoderms. Es schliesst im Dotter den sehr kleineu, homogenen Eikern [ek) ein. 800 mal vergr. Fig. 19. Unreifes Ei aus dem Eierstock eines Eehinoderras. oOOmalvergr. sehr ansehnlicher Grösse, der Eikern verschwindend klein; an jenem unterscheidet man eine deutlich entwickelte Kernmembran, ein Kernnetz und einen Keimfleck ; dieser sieht im lebenden Zustand nahezu homogen aus, ist ohne Keimflecke und gegen das Protoplasma durch keine feste Membran abgegrenzt. Aehnliche Unterschiede kehren überall im Thier- reich in der Beschaffenheit des Keimbläschens und des Eikerns wieder. Die Bildung von Polzellen und die hiermit zusammenhängende Um- wandlung des Keimbläschens in einen so ausserordentlich viel kleineren Eikern ist eine im Thierreich wahrscheinlich allgemein verl)reitete Er- scheinung. Polzellen sind ülierall bei Coelenteraten und Echinodermen, bei Würmern und bei Mollusken beobachtet worden. Bei der Eireife der Arthropoden schienen sie nach den älteren Beobachtungen niemals vorzukommen, sie sind aber in der Neuzeit bei zahlreichen Arten von mehreren Seiten, besonders von Blochmann, Weismann, Platxer, Henking etc. aufgefunden worden. Im Stamm der Wirbelthiere treffen wir Polzellen stets bei den Cyclostomen und den Säugethieren an, während sie bei den Fischen und Ampliibien nur in einigen Fällen, bei Reptilien und Vögeln überhaupt noch nicht wegen der durch die Grösse des Eies bedingten Erschwerung ihrer Untersuchung halien nachgewiesen werden können. Ihre Entstehung geht entweder einige Zeit der Be- fruchtung voran oder vollzic^ht sich erst während derselben. Bei den Säugethieren (Kaninchen und Maus) ist der Vorgang durch VAN Beneden und neuerdings durch Taeani, L. Gekläch und besonders durch SoBOTTA sehr genau untersucht worden. Mehrere Wochen vor dem Platzen des GRAAEE'sch(>n Bläschens rückt das Keimbläschen an die Oberfläche des Eies empor; zur Zeit des Follikelsprungs ver- schwindet es hier, und bilden sich an der Stelle, wo es geschwunden ist, der Eikern und ein oder zwei (Taeani) unter der Zona pellucida Reifeerscheinungcn des Eies und Befruchtungsprocess. 33 gelegene rolz(>ll(>n aus. Bald nach dem Austritt aus dem Ovarium zeigt das FA stets Eikeni und l'olzellen. Audi bei den Fist*h(^n, Amphibien, Reptilien und Vögeln, deren Eier von bedeutender Grösse und nur mit wenigen Ausnahmen undurch- sichtig sind, erfahrt das durch seine zahlreichen Nucleolen ausgezeichnete Keimbläschen eine rückschreitende Metamorphose. Stets steigt es, wie von Oellacher bei den Knochenfischen, von nur und Born bei den Amphibien Schritt für Schritt verfolgt worden ist, aus der Mitte des Dotters nach der Oberfläche zum animalen Pol empor (Fig. 20 Jcb). Hier plattet es sich unmittelbar unter der Dotterhaut, indem es zugleich Fig. 20. In der Reife begriffenes Frosehei. Das Keimbläschen kb mit zalilreichen Keimflecken (kf) liegt ganz an tiei" Ober- fläche des animalen Poles als plattgedrückter, linsenförmiger Körper. etwas schrumpft, zu einem flachen, scheibenförmigen Körper ab. Weitere Veränderungen, die im Einzelnen sehr mühsam zu verfolgen sind, spielen sich in verhältnissmässig kurzer Zeit und zwar bei den Amphibien dann ab, wenn sich die Eier aus dem Ovarium loslösen. Denn untersucht man bei ihnen solche, die in die Bauchhöhle schon entleert oder in die Eileiter eingetreten sind, so findet man regelmässig das Keimbläschen mit seinen Keimflecken geschwunden. Ueber die hierbei stattfindenden feineren Vorgänge haben uns Oscar Schultze und Born, was die Amphibien, Kastschenko und Rückert, was die Selachier betrifft, durch vorzügliche Untersuchungen aufgeklärt. Die schon früher (pag. 9) erwähnten, ausser- ordentlich feinen Chromatinfäden verkürzen sich sehr stark und lassen sich in demselben Maasse, als sie sich verkürzen, durch Färbung deut- licher hervorheben; während sie früher im Keimbläschen mehr gleich- massig vertheilt waren, werden sie jetzt in seiner Mitte zusammengedrängt; hier findet man sie stets paarweise angeordnet, welcher Befund von Rückert in der Weise ausgelegt wird, dass der Paarung durch Längs- spaltung eines ursprünglich einfachen Fadens zu Stande gekommen sei. Wie die Kernfäden wandern auch die Keimflecke von der Peripherie nach der Mitte des Keimbläschens; hier beginnen sie in Körnerhaufen zu zerfallen und ihre Färbbarkeit mit Karmin einzubüssen; schliess- lich sind sie, wahrscheinlich weil sie sich aufgelöst haben, überhaupt nicht weiter nachzuweisen. Auch die Membran des Keimbläschens wird aufgelöst und sein Inhalt im Ei vertheilt bis auf einen kleinen Rest, der bestehen bleibt und eine typische Kernspindel liefert, welche im Verhältniss zur bedeutenden Grösse des Eies ganz ausserordentlich klein ist. Ihre Kernsegmente stammen von den paarweise verbundenen Chromatinfäden her, die sich in der Mitte des Keimbläschens zu einem Haufen zusammengedrängt hatten. Nachdem die Kernspindel mit ihrer einen Spitze bis an die Oberfläche des Dotters emporgestiegen ist, werden auch hier in der typischen Weise, wie sie auf Seite 31 dargestellt worden ist, zwei Polzellen und ein Eikern gebildet. Letzterer, der etwa die Grösse eines einzigen Keimflecks besitzt, ist der ganz winzige Rest, 0. HerAwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 3 34 Zweites Capitel. welcher von der beträchtlichen Substanzmasse des Keimbläschens als wirksamer und morphologisch noch nachweisbarer Bestandtheil in dem reifen Ei erhalten geblieben ist. Eine sehr interessante Thatsache haben Weismann und Blochmann bei den Arthropoden entdeckt. Bei Eiern nämlich, welche sich partheno- genetisch weiter entwickeln (bei Sommereiern von Polyphemus, Bytho- trephes, Moina, Leptodora, Daphnia, sowie von Aphiden) wird meist nur eine einzige Polzelle ausgestossen , während bei Eiern, die zur Weiterentwicklung noch der Befruchtung bedürfen, sich immer zwei bilden. Doch lässt sich zur Zeit dieser Gegensatz noch nicht als all- gemeines Gesetz aufstellen. Denn bei Liparis dispar fand Platner, dass in den partheuogenetischen Eiern ebenso wie in den befruchteten zwei PtichtuDgskerne gebildet w^erden, von denen der erste sich noch- mals theilt. Zu demselben Ergebniss gelangte Blochmann bei Unter- suchung von unbefruchteten Bieneneiern, aus denen sich Drohnen ent- wickeln. Wenn die Untersuchungen über die Reifeerscheinungen des thie- rischen Eies auch noch zahlreiche Lücken darbieten, so kann zur Zeit wenigstens so viel als feststehende Regel betrachtet werden, dass Eier mit Keimbläschen niemals befruchtungsfähig sind, dass das Keimbläschen ausnahmslos aufgelöst wird und dass sich aus Bestandtheilen desselben (im Einzelnen sind viele Vorgänge noch genauer zu untersuchen) ein sehr kleiner Eikern bildet. Während der Um Wandlung entstehen aus- nahmslos P 0 1 z e 1 1 e n. Mit den Reifeerscheinungen lässt sich die polare Differen- zirung, die im ersten Capitel bei vielen dotterreichen Eiern nach- gewiesen wurde, in einen ursächlichen Zusammenhang bringen. Ohne Ausnahme wird derjenige Theil der Eikugel, zu welchem das Keimbläs- chen emporsteigt und an welchem die Polzellen abgeschnürt werden, der animale Pol. Dass sich hier Protoplasma in grösserer Menge ansammelt, ist zum Theil darauf zurückzuführen, dass es mit dem Kern, der ja meist ein Attractionscentrum für das Protoplasma abgiebt, an die Ober- fläche des Eies gelangt. Geschichte. Der Einblick in die Reifeersclieinungen des Eies, wie sie auf den vorausgegangenen Seiten im Zusammenhang dargestellt worden sind, ist erst auf vielen Umwegen und nach Beseitigung vieler Missverständ- nisse gewonnen worden. Schon im Jahre 1825 fand Purkinje, der Ent- decker des Keimbläschens im Hühnerei , dass dieses in Eiern , die dem Oviduct entnommen wurden , verschwunden sei , und schloss daraus, dass es durch die Contractionen des Eileiters zersprengt und sein Inhalt (eine lympha generatrix) mit dem Keim vermischt werde. Daher der Name vesicula germinativa. Aehnliches wurde an diesen und anderen Objecten durch C. E. V. Bakk, Oj;llacher, Goette, Kleinenberg, KowAiiEvsKY, Reichert etc. beobachtet. Auf der anderen Seite aber waren für viele Eier auch wieder die bestimmten Angaben gemacht worden, dass das Kleimbläschen nicht schwindet, sondern erhalten bleibt und bei der Furchung sich direct in die Tochterkerne theilt, so von Jon. Müller für Entoconcha mirabilis, von Leydig, Gegenbaur, van Beneden für Räderthiere. Medusen etc. Es standen sich daher in früheren Decennien zwei Parteien gegenüber: die eine behauptete Fortbestand des Keimbläschens und Theilung desselben beim Furchungsprocess , die andere liess die Eizelle in ihrer Entwicklung r> Reifeerschoinungen des Eies und Befruchtungsprocess. 35 einen kernlosen Zustand durchlaufen und erst in Folge der Befruchtung wieder einen Kern erhalten. Die strittigen Punkte wurden durch Untersuchungen, die Bütschli und ich gleichzeitig unternommen hatten, einer Klärung entgegengeführt. Ich zeigte in meinem ersten Beitrag, „zur Kenntniss der Bildung, Be- fruchtung und Theilung des thierischen Eies", dass man in allen älteren Schriften nicht zwischen dem Kern des unreifen , des reifen und des be- fruchteten Eies unterschieden, sondern die Kerne vielfach verwechselt und für identisch gehalten habe, und stellte zuerst die Unterschiede zwischen Keimbläschen. Eikern und Furcbungskern fest, welche Benennungen von mir eingeführt wurden. Ferner zeigte ich, dass der Schwund des Keimbläschens und die Entstehung des Eikerns der Befruchtung vorausgehen, und unter- schied so die allgemein verwechselten und zusammengeworfenen Reife- und Befruchtungserscheinungen der Eizelle, Auch suchte ich wahrscheinlich zu machen , dass der Eikern vom Keimbläschen und zwar von einem Nucleolus desselben abstamme , und vertheidigte die These , dass das Ei bei seiner Reife keinen kernlosen Zustand durchlaufe. Hierbei verfiel ich in einen Irrthum , ich übersah, wie alle früheren Forscher, den Zusammenhang zwischen der Bildung der Polzellen und dem Schwund des Keimbläschens, einen Vorgang , der bei meinem Untersuchungsobject schwieriger festzustellen war, weil er bereits im Eierstock abläuft. In dieser Beziehung traten die vortrefflichen Untersuchungen von Bütschli ergänzend ein, der die Veränderungen des Keimbläschens mit der Bildung der Polzellen in Zusammenhang brachte. Diese waren schon im Jahre 1848 durch Fß. Müller und Luven entdeckt und von ersterem Richtungsbläschen genannt worden , weil sie stets an der Stelle liegen , wo später die erste Theil furche erscheint. Auch war ihre weite Verbreitung im Thierreich durch viele Forscher nachgewiesen worden ; Bütschli jedoch lenkte zuerst die Aufmerksamkeit auf die eigenthümlichen, im Dotter sich abspielenden Vorgänge, bei deren Deutung er freilich in mehrfacher Hinsicht Irrthümer beging. Er Hess sich das ganze Keimbläschen in einen spindel- förmigen Kern umwandeln , diesen an die Oberfläche rücken und , indem er in seiner Mitte eingeschnürt wurde, in der Gestalt zweier Richtungskörper durch Contractionen des Dotters nach aussen hervorgestossen werden. Durch diesen Vorgang sollte das Ei kernlos werden und erst in Folge der Be- fruchtung wieder einen Kern gewinnen. In zwei weiteren Abhandlungen „zur Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies" modificirte ich die BiJTSCHLi'sche Lehre und brachte sie mit meinen vorausgegangenen Untersuchungen in Einklang, indem ich zeigte, dass das Keimbläschen sich nicht als solches direct in die Kernspindel umwandelt, sondern sich theilweise auflöst, dass die Spindel in einer schwieriger zu untersuchenden Weise aus der Kernsubstanz ihren Ursprung nimmt, dass die Polzellen sich nicht durch Ausstossung der Spindel, sondern durch einen ächten Theilungs- oder Knospungsprocess bilden, dass in Folge dessen auch nach der Abschnürung der zweiten Polzelle das Ei nicht kernlos wird, sondern dass von der im Dotter zurückbleibenden Hälfte der sich theilenden Polspindel der Eikern hervorgeht, welcher mithin in letzter Instanz von Bestandtheilen des Keimbläschens der unreifen Eizelle abstammt. Bald darauf deutete auch Bütschli die Entwicklung der Richtungs- körper als Zellknospung , desgleichen Giaed und Fol , welcher eine sehr umfassende und gründliche Untersuchung über die Reifeerscheinungen des thierischen Eies geliefert hat. Später hat sich van Beneden gegen die Deutung des Processes als Zellknospung gewandt, gestützt auf Untersuchungen 3* 36 Zweites Capitel. an Nematoden^ doch können ihm hierin Boveei und 0. Zachabias nicht beipflichten , Avelche eine vollständige Uebereinstimmung zwischen der Ent- wicklung der Richtungskörper und einem Zelltheilungsprocess auch für die Nematoden nachgewiesen haben. Als ein neuer Fortschritt ist die Entdeckung von Weismaxn und von Blochmann zu verzeichnen , dass bei parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern nur eine einzige Polzelle entsteht. Wenn hiermit auf morphologischem Gebiet das ursprüngliche Dunkel, in welches die Reifeerscheinungen des Eies eingehüllt waren , aufgehellt worden ist, so tritt jetzt die Frage an uns heran, was für eine physiologische Bedeutung die Reifeerscheinungen haben. Dass das Keimbläschen in einzelnen Bestandtheilen eine regressive Metamorphose erfährt , ist leicht verständlich, da eine derbe Kernmembran und eine reichliche Ansammlung von Kernsaft einem Zusammenwirken von Protoplasma und activer Kernsubstanz bei den Theilungsvorgängen nicht förderlich sein kann. Ihre Auflösung ist gleichsam die Vorbedingung für eine erneute Thätigkeit des Kerninhalts. Aber welche Rolle soll man den Polzellen zuertheilen ? Warum wird bei der Partheno- genese nur eine einzige Polzelle gebildet, bei der befruchtungsbedürftigen Eizelle aber ihrer zwei bis drei? Wenn ferner dem reifen Ei die befruchtende Samenzelle gleichwerthig ist, welches Gebilde entspricht dann dem unreifen Ei ? Werden bei der Samenreife auch Polzellen abgeschieden '? Auf alle diese Fragen werden uns die beiden folgenden Abschnitte die Antwort geben. 2. Vergleich der Ei- und Saaienl)ildung. Um die einander entsprechenden Stadien in der Ei- und Sanien- bildung ausfindig machen und mit einander vergleichen zai können, sind die Geschlechtsorgane der Nematoden mehr als jedes andere bisher bekannt gewordene Object geeignet. Die Geschlechtsorgane der Nematoden stellen lange Röhren dar, in deren blindem Ende sich die jüngsten Keimzellen finden und sich von dieser Stelle an bis zum Ausführungsgang allmählich zu reifen Ge- schlechtsproducten umwandeln, der Art, dass alle einzelnen Entwick- lungsstadien der Reihe nach auf einander folgen. Zweckmässiger Weise unterscheidet man sowohl in der Hoden-, wie in der Eierstocksröhre drei Hauptabschnitte, eine Keimzone, eine Wachsthums- und eine Reifezone. In der Keimzone sind entweder die ausserordentlich kleinen Ur Samenzellen (Spermatogonien, La Valette) oder die Ureter (Ovogonien, Boveri) eingeschlossen, die beim Hoden und Eierstock sich zum Verwechseln gleichen. Sie vermehren sich sehr lebhaft auf dem Wege der Kernsegnientirung. Hierbei werden in den Geschlechts- organen von Ascaris megalocephala bivalens stets 4 Muttersegmente ge- bildet , die durch Längsspaltung in 2 Gruppen von 4 Tochtersegmenten zerfallen und so auf die Tochterzellen vertheilt werden. Die Zahl der Kernsegmente ist also genau die gleiche, wie bei der befruchteten, in Theilung begriffenen Eizelle. W^enn dann die durch Theilung sich fortwährend vervielfältigenden Keimzellen aus der ersten Zone in den zweiten Abschnitt der Geschlechts- röhren eintreten, hören sie auf, sich weiter zu vermehren, wachsen da- gegen durch Substanzaufnahme zu beträchtlicher Grösse heran , erhalten Keifeerscheiiiungen des Eies und Befrucbtungsprocess. 37 einen selir ansehnlielien , bliischenförniiiien Kern und können jetzt als Ei- und S amen mutterz eilen (Ovocyten, Boveri, Spennatocyten, La Valette) bezeichnet werden. Nach diesem Ruhestadium, das länj?ere Zeit währt, .gelangen die Ei mutterz eilen, welche durch reicldiche Dotterbild unii' ihre defini- tive Grösse erreicht haben, und ebenso die Samenmutterzellen, welche an Grösse hinter den Eiern beträchtlich zuriickgebliel)en sind, in den dritten Abschnitt, in die Reife- oder Theilzone. In beiden Ge- schlechtern bereitet sich jetzt der grosse bläschenförmige Kern zu einem neuen, in seiner Art eigenthümlichen Theilungsprocess vor. Während bei der Vorbereitung zu einer gewöimlichen Theilung sich 4 Muttersegmente aus dem Kerngerlist anlegen und dann sich in 2 Grupi)en von 4 Tochtersegmenten spalten, ist im Keimbläschen der Ei- und Samenmutterzelle (Fig. 21 7 u. Fig. 23 I) schon vor der Auflösung seiner INIendiran die färbbare Kernsubstanz gleich auf 8 Segmente vertheilt, von denen je 4 zu einer Gruppe oder zu II 0 o OO O ° oo^ o o o 'O 0 o-" einem Bündel unter einander vereinigt sind. Man hat diese sehr charakteristi- sche Anordnung, welche in den ver- schiedenstenAbtheilungendesThierreichs schon nachgewiesen worden ist, in pas- sender Weise als „Vierergruppe" bezeichnet. Der Reifeprocess besteht nun darin, dass die in einer Vierergruppe vereinigten Kern- segmente auf4Zellen vertheilt werden, von denen jede 1 Seg- ment erhält. Es geschieht dies durch 2 Z e 1 1 1 h e i 1 u n g e n , die sich unmittelbar auf ein- ander folgen, ohne dass der Kern in den bläschenför- migen Zustand der Ruhe übergeht, und ohne dass dabei eine erneute Spaltung der schon im Keimbläschen vor- bereiteten Segmente eintritt. Im Einzelnen finden dabei geringfügige Verschiedenheiten in der Theilung der Ei- und Samenmutterzellen statt. Fig-. 21. Zwei Kerne von Samenmutterzellen von Asearis megaloeephala bivalens in Vor- bereitung zur Theilung. Fig. 22. Schema für die Entstehung der Samenzellen aus einer Samen- mutterzelle von Asearis megaloeephala bivalens. / Theilung der Samenmutterzelle in 2 »Samentochterzellen. // Die beiden Sameu- tocliterzelleu {A u. £) bereiten sich gleich nach der ersten Theilung zu einer zweiten Theilung vor. III Die Samentochterzelle A theilt sich in 2 Samenenkelzellen. B u, C 2 Samenenkelzellen. 38 Zweites Capitel. Bei der Samenmutterzelle kommt die Kerntheilungsfigur mich der Auflösung des Keimbläschens in die Mitte des Zellkörpers zu liegen (Fig. 21 u, Fig. 22 I). Zwischen den beiden Centralkörperchen ordnen sich die 2 Gruppen von 4 Kernsegmenten so an, dass von jeder Gruppe 2 Segmente nach dem einen, 2 Segmente nach dem anderen Central- körperchen zugewandt sind. So erhält durch diese erste Theilung jede Tochterzelle 4 paarweise verbundene Segmente (Fig. 22 11 A, B). Ohne Pause theilt sich darauf wieder das Centralkörperchen in 2 aus- einanderweichende Hälften , zwischen denen sich die Segmentpaare zu einer zweiten Kernfigur anordnen in der Weise , dass von jedem Paare die Segmente nach entgegengesetzten Polen orientirt sind (Fig. 22 17 B u. 111 A). Daher erhält durch die zweite Theilung jede Enkelzelle 2 11 111 ^ rm^ U^jf iX: i<-' ?^C V. A Vi r:^ ' *-4I y:2 (^-fk y--WN n an die Gallert- hiille eines Eies an: von diesen befruchtet aber normaler Weise nur ein einziger, und zwar derjenigje, welcher sich zuerst durch die pendelnden Bewegungen sein(>s Fadens der P'.ioberfläche ge- nähert hat (Fig. 28 A — C). Wo er mit der Si)itze seines Kojjfes an diese anstösst, erhe])t sich das hyaline Protoplasma, welches die Eirinde bildet, zu einem kleinen Höcker, dem Emptanji;nisshüjj;el. Hier bohrt sich der Kopf, getrieben von den pendelnden Bewegungen des Fadens, in das Ei hinein. B C .,„.,■ t-^ ■■:^.Fi:'=':-c':i:p::-i'iC- Fig. 28. J, B, C Kleinere Abschnitte von Eiern von Asterias glacialis nach Fol. Die Samenfäden sind bereits in die Schleimhülle, welche die Eier überzieht, ein- gedrungen. In A beginnt sich eine Yorragung gegen den am weitesten vorgedrungenen Samenfaden zu erheben. In B sind Vorragung und Samenfaden zusammengetroffen. In C ist der Samenfaden in das Ei eingedrungen. Es hat sich jetzt eine Dotter- membran mit einer kraterförmigen (;)effnung gebildet. Gleichzeitig löst sicli während des Einbohrens des Samenfadens eine feine Membran (Fig. 28 C) von der ganzen Oberfläche des Dotters, vom Empfängnisshügel beginnend, ringsum ab und wird durch einen immer grösser werdenden Zwischenraum getrennt. Der Zwischenraum entsteht wahrscheinlich dadurch, dass sich in Folge der Befruchtung das Eiplasma zusannnenzieht und Flüssigkeit (wohl den nach dem Schwund des Keim- bläschens vertheilten Kernsaft) nach aussen presst. Für den Befruchtungsact hat die Entstehung einer Dotterhaut in- sofern eine grosse Bedeutung, als sie ein Eindringen anderer männlicher Elemente unmöglich macht. Von den anderen in der Gallerthülle hin und her schwingenden Samenfäden gelangt jetzt kein einziger mehr in das befruchtete Ei hinein. Der äusseren Copulation der beiden Zellen schliessen sich Vor- gänge im Innern des Dotters an, welche als innerer Befrnchtnngsact zusammengefasst werden können. Der Faden hört zu schlagen auf und entzieht sich bald der Wahr- nehnmng, der Kopf aber dringt langsam weiter in den Dotter hinein (Fig. 29 Ä) und schwillt dabei durch Aufnahme von Flüssigkeit (Fig. 29 B) zu einem kleinen Bläschen an, das man, da sein wesentlicher Bestand- theil das Chromatin des Samenfadenkopfes ist, kurzweg als Samenkeru bezeichnen kann, wie er sich denn auch in Carmin etc. sehr intensiv färben lässt. Unmittelbar vor ihm, an seiner nach der Eimitte zu ge- richteten Seite (Fig. 29 A u. B) ist neuerdings von Fol noch ein viel kleineres Kügelchen nachgewiesen worden, um welches sich der Dotter 44 Zweites Capitel. in radiären Bahnen anzuordnen beginnt (Fig. 30) und eine alhnälilich immer schärfer ausgeprägte und auf grössere Entfernung hin ausgedehnte Strahlenfigur (einen Stern) bil- Ä Fio-. 29. A \x. B Je ein Stück eines Durchschnittes durch ein befruchtetes Ei von Asteracanthion. Dem Samen- kern wandert ein Centralkörperchen (Spermacentrum) voraus. Nach Fol. det. Wahrscheinlich leitet es sich von dem Mittelstück des Samenfadens ab; es hat von Fol den Namen des Sper- macentrums (männliches Centralkörperchen) erhalten. Ein entsprechendes Kügelchen ist auch dicht am Eikern, an seiner vom Samenkern abge- wandten Seite zu entdecken, das Ovocentrum von Fol (weibliches Centralkörper- chen). (Fig. 321) Jetzt beginnt ein interes- santes Phänomen das Auge des Beobachters zu fesseln (Fig. 30 u. 31). Ei- und Samenkern ziehen sich gleichsam gegenseitig an und wandern mit wachsender Geschwindigkeit durch den Dotter einander entgegen; der Samenkern {sh), dem seine Strahlung mit dem in ihm eingeschlossenen Centralkörperchen stets voran- schreitet, verändert rascher seinen Ort, langsamer der Eikern (ek) mit seinem Centralkörperchen. Bald treffen sich beide in der Mitte des Eies und werden hier zunächst von einem körnchenfreien Protoplasmahof und nach aussen von diesem von einer gemeinsamen Strahlung eingeschlossen (Sonnenstadium und Aureola von Fol). Im Laufe von 20 Minuten verschmelzen darauf Ei- und Samenkern untereinander zum einfachen Keim- oder F u r c h u n g s k e r n (Fig. 32 1 — IV) \ erst legen sie sich an der Berührungsfläche einander unter Bildung eines ihre Abgrenzung dicht gegenseitig gegen raumes. In diesem ist die vom Samenfaden abstammende aneinander (Fis. 32 /), platten sich ab (Fig. 32 11) und verlieren dann Kern- Substanz gememsamen ek p;::>:/-:;:;^y:;;}y;;:iy:C^:;: ir•^\^-^V holoblastische Eier. b) inäquale „ > II. Typus. Partielle „ \ a) discoidale „ \ meroblastische Eier. b) superficiale „• > la. Die äquale Furchuug. Bei der allgemeinen Besprechung des Furchungsprocesses sind wir mit den Erscheinungen der äqualen Furchung bereits bekannt geworden. Zu dem oben Gesagten ist noch hinzuzufügen, dass dieser Typus am häufigsten bei den Wirbellosen, unter den Wirbelthieren aber nur beim Amphioxus und bei den Säugethieren anzutreffen ist. Bei letzteren treten indessen schon frühzeitig geringe Verschiedenheiten in der Grösse der Theilungskugeln hervor, wodurch mehrere Forscher veranlasst worden sind, auch die Furchung des Amphioxus und der Säugethiere als inäquale zu bezeichnen. Wenn ich diesem Vorschlag nicht gefolgt bin, so geschah es aus dem Grunde, weil die Unterschiede nur gering- fügiger Art sind, weil der Kern in der Eizelle und ebenso in ihren Theilstücken noch central liegt, und weil die einzelnen Furchungsarten überhaupt nicht scharf abzugrenzen, sondern durch Uebergänge ver- bunden sind. Vom Amphioxus giebt Hatschek an, dass auf dem achtzolligen Stadium vier kleinere und vier etwas grössere Zellen zu unterscheiden sind, und dass von da an auf allen späteren Stadien ein Grössenunter- schied zu bemerken ist, dass daher der Furchuugsprocess in einer ähnlichen Weise abläuft, wie später für das Froschei beschrieben werden wird. Das Ei des Kaninchens, über welches die sorgfältigen Untersuchungen von VAN Beneden vorliegen, zerfällt gleich von Anfang au in 2 Theil- stücke von etwas ungleicher Grösse-, auch treten vom dritten Theilungs- stadium an Unterschiede in der Schnelligkeit ein, in welcher bei den einzelnen Segmenten die Theilungen aufeinander folgen. Nachdem die 4 Furchungskugeln sich in 8 getheilt haben, kommt es zu einem Stadium mit 12 Kugeln; darauf folgt ein anderes mit 16 und später ein weiteres mit 24. Ib. Die inäquale Furchung. Als Grundlage der Beschreibung möge das Ei der Amphibien dienen, dessen Bau schon früher besprochen wurde. Sowie das Ei vom Frosch oder Triton in das Wasser entleert und befruchtet wird, so richtet sich Der Furchungsprocess. 65 alsbald die schwarz pigmentirte oder animale Eiliälfte unter AufquelluiiK der Gallerthülle nach oben, weil sie mehr Protoplasma und kleinere Dotterküsielchen enthält und leichter als die vei^etative Hälfte ist. Die Ungleichmässigkeit in der Vertheilung der verschiedenen Dotterbestaiid- theile bedingt auch eine veränderte Lage des Furcliungskerns. Während dieser in allen Fällen, in denen die Reservestoffe gleichmässig vertheilt sind, eine centrale Lage einnimmt, rückt er überall, wo sich das Ei aus einer an Dottermaterial reicheren und aus einer an Protoplasma reicheren Hälfte zusammensetzt, in das Bereich der letzteren hinein. Beim Froschei findet mau ihn daher in der schwarz pigmentirten, nach oben gelegenen Hemisphäre. Wenn sich hier der Kern zur Theilung anschickt, kann sich seine Achse nicht mehr in jedem beliebigen Radius des Eies einstellen; in Folge der ungleichmässigen Vertheilung des Protoplasma im Eiraum steht er unter dem Einfluss des protoplasmareicheren, pigmentirten Theils des Eies, welcher wie eine Calotte dem an Dotterplättchen B jp pr sp Fig. 44. Schema der Theilung des Froseheies. A Erstes Theihingsstadium. £ Drittes Theilungsstadiuni. Die 4 Theilstücke des zweiten Theihmgsstcadiums beginnen durch eine Aequatorialturche in 8 Stücke zu zer- fallen. F Pigmeutirte Obei'fläche des Eies am animalen Pol; pr protoplasmareicher, d dotterreicher Theil des Eies; sp Kernsijindel. reicheren Theil aufliegt und wegen seiner geringeren specifischen Schwere obenauf schwimmt und horizontal ausgebreitet ist. In einer horizontalen Protoplasmascheibe aber kommt die Kernspindel horizontal zu liegen (Fig. 44 Ä, sp)\ mithin muss die Theilungsebene sich in verticaler Richtung bilden. Zuerst beginnt sich eine kleine Furche am animalen Pole zu zeigen, weil dieser mehr unter dem Einfluss der ihm ge- näherten Kernspindel stellt und mehr Protoplasma enthält, von welchem die Bewegungserscheinungen bei der Theilung ausgehen. Die Furche vertieft sich langsam ilach abwärts und schneidet nach dem vegetativen Pole zu durch. Durch den ersten Theilungsact erhalten wir zwei Halbkugeln (Fig. 45, o), von denen eine jede aus einem protoplasmareicheren, nach oben gerichteten und einem nach abwärts gekehrten, protoplasmaärmeren Quadranten zusammengesetzt ist. Dadurch wird erstens die Lage und zweitens die Achse des Kerns, wenn er sich zur zweiten Theilung an- schickt, wieder fest bestimmt. Den Kern haben wir nach der von uns oben aufgestellten Regel im protoplasmareicheren Quadranten aufzu- suchen; zu seiner Längsachse muss sich die Achse der Spindel parallel einstellen, sie muss also horizontal zu liegen kommen. Die zweite 0. Hertwig, Entwieklungsgescliichte. 5. Aufl. O 66 Drittes Capitel. Theilungsebene ist daher, wie die erste, lothrecht und sclineidet sie rechtwinklig. I, ' -Nach Alllauf der zweiten Furchung besteht das Amphibienei aus vier Quadranten (Fig. 45, 4), die durch verticale Theilungsebenen von einander getrennt sind und zwei ungleichwerthige Pole besitzen, einen protoplasniareicheren, leichteren, nach oben gerichteten und einen dotter- reicheren, schwereren, nach abwärts gekehrten. Beim äqual sich furchen- den Ei sahen wir, dass auf dem dritten Theilungsstadium die Achse der Kernspindel sich parallel zur Längsachse des Quadranten einstellt. Das ist auch hier in einer etwas modificirten Weise der Fall. Wegen des Fig. 45. Furehung von Rana temporaria nach Eckek. Die über den Figuren stehenden Zahlen geben die Anzahl der in dem betreffenden Stadium vorhandenen Segmente an. grösseren Protoplasmareichthums der oberen Hälfte des Quadranten kann die Spindel nicht wie bei dem äqual sich furchenden Ei in die Mitte zu liegen kommen, sondern muss dem animalen Pol des Eies mehr genähert sein (F'ig. 44 J5, sp). Ferner steht sie genau vertical, da die 4 Quadranten des Amphibieneies wegen der ungleichen Schwere ihrer beiden Hälften im Räume fest orientirt sind. In Folge dessen muss jetzt die dritte Theilungsebene eine horizontale werden, ferner muss sie oberhalb des Aequators der Eikugel mehr oder minder nach ihrem animalen Pole zu gelegen sein (Fig. 45, s). Die Theilproducte sind von sehr un- gleicher Grösse und Beschaffenheit und sind der Grund, waram man diese Form der Furchung als eine inäquale bezeichnet hat. Die 4 nach oben gelegenen Segmente sind kleiner und dotterärmer, die 4 unteren viel grösser und dotterreicher. Nach den Polen, denen sie zugekehrt sind, werden sie auch als animale und vegetative Zellen von einander unterschieden. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung wird der Unterschied zwischen den animalen und den vegetativen Zellen immer grösser, da die Zellen um so rascher und häufiger sich theilen, je protoplasmareicher sie sind. Auf dem vierten Stadium werden zuerst die 4 oberen Segmente durch verticale Furchen in 8 zerlegt, erst nach einiger Zeit zerfallen in der- selben Weise auch die 4 unteren, so dass jetzt das Ei aus 8 kleineren und 8 grösseren Zellen zusammengesetzt ist (Fig. 45, ig). Nach einer kurzen lluhepause theilen sich abermals zuerst die 8 oberen Segmente und zwar jetzt durch eine äquatoriale Furche, und etwas später zerlegt eine ähnliche Furche auch die 8 unteren Segmente (Fig. 45, 32). In gleicher Weise zerfallen die 32 Segmente in 64 (Fig. 45, g4). Auf den Der Fui'chungsprocess. 67 nun folgenden Stadien werden die Tlieilungen in der animalen Hälfte der Eikugel noch mehr als in der vegetativen bcscldeunigt. Während die 32 animalen Zellen durch zwei rasch auf einander folgende Thci- huigen schon in 128 Stücke zerlegt sind, findet man in der unteren Hälfte noch 32 Zellen, die in Vorbereitung zur Furchung- begriffen sind. So kommt es, dass als Endresultat des Furchungsprocesses ein kuge- liger Zellenhaufen mit ganz ungleich werthigen Hälften entsteht, einer nach oben gelegenen, animalen Hälfte mit kleinen, pig- mentirten Zellen und einer vegetativen Hälfte mit grösseren, dotter- reichen, hellen Zellen. Aus dem Verlauf der inäqualen Furchung und aus einer Reihe an- derer Erscheinungen lässt sich ein zuerst von Balfour formulirtes. all- gemeines Gesetz aufstellen, dass die Schnelligkeit der Furchung proportional ist der Concentration des im Theilungs- stiick befindlichen Protoplasma. Protoplasmareiche Zellen theilen sich rascher als solche, die mit viel Dottermaterial beladen sind. IIa. Die partielle, discoidalc Furchung. Für die Darstellung der discoidalen Furchung dient uns das Hühner- ei als classisches Beispiel. An ihm läuft der gesammte Furchungs- process noch innerhalb der Eileiter in dem Zeitraum ab, in welchem der Dotter mit einer Eiweisshülle und einer Kalkschale umgeben wird; er führt einzig und allein zu einer Zerklüftung der aus Bildungsdotter bestehenden Keimscheibe, während der grösste Theil des Eies, welcher den Nahrungsdotter enthält, ungetheilt bleibt und später in ein An- hängsel des Embryo, den sogenannten Dottersack, eingeschlossen und tillmählich als Nahrungsmaterial aufgebraucht wird. Wie beim Froschei die pigraentirte animale Hälfte, so schwimmt auch beim Hühnerei, man mag es wenden, wie man will, die Keimscheibe oben auf, da sie der leichtere Theil ist. Wie beim Froschei die erste Theilungsebene eine vevticale ist und am animalen Pole beginnt, so tritt auch beim Hühnerei (Fig. 46 Ä) in der Mitte der Scheibe eine kleine Furche (b) auf und dringt von oben her in verticaler Richtung in die Tiefe. Wäh- rend aber beim Froschei die erste Theilungsebene bis zum entgegen- gesetzten Pol durchschneidet, theilt sie beim Hühnerei nur die Keim- .4 R Fig. 46. Oberflächenansieht der ersten Furehungsstadien des Hühner- eies, nach CosTE. a Rand der Keimsclieibe , b verticale Furche, e kleines centrales, d grosses peri- pheres Segment. 5* 68 Drittes Capitel. Scheibe in zwei gleiclie Segmente, welche mit breiter Basis der unge- theilten Dottermasse aufsitzen und dadurch noch unter einander in Substanzverbindung stehen. Bald darauf bildet sich eine zweite verticale Furche, welche die erste unter rechtem Winkel kreuzt und gleichfalls auf die Keimscheibe beschränkt bleibt, die nun in vier Segmente zerlegt ist (Fig. 46 B). Jedes der vier Segmente wird wiederum von einer radialen Furche halbirt. Die so entstandenen Theilstücke entsprechen Kreisausschnitten, die im Centrum der Keimscheibe mit spitzen Enden zusammenstossen und mit ihren breiten Enden nach der Peripherie gewandt sind. Von jedem der Segmente wird dann die Spitze durch eine quere oder dem Aequator der Eikugel parallel gerichtete Furche abgetrennt (Fig. 46 0), wodurch central gelegene^ kleinere (c) und grössere, periphere Theilstücke (d) entstehen. Indem von nun an radiale und dem Aequator parallele Furchen alternirend auftreten, zerfällt die Keimscheibe in immer zahl- reichere Stücke, welche so angeordnet sind, dass die kleineren im Centrum der Scheibe, also unmittelbar am animalen Pole, die grösseren nach der Peripherie zu liegen. Bei der fortschreitenden Zerklüftung schnüren sich die kleineren Theilstücke nach abwärts vollständig ab, während die peripheren grösseren Anfangs noch mit dem Dotter zusammenhängen (Fig. 47). Auf diese Weise erhalten wir schliesslich eine Scheibe kleiner Embryonalzellen, die nach ihrer Mitte zu in mehreren Lagen über ein- ander angeordnet sind. Fig. 47. Querselmitt durch die Keimseheibe des Hühnereies während der späteren Furehungsstadien, nach Balfour. Der Schnitt, welcher etwas mehr als die halbe Breite der Keimhaut wiedergibt (die Mittellinie ist bei c), zeigt, dass die Segmente der Oberfläche und des Centrums der Scheibe kleiner sind als die unteren und peripheren. Am Eande sind sie noch sehr gross. Eins derselben ist mit a bezeichnet. a grosse periphere Zellen, b grössere Zellen der unteren Lagen; c Mittellinie der Keimhaut, e Grenze der Keimhaut gegen den weissen Dotter w. Die an den Band der Zellenscheibe unmittelbar angrenzende Dotter- schicht, die besonders feinkörnig und i)rotoplasmareich ist, verdient jetzt noch unsere ganz besondere Beachtung. Denn in ihr liegen isolirte Kerne, die viel besprochenen Dotterkerne (die „Merocyten" von RüCKEETj (Fig. 48 nx). Beim Hühnchen sind sie weniger auffällig als bei Knochenfischen und Selachiern, bei welchen sie durch Balfour, HoFFMANX, RüCKERT Und Kastsciienko gonau untersucht worden sind. Früher Hess man die Dotterkerne direct im Dotter entstehen, eine Annahme, die an sich sehr unwahrscheinlich ist, da nach unserer jetzigen Kenntniss überhaupt freie Kernbildung im Thier- und Pflanzen- Der Furcliungsprocess. 59 reich nicht vorzukommen scheint. Mit Recht leitet man daher jetzt die Dotterkerne vom Furchungskerne ab. Wahr- scheinlicli bilden sie sich schon frühzeitig aus, wenn die zuerst ent- standenen Segmente, welche wir mit dem Dotter noch eine Zeit lang in Verbindung sahen, von diesem sich abzuschnüren beginnen. Es wird dies in der Weise geschehen, dass in den Segmenten Kernspindeln ent- stehen, die bei der Abschnürung zur Hälfte in die allseitig isolirten Embryonalzellen, zur anderen Hälfte in die darunter gelegene Dotter- schicht gerathen und hier zu bläschenartigen Dotterkernen werden. l-;ji.jy<,-%^^;-j ?.&J :i:-i;iy. s:Sii\-_i: '-m-fi '?;s--,.''i-'S'_t?s»J^-.'j nx Fig. 48. Querschnitt durch die Keimscheibe eines Pristiurus-Embryo TJfährend der Furehung, nach Balfour. n Kerne, nx umgestaltete Kerne vor der Theilung, «.»■' umgestaltete Kerne im Dotter, / Furchen, welche in dem an die Keimscheibe anstossenden Dotter auftreten. Ihre Anzahl vermehrt sich später durch directe Theilung, was da- durch festgestellt ist, dass man an Durchschnitten Kernspindeln in der Dotterschicht beobachtet hat (Fig. 48 nx). Wie auf der einen Seite eine Vermehrung, findet auf der anderen Seite auch wieder eine Verminderung in der Anzahl der Dotter kerne statt, wie von vielen Seiten be- hauptet wird (Waldeyer, Rückert, Balfour etc.). Es geschieht dies dadurch, dass sich Kerne mit Protoplasma vom Dotter abschnüren und zur Vergrösserung der Zellenscheibe beitragen. Mit Waldeyer können wir sie secundäre Furchungsz eilen und den ganzen Process als eine Art von Nach furch ung bezeichnen. Durch die Nachfurchung wird ein Theil des Dottermaterials all- mählich noch zu Zellen individualisirt. Diese fügen sich dem Rande der Keimscheibe an, w^elche sich mit ihrer Hülfe in der Fläche ver- grössert und über einen immer ansehnlicher werdenden Bezirk der un- getheilt bleibenden Dotterkugel herüberwächst. Noch auf späten Stadien des Entwicklungsprocesses , wenn die zellige Keimscheibe sich schon längst in die Keimblätter gesondert hat, schreitet am Rande derselben die Nachfurchung in der angrenzenden Dottermasse weiter fort, neues Zellenmaterial liefernd. Alles in Allem stellt somit die Schicht, in welcher die Dotterkerne liegen, zwischen dem gefurchten Keim und dem ungefurchten Nahrungs- dotter ein wichtiges Bindeglied dar, auf welches ich später noch einmal zurückkommen werde. Das Auftreten von IMerocyten und die von ihnen ausgehende Nach- furchung sind Erscheinungen, die durch die übermächtige Ausbildung 70 Drittes Capitel. des Dotteimatei'ials hervorgerufen sind und eine, wenn auch langsam vor sich gehende Zerlegung desselben in Zellen ermöglichen. Eine höchst interessante Complication des partiellen Furchungs- processes meroblastischer Eier haben Rückert und Oppel, der eine bei Selachiern, der andere bei Reptilien, zu beobachten Gelegenheit ge- habt. Wie schon früher erwähnt wurde (S. 52), dringen hier mehrere Samenfäden in ein Ei ein, aus denen entsprechend viele Samenkerne hervorgehen. Von diesen wandert aber nur einer, w^ahrscheinlich der am nächsten gelegene, zum Eikern hin und verschmilzt mit ihm zum Furchungskern , der sich in dem Mittelpunkt der Keimscheibe einstellt. Hier vermehrt er sich durch aufeinander folgende Zweitheilungen in 2, 4, 8 Kerne etc., wobei die Keimscheibe um sie in einzelne Segmente durch partielle Furchung abgetheilt wird. Die nicht zur Verschmelzung mit dem Eikern gelangten Samen- kerne kommen in den unter der Keimscheibe befindlichen Dotter zu liegen und bilden hier die Dotterkerne oder Merocyten. Sie vermehren sich ebenfalls auch ziemlich lebhaft durch Theilung, wobei sie auf dem Spindelstadium nur die Hälfte der Kernsegmente aufweisen, welche eine Zählung bei den Abkömmlingen des Furchungskerns ergiebt (Rückert). Später scheinen sie allmählich zu degeneriren und nach der Angabe von Rückert am Aufbau der embryonalen Keimblätter nicht Theil zu nehmen. Wenn wir am Schluss des Abschnittes einen Vergleich zwischen der partiellen und der inäqualen Furchung anstellen, zu deren Beschrei- bung wir uns der Eier des Hühnchens und des Frosches bedient haben, so ist es nicht schwer, die erstere von der letzteren abzuleiten und eine Ursache für ihre Entstehung aufzufinden. Die Ursache ist dieselbe, w^elche auch die Entstehung der inäqualen aus der äqualen Furchung veranlasst hat; es ist die stärkere Ansammlung von Nahrungsdotter, die hiermit Hand in Hand gehende Ungleichmässigkeit in der Ver- theiluug der Eisubstanzen und die Veränderung in der Lage des Furchungskerns. Der beim Froschei noch in einem Uebergangsstadium befindliche Difterenzirungsprocess ist beim Hühnerei zu Ende geführt. Die dort schon am animalen Pole reichlicher angesammelte, protoplasma- tische Substanz hat sich hier in noch höherem Grade concentrirt und hat sich damit zugleich als eine den Furchungskern einschliessende Scheibe vom Nahrungsdotter abgesetzt. Dieser, in ungeheurer Menge am entgegengesetzten Pole angehäuft, ist in Folge der Sonderung relativ arm an protoplasmatischer Substanz, welche die Lücken zwischen den grossen Dotterkugeln nur spärlich ausfüllt. Da nun beim Theilungsprocess die Bewegungserscheinungen vom Protoplasma und Kern ausgehen, das Dottermaterial sich aber passiv verhält, so kann bei den meroblastischen Eiern die active Substanz die passive nicht mehr bewältigen und mit in Stücke zerlegen. Schon beim Froschei macht sich ein Uebergewicht des animalen Pols beim FurchungS])rocess bemerkbar ; in seinem Bereich liegt der Kern, treten die »Strahleufiguren im Protoplasma auf, fängt die erste und zweite Theilungsebene sich zu bilden an, während sie am vegetativen Pole zuletzt durchschneidet; ferner laufen dort während der späteren Stadien die Theilungsprocesse rascher ab, so dass ein Gegensatz zwischen kleineren, animalen und grösseren, vegetativen Zellen entsteht. Beim Hühnerei ist das Uebergewicht des animalen Poles noch mehr vergrössert und der Gegensatz zum vegetativen Pol Der Fuichungsprocess. 71 auf das Schärfste (lurchgefülirt. Die Theilungsfuichen beginnen nicht nur hier, sondern bleiben auch auf den an ihn angrenzend(ui Bezirk beschränkt. Auf der einen Seite erhalten wir so eine Seheibe aus kleinen animalen Zellen, auf der anderen Seite eine mächtige, ungetheilte Dottermasse, welche den grösseren, vegetativen Zellen des Froscheies entspricht. Die in der Peripherie der Keimscheibe eingeschlossenen Dotterkerne sind den Kernen der vegetativen Zellen des Frosch ei es gleichwerthig. III). Die partielle, superficiale Furchung. Die zw^eite Unterart der partiellen Furchung ist im Stamm der Arthropoden verlireitet und tritt bei den Eiern auf, bei denen eine central gelegene Masse von Nahrungsdotter von einer Rindenschicht von Bildungsdotter eingeschlossen ist. Mannigfache Variationen sind hier möglich, sowie sich auch Uebergänge zur ä(iualen und inäqualen Furchung finden. Wenn der Verlauf ein recht typischer ist, so liegt der Furchungs- kern, von einer Protoplasmahülle umgeben, in der Mitte des Eies im Nahrungsdotter; hier theilt er sich in 2 Tochterkerne, ohne dass eine Theilung der Eizelle auf dem Fusse folgt (Fig. 49 Ä). Die Tochterkerne theilen sich wieder in 4, diese in 8, 16, 32 Kerne und so weiter, während das Ei als Ganzes immer noch ungetheilt bleibt (Fig. 49 B). B C %.. Fig. 49. Superficiale Furchung des Inseeteneies (Pieris crataegi) nach BOBEETZKY. A Theilung des Furchungskerns. £ Heraufrücken der Kerne zur Bildung der Keimhaut (ßlastoderm). C Bildung der Keimhaut. Später rücken die Kerne aus einander, wandern zum grössten Theil all- mählich an die Oberfläche empor und dringen in die protoplasmatische Rindenschicht ein, wo sie sich in gleichmässigen Abständen von einander anordnen. Jetzt erst erfolgt auch am Ei der Furchungsprocess, indem die Rindenschicht in so viele Zellen zerfällt, als Kerne in ihr liegen, während der centrale Dotter ungetheilt bleibt (Fig. 49 B u. C). Letzterer ist daher plötzlich von einer aus kleinen Zellen gebildeten Blase oder einer Keim haut ein- geschlossen. Anstatt eines polständigen (telolecithalen) haben wir einen mittelständigen (centrolecithalen) Dotter. In diesem bleiben wie bei den meroblastischen Eiern der Wirbelthiere gewöhnlich Dotterkerne oder Merocyten in kleiner Anzahl zurück. 72 Drittes Capitel. b) Die an den Furchungsprocess sich anschliessenden Embryonalstadien der Morula und Blastula. Nachdem wir mit den verschiedenen Arten des Furchungsprocesses bekannt ge^Yorden sind, wird es zweckmässig sein, noch einen Augen- blick bei dem Resultat desselben zu verweilen. Je nachdem der Fur- chungsprocess in der einen oder anderen der 4 beschriebenen Weisen verläuft, entsteht ein Zellenhaufen mit entsprechenden charakteristischen Merkmalen. Aus der äqualen Furchung entsteht ein kugeliger Keim mit annähernd gleich grossen Zellen (Amphioxus, Säugethiere) (Fig. 43, S. 62), aus der inäqualen sowie aus der discoidalen Furchung geht eine polar ditferenzirte Keimform hervor. Ihre polare Differenzirung gibt sich in ersterem Fall (Cyclostomen, Amphibien) darin kund, dass am animalen Pol kleine Zellen, am entgegengesetzten vegetativen Pol grosse dotter- reiche Elemente vorgefunden werden (Fig. 45, 64, S. 66). Im anderen Falle (Fig. 48, S. 69) ist der vegetative Pol durch eine ungetheilte Dottermasse eingenommen, in der au bestimmten Bezirken Kerne liegen (Fische, Reptilien und Vögel). Aus der superficialen Furchung endlich entwickelt sich ein Keim mit einem Zellenmantel, der eine ungetheilte, ebenfalls mit einigen Kernen versehene Dottermasse umschliesst (Arthro- poden) (Fig. 49 C). Der vielzellige Keim geht bald auf früheren, bald erst auf späteren Stadien des Furchungsprocesses weitere Veränderungen dadurch ein, dass sich in seiner Mitte durch Auseinanderweichen der Embryonal- zellen eine kleine , mit Flüssigkeit erfüllte Furchuugshöhle ent- wickelt. Anfangs eng, weitet sie sich mehr und mehr aus, wodurch die Oberfläche der ganzen Keimform vergrössert wird und ursprünglich central gelegene Zellen an die Oberfläche rücken. Man hat die solide und die ausgehöhlte Form des Zellenhaufens mit verschiedenen Namen belegt. Von einer Morula oder Maul- beerkugel spricht man, so lange die Furchungshöhle noch nicht oder nur wenig ausgebildet ist. Wenn sich dagegen, wie es gegen Ende des Furchungsprocesses fast stets der Fall ist, ein grösserer Hohlraum ent- /// — dz Fig. .50. Fio-. 51. Fig. '50. Keimblase des Amphioxus, nach IlATSCHiiic. Fig. 51. Keimblase von Txüton taeniatus. fh Furchuiigsliülile, dz dotterreiclicrc Zellen, rz Kaiidzone. Der Furchungsprocess. 73 wickelt hat, nennt man den Keim Blastula oder Keim blase. Die letztere zeigt auch wieder, je nach dem Dotterreichthum des ursprüng- lichen Eies und nach der Art des vorausgegangenen Furchungsprocesses, eine vierfach verschiedene Gestaltung. Im einfachsten Fall (Fig. 50) ist die Wand der Blase nur eine Zellenlage stark; die Zellen sind gleich gross und cylindrisch und schliessen dicht zu einem Epithel an einander (viele niedere Thiere, Amphioxus). Bei niederen, wasserbewohnenden Thieren verlassen auf diesem Stadium die Keimblasen die Eihüllen und schwimmen, indem die Cylinderzellen Flinuucn-u auf ihrer Oberfläche entwickeln, in roti- render Bewegung als Flinnnerkugeln oder Blastosphären im Wasser herum. Bei inäqual sich furchenden Eiern wird gewöhnlich die Keimblase von mehreren Zellschichten gebildet, wie beim Frosch und Triton, und zeigt dabei an einzelnen Stellen eine verschiedene Dicke (Fig. 51). Am animalen Pole ist die Wandung dünn, am vegetativen dagegen so stark verdickt, dass von hier ein Höcker, der aus grossen Dotterzellen zu- sammengesetzt ist, in die Furchungshöhle weit vorspringt und sie nicht unerheblich einengt. Am meisten sind die Eier mit partieller, discoidaler Furchung modi- ficirt, so dass man bei ihnen von einer Keimblase im strengen Sinne des Wortes kaum reden kann. In Folge des ventralwärts massenhaft an- gesammelten Dotters ist die Furchungshöhle ausserordentlich eingeengt und nur noch als ein schmaler, mit eiweisshaltiger Flüssigkeit erfüllter Spalt erhalten. Bei der superficialen Furchung kommt es, streng genommen, nicht zur Entwicklung einer Keimblase, da die Stelle, wo sich die Furchungs- höhle entwickeln sollte, von dem Nahrungsdotter ausgefüllt wird (Fig. 49 C). Der letztere bleibt entweder ungetheilt oder zerfällt noch nachträglich wie bei den Insecten in einzelne Dotterzellen. c) Experimente und Theorieen über die Bedeutung der erstgebildeten Furchungszellen und einzelner Absclinitte des Eies für die Organbildung des Embryo. Schon mehreren Beobachtern ist es aufgefallen, dass die ersten Theilebenen, durch welche das Ei in zwei, vier und acht Zellen zerfällt, bei einzelnen Thierarten mehr oder minder genau mit den drei Haupt- ebenen übereinstimmen, welche man durch den Körper der bilateral- symmetrischen Thiere hindurchlegt. In manchen Fällen stimmt die erste, in anderen Fällen wieder die zweite Theilebene mit der Medianebene des werdenden Embryos annähernd überein. Solche Beobachtungen sind von Götte am Ei von Nematoden, von van Beneden und Julin am Ascidienei, von Pflüger, Koux und Oscar Schultze am Ei von Rana esculenta, von Ebner, Johnson und mir an Eiern von Triton gemacht worden. Bei manchen Thierarten ist es sogar möglich, noch vor der ersten T h e i 1 u n g dem Ei anzusehen, wie später der Embryo in ihm orientirt sein wird. So wird die Längs- achse von ovalen oder längsgestreckten Eiern auch stets zur Längsachse des Embryos, und zuweilen lässt sich bei ihnen aus kleineren Unterschieden in der Substanzvertheilunc', in der Pigmentirung und aus anderen Merk- 74 Drittes Capitel. malen bestimmen, an welche Seiten der Längsachse das Kopf- und das Schwanzende zu liegen kommen werden und ferner, welche Flächen des Eies sich zur embryonalen Rücken- und Bauchfläche gestalten werden. Für das Hühnerei kann man sogar, ohne die Kalkschale zu öffnen, nach einer von Kupffer, Koller, Gekläch und Duyal aufgestellten Regel, mit grosser Wahrscheinlichkeit angeben, was für eine Lage der sich entwickelnde Embryo einnehmen wird. Wenn man ein Ei so vor sich liinlegt, dass der stumpfe Pol nach links, der spitze nach rechts sieht, so zerlegt eine die beiden Eipole verbindende Linie die Keim- scheibe in eine dem Beobachter zugekehrte Hälfte, welche zum hinteren Ende des Embryo wird, und in eine vordere, zum Kopfende sich ent- wickelnde Hälfte. Schon während des Furchungsprocesses zeigen beide Hälften unter- scheidende Merkmale. Denn vorn verläuft die Furchung an der Keim- Scheibe etwas laugsamer als hinten. Dort findet man daher grössere, hier kleinere und zahlreichere Embryonalzellen (Oellächer, Kölliker, Duyal). Durch derartige Wahrnehnumgen und an sie angeknüpfte Betrach- tungen sind manche Forscher zu der Hypothese geführt worden, dass „es auf dem Wege rückläufiger Verfolgung gelingen müsse, am befruchteten oder selbst am unbefruchteten Ei, also in einer Periode mangelnder, morphologischer Gliederung, den Ort für die Anlage eines jeden Organs räumlich zu bestimmen". Hls hat diesen Gedanken zuerst für die Keimscheibe des Hühnereies ausgesprochen und hat das Princip, wonach die Keimscheibe die Organanlagen in flacher Ausbreitung vor- gebildet enthält und umgekehrt, ein jeder Keimscheibenpunkt in einem späteren Organ sich wiederfindet, d a s P r i n c i p d e r o r g a n b i 1 d e n d e n Keimbezirke genannt. Jedes Organ soll seine besondere Substanzanlage in einem Bezirk der Keim Scheibe besitzen, der schliesslich das Material zu seiner Bildung hergibt. Die einzelnen in der Keimscheibe vorhandenen Anlagen aber sollen während der Entwicklung ungleich rasch und stark wachsen. Es lässt sich indessen leicht zeigen, dass diese ganze Auffassungs- weise eine verfehlte ist und dass die Erscheinungen, welche zum Princip der organbildenden Keimbezirke die Veranlassung gegelien haben, sich in anderer Weise sehr einfach erklären lassen. Wie schon auf Seite 11 — 15 dargelegt wurde, setzt sich die reife Eizelle, besonders wenn sie eine beträchtliche Grösse erreicht, aus ver- schiedenartigen Substanzen von ungleicliem, specifischem Gewicht und von sehr verschiedenem Werth für die Lebensprocesse, aus Protoplasma und aus Dottereinschlüssen, zusammen. Schon während ihres Wachs- thums im Eierstock, hauptsächlich aber während der letzten Stadien der Reife und der Befruchtung werden die verschiedenen Substanzen ihrer Schwere nach im Eiraume ungleich vertheilt. Die Eizellen erhalten dadm'ch eine für die einzelnen Thierklassen eigenthümliche Organisation, die man als polare Differenzirung bezeichnet hat. Da in Folge dessen ihr Schwer})unkt excentrisch zu liegen kommt, müssen die Eier, sofern nicht andere Momente der Schwerkraft entgegenwirken, eine feste Ruhelage im Räume einzunehmen suchen, der Art, dass sie ihre aus leichterer Substanz bestehende Fläche "(die animale Polseite) nach oben, die ent- gegengesetzte, schwerere (vegetative) nach unten richten. Ausser dieser ])olaren Dift'erenzirung bildet sich bei manchen Ei- zellen zugleich nocli eine bilateral-synunetrische Organisation aus, indem Der Furchungsprocess. 75 die Substanzen von ungleicher Schwere und verschiedenem, physiologi- sclioni Werth sich zu beiden Seiten einer Symnietrieebene ^leichniässig vertheilen. Da die Symnietrieebene sich stets der Schwere nach senk- recht einstellen wird, kommt ihr auch noch die Bedeutung einer Gleich- gewichtsebene zu. Die in der Form des Eies und in der Differenzirung seines Inhalts gegebenen Verhältnisse üben nun auf eine ganze Reihe von Entwicklungsproeessen, am meisten aber auf die ersten Stadien, e i n e n s e h r e i n g r e i f e n d e n , gewisser- maassen richtenden Einfluss aus. Erstens bestimmen sie die mit einem hohen Grad von Gesetzmässig- keit auftretenden Richtungen der ersten Theilebenen der Eizelle. So bildet sich zum Beispiel in einem ovalen Ei die erste Theilebene nach Regeln, die auf Seite 63 entwickelt wurden, fast ausnahmslos senkrecht und rechtwinklig zur Längsachse aus und entspricht so einer Querebeue des späteren embryonalen Körpers; die zweite Theilebene aber, welche die erste wieder rechtwinklig schneiden muss, fällt mit der Medianebene annähernd zusammen. Bei einer kugeligen, aber bilateral-symmetrisch organisirten Eizelle wird bei der Theilung die Kernspindel gewöhnlich so eingestellt, dass die erste Theilebene mit der Symmetrieebene zu- sammenfällt. In ähnlicher Weise ist zweitens die Form der Eizelle und die verschiedenartige Differenzirung ihres Inhaltes auch bestimmend für besondere Merkmale späterer Embryoualstadien : der Keimblase, der Gastrula etc. Denn während des Furchungsprocesses sind die einzigen Stofftheilchen, welche eine Zunahme und zugleich eine Verlagerung im Eiraum erfahren, die Kernsubstanzen. Sie ändern die Lage, weil nach jeder Theilung die Tochterkerne in entgegengesetzter Richtung auseinander rücken, als ob sie sich wie die gleichnamigen Pole zweier Magnete gegenseitig abstiessen. Hiervon abgesehen, wird durch die Zerlegung der grossen Eizelle in immer kleiner werdende Tochter- zellen die von vornherein gegebene räumliche Vertheilung der Stoflftheile von verschiedener Schwere und von verschiedenem Werth im Ganzen wenig geändert. Daher sind die nach unten gelagerten Zellen auch auf späteren Entwicklungsstadien reicher an Dottermaterial, die nach oben gelegenen dagegen reicher an Protoplasma. Damit hängt gleichzeitig noch ein Unterschied in ihrer Grösse zusammen, da protoplasmareiche Zellen sich rascher theilen als protoplasmaärmere ; in Folge dessen müssen sich verschiedene Bezirke ungleich grosser und mit verschiedener Ge- schwindigkeit sich vermehrender Zellen ausbilden. Wenn nun durch die ersten Entwicklungsprocesse weder die Form des Eies noch auch durch die Zerlegung in immer zahlreichere Zellen die ursprünglich gegebene, ungleiche Vertheilung ihrer verschiedenen Substanzen verändert wird, so muss das ungefurchte Ei und die aus ihr hervorgehende Keimblase in beiden Beziehungen Uebereinstimmungeu aufweisen. Ein ovales Ei liefert eine ovale Keimblase, ein kugelig polar differenzirtes und eventuell bilateral-symmetrisches Ei geht in eine Keimblase mit denselben Eigenschaften über. Ungefurchtes Ei und Keimblase müssen daher annähernd auch dieselbe Sym- metrie- und Gleichgewichts-Ebene besitzen, da es für dieses Verhältniss gleichgültig ist, ob die durch ihre Schwere unterschiedenen Substanzen den Raum einer einzigen, grossen Zelle erfüllen oder auf den Inhalt vieler Zellen vertheilt sind. 76 Drittes Capitel. Die Form der Keiiiiblase und die ihr vom Ei überkommene, un- gleiche Massenvertheilung ihrer Substanzen muss naturgemäss auch wieder auf die nächst anschliessenden Entwicklungsstadien von Einfluss sein, auf die Gastrula und auf die aus ihr sich entwickelnde Embryonalform, an welcher die ersten charakteristischen Organe des Wirbelthierembryo , Chorda und Nervenrohr, zum Vorschein kommen. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn auch diese sich in einem gewissen Grade gemäss der ersten Organisation der Eizelle im Eiraum orientiert zeigen und wenn die Symmetrie- und Gleichgewichts-Ebene der ungetheilten Eizelle und der Keimblase auch zur Symmetrieebene der Gastrula und des Embryo mit den sichtbar werdenden Rückenwülsten wird. In diesem Sinne bezeichnete ich in einer Abhandlung, in welcher ich auf die oben besprochenen Beziehungen aufmerksam gemacht habe, das eben befruchtete Ei gewisse rmaassen als eine Form, welcher sich der werdende E m b r y o ; besonders auf den A n f a n g s s t a d i e n d e r E n t w i c k 1 u n g , i n v i e 1 f a c h e r B e z i e h u n g anpassen muss. Hierdurch erklären sich auf die einfachste und naturgemässeste Weise die Erscheinungen, welche zu der Aufstellung des Princips der organbildenden Keimbezirke die Veranlassung gegeben haben. Sie lassen sich somit nicht mehr als Beweis für die Anschauung verwerthen, dass schon das ungetheilte Ei die Organisation des Embryo in der flächenartigen Vertheilung von organbildenden Substanzen vor- gebildet enthält. Uebrigens lässt sich die Richtigkeit unseres Standpunktes noch auf manchen anderen Wegen erweisen. Man kann mit fein zugeschärfter Nadel die befruchtete Eizelle mancher Thiere anstechen , so dass ein Theil ihres Inhaltes ausläuft; man kann bei grossen Eiern (Frosch, Axolotl) auch den Inhalt durcheinander rühren ; es entwickelt sich doch in vielen Fällen ein normaler Embryo, was nicht möglich wäre, wenn das Ei in Bezirken angeordnete, organbildende specifische Stoffe enthielte. Aus alledem ergibt sich die Gültigkeit des Lehrsatzes. Das un- entwickelte Ei hat keine andere Organisation als die einer Zelle; es ist daher in seiner Organisation von der Organisation des aus ihm entstehenden Thierkörpers ebenso verschieden, wie jede andere Zelle des fertigen T hier es. Zellenorganisation und Organisation des vielzelligen Thieres sind überhaupt gar keine vergleichbaren Bildungen. Die Organe eines Thieres entstehen nicht aus einzelnen Substanzanlagen einer Zelle, sondern durch gesetzmässige Zusammenfügung und Differenzirung vieler Zellen, welche auf dem Wege der Theilung aus der Sub- stanzmasse einer Mutterzelle hervorgegangen sind. Dem „Princip der organbildenden Keimbezirke" ihrem Wesen nach verwandt ist eine zweite, von Roux aufgestellte Hypothese, welcher ihr Urheber den Namen der „Mosaiktheorie" gegeben hat. In der oben erwähnten und bereits erklärten Uebereinstimmung, welche die drei ersten Furchungsebenen mancher Eier and die drei Ilauptebenen des Körpers der ])ilateral-symnietrischen Thiere in ihrer Richtung mehr oder minder zeigen, vermuthet Roux tiefere ursächliche Beziehungen. Er formulirt sie dahin, dass die ersten Furchungen die Aufgabe hätten, sowohl die verschiedenen Bildungsmaterialien, als auch die differenzirenden und gestaltenden Kräfte für die einzelnen Körperregionen von einander zu ^Der Furchungsprocess. 77 sondern. Die Souderunii' soll vor allen Dingen durch die Kerntheilung bewirkt werden, indem Roux die Hypothese anninnnt, dass die Kern- substanz die Trägerin der erblichen Eigenschaften oder des Idioplasmas Nägeli's sei. Wenn man nach der ersten oder zweiten Theilung einzelne Zellen zerstört, so können nach der Mosaiktheorie die iibrig bleibenden sich nur zu einem bestimmten Stück des Embryos ent- wickeln, da sie nur mit Stoff und Kraft zur Erzeugung eines Theilstücks in Folge qualitativ ungleicher Kerntheilung ausgestattet, das heisst, von vornherein für eine ganz bestimmte Aufgabe im Entwicklungs- plan specificirt sind. Bei Zerstörung einer der beiden ersten Furchungs- kugeln niuss aus dem überlebenden Rest eine linke oder rechte Körper- hälfte (Hemiembryo lateralis), bei Zerstörung der zwei vorderen oder der zwei hinteren Theilstücke des Vierzellenstadiums muss sich eine Schw^auzhälfte oder eine Kopfhälfte entwickeln (Hemiembryo posterior und anterior). Missbildungen, die Roux bei Zerstörung bestimmter Furchungskugeln des Froscheies erhalten hat, deutet er in diesem Sinne. So erscheint ihm denn der Entwicklungsprocess der einzelnen Regionen und Organe des Körpers als eine Mosaikarbeit, da jede Furchungszelle sich unal)hängig von der andern vermöge besonderer nur ihr zukommender Eigenschaften und Kräfte zu dem, was sie wird, entwickelt. Von theoretischen Erwägungen abgesehen ist der in der Mosaik- theorie verkörperte Irrthum vor allen Dingen durch zwei Reihen von Experimenten nachgewiesen worden. Erste Reihe von Experimenten. Durch äussere Eingriffe lässt sich der Furchungsprocess in typischer Weise und der Art abändern, dass die Theilebenen ganz andere Rich- tungen als beim normalen Entwicklungsverlauf einschlagen. Driesch, dessen Untersuchungen von Zie(jLer fortgeführt und bestätigt worden sind, hat befruchtete Echinodermeneier zwischen Glasplatten allmählich zu einer immer dünner werdenden Scheibe abgeplattet und dadurch bewirkt, dass die ersten sechzehn Zellen nicht, wie es normal geschieht, durch verticale und horizontale Theilebenen, die in wechselnder Folge auftreten, sondern nur durch verticale Theilebenen von einander getrennt werden. In der einschichtigen Zellj^latte haben die Kerne der einzelnen Embryonalzellen natürlich eine ganz andere Lage, als bei ungestörter Entwicklung zu einander eingenommen. Trotzdem werden aus so be- handelten Eiern normale Flutei nach Aufhebung der Pressung ge- züchtet. Noch eigenartigere Ergebnisse lassen sich durch Pressung des Froscheies (Hertwig, Born) vor Eintritt der ersten Furchung erzieler^. Da hier der Inhalt polar differenzirt ist, lässt sich" die Pressung in ver- schiedener Richtung ausführen, wodurch der Furchungsverlauf in sehr verschiedener Weise abgeändert wird. Entweder kann man durch einen Druck zwischen zwei horizon- talen Platten das Froschei vom animalen nach dem vegetativen Pole, oder man kann es durch zw^i vertical gestellte Platten von der linken nach der rechten Seite zu einer dünnen Scheibe abplatten. In beiden Fällen sind natürlich die leichten und die schwereren Sub- stanzen in der Scheibe in sehr ungleicher Weise angeordnet, und bedingen den grundverschiedenen Verlauf der ersten Furchungsebene (Fig. 52 A, B, C). Bei der dorsoventralen Abplattung (vom pig- mentirten schwarzen nach dem unteren weissen Pol) treten zuerst zwei verticale Furchen auf, wie bei der normalen Theilung. Dann 78 Drittes Capitel. aber kommt es nicht zur Anlage einer horizontalen Theilebene, sondern im dritten Theiliingscycliis bilden sich zum dritten Male vertical gestellte Ebenen aus. In Folge dessen liegen jetzt alle 8 Zellen in einerEbene nebeneinander (B ^), während sie beim gewöhnlichen Verlauf (A^) in zwei Ebenen übereinander angeordnet sind, so dass sich 4 Zellen um den vegetativen Pol des Eies und 4 um den animalen Pol herumgruppiren. Hat man dagegen das Ei zwischen vertical gestellten Platten zusammengepresst, dann entsteht zuerst eine verticale Ebene; die zweite verticale Ebene aber, die normalerweise unter rechtem Winkel die erste schneiden sollte, lileibt aus, und anstatt dessen entsteht jetzt eine Horizontalebene, durch welche von den beiden ersten Theilstücken zwei obere kleinere Segmente abgetrennt werden (C^). Wir erhalten also anstatt 4 in der Horizontalebene neben einander ge- legenen Theilstücken 4 Theilstücke, von denen 2 oben, 2 unten liegen, und dem entsprechend sind auch die nächstfolgenden Furchungsstadien abgeändert (A^ B^, C^ u. C^). 0^ v© 0y v^^ Fig. 52. Schemata von Frosclieiern, welche zeigen, wie das Kernmaterial bei Abände- rung ?des Furchungsprocesses verlagert wird. Die mit gleichen Zahlen benannten Kerne sind in den einzelnen Schemata immer gleicher Herkunft. Alle Eier sind vom animalen Pol aus gesehen. A normal entwickelte Eier; B zwischen horizontalen Platten ge- presste Eier; 0 zwischen verticalen Platten gepresste Eier. Nach Hertwig. Wie leicht einzusehen ist, wird in Folge dieser aussergewöhnlichen Theilungsvorgänge das Kernmaterial mit ganz verschiedenen Raumtheilen von Dottersubstanz in Verbindung gebracht. Der Experimentator kann, wie Driesch sich ausgedrückt hat, die vom befruchteten Kern der un- getheilten Eizelle abstammenden Tochterkerne wie einen Haufen Kugeln im Eiraum in sehr verschiedener Weise durcheinander würfeln. Um dies Verhältniss dem Leser recht klar zu machen, haben' in den 3 Schemata (Fig. 52 A^ B, C) die einzelnen Kerne Ziffern erhalten, welche anzeigen sollen, in welcher Reihenfolge sie von den Kernen der beiden ersten Furchungszellen (1 u. 2) abstammen. Die Reihenfolge wird durch folgende zwei Stammbäume ausgedrückt: 1 2 6 8 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Der Furchungsprocess. 79 In den drei Schemata sind also die Kerne mit jjleichen Zahlen immer von uleicher Al)stanuüunii' ; sehen wir nun, wie sie beim regel- rechten Verlauf und bei den zwei experimentell erzeugten Arten des Furchungsprocesses im Eiraum vertheilt werden. Beim zweiten Theilungscyclus tritt der erste handgreifliche Unter- schied auf: l)ei A^ und B^ liegen die Kerne 3 und 5 nach links, 4 und 6 nach rechts von der zweiten Theilungsebene, welche nach Roux's Hypothese der Medianel)ene des späteren Embiyo entspricht; bei C^ dagegen sind sie in zwei Schichten über einander gelagert, 4 und 6 dorsal, 3 und 5 ventral. Im dritten Cyclus ist in keinem Falle mehr eine Uebereinstimmung in der Lage der Kerne vorhanden. Im Schema A^ und B^ sind zwar die Kerne noch in gleicher Weise nach links und rechts von der Medianebene vertheilt, aber dort liegen sie in doppelter Schicht über-, hier in einfacher Schicht hinter einander. Die Kerne 8, 10, 12, 14, welche in A- der oberen Lage angehören, nehmen in B^ die Mitte der einschichtigen Scheibe ein und haben die in A^ ventral gelegenen Kerne 7 und 9, 11 und 13 nach entgegengesetzten Enden nach den Kanten der Scheil)e aus einander gedrängt. Im Schema C^ endlich ist auf dem dritten Theilungsstadium immer noch keine mediane Theilungs- ebene entstanden; es liegen die Kerne 9, 10, 14, 13, die in A^ und JB- der rechten Körperseite angehören, in der dorsalen Zellschicht und die Kerne 7, 8, 12, 11 ventralwärts. Im vierten Theilungscyclus ist das Kernmaterial, wie eine Vergleichung der Figuren A^ — C^ lehrt, im Ei- raum noch mehr durch einander gewürfelt. Trotzdem entstehen in allen drei Fällen normale Froschembryonen. Das würde selbstverständlicher Weise nicht möglich sein, wenn die Mosaiktheorie Recht hätte, dass durch den Furchungsprocess die einzelnen Furchungszellen mit qualitativ verschiedenen Kernsubstanzen ausgerüstet und dadurch zu bestimmten Aufgaben schon im Voraus bestimmt (specificirt) würden. Die absonderlichsten Missbildungen müssten dann ja aus dem „durcheinander gewürfelten Kernmaterial" hervorgehen. Durch die Experimente wird vielmehr klar bewiesen, dass in den erstgebildeten Furchungszellen ein Kern dem andern in seinen Eigenschaften gleicht, das heisst, dass alle Kerne durch „erb- gleiche Theilung" vom ersten Furchungskern abstammen. Im Uebrigen sei auch noch hervorgehoben, dass die hier rait- getheilten, durch Druck hervorgerufenen Abänderungen des Furchungs- processes eine experimentelle Bestätigung' der Regeln liefern, welche auf Seite 59 und 60 über die Richtung der Theilungsebenen aufgestellt wurden, wie der denkende Leser sich selber leicht klar machen wird. Eine zweite Reihe von Experimenten hat zum Zweck, die einzelnen Theilstücke der ersten Furchungsstadien entweder ganz oder wenigstens theilweise von einander zu isoliren und in Folge des Ein- griffes zu getrennter Entwicklung zu bringen. Driesch und Wilson haben dies durch die von mir zuerst für andere Zwecke angewandte „Schüttelmethode" erreicht, der erstere bei Eiern von Seeigeln, der letztere bei Eiern von Amphioxus. Durch vor- sichtiges Schütteln kann der Experimentator sowohl auf dem Stadium der Zweitheilung, als auch der Vier- oder Achttheilung die Furchungs- kugeln von einander isoliren; und siehe da, jedes Theilstück entwickelt sich in derselben Weise weiter, wie das ganze Ei sich entwickelt haben würde: nach Ablauf des Furchungsprocesses entsteht eine normale Keim- 80 Drittes Capitel. blase, aus dieser eine Gastrula und aus dieser die folgenden Embryonal- formen, die, abgesehen von ihrer entsprechend geringeren Grösse, voll- kommen den einzelnen Entwicklungsstadien des ganzen Eies gleichen. So zeigt uns Figur 53 vier nur durch ihre Grösse unterschiedene Gastrulae von Amphioxus. Von ihnen hat A aus einem ganzen Ei, jB aus einer durch Schütteln getrennten Hälfte des Zweizellenstadiums, C aus einem Viertelstück und D sogar aus einem Achtelstück des ganzen Eies seinen Ursprung genommen. Fig. 53. Normale und Theil- gastrulae von Amphioxus nach Wilson. A aus dem ganzen Ei; B aus einer einzigen, künst- lich isolirten Zelle des zweigetlieil- ten , C des viergetheilten , D des achtgetheilten Eies gezüchtete Gastrula. Zuweilen kommt es auch vor, dass durch das Schütteln die Theil- stücke nicht vollkommen von einander isolirt werden. Aus solchen Eiern gehen dann Doppel- und Mehrfachmissbilduugen, das heisst, zwei oder drei Embryonen hervor, welche an dieser oder jener Stelle ihrer Körper bald in grösserer bald in geringerer Ausdehnung wie die bekannten siamesischen Zwillinge zusammenhängen. Aehnliche Resultate haben, zum Theil auf einem abweichenden Wege, Oscar Schultze an zweigetheilten Froscheiern, Driesch an Eiern von Ascidien und Raf. Zojä an Eiern von Medusen und Sagitten erhalten. Aus der zweiten Reihe der Experimente, welche sich an die zuerst mitgetheilte Reihe theils bestätigend, theils noch weiter ergänzend an- schiiesst, lässt sich die für die thierische Formbildung sehr wichtige Schlussfolgerung ziehen : Die ersten aus dem Ei durch Theilung entstandenen Zellen besitzen nicht nur die Fähigkeit, sich zu einem T heile des Embryos umzuwandeln, wie es bei dem normalen Verlauf der Entwicklung geschieht, sondern jede trägt gleichzeitig auch noch die Anlage zum Ganzen in sich. Ob sich eine Furchungszelle nur zu einem Theil eines Embryo oder für sich allein zu einem ganzen Embryo entw'ickelt, hängt lediglich von gewissen äusseren Be- dingungen ab, nämlich lediglich davon, ob sich eine Furchungszelle unter dem Einfluss von anderen Fur- chungs zellenbefindet, mit denen sie zueinem zusammen- gesetzten Ganzen vereint ist, oder ob sich die Furchungs- zelle, vom Ganzen abgelöst, für sich allein entwickelt. Geschichte des Furchungsprocesses. Die Erforschung und das richtige Vcrständniss des P'urchungsprocesses hat mannigfache Schwierigkeiten zu überwinden gehabt. Eine umfangreiche Literatur hat sich über diesen Gegenstand gebildet. Wir beschränken uns darauf, auf die wichtigsten Entdeckungen und auf die Hauptfragen, welche zur Discussion kamen, hinzuweisen. Die ersten Beobachtungen des Furchungsprocesses wurden am Froschei gemacht. Von kurzen Angaben Swammekdam's und Rösel v. Kosenhop's Der Fnrchnngsprocess. gl abgesehen, haben Prevost und Dumas im Jahre 182-i beschrieben, wie am Ei des Frosches in gesetzmässiger Weise Furchen entstehen, welche nach und nach die ganze Oberfläche in immer kleiner werdende Felder zerlegen. Die französischen Forscher Hessen die Furchen auf die Oberfläche des Eies beschränkt sein. Doch schon wenige Jahre später erkannten Rusconi (1826) und C. E. v. Baer, dass den an der Oberfläche sichtbaren Furchen Spalten entsprechen, welche durch die ganze Dottermasse hindurchgehen und' sie in einzelne Stücke zerlegen. Baer bezeichnete schon richtig den ganzen Furchungsprocess, in welchem er die erste Regung des Lebens erblickte, als Selbsttheilung der Eizelle, verliess aber diesen richtigen Pfad wieder, indem er die Bedeutung der Theilungen darin suchte, dass „alle Dottermassen dem Einflüsse der flüssigen und flüchtigen Bestandtheile des befruchtenden Stoffes ausgesetzt werden". In den nächsten Decennien folgten zahlreiche Entdeckungen des Furchungsprocesses an anderen Objecten. Auch lernte man jetzt die partielle Furchung kennen. Nachdem Rusconi und Vogt sie schon an Fischeiern gesehen, gab Kölliker die erste genaue Beschreibung derselben vom Ei der Cephalopoden im Jahre 1844, vier Jahre später Coste vom Hühnerei. Die Frage nach der Bedeutung des Furchungsprocesses hat die Forscher lebhaft beschäftigt und zu vielen Controversen Veranlassung gegeben. In eine bestimmte Richtung wurde die Discussion erst mit Begründung der Zellentheorie gelenkt. Es galt, sich darüber klar zu werden, ob und in welcher Weise die Furchung ein Zellenbildungsprocess ist. Schwann selbst hat zu dieser Frage, obwohl schon mehrere Beobachtungen über Eitheilung vorlagen, keine feste Stellung genommen. Die Ansichten anderer Forscher gingen Jahrzehnte lang auseinander. Man war uneins darüber, ob das Ei oder das Keimbläschen eine Zelle sei, ob die bei der Furchung entstehenden Theilstücke ein Membran besässen oder nicht, und ob man in ihnen Zellen erblicken dürfe oder nicht. In der älteren Literatur finden wir das Keim- bläschen und die Kerne der Furchungskugeln vielfach als Embryonalzellen und die umgebende Dottermasse als Umhülluugskugel bezeichnet. Sehr erschwert wurde das Verständniss des Furchungsprocesses auch durch die von Schwann begründete, falsche Lehre von der freien Zellbildung aus einem organischen Grundstoff, dem Cytoblastem. Es blieb längere Zeit eine Streit- frage, ob die Gewebszellen des fertigen Organismus directe Abkömmlinge der Furchungskugeln oder später durch freie Zellbildung aus Cytoblastem entstanden seien. Nachdem auf botanischem Gebiete Naegeli den richtigen Weg eingeschlagen hatte, ist es vor allen Dingen das Verdienst von Kölliker, Reichert, Remak und Leydig gewesen , das Verständniss der Furchung an- gebahnt und gezeigt zu haben, dass eine freie Zellenbildung nicht stattfindet, sondern alle Elementartheile in ununterbrochener Folge aus der Eizelle durch Theilung hervorgehen. Was die verschiedenen Arten der Furchung betrifft, so bezeichnete Kölliker sie als totale und partielle. Einen erschöpfenderen Ueber- blick über dieselben hat van Beneden in seiner Untersuchung über die Zusammensetzung und Bedeutung des Eies gegeben und hierbei auch in lichtvoller Weise die Bedeutung der Reservestoffe für die verschiedenen Arten der Furchung auseinandergesetzt. Die von van Beneden unter- schiedenen Kategorieen der Furchung hat darauf Haeckel wesentlich verein- facht und hat in der Anthropogenie und in seiner Schrift „Die Gastrula und die Eifurchung" das Furchungsschema aufgestellt, das auch unserer Darstellung zu Grunde gelegt ist, und nach welchem die totale Furchung in 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 6 82 Drittes Capitel. eine äquale und inäquale und die partielle in eine discoidale und superficiale zerfällt. Zugleich hat Haeckel auch die verschiedenen Furchungsarten von einander abzuleiten gesucht, wobei er auf die wichtige Rolle des Nahrungs- dotters die Aufmerksamkeit lenkte. Noch mehr als die äusseren Furchungserscheinungen haben sich die Vorgänge, die sich im Innern des Dotters abspielen, der Beobachtung und einer richtigen Beurtheilung entzogen, so dass wir erst in jüngster Zeit einen befriedigenden Einblick in dieselben gewonnen haben. Zwar hat die Frage, welche Rolle der Kern bei der Furchung spielt, die Forscher unaus- gesetzt beschäftigt , doch ohne eine Lösung zu finden. Jahrzehnte lang standen sich in der Literatur zwei Ansichten gegenüber, von denen bald die eine, bald die andere zeitweilig zu einer grösseren AUgeraeingeltung gelangt ist. Nach der einen Ansicht, welche von den Botanikern fast allgemein an- genommen war und auf zoologischem Gebiet hauptsächlich durch Reichert und zuletzt noch durch Auekbach verfochten wurde, soll der Kern vor jeder Theilung verschwinden und sich auflösen , um sich darauf in jedem Tochtersegment wieder von Neuem zu bilden; nach der anderen Ansicht dagegen soll der Kern sich nicht auflösen, vielmehr sich einschnüren, bisquitförmig werden, in zwei Hälften zerfallen und hierdurch die Zell- theilung veranlassen. So lehrten namentlich Zoologen und Anatomen, wie C. E. V. Baer, Joh. Müller, Kölliker, Leydig, Gegenbaue, Haeckel, VAN Bexeden etc., gestützt auf Erfahrungen, die sie an durchsichtigen Eiern niederer Thiere gemacht hatten. Licht fiel in die strittige Frage erst von dem Augenblick an , als geeignete Objecte unter Zuhilfenahme stärkerer Vergrösserungen und vor allen Dingen unter Anwendung der modernen Präparationsmethoden (Reagentien und Tinctionen) untersucht wurden. Einen bemerkenswerthen Fortschritt bezeichnen die Arbeiten von Fol, Flemming, Schneider und Auerbach über die Theilung von Eiern ver- schiedener Thiere. Zwar lassen sie noch den Kern sich bei der Furchung auflösen , aber sie geben eine genaue und zutreffende Beschreibung der so auffälligen Strahlungen, die beim ünsichtbarwerden des Kerns im Dotter entstehen , und in deren Bereich alsbald während der Einschnürung die Tochterkerne sichtbar werden ^). Schneider beobachtete Theile des Spindelstadiums. Bald darauf wurde ein genauer Einblick in die complicirten und eigen- thümlichen Kernveränderungen durch drei Untersuchungen gewonnen, die unabhängig und gleichzeitig entstanden , an verschiedenen Objecten vorge- nommen waren und kurze Zeit nacheinander von Bütschli, Strasburger und mir veröffentlicht wurden. Durch sie wurde entgültig festgestellt, dass keine Kernauflösung, sondern eine Kernmetamorphose, wie sie oben be- schrieben worden ist, bei der Theilung stattfindet. Indem ich gleichzeitig bewies, dass auch der Eikern keine Neubildung ist, sondern von Theilen des Keimbläschens abstammt, ergab sich der wichtige Lehrsatz, dass, wie alle Zellen, so auch alle Kerne des thierischen Organis- mus von der Eizelle und ihrem Kern in ununterbrochener Folge abzuleiten sind. (Omnis cellula e cellula, omnis nucleus e ^) .Strahlenbildungen waren schon früher im Dotter, aber in einer unvollkom- menen "Weise von verschiedenen Seiten beobachtet worden (von Grube bei Hirudineen, Derbes und Meissner beim Seeigel, Gegenbaur bei Sagitta, Krohn, Kowalevsky und Ki.PFFER bei Ascidien, Ledckart bei Nematoden, Balbiani bei Spinnen, Oellacher bei der Forelle. Der Furchungsprocess. 83 nucleo.) Durch diese Arbeiten wurde zum ersten Male ein Kern- und Zell- theilungsschema gegeben, das sich seitdem im Wesentlichen als richtig herausgestellt hat, wenn es auch in mehreren Punkten wichtige Ver- besserungen und Ergänzungen durch Fol, Flemming, van Beneden und Rabl erfahren hat. Fol veröffentlichte eine ausgedehnte, monographische Untersuchung des Furchungsprocesses, den er bei vielen wirbellosen Thieren beobachtet hatte. Flemming, der von der Kerntheilung in Gewebszellen ausging, unterschied mit grösserer Schärfe an der Kerntigur den achromatischen und den chro- matischen Theil, die sich nicht färbenden Spindelfasern und die ihnen oberflächlich aufliegenden , gefärbten Kernfäden und Kernschleifen. An letzteren machte er die interessante Entdeckung, dass sie sich der Länge nach spalten. Auf diese eigenthümliche Erscheinung fiel bald darauf Licht, als Heusee , van Beneden , Guignaed und Rabl unabhängig von einander fanden, dass die Hälften der gespaltenen Fäden nach den Kernpolen auseinander- rücken und die Grundlage der Tochterkerne abgeben, van Beneden machte hierbei noch am Ei von Ascaris megalocephala die wichtige Wahrnehmung, dass von den 4 chromatischen Schleifen, die constant am Furchungskern zu zählen sind , zwei von der chromatischen Substanz des Eikerns abstammen, und dass bei der Theilung in Folge der Längsspaltung jeder Tochterkern zwei männliche und zwei weibliche Kernschleifen empfängt. Ausserdem sind über den Furchungsprocess noch mehrere verdienstliche Arbeiten von Nuss- BAUM, Rabl, Caenoy, Boveei, Platnee etc. erschienen. Im Jahre 1883 suchte Pflügee durch interessante Experimente dar- zuthun, dass die Schwerkraft einen richtenden Einfluss auf die Stellung der Theilungsebenen ausübt. Böen, Roux und ich dagegen glaubten die Theilungen aus der Organisation der Eizelle selbst erklären zu können. In meiner Schrift: „Welchen Einfluss übt die Schwerkraft auf die Theilung der Zellen ? " erblickte ich die Ursachen , welche die verschiedene Richtung der Theilungsebenen veranlassen, 1) in der Vertheilung des leichteren Eiplasma und des schwereren Dottermaterials, und 2) in dem Einfluss, welchen die räumliche Anordnung des Eiplasma auf die Stellung der Kern- spindel und die Stellung der Kernspindel wieder auf die Richtung der Theilungsebene ausübt. Die auf Seite 73 — 80 mitgetheilten Experimente haben zu einer literarischen Fehde geführt, in welcher Grundfragen der allgemeinen Entwicklungslehre von entgegengesetzten Standpunkten aus besprochen worden sind. Man vergleiche hierüber die in der Literatur zum dritten Capitel unter II aufgeführten Schriften. Zusammenfassuns:. &• 1) Beim Furchungsprocess sind die inneren und die äusseren Furchungserscheinungen zu unterscheiden. 2) Die inneren Furchungserscheinungen äussern sich in Verände- rungen a) des Kerns, b) des Protoplasmas. 3) Der in Theilung begriffene Kern besteht aus einer achroma- tischen und einer chromatischen Kernfigur. Die achromatische Figur ist eine aus mehreren Fasern zusammengesetzte Spindel. Die chroma- tische Figur wird aus V-förmig gebogenen Kernsegmenten (Chromosomen) 6* 84 Drittes Capitel. gebildet, welche der Mitte der Spindel von aussen aufliegen. An den beiden Enden der Spindel findet sich ein besonderes Centralkörperchen. 4) Die Theilung des Kerns vollzieht sich in der Weise, dass die Kernfäden sich der Länge nach spalten, und dass ihre Theilproducte in entgegengesetzter Richtung nach den Spindelenden auseinanderweichen und hier wieder in die Bildung eines bläschenförmigen Tochterkerns übergehen. 5) Um die Spindelenden ordnet sich das Protoplasma in Fäden zu einer Strahlenfigur (einem Aster) an, so dass eine Doppelstrahiung oder ein Amphiaster in dem Ei entsteht. 6) Die äusseren Furchungserscheinungen bestehen in der Zerlegung des Eiinhalts in einzelne der Anzahl der Tochterkerne entsprechende Stücke. Sie zeigen verschiedene Modificationen, die von der Anordnung und Vertheilung des Eiplasma und des Dottermaterials abhängig sind, wie sich aus folgendem Furchungsschema ergiebt. Schema der verschiedenen Arten des Fiirchungsprocesses. I. Totale Furchuiig. (Holoblastische Eier.) Die meist kleinen Eier enthalten eine geringe oder massige Menge von Reservestoffen und zerfallen vollständig in Tochterzellen. 1. Aequale Furchung. Sie findet sich bei Eiern mit geringem und gleichmässig vertheiltem Dottermaterial (alecithal). Durch den Furchungsprocess entstehen im ganzen gleich grosse Theilstücke (Amphioxus, Säugethiere). 2. Inäquale Furchung. Sie tritt bei Eiern ein, bei denen reichlicher entwickeltes Dotter- material ungleichmässig vertheilt und nach dem vegetativen Eipole zu concentrirt, der Furchungskern aber dem animalen, protoplasmareicheren Pole genähert ist. Meist erst vom dritten Theilungsact an werden die Segmente von ungleicher Grösse (Cyclostomen, Amphibien). IL Partielle Furcliung-. (Meroblastische Eier.) Die oft sehr grossen Eier enthalten gewöhnlich beträchtliche Mengen von Dottermaterial. In Folge der ungleichen Vertheilung desselben sondert sich der Eiinhalt in einen Bildungsdotter, an dem sich der Furchungsprocess allein vollzieht, und in einen Nahrungsdotter, der ungetheilt bleibt und während der Embryonalentwicklung zum Wachs- thum der Organe aufgebraucht wird. 1. Discoidale Furchung. Sie tritt bei Eiern mit polständigem Nahrungsdotter ein. Der Furchungsprocess bleibt auf den am animalen Pole angesammelten Bildungsdotter beschränkt, der die Form einer Scheibe hat. Es ent- steht daher auch eine Zellenscheibe (Fische, Reptilien, Vögel). 2. Superficiale Furchung. Sie findet sich bei Eiern mit mittelständigem Nahrungsdotter. In typischen Fällen theilt sich allein der in der Mitte des Eies gelegene Der Furchungsprocess. 85 Kern zu wiederholten Malen. Die so entstehenden, zahlreichen Tochter- kerne rücken in die den centralen Nahrungsdotter einliüllende Proto- plasniarinde , die darauf in so viele Stücke zerfällt, als Kerne in ihr liegen. Es entstellt eine Keinihaut (Arthropoden). 7) Eier mit totaler Furchung werden als holoblastische, Eier mit partieller Furchung als meroblastische bezeichnet. 8) Die Richtung und Stellung der ersten Theilungsebenen ist eine streng gesetzmässige , in der Organisation der Zelle begründete; sie wird durch folgende 3 Momente bestimmt: Erstes Moment. Die Theilungsebene halbirt stets rechtwinklig die Achse des sich zur Theilung anschickenden Kerns. Zweites Moment. Die Lage der Kernachse während der Theilung steht in einem Abhängigkeitsverhältniss zur Form und Differen- zirung des umhüllenden Protoplasma. In einer Protoplasmakugel kann die Achse der central gelagerten Kernspindel in der Richtung eines jeden Radius liegen, in einem eiför- migen Protoplasmakörper dagegen nur in dem längsten Durchmesser. In einer kreismnden Scheibe liegt die Kernachse parallel zur Oberfläche in einem beliebigen Durchmesser des Kreises, in einer ovalen Scheibe dagegen nur wieder im längsten Durchmesser. Drittes Moment. Bei inäqual sich furchenden Eiern, die wegen ihres ungleichmässig vertheilten und polstäudigen Dottermaterials geo- centrisch sind und daher eine bestimmte Gleichgewichtslage einnehmen, müssen die beiden ersten Theilungsebenen verticale und die dritte Theilungsebene eine horizontale, oberhalb des Aequators der Eikugel gelegene sein. Literat ur. Ausser den schon im zweiten Capitel aufgeführten Schriften siehe : I. C. E. V. Baer. Die Metamorphose des Eies der Batrachier. Müller's Archiv 1834. G. Born. Ueber die Furchung des Eies bei Boppelbildunyen. Breslauer ärztl. Zeitschrift. 1887. Nr. 15. Coste. Sistoire generale et particuUcre du dcveloppemcnt des corps organises 1847 — 1859. Flemming. Ueber die ersten Entwicklungserscheinungen am Ei der Teichmuschel. Archiv f. mikr. Anat. Bd. X. Derselbe. Beiträge zur Kenntniss der Zelle und ihrer Lebenserscheinungen. 1878. Derselbe. Neue Beiträge zur Kenntniss der Zelle. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXIX. H. Pol. Die erste Entwicklung des Geryonideneies. Jenaische Zeitschr. Vol. VII. 1873. Derselbe. Sur le developpement des Ftcropodes. Archives de Zoologie experimentale et generale. Vol. IV et V. 1875—76. Gasser. Eierstocksei u. Eileiterei des Vogels. Marburger Sitzungsbericht. 1884. E. Haeckel. Die Gastrula u. Eifurchung. Jenaische Zeitschrift. Vol. IX. 1875. Walter Heape. The development of the mole, the ovarian ovum and segmentation of tJie Ovum. Quarterly Journal of microscopical science. New Ser. Vol.XXJ^I.p.157—174. Vol. XXVII. p. 123—165. Kionka. Die Furchung des Hühnereies. Anat. Sefte. Bd. 3. Heft 3. Kölliker. Entivicklmigsgcschichte der Cephalopoden. 1844. Er. Leydig. Die Dotterfurchung nach ihrem Vorkommen in d. Thierwelt und nach ihrer Bedeutung. Oken Isis 1848. Prevost u. Dumas. Ann. des scienc. nat. T. IL Rabl. Ueber Zelltheilung. Morphol. Jahrb. Bd. X. A. Rauber. Furchung u. Achsenbildung bei Wirbelthieren. Zoologischer Anzeiger 1883. S. 461. 86 Drittes Capitel. Der Furchungsprocess. A. Rauber. Schwerliraftversuche an Forelleneiern. Berichte der Natwforsch. Gesellschaft zu Leipzig. 1884. Reichert. Der Furchungsprocess und die sogenannte Zelienbildung um Inhaltsportionen. Miiller's Archiv 1846. Remak. Comptes rendus 1852. T. XXI-V. Rusconi. Sur le developpement de la grenouille. Milan 1836. W. Salensky. Befruchtung und Furchung des Sterlet-Eies. Zoologischer Anz. Nr. 11. 1878. Sarasin. Reifung u. Furehung des Reptilieneies. Arbeiten aus d. zool. Inst, in Würzburg. Bd. VI. Sehneider. Untersuchungen über Plathelminthen. Jahrb. d. Oberhess. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde. 1873. Max Schultze. De ovorum ranarum segmentatione, quae Furchungsprocess dicitur. Bonn 1863. Strasburger. Zellbildung und Zelltheilung. 3. Aufl. Jena 1875. II. G. Born. Ueber den Einfluss der Schwere auf das Froschei. Archiv f. mikroskop. Anat. Bd. 24. Derselbe. Ueber Druckversuche an Froscheiern. Anatom. Anz. Jahrg. 8. S. 609. Chabry. Contribution a t embryologie normale et teratologique des Ascidies simples. Journ. de Vanat. et de phys. 1887. Driesch. Enttdcklungsmechanische Studien 1 — VI. Zeitschrift f. wissenschaftliche Zool. Bd. 53, 55. Derselbe. Zur Verlagerung der Blastomeren des Echinideneies. Anatom. Anz. 1893. Derselbe. Von der Entwicklungsgeschichte einzelner Ascidienblastomeren. Ar eh. f. Ent- wicklung smechanik Bd. I. V. Ebner. Die äussere Furchung des Tritoneies u. ihre Beziehung zu den Hauptrichtungen des Embryo. Jena 1893. Festschr. f. Alex. Rollett. Oscar Hertwig. Welclien Einfluss übt die Schwerkraft auf die Theilung der Zellen? Jena 1884. Derselbe. Ueber den Werth der ersten Furchung szellen für die Organbildung des Embryo. Experiment. Studien am Frosch- u. Tritonei. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 42. Berselbe. Die Tragweite der Zellentheorie. Die Aula. Wochenblatt f. die akad. Welt. 1895. I. Jahrg. Nr. 2 u. 3. Morgan and Tsuda. The orientation of the frag egg. The quarterly Journal of microsc. science. N. S. N. 139. V. 35. Morgan. Studies of the partial larvae of Sphaerechinus. Arch. f. Entwicklungsmechanik. Bd. IL E. Pflüger. Ueber den Einfluss der Schwerkraft auf die Theilung der Zellen. Arch. f. d. ges. Physiologie. Bd. XXXI. 1883. Derselbe. 2. Abhandlung. Bd. XXXII. 1883. Roux. Ueber die Zeit der Bestimmung der Hauptrichtungen des Froschembryo. Leipzig 1883. Derselbe. Ueber die Bedeutung der Kerntheilungsfiguren. Leipzig 1883. Derselbe. Beiträge zur Entwicklungsmechanik des Embryo. Nr. 4. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. XXIX. Derselbe. Die Entwicklungsmechanik der Organismen, eine anatomische WissenscJuift der Zukunft. 1890. Derselbe. Ueber die künstliche Hervorbringung halber Embryonen durch Zerstörung einer der beiden ersten Furchung skugeln, sowie über die Nachentwicklung (Postgeneration) der fehlenden Körperhälfte. Virchows Archiv. Bd. 114. 1888. Derselbe. Ueber das entwicklungsmechanische Vermögen jeder der beiden ersten Furchungs- ziilen des Eies. Verhandl. der anat. Gesellsch. Wien 1892. Derselbe. Ueber Mosaikarbeit u. neuere Entwicklungshypothesen. Merkel und Bonnet. Anatomische Hefte. 1893. Schultze. Die künstliche Erzeugung von Doppelbildungen bei Froschlarven mit Hilfe ab- normer Gravitationswirkung. Arch. f. Entwicklungsmechanik. Bd. I. Wilson. On multiple and partial development in Amphioxus. Anatom. Anz. 1892. Derselbe. Amphioxus and the mosaik theory. Journal of morphology . 1893. Ziegler. Ueber Furchung unter Pressung. Verluindl. d. anat. Gesellsch. 1894. p. 117. Raff"aello Zoja. Sullo sviluppo dei blastomcri isolati delle uove di alcune meduse (e di altri organismi). Arch. f. Entivicklung smechanik. Bd. I u. II. VIERTES CAPITEL. Allgemeine Besprechung der Entwicklungsprinoipien. Die bisher betrachteten embryonalen Vorgänge hat ein einfaches Prineip ausschliesslich beherrscht. Einzig und allein durch die Sub- stanzzerklüftung des Eies oder durch Zelltheilung ist der ursprünglich einfache Elementarorganismus in einen Zellenstaat umgewandelt worden. Derselbe zeigt eine denkbar einfachste Form, indem er eine Hohlkugel darstellt, deren Wand aus einer oder aus mehreren Schichten von Epithelzellen aufgebaut ist. Um aus diesem einfachen Organismus com- plicirtere Formen mit ungleichartigen Organen zu erzeugen, wie die ausgebildeten Thiere sind, reicht das Prineip der Zelltheilung nicht aus; weitere Fortschritte in der Entwicklung können von jetzt ab nur dadurch herbeigeführt werden, dass noch zwei andere gleichfalls sehr einfache Principien in Wirksamkeit treten, nämlich das Prineip des un- gleichen Wachsthums einer Zellmembran, und das Prineip der Arbeits- theilung und der damit in Zusammenhang stehenden, histologischen Differenzirung. Fassen wir zunächst das Prineip des uuftleichen Wachsthums H^her in das Auge. Wenn in einer Zellenmembrau die einzelnen Ele- mentartheile sieh gl ei eh massig zu theilen fortfahren, so wird ent- weder eine Verdickung oder eine Grössenzunahme der Membran in der Fläche die Folge davon sein. Das erstere tritt ein, wenn die Theilungs- ebenen der Zellen der Oberfläche der Membran gleich gerichtet sind, das letztere, wenn sie vertical zu ihr stehen. Bei der Grössenzunahme in der Fläche werden die ursprünglich vorhandenen Zellen durch das Einschieben neuer Tochterzellen gleiehmässig und allmählich auseinander- gedrängt, da sie ja weich und dehnbar und nur durch eine weiche Kitt- substanz verbunden sind. Nehmen wir nun an, dass ein solches Wachs- thum bei der Keimblase während ihrer weiteren Entwicklung allein statt- fände, so könnte nichts Anderes aus ihr entstehen, als eine nur immer grösser und dicker werdende Hohlkugel von Zellen. Anders gestaltet sieh die Wirkung eines ungleichen Flächen- wachsthums. Wenn in der Mitte einer Membran eine Zellengruppe allein sich zu wiederholten Malen in kurzer Zeit durch verticale Ebenen theilt, so wird sie plötzlich eine viel grössere Oberfläche für sich in Anspruch nehmen müssen und wird in Folge dessen einen energischen Wachs- thumsdruck auf die Zellen der Umgebung ausüben und sie auseinander- zudrängen versuchen. In diesem Falle aber wird ein Auseinander- 88 Viertes Capitel. und des und und weichen der benach]iarten Zellen, wie heim langsamen und gleiclnnässig vertheilten, interstitiellen Wachsthuni nicht möglich sein; denn es wird die sich passiv verhaltende Umgebung gleichsam einen festen Rahmen, wie His sich ausgedrückt hat, um den sich dehnenden Theil bilden, der in Folge beschleunigten Wachsthums eine grössere Oberfläche für sich beansprucht. Er muss sich mithin in anderer Weise Platz schaffen seine Oberfläche dadurch vergrössern, dass er aus dem Niveau passiven Theils nach der einen oder anderen Richtung heraustritt eine Falte hervorruft. Letztere wird sich noch weiter über das ursprüngliche Niveau weiter erheben, wenn die lebhafteren Zelltheilungsprocesse in ihr andauern. So ist jetzt durch ungleiches Wachsthum aus der ursprünglich gleichartigen Zellenmembran ein neuer, für sich unterscheidbarer Theil oder ein besonderes Organ entstanden. Wenn die sich einfaltende Membran, wie es bei der Keimblase der Fall ist, einen Hohlraum umschliesst, so sind bei der Faltenbildung zwei Fälle denkbar. Erstens kann sich die Membran in das Innere des Körpers hineinfalten, welchen Vorgang man in der Entwicklungs- geschichte als Invagination oder Einfaltung bezeichnet. Zweitens kann durch Ausstülpung eine Falte entstehen, welche über die Oberfläche des Körpers frei hervorragt. Im ersten Falle sind im Einzelnen zahlreiche Variationen mög- lich, so dass die verschiedenartigsten Organe, wie z. B. die Drüsen des thierischen Körpers, Theile von Sinnesorganen, das Centralnervensystem u. s. w. gebildet werden. Bei der Entstehung der Drüsen stülpt sich ein kleiner, kreisförmig umschriebener Theil einer Zellenmembran in das Innere des Körpers in das unterliegende Gewebe als ein Hohlcylinder (Fig. 54 1. 4) hinein und kann durch fortgesetztes Wachsthum eine bedeutende Länge erreichen. Hierbei geht die Einstülpung entweder in die tubulöse oder in die alveoläre Drüsenform (Flemähng) über. Besitzt der Drüsen- schlauch vom Ursprung bis zum blinden Dimensionen , so erhalten wir die einfache 3. 4. a db db -- db Fig. 54. Schema der Drüaenbildung. 1. Einfache tiil)ulös(! Drüse, 2. verzweigte tubu- löse Drüse, 3. verzweigte tubulöse Drüse mit netz- förmigen Verbindungen; 4. u. 5. einfache alveoläre Driise, a Ausführgang, db Drüsenbläschen; 6. ver- zweigte alveoläre Drüse. Ende nahezu gleichmässige tubulöse oder röhrenförmige Drüse (Fig. 54 i) (die Schweissdrüsen der Haut, LiEBERKüHN'sche Drüseu des Darms). Von ihr unter- scheidet sich die alveoläre Drüsenform dadurch, dass der eingestülpte Schlauch nicht gleichmässig weiter- w^ächst, sondern sich an seinem Ende etwas (dh) ausweitet (Fig. 54 5), wäh- rend der Anfangstheil eng und röhrenförmig 1 »leibt und als Ausführungsgang (a) dient. Complicirtere Drü- senformen treten in die p]r- scheinung, wenn am ein- fachen Drüsenschlauch sich diese]l)on Processe, welchen er seine Entstehung \or- dankt. wiederholen , wenn Allgemeine Besprechung der Entwicklungsprincipien. 89 an einer kleinen Stt^lle desselben abermals ein lebhafteres Wachs- thuni stattfindet und eine l^irtie sich als Seitenschlaucli vom Ilaupt- schlauch abzusetzen beginnt (Fig. 54 2. e). Indem derartige Aus- stülpungSYorgänge sich vielmals wiederholen, kann die ursprünglich einfache Drüsenröhre die Gestalt eines vielverzweigten Baumes ge- winnen, an welchem wir den zuerst gebildeten Theil als Stannn und die durch Sprossung an ihm hervorgewachsenen Theile je nach ihrem Alter und der dem Alter entsprechenden Stärke als Haupt- und Neben- zweige erster, zweiter, dritter und vierter Ordnung unterscheiden. Je nachdem nun hier die hervorsprossenden Seitenschläuche röhrenförmig bleiben oder sich wieder am Endabschnitt ausweiten, entsteht die zusammengesetzte, tubulöse Drüse (Fig. 54 2) (Nieren, Hoden, Leber), oder die zusammengesetzte alveoläre Drüse (Fig. 54 e) (Talgdrüsen der Haut Lungen etc.). Wieder andere Formen nimmt der sich einstülpende Theil einer ursprünglich glatt ausgebreiteten Membran bei der Bildung von Sinnesorganen und vom Centralnervensystem an. Der die Nervenendigung tragende Theil des Gehörorgans zum Beispiel oder das häutige Laliyrinth entwickelt sich aus einer kleinen Strecke der Körperoberfläche, die, indem sie eine besondere Wachsthumsenergie erhält, sich zu einer kleinen Grube einsenkt (Fig. 55). Die Ränder des Hörgrübchens wachsen hierauf mehr und mehr einander entgegen, so dass sich ein Säckchen bildet, das nur noch durch eine enge Oeff- nung an der Körperoberfläche ausmündet (Fig. 55 a). Schliesslich wächst auch noch die enge Oeffnung zu. Aus dem Hörgrübchen ist ein allseitig geschlossenes Hörbläschen (&) entstanden, das sich hierauf von seinem Mutterboden, dem Epithel der Körperoberfläche, ganz aldöst. Später gewinnt es noch ebenfalls nur durch ungleiches Wachsthum einzelner Abschnitte, durch Einschnürungen und verschiedenartige Ausstülpungen eine so ausserordentlich complicirte Gestalt, dass es den Namen des häutigen Labyrinthes mit Fug und Recht erhalten hat, wie in einem anderen Capitel ausführlich gezeigt werden wird. Fig. 55. Schema der Bildung des Hör- ^' bläschens. a Hörgrübchen, ö Hörbläschen, das durch Abschnürung entstanden ist und mit dem äusseren Keimblatt noch durch einen soliden Epithel stiel zusammenhängt. Als letztes Beispiel einer Einstülpung möge die Entwicklung des Centralnervensystems dienen. Rückenmark und Gehirn nehmen früh- zeitig ihren Ursprung aus der epithelialen Zellschicht, welche die äussere Oberfläche des embryonalen Körpers begrenzt. Ein in der Längs- achse und am Rücken gelegener schmaler Streifen verdickt sich und wird von dem dünneren Theil des Epithels, welcher die Epidermis liefert, als Medullarplatte unterschieden (Fig. 56 A, mp). Indem die Platte rascher wächst als ihre Umgebung, krünnnt sie sich zu einer erst flachen Rinne, der Medullarfurche , ein. Die Rinne vertieft sich bei weiterer Sulistanzzunahme. Hierbei erheben sich die Ränder (Fig. 56 -B, mf), mit welchen die gekrümmte Medullarplatte in den dünneren Theil der Zellenmembran übergeht, über die Umgebung ein wenig empor und werden zu den sogenannten Medullarfalten. Später wachsen diese einander entgegen und legen sich so zusammen, dass die Furche zu 90 Viertes Capitel. einer Röhre wird, die durch einen engen Längsspalt vorübergehend noch nach aussen geöffnet ist. Schliesslich schwindet auch dieser Spalt (Fig. 56 C), die Ränder der Falten verwachsen ganz; das geschlossene Medullarrohr (n) löst sich hierbei wie das Hörbläschen längs der Ver- wachsungsstelle oder Xaht von der Zellenniembran, von der es ursprüng- lich ein Bestandtheil gewesen ist, vollständig ab und wird zu einem ganz selbständigen Organ (w). Ä mf mf eil mf c Fig. 56. Querschnitt durch (iie Rückenhälfte von 3 Tritonlarven. A Querschnitt durch ein Ei , an welchem die Medullarfalten tnf hervorzutreten beginnen. B Querschnitt durch ein Ei, dessen Medullarfurche dem Verschluss nahe ist. C Querschnitt durch ein Ei mit o;eschlossenem Nervenrohr und wolilentwickelten Ursegmenten. mf Medullarfiilten, mp Medullarplatte, n Nervenrolir, ch Chorda, ep Epi- dermis oder Honihlatt, mk mittleres Keimblatt, mk^ parietales, mk'^ viscerales Mittel- blatt, ik inneres Keimblatt, ush Ursegnienthöhle. Allgemeine Besprechung der Entwicklungsprincipien. 91 Betrachten wir jetzt noch etwas näher den Mechanismus der Ver- wachsung; und der Ablösung des Nervenrohres. Die beiden Medullarfalten setzen sich aus zwei Blättern zusammen, die am Faltenrand in einander umbiegen, aus der dickeren, die Rinne oder das Rohr begrenzenden Medullarplatte (mp) und aus dem dünneren, nach aussen gelegenen Hornblatt (cjo). Wenn sich nun die Falten an einander legen, verschmelzen sie nicht nur längs einer schmalen Kante, sondern in so breiter Ausdehnung, dass sich Hornblatt mit Hornblatt und die Ränder der Medullarplatte unter einander verbinden. Das so entstandene Medullarrohr und das darüber hinweg ziehende, geschlossene Hornblatt hängen noch längs der Verwachsungsnaht durch eine inter- mediäre Zellenmasse zusammen. Bald aber findet längs derselben eine Trennung statt, indem der intermediäre Substanzstreifen immer schmäler wird und ein Theil von ihm sich dem Hornblatt, ein Theil dem Me- dullarrohr anschliesst. So greifen bei der Nahtbildung Verschmel- zungs- und Trennungsprocesse fast gleichzeitig in einander, ein Vorgang, der auch bei anderen Einstülpungen sich vielfach wiederholt, wie bei der Abschnürung des Gehörbläschens, des Linsensäckchens u. s. w. Das selbständig gewordene Nervenrohr gliedert sich später noch in mannigfacher Weise durch Faltenbildung in Folge ungleichen Flächen- wachsthums, namentlich in seinem vorderen erweiterten Abschnitt, der zum Gehirn wird. Aus diesem bilden sich durch vier Einschnürungen fünf hinter einander gelegene Hirnblasen, und von diesen ist wieder die vorderste, die zum Grosshirn mit seinen complicirten Furchen und Windungen erster, zweiter und dritter Ordnung wird, ein classisches Beispiel, wenn es zu zeigen gilt, wie durch den einfachen Process der Faltenbildung ein ausserordentlich reichgegliedertes Organ mit ver- wickelter Formbildung entstehen kann. Neben der Einstülpung spielt bei der Formgebung des thierischen Körpers die zweite Art der Faltenbildung, die auf einem Aus- stülpungsprocess beruht, eine nicht minder wichtige Rolle und bedingt nach aussen hervortretende Fortsätze der Körperoberfläche, welche ebenfalls verschiedene Formen an- nehmen können (Fig. 57). Bei Wucherung eines kleinen, kreisförmigen Bezirks einer Zellenmembran entstehen zapfenförmige Erhebungen, wie auf der Zungenschleim- haut die Papillen (c), oder im Dünndarm die feinen Zotten (a) (Villi intestinales), welche, sehr dicht an einander gelagert, eine sammtartige Beschaffenheit der Ober- fläche der Darmschleimhaut verleihen. Wie die tubulösen Drüsenschläuche sich reichlich verästeln können, so entwickeln sich hie und da auch aus den einfachen Zotten Zottenbüschel, indem locale Wuche- rungen das Hervorsprossen von Seitenästen zweiter, dritter und vierter Ordnung ver- anlassen (Fig. 57 h). Wir erinnern an die äusseren Kiemenbüschel verschiedener Fisch- und Amphibienlarven, welche in der Halsgegend frei in das Wasser hinein- ragen, oder an die durch noch reichere Fig. 57. Schema der Pa- pillen- und Zottenbildung. a Einfache Papille, b ver- ästelte Papille oder Zottenbüschel, e einfache Papille, deren Binde- gewebsgrundstock in 3 Spitzen ausläuft. 92 Viertes Capitel. Verzweigung ausgezeichneten Chorionzotten der Säugetliiere. Auch die Extremitätenbiklung ist auf solche nach aussen hervortretende Knospungs- processe zurückzuführen. Wenn die Wucherung der Memhran längs einer Linie erfolgt, bilden sich mit dem freien Rande nach aussen gerichtete Kännne oder Falten wie am Dünndarm die KERKRixo'schen Falten oder an den Kiemenliögen der Fische die Kienienblättchen. Aus den angeführten Beispielen ist klar zu ersehen, wie allein mit dem einfachen Mittel der Ein- und Ausstülpung die reichste Form- gestaltung erzielt werden kann. Dabei können die Formen noch durch zwei Processe von mehr untergeordneter Bedeutung modificirt werden, durch Trennungen und durch Verschmelzungen, die an den Zellschichten stattfinden. Blasenförmige und schlauchförmige Hohlräume erhalten Oeffnungen, indem sich an einer Stelle, wo die Blase oder der Schlauch nahe der Körperobei^äche liegt, die trennende Wand verdünnt, bis eine Durchbrechung stattfindet. So entwickeln sich am urspi'ünglich geschlossenen Darmrohr der Wirbelthiere die Mundöffnung, sowie in der Halsgegend die Kiemenspalten. Noch häufiger wird der entgegengesetzte Process, die Verschmelzung, beobachtet. Sie gestattet mehrere Variationen. Wir haben schon ge- sehen, wie die Einstülpungsränder sich zusammenlegen und verwachsen können, wie bei der Entwicklung des Hörbläschens, des Darmschlauchs, des Nervenrohrs. Die Verwachsung kann aber auch in grösserer Aus- dehnung stattfinden, wenn die einander zugewandten Flächen einer ein- gestülpten Membran sich mehr oder minder vollständig fest an einander legen und sich so verbinden, dass sie eine einzige Zellenmembran her- stellen. Solches geschieht zum Beispiel beim Verschluss der endHTonalen Kiemenspalten, bei der Bildung der drei halbcirkelförmigen Canäle des Gehörorgans oder als pathologischer Process l)ei der Verlöthung der sich berührenden Flächen seröser Höhlen. Ferner können Verschmelzungen zwischen Schläuchen erfolgen, die mit ihren Spitzen in Berührung kommen, was sehr häufig bei den zusammengesetzten tubulösen Drüsen stattfindet (Fig. 54 ^). Von den zahlreichen, aus einem Drüsentubulus hervorgesprossten Seitenästen legen sich einige mit ihren Enden an benachbarte Aeste an, verschmelzen mit ihnen und treten dadurch, dass die Zellen an der Verlöthungsstelle auseinanderweichen, in ofi'ene A^er- bindung. So geht die verzweigte in die netzförmige, tubulöse Drüse über, zu der beim Menschen Hoden und Leber gehören. Neben der Faltenbildung epithelialer Lamellen, welche in hohem Grade vanirend die Gliederung des thierischen Körpers im Allgemeinen bestimmt, wurde noch als ein zweites Entwicklungs- princip von fundamentaler Bedeutung die Arbeitsthei- lung und die mit ihr zusammenhängende histologische Differenzirung genannt. Um dieses Princip in seiner Bedeutung für die Entwicklung ganz zu verstehen, müssen wir davon ausgehen, dass sich das Leben aller organischen Körper in einer Summe ver- schiedener Verrichtungen oder Functionen äussert. Die Organismen nehmen Stoffe von aussen in sich auf, woliei sie das Brauchbare ihrem K()rper einverleiben und das Unbrauchbare entfernen (Function der Ernährung und des Stoffwechsels); sie können die Form ihres Körpers durch Zusammenziehung und Ausdehnung verändern (Function der Be- wegung); sie sind in der Lage, auf äussere Beize zu reagiren (Function der Erregbarkeit) ; sie besitzen endlich die Fähigkeit, neue Gebilde ihres Allgemeine Besprechung der Entwicklungsprincipien. 93 Gleiclien zu erzeugen (Function der Forti)rianzung). Bei den niedersten vielzelligen Organismen verrichten noch alle einzelnen Theile in gleicher Weise die aufgeführten, für das organische Leben nothwendigen Func- tionen; je höher ausgebildet aber ein Organisnuis wird, um so mehr sehen wir, dass seine einzelnen Zellen sich in die Aufgaben des Lebens theilen, dass einige vorzugsweise das Geschäft der Ernährung, andere der Bewegung, andere der Reizbarkeit und wieder andere das Geschäft der Fortpflanzung übernehmen, und dass mit dieser Arbeitstheilung zugleich ein höherer Grad der Vollkommenheit, mit welcher die einzelnen Functionen ausgeführt werden, verbunden ist. Die Ausbildung einer besonderen Arbeitsleistung führt stets auch zu einem veränderten Aus- sehen der Zelle; mit der physiologischen Arbeitstheilung geht stets auch Hand in Hand eine morphologische oder h i s 1 0 1 0 g i s c h e D i f f e r e n z i r u n g . Elementartheile , welche das Geschäft der Verdauung besonders be- sorgen, sind als Drüsenzellen zu unterscheiden i wieder andere, die das Vermögen der Contractilität weiter ausgebildet haben, sind zu Muskel- zellen geworden, andere zu Nervenzellen, andere zu Geschlechtszellen u. s. w. ; die eine gleiche Verrichtung besorgenden Zellen liegen meist gruppenweise zusammen und stellen ein besonderes Gewebe dar. So umfasst das Studium der Keimesgeschichte eines Organismus hauptsächlich zwei Seiten; die eine Seite ist das Studium der Form- bildung, die zweite das Studium der histologischen Differenzirung. Wir können gleich hinzufügen, dass sich die Formbildung bei den höheren Organismen hauptsächlich in den Anfangsstadien, die histologische Dif- ferenzirung in den Endstadien der Entwicklung vollzieht. Die Kenntniss dieser leitenden Gesichtspunkte wird uns das Ver- ständniss der weiteren Entwicklungsvorgänge wesentlich erleichtern. FÜNFTES CAPITEL. Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). AP Die Fortsehritte, die auf den nächsten Stadien in der Entwicklung der Keimblase herbeigeführt werden, beruhen in erster Linie auf Fal- tungsprocessen. Hierdurch entstehen Embryonalformen, die sich zunächst aus zwei und später aus vier Epithelmembranen oder Keim- blättern aufbauen. Die aus 2 Keimblättern zusammengesetzte Embryo- nalform heisst die Darmlarve oder Gastrula. Sie besitzt eine hohe entwicklungsgeschichtliche Bedeutung, da sie sich, wie Haeckel in seiner berühmten Gastraeatheorie betont hat, in jedem der sechs Hauptstämme des Thierreichs findet und so einen gemeinsamen Aus- gangspunkt abgiebt, von welchem sich in divergenter Richtung die ein- zelnen Thierformen ableiten lassen. Wie vier verschiedene Arten von Keimblasen je nach dem Reichthum und der Vertheilungsweise des Dotters unterschieden werden konnten, so ist dasselbe auch bei der Gastrula der Fall. Von einer einfachen Grundform aus sind drei weitere Modificationen entstanden, denen wir mit Ausnahme einer einzigen, welche für viele Arthro- poden characteristisch ist, im Stamm der Wirbelthiere begegnen werden. Die einfachste und ur- sprünglichste Form, mit deren Betrachtung wir zu begin- nen haben, findet sich nur in der Entwicklungsge- schichte des Amphiosus 1 a n c e 0 1 a t u s. Wie schon früher gezeigt wurde, wird beim Amphioxus die Keiml)lase von Cylinderzellen be- grenzt, die zu einem einschichtigen ff' rp Fig. 58. Keimblase des Amphioxus lanceolatus, nach Hatsciiek. fh Furchungshühle, az animale, vz vegeta- tive Zellen. AP, FPanimaler, vegetativer Pol. Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). 95 Epithel fest zusanimeiischliessen (Fip-. 58). An einor Stelle, welche als veiietativer Pol ( VP) bezeichnet werden kann, sind die Zellen (vz) etwas grösser und durch eingelagerte Dotterkörnchen trüber. An dieser Stelle nimmt der Process der Gastrulabildung seinen Anfang. Die vegetative Fläche beginnt sich zunächst abzuflach(>n und nach der Mitte der Kugel einzubuchten. Durch Weiterschreiten der Einstülpung wird die Grube tiefer und tiefer, während die Furchungshöhle in demselben Maasse sich verkleinert. Schliesslich legt sich der eingestülpte Theil (Fig. 59 i7c) unter vollständiger Verdrängung der Furchungshöhle an die Innen- fläche des entgegengesetzten, nicht eingestülpten Theiles aJc der Keim- blase an. Als Endresultat ist aus der Kugel mit einfacher Wand ein becherförmiger Keim mit dop- pelten Wandungen, die Gastrula, entstanden. Die Höhle der Gastrula, welche sich von der Einstülpung herleitet und nicht mit der Fur- chungshöhle, welche durch sie ver- drängt worden ist, verwechselt werden darf, ist der Urdarm (ud) oder die Darmleibeshöhle (Coelen- teron). Sie öffnet sich nach aussen durch den Urmund (u). Da der Name Urdarm und ak ik - ud Fig. 59. Gastrula des Amphioxus lanceolatus, nach Hatschek. ak äusseres Keimblatt, ik inneres Keim- blatt, II Urmund, ud Urdarm. Urmund leicht eine irrthümliche Vor- stellung hervorrufen könnte, so sei, um einer solchen gleich hier schon vorzubeugen, bemerkt, dass der durch die erste Einstülpung entstandene und Der Hohlraum und seine nach aussen führende Oeffnung dem Darmrohr dem Mund des ausgewachsenen Thieres nicht gleichwerthig sind. Urdarm des Keimes liefert zwar die Grundlage zum Darmrohr, lässt aber ausser ihm noch eine Anzahl anderer Organe, wie hauptsächlich die spätere Brust- und Leilieshöhle, aus sich hervorgehen. Die zukünf- tige Bestimmung des Hohlraumes wird daher besser durch die Bezeich- nung „Darmleibeshöhle oder Coelenteron" ausgedrückt. Der Urmund endlich ist bei den Wirbel thieren nur ein vergängliches Ge- bilde; er schliesst sich später und verschwindet mit Ausnahme eines Restes, der zum After wird, während der bleibende oder secundäre Mund sich ganz neu bildet. Die beiden Zellenschichten des Bechers, welche am Rande des Ur- mundes in einander umbiegen, heissen die beiden p r i m ä r e n K e i m - blätter und werden nach ihrer Lage als das äussere {ah) und als das innere {ih) unterschieden. Während bei der Keimblase die einzelnen Zellen von einander noch wenig verschieden sind, beginnt mit dem Process der Gastrulabildung sich eine Arbeitstheilung zwischen den beiden Keimblättern geltend zu machen, was bei den frei herumschwim- menden Larven wirbelloser Tliiere zu erkennen ist. Das äussere Keimblatt {ak) (auch Ektoblast oder Ektoderm genannt) dient als Körperbedeckung, vermittelt in dem Falle, wo wie beim Amphioxus, die ist zugleich Organ der Empfindung und sich Flimmern auf den Zellen entwickeln. Das innere Keimblatt Fortbewegung 96, : Fünftes Capitel. (ik) (Entoblast oder Entoderm) kleidet die Darmleibeshöhle aus und besorgt die Nahrungsaufnahme. Beide Zellschichten stehen somit in einem Gegensatz zu einander in Hinblick sowohl auf ihre Lage, als auch auf ihre Function, da eine jede eine besondere Aufgabe über- nommen hat. In dieser Hinsicht sind sie von C. E. v. Baer als die beiden U r - oder P r i m i t i v o r g a n e des thierischen Körpers bezeichnet worden. Sie l)ieten uns ein sehr lehrreiches, weil sehr einfaches Beispiel für die Entstehungsweise zweier Organe aus einer einheitlichen Anlage. Durch die Einstülpung sind die gleichartigen Zellen der Kugeloberfläche in verschiedene Beziehungen zur Aussenwelt gebracht worden und haben demgemäss verschiedene Entwicklungsbahnen eingeschlagen und sich lie- sonderen, den neuen Verhältnissen entsprechenden Aufgaben anpassen müssen. Die Sonderung des embryonalen Zellenmaterials in die beiden Pri- mitivorgane Baer's ist für die ganze weitere Entwicklungsrichtung der einzelnen Zellen von ausschlaggebender Bedeutung. Denn auf jedes der beiden Primitivorgane ist eine ganz bestimmte Summe der definitiven Organe des Körpers zurückzuführen. Um dieses wichtige Verhältniss gleich in das rechte Licht zu setzen, sei erwähnt, dass das äussere Keimblatt den epithelialen Ueberzug des Körpers, die Epidermis mit Drüsen und Haaren, die Anlage des Nervensystems und die functionell wichtigsten Theile der Sinnesorgane liefert. Deswegen legten ihm die älteren Embryologen den Namen des Hautsinnesblattes bei; das innere Keimblatt dagegen wandelt sich in die übrigen Organe des Körpers um, in den Darm mit den Drüsen, in die Leibeshöhle, in die Muskeln u. s. w. ; es sondert sich demnach in die weitaus überwiegende Masse des Körpers und hat während der Entwicklung die meisten und ein- schneidendsten Metamorphosen durchzumachen \). Ganz ähnliche Larvenformen wie beim Amphioxus sind auch bei wirbellosen Thieren aus dem Stamm der Coelenteraten, Echinodermen, Wiirmer und Brachiopoden beobachtet worden. Sie verlassen meist schon auf dem Gastrulastadium die Eizelle, um sich mit Flimmern im Wasser fortzubewegen; auch können sie schon jetzt Nahrungsbestand- theile, kleine Infusorien, Algen oder Pveste grösserer Thiere durch den Urmund in den verdauenden Hohlraum aufnehmen und zum weiteren Wachsthum ihres Körpers verwenden. Hierbei werden die unbrauch- baren, weil nicht verdaulichen Stoffe wieder auf demselben Wege aus dem Körper ausgestossen. Bei den Wirbel thieren ist eine Nahrungsauf- nahme zu dieser Zeit nicht nur unmöglich, weil sie in Hüllen einge- schlossen sind, sondern auch überflüssig, weil das Ei und die aus ihm entstandenen Embryonalzellen entweder noch Dotterkörnchen, die lang- sam aufgebraucht werden, enthalten oder durch besondere Vorkehrungen ernährt werden (Säugethiere). Auf die einfacheren Verhältnisse des Amphioxus sind die Modifi- cationen, welche die Gastrulabil düng bei den Amphibien er- fährt, unschwer zurückzuführen. Beim Wassersalamander, der uns bei der Darstellung als Beispiel dienen soll, ist die eine Hälfte der Keim- *) Das äussere vmd das innere Keimlilatt als aniniales und vegetatives zu unter- scheiden, wie es früher geschehen und auch jetzt noch gescliieht, ist nicht richtig und sollte mithin aufgegeben werden. Denn die quergestreifte Körpermusculatur , welche zu den animalen Organen des Körpers gehört, stammt nicht, wie man früher auf Grund falscher Beobachtungen glaubte, von dem äusseren, vielmehr, wie jetzt von vielen Seiten festgestellt ist, vom primären inneren Keimblatt ab. Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). 97 blase (Fig. 60), welche man die animale nennt, dünnwandig und wird aus kleinen (beim Frosch schwarz pigmentirten) Zellen zusammengesetzt, welche in 2 bis 3 Lagen über einander liegen. Die andere oder vege- tative Hälfte (d^) zeigt eine stark verdickte Wandung aus viel grösseren, dotterreichen, polygonalen Zellen (dz), welche, in vielen Lagen locker zusammengehäuft, einen hügeligen Vorsprung in den so eingeengten Hohlraum (fh) der Keimblase bedingen. Wo die ungleich differenzirten Hälften zusammentreffen, vermitteln Zellen, welche Götte als Rand- zoue (Rz) bezeichnet hat, einen Uebergang. Da die animale Hälfte ihrer ganzen Zusammensetzung nach ein viel geringeres specifisches Gewicht als die entgegengesetzte Hälfte besitzt, ist sie im Wasser aus- nahmslos nach oben gerichtet. Erstere bildet die dünnere Decke, letztere den stark verdickten Bo- den der excentrisch gelegenen Furchungshöhle. Es dz Fig. 60. Keimblase von Triton taeniatus. fh Furchungshöhle, dz Dotterzelleu, Hz Kandzone. Fig. 61. Ei von Triton, das sich, zur Gastrula entwickelt, von der Oberfläche gesehen. u Urmund. Wenn die Gastrula sich zu entwickeln beginnt, erfolgt die Ein- stülpung seitlich an einer Stelle der Randzone (Fig. 61 ti) und macht sich äusserlich durch eine scharfe, später hufeisenförmig gekrümmte Furche bemerkbar, die auf ihrer einen Seite durch kleine (beim Frosch schwarz pigmentirte) Zellen, auf der anderen Seite durch grosse, helle Elemente begrenzt wird. An dem spaltförmigen Urmund stülpen sich (Fig. 62 u) an seiner dorsalen Lippe (dl) kleine Zellen, an seiner ven- tralen Lippe (vi) die grossen, dotterreichen Elemente der vegetativen Hälfte in das Innere der Keimblase hinein und bilden die einen die Decke, die anderen den Boden vom Urdarm (ud). Dieser erscheint in den ersten Stadien der Einstülpung nur als ein enger Spalt neben der weiten Furchungshöhle [fh) ; bald aber verdrängt er dieselbe vollständig und dehnt sich dabei am (jrund der Einstülpung zu einem weiten Sack aus, während er nach dem Urmund zu immer eng und spaltförmig bleibt. Da der Urdarm der Amphibien zuerst von dem italienischen Naturforscher Rusconi beobachtet worden ist, findet er sich in den älteren Schriften gewöhnlich als die Rusconi' sehe Nahrungshöhle, sowie der Urmund als der RuscoNi'sche After aufgeführt. Am Schluss des Einstülpungsprocesses ist die ganze Dottermasse oder die vegetative Hälfte der Keimblase in das Innere zur Begrenzung der Urdarmhöhle aufgenommen und dabei von einer Schicht kleiner Zellen umwachsen worden (Fig. 63). Beim Frosch sieht jetzt die ge- 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 7 98 Fünftes Capitel. //' ah ik ud dl u vi dz Fig. 62. Längsdurchschnitt durch ein Ei von Triton mit beginnender Gastrula- einstülpung. ak, ik äussei'es, inneres Keimblatt; fh Fur- chunorshöhle ; ud Urdarm; u Urmund; dz Dotter- zellen; dl, vi dorsale, ventrale Lippe des Ur- darms. sammte Oberfläche des Keims, da hier die kleinen Zellen stark pigmen- tirt sind, dunkelschwarz aus, mit Ausnahme einer etwa stecknadelkopf- grossen Stelle, die dem Urnuuid entspricht. Hier nämlich ragt ein Theil der hellen Dottermasse aus dem Ürdarm nach aussen hervor und verschliesst den Eingang zu ihm gleichsam wie ein Pfropf (d) , daher er auch den be- zeichnenden Namen des Dotter- pfropfes führt. Von den beiden Keim- blättern der Gastrula verdünnt sich später das äussere beim Wassersalamander zu einer ein- fachen Lage regelmässig an- geordneter , cylindrischer Zel- len, beim Frosch dagegen wird es von 2 bis 3 Lagen kleiner, zum Theil cubischer, stark pig- mentirter Elemente gebildet. Das innere Keimblatt besteht an der Decke des Urdarmes gleichfalls aus kleinen (beim Frosch pigmenthaltigen) Zellen, an der anderen Seite aus den grossen Dotterzellen, die, in vielen Lagen zusammengehäuft, einen weit in den Urdarm hineinspringenden und ihn zum Theil aus- füllenden Hügel bedingen. Hierdurch muss die Gastrula der Amphibien wieder im Wasser eine bestimmte Ruhelage einnehmen , da die Dotter- masse als der schwerere Theil sich immer am tiefsten einstellt (Fig. 63). Der Keim der Amphiliien ist jetzt schon ein vollständig bilateral symmetrischer Körper. Die durch den Dotter verdickte Wand der Ga- strula wird zur Bauchseite des späteren Thieres, die entgegengesetzte, nach oben gerichtete Wand oder die Decke des Urdarms wird zum Rücken. Der Urmund bezeichnet uns, wie sich weiterhin ergeben wird, das hintere Ende, und der entgegengesetzte Theil den Kopf. Es lassen sich also durch die Gastrula eine Längsachse, eine dorsoventrale und eine quere Achse hindurchlegen, die den späteren Achsen des Thieres ent- sprechen. Diese bei den Am- phibien so früh hervortretende, bilaterale Symmetrie ist einzig und allein auf die Anwesenheit von Dottermaterial und auf seine Anhäufung an der ventralen Seite Fig. 63. Längsschnitt durch ein Ei des Urdarms zurückzuführen. Stk.n'^'""'"' ''^''^ beendeter Gastru- pj^ Entwicklung der Am- ^ ^°ak', ik, dz, dl, vi, ud wie in Fig. 62, d phibion kann uns die Brücke Dotterpfropf, mk mittleres Keimblatt. bilden für das Verständuiss der Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). 99 viel stärker abgeänderten Form, welche die Gastrula bei den Eiern mit partieller Furchiing in den Classen der Selachier, der Teleostier, der Reptilien nnd Vögel gewinnt. Am durchsichtigsten liegen noch die Verhältnisse bei den S e 1 a - Chi er n. Was wir an der Keimblase der Amphibien als Decke der Furchungshöhle beschrieben haben, ist bei der Keimblase der Selachier (Fig. 64) eine kleine Scheibe embryonaler Zellen (hz), welche mit ihrem Rand in die ausserordentlich voluminöse und nicht in Zellen abgetheilte, aber kernhaltige Dotter- masse ((?ä;) übergeht. Letz- f^ ä^ ^2 f-?-^' s tere entspricht den Dotter- zellen der Amphibien und stellt wie diese den Boden der Furchungshöhle {B) her. Keimscheibe und Dotter bilden also zu- sammen eine Blase mit einer verschwindend klei- nen Höhle {B) und einer ungleich dicken und un- gleich differenzirten Wan- dung. Ein sehr kleiner Theil der Wand, die Keimscheibe, besteht aus Zellen. Der viel grössere und dickere Abschnitt ist Kerne enthält, aber nicht Fig. 64. Medianschnitt durch eine Keitn- scheibe von Pristiurus im Keimblasenstadium, nach KüCKERT. Rechts liegt das embiyonale hintere Ende. £ Furchungshöhle, dk Dotterkerne, kz Keim- zellen, 7^ vorderer, H hinterer Rand der Keimscheibe. Dottermasse, die in der in Zellen zerfallen ist. Umgebung der Höhle Wie bei den Amphibien beginnt auch hier die dem späteren hinteren Ende (H) des Embryo an Uebergangszone oder des Keimscheibenrandes, an Gastrulabildung an einem Abschnitt der welchem die ober- r gd 5 0 ^ ^o o a 0 ' r,-»2O-0°' cOO^ö oVö°% \* ^©-Äs«^;C...:.". ;ooo" ^OQ o K'lF^pVä'; '^o oV? 5?:° -'-'o _0B . ^ ,°c«.^oo q°°of^^ oyo?„,' ?b„ dk Fig. 65. Medianschnitt durch eine Keimscheibe von Pristiurus, in welcher die Gastrulaeinstülpung beginnt, nach Rückert. ud erste Anlage des Urdarms, B Furchungshöhle, dk Dotterkerne, fd feinkörniger Dotter, gd grobkörniger Dotter, F vorderei-, H hinterer Rand der Keimscheibe. flächlichsten Zellen Cylinderform angenommen haben und fest zusammen- geschlossen sind (Fig. 64). An ihm entsteht (Fig. 65) nach der Fur- chungshöhle (B) zu eine kleine Einstülpung, so dass ein kleiner Ur- darm (uä), wie der Durchschnitt zeigt, und ein spaltförmiger Urmund deutlich erkennbar werden. An der Einstülpung betheiligt sich auch der angrenzende Dotter, indem im Bereich der Uebergangszone die von Protoplasma umgebenen Dotterkerne (dk) selbständig werden, als Rund- 7* 100 Fünftes Capitel. Zellen in die Furchungsliöble mit hineinwachsen und zur Entstehung des inneren Keimblattes in ähnlicher Weise beitragen, wie bei den Amphibien die vegetativen Zellen, welche an der unteren Lippe des Urmunds mit in die Furchungshöhle eingestülpt werden. Immer mehr wird die Furchungshöhle (B) dadurch verdrängt, dass sich an ihre ur- sprüngliche Decke die von hinten nach vorn einwachsenden Zellen als geschlossene Schicht anlegen. Auch bei den Selachiern wird mithin (iie Keimscheibe durch Einstülpung zweiblätterig. Sie liegt dem Dotter so dicht auf, dass der Urdarm höchstens als Spalt erscheint. Die Ein- stülpung bleibt ülirigens bei den Selachiern nicht allein auf eine Stelle des ursprünglichen Keimscheibenrandes beschränkt, sondern dehnt sich bald weit über den liinteren und seitlichen Umfang desselben aus. Der Urmund erscheint alsdann als ein grosser, halbkreis- oder hufeisenförmiger Spalt am zukünftigen hinteren Ende der Embryonalanlage. Die colossale Mächtigkeit des Dotters bedingt einen wichtigen Unterschied zwischen der Gastrulabildung der Selachier und der Am- phibien. Bei diesen wurde ziemlich rasch die Masse der Dotterzellen in den Urdarm aufgenommen und zur Begrenzung seiner ventralen Wand benutzt. Bei den Selachiern vollzieht sich die Aufnahme des Dotters in das Körperinnere erst sehr langsam (in einer später noch genauer darzustellenden Weise), so dass lange Zeit nur der Rücken der Gastrula aus zwei Zellschichten besteht, die Bauchwand dagegen durch Dottermasse gebildet wird. An die Eier der Selachier schliessen sich in ihrer ganzen Entwick- lungsweise am meisten die Eier der Knochenfische an. Weniger lässt sich dies von den Eiern der Reptilien und Vögel sagen. Zwar gehören dieselben auch zum meroblastischen Typus, da sie eine mächtige Dotter- masse ausgebildet haben und in Folge dessen eine partielle Furchung erfahren; in der Bildung der Keimblätter dagegen zeigen sie manches Eigenthümliche, so dass sie eine gesonderte Besprechung verlangen. Bei den Vögeln und Reptilien ist die Untersuchung mit grösseren Schwierig- keiten als bei den Selachiern verknüpft. Namentlich hat die Entwick- lungsgeschichte der Keimblätter beim Hühnchen, trotzdem sich die besten Forscher mit ihr beschäftigt haben, lange Zeit zu sehr abweichen- den Darstellungen Veranlassung gegeben. Auch der Thatbestand, der für das Vogelei durch die jüngsten Arbeiten von Duyal im Grossen und Ganzen gesichert erschien, ist neuerdings wieder durch Kionka in Frage gestellt worden. Da das Vogelei in der Geschichte der Embryo- logie eine so hervorragende Rolle gespielt hat und geradezu als classisches Untersuchungsobject bezeichnet worden ist, scheint es geboten, auf die Befunde, welche es auf dem Gastrula- Stadium darbietet, in Kürze einzugehen. Meiner Darstellung lege ich die Befunde Düyal's zu Grunde, obwohl sie Angesichts des von Kionka erhobenen Wider- spruchs noch der Bestätigung bedürfen. Im Anschluss daran wird noch einiger an den Eiern der Reptilien gesammelter, wichtiger Befunde gedacht werden. So strittig auch Einzelnes ist, so wird sich doch ohne Zweifel bei besserer Einsicht die Gastrulation der Rei)tilien und Vögel auf die- jenige der bisher besprochenen Wirbelthiere einst zurückführen lassen. Während das Vogelei noch im Endabschnitt des Eileiters verweilt, beginnt einige Zeit vor seiner Ablage die Gastrulation; sie geht vom hinteren Rande der Keimscheibe aus; ihr Studium ist mit grossen Schwierigkeiten verknüpft und verlangt vor allen Dingen, dass man bei der Untersuchung der Keimscheibe auf Schnitten "enau über die Laue Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). 101 ihres vorderen und liinteren Randes orientirt ist. Die Orientirnn.!]: wird dadurch wesentlich erleiclitert, dass man bei jedem Ilülmerei schon vor Eröftnung der Kalkschale mit seltenen Ausnahmen genau angeben kann, nach welcher Seite hin das vordere Ende der Embryonalanlage gerichtet sein muss. Es ergiebt sich dies ans der schon auf Seite 74 besprochenen Regel. Wenn man zur Zeit, wo die Gastrnlaeinstülpung begonnen hat, genau auf den verdickten Rand der Keimscheil)e oder den Randwulst (bourrelet blastodermique von Duval) achtet, so sieht man ihn sich nach vorn und seitlich durch eine mehr zackige und weniger deutliche Grenze, nach hinten dagegen durch einen sch<ärferen Contour absetzen. Dieser wird dadurch hervorgerufen, dass der Randwulst in Folge einer stärkeren Wuchei'ung der Zellen bedeutend verdickt und undurchsichtiger ge- A d — A._ kseh H H Fig. 66. A Die unbebrütete Keimseheibe eines Hühnereies, nach Koller. d Dotter; kseh Keimseheibe; s Sichel; V vorderer, H hinterer Rand der Keim- scheibe. JB Die Keimseheibe eines Hütinereies in den ersten Stunden der Be- brütung, nach Koller. V< 'f^i.k^t- »4V. darstellt, sofort zu seilen ist, setzt sich die am hinteren Randwulst {v\) beschriebene Fig. 67. IjängsscLnitt durch die Keim- scheibe eines nicht befruchteten Eies vom Zeisig, nach Düval. ak änsseres, ik inneres Keimblatt, icd weisser Dotter, dk Dotterkerne, ud Urdarm, vi vordere Lippe, hl hintere Lipi)e an der Einstülpungsstelle (Sichelrinne oder Urmund). 102 Fünftes Capitel. Sichelrinne in einen schmalen Spaltraiim (cavite sousgerminale) (m^) fort, während nach vorn Embryonalzellen (dk) und Dotter noch fest zusammen- hängen. Auf dem etwas älteren Stadium (Fig. 68) ist der Zusammenhang noch weiter gelöst, indem sich der Spaltraum (ud) bis nahe zum vorderen Keimscheibenrand (vr) ausgedehnt hat. In Folge dieser Vorgänge ist der unter dem Spaltraum gelegene Theil des weissen Dotters frei von Zellen und Kernen geworden, mit Ausnahme des Randbezirks, wo stets freie Kerne, namentlich auch nach hinten (hl) von der Sichelrinne zu finden sind und die Nachfurchung unterhalten. hl vi ud alc ik vr Fig. 68. Längsschnitt durch die Keimscheibe eines befruchteten, un- bebrüteten Eies von der Nachtigall, nach Duval. ak äusseres, ik inneres Keimblatt, ud Urdarm, vi vordere, hl hintere Lippe des Urmundes (Sichelrinne). Die in den Figuren 67 und 68 unterscheidbaren zwei Zellenlagen sind durch einen feinen Spalt gegen einander abgesetzt. In der oberen Lage {ah) haben die Elemente eine cubische und auf einem etwas späteren Stadium eine cylindrische Gestalt angenommen und schliessen dicht zu einer Epithelmembran zusammen. Die untere Lage {ik) ist mehrschichtig und ist aus grösseren, rundlichen und locker zusammengefügten Zellen gebildet. Die obere Lage stellt das äussere, die untere das primäre innere Keimblatt dar. Beide gehen im Bereich des hinteren Rand- wulstes {vi), wo zugleich die Zellen in lebhafterer Wucherung begriffen sind, continuirlich in einander über. Die hochwichtigen Vorgänge, durch welche die in Fig. 67 und 68 dargestellten Befunde hervorgerufen worden sind, bieten manche Ver- gleichspunkte mit der Gastrulabildung der Selachier und Amphibien dar. Den neu auftretenden Spalt können wir uns wie bei der Keim- scheibe von Pristiurus (Fig. 65) durch Einfaltung entstanden denken, in der Weise, dass vom hinteren Randwulst aus Zellen in die Tiefe wuchern, und dass dabei am Grund der Einstülpung die ursprünglich mit dem Dotter zusammenhängenden Zellen (Fig. 67 dk) von diesem abgelöst und zur Vergrösserung des inneren Keimblattes verwandt werden. Wenn diese Erklärung richtig ist, so entspricht jetzt der zwischen dem unteren Keimblatt und dem Dotterboden gelegene Spaltraum {ud) der Urdarmhöhle, wie schon Götte und Räuber richtig bemerkt haben, Duval aber zuerst genau bewiesen hat; es entspricht ferner die Sichel- rinne (Fig. 66 s) dem Urmund; der vor der Sichelrinne gelegene, ver- dickte Theil des Riindwulstes (Fig. 67 vi), in dessen Bereich die beiden primären Keimblätter in einander übergehen, ist die vordere oder dorsale Urmundlippe, der hinter der Sichelrinne befindliche Dotter {hl), welcher auf diesem frülien Stadium zahlreiche, freie Kerne einschliesst , kann als hintere oder ventrale Urmundlippe bezeicimet werden. Die Ent- wicklung des Urdarms ist der Grund, dass die Furchungshöhle mehr Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). 103 nur als ein feiner, die pri- Darstellung die Entstehung der beiden glückliclier Weise gelöst Streitfrage über den Vögeln in sich gerade auf und mehr eingeengt worden ist und sich mären Keimblätter trennender Spalt erhält. Die Vergleichspunkte mit der Tritongastrula (Fig. 62) ergeben sich, wenn wir die Masse der Dotterzellen durch ungetheilten Dotter ersetzen und in den letzteren im Bereich der ventralen Urmundlippe freie Kerne eingebettet sein lassen. Durch die Darstellung von Duval scheint mir die primären Keinddätter bei zu sein. Lange Zeit standen diesem Gebiete zwei Ansichten schroff gegenüber. Nach der älteren Ansicht, an der manche Forscher noch jetzt fest- halten, soll sich die aus dem Furchungsprocess entstandene Keimscheibe in ein oberes und unteres Blatt spalten. (Pandee, v. Baer, Remak, KöLLiKER, His u. a.) Nach der anderen Ansicht (Haeckel, Götte, Rauber, Duval u. a.) ist das untere Blatt durch Einfaltung entstanden. Durch die Einfaltungstheorie allein erklärt sich das verschiedene Ver- halten des vorderen und des hinteren Randes der Keimscheibe, die lebhaftere Zellenwucherung im Bereich der Sichel , die Sichelrinne und der daselbst zu constatirende Uebergang der beiden primären Keimblätter in einander. Durch sie allein wird endlich auch die Beziehung zu den niederen Classen der Wirbelthiere ermöglicht. Dafür, dass bei den Vögeln das innere Keimblatt durch Einstülpung (Gastrulation) entsteht, sprechen auch die Befunde, welche bei der Untersuchung der den Vögeln so nahe stehenden Reptilien gewonnen worden sind. Wir verdanken sie den Bemühungen von Kupffer und Benecke und den der neueren Zeit angehörenden Arbeiten von Will, INIlTSIKURI, MEHXERTUnd Wenkebach. Bei La- certa agilis (Fig. 69), Emys europaea (Fig. 122 yl), Platydactylus (Gecko) etc. findet sich, wie beim Huhn, am hinteren Bezirk der auf einem entsprechen- den Stadium stehenden Keimscheibe eine in der Form einer Sichel (s) auftretend e Wucherung. In der Mitte und etwas nach vorn von ihr sieht man eine kleine, q u e r g e s t e 1 1 1 e , spaltförmige, sehr deutlich ausge- prägte Oeffnung (u), die in einen Blind sack hinein- führt und der Sichelrinne ver- gleichbar ist. Mit Recht deutet Kupffer, welchem hierin alle V H Fig. 69. Embryonalanlage von Lacerta agilis nach Kl'pffer. hf\ df heller, dunkler Fruchthof; u Urmund; s Sichel; es Embryonalschild. I' vorderes, H hinteres Ende. 104 Fünftes Capitel. Übrigen Forscher gefolgt sind , die Oeffnuug als den Urmund , der von einer vorderen und einer hinteren Urmundlippe umsäumt wird, und den Hohlraum als Urdarm, wie er auch einen Vergleich zwischen den entsprechenden Bildungen der Vögel und Reptilien zieht ^). An einem Medianschnitt durch eine solche Keimscheibe mit trichter- förmigem Urmund (Prostoma) (Fig. 70) ist das äussere Keimblatt scharf abgegrenzt und aus einer einfachen Lage ziemlich hoher, dicht zusammen- sehliessender Cylinderzellen gebildet. Es geht am vorderen Rand der Fig. 70. Medianer Längsschnitt durch einen Embryo vom Gecko, dessen Urdarmeinstülpung die Richtung nach vorn nimmt. (Stadium III.) Nach Will. Die Urdarmeinstülpmig setzt sich in einen langen Kopffortsatz fort. Unterhalb der Primitivplatte machen sich die ersten Anfänge eines secundären Entoderms (bei a und b) bemerkbar. Kf der sich später zum Urdarm aushöhlende Kopffortsatz; 8 Embryonalschild; z hintere Urdarmlippe; y vordere (rechtsseitliche) Urdarmlippe; X Grenze zwischen der an der Urdarmeinstülpung theilnehraenden Urdarmplatte und dem seine oberflächliche Lage bewahrenden Entodermpfropf; ai Area intermedia; d un- gefurchter Dotter; dz Dotterzellen. Einstülpung oder, kürzer gesagt, an der vorderen Urmundlippe {y) durch Umschlag in eine kleinzellige, mehrschichtige Lage über, die eine kleine Höhle , den Urdarm , von oben her bedeckt und sich nach vorn noch eine Strecke weit in eine Schicht mehr locker zusammenhängender Embryonalzellen fortsetzt. Vom Umschlagsrand an bezeichnen wir die ganze Lage als inneres Keimblatt; es ist vom äusseren, viel fester ge- fügten Keimblatt durch einen Spaltraum scharf abgesetzt. Die Verhält- nisse sind ähnliche, wie sie von einem Mediansclmitt durch die Keim- scheibe eines Selachiers , die auf einem entsprechenden Stadium steht, in Fig. 65 abgebildet sind. Nur in einem Punkt muss ein allerdings bedeutsamer Unterschied hervorgehoben werden. Bei den Reptilien fällt der Umschlag des äusseren in das innere Blatt nicht wie bei den Selachiern und Knochen- fischen mit dem Rand der Keirascheibe zusammen, er ist vielmehr hier in einiger Entfernung von ihm erfolgt, so dass auf dem Medianschnitt ') In der Darstellung, wie sich bei den Eiern der Reptilien und Vögel die Ein- stülpung vollzieht, weiche icii von anderen I'orschern, die auch eine Gastrulation statt- finden lassen (GöiTii, Haeckel, Räuber, Balfour etc.), ab. Dieselben betracliten den ganzen Rand der Keimscheibe als den Urmundrand und lassen sich an ihm das äussere in das innere Keimblatt umschlagen. Meiner Darstellung nach erfolgt die Einstülpung an einer kleinen, umschriebenen Stelle des Randes. Ueber die Beziehungen des Ur- mundes, sowie der Keimblätter zum Dotter wird später noch ausführlicher gehandelt werden. (Siehe Seite 145.) Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). ]05 hinter der vorderen ITrniund- lippe noch die mit dem Buch- staben a bezeichnete, klein- zellige Masse liegt, die in der Nähe der Einstülpung aus vielen Lagen besteht, sich aber bald verdünnt und sich eine Strecke weit noch als einfache Zellenschicht auf dem Dotter verfolgen lässt. Wir constatiren somit, dass bei den Reptilien — und möglicherweise ist dies auch bei den Vögeln der Fall, wenn die Zweifel , welche Kionka gegen die Angaben Duval's erhoben hat, berechtigte sind — Urmundrand und Keim- scheibenrand von vornherein nicht zusammenfallen. Es ist dies ein wichtiger Punkt, auf dessen Bedeutung jedoch erst an einer spcäteren Stelle ge- nauer eingegangen werden wird. Werfen wir jetzt noch einen Blick auf die nächst an- schliessenden Entwicklungs- stadien von der zweiblätte- rigen Keimscheibe des Hühn- chens. Wir beobachten jetzt vor allen Dingen eine immer mehr zunehmende Ausbrei- tung der Keimblätter über die Oberfläche des Dotters. An dem frisch gelegten, unbebrüteten Ei (Fig. 68) setzte sich das äussere Keim- blatt {ak) aus einer einfachen Lage dicht zusammengefügter, cvlindrischer Zellen zusam- men, das innere Keimblatt («X") dagegen aus einer zwei- schichtigen bis dreischichtigen Lage etwas abgeplatteter Elemente, die nur locker zusammenschliessen. Unter dem Einfluss der Bebriitung macht die flächen- hafte Ausbreitung der Keim- scheibe rasche Fortschritte (Fig. 71). Hierbei eilt das äussere Keimblatt (nix) in 106 Fünftes Capitel. dk dw Fig. 72. Durchschnitt durch den Rand der Keimseheibe eines 6 Stunden be- brüteten Hühnereies nach Duval. ak äusseres Keimblatt, dz Dotterzelle, dk Dotterkerne, dw Dotterwall. seiner Ausbreitung dem inneren voraus und endet in einer Gegend des Dotters, wo dieser noch keinen Zerfall in Entodermzellen zeigt. In der Form seiner Zellen tritt es in jeder Beziehung in einen schrotfen Gegen- satz zum inneren Blatt. Während die Ektodermzellen (Fig. 71 ali) in der Mitte der Keimscheibe die grösste Höhe erreichen, nehmen sie nach dem Rand zu allmählich ab und gehen in cubische und endlich in abgeplattete Elemente über (Fig. 72 ak). Das Umgekehrte lässt jetzt das innere Keimblatt erkennen; es hat sich in der Mitte der Keim- scheibe (Fig. 71 ih) in eine einfache Lage stark abgeplatteter, sehüppchen- artiger Zellen umgewandelt, die zu einer feinen Mem- bran fest zusammenschliessefl. Nach der Peripherie zu werden sie etwas grösser und polygo- naler (Fig. 72) und gehen hier in einiger Entfernung und nach einwärts vom freien Rand des äusseren Keimblattes in den weissen Dotter {dw) über, der an der Uebergangsstelle eine Strecke weit reichlich mit Dot- terkernen {dh) durchsetzt ist. Man bezeichnet diesen Bezirk des Dotters als Dotterwall (Rempart vitellin). Er dient zur Vergrösserung des inneren Keimblattes, indem die freien Kerne sich durch Theilung vermehren und den schon mehrfach erwähnten Process der Nachfurchung unterhalten. Während der Bebrütung macht auch die Verflüssigung des Dotters weitere Fortschritte (Fig. 71) und führt zur Entstehung einer an Tiefe und Breite immer mehr zunehmenden Grube {ud), über welche sich die Keimscheibe, einem Uhrglas vergleichbar, herüberwölbt. Ihre Mitte sieht jetzt bei Betrachtung von der Fläche, soweit unter ihr die Flüssig- keit reicht, hell und durchscheinend aus, während der Randbezirk, welcher dem undurchsichtigen Dotter aufliegt, dunkel erscheint. Noch mehr macht sich ein derartiger Unterschied bemerkbar, wenn man die ganze Keimscheibe vom Dotter ablöst. Denn im Bereich des Flüssig- keitsraumes trennen sich die dünnen, durchsichtigen Keimblätter leicht und rein von ihrer Unterlage ab , während am Rande von der Stelle an, wo das innere Keimblatt in den Dotterwall übergeht, trübe Dotter- masse der Keimscheibe anhaften bleibt. Man unterscheidet schon lange in der Entwicklungslehre das mittlere, helle, kreisförmige Feld als hellen Fruchthof (Area pellucida), und den trüberen, ringförmigen Rand als dunkeln Fruchthof (Area opaca). Auf wichtige Veränderungen, die bis zur Ablage des Eies und in den ersten Stunden der Bebrütung in der Gegend der Sichelrinne an der vorderen Urmundlippe vor sich gehen, werde ich im nächsten Capitel noch ausführlicher handeln müssen, da sie mit der Entwicklung des mittleren Keimblattes im Zusammenhang stehen. Noch schwieriger als beim Hühnchen ist die Keimblattent- wicklung der S ä u g e t h i e r e in ihrem Detail festzustellen und auf die Gastrulation der übrigen Wirl)elthiere zurückzuführen. Durch die mühsame Untersuchung dieser Verhältnisse hatte sich in früheren Zeiten BiscHOFF besondere Verdienste erworben, später sind ihm Hensen, Entwicklung der beiden primären Keimbliltter (Gastraeatheorie). 107 LiEBRRKÜHN, VAN BeNKDEN, KÜLLIKER, HeAPE, SeLENKA, BoNNET, HuBKECHT, Keibel gefolgt. Das liierbei benutzte Untorsuchungsobjeet, welches wir auch unserer Darstellung zu Grunde legen wollen, ist gewöhnlich das Kaninchen gewesen ; ausserdem sind noch Fledermaus, Maulwurf, Schwein, Schaf, Igel, Beutelthiere etc. untersucht worden. Fig. 73. Optische Querschnitte eines Kanincheneies in zwei unmittel- bar auf die Furchung folgenden Stadien nach Ed. van Beneden. Copie aus Balfour's Entwicklungsgeschichte. A Aus der Furchung entstandener solider Zellenhaufen. B Entwicklung der Keimblase , indem sich im Zellenhaufen eine Furchungshöhle ausbildet. (Nach einer älteren, jetzt aufgegebenen Deutung von van Beneden bedeutet ep Epiblast, hy Hypoblast, bp Blastoporus.) Während das Ei der Säugethiere im Eileiter durch die Flimmer- bewegung des Epithels langsam nach der Gebärmutter hingetrieben wird, ist es durch den Furchungsprocess in einen kugeligen Haufen kleiner Zellen zerfallen (Fig. 73 Ä) Abscheidung einer Flüssig- keit eine kleine, spaltförmige Furchungshöhle (Fig. 73 B). Der Keim ist somit in das Blasen- oder Blastulastadium eingetreten. Die Wand der Keimblase oder Vesicula blastodermica wird, wie schon seit Bischoff's Arbeiten be- kannt ist, aus einer einzigen Lage mosaikartig angeord- neter, polygonaler Zellen ge- bildet, einen kleinen Bezirk ausgenommen. Hier ist die Wand wie bei der Keimblase der Amphibien durch einen Haufen etwas körnchen- reicherer und dunklerer Zel- len verdickt, die einen in die Furchungshöhle vorsprin- genden Höcker bedingen. Für die weitere Ent- der Darauf entsteht in seinem Innern durch Wicklung Säugethiere Fig. 74. Kaninehenei, 70—90 Stunden nach der Befruchtung, nach Ed. van Beneden. Copie aiis Balfour's Entwicklungsgeschichte. bv Hohlraum der Keimblase, zp Zona pellucida, (p, hy wie in Fig. 73. 108 Fünftes Capitel. ist nun vor Allem der Umstand besonders eharacteristisch, dass sich bei ihnen, wie bei keinem anderen Wirbelthiere, die Keimblase durch Zu- nahme von Flüssigkeit, die viel Eiweiss enthält und bei Zusatz von Alkohol körnig gerinnt, ausserordentlich vergrössert (Fig. 74) und bald einen Durchmesser von 1,0 mm gewinnt. Natürlich ist bei diesen Wachsthumsvorgängen auch die Zona pellucida (0p) verändert und zu einem dünnen Häutchen ausgedehnt worden. Ihr liegt eine schon von den Wandungen des Eileiters ausgeschiedene Gallertschicht auf. Die Wand der Keimblase ist an den 1 mm grossen Eiern vom Kaninchen sehr dünn geworden. Die in einfacher Schicht angeordneten, mosaikartigen Zellen haben sich stark abgeplattet. Auch der in die Furchungshöhle vorspringende Zellenhöcker hat sich umgewandelt und sich mehr und mehr in die Fläche zu einer scheibenförmigen Platte ausgebreitet, welche sich mit zugeschärftem Rand allmählicli in den verdünnten Wandtheil der Keimblase fortsetzt. An der Platte spielen sich die w^eiteren Entwicklungsprocesse in erster Linie ab. Ihre ober- flächlichsten Zellen sind zu dünnen Schüppchen abgeplattet, wie sie auch sonst die Wand der Blase bilden, ihre anderen zwei- bis dreifach über einander gelagerten Elemente dagegen sind grösser und proto- plasmareicher. Bis hierher befindet sich das Ei der Säugethiere noch auf dem Keimblasenstadium; es besteht überall aus einem einzigen Keimblatt. Denn die Ansicht, die von manchen Seiten aufgestellt ist, dass die Keimscheibe jetzt bereits zweiblätterig sei, und dass die nach aussen ge- legenen platten Zellen das äussere Keimblatt und die darunter folgenden protoplasmareicheren Zellen das innere Keimblatt darstellen, ist meiner Ansicht nach unhaltbar. Dagegen spricht erstens die Thatsache, dass die abgeplatteten und die dickeren Zellenlagen fest zusammenhängen und auch nicht durch den kleinsten Spaltraum von einander abgesetzt sind, und zweitens der weitere Verlauf der Entwicklung^). Zwei Keimblätter treten erst an Eiern auf, die schon mehr als 1 mm Durchmesser besitzen und etwa 5 Tage alt sind. An der Stelle, wo früher die Zellenplatte lag, beobachtet man bei der Betrachtung von der Fläche einen weisslichen Fleck, der Anfangs rund, später oval und ak ^:^ : Fig. 75. Querschnitt durch den fast kreisrunden Fruehthof eines Kanincheneies von 6 Tagen und 9 Stunden (Durehmesser 0,8 mm) nach Balkodk. ak, ik äusseres, innei-es Keimblatt. Der Schnitt zeigt den eigenthüralichen Cha- rakter der oberen Schicht mit einer gewissen Anzahl abgeplatteter, oberflächlicher Zellen. Es ist etwa nur die Hälfte der ganzen Breite des Fruchthofes dargestellt. ^) Bei dieser Auffassung kann ich natürlich auch nicht einer Ansicht van Bene- den's zustimmen, nach welcher die Gastrulabildinig sich schon nach Ablauf der ersten Furchungsstadien vollziehen soll, indem er in der Anfangs soliden Zellenkugel Fig. 73^ die dunkleren und grösseren, central gelegenen Elemente (hy) als Entoderm und eine sie umhüllende Lage kleinerer und hellerer Zellen (ep) als Ektoderra, sowie eine kleine Lücke in diesem Ueberzug als Blastoporus (bp) deutet. Dagegen ghaube ich, dass die Gastrulation in der auf Seite 111 angegebenen Weise erfolgt. Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatheorie). 109 K = s s birniöiniig wird. Er wird jetzt gewühiilicli uls Area enibryonalis oder als Emi)ryoniilfleck bezeichnet. Kr besteht aus zwei durch einen deutlichen Spalt getrennten und von einander ablösbaren Keim- blättern (Fig. 75). Von diesen ist das innere Keimblatt (ik) eine einzige Lage stark abgeplatteter Zellen. Das äussere Keimblatt (ak) dagegen ist erheblich dicker und aus zwei Zellenlagen zusammengesetzt, 1) aus einer tieferen Lage cubischer oder rundliclier, grösserer Elemente, und 2) aus einer ober- flächlichen Lage vereinzelter, platter Zellen, die von Rauber zuerst genauer beschrieben worden sind und nach ihm als Räuber' sehe Schicht bezeichnet werden. Nach den Rändern des Embryonalflecks zu verdünnt sich das äussere Blatt, wird einschichtig und setzt sich in die abgeplatteten, grossen Elemente fort, die wir schon auf dem Keimblasenstadium den grössten Theil der Blasenwand haben allein bilden sehen. Das innere Keimblatt ist anfänglich nur an einem kleinen Theil der Blasenwand, am Embryonal- fleck und in seiner nächsten Umgebung, ent- wickelt; es hört mit einem gezackten Rande frei auf; hier finden sich locker an einander grenzende, amöboide Zellen, die durch ihre Vermehrung und Ortsveränderung wohl das Weiterwachsthum des Blattes bedingen. Dieses breitet sich nämlich an älteren Eiern von dem Embryonalfleck nach dem entgegengesetzten Eipol langsam aus, wodurch nach und nach die ganze Keimblase zweiblätterig wird. Während dies geschieht, gehen auch Veränderungen an dem oval gewordenen und etwas vergrösserten Embryonalfleck vor sich. Die RAUBER'sche Schicht verschwindet^) (Fig. 76), die unter ihr gelegenen, cubischen oder kugeligen Zellen sind cylindrisch geworden und schliessen noch dichter zusammen. Beide primären Keimblätter sind jetzt nur einschichtig. Zur Rlustration dieser Verhältnisse dienen die beiden umstehenden Figuren, welche ein 7 Tage altes Kaninchenei in zwei verschie- denen Ansichten darstellen. Bei Betrach- tung von oben (Fig. 77 J.) ist der jetzt oval gewordene Embryonalfleck (ag) zu sehen. Er ist einzig und allein durch eine Verdickung des äusseren Keimblattes bedingt und bezeichnet die Stelle, an der die Zellen cylinderförmig sind, er entspricht insofern dem Embryonalschild der Reptilien- und Vogel- embryonen und ist nicht zu verwechseln mit der Zellenplatte (Fig. 74), .SP o .2 :^ ^) lieber die Art und Weise, wie die KAüBER'sche Schicht verschwindet, bestehen zwei Ansichten. Nach Balfoür und Heape sollen sich die platten Zellen umbilden, cylindrisch werden und zwischen die Cylinderzellen einlagern, nach Kölliker dagegen sollen sie zerfallen und verschwinden. 110 Fünftes Capitel. die als Verdickung der einblätterigen Keimblase beschrieben wurde. Bei seitlicher Ansicht kann man drei Bezirke an der Keimblase unter- scheiden: 1) den Embryonalfleck (ag), 2) einen die obere Hälfte der Blase einnehmenden und bis zur Linie ge reichenden Bezirk, in welchem die Wand noch zweiblätterig ist, aber die Zellen des äusseren und inneren Keim])lattes stark abgeplattet sind, und einen dritten nach abwärts von der Linie ge gelegenen Abschnitt, wo die Blasenwand nur von dem äusseren Keiml3latt gebildet wird. Ä B Fig. 77. Keimblasen des Kaninchens von 7 Tagen ohne äussere Eihaut, Länge 4,4 mm, nacli Külliker, 10 mal vergrössert. A von oben, JB von der Seite gesehen. ag Embryonalfleck (Area emlnyonalis); ge die Stelle, bis zu welcher die Keim- blase doijpelblätterig ist. Es erhebt sich jetzt die wichtige Frage, in welcher Weise sich bei den Säugethieren die zweiblätterige aus der einblätterigen Anlage entwickelt. Nach der Kleinheit des Eies, nach dem Verlauf des Furchungsprocesses und nach der Beschaffenheit der Keimblase, die eine grosse, mit Flüssigkeit erfüllte Höhle einschliesst und nur von einer dünnen Zellenlage umgrenzt wird, Hesse sich erwarten, dass die Gastrulabildung in ähnlicher Weise wie beim Amphioxus vor sich gehen und die eine Hälfte der Blasenhaut gegen die andere zum Becher ein- gestülpt werden müsste. Das ist nun aber keineswegs der Fall. Viel- mehr deuten alle bekannt gewordenen Erscheinungen darauf hin, dass die Eier der Säugethiere hinsichtlich ihrer Keimblattbildung sich mehr an die grossen, dotterreichen Eier der Reptilien und Vögel unmittelbar anschliessen. Dieser Umstand, sowie auch noch manche andere Verhältnisse, die im zwölften Capitel ausführlicher besprochen werden sollen, lassen die Annahme als nothwendig erscheinen, dass die Säuger von Thieren ab- stammen, die grosse, dotterreiche Eier besessen haben und ovipar ge- wesen sind. Ihre Eier haben demnach aus später gleichfalls noch ge- nauer zu erörternden Gründen ihren Dottergehalt zum grössten Theil wieder eingebüsst; sie sind nicht ursprünglich dotterarm, sondern sind erst nachträglich wieder dotterarm geworden; ihre Gastrulation kann daher auch nicht mehr nach dem ursprünglichen und einfachen Typus eines Amphioxuseies verlaufen. Entwicklung der beiden primären Keimblätter (Gastraeatbeorie). 111 ucL Da unsere Erkenntniss der thatsächlichen Verhältnisse in Folge der scliwierigen Herl)eischaffung des Untersuchungsmaterials recht un- vollständig ist, sei es mir gestattet im Anschluss an Keihel, an zwei schematisclien Zeichnungen darzustellen, wie sich der Gastrulations- process beim Säugethierei muthmaasslich abspielen wird. Das erste Scliema (Fig. 78 Ä) zeigt uns den Beginn des Processes. An der Stelle der Keimblase, wo ihre Wand durch Anlagerung von Zellen verdickt ist, hat sich durch Einstülpung eine kleine Höhle mit einer Oejffnung nach aussen (ürmund) ge- bildet Im zweiten Schema hat sich ein für die Gastrulabildung der Säuge- thiere besonders charakteristischer Vorgang vollzogen. Am Grund des Blindsacks sind die Zellen ausein- andergewichen und haben sich seit- wärts der Innenfläche der Keimblase angelagert. Der Blindsack hat sich gewissermaassen an seinem Grund geöffnet, so dass jetzt Urdarm und Keimblasenhöhle ohne Grenze in ein- ander übergehen. Das innere Keim- blatt (ik) hat dadurch einen freien Band erhalten, mit dem es sich an der Innenfläche des äusseren Keim- blattes allmählich ausbreitet, wie in Fig. 77 jB dargestellt ist. Je mehr sein freier Rand sich später dem aboralen Pol der Keimblasenwand nähert, um so enger wird die von ihm umfasste OefPnung, bis sie schliesslich durch Verwachsung ganz geschwunden ist. Dadurch ist nachträglich wieder ein vollständig geschlossener Gastrulasack hergestellt worden. Der eigenthümliche Vorgang lässt sich an die Verhältnisse anschliessen, welche man bei den Selachiern, Rep- tilien und Vögeln beobachtet hat. Wenn hier die Einstülpung von der Sichelrinne aus eintritt, so schiebt sich das innere Keindilatt auch, gewissermaassen mit einem freien Rand auf der mit Dotterkernen versehenen Dottermasse entlang und überzieht diese daher nach der Urdarmhöhle zu nicht noch mit einem besonderen Zellenblatt. Würden wir uns daher bei den meroblastischen Eiern den Dotter geschwunden denken, so würde der Entodermsack der Gastmla ebenfalls keinen Boden besitzen; er zeigt ebenfalls längere Zeit einen freien Rand , mit welchem er die Dottermasse allmählich umwächst ; auch hier schliesst sich endlich das Loch dem Embryo vis ä \'is an dem fälschlicher Weise sogenannten Dotterblastoporus. Bei allen Wirbelthieren bleibt der Urmund in irgend einer Form noch auf späteren Stadien nachweisbar, so dass sich naturgemäss dem Forscher die Frage aufdrängt, wo in der Zeit nach seiner ersten Ent- stehung der Urmund im Säugethierkeim zu suchen ist. Zur Beant- wortung dieser Frage mögen folgende Andeutungen dienen: Fig. 78. Schemata für die Gastrulation der Säuger abgeän- dert, nach Keibel. Material der ersten Gastrulations- phase : Darm und Dottersackentoderm. Material der zweiten Gastrulationsphase: Chorda und Mesoderm. 112 Fünftes Capitel. Wenn der Embryonalfleck ein birnförmiges Aussehen gewonnen hat (Fig, 79), so findet sich an seinem hinteren Ende eine etwas un- durchsichtigere , weil verdicktere Stelle , welche Kölliker als den End- wulst (hw) bezeichnet hat. Sie ist ^^ wohl der Trübung am hinteren Rande der Keimscheibe von Reptilien und Vögeln, wenn bei ihnen die Gastru- lation begonnen hat, zu vergleichen. Auf diesem Stadium nun, auf welchem die Keimblase schon eine Strecke weit zweiblätterig geworden ist (Fig. 77), haben Heape beim Maul- wurf, Selenka beim Opossum und Keibel beim Kaninchen an einer Stelle des Embryonalflecks (wahrscheinlich in dem als Endwulst oben beschrie- benen Theil) eine kleine Oeff- nung (Fig. 80 u) nachgewiesen, welche möglicherweise als Urmund zu deuten ist. Hier hängen die beiden primären Keimblätter unter einander zusammen, sowie von hier und dem Primitivstreifen aus auch das mittlere Keimblatt seinen Ursprung nimmt. Von dieser Stelle aus, nehme ich an, hat sich schon auf einem noch früheren Stadium das untere Keimblatt durch Umschlag eines kleinen Bezirks der ein- blätterigen Keimblase (Fig. 74) entwickelt. hto H Fig. 79. Birnförmiger Em- bryonalfleck eines Kaninelieneies ■von 6 Tagen und 18 Stunden nach Kölliker. ps kurzer Primitivstreifen, hw sichelförmiger Endwulst. T', H vor- deres, hinteres Ende. E ak ik ik ak Fig. 80. Mediansehnitt durch die Embryonalanlage eines Maulwurf- eies und zwar durch den Theil, in w^elchem sieh der Primitivstreifen zu bilden begonnen hat (nach Heape). u Urmund; ak, ik äusseres, inneres Keimblatt. V vorderes, H hinteres Ende. Auf noch späteren Stadien ist der HENSEN'sche Knoten und die Primitivrinne, von welchen Bildungen im nächsten Capitel noch ausführ- licher gehandelt werden wird, als der Urmund des Säugethierkeims zu deuten. SECHSTES CAPITEL. Die Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter und das Schicksal des Urmunds'). (Coelomtheorie und Urmundtheorie.) 1. Die Coelomtheorie. Nach Ausbildung des Gastrulastadiums werden die Entwicklungs- vorgänge immer eomplicirter, so dass sich das Augenmerk des Beob- achters von jetzt ab auf eine Reihe von Veränderungen richten muss, die gleichzeitig an verschiedenen Stellen der Embryonalanlage ablaufen. Denn es finden jetzt Umbildungen sowohl durch Faltungen des inneren als auch des äusseren Keimblattes gleich- zeitig statt, wodurch vier neue Hauptorgane des Wirbelthierkörpers hervorgerufen werden. Aus dem inneren primären Keimblatt entstehen: 1) die beiden mittleren Keimblätter, welche die Leibeshöhle zwischen sich einschliessen , 2) das Darmdrüsenblatt, welches den seeundären Darm der Wirbelthiere auskleidet, 3) die Grundlage des Achsenskelets, die Chorda dorsalis oder Rückensaite. Gleichzeitig entwickelt sich aus dem äusseren Keimblatt als einziges Organsystem die Anlage des cen- tralen Nervensystems. Da die vier Entwicklungsprocesse zum Theil auf das Unmittelbarste in einander greifen, kann ihre Betrachtung nicht aus einander gerissen werden. Auch hier haben wir es wieder mit einer Aufgabe zu thun, welche zu den schwierigsten in der Embryologie der Wirbelthiere gehört, näm- lich mit der Entwicklungsgeschichte der beiden mittleren Keimblätter. Trotz einer sehr umfangreichen Literatur, welche über das Thema ent- standen ist, sind manche Verhältnisse, namentlich bei den höheren Wirbelthierclassen , noch nicht in allseitig befriedigender Weise aufge- klärt. Wir werden uns daher etwas eingehender mit diesem Gegenstand beschäftigen , der ebenso wie die Frage nach der Entstehung der beiden primären Keimblätter eine fundamentale Bedeutung für das Verständniss der Wirbelthierorganisation besitzt. Die Darstellung des Folgenden wird uns wesentlich erleichtert werden, wenn wir uns an dieser Stelle einen kleinen Excurs in die ^) In den Figuren (82 — 109) sind die einzelnen Keimblätter verschieden dunkel schattirt, um ihre Beziehungen zu einander deutlicher zu machen. Am dunkelsten ist das mittlere Keimblatt gehalten. 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 8 114 Sechstes Capitel. Entwicklungsgeschichte der Wirbellosen gestatten und einen Fall in das Auge fassen, in welchem sich die mittleren Keimblätter und die Leibes- höhle in einer ähnlichen, aber dabei leichter verständlichen und leichter zu untersuchenden Weise als bei den Wirbelthieren anlegen. Das Bei- spiel bietet uns die Entwicklung der Pf eil Würmer oder Chaetognathen, über welche Untersuchungen von Kowaleysky, BüTSCHLi und mir erschienen sind. Nach dem Furchungsprocess entsteht eine typische Keimblase, die sich nach einiger Zeit wieder in eine typische Gastrula umwandelt. Während sich diese in die Länge streckt, wachsen aus dem inneren Keimblatt am Grunde des ürdarms zwei Falten hervor, die sich in paralleler Richtung zu einander erheben (Fig. 81). Sie werden bald immer grösser, wobei ihr Ursprung auch auf die ventrale Wand der Larve übergreift. Von hier wachsen sie schliesslich einerseits bis zur msmmfi^ '(d^^\p^^^^^^;^^ Fig. 81. Fig. 82. Fig. 81. Ein Entvyieklungsstadiura von Sagitta, nach Kowalevsky, aus Balfour's Entwicklungsgeschichte. Optischer Längsdurchschuitt durch eine Gastrula mit beg-innender Leibeshöhlenbildung:. m Mund, al Darmraum, pv Leibeshöhle, bl.p Urmund. Fig. 82. Optischer Querdurchschnitt durch eine Larve von Sagitta. Der Urdarm ist durch zwei von der ventralen Wand (7') vorspringende Falten in den eigentlichen Darmraum und in die zwei seitlichen Leibesräume (W),' die dorsalwcärts {B) noch unter einander communiciren, getrennt. I) dorsale Seite, V ventrale Seite, ak, ik, mk^, mk" äusseres, inneres Keimblatt; parietales und viscerales Mittelblatt; Ih Leibeshöhle. dorsalen Wand, anderseits bis zum Urmund mit ihren freien Rändern vor (Fig. 82) und zerlegen somit den Urdarm vollständig in einen mittleren und zwei seitliche Räume (Ih), die eine Zeit lang sowohl nach dem Urmund zu als auch am späteren Rücken (D) des Embryo zu- sammenhängen. Nach kurzer Zeit hört auch dieser Zusammenhang auf; der Urmund wächst zu, und die Faltenränder verlöthen mit den an- grenzenden Flächen des Urdarms. Von- den drei Räumen wird der mittlere zum bleibenden Darmrohr, die beiden seitlichen (Ih) werden zu den zwei den Darm von der Rumpfwand trennenden Leibessäcken. Sie f ü h ren passend e r W ei se den N am en der D a r m 1 e i b e s s ä c k e oder Enter ocoele, da sie durch Abschnürung vom Urdarm abstammen Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 115 und sich genetisch von anderen H(»hlraunil)ildim,uen unterscheiden, die bei anderen Thieren zwischen Darm- und Kunipfwand durch einfache Spaltung entstellen und Spaltleibeshöhle oder Schizocoele heissen. Durch den Einfaltungsprocess hat sich bei den Larven der Pfeil würni er die Anzahl der Keimblätter von zwei auf drei erhöht. Das primäre innere Keimblatt ist da- durch zerlegt worden 1) in eine Zellenschicht {ih) , welche das Darui- rohr auskleidet, und 2) in eine Zellenschicht, welche zur Umhüllung der zwei Leibeshöhlen dient i^mh^ und mh"^). Die erstere bezeichnet man als secundäres inneres Keimblatt oder als Darm- drüsenblatt, die zweite als das mittlere Keimblatt (Meso- blast). Letzteres grenzt mit einem Theil an das äussere Keimblatt, mit einem anderen Theil an das Darmrohr an und wird hiernach noch w^eiter in das parietale (w/v^) und in das viscerale Blatt (mZ;^) des Mesoblasts eingetheilt. Das erstere kann man auch kurzweg das parietale (mÄ;\), das letztere das viscerale Mittelblatt {mk'^) nennen. Anstatt von einem kann man daher auch von zwei mitt- leren Keimblättern sprechen, wodurch natürlich die Gesammtzahl der Blätter von 3 auf 4 erhöht wird. Bezüglich des w'eiteren Entwicklungsganges sei noch hervorgehoben, dass, während die Larve sich zu einem wurmförmigen Körper in die Länge streckt, die beiden Leibessäcke (Fig. 83, Ih) sich rascher vergrössern und ausdehnen als das dazwischen gelegene Darmrohr {äli) ; sie drängen es daher überall von der Rumpfwand ab und umwachsen es von oben und unten, so dass jetzt ihre dünnen Wandungen oder die mittleren Keimblätter eine Strecke weit un- mittelbar ol)erhalb und unterhalb des Darms zusammentreffen und unter einander verschmelzen. Dadurch bilden sich zwei zarte Häutchen, ein dorsales {(131) und ein ventrales {vM) Mesen- durch welche das Darmrohr an die und an die Bauchwand des Rumpfes wird, ähnliche Vorgänge wie bei den Pfeil- terium , Rücken- befestigt Sehr Fig-. 83. Schema- tischer Durchschnitt durch eine junge Sa- gitta. dM^ vM dorsales, ven- trales Mesenterium. dh Darmhöhle, Ih Leibeshöhle. ak, ik, mk^, mk^ äusseres, inneres, mittleres Keimblatt (parietales und viscerales Mittelblatt). Würmern vollziehen sich nun auch in der Ent- wicklung der Wirbelthiere, sind aber bei ihnen noch mit der Entwicklung des Nervenrohres und der Chorda dorsalis combinirt. Bei der Darstellung werden wir wie im vorigen Ab- schnitt, der über die Bildung der Gastrula han- delte, verfahren und die Processe, die beim Amphioxus, bei den Amphibien, bei den Selachiern, Vögeln und Säuge- thieren etwas verschieden sind, für sich gesondert besprechen. Sehr lehrreich ist die Entwicklungsgeschichte des Am- phioxus lanceolatus. Die Gastrula streckt sich in die Länge; der nach oben gewandte Urmund wird dabei zu einem langen Spalt, der sich allmählich von vorn nach hinten zu schliessen beginnt, wie des Genaueren am Schluss dieses Capitels erörtert werden wird. Nur am zukünftigen, hinteren Ende des wurmförmigen Körpers bleibt ein kleiner Rest als Oeffnung erhalten (Fig. 84 cn). Durch den Verschluss des Urmunds ist die Rückenseite des embryonalen Körpers entstanden; 116 Sechstes Capitel. sie flacht sich etwas ab-, in ihrem Bereich nehmen die Zellen an Höhe zu, werden cylindrisch und bilden die Medullär- oder Nervenplatte (Fig. 85 wjj). Indem letztere sich ein wenig einfaltet, entsteht eine Medullarrinne, welche die Decke des Urdarms als Leiste (ch) nach abwärts drängt. Hierauf findet an den Stellen, wo die verdickte Me- dullarplatte an den kleinzelligen Theil des äusseren Keimblattes oder an das Hornblatt (hb) angrenzt, eine Continuitätstrennung statt, und es wächst nun das Hornblatt von beiden Seiten über die gekrümmte Xervenplatte herüber, bis seine beiden Hälften sich in der Mittellinie treffen und verschmelzen. So entsteht am Rücken des Embryo (Fig. 87) ein Canal, dessen untere Wand von der gekrümmten Medullarplatte (wjj), dessen obere Wand von der darüber gewachsenen Epidermis {aJc) hergestellt wird. Erst auf einem späteren Stadium wandelt sich beim Amphioxus die unter der Epidermis gelegene Medullarplatte, indem ihre Ränder sich zusammenneigen und verwachsen, zu einem Nerven- rohr um (Fig. 88 n). Die sich diiferenzirende Anlage des Nerven- systems erstreckt sich soweit auf das hintere Ende des Embryo, dass der hier gelegene Rest des Urmundes noch in ihr Bereich fällt und bei dem Verschluss des Nervenrohres in das Ende desselben mit aufgenommen wird. Auf diese Weise geschieht es, dass jetzt Nervenrohr und Darm- rohr, wie zuerst Kowalevski beobachtet hat, am hinteren Ende des Embryo continuirlich durch Vermittlung des Urmunds in einander über- gehen (Fig. 84 cn). Beide zusammen bilden einen aus zwei Schenkeln bestehenden Canal , dessen Form sich einem Heber vergleichen lässt. ik dh us^ ush n ush mk : 1 1 : , ; : tojjpTglil5Ba!aol-6t,'>i4^fl,t.q i ^«^ cu H Fig. 84. Optischer Längsschnitt durch einen Amphioxusembryo mit fünf Ursegmenten, nach Hatschek. V vorderes, II hinteres Ende, ik, mh inneres, mittleres Keimblatt, dh Darmhöhle, n Nervenrohr, cn Canalis neurentericus, ?««' erstes Ursegment, ush Ursegmenthöhle. Der obere , das Nervenrohr darstellende Schenkel mündet am vorderen Ende eine Zeit lang nach aussen. Die Umbiegungsstelle der beiden Schenkel des Hebers oder der Urmundtheil, welcher die Verbindung zwischen Nervenrohr und Darmrohr vermittelt, heisst Canalis neu- rentericus (Fig. 84 cn), eine Bildung, welche uns auch in der Ent- wicklung der übrigen Wirbelthiere wieder begegnen wird. Mit dem Nervenrohr entwickeln sich gleichzeitig die beiden mitt- leren Keimblätter und die Chorda dorsal is (Fig. 85 u. 86). Am vorderen P^nde des Embryo entstehen an der Decke des Urdarms dicht bei einander zwei kleine Ausstülpungen, die Leibessäcke (mÄ;), welche zu beiden Seiten der gekrümmten Medullarrinne nach oben und Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter Coelomtheorie). 117 seitwärts wachsen. Sie vergrössern sich langsam, dadurch, dass sich der Ausstülpungsprocess vom vorderen auf das hintere Ende der Larve fortsetzt und schliesslich den Urmund erreicht. Die zwischen ihnen befindliche, schmale, sie trennende, von den 2 Sternen * begrenzte Strecke der Urdarmwandung, welche unter der Mitte der Medullarrinne gelegen ist, stellt die Anlage der Chorda (ch) dar. Das primäre innere Keimblatt hat sich also jetzt in 4 verschiedene T heile gesondert: 1) in die Chorda an läge (ch), 2) und 3) in die Zellen (mJc), welche die beiden Leibes- säcke (Ih) auskleiden und das mittlere Keimblatt dar- stellen, und 4) in den iibrig bleibenden Theil, welcher, zur Umgrenzung des späteren Darms (flh) bestimmt, nun- mehr als Darmdrüsenblatt {ih) zu bezeichnen ist. mp ch mk ■■ — ak ik ak mp mk ch 85. Fiff. 86. Fig. 85. Querschnitt von einem Amphioxus-Embryo, bei welchem sich das erste Ursegment bildet. Nach Hatschek. ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, hb Hornblatt, mp Medullarplatte, ch Chorda, * Ansstülpung der Urdarmhöhle. , Fig. 86. Querschnitt von einem Amphioxus-Embryo, an welchem das fünfte Ursegment in Bildung begriffen ist. Nach Hatschek. ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, mp Medullarplatte, ch Chorda, dh Darmhöhle, IJt Leibeshöhle. Die sich anschliessenden Entwicklungsprocesse haben den Zweck, die noch zusammenhängenden Theile durch Abschnürung und Verwach- sung von einander zu isoliren und gesonderte Hohlräume zu bilden. Die Abschnürungsprocesse beginnen am vorderen Ende des Embryo und setzen sich von hier nach dem Urmund fort (Fis, 86. 87). Zuerst vertiefen sich die Leibessäcke (Fig. 86 Ih) und verlieren den Zusammen- hang mit dem übrigen Hohlraum {äh) , indem sich die ihren Eingang begrenzenden Zellen dicht aneinanderlegen (Fig. 87). Dadurch grenzt der Rand des Darmdrüsenblattes {ih) unmittelbar an den Rand der Chordaanlage {ch). Letztere ist mittlerweile auch Veränderungen eingegangen; die plattenförmige Anlage hat sich durch Erhebung ihrer Seitenränder so gekrümmt, dass eine tiefe, nach abwärts geöffnete Chordarinne entstanden ist. Später legen sich die Seitenwände der Rinne dicht an einander und gehen in einen soliden Zellenstab über, der vorübergehend die Decke des secundären Darms verschliessen hilft und als eine leistenartiw Verdickung desselben erscheint. Dann trennt sich 118 Sechstes Capitel. (Fig. 88) der Zelleustab (ch) von der Darmanlage ab; diese schliesst sich jetzt erst vollständig zu einem Rohre, indem ihre in Fig. 86 mit einem Stern * bezeichneten Ränder unter der Chorda einander ent- gegenwachsen und in einer medianen Naht verschmelzen. Das Endresultat aller dieser Vorgänge zeigt uns der Querschnitt Fig. 88: der ursprünglich vorhandene Urdarm hat sich in drei Räume gesondert, in den ventral gelegenen, bleibenden Darm {dh) und in die dorsal- und lateralwärts von ihm befindlichen, sich mehr und mehr ver- grössernden beiden Leibessäcke (Ih). Zwischen diese hat sich noch die ak mp ""W mJc --■^m. /©^^^E ch -la^sSL Ih ik dh ch Ih dh ik Fig. 87. Fig. 88. Fig. 87. Querschnitt durch einen Amphioxus-Embryo mit fünf wohl ausgebildeten Ursegmenten, nach Hatschkk. «A, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, mp Meclullarplatte, cJi Chorda, dh Darmhöhle, Ih Leibeshöhle. Fig. 88. Querschnitt durch die Mitte des Körpers eines Amphioxus- Embryo mit 11 Ursegmenten, nach Hatschek. ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, dh Darmhöhle, n Nervenrohr us Ursegment, ch Choi'da, Ih Leibeshöhle. Chorda {ch) eingeschol)en, an welche unten der Darm, oben das Nerven- rohr (w) angrenzt. Die durch Abschnürung vom Urdarm sich sondern- den Zellen, die in den Figuren 85, 86, 87 und 88 dunkler schattirt sind und die Leibeshöhle {Ih) einschliessen , bilden das mittlere Keim- blatt {mk). Sein dem äusseren Keimblatt anliegender Theil (Fig. 88) lässt sich als das parietale Mittelblatt {mh^), sein an Nervenrohr, Chorda und Darm angrenzender Theil als das viscerale Mittelblatt (mk^) unter- scheiden. Da der eben dargestellte Sonderungsprocess, wie schon erwähnt wurde, am vorderen Ende des Embryo beginnt und von hier sich Schritt für Schritt nach dem hinteren Ende langsam auslireitet, kann man bei Durchmusterung einer Serie von Schnitten die verschiedenen Umbildungsstadien an ein und demselben 01)jecte verfolgen. Bei der Beschreibung habe ich die Verhältnisse so dargestellt, als ob zwei einfache Leibessäcke zu beiden Seiten des Darmrohres beim Ami)hioxus entstanden seien. Indessen sind die Vorgänge complicirter, da beim Embryo (Fig. 86) die Leibessäcke, während sie sich nach hinten vergrössern, in ihrem vorderen Abschnitt bereits weitere Ver- änderungen erleiden und durch abermalige Einfaltungen in einzelne, hinter einander gelegene Abtheilungen, in die Ursegmente (u^), zerfallen. Ich begnüge mich mit diesem Hinweise , da ich aus didac- Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 119 tischen Gründen auf die Entwickluiif>- der Ursegmente erst in einem folgenden Capitel eingehen werde. Während beim Amphioxus lanceolatus kein Zweifel darüber besteht, dass sich das die Leibeshöhle einschli essende, mittlere Keimblatt durch Aussackung der Wandung des Urdarms anlegt, gehen die Ansichten ülter seine Entstehung bei den übrigen Wirbelthieren noch sehr aus einander. Es rührt dies daher, dass einmal die Untersuchung, die nur an Schnittserien vorgenonnnen werden kann, mit erheblichen technischen Schwierigkeiten verbunden ist, und dass zweitens wegen des grösseren Dotterreichthums der Eier die Verhält- nisse etwas abgeändert sind und weniger klare und verständliche Bilder liefern. Wo beim Amphioxus in der Gastrula ein weiter Hohlraum vorhanden ist, sehen wir bei den übrigen Wirbelthieren sich ein massiges Dottermaterial anhäufen und den Urdarm mehr oder minder vollständig ausfüllen. Daher bilden sich auch hier zur Erzeugung der Leibeshöhle keine hohlen Aussackungen, sondern solide Zellen- wucherungen, indem die parietale und die viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes mit den Flächen, welche beim Amphioxus die Leibeshöhle begrenzen, am Anfange der Entwicklung fest zusammengedrückt sind und erst auf ziemlich späten Stadien aus einander weichen. Um uns das Verständniss der etwas verschiedenartigen Bilder, welche die Untersuchung der einzelnen Wirbelthierclassen ergiebt, zu erleichtern, sei zunächst an zwei schematischen Zeichnungen beschrieben , wie sich die Entwicklung des mittleren Keimblattes und der Leibeshöhle nach einer von mir vorgenommenen Untersuchungsreihe bei den Wirbelthieren vollziehen würde. Das eine Schema (Fig. 89) stellt einen Querschnitt durch den Bezirk des embryonalen Ptückens dar, der sich durch Verschluss des vorderen ak mp m/c ch- Fig. 89. Fig. 90. Fig. 89. Schema für die Entwicklung der mittleren Keimblätter und der Leibeshöhle bei den Wirbelthieren. Querschnitt durch einen Embryo vor dem Urmund. ijip MeduUarplatte, ch C'hordaanlage, ak, ik äusseres, inneres Keimblatt, mk^, mk"^ parietale^ und viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes, d Dottermasse, dk Dotter- kerne, dh Darmhöhle, lli Leibeshöhle. Fig. 90. Querschnitt von einem Amphioxus-Embryo. Siehe Erklärung Fig. 86. ak, ik, tnk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, ch Chorda, n Nervenrohr. 120 Sechstes Capitel. Theils des Urmunds gebildet hat. (Siehe Seite 115 u. 145.) Es zeigt uns das innere Keimblatt {ik) an der ventralen Seite durch Einlagerung von Dotter (d) in erheblicher Weise verdickt, so dass die Urdarmhöhle auf einen kleinen Raum (dh) eingeengt ist. An der Decke des Urdarms liegt eine einfache Schicht von Zellen (ch), die sich durch ihre cylin- drische Gestalt auszeichnen, die Anlage der Chorda. Zu ihren beiden Seiten hat das innere Keimblatt zwei Ausstülpungen , die beiden Leibessäcke (Ih), entwickelt, die zwischen der Dottermasse und dem äusseren Keimblatt eine Strecke weit nach abwärts gewachsen sind. Ihre Wand {niJv' und wX*-) wird von kleinen, cubischen oder i)olygonalen, im Schema dunkler schattirten Elementen zusammengesetzt. Der Ur- darm ist durch die zwei Urdarmfalten * deutlich in einen unter der Chordaanlage gelegenen, mittleren oder eigentlichen Darmraum (dh) und in die beiden engen Leibessäcke (Ih) gesondert, die mit ersterem nur links und rechts von der Chordaanlage durch einen schmalen Spalt * zusammenhängen. Das Bild ist leicht auf den nebenstehenden Quer- schnitt durch einen Amphioxusembryo (Fig. 90) zurückzuführen, wenn wir uns bei ihm an der ventralen Seite das einfache Epithel durch Dotteransammlung verdickt und die beiden kleinen Leibessäcke eine Strecke weit nach abwärts zwischen Dottermasse und äusseres Keimblatt hineingewachsen denken. Auf dem zweiten schematischen Rest des Urmundes (Fig. gebliebenen ^•), / halbkreisförmige Furche, welche das Urmundfeld einschliesst, dp Dotterpfropf. Fig. 93. Querschnitt durch ein Ei von Triton mit schwach ausgepräg- ter Rüekenrinne. ak, ik äusseres, inneres Keimblatt, mk"^, mk^ parietale und viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes, ch Chorda, dft Darmhöhle, D, V dorsal, ventral. 122 Sechstes Capitel. Schemata hervorgerufen haben, bei Untersuchung der einzelnen Wirbel- thierclassen gewonnen werden. Zu dem Zwecke müssen wir Querschnitte durch drei verschiedene Gegenden des Embryo anfertigen: 1) durch die Gegend vor dem Urmund, 2) durch den Urmund selbst und 3) nach rückwärts von ihm. Am meisten tritt die Uebereinstimmung in der Entwicklung der Amphibien hervor, unter denen wieder die Tritonen die lehrreichsten Objekte liefern. Wenn bei den Tritonen die Gastrulaeinstülpung unter Verdrängung der Furchungshöhle vollständig beendet ist, streckt sich der Embryo ein wenig; die spätere Rückenfläche (Fig. 92 D) plattet sich ab und lässt eine seichte Rinne (r) hervortreten, die sich vom vorderen zum hinteren Ende bis nahe an den Urmund {u) ausdehnt. Dieser hat jetzt die Form eines Längsspaltes angenommen. Ein vor dem Urmund durch die Mitte des Embryo geführter Querschnitt (Fig. 93) entspricht in jeder Bezie- hung unserem ersten Schema (Fig. 89), wenn wir uns an diesem die Leibeshöhle geschwunden denken. Das äussere Keimblatt iaJc) besteht aus einer einfachen Schicht von Zellen, die am Rücken cylindrisch sind und ventralwärts niedriger werden. Die im Lmern eingeschlossenen Zellen zeigen sich in dreifach verschiedener Weise dilferenzirt und wandeln sich demgemäss auch später in drei verschiedene Organe, in Chorda, Darmdrüsenblatt und mittleres Keimblatt um. Erstens findet sich an der Decke des Urdarms (dh) unter der Rückenrinne bis nahe zum Urmund ein schmaler Streifen hoher cylindrischer Zellen (cA); er entspricht in jeder Beziehung der Chordaanlage in unserem Schema (Fig. 89 ch) und in dem Querschnitt durch den Amphioxus (Fig. 85, 86 ch). Zweitens grenzen jederseits an die Chordaanlage zwei Streifen (mk\ mJc^) kleiner, ovaler Zellen, die etwa bis in die Mitte der Seitengegend des Embryo herabreichen. An der Begrenzung des Urdarms nehmen sie nicht Theil, da ihnen von innen eine dritte Art von grossen, dotter- reichen Zellen (ik) auflagert. Diese beginnen am Rande der Chorda- anlage in einfacher Schicht, werden weiter nach abwärts zwei Lagen stark und gehen so in die voluminösere Ansammlung von Dotterzellen über, welche bei allen Amphibienembryonen die Bauchseite einnimmt und die Gastrulahöhle einengt. Sie entsprechen, wenn wir in unserem Vergleiche fortfahren, dem Darmdrüsenblatt, während die kleinzelligen Massen, die von den Seitenrändern der Chordaanlage aus sich zwischen Darmdrüsenblatt und äusseres Keimblatt hineingeschoben haben, den Zellen zu vergleichen sind , welche beim Amphioxus und in unserem Schema die Wand der Leibessäcke oder das mittlere Keimblatt bilden. Es ist daher der Schluss gerechtfertigt und sehr nahe liegend, dass bei Triton die beiden mittleren Keimblätter im vorderen Bereich des embryonalen Körpers durch einen Ausstül- piingsprocess zu beiden Seiten der Chordaanlage, wie beim Amphioxus, entstanden sind, nur dass in dem einen Falle die ausgestülpte Zellen m asse einen Hohlraum, im anderen Falle keinen solchen einschliesst. Ein Querschnitt durch den Urmund des Tritonembryo (Fig. 94) ist unserem zweiten Schema (Fig. 91) zu vergleichen. Den hohlen Leibes- säcken des letzteren entsprechen die soliden Zellenstreifen, welche die Anlagen des mittleren Keimblattes sind. In der Nähe des Urmundes (u) spalten sie sich in zwei Lamellen. Die äussere Lamelle (mJc^) geht, wie in unserem Schema, in das innere Blatt der Urmundlippe über und schlägt sich am Rande derselben in das äussere Keimblatt (ak) um ; Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 123 dageiien hängt mit der Masse sicli wie ein Wall vor den der Dotter- Urniund legt und Dotterpfropf (dp) in ihn hineinragt. dp mk"- ak dz dh den mit die innere Lamelle {mli-) Zellen (ilz) zusammen, die als RuscoNi' scher Nach rückwärts vom ürniund breitet sich das mittlere Keimblatt noch eine Strecke weit aus, al)er hier als eine einzige, zusammen- hängende Masse. Nach den Gegenden, in wel- chen das mittlere Keimblatt mit dem Darmdrüsenblatt längere Zeit zusammenhängt, wie uns die Ge- schichte seiner ersten Entstehung gelehrt hat, können wir es in zwei Abschnitte zerlegen und den Theil, der zu beiden Seiten der Chorda liegt, als gastralen Meso- blast, sowie den um den Ur- mund herum gelegenen Theil als peristomalen Mesoblast (Rabl) be- zeichnen. Die weitere Entwicklung der Mesoderm-, Chorda- und Darm- anlage, welche sich an den Stellen, wo jetzt noch ein Zusanmienhang besteht, später vollständig von ein- ander sondern, lässt die Ueberein- stimmung mit den beim Amphioxus erhaltenen Befunden noch schärfer hervortreten. Der Sonderuugsprocess wird zunächst dadurch eingeleitet, dass sich die Chordaplatte einkrümmt und zur C hordarinne wird (Fig. 95 A, eil). Indem sie sich hierbei an ihren Rändern continuirlich in die parietale Lage des mittleren Keimblattes {mh'^) fortsetzt, ent- stehen an der Decke des Urdarms die beiden kleinen Chordafalten, welche die Rinne zwischen sich fassen. Mit ihren freien Rändern stossen sie dicht an den Umschhigsrand , an welchem die viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes {nik'^) in das Darmdrüsenblatt [ik) umbiegt und die Urdarmfalte bildet. Auf einem nächstfolgenden Stadium (Fig. 95 B), in welchem sich die verdickte, aus langen Cylinderzellen bestehende Medullarplatte deutlich von den kleiner gewordenen, cubischen Elementen des Horn- blattes absetzt, beginnt sich das mittlere Keimblatt an der Einstülpungs- stelle von seiner Umgebung abzuschnüren; die parietale Lamelle löst sich von der Chordaanlage, desgleichen die viscerale Lamelle vom Darmdrüsenblatt ab, und beide verschmelzen hierauf mit ihren abge- lösten Rändern unter einander. Durch diesen Vorgang ist die Anlage des Leibessackes oder des mittleren Keimblattes nach allen Seiten eine in sich abgeschlossene und von der Umgebung getrennte. Gleichzeitig haben sich Darmdrüsenblatt {ih) und Chordaanlage {ch) mit ihren freien Rändern an einander gelegt, so dass letztere wie eine Verdickung des Fig. 94. Querschnitt durch Urmund eines Eies von Triton schwach ausgeprägter Rückenrinne. ak^ ik äusseres, iuneves Keimblatt, mk^, mk'^ parietale und viscerale Lamelle des mittleren Keimblattes, u Urmund, dz Dotter- zeilen, d]} Dotterpfropf, dh Darmböhle. ersteren erscheint und des Darms theilnimmt. process. noch eine Zeit lang an der oberen Begrenzung Dies ändert sich durch einen zweiten Sonderungs- 124 Sechstes Capitel. Die zu einem soliden Stab iimgehildete Chordaanlage wird nach und nach von der Begrenzung des Darmes ausgeschlossen (Fig. 95 C), dadurch, dass unter ihr die aus grossen Dotterzellen zusammengesetzten Hälften des Darmdriisenblattes {ih) einander entgegenwachsen und in einer medianen Naht verschmelzen. Schluss des bleibenden Darms an der Rückenseite, Abschnürung der beiden Leibes sacke vom inneren Keim- blatt und Entstehung der Chorda dorsalis sind somit l)ei den Amphibien wie beim Amphioxus Processe, die auf das Innigste in einander greifen. Auch hier beginnt die Abschnürung der genannten Theile am Kopfende des A mp ak tnk'^ ik B mf mf ch mf inf C eh Fig. 95. Drei Querschnitte aus einer Schnittserie durch ein Ei, an Avelchem die Medullarwülste hervorzutreten beginnen. Die Schnitte ilhi- strireu die Eutwicklinij;- dor Chordii aus der Cliordaaidao'o und die Abschnürung der beiden Hälften (U's mittleren Keimljlattes. ak, ik, mk\ mk''- wie oben, mp MeduUarplatte , ?«/ Medullarfalten, ch Chorda, Ih Leibeshöhle. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 125 Embryo und schreitet langsam nach hinten fort, wo noch lange Zeit ei neNeubildiingszone bestehen bleibt, durch des Körpers auf welchem bei ■ne an deren Vermittlung das Längenwachsthum bewirkt wird. Hierauf tritt bald der Zeitpunkt ein, den Embryonen der Tri- tonen die Leibeshöhle sicht- bar wird. Denn nachdem die Abschnürung der oben namhaft gemachten Organe vollendet ist, weichen die beiden mittleren Keim- blätter am Kopfende des Embryo vmd zu beiden Seiten der Chorda aus einander und lassen eine linke und eine rechte Leibes- höhle (Enterocoel) hervor- treten, welche nach meiner Autfassung nur wegen der innigen, gegenseitigen Be- rührung ihrer Wandungen auf den vorhergehenden Stadien nicht zu erkennen war. Mittlerweile hat sich auch die Medullarplatte durch den schon früher beschriebenen Faltungsprocess in das unter der Epidermis befindliche Nervenrohr (Fig. 96 mc) umgebildet. Da dieses später den Urmund umwächst und vermittelst desselben mit dem Darmrohr in Zusammen- hang steht, wie der vorstehende Längsdurchschnitt durch einen älteren Embryo von Bombinator auf das Deutlichste lehrt, findet sich eine dem Canalis neurentericus des Amphioxus (vergl. Fig. 84 cn) entsprechende Bildung (Fig. 96 ne) auch bei den Amphibien. Fig. 96. Längsdurchschnitt durch einen älteren Embryo von Bombinator (nach Götte). m ^luud, an Aftei', l Leber, ne Canalis neuren- tericus, mc Medullarrohr, ch Chorda, pn Zirbeldrüse. Tiefer oreifenden Unterschieden in der Entwicklung des mittleren Keimblattes begegnen wir bei den mit reicherem Nahrungsdotter aus- gestatteten und sich partiell furchenden Eiern der Fische, lieptilien und Vögel, sowie bei den Eiern der Säugethiere. Doch stellen sich auch hier die Verschiedenheiten als nebensächlicher Art heraus, während in den Hauptpunkten sich die Einheit des Entwicklungsprocesses für alle Wirbelthiere um so mehr hat nachweisen lassen, je genauer die einzelnen Stadien mit verbesserten Methoden untersucht worden sind. Bei der Darstellung dieser schwierigen Verhältnisse will ich zuerst die Veränderungen beschreiben, welche sich bei Betrachtung der Keim- scheibe von der Fläche wahrnehmen lassen, und an sie zweitens die wichtigeren, durch Querschnittserien gewonnenen Resultate anschliessen. a) Untersuchung von Flächenbildern der Keimscheibe der Vögel und der Säugethiere. An der aus zwei Blättern gebildeten Keimscheibe des Hühnchens, die wie ein Uhrglas dem Dotter aufliegt, hatten wir sowohl kurz vor, als in den ersten Stunden der Bebrütung an der hinteren Grenze (Fig. 97 A) die Sichel (s) und die Sichelrinne unterschieden und als die 126 Sechstes Capitel. Stelle wüiTlif>en gelernt, von der sich durch Umschlag das untere Keim- blatt entwickelt. Wenn sich nun in den ersten Stunden der Bebrütung die Keim- blätter auf dem Dotter weiter ausbreiten, wandelt sich die Sichelrinne (Fig. 97 B) in die Primitivrinne {pr) um , in ein Gebilde von weit- tragender Bedeutung. Die Umwandlung geht nach den vorzüglichen Untersuchungen von DuvAL in folgender Weise vor sich : In der Mitte der vorderen Urmund- lippe , an welcher sich das cäussere in das innere Keimblatt umschlägt, entsteht eine kleine, nach vorn reichende Ausbuchtung (Fig. 97 A, sik)\ dieselbe vergrössert sich allmählich zu einer mit der späteren Längs- achse des Embryo zusammenfallenden Rinne (Fig. 97 B), indem linke und rechte Hälfte der Urmundlippe mit dem an die erste Ausbuchtung A B d ksch Es sk s . df hf pr Fig. 97. A und H. Zwei Keimseheiben eines Hühnereies in den ersten Stunden der Bebrütung, nach Kollek. dj\ hf dunkler, heller Fruchthof, s Sichel, sh Sichelknopf, Es Embryonalschild, pr Primitivrinne. angrenzenden Theil einander entgegenwachsen und sich in der Median- ebene zusammenlegen, in demselben Maasse, als die Scheibe in die Fläche wächst. Eine Zeit lang stellt so der Urmund eine kurze Längs- rinne dar, welche an ihrem hinteren Ende in zwei kurze, quergestelite Sichelhörner (.9) umbiegt. Schliesslich sind auch diese geschwunden; sie sind auch nach der Medianebene einander entgegengewachsen und haben so um ein weiteres Stück zur Verlängerung der ^rimitivrinne nach hinten beigetragen. Der ganze Urmund ist durch diesen bemerkens- werthen Wachsthumsvorgang A B C w Fig. 98. Schemata, um die Bildung der Primitivrinne zu veranschaulichen, nach DuvAL. Mit punktirten Kreislinien ist die zuneh- mende Grösse der Keimscheibe im Laufe der Entwicklung angedeutet. Die schwarzen Linien bezeichnen die Sichelrinne und die aus ihr durch A^erwaclisung der Sichelränder entstehende Priinitivrinne. aus einem Querspalt zu einem Längsspalt geworden. Zur Veranschaulichung die- ses hochwichtigen Processes sol- len die nebenstehenden Sche- mata (Fig. 98) dienen. Durch punktirte Linien wird der Zu- wachs angedeutet, welchen die Keimsclieibo auf den verschie- denen Stadien erfahren hat. Der Umschlagsrand des oberen in das untere Keimblatt oder die vordere Urmundlipi)e ist als dunkelschwarze Linie bezeichnet. In den Figuren A, B, C sieht Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coclomtheorie). 127 man, wie mit der zuneliiuendeii Ausdehnung der Keimscljeil)e sich linke und rechte Hälfte der Urniundlippeu in immer fjrösserer Ausdehnunu in der Medianebene zusammenlegen und die Primitivrinne ])ilden. Lehrreiche (^)uerschnitte durch die Primitivrinne in den ersten Stadien ihrer Entwicklung: sind in den Figuren 99 und 100 dargestellt. Die erste zeigt uns die beiden Urmundlippen (Fig. 99 nl) durch einen kleinen Zwischenraum getrennt, in welchen sich von unten her ein kleiner Hügel (dp) von Dottermasse, die eine Anzahl Kerne (Merocyten) enthält, hineinschiebt, dem RuscONi'schen Dotterpfroi)f einer Amphibienlarve (Fig. 94 dp) vergleichbar. An den Lippen schlägt sich das obere, ein- schichtige Keimblatt in das aus locker zusammenliegenden Zellen ge- ak ik ud ul dp ul Fig. 99. Etwas schräg geführter Querschnitt durch die Primitivrinne eines 2 bis 6 Stunden befruchteten Hühnereies nach Duval. ak, ik äusseres, inneres Keimlilatt, iid Ui-darm, ul Urimuidlippe, dp Dotterpfropf. ili ak pr gp.^^-^®|^^| Fig. 100. Querschnitt durch dieselbe Keimscheibe, nur etw^as weiter nach vorn als in Fig. 99. Nach Duval. ak, ik äusseres, inneres Keimblatt, pi- Primitivrinne, d Dotter. bildete untere Keimblatt um. Der Urmund führt in die zwischen Dotter und Keimscheibe gelegene Urdarmhöhle. In Fig. 100 haben sich die beiden Uraschlagsränder fest zusammengelegt und sind zum vordersten Theil des Primitivstreifens verschmolzen, auf welchem sich noch die gleichnamige Rinne vorfindet. Wenn der letzte Rest der Sichelrinne zur Verlängerung der Pri- mitivrinne aufgebraucht ist, zeigt der Rand der Keimscheibe, der nach wie vor fortfährt , sich über den Dotter gleichmässig auszubreiten, überall ein und dieselbe Beschaffenheit; er ist jetzt überall Um- wachsungsrand (s. S. 148) geworden, nachdem der Einstülpungs- rand sich als Primitivrinne von ihm abgesondert hat. Wenn hierauf heller und dunkler Fruchthof sich in der Folgezeit deutlicher von einander sondern, kommt die Primitivrinne in den ersteren und zwar in seinen hinteren Abschnitt zu liegen. Bei genauerer Untersuchung eines Flächenpräparates (Fig. 101 und 102 pr) sieht man die Primitivrinne links und rechts von zwei kleinen Falten begrenzt, die aus der Urmund- 128 Sechstes Capitel. lippe hervorgegangen sind und trüber und undurchsichtiger als der helle Fruchthof aussehen, weil sich hier die Zellen in Wucherung befinden und dichter angehäuft sind. Da die beiden Priniitivfalten oder die beiden Urmundlippen am Grunde der Rinne dicht zusammenstossen und streckenweise sogar vollständig verschmelzen, erzeugen sie zu- sammen im hellen Fruchthof einen dunklen Substanzstreifen, der etwa 1 mm lang und 0,2 mm breit ist. Wir bezeichnen ihn mit den älteren Embryologen, denen er schon bekannt war, als den Primitivstreifen der Keimscheibe. In der Umgebung des Primitivstreifens lassen sich bei der Flächen ansieht noch einige weitere Veränderungen, die dui'ch die Anlage be- sonderer Organe veranlasst sind, jetzt und auf anschliessenden Ent- wicklungsstadien erkennen. Einmal markirt sich im vorderen Bereich des hellen Fruchthofes und in der directen Verlängerung des Primitiv- streifens ein schmaler, trüber Zellenstreifen, der von Kölliker als der Kopffortsatz des Primitivstreifens bezeichnet worden ist und an Länge allmählich zunimmt. Zweitens tritt mehr und mehr in der Umgebung vom Primitivstreifen und von seinem Kopffortsatz eine sich dann seitlich weiter ausdehnende Verdunklung (Fig. 101) des hellen Fruchthofes auf, die mit der Entstehung des mittleren Keimblattes zusammenhängt. In einem noch späteren Entwicklungsstadium (Fig. 102), am Anfang des zweiten Bebrütungstages , erscheint die erste Anlage des Central- — m.o Fig. 101. Fig. 102. Fig. 101. Oberfläehenansieht des hellen Fruehthofs im Blastoderm eines Hühnchens kurz nach der Bildung der Primitivrinne, nach Balfouk. pr Primitivstreit'en mit Primitivrinne: af Amniontalte. Die dunklere Seliattirung in der Umgebung des Primitivstreifens bezeichnet die Ausdehnung des Mesoblasts. Fig. 102. Oberflächenansicht des hellen Fruchthofs einer Keimhaut von 18 Stunden, nach Balfour. Der dunkle Fruchthof ist weggelassen; der birnförmige Umriss bezeichnet die Grenze des hellen Fruchthofes. An der Stelle, wo die beiden MeduUarwülste in ein- ander umbiegen, sieht man eine kleine, krumme Linie, welche die Kopffalte darstellt. Vor ihr liegt eine zweite, mit ihr concentrisch verlaufende Linie, die Anlage der Amnionfalte. A MeduUarwülste, mc Medullarfurchc, pr Primitivrinne. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 129 r*r?psr^s^qg,:^. , ■^M'^ nervensystems im vorderen Bereich der Keinischeibe. Nach vorn vom Kopffortsatz entstellen in eini^ier Kntfernunji' von einander die beiden MeduHarfalten {Ä), welche mit ihren vorderen Enden in einander über- gehen und die breite Medullarfurche {mc) begrenzen; nach rückwärts werden sie niedriger und fassen hier das vordere Ende des Primitiv- streifens {pr) zwischen sich. Medullarfurche (mc) und Primitivrinne (pr) dürfen nicht mit einander verwechselt werden, was in früheren Decennien der Embryologie geschehen ist; beide sind ganz selbstän- dige und verschiedenartige Bildungen , die gleichzeitig und unabhängig von einander bestehen, wie die Figur 102 lehrt. Primitivstreifen und Pri- mitivrinne bleiben noch lange Zeit erhalten, ohne bedeuten- dere Veränderungen zu er- fahren (Fig. 103 pr). Sie nehmen stets das hintere Ende des embryonalen Körpers ein, das sich durch seine wenig differenzirte Beschaffenheit auch auf Stadien auszeichnet, wo die Entwicklung der ein- zelnen Körperorgane schon in vollem Gange ist. Der vor ihnen gelegene Embryonal- bezirk dagegen, welcher ur- sprünglich zur Zeit des Auf- tretens des Kopffortsatzes so klein ist, verlängert sich in bedeutendem Maasse und dif- ferenzirt sich dabei in die einzelnen Organe des Körpers, und zwar so, dass der Diffe- renzirungsprocess vorn be- ginnt und nach rückwärts nach der Primitivrinne zu fortschreitet , wie beim Am- phioxus und den Amphibien. Die Medullarfalten legen sich mit ihren Bändern an einander und beginnen vom Kopf- nach dem Schwanzende zum Ner- venrohr (hh^, hb", hb^, mf) zu verschmelzen. Jetzt machen sich auch im Innern des Kör- pers zu beiden Seiten des Nervenrohrs die später erst genauer zu untersuchenden Urwirbel oder Ursegmente (us) bemerkbar, deren Zahl 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. ¥ w IV- ith"^ HS mf pr "■Si ') Fig. 103. Keimhaut des Hühnchens, 33 Stunden bebrütet. Nach M. Duval. Man sieht den hellen Fnichthof Ä/', von einem Stück des dunklen Fruchthofes äf umgeben. Die Anlage des Nervensystems ist vorn nahezu ab- geschlossen und in die drei Hirnblasen hb^, hb^, hb^ gegliedert, nach hinten ist die Medullarfurche mf noch offen. Zu ihren beiden Seiten liegen sechs Ursegmente us. Das hintere Ende der Embryonalanlage wird vom Primitivstreifen mit der Primitivrinne pr eingenommen. Aufl. 9 130 Sechstes Capitel. sich gleichfalls durch eine nach dem Schwanzende zu stattfindende Neu- bildung beständig vermehrt. Wenn eine grössere Anzahl von Ursegmenten entstanden ist, beginnt die Primitivrinne liei der äusseren Untersuchung des Embryo zu ver- schwinden: sie wird nämlich von den MeduUarfalten umwachsen und, indem dieselben auch hier verschmelzen, in den Endabschnitt des Nervenrohrs aufgenommen. Zu dieser Zeit ist von Gasser, Braun, HoFFMANX etc. bei Embryonen mehrerer Vogelarten ein bemerkens- werther und für die Deutung der Primitivrinne wichtiger Befund gemacht worden. Am vorderen Ende der Rinne ist ein enger Canal entstanden, der in schräger Richtung vom Nervenrohr unter das Darmdrüsenblatt führt und beide in ähnlicher Weise verbindet, wie es beim Amphioxus und bei den Amphibien durch Vermittlung des Urmundes geschieht. Ein schematischer Längsschnitt durch das hintere Ende des Hühnchens (Fig. 104) zeigt uns diese wichtige Verbindung (ne), welche genau dem von einem Amphibienembryo dargestellten Befund in Fig. 96 entspricht. am Ttie Fig. 104. Seliematiseher Längsdurchschnitt durch das Hinterende eines Hühnerembryo zur Zeit der Bildung der Allantois, nach Balfodr. Der Schnitt zeigt, d.ass das Nei'venrohr sp.c an seinem Ende mit dem Enddarm p.a.g durch einen Canalis neurentericus n.e zusammenhängt. Der letztere geht durch den Rest des Priraitivstreifens pr^ welcher nach der Yentralseite umgeschlagen ist. ep äusseres Keimblatt, cli Chorda, hy Darmdrüsenblatt, al Allantois. me mittleres Keimblatt, an die Stelle, wo der After entstehen wird, am Amnion, so Hautplatte, sp Darmplatte. Noch deutlicher und schon auf früheren Stadien ist ein solcher neurenterischer Canal (Canalis neurentericus) bei den Selachiern und Reptilien beobachtet worden, während er bei den Teleostiern wegen besonderer, nebensächlicher Verhältnisse nicht zur Entwicklung kommt ^). Ganz ähnliche Bilder, wie vom Hühnchen, liefern uns die Embryo- nalanlagen von Säugethieren. Wenn dieselben eine ovale Form ange- nommen haben, verlängert sich die Trübung am hinteren Ende oder der ^) Bei den Selachiern wird der Urmund sehr frühzeitig von den Medullarwülstcn umwachsen und stellt dann am Grund der Nervenrinne und später des Nervenrohres eine längere Zeit persistirende, canalartige Verbindung mit dem Darmraum her. Bei den lleptilien ist der Primitivstreif sehr kurz und dreieckig und lässt bald, noch ehe sich andere Organe difterenzirt haben, bei manchen Arten an seinem vorderen Ende eine Oetfnung erkennen, die zu dem unter der Keimscheibe gelegenen, von Dotter ausgefüllten Raum führt. Später wandelt sich die (!)eftnung zu einem Canal um, dessen aus Cylinderzcllcn zusammengesetzte Wand nach oben mit der äusseren, nach unten mit dem iimeren Keimljlatt continuirlich zusammenhängt. Dann wird der Canal von den sich vor ihm anlegenden Medullarwülsten umwachsen und stellt jetzt einen echten Canalis neurentericus dar, der bei manchen Arten schon vor Abschluss des Medullar- rohres zu ubliteriren scheint, in anderen Fällen dagegen sich noch längere Zeit erhält. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 131 End willst (Fig- wurde, in den iialanlaii'e einni hervortretende umgrenzt wird erscheint hier, in der Verläng 79 hw) , welcher mit der Sichel der Vögel verglichen Primitivstreifen, der etwa die hintere Hälfte der Embryo- mmt (Fig. 105 A, pr)\ der Streifen zeigt eine deutlich Rinne, die von einem linken und rechten Faltenrand (Man vergleiche hierzu Fig. 101 vom Hühnchen.) Später ebenso wie beim Hühnchen, ein schmaler, trüber Streifen erung des Primitivstreifens nach vorn, der Kopffortsatz, B am P'l Vdi^ Fig. 105 A. Embryonalanlage eines Kaninchens von 8 Tagen. Nach KÖLLIKER. arg Embiyonalanlage, pr Primitivstreifen. Fig. 105 B. Gefässhof (o) und Embryonalanlage {ag) eines Kaninehen- eies von 7 Tagen. Nach Köllikek. 0 Getassliof (Area opaca), ag Embryoualanhige, pr Pi-imitivrinne, rf Rückeafurche. und zerlegt den vorderen Theil der Eml)ryonalanlage in eine linke und eine rechte Hälfte (Fig. 106 hf). Nach einiger Zeit entwickeln sich zu beiden Seiten des Kopffortsatzes die Medullarwülste (Fig. 105 B). welche die breite Ptückenfurche {rf) begrenzen, nach vorn bogenförmig in einander umbiegen, nach hinten aber etwas auseinanderweichen und den Anfang der Primitivrinne {])r) umfassen. Das Bild entspricht dem in Fig\ 102 dargestellten Befund vom Hühnchen. Von jetzt ab wächst der vordere Theil der Embryonalanlage viel stärker in die Länge, als der hintere Theil mit der Primitivrinne, welche sich bei den Säugethieren bis in späte Stadien der Entwicklung nahezu unverändert erhält, aber an Länge nicht nur relativ, sondern auch absolut abnimmt. Gleichzeitig geht die Embryonalanlage aus der ovalen in eine aus- geprägt sohlenartige Form über. Ein derartiger Embryo ist in Fig. 107 dargestellt. An seinem hinteren Ende ist, von den Medullarwülsten (rf) zum Theil umfasst, der Primitivstreifen (|)r) zu sehen. Das mittlere 132 Sechstes Capitel. Keimblatt ist schon vollständig entwickelt, auch haben sich schon in der späteren Halsgegend drei Paar Ursegmente zu beiden Seiten der Chorda abgesondert. Wie bisher in den verschiedenen Punkten, so findet auch in der Existenz eines Canalis neurentericus eine Uebereinstimnnmg mit den Vögeln und Reptilien statt. Schon auf einem ziemlich frühen Stadium markirt sich am vorderen Anfang des Primitivstreifens eine kleine Stelle, an welcher in Folge von Wucherungsprocessen besonders viel Zell- material zusammengehäuft ist. Sie ist unter dem Namen des Hensen'- schen Knotens bekannt (Fig. 106 hh). Wichtig ist der Knoten vor allen, Dingen dadurch , dass durch ihn ein enger Canal hindurchgeht vmd UJT ao ¥ hk cn pr Fig. 106. Fig. 107. Fig. 106. Keimscheibe eines Kaninchenembryos mit Primitivstreifen, nach E. van Beneden. pr Primitivstreifen, kf Kopffortsatz, hk HßNSEN'scher Knoten, cn Canalis neurentericus. Fig. 107. Ein Kaninehenembryo mit einem Theile der Area pellucida nach 9 Tagen. Vergr. 22mal. Nach Kölliker. ap Area pellucida, ao Area opaca, // Medullarplatte in der Gegend der späteren 1. Hirnblase, h" dieselbe in der Gegend des sijäteren Mittelhirns, woselbst die Rücken- furche rf eine Erweiterung zeigt, h'" Medullarplatte in der Gegend der späteren 3. Hirn- blase; hz Anlage des Herzens, stz Stammzone, pz Parietalzone , pr Rest des Primitiv- streifens. von aussen in das Innere der Keimblase führt, der Canalis neurentericus {cn) ; er ist schon bei verschiedenen Säugethieren von mehreren Forschern nachgewiesen worden, von vak Beneden beim Kaninchen und bei der Fledermaus, von Bonnkt beim Schaf, von Heape beim Maulwurf, von Graf Spee bei einem sehr jungen menschlichen Embryo. Letzterer zeigte noch eine weit offene Medullarfurche. Am Anfang der Primitivrinne fand sich ein rundliclies, weites Loch, welches die Keimscheibe durch- bohrte und von einem ringförmigen Wulst umgeben war, der seiner Lage nach dem Hensen 'sehen Knoten entspricht. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 133 Ich bin beim Primitivstreifen läni>er verweilt und liabe sein erstes Auftreten und seine Lagebezieluingen zu anderen Orjianen ausführlicher erörtert, weil er ein entwicklungsgeschichtlieh sehr wichtiges und hin- sichtlich seiner Bedeutung vielfach discutirtes Gebilde darstellt. Er ent- spricht nämlich dem Urmund der niederen Wirbelthiere und ist wichtig als der Ort, von welchem aus das mittlere Keimblatt seinen Ursprung nimmt. Indem ich eine Erörterung der Gründe, welche uns berechtigen, die Primitivrinne als Urmund zu bezeichnen, für später verschiebe, will ich gleich die Entwicklung des mittleren Keimblattes in das Auge fassen. b) Untersuchung von Querschnitten durch die Keimscheibe von Fischen, Reptilien, Vögeln und Säugethieren. Ueber die J^ntwicklung des mittleren Keimblattes geben Querschnitte Auskunft, welche, wie bei den Amphibien, 1) vor der Primitivrinne, 2) im Bereich derselben und 3) nach rückwärts von ihr an jüngeren und älteren Embryonalanlagen anzufertigen sind. An Embryonalanlagen, die sich auf den in den Fig. 97 S, 101 und 105 A dargestellten Stadien befinden, ist das mittlere Keimblatt in der nächsten Umgebung der Primitivrinne bereits angelegt und bedingt eine zu beiden Seiten und nach vorn von ihr auftretende Trübung. Querschnitte durch den Kopffortsatz des Primitivstreifens lassen jetzt zwischen Amphioxus und den Amphibien einerseits, den Selachiern, Reptilien, Vögeln und Säugethieren andererseits eine vollständige Ueber- einstimniung in einem fundamentalen Punkte constatiren. Längs eines schmalen, in der Median ebene gelegenen Streifens, dort vor dem Urmund, hier vor der Primi tiv- rinue, wird die Embryonalanlage nur von zwei Keim- blättern gebildet, von welchen das untere zur Chorda zu werden bestimmt ist. Zu beiden Seiten dieses Be- zirks geht bei allen Wirbelthieren die zweiblättrige in eine dreiblättrige Anlage über, indem auf das obere Keim- blatt das mittlere und auf dieses das Darmdrüsenblatt folgt. Im Einzelnen gestalten sich die Verhältnisse bei den Selachiern, Vögeln und Säugethieren, wie die nebenstehenden Figuren 108—111 lehren. Bei den Selachiern ist auf dem Querschnitt die Rückenfurche deut- lich ausgeprägt (Fig. 108 Ä, mp). Unter ihr liegt, wie bei Amphioxus und den Tritonen, nur eine einzige Schicht hoher, cylindrischer Zellen (c/?), A B mp ' ch Fig. 108 A und B. Querschnitte durch die Keimscheibe eines Selachiers. Copie nach Balfoük's Monographie, Taf. IV Fig. 8 a und Tat". IX Fig. 1 a. Von Schnitt A ist nur die linke Hälfte abgebildet worden. ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, ch Ciiorda , mp Medullarplatte, d Dotter. 134 Sechstes Capitel. die Anlage der Chorda; seitwärts geht dieselbe in eine mehrschichtige, kleinzellige Masse über, die sich gleich darauf in zwei, durch einen Spalt deutlich geschiedene Blätter sondert, in das aus kleinen, polygo- nalen Zellen zusammengesetzte mittlere Keimblatt (mk) und in das Darmdrüsenblatt (iJc), das hier aus einer einfachen Lage hoher, cylin- drischer Zellen besteht. An der mit einem Stern bezeichneten Stelle hängen Chordaanlage, mittleres und inneres Keimblatt mit einander zusammen. Auf einem späteren Stadium (Fig. 108 B) erfolgt hier, wie bei Tritonen, eine Trennung der drei Anlagen, und wir erhalten 1) einen runden Chordastrang {ch), der sich in der schon früher beschriebenen Weise durch Einfaltung gebildet haben wird, 2) zu seinen beiden Seiten die kleinzellige Masse des durch die Chorda in zwei Hälften getrennten mittleren Keimblattes (niJc)^ 3) das Darni- drüsenblatt {ik), dessen beide Hälften, die uns das vorher- gehende Stadium getrennt zeigte, sich nun unter der Chorda entgegengewachsen sind und zu einem Blatt zu verschmelzen im Begriff stehen. Ein ähnliches Bild liefert ein Querschnitt durch den Kopf- fortsatz des Hühnerkeims (Fig. 109). Unter dem äusseren Keimblatt findet sich in der Medianebene und vor der Primitivrinne nur die Anlage der Chorda (c/i); sie setzt sich an der mit einem Stern gekennzeichneten Stelle seitwärts fort in das kleinzellige, mittlere Keimblatt und in das Darmdrüsenblatt, das eine einfache Lage sehr plattgedrückter Zellen ist. Dasselbe gilt von Querschnitten durch entsprechende Entwicklungs- stadien von Säugethieren (Fig. 110). So ist zum Beispiel an dem von Heape abgebildeten Querschnitt durch die Embryonal anläge eines Maul- wurfs die Anlage der Chorda (ch) eine einfache Schicht von Cylinder- zellen; sie hat sich bereits zur Chordarinne, wie es in Fig. 95 Ä von Triton dargestellt ist, zusammengekrümmt. Seitw^ärts schliesst sich wieder eine kleinzellige Masse an, die an der mit dem Stern bezeich- aJc ik Fig. 109. Querschnitt durch die Keim- haut eines Hühnchens, an welcher die ersten Spuren der Chorda und Medullar- furehe zu sehen sind. Nach Balfoür und Deighton. Der Schnitt oeht durch die Chordaanlag:e vor dem Primitivstreifen. Der rechts von der Chordaanlage gelegene Theil de.s Schnittes ist nicht mit abgebildet. ak^ mk, ik äusseres, mittleres, inneres Keim- blatt, ch Chordaanlage. ak mk ik ch Fig. 110. Querschnitt durch die Embryonalanlage eines Maulvpurfs, die sich etwa auf dem in Fig. 105 B vom Kaninehen dargestellten Stadium befindet. Nach Heape. Der Schnitt ist durch die Chordarinne {eh) hindurchgeführt, etwas weiter nach vorn, als der in Fig. 11:^ dargestellte Sclinitt, welcher eine als Urmund zu deutende Stelle der Embryonalanlage getroffen hat. ak, mk^ ik äusseres, mittleres, inneres Keimblatt, ch Chordaanlage. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 135 neten Stelle in zwei Blätter auseinanderweicht: 1) in das kleinzellige, mehrschichtige, mittlere Keimblatt (niJc) und 2) in das Darmdrüsenblatt, das wieder als eine einzige Lage plattgedrückter Zellen erscheint (ik). In einer noch mehr überzeugenden Weise zeigt van Beneden in seinen Untersuchungen zur Entwicklung der Säugethiere, dass in der Bildung des mittleren Keimblattes und der Leibeshöhle bei den Säuge- thieren Verhältnisse bestehen, die mit denen der Amphibien überein- stimnu^n. Ueberaus beweisend ist der seiner Abhandlung entnommene Querschnitt Fig. 111 durch die Keimscheibe eines Kaninchens. Er zeigt uns die Chordaanlage (ch) als eine einfache Schicht von cylind- rischen Zellen, links und rechts begrenzt vom mittleren und vom inneren Keimblatte. Das mittlere Keimblatt besteht aus einer parietalen (mk^) und einer visceralen (mk-) Lage platter Zellen, von denen die erstere in die Chordaanlage übergeht, die letztere an der mit einem Kreuz r{J^. ysr©. ^:=t25?^ ak mk ik Fip;. 111. Querschnitt durch die Keimscheibe eines Kaninchenembryo. Nach E. VAN Bknkden. ak, ik, mk äussere?, inneres, mitteres Keimblatt, nik^, mk'^ parietale und viscerale Lamelle des mittleren Keimblatts, ch Chorda. bezeichneten Stelle in das abgeplattete, einschichtige Epithel des Darm- drüsenblattes (?7i:) umbiegt. Die Umbiegungsstelle springt sogar, wie bei den Amphibien, deutlich als Lippe in den Urdarm vor. Von diesen Verbindungen zur Seite der Chordaanlage abgesehen, ist das mittlere Keimblatt von den Grenzblättern überall durch einen Spaltraum scharf abgesondert. ' Weitere Uebereinstimmung mit den Befunden, welche uns die Untersuchung der Tritonen dargeboten hat, liefert eine Reihe von Quer- schnittsbildern durch die P r i m i t i v r i n n e , den o b 1 i t e r i r t e n Fig. 112. Querschnitt durch die Mitte des Primitivstreifens einer Keim- scheibe, die sieh auf dem in Fig. 97 B dargestellten Entwicklungsstadium befindet. Nach Koller. In einiger Entfernung von der Primitivrinne sieht man auf der linken Seite der Figur den Durchschnitt der Grenzrinne von His. Auf der rechten Seite ist sie noch wenig entwickelt. ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, pr Primitivrinne, ps Primitiv- streifen, g)- Grenzrinne. 136 Sechstes Capitel. einzige Urmiind. Bei allen Wirbelthieren ist dies die Stelle der ganzen Embryonalanlage, in deren Bereich alle drei Keimblätter, wenn auch nur in geringer Aus- dehnung, unter einander verschmolzen sind und sich als gesonderte Lagen nicht unterscheiden lassen, während sie seitwärts davon durch einen Spalt deutlich getrennt sind. Figur 112 stellt einen Querschnitt durch eine Embryonalanlage des Hühnchens dar, an welcher die Primitivrinne deutlich entwickelt, aber von den Medullarwülsten noch keine Spur zu sehen ist. Das äussere Keimblatt (ah) wird von einer einfachen Lage hoher Cylinderzellen, das untere Keimblatt (ih) von einer einfachen Lage stark abgeplatteter Elemente gebildet. In den zwischen beiden vorhandenen Spaltraum drängt sich eine Masse mehrfach über einander geschichteter, kleiner Zellen zu beiden Seiten der Primitivrinne hinein, das mittlere Keim- blatt {mk). Dasselbe geht im Bereich der Primitivrinne (pr) in das äussere Keimblatt, dessen Zellen sich hier in Wucherung befinden, con- tinuirlich über, während es mit seinen seitlichen Flügeln durch einen Spalt von ihm getrennt ist. Das untere Keimblatt ist von Koller, aus dessen Arbeit die vorliegende Figur entnommen ist, überall als eine getrennte Lage abgeplatteter Zellen gezeichnet. Aus anderen Zeichnungen und Angaben von Duval, Rabl etc., sowie auch aus An- gaben, welche die ähnliche Reptilienentwicklung betreffen, geht klar hervor, dass eine Strecke weit unter der Primitivrinne das mittlere Keimblatt als getrennte Schicht vom unteren ebensowenig als vom oberen zu unterscheiden ist. Sehr instructiv sind Querschnitte durch die Primitivrinne von Säugethierembryonen (Fig. 113). Nach Heape's Untersuchungen am ^ä Mi ak mk ik Fig. 113. Querschnitt durch die Embryonalanlage eines Maulwurfs, die sich etwa auf dem in Fig. 105 JB vom Kaninehen dargestellten Stadium, befindet. Nach Hkape. Der Schnitt ist dui'cli die Priiuitivriune g-eführt, etwa.s nach hinten von dem in Fig. 110 dargestellten Querschnitt. Bezeichnungen wie oben. Maulwurf schneidet die Rinne (w) tief in die kleinzellige Masse hinein. An dieser Stelle sind alle drei Keimblätter untereinander verschmolzen; erst seitlich sind sie durch deutliche Spalten gesondert und ein jedes an seiner charakteristischen Zellenart kenntlich , das äussere {ah) an den hohen, das untere {ih) an den stark abgeplatteten und das mittlere {nih) an den kleinen, mehr kugeligen oder polygonalen Zellen. Durch besondere Klarheit zeichnen sich die durch van Bexeden erhaltenen Befunde von Keimscheiben des Kaninchens aus (Fig. 114). An der tief einschneidenden Primitivrinne {pr) hängen alle drei Keim- Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 137 blätter eine Strecke weit unter einander durch eine gemeinsame Zellen- masse zusammen. Dabei kann man mit ziemlicher Deutliciikeit be- merken, wie (las äussere Keimblatt (ali) an der Primitivfalte (iil) in mk^ mk^ pr ul Fig. 114. Querschnitt durch die Primitivrinne (Urmund) einer Keim- scheibe vom Kaninchen. Nach Ed. van Beneden. ak , ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, mk^^ mk" parietale, viscerale Lamelle des mittleren Keimblatts, ul seitliche Urmundlippe, pr Priniitivrinne. das parietale Mittelblatt {mh'^) umbiegt, während das viscerale Mittel- blatt (mli^) in das einschichtige Darmdrüsenblatt {ih) übergeht. Zwischen den Primitivfalten oder Urmundlippen beobachtete van Beneden in einigen Fällen, bei Embryonen von Kaninchen und Fleder- mäusen, sogar eine dem Dotterpfropf der Amphibien entsprechende Bildung. mk^ ul pr dk mk^ mk^ ik /v® \% mä & ß: — 'j^ — -Q Fig. 115. Querschnitt durch eine menschliehe Keimseheibe mit offener Medullarrinne in der Gegend des Canalis neurentericus (pr) nach Graf Spee. Bezeichnung^ wie in Fiff. 114. Es ist nun gewiss von hohem, allgemeinem Interesse, dass auch die Untersuchung einer ausserordentlich jungen, menschlichen Keimscheibe durch Graf Spee ein Querschnittsbild (Fig. 115) geliefert hat, welches der vom Kaninchen mitgetheilten Abbildung zum Verwechseln ähnlich ist. Man sieht dort eine tief einschneidende Primitivrinne und an der leicht kenntlichen Urmundlippe (ul) den Umschlag des äusseren Keim- blattes (aJc) in das parietale Mittelblatt (m¥). Von diesem ist das viscerale Mittelblatt eine Strecke weit gut gesondert; es geht unter der Primitivrinne in das innere Keimblatt über, wobei die Umschlags- 138 Sechstes Capitel. ränder beider Seiten unter einander zu der den Boden der Primitiv- rinne bildenden Zellenmasse verwachsen sind. Eine Uebereinstimmung mit der Entwicklunjj der Amphibien fehlt endlich auch nicht an Schnitten , die nach rückwärts von der Primitiv- rinne durch die Embryonalanlap;e der Vögel, Reptilien und Säugethiere hindurchgelegt werden. Auch nach rückwärts beginnt sich das mittlere Keimblatt auszubreiten , tritt hier aber nicht wie im vorderen Abschnitt der Embryonalanlage in Form paariger Anlagen, vielmehr als eine ein- zige, zusammenhängende Zellenmasse auf. Auch diese steht nur im Bereich des hinteren Endes des Primitivstreifens mit den beiden pri- mären Keimblättern in Verbindung, ist aber sonst von beiden überall deutlich getrennt. Zur Vervollständigung obiger Befunde mögen sich gleich noch einige Angaben über das weitere Wachsthum des mittleren Keimblattes anschliessen , über welches Querschnitte durch Embryonen verschiedenen Alters Aufschluss geben. Vom Ort seiner ersten Entstehung oder der Umgebung der Primitivrinne aus breitet sich das mittlere Keimblatt allseits zwischen den primären Keimblättern weiter aus. Zuerst ist es nur auf die Embryonalanlage selbst beschränkt, hierauf schiebt es sich in den hellen Fruchthof hinein, schliesslich ist es auch in dem dunkeln Fruchthof anzutreffen. Ueberall und stets erscheint es bei seiner Aus- breitung als eine völlig selbständige, gegen die Umgebung durch Spalten abgesetzte, wenigstens zwei Zellen dicke Schicht. Nur an der Primitiv- rinne, die sich auch bei älteren Embryonen, wie uns schon die Be- trachtung von der Fläche gelehrt hat, am hinteren Körperende lange Zeit erhält, wird es eine kleine Strecke weit mit dem inneren und dem äusseren Keimblatt in Vereinigung gefunden. Selbst auf dem Stadium (Fig. 116), wo der Canalis neurentericus durch den Primitivstreifen ne .Tnep Fig. 116. Querschnitte durch das hin- tere Ende eines jungen Embryo von La- eerta muralis. Nach Balfour. In Fii^ur A ist der neurenterische Canal der Länge nach getroffen , in Figur li nnr eine nach hinten gerichtete Ausstülpung desselben. Da die Querschnitte die Längsachse des Embryo wahr- scheinlich nicht genau rechtwinklig getroffen haben, ist in Figur A nur auf der rechten Seite das mittlere Keimblatt mit der Caualwand verschmolzen, links dagegen abgelöst, während in der Figur B der Zusammenhang beiderseits vorhanden ist. ne neurenterischer Canal, ep äusseres, mep mittleres, hy unteres Keimblatt. hindurchgeht und den Darmraum (unter dem Darmdrüsenblatt hy) mit dem Nervenrohr cominuniciren lässt, sehen wir die zellige Auskleidung des Canals und das mittlere Keimblatt verschmolzen, so dass in dieser Gegend noch zwischen allen drei Keimblättern ein Zusammenhang statt- findet. Man vergleiche die nebenstehenden Durchschnitte durch Em- bryonen von Lacerta muralis. Nach Besprechung der thatsächlichen Verhältnisse ist die Frage zu beantworten: welche Deutung hal)en wir ihnen zu geben, wie ent- wickelt sich bei den Fischen, Iieptilien und Säugethieren das mittlere Keimblatt? Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 139 Die Antwort lautet: es entwickelt sich durch einen Faltungsprocess in ähnlicher Weise wie beim Ami)hioxus und bei den Amphilnen. Die Antwort lässt sich damit begründen , dass sich die einzelnen Vorgänge in der Entwicklung des mittleren Keimblattes mit entsprechenden Vor- gängen des Amphioxus und der Amphibien in Beziehung setzen lassen. Bei der fundamentalen Bedeutung der Angelegenheit stelle ich die r*unkte, hinsichtlich derer eine Uebereinstimmung bei allen Wirbelthieren hat nachgewiesen werden können, in übersichtlicher und präciser Weise in 6 Paragraphen zusammen. 1) Der Keim ist bei allen Wirbelthieren, bevor die Chorda gebildet ist, im Bereich eines vor dem Urmund und der Primitivrinne gelegenen Mittelstreifens zweiblätterig. Er setzt sich hier zusammen aus der Medullarplatte und aus der Chordaanlage, welche an der Begrenzung des Darmraums Theil nimmt. 2) Zu beiden Seiten dieses Mittelstreifens wird der Keim drei- blätterig, wenn wir das mittlere Keimblatt als ein einfaches Blatt auf- führen; er wird vierblätterig, wenn wir dasselbe aus einer parietalen und aus einer visceralen Zellenlage bestehen lassen, welche anfänglich fest auf einander gepresst sind und erst später mit dem Auftreten der Leibeshöhle in thatsächlicher Trennung erscheinen. 3) Bei keinem Wirbelthiere entstehen die mittleren Keimblätter durch Abspaltung, sei es vom äusseren, sei es vom inneren Grenzblatt, da sie von beiden, mit Ausnahme eines sehr beschränkten Keimbezirks, überall durch einen Spaltraum scharf abgegrenzt werden. 4) Ein Zusammenhang der mittleren Keimblätter mit angrenzenden Zellenschichten findet nur statt: 1. am ürmund oder an der Primitiv- rinne, wo alle vier (resp. drei) Keimblätter unter einander verbunden sind, und 2, zu beiden Seiten der Chordaanlage. 5) Die erste Anlage der mittleren Keimblätter beobachtet man an den eben genannten Keimbezirken und sieht sie von hier aus (also von der Umrandung des Urmundes oder der Primitivrinne und von beiden Seiten der Chordaanlage) sich nach vorn, nach hinten und ventral- oder seitwärts ausbreiten. Nach vorn vom Urmund erscheinen sie als paarige, durch die Chordaanlage getrennte Anlagen, nach rückwärts vom Ürmund dagegen unpaar. 6) Während sich die Chorda entwickelt, lösen sich die beiden paarigen Anlagen der mittleren Keimblätter an den Stellen , an denen ihr Einwachsen erfolgt ist, von den angrenzenden Zellenschichten ab, und gleichzeitig wachsen unter der Chorda die beiden Hälften des Darmdrüsenblattes zusammen, wodurch der Darm seinen dorsalen Ab- schluss erhält. Auf Grund dieser Thatsachen können wir nur zu der einen Deutung gelangen: W^enn die mittleren Keimblätter von keinem der Grenzblätter durch eine in loco statt- findende Abspaltung entstehen, so kann ihre von einem bestimmten Keim bezirk allmählich erfolgende Aus- breitung nur auf einem Einwachsen von Zellen beruhen, welches von den Stellen aus geschieht, an denen ein Zusammenhang mit anderen Zellenschichten nachge- wiesen ist. Das Hauptmaterial zu ihrem Wachsthum be- ziehen die mittleren Keimblätter von Zellen, welche am Urmund oder an der P r i m i t i v r i n n e zwischen die beiden primären Keimblätter einwandern. 140 Sechstes Capitel. Diese Einwanderung von Zellen aber kann, wie beim Amphioxus, als ein Einfaltungsprocess der primären Keimblätter gedeutet werden. In der Art der Einfaltung be- steht freilich ein sehr auffälliger und scheinbar wichtiger Unterschied zwischen Amphioxus und den übrigen Wirbelthieren. Beim Amphioxus entsteht das mittlere Keimblatt als ein hohler Sack durch P'altung des inneren Keimblattes, bei den übrigen Wirbelthieren als eine solide Zellen- masse. Die nicht wegzuleugnende Verschiedenheit lässt sich aber recht gut in der Weise erldären, dass in den soliden Anlagen des mittleren Keimblattes ein Hohlraum nur deswegen fehlt, weil in Folge der den Urdarm ausfüllenden Dottermasse die zelligen Wandungen des Sacks von Anfang an fest auf einander gepresst sind. Für diese Deutung sprechen, abgesehen von der anderweitigen, grossen Uebereinstimmung mit den Verhältnissen des Amphioxus lanceolatus , namentlich noch drei Gesichtspunkte. 1) Bei allen Wirbelthieren tritt im mittleren Keimblatt frühzeitig ein Spaltraum auf, der von epithelial angeordneten, oft cubischen oder cylindrischen Zellen umgeben wird. Es stellen dann parietales und viscerales Blatt, wie in besonders frappanter Weise bei den Selachiern schon auf einem sehr frühen Entwicklungsstadium zu sehen ist, epithe- liale Lamellen dar. 2) Von diesen epithelialen Lamellen stammen beim Erwachsenen ächte Epithelmembranen ab, wie das peritoneale Flimmer- epithel mancher Wirbelthiere, ausserdem Drüsen, die in vieler Hinsicht den aus Epithelmembranen entstehenden Drüsen gleichen (Nieren, Hoden, Eierstock). 3) Der Einwand, dass das mittlere Keimblatt der Wirbel- thiere als eine einzige Zelleinuasse angelegt werde und somit nicht zwei Epithelblättern gleichwerthig sein könne, verliert sein Gewicht für Jeden, der die zahlreichen, anderweitig vorkommenden, analogen Entwicklungs- erscheinungen kennt , wo Organe , die hohl sein sollten , sich als solide Zellenmassen zuerst entwickeln. Als solche werden wir später noch die solide Anlage des Nervenrohres der Knochenfische, vieler Sinnesorgane und der meisten Drüsenschläuche aufführen, welche letzteren als solide Sprossen von Epithellamellen entstehen und erst später, wenn sie in Function treten, eine Höhlung durch Auseinanderweichen der Zellen gewinnen. Bemerkungen zur Keimblattbildung bei Säugethieren und Reptilien. Säugethiere. Bei vielen Säugethieren kommt es während der Ent- wicklung des mittleren Keimblattes zu einer eigenthümlichen , unter dem Kamen des Chordacanals bekannten Bildung. An Stelle der unter der Chordaanlage gelegenen Rinne, wie sie in den Fig. 110 und 111 abgebildet ist, trifft man auf einem noch etwas jüngeren Stadium einen mehr oder minder langen . engen Canal. Derselbe mündet, wie die folgenden, zur Er- klärung dieser Bildung entworfenen, schematischen Querschnittsbilder Fig. 117 A—D lehren, nach hinten durch die neurenterischc Oeffnung an der Ober- fläche der Primitivrinne aus (Fig. 117 A) und vereinigt sich nach vorn durch eine zweite Oeffnung mit der Keimblasenhöhle (Fig. 117 D). Von allen Forschern, die sich mit den ersten Stadien der Säugethier- entwicklung beschäftigt haben, hat zuerst van Benp:dkn den Chordacanal in seinen verschiedenen Beziehungen am genauesten untersucht. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (.Coelomtheorie). 141 Er bemerkt von ihm, wie auch die von mir entworfenen Schemata zeigen, 1) dass die Coelomspalten sich Anfangs in den Chordacanal (chk) öffnen, 2) dass die Chordaanlage sich lateralwärts in die obere 8chiclit des mittleren Keimblatts continuirlich fortsetzt, und 3) dass der Boden des Canals in die untere Schicht des mittleren Keimblatts übergeht, van Be- neden deutet die Chordahöhle alsUrdarm. Nach meiner Ansicht enspricht sie nur einem vorübergehend abgetrennten, kleinen Theil desselben, während der übrige grössere Theil in der Keimblasenhöhle gegeben ist, in welcher sich der Dotter bei den Säugethieren , wie jetzt allgemein angenommen wird, rückgebildet hat. Wir haben uns nämlich den Chordacanal in folgender Weise entstanden zu denken: In der Umgebung des Urmunds oder, was das Gleiche ist, in der Umgebung der Priraitiv- rinne finden sich zwei Lippenbildungen in nächster Nachbarschaft (Fig. 117 ß): 1) die Urmund- lippen (ul) , an welchen sich das äussere Keim- blatt in das parietale Mittelblatt umschlägt, und 2) die Ränder der durch die Coelombildung be- dingten Urdarmfalten (dl) , an w^elchen Darm- drüsenblatt und viscerales Mittelblatt in einander übergehen. Beim Urmundschluss verwachsen nun in der Regel in den verschiedenen Wirbelthier- classen nur die Urmundlippen (Fig. 117 D), während die Ränder der Urdarmfalten durch einen kleinen Abstand von einander getrennt bleiben und so von beiden Seiten her die Chorda- anlage (c/i) begrenzen, welche sich an der Verschlussstelle bildet und an der oberen Begrenzung des Urdarms Theil nimmt. Von diesem Bildungstypus findet bei den Säugethieren eine kleine Abweichung in der Weise statt, dass auch die Ränder der Urdarmfalten von Anfang ihrer Entstehung an in die Medianebene zusammen zu liegen kommen und hier entweder vorübergehend mit einander verschmelzen, wie es bei den Urmundlippen später dauernd der Fall ist, oder wenigstens sich dicht berühren und verkleben. (Fig. 117, C, dl.) Der Chordacanal ist daher eine mehr nebensächliche und vorübergehende Bildung, der eine besondere Bedeutung nicht zukommt. Der in ihm enthaltene kleine Hohlraum entspricht nicht dem ganzen Urdarm, da zu letzterem auch von vornherein der unter dem Darmdrüsenblatt gelegene Raum gehört. Der Chordacanal öffnet sich denn auch später wieder , wie VAN Beneden beschreibt, zuerst in seiner Mitte in die Keimblasenhöhle durch mehrfache Oeffnungen, die bald zu einer einzigen Längsspalte zusammenfliessen. Man könnte das auch so ausdrücken, dass die mit einander verklebten Ränder der Urdarmfalten auf einem gewissen Stadium wieder auseinanderweichen. Schliesslich ist der ganze Chordacanal mit Aus- nahme des typischen Canalis neurentericus mit dem Haupttheil der Urdarm - höhle (Keimblasenhöhle) wieder vereinigt. Den Grund zur Entstehung dieser Modification bei den Säugethieren würde man wohl darin zu suchen haben, dass vom Beginn des Einstülpungs- processes an alle Faltenbildungen auf einen sehr engen Raum am HBNSEN'schen Knoten zusammengedrängt sind, in Folge dessen sich ihre Lippen von allem Anfang an berühren und erst später in die Normallage übergehen. Fig. 117. Schemata zur Erklärung des Chorda- canals der Säugethiere. ch Chorda, chk Chorda- canal, dl Darmlippe, dp Dot- terpfropf, ul Urmundlippe. >\> <5d 142 Sechstes Capitel. A Um meine Auffassung der Keimblattbildung bei Säugethieren zu veran- schaulichen, füge ich zu den zwei schon oben gegebenen Schemata (Fig. 78) über die Gastrulation noch zwei weitere Schemata hinzu, in welchen ich die anschliessenden Stadien in ähnlicher Weise , wie es Keibel gethan hat, erläutere. Schema 118 Ä zeigt uns, wie von der Urraundstelle aus neue Zellen- massen zwischen das äussere und das primäre innere Keimblatt (Lecithophor [Beneden], Paraderm, Dotter- entoderm) hineinwachsen. Sie sind auch in dem Schema 78 A und B bereits als eine den Urmundrand umgebende Verdickung (mic) an- gedeutet. Sie liefern die mittleren Keimblätter zur Umgrenzung der Leibeshöhlen, die als zwei Spalt- räume mit eingezeichnet sind, ähnlich wie es in dem Schema für die Ampliibienentwicklung (Fig. 91) geschehen ist. Die zweite Figur 118 i? zeigt die mittleren Keimblätter dicht zusammengepresst bis auf eine an der Urmundnaht gelegene Stelle, welche dem Chordacanal der Autoren entspricht und als der eigentliche Urdarm , der später in die Keimblasenhöhle durchbrechen soll, gedeutet wor- den ist. In der dritten Figur end- lich (118 C) hat der Durchbruch oder die Eröffnung des Chorda- canals stattgefunden, indem die nach unserer Auffassung auf frü- heren Stadien nur verklebten Ränder der Urdarmfalten ausein- andergewichen oder auch strecken- weise eingerissen und rückge- bildet sind. Reptilien. Die bei den Säugethieren aufgefundenen Verhältnisse enthalten höchst auffällige und bemerkenswerthe Anklänge an die Reptilien- entwicklung. Nachdem am Anfang der Gastrulation sich das innere Keim- blatt (Paraderm. Kupfpek, oder Dotterblatt) in der früher erwähnten Weise angelegt hat, bildet sich von der vorderen Urmundlippe aus eine nach vorn gerichtete schlauchförmige Einstülpung aus, die namentlich beim Gecko eine erhebliche Länge erreicht und sich zwischen äusseres und primäres inneres Keimblatt trennend dazwischenschiebt (Fig. 119 A u. B). Zu beiden Seiten vom Schlauch gehen , wie Querschnitte ergeben , solide dünne Zellplatten aus, welche die mittleren Keimblätter in ihrer ersten Anlage darstellen (Fig. 121 A). Von verschiedenen Forschern, insbesondere auch von Will . dem wir über die Keimblattbildung der Reptilien schätz- bare Aufschlüsse verdanken . wird der Schlauch als Urdarm bezeichnet. Er entspricht ganz offenbar der Bildung, welche bei den Säugethieren als nt/o *^ ,,ri.k \---Lk Fig. 118. Schemata für die Entwick- lung des mittleren Keimblatts und des Chordaeanals der Säuger, abgeändert nach Keibel. ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keim- blatt, ik* Grenze des inneren Keimblatts, ud Urdarm, tid^ als Chordacanal abgetrennter Theil des Urdarms, tid^ aus der Keimblasenliöhle ab- stammender Theil des Urdarms, Ih Leibeshöhle, n Nath der Urdarmlippen, pr Primitivrinne, mp Medullarplatte. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtbeorie). 143 Cliordacanal während der Entwicklung vorübergehend auftritt. Wie dieser zwischen äusseres Keimblatt und Lecithophor (vax Benkden) , so ist jener zwischen äusseres Keimblatt und Paraderm oder Dotterblatt eingebettet, und beide lassen an ihren seitlichen Rändern das mittlere Keimblatt als zwei Zellenplatten hervorwachsen. A ^^^^)^^ B Fig. 119 A- Medianer Längsschnitt durch einen Embryo des Gecko (Platydactylus mauritanicus) mit bereits nach vorn gerichteter Urdarmeinstülpung. Xacli Will. * äusseres Keimblatt des Schildes, bl desgleichen der Area opaca, e' Urdarniblatt, e" Dotterblatt. Fig. 119 B. Medianer Längsschnitt durch einen Embryo vom Gecko im Gastrulastadium. Nach Will. Bezeichnung wie in Figur 119^. Die Gleichheit der beiden Bildungen wird aber insbesondere durch das weitere Verhalten über jeden Zweifel sicher gestellt. "Wie bei den Säuge- thieren der Chordacanal sich in die Keimblasenhöhle, so öffnet sich bei den Reptilien der als Urdarm erklärte Schlauch in den zwischen Dotter und Dotterblatt gelegenen Raum. Nach der Darstellung von Will verschmilzt stellenweise die untere Wand des ürdarms mit dem darunter gelegenen Dotterblatt. Dann finden hier und da Zerreissungen und Durchbrechungen statt , die schliesslich in einen Spalt zusammenfliessen , durch welchen seiner ganzen Länge nach der Schlauch mit dem Raum unter dem Dotterblatt in Verbindung gesetzt wird. Nur am hintersten Ende erhält sich ein Rest des Schlauches als Kuppfee' scher Gang oder Canalis neurentericus. (Fig. 120.) Fig. 120. Medianer Längsschnitt durch einen Embryo vom Gecko, dessen Urdarm (resp. Chordacanal) im Durchbruch begriffen ist. Nach Will. Kff KcPFFER'scher Gang, bei x ein vorläufig stehen gebliebener Kest der unteren Wand des Chordacanals nebst dem darunter wegziehenden Dotterblatt. Die übrige Bezeichnung wie in Figur 1 19 A. Nach meiner Meinung bietet sich bei diesen merkwürdigen Verhältnissen der Reptilien dieselbe Erklärung wie für den Chordacanal der Säugethiere dar. Nachdem am Beginn der Gastrulation das innere Keimblatt (Paraderm, Dotterblatt) gebildet ist, wachsen vom Urmundrand aus zwischen dieses und das äussere Keimblatt die mittleren Keimblätter hinein. Hierbei verlöthen 144 Sechstes Capitel. nicht nur die Ränder der Urmundlippen , sondern auch die Ränder der Urdarmfalten mit einander; in Folge dessen wird von der erst gebildeten, zwischen Dotter und Dotterblatt gelegenen Urdarmhöhle ein enger schlauch- förmiger Theil abgetrennt, von welchem seitlich die mittleren Keimblätter ausgehen. Wie am Conjunctivalsack die Ränder der Augenlider vorüber- gehend verwachsen und sich später wieder trennen , so weichen auch hier die verlötheten Urdarmfalten nachträglich wieder aus einander und lassen beide von Anfang an zusammengehörige Abtheilungen des Urdarms wieder in einen Raum zusammenfliessen. C/ Schon von verschiedenen Seiten (Wekkebach, Keibel) ist geltend gemacht worden, dass bei den Reptilien und Säugethieren sich die Gastru- lation in zwei Absätzen vollziehe. Es lassen sich von diesem Gesichtspunkte aus die Erscheinungen auch recht gut darstellen , nur muss ich hinzufügen : das gilt in gleicher Weise auch für die Fische, Amphibien und Vögel. In der ersten Phase der Gastrulation wird an der Urmundlippe das primäre innere Keimblatt eingestülpt, das hauptsächlich zur Auskleidung der Kopfdarmhöhle verwandt wird, in deren Bereich der Keim längere Zeit nur zweiblätterig bleibt. In der zweiten Phase liefert das Zellenmaterial, ec L-a SJl Fig. 121. A — K. Querschnitte durch die vordere Urdarmregion eines Embryo vom Gecko auf 5 verschiedenen Entwicklungsstadien. Nacli Will. ec äusseres Keimblatt, ud dorsale, vd ventrale Urdarmwand, ^ Urdarinblatt, e" Dot- terblatt des Entoderms, sp solide Seitenplatte des Urdarms, welche die erste Anlage des gastralen Mesoderms darstellt, mp Choi'daanlage, e'(zp) Zwischenplatte der dorsalen Urdarmwand, mgr mittleres Keimblatt, to parietales, sp viscerales Mittelblatt, eo Spalte der Leibeshöhle. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 145 welches an den sich weiter ausdehnenden Urmundlippen nach innen wächst, das mittlere Keimblatt. So lassen sich bei Lichte besehen die Processe, welche in diesem Lehrbuch aus didaktischen Gründen im fünften und sechsten Capitel gesondert dargestellt worden sind, nicht scharf von einander trennen, wenn wir vom Amphioxus absehen. Es lässt sich die Entwicklung der mittleren Keimblätter recht gut als eine zweite Phase oder als eine weiter fortgesetzte Gastrulation kennzeichnen , als eine vom Urmundrand aus er- folgende, weitere Einstülpung von Zellenmassen. Noch in einem zweiten Punkt giebt die Reptilienentwicklung zu einer Bemerkung Veranlassung. Bei den Säugethieren liegen nach dem Durch- bruch des Chordacanals die Ränder der Urdarmfalten zu beiden Seiten der Chordaanlage, wie es auch bei den Amphibien der Fall ist. Bei den Reptilien dagegen sind sie, wenn die oben erwähnte Durchbrechung erfolgt ist, durch einen weiteren Abstand von einander entfernt (Fig. 121 B C D). Denn die aus hohen Cj'linderzellen bestehende Chordaanlage {mp) geht jederseits in ein Blatt abgeflachter Entodermzellen über, welches Will als Zwischenplatte {e zp) der dorsalen Urdarmwand unterschieden hat; dann treten erst die Urdarmfalten (e") auf und bezeichnen die Gegend , wo die Embryonalanlage dreiblättrig zu werden anfängt , während sie im Bereich von Chordaanlage und Zwischenplatte zweiblätterig ist. Im weiteren Verlauf der Entwicklung wachsen nun die beiden Urdarmfalten nach der Median- ebene unter der Zwischenplatte einander entgegen , bis sie den Rand der Chördaanlage erreicht haben (Fig. 121 E). Durch diese „Unterwachsung der Zwischenplatten" haben die mittleren Keimblätter nach innen einen breiten Zuwachsstreifeu erhalten. Die Zwischenplatte selbst ist dabei zum Hautfaserblatt geworden ; die obere Lamelle der vorwachsenden Urdarm- falte hat das Darmfaserblatt geliefert. „Beide fassen einen freilich nur spaltförmigen abgeschnürten Tbeil des Urdarmlumens als Coelomspalt zwischen sich." Weiterhin setzen zu beiden Seiten der Chordaanlage, auch bei den Reptilien, die Abschnürungs- und Verschmelzungsprocesse ein, in der typischen Weise, wie sie schon früher nach den Befunden, welche Amphioxus und die Amphibien liefern, ausführlich dargestellt worden sind. In diesen Befunden hat Will , ebenso wie auch andere Forscher (ins- besondere MrrsiKUEi), welche sich mit der Reptilienentwicklung beschäftigt haben, ein neues und schätzbares Material von Thatsachen geliefert zu Gunsten der von mir vertretenen Theorie, „dass die Coelomsäcke als abgeschnürte Theile des Urdarmlumens aufzufassen sind". Allerdings giebt Will hin- sichtlich des Zustandekommens der Abschnürung eine von der meinigen etwas abweichende Darstellung, Seine Angaben von dem weiten Auseinander- stehen der Ränder der Urdarmfalten scheinen mir aber auch für die Reptilien nur für die vorderste Region der Embryonalanlage zuzutreffen, wenigstens beziehen sich Abbildungen und Beschreibungen nur auf diese. Nach der Primitivrinne zu und im Bereich derselben werden die Befunde wohl etwas andere sein. 2. Die Urmundtheorie. Der Urmund ist ein Organ, welches in der Entwicklung der Wirbel- thiere eine ausserordentlich wichtige Kolle spielt. Denn in seiner näch- sten Umgebung laufen alle Entwicklungsprocesse ab, welche für die ganze Gestaltung des Wirbelthierkörpers grundlegend sind. Es empfiehlt sich daher, der genaueren Untersuchung des auf den vorhergehenden 0. Hertwig. Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 10 146 Sechstes Capitel. Blättern schon oft genannten Urmundes noch einen besonderen Abschnitt zu widmen. Eine Oeflfnung, au welcher sich das innere Keimblatt eingestülpt hat, und an welcher die durch Einstülpung entstehende Urdarmhöhle noch mit der Aussenwelt in Verbindung bleibt, lässt sich jetzt nur in der Entwicklung des Amphioxus, der Cyclostomen und Amphibien (Fig. 123) mit aller Deutlichkeit erkennen. Bei den übrigen Wirbel- thieren sind Bildungen, welche dem Urmund entsprechen, nur durch genaue Untersuchung und vergleichende Betrachtung nachzuweisen. Es sind die Stellen, die oben als Sichelrinne, Prostoma und Primitivrinne beschrieben wurden, und die dadurch charakterisirt sind, dass sich an ihnen das äussere in das innere, resp. mittlere Keimblatt umschlägt. In ihrer Deutung stelle ich mich vollständig auf die Seite derjenigen Forscher, welche, wie Balfour, Hatschek , Kupffer, Hoffmann, van Beneden, L. Gerlach, Rabl, Rückert etc., in ihnen eine dem Urmund der niederen Wirbelthiere gleich werthige , nur etwas modificirte Bildung erblicken, und welche die Primitivfalten den seitlichen, nur dicht zu- sammengedrückten Lippen des Urmundes vergleichen. Wenn wir sowohl die zuerst auftretende Sichelrinne, als die später erscheinende Primitiv- rinne als Urmund bezeichnen, so wird es auf den ersten Blick be- fremden, dass die eine in der Querachse, die andere in der Längsachse des Wirbelthierkörpers verläuft. Der hierin scheinbar liegende Wider- spruch kann aber leicht beseitigt werden; denn es lässt sich zeigen, dass die eine in die andere Bildung durch Lage- und Formveränderungen allmählich übergeht, dass der zuerst querverlaufende Spalt sich in einen längsgeriehteten umwandelt. Für die Repti- lien hat dies Kupffer mit Sicherheit festgestellt. Nach seinen Zeich- ul ^^ y D Fig. 122. A und B. Ein Stück einer jüngeren und einer älteren Em- bryonalanlage von Emys europaea, mit dem Prostoma oder Urmund (u) nach Kui'KFEK. ul Urmundlippe. C und D. Zwei Eier von Triton taeniatus vom Urmund aus gesehen, das eine 30 Stunden, das andere 58 Stunden nach künstlicher Befruchtung. u Urmund, h Höcker zwischen Urmund und Kiickeurinne, / halbkreisförmige Furche, welche das Urmundfeld einschliesst, dp Dotterpfropf. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 147 nuiigeii geht z. B. bei Einys europaea die in Figur 122 Ä dargestellte quere Einsenkuiig (w) auf einem späteren Stadium in die daneben ge- zeichnete Form (Fig. 122 B, u) über. Für die Vögel sind die o])en (S. 126, Fig. 98) mitgetheilten Untersuchungen Duval's beweisend. Auch ist bei der Frage noch die Thatsache mit in Rechnung zu bringen, dass schon bei den Ampliibien sich eine ganz entsprechende Umwand- lung des Urmunds vollzieht. Wie die vorstehenden Abbildungen (Fig. 122 C u. D) zeigen, ist der Urmund der Amphibien bei seinem frühesten Auftreten ein jiuergerichteter Spalt (Fig. 122 C, u). Dann wird er kreisrund und umschliesst mit seinen Lippen eine nach aussen hervor- schauende Fortsetzung der ins Innere aufgenommenen Dottermasse, den Dotterpfropf, verengt sich und geht nach vorn in eine längs- gerichtete Rinne über. Schliesslich erscheint er (Fig. 122 D, u) als eine am Ende der Medullarfurche gelegene, tiefe Rinne, mit einer kleinen, von einem Dotterpfropf ausgefüllten, kreisrunden Oeffnung. (Siehe auch Fig. 63.) Für die Deutung der Primitivrinne als Urmund lassen sich ferner drei nicht unwichtige Gesichtspunkte geltend machen. Erstens ist die Primitivrinne, auch wenn eine offene Canalbildung fehlt, der einzige Ort in der ganzen Keimscheibe, an welchem jeder Zeit, wie am Urmund der Amphibien, ein Zusammenhang aller Keim- blätter vorhanden ist. Zweitens entwickeln sich bei den höheren Wirbelthieren die einzelnen Hauptorgane des Körpers wie Chorda, Nervenrohr, Ursegmente, in der- selben Weise vor der Primitivrinne, wie bei dem Amphioxus und den Amphibien vor dem Urmund. Primitivrinne und Urmund nehmen stets das hintere Körperende ein. Der sogenannte Kopffortsatz des Primitiv- streifens ist nichts Anderes, als die erste Anlage der Chorda. Drittens kann man in den Oeffnungen, die als Canales neurenterici im Priraitivstreifen auf einem früheren oder späteren Entwicklungs- stadium bei Vögeln, Reptilien und Säugethieren (siehe S. 130, 138) nachgewiesen worden sind, noch einen Hinweis darauf erblicken, dass hier von Anfang an eine offene Verbindung zwischen innerem und äusserem Keimblatt vorgelegen hat, dass diese Verbindung durch Ver- löthung der Urmundränder geschwunden ist, sich aber theilweise in Folge begünstigender Wachsthumsprocesse wiederherstellen kann. Zu- gleich vermittelt der Canalis neurentericus , wo er im Primitivstreifen wieder auftritt, in durchaus derselben Weise wie der Urnumd des Am- phioxus, der Amphibien und Selachier eine sehr charakteristische Ver- bindung zwischen dem hinteren Ende des Nerven- und des Darmrohrs (vgl. Fig. 96 mit 104 ne). Bei der Deutung der Primitivrinne als Urmund muss ich noch einer etwas abweichenden Ansicht entgegentreten. Einige Forscher (Balfour, Rauber etc.) erblicken in der Primitiv- und Sichelrinne der meroblastischen Eier nur einen kleineren Theil des Urmunds; als seinen grösseren Theil deuten sie den von dem gesammten Keim- scheibenrand umspannten Bezirk, der von der Dottermasse eingenommen wird, und bezeichnen ihn als den Dotterblastoporus^). Nach ihrer Auf- fassung, wie auch nach der ursprünglichen Annahme von Haeckel, ist ') Rauber hat für die verschiedenen Abschnitte, die er für den Urmund annimmt, die Bezeichnungen Prostoma sulcatum longitudinale (Primitivrinne), Prostoma sulcatum falciforme (Sichelrinne) und Prostoma marginale (Dotterblastoporus) vorgeschlagen. 10* 148 Sechstes Capitel. die zweiblätterige Keimscheibe eine flach ausgebreitete Gastrula, die mit ihrem Urmundrand der Dotterkugel aufliegt, sie allmählich um- wächst und gleichsam wie einen Nahrungsballen schliesslich vollständig in ihr Inneres aufnimmt. Die Primitivrinne ist ein kleiner, vom Ganzen abgesonderter Theil des Urmundes, welcher mit der Entwicklung des mittleren Keimblattes im Zusammenhang steht. Beide Theile trennen sich vollständig von einander und schliessen sich zu verschiedenen Zeiten, ein jeder für sich, der Dotterblastoporus oft spät an dem vom Embryo abgewendeten Pole des Dottersackes. Eine derartige Annahme eines doppelten Urmundes scheint mir nicht haltbar zu sein. Als Urmund schlage ich vor nur die- jenige Stelle des Keims zu bezeichnen, au welcher wirk- lich, wie bei der Gastrulabildung des Amphioxus und der Amphibien, eine Einstülpung von Zellen statt- findet, durch welche die Furchungshöhle verdrängt wird. Ein solcher Process vollzieht sich bei den Selachiern nur an dem halb- mondförmigen hinteren und seitlichen Theil des Keimscheibenrandes, bei den Reptilien und Vögeln an den als Sichelrinne und Primitivrinne be- zeichneten Stellen. Von hier geht dann später auch einzig und allein die Entwicklung des mittleren Keimblattes aus. Eine ganz andere Bedeutung besitzt der vordere Rand der Keimscheibe der Selachier und nach Umwand- lung der Sichelrinne zur Primitivrinne der ganze Keim- scheibenrand der Reptilien und Vögel. Derselbe zeigt ein anderes Verhalten, als die Primitivrinne oder der Urmundrand; er ist eine Besonderheit der meroblastischen Eier, die mit der Entstehung der partiellen Furchung auf das Innigste zusammenhängt. Er bezeichnet uns die Stelle, an welcher der gefurchte in den nicht gefurchten Theil des Keims übergeht, an welcher im Dotter freie Kerne lagern, an wel- cher durch Vermittlung derselben eine Nachfurchung bis in späte Stadien des Entwicklungsprocesses und so auch zu der Zeit stattfindet, wo durch die am Urmund eintretende Einstülpung die beiden primären Keimblätter gebildet sind. Auf Kosten des durch Nachfurchung sich fortwährend vermehrenden Zellenmaterials vergrössern sich die Keim- blätter an der Uebergangsstelle in den Dotter und wachsen so all- mählich über den ungefurcht bleibenden Theil herüber. Während am Urmund Einstülpung bereits vorhandener Zellen stattfindet, erfolgt am Keimscheibenrand Neubildung von Zellen, dadurch Vergrösserung des Randtheils und Umwachsung des Dotters. Ich schlage daher für ihn den Namen Umwachsungsrand der Dotterkugel vor. Von einer be- sonderen Oeffnung oder einem Dotterblastoporus kann nicht die Rede sein, da der Dotter zum Keim organisch hin zugehört, wie er denn auch in den gefurchten Theil desselben vermittelst der Schicht, welche die Dotterkerne führt, continuirlich übergeht. Wenn wir zwischen den Thieren mit meroblastischen Eiern und den Amphibien einen Vergleich anstellen wollen, auf einem Stadium, wo die Gastrulation noch nicht beendet ist, so entspricht der Urmund der Ampliibien, der auf nebenstehendem Durchschnitt durch eine Triton- gastrula (Fig. 123) mit dem Buchstal)en u gekennzeichnet ist, dem Prostoma der Reptilien und der Sichelrinne und Primitivrinne der Vögel ; die noch frei zu Tage liegende Masse der Dotterzellen entspricht Entwicklang der beider mittleren Keinihlütter (Coelomtheorie). 149 dem noch nicht von den Keimblättern umwaclisenen Dottermaterial; die mit einem Stern bezeichnete Stelle, an der bei den Amphibien die kleinzellifje Schicht in den Haufen der Dotterzellen übercjeht oder die Eandzone GCtte's ist dem Umwachsungsrand der meroblastischen Eier zu vertileichen. Je nachdem man nun das Ei eines Teleostiers, eines Se- lachiers oder eines Reptils und Vogels vor sich hat, zeigen Ur- mundrand und Umwachsungs- rand in ihrem Verhältniss zu einander und zur Bildung des Embryo einige grössere, recht interessante Verschiedenheiten. Zur bequemen Erklärung der- selben mögen 3 Reihen von schematischen Zeichnungen die- nen, Schemata für den Gastru- lationsprocess eines Teleostiers (Fig. 124), eines Selachiers (Fig. 125) und eines Anmioten (Fig. 12ö). In den Zeichnungen ist der Urmundrand auf seinen ver- schiedenen Formzuständen durch eine dunkelschwarze Linie, der Um- wachsungsrand dagegen durch eine punktirte Linie kenntlich gemacht. fh ak ik dl u vi dz Fig. 123. Längsdurehsehnitt durch eine Gastrula von Triton. Siehe ErkLä- rung Fig. 62 auf Seite 98. ur' Fig. 124. Schemata, um die Bildung eines Lachsembryo durch Zu- sammenrücken und Verwachsen der Urmundränder und um das Verhält- niss des Drmundrandes {ur) zum Umwachsungsrand (uw) zu zeigen, uw Um- waclisungsrand. Durch die Zahlen 1 — 4 werden die einzelnen Stadien seines Vorrückens bezeichnet, d Dotter, ur^ Urmundrand, der sich in der Urmundnaht zusammengelegt hat. iir"^ Urmundrand, der mit der Peripherie der Keimscheibe zusammenfällt, a After. sk Schwanzknospe. Was zunächst die Teleostierentwicklung l)etrifft, so stellt Figur 124 A schon ein etwas weiter vorgerücktes Stadium dar. Die Urmund- lippe, die am Beginn der Einstülpung mit dem Rand der Keimscheil)e zusammenfiel und die Form einer Sichel besass, hat jetzt eine nach der Scheibenmitte gerichtete Einbuchtung {ur^) erhalten. Dieselbe ist dadurch entstanden, dass linke und rechte Hälfte der zuerst gebildeten Urmundlippe nach dem von His entdeckten Modus einander entgegen- wachsen und sich in der Richtung eines nach der Mitte der Keimscheibe zu gezogenen Radius, welcher die Längsachse des zukünftigen Embryo bezeichnet, zusammenlegen in demselben Maasse, als die ganze Scheib^ sich in der Fläche über die Dotterkugel weiter ausbreitet. Der Theil,^ 150 Sechstes Capitel. der durch Zusammenlegung und von vorn nach hinten fortschreitende Verwachsung des Urmundrandes gebildet wird, gehört dem Kopfbereich an und sitzt wie ein Höcker, „wie ein Vorstoss nach vorn" (Rauber) dem Keimscheibenrand auf. Drei Processe greifen dann beim Fortgang der Entwicklung längere Zeit in einander. Erstens wird ein immer grösserer Theil der Dotter- kugel von den Keimblättern umwachsen (Fig. 124 B u. C). Die Um- wachsung geschieht dabei an der Stelle, wo der Embryo sich bildet, viel langsamer, als in dem übrigen Umfang der Scheibe, was durch einen Vergleich der Figuren Ä — C sofort klar wird. Denn während in Figur B z. B. der Umwachsungsrand von der Zahl ^ zu tir^ fortgerückt ist, beträgt die Zunahme im embryobildenden Bezirk nur etwa den dritten oder vierten Theil davon. Es kann dies kaum Wunder nehmen, da bei der Embryobildung ganz andersartige und complicirtere Zell- verschiebungen, Einfaltungsprocesse u. s. w., als bei der einfachen Um- wachsung stattfinden. Daher darf auch nicht auf ein grösseres Maass von Zellljildung am rascher fortschreitenden Umwachsungsrand geschlossen w^erden, denn eher wird das Gegentheil der Fall sein. Zweitens wächst durch Zusammenlegung des Urmundrandes der embryonale Köqjer in die Länge, indem sich an den zuerst entstandenen Kopftheil die Halsregion, die Brustregion etc. successive anschliesst. Die Darstellung dieses wichtigen Vorgangs wird verständlicher werden, wenn man an der Urmundlippe von dem Augenblick an, wo sich die Kopfregion angelegt hat, zwei verschiedene Abschnitte unterscheidet, den Abschnitt ur^ und ur^. Mit wr^ bezeichne ich den Theil des Urmundes, der sich durch mediane Vereinigung seiner Ränder in der Urmundnaht geschlossen hat, mit ur^ dagegen den Theil der Urmund- lippe, der am hinteren Ende der Embryonalanlage rechtwinklig umbiegt und mit dem Rand der Keimscheibe zusammenfällt. Den letzteren kann ich daher auch kurzweg als randständigen oder offenen Theil des Urmundes, den ersteren als seinen verwachsenen Theil benennen. Die Längenzunahme der Embryonalanlage geht dann in der Weise vor sich , dass sich die verwachsene Urmundstrecke con- tinuirlich auf Kosten des offenen (oder randständigen) Urmundtheils vergrössert, indem linke und rechte Lippe nach der Medianebene zu- sammenrücken und verschmelzen. Durch den allmählich von vorn nach hinten fortschreitenden Process würde der offene oder randständige Theil der Urmundlippe bald aufgebraucht werden, wenn er nicht auch seinerseits den Ver- lust beständig wieder durch Zuwachs ersetzen würde. Der Ersatz geschieht dadurch, dass sich der Einfaltungsprocess , der überhaupt die Urmundlippe in's Leben gerufen hat, am jeweiligen Keimscheibenrand langsam weiter fortsetzt, und dass dadurch immer neue Strecken des Umwachsungsrandes in Urmundrand umgewandelt werden. Der Gastrulationsprocess des Teleostiereies dehnt sich mithin über einen längeren Zeitraum der Entwicklung aus, als gewöhnlich beschrieben wird, und nimmt, während sich im vorderen Bereich der Embryonal- anlage schon verschiedene Organe differenziren , am Rand der Keim- scheibe (am offenen Theil des Urmundrandes) in der ursprünglichen Weise seinen Fortgang. Er findet seinen Abschluss erst dadurch, dass sich die seitlichen Urmundlippen an ihrem hinteren Ende durch Ausbildung einer ventralen Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 151 1 -- \: .^V ::-le JL uw B uw Fig'. 125. Schemata, um das Verhält- niss von Urmundrand {ur) und Umwaeh- sungarand (uiv) bei Selaehierembryonen zu erklären. Bezeichnungen wie in Fig. 124. Lippe mit einander verbinden, wodurch erst ein in sich zum Rins: geschlossener Einstülpungsrand hergestellt wird (Fig. 124 I)). 7a\ dieser Zeit ist auch die Umwachsung der Dotterkugel beendet, und wird hierbei der letzte Rest des Um- wachsungsrandes in das Schlussstück des Urmunds umgewandelt. Zwischen dem Gastrulationsprocess der Teleostier und der Amnioten vermitteln die Selachier einen Uebergang (Fig. 125 A u. J5). Während längerer Zeit geht die Bildung des Embryo durch Verwach- sung der Ürmundränder auch bei den Selachiern in der für das Teleostierei genauer durch- geführten Weise vor sich. (Figur 124 A u. B kann da- her auch für die ersten Stadien der Selachierentwicklung die- nen.) Dann aber wird eine Modification des Processes durch die beträchtliche Grösse des Dotters nothwendig. Es hat nämlich derUmwachsungs- rand der Keimscheibe den Dotter noch nicht ganz einhüllen können zu der Zeit, wo sich die seitlichen ürmundlippen nach hinten schon unter Bildung einer ventralen Urmundlippe vereinigen. In Folge dessen treten jetzt für die Selachier charakteristische Veränderungen ein, welche durch die Figur 125 J. und B schematisch wiedergegeben sind. ümwachsungsrand (^, mw*) und Urmundrand (wr-) trennen sich von einander (J5. nur'). Die Embryonalanlage löst sich vom Rand der Keimhaut ab. Hinter dem Embryo bildet der Ümwachsungsrand einen in sich geschlossenen Ring (m<^^), innerhalb dessen der Dotter {ß) noch eine Zeit lang frei zu Tage liegt, bis er durch fortschreitende Ver- kleinerung des Ringes auch überwachsen ist. Balfour hat diesem Ring den Namen Dotterblastoporus l)eigelegt und in ihm einen Theil des Urmunds erblickt. Wie schon früher gesagt, halte ich diese in der Litteratur verbreitete Ansicht für eine irrige. Denn erstens liegt am sogenannten „Dotterblastoporus" überhaupt keine Oeflfnung vor, durch welche man in einen Hohlraum gelangt, wie es am Urmundrand, soweit er noch nicht verwachsen, der Fall ist. Durch den Um- wachsungsring kommt man in die Dottermasse, die wir uns auch durch einen Haufen von Dotterzellen, in welche sich der Ümwachsungs- rand verliert, ersetzt denken können. Von den Selachiern aus genügt ein kleiner Schritt, um die Verhältnisse der Reptilien und Vögel (Fig. 126 ^ u. 5) zu verstehen. Der Urmundrand der Keimscheibe ist die Sichel- I/IV rinne \ diese schliesst sich hier aber, indem sie sich in die Primitivrinne umwandelt, wie DuvAL des Näheren beschrie- ben hat (Fig. 98), schon ur' ä B Fig. 126. Schemata, um das Verhält- niss zwischen Urmund und Ümwachsungs- rand bei Reptilien und Vögeln zu er- klären. Bezeichnungen wie in Fig. 124. 152 Sechstes Capitel. ausserordentlich frühzeitig zu einem Ring in sich ab und trennt sich dabei vom Umwachsungsrand geraume Zeit, bevor sich im vordersten Bereich des Urmundringes Medullarfalten, Chorda und Ursegmente anlegen. Die Emliryonalanlage giebt daher bei den Amnioten sehr viel früher als bei den Selachiern ihre randständige Lage auf und findet sich bald in der Mitte der Keimscheibe überall gleich weit vom Umwachsungsrand entfernt. Die Figur 126 ^ u. jB kann als Schema für diese abgekürzte und beschleunigte Art der Urmundbildung und der von ihr früh un- abhängig gewordenen Dotterumwachsung dienen. Der Unterschied zwischen der Urmundbildung (Gastrulationsprocess) und der Dotterumwachsung der Teleostier, Selachier und Amnioten lässt sich kurz in folgende Sätze zusammenfassen. Bei den T e 1 e o s t i e r n hat der Umwachsungsrand der Keim Scheibe den Dotter fast vollständig eingehüllt, noch ehe der Urmund seinen distalen Abschluss er- halten hat. In Folge dessen wird der letzte Theil des Umwachsungsrandes, wenn er am hinteren Ende der Embryonalanlage nur noch einen kleinen Ring umgrenzt, zur Ausbildung des Urmundrandes mit aufgebraucht. Der Embryo bleibt daher bis zuletzt, wie man sich aus- drückt, r and stand ig. Bei den Selachiern tritt der Ur- mund seh luss schon ein, wenn der Umwachsungsrand einen Theil des Dotters noch nicht überzogen hat. Von diesem Augenblick wird die bis dahin r a n d s t ä n d i g e Embryonalanl age von der Keimscheibe abgelöst; der U ni w a c h s u n c; s r i n g s c h 1 i e s s t sich getrennt vom Embryo. Bei Reptilien und Vögeln endlich erfolgt die Trennung vom U r m u n d r a n d und Umwachsungsrand d e r K e i m s c h e i b e ausserordentlich frühzeitig, so dass dadurch die Em- bryonalanlage bald entfernt vom Umwachsungsrand mehr in die Mitte der K e i m h a u t zu liegen kommt. Endlich ist noch ein wichtiger Punkt in der Urmundbildung nach mehreren Seiten hin klarzustellen. Wenn man an jüngeren und älteren Keimhäuten eines Hühnchens oder eines Säugethieres die Lage der Primitivrinne beachtet, so sieht man, dass sie sich beständig verändert. Anfangs findet sich die Primitiv- rinne (Fig. 102 pr) unmittelbar hinter der Stelle, wo die Medullarwülste zuerst auftreten und sich vorn durch den queren Hirnwulst unter ein- ander verbinden. Sie liegt also ganz im Kopfbereich der Embryonal- anlage. Auf jedem folgenden Stadium ist der Abstand zwischen dem queren Hirnwulst und dem vorderen Ende der Primitivrinne ein immer grösserer geworden , und wenn man die schon ziemlich weit entwickelte Keimhaut eines Hühnchens (Fig. 103 pr) betrachtet, auf welcher 6 Paar Ursegmente und mehrere Hirnblasen zu sehen sind, so nimmt die Primitivrinne das hinterste Ende der Embryoualanlage ein und kommt schliesslich in die Gegend zu liegen, wo Schwanz und After entstehen. Die meisten Forscher, wie zum Beispiel auch Balfour, suchten diese Verhältnisse durch die Annahme zu erklären , dass sich vor der Primitivrinne eine besondere Wachsthumszone vorfinde, dass von ihr aus sich immer neue Theile an den zuerst gebildeten Kopftheil des Embryo von hinten her ansetzen und ihn dadurch von der Primitivrinne weiter abdrängen. Mit dieser Annahme, zu welcher der Entwicklunj; der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 153 Beobachter wohl zuniiclist geführt wird, stimmen indessen die that- sächliclien Verhältnisse nicht überein, sie lehren viehnelir, dass die Ziiwachszone niclit zwischen Vorderende und Urmund , sondern im Be- reich des letzteren selbst am hintersten Ende der Embryonalanlage gelegen ist. Wenn man durch jüngere und ältere Amphibienend)ryonen mit 10, 11, 12 oder mehr Ursegmenten Querschnittserien hindurchlegt und sie von hinten nach vorn verfolgt, so findet man erst den offenen Urmund, dann sieht man seine Ränder sich dicht zusammenlegen, dann zu einem Zellstrang verschmelzen, endlich diesen sich in Chorda und Medullarplatte sondern. Man kann in diesen Befunden nur eine Reihe sich an einander anschliessender und aus einander hervorgehender Ent- wicklungszustände erblicken, der Art, dass das jeweilig ältere Stadium nach vorn, das jüngere etwas weiter nach hinten gelagert ist. Wenn nun aber bei der Entstehung des 10, Ursegments ein Stück Urmund sich schliesst und ebenso bei der Entstehung des 11., 12. und so weiter, der offen bleibende Urmund aber hinter dem jeweilig letzten Segment immer noch als nahezu gleich grosser Rest vorgefunden wird , so wird man nothgedrungen zu der Annahme geführt, dass sich der hintere Theil des Urmunds durch Wachsthum in demselben Maasse ergänzen muss, als er nach vorn durch den Verschluss verliert. Was man daher auf den einzelnen Stadien als Ur- mund bezeichnet, ist nicht ein und dasselbe unver- ändert gebliebene Organ, es sind nur verschiedene Strecken eines sich durch Wachsthum am hinteren Ende in demselben Maasse ergänzenden und erneuernden Organes, als es nach vorn durch Verwachsung und Organdifferenzirung aufgebraucht wird. Die einzelnen Entwicklungsstadien eines Wirbel- thierkeims zeigen uns immer nur einen kleinen, dem jeweiligen Stadium entsprechenden Abschnitt des Ur- munds geöffnet. Wollen wir uns eine Vorstellung von seiner Gesammtausdehnung verschaffen, so müssen wir uns alle die Stellen, wo vom Beginn der ersten Einstül- pung an eine Verschmelzung der Urmundränder statt- gefunden hat, geöffnet denken. Ist dies geschehen, dann dehnt sich der Urmund vom vorderen Ende der Anlage des Nervensystems und der Chorda dorsalis bis zum After, also durch die ganze spätere Rückengegend des Embryo, in ganzer Länge aus. Ein derartiger spaltförraiger Urmund, der zugleich auch noch von einem Nervenring eingeschlossen ist, tritt uns in dem Thierreich bei den Anthozoen entgegen. Auch findet er sich auf frühen Entwicklungs- stadien vieler Wirbellosen, bei Peripatus, bei Anneliden und Arthro- poden, bei welchen er ebenfalls vom Centralnervensystem ringartig umgeben wird. Bei Peripatus nimmt der Urmund die ganze Länge des Rückens ein und ist noch zu einer Zeit geöffnet, wo schon an seinen Rändern zu beiden Seiten des Spaltes eine Anzahl von Ursegmenten entstanden ist. Für die vorgetragene Anschauung von der grossen Ausdehnung des Urmunds und von seinem allmählich von vorn nach hinten stattfinden- den Verschluss lassen sich noch verschiedene Thatsachen, besonders 154 Sechstes Capitel. aus der Entwicklung des Amphioxus, der Amphibien und Knochenfische, anführen. Die Gastrula des Amphioxus lässt sich zuerst in ihrer Form einer flachen , ovalen Schüssel oder einer Mütze vergleichen , an welcher das spätere hintere Ende gut dadurch zu unterscheiden ist, dass die Ekto- dermzellen grösser sind. Später wandelt sich die weite Mündung in ein kleines Loch um, das, am Hinterende des Embryos gelegen, an der Rückenfläche ausmündet. Hatschek hat die Frage, in welcher Weise die Verengerung des Urmundes zu Stande kommt, sorgfältig geprüft und ist durch Vergleichung der einzelnen Zwischenformen zu dem Schluss gekommen, dass dies durch Verwachsung seiner Ränder ge- schieht, welche vom vorderen Theil ausgeht, während der hintere stets unverändert bleibt. „Die Verwachsung erfolgt in einer Linie, welche den grösseren Theil der späteren Rückenlinie bildet." Zu derselben Auffassung vom Urmundschluss ist Roux durch sinn- reich ausgeführte Experimente an Froscheiern gelangt. Weitere Argumente liefert die Entwicklungsgeschichte der Knochen- fische, durch deren Studium His zu seiner Concrescenztheorie geführt wurde. Wie schon oben (Fig. 124 J.— D) gezeigt wurde, wächst der embryonale Körper dadurch in die Länge, dass sich an den zuerst ent- standenen Kopftheil Zellenmassen anfügen, die dem links und rechts anstossenden Keimscheibenrand (dem randständigen Theil des Urmunds) angehören, nach der Medianebene des Embryos zusammenrücken und hier in der Urmundnaht verschmelzen. Endlich sprechen für die Richtigkeit der Urmundtheorie eigen- thümliche Hemmungsmissbildungen, die bei Frosch- und Fischembryonen häufig beobachtet werden. Durch irgend eine störende Ursache ist bei diesen entweder der Verschluss des ganzen Urmundgebietes oder nur der Verschluss einer mehr oder minder grossen Strecke unter- blieben , während die Urmundränder fortgefahren haben , sich in die einzelnen Organanlagen, in Rückenmark, Chorda, Ursegmente etc., zu diff'erenziren. So ist bei der in Figur 127 abgebildeten Missbildung eines Frosch- embryos der vorderste Theil des Kopfes (k) gebildet i hinter ihm ist aber die ganze Rückengegend durch einen weiten Schlitz geöfliiet, durch Fig. 127. Fiff. 128. Fig. 127. Missgebildeter Froschembryo mit hochgradiger Urmund- spalte vom Rücken aus gesehen, k Kopf, kd Eiui;aug in die Kopfdarmhülile. ur Urmundrand. ar Afterriime. d Eingang in den Enddarra. Fig. 128. Querschnitt durch das hintere Drittel des Rumpfes der in Fig. 127 abgebildeten Missbildung, mp MeduUarplatle. v Verbindungsstelle der Medullar])latte mit dem Dotter, c/i Chorda, mk mittleres Keimblatt. Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 155 welchen der Nahrungsdotter nach aussen hervorsieht. Rings umschlossen wird der grosse, den offen gebliebenen Urniund ausfüllende Dotterpfropf vom Urnuindrand {ur). Derselbe hat sich aber auf dem schon weit vor- gerückten Enibryonalstadium , wie der dazu gehörige Querschnitt (P'ig. 128) lehrt, in eine halbe Medullarplatte (mp), in Chorda (ch), mittleres Keimblatt (mJc) und Ursegmente gesondert. Im Laufe des weiteren Wachsthums kann die Missbildung sich noch mehr der Norm wieder nähern, indem die getrennten Organhälften nach der Medianebene allmählich zusammenrücken und hier nachträglich von vorn nach hinten verschmelzen. Aehnliche Missbildungen kommen auch bei höheren Wirbelthieren und nicht selten beim Menschen vor und sind hier unter dem Namen der Spina bifida bekannt. Sie sind von um so grösserem Interesse, als sie, wie oben gezeigt wurde, auf der ge- hemmten Entwicklung eines der ältesten und primitiv- sten Organe des Wirbelthi erkörpers, des Urmunds, be- ruhen, nämlich auf dem Ausbleiben seines normalen Verschlusses. Zusammenfassung. A. Die Keim blase. 1) Aus dem Haufen der Furchungszellen (Maulbeerkugel, Morula) entwickelt sich bei allen Wirbelthieren eine Keimblase (Blastula) mit einer Furchungshöhle. 2) Es gibt bei den Wirbelthieren vier verschiedene Arten von Keim- blasen, je nach dem Gehalt an Dotter und der Vertheilung desselben. a) Beim Amphioxus ist die Furchungshöhle sehr gross, und ihre Wand besteht aus einer einzigen Lage annähernd gleich grosser cylindrischer Zellen, b) Bei Cyclostomen und Amphibien ist die Furchungshöhle eng, die eine Hälfte der Blasenwand ist dünn und aus einer oder mehreren Lagen kleiner Zellen zusammengesetzt, die andere Hälfte ist erheblich verdickt und aus grossen, vielfach über einander ge- schichteten Dotterzellen gebildet. c) Bei Fischen, Reptilien und Vögeln (meroblastische Eier) ist die Furchungshöhle verschwindend klein und spaltförmig. Nur ihre Decke oder ihre dorsale Wand besteht aus Zellen (Keimscheibe), ihr Boden oder ihre ventrale Wand dagegen besteht aus der nicht in Zellen zerfallenen Dottermasse, die in der Nähe des Keim- scheibenrandes Dotterkerne einschliesst. d) Bei Säugethieren ist die Furchungshöhle sehr geräumig, mit eiweisshaltiger Flüssigkeit erfüllt; ihre Wand setzt sich aus einer einzigen Lage stark abgeplatteter, hexagonaler Zellen zu- sammen, mit Ausnahme einer kleinen, verdickten Stelle, wo grössere Zellen, mehrfach über einander geschichtet, einen nach innen vor- springenden Hügel bedingen. 156 Sechstes Capitel. B. Die Becher larve oder Gastrula mit zwei Keimblättern. 1) Aus der Keimblase entwickelt sich durch Einstülpung eines Theiles ihrer Oberfläche eine zweiblätterige Form, die Becherlarve oder Gastrula, 2) Die beiden Lamellen des Doppelbechers sind das äussere und das innere Keimblatt (Ektoblast, Entoblast); der die beiden Blätter trennende Spaltraum ist die obliterirte Furchungshöhle; der durch die Einstülpung entstandene Hohlraum ist die Urdarmhöhle, seine Oeffnung nach aussen der Urmund. (Blastoporus, Prostoma, Sichelrinne, Priraitiv- rinne.) 3) Den vier Arten von Keimblasen entsprechen vier Arten von Becherlarven. a) Beim Amphioxus ist der Urdarm weit und jedes Keimblatt aus einer einfachen Lage cylindrischer Zellen aufgebaut. b) Bei Cyclostomen und Amphibien sammelt sich an der ven- tralen Wand des Urdarms im inneren Keimblatt die Masse der Dotterzellen an und bedingt einen Vorsprung, durch welchen der Urdarm zu einem Spalt eingeengt wird. c) Bei Fischen, Reptilien und Vögeln bleibt der Einstülpungs- process auf die Keimscheibe beschränkt, da der ungetheilte Dotter sich wegen seines beträchtlichen Volumens nicht mit einstülpen lässt. Die Keim Scheibe wird zweiblätterig, indem an der Sichel- rinne (dem Urmund) ein Einwachsen von Zellen erfolgt. Der Dotter erhält erst sehr langsam und spät ringsum eine zellige Begrenzung, indem er vom Rand der Keimscheibe, an welchem die Nach- furchung (Dotterkerne) vor sich geht, umwachsen wird. Am raschesten breitet sich das äussere Keimblatt um den Dotter aus; dann folgt das innere, zuletzt das mittlere nach. d) Bei den Säusethieren entwickelt sich das innere Keimblatt von der verdickten Stelle der Keimblase aus, wahrscheinlich durch Einstülpung, da auf einem späteren Stadium eine der Primitivrinne der Vögel vergleichbare Einstülpungsöfifnung oder ein Urmund nach- gewiesen werden kann. Am Anfang seiner Entwicklung hört das innere Keimblatt nach unten mit einem freien Rande auf, so dass der Urdarm ventralwärts eine Zeit lang nur vom äusseren Keim- blatt abgeschlossen wird, eine Eigenthümlichkeit, die sich auf die Verhältnisse bei Reptilien und Vögeln zurückführen lässt, wenn wir uns bei ihnen das Dottermaterial, ehe es vom inneren Keimblatt vollständig umwachsen ist, geschwunden denken. 4) Bei den Wirbelthieren zeigt die Becherlarve eine scharf aus- geprägte, bilaterale Symmetrie, so dass man späteres Kopf- und Schwanz- ende, spätere Rücken- und Bauchseite des Körpers leicht unterscheiden kann. Der Urmund (Sichel- und Primitivrinne) bezeichnet das Schwanz- ende. Die Bauchseite ist gekennzeichnet als der Ort, an welchen das gefurchte oder nicht gefurchte Dottermaterial zu liegen kommt. C. Der Embryo mit vier Keimblättern und einer Leibeshöhle. 1) Bei allen "Wirbelthieren bilden sich an der Decke des Urdarms zwei seitliche Ausstülpungen des inneren Keimblattes, durch welche der Entwicklung der beiden mittleren Keimblätter (Coelomtheorie). 157 Urdarm in einen mittleren Kaum, den secundären Darm, und in zwei seitliche Räume, die beiden Leibessäcke, ab^etheilt wird. 2) Das primäre innere Keimblatt sondert sich in Folge des Aus- stülpungsprocesses in drei Theile: erstens in die epitheliale Auskleidung des Darmrohrs (secun- däres inneres Keimblatt odei- Darmdrüsenblatt), zweitens in die epitheliale Auskleidung der Leibeshöhle oder das mittlere Keimblatt, an welchem ein parietales und ein viscerales Blatt zu unterscheiden sind, drittens in die Anlage der Chorda, welche ihren Ursprung nimmt aus dem Abschnitt des primären inneren Keindilattes, der zwischen den seitlichen Ausstülpungen der Leibeshöhle an der Decke des Ur- darms gelegen ist. 3) Der Ausstülpungsprocess lässt bei den Wirbelthieren zwei Modi- ficationen erkennen. a) Beim Amphioxus sind die Ausstülpungen klein, zahlreich und segmentweise angeordnet, von Anfang an mit einer Höhlung versehen und entwickeln sich, vom Grunde des Urdarms beginnend, allmählich nach dem oifen gebliebenen Theil des Urmunds zu. b) Bei den übrigen Wirbelthieren wachsen anstatt hohler Säcke zwei solide Zellenniassen aus dem inneren Keimblatt hervor, und zwar: a) in der Umgebung der offenen Urmundstrecke (peristo- maler Mesoblast) ; ß) von hier nach vorn an der Decke des Urdarms in ge- ringer Entfernung von der Medianebene zu beiden Seiten der Chordaanlage (gastraler Mesoblast). Die paarigen Anlagen breiten sich von ihrem Ursprungsort zwischen den primären Keimblättern weiter nach vorn und ventralwärts aus. 4) Die drei aus dem primären , inneren Keimblatt abstammenden Organe (mittleres Keimblatt, Chordaanlage, Darmdrüsenblatt) trennen sich von einander durch Abschnürung. Erstens . die Leibessäcke lösen sich von der Chordaanlage und dem Darmdrüsenblatt ab, wobei die frei werdenden Ränder des parietalen und des visceralen Mittelblattes verwachsen. Zweitens, die Chordaanlage krümmt sich zur Chordarinne ein, und diese geht in einen soliden Stab über, der sich vom Darm- drüsenblatt vollständig isolirt. Drittens, das Darmdrüsenblatt schliesst sich mit einer dorsalen Naht zu einem Rohr. 5) Die Entwicklung der drei Anlagen, wie überhaupt verschiedener anderer Organe, beginnt am Kopfende der Embryonalanlage und schreitet von hier nach dem Urmund zu fort, an welchem noch längere Zeit eine fortgesetzte Neubildung der Theile und eine Zunahme im Längenwachs- thum des Körpers stattfindet. 6) Während der Entwicklung des mittleren Keimblattes hat der Urmund sich bei den Amphibien, Fischen, Reptilien, Vögeln und Säuge- thieren in eine mit der Längsachse des Embryos zusammenfallende Rinne umgewandelt (Primitivrinne der höheren Wirbelthiere). 7) Die Urmuudspalte nimmt Anfangs die ganze Rückenfläche der Embryonalanlage ein; sie beginnt sich aber sehr früh schon von vorn 158 Sechstes Capital. nach hinten in einer Längsnaht zu schliessen , während sie sich gleich- zeitig noch nach hinten durch Zuwachs vergrössert. Der Abstand des offen bleibenden Urmundrestes vom Kopfende wird daher allmählich, je älter der Embryo wird, um so grösser. 8) Der Urmund (Primitivrinne) bildet sich auf späteren Stadien der Entwicklung durch Verschluss seiner Ränder ganz zurück und geht mit Ausnahme des Afters in kein Organ des Erwachsenen über. (Ge- naueres hierüber siehe im 2. Theil des Lehrbuchs.) 9) Vor dem Schwund wird der Urmund (Primitivrinne) von den Medullarwülsten umwachsen und in den Endabschnitt des Nervenrohrs mit aufgenommen, wodurch eine directe Verbindung zwischen Nerven- und Darmrohr hergestellt wird, der Canalis neurentericus. Durch Ver- schluss desselben erfolgt später die Trennung der beiden längere Zeit unter einander comnmnicirenden Organe. SIEBENTES CAPITEL. Geschichte der Blättertheorie. Die fundamentalen Thatsachen vom blattförmigen Bau des Wirbel- thierkörpers , welche in den zwei letzten Capiteln behandelt worden sind, fasst man als die Lehre von den Keimblättern oder als die Blättertheorie zusammen. Da diese Theorie für das Verständniss der thierischen Formentwicklung von der weittragendsten Bedeutung ist und der Zellentheorie als ebenbürtig zur Seite gestellt werden kann, so gehe ich auf ihre Geschichte in einem besonderen Capitel ein. Die allerfrüheste Begründung der Blättertheorie ist an die berühm- testen Namen auf dem Gebiete der Entwicklungsgeschichte geknüpft, an Caspar Friedrich Wulff, P ander, Carl Ernst von Baer. Caspar Friedrich Wulff, der Entdecker der Metamorphose der Pflanze, welcher schon vor Goethe klar und deutlich ausgesprochen hatte, dass die verschiedenen Organe der Pflanze, wie die einzelnen Blüthentheile, sich durch verschiedenartige Umbildung blattartiger An- lagen entwickelt haben, war auch der Begründer der Metamorphose der Thiere, für welche er ein ähnliches Entwicklungsgesetz nachzuweisen versuchte. Er zeigte in seiner grundlegenden Untersuchung über die Bildung des Darmcanals des Hühnchens, dass der Darmcanal im Ei anfänglich als ein blattförmiges Gebilde angelegt wird, dass dieses sich darauf zu einer Halbrinne einkrümmt und endlich zu einem Rohr umgestaltet. Er vermuthete, dass in ähnlicher Weise die übrigen Organsysteme entstehen möchten, und knüpfte an die Entwicklung des Darmcanals den bedeutsamen Ausspruch: „Es scheint, als würden zu verschiedenen Zeiten und mehrere Male hinter einander nach ein- und demselben Typus verschiedene Systeme, aus welchen dann ein ganzes Thier wird, gebildet, und als wären diese darum einander ähnlich, wenn sie gleich ihrem Wesen nach verschieden sind. Das System , welches zuerst er- zeugt wird, zuerst eine bestimmte, eigenthümliche Gestalt annimmt, ist das Nervensystem. Ist dieses vollendet, so bildet sich die Fleischmasse, welche eigentlich den Embryo ausmacht, nach demselben Typus; darauf erscheint ein drittes, das Gefässsystem , das gewiss .... den ersteren nicht so unähnlich ist, dass nicht die allen Systemen als gemeinsam zukommend beschriebene Form in ihm leicht erkannt würde. Auf dieses folgt das vierte, der Darmcanal, der wieder nach demselben Typus gebildet wird und als ein vollendetes, in sich abgeschlossenes Ganze den drei ersten ähnlich erscheint." 160 Siebentes Capitel. Wolff's in lateinischer Sprache abgefasste Schrift machte auf seine Zeitgenossen keinen Eindruck; sie musste der Vergessenheit wieder entrissen werden durch Meckel, welcher im Jahre 1812 eine deutsche Uebersetzung von ihr veröffentlichte. Auf diese Weise ist wahrscheinlich Pander auf Wulff aufmerksam geworden. Er hat die dort noch im Keim enthaltene Lehre unter der Anregung und Leitung seines be- rühmten Lehrers Döllinger weiter ausgebildet. In der im Jahre 1817 veröffentlichten Schrift (Beiträge zur Ent- wicklung des Hühnchens im Ei) unterschied Pander bereits an der Keimhaut zur zwölften Stunde der Bebrütung zwei dünne, von einander trennbare Lamellen als das seröse Blatt und als das Schleimblatt und liess später zwischen ihnen eine dritte Schicht, das Gefässblatt, sich entwickeln. „Was immer Merkwürdiges in der Folge sich zutragen mag", bemerkt er, „so ist es nie für etwas Anderes als eine Metamor- phose der mit unerschöpflicher Fülle des Bildungstriebes begabten Keim haut und ihrer Blätter anzusehen." Wenige Jahre später erhielt die Blättertheorie für längere Zeit einen vorläufigen Abschluss durch Carl Ernst von Baek, der, gleichfalls ein Schüler Döllinger's, in Würzburg die Untersuchungen seines Jugendfreundes Pander hatte entstehen sehen. In mehrjährigen, angestrengten Studien verfolgte Baer mit einer bewunderungswürdigen Genauigkeit die Entstehung der Keimblätter und ihre Umbildung in die einzelnen Orgaue des fertigen Körpers , hauptsächlich beim Hühnchen , aber auch bei einigen anderen Wirbelthieren, und legte seine Untersuchungen nieder in dem an Be- obachtungen und allgemeinen Gesichtspunkten gleich unübertrefflichen, classischen Werke: „Ueber Entwicklungsgeschichte der Tliiere, Be- obachtung und Reflexion". Von Pander weicht Baer darin ab, dass er von den beiden pri- mären Keimblättern, welche er als animales und vegetatives unter- scheidet, sich ein jedes später in zwei Schichten spalten lässt. Das animale Keimblatt theilt sich in Hautschicht und in Fleischschicht, das vegetative desgleichen in Schleimschicht und in Gefässschicht, so dass jetzt vier secundäre Keimblätter entstanden sind. Aus den Keim- blättern entwickeln sich die einzelnen Organe durch morphologische und durch histologische Sonderung. Ein weiterer Fortschritt über Baer hinaus konnte erst erzielt werden, als mit der Begründung der Zellentheorie ganz neue Gesichts- punkte in die Morphologie eingeführt und zugleich die Untersuchungs- methoden, mit besserer Ausbildung der Mikroskope, verfeinert wurden. Es ist ein Hauptverdienst von Remak und Kölliker, nach dieser Richtung hin die Blättertheorie gefördert zu haben. Namentlich hat Remak in seinen ausgezeichneten Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelthiere mit Erfolg die sehr wichtige Frage in Angriff genommen , wie sich die Anfangs gleichartigen Zellen der Keimblätter zu den Geweben der fertigen Organe verhalten, und hat gezeigt, dass aus dem untersten der vier Keimblätter nur die Epithel- und DrüsenzelltMi des Darms und seiner Anhangsorgane, sowie aus dem obersten Blatt die Epithelzellen der Epidermis und der Sinnesorgane und das Nervengewebe hervorgehen, während die beiden mittleren Blätter die Stützsubstanzen und das Blut, das Muskelgewebe, die Harn- und die Geschlechtsorgane liefern. Hinsichlich der Entstellungsweise der vier secundären Keimblätter weicht Remak von Baer ab. Aus den beiden primären Blättern lässt Geschichte der Bliittortheorie. 161 er zimiichst ein drittes, das mittlere Keimblatt hervorgehen, und zwar leitet er dasselbe einziii" und allein durch Abspaltung vom untern Keim- blatt ab. Die drei Schichten bezeichnet er als das obere oder sensorielle, als das mittlere oder motorisch- germinative und als das untere oder trophische Keimblatt. Erst dadurch, dass später das Mittelblatt sich wenigstens in seinen seitlichen Abschnitten (Seitenplatten) abermals in Hautfaserblatt und Darmfaserblatt spaltet, wodurch die Brust- und Leibeshöhle entsteht, konunen die vier secundären Keiml)lätter Baer's zu Staude. In seinen Angaben näliert sich Remak dem wahren Sachverhalt, wie er in den früheren Capiteln dargestellt wurde, mehr als Carl Ernst von Baer: doch irrten beide in gleicher Weise darin, dass sie die Bildung der Keimblätter immer als einen Sonderungs- und Spaltungs- process auffassten. Das ist auch die Klippe, an welcher die Unter- suchungen der zahlreichen Forscher, welche sich in den nächsten De- cennien nach Remak mit der wichtigen Frage nach der Entstehung der Keimblätter beschäftigt haben, gescheitert sind. Für die höheren Wirbel- thiere, welche meist als Untersuchungsobjecte gedient haben, war diese Frage schwierig zu entscheiden, wie denn die widersprechendsten An- sichten darüber laut wurden, ob das mittlere Blatt sich nur aus dem unteren (Remak) oder nur aus dem oberen oder aus beiden zugleich entwickele. Licht konnte hier nur verbreitet werden durch Aufstellung neuer, allgemeiner Gesichtspunkte. Dieselben konnten nur durch die ver- gleichende Methode und durch das Studium niederer Wirbelthiere und der Wirbellosen gewonnen werden. Zwei fundamentale Processe waren dem Verständniss näher zu bringen: 1) wie entwickeln sich die beiden primären Keim- blatt e r i 2) wie entwickeln sich die beiden mittleren Keim- blätter. Die eine Frage ist in der Gastraeatheorie, die zweite in der Coelomtheorie auf dem Wege der vergleichend- entwicklungsgeschichtlichen Methode der Beantwortung näher gebracht worden. Um die Lösung der ersten Aufgabe , welche am früliesten gelang, haben sich namentlich Huxley und Kowalevsky, Haeckel und Rat Lankester hohe Verdienste erworben. Sie zeigten theils durch ana- tomische, theils durch entwicklungsgeschichtliche Studien, dass, mit Aus- nahme der Protozoen, der Körper aller wirbellosen Thiere aus Blättern aufgebaut ist, welche sich den primären Keimblättern der Wirbelthiere vergleichen lassen. Der geistvolle, englische Zoologe Huxley unterschied schon im Jahre 1849 bei den Medusen 2 MemlDranen, ein Aussen- und ein Innen- blatt, aus welchen allein sich ihr Körper aufbaut, und sprach hierbei den glücklichen Gedanken aus, dass sie nach ihren physiologischen Leistungen dem serösen Blatt und dem Schleimblatt Baer's gleichwerthig seien. Für die Schichten der Coelenteraten führte bald darauf (1853) Allmann die jetzt so viel gebrauchten Namen Ektoderm und Entoderm ein, deren man sich später auch zur Bezeichnung der embryonalen Blätter bedient hat. In noch höherem Grade wurde die Blättertheorie durch den russischen O.'Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 11 162 Siebentes Capitel. Zoologen Kowaleysky gefördert, der in zahlreichen, vorzüglichen Detail- untersuehungen uns mit einer Fülle wichtiger Thatsachen aus der Ent- wicklungsgeschichte der Würmer, Coelenteraten, Mollusken, Brachiopoden, Tunicaten, Arthropoden bekannt gemacht hat. Er führte den Nachweis, dass bei allen Wirbellosen, die er untersucht hatte, am Anfang der Entwicklung sich zwei Keimblätter bilden, dass fast überall, wenn sich der Furchungsprocess abgespielt hat, eine Keimblase entsteht und dass diese sich, indem ein Theil der Wand in das Innere eingestülpt wird, in einen Doppelbecher umwandelt, dessen von zwei Keimblättern um- grenzter Hohlraum durch eine Oeffnung nach aussen communicirt. Es gelang ihm, die sehr wichtige Becherlarve in vielen Thierstämmen nachzuweisen. Bei dieser Gelegenheit sei auch der Verdienste einiger anderer Embryologen gedacht, welche die Becherlarve und ihre Ent- stehung durch Einstülpung noch früher in einzelnen Fällen be- obachtet haben. Ruscoxi und Remak haben die Becherlarven von Amphibien, Gegenbaür von den Sagitten oder Pfeiiwürmern, Max ScHULTZE von Petromyzon beschrieben. Während Kowalevsky durch seine Untersuchungsreihen das That- sachenmaterial bereicherte, hat Haeckel dasselbe zuerst zu einer all- gemeinen Theorie zu verwerthen gesucht, indem er auf dem Wege morphologisclier Vergleichung bisher zusammenhangslose Thatsachen in Verbindung setzte. Ausgehend von der Entwicklung und der Anatomie der Spongien verglich er den blätterigen Bau der Embryonen aller Thiere und den blätterigen Bau der Coelenteraten mit einander und schuf als Frucht dieser Studien die berühmte Gastraeatheorie, welche bei ihrer Veröffentlichung von vielen Seiten angefeindet, jetzt in ihrem wesentlichen Inhalte allgemeine Annahme gefunden und den An- stoss zu zahlreichen Untersuchungen gegeben hat. Haeckel zeigte, dass in der Entwicklung der verschiedenen Thierclassen von den Spongien bis zum Menschen hinauf eine Keimform, die Gastrula, auftritt, die aus zwei Zellenblättern besteht, und dass die beiden Zellenblätter der ver- schiedenen p]mbryonalformen einander vergleichbar oder homolog sind. Die Gastrula stellt, wie er durclizuführen versuchte, im einfachsten Zustand einen Doppelbecher mit einer Urdarmhöhle und einem Urmund dar, kann aber dadurch, dass im Ei Dottermaterial abgelagert wird, wie bei den meisten Wirbelthieren , in hohem Grade abgeändert werden, so dass die ursprüngliche Grundform kaum noch zu erkennen ist. In Folge dessen unterschied er, je nach der Art der Abänderung, verschiedene Formen der Gastrula als Glocken-, Hauben-, Scheiben- und Blasengastrula. Die verschiedenen Formen lässt er durch einen Einstülpungsprocess aus einer noch einfacheren Grundform, welche das Endresultat des Furchungsprocesses ist, aus der Keimblase, ent- stehen ^). ') Es verdient liier liorvorgelioben zu werden, dass bereits Oken und C. Eknst V. Bakr, wenn auch in einer noch seiir unbestimmten Weise, die Bedeutuno; der Blasen form für die Entwicklung des thierischen Körpers hervorgehoben haben. Oken war ein Gegner der WoLFi-'schen Blättertheorie. In einer Kritik über die Untersuchungen Pander's ruft er mit Emphase und mit gewissem Rechte aus: „So können die Sachen nicht sein. Der Leib entsteht aus Blasen und nimmermehr aus Blättern", und er knüpft hieran die sehr zutreffende Bemerkung: ,,Es scheint uns, als wenn man ganz und gar vcrgässe, dass der Dotter und die Dotterhaut, die eine Blase ist, wesentlich zum Leibe des Keims gehören, dass der Embryo Geschichte der Blättertheorie. 1(J3 Seine ausgezeichnete Gastmeatheorie veröffentlichte Haeckkl in zwei Aufsätzen in der Jenaischen Zeitschrift: 1) Die Gastraeatheorie, die phylogenetische Classification des Thierreichs und die Homologie der Keimblätter, und 2) Nachträge zur Gastraeatheorie. Gleichzeitig mit Hakckel wurde auch in England Ray Lankester zu einer ähnlichen Theorie geführt, welche er in einer ideenreichen Schrift: On the primitive cell-layers of the embryo as the basis of genealogical Classification of animals, ausgeführt hat. Sowohl Haeckel als Lankester waren den Nachweis schuldig ge- blieben, wie in einzelnen Abtheilungen der Wirbelthiere, bei Fischen, Reptilien, Vögeln und Säugethieren die Entwicklung der Gastrula vor sich geht. Um die Feststellung und Klärung zahlreicher, in der Gastraeatheorie unerledigt gebliebener Detailfragen haben sich Balfour, VAN Beneden, Gerläch, Götte, Hoffmann, Koller, Rauber, Rückert, Selenka, Duval, Räbl u. Andere wesentliche Verdienste erworben. So kam durch die HAECKEL'sche Gastraeatheorie allmählich Klar- heit in folgende Punkte: 1) Die beiden primären Keimblätter, welche die Grundlage für die Entwicklung der Wirbellosen und der Wirbelthiere bilden, entstehen nicht durch Sonderung oder Spaltung, sondern durch Einfaltung einer ursprünglich einfachen Zellenschicht ^). 2) Die Keim- blätter sind einander vergleichbar oder homolog, weil sie sich nach dem- selben Princip entwickeln und die beiden Fundamentalorgane des thie- rischen Körpers aus sich hervorgehen lassen, nämlich die Schicht, welche den Körper nach aussen begrenzt (das Ektoderm) , und die Schicht, welche die Verdauungshöhle auskleidet (das Entoderm). 3) Der Darm- canal aller Thiere entsteht durch Einstülpung. In der Frage nach der Entwicklung der mittleren Keimblätter blieb Haeckel auf dem überlieferten Standpunkte stehen, und zwar neigte er sich am meisten der Ansicht C. E. v. Baer's zu, dass das Hautfaser- blatt sich vom primären äusseren und das Darmfaserblatt vom inneren Keimblatt abspalte. Dagegen huldigten die meisten Embryologen, welche sich mit der Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere beschäftigten, der Ansicht Remak's und Hessen das ganze mittlere Keimblatt sich vom unteren abspalten. Die Leibeshöhle betrachteten sie als einen Spaltraum im mittleren Keimblatt und stellten sie anderen lymphatischen Hohlräumen, wie sie an verschiedenen Stellen des Körpers im Bindegewebe auftreten, an die Seite. Die Berichtigung dieser Anschauungen ist in ähnlicher Weise wie bei den primären Keimblättern von verschiedenen Seiten aus in Angriff genommen worden. Durch genaueres Studium der Keimblätteibildung bei dem Hühnchen und bei den Säugethieren fand Kölliker, dass das mittlere Keimblatt sich vom unteren nicht einfach abspalte, sondern von nicht darauf schwimmt, wie der Fisch im Wasser, oder darauf liegt, wie eiu Trichter auf dem Fass." In ähnlicher Weise bemerkt Bäer , ohne aber das Vei-hältniss zu den Keim- blättern näher auseinanderzusetzen : „Da der Keim das unausgebildete Thier selbst ist, so kann man nicht ohne Grund behaupten, dass die einfache Blasenform die gemeiu- schaftliclie Grundform ist, aus der sich alle Thiere nicht nur der Idee nach, sondern historisch entwickeln." ^) Für einzelne wirbellose Thiere wird noch von mehreren Autoren angegeben, dass sich das innere Keimblatt nicht durcli Einfaltung, sondern durch Abspaltung oder Delamination vom äusseren Keimblatt entwickele. 11* 164 Siebentes Capitel. einem beschränkten Bezirk der Keimhaut aus entstehe, nämlich von der Primitivrinne aus, wo die beiden Grenzblätter in einander übergehen. Von hier aus lässt er es zwischen die beiden primären Keimblätter als eine solide Zellenmasse hineinwachsen und später durch Spaltung in 2 Blätter in ihm die Leibeshöhle sichtbar werden. Hiermit war in der Darstellung" des thatsächlichen Sachverhalts ein nicht unwesentlicher Fortschritt geschehen. Ein tieferes Verständniss dieser embryonalen Vorgänge bei den Wirbelthieren wurde aber auch hier erst durch das Studium wirbelloser Thiere angebahnt, besonders durch die wichtigen Entdeckungen von Metschnikoff und Kowalevsky über die Bildung der Leibeshöhle bei Echinodermen, Balanoglossus , Chaetognathen , Brachiopoden und Am- phioxus. Ersterer fand, dass bei Echinodermenlarven und bei Tornaria, der Larve vom Balanoglossus, die Wandungen der Leibeshöhle von Aus- stülpungen des Darmcanals gebildet werden. Noch mehr Aufsehen aber erregte es, als Kowalevsky 1871 seine Entwicklungsgeschichte der Sagitta veröffentlichte und zeigte, wie der Urdarm der Gastrula durch 2 Falten in 3 Räume, in die secundäre Darmhöhle und in die Leibes- höhlen abgetheilt wird, was später durch Untersuchungen von Bütschli und mir volle Bestätigung fand. Der Sagittenentwicklung Hess darauf Kowalevsky nach kurzer Pause seine Brachiopodenarbeit folgen, in welcher er wieder die Wissenschaft mit dem neuen wichtigen Factum bereicherte, dass auch in dieser Classe sich die Leibeshöhle in derselben Art wie bei den Chaetognathen anlegt. Ihr folgte später die grund- legende Arbeit über den Amphioxus. Durch die wichtigen, an Wirbellosen gemachten Befunde wurden HuxLEY, Länkester, Balfoür , mein Bruder und ich zu theoretischen Betrachtungen über den Ursprung der Leibeshöhle und der mittleren Keimblätter im Thierreich angeregt. HuxLEY unterschied 3 nach ihrer Entstehung verschiedene Arten der Leibeshöhle : 1 ) ein Enterocoel, welches wie bei den Pfeilwürmern etc. von Ausstülpungen des Urdarms abstammt, 2) ein Schizocoel, welches sich durch Spaltbildung in einer zwischen Haut und Darm gelegenen, mesodermalen Stützsubstanz entwickelt, 3) ein Epicoel, das durch Ein- stülpung der Körperol)erfläche wie der Perithoracalraum der Tunicaten angelegt wird. Letzterer Art, meint Huxley, entspräche vielleicht auch die Pleuroperitonealhöhle der Wirbelthiere. An Huxley's Schrift knüpft Laxkester an. Bis nicht entscheidende Beweise für eine verschiedenartige Genese der Leibeshöhle beigebracht seien, will er der Hypothese eines bei allen Thieren einheitlichen Ur- sprungs den Vorzug geben, und zwar lässt er das Schizocoel aus dem Enterocoel hervorgehen in der Weise, dass Ausstülpungen des Urdarms ihr Lumen verloren haben und daher als solide Zellenmassen angelegt werden, welche erst nachträglich wieder eine Höhlung gewinnen. Wäh- rend Länkester in dieser, sowie in einer zweiten Schrift im Bestreben, Alles nach einer Weise zu schematisiren , über bestehende Verschieden- heiten hinwegsieht, trägt Balfour in verschiedenen Abhandlungen den thatsächlichen Befunden bei seinen Speculationen mehr Rechnung, wie er sich denn auch hauptsäclilich auf die Erklärung der Verhältnisse der Wirbelthiere beschränkt. Bei Untersuchung der Entwicklung der Sela- chier macht er die wichtige Entdeckung, dass das" mittlere Keimblatt von den seitlichen Rändern des Urmundes aus entsteht und Anfangs 2 getrennte Zellenmassen bildet, welche nach vorn und seitlich zwischen Geschichte der Blättertheorie. 105 die 2 primären Keimblätter liineinwaclisen. Da alsbald in jeder Zellen- masse eine gesonderte Hohle auftritt, bezeichnet er die Leibeshöhle als eine von Anfang an paarige Bildung und vergleicht sie den Leibessäcken, welche sich bei Wirbellosen durch Aussttdpung vom Urdarin entwickeln. Gegen seine Deutung, fuhrt Balfuuk mit Recht an, könne die anfänglich solide Beschaifenheit der beiden Anlagen nicht ins Gewicht fallen, da in zahlreichen Fällen Organe, welche eigentlich Höhlungen enthalten mi'issten, solid entwickelt und erst nachträglich hohl werden, wie man denn bei manchen Echinodermen an Stelle hohler Ausstülpungen des Urdarms solide Zellenmassen antreffe. Durch ähnliche theoretische Gesichtspunkte, wie die englischen Morphologen geleitet, versuchten darauf mein Bruder und ich, die auf der Tagesordnung stehende Frage nach der Entwicklung der Leibes- höhle und der mittleren Keimblätter durch planmässige, in den Studien zur Blättertheorie veröffentlichte Untersuchungen, welche sich auf Wirbel- lose und W^irbelthiere erstreckten, durch eingehende Vergleichung ent- wicklungsgeschichtlicher und anatomischer Verhältnisse und mit Berück- sichtigung des morphologischen und histologischen Aufbaues der Orga- nismen zu einer Lösung zu führen. Die Resultate dieser Untersuchungs- reihen wurden in 2 Schriften veröffentlicht: 1) in der „Coelomtheorie, Versuch einer Erklärung des mittleren Keimblattes", und 2) in der .,Entwicklung des mittleren Keimblattes der Wirbelthiere". In der ersten Schrift sahen wir uns genöthigt, zur Klärung der Verhältnisse dem Begriff Keimblatt eine schärfere Fassung zu geben. Wir bezeichneten als solches eine Lage embryonaler Zellen, die wie ein Epithel angeordnet sind und zur Oberflächenbegrenzung des Körpers dienen. Nach Ablauf des Furchungsprocesses ist nur ein Keimblatt vorhanden, näm- lich das Epithel der Keim blase. Aus ihm entstehen die ü b r i g e n Keimblätter durch den P r o c e s s der Ein- u n d Ausstülpung. Das innere Keimblatt bildet sich durch die G a s t r u 1 a t i 0 n , die beiden mittleren Keimblätter durch die Leibes höhl enbil düng, indem sich aus dem Ur- d a r m 2 L e i b e s s ä c k e ausstülpen und zwischen die beiden primären Keimblätter trennend hineinwachsen. Es gibt erstens Thiere, die sich nur aus 2 Keimblättern entwickeln und nur eine durch Einstülpung entstandene Höhle, einen Urdarm, in ihrem Körper besitzen (Coelenteraten und Pseudocoelier), und zweitens Thiere mit 4 Keimblättern, einem secundären Darm und einer aus dem Urdarm entstandenen Leibeshöhle oder einem Enterocoel. Zu den zweiblätterigen Thieren gehören die Coelenteraten und Pseudocoelier, alle vierblätterigen Thiere aber sind Enterocoelier. Von diesem Standpunkt aus suchten wir dann zu beweisen, dass man seither unter dem Begriff „mittleres Keimblatt" zwei Dinge, die genetisch, morphologisch und histologisch ganz verschiedenartig sind, zusammengeworfen hat. Ausser den durch Einstülpung entstandenen Zellenlagen hat man zum mittleren Keimblatt auch Zellen gerechnet, die sich von den pri- mären Keimblättern einzeln absondern und die Stützsubstanz und, wo solches vorhanden ist, auch das Blut zwischen den Epithellagen des Körpers erzeugen. Derartige embryonale Zellen, die durch Auswanderung in dem von den Keimblättern begrenzten Zwischenraum gebildet werden, nannten wir Mesenchvmkeime und das von ihnen gelieferte Gewebe 166 Siebentes Capitel. das Mesenchym. Es findet sich sowohl hei zwei- als auch bei vier- blätterigen Thieren. Von der Keimblattbildiing , welche mit der mor- phologischen Diflferenzirung des Körpers in Zusammenhang steht, muss die Mesenchymbildung , welche uns in einem der nächsten Capitel noch besonders beschäftigen wird , nach unserer Meinung scharf unterschieden werden, wenn in die ganze Blättertheorie Klarheit und ein einheitliches Princip gebracht werden soll. In der zweiten Schrift galt es, zu zeigen, dass bei den Wirbeltliieren sich ein mittleres Keimblatt durcli Einfaltung entwickelt. Zu dem Zwecke wurde die Entwicklung der Amphibien, Fische, Reptilien, Vögel und Säugethiere mit der Entwicklung des Amphioxus verglichen und so die Grundlage gewonnen, auf welcher die Entwicklung des mittleren Keimblattes in dem vorausgegangenen Capitel dargestellt worden ist. Nach Veröffentlichung der beiden Schriften sind mehrere Abhand- lungen von VAN Beneden, Duyal, Heape, Hoffmaxn, Kölliker, Koll- mann, PiABL, RÜCKERT, StRAHL , WaLDEYER , BONNET , HUBRECHT, KeIBEL und Anderen erschienen, durch welche werthvolle Thatsachen über die Entwicklung des mittleren Keimblattes in den einzelnen Classen der Wirbelthiere zu Tage gefördert wurden. In einigen von ihnen wurden die Hauptgesichtspunkte der Coelomtheorie im Allgemeinen als richtige anerkannt, Einzelnes zu modificiren versucht, namentlich aber die Frage nach der Bildung des Mesenchyms der Wirbelthiere leibhaft erörtert. Das mechanische Princip der Entwicklungsprocesse, vermöge dessen die Keimblätter und aus diesen die ein- zelnen Organe gebildet werden, ist in seiner vollen Bedeutung erst spät erfasst worden. Unter den Begründern der Blättertheorie hat Pander dieser Frage das meiste Verständniss entgegengebracht. „Die Keimhaut," heisst es bei ihm an einer Stelle, „bildet allein durch den einfachen Mechanismus des Faltens den Leib und die Eingeweide des Thieres. Ein zarter Faden setzt sich als Rückenmark an ihr an, und kaum ist dieses geschehen, so schlägt sie die ersten Falten, welche selbst dem Rückenmark den Sitz anweisen mussten, als Hülle über das kostbare Fädchen, auf diese Weise die erste Grundlage des Leibes bildend. Hierauf geht sie in neue Falten über, welche, im Gegensatz zu den ersten, die Bauch- und Brusthöhle mit Inhalt gestalten. Und zum dritten Male sendet sie Falten aus, um den aus ihr und durch sie gebildeten Foetus in passende Hüllen einzu- wickeln. Daher es denn Niemand befremden mag, wenn im Verlaufe unserer Erzählung so viel von Falten und Umschlagen die Rede ist." Und um Missverständnisse zu vermeiden, fügt er an anderer Stelle die wichtige Aeusserung hinzu, dass, „wo von den Faltungen der Häute die Rede sei, man sich nicht leblose Membranen vorstellen dürfe, deren mechanisch gebildete Falten nothwendig sich über die ganze Fläche verbreiten würden, ohne sich auf einen bestinnnten Raum beschränken zu lassen. Die die Metamorphose der Häute ])edingenden Falten sind vielmehr selbst organischen Ursprungs und bilden sich an dem gehörigen Orte, sei es nun durch Vergrösserung der dort schon vorhandenen oder durch ein Hinzutreten neuer Kügelchen, ohne dass dadurch der übrige Theil der Keimhäute verändert würde". Geschichte der Blätterthoorie. 107 Viel weniger klar, meist ,uar nicht, haben sich Pander's Nachfolger über den Faltenmechanismus ausges])rochen. Die ganze Lehre wird von Rudolph WxV(;nkk sogar als entschieden irrig verurtheilt. „Niemandem wird es einfallen," heisst es in seinem Lehrl)uche der Physiologie, „sich die 3 Blätter der Keimhavit wie die Blätter eines Buches zu denken. Niemand wird der mechanischen Vorstellung huldigen, als entstünde der Embryo durch eine Faltenbildung dieser 3 Blätter." Nach Panper hat sich zuerst wieder Lotze mit der „Mechanik der Gestaltbildung" eingehender beschäftigt, worauf Rauber in einer ver- dienstvollen Geschichte unseres Gegenstandes hingewiesen hat. Er be- zeichnet das „ungleichförmige Wachsthum" oder die „ungleichförmige Vegetation" als die Ursache der Lageveränderungen, die theils als Ver- schiebungen, Ausbuchtungen, Piinstülpungen oder Dehnungen nur er- scheinen, theils wirklicli auf diesem Wege durch mechanischen Zug und Druck hervorgebracht werden. In jüngster Zeit hat His das Studium der Entwicklungsgeschichte von mechanisch-physiologischen Gesichtspunkten aus intensiver als alle seine Vorgänger betrieben und auch die Bedeutung des Faltungsprocesses für die Körperbildung wieder nachdrücklich betont. Die beiden hier in Betracht kommenden Hauptschriften von His sind: „Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes", 1868, und „Unsere Körper- form und das physiologische Problem ihrer Entstehung", 1874. Indem ich betreffs des Einzelnen auf die Schriften verweise, bemerke ich, dass trotz vielfacher Uebereinstimmungen ich doch in wichtigen Punkten der Betrachtungsweise von His nicht beistimmen kann. Wenn His z. B. (pag. 52) die Mechanik der Gestaltung auf das einfache Problem von den Formveränderungen einer ungleich sich dehnenden, elastischen Platte zurückführen will , so übersieht er meiner Meinung nach, dass eine aus Zellen aufgebaute Platte, auch wenn sie elastische Eigenschaften besitzt, doch ein viel complicirteres Gebilde ist und dass die Faltungs- und Ausstülpungsprocesse in erster Linie von den Wachsthumsenergieen besonderer Zellgruppen hervorgerufen werden, sich also mit Krümmungen und Dehnungen elastischer Platten nicht vergleichen lassen. Wie schon Pander betont hat, darf man bei den Faltungsprocessen nicht an leb- lose Membranen denken, vielmehr sind „die Falten selbst organischen Ursprungs, hervorgerufen am gehörigen Orte durch eine daselbst statt- findende Zellenvermehrung". Daher hat sich Haeckel gegen die von His angebahnte Behandlungsweise der Entwicklungsgeschichte in seiner Streitschrift: „Ziele und Wege der heutigen Entwicklungsgeschichte" gewandt. Dass die morphologische Differenzirung des thierischen Körpers in erster Linie auf einem Faltungsprocess epithelialer Laraellen beruht, haben mein Bruder und ich in einer noch mehr erschöpfenden Weise als unsere Vorgänger an der Hand eines reichen Beobachtungsmaterials durchzuführen versucht. In unseren Studien zur Blättertheorie haben wir erstens auf die Coelenteraten die Aufmerksamkeit gelenkt, als die- jenigen thierischen Organismen, bei denen sich das Princip der Falten- bildung auf das Klarste in der ganzen Organisation bis in das Einzelne durchgeführt zeigt, und zweitens haben wir für die Wirbelthiere fest- zustellen versucht, dass Organe, wie die Leibeshöhle, Chorda, Ursegmente, die man durch Sonderung und Spaltung von Zellschichten entstehen liess, gleichfalls wieder durch den typischen Process der Faltenbildung und Abschnürung in das Dasein treten. 168 Siebentes Capitel. Endlich haben wir auch für das ungleiche Wachsthum einer Zellen- membran eine physiologische Ursache nachzuweisen versucht und bei den Coelenteraten eine solche im ungleichen Functioniren ihrer ver- schiedenen Abschnitte aufgefunden. Theile einer Membran werden stärker wachsen und sich einfalten müssen, wenn sie vermöge ilu'er Lage stärker als benachbarte Strecken functionell in Anspruch genommen werden. Am Schluss dieser historischen Skizze sei noch darauf hingewiesen, dass C. E. V. Baer in der allgemeinen Besprechung der entwicklungs- geschichtlichen Processe zwischen den Vorgängen der morphologischen Sonderung, welche sich am Beginn der Entwicklung abspielen, und den später eintretenden Vorgängen der histologischen Sonderung zuerst in klarer Weise unterschieden hat. Literatur zur Entwicklung und Geschichte der Keimblätter. Balfour. ^1 comparinon of the early stagcs in thc development of Tertebrates. Quarterltf Journal of Microscopical Science. Volume XJ^. New Series 1875. Derselbe. 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Hier kann es nun nicht unsere Aufgabe sein, Schritt für Schritt die gleichzeitig sich vollziehenden Vorgänge zu beschreiben, wodurch die Darstellung eine zerrissene und das Verständniss der einzelnen Processe erschwert werden würde, sondern es ist im didac- tisehen Interesse geboten, aus der Summe vielfältiger Erscheinungen einen einzelnen Entwicklungsprocess herauszugreifen und ihn so weit zu verfolgen, bis er einen vorläufigen Abschluss gefunden hat. Nach der Anlage des mittleren Keimblattes spielen sich an der Embryonalanlage zwei wichtige Processe ab. Der eine Process führt zu einer Gliederung der mittleren Keimblätter in die beiden Seiten- platten und in zwei links und rechts von der Chorda gelegene Reihen von würfelförmigen Körpern, welche man früher in irriger Deutung Ur wir bei genannt hat, für welche man aber jetzt allein und aus- schliesslich den richtigeren Namen der Ursegmente einführen sollte. Der andere Process, der sich etwa zur selben Zeit, wenigstens bei den höheren W^irbelthieren, vollzieht, führt zur Entstehung von Anlagen, aus welchen sich die Stützsubstanzen und das Blut der Wirbelthiere ab- leiten lassen. In diesem Capitel wollen wir die Ursegmentbildung zunächst bei den Eiern des Amphioxus und der Amphibien, alsdann bei den Eiern der Fische, Vögel und Säugethiere in das Auge fassen. Beim Amphioxus fällt die Ursegmentbildung mit der ersten Anlage des mittleren Keimblattes, mehr als bei den übrigen Wirbelthieren, zeitlich zusammen. Sowie am vorderen Ende des Embryos die beiden Coelomsäcke am Urdarm hervorzuwachsen beginnen, tritt auch schon eine von vorn nach hinten fortschreitende Eintheilung derselben in zwei Reihen kleinerer, hinter einander gelegener Säckchen ein (Fig. 129 A, B, us). Auch hier handelt es sich wieder um einen Faltungsprocess, der sich vielfach in der gleichen Weise wiederholt. In geringer Entfernung vom Kopfende der rinnenförmigen Coelom- ausstülpung legt sich ihre aus Cylinderzellen zusammengesetzte Wand in eine zur Längsachse des Embryos quergestellte Falte, welche von oben und von der Seite her in die Leibeshöhle nach abwärts wächst; 174 Achtes Capitel. V Ä °^^rJ H ik dh US'- VSh usJi mk cn B H ik ak ush ush mk ad Fig. 129. Amphioxusembryo mit fünf Paar Ursegmenten in optischen Durchschnitten nach Hatschek. A Von der Seite gesehen. B Vom Rücken gesehen. In Figur £ sind die Oeflhungen der Ursegmentliölden in die Darmhöhle, welche bei tieferer Einstellung zu sehen sind, angedeutet. V vorderes, S hinteres Ende, ak, ik, mk äusseres, inneres, mittleres Keimblatt, dh Darmhöhle, n Nervenrohr, cn Canalis neurentericus, us^ erstes Ursegment, ush Ursegmenthöhle, ud Urdarm. in derselben Weise bildet sich alsbald jederseits in geringer Entfernung hinter der ersten eine zweite, hinter der zweiten eine dritte, vierte Querfalte und so fort in demselben Maasse, als sich der embryonale Körper in die Länge streckt und sich die Anlage des mittleren Keim- blattes durch Fortschreiten der Aussackung nach dem Urmund zu vergrössert. Bei dem in Figur 129 dargestellten Embryo lassen sich jederseits 5 Säckchen zählen. Der Ausstülpungsprocess geht an der mit mk bezeichneten Stelle nach dem Urmund zu noch weiter und lässt durch Querfaltung eine ansehnliche Reihe von Ur- segmenten aus sich hervorgehen, deren Zahl bei einer nur 24 Stunden alten Larve schon etwa auf 17 Paar gestiegen ist. Die Ur- segmente zeigen anfänglich eine Oeffnung, durch welche ihr Hohlraum (ush) mit dem Darmraum in Verl)indung steht. Alsbald aber l)eginnen sich diese Oeffnungen nach einander zu schliessen, indem ihre Ränder einander entgegen- und zusammenwachsen, vmd zwar in derselben Reihenfolge, in der die Abgliederung der Theile von vorn nach ch — Ih - dh - ik- Fig. 130. Querschnitt durch die Mitte des Körpers einesAmphioxusembryo mit 11 Ursegmenten nacli Hat- SCHEK. ak,ik äusseres, inneresKeim- blatt, mk^, mk'^ parietale, visce- rale Lamelle des mittleren Keim- blattes, US Ursegment, n Nerven- rohr, ch Chorda, Ih Leibeshöhlc, dh Darmhöhle. hinten erfolgt ist. Dabei dehnen sich die Entwicklung der Ursegniente. 175 Urseijmente (Fig. 130) allmählich unter Vernielirunn: und Gestalts- veränderung ihrer Zellen sowohl dorsal- als ventralwärts aus. Nach oben wachsen sie mehr und mehr zur Seite des Nervenrohrs empor, das sich mittlerweile von seinem Mutterboden, dem äusseren Keimblatt, ganz abgelöst hat. Nach abwärts schieben sie sich zwisclien secundären Darm und äusseres Keimblatt hinein. Schliesslich wäre gleich hier auch zu erwähnen, dass auf einem noch späteren Stadium, wie auf der rechten Seite der Figur 130 zu sehen ist, die dorsalen Abschnitte der Ursegmente sich von den ven- tralen abschnüren. Die ersteren liefern unter dem Verlust ihres Lumens die quergestreifte Musculatur des Körpers, aus den Hohlräumen der letzteren aber leitet sich die eigentliche ungegliederte Leibeshöhle her, indem die trennenden Scheidewände sich verdünnen, einreissen und schwinden. Aehnliche Vorgänge vollziehen sich in etwas abgeänderter Weise den übrigen Wirbelthieren. Bei den Tritonen (Fig. 131 Än.B) verdickt sich das mittlere Keimblatt beiden Seiten der Chorda [ch) und der Anlage des Centralnerven- bei zu Systems (mp), welche sich zu dieser Zeit zu einer Rinne zusammen mf us/i ~. 0 / 0 t B Fig. 131. Zwei Querschnitte durch einen Tritonembryo. A Querschnitt durch die Gegend des Rumpfes, in welcher das Nervenrohr noch nicht geschlossen ist und die Ursegmente sich von den Seitenplatten abzuschnüren beginnen. B Querschnitt durch die Gegend des Rumpfes, in welcher das Nervenrohr ge- schlossen ist und die Ursegmente sicli gebildet haben. mf Medullarfalten; mp Medullarplatte: n Nervenrohr; ch Chorda; ak, ik äusseres, inneres Keimblatt; wÄ-' parietales, mli^ viscerales Mittelblatt; dh Darmhöhle; Ih Leibes- höhle; ush Ursegmenthöhle ; dz Dotterzellen. 176 Achtes Capitel. ch US usli gekrümmt hat, und hierbei tritt in dem verdickten Theil ein Hohlraum {usli) durch Auseinanderweichen der visceralen und parietalen Lamelle hervor. Die Verdickung ist nicht durch eine Vermehrung der Zellen- lagen, sondern einzig und allein dadurch hervorgerufen worden, dafes die Zellen an Höhe zunehmen und zu langen Cylindern auswachsen, welche um den Hohlraum als Epithel angeordnet sind. Wir unterscheiden diese zu beiden Seiten der Chorda und des Nervensystems gelegenen, ver- dickten Theile der mittleren Keimblätter als die Ursegm entplatten von den seitlichen Theilen oder den Seitenplatten. Im Bereich der letzteren sind die Zellen niedriger und ist gewöhnlich noch kein deut- lich markirter Hohlraum zwischen visceralem und parietalem Blatte vorhanden. Während nun beim Amphioxus der Process der Segmentirung sich auf das gesammte mittlere Keimblatt ausdehnt, ergreift er bei den Am- phibien und ebenso bei allen übrigen Wirbel - thieren nur den Theil, welcher an Chorda und Nervenrohr angrenzt, lässt dagegen die Seitenplatten unberührt. Die Segmentirung beginnt am Kopfende und schreitet langsam nach dem Urmund fort; sie vollzieht sich durch Faltung und Abschnürung. Die an Nervenrohr und Chorda angrenzende, von Cylinderzellen gebildete Epithellamelle er- hebt sich in kleine Querfalten, die, durch gleich grosse Abstände von einander getrennt, in die Höhlung der Ursegmentplatte hinein- wachsen und die Entstehung kleiner, hinter einander gelegener Säckchen veranlassen (Fig. 132). Bald darauf schnürt sich noch jedes Säck- chen von den Seitenplatten ab (Fig. 131 A\x. B). ]\Ian trifft daher jetzt sowohl an Quer- ais Frontalschnitten links und rechts von Chorda und Nervenrohr cubische, von Cylinderzellen ausgekleidete Bläschen, welche von ihrer Umgebung überall durcli einen Spaltraum abgegrenzt sind und in ihrem Innern eine kleine Ursegmenthöhle , ein Derivat der Leibeshöhle, um- scliliessen. Aus dem vorderen Faltenblatt geht die hintere Wand des neugebildeten Ursegments, aus dem hinteren Faltenblatt die vordere Wand des Restes der Ursegmentplatte oder des folgenden der dem- nächst sich abschnürenden Säckchen hervor. Unter den Wirbelthieren , die sich aus meroblastischen Eiern ent- wickeln, scheinen die Selachier den ursprünglichen Modus der Ursegment- bildung am deutlichsten zu zeigen. Indem die parietalen und die vis- ceralen Lamellen des mittleren Keimblattes auseinanderweichen, bildet sich jederseits eine deutliche Leibeshöhle aus (Fig. 136). Der dorsale, an das Nervenrohr angrenzende Al)sc]initt derselben {mp) erhält ver- dickte Wandungen und entspricht der oben unterschiedenen Ursegment- platte, die sich gleichzeitig mit dem Deutlichwerden der Leibeshöhle in die Ursegmente zu gliedern beginnt. Im vorderen Abschnitte des Embryo wird eine Reihe von queren Theilungslinien bemerkl)ar, deren Zahl nach rückwärts continuirlich zunimmt. Längere Zeit hängen die Höhlungen der durch die Querfurchen von einander getrennten Ur- segmente noch mit der gemeinsamen Leibeshöhle ventralwärts durcli ff/.- Fig-. 132. Frontalsehnitt durch der) Rücken eines Tritonembryo mit ausge- bildeten Ursegmenten. , Mau sieht zu beiden Seiten der Chorda {eh) die Ursegmente (ms) mit ihren Ursegmenthöhlen {ush). Entwicklung der Urscgmente. 177 enge Oeffnuiipen ziisamiiien. auch so darstellen, dass die Man kann daher Leibesliölile nach die vorliegenden Befunde dem Ptiicken des Enibrvo 137 ntp] düngen zu mit einer Reihe diclit hinter einander gelegener, kleiner, sackartiger Ausstfilpungen besetzt ist. Später schnüren sich (lie Ursegmente (Fig. von der Leibeshöhle ganz ab, wobei sich ihre verdickten Wan- fest an einander legen und die Ursegmenthöhle zum Schwund bringen. Während bei den Selachiern noch deutlich hervortritt, dass die Bildung der Ursegmente auf Faltung und Abschnürung beruht, ist dieser Process bei den Reptilien, Vögeln und Säugethieren bis zur Un- kenntlichkeit verwischt; es lässt sich dies einfach darauf zurückführen, dass die beiden Lamellen des mittleren Keimblattes längere Zeit fest auf einander gepresst bleiben und erst spät aus einander zu weichen be- ginnen, und dass sie aus mehreren Lagen kleiner Zellen zusammen- gesetzt sind. Der Faltungs- und Abschnürungsprocess erscheint hier als Spaltung einer soliden Zellenplatte cubische Stücke. Chorda und Nervenrohr angrenzende Theil des mittleren bildet an dem Durchschnitt durch einen Hühnerembryo (Fig. 133) eine aus vielfach übereinander gelagerten, kleinen Zellen be- stehende, compacte Masse {Po), die, soweit sie nicht in einzelne Stücke gegliedert ist, als Ursegmentplatte bezeichnet wird. In unserer Figur hängt sie seitwärts noch durch eine dünne Zellenbrücke mit den Seiten- platten zusammen, in deren Bereich die mittleren Keimblätter dünner und durch einen Spalt, die Leibeshöhle, von einander getrennt sind. in kleine, Der an Keimblattes Fig. 133. Querschnitt durch die Rückengegend eines Hühnerembryo von 45 Stunden nach Balfour. Der Schnitt zeigt das mittlere Keimblatt theilweise gesondert in das Ursegment [Pv) und die Seitenplatte, welche die Leibeshöhle {pp) zwischen sich fasst. Mc Medullarrohr; Fv Ursegment; & Rumpfplatte; indesul)stanz und Blut. 181 Das Gallertgewebe entwickelt sich meist sehr frühzeitig-, bei den Ecliinodernien z. B. schon auf dem Keimblasenstadium (Fig. 135). Es wird bei ihnen zuerst in den Hohlraum der Keimblase (Ä) eine homo- gene, weiche Substanz, der Gallertkern (s.c), von den Epithelzellen aus- geschieden. In ihn wandern dann aus dem Epithel und zwar aus dem bestimmten Bezirk, welcher bei der Gastmlabildung als inneres Keimblatt (Iiy) eingestülpt wird (Fig. 135 B), mehrere Zellen (ms) ein, indem sie ihren epithelialen Charakter verlieren und nach Art von Lymphkörperchen Fortsätze ausstrecken. Sie verbreiten sich bald als Wanderzellen überall in der Gallerte. Auf dem Gastrulastadium und später stellt die zellenhaltige Gallerte zwischen dem äusseren und dem inneren Keimblatt eine , dritte Schicht dar, welche sich in histologischer Hinsicht von den epithelialen Grenz- blättern unterscheidet und nach der oben gegebenen Definition, nach der wir unter Keimblatt nur eine Lage von epithelial angeordneten, eine ObeiHäche begrenzenden Embryonalzellen verstehen, nicht als ein mittleres Keimblatt bezeichnet werden darf. Die Gallertschicht ist ein Product der Keimblätter, welches von ihnen durch den Namen M e s e n c h y m oder Z w i s c h e n b 1 a 1 1 unterschieden werden mag. Einmal gebildet, wächst das Mesenchym als selbständiges Gewebe weiter, indem die auf einem bestimmten Entwicklungsstadium zuerst in die Gallerte eingewanderten Zellen, die man auch die Mesenchym- keime nennen kann, sich durch Theilung ununterbrochen vervielfältigen. Bei seinem Wachsthum dringt hierbei das Mesenchym in alle Lücken hinein, welche entstehen, wenn die beiden Grenzblätter, wie es bei vielen Coelenteraten geschieht, durch Faltenbildung und Ausstülpung die com- plicirtesten Formen liedingen; es gibt überall eine Unterlage und Stütze für die aufliegenden Epithelzellen ab. Hierbei können einzelne Mesen- chymzellen auch ihren ursprünglichen histologischen Charakter als ein- fache Ernährungszellen der Zwischensubstanz verändern. So scheiden sie hier und da auf ihrer Oberfläche contractile Substanz ab und werden, wie bei Ctenophoren und Echinodermen zu beobachten ist, zu glatten Muskelzellen, die an beiden Enden entweder in eine feine Spitze auslaufen oder, was bei Wirbellosen noch häufiger der Fall ist, sich in mehrere feine Ausläufer theilen. Ein ähnlicher Process, wie wir ihn eben kennen gelernt haben, scheint auch bei den Wirbelthieren, nachdem die beiden primären Keim- blätter angelegt worden sind, zur Entstehung von Bindegewebe und Blut zu führen, von zwei Geweben, welche in morphologischer und physio- logischer Hinsicht dem Mesenchym der wirbellosen Thiere entsprechen. In den beiden ersten Auflagen des Lehrbuchs hob ich hervor, dass die ganze Mesenchymfrage bei den Wirbelthieren noch im Werden be- griffen sei , dass die Darstellung daher nicht etwas Abgeschlossenes biete, sondern in vieler Hinsicht den Charakter des Provi- sorischen an sich trage. Seitdem ist auf diesem Gebiete ein wesent- licher Fortschritt herbeigeführt worden. Dank den Untersuchungen von Hatschek und Pt.\p.L, von Rückert, Ziegler, van Wi.jhe und Schwixck haben wir über die Entstehung der Bindesubstanzen genauere Aufschlüsse erhalten, dagegen ist die Frage nach dem Ursprung der Gefässendothelien und des Blutes eine minder geklärte. Dies l)estimmt mich, im Folgenden beide Fragen getrennt zu behandeln. 182 Neuntes Capitel. a) Die Entstehung der BindesuTbstanzen. Das geeignete Object, an welchem sich die Entstehung der Binde- substanzen am besten verfolgen lässt, scheinen Selachierembryonen zu sein. Als Mutterboden für die mesenchymatösen Gewebe dient hier das mittlere Keimblatt. Zur Zeit, wo die Ursegmente noch mit den Seitenplatten nach abwärts zusammenhängen und in diesen die Leibes- höhle sichtbar wird, tritt eine Zellenwucherung an der unteren Grenze jedes Ursegmentes auf, an der Seite, welche der Chorda zugekehrt ist. Sie wird gewöhnlich als Skierotom bezeichnet. Sie enthält am Anfang eine kleine Ausstülpung der Leibeshöhle (Fig. 302 Ä, sJc). An der so gekennzeichneten und von der Umgebung abgegrenzten, kleinen Stelle, welche sich an jedem Ursegment wiederholt, scheiden Zellen in grosser w nr k sk sk cp ch ao mp vn ao h Ih tik ug mes^ mes' ik Fig. 136. Fig. 137. Fig. 136 u. 137. Schemata von Querschnitten durch jüngere und ältere Selachierembryonen zur Veranschaulichung der Entwicklung der haupt- sächlichsten Producte des mittleren Keimblatts. Mit einigen Abänderungen nach WiJHE. Fig. 136. Querschnitt durch die Gegend der Vorniere von einem Embryo, bei welchem die Muskelsegmente (mp) im Begriff stehen, sich abzuschnüren. Fig. 137. Querschnitt durch einen etw^as älteren Embryo, bei w^elehem sieh die Muskelsegmente eben abgeschnürt haben. nr Nei-venrohr. eh Chorda, ao Aorta, seh suhchordaler Strang, mp Muskelplatte des Ursegments. w Wachsthumszone , an welcher die Muskelplatte in die Cutisplatte {cp) umbiegt, ep Cutisplatte, vb Verbindungsstück des Ursegments mit der Leibeshöhle, aus welchem sich u. A. die Urnierencanälchen (l;i7 uk) entwickeln, sk skeletogenes Gewebe, das durch Wucherimg aus der medianen Wand des Verbindungsstückes vb entsteht, vn Vomiere, mk^ parietales, mk^ viscerales Mittell)latt, aus deren Wandungen sich Mesenchym entwickelt. Ih Leibeshöhle, ik Darmdrüsenblatt, h Höhle des Ur- segments. uk Urnierencanälchen, aus dem Verbindungsstück vb des Schema 136 ent- standen, uk^ Stelle, wo sich das Urnierencanälchen vom Ursegment abgelöst hat. ug Urnierengang, mit dem sich rechterseits das Urnierencanälchen verbunden hat. tr Verbindung des Urnierencanälchens mit der Leibeshöhle (Nierentrichter), mes^, mes^ Mesenchym, das aus dem parietalen und visceralen Mittelblatt entstanden ist. Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 183 Anzahl (Fig. 136 sl-) einzeln aus dem epithelialen Verbände aus, ent- fernen sich durch active Bewegungen von ihrem Ursprungsorte, wie die Meseuchymzellen bei wirbellosen Thieren, und breiten sich in dem Zwischenraum aus, der auf der einen Seite von der inneren Wand (niij) des Ursegments, auf der anderen Seite von Chorda (ch) und Nerven- rohr (nr) begrenzt wird. Bei ihrem Auftreten werden die amöboiden Zellen nur durch geringe Mengen von Zwischensubstanz getrennt; sie nehmen an Zahl rasch zu und drängen dadurch Chorda, Nervenrohr und Ursegmente bald weiter aus einander (Fig. 137). Die segmentale Anordnung, welche die Wuche- rungen bei ihrem allerersten Auftreten erkennen lassen (Fig. 232 Vr), schwindet sehr früh, indem sie bei ihrer Ausbreitung zu einer zusammen- hängenden Schicht zusammenfliessen. Das zu beiden Seiten von der Chorda aus dem mittleren Keimblatt hervorwuchernde Mesenchym gibt die Grundlage für das ge- sammte Achsen skel et ab; es liefert das skeletbildende (skeleto- gene) Gev^^ebe, indem die linker- und rechterseits entstandenen Massen sich entgegenwachsen und verschmelzen. Wie die Fig. 137 zeigt, schiebt sich das Mesenchym (sJc) dorsal und ventral um die Chorda (ch) herum und umhüllt sie allerseits mit einer immer dicker werdenden, bindegewebigen Scheide. In derselben Weise schliesst es ringsum das Nervenrohr (nr) ein und bildet die Membrana reuniens superior der älteren Embryologen, die Grundlage, aus der sich späterhin die bindegewebigen Hüllen des Nerveu- rohrs und die Wirbelbogen mit ihrem Bandapparat differenziren. Aehnliche Verhältnisse wie bei den Selachiern lassen sich auch, obwohl weniger deutlich, bei den Reptilien, Vögeln und Säugethieren beobachten; sie sind schon von Remak, Kölliker u. A. beschrieben und mit der Entstehung der Wirbelsäule in Zusammenhang sebracht worden. Die Ursegmente, welche ursprünglich solid sind, bekommen bald eine kleine Höhle (Fig. 142), um welche herum die Zellen zu einem geschlossenen Epithel angeordnet sind. Dann beginnt ein nach unten und medial gelegener Theil der Ursegmentwandung ausserordent- lich lebhaft zu wuchern und eine Masse embryonaler Bindesubstanz zu liefern, die sich in der oben beschriebenen Weise um Chorda und Nerven- rohr ausbreitet. Aus dem nicht mit in Wucherung gerathenen, dorsal und lateral gelegenen Theil des Ursegmentes (Fig. 142 ms), das später- hin seine Höhlung wieder einbüsst, geht vorzugsweise die Anlage der Rumpfmusculatur hervor. Dieser Theil wird daher jetzt als Muskel- platte (ms) unterschieden. Eine Entstehung von Mesenchym findet ausser an den Ursegmenten noch an drei anderen Stellen des mittleren Keimblattes statt, am Darmfaserblatt, am Hautfaserblatt und endlich noch an derjenigen W^and der Ursegmente , welche der Epidermis zugekehrt ist und den Namen der Cutisplatte von R.vbl empfangen hat. Die Verhältnisse sind auch hier wieder am besten bei den Selachiern zu verfolgen. Vom Darmfaserblatt , das auf frühen Stadien theils aus cubischen, theils aus cylindrischen Zellen zusammengesetzt ist (Fig. 136 mJc'^), wandern einzelne Zellen aus und verl)reiten sich auf der Oberfläche des Darmdrüsen])lattes ; sie finden sich an Stellen, wo weit und breit kein Gefäss zu bemerken ist. Sie liefern das immer reichlicher werdende Darmmesenchym , welches sich später theils in Bindegewebe, theils in die glatten Muskelzellen der Tunica muscularis umwandelt (Fig. 137 mes^X Aehnliches wiederholt sich am Hautfaserblatt. Auswandernde Zellen 184 Neuntes Capitel. erzeugen zwischen Epithel der Leibeshöhle und der Epidermis eine Zwischenschicht von Mesenchymzellen (Fig. 136 vil-'^, Fig. 137 mes'^). Ein wichtiger Ort für die Erzeugung von Bindegewebe ist endlich noch die Cutisplatte, d. h. die an die Epidermis angrenzende Epithel- schicht des ursprünglichen Ursegnientes (Fig. 136 c})). Der Process erfolgt hier später, als an den anderen mimhaft gemachten Orten, und beginnt mit einer lebhaften Zellenwucherung, die allmählich zu einer vollständigen Auflösung der Epithellamelle führt. „Die Auflösung geht'", wie Rabl bemerkt, „in der Weise vor sich, dass die Zellen, die bisher einen epithelialen Charakter zeigten, sich von einander trennen und dadurch ihren epithelialen Charakter verlieren." Von diesem Theil des Mesenchyms ist wahrscheinlich die Lederhaut alizuleiten. Dass die zwischen den Epithellamellen zerstreuten Mesenchymzellen Ortsveränderungen in höherem Maasse nach Art der Wanderzellen aus- führen können, zeigt wohl am schönsten die Untersuchung durchsichtiger Knochenfischembryonen. „]\Ian sieht deutlich", so schildert Wexkebach, „wie die Zellen selbständig mittelst amöboider Bewegungen und oft ausserordentlich langer, protoplasmatischer Fortsätze sich im Körper des Embryo und auf dem nicht mit Hypoblast umkleideten Dotter be- wegen und nach bestimmten Stellen kriechen , als handelten sie mit Wille und Bewusstsein." Vermöge dieser Eigenscliaft dringen die Mesen- chymzellen activ in alle grösseren und feineren Spalträume hinein, die zwischen den Keimblättern und den aus ihnen entstandenen Organ- anlagen vorhanden sind. Ueberall liilden sie eine Füll- und Bindemasse zwischen denselben, welche später als Träger der Blut- und Lymph- bahnen, sowie der Nerven noch eine erhöhte Bedeutung gewinnt. Im Vergleich zu den früheren Auflagen des Lehrbuchs habe ich hier eine wesentlich andere Darstellung von der Entwicklung des Mesenchyms gegeben. Früher glaubte ich, gestützt auf die Untersuchungen von His, Waldeyee, Kollmann u. A., bei den meroblastischen Eiern den Haupt- ursprung des Mesenchyms in einen beschränkten Bezirk des Keims, in den dunklen Fruchthof verlegen zu müssen , und liess das Zellenmaterial vom Darmdrüsenblatt, speciell vom Dotterwall, durch Abspaltung entstehen. Jetzt dagegen nehme ich, im Anschluss an Köllikee, Rabl, Ziegler u. A., einen mehrfachen Ursprung aus verschiedenen Stellen des mittleren Keimblattes an. Ich komme so wieder zu einer Auffassung zurück , die ich schon in der Coelomtheorie (pag. 80) und in der Schrift über das mittlere Keimblatt (pag. 122) als wahrscheinlich hingestellt hatte, zu der Auffassung nämlich, dass bei den Wirbelthieren vielleicht an mehreren getrennten Stellen zugleich Mesenchymkeime durch Auswanderung von Zellen gebildet werden. Mag übrigens die Entwicklung des Mesenchyms von einer oder von mehreren Stellen aus erfolgen, das Wesen der Mesenchymtheorie wird davon nicht betroffen , denn das Wesentliche derselben besteht darin . dass sie in der frühesten Entwicklung der Gewebe einen Gegensatz feststellt zwischen den epithelialen Keimblättern und einem durch Aufhebung des epithelialen Verbandes entstandenen Füllgewebe, welches sich zwischen den Grenzblättern ausbreitet und bald als etwas Selbständiges erscheint. Es würde sogar auf dem Boden dieser Theorie nicht wunderbar erscheinen, wenn die Production der Mesenchymgewebe nicht bloss auf (las mittlere Keimblatt beschränkt sein sollte, sondern noch eine ßetheiligung des Darmdrüsenblatts durch Abgabe von Zelle nmaterial stattfände. Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 185 l)) Die Entstehung der (xefässendothelien und des Blutes. Die Frauc nach dvm Ursprung' der in der Ueberschrift aufeeführten Gewelie ist eine der unklarsten auf dem Gel)iete der veruleichenden Entwicldungsgeschichte. Gerade die Forscher, welche in jüngster Zeit mit den zuverlässigsten Methoden den Gegenstand aufzuklären versucht haben, stehen nicht an, die Unsicherheit in der Deutung der sich ihnen darbietenden Befunde hervorzuheben. Selbst das niederste Wirbelthier, das sich durch die grössere Einfachheit seines Baues und durch leichtere Verständlichkeit aller Entwicklungsprocesse auszeichnet, der Amphioxus lanc, hat uns bei dieser Frage im Stiche gelassen. Denn der beste Kenner der Amphioxusentwicklung. Hatschek, bezeichnet die Blutge- fässe als das einzige Organsystem, über dessen Herkunft er nicht habe ins Klare kommen können Daher stehen sich denn auch viele Ansichten und Beobachtungen auf dem jetzt zu erörternden Gebiete zum Theil schroff gegenüber. Einen zusammenfassenden Ueberblick über dieselben zu geben, ist ohne eine gTössere Ausführlichkeit, welche dem Plan des Lehrbuchs zuwiderlaufen würde, nicht möglich; ich beschränke mich daher darauf, erstens einen Uel)erblick über die verschiedenen Möglichkeiten zu geben, nach welchen sich die Entstehung der Gefässe und des Blutes vollziehen könnte, und zweitens eine Reihe von Beobachtungen mitzutheilen , welche bei Amphibien, Selachiern, Vögeln und Säugethieren gemacht worden sind; doch mag hier immer im Auge behalten werden, dass noch Vieles zweifelhaft, ist, und dass die nächsten Jahre manchen Wandel in unseren Auffassungen herbeiführen können. Nach einer Auffassung entwickeln sich die Gefässhohlräume aus Spaltlücken, welche l>ei der Anlage des Mesenchyms zwischen den Keim- blättern frei bleiben. Eine Abgrenzung erhalten diese Räume dadurch, dass benachbarte Mesenchymzellen sie einzuscheiden beginnen und sich zu einem Gefässendothel an einander legen. „Das Blutgefässsystem und das Lymphgefässsystem", bemerkt Zieglek, „gehen in der ersten Anlage aus Resten der primären Leibeshöhle (Zwischenraum zwischen den pri- mären Keimblättern) hervor, welche, bei der allgemeinen Ausbreitung des Bildungsgewebes (Mesenchyms) zurückbleibend, als Gefässe, Lacunen oder Interstitien von demselben umschlossen und in dasselbe aufge- nonunen werden." Die geformten Elemente entstehen an einzelnen Stellen der Blutbahn durch Wucherung und Ablösung von Zellen des Mesenchyms. Nach einer zweiten Ansicht bilden sich die Gefässe in der Weise, dass sich im Mesenchymgewebe Zellen in Reihen an einander legen, und dass sich die Zellstränge im Innern aushöhlen, wobei die oberflächlichsten Zellen die Endothelwand liefern , während die übrigen Zellen zu Blut- körperchen werden. Die Blutgefässe sind daher nichts Anderes als nach- träglich im Mesenchymgewebe durch Vermittelung der Zellen desselben entstandene Hohlraumbildungen. Beide Ansichten stimmen darin über- ein, dass sie die Gruppe der Bindesubstanzen und das Blut in einen genetischen Zusammenhang bringen und das letztere als Umbildungs- product des Mesenchyms erscheinen lassen. Im Einzelneu können ül)rigens beide Ansichten noch Variationen darbieten, je nachdem sie dem Mesenchym einen verschiedenartigen Ursprung zuertheilen und es entweder nur aus dem mittleren oder 186 Neuntes Capitel. nur aus dem inneren Keimblatt oder dadurch entstehen lassen, dass aus beiden Zellen auswandern und sich zu einer Anlage vereinigen. Noch andere Verschiedenheiten ergeben sich daraus, dass die erste Anlage der Blutbahn bald in einen beschränkten Bezirk des Keims, bald an mehrere Stellen verlegt wird. So wird von einigen Forschern für die meroblastischen Eier der Vögel der dunkle Fruchthof als der Ort bezeichnet, wo sich zuerst Gefässe und Blut bilden. Von hier aus sollen sie in den eigentlichen embryonalen Körper erst hineinwachsen. Das Gegentheil wird von den Knochenfischen berichtet, bei denen die ersten Gefässe, Herz, Aorta, Caudal- und Subintestinalvene nebst Blut- körperchen im embryonalen Körper selbst am frühzeitigsten entstehen, während sie auf dem Dotter erst später in die Erscheinung treten. Für die Selachier endlich wird eine locale Entstehung der Gefässe sowohl für den dunklen Fruchthof, als für den embryonalen Körper im engeren Sinne behauptet. Im Gegensatz zu den zwei bisher erörterten Ansichten nimmt eine dritte Ansicht einen getrennten Ursprung einerseits für die Bindesub- stanzen, andererseits für das Gefässendothel und das Blut an. Während erstere durch Auswanderung von Zellen aus dem mittleren Keimblatt angelegt werden, soll das Gefässendothel aus Zellen des Darmdrüsen- blattes hervorgehen. Es soll sich ein Endothelsäckchen (vielleicht durch Abschnürung) bilden und eine selbständige Anlage darstellen, welche durch Sprossenbildung den Gefässbaum aus sich hei-vorwachsen Nach dieser kurzen Uebersicht über verschiedene Entstehungsmög- lichkeiten der Blutbahn wende ich mich zur Beschreibung einiger Be- funde , über deren Bedeutung freilich die Ansichten auch häufig weit auseinandergehen. Für die Amphibien geben Götte, Schwink und Maurer mit Bestimmtheit an, dass an der ventralen Seite des in den Urdarm aufgenommenen Haufens der Dotterzellen einzelne sich durch Theilung vermehren und Gruppen kleinerer Zellen erzeugen, welche sich zu Blutgefässen und Blutkörperchen umwandeln. Eine grosse Rolle in der Frage nach dem Ursprung des Blutes spielt der dunkle Fruchthof der meroblastischen Eier. Beim Hühnchen, das wir unserer Darstellung besonders zu Grunde legen wollen, setzt sich der dunkle Fruchthof zur Zeit, wo das mittlere Keimblatt durch Faltenbildung vom Urmund aus angelegt wird, nur aus den beiden primären Grenzblättern zusammen. Dass äussere Keimblatt ist, wie schon früher im Capitel V be- schrieben wurde, im Allgemeinen einfach beschaffen, da es aus einer einzigen Lage kleiner, cubischer WTMmmM^s^smmssms'^. . ak Zellen gebildet wird. Das innere -"^^•^^^^^r^TW— ^ '•fo Keiml)latt (Fig. 71 ik und Fig. ®^ix^%^^^m^,$. 138) dagegen verändert, je mehr )}^''}>^i'%^MH^ " 'wir uns dem Rande der Scheibe ,^-i^,:-i?i^^'-f-,v 5& S- der Dotterkerne hat Rückert für das 139). Sie sind hier am Randtheil der Keimscheibe in nicht geringer Zahl in den Dotter eingebettet und zeichnen sich durch ihre Grösse aus, welche das Zehnfache vom Durchmesser eines gewöhnlichen Kerns er- reichen kann {k^, Je*). Von dem den Kern (A*) einhüllenden Protoplasma- mantel geht- ein reich ver- zweigtes Netzwerk von Ausläufern aus. In die Lücken des Netzes sind Dotterelemente (d) in grösserer Menge einge- lagert von der Grösse der gewöhnlichen Dotterplätt- chen bis heiab zu den feinsten Körnern. Erstere sind häufig in Zerfall be- griffen. Man kann hier- aus wie aus anderen Er- scheinungen schliessen, dass am Rand des Keims ein lebhafter Verbrauch von Reservestoffen stattfindet, plasmanetz als Dotterkerne unterhalb der (Merocyten) von Keimhöhle £ ge- Fig. 139 Pristiurus, legen, nach Kückert. z Embryonalzellen, k oberflächliche helle Kerne, li^ Kern aus der Tiefe, k* chroraatinreicher Randkern, grossentheils vom umgebenden Dotter befreit, um die Ausläufer des Protoplasmamantels zu demonstriren, d Dotterplättchen. Verdauung Diese werden von dem kernhaltigen Proto- Nahrungsmaterial aufgenommen und durch intracelluläre zu seinem Wachsthum verwendet. In Folge dessen sieht man auch die Dotterkerne in lebhafter Vermehrung. Nach der (Jberfläche des Dotters zu gehen aus den tiefer gelegenen, grossen Dotterkernen Haufen kleinerer Kerne (Fig. 139 k) hervor. Aus diesen werden schliesslich echte Keimzellen (z), indem die kleinen Kerne mit einem Protoplasmamantel umgeben, sich vom Dotter gleichsam durch einen Act nachträglicher Fmchung ablösen. „Indem so die Mero- cyten einerseits ununterl) rochen neues Nährmaterial aus dem Dotter aufnehmen, andererseits dasselbe fort- während in Form von Zellen an die Keimblätter des werdenden Embryo abgeben, stellen sie zwischen letz- 188 Neuntes Capitel. terem und dem Dotter ein wichtiges Bindeglied dar." (RÜCKERT.) Ueber die Bedeutung des Dotterwalls und der in ihn eingeschlosseneu Merocyten gehen die Ansichten der Forscher weit aus einander. Nur darüber ist man wohl einig, dass der Dotterwall zur Vergrösserung des unteren Keimblattes beiträgt, indem einzelne Zellen selbständig werden und sich an die epithelial angeordneten Elemente seitlich anschliessen. Dagegen erscheint es weniger sicher , inwieweit er an der Blutbildung betheiligt ist. Nach Beobachtungen von His, Disse, Rauber, Koll- MÄNN, RüCKERTj SwAEN , Gensch , HoFFMANN u. A. soll dies Während eines beschränkten Entwicklungsstadiums bei Selachiern, Teleostiern, Reptilien und Vögeln der Fall sein. Bei Selachiern bildet sich der vordere Rand der Keimscheibe zuerst zur Gefässzone um. Hier konnten Rückert und Hoffmann unzweideutige Belege finden, dass die eigenthiimlichen, oben beschriel)enen, mit grossen Kernen versehenen Zellelemente des Dotters (Merocyten) zur Bildung von Blutinseln beitragen, indem sie in Haufen kleiner Zellen zerfallen, sich vom dotterh altigen Theil des unteren Keimblattes ablösen und sich einerseits in die Wandzellen der ersten Gelasse, anderseits in Blut- körperchen sondern. Rückert lässt auch weiterhin das für die Blut- bildung bestimmte Material sich durch frisch ab ge- furchte Zellen vom Dotter aus ergänzen. Mit derselben Bestimmtheit bemerkt Swaen: „Les premiers ilots sanguins se developpent a u x d e p e n s des e 1 e m e n t s de 1' h y p o - b laste. Ces derniers constituent ä la fin de ce developpement les parois de cavite vasculaires closes et les cellules sanguines qui les remplissent." Ebenso macht Gensch bei den Knochenfischen die grossen Zellen im Dotter für die Blutbildung verantwortlich. Auch für die Reptilien findet Hoffmann, dass das Blut und die endothelialen Gefäss- wände und die zwischen den Gefässen gelegenen, spindeligen Zellen ein Product des inneren Keimblattes sind, und dass sie an bestimmten Stellen der Keimscheibe schon zu einer Zeit auftreten, in der sich das mittlere Keimblatt dort noch nicht angelegt hat. Endlich wird vom Hühnerkeim angegeben, dass am Ende des ersten Bebrütungstages der Dotterwall durch Wucherung der in ihm einge- schlossenen Kerne sehr zellenreich geworden ist, und dass hierauf sein Zellenreichthum wieder abnimmt. Es löst sich nämlich jetzt ein Theil der durch leibhafte Wucherung gebildeten Zellen von ihm ab, geräth in den Zwischenraum zwischen äusserem und innerem Keimblatt und er- zeugt hier eine dritte, an Mächtigkeit immer mehr zunehmende, selb- ständige Schicht, während der Rest sich zu einem Epithel aus grossen Cylinderzellen umgestaltet, welche Dotterkörner einschliessen. Die mittlere Schicht wird von mehreren Forschern als eine selbständige Anlage des Keims beurtheilt und ist in diesem Sinne von His als Parablast, von DissK und Anderen als Gefässblatt, von Raibek als Desmohaemoblast und von Kollmann als Randkeim oder Acroblast beschrieben worden. Alle diese Angaben bedürfen noch genauerer Bestätigung, da sie bis in die jüngste Zeit vielfach in Zweifel gezogen worden sind. So hat KOlliker immer den Standpunkt vertreten, dass sowohl die Binde- substanzen, als auch die Gefässe und das Blut Bildungsproducte des mittleren Keind)lattes sind und von ihm in seinen peripheren Ab- schnitten erzeugt werden. Beim Studium der Selachier konnte sich Kastschenko nicht überzeugen, dass die Merocyten für die Blut- und Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 189 Blutinsel Gefasswand Gefössbildunfi' besondere Bedeutung haben, ohne es indessen in Abrede stellen zu wollen. Um so entschiedener sprechen sich Wenkebach und Ziegler auf Grund ihrer Untersuchung der Knochentische gegen den von Gensch angegebenen Modus der Blutbildung aus. Nach Ziegler entwickeln sich die Blutkörperchen in Gefässen des embryonalen Körpers selbst. Die freien Kerne des Dotters, die Merocyten, sollen sich da- gegen nicht an der Bildung der embryonalen Gewebe betheiligen, sie sollen in Anpassung an die Function der Resorption des Dotters eigen- thümliche Modificationen erleiden, welche „die mehrfach behauptete, aber nirgends erwiesene Erzeugung von Blutkörperchen als unwahr- scheinlich erscheinen lassen". Bei dieser Sach- lage muss ich die Frage nach der Herkunft der Zellschicht, in welcher im Bereich des dunkeln Fruchthofs die Blut- bilduug vor sich geht, zur Zeit als eine noch nicht spruchreife an- sehen. Was die weiteren Veränderungen betrifft, durch die sich die frag- liche Zellschicht beim Hühnerkeim in Binde- substanz und Blut um- wandelt, so schliesse ich mich auf diesem gleichfalls schwierigen Untersuchungsgebiet i m Ganzen der Darstellung Kölliker's an. Am Ende des ersten Tages der Bebrütung ordnen sich die zwischen Darmdrüsenblatt und äusserem Keimblatt ge- legenen Zellhaufen zu cylindrischen oder un- regelmässig begrenzten Strängen an, die sich unter einander zu einem engmaschigen Netz werk verbinden ; sie sind die ersten Anlagen sow^ohl für die Gefässe, als auch für den Gefäss- inhalt oder das Blut. In den Lücken des Netzes finden sich Grup- pen von Keimzellen, welche später zu em- Blutinseln Blutgrefäss Gefasswand Substanzinseln T ~ - Blutgefäss Fig-. 140. Ein Stück des Gefässhofes von der Keimscheibe eines Hühnerembryo, bei welchem. 12 Ur Wirbel entwickelt sind. Nach Disse. Man siebt das Netz der dunkler schattirten Blut- babnen, in denen die Blutinseln, die Bildungsherde der Blutkörperchen, liegen. Die hellen Lücken im Gefäss- netz, dessen Wand von platten Endothelzellen gebildet wird, sind die Substanzinseln. 190 Neuntes Capitel. bryonalem Bindegewebe werden und die Substanzinseln (Fig. 140) der Autoren darstellen. Am Anfang des zweiten Tages der Bebrütung werden die soliden Gefässanlagen um so deutlicher, je mehr sie sich nach aussen durch eine besondere Wandung abgrenzen, und je mehr sie in ihrem Innern einen Hohlraum erhalten. Die Gefässwand entwickelt sich aus den ober- flächlichsten Zellen der Stränge und ist in den ersten Tagen der Be- brütung aus einer einzigen Schicht ganz abgeplatteter, polygonaler Ele- mente zusammengesetzt, daher man die ersten Gefässe des Embryo auch vielfach als Endothel röhren bezeichnet hat (Fig. 140 und Fig. 141 gic). Der Hohlraum der Gefässe bildet sich wahrscheinlich in der Weise, dass aus der Umgebung Flüssigkeit in die ursprünglich soliden Stränge eindringt und das Blutplasma liefert, und dass dadurch die Zellen aus einander und zur Seite gedrängt werden. Letztere stellen dann hie und da Verdickungen der Wand dar ; es ragen Hügel locker verbundener, kugeliger Zellen in die Flüssigkeitsräume hinein (Fig. 140, Blutinseln). Die eben wegsam werdenden Gefässe sind in Folge dessen sehr unregel- mässig beschaffen , indem enge und weitere , oft mit Aussackungen ver- sehene Stellen abwechseln (Fig. 140), und indem bald die Gefässe ganz ausgehöhlt und mit Flüssigkeit gefüllte Endothelröhren darstellen, bald durch die verschieden gestalteten, von der Wand vorspringenden Zellen- aggregate noch mehr oder minder unwegsam sind. Die Zellenaggregate sel])st sind nichts Anderes als die Bildungs- herde der geformten Bestandtheile des Blutes. Es werden die kugeligen, kleinen, kernhaltigen Zellen, welche noch dunkle Dotter- körnchen einschliessen, zuerst durch Auflösung der letzteren homogener, dann nehmen sie, indem sich in ihnen Blutfarbstoff bildet, eine schwach gelbliche Farbe an, die allmählich intensiver wird. '^^'^c^r^-^M^y^'^ii&ii-i'i^S^il :!^^' Fig. 141. Querschnitt dureh ein Stück des Gefässhofes nach Disse. ak äusseres, ik inneres Keimblatt; nik^ parietale, mk- viscerale Lamelle des mitt- leren Keimblattes ; Ih ausserembryonale Leibeshöhle; ffw Gefässwand, aus Endothelzellen gebildet; M Blutzellen; ff Gefässe. Wenn man zu dieser Zeit eine vom Dotter abgelöste Keimhaut betrachtet, so zeigt sich die Zone, in welcher die Blutbildung stattfindet, mit mehr oder minder intensiv blutroth gefärbten Flecken bedeckt, welche theils rundlich, theils länglich, theils verästelt sind und als die Blut- punkte oder Blutinseln der Keimhaut bekannt sind (Fig. 140). Von diesen Bildungsherden lösen sich nun die obeiHächlichen Zellen ab und gerathen als isolirte, rothe Blutkörperchen in die Blutflüssigkeit hinein. Hier vermehren sie sich, ebenso wie in den Blutinseln, durch Theilung, wobei ihr Kern sich in die bekannten Spindelflguren um- wandelt. Entwickliing von Bindesubstanz und Blut. 191 Wie zuerst Remak gezeigt hat, sind The ihm gen von Blut- z eilen beim Hühnchen bis zum 6. Tage der Bebrütung in grosser Anzahl zu beobachten, während sie späterhin seltener werden und dann ganz verschwinden. Auch bei den Säugethieren und beim Menschen (Fol) besitzen die ersten embryonalen Blutkörperchen, welche, wie bei den anderen Wirbel - thieren, zu dieser Zeit mit einem echten Zellenkern versehen sind, das Vermögen der Theilung. In demselben Maasse, als sich noch weiter Blutkörperchen von den Blutpunkten ablösen, werden diese inuner kleiner und schwinden endlich ganz; die Gefässe aber enthalten dann ohne Ausnahme anstatt einer hellen Flüssigkeit rothes, an geformten Bestandtheilen reiches Blut (Fig. 141 hl). Weiterhin gehen in den sogenannten Substanzinseln (Fig. 140) Veränderungen vor sich, welche zur Entstehung e m b r y o n al e r B i n d e - Substanz führen. Die zuerst kugeligen Keimzellen rücken unter Aus- scheidung einer homogenen Zwischensubstanz weiter aus einander, sie werden sternförmig (Fig. 142 .sp) und strecken Fortsätze aus, mit welchen sie sich zu einem in der Gallerte überall verbreiteten Netzwerk verbinden; andere legen sich den Endothelröhren der Gefässe an. 'F9 SP c J Fig. 142. Querschnitt durch den Rumpf eines Entenembryo mit un- gefähr 24 Mesoblastsomiten. Nach Balfour. Man sieht die 4 ursprüngliclien Keimblätter und die aus ihnen entstandenen Organe durch geringe Mengen embryonaler, sternförmige Zellen enthaltender Bindesubstanz, in welcher zugleich die Gefässanlagen eingeschlossen sind, von einander getrennt. om Amnion: so Hautfaserblatt; sp Darmfaserblatt; wd WoLFF'scher Gang; st Seg- mentalcanal; cav Cardinalvene; ««« Muskelplatte; si?.^ Spinalganglion; sjo.c Rückenmark ; ch Chorda; ao Aorta; hy inneres Keimblatt. Nach vollendeter Gefäss- und Blutbildung ist der Bezirk des dunklen Fruchthofes, in welchem die eben geschilderten Processe statt- haben, bei allen meroblastischen Eiern, sowie bei den Eiern gefunden 192 Neuntes Capitel. der Säugethiere nach aussen scharf abgegrenzt (Fig. 143). Es hört nämlich das dichte Netz der Blutgefässe nach aussen mit einem breiten^ einen Kreis beschreibenden, Randsinus (Vena oder Sinus terminalis, S.T) plötzlich auf. Nach aussen von dem Sinus terminalis bildet sich auf dem Dotter kein Blut mehr und kein Blutgefäss. Wohl aber breiten sich hier die beiden primären Keimblätter, und zwar das äussere rascher als das innere, lateralwärts noch weiter über den Dotter aus, bis sie ihn ganz umwachsen haben. AA j.— /■ Fig. 143. Schema des Gefässsystems des Dottersacks am Ende des 3. Brüttages nach Balfodr. Die ganze Keimhaut ist vom Ei abgelöst und in der Ansicht von unten dargestellt. Daher erscheint rechts, was eigentlich links ist, und umgekehrt. Der Theil des dunklen Fruchthofes, in welchem sich das dichte Gefässnetz gebildet hat, ist nach aussen durch den Sinus terminalis scharf abgegrenzt und stellt den Getasshof her; nach aussen von ihm liegt der Dotterhof. Die Umgebung des Embryo ist frei von einem Gefässnetz und wird nach wie vor als heller Fruchthof unterschieden. fi'Herz; AA Aortenbogen; Ao Rückenaorta; L.of.A linke, R.Of.A rechte Dotter- arterie; S.T Sinus terminalis; L.O/ linke, E.Of rechte Dottervene; S.V Sinus venosus; D.C Ductus Cuvieri; S.Ca.V obere, V.Ca untere Cardinalvene. Die Venen sind hell gelassen; die Arterien schwarz schattirt. "Wir müssen daher jetzt am dunkeln Fruchthof (Tafel I, Fig. 2, Seite 218) zwei ringförmige Bezirke unterscheiden, den Gefässhof igh) und den Dotterhof {dh), die Area vasculosa und die Area vitellina. Da ausserdem der helle Fruchthof nach wie vor zu erkennen ist, da er nur von wenigen, zum Embryo führenden Haupt- gefässstämmen durchsetzt wird , so wird der embryonale Körper im Ganzen von 3 Zonen oder Höfen des ausserembryonalen Theiles der Keimblätter umschlossen. Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 193 Wir haben bisher die Blutbildung im dunklen Fruchthof verfolgt. Wie entstehen nun aber die Gefässe im embryonalen Körper selbst? Auch hier ist die Unsicherheit unseres augenblicklichen Wissens hervor- zuheben. Nach der Darstellung von His, welcher auch Kölliker huldigt, und welche ich selbst der Darstellung in den ersten Auflagen des Lehrbuchs zu Grunde gelegt habe, l)ilden sich im Embryo keine Gefässe selbständig aus, sondern nehmen von den im dunkeln Fruchthof entstandenen ihren Ursprung. Nach His dringt der Blutbindesubstanzkeim, eine ursprüng- lich periphere Anlage, zuerst vom dunkeln in den hellen Fruchthof und von hier in den embryonalen Körper selbst hinein und breitet sich überall in den Lücken zwischen den epithelialen Grenzblättern und den durch Abschnürung aus ihnen gebildeten Producten aus. In die Lücken wandern zuerst amöboide Zellen hinein, zackige Ausläufer vor sich her treibend; ihnen folgen auf dem Fuss endotheliale Gefäss- sprosse nach. Mit der von His entwickelten Lehre stehen beachtenswerthe Unter- suchungen der jüngeren Zeit in Widerspruch, sowohl die schon oben er- wähnten Angaben über den mehrfachen Ursprung der Bindesubstanzen aus den mittleren Keimblättern, als auch besonders die neueren Be- obachtungen über selbständige Entstehung von Gefässen und vom Endothel- säckchen des Herzens im embryonalen Körper selbst. (Rückert, Ziegler, Mayer, Rabl, Kastschenko, Schwinck, Hoffmann u. A.) Für Selachierembryonen ist, wie Rückert bemerkt, die Frage, ob das Keimlager für die Gefässe des Embryo ausschliesslich auf dem Nahrungsdotter zu suchen sei, mit Bestimmtheit verneinend zu be- antworten. Die Gefässe entstehen im Embryo selbst im Bereich des Mesenchyms aus Reihen von Zellen, die theils lockerer, theils dichter zusammenliegen (Rückert, Mayer). Die Zellenketten höhlen sich im Innern aus und wandeln sich dabei zur endothelialen Gefässwand um. Die gefässbildenden Zellen leitet Rückert aus zwei verschiedenen Quellen her, theils aus dem inneren Keimblatt der Darmwand, theils aus dem anurenzenden Mesoblast, und erscheint ihm ihr doppelter Ur- sprung insofern als ein natürlicher Entwicklungsprocess , als die beiden Blätter, welche die ersten Gefässe umgrenzen, auch das Material für deren Wandung abgeben. Aehnlich lauten die Angaben über die Anlage des endothelialen Herzsäckchens. Dassell)e besteht Anfangs aus einem ziemlich unregel- mässigen Zellenhaufen, in welchem einzelne Hohlräume auftreten, die nach und nach zu einer einheitlichen Herzhöhle zusammenfliessen. Das Zellenmaterial der Herzanlage entwickelt sich (Rückert, Ziegler, Mayer, Rabl und von älteren Forschern Götte, Balfour, Hoffmann) an Ort und Stelle aus der Wand der angrenzenden Keimblätter, doch herrscht Unsicherheit darüber, ob allein das innere Keimblatt oder das mittlere oder beide zusammen bei der Anlage betheiligt sind, ob das Material zur Anlage durch Auswanderung einzelner Zellen oder durch Ab- schnürung einer Strecke des inneren Keimblattes gebildet wird. Nach einer Untersuchung von Hoffmann entstehen das endotheliale Herzsäckchen und die Aorta bei den Selachiern dadurch, dass an bestimmten Strecken die Epithelzellen der Urdarmwand sich stark abplatten und die Gestalt von überaus zarten Endothelien annehmen und dass sich darauf diese Strecken von dem Urdarm abschnüren und direct zur endothelialen, innersten Gefässhaut werden, 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. Vo 194 Neuntes Capitel. Die ersten Gefässe wachsen, nachdem sie einmal angelegt sind, selbständig weiter und geben durch eine Art von Sprossung immer neuen Seitenästen den Ursprung. Man beobachtet, dass von der Wand der bereits ausgehöhlten Ge- fässe solide, dünne Sprosse ausgehen, die von spindelförmigen Zellen gebildet werden und mit anderen sich durch Queräste zu einem Netz- werk verbinden. Die jüngsten und feinsten dieser Sprosse bestehen nur aus wenigen an einander gereihten Zellen oder selbst nur aus einer ein- zigen, als Höcker dem Endothelrohr aufsitzenden Zelle, die sich in einen langen Protoplasmafaden auszieht. In die soliden Sprosse erstreckt sich hierauf von den bereits fertig gestellten Gefässen aus eine kleine Aus- sackung hinein, die sich allmählich verlängert und dabei zu einem Rohr ausweitet, dessen Wand von den aus einander gedrängten Zellen der An- lage hergestellt wird. Eine Bildung von Blutkörperchen findet hierbei nicht mehr statt. Alle Zellen der Sprosse werden für die Gefässwand aufgebraucht. Indem aus den so entstandenen Gefässen wieder neue Sprosse hervorwachsen und so fort, breiten sich die Gefässanlagen überall in den Lücken zwischen den Keimblättern und den aus ihnen durch Abschnürung hervorgegangenen Organen aus. Ueber die Art und Weise, wie die Sprossenbildung vor sich gehen soll, herrschen übrigens auch noch zwei verschiedene Meinungen. Bilden sich die soliden Gefässsprosse allein durch Wucherung der Wandzellen von Endothel- röhren , oder nehmen an ihrer Entstehung benachbarte Bindegewebszellen Theil? Während Rabl an dem Satz festhält, dass neue Gefässendothelien immer nur aus bereits bestehenden ihren Ursprung nehmen , theilen KÖLLiKEK, Mayer, Rückeet Befunde mit, die zu beweisen scheinen, dass die endothelialen Gefässröhren sowohl von sich aus weiter wuchern, als auch unter Mitbetheiligung von Bindegewebszellen des umhüllenden Gewebes sich verlängern. Wie es scheint, ändert sich die Beschaifenheit des Blutes bei allen Wirbelthieren im Laufe der Entwicklung. Hierüber, sowie über die Herkunft und Umwandlung der einzelnen Blutelemente besteht eine ausserordentlich umfangreiche Literatur, welche aber an widersprechenden Angaben gleich- falls sehr reich ist. Hier sei nur auf einige Punkte hingewiesen. Am Anfang finden sich im Blutplasma bei allen Wirbelthieren nur kernhaltige rothe Blutkörperchen. Sie sind, wie es scheint, überall. wo man bisher genauer darauf geachtet hat , in ihrer Form von denen des erwachsenen Thieres wesentlich verschieden , z. B. bei Amphibien , bei Vögeln und bei Säugethieren (Minot, Engel ) ; sie sind sehr viel grösser, kugelförmig, haemoglobiu- reich , mit einem grossen Kern , der häufig Kern- segmentirung zeigt. Beim Hühnchen kommen sie in den ersten vier Tagen der Bebrütung allein im Blut vor (Metrocyten erster Generation); dann nehmen sie vom fünften Tage an an Zahl allmählich ab, in- dem Zwischenformen (Metrocyten zweiter Generation) Fi;?. 144. Rothe und schliesslich die ovalen, kernhaltigen Blutkörper- Blutkörperchen eines eben des erwachseneu Thieres an ihre Stelle treten. 18 Tage alten Hühner- ^^^ achtzehnten Tage der Bebrütung werden die embrvos, die «i-rossc und ^ ^■ r<^ ^ i • die ox^^w.ihnliche Form, grossen. kugeligen Elemente nur noch in geringer lNach"^ENGEL. Zahl neben den normalen Blutkörperchen gefunden Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 195 (Fig. 144). Ab und zu stösst man im Blut auch auf kernlose, haemoglobin- haltige Blutkörperchen , von denen Engel annimmt , dass sie aus den Metrocyten entstanden sind, indem der Kern nebst angrenzender Proto- plasniahülle sich abgetrennt hat. Sie sind einem allmählichen Untergang verfallen. In der ersten Zeit fehlen Leukocyten dem embryonalen Blut , treten dann vereinzelt, später, mit der Entwicklung der Lymphdrüsen, reichlicher auf. Ihre erste Herkunft ist noch unbekannt. Bei den Säugethieren und beim Menschen sind am Anfang der Entwick- lung alle rothen Blutkörperchen kernhaltig und werden dann beim Menschen noch während des embryonalen Lebens vom Ende des zweiten Monats an, bei manchen Säugethieren aber erst bald nach der Geburt durch die biconcaven kernlosen Blutscheiben ersetzt. ' Ueber ihre Entstehung gehen die Ansichten der Forscher weit aus einander. Die Mehrzahl leitet die kernlosen direct von den kernhaltigeu Formen in der Weise ab, dass der Kern nebst der ihn umgebenden protoplasma- tischen Hülle die haemoglobinhaltige Rindenschicht sprengt und aus ihr auswandert. Die haemoglobinhaltige Rindenschicht aber modelt sich bei ihrer Fortbewegung im Blutstrom zu einer biconcaven Scheibe um, an welcher die centrale Verdünnung noch die früher vom Kern eingenommene Stelle anzeigt. Andere Forscher wieder (Schäfee, S. Minot, Nikolaides) leugnen einen derartigen genetischen Zusammenbang der kernführenden und der kernlosen, rothen Blutkörperchen. Die letzteren sollen im Protoplasma besonderer vasoformativer Zellen ihre Entstehung nehmen ; zuerst sollen sie als kleine haemoglobinführende Körnchen auftreten, dann allmählich zur Grösse der Blutscheiben heranwachsen. Sie werden daher auch als Plasma- producte vergleichbar den Chlorophyllkörnern der Pflanzenzelle bezeichnet und Piastiden genannt. Nach dieser Auffassung sind die Blutelemente der erwachsenen Säugethiere einerseits, ihrer Embryonen und der übrigen "Wirbel- thiere anderseits morphologisch und histologisch ganz verschiedenartige Bildungen. SruLEK hat gegen die intracelluläre Entstehung der rothen Blut- körperchen und gegen ihre Deutung als Piastiden manche, wie uns scheint, gerechtfertigte Bedenken erhoben und die Ansicht ausgesprochen , dass die haemoglobinhaltigen Körnchen in den sogenannten vasoformativen Zellen nicht junge Entwicklungsstadien , sondern Zerfallsproducte von rothen Blut- körperchen sind, die im Kreislauf ihre Rolle ausgespielt haben. Bezüglich vieler anderer Fragen der Blutbildung (Haematogenese, Haematoblasten) muss auf physiologische und histologische Handbücher und auf die einschlägigen Schriften verwiesen werden. Auf den vorausgegangenen Blättern haben wir im Einzelnen dar- zustellen versucht, wie sich bei den Wirbelthieren das Material der Furchungszellen in die einzelnen Fundamental- oder Primitivorgane sondert. Als solche müssen wir das äussere und das innere Keimblatt, die beiden mittleren Keimblätter und das Mesenchym oder Zwischenblatt bezeichnen. Um gleich von vornherein die Bedeutung und Aufgabe dieser Fundamentalorgane recht zu würdigen, wollen wir, einen Blick auf das Endresultat des Entwicklungsprocesses werfend, uns die Frage vorlegen, welche Organe und Gewebe aus den einzelnen Keim- 13* 196 Neuntes Capital. blättern und dem Mesenchym ihren Ursprung nehmen. Eine sichere Be- antwortung dieser Frage ist möglich mit Ausnahme weniger Punkte, über welche die Angaben der verschiedenen Forscher noch widersprechende sind, und welche daher mit einem Fragezeichen versehen werden sollen. Aus dem äusseren Keimblatt gehen hervor: die Epidermis, die epidermoidalen Organe, wie Haare und Nägel, die Epithelzellen der Hautdrüsen, das gesammte centrale Nervensystem mit den Spinalganglien, das periphere Nervensystem (?), das Epithel der Sinnesorgane (Auge, Ohr, Nase), die Linse des Auges. Das primäre innere Keimblatt sondert sich: 1) in das secundäre innere Keimblatt oder Darmdrüsenblatt, 2) in die mittleren Keimblätter, 3) in die Chordaanlage, 4) in die Mesenchymkeime, die das Zwischenblatt bilden. Das Darmdrüsenblatt liefert die epitheliale Auskleidung des gesammten Darmcanals und seiner drüsigen Anhangsgebilde (Lunge, Leber, Pancreas), das Epithel der Harnblase, die Geschmacksknospen. Die mittleren Keimblätter gehen sehr verschiedenartige Um- bildungen ein, nachdem sie sich zuvor in Ursegmente und Seitenplatten gesondert hal)en. Von den Ursegmenten stammt die quergestreifte, willkürliche Musculatur des Körpers und ein Theil des Mesenchyms ab. Aus den Seitenplatten entsteht das Epithel der Pleuropeiito- nealhöhle; das Epithel von Eierstock und Hoden (Ureier, Samenmutter- zellen), überhaupt die epithelialen Bestandtheile der Geschlechtsdrüsen und ihrer Ausführwege, sowie der Niere und des Harnleiters, endlich Mesenchymgewebe. Die Chorda anläge wird zur Chorda, die sich bei den höheren Wirbelthieren auf späteren Entwicklungsstadien bis auf geringfügige Keste zurückbildet. Die Mesenchymkeime, die das Zwischen blatt liefern, erfahren, indem sie sich im Körper zwischen den epithelialen Bestand- theilen als Zwischenmasse überall ausbreiten, sehr mannigfache Difife- renzirungen. Von ihnen leiten sich ab : die formenreiche Gruppe der Bindesubstanzen (Schleimgewebe, fibrilläres Bindegewebe, Knorpel, Knochen) , Gefässe (?) und Blut (?) , die lymphoiden Organe, die glatte, nicht willkürliche Musculatur der Gefässe, des Darmes und der ver- schiedensten anderen Organe. Geschichte der Parablast- und Mesenchymtheorie. Die älteren Forscher wie Remak fassten alle Embryonalzellen, welche zwischen die beiden primären Keimblätter eingeschoben sind . unter dem gemeinsamen Namen des mittleren Keimblattes zusammen und nahmen für dasselbe eine einheitliche Entstehung an. Dieser Auffassung trat His im Jahre 1868 in der Entwicklungsgeschichte des Hühnchens mit seiner „Para- bl asttheorie" entgegen, in welcher er, hauptsächlich von histogenetischen Gesichtspunkten geleitet, zwei Anlagen verschiedenen Ursprungs unterschied, eine archiblas tische und eine parablastische. Als archiblastische Anlage bezeichnete er den im Embryonalkörper selbst gelegenen Theil des mittleren Keimblattes, den Achsenstrang, die animale und vegetative Muskelplatte , und Hess sie durch Abspaltung von Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 197 den primären Keimblättern und mithin in letzter Instanz von den embryo- nalen Furchungszellen abstammen. Als Parablast benannte er eine periphere , ursprünglich ausserhalb des Embryos gelegene Anlage, welche die Quelle der sämmtlichen Bindesubstanzen, des Blutes und der Gefässendothelien sei und erst im Laufe der Entwicklung von aussen und zwar von dem dunklen Fruchthof her in den Körper zwischen die archiblastischen Gewebe hineinwachse. Die von His befürwortete und in mehreren Schriften durchgeführte Sonderung des mittleren Keimblattes in einen Archiblast (Hauptkeim) und Parablast (Nebenkeim) fand ihrer Zeit keinen Anklang und stiess nament- licli von Seiten Hakckel's auf entschiedene und erfolgreiche Opposition, weil die in der Lehre enthaltenen richtigen Gesichtspunkte durch eigen- thümliche Vorstellungen über die Entstehung des Parablasts verdeckt und getrübt wurden. Der Parablast soll überhaupt nicht von der Eizelle, sondern vom weissen Dotter abstammen , einem Bildungsproduct der Granulosazellen, welche nach der älteren Lehre von His massenhaft in das primordiale Ei eindringen und zu den weissen Dotterzellen und den gelben Kugeln werden. Die Granulosazellen aber sollen wieder vom Bindegewebe der Mutter (Leuko- cyten) entstehen , daher sie denn nach ihrer Einwanderung ins Ei nur wieder Bindegewebe und Blut zu erzeugen im Stande sein sollen. Zwischen Haupt- und Neben keim glaubte His einen fundamentalen Gegensatz annehmen zu müssen ; nur der erstere soll , da er sich von Furchung!izellen ableitet , den Eintluss der Befruchtung erfahren haben, während der letztere, aus weissem Dotter (einem Abkömmling des mütter- lichen Bindegewebes) hervorgegangen, „eine rein mütterliche Mitgift" sei. Dem Vorgang von His schloss sich Rauber in einer kurzen Mittheilung an , insofern er auch eine einheitliche Anlage für Blut- und Bindesubstanz, einen besonderen „Haemo-Desmoblast" annahm, wich dagegen von ihm darin ab, dass er ihn von den Furchungszellen ableitete. Auch ist hier Götte (1874) zu nennen, der sich das Blut aus Dotter- zellen, die in Haufen kleiner Zellen zerfallen (Amphibien und Vögel), ent- wickeln lässt. Von anderen Gesichtspunkten ausgehend und durch Beobachtungen an wirbellosen Thieren veranlasst, wurden mein Bruder und ich in unserer Coelomtheorie (1881) zu dem ähnlichen Ergebniss wie His geführt: dass man unter dem Worte mittleres Keimblatt bisher zwei ganz ver- schiedene Bildungen zusammengefasst habe, und dass es nothwendig sei, an Stelle des alten, unbestimmmten zwei neue, schärfere Begriffe, „mittleres Keimblatt im engeren Sinne" und Mesenchymkeim", einzuführen. Im Einzelnen aber gestaltete sich unsere Auffassung trotz vielfacher Be- rührungspunkte sehr verschieden von der His' sehen Lehre. Alle Anlagen des thierischen Körpers leiten sich von Embryonalzellen ab , die durch den Furchungsprocess aus der Eizelle hervorgegangen sind. Der Gegensatz zwischen mittlerem Keimblatt und Mesenchymkeim ist in einer anderen Richtung zu suchen , als es von His geschehen ist. D i e mittleren Keimblätter sind Lagen von epithelial ange- ordneten Embryonalzellen, die durch einen Faltungsprocess aus dem inneren Keimblatt entstehen, wie dieses durch Faltung aus der Keimblase ( vergleiche den geschichtlichen Theil Capitel VII). Der Mesenchymkeim dagegen umfasst Zellen, die aus dem epithelialen Verbände des inneren Keimblattes einzeln ausgeschieden sind und, indem sie sich in dem Lückensystem zwischen den epithelialen Keimblättern aus- 198 Neuntes Capitel. breiten, die Grundlage für Bindesubstanz und Blut ab- geben. Nach dem Erscheinen der Coelomtheorie trat His von Neuem in eine Erörterung seiner Parablasttheorie ein und modificirte sie in seiner Schrift: Die Lehre vom Bindesubstaneikeim , insofern er kein Gewicht mehr darauf legt, ob die Bindesubstanzanlage aus dem gefurchten oder dem ungefurchten Keime abstammt. Die von His und uns in verschiedener Weise begründete Theorie vom doppelten Ursprung des mittleren Keimblattes fand Widerspruch von Seiten Kölliker's, der an der älteren Auffassung festhielt, wurde aber sonst vielfach angenommen und weiter zu begründen , auch zu modificiren versucht durch Kupffer, Disse, Waldeyer, Kollmanx, Heape etc., welche für die Existenz eines besonderen Bindesubstanzkeims eintraten. Nach den neueren Untersuchungen von Rabl, Ziegler, van Wijhe, RücxFRT etc. wird das Mesenchym in verschiedenen Bezirken des mittleren Keimblattes angelegt. Die Frage nach der Blutbildung bedarf noch ausge- dehnterer Untersuchungen an geeigneten Objecten. Zusammenfassung f?' 1) Ausser den 4 Keimblättern, welche epitheliale Lamellen dar- stellen, entwickeln sich bei den Wirbelthieren noch besondere Keime für die Stützsubstanzen und das Blut, die Mesenchymkeime , die in ihrer Gesammtheit das Zwischenblatt liefern. 2) Die Mesenchymkeime entstehen dadurch, dass Zellen aus dem epithelialen Verbände der Keimblätter ausscheiden und als Wander- zellen in den Spaltraum zwischen den 4 Keimblättern (den Rest der ursprünglichen Furchungshöhle) eindringen und in ihm sich ausbreiten. 3) Keimblätter und Mesenchymkeime (Zwischenblatt) zeigen in der Art ihrer Entstehung einen Gegensatz; erstere entwickeln sich durch Faltungen der Keimblasenwand , letztere durch Auswanderung isolirter Zellen aus bestimmten Bezirken der Keimblätter. 4) Mesenchymkeime entstehen aus der Wand der Ursegmente, aus der Cutisplatte, aus einzelnen Stellen der visceralen und der parietalen Lamelle des mittleren Keimblatts. 5) Blutgefässe entwickeln sich sowohl im embryonalen Körper selbst in einer noch näher festzustellenden W^eise, als auch im Bereich des dunkeln Fruchthofs der meroblastischen Eier. 6) Die Herkunft der Zellen, aus denen im dunkeln Fruchthof Gefässe und Blut entstehen, ist zur Zeit eine strittige. 7) Bei der Gefässbildung im dunkeln Fruchthof sind folgende Er- scheinungen zu beachten. a) Die Embryonalzellen des Zwischenblattes ordnen sich erstens zu einem Netzwerk von Strängen und zweitens zu den Substanzinseln an. b) Aus den Zellsträngen entwickelt sich unter Absonderung von Blut- flüssigkeit die Endothelwand der primitiven Blutgefässe und ihr zelliger Inhalt, die Blutkörperchen (Blutinseln). c) Die Substanzinseln werden zu embryonaler Bindesubstanz. Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 199 d) Der Ort, an welchem zuerst im dunkeln Fruchthof Blutgefässe und Bindesubstanz entstehen, grenzt sich nach aussen durch ein Iiinggefäss, Sinus terminalis, scharf ab. e) Da nach Entwicklung des Zwischen! tlattes das äussere und das innere Keimblatt sich tiber den Dotter weiter nach abwärts aus- breiten, wird der embryonale Körper von 3 Höfen umgeben : erstens von dem hellen Fruchthof, zweitens von dem durch den Ptingsinus begrenzten Gefäss- hof und drittens von dem mit dem Umwachsungsrand aufhörenden D 0 1 1 e r h 0 f . 8) Die rothen Blutkörperchen aller Wirbelthiere besitzen in den frühesten Stadien der Entwicklung das Vermögen, sich durch Theilung zu vermehren. Die rothen Blutkörperchen der Säugethiere haben zu dieser Zeit einen Kern. 9) Die beifolgende Tabelle gibt einen Ueberblick über die embryo- nalen Fundamentaiorgane und ihre weiteren Bildungsproducte : I. Aeusseres Keimblatt. Epidermis, Haare, Nägel, Epithel der Hautdrüsen, centrales Nerven- system, peripheres Nervensystem, Epithel der Sinnesorgane, die Linse. II. Primäres inneres Keimblatt. 1) Darmdrüsenblatt oder secundäres inneres Keim- blatt. Epithel des Darmcanals und seiner Drüsen, Epithel der Harnblase. 2) Chordaanlage. 3) Die mittleren Keimblätter. 3 a. Ursegmente. Quergestreifte, willkürliche Musculatur des Körpers. Theile des Mesenchyms. 3 b. Seitenplatten. Epithel der Pleuroperitonealhöhle, die Geschlechtszellen und epi- thelialen Bestandtheile der Geschlechtsdrüsen und ■ ihrer Aus- führwege, Epithel der Niere und der Harnleiter. Theile des ^lesenchyms. 3 c. Mesenchymkeime. Gruppe der Bindesubstanzen, Gefässe und Blut, lymphoide Organe, glatte, nicht willkürliche Musculatur. Lit eratur. AfanasiefT. Z'eber die Enttvicklmig der ersten Blutbahnen im Hühnerembryo. Wiener Sitzungsberichte. Bd. ö3. ]S6(). Balfour. The development of the bloodvessels of the chick. Quarterly Journal of Microscopical Science. 187 3. Disse. Die Entstehung des Ijlutes und dir ersten Gefässe im Hühnerei. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 16. 1S79. 200 Neuntes Capitel. Gasser. Der Parablast und der Keimwall der Vogelkeimscheibe. Sitzungsber. d. Nalurw. Geselhch. zu Marburg. 1883. Gensch. Die Blutbildung auf dem Dottersack bei Knochenfischen. Archiv f. mikroskop. Anatomie. Bd. 19. J881. Derselbe. Das secundäre Entoderm und die Blutbildung beim Ei der Knochenfische. In- augural- Dissertation Königsberg 1882. Hatschek. Ueber den Scidchtenbau von Amphioxus. Anat. Am. 1888. W". His. Der Keimwall des Hühnereies und die Entstehung der parablastischen Zellen. Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklung sgesch. Anat. Abth. 1876. Derselbe. Die Lehre vom Bindesubstanzkeim (Parablast). Rückblick nebst kritischer Be- sprechung einiger neuerer entwicklungsgeschichtlicher Arbeiten. Archiv f. Anatom, und Physiol. Anat. Abth. 1882. C. K. Hoffmann. Ueber die Entstehung der endothelialen Anlage des Herzens und der Gefässe bei Hai- Embryonen. Anat. Anz. 1892. Nr. 9 u. 10. Derselbe. Untersuchungen über den Ursprung des Blutes und der blutbereitenden Organe. Vcrhandl. d. K. Acad. d. Tetensch. te Amsterdam. Sect. 2. Deel. 3. p. 4. Derselbe. Zur Entwicklungsgeschichte des Herzens und der Blutgefässe bei Selachiern etc. Morphol. Jahrb. 1893. Klein. Das mittlere Keimblatt in seinen Beziehungen zur Entwicklung der ersten Blut- gefässe und Blutkörperchen im Hühnerembryo. Wiener Sitzungsberichte. Bd. ()3. 1871. A. KÖlliker. Ueber die Nichtexistenz eines embryonalen Bindegewebskeims (Parablast). Sitzungsberichte der Phys.-med. Geselhch. zu Würzburg 1884. Derselbe. Kollmann's Akroblast. Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. 41. D er s elb e. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. Zeitschr. f. wissensch. Zoolog. Band 40. J. Kollmann. Der Randwulst u. der Ursprung der Stützsubstanz. W. His u. W. Braune. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1884. Derselbe. Ein Nachwort. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1884. Derselbe. Der Mesoblast und die Entwicklung der Gewebe bei Wirbelt hier en. Biologisches Centralblatt. Bd. 3. Nr. 24. Derselbe. Gemeinsame Entwicklungsbahnen der Wirbelthiere. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1885. Kupffer. Ueber Laichen und Entwicklung des Ostsecherings. Jahresber. der Comm. für wissensch. Unters, der deutschen Meere. 1878. Ray Lankester. Connective and vasifactive tissues of the Leech. Quarterly Journal of Microscopical Science. Vol. XA'. 1880. Milnes Marshall and Bles. The developmcnt of the bloodvessels in the frog. Studies from the biolog. Laboratories of the Owens College. Vol. II. 1890. Maurer. Die Entwicklung des Bindegewebes bei Siredon pisciformis und die Herkunft des Bindegewebes im Muskel. Morphol. Jahrb. Bd. 18. P. Mayer. Ueber die Entwicklung des Herzens und der grossen Gefässstämme bei den Selachiern. Mittheil, aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. 7. Derselbe. Ueber die ersten Stadien der Gefässe bei den Selachiern. Anat. Anz. 1894. S. 18.5. C. Rabl. Ueber die Bildung des Herzens der Amphibien. Morphol. Jahrbuch. Bd. 12. 1886. Derselbe. ' Theorie des Mesoderms. Morph. Jahrb. Bd 15. 1889. Rauber. Ueber den Ursprung des Blutes und der Bindesubstanzen. Sitzungsber. der Naturforsch. Gcsellsch. zu Leipzig. 1877. J. Rückert. l'eber den Ursprung des Herzendothels. Anat. .4nz. IL Jahrg. Ä'r. 12. 1887. Derselbe. Ueber die Entstehung der endothelialen Anlagen des Herzens und der ersten Gefässstämme bei Selachierembryonen. Biolog. Centralbl. Bd. 8. 1888. Seh wink. Untersuchungen über die Entwicklung des Endothels und der Blutkörperchen der Amphibien. Morpholog. Jahrb. Bd. 17. 1891. Strahl. Die Anlage des Gcfässsystems in der Keimscheibe von Laeerta agilis. Marburger Sitzungsber. 1883. Derselbe. Die Dottersackwand und der Parablast der Eidechsen. Zeitschr. f. wissen- schaftl. Zool. Bd. 45. 1887. TJskow. Die Blutgefässkeime und deren Entwicklung bei einem Hühnerei. Memoires de l'Academie imper. d. sciences de St. Peter sbourg. Sir. VJI. T. XXXI'. Vialleton. 6'«;- l'origine des germes vasculaires dans tembryon du poulet. Anatomischer Anzeiger. 1892. Waldeyer. Archiblast und Parablast. Arch. f. mikr. Anat. 1883. Wenckebach. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 2S. Entwicklung von Bindesubstanz und Blut. 201 Ziegler. Der Ursprung der mesenehymatisehen Gewebe bei den Selachiern. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 3:i. IHHH. Derselbe. Die Entstehung des Blutes bei Knochenfischembryonen. Archiv f. mikroskop. Anat. Bd. 30. ISS7. Derselbe. Die Entatehuny des Blutes der Wirbelthiere. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg. ISS9. Derselbe. Ueber die embryonale Anlage des Blutes bei den Wirbelt hier en. Verhandl. der deutschen Zool. Gesellseh. 1S92. C. S. Engel. Die Blutkörperchen im bebrüteten Hühnerei. Arch. f. mikroskop. Anatom. Bd. 44. 1S9d. G. Hayem. Du sang et de ses alterations organiques. Paris 1889. Kuborn. Du developpement des vaisseaux et du sang dans le foie de Vembryon. Anat. Anz. Bd. V. Ch. Sedg. Minot. Zur Morphologie der Blutkörperchen. Anat. Anz. Bd. V. Li. Ranvier. Tratte technique dJ histologie. Deutsche Uebersetz. 1888. Schäfer. Ilonthly microsc. Journal, l'ol. XI. A. Spuler. Ueber die intracellulüre Entstehung rother Blutkörperchen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 40. 1892. ZEHNTES CAPITEL. Bildung der äusseren Körperform. Nachdem wir in den vorausgegangenen Capiteln die Fundamental- organe des Wirbelthierkörpers oder die Keimblätter und ihre ersten wichtigen Sonderungen in Nervenrohr, Chorda, Ursegmente, sowie die Entstehung von Blut und Bindegewebe untersucht haben, wird unsere nächste Aufgabe sein, uns mit der Entwicklung der äusseren Körperformen und, was damit in unmittelbarem Zusammenhang steht, mit der Entwicklung embryonaler A n h a n g s g e b i 1 d e bekannt zu machen. Zwischen niederen und höheren Wirbelthieren herrscht in dieser Beziehung eine ganz ausserordentliche Verschiedenheit. Wenn der Embryo eines Amphioxus die ersten Entwicklungsprocesse durchgemacht hat, so streckt er sich in die Länge, spitzt sich an seinen beiden Enden zu und besitzt schon im Grossen und Ganzen die wurm- oder fischartige Gestalt des erwachsenen Thieres. Je mehr wir aber in der Wirbelthier- reihe emporsteigen, um so unähnlicher werden die Embryonen dem aus- gebildeten Thiere, wenn sie sich auf dem entsprechenden Ausbildungs- stadium des Amphioxusembryo befinden; sie nehmen jetzt sehr sonder- bare und fremdartige Gestalten an, indem sie von eigenthümlichen Hüllen umschlossen und mit verschiedenen, später wieder schwindenden An- hängen versehen werden. In erster Linie lässt sich diese Verschiedenheit auf die mehr oder minder grosse Ansammlung von N a h r u n g s d o 1 1 e r zurückführen. Die Bedeutung desselben für den werdenden Organismus ist eine zweifache. In physiologischer Hinsicht ist der Nahrungsdotter eine reiche Kraftquelle, welche es allein ermöglicht, dass sich die embryo- nalen Processe in ununterbrochener Folge abspielen, bis schliesslich ein schon relativ hoch organisirtes Wesen ein selbständiges Leben beginnt. In morphologischer Hinsicht dagegen spielt der Dotter die Rolle eines Ballastes, welcher in die directe und freie Entwicklung der- jenigen Organe , welche mit seiner Aufnahme und Verarbeitung betraut sind , hennnend und umgestaltend eingreift. Schon gleich am Anfang der Entwicklung konnten wir sehen, wie durch die Anwesenheit des Dotters der Furchungsprocess und die Bildung der Keimblätter ver- langsamt, abgeändert und in gewisser Beziehung geradezu gestört werden. Desgleichen werden wir auch wieder im Folgenden zu zeigen haben, wie die normale Gestaltung des Darmcanals und des Leibes in Folge I Bildung der äusseren Körperforra. 203 der Anwesenheit des Dotters nur nach und nach auf Umwegen erzielt werden kann. In zweiter Linie wird bei den Wirbelthieren die jirosse Ver- schiedenheit, welche uns die Embryonen darbieten, durch das Medium, in welchem sich die Eier entwickeln, hervorgerufen. Eier, welche in das Wasser entleert werden, wie es bei den wasserbewohnenden Wirbel- thieren geschieht, entwickeln sich in einer einfacheren und directeren Weise, als Eier, die mit festen Schalen versehen an das Land abgelegt werden, oder als Eier, die in der Gebärmutter bis zur Geburt des Embryos eingeschlossen sind. In den beiden letzteren Fällen wird der sich bildende Organismus erst auf bedeutenden Umwegen zu seinem Ziele gefiihrt. Nel)en den bleibenden Organen entwickeln sich gleichzeitig auch solche, welche für das nachembryonale Leben keine Bedeutung haben, welche aber während des Eilebens theils dem zarten und weichen, leicht zu beschädigenden Körper zum Schutz, theils zur Athmiing und theils zur Ernährung dienen. Diese werden am Ende des embryonalen Lebens entweder rückgebildet oder bei der Geburt als nutzlose und bedeutungslose Gebilde al)geworfen. Da sie sich aber aus den Keim- blättern entwickeln , müssen sie auch füglich als zu dem werdenden Organismus unmittelbar hinzugehörig und als seine Embryonal- organe aufgefasst und in dieser W^eise auch bei der Formbeschreibung behandelt werden. Das umfangreiche Material, welches hier wieder zu bewältigen ist, will ich in zwei T heile gruppirt vorführen. Im ersten Theil wollen wir untersuchen, wie der Embryo das Hinderniss, welches ihm durch die Anwesenheit des Dotters gesetzt ist, überwindet und eine dem definitiven Zustand entsprechende Form gewinnt. Im zweiten und zugleich umfangreicheren Theil haben wir uns dann noch mit den embryonalen Hüllbildungen und Anhangsorganen, die verschiedenen Zwecken dienen, eingehender zu beschäftigen. Die Ansammlung von Dottermaterial greift in den Gang der Ent- wicklung am wenigsten störend bei den Amphibien ein. Sie stehen daher zwischen dem Amphioxus mit directer Entwicklung und den übrigen Wirbelthieren gleichsam in der Mitte und vermitteln zwischen ihnen einen Uebergang. Der Dotter nimmt bei den Amphibien an dem Furchungsprocess mit Theil; nach Al)schluss desselben findet er sich der Hauptmasse nach in den grossen Dotterzellen angehäuft, welche den Boden der Keimblase bilden (Fig. 60 ); bei der Gastrulation wird er in die Urdarmhöhle mit aufgenommen, welche er fast ganz ausfüllt (Fig. 63); nach Abschnürung der Leibessäcke liegen die grossen Dotter- zellen in ähnlicher W^eise in der ventralen Wand des eigentlichen Darmes (Fig. 145 yJ:). Hier werden sie theils aufgelöst und zum Wachs- thum der übrigen Körpertheile verwandt, theils nehmen sie direct an der Bildung des Epithels der ventralen Darmwand Theil. In Folge der Anwesenheit des grossen Haufens der Dotterzellen gewinnt der Amphibienembryo zu einer Zeit, wo die Amphioxuslarve schon langgestreckt und fischartig geworden ist, eine unförmliche Be- schaffenheit. Der auf dem Gastrulastadium kugelige Körper wird später durch Streckung eiförmig. Darauf beginnen sich an den beiden Polen 204 Zehntes Capitel. Fig. 145. Schematiseher Längs- schnitt durch einen Embryo des Frosches. (Xach Götte, aus Bai.fouk.) VC Nervenrolir ; x Coiumunication des- selben mit Urmund und Darmcanal al-, yk Dotterzelleu; m mittleres Keimblatt. Der Einfachheit wegen ist das äussere Keimblatt nur als einreihige Zellschicht dargestellt. Kopf- und Schwanzende als Ideine Höcker abzusetzen (Fig. 145 u. 96). Der zwischen ihnen gelegene mittlere oder Rumpftheil wird an seiner dorsalen Partie, in welcher Nervenrohr, Chorda und Ursegmente ent- wickelt sind , etwas eingekrümmt , so dass Kopf- und Schwanzhöcker durch eine concave Linie ver- bunden werden. Die ventrale Seite des Rumpfes ist dagegen in hohem Maasse aufgetrieljen und bruchsackartig nach unten und seitlich hervorgewölbt, da sie mit Dotterzellen angefüllt ist. Man nennt die Auftreibung daher auch den Dottersack. Im weiteren Fortgang der Entwicklung nimmt der Embryo immer mehr eine fischähnliche Ge- stalt an. Das vordere und nament- lich das hintere Ende des Körpers wächst stärker in die Länge; die Mitte des Rumpfes wird dünner, denn der Dottersack wird mit dem Verbrauch des Dottermaterials kleiner und schwindet schliesslich ganz, wobei seine Wandungen in die ventrale Darm- und Bauch- wand aufgenommen werden. Die Störungen im normalen Verlauf der Entwicklung werden in demselben Maasse grösser, als der Dotter an Menge zunimmt, was bei den meroblastischen Eiern der Fische, Reptilien und Vögel der Fall ist. Der Dotter zer- fällt nicht mehr in einen Haufen von Dotterzelleu, wie bei den Am- phibien, er ist am Furchungsprocess nur in einem geringen Maasse be- theiligt, insofern Kerne in die dem Keim anliegende Dotterschicht hinein- gerathen und, von Protoplasma umgeben, sich durch Theilung weiter vermehren. Die Gastrulaform ist bis zur Unkenntlichkeit abgeändert; nur ein kleiner Theil ihrer Rückenfläche besteht aus Zellen, die zu den 2 primären Keimblättern angeordnet sind ; die ganze Bauchseite dagegen, an welcher sich bei den Amphibien die Dotterzellen vorfinden, ist un- gefurchte Dottermasse. So erhalten wir den eigenthümlichen Befund , dass sich bei den genannten Wirbelthieren der Embryo, wenn wir den Dotter als nicht zum Körper gehörig betrachten wollen, aus flach ausgebreiteten Blättern, anstatt aus einer Becherform, zu entwickeln scheint (Taf. I, Fig. 1, S. 218). Ferner sehen wir noch mehr, als es schon bei den Amphibien der Fall ist, einen scharfen Gegensatz zwischen Rücken- und Bauch- fläche des Eies während der Entwicklung durchgeführt. An ersterer bilden sich zunäclist allein alle wichtigen Organanlagen, das Nerven- system, die Chorda, die Ursegmente (Taf. I, Fig. 8), während an der Bauchseite nur wenige und geringfügige Veränderungen zu bemerken sind. Dieselben bestehen hauptsächlich darin, dass die Keimblätter sieh ventralwärts weiter ausbreiten, über die Dottermasse herüberwachsen (Taf. I, Fig. 2—5) und um sie herum einen geschlossenen, aus mehreren Schichten bestehenden Sack herstellen. Die Umwachsuug des ungetheilten Bildung der äusseren Körperform. 205 Dotters duivh die Keimblätter vollzieht sich iin Ganzen sehr langsam : sie beansprucht um so mehr Zeit, je massenhafter das angesammelte Dottermaterial ist; so wird sie zum Beispiel bei den Vögeln erst auf einer sehr späten Entwicklungsstufe beendet, wo der Embryo schon eine hohe "Ausbildung erreicht (Taf. I, Fig. 5). Man hat bei den meroblastischen Eiern den Theil der Keimblätter, an welchem die ersten Organanlagen (Nervenrohr, Chorda, Ursegmente etc.) auftreten, als embryonalen Bezirk von dem übrigen oder dem äusserem bryonalen Bezirk unterschieden. Die Unterscheidung ist eine zweckmässige und nothwendige; die Namen ., embryonal und ausserembryonal" aber hätten passendere sein können, da ja selbst- verständlicher Weise Alles, was aus der Eizelle hervorgeht, also auch das, was der ausserembryonale Bezirk liefert, zum Embryo hinzu- gerechnet werden muss. Die Sonderung in beide Bezirke erhält sich im weiteren Verlauf der Entwicklung und prägt sich noch schärfer aus (Fig. 146). Einzig und allein der embryonale Bezirk bildet dadurch , dass sich die flach ausgebreiteten Blätter zu Röhren zusammenlegen, den langgestreckten, fiscli- ähnlichen Körper, welchen ursprünglich alle Wirbel- thiere aufweisen ; der ausserembryonale Bezirk dagegen wird zu einem mit Dotter gefüllten Sack (ds), welcher, wie ein ausser- ordentlich mächtiger Bruch- sack, mit dem unter Um- ständen verschwindend klei- nen Embryo (Ein) durch einen an seinem Bauch befestigten Stiel {st) ver- bunden ist. Em av vv Fig. 146. Aelterer Embryo eines Hai- fisches (Pristiurus), nach Balfour. Em Embryo ; ds Dottersack ; st Stiel des Dotter- sacks; av Arteria vitellina; vv Vena vitellina. Es ist jetzt unsere Auf- gabe, die hier stattfindenden Entwicklungsprocesse im Einzelnen genauer darzulegen : erstens die Umwandlung des flach ausgebreiteten Embryonal- bezirks in den fischähnlichen, embryonalen Körper und zweitens die Bil- dung des Dottersackes. Bei der Darstellung wollen wir uns hauptsächlich an das Ei des Hühnchens halten, wobei wir aber die Bildung der Eihäute einstweilen ausser Acht lassen wollen. Der Körper des Hühnchens entwickelt sich dadurch, dass sich die flach ausgebreiteten Blätter einfalten, und dass sich die so entstehenden, röhrenförmigen Ge- bilde vom hellen F r u c h t h o f abschnüren. Der Beginn des Faltungsprocesses macht sich bei Betrachtung der Keimscheibe von der Fläche durch einzelne Furchen, die Grenz rinnen von His, bemerk- bar. Dieselben treten früher im vorderen als im hinteren Bereich der Embryonalanlage auf, entsprechend dem schon früher erörterten Gesetz, nach welchem das vordere Körperende dem hinteren in der Entwicklung vorauseilt. 206 Zehntes Capitel. Zuerst umgrenzt sich der Theil der Embryonalanlage, welcher zum Kopf zu werden bestimmt ist, durch eine halbmondförmige Rinne (Fig. 147). Dieselbe ist beim Hühnchen schon am ersten Tage der Belirütung angedeutet, zur Zeit, wo die erste Anlage des Nervensystems sichtbar wird, und liegt unmittelbar vor der Umbiegung der Medullarwülste. Ihre Concavität ist nach hinten gerichtet. Auf einem späteren Stadium ist der embryonale Körper auch seit- wärts abgegrenzt. Bei dem in Figur 148 von der Fläche gesehenen Embryo, bei welchem das Nervenrohr schon zum Theil geschlossen und in drei Hirnblasen gegliedert ist, und bei welchem 6 Paar Ursegmente & — "f'i- '^:ig\ Fig. 147. Fig. 147. Oberfläehenansicht des hellen Fruchthofes einer Keimhaut nach 18 Stunden, iiael; Balfouk. Vor der Primitivrinne (pr) liegt dii Medullai-furche (mc) mit den Medullar- wülsten (A). Diese gehen hinten aus einander und verstreichen beiderseits vor der Primitivrinne; vorn dagegen hängen sie zusammen und bilden einen Bogen hinter einer krummen Linie, welche die vordere Grenzrinne darstellt. Die zweite , vor der ersten gelegene und concentrisch mit ihr verlaufende, gebogene Linie ist die Anlage der Amnionfalte. ii^ii r- ^:' 4f W^ W^ US mf pr Fig. 148. Fig. 148 Keimhaut des Hühnchens, 33 Stunden bebrütet. Nach M. Duval. Man sielit den hellen Fnu-hthot' hf von einem Stück des dunklen Fruchthofes df umgeben. Die Anlage des Nervensystems ist vorn geschlossen und in 3 Hirnblasen Äi\ Äi^, hb^ gegliedert; nach hinten ist die Medullarfurche mf noch offen. Zu beiden Seiten derselben liegen 6 Ursegmente us. Das hintere Ende der Embryonalanlage wird vom Primitivstreifen mit der Primitivrinne pr eingenommen. Bildung der äusseren Körperform. 207 angelegt sind, nimmt man in einiger Entfernung von diesen zwei dunklere Streifen wahr, die beiden seitlichen Grenzrinnen. Sie verlieren von vorn nach hinten an Deutlichkeit und verstreichen ganz am Ende der Primitivrinne. Zuletzt markirt sich auch das Schwanzende des Embryo durch die hintere Grenzrinne, welche wie die vordere hall)mondförmig , aber mit ihrer Concavität nach dem Kopf zu gericlitet ist. Auf diese Weise ist ein kleiner Theil der Keimblätter, der allein für die Bildung des bleibenden Körpers beansprucht wird, durch einen rings geschlossenen Grenzgraben vom ausserembryonalen , viel umfang- reicheren Bezirk getrennt, der zur Bildung vergänglicher Organe, wie des Dottersacks und der Eihäute, dient. Die Grenzrinnen sind dadurch entstanden , dass sich das äussere Keimblatt und das parietale Mittelblatt, welche man zusammen auch als Rumpfplatte (Somatopleura) bezeichnet, eingefaltet haben, und zwar so , dass die Firste der ursprünglich kleinen Falte nach abwärts gegen den Dotter zu gerichtet ist (Taf. I, Fig. 8 sf). Der von den beiden Faltenblättern eingeschlossene Hohlraum ist die Grenzrinne (gr). Wie wir nun an letzterer mehrere Abschnitte unterschieden haben, die sich zu verschiedenen Zeiten nach einander entwickeln , so werden wir ein Gleiches auch mit den ihnen entsprechenden Falten thun müssen, und sprechen wir von einer Kopf-, einer Schwanzfalte und den zwei Seitenfalten. Zuerst tritt, schon am ersten und deutlicher am zweiten Tage der Bebrütung, die Kopf falte auf. Durch sie wird das Kopfende der Embryonalanlage gebildet und vom ausserembryonalen Theil der Keim- blätter gesondert. Im Moment ihrer Entstehung ist sie direct nach abwärts gegen den Dotter gewandt; je mehr sie sich aber vergrössert, wodurch die vordere Grenzrinne zu einer Grube vertieft wird, um so mehr wendet sie sich mit ihrer Firste nach rückwärts. Zur Veranschaulichung des Faltungsprocesses mögen zwei schematische Längsschnitte dienen, von denen der eine in Figur 149, der andere auf Taf. I, Fig. 11 dargestellt ist. In Figur 149 ist durch Bildung der Falte F.So ein kleiner, über die sonst glatt ausgebreiteten Keimblätter hervorstehender Höcker ent- JV.C. F.So. Fig. 149. Schematischer Längsschnitt durch die Achse eines Vogel- embryo, nach Balfour. Der Schnitt stellt den Zustand dar, wo die Kopffalte bereits angelegt ist, die Schwanzfalte aber noch fehlt. F.So Kopffalte der Eumpfplatte: F.Sp Kopffalte der Darmplatte, bei Sp die untere Wand des Vorderdarms bildend; D Kopfdarmhöhle; pp Leibeshöhle; Am Anlage der vorderen Amnionfalte ; iV.C Nervenrohr; Ch Chorda; A äusseres, B mittleres, C inneres Keimblatt, überall durch verschiedene Schattirung ausgezeichnet; Ht Herz. 208 Zehntes Capitel. standen, der das vorderste Ende des Nervenrohres (NC) und des gleich- zeitig in Bildung begriffenen Darmrohrs (D) einschliesst. Das obere Blatt der Falte liefert dadurch, dass es sich nach rückwärts wendet, die ventrale Wand des Kopfhöckers, das untere Blatt stellt den Boden der Grenzrinne her. In der zweiten Figur, in welcher ein schematischer Längsschnitt durch eine ältere Embryonalanlage abgebildet ist, hat sich die Kopf- falte (Jcf) noch weiter nach rückwärts vergrössert. Hierdurch ist der Kopf länger geworden, indem seine untere Fläche einen Zuwachs in Folge des fortschreitenden Faltungsprocesses empfangen hat. Wer sich den Vorgang, der für das Verständniss der thierischen Formbildung überaus wichtig ist, noch klarer und verständlicher machen will, thue dies mit Hülfe eines leicht herzustellenden Modells. Er breite über den Rücken seiner auf einem Tisch ausgestreckten linken Hand ein Tuch, welches die Keimhaut darstellen soll, flach aus, dann falte er mit der rechten Hand das Tuch ein, indem er es um die Spitzen der linken Finger ein wenig nach unten herumschlägt. Die künstlich gebildete Falte entspricht der oben beschriebenen Kopffalte. Die Finger- spitzen, welche durch den Umschlag des Tuches eine untere Bedeckung empfangen haben und nach aussen über das sonst glatt ausgebreitete Tuch hervorstehen, sind dem Kopfhöcker zu vergleichen. Ferner können wir uns das Rückwärts wachsen der Kopffalte dadurch veranschaulichen, dass wir das Tuch noch weiter über die untere Fläche der Finger nach der Handwurzel zu einstülpen. In derselben Weise wie das vordere entwickelt sich das hintere Ende des Embryo, nur einige Zeit später (man vergleiche Fig. 11 auf Taf. I). Es legt sich die Schwanzfalte, der hinteren Grenzrinne (gr) entsprechend , an und wendet sich mit ihrer Firste nach vorn, so dass sie der Kopffalte entgegenwächst. Wo bei der Flächenbetrachtung der Keimhaut die seitlichen Grenz- rinnen zu sehen sind (Fig. 148), nimmt man auf Querschnitten die Seiten falten wahr (Taf. I, Fig. 8 sf). Sie wachsen Anfangs direct von oben nach abwärts, wodurch die Seitenwand des Rumpfes zu Stande kommt. Später legen sie sich mit ihren Rändern etwas nach der Medianebene um (Taf. I, Fig. 9 .ryo Schritt hält und eine grössere Menge von Amnion- flüssigkeit einschliesst. Gleichzeitig wird seine Wandung contractu. In seinem Hautfaser- blatt bilden sicli einzelne Zellen zu contractilen Fasern aus, die beim Hühnchen vom fünften Tage der Bebrütung an rhythmische Bewegungen veranlassen. Man kann die Bewegungen bei unverletzter Eischale be- obachten, wenn man die Eier gegen eine helle Lichtquelle hält und sich dabei des von Preyek construirten Ooscops bedient. Es lässt sich hierbei feststellen, dass das Amnion in der Minute etwa 10 Zusammenziehungen ausführt, welche, von einem Pole beginnend, zum entgegengesetzten Ende nach der Art fortschreiten, wie sich ein Wurmkörper zusammenzieht. Dadurch wird die Amnionflüssigkeit in Bewegung gesetzt und der Embryo in regelmässiger Weise von einem Ende zum anderen ge- schaukelt odvY gewiegt. Das Wiegen des Embryo, wie Preyer sich ausdrückt, wird in späteren Tagen der Bebrütung immer deutlicher , da die Amnioncontractionen energischer werden. Die seröse Hülle (S) ist eine vollkommen durchsichtige, leicht zerreissbare Membran, welche der Dotterhaut oder Membrana vitellina Die EihüUen der Reptilien und Vögel. 217 fest anliegt. Sie besteht aus 2 dünnen Zellblättern, welche ihren Ur- sprung" von dem äusseren Keimblatt und dem parietalen Mittelblatt her- leiten, und daher wie diese durch blaue und rothe Linien im Schema kenntlich gemacht sind. Als eine gesonderte Bildung ist die seröse Hülle anfänglich (Tafel I, Fig. 4) nur im Bereich des Amnion und des Embryo vorhanden, soweit als sich die Leibeshöhle im mittleren Keim- blatt gebildet hat. Sie vergrössert sich dann in demsell)en Maasse, als der Dotter umwachsen wird und der Gefässhof sich nach abwärts aus- dehnt. Parietales und viscerales Mittelblatt weichen mehr und mehr aus einander, bis schliesslich (beim Hühnchen gegen Ende der Bebrütung) eine Trennung im ganzen Umfang der Dotterkugel erfolgt ist. Stadien dieses Processes zeigen uns die Figuren 3, 4 und 5 auf Tafel L In der letzten Figur, welche den Befund etwa von dem siebenten Tage der Bebrütung darstellt, ist der ausserembryonale Theil der Leibeshöhle schon sehr ansehnlich geworden, die seröse Hülle ist, mit Ausnahme einer kleinen Stelle am vegetativen Pol des Dotters, überall als eine gesonderte Bildung angelegt. In Zusammenhang damit verändert sich auch die Wand des Dotter- sacks. Während sie am Anfang der Umwachsung eine Strecke weit von allen Keimblättern Gebildet wird, setzt sie sich nach Ablösung der serösen Hülle nur noch aus dem Darmdrüsenblatt und dem vis- ceralen Mittelblatt zusammen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel I. Fig. 1 bis 5 sind schematische Abbildungen von Quer- und Längs- durchschnitten durch das Hühnerei auf verschiedenen Stadien der Bebrütung. Sie sollen veranschaulichen, wie sich aus der Embryonalanlage der Körper des Hühnchens entwickelt, und wie aus dem ausserembryonalen Bezirk der Keimblätter der Dottersack, das Amnion, die seröse Hülle und die Allantois entstehen. In allen Figuren ist die Embryonalanlage und später der Embryo im Verhältniss zum Dotter viel zu gross der Deutlichkeit wegen dargestellt. Um die einzelnen Theile leichter von einander unterscheiden zu können, sind verschiedene Farben für sie gewählt worden. Gelb ist der Dotter ge- zeichnet, grün das Darmdrüsenblatt, blau das äussere Keimblatt und roth das mittlere Keimblatt zusammen mit dem Mesenchym. Die schwarzen Punkte bezeichnen die Grenze, bis zu welcher auf den einzelnen Stadien das äussere und das innere Keimblatt den Dotter umwachsen haben ; die rothen Punkte zeigen die jeweilige Grenze des mittleren Keimblattes an , das nach Entwicklung der Blutgefässe mit der Randvene aufhört. Für alle Figuren gelten dieselben Bezeichnungen: ak äusseres Keimblatt (blau). mw Medullarwülste. N Nervenrohr. af Amnionfalte. vaf vordere, haf hintere, saf seitliche Amnionfalte. A Amnion. ah Amnionhöhle. jS seröse Hülle. lin Hautnabel. 218 Elftes Capitel. sf Seitenfalten: ^y^ kf^ Kopffalte; afb äusseres, ifb inneres Faltenblatt. ik inneres Keimblatt (grün). ur Umwachsungsra.nd. dr Dannrinne. dg Dottergang. al Allantois. ds Darmsack. dn Darmnabel. mk mittleres Keimblatt. mk^ parietale Lamelle desselben oder parietales Mittelblatt, mk'^ viscerale Lamelle desselben oder viscerales Mittelblatt. st seitliche Grenze desselben, Sinus terminalis, Randvene. dm dorsales, vm ventrales Mesenterium. Ih Leibeshöhle; W^ embryonaler, Ih- ausserembryonaler Theil derselben. Fig. 1. Querschnitt durch ein Hühnerei am zweiten Tage der Bebrüt ung. Die Keimblätter sind flach über dem Dotter ausgebreitet ^ das mittlere weniger weit als die beiden äusseren. Es haben sich die ersten Gefässe entwickelt, die mit der Randvene (st) an der Grenze des mittleren Keim- blattes aufhören. Man unterscheidet daher jetzt den Gefässhof, der bis zur rothpunktirten Linie (st) reicht, und nach aussen davon den Dotterhof {d)x), der mit der schwarzpunktirten Linie (wr), dem Umwachsungsrand des äusseren und des inneren Keimblattes, aufhört. Fig. 2. Querschnitt durch ein Hühnerei am dritten Tage der Bebrüt ung. Aeusseres und inneres Keimblatt sind über den halben Dotter aus- gebreitet. Der Dotterhof {dh) endet mit der schwarzpunktirten Linie, dem Umwachsungsrand (ur). Auch das mittlere Keimblatt mit dem Gefässhof, der jetzt in voller Ausbildung steht, hat den Dotter bis zur Linie st (dem Sinus terminalis) umwachsen. Im mittleren Keimblatt ist die Leibeshöhle im embryonalen Körper (Ih^) und in der nächsten Umgebung desselben ijh^) deutlich ge- worden, indem parietales (vnk^) und viscerales Mittelblatt (mÄ;^) aus einander gewichen sind. Die Embryonalanlage beginnt sich vom ausserembryonalen Theil durch Faltenbildung abzuschnüren und den Rumpf zu bilden. Die Seitenfalten (sf) sind eine Strecke weit nach abwärts gewachsen, wodurch die seitliche Rumpf- wand entstanden ist, während ventralwärts der Leib noch geöffnet ist. Den Seitenfalten entsprechend haben sich an der Darmplatte die seitlichen Darm- falten {df) gebildet und umgrenzen die Darmrinne (dr). Der in Abschnürung begriffene Embryo ist in eine Grube des flüssiger gewordenen Dotters eingesunken und wird von der Rumpfplatte des ausser- embryonalen Bezirks der Keimblätter zum Theil eingehüllt, indem die seit- lichen Amnionfalten {af) sich schon um die Seite des embryonalen Körpers herumgelegt haben. Fig. 3 zeigt einen Längsschnitt durch das in Fig. 2 auf dem Querschnitt dargestellte Stadium. (3. Tag der Be- brüt u n g.) Das Kopfende des Körpers hat sich von der Keimhaut vollständig ab- geschnürt. Es schliesst die Kopfdarmhöhle ein. Das Schwanzende ist nur wenig abgesetzt. Um den Kopf hat sich die vordere Amnionfalte (wa/), um den Schwanz die hintere Amnionfalte (liaf) herumgelegt (Kopfscheide, Schwanzscheide). Die Eihüllen der Reptilien und Vögel. 219 Die Mitte des Rumpfes ist ventralwärts noch weit geöffnet. Die Stelle, wo die Rumpfwand in die Amnionfalten übergeht und welche im Schema durch den Ring (/m) angedeutet ist, heisst der Hautnabel. Die Darmplatte hat sich vorn und hinten zu einem Rohr (Kopfdarni- höhle, Beckendarmhöhle) geschlossen, in der Mitte ist das Rohr nach ventral- wärts offen und geht durch den Dottergang (dg) in den Dottersack (ds) über. Die durch einen Ring (dn) bezeichnete Uebergangsstelle ist der Darmnabel. Aus der ventralen Wand der Beckendarmhöhle wächst als kleines Bläschen die Allantois («0 in die embryonale Leibeshöhle hinein. Fig. 4. Längsschnitt durch ein Hühnerei am Anfang des fünften Tages. Der Embryo ist nach Verwachsung der Amnionfalten in den Amnion- sack mit der Amnionhöhle (ah) eingehüllt. Aus dem äusseren Blatt der Amnionfalten hat sich die seröse Hülle (S) entwickelt. Durch weiteres Auseinanderweichen der mittleren Keimblätter hat sich der ausserembryonale Theil der Leibeshöhle {IJi'^) vergrössert. In sie ist die Allantois (al) hinein- gewachsen. Der Dotter ist mit Ausnahme eines Drittels seiner Oberfläche von dem äusseren und inneren Keimblatt bis zur Linie ur umwachsen worden. Der Gefässhof hat sich bis zur Linie st ausgedehnt. Die Kopfdarmhöhle ist durch den neu entstandenen Mund (m) nach der Amnionhöhle geöffnet. Fig. 5. Längsschnitt durch ein Hühnerei am siebenten Tage der Bebrütung. Durch Vergrösserung der ausserembryonalen Leibeshöhle hat sich die seröse Hülle vom Dottersack mit Ausnahme eines kleinen Bezirks vollständig getrennt. Das äussere und das innere Keim.blatt haben jetzt den Dotter allseitig umwachsen; das mittlere Keimblatt mit dem Gefässhof hat sich weiter nach abwärts ausgebreitet. Die Amnionhöhle, in welcher der Embryo schwimmt , ist durch Vermehrung des Amnionwassers weiter ausgedehnt worden. Die Allantois hat sich bedeutend vergrössert und bildet einen Sack, der mit dem Enddarm durch einen dünnen Stiel (Urachus) zusammenhängt. Der Sack breitet sich namentlich auf der rechten Seite des Embryo zwischen Amnion , Dottersack und seröser Hülle in der ausserembryonalen Leibes- höhle aus. Fig. 6 stellt einen schematisclien Querschnitt durch einen Fischembryo dar. Der Rückentheil ist schon weit entwickelt und schliesst das Nerven- rohr (N) , die Chorda {cli) , die Aorta (ao) und die Ursegmente ein. Die Bauchseite ist durch die ansehnliche Dottermasse (d) stark aufgetrieben. Diese liegt in einer Erweiterung des Darmrohrs, dem Darmdottersack; derselbe ist durch einen engen Spaltraum, die Leibeshöhle (j/i), von der ausgeweiteten Bauchwand oder dem Hautdottersack getrennt. Fig. 7. Schematischer Längsschnitt durch einen Sela- chierembryo. Der Dottersack hat sich vom embryonalen Körper theilweise abgeschnürt und hängt mit der Bauchseite nur noch durch einen dünnen Stiel (st) zu- sammen, der aus 2 ineinander gesteckten Röhren, dem Darmstiel (Dottergang) und dem Hautstiel, besteht. Durch den Dottergang communicirt der Dotter- sack mit dem embryonalen Darmrohr. Die Uebergangsstelle heisst der Darm- 220 Elftes Capitel. nabel (dn). Die Anheftungsstelle des Hautstieles an dem Bauch des Embryo ist der Hautnabel (Im). Die Leibeshöhle des Embryo (JW^) geht zwischen Haut- und Darmnabel {Im u. dn) in den Leibesraum (Ih^) zwischen Haut- und Darmdottersack über. Fig. 8, 9, 10, 11. Schematische Quer- und Längsschnitte durch Hühnerembryonen verschiedenen Alters. Fig. 8. Hälfte eines Querschnittes durch einen Hühner- embryo von 2 Tagen, nach Köllikee. Der Embryonalkörper, in welchem Nervenrohr (N). Chorda (ch), Ur- segmente mit der Höhle (ush), die pi-imitive Aorta (ao), die Urnierenanlage (vn) zu sehen sind, ist durch die seitliche Grenzrinne (gr) gegen den ausser- embryonalen Bezirk der Keimblätter abgegrenzt. Die Rumpfwand beginnt sich zu entwickeln, nachdem die Rumpfplatte die nach dem Dotter mit ihrer Firste gekehrte Seitenfalte (sf) gebildet hat. Nach aussen von derselben erhebt sich in entgegengesetzter Richtung die seitliche Amnionfalte (saf), Fig. 9. Querschnitt eines Hühnerembryo vom Anfang des dritten Tages, nach Köllikee. Die Seitenfalten (sf) sind weiter nach abwärts gewachsen und haben die Rumpfwand vervollständigt. Desgleichen haben sich die seitlichen Amnion- falten (saf) weiter nach dem Rücken des Embryo emporgehoben. Die Darm- platte hat sich zur Rinne dr eingefaltet. Die punktirte Linie Im bezeichnet den noch weiten Hautnabel, die Linie dn den Darmnabel. Fig. 10. Querschnitt durch den Rumpf eines fünftägigen Hühnerembryo in der Nabelgegend, nach Remak. Durch Zusammenlegen der Seiteufalten hat sich die Rumpfwand voll- ständig ausgebildet bis auf den von der Linie Im umgebenen Bezirk, in welchem die Leibeshöhle noch eine Oeffnung besitzt und mit der ausserembryonalen Leibeshöhle communicirt. An der Linie hn, dem Hautnabel, biegt die Rumpf- wand in die Amnionfalten (af) um, die über den Rücken des Embryo her- übergewachsen sind und im Begriff stehen, mit ihren Rändern zu verschmelzen. Das Darmrohr (d) geht am Darmnabel (du) in den Dottersack, der abge- schnitten ist, über. Fig. 11. Schema tisch er Längsschnitt durch einen Hühner- embryo. Der Kopf ist durch Faltung schon vollständig von der Keimhaut ab- gesetzt , der Schwanztheil ist weniger weit gesondert ; ersterer schliesst die Kopfdarmliöhle (Jcd) ein, die durch die vordere Darmpforte (vdjif) mit dem Dottersack zusammenhängt. Die Beckendarmhöhle, welche die erste Anlage der Allantois (al) zeigt, communicirt nach rückwärts und oben mit dem Nerven- rohr durch den neurenterischen Canal (cn), nach dem Dottersack durch die hintere Darmpforte (h-dpf). Das Kopfende ist durch die vordere Amnion- falte (vaf) schon theilweise eingescheidet , während am Schwanzende die hintere Amnionfalte (haf) sich erst zu erheben beginnt. 2. Die Allantois. Während die Entwicklunu- des Amnion noch vor sich geht, bildet sich bei den Reptilien und V(»,t>eln ein nicht minder wichtiges, embryo- nales Organ, die Allantois oder der Harnsack. Derselbe hat zwei 0,Hertwi| . Lehrb. d.Entwickclun.'^sgeschichte. Taf.I. dnJ VJl, dO 11 . du 2r u dpf 0,Her'twig del HusTav Fischer Die Eihüllen der Reptilien und Vögel. 221 verschiedene Functionen gleichzeitig zu erfüllen. Einmal dient er, wie schon sein Name sagt, zur Aufnahme der Ausscheidungsproducte, welche während des Embryonallebens von Niere und Urniere geliefert werden, und zweitens ist er noch vermöge seines Blutgefässreichthums und der obei-fltächlichen Lage, welche er erhält, das wichtigste embryonale Athmungsorgan. Der Harnsack nimmt aus dem letzten Theil des Enddarms, der später als Cloake bezeichnet wird, seinen Ursprung und ist hier in seiner ersten Anlage beim Hühnchen schon am Ende des zweiten Tages nachzuweisen, zu einer Zeit, wo die Wandungen des Enddarms noch in Entwicklung begriffen sind. Er erscheint hier als eine kleine, blindsack- artige Ausbuchtuno- (al) an der vorderen Wand der Darmplatte (hy). (Fig. 155, Taf. I, Fig. 3 al) mn 7ne Fig. 155. Schematiseher Längsdurehschnitt durch das Hinterende eines Hühnerembryo zur Zeit der Bildung der Allantois, nach Balfour. Der Schnitt zeigt, dass das Nervenrohr sp.c an seinem Ende mit dem Enddarm p.a.g durch einen Canalis neurentericus n.e zusammenhängt. Der letztere geht durch den Rest des Primitivstreifens pi\ welcher nach der Ventralseite umgeschlagen ist. ep äusseres Keimblatt, clx Chorda, hy Darmdrüsenblatt, al Allantois. me mittleres Keimblatt, an die Stelle, wo der After entstehen wird, am Amnion, so Hautplatte. sp Darmplatte. Die Ausstülpung ist nach innen vom Darmdrüsenblatt ausgekleidet, nach aussen von einer Wucherung des Darmfaserblattes überzogen. Sie vergrössert sich rasch zu einer Blase, die in die Leibeshöhle hinein- wächst (Taf. I, Fig. 4 aX). Hierbei erweitert sich das blinde Ende, während der Anfangstheil , der in den Enddarm übergeht, sich verengt und zu einem hohlen Stiel, dem Harngang oder Urachus, verlängert. Am vierten Tage ist der Harnsack so vergrössert, dass er in der embryonalen Leibeshöhle keinen Platz mehr findet und sich daher in ihren ausserembryonalen Theil zwischen Darmstiel und Hautstiel hinein- drängt (Taf. I, Fig. 5 al). Er gelangt so in den Raum zwischen Dotter- sack {ds) und Amnion {Ä) , trifft dann auf die Innenfläche der serösen Hülle {^ und breitet sich unter ihr auf eine weite Strecke und zwar über die rechte Seite des embryonalen Körpers aus. Hinsichtlich der weiteren Schicksale der Eihüllen beim Hühnchen mögen sich hier noch einige kurze Bemerkungen an- schliessen. In dem Zeitraum vom 5. bis zum 11. Tag, also etwa bis zur 222 Elftes Capitel. Mitte der Bebrütung, treten an dem Dottersack, dem Amnion, der Allantois u. s. w. folgende Veränderungen ein: In der Wand des Dottersacks, der noch eine ansehnliche Grösse beibehält, breitet sich in der früher geschilderten Weise der Gefässhof über grössere Strecken aus. Am 7. Tag bedeckt er etwa zwei Drittel (Taf. I, Fig. 5), am 10. Tag drei Viertel desselben, wobei die Grenz- vene undeutlich wird und die scharfe Abgrenzung gegen den gefäss- losen Abschnitt aufhört. Der Inhalt des Dottersacks ist durch chemische Veränderung der Dotterconcremente verflüssigt worden. Von seiner Oberfläche hat sich die seröse Hülle (S), soweit sich der Gefässhof ausgedehnt hat, durch Vergrösserung der ausserembryonalen Leibeshöhle abgeholfen. In den Zwischenraum ist gleichzeitig der Harnsack (Taf. I, Fig. 5 al) hin- eingewachsen. Dieser hat sich bis zum 10. Tage so sehr vergrössert, dass er nur einen kleinen Theil von Dottersack und Amnion unbedeckt lässt. Seine sackartige Beschaffenheit hat er jetzt mehr verloren. Denn zwischen seinem äusseren Blatte, welches fast überall der inneren Fläche der serösen Hülle dicht anliegt, und seinem inneren, an Amnion und Dottersack angrenzenden Blatt findet sich nur ein unbedeutender, mit Harn Wasser erfüllter Zwischenraum. Der Harnsack ist ferner zu dieser Zeit ein sehr blutgefässreiches Organ geworden und wird von den Nabelgefässen gespeist, die uns in einem späteren Capitel über das Blutgefässsystem noch einmal l)e- schäftigen werden. Am dichtesten ist das Blutgefässnetz in seinem äusseren Blatte, welches sich an der Oberfläche des Eies ausbreitet; es dient hier zur Unterhaltung des embryonalen Athmungsprocesses. Denn von dem oberflächlich circulirenden Blute wird Kohlensäure abgegeben und Sauerstoff aufgenommen , theils direct durch die Eischale, theils aus der am stumpfen Pole des Eies befindlichen Luftkammer (Fig. 10 a.ch), welcher ein grosser Theil des Harnsacks anliegt. Ausser zur Respiration dient endlich der Harnsack auch noch zur Resorption des Eiweisses, welches während der Bebrütung immer mehr eingedickt und am spitzen Pol des Eies zu einem Klumpen zusammengedrängt wird. Er umwächst und hüllt es in einen Sack ein, dessen epitheliale Oberfläche von der serösen Hülle abstammt, die von dem wuchernden Harnsack mit ausgestülpt worden ist. An der Innen- fläche des Eiweisssackes (H. Virchow) entwickeln sich blutgefässreiche Zotten, welche sich in das Eiweiss hineinsenken und von Düval, der zuerst auf diese Verhältnisse aufmerksam gemacht hat, als Placenta be- schrieben worden sind. Auch die Luftkammer hat während der Bebrütung Veränderungen erlitten und sich durch Auseinanderweichen der beiden Blätter der Schalenhaut , in welche sie eingeschlossen ist (Fig. 10, Seite 16) , unter Luftaufnahme ausgedehnt. Das Amnion endlich, welches am Anfang seiner Entstehung dem Embryo ziemlich dicht anliegt, hat sich vergrössert und ist zu einem mit Amnionwasser stark gefüllten Sacke geworden (Taf. I, Fig. 5 Ä). Seine schon oben beschriebenen, rhythmischen Zusammenziehungen werden am 8. Tage am lebhaftesten und kräftigsten und nehmen von da bis zum Ende der Bebrütung an Häufigkeit und Stärke ab. In Folge aller dieser Wachsthumsvorgänge beansprucht der Embryo mit Anhängen jetzt einen viel grösseren Raum als am Anfang der Be- brütung. Er gewinnt ihn dadurch, dass das den Dotter umgebende Die EihiiUen der Reptilien und Vögel. 223 Eiweiss oder Albunien sich erheblich vermindert, indem namentlich seine flüssigen Bestandtheile theils durch Verdunstung nach aussen, theils auch durch Resorption von Seiten des Embryo schwinden. Die Dotterhaut ist bei der Vergrösserung zerrissen worden. In einem zweiten Zeitraum, der vom 11. bis zum 21. Tage oder bis zum Ausschlüpfen des Hühnchens reicht, wirrt der Dottersack in Folge der stärkeren Aufsaugung seines Inhaltes mehr und mehr schlaff, so dass sich seine Wand in Falten zu legen beginnt. Von der serösen Hülle wird er jetzt, da sich die ausserembryonale Leibeshöhle rings um ihn ausgedehnt hat, vollständig abgelöst und hierauf durch Verkürzung des Darmstiels näher an die Bauch wand herangezogen. Am 19. Tage der Bebrütung beginnt er durch den sehr eng gewordenen Hautnabel in die Bauchhöhle selbst hineinzuschlüpfen, wobei er während des Durch- tritts durch die Bauchwand Sanduhrform annimmt. Hier wird er zum Verschluss der Darmwand mit verbraucht. Eine Rückbildung erfährt das Amnion, insofern die Flüssigkeit ab- nimmt und fast ganz schwindet, bis die Membran wieder dicht dem embryonalen Körper anliegt. Auch das Eiweiss wird fast vollständig aufgebraucht. Nur der Harnsack fährt zu wuchern fort und wächst schliesslich an der ganzen Innenfläche der serösen Hülle so vollständig herum, dass seine Ränder sich treffen und unter einander zu einem den Embryo und das Amnion vollständig einschliessenden Sack verschmelzen. Mit der serösen Hiille verklebt er so fest, dass seine Lostrennung nicht mehr gelingen will. Das Harn Wasser nimmt gegen Ende der Bebrütung gleichfalls ab und ist zuletzt, wie das Amnionwasser, ganz geschwunden. In Folge dessen gibt es in der Allantois Niederschläge von Harnsalzen, die immer massenhafter werden. Amnion und Harnsack bilden sich schliesslich vollständig zurück. Indem das Hühnchen kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen die es bedecken- den Hüllen mit dem Schnabel durchstösst, fängt es an, die in der grösser gewordenen Luftkammer enthaltene Luft direct einzuathmen. Eine Folge davon ist, dass im Harnsack der Blutkreislauf sich verlang- samt und endlich ganz aufhört. Die zuführefiden Nabelgefässe obliteriren. Amnion und Allantois sterben ab, trocknen ein, lösen sich dann vom Hautnabel ab, der sich am letzten Tage vor dem Ausschlüpfen schliesst, und werden, wenn das Küchelchen die Eischale verlässt, mit dieser als dürftige Ueberreste abgestreift. Zju sammenfassung. 1) Bei Reptilien und Vögeln sinkt der Embryo während seiner Entwicklung in den unter ihm liegenden, flüssiger gewordenen Dotter ein und wird von Faltungen des ausserembryonalen Bezirks der Rumpf- platte, von den vorderen, hinteren und seitlichen Amnionfalten, einge- hüllt (Kopfscheide, Schwanzscheide, Seitenscheiden). 2) In Folge des Faltungsprocesses entstehen 2 Säcke um den em- bryonalen Körper, das Amnion und die seröse Hülle. 3) Das Amnion ist am Hautnabel mit dem Bauch des Embryo ver- bunden. 224 Elftes Capitel. 4) Der Hautnabel umschliesst eine Oeifnung, durch welche der embryonale und der ausserembryonale Theil der Leibeshöhle in Ver- bindung stehen. 5) Durch den Hautnabel tritt der Stiel des Dottersacks durch, um sieh am Darmnabel an den Darm anzusetzen. 6) Aus der ventralen Wand der letzten Strecke des Enddarms (Cloake) stülpt sich der Harnsack hervor, wächst als eine gestielte Blase 1) in die Leibeshöhle und 2) durch den Hautnabel in ihren ausser- embryonalen Theil, breitet sich hier zwischen Amnion und seröser Hülle ringsum aus und fungirt vermöge seines Blutgefässreichthums als Ath- mungsorgan. 7) Am Ende der embryonalen Entwicklung schlüpft der immer kleiner werdende Dottersack nach Verbrauch des Dotters durch den offenen Hautnabel in die Leibeshöhle und wird zum Verschluss des Darmnabels verwandt. 8) Amnion, seröse Hülle und der aus dem embryonalen Kodier herausgewucherte Theil des Harnsacks werden am Hautnabel, der sich schliesst, als nutzlose Gebilde abgestossen. ZWÖLFTES CAPITEL. Die Eihüllen der Säugethiere. In ihren frühesten Entwicklungsstadien zeigen die Eihäute der Säugethiere mit denjenigen der Reptilien und Vögel eine ausserordent- liche Uebereinstimmung (Fig. 156). Wir finden einen Dottersack mit reichem Gefässnetz / 1 (Z7F), ein Amnion (aw), eine seröse Hülle (5^) und eine Allantois (ALC) ; wir finden, dass sich der Embryo in derselben Weise wie dort aus einem kleinen Bezirk der Keimblase entwickelt und in der- selben Weise von dem ausserembryonalen Be- zirk abschnürt, mit dem er nur durch einen Darm- und einen Hautstiel in Verbin- dung bleibt. Die Uebereinstim- mung wird eine auf- fällige und regt zu weiterem Nachdenken an, wenn wir in Be- tracht ziehen , dass die namhaft gemachten Entwicklungsprocesse in erster Linie durch die Ansammlung von Dottermaterial in den Eiern der Reptilien und Vögel hervorgerufen werden, und dass die Eier der meisten Säugethiere des Dotters so gut wie ganz entbehren, von sehr geringer Grösse sind, eine totale Furchung durchmachen und in allen diesen Beziehungen mehr den Eiern des Amphioxus gleichen. 0. Hertwig, EntwicklungsgeschicLte. 5. Aufl. 15 Fig. 156. Schema der Eihäute eines Säuge- thieres nach Turner. pc Zona pelhicida mit Zotten (Prochorion), sz seröse Hülle. H äusseres Keimblatt des Embryo, am Amnion. AC Amnionhöhle. M mittleres Keimblatt des Embryo. H inneres Keimblatt desselben. UV Dottersack (Vesica umbilicalis). yiZC Allantoishöhle. al AUantoi.s. 226 Zwölftes Capitel. Warum erleidet nun der Säugethierkeini trotzdem Metamorphosen, die in anderen Fällen nur Folge der Dotteransammlung sind? Warum entwickelt sich bei ihm ein Dottersack, der keinen Dotter enthält, mit einem Blutgefässsystem, das zur Dotterresorption bestimmt ist? Zur Erklärung dieser Verhältnisse müssen wir zu einer Hypothese unsere Zuflucht nehmen, auf welche schon bei Besprechung der Keim- blattbildung der Säugethiere kurz hingewiesen wurde. Sie lässt sich etwa so formuliren und begründen: Die Säuger müssen von Thieren abstammen, die grosse dotter reiche Eier besessen haben, ovipar ge- wesen sind und bei denen sich in Folge dessen die em- bryonalen Hüllen in gleicher Weise wie bei Reptilien und Vögeln entwickelt haben. Bei ihnen müssen die Eier erst nachträglich ihren Dottergehalt wieder ein- gebüsst haben und zwar von dem Zeitpunkt an, als sie nicht mehr nach aussen abgelegt, sondern in der Gebärmutter entwickelt wurden. Denn hiermit war für den werdenden Keim eine neue und ergiebigere, weil unbeschränkte Quelle der Ernährung gefunden in Substanzen, die von den Wandungen der Gebärmutter ausgeschieden wurden. Es be- durfte daher nicht mehr der Mitgift des Dotters. Die Hüllbildungen aber; die durch den Dottergehalt der Eier ursprünglich ins Dasein ge- rufen worden waren, haben sich erhalten, weil sie auch noch in mancher anderen Beziehung von Nutzen waren und weil sie unter Wechsel ihrer Function in den Dienst der Ernährung durch die Gebärmutter traten und dementsprechende Abänderungen eifuhren. Zu Gunsten dieser Hypothese können drei Thatsachen angeführt werden. Erstens sind bei den niedersten Säugethierclassen, wie bei den Mono- trenien und Beutelthieren , die Eier noch grösser als bei den Placental- thieren; sie zeichnen sich durch einen stärkeren Gehalt an Dotter aus, welcher bei Ornithorhynchus zum Beispiel in grösseren und kleineren, fettglänzenden, dicht zusammenliegenden Kugeln abgelagert ist. Die Eier bilden in dieser Beziehung zu denjenigen der Reptilien und Vögel einen Uebergang. Zweitens ist beobachtet worden, dass die Monotremen, die niedrigste Abtheilung der Säugethiere, wie die Reptilien und die Vögel, eierlegend sind. Ganz kürzlich haben zwei Forscher, Haacke und Caldwell, die interessante Entdeckung gemacht, dass Echidna und Ornithorhynchus, anstatt lebendige Junge zu gebären, wie man seither annahm, in eine pergamentartige Schale eingehüllte, gegen 2 Centimeter grosse Eier ablegen und in ihrem Brutbeutel, der Mammartasche, mit sich herum- tragen. Drittens verharren die Eihäute bei den Beutelthieren, welche nächst den Monotremen als die am tiefsten stehenden Säugethiere aufzufassen sind, obwohl die Entwicklung in der Gebärmutter vor sich geht, dauernd in einem Zustand , der demjenigen der Vögel und Reptilien ähnlich ist. Wie wir durch Owen und Selenka wissen, l)esitzt der in ein weites Amnion eingehüllte Eml)ryo einen sehr grossen und gefässreichen Dotter- sack, der bis an die seröse Membran heranreicht, ferner eine kleine Allantois und eine seröse Membran. Letztere liegt den Uteruswandungen dicht an, ohne alier mit ihnen enger verbunden zu sein. Nach Resorption des Dotters werden daher wahrscheinlich Substanzen, welche von der Die Eihüllen der Säugethiere. 227 Gebärmutter abgesondert werden, durch das Blutgefässnetz des Dotter- sacks aufgenommen. So beginnt eine Art intra-uteriner Ernährung sich bei den Beutelthieren auszubiklen, sonst aber liegt der Embryo mit seinen Hüllen in der Höhle der Gebärmutter, wie der Vogel oder Reptilien- embryo mit seinen Hüllen in der festen Eischale. Nach Begründung der schon von verschiedenen Seiten (Rabl etc.) geäusserten Hypothese, dass die Eier der Säugethiere ursprünglich dotterreicher gewesen sein müssen, wenden wir uns zur genaueren Be- schreibung der Eihüllen. Was die ersten Entwicklungsstadien betrifft, so beginnen wir mit dem Kaninchen, weil seine Entwicklungsgeschichte am besten untersucht ist, und werden dann, um uns das Verständniss für den Bau der menschlichen Placenta zu erleichtern, in einer kurzen Skizze zeigen, wie sich in der Classe der Säugethiere engere anatomisch- physiologische Beziehungen zwischen der Schleimhaut der Gebärmutter und den embryonalen Hüllen in verschiedener Weise herausbilden. Mit den Eihüllen des Menschen werden wir uns in einem besonderen Capitel beschäftigen. Wenn beim Kaninchen das in die Gebärmutter gelangte Ei sich hierselbst zu der schon früher beschriebenen Keimblase umgewandelt hat, ist es noch von der Zona pellucida eingehüllt. Diese ist mittler- weile zu einem dünnen Häutchen (Prochorion), welches später zerstört wird, ausgedehnt worden. Die Keimblase nimmt an Ausdehnung rasch zu und wächst vom fünften bis zum siebenten Tag etwa von 1,5 mm auf 5 mm Grösse heran. In Folge dieser Grössenzunahme legt sich das Prochorion der Innenfläche der Gebärmutter am siebenten und achten Tage so innig an, dass es immer schwieriger und zuletzt unmöglich wird, die Eier ohne Verletzung abzulösen. Denn beim Zerreissen des mit den Uterus- wandungen verklebten Prochorion wird gewöhnlich die ihm dicht an- liegende, dünne Keimblase l^eschädigt und eröffnet, worauf sie unter Aus- fliessen ihres Inhalts zusammenfällt. Auch ihr Inhalt hat Veränderungen erlitten, welche die Untersuchung erschweren; er hat an Consistenz so zugenommen, dass er der Dicke des Hühnereiweisses fast gleichkommt. Während des Festsetzens vergrössert sich die Embryonalanlage und nimmt, während sie ursprünglich rund war, eine immer mehr gestreckte Form an. Sie wird am siebenten Tage oval (Fig. 157 ag) , dann birn- förmig und gewinnt am achten Tage eine immer ausgeprägtere, sohlen- artige Gestalt, wobei sie bis zu einer Länge von circa 3,5 mm heran- wächst (Fig. 158). Wie schon in den vorausgegangenen Capiteln beschrieben wurde, breitet sich in dieser Zeit das mittlere Keimblatt in der Embryonal- anlage aus, bildet sich die Medullarfurche (Fig. 157 und 158 rf), die Chorda, eine Anzahl von Ursegmenten, erscheint am achten Tage die erste Anlage von Gefässen und Blut im Gefässhof (o). Am neunten und zehnten Tage faltet sich die Embryonalanlage zum embryonalen Körper zusammen und schnürt sich vom übrigen Theil der Keimblase ab, aus welcher sich gleichzeitig verschiedene Eihäute zu entwickeln beginnen. Alle diese Vorgänge sind bei den Säugethieren in ihren Anfangsstadien dieselben wie bei den Pteptilien und Vögeln, so dass wir uns bei ihrer Beschreibung sehr kurz fassen können. Zur Ver- anschaulichung mögen die schematischen Zeichnungen dienen, welche, von KöLLiKER entworfen, in vielen Lehrbüchern Aufnahme gefunden haben (Fig. 159, 1—5). 15* 228 Zwölftes Capitel. / Schema 1 zeigt uns eine Keimblase, die beim Kaninciien etwa dem 7. bis 8. Tage entsprechen würde. Nach aussen ist sie noch von der sehr verdünnten Dotterhaut (d) eingeschlossen, die jetzt auch Prochorion genannt wird, da sich auf ihrer Aussenfläche bei manchen Säugethieren Eiweissflocken und Zöttchen aus der von der Uterusschleimhaut aus- geschiedenen Flüssigkeit niedergeschlagen haben. Das innere Keimblatt («■), das an einer nur wenig jüngeren Keimblase, wie sie in Figur 77 B dargestellt ist, nur bis zur Linie ge reicht und noch ein Drittel der Kugelinnenfläche unbedeckt lässt, ist jetzt ganz bis zum vegetativen Pole herumgewachsen. Das mittlere Keimblatt (m) ist in voller Ent- wicklung begriffen und nimmt etwa den vierten Theil der Kugelober- Fi«-. 157. 7dci Fiff. löö. Fig. 157. Embryonalanlage eines Kanineheneies von 7 Tagen aus Kölliker. 0 Gefässhof (Area opaca). äff Embryonalanlage. ;»• Primitivrinne. ?y Kückenfurche. Fig. 158. Embryonalanlage eines Kaninchens von 0 Tagen aus Kölliker, mit einem Theil des hellen Pruehthofes. Ap, ao lieller, dunkler Fruclithof. h', h", //" Medullarplatte in der Gegend der ersten, zweiten, dritten Hirnblase. i<~ Stammzone. j»z Parietälzqiie. r/ Rückenfurche. pr Primitivstreifen. ■ ■ fläche ein. Ein kleiner Abschnitt dieser dreiblätterigen Region enthält die Embryonal anläge, die sich etwa auf dem Entwicklungsstadium be- finden würde, welches wir bei der Ansicht von der Fläche in der Figur 157 vor uns haben. Sie ist eiförmig und zeigt in der hinteren Hälfte den Primitivstreifen (pr) und vor ihm eine tiefe Rückenfurche (rf) ; der ausserembryonale Theil des mittleren Keimblattes kann als Gefässhof (o) bezeichnet werden, da sich in ihm die ersten Anfänge der Gefäss- und Blutbildung bemerkbar machen. Bei dem in Schema 2 abgebildeten, schon viel weiter entwickelten Embryo (beim Kaninchen etwa am neunten Tage) hat sich das mittlere Keimblatt etwa über den dritten Theil der Keimblase ausgebreitet und D.e EihüUen der Säugethiere. 229 Fig. 159. Fünf sehematische Figuren zur Darstellung der Entwicklung der fötalen Eihüllen eines Säugethieres nach Kölliker. In den Figuren 1 — 4 ist der Embryo im Längsdurchschnitt dargestellt. 1) Ei mit Zona pelluc.ida, Keimblase, Fruchthof und Embryonalanlage. 2) Ei, an dem sich der Dottersack und das Amnion zu bilden beginnen. 3) Ei, in welchem durch Verwachsung der Amnionfalten der Amnionsack und die seröse Hülle gebildet werden und die Allantois sich anlegt. 4) Ei mit seröser Hülle, die Zotten entwickelt hat, mit grösserer Allantois und mit einem Embryo, an welchem Mund- und Afteröffqung entstanden sind. 5) Schematische Darstellung eines noch jungen menschlichen Eies, bei dem sich die Gefässschicht der Allantois rings an die seröse Hülle angelegt hat und in ihre Zotten hineingewachsen ist. Die seröse Hülle führt von da an den Namen Chorion. Der Hohlraum der Allantois ist verkümmert, der Dottersack ist sehr klein geworden, die Amnionhöhle in Zunahme begriffen. d Dotterhaut (Zona pellucida). d' Zöttchen derselben, sh seröse Hülle, ch Chorion. c?iz Choriouzotten. am Amnion, ks, ss Kopf- und Schwanzfalte des Amnion, a äusseres Keimblatt, a' dasselbe vom ausserembryonalen Bezirk der Keimblase, m mittleres Keimblatt, m' dasselbe vom ausserembryonalen Bezirk, dd inneres Keimblatt, i das- 230 Zwölftes Capitel. selbe im ausserembryonalen Bezirk, dj Geiässhof. st Sinus terminalis. Ich Höhle der Keimblase, die später zur Höhle des Dottersackes ds wird, dg Stiel des Dottersackes (Dottergang), al Allantois. e Embryo, r Raum zwischen Chorion und Amnion; ausser- embryonaler Theil der Leibeshöhle, mit eiweissreicher Flüssigkeit erfüllt, vi ventrale Leibeswand, hh Pericardialhöhle. schliesst jetzt eine deutlich sichtbare Leibeshöhle ein, indem parietales und viscerales Mittelblatt sowohl im embryonalen als auch im ausser- embryonalen Bezirk aus einander gewichen sind. Es reicht bis zu der mit ü bezeichneten Stelle, an welcher sich als äussere Grenze des nun deutlich ausgeprägten Gefässhofes der Sinus terminalis befindet. Die Embryonalanlage ist in Abschnürung von der Keimblase be- griffen. Kopf- und Schwanzende des Embryo haben sich durch Faltung der einzelnen Blätter in derselben Weise wie beim Hühnchen vom hellen Fruchthof abgehoben. Wie dort ist eine Kopf- und eine Beckendarm- höhle entstanden mit einer vorderen und einer hinteren Darmpforte, von welchen jede nach der Höhle der Keimblase geöffnet ist. Zu derselben Zeit erfolgt die Entwicklung des Amnion, welche bei den Säugethieren zuerst von Baer und Bischoff erkannt worden ist. An dem schematischen Durchschnitt sieht man, dass die ausserembryonale Leibeshöhle sehr weit geworden ist, indem sich das äussere Keimblatt mit dem fest anliegenden parietalen Mittelblatt in der Umgebung des Embryo in die Höhe gehoben und sich in Falten (ks u. ss) gelegt hat. Ueber den Kopf hat sich die vordere (ks), über den Schwanz die hin- tere Amnionfalte (s.9) herübergeschlagen. Die beiden Scheiden liegen bei den Säugethieren dem Embryo so dicht auf, dass sie bei Betrachtung von der Fläche, zumal sie ausserordentlich durchsichtig sind, nicht leicht erkannt werden können. Auf dem dritten Schema haben sich die Amnionfalten stark ver- grössert und sind einander über dem Rücken des Embryo bis zur gegen- seitigen Berührung ihrer Ränder entgegengewachsen. Der Verschluss des Sackes findet in einer etwas anderen Weise als beim Hühnchen statt. Anstatt in einer Längsnaht treffen sich die Ränder der Amnionfalten, wenigstens beim Kaninchen, etwa in der Mitte des Rückens an einer kleinen Stelle, wo sich längere Zeit eine rundliche Oeffnung im Sacke erhält. Das äussere Blatt der Amnionfalten, das in der Figur 3 an der Nahtstelle noch mit dem Amnionsack zusammenhängt, später aber sich von diesem ganz ablöst, stellt wie beim Hühnchen die seröse Hülle dar. Diese tritt als selbständige Bildung zuerst in der Umgebung des Embryo auf, während sie weiter nach abwärts noch mit dem Darm- drüsenblatt fest verbunden ist und mit ihm zusammen die hier nur zweiblätterige Wand der ursprünglichen Keimblase ausmacht. Ausserdem lässt uns das dritte Schema noch die erste Anlage des Harnsacks («7) erkennen, der in der schon früher beschriebenen Weise (S. 221) aus der vorderen Wand des Hinterdarms hervorwächst und beim Kaninchen schon am neunten Tage als eine kleine, gestielte, sehr gefässreiche Blase bemerkt wird. Das vierte Schema zeigt uns die Entwicklung der Eihüllen viel weiter gediehen. Das Prochorion ist durch Ausdehnung der ganzen Keimblase gesprengt worden und als besondere Hülle nicht mehr nach- weisbar. Was wir nach aussen erblicken, ist die seröse Hülle, die sich in auffallender Weise verändert hat. Sie hat sich erstens vom Amnion vollständig abgelöst; doch ist hierbei zu bemerken, dass bei einigen Säugethieren und namentlich auch beim Menschen sich ein Ver])indungs- Die Eihüllen dei- Säugethiere. 231 stiel zwischen beiden Hüllen an der Amnionnaht lange Zeit erhält. Zweitens ist die seröse Hülle überall vom Dottersack getrennt und um- gibt als eine dünne Blase lose den Embryo mit seinen übrigen Hüllen. Es ist dieser Zustand dadurch herbeigeführt worden, dass das mittlere Keimblatt, das in Figur 3 nur die eine Hälfte der ursprünglichen Keim- blase umwachsen hatte, sich lummehr auch noch über die andere Hälfte ausgebreitet hat und in seine beiden Blätter aus einander gewichen ist. Dadurch hat sich die Wand des ausserembr} onalen Theils der Keim- biase nun vollständig wie beim Hühnchen in einen äusseren Sack, die seröse Hülle, und in den durch die Leibeshöhle von ihr getrennten Dottersack gespalten. Uebrigens bestehen auch in dieser Hinsicht zwischen den Säuge- thieren Verschiedenheiten, indem bei einigen die seröse Hülle in mehr oder minder grosser Ausdehnung mit dem Dottersack dauernd verbunden bleibt. Das ist zum Beispiel beim Kaninchen der Fall. Beim Kaninchen breitet sich das mittlere Keimblatt nur auf der dem Embryo zugewandten Hälfte des Dottersackes aus, der ursprünglich den grössten Theil der Keimblase ausfüllt. Es entwickelt sich in ihm ein Blut- gefässnetz , das nach aussen durch eine Randvene (Fig. 160 st) scharf abgegrenzt ist. Die andere Hälfte des Dottersackes ist gefässlos und ist überall mit der serösen Hülle fest verbunden. Wenn dann später der Dottersack nach Resorption seines Inhalts zu schrumpfen beginnt, nimmt er eine pilzhutähnliche Form an {eis), indem sich seine gefässführende Hälfte (fcl) gegen den gefässlosen, mit der serösen Hülle (sh) verwachsenen Ab- schnitt (ed") einstülpt. Mit dem Darranabel des Embryo bleibt er durch einen lang ausgezogenen Darmstiel (oder Dottergang), der 'dem Stiel des Pilzhutes vergleichbar ist, in Verbindung. Fig. 160. Schematiseher Längs- durchschnitt durch ein Kaninchen- ei auf vorgeschrittenem Träehtig- keitsstadium nach Bischopf. e Embryo, a Amnion, u Urachus. al Allantois mit Bhitgefässen. sh sub- zonale Membran, pl Zotten der Placenta. fd Getassschicht des Dottersackes, ed Darmdrüsenblatt des Dottersackes, ed', ed" innere und äussere Lamelle des den plattgedrückten Hohlraum des Dotter- sackes auskleidenden Darmdrüsenblattes. ds Höhle des Dottersackes, st Sinus terminalis. r der mit Flüssigkeit erfüllte Raum zwischen Amnion, Allantois und Dottersack. rW *1i Der durch Schrumpfung des Dottersacks in der Keimblase frei werdende Raum (r) wird nicht durch ein compensirendes Wachsthura des Amnion (a) und des Harnsacks (al) , welche beide klein bleiben , ausgefüllt. Daher sammelt sich zwischen den einzelnen Eihüllen eine grössere Menge Flüssig- keit an. Der mit Flüssigkeit erfüllte Raum ist nichts Anderes als das Keimblasencoelom, die Leibeshöhle der Keimblase, die beim Kaninchen wie 232 Zwölftes Capitel. bei keinem anderen Säugetliier deutlich entwickelt ist. In sie hängt der Harnsack (cd) als gestielte Blase frei hinein und hat sich mit einem Theil seiner Oberfläche an den mit dem Dottersack nicht verbundenen und vom Randsinus (st) umgrenzten Abschnitt der serösen Hülle (sli) angelegt. Dieser Abschnitt bildet sich allmählich zu einem Ernährungsorgan für den Embryo, zu der Placenta ( p7) , um , indem er durch die Gefässe der Allantois , die Nabelgefässe, eine reichliche Blutzufuhr erhält. Später wird auch die übrige Oberfläche der Keimblase, an welcher sich die Nabelgefässe nicht ausbreiten, gefässhaltig. Es geschieht dies da- durch, dass die in dem pilzhutartigen Dottersack noch enthaltene eiweiss- reiche Flüssigkeit vollständig aufgesaugt wird , und dass in Folge dessen seine äussere gefässlose und seine innere eingestülpte gefässhaltige Wand auf einander zu liegen kommen und zu einer einzigen Membran verwachsen. Auf diese Weise wird beim Kaninchen die Keimblase an ihrer ganzen Ober- fläche von zwei verschiedenen Seiten her mit Blut versorgt, der placentare Theil von den Gefässen des Harnsacks, der grössere Theil der Oberfläche von den in Rückbildung begriffenen Dottergefässen. Betreffs der Amnionbildung beim Kaninchen, über welche vax Bexeden und JuLix sehr eingehende Untersuchungen angestellt haben, mag noch erwähnt werden, dass hier in höherem Grade als beim Hühnchen das mittlere Keimblatt im Bereich der vorderen Amnionfalte fehlt. Letztere besteht daher während längerer Zeit einzig und allein aus den beiden dicht zusammenschliessenden primären Keimblättern, van Bexeden hat daher der Kopfscheide beim Kaninchen, solange an ihrer Bildung das innere Keimblatt Theil nimmt, den Namen des Proamnion gegeben. Später kommt es jedoch auch im Bereich des Kopfes beim Kaninchen zu einer Ablösung des Amnion vom Darmdrüsenblatt des Dottersacks. Endlich ist in unserem Schema 4 noch eine dritte Veränderung an der serösen Hülle eingetreten. Durch Wucherung des Epithels sind zahlreiche, kleine Ausstülpungen oder Zöttclien auf ihrer nach aussen gekehrten Oberfläche entstanden. Man hat ihr daher, wenn sich diese Veränderungen vollzogen haben, den Namen des Chorion oder der Zottenhaut gegeben. Auch hier ist gleich hinzuzufügen, dass in der Zottenentwicklung keineswegs eine Uebereinstimmung zwischen allen Säugethieren heiTscht. Bei den niedersten Ordnungen (Monotremen, Beutelthieren) bleibt die Oberfläche der Keimblase, wie bei den Vögeln und Reptilien, nahezu glatt. Es erhält sich daher bei ihnen während des Enibryonallebens dauernd die seröse Hülle, während sie sich bei den übrigen Säugethieren zu einer Zottenhaut umbildet. Auf Grund dieser Verschiedenheiten hat Kölliker die Säugethiere in Mammalia achoria und Mammalia choriata eingetheilt. An den übrigen Eihäuten der Figur 159, 4 haben sich hauptsächlich nur Veränderungen in der Grösse vollzogen. Der Dottersack (r/.s), auf dessen ganzer Oberfläche sich jetzt die Dottergefässe ausbreiten, ist er- heblich kleiner geworden und geht durch einen längeren, dünneren Stiel, den Dottergang (dg), in den embryonalen Dann über. Der Anmion- sack (am) hat sich vergrössert und mit Flüssigkeit, dem Liquor amnii, erfüllt. Seine Wandungen setzen sich am Bauchnabel in die Bauchwand des Embryo fort. Die Allantois (al) ist zu einer blutgefässreichen, birn- förmigen Blase geworden, die zwischen Darmstiel und Bauchnabel hin- durch in die Leibeshöhle der Keimblase und bis zur serösen Hülle heranuewuchert ist. Die EihüUen der Säiwcthicre 233 Besser als das Schema (Fif?. 159, 4) uiewälirt uns die natiirf?etreue AbbildimjT eines Hundeenibryos von 25 Tagen (l*'ig. 161) einen Einblick in den Zusammenhang der beiden bhitgetassfiihrenden Säcke, der Allantois und des Dottersacks, mit dem Darmcanal. Der Embryo ist aus dem Chorion und dem Anmion herausgenommen. Die vordere Bauchwand ist zum Theil entfernt und dadurch der Haut- nabel zerstört worden, der um diese Zeit schon ziemlich eng geworden ist. Der jetzt in ganzer Länge zu erblickende Darmcanal hat sich schon überall zu einem Rohr (d) geschlossen; etwa in seiner Mitte geht er vermittelst eines kurzen Dotterganges in den Dottersack (ds) über, der bei der Präparation aufgeschnitten worden ist. Ganz am Ende des Darmcanals setzt sich die Allantois (al) mit einer stielartigen Verenge- rung an. Fig. 161. Embryo eines Hundes von 25 Tagen. 5 mal vergrössert, ge- streckt und von vorn gesehen. Nach Bischoff. d Darmrolir. ds Dottersack, al Allantois, Harnsack, un Urniere. l Die beiden Leberlappen mit dem Lumen der Vena omphalomesenterica dazwischen, ve, he voi'dere, hintere Extremität, h Herz, m Mund, au Auge, g Geruchsgrübchen. Bis zu diesem Stadium liegt die Uebereinstimmung in der Ent- wicklung der Eihüllen bei Säugethieren , Vögeln und Reptilien klar zu Tage. Von jetzt ab aber wird der Entwicklungsgang bei den Säuge- thieren immer mehr ein abweichender, indem ein Theil der Eihäute in nähere Beziehungen zu der Schleimhaut der Gebär- mutter tritt und sich so zu einem Ernährungsorgan für den Embryo umwandelt. Auf diese Weise wird ein Ersatz für den Ausfall des Dotters geschaffen. Die interessanten Einrichtungen, welche zur intra-uterinen Ernährung dienen und namentlich von dem englischen Anatomen Turner und 234 Zwölftes Capitel. neuerdings von Strahl in einer Reihe gründlicher, vergleichend-ent- wicklungsgeschichtlicher Arbeiten untersucht worden sind, bieten in den einzelnen Ordnungen der Säugethiere sehr grosse Verschiedenheiten dar: bald sind sie einfacher Art, bald entstehen coniplicirtere Organe, die man als Mutterkuchen oder Placenta bezeichnet hat. Da ihre Kennt- niss uns das Verständniss der menschlichen Placenta erleichtern wird, wollen wir auf sie etwas ausführlicher eingehen. In der Art und Weise, wie die Oberfläche der Keim- blase zur Schleimhaut der Gebärmutter in Beziehung tritt, sind am zweck massigsten 3 verschiedene Modi- ficationen zu unterscheiden und danach die Säugethiere in 3 Gruppen einzuth eilen: in einer Gruppe erhält sich die seröse Hülle nahezu in ihrer einfachen, ursprünglichen Beschaffenheit, in der zweiten Gruppe wandelt sie sich in eine Zottenhaut oder in das Chorion um, und in der dritten Gruppe entsteht aus einem oder meh- reren Abschnitten des Chorion ein Mutterkuchen. Zu der ersten Gruppe gehören unter den Säugethieren nur die Monotremen und die Beutelthiere , deren Eihüllen im Allgemeinen ähn- lich wie bei den Reptilien und Vögeln beschaffen sind. Gewöhnlich entbehrt bei den Beutelthieren die seröse Hülle gefässhaltiger Zotten. Dadurch, dass sie der blutgefässreichen Uterusschleirahaut fest aufliegt, ohne sich indessen inniger mit ihr zu verbinden, kann sie aus ihr ver- mittelst grosser, blasenartig gewordener Epithelzellen (Selenka) Er- nährungsstoffe aufnehmen und an die weiter nach innen gelegenen, embryonalen Theile abgeben. In der zweiten Gruppe der Säugethiere wird eine Vervoll- kommnung in der intra-uterinen Ernährung dadurch herbeigeführt, dass die seröse Hülle in ihrer Organisation eingreifende Veränderungen er- fährt und sich so zu einer Zottenhaut oder einem Chorion umwandelt. Erstens wird die seröse Hülle mit Blutgefässen versorgt, indem die Allantois an sie herantritt und mit ihrer Bindegewebsschicht, welche die Ausbreitung der Nabelgefässe enthält, an ihrer Innenfläche rings herum- wuchert. Zweitens beginnt die Epithelmembran in Falten und Zotten aus- zuwachsen, in welche alsbald auch blutgefässführende Fortsätze der Bindegewebsschicht eindringen. Durch diesen Process wird eine grössere resorbirende Oberfläche geschafl'en. Drittens verbinden sich die Schleimhaut der Gebärmutter und das Chorion inniger und fester unter einander; auch die Schleimhaut ver- grössert ihre Obei-fläche und erhält Gruben und Vertiefungen, in welche die Fortsatzbildungen des Chorion hineingreifen. Alle diese Veränderungen haben keinen anderen Zweck als den Stoffwechsel zwischen mütterlichen und kindlichen Geweben zu erleich- tern und zu einem recht ausgiebigen zu machen. Derartig beschaff'ene Eihäute treffen wir bei den Schweinearten, den Perissodactylen , Hippopotamidae , Tylopoden, Traguliden, Sirenen und Cetaceen. Beim Schwein , das uns als Beispiel dienen soll, ist die Eiblase in Anpassung an die Form der Gebärmutter in einen spindel- förmigen Schlauch umgewandelt. Dementsprechend sind auch die inneren embryonalen Anhänge, wie Dottersack und Allantois, in zwei lange Zipfel ausgezogen. Die Eihüllen der Säiigetliiere. 235 Auf der ganzen Oberfläche des Chorion haben sich, mit Ausnahme der beiden Zipfel des Schhiuchs, Reihen von sehr gefässreiclien Wülsten gebildet, die strahlenförmig von einzelnen glatten, runden Flecken der Membran ausgehen und auf ihrem Rande noch mit kleinen, einfachen Papillen bedeckt sind. Den Erhabenheiten und Vertiefungen des Chorion ist die Schleindiaut der Gebärmutter genau angepasst. Auch hier finden sich wie dort ähnliche kreisförmige, glatte Stellen, die noch insofern bemerkenswerth sind, als auf ihnen allein die schlauchförmigen Uterin- drüsen zur Ausmündung gelangen. Bei der Geburt lösen sich die in einander gepassten Berührungsflächen von einander ab, ohne dass in der Schleimhaut der Gebärmutter Substanzverluste entstehen. Denn die Wülste und kleinen Papillen des Chorion lassen sich leicht aus den zu ihrer Aufnahme dienenden Vertiefungen herausziehen. In der dritten Gruppe hat sich zum Zweck der intra-uterinen Ernährung ein besonderes Organ, die Placenta oder der Mutterkuchen, entwickelt. Seine Entstehung ist dadurch veranlasst worden, dass ein- zelne Abschnitte des Chorion in Folge ungleicher Vertheilung und Grösse der Zotten eine verschiedene Beschaff'enheit angenommen haben. Ein Theil zeigt uns die Zotten entweder ganz geschwunden oder sehr verkümmert ; die Oberfläche der Membran fühlt sich daher glatt an, ist arm an Blutgefässen oder entbehrt derselben vollständig. Ein anderer Theil des Chorion enthält dicht zusammengedrängte Zotten, die ausserordentlich verlängert und mit zahlreichen, verzweigten Seitenästen besetzt sind ; ferner empfängt er starke Blutgefässe , welche zu den Zottenbüscheln herantreten und sich in den feinsten Seitenäst- chen derselben mit ihren Endcapillaren ausbreiten; endlich ist er innigere Beziehungen mit der Schleimhaut der Gebärmutter eingegangen. Diese ist überall, wo sie an die Zottenbüschel anstösst, stark verdickt, sehr blutgefässreich und in lebhafter Wucherung begriff"en. Sie schliesst zahlreiche, verzweigte, grössere und kleinere Hohlräume ein, in welche die Chorionzotten genau hineinpassen. Das Ganze nennt man eine Placenta, und man unterscheidet an ihr den mit Zotten bedeckten Theil des Chorion als Placenta foetalis und den mit ihr verbundenen und ihr angepassten Theil der Uterusschleimhaut als Placenta uterina. Beide zusammen stellen ein Organ zur Ernährung des Embryo dar. Man hat vielfach auch die Bezeichnung Placenta auf das gleich- massig mit kleinen Zöttchen bedeckte Chorion der Schweinearten etc. ausgedehnt und die Unterart einer diffusen Placenta hierfür aufgestellt. Im Interesse einer schärferen Begriffsbestimmung aber liegt es wohl, den Namen nur in der engeren Bedeutung, wie es hier geschehen ist, an- zuwenden, und im anderen Fall nur von einer Zottenhaut oder einem Chorion zu sprechen. Im Einzelnen zeigt die Placentabildung nicht unerhebliche Moditi- cationen. Einen besonderen Typus stellen die Wiederkäuer (Fig. 162 a) dar, deren Eiblase wie beim Schwein in 2 Zipfel ausgezogen ist. An ihrem Chorion (Ch) haben sich sehr viele kleine , fötale Placenten (C-), die man hier auch Cotyledonen nennt, entwickelt. Ihre Zahl ist bei den einzelnen Arten eine sehr schwankende, 60 bis 100 bei dem Schaf und der Kuh, nur 5 — 6 bei dem Reh. Sie sind mit entsprechenden Verdickungen der Gebärmutterschleimhaut, den Placentae uterinae (C^), 236 Zwölftes Capitel. Fig. 162 a. Gebärmutter einer Kuh, in der Mitte der Trächtigkeitsperiode geöffnet. (Aus Balfoor, nach Colin.) V Vagina. U Uterus. CV; Chorion. C^ Cotyledonen des Uterus. <7- fötale Cotyledonen. verbunden, doch nur in lockerer Weise , so dass schon ein leichter Zug genügt, um eine Trennung herbeizuführen und die Chorionzotten aus den zu ihrer Aufnahme dienenden Gruben, wie eine Hand aus dem Handschuh , herauszu- ziehen. Auch in dem Präparat, welches un- serer Figur 162 a zur Grundlage dient, sind kindliche und mütter- liche Cotyledonen (C^ und C^) von einander getrennt, da die Ge- bärmutter ( U) durch einen Schnitt geöffnet und eine Strecke weit vom Chorion (Ch) ab- gezogen worden ist. Einen einzelnen Co- tyledon der Figur 162 a in wenig mehr als na- türlicher Grösse zeigt uns Figur 162 b. Die Wand der Gebärmutter (u) ist von dem Cho- rion iCh) ein wenig ab- gezogen. In Folge des- sen sind der mütter- liche (C^) und der fötale Theil (C^) des Cotyledon theilweise von einander getrennt. An der Placenta uterina (0^) gewahrt man zahl- reiche kleine Grübchen, an der Placenta foe- talis (C^) die dicht zusammengedrängten, baumartig verzweigten Chorionzotten, die aus den Grübchen heraus- gelöst sind. Wie uns der sche- matische Durchschnitt Figur 163 lehrt, gren- zen kindliche und müt- terliche Gewebe in dem Mutterkuchen unmittel- bar an einander. Die Zotten sind von abgeflachten Zellen, die Gruben der Schleindiaut von Cylinderzellen ausgekleidet; letztere entwickeln in ihrem Innern Fett- und Fliweisskörnchen; sie zerfallen zum Theil und tragen dadurch zur Entstehung einer milchigen Flüssigkeit bei, der Fig. 162b. Cotyledon einer Kuh, die fötalen und mütterlichen Theile halb von einander ab- gelöst. (Nach Colin aus Balfour.) u Gebärmutter. C^ mütterlicher Theil des Cotyledon (Placenta uterina). Ch Chorion des Embryo. C^ fötaler Theil des Cotyledon (Chorion frondosum oder Placenta foetalis). Die Eihiillen der Säugethieie. 237 sog'enannten Uteriniiiileh, welche sich aus der Placenta uterina auspressen lässt und zur Ernähruno" des Fötus dient. Zu beachten ist auch, dass bei den Wiederkäuern die Uterindrüsen nur in der Schleimhaut zwischen den Cotyledonen zur Ausmündung gelangen. Bei allen übrigen Säugethieren, denen eine Placenta zukonunt, wird die Durchwachsung kindlicher und mütterlicher Gewebe eine noch innigere. Gleichzeitig entwickelt sich hierbei ein so fester Zusanimen- hang, dass jetzt eine Ablösung des Chorion ohne Verletzung der Schleimhaut der Gebärmutter nicht mehr möglich ist. Bei der Geburt wird daher eine mehr oder minder beträchtliche, oberflächliche Schicht von der Schleim- haut der Gebärmutter mit abgestossen. Den abgestossenen Theil bezeichnet man als die hinfällige Haut oder die Decidua. Man fasst nun nach dem Vorschlag von Huxley alle Säugethiere, bei denen sich in Folge der besonderen Entwicklung des Mutterkuchens eine solche Haut bildet, als Mammalia deciduata oder kurzweg als Deciduata zusammen und stellt ihnen die übrigen Säugethiere, mit deren Placentabildung wir uns soeben beschäftigt haben, als die Indeci- duata gegenüber. Fig. 164. Fig. 163. Fig. 163. Schematisehe Darstellung des feineren Baues der Placenta einer Kuh nach Turnek. F fötale, M mütterliclie Placenta. 7' Zotte, e Epithel der Chorionzotte, e' Epithel der mütterlichen Placenta. d fötale, d' mütterliche Blutgefässe. Fig. 164. Schematisehe Darstellung des feineren Baues der Placenta von der Katze nach Tubner. Figurenbezeichnung wie in Fig. 163. Bei den Säugethieren mit einer Decidua haben wir zwei Unter- zu unterscheiden, eine ringförmige und eine Placenta zonaria und eine Pia- scheibenförmige, typen der Placenta eine centa discoidea. Die Placenta zonaria ist den Raubthieren eigenthümlich. Die Eiblase besitzt hier gewöhnlich eine tonnenförmige Gestalt. Mit Aus- nahme der beiden Pole, die eine glatte Oberfläche behalten, ist das Chorion in einer gürtelförmigen Zone mit zahlreichen Zotten bedeckt, die nach Art eines Baumes noch mit seitlichen Aesten besetzt sind. 238 Zwölftes Capitel. G In die verdickte Schleimhaut der Gebärmutter senilen sich die ver- ästelten Chorionzotten in verschiedenen Richtungen hinein, wodurch das Bild einer u n regelmässigen Dur chflechtung auf Durchschnitten entsteht (Fig. 164). Dabei findet nach den übereinstimmenden Angaben von Turner und Ercolani ein Eindringen in üterindrüsen , wie von manchen Seiten behauptet wird, nicht statt. Doch scheint nach neueren Untersuchungen die Wahrheit in der Mitte zu liegen. Denn nach den Untersuchungen von Heinricius und Strahl an der Raubthierplacenta schliessen sich zwar „die gewucherten Drüsen der grösseren Mehrzahl nach gegen die Oberfläche der Uterinhöhle ab, und es müssen sich die eindringenden Zotten zumeist neue Wege bahnen, wenn das Ei sich mit der Uterinschleimhaut fester zu vereinigen beginnt, ein kleiner Theil aber dringt auch in offen gebliebene Drüsen ein." Und so unterscheidet denn Lüsebrink bei der Placenta vom Hund Primärzotten, die sich in Uterindrüsen einsenken, und Secundärzotten , die sich ihre eigenen Wege in der Uterusschleimhaut suchen. Auch über das schliessliche Schicksal des Epithels der Ute- ruswand bestehen Meinungsver- schiedenheiten. Während nach Heinricius das Epithel ganz zu Grunde geht, bleibt es nach Turner vollständig, nach Strahl wenigstens theilweise erhalten, wobei seine Zellen zu einem kernreichen Syn- cytium verschmelzen; es bildet (Fig. 164 e) eine Grenze zwischen den Zotten (F) und den mütterlichen Blut- gefässen iä)^ die sich zu Hohlräumen drei- bis viermal so weit als die fötalen Capi Ilaren ((7) ausgedehnt haben. Diese Ausweitung der mütterlichen Blutbahn ist für die Placenta- bildung bei den Deciduaten im Gegensatz zu derjenigen der In- deciduaten bedeutungsvoll. Die zweite Form, die scheibenförmigePlacen- ta, ist den Nagethieren , den Insectivoren, den Fledermäusen und Halbaffen, den Affen und dem Menschen eigenthümlich. Hier ist der zur Placentabildung verwandte Theil der Chorion- oberfläche klein ; zum Ausgleich hierfür aber sind die Zotten- bäume (Fig. 165 F) am kräf- tigsten entwickelt; die Verbin- Fig. 165. Schematische Darstellung des feineren Baues der menschlichen Placenta nach der Hypothese von Turner. F fötale, M mütterliche Placenta. e' Epithel der mütterlichen Placenta. d fötale, d' mütter- liche Blutofefässe. V Zotte, ds Decidna serotina der menschlichen Placenta. <, t Trahekel der Serotina nach den fötalen Zotten hin verlaufend. ca gewundene Arterie, die sich in den Blutraum d' einsenkt, up eine aus ihm das Blut abfüh- rende Uteroplacentalvene. x eine nach aussen von der Epithelschicht e' sich ausbreitende Fort- setzung des mütterlichen Gewebes auf die Zotte, ■welches entweder das Endothel der mütterlichen Blutgefässe, oder ein zartes, zur Serotina ge- höriges Bindegewebe, oder beides zugleich re- präsentirt. Die Schicht e' besteht jedenfalls aus mütterlichen, von der Serotina herstammenden Zellen. Die fötale Epithelschicht ist an den Zotten der völlig ausgebildeten menschlichen Placenta nicht mehr zu sehen. Die EihüUen der Säugethiere. 239 dung zwischen Placenta uterina (31) und Placenta foetalis (F) ist die innigste; die mütterlichen Bluträume {d') sind, beim Affen und beim Menschen wenigstens, so colossal wie sonst nirgends ausgeweitet, so dass die Chorionzotten (F) in sie direct hiueingesenkt zu sein und unmittel- bar von mütterlichem Blut umspült zu werden scheinen. Da wir uns im nächsten Capitel mit der menschlichen Placenta, welche diesem Typus angehört, ausführlicher beschäftigen werden, mögen einstweilen diese wenigen Bemerkungen genügen. — Ich schliesse diesen Abschnitt mit einem Hinweis auf die hohe systematische Bedeutung der embryonalen Anhangsorgane der Wirbel- thiere. Dieselben bieten, wie wir gesehen haben, in den einzelnen Classen so grosse und auffällige Verschiedenheiten dar, dass eine Ver- werthung für die Systematik, wie es von Milne-Edwards , Owen und HuxLEY geschehen ist, nahe lag. Alle niederen Wirbelthiere , Amphioxus, Cyclostomen, Fisclie, Di- pneusten und Amphibien, erhalten entweder gar keine Anhangsorgane oder einzig und allein als Ausstülpung des Darmrohrs einen Dotter- sack. Die Embryonen der Reptilien, Vögel und Säugethiere dagegen werden noch in zwei vergängliche, nur dem Embryonalleben eigenthüm- liche Häute eingehüllt, in das Amnion und in die seröse Hülle. Man hat sie daher als die Amnionthiere oder Amnioten zusammen- gefasst und ihnen die oben genannten Classen als Amnionlose oder A n a m n i a gegenübergestellt. Unter den Amnionthieren ist wieder eine Zweitheilung vorzunehmen ; auf der einen Seite stehen die eierlegenden Reptilien und Vögel, die HuxLEY zu den Sauropsiden vereinigt, auf der anderen Seite die Säuge- thiere (mit Ausnahme der Monotremen), bei welchen sich die Eier in der Gebärmutter entwickeln und nach der Geburt die Jungen noch durch das Secret von Milchdrüsen ernährt werden. Bei den Säugethieren nehmen die Eihäute, indem sie sich mit der Schleimhaut der Gebärmutter zu einem Ernährungsorgan verbinden, eine noch complicirtere Beschaffenheit an und zeigen Modificationen, die sich wieder vortrefflich systematisch verwerthen lassen. Bei Monotremen und Beutelthieren behält die äussere Eihaut nahe- zu eine glatte Oberfläche, wie bei den Reptilien und Vögeln; bei allen übrigen entstehen auf der Oberfläche des Chorion Zotten, welche in die mütterliche Schleimhaut hineinwachsen. Die einen hat Owen als Im- placentalia, die übrigen als Placentalia bezeichnet. Besser sind die von KöLLiKER hierfür eingeführten Bezeichnungen Achoria und Choriata. Bei den Choriata ist die Verbindung der Zotten mit der Schleim- haut entweder eine lockere oder eine feste; es bildet sich dement- sprechend keine sich ablösende Schicht der Schleimhaut der Gebär- mutter aus, keine Decidua, oder es entsteht eine solche in Folge innigerer Durchwachsung der Placenta uterina und der Placenta foetalis. Wir erhalten so die Mammalia indeciduata und die Mamraalia deciduata. In jeder Abtheilung gibt es wieder zwei Untertypen der Zottenbildung. Bei den Indeciduaten sind die Zotten entweder gleichmässig über die Oberfläche vertheilt, oder sie sind zu mehr oder minder zahlreichen Gruppen (Placenten oder Cotyledonen) vereinigt, welche durch glatte Strecken des Chorion von einander getrennt werden. Bei den Deciduaten ist bei einem Theil die Placenta gürtelförmig, bei einem anderen Theil scheibenförmig gestaltet. 240 Zwölftes Capitel. Zusammenfassung. 1) Bei den Säugethieren entwickelt sieh in ähnlicher Weise wie bei den Reptilien und Vögeln ein Dottersack, ein Amnion, eine seröse Hülle, eine Allantois. 2) Mit Ausnahme der Monotremen und Beutelthiere bildet sich die seröse Hülle zu einem Chorion um, indem sie Zotten nach aussen her- vortreibt, und indem die mit den Nabelgefässen versorgte Bindegewebs- schicht der Allantois sich an ihrer Innenfläche ausbreitet und in die Zotten eindringt. 3) Bei einem Theil der Säugethiere wandeln sich einzelne Stellen der serösen Hülle, an welchen die Zotten mächtiger wuchern, Seitenäste treiben und sich in entsprechende Gruben der Schleimhaut der Gebär- mutter einsenken, zu einer Placenta oder einem Mutterkuchen um (Cotyle- donen genannt, wenn ihrer viele an einem Chorion entstanden sind). 4) Am Mutterkuchen unterscheidet man: a) eine Placenta foetalis, d. h. den Theil des Cliorion, der die Zottenbüschel entwickelt hat; b) eine Placenta uterina, d. h. den Theil der Schleimhaut der Gebärmutter, der gewuchert und mit Vertiefungen zur Auf- nahme der Placenta foetalis versehen ist. 5) Fötaler und mütterlicher Theil des Mutterkuchens können sich unter einander fester verbinden, was zur Folge hat, dass bei der Geburt auch eine grössere oder kleinere Strecke von der Schleimhaut der Ge- bärmutter mit abgestossen und als hinfällige Haut oder Decidua be- zeichnet wird. 6) Auf Grund der Beschaffenheit der Eihüllen lässt sich folgende Eintheilung der Wirbelthiere aufstellen: I. Anamnia, Amnionlose. (Amphioxus, Cyclostomen, Fische, Amphibien.) II. Amnioten, Amnionthiere (mit Dottersack, Amnion, seröser Hülle, Allantois). A. Säur opsi den. Eierlegende Amnionthiere. Reptilien imd Vögel. B. Säugethiere. Die Eier entwickeln sich bei allen mit Aus- nahme der Monotremen in der Gebärmutter. a) Achoria. Die seröse Hülle entwickelt keine oder nur wenige Zotten. Monotremen. Beutelthiere. b) Choriata. Die seröse Hülle wird zur Zottenhaut (Chorion). SS (l) Mit gleichmässig zerstreuten Zotten. Perissodactyla, Suidae, Hippopotamidae, Tylopoda, Tra- gulidae, Cetacea etc. 1^ ^2) Placentalia. Die seröse Hülle ist streckenweise zu einem Mutterkuchen umgebildet. a. Zahlreiche Cotyledonen. Ruminantia (Wiederkäuer). CS TS CS •^ o s •^ ^ i ß- Placenta zonaria. '^ ci \ /-, £ s I Carnivoren. 1 "1 I /• Placenta discoidea. ;§ r^ i Affen, Nagethiere, Insectivoren, Fledermäuse. Die EihüUen der Säugethiere. 241 Literatur. Van Beneden et Charles Julin. Eecherches sur la formation des annexes foetales chez les Mammiferes (Lapiv et Cheiropteres) . Archives de Biologie. Tome V. 1884. W. H. Caldwell. Eierlegen der Monotremen. Referat in Schwalbe s Jahresbericht. 1886. Derselbe. On the arrangement of the embryonic membranes in Maraupial animala. Quart. Journ. of Microsc. Science. 1884. Duval. Ze placenta des rongeurs. Journ. de Vanatomie et de la physiologie. J800 u. 91. Eschricht. De organis, quae nutritioni et respirationi foetus mammalium iuserviunt. Saf- niae 1837. Fleischmann. Embryologische Untersuchungen. Heft II. 1891. Giacömini. Mater iali per la storia dello sviluppo del Scps chalcides. Monitore zoologico italiano. 1891 u. Anatom. Anz. 1891. Godet. Eecherches sur la structure intime du placenta du lapin. Inaugural-Dissertation. JVeuveville 1877. W. Haaeke. Meine Entdeckung des Eierlegens der Echidna hystrix. Zoolog. Anzeiger 1884. Heinricius. Ueber die Entwicklung und Structur der Placenta bei der Katze. Archiv f. mikrosk. 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Bd. 1. Derselbe. Placenta und Eihäute. Ergebnisse der Anatomie u. Entwicklungsgeschichte von Merkel u. Bonnet. 1892. Turner. On the placentation of the Apes with a comparison of the structure of their placenta ivith that of the human female. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. 1878. Vol. 169. Part. 1. Derselbe. Some general observations on the placenta with especial reference to the theory of evolution. The Journal of Anatomie and Physiology. 1877 , Hans Virchow. Ueber das Epithel des Dottersackes im Hühnerei. Dissertation. Berlin. 1875. Derselbe. Der Dottersack des Huhnes. Internationale Beiträge zur wissenschaftliehen Medicin. Bd. I. 1891. W. Waldeyer. Die Placenta von Inuus ncmestrinus. Sitzungsberichte der Königl. Preuss. Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 1889. Zahlreichere Literaturangaben über Eihäute der Säugethiere finden sich Hoffmann : Grond- trekken der vergelijkende ontivikkelinysgeschiedenis etc. 1884. 0. Heitwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 16 DREIZEHNTES CAPITEL. Die menschlichen Eihüllen. Die Erforschung der ersten Entwicklungsstadien des Menschen, die sich in den vier Anfangswochen der Schwangerschaft vollziehen, ist mit ausserordentlichen Schwierigkeiten verbunden. Nur sehr ausnahmsweise gelangt der Embryologe in den Besitz junger menschlicher Eier, sei es, dass dieselben bei einer Sektion in der Gebärmutter gefunden wurden oder als Fehlgeburten in die Hände eines Arztes geriethen. In letzterem Falle sind die Eier oftmals schon längere Zeit in der Gebärmutter ab- gestorben gewesen und in Folge dessen in Zersetzung begriffen. Endlich verlangt die gute Kouservirung und genaue Untersuchung der kleinen und zarten Objecte einen nicht geringen Grad von Geschicklichkeit. So erklärt es sich, dass wir über den Befruchtungs- und Furchungs- process, die Keimblätterbildung, die erste Anlage der Körperform, der Eihüllen und einer grossen Anzahl von Organen keine einzige, den Menschen betreffende Beobachtung besitzen. Ueber diesen ganzen Zeit- abschnitt sind wir auf Schlüsse angewiesen, die sich aus der Entwicklung anderer Säugethiere ergeben. So nehmen wir an, dass die Befruchtung normaler Weise in dem erweiterten Anfangstheil der Eileiter stattfindet, dass hier Samenfäden, die sich vielleicht Tage und Wochen lang in den weiblichen Geschlechtsorganen lebend erhalten, das aus dem Eierstock austretende Ei erwarten, dass letzteres bereits gefurcht in die Höhle der Gebärmutter eintritt, sich in der Schleimhaut festsetzt und in den ersten Wochen der Schwangerschaft Keimblätter, die äussere Körperform und die Eihüllen nach den für die Säugethiere bekannten Regeln bildet. Einige, wenn auch sehr dürftige Anhaltspunkte, gewinnen wir erst vom Ende der zweiten Woche an. In der Literatur ist eine geringe Anzahl von Eiern beschrieben worden, die meist von Fehlgeburten her- rühren und deren Alter man auf 12 — 15 Tage geschätzt hat. Hierher gehören zwei von All. Thompson beschriebene Eier und die von Schrö- der V. D. Kolk, Hennig, Reichert, Breuss, Beigel und Löwe, sowie von Ahlfeld, Kollmann, Fol, Graf Spee, Mall etc. publicirten Fälle. Die Keimblasen maassen 5 — 6 mm im Durchmesser. Bei kritischer Vergleichung der Befunde können wir zwei That- sachen als sicherstehend l)etrachten. Erstens. Am I^nde der zweiten Woche liegt die Keimblase nicht mehr frei in der Höhle der Gebärmutter, sondern ist in eine besondere. Die menschlichen Eihüllen. 243 durch Wucherung der Schleimhaut entstandene Kapsel eingeschlossen. Ueber die Bildung derselben hat man seither keine Beobachtung zu machen Gelegenheit gehabt. Einer Hypothese Sharpky's folgend, welche durch Reichert etwas modificirt worden ist, nimmt man jetzt allgemein an, dass das Ei bei seinem Eintritt in die Gebärmutter sich in eine Vertiefung der gewulsteten und in Umbildung zur Decidua begriffenen Schleimhaut einbettet. Die Ränder der Grube wachsen hierauf bald um die Keimblase rings herum und verschmelzen unter einander zu einer geschlossenen Fruchtkapsel. Die Verschmelzung findet an einer der Anheftung gegenüber liegenden Stelle statt, die als narbenähnlich bezeichnet worden ist und der Gefässe entbehrt, während solche ebenso wie die Uterindrüsen im übrigen Theil der herumgewucherten Schleim- haut vorkommen. In dem Behälter liegt die Keimblase jetzt und noch bis in den Anfang des zweiten Monats locker eingeschlossen; sie kann nach seiner Eröffnung leicht und ohne Verletzung herausgelöst werden. Während bei den Säugethieren nur derjenige Theil der Gebärmutter- schleimhaut, welcher zur Placentabildung beiträgt, abgestossen wird, findet beim Menschen eine viel ausgebreitetere Abstossung der ober- flächlichsten Schicht, nämlich an der ganzen Innenfläche der Uterus- mcm Fig. 166. Sehematisches Durchsehnittsbild durch die schwangere Ge- bärmutter eines Menschen aus Wiedersheim. V Gebärmutter. Vh Höhle derselben. Tb Tube. Bv^ Br Decidua vera, Decidua reflexa. P« Placenta uterina (Decidua serotina). I^ Placenta foetalis oder Chorion frondosum {Chf). Chi Chorion laeve. A mit Fruchtwasser erfüllte Höhle des Amnion. B Dotterbläschen; im Embryo sieht man die Nabelgefässe (AI), f die von der Vena umbilicalis durchsetzte Leber. H das Herz. A die Aorta, ci und es die Vena cava inferior und superior. p Vena portarum. 16* 244 Dreizehntes Capitel. höhle, statt. Man bezeichnet auch hier den sich ablösenden Theil als hinfällige Haut oder Decidua und unterscheidet an ihr drei Be- zirke (Fig. 166), den um die Eiblase herumgeschlagenen Theil als Decidua reflexa {Dr), den Theil, welcher den Grund der Grube bildet, in der sich das Ei festgesetzt hat, als Decidua serotina (Pu) und den übrigen Theil als Decidua vera (Dv). In der Reflexa lernen wir eine Bildung kennen, welche in dieser vollständigen "Weise nur den Menschen und den Affen zukommt, während Anfänge einer solchen sich auch in anderen Abtheilungen, wie z. B. bei den Carnivoren, finden. Da die Fruchtkapsel Anfangs die Höhle der Gebärmutter nicht vollständig ausfüllt, bleibt zwischen der Reflexa und Vera ein mit Schleim erfüllter Raum übrig. Ein zweites und in mancher Hinsicht auffälliges Ergebniss ist, dass schon bei sehr jungen und kleinen Keimblasen, wie alle Befunde in übereinstimmender Weise lehren, ein wohl entwickeltes und zottenreiches Chorion angelegt ist. Die Zotten sind entweder über die ganze Oberfläche des Eies ver- breitet, oder sie lassen, wie in dem REiCHERx'schen Fall (Fig. 167 Ä u. B), zwei entgegengesetzte Pole der Keimblase frei. Sie erreichen eine Länge von 1 mm und stellen theils einfach cylindrische Erhebungen dar, theils sind sie schon mit seitlichen Aesten besetzt. Mit der Decidua Fig. 167. Das menschliche Ei auf früher Entwicklungsstufe. (Aus Qüain's Anatomie.) A und £ Vorder- und Seitenansicht eines von Reichert abgebildeten menschlichen Eies von 12 — 13 Tagen, e der von Eeichert als Embryonalfleck bezeichnete Theil. C ein Ei von 4 — 5 Wochen, den allgemeinen Charakter der Zottenhaut vor der Bildung der Placenta zeigend. Ein Theil der Wandung des Eies ist entfernt, um den Embryo in situ zur Ansicht zu bringen. (Nach Allen Thompson.) sind sie an keiner Stelle Verwachsungen eingegangen. Wie das Chorion selbst, bestehen sie aus zwei Schichten, aus einer oberflächlichen, von der serösen Hülle abstammenden Epithellage, über welche namentlich Ahlfeli) und Kollmann sehr bestimmte und zuverlässige Angaben gemacht haben, und aus einer Schicht von emliryonalem Gallertgewebe, welches sich in die Achse der Zotten hinein erstreckt und schon hie und da auch Blutgefässe zu führen scheint. Leider liaben wir durch Untersucliung dieser jüngsten aller mensch- lichen Embryonen über die im Innern des Chorion gelegenen Gebilde, über die übrigen Eihäute und die Embryonalanlage selbst, nichts erfahren. Entweder waren die Eier schon mehr oder minder pathologisch verändert, oder es war der Inhalt in Folge der Conservirung und bei der Prä- paration in erheblicher Weise beschädigt worden. Jedenfalls glaube ich mit anderen Forsdiern aus dem Zustand des Chorion schliessen zu dürfen, dass der Embryo sich schon auf einem vorgerückteren Stadium, Die menschlichea Eihüllen. 245 in welchem Keimblätter, Dottersaek und Anmion gebildet waren, be- funden haben müsse. Die eben gemachte Annahme liegt um so näher, als von Keim- blasen, die nur um wenige Millimeter grösser waren, schon wohl ent- wickelte Embryonen von Coste, Allen Thompson, Hls u. A. beschrieben worden sind. In diesen Fällen ist der Embryo nur mit dem Kopfende etwas deutlicher vom Dottersack abgesetzt, der fast in ganzer Aus- dehnung mit der Darmanlage zusammenhängt. Das Nervenrohr ist noch nicht geschlossen, das Amnion aber trotzdem vollständig vorhanden, und zwar liegt es dem embryonalen Körper fast unmittelbar auf und steht an seinem hinteren Ende mit dem Chorion durch einen kurzen Strang in Verbindung, der zu der Anlage der Allantois Beziehung hat und von His Bauchstiel genannt worden ist. Auch bei dem in Fig. 168 abgebildeten, nur wenig älteren Embryo bei welchem (us) , der Visceral- versehen ihm das das Nervenrohr geschlossen , der Leib deutlich am'^ bst Seh US dg - ds — — vb - am X.. / von Coste, segmentirt Kopf mit bögen {vh) und hinter Herz Qi) zu erkennen und der Dottersack {ds) weiter abge- schnürt ist, findet sich ein kurzer Bauchstiel {hst) vor. Er setzt sich aus dem in einen Zipfel ausgezogenen Amnion (am^) und aus einem Binde- gewebsstrang zusam- men, der von der Bauchfläche des Em- bryo und aus der Beckendarmhöhle entspringt und in seinem Anfang einen kleinen Hohlraum (die Allantois) einschliesst und die jAllantoisge- fässe aus der Becken- darmhöhle zum Cho- rion heranführt. Der Strang ist eine für den menschlichen Embryo charakteristische Bildung, deren Ent- stehung sich meiner Meinung nach in folgender Weise erklären lässt : Wie der CosTE'sche Embryo zu lehren scheint, hängt die Ent- stehung des Bauchstiels in erster Reihe mit einer etwas abweichenden Bildung des Amnion zusammen. Aus dem Umstand, dass es nach hinten zipfelförmig (Fig. 168 am^) ausgezogen ist und mit der Spitze bis an das Chorion heranreicht, geht hervor, dass sein Verschluss beim menschlichen Embryo ganz am hinteren Ende des Körpers stattfindet und dass dabei gleichzeitig an der Verschluss- stelle sich eine Verbindung mit dem Chorion dauernd erhält. Fig. 168. Menschlicher Embryo mit Dotter- sack, Amnion und Bauchstiel von 15 — 18 Tagen nach Coste aus His (Menschliche Embryonen). His hat das untere Körpereude gegen das Original etwas gedreht, um das in Costb's Figur 4 von links her dargestellte Körperende zur Anschauung zu bringen. Das Chorion ist abgetrennt bei ain^. am Amnion, am} die in einen Zipfel verlängerte Ansatzstelle des Amnion an das Chorion. bat Bauchstiel, mente. dg Dottergetasse. ceralbogen. Seh Schwanzende, us ds Dottersack, h Herz. Urseg- vb Vis- 246 Dreizehntes Capitel. In zweiter Reihe betheiligt sich an der Bildung des Bauchstiels die Allantois, deren beim Menschen etwas aliweichende Entwicklung vielleicht mit der eben erwähnten Eigenthümlichkeit in der Bildung des Amnion in einem inneren Zusammenhang steht. Es ist daher hier am Platze, etwas näher auf die in früherer Zeit einst lebhaft erörterte Allantoisfrage beim Menschen einzugehen. Da bei den Säugethieren die Allantois (Fig. 169 al) eine grosse, gestielte Blase darstellt, die aus dem Bauchnabel hervorwuchert, bis sie sich an die seröse Hülle (s^) anlegt und ihr nebst Bindegewebe die Nabelgefässe zuführt, war man immer und immer wieder bemüht, eine solche Bildung auch bei menschlichen Embryonen aufzufinden. Der Beweis ihrer Existenz beim Menschen schien durch einen frühzeitigen Embryo geliefert zu sein, an welchem Krause eine kugelige, sackförmige Allantois beschrieb. Der KRÄUSE'sche Embryo bietet aber in verschiedener Hinsicht solche Abweichungen von anderen bekannten menschlichen Embryonen des entsprechenden Stadiums dar, dass von vielen Seiten die Angaben mit grossem Zweifel aufgenommen wurden und von His die Vermuthung ausgesprochen werden konnte, es handele sich in diesem Falle überhaupt nicht um einen menschlichen Embryo. Bei kritischer Prüfung des einschlägigen Materials bin ich gleich- falls der Ansicht, dass es beim Menschen nicht zur Entwick- lung einer frei aus der Leibeshöhle heraushängenden Allantoisblase kommt. Wie aus den schönen Untersuchungen menschlicher Embryonen von His hervorgeht, findet man an Querdurchschnitten den Bauchstiel zu- sammengesetzt : 1) aus der zipfelförmigen Verlängerung des Amnion, 2) unterhalb derselben aus reichlich entwickeltem, embryonalem Bindegewebe, 3) aus der Allantoisanlage, die nur einen sehr engen, vom Epithel ausgekleideten Gang darstellt, 4) aus den Nabelgefässen, von welchen die Arterien dem Allantois- gang dicht anliegen, während die Venen näher dem Amnion verlaufen. Bei der Frage, wie sind diese Theile entstanden, sclieint mir die naturgemässeste Erklärung diejenige, welche sich an die von anderen Säugethieren bekannten Verhältnisse anschliessen lässt. Es ist mm ein solcher Anschluss möglich bei folgender Annahme: Sehr frühzeitig, wenn der Enddarm sich eben anzulegen beginnt, entsteht an seiner ventralen Seite als Anlage der Allantois ein zellen- reicher Höcker, der nur eine kleine Ausstülpung des Darmdrüsenblattes einschliesst. Der Allantoishöcker wächst aber nicht frei, wie bei den übrigen Säugethieren (Fig. 169 al) in die Leibeshöhle hinein, sondern wuchert an der ventralen Bauchwand und von ihrer Umschlagsstelle in das Amnion an der ventralen Wand des letzteren (Fig. 168 am'^) bis zur Anheftungsstelle am Chorion hin. Die Ausstülpung des Darm- drüsenblattes verlängert sich hierbei zum engen Allantoisgang ; eine mächtige Bindegewel)swucherung führt die Nabelgefässe mit sich zum Chorion heran, breitet sich dann in der bekannten Weise an seiner Innenfläche aus und dringt in die Zotten der serösen Hülle hinein. Es benutzt also die Allantois bei ihrer Entwicklung, anstatt frei an die seröse Hülle heranzuwachsen, die schon vorhandene Verbindung, Die menschlichen Eihiillen. 247 welche zwischen ihr und dem Embryo durch das zipfelförmig verlängerte Amnion {a»)^) hergestellt wird. Dieser Entwicklungsmodus aber lässt sich vielleicht daraus / 1 herleiten, dass das hin- tere Ende des Embryo beim Menschen , wie Figur 168 zeigt, durch die Nahtstelle des Am- nion dicht an der se- rösen Hülle fixirt ist, wodurch die Allantois bis zu dieser nur eine kurze Strecke zu wu- chern hat. Das frühzeitige Auftreten der Allantois endlich wird uns ver- ständlich erscheinen, wenn wir uns daran erinnern, dass Organe von hoher physiologi- scher Wichtigkeit im Allgemeinen die Ten- denz zu einer beschleu- nigteren Entwicklung haben, und dass in der Reihe der Säugethiere die Vorkehrungen zur Ernährung des Embryo durch eine Placenta immer vollkommener werden. Während über die ersten Anfänge der menschlichen Entwicklung noch viel Dunkel verbreitet ist, besitzen wir befriedigendere Einblicke in die Veränderungen, welche die embryonalen Hüllbildungen beim Menschen von der dritten Woche an erleiden. Wir wollen von jetzt ab jede einzelne Eihülle für sich betrachten, zuerst die aus der Keimblase sich entwickelnden Gebilde: 1) das Cho- rion, 2) das Amnion, 3) den Dottersack, alsdann 4) die von der Schleim- haut der Gebärmutter gelieferten Deciduae, endlich 5) den Mutterkuchen und 6) die Nabelschnur. Fig. 169. Schema der Eihäute eines Säuge- thieres nach Turnek. pz Zona pellucida mit Zotten, sz seröse Hülle, avi Amuion. AC Amnionhöhle. UV Dottersack, al Allan- tois. AZC Allantoishöhle. £ äusseres Keimblatt. M mittleres Keimblatt. H Darmdrüsenblatt. 1. Das Chorion. Das Chorion ist in den ersten Wochen der Schwangerschaft auf seiner ganzen Oberfläche mit Zotten bedeckt (Fig. 159 ^ Seite 229 und Fig. 167) und mit Endästen der Nabelgefässe versehen. Nachdem sein Wachsthum eine Zeit lang gleichmässig fortgeschritten ist, beginnen vom Anfang des dritten Monats an sich Unterschiede auszubilden zwischen dem Theil, welcher der Uteruswand, die zur Decidua serotina wird, direct anliegt, und zwischen dem übrigen grösseren Theil, welcher von der Decidua reflexa umwachsen worden ist (Fig. 170). Während an diesem die Zotten (s) in ihrem Wachsthum einen Stillstand erfahren. 248 Dreizehntes Capitel. nehmen sie an jenem ausserordentlich an Grösse zu und gestalten sich zu langen und an ihrer Basis dicken, baumartig verzweigten Gebilden {z), die weit über die Oberfläche der sie tragenden Membran, zu Büscheln vereint, hervorspringen und in Gruben der mütterlichen Schleimhaut (ds) hineinwachsen. Man unterscheidet daher diesen Theil, mit dem wir uns bei Untersuchung der reifen Placenta noch genauer beschäftigen werden, als Chorion frondosum von dem übrigen Abschnitt, dem Chorion laeve oder dem glatten Chorion. Fig. 170. Sehemati- scher Schnitt durch die schwangere mensch- liche Gebärmutter mit darin liegendem Em- bryo nach LoNGET (aus Balfour). al Allantoisstiel. nb Nabelhläschen. am Amnion. ch Chorion. ds Decidua serotina. du Decidua vera. dr Decidua reflexa. l Ei- leiter, c Cervix uteri, u Uterus, s Zotten der Pla- centa foetalis. z' Zotten des Chorion laeve. Der Ausdruck „glattes Chorion" ist streng genommen nicht ganz zutreffend. Von den anfangs überall entwickelten Zöttchen bleiben auch später einige auf dem Chorion laeve erhalten, namentlich in der Um- gebung des Mutterkuchens. Sie wuchern in die Decidua reflexa hinein, eine feste Verbindung mit ihr bewerkstelligend (Fig. 170 z). Gleichzeitig hat sich noch ein zweiter Gegensatz zwischen Chorion frondosum und Chorion laeve ausgebildet. Im Bereich des letzteren beginnen die von den Arteriae umbilicales abstammenden Blutgefässe mehr und mehr zu verkümmern, während ersteres immer reicher mit Blutgefässen versorgt wird und schliesslich allein die Endausbreitung der Arteriae umbilicales trägt. So wird der eine Abschnitt gefässleer, der andere ausserordentlich gefässreich und Ernährungsorgan des Embryo. In histologischer Hinsicht besteht das Chorion laeve, das bei Be- trachtung von der Fläche dünn und durchscheinend ist, 1) aus einer Bindegewebsmembran und 2) aus einer Epitheldecke, welche mit der ursprünglichen serösen Hülle identisch ist. Die bindegewebige Membran besitzt zuerst die Charaktere des embryonalen Schleimgewebes, zeigt daher in einer homogenen Grund- substanz verzweigte , sternförmige Zellen. Später wandelt sich das Schleimgewebe wie an anderen Stellen des Körpers in faseriges Binde- gewebe um. Das Epithel des Chorion besteht in den ersten Monaten nach den Angaben von Kastschenko, Sedgwick Min'Ot, Kupffer, Selenka, Keibel, KossMANN, Strahl u. A. aus zwei Schichten, einer oberflächlichen Schicht, in welcher keine Zellgrenzen sichtbar sind (i)rotoplasmic layer), und einer tieferen Schicht, in welcher die einzelnen Zellen deutlich ge- Die menschlichen EihüUen. 249 trennt sind. Weitere Angaben über Herkunft und Bedeutung der zwei Schichten folgen hei Beschreibung der Placenta. Die vom Chorion umschlossenen embryonalen Anhänge, Amnion und Dottersack, erleiden beim Menschen während der Schwangerschaft folgende Veränderungen : 3. Das Amnion. Das Amnion (am) liegt gleicli nach seiner Entstehung der Ober- fläche des Embryo (Fig. 168) dicht auf, dehnt sich a])er bald aus, indem sich Flüssigkeit, der Liquor amnii, in seiner Höhle ansammelt (Fig. 1 59 ^). Es vergrössert sich in weit stärkerem Maasse als bei anderen Säuge- thieren, bei denen es oft kleiner als die Allantoisblase angetroffen wird (vergleiche Eihüllen des Kaninchens, Figur 160); schliesslich füllt es beim Menschen die ganze Eiblase aus, indem es sieh überall der Innenwand des Chorion (ch) dicht anschmiegt (Fig. 170). Seine Wand ist ziemlich dünn und durchscheinend und besteht wieder, wie das Chorion, aus einer Epithel- und einer Bindegewebs- schicht. Das Epithel, aus dem äusseren Keimblatt hervorgegangen, kleidet die Amnionhöhle von innen aus und geht am Hautnabel in die Epidermis des Embryo über; an der Uebergangsstelle ist es geschichtet, sonst eine einfache Lage von Pflasterzellen. Die Bindegewebsschicht ist dünn und hängt am Nabel mit der Lederhaut zusammen. Das Amnion- oder Fruchtwasser ist schwach alkaliseh und enthält etwa 1*^0 feste Bestandtheile , unter welchen Eiweiss, Harnstoff und Traubenzucker gefunden werden. Seine Menge ist im sechsten Monat der Schwangerschaft am bedeutendsten und beträgt oft nicht weniger als ein Kilo, hierauf nimmt es bis zur Geburt etwa um die Hälfte in demselben Maasse ab, als der Embryo durch ein stärkeres Wachsthum mehr Raum für sich beansprucht. Unter abnormen Ver- hältnissen kann die Ausscheidung des Fruchtwassers eine noch be- deutendere werden und unter beträchtlicher Ausdehnung des Amnion zu Zuständen führen, die man als Wassersucht desselben oder als Hy- dramnion bezeichnet hat. 3. Der Dottersack. Der Dottersack oder das Nabelbläschen (Vesicula umbili- calis) schlägt beim Menschen eine entgegengesetzte Entwicklungsrichtung als das sich immer mehr vergrössernde Amnion ein und schrumpft zu einem der Beobachtung sich leicht entziehenden Gebilde zusammen. Bei den menschlichen Früchten der zweiten und dritten Woche (Fig. 168) füllt der Dottersack (ds) die Keimblase etwas mehr als zur Hälfte aus und ist von dem noch als Rinne vorhandenen Darm nicht abgegrenzt. An etwas älteren Embryonen (Fig. 171)' ist er ein ziemlich ansehn- liches, ovales Bläschen, das durch einen kurzen, dicken Stiel oder Dottergang mit der Mitte der jetzt zum Rohr umgewandelten Darm- anlage verbunden ist. Durch die Vasa omphalomesenterica wird er mit Blut versorgt. 250 Dreizehntes Capitel. In der sechsten Woche ist der Dottergang oder Ductus omphalo- entericus zu einem langen, dünnen Rohr ausgewachsen, welches früher oder später seinen Hohlraum verliert und sich zu einem soliden Epithel- strang umgestaltet. Ihm sitzt das kleine Nabelbläschen, welches von jetzt ab, zumal im Vergleich zu dem stark wachsenden Embryo, immer unscheinbarer wird, als eiförmiges Gebilde an (Fig. 166 Z) und 170 nb). Da jetzt das Amnion in Folge stärkerer Ansammlung von Flüssigkeit Fig. 171. Menschlicher Embryo aus der vierten Wo ehe. Herrn Prof. Veit. Gezeichnet von Dr. Kopsch. Geschenk des die ganze Keimblase ausfüllt (Fig. 170), hat es den Dottergang und den Allantoisstrang (al) gemeinsam eingehüllt und gleichsam mit einer Scheide (Amnionscheide) umgeben. Das so entstandene Gebilde, der Nabelstrang, Funiculus umbilicalis, stellt jetzt die einzige Verbindung dar zwischen dem in der Amnionflüssigkeit frei schwimmenden Embryo und der Wand der Keimblase. Seine Anheftung an letzterer fällt stets zusammen mit der Stelle, an welcher sich der Mutterkuchen entwickelt. Das Nabelbläschen ist durch die Vergrösserung des Amnion ganz an die Oberfläche der Keimblase gedrängt, wo es zwischen Amnion (am) und Chorion (ch) in einiger Entfernung von der Ansatzstelle des Nabel- stranges eingeschlossen ist. Hier erhält es sich bis zur Zeit der Ge- burt, wenn auch in einem ganz rudimentären Zustand. Nur bei sorg- samer Untersuchung ist es gewöhnlich mehrere Centimeter vom Rande der Placenta entfernt aufzufinden. Im längsten Durchmesser misst es nur 3 bis 10 mm. So konnte in älteren Lehrbüchern der Anatomie, Physiologie und Entwicklungsgeschichte die Angabe entstehen, dass beim Menschen zuletzt die Vesicula umbilicalis als ein unnöthiges Gebilde verschwinde, bis durch B. Schultze die Constanz ihres Vorkommens erwiesen wurde. 4. Die Deciduae. Die Deciduae oder hinfälligen Eihäute nehmen ihre Entstehung aus der Schleimhaut der Gebärmutter, die ihre Structur w'ährend der Schwangerschaft in einem sehr hohen Grade verändert. Die menschlichen Eihüllen. 251 GIm Im Zustand der Ruhe stellt die Schleimhaut eine etwa 1 mm dicke weiche Schicht dar, welche der Muskulatur (M) der Gebärmutter, der hier eine Submucosa fehlt, un- mittelbar und unverschieb- bar aufsitzt (Fig. 172). Sie wird von zahlreichen t u b u 1 ö s e n Uterindrüsen (Glandulae utriculares, GL u) durchsetzt, die mit kleinen Oeffnungen an der Oberfläche beginnen und dicht bei einander in geschlän- geltem Verlaufe bis zur Musku- latur (JS'l) gerade herabziehen, \\m daselbst häufig dichotom ge- theilt zu enden. Schleimhaut und Drüsen werden von flimmernden Cylin- derzellen ausgekleidet. Das die Drüsen trennende Bindegewebe ist ausserordentlich reich an Zellen, die theils spindelförmig, theils rundlich sind. Vom Beginn der Schwangerschaft tief eingreifende Veränderungen, die M ~ M Fig. 172. Querschnitt durch die Schleimhaut der Gebärmutter nach Kundrat und Engelmann. GIai Uterindrüsen. M Muskelschicht der Gebärmutter. Ueber dieselben besitzen wir genaue an erleidet die Schleimhaut sehr jeden einzelnen Theil betreffen. Beobachtungen, welche sich auf jeden einzelnen Monat der Schwangerschaft beziehen, von Kundrat und Engelmann, sowie von Leopold und Sedgwick Minot. Wir betrachten nach einander 1) die Decidua vera, 2) die Decidua reflexa und 3) den in die Bildung des Mutterkuchens eintretenden Theil, die Decidua serotina oder placentalis. 1) Decidua vera. Nach den Angaben von Leopold und Minot nimmt mit dem Beginn der Schwangerschaft die Schleimhaut an Dicke stetig zu, bis sie 1 cm und darüber erreicht, und zwar bis zu der Zeit, wo das wachsende Ei sich den Wandungen der Gebärmutter vollständig anlegt, also ungefähr bis zum Ende des fünften Monats. Von da an beginnt gewissermaassen ein zweites Stadium, in welchem sie sich wieder unter dem Druck der wachsenden Frucht verdünnt und schliesslich nur noch 1 bis 2 mm dick ist. Hierbei verändern sich sowohl die Drüsen als auch das Drüsenzwischengewebe. Im ersten Stadium vergrössern sich die anfangs gleichmässig dicke Röhren sind, und in ihrer mittleren und unteren Partie aus (Fig. ihrem Anfang geradgestreckt und mehr in die Länge gezogen sind, die U t e r i n d r ü s e n , weiten sich namentlich 173); während sie an legen sie sich mehr nach abwärts in spirale Windungen, die mit Buchten und Aussackungen bedeckt werden. Auf einem Durchschnitt kann man daher jetzt zwei Schichten an der Decidua vera unterscheiden: 1) eine äussere, compactere und zellenreichere Schicht (C) und 2) eine tiefere, ampulläre und spongiöse Schicht {Sp). In der ersteren sieht man die Drüsen als geradgestreckte, parallel verlaufende Canäle. In Folge einer stärkeren Wucherung des Zwischen- gewebes sind sie WTiter auseinandergerückt; an der Oberfläche beginnen sie mit erweiterten, trichterförmigen Grübchen (tr). Die 252 Dreizehntes Capitel. tr — — e } Q "Ö 53 ' \ M Oberfläche einer von der Musculatur abgezogenen Schleimhaut sieht da- her, wie KöLLiKER angibt, in Folge der erweiterten Drüsenmündungen siebförmig durchbrochen aus. In der spongiösen Schicht (Sp) stösst man auf zahlreiche, über einander gelagerte, unregelmässige, buchtige Hohlräume {(fh), deren Weite bis zur Mitte der Schwanger- schaft beständig zunimmt und die schliesslich nur noch durch dünne Septen und Balken des Grund- gewebes getrennt sind. Das Bild erklärt sich aus dem Umstände, dass die Drüsen sich in ihren mitt- leren Theilen stark geschlängelt und buchtig erweitert haben. Das flimmernde Cy lind er- epithel von der Schleimhaut der Gebärmutter schwindet nach und nach an der Oberfläche vollständig; schon am Ende des ersten Monats der Schwangerschaft beginnt es ver- nichtet zu werden. In den Drüsen erleidet das Epithel tiefgreifende Veränderungen, In den ersten Monaten werden noch alle Hohl- räume von ihm überzogen, was bei der Vergrösserung derselben eine leibhafte Zellvermehrung voraussetzt. Dabei gehen die ursprünglich langen Cylinderzellen theils in kleine, wür- felförmige, theils in breite, platte Gebilde über mit Ausnahme der an die Muskelhaut angrenzenden Drüsenabschnitte. In diesen be- wahren die Zellen mehr oder minder bis zum Ende der Schwangerschaft ihre normale Gestalt und dienen später zur Regeneration der Epithel- decke der Uterusschleimhaut. Im vierten und fünften Monat findet man noch alle Hohlräume bis zu den Drüsenmündungen von einem schmalen Saume würfliger bis platter Epithelzellen ausgekleidet. Fig. 173. Querschnitt durch die Schleimhaut einer Gebärmutter am Beginn der Sehv\rangerschaft nach Kundrat und Engelmann. C compacte Schicht. Sp si)ongiöse Schicht, M Muskulatur der Gehärmutter. tr trichterförniig'e Ausinündung der Uterindrüsen, e erweiterte SteHc. äh durch Schlän- gelung und Ausbuchtung der Avuchernden Drüsen entstandene Ampulle. Die menschlichen Eiliüllen, 253 Im Zwischendrüsengewebe gehen gleichfalls im ersten Stadium leb- hafte Wucherungsprocosse, namentlich in der oberen compacten Schicht, vor sich. Es bilden sich in dieser 30 bis 40 /.i grosse, kugelige Gebilde, die von Friedländer Deciduazellen genannt worden sind. Sie liegen an manchen Stellen so dicht bei einander, dass sie in Folge dessen und wegen ihrer Form einem Epithel sehr ähnlich aussehen. In der spongiösen Schicht finden sie sich gleichfalls, werden aber in den Balken und Septen mehr längsgestreckt und spindelig. Im zweiten Stadium, in welchem die D e c i d u a v e r a vom sechsten Monat an erheblich dünner wird und durch den Druck der wachsenden Frucht von 1 cm bis zu 2 mm Durchmesser allmählich abnimmt, gehen in den ein- zelnen oben angeführten Theilen mancherlei Rückbil- dungsprocesse vor sich (Fig. 174), Dvi Sp am ch Dr bl de dh \Dv M Fig. 174. Querschnitt durch die Eihäute und die Gebärmutter am Rande der Plaeenta aus dem sechsten Monat der Schwangerschaft nach Leopold. M Muskulatur der Gebärmutter. Dv Decidua vera. 0 compacte, Sp spongiöse Schicht derselben. Dr Decidua reflexa. c7i Chorion. am Amnion, bl Blutgefässe der compacten Schicht, dh ei'weiterte Drüsenräume, de in Zerfall begriffenes Drüsenepithel derselben, rz Riesenzellen in der compacten Schicht. Die Drüsenmündungen, welche die siebförmige Beschaffenheit der Innenfläche der Decidua bedingten, werden immer schwerer zu er- kennen und verstreichen schliesslich vollständig. Die innere compacte Schicht (C) nimmt eine gleichmässige, dichte, lamellöse Beschaffenheit an, da durch den Druck die in ihr ge- legenen Drüsenhohlräume vollständig zusammengepresst werden und dann unter Schwund ihres Epithels verlöthen. In der spongiösen Schicht (Sp) bleiben die Drüsenhohlräume (dJi) erhalten, werden aber in Folge des Drucks in Spalträume um- gewandelt, die zur Wand der Gebärmutter parallel gestellt und durch Scheidewände getrennt sind, die im Verhältniss zu früheren Monaten der Schwangerschaft sich noch sehr verschmäehtigt haben. Die an die 254 Dreizehntes Capitel. compacte Schicht anjnenzenden Driisenräume haben ihr Epithel ver- loren oder zeigen Zellentrümmer (de) und eine von feinen Körnchen durchsetzte, schleimige Masse; nach der Muskulatur der Gebärmutter zu besitzen sie dagegen noch ein gut erhaltenes, kurzcylindrisches bis würfelförmiges Epithel. 2) Die Decidua reflexa (Fig. 175 Dr) bietet in ihrem Bau grosse Uebereinstimmung mit der Decidua vera dar. Dass sie aus letzterer durch Faltenbildung hervorgegangen ist, lässt sich, wie Kundrat mit Recht hervorgehoben hat, namentlich aus dem Umstand schliessen, dass sich in den ersten Monaten der Schwanger- schaft die Mündungen von Uterindrüsen (gl.u) wenigstens an der Ueber- gangsstelle in die Vera auf ihren beiden Flächen vorfinden. Die Mün- dungen führen in Spalten {gl.u), die zur Oberfläche der Reflexa parallel gestellt und von Würfel epithel ausgekleidet sind. Im Drüsenzwischen- gewebe treten dieselben grossen, runden Deciduazellen wie in der Dec. vera auf. Was aus der Decidua vera in der zweiten Hälfte der Schwanger- schaft wird, ist strittig. Nach der älteren Darstellung von G. Leopold beginnt vom fünften Monat an der Zwischenraum zwischen Dec. vera und Spi M / ^ glu Dr C sp dh M I)v Dse Fig. 175. Durchschnitt durch Decidua serotina [Lsc) am Uebergang in Decidua vera {Dv) und reflexa (i>r) nach Kundrat und Engelmann. M Muskulatur der Gebärmutter. Sp spongiöse Schicht der Dec. vera und serotina. C compacte Schicht derselben, glu Uteriudrüsen. sp aus Wucherung der Drüsen ent- standene Spalten in der Serotina. dh durch Wucherung der Drüsen entstandene am- puUäre Hohlräume in der spongiösen Schicht. Die menschlichen Eihüllen. 255 reflexa zu verschwinden; lieide Eihäute werden von jetzt ab nach Schwund ihres Epithels fest auf einander gepresst und verkleben schliess- lich vollständig mit einander (Fig. 174). Hierbei wird die Dee. reflexa, in welcher mit Ausnahme der Uebergangsstelle die Drüsenräume schwinden, so ausserordentlich verdünnt, dass sie nur noch einen feinen, zuweilen ^/2 mm l)reiten Streifen ausmacht. Eine Trennung der beiden Häute stösst am Ende der Schwanger- schaft auf grosse Schwierigkeiten, ist aber zuweilen noch theilweise ausführbar. Ausserdem ist die Decidua reflexa auch nach innen mit dem Chorion in späteren Monaten fest verklebt, und da das Chorion wieder dem Amnion dicht anliegt (Fig. 174 ch und am), so gelangt man jetzt bei Durchschneidung der Muskel wand der Gebärmutter und nach Eröffnung der auf einander gepressten Eihüllen direct in die Amnionhöhle, in welcher der Embryo im Fruchtwasser schwimmt. Zu anderem Ergebniss gelangte Sedgwick Minot. Er findet, dass schon vom zweiten Monat an die Decidua reflexa einer hyalinen Dege- neration verfällt, dass im dritten Monat ihre Degeneration beträchtlich fortgeschritten ist und im sechsten und siebenten Monat zu ihrem voll- ständigen Schwund durch Resorption führt. 3) Der dritte Abschnitt der Uterusschleimhaut oder die Decidua serotina (Fig. 175 D.se) ist derjenige Theil, welcher sich mit dem Chorion frondosum zur Herstellung eines Ernährungsorgans für den Embryo, des Mutterkuchens oder der Placenta, verbindet. Nach den Angaben von Kuxdrät und Leopold erleidet die Dec. sero- tina ähnliche Veränderungen, wie die Dec. vera. Auch hier wuchern die Uterindrüsen in ihren tieferen Abschnitten (Fig. 175) und gestalten sich zu unregelmässigen Räumen {dh) um, die aber von Anfang an mehr in die Breite gezogen sind Später werden sie noch mehr durch den Druck und das Wachsthum der Placenta zu engen, der Oberfläche der Gebär- mutter parallel gelagerten Spalten zusammengepresst. Die Drüsenepithelien zerfallen in noch grösserem Umfang als in der Dec. vera und lösen sich, indem sie zerfallen und verquollen, von den bindegewebigen Wandungen ab; nur in den an die Muskellage {M) an- grenzenden Drüsenabschnitten erhalten sich die Cylinderzellen. In dieser Darstellung weichen Kundrat und Leopold von Kölliker und von Turner ab, welche zwar ebenfalls grössere Hohlräume in der tiefern Schicht der Dec. serotina finden, sie aber zum grössten Theil für stark erweiterte Blutgefässe halten, eine Annahme, nach der eine erheb- lichere Verschiedenheit zwischen Dec. serotina und vera bestehen würde. Dieser Ansicht schliesst sich auch in seiner neuesten Arbeit Hofmeyer an. Seine Präparate bestätigen ihm das Vorhandensein der Drüsenräume nur bis zum fünften Monat; an Placenten der späteren Zeit, besonders aber an reifen Placenten in Verbindung mit der Uteruswand konnte er von denselben absolut nichts mehr finden. Sie sind durch die Com- pression der Dec. serotina verschwunden, „Die Spalträume, welche sich mit Endothel ausgekleidet unter der Placenta befinden, sind ent- schieden Bluträume. Von einer spongiösen Schicht der Serotina, wie sie Leopold in seinem Schema der Placenta für den fünften Monat abbildet, welche von Manchen als fiir die Lösung der Placenta von grösster Bedeutung angesehen wird , ist am Ende der Schwangerschaft gar keine Rede." Die Lösung der Placenta erfolgt nach Rüge und 256 Dreizehntes Capitel. Hofmeter durch Verschiebungen und Lockerungen in den Zellschichten der Serotina. Danach würde also die Decidua serotina (Fig. 175 Dse) nur bis zur Mitte der Schwangerschaft zwei deutlich zu unterscheidende Schich- ten zeigen: 1) eine tiefere spongiöse (Sp) Schicht und 2) eine oberflächliche, compactere Schicht (C). Letztere ist am Aufbau der Placenta betheiligt und wird daher auch als Pla- centa uterina (oder materna) bezeichnet. Sie erleidet schon vom zweiten Monat an tiefer greifende Veränderungen. Mit denselben wollen wir uns bei der Beschreibung der Placenta, zu der wir nun übergehen, bekannt machen. 5. Die PLicenta. Die Placenta ist ein sehr blutgefässreiches, sich schwammig oder teigig anfühlendes, scheibenförmiges Gebilde, das auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung 15—20 cm im Durchmesser misst und 3 — 4 cm dick ist. Ihr Gewicht beträgt etwas mehr als 1 Pfund (500 Gramm). Die dem Embryo zugekehrte Fläche der Scheibe ist concav (Fig. 166 und 170) und, da sie einen Ueberzug vom Amnion (am) besitzt, voll- kommen glatt; die der Uteruswand aufsitzende Fläche ist convex, fühlt sich nach ihrer Ablösung bei der Geburt uneben an und wird durch tiefe Furchen in einzelne Lappen oder Cotyledonen zerlegt. Der normale Sitz der Placenta ist in der Mehrzahl der Fälle am Grunde der Gebärmutter (am Fundus uteri), wo sie bald mehr nach der linken, bald mehr nach der rechten Seite zu entwickelt ist. In Folge dessen kann durch sie entweder die eine oder die andere Aus- mündung des Eileiters zugedeckt und verschlossen werden. In selteneren Fällen ist die Placenta, anstatt am Grunde, weiter nach abwärts nach dem inneren Muttermunde zu mit der Wand der Gebärmutter verbunden. Es rührt dies daher, dass das befruchtete Ei, wenn es aus dem Eileiter in die Gebärmutterhöhle gelangt, in Folge abnormer Verhältnisse weiter nach abwärts herabsinkt, anstatt sich gleich an der Schleimhaut festzusetzen. Zuweilen findet die Anheftung erst ganz unten in unmittelbarer Nähe des inneren Muttermundes statt. In diesem Falle wächst die Placenta, je mehr sie sich beim Wachsthum der Frucht ausdehnt, ent- weder theilweise oder ganz über den Muttermund herüber und ver- schliesst ihn mehr oder minder vollständig. Diese Anomalie ist als Placenta praevia (lateralis oder centralis) bekannt und stellt ein gefährliches Vorkommniss dar, weil der regelrechte Verlauf der Gelmrt gestört wird. In Folge der tiefen Lage des Mutterkuchens werden schon während der Schwangerschaft oder erst beim Eintritt der Wehen lebensgefährliche Blutungen verursacht , weil sich der Mutterkuchen vorzeitig von der Wand der Gebärmutter ablöst, wodurch grosse Blutgefässe zerrissen und geöffnet werden. Die Untersuchung der feineren Structur der Placenta stösst auf grössere Schwierigkeiten, da sie ein sehr weiches und von zahlreichen. Die menschlichen Eihüllen. 257 weiten Bluträumen durchsetztes Organ ist. Daher herrschen auch über mehrere Punkte, welche für die Beuitheilung des Baues von grösster Wichtigkeit sind, noch sehr entgegengesetzte Ansichten, über welche es mir zur Zeit nicht möglich erscheint, ein abschliessendes Urtheil zu geben. Bei der Beschreibung gehen wir am besten von der Tliatsache aus, dass sich die Placenta, wie schon früher erwähnt wurde, aus zwei Theilen aufbaut, aus einem Theil, der von Seiten des Embryo, und einem an- deren Theil, der von Seiten der Mutter geliefert wird, aus der Placenta foetalis und der Placenta uterina. (Tafel II, S. 257.) Die Placenta foetalis ist der mit vielverzweigten Zotten reich bedeckte Theil des Chorion (Chorion frondosum). Die Zotten (5) er- heben sich , zu grösseren Büscheln oder Cotyledonen vereint , von einer derben ]\Ieml)ran, der Membrana chorii (m), in welcher die starken Hauptäste der Nabelarterien und Venen ihren "Weg nehmen. Sie be- stehen 1) aus grösseren Hauptstämmen {Z) , die in gerader Richtung von der Membrana chorii ausgehen und sich mit ihren p]nden (7?.^) in die gegenüberliegende Placenta uterina einsenken und fest verbinden, und 2) aus zahlreichen, unter rechtem oder spitzem Winkel nach allen Seiten entspringenden Nebenästen (f), die ihrerseits wieder mit feinen Zweigen bedeckt sind. Auch von diesen ist ein kleiner Theil {hr) mit seinen Enden mit dem Gewebe der Placenta uterina verwachsen (Lang- hans), so dass eine Trennung des kindlichen und des mütterlichen An- theils nur durch gewaltsame Zerreissung bewerkstelligt werden kann. Daher hat Köllikee in passender Weise die Verzweigungen der Chorion- zotten in Haft wurzeln (A^, h^) und in freie Ausläufer (/) unterschieden. Zu jedem Chorionbäumchen begiebt sich ein starker Ast einer Nabelarterie (Art. umbilicalis), der sich, der Verzweigung des Bäumchens entsprechend, in feinere Aeste auflöst; die aus diesen hervorgehenden Capillarnetze sind ganz oberflächlich unter dem Zottenepithel gelegen. Aus ihnen sammelt sich das Blut in abführende Gefässe, die sich zu einem aus dem Chorionbäumchen wieder austretenden, einfachen Haupt- stamm verbinden. Somit ist das Gefässsystem der Placenta foetalis ein vollkommen abgeschlossenes. Eine directe Vermischung von kindlichem und mütterlichem Blut kann in keiner Weise stattfinden i dagegen ist die Vorbedingung zu einem leichten Austausch flüssiger und gasförmiger Blutbestandtheile durch die ganz oberflächliche Lage der dünnwandigen und sehr weiten Capillaren gegeben. Tafel II. Schematischer Querschnitt durch die menschliche Placenta aus der Mitte des fünften Monats nach Leopold. Auf die Musculatur der Gebärmutter folgt die spongiöse Schicht der Decidua serotina {sp) , in welcher bei der Geburt die Abtrennung der Placenta an der mit zwei Strichen bezeichneten Trennungslinie vor sich geht; daran schliesst sich die compacte Schicht {es), welche als Placenta uterina bei der Geburt abgestossen wird. Sie besteht aus BP. Basalplatte (Winkler), SP. Schlussplatte, c. cavernösen Bluträumen, a. den zuführenden Arterien, dem Randsinus. In die Placenta uterina ist die Placenta foetalis hineingewachsen, bestehend aus der Membrana chorii (m) und den von ihr 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 17 258 Dreizehntes Capitel. ausgehenden Zotten (Z) , an denen man die Haftwurzeln (/i\ It^) und die freien Ausläufer (f) unterscheidet. Das Chorion ist nach innen noch vom Amnion überzogen. Die S t ü t z s u b s t a n z d e r C h o r i o n b ä u m c h e n ist in den feineren Zweigen Gallertgewebe mit sternförmigen und spindeligen Zellen; in den stärkeren Stämmen nimmt es eine mehr fibrilläre Beschaffenheit an. Ueber das Epithel der Membrana chorii und der Zotten gehen die Ansichten der Forscher noch auseinander hinsichtlich des wichtigen Punktes, ob es kindlichen oder mütterlichen Ursprungs ist. In der strittigen Angelegenheit geben die Untersuchungen von Lang- hans, Kastschenko, Sedgwick Minot, Waldeyer, Kupffer, Graf Spee, Keibel, Selenka, Strahl vielfache Aufklärung. Im Allgemeinen stimmen alle Beobachter, welche das Epithel des Chorion frondosum in den verschiedenen Monaten der Schwangerschaft auf das Sorgfältigste untersucht haben, darin überein, dass mau an ihm zwei Schichten mit Deutlichkeit unterscheiden kann (Fig. 176): 1) eine der Zottengallerte und der bindegewebigen Membrana chorii un- mittelbar aufliegende Zellenschicht (Langhans), in welcher sich einzelne Zellenterritorien abgrenzen lassen, und welche wir kurzweg und aus- schliesslich als das Chorion- und Zottenepithel (cÄe) bezeichnen wollen, und 2) eine vielkernige, protoplas- matische Schicht (sy). In dieser sind getrennte Zellen auf keine Weise zur Anschauung zu bringen. Es kann daher als das Chorion- und Zottensyncytium (sy) vom Zotten- epithel unterschieden werden. Es hat die Neigung, sicli in Osmiumsäure und Farbstoffen intensiver als das Epithel zu färben. In ihm finden sich kleinere und stärker granulirteKerne, als im Epithel, ferner aber auchVacu- olen. In allen diesen Eigenschaften gleicht das Zottensyncytium ausser- ordentlich der vielkernigen Proto- plasmaschicht, in welche bei manchen Säugethieren sich das Epithel der Ge- bärmutterschleimhaut umwandelt, wenn sich ihm die Keimblase anlagert und dabei das Chorion fest und dauernd mit ihm verlöthet (Strahl, Lüsebrink, Selenka etc.). Beide Epithelschichten setzen sich beim Menschen wie bei Säugethieren ziem- lich scharf gegen einander ab. Schon bei vier Wochen alten menschlichen Eiern ist der doppel- schichtige Ueberzug des Chorions und seiner Zotten, wie Kupffer, Graf Spee, Keibel, Kossmann, Strahl bestätigen, deutlich vorhanden und zeigt in seinen zwei Schichten die oben namliaft gemachten, unterscheidenden Merkmale ausgeprägt. In späteren Monaten erfährt er bemerkenswerthe Veränderungen, die in den einzelnen Bezirken, an der Basalplatte des Chorion frondosum, am Chorion laeve und an den Zotten verschieden ausfallen. Fig. 176. Querschnitt durch eine Chorionzotte des in Figur 171 abge- bildeten menschlichen Embryos. ff Gallertgewebe, che Chorionepithel. «y Syncytium. z Zäckchen an der Ober- fläche des Syncytium. bl Blutgefässcapil- laren. Die menschlichen Eihüllen. 259 Was zuerst die tiefere Schicht oder das Chorionepithel betrifft, so verdickt es sich im Bereich der Basalplatte des Chorion frondosum zu"^ einzelnen, unregelmässigen Herden, während es dazwischen zu einer einfachen Zellenlage verdünnt ist. „An den Zotten wird die F.pithel- schicht nach dem ersten Monat immer unansehnlicher und ist nach dem vierten Monat nur noch an wenigen isolirten Herden, den von Langhans und Kastschenko sorgfältig beschriebenen Zellknoten vor- handen" (Minot). Am Chorion laeve endlich bleibt es in ganzer Aus- dehnung und in einer Dicke von zwei bis drei Zellenlagen erhalten. Die äussere Schicht oder das Chorionsyncytium steht in seiner Aus- breitung zum Epithel meist in einem Gegensatz. Wo dieses am besten entwickelt ist, wird es rückgebildet und umgekehrt. So fehlt im Bereich des Chorion laeve vom siebenten Monat an jede Spur eines Syncytiums, an den Zotten dagegen bildet es einen continuirlichen Ueberzug, in welchem sich hie und da besondere Verdickungen, die sogenannten Proliferationsinseln , ausbilden. An vielen Stellen ist es einer merk- würdigen Metamorphose unterworfen; es wandelt sich in eine hyaline, eigenthümlich glänzende Substanz um, die von zahlreichen Spalten und Lücken durchsetzt wird und daher von Langhans den Namen „canali- sirtes Fibrin" erhalten hat. Seine Menge nimmt mit dem Alter der Placenta zu. z^-' mes i /;■ ■ r; (^j-^'-iy/rv- Fig. 177. Plaeentales Chorion von einem siebenmonatlichen Fötus. Querschnitt durch das Ektoderm und den angrenzenden Theil des Stroma. Vergr. 445 mal. Nach Sedg. Minot. mea mesodermales Stroma; c Zellenschicht; fb Fibrinschicht; ep Reste des Epithels. 17* 260 Dreizehntes Capitel. Lagen canalisirten Fibrins, dessen Entstehung übrigens von manchen Autoren auf einen Niederschlag von Fibrin aus der Blutbahn der inter- villösen Räume zurückgeführt wird, finden sich sowohl an der Oberfläche der Zotten, als auch an der Basalplatte des Chorion frondosum. Eine Vorstellung von dieser eigenthümlichen Bildung, welche mir in histo- logischer Hinsicht noch keineswegs aufgeklärt zu sein scheint, gibt die umstehende Figur 177, welche der Entwicklungsgeschichte von Sedg. MmoT entnommen ist. Bevor ich die Frage nach der Herkunft und Bedeutung der zwei im Ueberzug des Chorions unterschiedenen Schichten erörtere , halte ich es für zweckmässig, uns noch zuvor mit dem Bau des zweiten Bestandtheils des Mutterkuchens, der von Seiten der Gebärmutter geliefert wird, mit der Placenta uterina, bekannt zu machen. Ihr Bau bereitet ebenfalls der Untersuchung grosse Schwierigkeiten und wird daher in sehr ver- schiedener Weise beurtheilt. Die Placenta uterina entwickelt sich aus dem als Decidua serotina (Fig. 175 B. se) unterschiedenen Theil der Uterusschleimhaut. Sie löst sich bei der Geburt, wie der entsprechende Theil der Decidua Vera, von der Innenfläche der Gebärmutter an der auf Tafel II ange- gebenen Trennungslinie ab, indem die dünnen Bindegewebssepten der unter ihr gelegenen, spongiösen Schicht einreissen. Sie bildet alsdann eine dünne Membran von nur 0,5 bis 1 mm Dicke, die Basalplatte Winkler's, und stellt einen vollständigen Ueberzug über der Placenta foetalis her, welche durch sie unseren Blicken bei der Lösung der Ei- häute entzogen wird. Am Rande geht sie unmittelbar in die Dec. vera und reflexa über (Fig. 175). Ihre der Gebärmutter zugewandte Fläche wird durch tiefe Furchen in einzelne Abtheilungen zerlegt. Den Furchen entsprechend nehmen von der entgegengesetzten Fläche der Membran stärkere und schwächere bindegewebige Scheidewände, die Septa placentae (Fig. 166 und Fig. 170), ihren Ursprung und dringen zwischen die Chorionbäumchen (Fig. 170 z) hinein; sie vereinigen immer eine kleine Anzahl derselben zu einem Büschel oder einem Cotyledon. Denken wir uns die Coty- ledonen vollständig herausgelöst, so würde an der Placenta uterina eine ihnen entsprechende Anzahl von unregelmässigen Fächern entstehen. Diesell)en sind noch durch feinere, von der Membran und den Septen ausgehende Bindegewebswucherungen in kleinere und weniger tiefe Ab- theilungen zerlegt. Die Septen reichen in der Mitte der Placenta mit ihrem Rande nicht bis zum Ursprung der Zottenl)äumchen heran, wohl aber ist dies in einem schmalen, peripheren Bezirk der Fall, wo sie unmittelbar an die Membrana chorii (Taf. II m) anstossen und sich unter ihr zu einer dünnen und fest anliegenden, von den Ursprüngen der Zotten durch- bohrten Membran verbinden. Dieselbe ist von Winkler als Schluss- platte (Ä'P), von KöLLiKER als Decidua placentalis subchorialis be- zeichnet worden. Noch passender ist der von Waldeyer gebrauchte Name: subchorialcr Schlussring, weil durch ihn ansgedrückt wird, dass die fragliche Membran nur am Placentarand vorlianden ist, das mittlere Feld des Chorion aber frei lässt. Das bindegewel)ige Gerüst der Placenta uterina besitzt im All- gemeinen die Eigenschaften der compacten, zellenreichen Schicht der Decidua vera und reflexa, zeigt al)er eine Verschiedenheit in dem Auf- treten einer ganz besonderen Zeilenform, der sogenannten Riesen- Die menschlicben Eihüllen. 261 zelleu. Es sind dies grosse, graugelb erscheinende Protoplasmaschollen mit 10 — 40 Kernen, die im fünften Monat sich zu entwickeln beginnen und in der Nachgeburt in grossen Mengen gefunden werden; theils liegen sie hier in der Basalplatte, theils in den Septen, gewöhnlich in unmittelbarer Nachbarschaft der grossen Gefässe; sie kommen aber auch vereinzelt in der spongiösen Schicht der Decidua serotina und selbst zwischen den angrenzenden Muskelbündeln der Gebärmutter vor. Die grössten Schwierigkeiten bei der Untersuchung der Placenta uterina bereiten ihre Blutbahnen. Zahlreiche Arterienstämme (Taf. 11 a) treten durch die Muskelhaut der Gebärmutter hindurch und gelangen durch die spongiöse Schicht in die Basalplatte der Placenta uterina, wo sie in ihrer Structur bedeutende Wandlungen erfahren. Denn sie ver- lieren hier ihre Muskelschicht und stellen jetzt nur noch von Endothel ausgekleidete, weite Röhren dar. Aus der Basalplatte dringen sie, spirale Windungen beschreibend, in die Septa placentae ein. Von hier lassen sie sich als geschlossene Gefässe nicht weiter verfolgen; ein Uebergang in Capi Ilaren findet an keiner Stelle statt. Dagegen lässt sich der Nachweis führen, dass sie durch Oeifnungen in den Septen ihr Blut in ein Lückensystem zwischen den Chorionliäumchen oder in die intervillösen oder intraplacentalen Räume (c) ergiessen. Letztere werden begrenzt auf der einen Seite von der Membrana chorii (m) mit ihren Zotten (^), auf der anderen Seite von der Basalplatte {BP) mit ihren Septen. Aus dem cavernösen Hohlraumsystem wird das Blut in weite Venen- stämme aufgenommen, die ebenfalls nichts Anderes als nur von Endothel ausgekleidete Röhren sind. Dieselben sind zu einem Netzwerk in der Basalplatte der Placenta uterina, besonders in der Mitte eines Cotyledon, ausgebreitet und besitzen hier ebenfalls direct in die intervillösen Räume führende Oeffnungen. Am Rande der Placenta hängen sie untereinander zusammen und erzeugen dadurch den Randsinus (Taf. II) oder den ringförmigen Sinus der Placenta. Derselbe darf jedoch nicht als ein gleichförmig weites Gefäss, sondern muss als ein System verbundener, unregelmässiger Hohlräume aufgefasst werden. Vermöge der beschriebenen Einrichtung werden die Chorionzotten direct vom mütterlichen Blut umspült. Dabei ist die Blutbewegung, wie sich aus dem Vorgetragenen schon ersehen lässt, in Folge der be- trächtlichen Erweiterung der Blutbahn eine verlangsamte und eine unregel- mässige, entsprechend der Gestaltung der intervillösen Räume. Im Allgemeinen stellt, wie Bumm hervorhebt, jeder Cotyledon ein besonderes Strömungsgsbiet des mütterlichen Blutes dar. So viele Cotyledonen die geborene Placenta zeigt, so viele Strömungsgebiete sind vorhanden. Nur nach unten gegen die Membran des Chorions zu hängen die Strömungs- gebiete der einzelnen Cotyledonen mit einander zusammen. Die Frage nach der Bedeutung und Entstehung der inter- villösen Bluträume bildet den Schlüssel für das Verständniss des Baues der Placenta. Nach der einen Ansicht, welche lange Zeit in Deutschland die am meisten herrschende war und durch Kölliker, Langhans, Hofmeter, MiNOT u. A. vertreten wird, haben die intervillösen Räume ursprünglich keinen Zusammenhang mit dem mütterlichen Gefässsystem. Entwick- lungsgeschichtlich sind sie nichts Anderes als Lücken zwischen Chorion und Gebärmutterschleimhaut und sind dadurch entstanden, dass beide sich nicht bis zur Berührung aneinander gelegt haben, sondern nur 262 Dreizehntes Capitel. durch die Zottenspitzen in festeren Zusammenhang getreten sind. Die Spalten würden auf dem frühesten Stadium vom Epithel der Zotten und der mütterlichen Schleimhaut begrenzt sein müssen. Langhans bezeichnet sie daher als Placentarraum. Ihren Blutgehalt würden sie nach dieser Ansicht erst später dadurch gewinnen, dass, wie Kölliker sich ausdrückt, „die wuchernden Chorionzotten das mütterliche Placentar- gewebe von allen Seiten anfressen und theilweise zerstören und so eine Eröffnung der Gefässe desselben herbeiführen, die naturgemäss zu einem allmählichen Eindringen des mütterlichen Blutes in die intervillösen Käume führen muss". Diese Ansicht ist von manchen Forschern (Beaxton Hicks, Ahlfeld, EüGE u. A.) noch dahin abgeändert worden, dass die Zwischenzottenräume auch an der reifen Placenta normaler Weise nicht Blut führen und mit Blutgefässen der Mutter in Verbindung stehen sollen. Die fast allgemein geltenden Anschauungen über placentare Ernährung werden so in Frage gestellt. Das Negiren einer geregelten Blutcirculation hat dann weiter die Hypothese hervorgerufen, dass von den Zwischenzottenräumen, von den Zellen der Decidua serotina, eine üterin milch wie bei den Wiederkäuern aus- geschieden und von den kindlichen Zotten aufgesogen werde. Nach der zweiten, ganz entgegengesetzten Ansicht, die ihre Vertreter in Vikchow, Turner, Ercolani, Leopold, Waldeyer, Keibel, Selenka, Strahl u. A. findet, sind die intervillösen Räume weiter nichts als die colossal erweiterten capillaren Blut- bahnen der mütterlichen Schleimhaut. Chorion und Decidua serotina legen sich frühzeitig mit ihren Oberflächen auf das Innigste aneinander, so dass keine Spalten zwischen ihnen übrig bleiben. Die Zotten wachsen in das Schleimhautgewebe hinein, dessen oberflächliche Capillaren sich zu umfangreichen Räumen erweitern. Wenn diese Ansicht richtig ist, so werden die Chorionzotten ringsum von dünnen Scheiden mütterlichen Gewebes umgeben werden müssen oder, da eine theilweise Rückbildung des Ueberzuges ja mög- lich ist, muss wenigstens in der Entwicklung der Placenta ein Stadium vorkommen, in welchem ein derartiger Ueberzug nachweisbar sein muss. Die genaue Feststellung des wahren Sachverhalts ist mit grossen Schwierigkeiten verbunden und kann nur durch das Studium früher Stadien der Entwicklung erreicht werden. Jedoch scheint mir die an zweiter Stelle angeführte Hypothese, nach welcher die intervillösen Räume die erweiterten mütterlichen Capillaren sind, die zutreff"endere, weil die naturgemässere zu sein, und scheint mir namentlich Folgendes für sie zu sprechen. 1) In vergleichend-anatomischer Hinsicht lässt sich geltend machen, dass bei allen Säugethieren, bei denen sich eine besondere intra-uterine Ernährungseinrichtung entwickelt, die Epithelflächen des Chorion und der Schleimhaut der Gebärmutter unmittelbar aufeinander liegen und sich bei der Vergrösserung der Oberfläche durch Faltenbildung gegenseitig durchwachsen. Ein intraplacentaler Spaltraum, wie ihn Langhans und Kölliker für den Menschen annehmen, findet sich sonst nirgends bei den Säugethieren. Auch sehen wir bei einigen, wie die Capillaren der Uterusschleimhaut sich bedeutend erweitern und verdünnte Wandungen erhalten (Nagethiere, Raubthiere etc.), so dass die fötalen Zotten fast Die menschlichen Eihüllen. 263 unmittelbar von mütterlichem Blute umspült werden. Die Erweite- rung der Blutbalin beim Menschen lässt sich somit als eine weitere Ausführung' an schon l)estehende Einrich- tungen a n s c h 1 i e s s e n. 2) Dass Capillaren sich zu einem Cavernensystem umbilden, kommt im menschlichen Körper auch an anderen Stellen vor (Schwellkörper der Geschlechtsorgane), während es eine Erscheinung ohne Ana- logie sein würde, dass ausserhalb der Blutbahn ge- legene Räume zu Bestandtheilen des Gefäss Systems ver- wandt würd en. 3) In der Placenta uterina fehlen zwischen den Arterien und Venen die ursprünglich vorhandenen Capillaren, während sie doch nachweisbar sein müssten, wenn sie sich nicht in die intervillösen Bäume umge- wandelt hätten. 4) Für die an zweiter Stelle angeführte Hypothese lassen sich endlich Angaben von Leopold und von Selenka, von Waldeyer und von Keibel verwerthen. Wie Leopold von der Entwicklung der Placenta im zweiten Monat der Schwangerschaft berichtet, „schieben sich Zotten und Deciduagewebe gegenseitig in einander, wie man die gespreizten Finger beider Hände in einander fügen kann. Verfolgt man nun die Blutgefässe der Dec. serotina, so erkennt man auch hier das stark erweiterte Capillarnetz der Ober- fläche, auf welche das Ei bei seiner Einnistung zu liegen kommt. Die zahllosen Gefässe desselben aber wachsen offenbar mit den Sprossen der Decidua den Zotten immer mehr entgegen, werden gedehnter und weiter, andererseits nehmen die Zotten in ihrem Wachsthum rapid zu, und so ist es begreiflich, dass die neuen Zottenzweige, deren Stämme durch die Köpfe in der Decidua sich gleichsam angesaugt haben, zunächst auf die mächtigen Capillaren der Oberfläche treffen und gegen diese vordrängen und in sie einbrechen." Sehr schwer ins Gewicht fallen meiner Ansicht nach die wichtigen Ergebnisse , welche Selenka über die Entwicklung des Mutterkuchens der Affen erhalten hat. Wie er in einem vorläufigen Bericht mittheilt, gelingt es „an Schnittserien durch Keimblasen der verschiedensten Ent- wicklungsstadien leicht festzustellen, dass das Chorionepithel sich stets fest und untrennbar an das Uterusepithel und das Drüsenepithel anlegt, um dauernd mit ihm verlöthet zu bleiben. Weder durch Schrumpfung der Gewebe noch durch Zerrung sind Chorion- und Drüsenepithel von einander zu theilen." Wenn am Chorion sich die Zotten ])ilden, wachsen sie in die Mündungen der Uterindrüsen hinein, welche sich erweitern und iseitliche Schläuche treiben, in welche die Zotten mit seitlichen Ausläufern nachrücken. „Mit der Vergrösserung und Verästelung der Drüsenschläuche geht eine merkwürdige histologische Veränderung der Gebärmutter Hand in Hand : im Placentarbezirk schwindet das Bindegewebe zwischen den Uterindrüsen fast vollständig, und an dessen Stelle tritt eine mächtige Blutlacune, welche bei jungen Affenplacenten etwa das dreifache Volumen der Drüsenschläuche besitzt. Der Fundus der einzelnen Uterindrüsen bleibt stets durch Bindegewebsstränge mit der Basalplatte in directem Zusammenhange; zuweilen werden auch längere Drüsenäste auf diese Weise festgelegt, während die meisten Seitensprossen der Drüsen frei in der Blutlacune flottiren. Trotz der immer weiter schreitenden Ver- grösserung der Zottenbäumchen während der folgenden Entwicklungs- 264 Dreizehntes Capitel. Stadien bleibt dieses Verhalten bis zur Geburt wesentlich das gleiche, und niemals schwindet das die embryonalen Zotten um- kleidende Drüsenepithel." „Die Lockerung und der fast vollständige Schwund des subepithe- lialen Bindegewebes, sowie die mächtige Ausdehnung einer die Drüsen- schläuche umspülenden Blutlacune hat zur Folge, dass bei der geringsten Zerrung die Keimljlase mitsammt dem Ueberzuge des Drüsenepithels sich vom übrigen Uteringewebe lostrennt! Aflfenkeimblasen von ^2 bis 5 cm Durchmesser sind immer aufs Leichteste und fast ohne Wider- stand abzuheben." „Solche losgelöste Affenkeimblasen gleichen nun, abgesehen von der Form der Placenta, vollständig den jüngeren Keim- blasen des Menschen etc." Selenkä schliesst hieraus auf eine ähnliche Entstehungsweise der letzteren. Für die Deutung der intervillösen Räume als erweiterter Blutgefässe der mütterlichen Schleimhaut würde natürlich der Nachweis eines Endothelhäutchens sehr wichtig sein. In Bezug hierauf haben schon 'früher Turner und Leopold mitgetheilt, an einzelnen Stellen der inter- villösen Räume Endothelien nachgewiesen zu haben. Vor allen Dingen aber fallen hier Untersuchungen ins Gewicht, welche Waldeyer über den Placentarkreislauf des Menschen veröffentlicht hat, und zweitens die sehr beachtenswerthe , vorläufige Mittheilung von Keibel zur Entwick- lungsgeschichte der menschlichen Placenta. Waldeyer hat an Placenten, die in der Gebärmutter noch ihre normale Anheftung besassen, die mütterlichen Blutgefässe injicirt und Durchschnitte durch das gehärtete Organ angefertigt. Er findet, dass die intervillösen Räume weiter nichts sind, als die ausserordentlich er- weiterten, mütterlichen Blutgefässe, und dass an vielen Stellen über dem Zottene])ithel noch eine Lage platter Zellen vorkommt, welche er für Gefässendothelien zu deuten geneigt ist^). In passender Weise ver- U • Chorionepiihel . ■■ mü/ierl.Snäofhel . £. ^ Fig. 178. Schema zum Bau der raensehlichen Placenta nach einem 4 Wochen alten Ei. Nach Keibel. Z Chorionzotteii. Sp Befestigung der Spitzen der Chorionzotten in der mütter- lichen Decidua (-D). C erweiterte mütterliche Bhitcapillaren. ^) In den neuesten Arbeiten von Hofmeyer und von Gottschalk wii'd eine be- sondere Endothelscliicht wrieder in Abrede gestellt. Sehr bestimmt spricht sich nament- lich Hofmeyer nach seinen Beobaclitungen dahin aus, „dass er bei sorgfältiger Unter- suchung an sehr geeigneten Objecten zu keiner Zeit der Schwangerschaft einen Eudothelüberzug der Zotten über ihrem einfachen Epithel finden konnte". Die menschlichen Eihüllen. 265 gleicht er das Hineinragen der Chorionzotten in die intervillösen Blut- räume damit, wie die Arachnoidealzotten in die Blutsinus der harten Hirnhaut hineinwuchern und dabei den Endothelbelag derselben vor sich her einstülpen. Keibel hat ein gut erhaltenes und conservirtes menschliches Ei, welches sich etwa in der Mitte der vierten Woche befand, auf Durch- schnitten untersucht. Er sah die Zotten (Fig. 178 z), welche mit secun- dären Sprossen reich besetzt und mit einem zweischichtigen Ueberzug versehen waren, mit ihren Kuppen schon im mütterlichen Gewebe fest- geheftet (Haftzotten) und die intervillösen Räume mit mütter- lichem Blut gefüllt. Dieses aber warvom Chorionüberzug durch ein besonderes dünnes Zellhäutchen (£') deutlich getrennt. Das Häutchen bestand aus sehr dünnen Endothelzellen und war häufig, wahrscheinlich in Folge der Präparation, von den Chorionzotten bald mehr, bald weniger weit abgehoben. Aus dem Nachweis des Endothelhäutchens schliesst Keibel mit Recht, dass die intervillösen Räume die colossal erweiterten mütter- lichen Capillaren sind. Nachdem wir so in der Streitfrage nach der Herkunft der inter- villösen Räume eine feste Stellung eingenommen haben, lässt sich jetzt auch besser die damit eng in Zusammenhang stehende und schon früher aufgeworfene Frage beantworten: welche Bedeutung und Entstehung haben die zwei im zelligen Ueberzug des Chorions beobachteten Schichten? Forscher, welche in den intervillösen Räumen einen Hohlraum erblicken, der von Anfang an zwischen Placenta foetalis und Placenta uterina in Folge ihrer lockeren Aneinanderlagerung besteht und erst nachträglich mit Blut erfüllt wird, werden von vornherein geneigt sein, den ge- sammten zelligen Ueberzug der Zotten von der serösen Hülle herzuleiten. Sedgwick Minot, welcher diesen Standpunkt noch neuerdings in seinem Lehrbuch vertritt, deutet daher die oberflächlichste als Syncytium be- zeichnete Schicht als ein Difterenzirungsproduct des darunter gelegenen Zottenepithels. Beide zusammen machen das Chorionektoderm aus, welches sich ähnlich wie am Körper die Epidermis in Schleim- und Hornschicht, hier gleichfalls in zwei Lagen gesondert hat. Dagegen werden Forscher, welche in den intervillösen Räumen die ausserordentlich ausgeweiteten Capillaren der Gebärmutterschleimhaut erblicken, auf der Oberfläche der Zotten noch nach einer dünnen Scheide mütterlichen Gewebes oder wenigstens nach Resten von solchem suchen müssen. So haben sich denn auch früher Ercolani, Romiti, Türner, denen sich in seinem Lehrbuch Balfour angeschlossen hat, mehr oder minder bestimmt dahin ausgesprochen, dass wahrscheinlich die auf der bindegewebigen Achse der Zotten gelegene, epitheliale Zellenschicht nicht das ursprüngliche, von der serösen Hülle abstammende Chorion- epithel, welches sich frühzeitig rückgebildet habe, sondern ein Ueberzug sei, der von der Decidua placentalis abstammt. In dem Schema, welches Turner zur Veranschaulichung seiner Ansichten von der Structur der menschlichen Placenta (Fig. 165) ent- worfen hat, ist das eigentliche, ursprüngliche Zottenepithel geschwunden. Die Zellenlage e' ist das Epithel von der Schleimhaut der Gebär- mutter, in welche die Zottenbüschel [¥) hineingewuchert sind, und mit welcher überall die innigste Berührung stattfindet. Nach aussen vom Epithel beschreil)t Turner noch ein feines Häutchen (ic), welches er als eine ausserordentlich dünne Bindegewebsschicht deutet, auf welcher sich 266 Dreizehntes Capitel. wahrsclieinlich ein die Bluträume auskleidender Endothelüljerzug vor- findet. Die mit t bezeichneten Balken sind Bindegewebszüge der mütter- lichen Schleimhaut, welche die Spitzen einzelner fötaler Zotten mit den Septa placentae [ds) verbinden, woraus sich die Entstehung der soge- nannten Haltwurzeln erklärt. Am meisten scheint uns den thatsächlichen Verhältnissen eine dritte Ansicht derjenigen Forscher zu entsprechen, welche fi'ir die zwei Schichten des Zottenüberzugs eine verschiedene Ab- stammung annehmen. Hiernach ist allein das dem Bindegewebe des Chorions und seiner Zotten aufliegende, in Zellen deutlich gesonderte Epithellager kindlichen Ursprungs und leitet sich von der serösen Hülle her. Das als zweite Schicht fest darauf gelagerte Syncytium dagegen stammt unmittelbar von der Schleimhaut der Gebärmutter ab. Es ist das Epithel derselben, welches sich unter dem Einfluss der ihr dicht an- liegenden und mit ihr fest verklebenden Oberfläche des Chorions in eigenartiger Weise umgewandelt hat. Als eine wichtige Stütze für diese Deutung dienen die Ergebnisse der vergleichenden Embryologie. Sie lehren uns, dass bei vielen Thieren auf dem Chorionepithel gleichfalls als besondere Schicht ein Syncytium vorkommt, welches den gleichen Charakter wie beim Menschen aufweist, und dessen Abstammung vom Epithel der Gebärnmtter hier deutlich nachgewiesen werden kann. (Selenka, Strahl.) Dem zum Syncytium umgewandelten Uterusepithel scheint beim Menschen auf ganz frühen Stadien der Placentabildung noch ein be- sonderes feines Endothelhäutchen , die Tunica intima der ausge- weiteten Gefässe , aufzuliegen (Keibel). Später scheint es entweder ganz zu Grunde zu gehen oder nur noch in Resten erhalten zu bleiben. (Waldeyer.) Von den zwei genetisch verschiedenen Schichten des Zottenüberzugs wird an reifen Placenten wie schon früher beschrieben wurde, bald die eine, bald die andere in stärkerer Entwicklung angetroffen, ja es kann auch stellenweise zu vollständiger Rückbildung entweder des Chorion- und des Zottenepithels oder des mütterlichen Syncytiums kommen. 6. Die Nabelschimr. Die Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) stellt die Ver- bindung zwischen dem Mutterkuchen und dem embryonalen Körper her (Fig. 170). Sie ist ein Strang, etwa so dick, wie der kleine Finger (11 — 13 mm), und erreicht die beträchtliche Länge von 50—60 cm. Fast immer zeigt sie eine sehr ausgeprägte Spirale Drehung, die, vom Embryo aus gerechnet, in der Regel von links nach rechts verläuft. Häufig sind knotenartige Verdickungen der Nabelschnur, die eine doppelte Ursache haben können. Meist beruhen sie auf einer hie und da stärker erfolgten Entwicklung der bindegewebigen Grundsubstanz (falsche Knoten). Seltener sind sie durch eine Verschlingung der Schnur in der Weise entstanden, dass der Embryo bei seinen Bewegungen, die er im Fruchtwasser ausführt, durch Zufall durch eine Schlinge der Schnur hindurchschlüpft und sie zu einem Knoten allmählich zuzieht. Die Verdickung stellt dann im Unterschied zu dem falschen einen wahren Knoten dar. Die menschlichen Eihüllen. 267 Die Anheftimg der Nabelschnur am Mutterkuchen erfolgt gewöhn- lich in seiner Mitte oder in der Nähe der Mitte (Ins ertio centralis). Doch sind Ausnahmen von der Regel nichts Seltenes. So unterscheidet man noch eine Insertio margin alis und eine Insertio vela- mentosa. Im ersten Fall verbindet sich die Nabelschnur mit dem Rande des Mutterkuchens; im zweiten Fall trifft sie überhaupt nicht mit dem Mutterkuchen zusanunen, sondern heftet sich in geringerer oder grösserer Entfernung von seinem Rand an die Eihäute selbst an und sendet von da die sich ausbreitenden, starken Verzweigungen ihrer Gefässe nach der Placentarstelle hin. Der Mensch unterscheidet sich von fast allen übrigen Säugethieren durch den Besitz einer langen, dünnen Nabelschnur. Ihre Entstehung wird bei ihm durch die mächtige Ausdehnung des Amnionsackes hervor- gerufen. Während der Sack Anfangs dem embryonalen Körper dicht aufliegt, hat er sich später so ausgedehnt (vergl. Fig. 168 und Fig. 170), dass er die ganze Höhle der Eiblase ausfüllt und sich überall der Innen- fläche des Chorion fest anschmiegt. Hierdurch werden mehr und mehr die übrigen Gebilde, welche aus dem Hautnabel des Embryo in die ausserembryonale Leibeshöhle treten und sich zum Chorion begeben, wie der Dottersack mit seinen Gefässen, der dünne Allantoiscanal mit seiner Bindegewebshülle und den Nabelgefässen, vom Amnion umwachsen und schliesslich zu einem dünnen Strang zusammengedrängt. Anfangs ist die Nabelschnur kurz, indem sie in gerader Richtung den Bauchnabel des Embryo mit den Eihüllen verbindet; später ver- längert sie sich in hohem Grade und legt sich dabei in deiii Fruchtwasser in Windungen. Ihr Bau wechselt zu den verschiedenen Zeiten der Schwangerschaft entsprechend den Veränderungen, welche der Dottersack und die Allan- tois mit ihren Gefässen erleiden. Eine genauere Beschreibung ihres feineren Baues will ich nur vom Ende der Schwangerschaft geben und hierbei folgende Theile näher in das Auge fassen : 1) die WHARTON'sche Sülze, 2) die Nabelgefässe, 3) die Reste der Allantois, des Dottergangs, der Vasa omphalomesenterica, 4) die Amnionscheide. 1) Die WHARTON'sche Sülze bildet die gemeinsame Grundmasse, in welcher die übrigen Theile eingebettet sind. Sie stellt ein Gallert- oder Schleimgewebe dar. In einer weichen, gallertigen Substanz verlaufen Züge von Bindegewebsfibrillen und elastischen Fasern, die, je jünger die Nabelschnur ist, um so spärlicher entwickelt sind. Sie sind untereinander zu einem Netzwerk verbunden, dessen Maschen an einzelnen Stellen enger als an anderen sind. Die Zellen des gallertigen Bindegewebes sind theils spindelige, theils sternförmige Elemente, letztere mit weithin verzweigten Ausläufern. 2) Die Nabelgefässe bestehen aus zwei starken Arterien (Art. um- bilicales), welche das Blut vom Embryo in den Mutterkuchen führen, und aus einer weiten Vena umbilicalis, in welcher das Blut wieder zum Embryo, nachdem es den Placentarkreislauf durchgemacht hat, zurück- fliesst. Die beiden Arterien sind in Spiraltouren, wie die Nabelschnur selbst, aufgewunden und untereinander durch eine Queranastomose nahe an ihrem Eintritt in den Mutterkuchen verbunden. Sie sind sehr con- tractu und zeigen eine dicke, aus Quer- und Längsfasern zusammen- gesetzte Muskelhaut (Tunica muscularis). 268 Dreizehntes Capitel. 3) Der Allantoiscanal und der Dottergang, welche in den ersten Monaten der Schwangerschaft wesentliche Bestandtheile der Nabelschnur sind, bilden sich später zurück und sind am Ende des embryonalen Lebens nur noch in unbedeutenden Resten vorhanden, wie von Kölliker, Ahlfeli) und Rüge gezeigt worden ist. Die Canäle verlieren ihr Lumen; es entstehen in der WHARTON'schen Sülze solide Stränge von Epithel- zellen; schliesslich schwinden dieselben auch noch zum Theil, so dass nur hie und da sich Züge und Nester von Epithelzellen erhalten haben. Die Dottergefässe (Vasa omphalo-mesenterica), welche am Anfang der Entwicklung eine Rolle spielen, werden bald unansehnlich und treten hinter den mehr und mehr sich vergrössernden Nabelgefässen zurück. In der reifen Nabelschnur sind sie sehr selten nachzuweisen (Ahlfeld); gewöhnlich sind sie vollständig rückgebildet. 4) Am Anfang der Entwicklung bildet das Amnion um den Allan- toiscanal und Dottergang eine Scheide, die sich abtrennen lässt. Später ist die Scheide mit der WHARTOx'schen Sülze fest verschmolzen, die An- satzstelle am Nabel ausgenommen, an welcher sie sich eine kurze Strecke weit als besonderes Häutchen abziehen lässt. Verhalten der Eihäute während und nach der Geburt. Zum Schluss der Besprechung der Eihäute mögen schliesslich noch einige Bemerkungen über ihr weiteres Schicksal bei der Geburt einen Platz finden. Am Ende der Schwangerschaft, mit Beginn der Wehen, erhalten die EihüUen, welche um den Embryo eine mit Fruchtwasser gefüllte Blase herstellen, einen Riss, sowie die Zusammenziehungen der Musculatur der Gelmrmutter eine gewisse Stärke erreicht haben. Der Riss entsteht gewöhnlich an der Stelle, wo die Blasenwand durch den Muttermund nach aussen hervorgepresst wird (Blasensprung), In Folge dessen fliesst jetzt das Fruchtwasser ab. Unter weiterem und verstärktem Fortgang der Wehen wird hierauf das Kind durch den Riss der Eihüllen hindurch aus der Gebärnmtter ausgetrieben, es wird geboren, während Mutterkuchen und Eihüllen meist noch kurze Zeit in der Uterushöhle zurückbleiben. Gleich nach der Geburt muss die Verbindung zwischen Kind und Eihüllen künstlich ge- trennt werden, indem die Nabelschnur in einiger Entfernung vom Nabel unterbunden und abgeschnitten wird. Schliesslich lösen sich auch noch die Eihüllen mit der Placenta von der Innenfläche der Gebärmutter ab und werden durch erneute Wehen als Nachgeburt nach aussen entleert. Die Ablösung findet in der spongiösen Schicht der Decidua vera und Decidua serotina statt, etwa in der Gegend, welche in dem von Leopold gegebenen Schema (Taf. II) als Trennungslinie bezeichnet ist. Die Nachgeburt setzt sich sowohl aus den kindlichen als auch aus den mütterlichen Eihäuten zu- sammen, die untereinander ziemlich fest verwachsen sind: 1) aus dem Amnion, 2) dem Chorion, 3) der Decidua reflexa, 4) der Decidua vera, 5) dem Mutterkuclien (Placenta uterina und Placenta foetalis). Trotz der Verwachsung ist eine theilweise Loslösung der einzelnen Häute von einander noch möglich. Nach der Geburt stellt die Innenfläche der Gebärmutter eine ein- zige grosse Wundfläche dar, da zahlreiche Blutgefässe bei der Ablösung der Placenta und der Deciduae zerrissen worden sind. Auch in den Die menschlichen Eihüllen. 269 ersten Tagen des Wochenbettes stossen sich noch von ihr Fetzen der bei der Geburt zuriickgebliebenen, spongiösen Schicht der Decidua vera und serotina ab. Nur die tiefste Lage der Schleimhaut erhält sich un- mittelbar auf der Musculatur der Gel)ärmutter. Sie besitzt noch Reste des cylindrischen Epithels der Uterindrüsen, wie schon früher her- vorgehoben wurde. Im Laufe mehrerer Wochen wandelt sie sich unter lebhaften Wucherungsprocessen in eine normale Schleimhaut wieder um, wobei wahrscheinlich das Epithel ihrer Oberfläche aus den erhalten ge- bliebenen Resten des Drüsenepithels seinen Ursprung nimmt. Zusammenfassung. 1) Das menschliche Ei setzt sich gewöhnlich im Grund der Gebär- mutter (Fundus uteri) zwischen den beiden Einmündungen der Eileiter fest und wird von Falten der Schleimhaut umwachsen und in eine Kapsel eingeschlossen. 2) Die Schleimhaut der Gebärmutter bildet sich zu den mütter- lichen Hüllen für das Ei, den Deciduae, aus, die als Decidua serotina, reflexa und vera unterschieden werden. a) Die Decidua serotina ist der Theil der Schleimhaut, welchem das Ei nach seinem Eintritt in die Gebärmutter direct aufliegt, und an welchem sich später der Mutterkuchen entwickelt. b) Die Decidua reflexa ist der um das Ei herumgewucherte Theil. c) Die Decidua vera entsteht aus der übrigen, die Gebärmutter- höhle auskleidenden Schleimhaut. 3) Bei der Bildung der Deciduae oder hinfälligen Eihäute erleidet die Uterusschleimhaut tiefgreifende Veränderungen ihrer Structur und sondert sich unter starker Wucherung der Uterindrüsen und unter theil- weisem Schwund ihres Epithels in eine innere, compacte und in eine äussere, spongiöse Schicht. 4) Aus der Wand der Keimblase, soweit sie nicht zur Bildung des Embryo selbst verwandt wird, entwickeln sich die kindlichen Eihüllen, die im Ganzen mit den Eihüllen der übrigen Säugethiere an Zahl und in der Art ihrer Entstehung übereinstimmen, im Einzelnen aber nicht unwichtige Modificationen darbieten, die im Wesentlichen folgende sind: a) Das Amnion schliesst sich von vorn nach hinten, bleibt am hinteren Ende des Embryo durch einen kurzen Zipfel mit der serösen Hülle (dem späteren Chorion) verbunden und trägt so zur Entstehung des sogenannten Bauchstiels menschlicher Em- bryonen bei. b) Die AUantois wächst nicht als freie Blase in den ausserembryo- nalen Theil der Leibeshöhle hinein, sondern schiebt sich als enger Canal an der unteren Fläche des in einen Zipfel ausge- zogenen Amnion bis zum Chorion hin und liefert so den Haupt- theil des Bauchstiels. c) Der Dottersack wird zu einem ausserordentlich kleinen Bläschen und steht durch einen langen, fadenförmigen Stiel (den Dotter- gang) mit dem embryonalen Darm in Verbindung. d) Durch Vergrösserung des Amnion, welches schliesslich die ganze Eiblase ausfüllt (Zunahme des Fruchtwassers), werden AUantois- 270 Dreizehntes Capitel. canal und Dottergang mit den Nabel- und Dottergefässen voll- ständig umwachsen und mit der Amnionscheide umgeben, wodurch die Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) entsteht, eine strang- förmige Verbindung zwischen der Innenfläche der Eihaut und dem Bauchnabel des Embryo. e) Die seröse Hülle entwickelt ausserordentlich frühzeitig (2. Woche) Zotten auf ihrer ganzen Oberfläche und wird, indem das Binde- gewebe der Allantois in sie hineinwächst, zur Zottenhaut (Chorion). f) Die Zottenhaut sondert sich in ein Chorion laeve und ein Chorion frondosum : a) Zum Chorion laeve wird derjenige Theil, welcher der Decidua reflexa anliegt und mit ihr sich durch die im Wachsthum zurückbleibenden Zöttchen fest verbindet. ß) Zum Chorion frondosum gestaltet sich der an die Decidua serotina angrenzende Abschnitt, in welchem die Zöttchen zu mächtigen, vielfach verzweigten Büscheln auswachsen. 5) Dadurch, dass die Zottenbüschel des Chorion frondosum in die Decidua serotina hineindringen und sich mit ihr fest verbinden, entsteht ein besonderes Ernähruugsorgan für den Embryo, der Mutterkuchen oder die Placenta. 6) An der Placenta unterscheidet man den kindlichen und den mütterlichen Antheil: 1) die Placenta foetalis oder das Chorion frondo- sum und 2) die Placenta uterina oder die ursprüngliche Decidua serotina. a) Die Placenta foetalis besteht erstens aus der Membrana chorii, in welcher sich die Hauptäste der Umbilicalgefässe ausbreiten, und an welcher sich die Nabelschnur gewöhnlich in der Mitte (Insertio centralis), seltener am Rand (Insertio marginalis), noch seltener vom Rand entfernt (Insertio velamentosa) ansetzt. Zweitens besteht sie aus Büscheln von Chorionzotten, von denen die Haftwurzeln mittelst ihrer Enden mit der Uterus- schleimhaut fest verwachsen sind, während die freien Ausläufer in die cavernösen Bluträume der Placenta uterina hineinhängen. b) Die Placenta uterina setzt sich wie die Decidua vera aus einer compacten, bei der Geburt sich ablösenden Schicht (Pars caduca) und aus einer spongiösen Schicht zusammen, in welcher die Ab- lösung erfolgt, und von der ein Theil auf der Musculatur zurück- bleibt (Pars fixa). Die compacte Schicht (Basalplatte Winkler's) sendet Scheide- wände (Septa placentae) zwischen die Chorionzotten hinein und theilt sie dadurch in einzelne Bündel, die Cotyledonen, ab. Zwischen Arterien und Venen, die in der Basalplatte und den Septen ihren Weg nehmen, sind ausserordentlich weite Blut- gefässräume eingeschaltet, in welche die Zotten frei hinein- zuhängen seheinen. Die Blutgefässräume sind sehr w^ahrscheinlich ausserordentlich erweiterte, mütterliche Capillaren, in welchem Falle man erwarten darf, dass die Chorionzotten auf ihrer Oberfläche noch von einer sehr dünnen Schicht mütterlichen Gewebes überzogen werden. 7) Bei der Geburt lösen sich die Deciduae oder hinfälligen Eihäute innerhalb der spongiösen Schicht von der Gebännutter ab und bilden nebst den kindlichen Eihüllen und dem Mutterkuchen die Nachgeburt. N "o S^ V, "^^ •OOl •oo =00 33 f ' M I I \ g h ue Fig. 189. Sehr jun- ger menschlicher Em- bryo aus der vierten Woche von 4 mm Nacken steisslänge, derGebärmutter einer Selbstmörderin acht Stunden nach ihrem Tode entnommen. Nach Rabl. au Auge, vg Nasen- gi'ube. uk Unterkiefer. zb Zungeiabeinbogen. s^, 4* dritter, vierter Schhmd- bogen. Ji durch die Ent- wickhmg des Herzens verursachte Auftreibung derKumpfwand. ms Grenze zweier Ursegmente. oe, ue obere, untere Extremität, Die Organe des inneren Keimblattes. 289 gleichen Wiiclisthunis, welches sich übrigens in ganz ähnlicher Weise auch ])ei Vogel- und Säugethierenihryonen abspielt, bildet sich eine tiefe Grube an der Oberfläche und am hinteren Rande der Kopf- Halsgegend, die Halsbucht, Sinus cervicalis (Rabl) [Sinus praecervicalis (His)]. (Fig. 188 u. 190 hh.) In der Tiefe und an der vorderen Wand der Halsbucht lagern der dritte und vierte Schluudbogen, die nun von aussen her nicht mehr zu sehen sind. Den Eingang zu ihr begrenzt von vorn her der zweit.e Schlund- oder Zungenbeinbogen {zh). Derselbe entwickelt allmählich Fig. 190. Mensch- lieher Embryo aus der Mitte der fünften "Woche von 9 mm Naekensteisslänge. Nach Käbl. s Scheitelhöcker, au Auge, ok Oberkiefer, uk Unterkiefer, zb Zungen- beinbogen, hb Halsbucht (Sinus cervicalis). ng Na- sengrube, oe obere, ue untere Extremität. mp Muskelplatten (Rumpfseg- mentel. hb zb uk oe mp s au ok ng ue nach hinten einen kleinen Fortsatz, welcher sich über die Halsbucht von aussen herüberlegt und von Rathke und Rabl mit Recht dem Kiemen- deckel der Fische und Amphibien verglichen worden ist. DerKiemen- deckelfortsatz verschmilzt schliesslich mitder seitlichen Leibeswand. Dadurch wird die Halsbucht, welche dem unter dem Kiemen deckel der Fische und Amphibien ge- legenen und die eigentlichen Kiemenbogen bergenden Raum entspricht, zum Verschluss gebracht. Eine richtige Vorstellung dieser wichtigen Wachsthumsvorgänge wird man leicht gewinnen, wenn man Figur 186 mit Figur 188 und Figur 171 und 189 mit Figur 190 vergleicht. Die Entwicklung der Scblundspalten und der Halsbucht hat auch ein praktisches Interesse. Es kommen beim Menschen zuweilen in der Hals- gegend Fisteln vor, die von aussen verschieden weit nach innen dringen und sogar in die Rachenhöhle einmünden können. Sie sind von embryonalen Verbältnissen in der Weise abzuleiten, dass die Halsbucbt theilweise offen geblieben ist. Von hier kann beim Erwachsenen ein Weg noch in die Rachenhöhle führen , wenn sich abnormer Weise die zweite Schlundspalte nicht geschlossen hat. 0. Hertwig, Entwicklungsgcsclüclite. 5. Aufl. 19 290 Vierzehntes Capitel. II. Sonderung des Darmrohrs in einzelne Albschnitte und Bildung der Grekröse (Mesenterien). Anfänglich grenzt das Darm röhr in breiter Ausdehnung (Fig. 142) an die dorsale Rumpfwand; mit der Chorda (ch), dem Nervenrohr und den Ursegmenten (us) wird es durch einen breiten Streifen embryonalen Bindegewebes verbunden, in welchem die Anlagen zweier grosser Blut- gefässe, der beiden primitiven Aorten (ao), eingeschlossen sind. Linke und rechte Leibeshöhle sind daher nach oben noch durch einen weiten Abstand von einander getrennt. Dieser verringert sich, je älter der Embryo wird, unter Entwicklung eines Gekröses oder Mesen- teriums, einer Bildung, welche sich in der ganzen Länge des Darm- rohrs mit Ausnahme des vordersten Abschnitts in folgender Weise an- legt (vergl. Taf. I, Fig. 8 und 9 mit Fig. 10): Das Darmrohr entfernt sich weiter von der Chorda; hierbei wird der oben erwähnte, breite Streifen von Bindegewebe von links nach rechts schmäler, dagegen dorso- ventralwärts verlängert (Fig. 10); die in ihm eingeschlossenen beiden Aorten rücken näher zusammen und verschmelzen schliesslich zu einem in der Medianebene zwischen Chorda und Darm gelegenen, unpaaren Fig. 191. Fig. 192. Fig. 191. Eingeweiderohr eines raenschliehen Embryo (JS, His) von 5 mm Nackenlänge. Aus His, Menschliche Embryonen. Vergr. 20. JRT RATHKE'sche Tasche. Uk Unterkiefer. Sd Schilddrüse. Ch Chorda dorsalis. Xk Kehlkopfeingang. Zff Lunge. 3fff Magen. P Pancreas. Zbg Lebergang. Du Dotter- gang (Dannstiel). All AUantoisgang. W WoLFF'scher Gang mit hervortretendem Nierengang (Ureter). B Bursa pelvis. Fig. 192. Eingeweiderohr eines menschlichen Embryo {Bl, His) von 4,25 mm Nackenlänge. Aus His, Menschliche Embryonen. Vergr. 30. L(/ Lunge. Mg Magen. F Pancreas. Zbg Lebergcänge. J)s Dottergang (Darmstiel). Die Organe des inneren Keimblattes. 291 Stamm. Bei weiterem Verlauf des Processes bleiben schliesslich Darm- rohr und Chorda nur durch ein feines Band in Zusanunenhang, das vom vorderen zum hinteren Ende des Embryo reicht. P^s geht von dem die Chorda umhüllenden Bindegewebe aus, schliesst längs seiner Ursprungs- linie die Aorta ein und ist aus drei Schichten zusammengesetzt: aus einer Biudegewebslamelle, in welcher die Blutgefässe zum Darm ver- laufen, und zwei Epithelüberzügen, die vom mittleren Keimblatt ab- stammen und jetzt aus stark abgeplatteten Zellen bestehen. Die Sonderung des Darmrohrs in einzelne, hinter einander gelegene, ungleich werthige Abschnitte beginnt mit der Entwicklung des Magens. Der Magen macht sich zuerst in einiger Entfernung hinter dem mit den Schlundspalten versehenen, respiratori- schen Abschnitt bemerkbar als eine kleine, spindelförmige Erweiterung, deren Längsachse mit der Längsachse des Körpers zusammenfällt (Fig. 191 und 192 Mg). Solche Befunde erhält man bei menschlichen Embryonen der vierten Woche. Das ganze embryonale Eingeweiderohr lässt jetzt 5 hinter einander gelegene Abschnitte unterscheiden, die Mundhöhle, die Schlundhöhle mit den Kiemenspalten, die sich trichterförmig in die Speiseröhre verengt. Auf diese folgt der spindelig erweiterte Magen, auf diesen das übrige Darmrohr, das noch mit dem Dottersack in mehr oder minder weitem Zusammenhang steht (Ds). Mit Ausnahme der 3 vordersten Abschnitte besitzt das ganze Darmrohr ein Gekröse (Mesen- terium). Seinen zum Magen gehenden Theil bezeichnet man besonders als M esogas tri um. Bei manchen Fischen und Amphibien erhält sich dieser Zustand dauernd. Auch beim erwachsenen Thier durchsetzt der Darm die Leibes- höhle in schwach gekrümmtem Verlauf. Der Magen erscheint an ihm als eine spindelförmige Erweiterung. Eine Aenderung wird bei allen höheren Wirbelthieren herbeigeführt durch ein mehr oder minder beträchtliches Längenwachsthum des Darms, hinter welchem die Grössenzunahme des Rumpfes weit zurückbleibt. Die Folge davon ist, dass der Darm, um Platz in der Leibeshöhle zu finden, sich in Windungen legen muss. Hierbei bleiben einzelne Strecken der Wirbelsäule genähert, während andere sich von ihr bei der Einfaltung entfernen. Erstere sind mit einem kurzen Mesenterium befestigt und daher minder beweglich, letztere haben ihr Aufhängeband bei der Lageveränderung zu einer zuweilen ganz ansehnlichen, dünnen Lamelle ausgezogen und in demselben Maasse eine grössere Beweglich- keit gewonnen. Die zum Theil recht coraplicirten Entwicklungspröcesse sind durch die vortrefflichen Arbeiten von Meckel, Johannes Müller, Toldt, His und Klaatsch auch für menschliche Embryonen zur Genüge aufgeklärt, so dass diese der Beschreibung zur Grundlage dienen können. Bei menschlichen Embryonen der fünften und sechsten Woche ist die hintere, der Wirbelsäule zugekehrte Fläche des Magens (Fig. 193 gc) stark ausgebuchtet, die vordere Wand (Jcc) dagegen, welche bei Eröffnung der Bauchhöhle durch die schon ansehnliche Leber bedeckt wird, ist etwas eingedrückt. Eine Linie, welche Mageneingang und Ausgang (Cardia und Pylorus) an der hinteren Fläche verbindet, ist daher viel länger, als die entsprechende Verbindungslinie an der vorderen Fläche. Letztere wird zur kleinen Curvatur (kc), die erstere, an welcher sich zugleich das Magengekröse ansetzt, ist die spätere grosse Curvatur (gc). 19* 292 Vierzehntes Capitel. ao mg cl P ms mei ac Der auf den Magen folgende Abschnitt hat in Folge stärkeren Längenwachsthums sich in einzelne Windungen gelegt. Von dem Pylorus wendet sich das Darmrohr {du) erst eine kleine Strecke nach rückwärts bis nahe an die Wirbelsäule heran, biegt hier scharf um und beschreibt eine grosse Schleife, deren Couvexität nach vorn und abwärts nach dem Nabel zu gerichtet ist. Die Schleife besteht aus zwei ziemlich parallel und nahe beisammen verlaufenden Schenkeln (rf^ u. d^), zwischen welchen sich das mit in die Länge ausgezogene Mesenterium {ms) ausspannt. Der eine Schenkel {d'^) liegt vorn und steigt nach abwärts, der andere (/^^) liegt hinter ihm vmd wendet sich nach aufwärts, um nahe der Wirbel- säule noch einmal umzubiegen und, durch ein kurzes Mesenterium befestigt, in geradem Verlauf (r) nach abwärts zum After zu ziehen. Die Uebergangs- stelle des ab- und aufsteigenden Schen- kels oder der Scheitel der Schleife ist in den mit einer Aushöhlung versehenen Anfangstheil der Nabelschnur eingebettet, wo er durch den in Rückbildung be- griffenen Dottergang (r/^) mit dem Nabelbläschen zusammenhängt. In eini- ger Entfernung vom Ursprung des Dottergangs bemerkt man am aufstei- genden Schenkel eine kleine Erweite- rung und Ausbuchtung [d"). Sie ent- wickelt sich weiterhin zum Blinddarm und deutet somit die wichtige Stelle an, an welcher sich Dünn- und Dickdarm gegen einander abgrenzen. In Folge der ersten Faltungen lassen sich jetzt sclion vier, später noch deutlicher gesonderte Darmtheile unterscheiden. Das kurze, vom Magen zur Wirbelsäule laufende , mit einem kleinen Mesenterium ver- sehene Stück wird zum Zwölffingerdarm {du) , der vordere absteigende Schenkel {d^) nebst dem Scheitel der Schleife liefert den Dünndarm, der hintere aufsteigende Schenkel entwickelt sich zum Dickdarm {d^) das zum letzten Mal wieder umbiegende Endstück zum S Romanum Mastdarm (r). Bei Embryonen des dritten und der folgenden Monate finden wich- Lageveränderungen am Magen und an der Darmschleife in Zu- sammenhang mit einem weiter vor sich gellenden Längenwaclisthum statt. Der Magen erfährt eine zweifache Dreluuig um zwei verschiedene Achsen und nimmt dadurch frühzeitig eine Form und Lage an, welche annähernd dem l)leibenden Zustand entspricht (Fig. 194 A u. B). Flinmal geht seine Längsachse, welche den Magenmund (Cardia) mit dem Pförtner (Pylorus) verbindet und Anfangs dov Wirlielsäule parallel gerichtet ist, in Folge einer Drehung um die Sagittalachse in eine schräge und schliesslich in eine fast quere Stellung über. Dadurch rückt jetzt der Magenmund auf die linke Körperhälfte und nach abwärts, der sp gc he du d> d^ Fig. 193. Sehern atisehe Dar- stellung des Darmcanals eines sechs wöchentlichen Embryo des Menschen. Nach Toldt. sp Speiseröhre, kc kleine Curva- tur. ^c g-rosse Curvaüir. du Duodenum. d^ Theil der .Schleife, der zum Dünn- darm wird d' Theil der Schleife, der Dickdarm wird und mit dem zum Coecum beginnt, des Dottergangs. ms Mesenterium. r Mastdarm, ao mei Mesenterica caudalis. d^ Abgangsstelle mg Mesogastrium. m Milz, p Pancreas. Aorta, el Coeliaca. inferior, ac Aorta und und tige Die Organe des inneren Keimblattes. 293 B 90 k mc di dd md Fig. 194. Schema der Entwicklung des menschlichen Darmeanals und seines Gekröses. A früheres, B späteres Stadium. gn grossei' Netzbeutel, der sich aus dem Mesogastrium (Fig. 193 mg) entwickelt. Der Pfeil bedeutet den Eingang- in den Netzbeutel (Bursa omentalis). gc grosse Cur- vatur des Magens, gg Gallengang (Ductus choledochus). du Duodenum, mes Mesen- terium, me Mesocolon. dd Dünndarm, di Dickdarm, md Mastdarm, dg Dottergang. bld Blinddarm, wf Wurmfortsatz, k Kreuzungsstelle der Darmschleife. Der Dick- darm mit seinem Mesocolon kreuzt das Duodenum. Pförtner aber mehr auf die rechte Körperhälfte und weiter nach oben. Zweitens erfährt der Magen sileich zeitig noch eine Drehung um seine Längsachse, durch welche die ursprünglich linke Seite zur vorderen und die rechte zur hinteren Seite wird. In Folge dessen kommt die grosse Curvatur nach abwärts, die kleine nach oben zu liegen. Von den Lage- Veränderungen wird auch das Endstück der Speiseröhre mit betroffen. Sie erleidet eine spirale Drehung, durch welche ebenfalls ihre linke zur vorderen Seite wird. Durch diese embryonalen Wachsthumsvorgänge am Eingeweiderohr fällt Licht auf die asymmetrische Lage der beiden Nervi vagi , von welchen der linke an der vorderen , der rechte an der hinteren Seite der Speiseröhre durch (las Zwerchfell durchtritt und der erstere sich an der Vorderfläche des Magens, der letztere an der entgegengesetzten Wand ausbreitet. Denken wir uns den Drehungsprocess der Speiseröhre und des Magens wieder rück- gängig gemacht, so wird auch im Verlauf und in der Verbreitung der beiden Vagi die vollständige Symmetrie wieder hergestellt. Einen tiefgreifenden Einfluss übt die Drehung des Magens natürlich auch auf sein Gekröse , das Mesogastrium , aus und gibt , wie zuerst JoH. MtJLLER in klarer Weise gezeigt hat, den Anstoss zur Entwicklung des grossen Netz beuteis (des Omentum malus). Solange der Magen noch senkrecht steht, bildet sein Gekröse eine senkrechte Lamelle, welche sich von der Wirbelsäule direct zu der jetzt noch nach hinten gerichteten grossen Curvatur ausspannt (Fig. 193). In Folge der Drehung aber wird es stark ausgedelmt und vergrössert, da sein Ansatz am Magen allen Verlagerungen desselben folgen muss. Vom Ursprung an der Wirbelsäule wendet es sich daher jetzt nach links und nach 294 Vierzehntes Capitel. unten, um sich an der grossen Curvatur anzusetzen; es nimmt eine Form und Lage an, von welcher sich der Leser leicht eine richtige Vor- stellung bilden wird, wenn er das Schema 194 mit dem Querschnittsbild Fig. 195 combinirt. Auf diese Weise kommt ein von der übrigen Leibes- höhle abgesonderter Raum, der grosse Netzbeutel (Bursa omentalis, Fig. 195 **j zu Stande, der seine Oeffnung nach der rechten Körper- seite zugekehrt hat, und dessen vordere Wand vom Magen, dessen hintere und untere Wand vom Magengekröse {gn^, gn^) gebildet wird. In den schematischen Figuren 194 ^ und B wird der Eingang in den Netzbeutel durch die Richtung des Pfeiles angedeutet. nn ao nn m l kn gti^ p gc grfi l Fig. 195. Sehematiseher Quer- schnitt durch den Rumpf eines menschlichen Embryo in der Ge- gend des Magens mit seinem Meso- gastrium, um die Bildung des Netz- beutels am Anfang des dritten Monats zu zeigen. Nach Toldt. nn Nebenniere, ao Aorta, l Leber. m Milz, p Pancreas. gn^ Ursprung des grossen Netzes (Mesogastrium) an der Wir- belsäule, gn"^ der an die grosse Magen- curvatur {gc) sich ansetzende Theil des grossen Netzes. hn kleines Netz, ge grosse Curvatur des Magens. * Vorraum und Höhle des grossen Netzbeutels. Eine weitere Ausdehnung erhält übrigens der Netzbeutel (Fig. 195**) noch dadurch, dass zu dieser Zeit schon die Leber (Z) zu einer grossen Drüse herangewachsen und mit der kleinen Curvatur des Magens durch das kleine Netz (ä;w), dessen Entwicklung uns später noch beschäftigen wird, verbunden ist. Daher öffnet sich der Netzbeutel nicht, wie in dem Schema Fig. 194, auf welchem die Leber mit ihren Bändern weggelassen ist, gleich an der kleinen Curvatur in die gemeinsame Bauchhöhle, sondern zuvor noch in einen hinter dem kleinen Netz (fcw) und der Leber (?) gelegenen Vor- raum (das Atrium bursae omentalis) oder den kleinen Netz- beutel (Fig. 195). Eine nicht minder eingreifende Drehung wie der Magen hat die Darmschleife mit ihrem Mesenterium um ihre Anheftungsstelle an der Lenden Wirbelsäule durchzumachen. Der absteigende und der aufsteigende Schenkel kommen zuerst neben einander zu liegen. Dann schlägt sich der letztere, welcher zum Dickdarm wird (Fig. 194), über den ersteren in schräger Richtung herüber und kreuzt den Anfangs theil des Dünndarms (k) in querer Richtung. Beide Theile, namentlich aber der Dünndarm, fahren am Ende des zweiten Monats fort, stark in die Länge zu wachsen und sich in Windungen zu legen. Hierbei geräth der Anfangstheil des Dickdanns oder das Coecuni, das im 3. Monat bereits einen sichelförmig gebogenen Wurmfortsatz erkennen lässt (Fig. 194 J., hld)^ ganz auf die rechte Seite des Körpers nach oben unter die Leber; von hier läuft sein Anfangsstück in (]uerer Richtung über das Duodenum unter dem Magen zur Milzgegend herüber, biegt dann scharf um (Flexura coli lienalis) und steigt nach der linken Beckengegend herab, um in das S Romanum und Rectum überzugehen. Somit sind schon im dritten Die Organe des inneren Keimblattes. 295 Monat am Dickdarm das Coecum, das Colon transversiim und descendens unterscheidbar. Ein Colon ascendens fehlt noch. Dasselbe bildet sich erst in den folgenden Monaten (Fiij. 194 B) dadurch aus, dass der Anfangs unter der Leber befindliche Blinddarm allmählich eine tiefere Lage einninnnt , sich im 7. Monat unterhalb der rechten Niere findet und vom 8. Monat über den Darmbeinkamm herabsteigt. In dieser Zeit hat der Blinddarm (Coecum) an Länge zuge- nommen und stellt gegen Ende der Schwangerschaft einen ziemlich be- trächtlichen Anhang an der Uebergangsstelle des Dünn- und Dickdarms dar. Frühzeitig zeigt er eine ungleichmässige Entwicklung (Fig. 194 B, hld). Das oft mehr als die Hälfte der Länge umfassende Endstück bleibt im Wachsthum hinter dem sich stärker ausweitenden Anfangsstück zurück; ersteres wird als Wurmfortsatz (wf), letzteres als Coecum unterschieden. Beim Neugeborenen ist der Wurmfortsatz vom Coecum noch weniger scharf abgesetzt, als einige Jahre später, wo er sich zu einem nur gänsekielstarken, 6 — 8 cm langen Anhang umgestaltet hat. Innerhalb des von den Dickdarmwindungen umgrenzten Bezirks breitet sich der vom al)steigenden Schenkel der Schleife abstammende Dünndarm aus und legt sich in Folge seines beträchtlichen Längen- wachsthums in immer zahlreichere Schlingen (Fig. 194 B). Ursprünglich sind alle Darmabschnitte vom Magen an durch ein gemeinsames Gekröse (Mesenterium commune) mit der Lenden- wirbelsäule frei beweglich verbunden (Fig. 194 A und B). Das Gekröse ist natürlicher Weise durch das Längenwachsthum der Darmschleife auch beeinflusst worden, insofern seine Ansatzlinie am Darm die Ursprungs- linie an der Wirbelsäule (Radix mesenterii) um ein Vielfaches an Länge übertriff"t und sich dabei nach Art einer Hemdkrause in Falten legt. Eine derartige Anordnung der Gekröse findet sich als bleibende Bildung bei vielen Säugethieren, wie beim Hund, bei der Katze etc. Beim Menschen al)er wird vom 4, Monat an die Anordnung des Gekröses eine viel complicirtere. Es treten Veränderungen ein, die sich kurzweg als Verklebungs- und Verwachs ungsprocesse ein- zelner Abschnitte der Gekröslamelle mit angrenzenden Parti een des Bauchfells, sei es von der hinteren Bauchwand, sei es von benachbarten Organen, kennzeichnen lassen. Sie betreffen das Aufhängeband des Duodenum und des Dickdarms, welches in der ersten Hälfte der Embryonalentwicklung stets vorhanden ist. Das Duodenum legt sich, die bekannte hufeisenförmige Krümmung beschreibend, mit seinem Gekröse, in welches der Anfang der Bauch- speicheldrüse eingeschlossen ist, breit an die hintere Rumpfwand an und verschmilzt mit ihrem Bauchfell in ganzer Ausdehnung; aus einem beweglichen ist es zu einem unl)eweglichen Darmtheil geworden (Fig. 196 du). Der Dickdarm (Fig. 194 und 196 A und B, et) besitzt noch im 3. Monat ein sehr langes, von der Wirbelsäule ausgehendes Aufhänge- band , welches nichts Anderes als ein Theil des gemeinsamen Darmge- kroses ist, aber als Mesocolon (tnsc) besonders unterschieden wird. In Folge der oben beschriebenen Drehung der primitiven Darmschleife ist nun nicht allein das Colon transversum, sondern auch das zu ihm gehörige, ansehnliche Mesocolon quer über das Ende des Duodenum herübergezogen worden; es verschmilzt hier eine Strecke weit mit letzterem und der hinteren Rumpfwand, gewinnt dadurch eine neue, von links nach rechts verlaufende, secundäre Ansatzlinie (Fig. 196 msc) 296 Vierzehntes Capitel. und erseheint so als ein vom gemeinsamen Darmgekröse abgelöster Theil. Das Colon transversum (d) ^ mit seinem Mesocolon {msc) trennt jetzt die Leibeshöhle in einen oberen Theil, welcher Magen, Leber, Duodenum und Pancreas einschliesst , und in einen unteren, die Dünn- därme bergenden Abschnitt. So erklärt sich aus der Entwicklungs- geschichte der auffällige Befund , dass das Duodenum , um aus dem oberen in den unteren Raum zu gelangen und in den Dünndarm sich fortzusetzen , unter dem quer ausgespannten Mesocolon hindurchtritt (Fig. 194 und 196 du). Auch am Aufhängeband vom Coecum und vom auf- und absteigen- den Schenkel des Dickdarms tritt eine Verwachsung mit dem Bauchfell der Rumpfwand bald in mehr, bald in minder ausgedehnter Weise ein. Es sitzen daher die genannten Darmtheile beim Erwachsenen bald mit ihrer hinteren Wand breit der Rumpfwand an , bald sind sie durch ein mehr oder minder kurzes Mesenterium befestigt. B mg gc gn^ gn^ et gn" ~f kn - p msc du mes cid kn 2} gn* msc du mes dd Fig. 196. Ay B Zwei Schemata zur Entwicklung des grossen Netz- beutels. A früheres, B späteres Stadium. zj Zwerclifell. l Leber, p Pancreas. mg Magen, gc grosse Curvatur desselben. du Duodenum, dd Dünndarm, et Colon transversum. * Netzbeutel, kn kleines Netz. gn^ hintere, an der Wirbelsäule entspringende Lamelle des grossen Netzes, gn^ vordere, an der grossen Magencurvatur (gc) befestigte Lamelle des grossen Netzbeutels, gn^ der über den Dünndarm gewucherte Theil des Netzes, gn^ der das Pancreas einschliessende Theil des Netzes, mes Mesenterium des Dünndarms, »»«c Mesocolon des Colon transversum. Es bleibt jetzt noch übrig, auf die wichtigen Veränderungen des grossen Netzbeutels einzugehen, mit dessen Entwicklung während der ersten Embryonalmonate wir auf Seite 293 bekanntgeworden sind. Der Netzbeutel zeichnet sich einmal durch ein sehr beträchtliches Wachsthum und zweitens dadurch aus, dass er an verschiedenen Stellen mit Nachbar- organen verschmilzt. Anfangs reicht er nur bis zur grossen Magen- curvatur (Fig. 194 u. 195), an welche er sich ansetzt; aber schon vom 3. Monat an vergrössert er sich und legt sich über die unterhall) des Magens befindlichen Eingeweide herüber, zuerst über das Colon trans- versum (Fig. 196 Ä, gti}. g'nr), dann über die gesammten Dünndärme (Fig. 196 A, gn^). Der Beutel besteht, soweit er sich nach abwärts ausgedehnt hat, aus zwei dicht über einander befindlichen, durch einen Die Organe des inneren Keimblattes. 297 sehr geringen Zwisclienrauni getrennten Lamellen, die an seinem unteren Rand in einander umbiegen. Von diesen ist die überiiachliehe, der vor- deren Bauchwand zugekehrte Lamelle an der grossen Magen-Curvatur (gc) befestigt, die hintere, den Därmen aufliegende Lamelle findet an der Wirbelsäule ihren ursprünglichen Ansatz und schliesst hier den Haupttheil des Pancreas ein (Fig. 196 A, p, u. Fig. 195 j|). In diesem Zustand erhält sich der grosse Netzbeutel bei manchen Säugethieren (Hund). Beim Menschen beginnt er schon vom 4. Embryonalmonat an Verwachsungen einzugehen (Fig. 196 B). Die hintere Netzlamelle legt sich in grosser Ausdehnung auf der linken Körperseite der hinteren Bauchwand an und verschmilzt mit ihr (gn^), so dass ihre Anheftungs- linie an der Wirbelsäule seitlich auf den Ursprung des Zwerchfells rückt (Lig. i)hrenico-lienale). Nach abwärts gleitet sie über die obere Fläche des Mesocolon (msc) und über das Colon transversum (d) her- über, mit beiden geht sie Verlöthungen ein, mit dem ersteren schon im 4. Embryonalmonat. Zur Zeit der Geburt sind die beiden Platten des über die Därme herübergewucherten Abschnittes des grossen Netz- beutels, wie bei vielen Säugethieren, durch einen engen Spaltraum ge- trennt (Fig. 196 B, grfi); im ersten und zweiten Lebensjahr verschmelzen sie gewöhnlich zu einer einfachen Platte, in welcher sich Fettträubchen ablagern. III. Entwicklung der einzelnen Organe des Eiugcweiderolirs. Das einfache Längenwachsthum, auf welches die eben besprochenen Schlingenbildungen zurückzuführen sind, ist nur ein und zwar keines- wegs das hauptsächlichste Mittel, durch welches die Oberfläche des Darms vergrössert wird. Einen viel beträchtlicheren Zuwachs erfährt die letztere dadurch, dass die innere, ursprünglich glatte Epithelschicht, die vom Darmdrüsenblatt des Keims abstammt, Ausstülpungen und Ein- stülpungen bildet. Durch Einstülpungen nach dem Hohlraum des Darms zu entstehen zahlreiche Falten, kleine Papillen und Zotten, welche der Schleimhaut an den meisten Stellen eine sammetartige Beschaifenheit verleihen i durch Ausstülpung nach der Oberfläche des Rohrs entwickeln sich verschiedene Arten von kleineren oder grösseren Drüsen. Durch diesen einfachen Mechanismus der Faltenbildung, dessen grosse Bedeutung für die thierische Formgebung schon im ersten Haupt- theil im IV. Capitel für sich besonders erörtert wurde, gewinnt die Darmschleimhaut in viel höherem Maasse die Fähigkeit: 1) Verdauungs- säfte abzuscheiden und 2) die im Darmcanal mechanisch und chemisch vorbereiteten Nahrungsstolfe aufzusaugen und in die Säftemasse des Körpers iiberzuführen. Die zahlreichen Organe, die durch den Faltungsmechanismus ge- bildet werden, bespreche ich nach den Abschnitten, in welche das Ein- geweiderohr eingetheilt wird, und beginne mit den Organen der Mundhöhle. A. Die Organe der Mundhöhle: Zunge, Tonsille, Speichel- drüsen und Zähne. 1) Die Zniige entsteht nach den Untersuchungen von His bei menschlichen Embryonen aus einer vorderen und einer hinteren Anlage (Fig. 197)". 298 Vierzehntes Capitel. Die vordere Anlage erscheint sehr frühzeitig als ein kleiner unpaarer Höcker (Tiiberculum impar, His) an dem Boden der Mund- höhle in dem von den Unterkieferwülsten umfassten Raum. Sie wird zum Körper und zur Spitze der Zunge, indem sie bald beträchtlich in die Breite wächst und sich mit ihrem vorderen Rand frei über den Unterkiefer hervorschiebt. Auf ihr erheben sich am Anfang des dritten Monats (His, Kölliker, Hintze) bereits schon einzelne Papillen. Die hintere Anlage geht in die von Papillen freie, dagegen mit Balgdrüsen reichlich versehene Zungenwurzel über. Sie entwickelt sich aus zwei Wülsten in der Gegend, wo der zweite und dritte Schlund- bogen in der Medianebene zusammen- treffen. Vordere und hintere An- lage vereinigen sich in einer nach vorn offenen, V-förmigen Furche, die sich lange Zeit erhält. An der- selben entlang legen sich die um- w^allten Papillen auf dem Körper der Zunge an. Wo die beiden Schenkel des V zusammenstossen , findet sich „. ,„„ „ ""*^ , eine tiefe Grube , das Foramen Fiff. 197. Zunge eines mensch- , , ' tt -^ i liehen Embryo von ca. 20 mm coecum , welches von His mit der Naekeniänge. Nach His, Mensch- Entstehung der gleich ZU besprechen- liche Embryonen. den Schilddrüse in Beziehung ge- setzt wird. Die Balgdrüsen der Zunge entwickeln sich bei menschlichen Em- bryonen des achten Monats. In der Umgebung der Ausführgänge ein- zelner Schleimdrüsen wandern aus den Venen Leukocyten in allmählich steigender Menge in das fibrilläre Bindegewebe ein und verwandeln es in reticuläre Bindesubstanz (Stöhr). 2) Die Anlage der Tonsille lässt sich schon bei sehr jungen mensch- lichen Embryonen in einer kleinen Vertiefung erkennen, die zwischen zweitem und drittem Schlundbogen gelegen und von einer Fortsetzung der Mundhöhlenschleimhaut ausgekleidet ist. Vom vierten Monat an treibt das Epithel zuerst hohle, später auch solide Sprossen, die sich erst nachträglich aushöhlen, in das unterliegende fibrilläre Bindegewebe hinein. Gleichzeitig dringen in dieses Leukocyten aus den Blutgefässen und beginnen es in der Umgebung der epithelialen Hohlräume diffus zu infiltriren. Erst nach der Geburt, im Verlauf des ersten Lebens- jahres, kommt es dann zu einzelnen dichteren Ansammlungen von Leuko- cyten und zur Sonderung wahrer Follikel (Stöhr). 3) Die Speicheldrüsen sind bereits schon im zweiten Monat nach- weisbar. Zuerst erscheint die Anlage der Submaxillaris bei 6 Wochen alten menschlichen Embryonen (Chieyitz), später die Parotis in der achten Woche und zuletzt die Subungualis. 4) Die Zähne kann man wohl in morphologischer Hinsicht als die interessantesten Bildungen der Mundhöhle bezeichnen. Ihre Entwicklung vollzieht sich beim Menschen und bei den Säugethieren in einer keines- wegs einfachen und leicht verständlichen Weise; einfacher verhält sie sich dagegen bei den niederen Wirbelthieren , die ich daher zum Aus- gangspunkt der Darstellung wieder benutzen will. Die Zähne, welche bei den Säugethieren, auf den Kieferrändern be- festigt, den Eingang zum Darmrohr begrenzen, haben bei den niederen Die Organe des inneren Keimblattes. 299 Wirbelthieren eine sehr weite Verbreitung: besessen. Denn bei vielen Arten bedecken sie nicht allein das Dach und den Boden der Mund- höhle und die Innenfläche der Kiemenbogen in grosser Anzahl als Gaumen-, Zungen- und Schlundzähne, sondern sie verbreiten sich auch noch, dicht an einander gereiht, über die ganze Hautfläche und erzeugen, wie bei den Selachiern, einen kräftigen und zugleich biegsamen Panzer. Die Zähne sind ursprünglich nichts Anderes, als ver- knöcherte Papillen der Haut und der Schleimhaut, auf deren freier Obei"fläche sie gel)ildet werden. Das lehrt in sehr über- zeugender Weise die Entstehung der Hautzähne bei den Se- lachiern. Bei jungen Haiembryonen entwickeln sich auf der sonst glatten Oberfläche der Lederhaut, die vom embryonalen Mesenchym abstammt, kleine, zellenreiche Pa- pillen und dringen in «»« ~p die dicke Epidermis hinein (Fig. 198 ^jo). Diese erfährt nun auch ihrerseits eine auf die Zahnbildung hinzielen- de Veränderung; denn ihre die Papille unmit- telbar überziehenden Zellen wachsen zu sehr langen Cylindern aus und stellen ein Organ dar, welchem die Ab- scheidung des Schmel- zes obliegt, die soge- nannte Schmelz- membran (Fig. 198 sm). Durch weiteres Wachsthum nimmt hier- auf die ganze Anlage eine Form an, welche dem späteren Hart- gebilde entspricht (Fig. 199). Nun beginnt der Verknöcherungsprocess ; von den am oberfläch- lichsten gelegenen Zellen der Papille, der Odontoblastenschicht (o) (Membrana eboris), wird eine dünne Lage von Zahnbein izh), das wie eine Kappe der Papille aufsitzt, ausgeschieden. Gleichzeitig be- ginnt auch die Schmelzmembran {sm) ihre abscheidende Thätigkeit und überzieht die Aussenfläche der Zahnbeinkappe izb) mit einer festen, dünnen Schicht von Schmelz (s). Auf die zuerst entstandenen Schichten werden weiterhin immer neue aufgelagert, auf die Zahnbeinkappe von innen her durch die Thätigkeit der Odontoblasten neues Zahnbein, auf den Schmelzüberzug von aussen her durch die Schmelzmembran neuer Schmelz. So entwickelt sich ein immer fester und stärker werdender Zahnkörper, der sich mehr und mehr über die Oberfläche der Haut erhebt und mit seiner Spitze schliesslich den Epidermisüberzug durch- bricht. Der Zahn gewinnt zuletzt noch eine bessere Befestigung in der Lederhaut dadurch, dass sich Kalksalze an der Fläche, wo das Zahnbein nach unten aufhört, in den oberflächlichen Bindegewebsschichten (ZÄ^) Fig. 198. Jüngste Anlage eines Hautzahns (einer Plaeoidschuppe) eines Selachierembryo. zp Zahnpapille. sm Schmelzmembran. 300 Vierzehntes Capitel. ablagern und eine Art von Bindegewebsknoehen , das Zahncement, hervorrufen. Somit baut sich der fertige Zahn aus 3 verkalkten Geweben auf, die aus drei besonderen Anlagen hervorgehen. Das Zahnbein nimmt aus derOdon tob lasten Schicht derZahnpapille ( Mesenchym), der Schmelz nimmt aus der epithelialen Schmelzmem- bran (äusseres Keimblatt) und das Cement nimmt aus dem Bindegewebe der Umgebung durch directe Verknöche- rung seinen Ursprung. Ausserdem enthält der fertige Zahn in seinem Innern eine Höhle, die von einem blutgefässreichen Bindegewebe (Pulpa), dem Rest der Papille, ausgefüllt wird. Die Schmelzmembran geht, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt hat, zu Grunde, indem bei der Ab- seheidung ihre Cylinderzellen immer niedriger und schliesslich zu platten Schüppchen werden, die später abgestossen werden. Hfl lll} Fig'. 199. Längsdurchsehnitt durch eine ältere Anlage eines Hautzahns eines Selachierembryo. e Epidermis, e' unterste Schicht cubischer Epidermiszellen. seh Schleimzelleii. lli^ aus Bindegewebslamellen zusammengesetzter Theil der Lederhaut. Hfl oberflächliche Schicht der Lederhaut, zp Zahnpapille. o Odontoblasten. zb Zahnbein, s Schmelz. sm Schmelzmembran, bni Basalmembran. Von dem eben beschriebenen, einfachen Bildungsmodus weichen bei den Selachiern die Zähne, welche, an den Kieferrändern gelegen, zur Nahrungszerkleinerung dienen, in einem wichtigen Punkte ab; sie nehmen nicht auf der freien Fläche der Schleimhaut, sondern mehr in der Tiefe ihren UrsjDrung (Fig. 200). Die zahn bilden de Strecke des Epithels der Mundschleimhaut hat sich als eine Leiste an der Innenfläche der Kieferbogen in das unter- liegende, lockere Bindegewebe weit hineingesenkt {zl) und stellt jetzt ein besonderes, von seiner Umgebung unterscheidbares Organ, die Zahnleiste, vor. Der wichtige Unterschied wird dadurch bedingt, dass bei der Entwicklung der Kiefer- zähne lebhaftere Wucherungsprocesse stattfinden, einmal weil die Kiefer- zähne viel grösser als die Hautzähne sind , dann weil sie rascher ab- genutzt werden und daher auch durch Ersatzzähne rascher ergänzt werden müssen. Wie wir nun beim Studium der thierischen Form- Die Oigane des inneren Keimblattes. 301 bildung schon oft zu beobachten Gelegenheit hatten, treten Theile von Epitlielmembranen , wenn sie lebhafter wuchern, aus ihrer Umgebung heraus und falten sicli entweder nach aussen oder nach innen ein. An der Zahnleiste selbst ist der Bildungsprocess der Zähne derselbe, wie auf der freien Hautoberfläche. An ihrer dem Kieferknorpel {h) zugewandten, äusseren Seite entwickeln sich zahlreiche, neben und hinter einander gelegene Papillen (zp), die, wie die Hautpapillen in die Epidermis, so in das eingestülpte Epithel hineinwachsen. Dadurch entstehen in der Tiefe der Schleimhaut meln-ere Zahnreihen, von denen die vordersten in der Entwicklung vor den tiefer gelegenen vorauseilen, zuerst aus der Scldeimhaut hervor- brechen, um in Function zu treten, nach erfolgter Abnutzung abgestossen und durch die liinter ihnen gelegenen, etwas später entwickelten und daher jüngeren Ersatzzähne verdrängt werden. zb s sm zp zb zp Fig. 200. Querschnitt durch den Unterkiefer eines Selachierembryo mit Zahnanlagen. k Unterkieferknorpel, zl Zahnleiste, zp Zahnpapille. zb Zahnbein, s Schmelz. sm Schmelzmembran, b bindegewebiger Theil der Schleimhaut. Während der Zahn Wechsel bei den Selachiern, sowie überhaupt bei den niederen Wirbelthieren während der Lebensdauer ein unbe- schränkter ist, indem in der Tiefe der Zahnleiste sich immer wieder neue Papillen anlegen (polyphyodont) , wird er bei den höheren Wirbel- thieren ein beschränkter und findet bei den meisten Säugethieren nur einmal statt. Es werden an der Leiste hinter einander zwei Anlagen gebildet (diphyodont), eine für die Milchzähne und eine zweite für die bleibenden Zähne. Beim Menschen beginnt die Zahnentwicklung schon im zweiten Monat des Em bry onallebens. Vom Epithel der Mundhöhle senkt sich am Ober- und Unterkieferbogen, wie auch bei anderen Sängethierembryonen (Fig. 335), eine Leiste (^^0 (^^^ Schmelz- keim älterer Autoren) in das zellenreiehe , embryonale Bindgewebe hinein. Der Ort, von dem aus sie in die Tiefe geht (Fig. 201 Ä und B), wird äusserlich durch eine Rinne, welche dem Kieferbogen parallel ver- läuft, durch die Zahnfurche (zf), gekennzeiclmet. Der in Fig. 334 dargestellte Kopf eines menschlichen Embryo zeigt uns die Zahnfurche in geringer Entfernung hinter der Anlage der Oberlippe. 302 Vierzehntes Capitel. Anfangs ist die Zahnleiste überall gleichmässig dünn und mit glatter Oberfläche gegen ihre Umgebung abgesetzt. Von einzelnen Zahnanlagen ist auf Durchschnitten noch nichts zu sehen. Dann beginnen an der nach aussen gewandten Seite der Leiste an einzelnen Stellen die Epithelzellen zu wuchern und in regelmässigen Abständen von einander so viele Verdickungen zu erzeugen, als Zähne entstehen sollen (Fig. 201 Ä). Beim Menschen, dem 20 Milchzähne zukommen, beträgt ihre Anzahl je 10 im Ober- und Unterkiefer. Die Verdickungen nehmen nun Kolbenform an (Fig. 201 B) und lösen sich (beim Menschen von der 14. Woche an) nach und nach von der Aussenfläche der Epithelleiste (d) ab, mit Ausnahme des Kolbenhalses, welcher mit ihr in einiger Entfernung von ihrer Kante in Zusammenhang bleibt. Da die Epithel- wucheningen mit der Abscheidung des Schmelzes in Beziehung stehen, haben sie den Namen der Schmelzorgane erhalten. B 2/ zl sm zp zs Fig. 201. A, B Zwei Stadien in der Entwicklung der Zähne der Säuge- thiere. Scliematische Durchschnitte. zf Zahnfurche, zl Zahnleiste, zl^ unterster Theil der Zahnleiste, an welchem sich die Anlagen der Ersatzzähne bilden, zp Zahnpapille. sm Schmelzmembran, sp Schmelz- pulpa. se äusseres Epithel des Schmelzorgans, zs Zahnsäckchen. k knöcherne Zahn- alveole. " Inzwischen sind auch von Seiten des Bindegewebes die ersten zur Zahnbildung hinführenden Schritte geschehen (Fig. Ol ^ und B). An der Basis jedes Schmelzorgans gerathen die Bindegewebszellen in leb- hafte Wucherung und erzeugen eine dem späteren Zahn entsprechend geformte Papille {zp). Diese wächst, wie die Papillen der Hautzähne in die Epidermis, in das Schmelzorgan hinein, welches dadurch die Form einer Kappe annimmt. Nach Böse, welcher die Zahnentwicklung beim Menschen an Serienschnitten methodisch untersucht hat, bilden sich die Papillen bei 10 Wochen alten Embryonen von 3,2 cm Länge, und zwar dringen sie nicht vom tiefsten Punkt aus, sondern mehr seitlich in die einzelnen Schmelzorgane hinein. Darauf differenziren sich in beiden Anlagen, soweit sie an einander grenzen, die besonderen Schichten, von welchen die Bildung des Zahn- beins und des Schmelzes ausgeht: auf der Oberfläche der Papille (Fig. 201 B, 0p) nehmen die Zellen Spindelform an und legen sich zu einer Art Epithelschicht, der Schicht der Zahnbildungszellen (Membrana eboris oder Elfenbeinhaut), zusammen. Von Seiten des kappenartigen Sehmelzorgans wandelt sich die unterste Lage der Zellen, welche an die Papille unmittelbar angrenzt, zu sehr langen Cylindern um und wird zur Schmelzmembran (sm) (Membrana adamantinae). Letztere wird an der Die Organe des inneren Keimblattes. 303 '!t#|5V^;*-r Basis der Papille allmählich niedriger und geht hierauf in eine Lage mehr cubischer Elemente (se) über, welche die Überfläche der Kappe gegen das Bindegewebe der Umgebung abgrenzt. Zwischen beiden Zellenlagen (dem äusseren und dem inneren p]pithel Kölliker's) gehen die übrigen Epithelzellen eine eigenthümliche Metamorphose ein und liefern eine Art Gallertgewebe, die Schmelzpulpa (.s//); sie scheiden nämlich eine schleim- und eiweissreiche Flüssigkeit zwischen sich aus und werden selbst zu sternförmigen Zellen, die durch Ausläufer zu einem feinen Netz unter einander verbunden sind. Die Schmelzpulpa ist im fünften bis sechsten Monat am reichlichsten entwickelt und nimmt dann bis zur Geburt in demselben Maasse wieder ab, als sich die Zähne vergrössern. Das die ganze Anlage umhüllende Bindegewebe enthält reichliche Blutgefässe, von denen auch Sprosse in die Papille hineindringen; es gi-enzt sich von der Umgebung etwas ab und wird alsZahnsäckchen unterschieden (Fig. 201 B ss). Die weichen Zahnanlagen vergrössern sich bis zum fünften Monat der Embryonalentwicklung und nehmen hierbei die besondere Form der Zähne an, die aus ihnen hervorgehen sollen, der Schneide-, der Eck-, der Backzähne. Dann erst beginnt die Verknöcherung in derselben Weise, wie bei den Hautzähnen (Fig. 202). Es wird von den Odonto- blasten (o) oder Elfenbeinzellen ein Zahubeinkäppchen (2b) ausgeschieden, welches gleichzeitig von Seiten der Schmelz- membran (sm) einen dünnen Ueberzug von Schmelz (s) erhält ; hierauf lagern sich auf die ersten Schichten immer neue ab, bis die Zahnkrone fertig ist. Unter dem Druck der letzteren atrophirt die Schmelzpulpa (sp), die beim Neugeborenen nur noch einen dünnen Ueberzug bildet. Die Papille (2p) wandelt sieh in ein gallertiges, Blutgefässe (g) und Nerven enthaltendes Bindegewebe um und füllt als sogenannte Pulpa die Zahnhöhle aus. Je grösser die ganze Anlage wird, um so mehr hebt sie das die Kieferränder über- ziehende Zahnfleisch in Fig. 202. Durchschnitt durch die Zahnanlage die Höhe und verdünnt eines jungen Hundes. es allmählich. SchlieSS- ^ knöcherne Zahnalveole. zp Zalinpapille. ff Blut- Mnh hr-ii^ht Aar- ii,nn-Q gefäss. 0 Odontoblastenscliiclit (Elfenbeinmembran). zö litu uricni aer junge Zahnbein. * Schmelz, sm Schmelzmembran, zs Zahn- Zahn beim Neugebo- säckchen, sp Schmelzpulpa. s zb sm zp sp zs 304 Vierzehntes Capitel. renen durch und streift dabei den atrophisch gewordenen Rest des Schmelzorgans von seiner Oberfläche ab. Jetzt ist auch die Zeit gekommen ^ in welcher die dritte feste Zahnsubstanz, das die Wurzel einhüllende Cement, entsteht. Soweit nämlich das Elfenbein keinen Ueberzug von Schmelz empfangen hat, beginnt das angrenzende Bindegewebe des Zahnsäckchens U-y), nachdem der Durchbruch der Zähne erfolgt ist, zu verknöchern und ein echtes, an SHARPEY'schen Fasern reiches Knochengewebe zu liefern, welches zur festeren Verbindung der Zahnwurzel mit ihrer bindegewebigen Umgebung beiträgt. Der Durchbruch der Zähne erfolgt gewöhnlich in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres mit einer gewissen Regelmässigkeit. Zuerst brechen die inneren Schneidezähne des Unterkiefers im 6. bis 8. Monat durch; hierauf folgen nach einigen Wochen diejenigen des Oberkiefers nach. Die äusseren Schneidezähne erscheinen im 7. bis 9. Monat, und zwar im Unterkiefer auch wieder etwas früher als im Oberkiefer. Meist zu Anfang des zweiten Lebensjahres kommen die vorderen Backzähne hervor, zuerst die des Unterkiefers; hierauf werden die Lücken in den beiden Zahnreihen ausgefüllt, indem in der Mitte des zweiten Jahres die Eck- oder Hundszähne das Zahnfleisch durchbrechen. Zuletzt erfolgt der Durchbruch der hinteren Backzähne, der sich bis in's dritte Lebensjahr verzögern kann. 2/ Fig. 203. Schematiseher Durch- schnitt zur Entwicklung der Milchzähne und der bleibenden Zähne der Säuge- thiere. Drittes an Figur 201 A und ß sich anschliessendes Stadium. ~( zf Zahnfurclie. zl Zahnleiste, k knöcherne Zahnalveole. h Hals, durch welchen das ^ Tt^?1sj\'''\'%!H^>v^"A 'IC / ^' Schmelzorgan des Milchzahns mit der Zahn- st \ <^\ ' ' IBRI '^'^<'^^l 1 l'fi^L'' ^ i\l leiste zl zusammeniiängt. zp Zahnpapille. zp- 1^ -^^vN^I^T/iltlly^^^'vJM Zahnjiapille des bleibenden Zahnes, zb Zahn- «'«" bein. s Schmelz, sm Schmelzmembran, sni^ "p" Schmelzmembran des bleibenden Zahns. i-p Schmelzpulpa. se äusseres Epithel des Schmelz - Organs, zs Zalmsäckchen. Ausserordentlich frühzeitig erscheinen die Anlagen der Ersatz - Zähne nel)en denen der Milchzähne. Sie nehmen, nach den Angaben von Rose, von der 17. Woche an gleichfalls von der Epithel- leiste ihren Urspruns". Letztere nämlich ist von der Stelle an, wo sich die Schmelzorgane der Milchzähne von ihr abgelöst haben und nur durch einen Ejnthelstrang, den Hals, in Verbindung geblieben sind, noch weiter in die Tiefe gewachsen (Fig. 201 A und B zl^). Hier treten alsbald nahe der Kante der Leiste (Fig. 208 .««)? nach unten die Anlage der Leber /ipd abgiebt. Ferner sieht man die Abgangsstelle des Dottergangs (ttmc) vom Duodenum, spc Rückenmark, spff Ganglien der hinteren Wurzel, ar vordere Wurzel, dn dorsalwärts verlaufender, von der hinteren Wurzel entspringender Ast. mp Muskelplatte, mp^ der bereits in Muskeln umgewandelte Theil derselben, mpl ein Theil der Muskelplatte, aus dem die Muskeln der Extremitäten hervorgehen, til Nervus lateralis, ao Aorta, ch Chorda. s«/y Sym- pathicusganglion. cav Cardinalvene. spv. Spinalnerv, sd Segmentalgang (Urnieren- gang). st Segmentalrohr (Urnierencanälchen). 316 Vierzehntes Cai^itel. (Fig. 213) ist von den Embryologen bisher weniger beachtet worden; da er von der kleinen Curvatur des Magens und dem Duodenum (du) zur vorderen Rumpfwand ausgeht, mag er als v o r d e r e s M a g e n - und Duodenalgekröse oder unter einer umfassenderen Bezeichnung als vorderes Darmgekröse (Ihd-tls) besonders unterschieden werden. Es ist von KöLLiKER an Durchschnitten von Kaninchenembryonen als Leber wu Ist und von His in seiner Anatomie menschlicher Em- bryonen als Vorleber beschrieben worden. Es stellt eine zellenreiche Gewebsmasse dar, welche sich zwischen Bauchwand und die genannten Darmabschnitte hineinschiebt; auch zur Entwicklung des Zwerchfells steht es in Beziehung, worül)er in Capitel 17 noch besonders gehandelt werden wird. In ihm trifft man ferner auf den Querschnitten durch Embryonen vom Menschen und von Säugethieren die weiten Venae om- phalomesentericae an. Soweit bei den Wirbelthieren ein Herzgekröse (Mesocardium) und ein vorderes Darmgekröse ( Mesogastrium anterius) entwickelt ist, erscheint die Leibeshöhle auch später als eine paarige Bildung. Dies zeigt uns deutlich der Querschnitt durch einen Selachierembryo (Fig. 214). In dem bindegewebigen Mesenterium, das von der Aorta (ao) bis zur vorderen Rumpf wand reicht, ist das Duodenum (du) ein- geschlossen und lässt dorsalwärts das Pancreas (pan) und ventralwärts die Leber (hp.d) aus seiner Wand hervorsprossen. Im vorderen Darmgekröse (Leberwulst oder Vorleber) l)eginnt sich die Leber schon sehr frühzeitig zu entwickeln und zeigt hierbei zwei, wie sich weiter zeigen wird, unwesentliche Modificationen, denn l)ald tritt sie als eine einfache, bald als eine doppelte Ausstülpung der epi- thelialen Auskleidung des Duodenum an seiner ventralen Fläche auf. Das erstere ist zum Beispiel bei den Amphibien und den Selachiern der Fall. Bei Bombinator (Fig. 180 l) entsteht, wie Götte gezeigt hat, die Leber als eine weite, ventralwärts gerichtete Ausbuchtung des Darms, die unmittelbar vor der Ansammlung des Dottermaterials gelegen ist. In dieser einfachsten Form erhält sich die Leber dauernd beim Amphioxus lanceolatus, bei welchem sie unmittelbar hinter der Kiemenregion als Anhang des Darmcanals aufzufinden ist. Verdoppelt erscheint dagegen von Anfang an die Anlage der Lel)er bei den Vögeln und den Säugethieren. Wie schon seit den Unter- suchungen von Remak bekannt ist, wachsen am dritten Tage der Bebrütung beim Hühn- chen zwei Schläuche (Fig. 215 l) unmittelbar hinter dem si)indeligen Magen {St) aus der ventralen Wand des Duodenum hervor. Sie liegen Anfangs nicht neben, sondern hinter einander (cranialer Lebergang von Felix), wuchern in die breite Zellenmasse des ven- tralen Magengekröses (den Leberwulst) hinein, wenden sich, der eine mehr nach vorn und links, der andere mehr nach hinten und rechts, und umfassen dabei von oben her die zum Herzen verlaufende Vena omphalomesenterica. Etwas abweichend davon ist der Hergang bei Fig. 215. Schematisehe Darstellung des Darm- canals eines Hühnchens vom vierten Tage. Nach GÖTTE. Die ,sch\v;irze Linie bezeichnet das innere Keim- blatt, die Schattirung in ilircr Umgebung das Darnifaserhlatt. Iff Lunge. St Magen, p Pan- creas. / Leber. Die Organe des inneren Keimblattes. 317 den Säusethiereii. Nach den Beobachtungen von K(>llikek legt sich bei Kaninchenembryoneu von 10 Tagen zuerst der vordere, primitive Leber- schlauch an, zu welclieni sich dann noch ein hinterer (caudaler) Gang nach Ablauf eines Tages hinzugesellt. Auch bei menschlichen Embryonen von 4 mm Länge hat IIis zuerst nur einen einfachen Lebergang und erst einige Zeit später noch einen zweiten nachgewiesen (Fig. 192 Lhg). Die Anfangsstücke der beiden primitiven Leberschläuche werden zu dem rechten und dem linken Ductus hepaticus. Ursprünglich münden sie bei den Vögeln und Säugethieren , wie wir gesehen haben, dicht neben einander in das Duodenum ein; dann bildet sich an ihrer Ein- mündungsstelle eine kleine Aussackung des Duodenum, welche die beiden Ductus hepatici aufnimmt. Sie vergrössert sich allmählich zu einem langen, unpaaren Canal, dem Gallengang oder Ductus choledochus, was zur Folge hat, dass sich die ganze Leber von ihrer Ursprungsstätte weiter entfernt. Im weiteren Fortgang der Entwicklung verwandelt sich sowohl die unpaare, als die paarige Leberanlage ziemlich rasch in eine vielfach verzweigte, tulnilöse Drüse, welche dadurch, dass die Drüsenschläuche sich frühzeitig unter einander zu einem engen Netz verbinden, einen be- sonderen Charakter aufgeprägt erhält, der von einfachen tubulösen Drüsen abweicht. Es treiben nämlich die primitiven Leberschläuche zahlreiche seitliche Knospen, die bei einigen Wirbelthieren (Amphibien, Selachiern) gleich von Anfang an hohl, bei anderen (Vögel, Säugethiere, Mensch) solid sind. Eingebettet in die embryonale Bindesubstanz des vorderen Darmgekröses, wachsen sie hier zu hohlen Röhren, dort zu soliden Fig. 216. Durchschnitt durch die Leberanlage eines Hühnchens am sechsten Tage der Bebrütung. Schwach vergrössert. Ic Netzwerk der Lebercyliuder. Ic^ Lebercylinder qviergeschnitten. g Blutgefässe. gw Gefässwand (Endothel), bl Blutkörperchen, bf Bauchfellüberzug der Leber. 318 Vierzehntes Capitel. Cylindern aus. Dieselben bedecken sich auch ihrerseits alsbald mit ent- sprechenden seitlichen Fortsätzen und so fort. Indem diese einander entgegenwachsen, und, wo sie sich treffen (Fig. 216 /c), verschmelzen, entsteht ein dichtes Netzwerk hohler Drüsencanälchen oder solider Leber- cyliuder in der gemeinsamen, bindegewebigen Grundlage. Gleichzeitig mit dem epithelialen Netzwerk bildet sich in seinen Lücken ein Netzwerk von Blutgefässen (g). Aus der Vena omphalo- mesenterica, die, wie schon oben bemerkt wurde, von beiden Leber- schläuchen umfasst wird, wachsen zahlreiche Sprossen hervor und ver- binden sich unter einander, indem sie Seitenäste treiben, in entsprechender Weise wie die Lebercylinder. In diesem Zustand findet man die Leber beim Hühnchen am sechsten Tage. Sie ist jetzt schon zu einem ziemlich voluminösen Organ geworden und ebenso, wie bei den Säugethieren und dem Menschen, aus zwei gleich grossen Lappen zusammengesetzt, von denen ein jeder aus einem der beiden primitiven Lebergänge durch Sprossung ent- standen ist. Die beiden Lappen erzeugen am ventralen Mesenterium einen in die linke und einen in die rechte Leibeshöhle vorspringenden Wulst (Fig. 213). Eine weitere Massenzunahme der Leber erfolgt in der Weise, dass von den netzförmig verbundenen Lebercylindern neue Seitenäste hervor- sprossen und Anastomosen eingehen, wodurch fortwährend neue Maschen gebildet werden. Hiermit sind die wesentlichen Theile der Leber in der Anlage vor- handen : 1 ) die secretorischen Leberzellen und die Gallengänge, 2) der Bauchfellülterzug und der Bandapparat, welche beide vom ventralen Darmgekröse herrühren. Die zum definitiven Zustand führenden Ver- änderungen dieser Theile sind jetzt noch in das Auge zu fassen. Das Epithel der Ausführwege und das secretorische Leberparenchym leiten sich von den beiden Leberschläuchen und dem Netzwerk der Lebercylinder, den Bildungsproducten des Darmdrüsenblattes, her. Durch Ausweitung des hinteren der beiden primitiven Leberschläuche (caudaler Gang von Felix) legt sich die Gallenblase an; sie ist beim Mensehen bereits im zweiten Monat vorhanden. Das Netzwerk der bald hohlen, bald soliden Lebercylinder wandelt sich in einer doi)pelten Weise um. Ein Theil wird zu den Ausfühi'ungsgängen (den Ductus biliferi). In den Fällen, in denen Anfangs die Lebercylinder solid erscheinen, be- ginnen sie sich auszuhöhlen und ihre Zellen sich zu einem cubischen oder cylindrischen Epithel um das Lumen herum anzuordnen. Hierl)ei müssen einzelne Zweige des Netzwerks sich rücklnlden. Denn während ursprünglich alle Lebercylinder unter einander durch Anastomosen zu- sammenhängen, ist dies bei den Gallengängen des Erwachsenen, wie KoLLiKER bemerkt, nicht mehr der Fall, mit Ausnahme der Leberpforte, wo sich die bekannten Gallengangsgeflechte finden. Der ülnige Theil des Netzwerks liefert das secretorische Parenchym der Leberzellen. Der während der Entwicklung so deutlich hervor- tretende Charakter einer netzförmigen, tubulösen Drüse ist auch am ausgebildeten Organ liei niederen Wirbelthieren, wie bei Amphibien und Heptilien, noch zu erkennen. Die Drüsenröhrchen, die gleich bei ihrer Entstehung hohl angelegt werden, zeigen auch später ein ausserordentlich enges, nur durch künstliche Injection nachweisbares Lumen, welches auf Querschnitten von etwa drei bis fünf Leberzellen umgeben wird. Durch Die Organe dos inneren Keimblattes. 319 ihre vielfältigen Anastomosen erzeugen sie ein ausserordentlich dichtes Netzwerk, dessen enge Zwischein-äume von einem Netzwerk von Blut- gefässcapillaren mit sehr geringfügigen Mengen von Bindesubstanz aus- gefüllt werden. Bei den höheren AYirbelthieren (Vögel, Säugethiere, Mensch) tritt später der tubulöse Drüsenbau sehr in den Hintergrund; es gewinnt die Leber eine complicirte Structur, über welche in Lehrbüchern der Histologie das Nähere nachzulesen ist. In entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht ist auch hier Dreierlei nicht aus dem Auge zu verlieren; erstens sind die Gallengangscapillaren durch Aus- höhlung der primitiven Lebercylinder entstanden ; zweitens werden sie nur von 2 Leberzellen, die sehr gross und schollenförmig werden, begrenzt, und drittens treiben sie Ausstülpungen zwischen und sogar in die Leberzellen selbst hinein. Hierdurch wird in der Anordnung der feinen Gallengangs- capillaren und der Leberzellen eine grössere Complication herbeigeführt, welcher auch eine grössere Complication in der Vertheilung der Gefäss- capillaren entspricht. Durch alles dieses wird die ursprünglich tubulöse Drüsenstructur im ausgebildeten Organ fast vollständig verwischt. — Be- kanntlich ist beim Erwachsenen das Leberparenchym durch bindegewebige Scheidewände in kleine Läppchen (Acini oder Lobuli) abgetheilt. Am An- fang der Entwicklung ist eine solche Lappenbildung nicht erkennbar, da alle Lebercylinder zu einem Netzwerk verbunden sind. Sie entsteht beim mensch- lichen Embryo erst vom Anfang des vierten Monats an. Jetzt noch einige Worte über den Bandapparat und über die Form- und Grössenverhältnisse, w^elche die Leber bis zur Geburt darbietet. Der Bandapparat ist, wie schon im Eingang bemerkt wurde, in einem ventralen Darmgekröse (Vorleber) vorgebildet. Das Gekröse wird, indem die beiden Leberschläuche vom Duodenum aus hineinwachsen und durch fortgesetzte Sprossung den rechten und den linken Leber- lappen erzeugen (Figuren 213, 214 und 217) in drei Abschnitte zerlegt, Fig. 217. Schema zur Veranschaulichung der ursprünglichen Lageverhältnisse von Leber, Magen, Duodenum, Pancreas und Milz und von dem dazu gehörigen Band- apparat. Die Organe sind auf einem Längsdurch- schnitt zu sehen. l Leber, m Milz, p Pancreas. dd Dünndarm. dg Dottergang, bld Blinddarm, md Mastdarm, kc kleine Curvatur. gc grosse Curvatur des Magens. mes Mesenterium, kn kleines Netz (Lig. hepato- gastricum und hepato-duodenale). Is Ligamentum Suspensorium hepatis. kc m P mes — md erstens in einen mittleren Theil, der für beide Leberlappen den Bauchfell- überzug liefert, zweitens in ein Band, das von der vorderen convexen Leber- fläche in sagittaler Richtung zur Bauchwand bis zum Nabel geht und in seinem freien Rand die später obliterirende Nabelvene einschliesst (Liga- nientum Suspensorium und L. teres hepatis) (Fig. 213 und 217 Is), drittens in ein Band, das von der entgegengesetzten concaven Leberfläche, von der 320 Vierzehntes Capitel. Pforte, sich zum Duodenum und der kleinen Magencurvatur begiebt und den Ductus choledochus und die zur Leber führenden Gefässe enthält (Omentum minus, das in das Ligamentum hepato-gastricum und hepato- duodenale zerfällt). (Fig. 213 IM u. 217 In.) Das kleine Netz oder Omentum minus verliert bald seine ursprünglich sagittale Stellung und dehnt sich zu einer dünnen, von links nach rechts ausgespannten Membran (Figur 195 M) dadurch aus, dass der Magen die früher beschriebene Drehung erleidet und in die linke Bauchhälfte rückt, während sich die Leber mehr in die rechte Bauchhöhle hinein entwickelt. In Folge der Bildung der Leber und des kleinen Netzes erfährt der durch die Drehung des Magens ent- standene, grosse Netzbeutel noch einen Zuwachs, der als sein Vorraum (Atrium bursae omentalis) bezeichnet wird. Denn es gesellt sich zu ihm noch der Theil der Leibeshöhle, der hinter Leber und kleinem Netz gelegen ist, und der bekanntlich iDeim Erwachsenen nur noch einen engen, unter dem Ligamentum hepato-duodenale gelegenen Zugang (das WiNSLow'sche Loch) besitzt. Ueber die Entwicklung des Kreuzbandes der Leber siehe einen späteren Abschnitt, der vom Zwerchfell handelt. Was die Form- und Grössenverhältnisse , welche die Leber bis zur Geburt darbietet, betrifft, so sind hier zwei Punkte beachtenswerth. Erstens gewinnt frühzeitig die Leber eine ganz ausserordentliche Grösse; zweitens entwickelt sie sich mit ihren beiden Lappen Anfangs ganz symmetrisch. Im dritten Monat nimmt sie fast die ganze Leibeshöhle ein, reicht mit ihrem freien, scharfen Rand, an welchem sich zwischen beiden Lappen ein tiefer Einschnitt bemerkbar macht, bis nahe zur Leistengegend herab und lässt hier nur eine kleine Strecke frei , in welcher bei Eröffnung der Leibeshöhle Dünndarmschlingen zu sehen sind. Sie ist ein sehr blutgefässreiches Organ, da ein grosser Theil des vom Mutterkuchen zum Herzen zurückströmenden Blutes durch sie hindurchgeht. Zu dieser Zeit beginnt, wenn auch in einem geringen Grade, die Abscheidung von Galle. Dieselbe nimmt in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft zu. In Folge dessen füllt sich der Darm nach und nach mit einer bräunlich-schwarzen Masse, dem Kindspech oder Meconium, an. Dasselbe ist ein Gemisch von Galle mit Schleim und abgelösten Epithelzellen des Darms, zu denen sich noch ver- schlucktes Amnionwasser mit Epidermisschüppchen und Hauthaaren hinzu- gesellt. Nach der Geburt ist das Kindspech im Dickdarm angehäuft, aus dem es dann bald nach aussen entleert wird. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft wird das Wachsthum der beiden Leberlappen ein ungleichmässiges , und bleibt der linke an Grösse hinter dem rechten mehr und mehr zurück. Vor der Geburt ragt die Leber mit ihrem unteren Rande noch eine Strecke weit über die Rippenknorpel fast bis zum Nabel nach abwärts. Nach der Geburt verliert sie rasch an Grösse und Gewicht in Folge des durch den Athmuugsprocess veränderten Blutkreislaufs. Denn es fällt jetzt der Blutstrom weg, der sich während des embryonalen Lebens von der Nabelvene in die Leber abgezweigt hat. Zur Zeit des postembryonalen Wachsthums vergrössert sich auch die Leber noch weiter, aber weniger als der Körper im Ganzen genommen, so dass ihr relatives Gewicht eine stetige Abnahme erfährt. Die Organe des inneren Keimblattes. 321 2) Die Bauchspeicheldrüse. (Pancieas.) Die Entwicklung der Bauchspeicheldriise ist in der letzten Zeit der Gegenstand sehr zahlreicher Untersuchungen gewesen, welche für alle Wirbelthierclassen ein im Ganzen ül)ereinstimniendes Ergebniss geliefert haben. Wie Goppert, Stöhr, Laguesse und Kupffer für die Fische, GopPERT für die Amphibien, Felix für die Vögel, Stoss, Hamburger und Jankelowitsch für die Säugethiere und den Menschen nachgewiesen haben, entsteht der Drüsenkörper mit seinen Ausführgängen aus drei selb- ständigen Anlagen, nämlich aus drei Ausstülpungen des Darmdrüsenblattes, von denen eine aus der dorsalen Wand, die zwei anderen aus der ventralen Wand des Duodenum hervorwachsen. Die drei Schläuche dringen in das dorsale Mesenterium hinein, wo sie hohle, sich verästelnde Seitensprosse abgeben. (Fig. 213, 217.) Im Einzelnen ist noch Folgendes für die Säugethiere zu bemerken : Die Ausstülpung aus der dorsalen Wand des primitiven Duodenum ent- steht bei 4 mm langen Schafsembryonen ; sie bleibt mit ihrem Ursprungs- ort beim weiteren Wachsthum in Verbindung durch einen Ausführgang, der dem Ductus Santorini entspricht. Etwas später (bei 4,5 mm langen Embryonen) treten auch noch an der ventralen Seite des Duodenum oberhalb der Leberanlage und links und rechts von ihr zwei Aus- stülpungen auf, die ventralen Pancreasanlagen. Sie lösen sich vom Darm ab bis auf einen Gang, der zum Ductus Wirsungianus wird. Durch eine Drehung des Duodenum um seine Längsachse kommen ventrale und dorsale Pancreasanlagen näher an einander zu liegen und ver- schmelzen zu einem einzigen Drüsenkörper. Dabei kommen auch Ver- bindungen zwischen ihrem ventralen und dorsalen Ausführungsgang, dem Ductus Wirsungianus und Ductus Santorini, zu Stande. Aus diesem primitiven Zustande erklären sich drei verschiedene Combinationen in der definitiven Anordnung der Ausführgänge des Pancreas. 1) Es erhalten sich die doppelten Ausführgänge der dorsalen und der ventralen Anlage (Pferd und liund). 2) Der dorsale Ausführgang bildet sich zurück, und das Secret des dorsal entstandenen Drüsengewel)es wird durch die oben erwähnten Anastomosen in den ventralen Gang geführt. Dieser Zustand findet sich beim Schaf und gewöhnlich auch beim Menschen. Nur ausnahms- weise erhält sich l)ei diesem neben dem Ductus Wirsungianus noch ein Nebenausführgang, der Ductus Santorini. 3) Der ventrale Ausführgang ist zurückgebildet (Rind und Schwein). Das Pancreas mündet getrennt und entfernt vom Ductus choledochus in das Duodenum ein. Aus den mitgetheilten, entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen wird es auch verständlich, dass das Pancreas, obwohl es zum grössten Theil aus der dorsalen Wand des Duodenum entstanden ist, trotzdem ventral- wärts und gemeinsam mit dem Ductus choledochus vermittelst des Ductus Wirsungianus auf der VAXER'schen Papille ausmündet. In ähnlicher Weise wie bei den Säugethieren entwickelt sich auch das Pancreas bei den Fischen, den Amphibien und Vögeln. Beim Hühnchen (Fig. 215) ist die dorsale Anlage schon am vierten Tage der Bebrütung nachweisi)ar. Bei den Urodelen bleiben die doppelten Aus- führgänge erhalten , während bei den Anuren der dorsale Ausführgang rückgebildet wird. 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 21 322 Vierzehntes Capitel. Mit den Angaben von Stoss stimmen ferner die Untersuchungs- ergebnisse überein, die Hamburger bei menschlichen Embryonen erhalten hat. Bei einem fünfwöchentlichen Embryo fand er ausser einer grossen, dorsalen Panereasanlage noch ein kleines, ventrales Pancreas, das mit dem Ductus choledochus zusammen in den Zwölffingerdarm einmündet (Fig. 218 Ä). Bei einem Embryo von 6 Wochen hatten sich beide Anlauen mit einander vereinigt (Fie. 218 B). (Siehe auch Fig. 191 und 192.) A B d Smt. Fig. 218. Reeonstruetion des Duodenum mit Pancreasanlagen nach Hamburger. A eines fünfwöchentlichen, B eines seehswöehentliehen Embryo. B.chol. Ductus choledochus. P.^ni. kleine Panereasanlage. P.mj. grosse Panereas- anlage. D.Sant. Ductus Santorini. x Verschmelzung beider Pancreasanlagen. Es wird dadurch ein kleiner, länglicher Drüsenkörper gebildet, (Fig. 218 5 u. 193^)), welcher mit seinem dem Ursprung abgewandten Ende nach oben in das Mesogastrium hinein gedrungen und so mitten zwischen der grossen Magencurvatur und der Wirbelsäule frei beweglich gelagert ist. In Folge dessen muss das Pancreas die liageveränderuugen mit durchmachen, welche der Magen mit seinem Gekröse erfährt. Bei sechswöchentlichen Embryonen fällt seine Längsachse noch nahezu mit der Längsachse des Körpers zusammen. Dann erfährt es allmählich eine Drehung (Fig. 195), durch welche sein Endtheil in die linke Körperhälfte rückt, bis schliesslich die Längsachse des Organs in die Querachse des Körpers wie beim Erwachsenen zu liegen kommt. Hier bettet sich der Kopf in die hufeisenförmige Windung des Duodenum ein, während das Schwanzende bis zur Milz und linken Niere reicht. Da die Bauchspeicheldrüse sich in das Mesogastrium hinein ent- wickelt hat (Fig. 193, 195, 217), besitzt sie in der ersten Hälfte des Embryonallel)ens, wie Toldt gezeigt hat, ein Gekröse, an welchem sie die oben beschriebene Drehung durchmacht. Das Gekröse geht aber schon vom fünften Monat an verloren. (Vergleiche Schema 196 A u. B, p.) Denn sowie die Drüse ihre Querstellung eingenommen hat, legt sie sich der hinteren Rumpfwand fest an und verliert alsbald ihre freie Beweg- lichkeit, indem ihr Bauchfellüberzug und ihr Gekröse mit dem anliegen- den Theil des Bauchfells fest verlöthen. (Fig. 196 J5, gn 4.) Auf diese Weise ist beim Menschen das Pancreas, welches sich als ein intra- ])eritoneales Organ, gleich der Leber, entwickelt hat, durch einen Ver- schmelzungsprocess der sich berührenden, serösen Flächen zu einem Die Organe des inneren Keimblattes. 323 sogenannten extraperitoneal gelegenen Organ geworden. Auch ist hier- durch der Ansatz des Mesogastriums von der Wirbelsäule weiter nach links verlegt worden. Zusammenfassung. A. Oeffnungen des Darmcanals. ■o 1) Die ursprünglich vom Einsttilpungsprocess des inneren Keim- blattes herrührende Oeffnung des Darmcanals, der Urmund, schliesst sich vollständig l)is auf zwei Stellen, den Canalis neureutericus und den After. 2) Der Canalis neureutericus stellt am hinteren Ende des Embryo eine Zeit lang eine Verbindung zwischen Nervenrohr und Urdarm her; er schwindet später gleichfalls durch Verwachsung seiner Wandungen. 3) Der After ist ein Rest des Urmunds. Er leitet sich her aus einer kleinen Strecke desselben, die noch etwas weiter nach hinten vom Canalis ueurentericus gelegen ist. (Aftergrube, Aftermeml)ran.) 4) Das Darmrohr erhält neue Oeffnungen nach aussen (Sehlund- spalten und Mund) dadurch, dass seine Wandungen an einzelnen Stellen mit der Rumpfwand verschmelzen, dass darauf die Verschmelzungsstellen sich verdünnen und einreissen. 5) Die Schlundspalten entstehen zu beiden Seiten der späteren Halsgegend des Rumpfes, meist 5 bis 6 Paar bei niederen Wirbelthieren, 4 Paar bei Vögeln, Säugethieren und beim Menschen. (Bildung äusserer und innerer Schlundfurchen; Einreissen der Verschlussplatte.) 6) Bei wasserbewohnenden Wirbelthieren dienen die Schlundspalten zur Kiemenathmung (Entwicklung von Kiemenblättchen durch Falten- bildung des Schleimhautüberzugs); l)ei Reptilien, Vögeln, Säugethieren schliessen sie sich wieder und verschwinden mit Ausnahme des olieren Theils der ersten Spalte, welche bei der Entwicklung des Gehörorgans eine Verwendung findet (äusseres Ohr, Paukenhöhle, Eustachische Röhre). 7) Der Mund entwickelt sich am embryonalen Kopfende durch eine unpaare Einstülpung der Epidermis, welche der blind geschlossenen Kopfdarmhöhle als Mundbucht entgegen wächst, und durch Einreissen der beide Höhlen trennenden, primitiven Rachenhaut. (Primitives Gaumensegel.) 8) Der sich vom After bis zum hinteren Körperende (Schwanztheil des Rumpfes) fortsetzende, postanale Darm oder der Schwanzdarm ver- kümmert später und verschwindet vollständig, so dass dann der After das Ende, wie der Mund den Anfang des Darms bezeichnet. B. Sonderung des Darmrohrs und seines Gekröses in einzelne Abschnitte. 1) Der Darm ist ursprünglich ein vom Mund zum After gerade verlaufendes Rohr, an welchem etwa in seiner Mitte der Dottersack (Nabelbläschen) durch den Dottergang (Darmstiel) befestigt ist. 2) Der Darm ist erstens durch ein dünnes, dorsales Gekröse (Mesenterium) mit der Wirbelsäule seiner ganzen Länge nach ver- bunden und hängt zweitens auch noch mit der vorderen Rumpfwand 21* 324 Vierzehntes Capitel. bis zur Nabelgegend durch ein vorderes Darmgekröse zusammen (Meso- cardium anterius und posterius, vorderes Magen- und Duodenalgekröse, Vorleber). 3) In einiger Entfernung hinter den Schlundspalten entsteht durch eine spindelförmige Erweiterung des Darmrohrs der Magen, dessen dor- sales Gekröse als Mesogastrium bezeichnet wird. 4) Der auf den Magen folgende Abschnitt wächst stärker als der Rumpf in die Länge und bildet daher in der Leibeshöhle eine Schleife mit einem oberen absteigenden, engeren Schenkel, der zum Dünndarm wird , und einem unteren aufsteigenden , weiteren Schenkel , der den Dickdarm liefert. 5) Der Magen nimmt Sackform an und dreht sich so, dass seine Längsachse mit der Querachse des Rumpfes zusammenfällt, und dass die ursprünglich nach hinten gelegene Ansatzlinie des Mesogastrium oder seine grosse Curvatur nach unten oder caudalwärts zu liegen kommt. 6) Die Darmschleife erfährt eine Drehung in der Weise, dass sich ihr unterer, aufsteigender Schenkel (Dickdarmtheil) ülier den oberen, ab- steigenden Schenkel (Dünndarmtheil) von links nach rechts herüberlegt und ihn nahe an seinem Ursprung aus dem Magen kreuzt. 7) Aus der Drehung der Darmschleife erklärt sich, warum beim Erwachsenen das Duodenum beim Uebergang in das Jejunum unter dem Colon transversum und seinem Mesocolon hindurchtritt. (Kreuzender und gekreuzter Darmtheil.) 8) Der untere Schenkel der Schleife nimmt während und nach der Drehung und Kreuzung mit dem oberen Schenkel die Form eines Huf- eisens an und lässt dann Blinddarm, Colon ascendens, C. transversum und C. descendens unterscheiden. 9) In dem vom Hufeisen begrenzten Raum faltet sich der obere Sehleifenschenkel zu den Dünndarmschlingen ein. 10) Das ursprünglich dem ganzen Darmrohr gemeinsame und gleich- artige Gekröse sondert sich in verschiedene Abschnitte, indem es sich den Faltenbildungen und Verlagerungen des Darmrohrs anpasst, in die Länge ausgezogen wird, hie und da mit dem Bauchfell der Leibeshöhle Verwachsungen eingeht, durch welche es theils neue Ursprungspunkte gewinnt, theils streckenweise vollständig schwindet, wodurch einzelne Darmstücke ihres Gekröses beraubt werden. 11) Mit der Bauchwand verwächst das Gekröse vom Duodenum, zum Teil auch vom Colon ascendens und descendens (extraperitoneal gelegene Darmtheile). 12) Eine neue, von links nach rechts verlaufende Ursprungslinie gewinnt das Gekröse des Colon transversum und sondert sich als Meso- colon von dem gemeinsamen Darmgekröse ab. 13) Das Mesogastrium des Magens folgt den Drehungen desselben und wird zum grossen Netzbeutel umgestaltet, der von der grossen Magencurvatur über alle Eingeweide herüberwächst. 14) Am Netzbeutel finden Verwachsungen mit angrenzenden serösen Membranen statt: 1) an der hinteren Rumpfwand, in Folge dessen die Ursprungslinie von der Wirbelsäule mehr auf die linke Körperhälfte verlegt wird, 2) mit dem Mesocolon und Colon transversum, 3) an dem ül)er die Gedärme gewucherten Theil des Beutels, dessen vordere und hintere Wand sich fest zusammenlegen und zu einer Netzplatte ver- schmelzen. Die Organe des inneren Keimblattes. 325 C. Entwicklung besonderer Organe aus den Wandungen des Darmrohrs. 1) Die Obtn'fläche des Darmrohrs vergrössert sich durcli Falten und Zotten nach innen und durch drüsige Ausstülpungen nach aussen. 2) Als Organe der Mundhöhle entwickeln sich die Zunge, die Speicheldrüsen und die Zähne. 3) Die Zähne, welche bei den höheren Wirbelthieren nur den Ein- gang in die Mundöffnung begrenzen, finden sich bei niederen Wirl)el- thiereu (Selachieri) etc.) über die ganze Mund- und Schlundhöhle und sogar als Hautzähne über die gesammte Oberfläche des Körpers verbreitet. 4) Die Hautzähne sind in eigenartiger Weise verknöcherte Haut- papillen, an deren Entwicklung sich sowohl die oberflächlichste Schicht der Lederhaut, als auch die sie überziehende, tiefste Zellenlage der Oberhaut betheiligt. a) Die Lederhaut liefert die zellenreiche Zahnpapille, welche auf ihrer Oberfläche, an der sich eine Lage von Odontoblasten bildet, das Zahnl)ein al)scheidet. 1)) Die Oberhaut liefert eine Schicht holier Cylinderzellen, die Schmelzmeml)ran, welche die Zahnbeinkappe mit einer dünnen Schmelzlage ül)erzieht. c) Die Basis der Zahnbeinkappe erhält eine bessere Befestigung in der Lederhaut, indem diese in der Umgebung verknöchert und das Cement liefert. 5) An den Kieferrändern senkt sich die zahnbildende Schleimhaut- strecke in die Tiefe; es entwickelt sich zuerst durch Wucherung des Epithels eine Zahnleiste, an der die Kieferzähne in derselben Weise entstehen, wie die Hautzähne an der Oberfläche des Körpers. 6) Die Entwicklung eines Zahnes erfolgt an der Leiste in der Weise, dass das Epithel an einer Stelle stärker wuchert, und dass in den gewucherten Theil oder in das Schmelzorgan eine Papille vom bindegewebigen Theil der Schleimhaut hineinwächst. Die Zahnpapille scheidet das Zahnbein, das Schmelzorgan aber scheidet unter Entwick- lung einer Schmelzmembran den Schmelz ab; zuletzt verknöchert das bindegewebige Zahnsäckchen und liefert das Cement. 7) Hinter den Milchzähnen bilden sich bei den Säugethieren und beim Menschen frühzeitig die Anlagen von Ersatzzähnen am Grunde der Zahnleiste aus. 8) Aus dem Epithel des Schlunddarms entwickeln sich Thymus, Schilddrüse, Nebenschilddrüsen und Lungen. 9) Die Thymus entsteht durch Verdickung und eigenthümliche Umbildung des Epithels von mehreren Paaren (Selachier, Teleostier, Amphibien, Reptilien) oder nur von einem Paar Schlundspalten. a) Bei Selachiern und Teleostiern wuchert das Epithel an den dorsalen Enden aller Schlundspalten und wird von Bindegew^ebe mit Gefässen durchwachsen. b) Bei den Säugethieren und beim Menschen bildet sich aus dem dritten Schlundspaltenpaar ein Paar epithelialer Thymusschläuche, welche seitliche Knospen treiben und sich in eigenthümlicher Weise histologisch umwandeln. c) Beim Menschen verbinden sich die l^eiden Thymusschläuche in der Medianebeue zu einem unpaaren Körper, der in den ersten Jahren nach der Geburt sich zurückzubilden beginnt. 326 Vierzehntes Capitel. 10) Die Schilddrüse ist ein unpaares Organ, entstanden in der Gegend des Zungenbeinkörpers durch eine entweder hohle oder solide Ausstülpung des Epithels am Boden der Rachenhöhle. a) Der Epithelzapfen löst sich von seinem Mutterboden ab und treibt seitliche Zapfen. b) Die Epithelstränge werden auf einem späteren Stadium in kleine Epithelkugeln oder Follikel zerlegt, die in ihrem Innern Colloidmassen ausscheiden und zu allseitig geschlossenen, von blutgefässreichen Bindegewebskapseln eingehüllten Drüsenbläschen werden. 11) Die Nebenschilddrüsen sind paarig und stammen von Ausstül- pungen des Epithels der letzten Schlundspalte ab, welche ähnliche Um- wandlungen wie die unpaare Schilddrüse eingehen. 12) Die Nebenschilddrüsen erhalten sich bei den meisten Wirbel- thieren von der unpaaren Schilddrüse durch einen grösseren (Reptilien) oder kleineren Zwischenraum (Vögel) getrennt, während sie bei den Säuge- thieren mit ihr zu verschmelzen und einen Körper zu bilden scheinen. 13) Die Lunge entwickelt sich hinter der unpaaren Schilddrüsen- anlage aus dem Boden des Schlunddarms. a) Eine rinnenförmige Ausbuchtung, die sich bis auf ihr vorderes Ende, den Kehlkopfeingang, vom Schlunddarm abschnürt, wird zu Kehlkopf und Luftröhre. b) Vom hinteren Ende der Rinne wachsen zwei Schläuche hervor, die sich an ihrem Ende blasenförmig ausweiten und die An- lagen des linken und des rechten Bronchus mit dem linken und dem rechten Lungenflügel sind. c) Frühzeitig bildet sich zwischen rechter und linker Lunge die Asymmetrie ihrer Lappen aus, indem der rechte Schlauch sich mit drei bläschenartigen Seitenknospen, den Anlagen der drei Lappen, bedeckt, während der linke Schlauch nur zwei Knospen treibt. d) Die weitere Entwicklung der Lungen lässt zwei Stadien unter- scheiden, von denen das erste eine grosse Uebereinstimmung mit der Entwicklung einer acinösen Drüse zeigt. Im ersten Stadium vermehren sich die primitiven Lungenbläschen durch Einschnürung und sondern sich dabei in einen engeren, zu- führenden Theil, die Bronchialröhre, und in einen weiteren^ blasenartigen Endabschnitt. Im zweiten Stadium bilden sich die Luftzellen oder Lungenalveolen. 14) Am eigentlichen Darmcanal, und zwar am Duodenum, legen sich nur zwei grössere Drüsen, Leber und Pancreas, an. 15) Die Leber entwickelt sich als eine netzförmig verzweigte, tubulöse Drüse. a) Aus dem Duodenum wachsen zwei Leberschläuche in das ven- trale Darmgekröse (Vorleber) hinein, die Anlagen des linken und des rechten Leberlappens. b) Die Schläuche treiben hohle oder solide Seitenäste, die Leber- cylinder, die sich zu einem Netzwerk verbinden und theils zu Gallengängen, theils zu dem secretorischen Lebe'rparenchym mit den Gallencapillaren werden. c) Der Ductus choledochus entsteht durch Ausbuchtung der die beiden Leberschläuche aufnehmenden Wand des Duodenum. Der rechte primitive Leberschlauch treibt an einer Stelle eine Ausstülpung, die zur Gallenblase wird. Die Organe des inneren Keimblattes. 327 16) Von dem ventralen Darnigekröse, in welches die Lebeischläuche hineinwachsen, leitet sich der seröse Ueberzug und ein Theil des Band- apparates der Leber her, nämlich das kleine isetz (Ligamentum hepato- gastricum und hepato-duodenale) und das Ligamentum Suspensorium hepatis. 17) Die Bauehspeicheldrlise wächst vom Duodenum in das dorsale Darmgekröse und in das Mesogastrium hinein. 18) Das Mesenterium, welches ursprünglicli die Bauchspeicheldrüse besitzt, geht später verloren, indem es mit der hinteren Ilumpfwand verschmilzt, wobei in Folge der Drehung des Magens die Längsachse der Drüse in die Querachse des Körpers zu liegen kommt. Literatur. Afanassiew. Weitere Vvtersuchuvgen über den Bau und die Entivicldung der Thymus und der Wintersclilafdrüse der Säugethiere, Archiv f. mikroskop. ^ivatomie. Bd. XJT. 1S77. Antipa. 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In früheren Zeiten hat man an dieser Erscheinung grossen Anstoss genommen , weil man seit Remak das mittlere Keimblatt als ein nicht epitheliales Gebilde in einen Gegensatz zu den übrigen Keimblättern zu bringen bemüht war. Auch hat es nicht an Versuchen gefehlt, den vermeintlichen Widerspruch zu beseitigen, indem man bald in dieser, bald in jener Weise die in Frage stehenden, drüsigen Organe vom äusseren Keimblatt ableitete. Mit der Annahme der Coelomtheorie sind die theoretischen Bedenken dagegen, dass das mittlere Keimblatt Drüsen liefert, gegenstandslos geworden. Aus dem mittleren Keimblatt, oder anders ausgedrückt: aus der epithelialen Wand der embryonalen Leibessäcke, entwickeln sich, ab- gesehen vom Mesenchym, über dessen Herkunft bereits im neunten Capitel ausführlich berichtet wurde, nur noch drei sehr verschiedenartige Producte: erstens die gesammte willkürliche Muskulatur, zweitens die Harn- und Geschlechtsorgane, drittens die Epithelüberzüge der grossen serösen Höhlen des Körpers. I. Die Entwicklung der willkttrlichen Muskulatur. Zum tieferen Verständniss des vorliegenden Capitels wird es wesent- lich beitragen, wenn wir uns zuvor mit einigen allgemeinen, fundamen- talen Thatsachen bekannt machen, zu welchen die vergleichende Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Thiere geführt hat. Die Orgaue des mittleren Keimblattes. 331 In dem Stamm der Coelenteraten , welcher für die Entstehung der Gewebsformcn so ausserordentlich lehrreich ist, sind die Muskel elemente nicht allein während ihrer Entwicklung, sondern auch beim ausgebildeten Thiere fast durchgängig Bestandtheile des Epitliels. Sie werden daher auch in zutreffender Weise ., E p i t h e 1 m u s k e 1 z e 1 1 e n" genannt. Das Charak- teristische an ihnen besteht eben darin, da^s sie einfache, bald cubische, bald cylindrische, bald fadenförmige Epithelzellen (Fig. 219) sind, welche mit ihrem einen Ende gewöhnlich die Oberfläche des Epithels erreichen und hier häufig mit Flimmerhaaren versehen sind, während sie mit Fig. 219. Fig. 219. Epithelmuskelzelle aus der entodermalen Ausklei- dung der Tentakeln einer Actinie (Sagartia parasitica). Nach O. und R. Hertwig. Aus Hatschek. Fig. 108. Fig. 220. Fig. 220. A Muskelepithel aus dem Entoderm einer Aetinie , die Zellen durch Maceration isolirt. Jede Zelle mit einer Fibrille versehen. B Muskel- epithel einer Meduse, Die Fibrillen sind gemeinsames Product der Epithelzellen. Schematisch. Nach O. imd K. Hertwig aus Hatsckek. Fig. 113 u. 114. ihrem anderen, basalen Ende der Stützlamelle des Körpers aufliegen und an ihm eine oder mehrere, entweder glatte oder quergestreifte Muskelfibrillen ausgeschieden haben. Unter dem Epithel liegen in der Regel alle Muskelfibrillen parallel und dicht neben einander (Fig. 220) und verbinden sich so zu einer Muskell am eile, durch deren Thätig- keit Verkürzung oder Verlängerung des Körpers in einer Richtung hervor- gerufen wird. Die Fähigkeit, M u s k e 1 z e 1 1 e n zu entwickeln, kommt bei den Coelenteraten sowohl dem inneren als dem äusseren Keimblatt zu. In dem Stamm der Würmer ist dies schon nicht mehr der Fall. In denjenigen Abtheilungen, in denen sich durch Einfaltung des inneren Keimblattes eine Leibeshöhle (ein Entero- coel) anlegt, hat ihre parietale Wand — das ist die parietale Lamelle des mittleren Keimblatts — die Erzeugung der Rumpfmuskulatur ausschliesslich übernommen. Auch hier scheiden die Epithelzellen, zum Beispiel bei den Chaetognathen etc., an ihrem basalen, der Körperoberfläche zu- gekehrten Ende eine Lamelle von Muskelfibrillen aus, während sie mit dem anderen Ende die Leibeshöhle begrenzen. In ähnlicher Weise lässt sich bei den Wirbellosen überhaupt verfolgen, wie von den niederen zu den höheren Formen die Fähigkeit der Muskelbildung mit der fortschreitenden Differen- z i r u n g des Körpers immer mehr auf einen engeren, be- sonderen Bezirk der Epithelbekleidung des Körpers ein- geschränkt wird. Am weitesten ist dieser Process der Einschränkung bei den Wirbel - thieren gediehen. Bei ihnen wird die Rumpfmuskulatur nicht mehr 332 Fünfzehntes Capitel. von der ganzen parietalen Lamelle des mittleren Keimblattes, sondern nur von einem kleinen, abgeschnürten Theil derselben, den Ursegmenten, geliefert. In Folge dessen breitet sich bei den Wirbelthieren die Muskulatur von einem kleinen Ursprungsgebiet aus, vertheilt sich zuerst im Rumpf und wächst von hier auch in die Extremitäten hinein. In histiogenetischer Beziehung ist die einfachste Form der will- kürlichen Muskulatur die unter dem Epithel ausgelireitete, von den Epithelzellen gebildete M u s k e 1 1 a m e 1 1 e. Von ihr leiten sich, wie das Studium der Coelenteraten und die Entstehungsgeschichte der Thiere lehrt, drei weitere Formen ab: 1) das Muskelblatt, 2) das Mus- kelkästchen und 3) das Muskel primitivbündel. Bei ihrer Entstehung spielt wieder der Process der Faltenbildung eine Rolle, welche wir schon bei den verschiedensten Gelegenheiten als die Ursache für die Bildung der meisten Organe kennen gelernt haben. Wenn einzelne Strecken einer Muskellamelle eine erhöhte Arbeits- leistung ausführen sollen, so kann dies nur durch Vermehrung der parallel neben einander gelagerten Plbrillen geschehen. Eine grössere Fibrillenzahl kann aber in einem umgrenzten Bezirk in einer zweifachen Weise untergebracht werden, entweder so, dass sie in mehreren Schichten über einander zu liegen kommen , oder so , dass , wenn die einfachere Lagerung neben einander beil)ehalten wird, die Muskellamelle sich ein- faltet. Die Einfaltung kann bald in mehr unregelmässiger, bald in sehr regelmässiger Weise vor sich gehen. Im ersteren Fall entstehen niedere und höhere Falten, welche ihrer- seits wieder mit kleineren Nebenfalten bedeckt sein können, so dass man auf dem Querschnitt das Bild eines sich verzweigenden Baumes erhält (Fig. 221). Jede Falte besitzt in ihrer Mitte eine geringe Menge Stützsubstanz, auf deren Oberfläche die parallel angeordneten Muskel- fibrillen aufliegen. Die Thäler zwischen den Falten füllt das Epithel aus, welches die Unregelmässigkeiten ausgleicht und nach aussen mit einer glatten Oberfläche al)schliesst. Fig. 221. Fiff. 222. Fig. 223. Fig. 221. Faltung des Muskelepithels vom Entoderm einer Aetinie, nach Hertwig aus Hatschek. Fig. 222. Muskelepithel einer Meduse im Querschnitt mit /} Deckschicht und 2) gefalteter Muskelschicht. Fig. 223. Querschnitt durch die Längsmuskulatur von Sagitta. (Nach Heetwig aus Hatschek.) 1. Deckschiclit, Epithel der Leibeshöhle. 3. in Blätter ge- gefaltete Muskollamelle, unterhalb derselben die Epidermis. Im zweiten Fall (Fig. 222 u. Fig. 223) können sehr regelmässige und zuweilen ziemlich hohe Falten entstehen , die sieh von der Grund- lamelle, von der sie durch Abfaltung ihren Ursprung genommen haben, senkreclit erheben und den Blättern eines Buches vergleichbar dicht zusammengepresst sind. Die engen Zwischenräume zwischen ihnen Die Organe des mittleren Keimblattes. 333 werden von den zugehöriüen Zellen mit ihren Kernen, den Muskel- körperchen, einfienonimen. lieber den freien Rund der Blätter breitet sich noch eine Schicht von Deckepithel aus. In den bisher beschriebenen Fallen bewahrt die willkürliche Musku- latur ihren Zusammenhang mit der Epithelschicht, von welcher sie ab- geschieden worden ist, was sich bei den Coelenteraten als der gewöhn- liche Befund darbietet. Bei anderen Wirbellosen löst sich dieser Zu- sammenhang. Die nach der freien Epithelobertläche zugekehrten Ränder der Falten verwachsen untereinander. Dadurch werden die beiden Lagen von Muskelfibrillen, welche die einander zugewandten Oberflächen zweier benachbarter Blätter überziehen, zu einer in sich abgeschlossenen Ein- heit verbunden. Sie werden von der Stützsubstanz, welche als dünne Schicht den Muskelblättern zur Grundlage dient, ringsum eingeschlossen und dadurch von dem Zusammenhang mit der Epithelschicht abgelöst. Zwei verschiedene Formen des Muskelgewebes kommen so zu Stande : das M u s k e 1 kä s t c h e n und d a s M u s k e 1 p r i m i t i v b ü n d e 1. Muskelkästchen oder Bänder entstehen, wenn zwei nebeneinander gelagerte hohe Muskelblätter mit ihren freien Rändern verwachsen, wie der nebenstehende Querschnitt (Fig. 224) durch die Längsmuskulatur eines Regenwurms zeigt. M u s k e 1 p r i m i t i v b ü n d e 1 oder quer- B Fig. 22.5. Fig. 224. Längsmuskelschieht eines Regen- "wurms ira Querschnitt. 1. Deckschicht (Perito- nealepithel). 2. Muskelkästchen mit rundlichen Zell- kernen (Muskelkörperchen) zwischen den Muskelfibrillen. 3. Bindegewebshülle der Muskelkästchen mit platten Zellkernen. Fig. 225. Durchschnitte durch das Muskel- Fig. 224. epithel vom Entoderm einer Actinie. A Gering und unregelmässig ausgebildete Faltung. B Faltentheile haben sich zu Strängen oder Bündeln von Muskelfibrillen abge- schnürt und in die Stützsubstanz allseitig eingelagert. gestreifte Muskelfasern dagegen werden gebildet, wenn die Faltungen der Lamelle mehr unregelmässig und niedrig l)leiben (Fig. 225 Ä), die Faltentheile sich frühzeitig abschnüren und ihr aus Muskelkörperchen und Fibrillen bestehender Inhalt sich in die unter dem Epithel befind- liche Stützsubstanz als ein runder Strang oder als Bündel einlagert (Fig. 225 B). Durch Wiederholung desselben Vorgangs, durch mehr- fach sich erneuernde Faltenbildung und Abschnürung kann von einer Muskel erzeugenden Epithelstrecke aus ein immer dicker werdendes Lager über einander geschichteter Muskelprimitivbündel zu Stande kommen. Auch können die Muskelkästchen und Primitivbündel noch da- durch an Zahl vermehrt werden, dass sie durch Zunahme der Fibrillen- masse wachsen und sich dann der Länge nach durch Einschnürung in zwei Theile und so fort trennen. 334 Fünfzehntes Capitel. Nach diesen die Histogenese des Muskelgewebes betreffenden Be- merkungen wird uns die Entwicklung der willkürlichen Muskulatur bei den Wirbelthieren in mehreren Punkten verständlicher werden. Bei den Wirbelthieren stammt die gesammte, quergestreifte, willkürliche Muskulatur, abgesehen von einem Theil der Muskeln des Kopfes, von denjenigen Theilen des mittleren Keimblattes ab, welche sich als Ursegmente abgesondert und mit ihrem Auftreten die erste primitive und wichtigste Segmentirung des Wirbelthierleibes bewirkt haben. Die Segmentirung betrifft, wie schon früher hervorgehoben wurde, sowohl den Rumpf als auch den Kopf, so dass Rumpf- und Kopfsegmente unterschieden werden müssen. Da letztere sieh in mehr- facher Hinsicht in ihrer Entstehung und Umbildung vor ersteren auszeichnen, ist eine getrennte Darstellung beider am Platze. Ich be- ginne mit der Umbildungsgeschichte der Ursegmente des Rumpfes und bespreche dieselbe zuerst bei dem Amphioxus und den Cyclostomen, welche uns die einfachsten und am leichtesten zu deutenden Befunde liefern, darauf bei den Amphibien und schliesslicli bei den höheren Wirbelthieren. grosseren A. Ursegmente des Rumpfes. Beim Amphioxus sind die Ursegmente (Fig. 129 ush) mit einem Hohlraum versehene Säckchen, deren Wand aus einer ein- fachen Lage von Epithelzellen besteht. Die Zellen entwickeln sich in einer doppelten Weise weiter, deren genauere Kenntniss wir den Unter- suchungen von Hatschek verdanken. Nur die an die Chorda (ch) und das Nervenrohr (n) angrenzenden Zellen (Fig. 226) sind bestimmt, Muskelfasern zu bilden ; sie vergrössern sich bedeutend , springen weit in die Ursegmenthöhle vor und nehmen die Form von parallel neben einander liegen und mit einer Kante, Platten an , die ich als die ihre und Basis bezeichnen will , senkrecht auf die Oberfläche der Chorda parallel zur Längsachse des Körpers gestellt sind. Sehr frühzeitig (auf dem Stadium mit 10 Ursegmenten) beginnen die Zellplatten an ihrer Basis feine, quergestreifte Muskelfibrillen auszuscheiden, mit welchen die Embryonen schon schwache Zuckungen ausführen kön- nen. Indem nun immer neue Fibrillen zu den an der Chordaoberfläche gebildeten hin- zugefügt werden, und indem die Abscheidung jetzt auch an beiden Flächen der sich be- rührenden Zellplatten geschieht, entstehen die für die Muskulatur des Amphioxus charakteristischen, quergestreiften Muskel- blätter. Diese sind wie die Blätter eines Buches links und rechts an der Chorda an- geheftet. Je mehr Fibrillen ausgeschieden werden, um so mehr nimmt zwischen ihnen das Protoplasma der Bildungszellen an Menge ab; es wird der Kern mit einem Rest von Protoplasma nach dem der Ursegmenthöhle zugekehrten Zellencnde hingedrängt. Die übrigen Zellen der Ursegmente werden zu einem flachen Plattenepithel um- Fif,--. 226. Querschnitt durch die Mitte des Körpers eines AmpMoxusembryo mit 11 Ursegmenten, nach Hat- schek. ak äusseres, tk inneres Keim- blatt, mk^ parietale, mk^ visce- rale Lamelle des mittleren Keim- blattes, US Ursegment, n Nerven- rohr, c/i Chorda, Ih Leibeshöhle, dh Darmhöhle. Die Organe des mittleren Keimblattes. 335 gewandelt, welches jetzt und auch später Theil nimmt. (Cutisblatt von Hatschek.) In der Uni,uebun,u der Chorda entstanden, Thieren die Muskelschicht sowohl dor- sal als ventral aus und liefert so die gesammte mächtige Rumpfnuiskulatur, die gleich den zelligen Ursegmenten, von denen sie abstammt, in hinter einander gelegene Abschnitte (die Myomeren) getrennt ist. Mit Amphioxus stimmen im All- gemeinen die Cyclostomen (Fig. 227) in ihrer Muskelentwicklung überein. Wie dort hat man aucli hier zwischen einer inneren, an Chorda {Ch) und Nervenrohr (iV) angrenzenden, muskel- bildenden {mf) und einer äusseren, nach der Epidermis zu gelegenen, in- differenten Epithelschicht (ae) zu unter- scheiden. Letztere {ae) besteht ans niedrigen und flachen Zellen, erstere aus sehr hohen und langgestreckten Platten (w?Ä), die wie beim Am})hioxus senkrecht zur Oberfläche von Chorda und Nervenrohr gestellt sind. Da die Ursegmente bei Petromyzon der Höh- lungen entbehren, liegen beide Epithel- schichten unmittelbar auf einander und gehen dorsal- und ventralwärts durch Uebergangszellen (WZ) in einander über, in ähnlicher Weise wie an der an der Muskelbildung nicht breitet sich bei älteren TFZ Fig. 227. Querschnitt durch die Rumpfmuskulatur einer 14 Tage alten Larve von Petromyzon Pla- neri. SOOmal vergrössert N und CA der an das Rückenmark und die Chorda angrenzende Theil des Querschnitts ; c/is skeletbildende ClaOrda- scheide; ep Epidermis; ae äussere Epi- thelschicht des Ursegmentes ; mk Mus- kelzellenkerne; mf Muskelfibrillen im Querschnitt; WZ Wachsthumszone, Uebergang der äusseren Zellenschicht in die muskelbildende Schicht des Ur- segments. Linsenanlage das Linsenepithel in die Linsenfasern. Es werden nun die Muskelfibrillen {mf) von den Zellplatten auf ihren beiden Breitseiten ausgeschieden. Dadurch entstehen senkrecht zur Chorda gestellte Muskelblätter, die sich den an Wirbellosen be- schriebenen, ähnlichen Bildungen (Fig. 222) vergleichen lassen. Sie setzen sich wie diese aus zwei Lagen parallel verlau- fender, feinster Fibrillen zusammen, welche durch einen zarten Streifen von Kittsubstanz von einander getrennt sind, und von welchen die eine Lage dieser, die andere Lage jener Bildungszelle ihr Dasein verdankt. Bei älteren Larven dehnen sich die Ur- segmente nach oben und nach unten aus, wobei fortwährend eine Neubildung von Muskelblättern von den oben erwähnten Zellen (WZ) aus statt- findet. Die oberen und unteren Ränder der Ursegmente bilden demnach eine Wucherungs- zone, durch deren Vermittlung die Rumpf- muskulatur immer weiter dorsal- und ventral- wärts wächst. Auf einer weiteren Phase der Entwicklung, bei 6 Wochen alten Larven (Fig. 228), wandeln mf mk Fig. 228. Querschnitt durch die Rumpfmus- kulatur einer 6 Wochen alten Larve von Petro- myzon Planeri. SOOmal vergrössert. k Muskelkästchen ; mk Muskelkerne ; ««/quer durch- schnittene Muskelfibrillen. 336 Fünfzehntes Capitel. sich die Muskelblätter in die Muskelkästchen (k) um, wie Schneider die eigenthünilicben , definitiven Structurelemente der Cyclostomen benannt hat. Die einander zugekehrten Fibrillenlagen zweier Blätter, welche von einer Zellplatte an ihren zwei Seiten ausgeschieden worden sind, ver- binden sich mit ihren Rändern, so dass jetzt jede Bildungszelle von den ihr zugehörigen Fibrillen wie von einem Mantel rings umschlossen wird. Es ist so ein ähnliches Formelement entstanden, wie es die Längsmusku- latur des Regenwurms (Fig. 224) zeigt. Schliesslich greifen noch drei Veränderungen an den Muskelkästchen Platz. Die homogene Stützsubstanz , welche auf dem ersten Stadium nur als feine Linie zwischen den zwei Fibrillenlagen eines Muskel- blattes angedeutet war, nimmt zu und liefert die Scheidewände, durch welche die einzelnen Muskelkästchen von einander getrennt werden, und in welchen später auch einzelne Bindesubstanzzellen und Blutgefässe anzutreffen sind. Zweitens vvird die protoplasmatische Grundsubstanz der Bildungszellen fast vollständig aufgebraucht durch fortgesetzte Ab- scheidung zahlreicher, feiner Fibrillen, welche schliesslich das ganze Innere des Kästchens ausfüllen. Unter den Fibrillen kann man jetzt zwei verschiedene Arten unterscheiden, central gelegene und solche, wTlche den Scheidewänden fest anhaften. Drittens sind zwischen den Fibrillen zerstreute, zahlreiche, kleine Kerne aufzufinden, welche von dem ursprünglich einfachen Kern der Bildungszelle durch häufig wieder- holte Trennung abstammen. In einer etwas andern Weise als bei dem Amphioxus und den Cyclostomen erfolgt bei den übrigen Wirbelthieren die Entwicklung der Muskelsegmente, zu deren Studium wohl die geschwänzten Amphibien die lehrreichsten Objecte liefern. Bei Triton (Fig. 131 u. 132 ush) ent- halten die Ursegmente einen ansehnlichen Hohlraum, der ringsum von grossen, cylindrischen Epithelzellen umgrenzt wird. An etwas älteren Embryonen gehen in dem Theil des Epithels, welcher dem Kervenrohr und der Chorda anliegt und somit der oben besprochenen, muskel- bildenden Schicht des Amphioxus und der Cyclostomen entspricht, leb- hafte Zellvermehrungen vor sich, durch welche der Hohlraum eines Ur- segmentes ganz ausgefüllt wird. Hierbei verlieren die Zellen ihre ur- ^f ~ dk — mk mf «•'"«o " mk ■mf Fig. 230. Fig. 229. Fig. 229. Querschnitt durch die Eurapfmuskulatur einer 5 Tage alten Larve von Triton taeniatus. -^OOinal vcrgrössert. mk Muskelkerne; mf (juer durchschnittene Muskeliibrillen; dk Dotterkörner. Fig. 230. Querschnitt durch die Rumpfmuskulatur einer 10 Tage alten Larve von Triton taeniatus. SOOmal vergrössert. pb Muskelprimitivbündel; »»/quer durchschnittene Muskeltibrillen; otä* Muskelkerne. Die Organe des mittleren Keimblattes. 337 sprüngliclie Anordniinu' und Form; sie verwandeln sich in longitiidinal verlaufende Cylinder, welche die Länge eines Ursegmentes einnehmen und zu beiden Seiten des Rückenmarks und der Chorda und parallel zu ihnen neben und über einander gelagert sind (Fig. 229). Jeder Cylinder, der Anfangs nur einen einzigen Kern {mJc) aufweist, uragiebt sich mit einem Mantel feinster, quergestreifter Fibrillen (m/); er ist jetzt einem Muskelkästchen der Cyclostomen (Fig. 228) zu vergleichen. Auch spielt sich hier wie dort eine Reihe ähnlicher Veränderungen weiter ab. An älteren Larven werden immer mehr Fibrillen (Fig. 230) aus- geschieden , welche allmählich den Binnenraum des Cylinders ausfüllen. Nur in seiner Achse l)leiben Stellen frei, in welche die kleinen Kerne (mk) zu Hegen kommen, die, durch Theilung des einfachen Mutterkerns entstanden, an Zahl bedeutend zunehmen. Ferner dringt jetzt zwischen die Muskelfasern oder die Primitivbündel (/)?>), wie später die fertigen Elemente heissen, Bindesubstanz mit Blutgefässen hinein. Fig. 231. Querschnitt durch die Gegend der Vorniere von einem Se- lachierembryo, bei welchem die Mus- kelsegmente (mp) im Begriff stehen, sich abzuschnüren. Schema nach Wijhe. m- Nervenrohr, ch Chorda, ao Aorta. seh subchordaler Strang, mp Muskelplatte des Urses'ments. w Wachsthumszone , an welcher die Muskelplatte in die Cutisplatte (cjy) umbiegt, cp Cutisplatte, vb Verbin- dungsstück des Ursegments mit der Leibes- höhle, aus welchem sich u. A. die Urnieren- oanälchen (245 uk) entwickeln, sk skeleto- genes Gewebe, das durch Wucherung aus der medianen Wand des Verbindungsstückes vb entsteht, vn Vorniere, mk^ parietales, mk'^ viscerales Mittelblatt, aus deren Wan- dungen sich Mesenchym entwickelt. Ih Leibeshöhle. ik Darmdrüsenblatt, h Höhle des Ursegments. Bei Amphioxus, den Cyclostomen und Amphibien ist die wichtigste Leistung der Ursegmente die Anlage der quergestreiften und willkür- lichen Körpermuskulatur. Dagegen fällt es sehr wenig auf, dass die Ursegmente auch au der Entwicklung des Mesenchyms in der schon früher bescliriebenen Weise (pag, 182) Theil nehmen: es hängt dies damit zusammen, dass bei den niederen Wirbelthieren überhaupt die Binde- und Stützsubstanzen im Aufbau ihres Körpers eine geringere Rolle spielen und namentlich während des Larvenlebens in sehr unbe- deutender Menge entwickelt werden. Dies ändert sich bei den Selachiern und den drei höheren Wirbel- thierclassen. Nicht nur erreicht bei diesen das Mesenchym im fertigen Körper eine mächtigere Ausbildung und einen nach allen Richtungen höheren Grad von Differenzirung, sondern es wird auch frühzeitiger und gleich in reichlicher Menge angelegt. Daher zeigen denn hier die Ur- segmente bei ihrer Umbildung etwas abweichende Erscheinungen. Neben der Differenzirung von Muskelgewebe wird gleichzeitig und zum Theil noch früher die Entwicklung von Mesenchym bemerkbar. Das Ursegment 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 22 338 Fünfzehntes Capitel. (Fig. 230) sondert sich hier von vornherein in zwei gleich auffällige An- lagen, von denen die eine als Sclerotoni oder skeletbildende Schicht (sJc), die andere als Muskelplatte (Myotom, mp) unterschieden wird. Indem ich den Leser auf das neunte Capitel verweise, füge ich zu der schon dort gegebenen Darstellung noch einige weitere Angaben bei. Bei den Selachiern wächst die skeletbildende Schicht, deren Ursprung schon früher beschrieben wurde, zur Seite der Chorda in die Höhe (Fig. 231 sJc u. 232 vr). Nach aussen von ihr findet man den zur Muskel- Fig. 232. Horizontaler Längs- schnitt durch den Rumpf eines Em- bryo von Scyllum, nach Balfoür. Der Schnitt ist in der Höhe der Chorda geführt und zeigt die Sonderling der Zellen, welche die Wirbelkörper bilden, von den Platten. ch Chorda, ep Epidermis. Vr Anlage der Wirbelkörper, mp äussere Zellenschicht des Ursegments. mp' ein Abschnitt des Ursegments, der sich bereits zu Längs- muskeln differenzirt hat (Muskelplatte). bildung dienenden Theil des Ursegments. Dieser besteht aus einer inneren (m^j') und einer äusseren Schicht {m})), welche durch den Rest der Ursegmenthöhle (Fig. 231 /*) von einander getrennt sind. Die innere Schicht (Fig. 232 m^)') grenzt an das skeletbildende Gewebe (vr) an und setzt sich aus mehrfach über einander liegenden, spindeligen, längsgerichteten Zellen zusammen, die quergestreifte Muskelfibrillen ab- scheiden; sie entspricht der bei Amphioxuslarven (Fig. 226) und Cy- clostomenlarven noch direct an die Chorda anstossenden, inneren Wand des Ursegments. Die äussere Schicht liegt der Epidermis an und behält noch längere Zeit ihre Zusammensetzung aus cubischen Epithelzellen bei. Dorsal und ventral biegt sie in die innere, muskelbildende Schicht um und trägt hier wie beim Amphioxus und bei den Cyclostomen zur Ver- grösserung der letzteren bei, indem ihre Zellen länger werden und sich in Muskelfasern umwandeln (Fig. 214). Die Muskelplatte breitet sich dann nach oben und unten in der Rumpfwand weiter aus (Fig. 214 u. 225). Die Höhle in ihr (Myocoel) schwindet dabei allmählich. Die muskel- bildende Schicht (Fig. 214 m})') nimmt an Dicke immer mehr zu, indem die Zahl der Muskelfasern eine grössere wird; die äussere Schicht ver- liert, allerdings erst ziemlich spät, auch ihren epithelialen Charakter und betheiligt sich an der Entwicklung der Lederhaut (Fig. 245 c^j). Balpoue hat die Angabe gemacht, dass bei den Selachiern die äussere Lamelle der Muskelplatte später auch eine dünne Muskellamelle bilden solle. Die Angabe ist von Wuhe bestätigt, von anderer Seite aber öfters in Zweifel gezogen und auch neuerdings von Maueek entschieden in Abrede gestellt worden. Bei den Reptilien, Vögeln und Säugethieren ist die Wucherung der Ursegmente, welche das skeletbildende Gewebe liefert, noch mächtiger, als bei den Selachiern. Der grössere, median und ventral gelegene Tlieil löst sich allmählich in Gallertgewebe auf, welches um Chorda und Nerven- rohr herumwächst; der kleinere, dorsal und lateral davon befindliche Abschnitt, welcher von der Chorda durch die skeletbildende Schicht des Ursegments weit abgedrängt ist, wird zur Muskelplatte (Fig. 242 ms) Die Organe des mittleren Keimblattes. 339 oder, wie sie auch genannt wird, zur Riickentafel. Die innere Lamelle der Muskelplatte wandelt sich in länjisverlaufende Muskelfasern um, die äussere trägt zur Bildung der Lederhaut bei. Die am Uebergang der äusseren in die innere Lamelle gelegenen Epithelzellen dienen zur Ver- mehrung und zum Wachsthum der Muskelanlage, welche sich dorsal und ventral immer weiter ausdehnt. Auch für die höheren Wirbelthiere hat Maurer, der sich mit der Histogenese des Muskelgewebes in einer verdienstlichen Arbeit eingehender beschäftigt hat, nachzuweisen versucht, dass die Muskelfasern aus der epithelialen Anlage durch eine Art Faltungsprocess entstehen, in ähn- licher Weise, wie es in der Einleitung für die wirbellosen Thiere ge- schildert wurde. Er giebt, wie von mehreren Wirlielthieren, so auch vom Kaninchen (Fig. 233) eine Abbildung des muskelbildenden Epithels, welches auf dem Querschnitt deutlich durch Faltung in kleine Bezirke zerlegt ist, zwischen welche sich feine Scheidewände vom angrenzenden Bindegewebe hineinschieben. Durch weitere Abschnürung werden Muskelprimitivbündel gebildet. Maurer l^ezeichnet daher auch gemäss einer von mir schon früher entwickelten Auffassung das Muskelkästchen und das Primitiv- bündel der Wirbelthiere als einen Epithelbezirk, der von dem Sarkolemm oder der Basalmembran des Muskel epithels eingeschlossen ist. Fig. 234. Fig. 233. Querschnitt durch das siebente TJrsegment eines Kaninchen - Embryo von 5,6 mm Nackensteisslänge. Muskelbandbezirke des Muskelblattes, durcb Bindegewebe gesondert. Nach Maurer, c Cutisblatt. m Muskelblatt des Urseg- ments. sc Sclerotom. Fig. 234. Frontalsehnitt durch die Mitte des Rumpfes einer schon längere Zeit ausgeschlüpften Tritonlarve, um die Anordnung der Muskel- segmente ms zu zeigen. ch Chorda, ep Epidermis, cp Cutisplatte, embryonales Gallertgewebe, tns Muskel- segmente. li Ligamenta intermuscularia. öl Blutgefässe. sk skeletogene Chordascheide. Für die Entstehung der Rumpf muskulatur der Wirbelthiere erhält man somit folgende zwei Sätze: 1) Die Muskelelemente entwickeln sich aus Epithel- zellen, die von einem begrenzten, zu den Ursegmenten sich abschnürenden Bezirk des Epithels der Leibeshöhle abstammen. 2) Die epithelialen Producte werden in ähnlicher W^eise, wie die aus dem Epithel hervorsprossenden 22* 340 Fünfzehntes Capitel. Drüsengänge und Drüsenbläschen, von Bindegewebe umwachsen und allseitig eingehüllt. Betrachten wir jetzt noch etwas genauer die ursprüngliche Anordnung der von denUrsegmenten gelieferten Muskel- massen. In allen Wirbelthierclassen bieten sich uns hierin ganz gleich- artige Verhältnisse dar. Ueberall erscheint als Grundlage ein sehr ein- faches System längsverlaufender, contractiler Fasern, die zuerst neben Chorda und Nervenrohr auftreten und von hier sich dorsalwärts nach dem Rücken zu und ventral wärts in die Bauchdecken hinein ausbreiten. Die Muskelmasse wird überall (Fig. 234) durch schräg zur Wirbelsäule verlaufende, bindegewebige Scheidewände (Ligamenta intermuscularia) in einzelne Segmente oder Myomeren abgetheilt. Bei niederen Wirbel- thieren erhält sich dieser Zustand, bei höheren macht er einer compli- cirteren Anordnung Platz. In welcher Weise aus dem ursprünglichen System sich die nach Lage und Form so verschiedenartigen Muskelgruppen der höheren Thiere ableiten, kann im Einzelnen nicht näher untersucht werden, zumal auch dieses Grebiet der Entwicklungsgeschichte noch wenig bearbeitet worden ist; nur auf zwei Punkte, welche bei der Diflferenzirung der Muskel- gruppen in Frage kommen, sei hier aufmerksam gemacht. Erstens ist ein sehr wichtiger Factor in der Ausbildung des Skelets gegeben, das mit seinen Fortsätzen Ansatzpunkte für Muskelfasern bietet. Diese finden hierdurch Gelegenheit, sich von der übrigen Masse abzu- sondern. Zweitens wirkt auf eine grössere Differenzirung der Musculatur die Entwicklung der Gliedmaassen hin, die als Höcker zur Seite des Rumpfes entstehen (Fig. 189 u. 190). Ihre Muscvüatur, welche bei höheren W^irbel- thieren sehr complicirt angeordnet ist, erhalten die Gliedmaassen, wie wir durch Untersuchungen von Kleinenberg und Balfour, sowie neuer- dings durch die überaus beweisenden Angaben von Dohrn, Rabl etc. erfahren haben, gleichfalls von den Ursegmenten. Bei den Selachiern, bei welchen die Vorgänge am klarsten zu über- schauen sind, sprossen je zwei Knospen, eine vordere und eine hintere, aus den zu dieser Zeit noch hohlen Urseg- menten hervor und wachsen in die Anlagen der paarigen Flossen hinein, in welchen sie sich in Muskelfasern um- bilden. Die Thatsache, dass immer von einer grösseren Anzahl von Ursegmenten Knospen an eine Flosse abgegeben werden, ist beachtens- werth, weil damit die Extremität sich als eine Bildung erweist, die mehreren Körperabseimitten angehört. Die Muskelknospen für die Ex- tremitäten lösen sich bald ganz von den Ursegmenten ab; sie stellen kleine Säckchen dar, die von einem einschichtigen, niedrigen Cylinderepithel ausgekleidet werden und eine kleine Höhle einschliessen. Im weiteren Verlauf theilen sie sich in eine dorsale und eine ventrale Hälfte, aus denen sich die Muskeln für die entgegengesetzten Flossenseiten hei'leiten. B. Die Kopf Segmente. Ueber die Entwicklung des Kopfes sind in den letzten Jahren wich- tige Arbeiten von Gotte, Balfour, Marshall, Wijhe, Froriep, Rabl, KuPFFER, Killian, Platt uud Anderen erschienen. Sie haben zu dem belangreichen Ergebniss gefülirt, dass sich die Leibeshöhle bis in den Kopf hinein fortsetzt uud auch hier in eine Anzahl von Segmenten Die Organe des mittleren Keimblattes. 341 zerfällt. Am deutlichsten treten diese Verhältnisse beiden Selachiern zu Tage. Wenn bei den Selachiern die mittleren Keimblätter in die Kopf- anlage hineingewachsen sind, so weichen sie hier wie im Rumpf früh- zeitig auseinander und fassen so jederseits einen engen, spaltförmigen Raum, die Kopfhöhle, zwischen sich. Diese hängt nach hinten mit der allgemeinen Leibeshöhle zusammen. Hieraus folgt, dass beim Embryo die beiden primitiven Leibessäcke (Coelomsäcke) eine grössere Ausdehnung als später besitzen, da sie bis in den vordersten Theil der Embryonalanlage, bis in den Kopf, hineinreichen. Der Kopfmesoblast geht weiterhin bei den Selachiern eine Segmen- tirung ein. Ueber die Art und Bedeutung derselben gehen aber die Ansichten der einzelnen Forscher weit auseinander. Nach WiJHE, dessen Darstellung in ihren Grundzügen mit Gegen- baur's Schädeltheorie gut harmonirt und von Seiten Hoffmann's volle Bestätigung gefunden hat, gliedern sich die Wandungen der Kopfhöhle in ähnlicher Weise wie die Wandungen der Leibeshöhle in einen ventralen und in einen dorsalen, die Ursegmente liefernden Abschnitt. Dann aber tritt zwischen Kopf und Rumpf ein wichtiger Unterschied hervor: im Rumpf wird nur der dorsale Abschnitt, im Kopf aber sowohl der dorsale, als auch der ventrale, ein jeder in einer für ihn eigenartigen Weise, segmentirt. Der ventrale Theil der Kopfhöhle zerfällt, in Folge der Entwicklung der Schlundspalten, in einzelne Segmente (Branchiomeren , Ahlboex), von welchen das erste vor der ersten Spalte, die übrigen zwischen zwei Spalten gelegen sind. Jedes Segment (Fig. 235) besteht aus einer von Cylinderzellen gebildeten Wand und schliesst einen engen Hohlraum ein. Fig. 235. Querschnitt durch den vor- letzten Schlundbogen eines Pristivirusembryo. Nach B.VLFOUR. cp Epidermis, vc innere Schlundtasche, pp Seg- ment der Leibeshöhle im Schlundbogen, aa Schlund- bogengefäss (Aortenbogen). aa Mit dem es einhüllenden Bindegewebe stellt es den die einzelnen Schlundspalten von einander trennenden Visceralbogen dar, daher denn auch die von der Kopfhöhle sich herleitenden Spalträume als Visceral- bogenhöhlen von Wijhe liezeichnet worden sind. Letztere communiciren eine Zeit lang unter den Kiementaschen mit dem das Herz einschliessen- den Pericardialraum. Dann aber beginnen sie sich zu schliessen; ihre Wandungen legen sich zusammen; aus dem Cylinderzellenepithel ent- wickeln sich quergestreifte Muskelfasern , welche die Kiefer- und die Kiemenmuskeln liefern. Somit ergiebt sich für den Kopfabschnitt der Wirbelthiere der wichtige Satz: die Kopfmusculatur entwickelt sich nicht nur aus den Ursegmenten, sondern auch aus einem Theil des Epithels der Kopfhöhle, welcher den nicht zur Mus- kelbildung beitragenden Seitenplatten am Rumpf ent- spricht. Was den dorsalen Theil des mittleren Keimblattes im Kopfabschnitt betrifft, so zerfällt er wie am Rumpf in Ursegmente, die bei den Sela- 342 Fünfzehntes Capitel. chiern, neun an Zahl, eine Höhlung umschliessen, mit Ausnahme des ersten Segments, welches solid ist. Sie entstehen zuerst in der Hinterhaupts- gegend und vermehren sich von da nach vorn. Die Segmentirung des gesammten Körpers vollzieht sich daher bei den Selachiern, was übrigens auch für alle übrigen Wirbel- thiere gilt, in der Weise, dass sie in der Nackengegend beginnt undvonhier einerseits nach hinten zum Schwanz- ende, andererseits nach vorn fortschreitet. Die Wandungen der Ursegmente des Kopfes liefern zum Theil Muskeln, zum Theil bilden sie sich zurück. Aus den drei ersten Paaren gehen, wie Marshall und Wijhe im Einzelnen nachgewiesen haben, die Augenmuskeln hervor. Das erste Segment legt sich becherförmig um die Augenblase herum und diiferenzirt sich in Musculus rectus superior, rectus inferior und obliquus inferior. Das zweite Paar lässt den 01)liquus superior und das dritte Paar den Rectus externus ent- stehen. Das vierte bis sechste Segment geht zu Grunde, während aus den drei letzten sich Muskeln entwickeln, welche vom Schädel zum Schulter- gürtel ziehen. Von der Darstellung Wijhe's weichen Dohrn, Killian und Julia Platt vornehmlich in dem einen Punkte ab, dass sie den Kopfmesoblast in eine viel grössere Anzahl von Ursegmeuten zerfallen lassen. So findet Dohrn an Stelle der 9 Segmente van Wijhe's bei jungen Selachier- embryonen nicht weniger als 19, Killian ihrer 17 — 18 und Julia Platt ihrer 12. Eine strenge, von Hopfmann aber als unberechtigt zurückgewiesene Kritik legt Rabl an die Ursegmenttheorie des Kopfes an. In seinem ganzen vorderen Abschnitt kann er überhaupt kein Gebilde finden, das man einem Ursegment zu vergleichen berechtigt sei. „Allerdings erfahre hier das mittlere Keimblatt eine Gliederung in einzelne Abschnitte, aber diese Gliederung sei von ganz anderer Art, als jene, welche das mittlere Keimblatt des Rumpfes erfahre. Diese Verschiedenheit spreche sich nicht bloss in der Art des Auftretens der Grenzfurchen zwischen den einzelnen Abschnitten und darin aus, dass die einzelnen Abschnitte nie so vollständig von einander geschieden werden, wie die Ursegmente des Rumpfes, sondern auch in der ganzen weiteren Ausbildung und Diff'e- renzirung dieser vermeintlichen Segmente". Nur an der Zusammensetzung des Hinterkopfes lässt Rabl einige Ursegmente Theil nehmen; doch dürfte ihre Zahl nach seiner Meinung kaum mehr als drei, vielleicht nur zwei betragen. „Wir wissen auch heute noch nicht," so fasst Rabl das ziemlich negative Ergebniss seiner Kritik zusammen, „wie viele Segmente in die Bildung des Kopfes einbezogen werden." Bei den übrigen Wirbelthieren ist die Umwandlung des mittleren Keimblattes im Kopf noch in einer viel weniger erschöpfenden Weise wie bei den Selachiern untersucht worden. Zur Entwicklung von Kopf- höblen scheint es nicht zu kommen, indem die mittleren Keimblätter jeder Zeit auf einander gepresst bleiben. Im Uebrigen wissen wir, dass auch hier Ursegmente in geringer Anzahl nachweisbar sind. Gotte be- schreibt bei der Unke deren vier Paar; Froriep findet bei Säugethieren in der Occipitalregion jederseits vier Muskelsegmente, die von hinten nach vorn an Grösse abnehmen, und von denen die l)eiden vordersten sich später zurückbilden sollen. Im Einzelnen ist noch Manches durch ge- nauere Untersuchung aufzuklären. Die Organe des mittleren Keimblattes. 343 II. Die Entwicklung- der Harn- und Geschlechtsorgane, der Nehenniere. Die Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane kann nicht ge- trennt in zwei Capiteln besprochen werden, da beide Organsysteme anatomisch und genetisch auf das Innigste mit einander zusammen- hängen. Einmal nehmen beide ihren Ursprung an einer und derselben Stelle der epithelialen Auskleidung der Leibeshöhle ; zweitens treten Theile des Harnsystems späterhin in den Dienst des Geschlechtsapparates, denn sie liefern die Wege oder Canäle, die mit der Ausführung der Eier und des Samens betraut werden. Mit Recht fasst man daher auch in der Anatomie die beiden genetisch verbundenen Organsysteme unter dem gemeinsamen Namen des Urogenitalsystems oder des Harn-Geschlechts- apparates zusammen. Wir wenden uns hiermit wieder zu einem der interessantesten Ab- schnitte in der Entwicklungsgeschichte. Interesse beansprucht gerade in morphologischer Hinsicht das Urogenitalsystem, weil sich an ihm eine grosse Anzahl von wichtigen Umwandlungen während des embryonalen Lebens vollzieht. Bei den höheren Wirbelthieren werden zuerst die Vorniere und die Urniere angelegt. Organe, die von vergänglicher Natur sind, die zum Theil wieder verschwinden und durch die bleibende Niere ersetzt werden, zum Theil sich nur in ihren Ausführwegen erhalten. Die vergänglichen Bildungen aber entsprechen Organen, die bei niederen Wirbelthieren dauernd in Function sind. Seit einer Reihe von Jahren ist das Capitel „Harn-Geschlechtsorgane" durch Untersuchung jeder einzelnen Wirbelthierclasse von den verschie- densten Seiten sorgfältig durchgearbeitet worden, nachdem durch die vor- treiTlichen Untersuchunuen von Waldeyer und von Semper die Aufmerk- samkeit der Forscher auf eine Reihe ganz neuer und unerwarteter Er- scheinungen gelenkt worden war. Es ist eine umfangreiche Literatur entstanden, in welcher die Abhandlungen von SEDr;wicK, vax Wijhe, RücKERT, BovERi, FüRBRiNGER, MiHALKovics besoudors hervorzuhoben sind; viele wichtige Thatsachen sind ans Tageslicht gefördert w^orden. Trotzdem ist nicht zu verschweigen, dass über einzelne Fragen die Meinungen noch auseinandergehen. Wie in mehreren früheren Capiteln werde ich auch hier der Dar- stellung eine breitere Grundlage dadurch geben, dass ich die niederen Wirbelthiere bei einzelnen Fragen zum Theil etwas eingehender be- rücksichtige. a) Die Vorniere und der Vornierengang. Das Erste, wodurch sich die Entstehung des Harn-Geschlechtsappa- rates bemerkbar macht, ist die Anlage der Vorniere. Es ist dies eine Bildung, welche jetzt bei den Embryonen aller Wirbelthiere nachgewiesen ist, aber bei einigen eine grössere, bei anderen eine geringere Rolle spielt. Bei einigen (Myxine, Bdellostoma, Knochenfischen) bleibt sie dauernd erhalten; bei anderen, wie den Amphibien, wächst sie während des Larvenlebens zu einem ansehnlichen Organ heran, das nach der Metamorphose wieder verkümmert; bei den Selachiern und Amnioten endlich bleibt ihre Anlage von vornherein sehr rudimentär. In diesem 344 Fünfzehntes Capitel. sP9 Falle hat man sie früher für das vordere Ende des Urnierenganges gehalten, bis durch die vergleichende Embryologie die richtigen Gesichts- punkte gewonnen worden sind. Für die Entwicklung der Vorniere wähle ich die Selachier, Amphibien und Vögel als Beispiele. Bei Selachiern von etwa 27 Segmenten legt sich die Vorniere, in der Gegend des dritten oder vierten Rumpfsegments beginnend , nach rückwärts an. Dort, wo der segmentirte in den unsegmentirten Theil des mittleren Keimblatts übergeht, wachsen aus dem parietalen Blatt desselben eine Anzalil segmental hinter einander angeordneter Zellstränge hervor (Fig. 236 vw), bei Torpedo 6, bei Pristiurus 4, die nach rück- wärts umbiegen und sich zu einem Längsstrang verbinden. Bald darauf erhalten die Anlagen durch Auseinander- weichen der Zellen kleine Höhlungen in ihrem Innern. Auf diese Weise ist jetzt zwischen Epidermis und pa- rietalem Mittelblatt einLängs- canal, der Vornierengang (Fig. 237 vg), entstanden, der sich über mehrere Rumpf- segmente erstreckt und durch mehrere hinter einander ge- legene Oeffnungen oder Vor- nierentrichter mit der Leibeshöhle verbunden ist (Fig. 231 vn). Kurze Zeit nach ihrer Entstehung erleidet die An- lage in ihrer vorderen Hälfte eine vollständige Rückbil- dung; die hintere Hälfte da- gegen entwickelt sich weiter, weitet sich aus, bleibt aber mit der Leil)eshöhle nur durch einen einzigen Nieren- trichter in Zusammenhang (Fig. 231 vn), sei es nun, dass, wie Wijhe angiebt, die mehrfachen Trichter zu einem einzigen verschmolzen sind, sei es, dass nach der Dar- stellung von Rt)cKERT alle Trichter bis auf einen ein- zigen sich schliessen und zurückbilden. Auch bei den Amphibien legt sich die Vorniere an der Stelle, wo Ursegmeute und Seitenplatten an einander grenzen, dadurch an, dass ' a-'O ,^g-o-rr0'05"ga rä:; ■inp ch W seh ao vn pmb vinb ik 236. ch Fig. 237. Fig. 236 u. 237. Zwei Querschnitte durch einen Embryo von Pristiurus. Nach Eabl. Querschnitt Fig. 237 liegt ein wenig weiter nach hinten als Querschnitt Fig. 236. ch Chorda, spg Spinalknotcn. mp Muskel])lattc des Ursegments. W .skeletogenes Gewebe, das aus der medialen Wand des Ursegments hervorgewuchert ist. seh subchordaler Strang, ao Aorta, ik inneres Keimblatt, pmb^ vmb parietales, viscerales Mittel- blatt, vn Vorniere, vg Vorniereugang. x Spalte im Ursegment, welclies noch mit der Leibeshöhle in Zusammenhang steht. Die Organe des mittleren Keimblattes. 345 cu an dem parietalen Blatt der letzteren einzelne solide, sej^mental ange- ordnete Wucherungen entstehen (Mollier, Field), Dieselben höhlen sich weiterhin aus (Fig. 238 u) und verbinden sich an ihren dem äusseren Keimblatt zugewandten Enden zu einem Längscanal. Der so entstandene Vor- nierengang (Fig. 238 u) hängt bei Rana und Bombinator durch drei Nierentrichter, bei Triton und Salamander durch zwei mit der Leibeshöhle zusammen, die hier etwas erweitert ist und als „Vornieren- kammer" bezeichnet wird. Die ganze An- lage gewinnt bald darauf während des Larvenlebens eine stattliche Ausbildung dadurch, dass die Nierentrichter zu langen, sich vielfach schlängelnden Röhren (Vor- nierencanälen) auswachsen (Fürrrixger, GöTTE). Bei den Vögeln, an welche sich die Verhältnisse bei den Reptilien und Säuge- thieren anschliessen lassen, tritt die Vor- niere in ähnlicher Weise wie bei den Se- lachiern in mehr oder minder verküm- merter Form auf (Sedgwick, Gasser, RaNSON, SiEMERLING, WeLDON, MlHAL- Kovics, Felix). Sie macht sich zuerst bemerkbar bei Hiihnerembryoneu von acht Ursegmenten in der Gegend des fünften bis siebenten Segments und entwickelt sich von hier bei älteren Embryonen nach rückwärts bis in die Gegend des zwölften (Sedgwick) oder fünfzehnten (Felix) Segments. Bei ihrer Entstehung bleiben die Ursegmente noch einige Zeit mit den Seitenplatten in Verbindung durch segmental angeordnete Zellstränge, die zuweilen auch noch eine feine Höhle erkennen lassen und als Mittel- platte oder intermediäre Zellmasse zu- sammengefasst werden. In Figur 239 ist die letztere sehr deutlich zu sehen. Nach den neuesten Untersuchungen von Felix treten auch beim Hühnchen einzelne, segmental angeordnete, nach dem äusseren Keimblatt zu ge- richtete Auswüchse der intermediären Zellmasse auf, zuerst im Bereich des vierten bis achten Ursegmentes, dann allmählich nach hinten bis zum fünfzehnten Ursegment fortschreitend. Indem sie sich wieder nach hinten umlegen und untereinander verbinden, geben sie einem zwischen äusserem und mittlerem Keimblatt gelegeneu Längscanal (Fig. 239 "PTc?), dem Vornierengang, den Ursprung. Später lösen sich die Ursegmente von den Seitenplatten ganz ab. Die ursprünglich soliden Zellstränge der Vornieren erhalten eine deutliche Höhle und bleiben durch einzelne Trichter mit der Leibeshöhle in Verbindung stehen. Eine eigenartige Beschaffenheit gewinnt endlich die Vorniere, wie es scheint, bei allen Wirbelthieren noch dadurch, dass sich in der Nähe ihrer Trichter einzelne pilzförmige Wucherungen aus der Wand der Fig. 238. Querschnitt durch eine sehr junge Kaulquappe von Bombinator in der Ge- gend des vorderen Endes des Dottersacks. Nach Götte. a Falte des äusseren Keim- blattes, die sich in die Rückenflosse fortsetzt. zs* Rückenmark, m Seitenmuskel, «s* äussere Zell- schicht der Muskelplatte. » Me- senchymzellen. b Uebergang des parietalen in das viscerale Mittel- blatt, u Vorniere. / Darmhöhle. e Darmblatt, in die Dotterzellen- masse d übergehend. /' ventraler Blindsack des Darms , der zur Leber wird. 346 Fünfzehntes Capitel. Leibeshöhle und zwar links und rechts von der Ansatzstelle des Darm- gekröses entwickeln. In jede Wucherung dringt von der Aorta ein Blut- gefäss und löst sich hier ähnlich wie in den MALPiGHi'schen Körperchen der Niere in ein Büschel von Capillaren auf, die sich gleich darauf wieder zu einem ahführenden Gefäss vereinigen. M.C. Fig. 239. Querschnitt durch die Rückengegend eines Hühnerembryo von 45 Stunden, nach Bai-four. Der Schnitt zeigt das mittlere Keimblatt theilweise gesondert in das ürsegment (P») und die Seitenplatte, welche die Leibeshöhle {pp) zwischen sich fasst. Mc Medullarrohr; Fv Ürsegment; 8o Rumpfplatte; Sp Darmplatte; pp Leibes- höhle; ch Chorda; A äusseres Keimblatt; C* inneres Keimblatt; ao Aorta; v Blutgefäss; Wd WoLFF'scher Gang. Beim Hühnchen zum Beispiel (Fig. 241) wuchert das Bindegewebe an beiden Seiten des Mesenteriums {me). durch welches linke und rechte Vorniere von einander getrennt werden, in der Gegend des elften bis fünfzehnten Segments und wächst als ein kugeliger Körper {gl) in die Leibeshöhle hinein. p gl Fig. 240. Quer- schnitt durch die Vorniere von Triton taeniatus (6 mm), nach Skmon. p Peritoneal trichter. gl Glomerulus. l Leibeshöhle. Später geht meist aus den segmental angelegten Wucherungen des Bauchfells mit ihrer charakteristischen Gefässanordnung ein grösseres, einheitliches Gebilde hervor, das in der Literatur als Vornieren- knäuel (V o r n i e r e n g 1 o m e r u 1 u s ) bekannt ist (Fig. 240 gl). Ueber seine Lagebeziehungen zum Darmgekröse und zu den Nierentrichtern (;>) giebt der schematisch gehaltene Querschnitt (Fig. 240) durch die Vorniere einer 6 mm langen Tritonlarve eine klare Vorstellung. Nur bei denjenigen Wirbelthieren, bei denen die Vorniere vorü])er- gehend wirklich in Function tritt, wie bei den Larven der Amphibien, bei Gyclostomen und Teleostiern, erreicht ihr Glomerulus eine ansehn- Die Organe des mittleren Keimblattes. 347 liehe Entwicklung, während er bei den Selachiern und den Aninioten rudimentär bleibt und später ganz rücktiebildet wird (Fif>-. 241 (/l). Im ersteren Fall wird wahrscheinlich durch diese P^inrichtung Flüssigkeit oder Harnwasser ausgeschieden, das dann durch die Oeffnungen der Vornierencanälchen aufgenommen und durch den gleich zu besprechenden Vornierengang nach aussen entleert wird. Bemerkenswerth und für die Structur der Vorniere charakteristisch ist dabei der eine Punkt, dass der Gefässknäuel sich nicht in der Wand der Vornierencanälchen selbst, wie es bei den Canälchen der Urniere der Fall ist, sondern in der Wand der Leibeshöhle entwickelt hat , so dass nur durch Vermittelung der letzteren das Harnwasser abgeführt werden kann. Zu diesem Zweck hat sich bei vielen Wirbelthieren noch der vordere Abschnitt der Leibeshöhle, der den Gefässknäuel und die Vor- nierentrichter enthält, gegen den übrigen Abschnitt mehr oder minder vollständig abgeschlossen, indem zwi- schen parietalem und visceralem Blatt des Bauchfells Verwachsungen nach- träglich zu Stande gekommen sind und eine Art V o r n i e r e n k a m m e r hervorgerufen haben. Bei den Tele- ostiern ist die Vornierenkammer voll- ständig abgeschlossen, theilweise da- gegen nur bei Lepidosteus, IchthyophiS; Crocodilen und Cheloniern. In welcher Weise mündet nun aber die Vorniere nach aussen? Es geschieht dies durch den Vornierengang, der sich in der oben beschriebenen Weise unmittelbar im Anschluss an die Vorniere ent- wickelt. Vorn entstanden, wächst er allmählich so weit nach hinten, bis er den Enddarm erreicht und sich in die Cloake öffnet. Man findet ihn bei allen Wirbelthieren in der Gegend, wo die Ursegmente an die Seitenplatten angrenzen. Zur Zeit seiner Entstehung ist er immer dicht unter dem äusseren Keimblatt gelegen (Fig. 239 Wd) ; später entfernt er sich immer weiter von ihm und rückt in grössere Tiefe, indem sich embryonales Bindegewebe dazwischen schiebt (Fig. 242 wd u. Fig. 245 iu/). Der Canal hat eine Anzahl verschiedener Namen erhalten und wird in der Literatur als Vornierengang, Urnierengang, WoLFp'scher Gang oder Segmen tal gang aufgeführt. Die verschiedene Benennung erklärt sich daraus, dass der Canal im Laufe der Entwicklung des Nierensystems seine Function wechselt und ursprünglich nur für die Vorniere, später für die Urniere als Ausführungsgang dient. lieber die Entstehung des Canals haben lange Zeit die Ansichten hin und her geschwankt. Aus den vielen, oft widersprechenden Unter- suchungen scheint sich mir jetzt folgender Tliatbestand zu ergeben, zu welchem auch Rückert in seiner zusammenfassenden Darstellung der Harnorgane gekommen ist. Bei allen Wirbelthieren mit Ausnahme des Amphioxus entwickelt sich der vordere Abschnitt des Vornierensangs aus dem mittleren Fi^. 241. Querschnitt durch den äusseren Glomerulus eines Vornierencanälchens eines Hühn- chens von ungefähr 100 Stunden, nach Balb'our. gl Glomerulus. (/e Peritonealepithel. Wd Urnierengang'. ao Aorta, mc Mesen- terium. Das Vornierencanälchen und sein Zusammenhang mit dem Glomerulus sind in dieser Figur nicht angegeben. 348 Fünfzehntes Capitel. Keimblatt in der Weise, dass die früher beschriebenen, in geringer An- zahl segmental entstandenen Vornieiencanälchen mit ihren freien Enden nach hinten umbiegen und sich untereinander verbinden. Der mittlere und hintere Abschnitt dagegen zeigt nach den einzelnen Wirbelthier- olassen eine zweifach verschiedene Bildungsweise. Bei Knochenfischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln endet der Vornierengang , wenn sich sein vorderer Abschnitt aus dem mittleren Keimblatt eben angelegt hat, nach hinten als ein Höcker, welcher in den Zwischenraum zwischen äusserem und mittlerem Keimblatt frei vor- springt. Der Höcker wächst dann durch Vermehrung seiner eigenen Zellen allmählich in die Länge, bis er den Enddarm erreicht und mit der Wand desselben verschmilzt (Mollier, Field und ältere Autoren). Der mittlere und hintere Abschnitt des Vornierengangs schnürt sich also weder vom äusseren noch vom mittleren Keimblatt ab, wie von dieser oder jener Seite behauptet worden ist, noch bezieht er überhaupt von ihnen Zellenmaterial zu seiner Vergrösserung. Die zweite Bildungsweise trifft man bei den Selachiern (Wijhe, Rabl, Beard, Rückert) und bei den Säugethieren an (Hensen, Flemming, Graf Spee, Keibel). Wenn bei ihnen die Vorniere eben aus den Wucherungen des mittleren Keimblattes entstanden ist, setzt sich das hintere Ende des Vornierenganges, anstatt als Höcker nach hinten frei aufzuhören, alsbald mit dem äusseren Keimblatt in feste Verbindung. An den Befund, der von einem Selachierembryo in Fig. 236 dar- gestellt ist, schliesst sich in einer Querschnittserie bald ein Befund (Fig. 237) an, in welchem der Vornierengang jetzt als leistenartige Ver- dickung des äusseren Keimblattes erscheint. Durch das Studium ver- schieden alter Embryonen lässt sich dann weiter beobachten, dass sich die leistenartige Verdickung des äusseren Keimblattes immer weiter nach rückwärts verlagert, während nach vorn von dieser Stelle der Gang sich abgelöst hat und selbständig geworden ist. Man findet also immer nur das hinterste Ende des in die Länge wachsenden Vornierengangs mit dem äusseren Keimblatt innig verbunden. Doch liegen die Ver- hältnisse, wie RccKERT wohl mit Recht hervorhebt, zur Zeit noch so, dass sich aus den vorliegenden Beobachtungen nicht ohne Weiteres fest- stellen lässt, ob an der Verbindungsstelle eine Abgabe von Zellen- material aus dem äusseren Keimblatt erfolgt, oder ob das Material des Ganges aus der nach hinten auswachsenden (mesoblastischen) Vornieren- anlage selbst hervorgeht. Entsprechende Befunde wie die Selachier liefern uns die Säuge- thiere (Hensen, Flemming, Graf Spee, Keibel). Nach Darlegung des Thatsachenmaterials tritt jetzt an uns die Auf- gabe heran, zu entscheiden, wie sich die verschiedenartigen Befunde bei Selachiern und Säugethieren einerseits, bei den übrigen Wirbelthieren andererseits vereinbaren lassen, und welche Gesannntvorstellung wir uns damit über die vielumstrittene EntstehuniJ (Onto- und Phylogenie) des Vornierenganges bilden dürfen. Drei wichtige Entdeckungen sind hierbei noch in Rechnung zu ziehen. 1) Den Bemühungen von Boveri und Weiss (1890) ist es endlich gelungen, das immer vergeblich gesuchte Harnorgan des Amphi- oxus aufzufinden. p]s liegt dasselbe im Bereich des Kiemenkorbs und besteht aus zahlreichen, segniental angeordneten, flimmernden Drüsen- canälchen. Die Organe des mittleren Keimblattes. 349 Von diesen bepniit ein jedes mit mehreren Flimmertriehtern auf der Oberflache des am Kiemendarm gelegenen Abschnitts der Leibes- höhle und durchsetzt in schräger Richtung die Rumpfwan^) eingehüllt, an der Wand einen nach innen ge- richteten Vorsprung, den Eihügel oder Discus proligerus. Wenn das Ei seine vollständige Reife erlangt hat, geschieht seine Entleerung durch ein Platzen des GKAAp'schen Follikels, welcher dann beim Menschen etwa einen Durchmesser von 5 mm erreicht hat und eine hügelartige Hervorw^ölbung an der Oberfläche des Eierstocks her- vorruft. Durch den Riss strömt die Follikelflüssigkeit aus und reisst dabei das Ei aus dem Keimhügel (Discus proligerus) mit heraus. Das Ei geräth zunächst in die Bauchhöhle, umgeben von einer geringen Menge von Follikelzellen, welche noch der Zona pellucida anhaften (Fig. 7); dann wird es von dem Eileiter aufgenommen. Ä B fz' Fig. 257. Zwei Entwicklungsstadien von Graafschen Bläschen. A mit beginnender Entwicklung von Follikelflüssigkeit, B mit grösserer Ansammlung derselben. ei Ei. fz Follikelzellen. fz^ Follikelzellen, welche das Ei einhüllen und den Discus proligerus bilden, ff Follikelflüssigkeit (Liquor folliculi), fk Follikelkapsel (Theca folliculi), zp Zona pellucida. In den Hohlraum des Bläschens, der durch den Ausfluss der Flüssig- keit entstanden ist, findet ein Bluterguss aus den in der Umgebung ge- borstenen Gefässen statt. Das Blut gerinnt und wandelt sich unter Wucherung der angrenzenden Gewebe in den gelben Körper (das Corpus luteum) um, welcher eine charakteristische Bildung für den Eier- stock der Säugethiere ist. An der Wucherung betheiligen sich sowohl die zurückgebliebenen Follikelzellen (Membrana granulosa) als auch die bindegewebige Follikelkapsel. Die Follikelzellen vermehren sich noch, dringen in das Innere des Blutgerinnsels hinein und beginnen nach einiger Zeit zu zerfallen und sich in eine körnige Masse aufzulösen. Von der Kapsel wuchern blutgefässführende Sprosse in den gelben Körper hinein, wobei gleichzeitig ein massenhaftes Auswandern von weissen Blutkörperchen oder Leukocyten erfolgt, welche später ebenfalls verfetten und körnig zerfallen. Für die weitere Entwicklung des gelben Körpers ist es nun von grossem Einfluss, ob das entleerte Ei befruchtet wird oder unbefruchtet bleibt. Denn je nachdem das eine oder das andei-e eintritt, wird der gelbe Körper als wahrer oder falscher unterschieden. Im ersteren Falle erhält Die Organe des mittleren Keimblattes. 369 er eine viel bedeutendere Grösse , deren Maximum im 4. iMonat der Schwangerschaft erreicht wird. Er stellt dann eine fleischige, röthliche Masse dar. Vom 4. Monat an beginnt der Rückbildungsprocess. Es werden die Zerfallsproducte, die aus der körnigen Metamorphose der Follikelzellen und Leukocyten, sowie aus dem Blutgerinnsel hervor- gegangen sind , von den Blutgefässen aufgesaugt. Aus dem zersetzten Blutfarbstoff sind Hämatoidinkrystalle entstanden, welche dem Körper jetzt eine orangerothe Färbung verleihen. Das ursprünglich zellenreiche Bindegewebe beginnt wie bei der Narbenbildung zu schrumpfen; als Folge dieser verschiedenen Rückbildungsprocesse beginnt der gelbe Körper, der über die Oberfläche des Eierstocks hervorragte, erheblich kleiner zu werden und sich schliesslich in eine derbe, bindegewel)ige Schwiele umzuwandeln, welche eine Einziehung an der Oberfläche des Organs bedingt. Wenn keine Befruchtung erfolgt ist, so treten zwar dieselben Metamorphosen und Wucherungsprocesse ein, nur bleibt der falsche gelbe Körper ausserordentlich viel kleiner. Wahrscheinlich hängt dies damit zusammen, dass der Blutzudrang zu den Geschlechtsorganen, wenn die Befruchtung ausbleibt, ein viel geringerer ist als bei Eintritt der Schwangerschaft. Abgesehen von den PrLüGER'schen Schläuchen, welche aus dem Keimepithel ihre Entwicklung nehmen und die Ureier liefern, gehen bei den meisten Wirbelthierclassen noch Epithelstränge anderer Art und anderen Ursprungs in die Zusammensetzung des Eierstocks ein. Wie bei Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säuge- thieren von verschiedenen Seiten beobachtet worden ist, wachsen aus dem ganz in der Nähe gelegenen W^oLFF'schen Körper Epithelsprossen, die „Geschlechtsstränge der Urniere", hervor und dringen nach dem sich entwickelnden Eierstock hin, schon zu einer Zeit, in w-elcher der Durchwachsungsprocess zwischen Keimepithel und Binde- substanz eben beginnt. Sie nehmen, wie Braun für Reptilien, Hoffmann für Amphibien, Semon und Hoffmann für die Vögel nachgewiesen haben, aus dem Epithel der MALPioni'schen Körperchen ihre Entstehung. An der Basis der als Leiste in die Leibeshöhle vorspringenden Anlage des Eierstocks treten sie darauf bei den Säugethieren, bei denen ihr weiteres Schicksal bisher am genauesten verfolgt ist, mit einander zu einem Netz- werk in Verbindung, schlängeln sich und wachsen den PFLüGEß'schen Schläuchen entgegen. Während nun aus den letzteren bei den Säuge- thieren die Rinde des Eierstocks sich entwickelt, nehmen erstere an der Zusammensetzung der späteren Marksubstanz Theil und werden insofern auch als Mark stränge bezeichnet. Sie bleiben in der Nähe der Follikel solid, während sie nach der Urniere zu eine Höhlung bekommen, welche von cylindrischen Zellen umgeben wird. Bei verschiedenen Arten der Säugethiere zeigen die Markstränge, wie die vergleichenden Untersuchungen von Harz ergeben haben, eine bald geringere, bald mächtigere Entwicklung. Bei einigen, z. B. bei dem Schwein und Schaf, dringen sie nur l)is zur Wurzel des Eierstocks vor und bleiben somit von den PFLüGER'schen Schläuchen durch einen weiten Zwischenraum getrennt ; bei anderen wuchern sie bis in ihre Nähe heran, legen sich ihnen zum Theil dicht an (Katze, Meerschweinchen, Maus etc.) und treten bei der Zusammensetzung der Marksubstanz sehr in den Vordergrund. Ueber die Bedeutung der Geschlechtsstränge der Urniere oder der Markstränge für die Eibildung stehen 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 24 370 Fünfzehntes Capitel. sich zwei Ansichten gegenüber. Nach Kölliker und Rouget sollen die Markstränge frühzeitig mit den PrLüGER'schen Schläuchen ver- schmelzen und ihnen die Zellen liefern, welche zum Follikelepithel werden. Es würden demnach die in einem Follikel enthaltenen Zellen zweifacher Abkunft sein, es würden die Follikelzellen von der Urniere, die Eier vom Keimepithel abstammen. Die meisten Embryologen be- streiten dies. Nach ihren Beobachtungen treten nur ausnahmsweise die Markstränge dicht an einen Follikel heran, bei manchen Säugethieren gar nicht; es müssen daher vom Keimeiiithel nicht nur die Ureier, sondern auch die zugehörigen Follikelzellen geliefert werden. Ich ent- scheide mich auch für die letztere Ansicht, für welche mir die That- sachen am meisten zu sprechen scheinen. Welche Bedeutung aber dann die Markstränge haben, wird besser zu verstehen sein, wenn wir mit der Entwicklung des Hodens bekannt geworden sind , zu welcher wir nun übergehen wollen. ^c^ g) Der Hoden, Ich will gleich hervorheben, dass unsere Kenntnisse von der Ent- wicklung des Hodens weniger vollständige sind als diejenigen von der Entwicklung des Eierstocks. Am klarsten scheinen mir die Verhältnisse bei den amnionlosen Wirbelthieren zu liegen. Hier besitzen wir die bahnbrechenden Untersuchungen von Semper und Balfour über die Selachier, von Hoffmann über die Amphibien. Alle diese Forscher sind in überein- stimmender Weise zu dem Resultat gekommen , dass die männlichen Geschlechtsproducte , ebenso wie die weiblichen, von dem Keimepithel der Leibeshöhle ihren Ursprung nehmen. Auch im männlichen Ge- schlecht ist in der Gegend der Urniere ein besonderer, verdickter Streifen höherer Epithelzellen nachzuweisen, in welchen grössere Zellen mit bläschenförmigen Kernen, die Ursamenzeilen, eingebettet sind. Auch hier wandern diese in das unterliegende Bindegewebe hinein. Sie bilden daselbst bei den Haien, deren Verhältnisse ich der weiteren Be- A B { ( 'a '! " ■• .. -^1— US T •;^ \ / T^A^ •--■€:* sc Fig. 258. A Vorkeimketten der Vorkeimfalte eines 17 cm langen Acanthias -Embryo. 330fach vergrössert. Nach Semper. Man sieht schmalkernige Zellen und Ursamenzellen, welche Ureiern ähnlich sind. B Samenampulle aus der Vorkeimfalte eines 25 cm langen Acanthias- Embryo. 330facli vergrössert. Nach Sempeu, US Ur.sanienzelle. sc Samiiick'anälchen, welches sich der Sameuampulle blind ge- schlossen angelegt hat. Die Organe des mittleren Keimblattes. 371 Schreibung zu Grunde legen will, unregelmässige Zellstränge, die Vor- keimketten Semper's (Fig. 258 Ä). Aus ihnen entwickeln sich kleine, kugelige, follikelartige Körper (Fig. 258 B), indem Bindegewebe aus der Umgebung in die Stränge hineinwächst und sie zerlegt. So weit besteht also vollständige Uebereinstimmung in der Ent- wicklung von beiderlei Geschlechtsdrüsen. Während nun aber beim Eierstock in jedem Follikel eine Zelle an Grösse gewinnt und sich zum Ei umwandelt, unterbleibt dies beim männlichen Geschlecht; hier höhlen sich die lollikelartigen Bildungen im Innern aus und gestalten sich so zu Samen anipullen um. Ihre Epithelzellen wachsen allmählich in lange Cylinder aus; sie werden zum grössten Theil zu Samen- mutterzellen, welche duich oftmals wiederholte Theilung im Ganzen in 60 Samenzellen zerfallen, deren jede sich zu einem Samenfaden um- wandelt. Indem immer die von einer Samenmutterzelle abstammenden Fäden sich parallel neben einander anordnen, erklärt es sich, dass man vor Eintritt der völligen Reife die Samenfäden in grösserer Anzahl zu Bündeln vereinigt findet. Während der Hoden, gleich dem Eierstock, seine speci fischen Gewebsbestandtheile direct vom Keim- epithel bezieht, erhält er seine ausführenden Wege von der Urniere geliefert. Wie im weiblichen, so wachsen auch im männlichen Geschlecht Epithelsprossen, die Geschlechtsstränge (Geuital- canäle Hoffmann's), von der Urniere dem Hoden entgegen; sie ent- stehen bei den Amphiliien durch Wucherung der Wandzellen einzelner MALPiGHi'scher Knäuel; bei den Selachiern dagegen sprossen sie in etwas abweichender Weise aus dem Flimmertrichter hervor. An der Basis der Hodenleiste angekommen, vereinigen sie sich unter einander zu einem Längscanal , von welchem feine Röhrchen noch weiter in die Hodensubstanz hineingesandt werden , um sich mit den aus dem Keim- epithel entstehenden Bildungen zu vereinigen. Wie die Figur 258 B lehrt, legen sich die Ausführröhrchen (sc) bei den Selachiern zuerst blind geschlossen an die Samenampullen an und treten mit ihnen in offene Verbindung erst dann, wenn die Reifung der Samenfäden beginnt. Bei den höheren Wirbelthieren herrschten früher mancherlei Meinungsverschiedenheiten ül^er die Entwicklung des Hodens. Zwar war auch hier ein Keimepithel im männlichen Geschlecht von Waldeyer und Anderen auf der Oberfläche der Urniere nachgewiesen, aber eine Be- theiligung desselben an der Anlage des Hodens in Abrede gestellt worden. Nach der ursprünglichen Darstellung von W^aldeyer, welche Ton vielen Forschern, wie namentlich auch von Kölliker, vertreten wurde, hielt man die Samencanälchen für Bildungsproducte der Urniere. Neuere Untersuchungen, die freilich noch nicht in allen Punkten mit ein- ander harmoniren, haben nun aber nachgewiesen, dass die Entwicklung des Hodens der Reptilien, Vögel und Säugethiere mit derjenigen der amnionlosen Wirbelthiere in den Hauptzügen übereinstimmt. In An- schluss an Bornhaupt und Egli, die allerdings noch mit unvoll- kommenen Untersuchungsraethoden gearbeitet haben, geben neuerdings Braun für die Reptilien, Semon und Hoffmann für die Vögel, Mihal- Kovics und Janosik für die Säugethiere an, dass auch im männlichen Geschlecht das Keimepithel zu wuchern beginnt, in die Tiefe dringt und die Ursamenzeilen liefert. Die Canälchen, welche Waldeyer und Kölliker von der Urniere in die Hodenanlage hineinwachsen lassen, die Geschlechtsstränge, dienen nur zur Ausführung des Samens. 24* 372 Fünfzehntes Capitel. Wie Braun für die Reptilien, Semon für das Hühnchen angibt, sprossen sie vom Epithel MALPiGHi'scher Knäuel, wie bei den Amphi- bien, hervor. Wenn nach diesen Angaben der doppelte Ursprung der Hodensubstanz einerseits vom Keim epithel, anderer- seits von der Urniere her wohl nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann, so bedürfen im Einzelnen manche Verhältnisse, welche bei den höheren Wirbelthiereu noch in abweichender Weise dargestellt werden, erneuter Untersuchung. Vor allen Dingen ist der Punkt noch weiter aufzuklären: In welchem Verhältniss nehmen die vom Keim- epithel und die von der Urniere gelieferten Epithelzellen am Aufbau der Hodensubstanz Theil? Werden die samenbereitenden Canälchen ausschliesslich vom Keimepithel gebildet oder nur die Samenmutter- zellen, während sich ihnen noch indifferente Zellen von den „Geschlechts- strängen der Urniere" bei der Durchwachsung hinzugesellen? — Ich halte es für das Wahrscheinlichste, dass die samenberei- tenden Canälchen, die Tubuli seminiferi, vom Keim- epithel, dagegen die Tubuli recti und das Rete testis von der Urniere abstammen. Die Entwicklung des Hodens bei menschlichen Embryonen hat Nagel untersucht. Auch nach seiner Beschreibung gehen aus dem lebhaft wuchernden Keimepithel zahlreiche Zellstränge hervor, in welche grosse Ursamenzeilen eingebettet sind. Sie werden später zu den Samencanälchen. Bei dem Menschen herrscht von vornherein, wie Nagel bemerkt, zwischen beiden Geschlechtern ein so grosser Unterschied sowohl in der Gestaltung des ursprünglichen Keimepithelwulstes, wie in dem ganzen Zerlegungsvorgang desselben, dass man an dem anatomischen Bau der Sexualdrüsen von einem sehr frühen Stadium an erkennen kann, ob mau ein weibliches oder ein männliches Wesen vor sich hat. h) Umwandlung der verschiedenen Anlagen des Uro- genitalsystems in den fertigen Zustand. Auf den vorhergehenden Blättern sind wir mit der ersten Entwick- lung der verschiedenen Theile, welche die Grundlage für das Urogenital- systera bilden, bekannt geworden. Diese sind (Fig. 259) drei Paar Canäle : die Urnierengänge (ug), die MtJLLER'schen Gänge (mg), die Ureteren oder Harnleiter (hl) ; ferner eine grössere Anzahl von drüsigen Bildungen : Vorniere, Urniere (mw), bleibende Niere (n) und die Geschlechtsdrüsen (kd), Eierstock und Hoden. Es wird nun im Folgenden meine Aufgabe sein, zu zeigen, wie sich von diesen embryonalen Anlagen die fertigen Zustände herleiten. Hierbei werde ich mich hauptsächlich auf den Menschen beschränken, da es sich jetzt um leichter zu untersuchende und im Allgemeinen wohl bekannte Verhältnisse handelt. Bei einem acht Wochen alten menschliclien Embryo (Fig. 260) sind die Anlagen, wenn wir von den nur mikroskopisch wahrnehmbaren Ver- schiedenheiten absehen, im männlichen und weiblichen Geschlecht noch zum Verwechseln ähnlich. Alle Drüsen liegen zu beiden Seiten der Lendenwirbelsäule: am weitesten nach vorn die Niere (w), die ein kleines, bohnenförmiges Körperchen ist, welchem die um diese Zeit unverhältnissmässig grosse, Die Organe des mittleren Keimblattes. 373 mg M nur iu der linken Hälfte der Figur zu sehende Nebenniere (nn) auf- lagert. Etwas seitwärts von ihr sieht man die Urniere (un) als einen läng- lichen, schmalen Gewebsstreifen. Sie ist an der Rumpfwand durch eine Bindegewebslamelle, eine Falte des Bauchfells, das sogenannte Gekröse der Urniere, befestigt. Das Gekröse ist in der Mitte der Drüse ziemlich breit, verlän- gert sich dagegen nach oben nach dem Zwerchfell zu in ein dünnes Bändchen, welches KöLLiKER als Zwerchfells- b a n d der Urniere beschrieben hat. Ferner bemerkt man noch bei sorgsamer Untersuchung am unteren Ende der Urniere eine zweite Bauchfellfalte, welche von ihr zur Leisten- gegend verläuft (Fig. 259 u. 260 gh). Sie schliesst einen derberen Bindegewebsstreifen, eine Art von Band ein, das in der Entwicklung der weib- lichen und männlichen Ge- schlechtsorgane eine Rolle zu spielen bestimmt ist: das Leistenband der Ur- niere. Es wird später beim Mann zum HuNTER'schen Leit- band (Gubernaculum Hunteri), beim Weib zum runden M u 1 1 e r b a n d (L i - g amen tum teres uteri). Medianwärts von den Ur- nieren finden sich je nach dem Geschlecht des Embryo die Hoden oder die Eierstöcke (M), zu dieser Zeit- noch kleine, ovale Körperchen. Auch sie besitzen ein eigenes Gekröse, durch das sie mit der Wurzel der Urniere zusammenhängen, hl 9h ug mg hbV hhl hl' ug" mg' md sug cl ghö gw cl' Fig. 259. Schema der indifferenten Anlage des Urogenitalsystems eines Säuge - thiers aus frühem Stadium. w Niere, kd Keimdrüse, un Urniere. ug Urnierengang. mg MüLLER'scher Gang, mg' vor- derstes Ende desselben, gh Gubernaculum Hun- teri (Urnierenleistenbandj. hl Harnleiter. hl' Einmündung desselben in die Blase, ug", mg" Einmündungen der Urnierengcänge und der Mül- LER'schen Gänge in den Sinus urogenitalis sug. md Mastdarm, cl Cloake. ghö Geschlechtsliöcker. gw Geschlechtswülste, cl' Ausmündung der Clo- ake. hbl Harnblase. hbV Verlängerung der Harn- blase in den Ürachus (später Lig. vesico-umbili- cale medium). ein Mesorchium oder ein Mesovarium. Solange die Geschlechtsorgane noch ihre Lage zu beiden Seiten der Lendenwirbelsäule einnehmen, verlaufen die sie ernährenden Gefässe genau quer: von der Aorta die Arteria spermatica zum Eierstock oder Hoden und die Vena spermatica von der Drüse quer herüber zur Vena cava inferior. Die verschiedenen Ausführungsgänge liegen zu dieser Zeit an dem Rande der Urnierenfalte dicht zusammen (^Fig. 259), und zwar am meisten nach vorn der MüLLER'sehe Gang {mg). Weiter nach abwärts nach dem Becken zu nähern sie sich von beiden Seiten der Median- €bene (Fig. 259), wobei der Müller sehe Gang {mg) eine Strecke weit 374 Fünfzehntes Capitel. nn un gh ung kd m medial vom Urnierengange {ug) und dann nach hinten von ihm zu liegen kommt, so dass er um ihn im Ganzen eine Art von Spiraltour be- schreibt. Im kleinen Becken angelangt, legen sich die vier Gänge hinter der Blase {libT) zu einem Bündel, dem Genitalstrang, zusammen, indem sie von den um diese Zeit schon ansehnlich gewordenen Nabel- arterien, die von der Aorta an beiden Seiten der Blase nach oben zum Nabel ziehen, umfasst und gleichsam zu einem Packet zusammengeschnürt werden. Auf einem Durchschnitt durch den Genitalstrang (Fig. 268) finden wir etwas mehr nach vorn und zu2;leich am weitesten auseinander gelegen die Urnierengange {ug) und etwas hinter ihnen und in der Median- ebene ganz dicht zusammengerückt die MüLLER'schen Gänge inig). Bei älteren Embryonen entstehen in der Ausbildung des Urogenital- systems schon äusserlich wahrnehm- bare Verschiedenheiten zwischen bei- den Geschlechtern, die von Monat zu Monat deutlicher werden. Sie gehen aus tiefgreifenden Meta- morphosen hervor, welche der ganze Apparat in seinen emzelnen Theilen fort und fort erfährt. Hierbei bilden sich einige ursprünglich sehr ansehnliche Anlagen fast vollständig zurück, andere finden nur im weiblichen, wieder andere nur im männ- lichen Geschlecht eine Verwendung und gehen im entgegengesetzten Falle zu Grunde. Ausserdem werden die Befunde, welche uns zum Ausgang der Darstellung gedient haben, dadurch erheblich verändert, dass die Geschlechtsorgane ihre ursprüngliche Lage zu beiden Seiten der Lendenwirbelsäule aufgeben, indem sie weiter nach abwärts in die Beckenhöhle rücken. Ich beschreibe zuerst die Veränderungen beim männlichen, dann beim weiblichen Geschlecht. Fig. 260. Harn- und Geschlechts- organe eines acht Wochen alten menschlichen Embryo, nach Köl- LiKER. Etwa 3mal vergrössert. nn rechte Nebenniere, un Umiere. n Niere, ung Urnierengang. gh Hun- TER'sches Leitband oder Leistenband der Umiere (Gubernaculum Hunteri oder Ligam. uteri rotundum). m Mastdarm. h Blase, kd Geschlechtsdrüse. A) Die Umwandlung im männlichen Geschlecht. Descensus testiculorum. Während der Hoden (Fig. 261 u. 262) durch Aufknäuelung der Samencanälchen zu einem ansehnlichen Organe {h) wird, bleibt die Ur- niere {nh + vd) in ihrem Wachsthum mehr und mehr zurück und bildet sich dabei in ihrem vorderen und in ihrem hinteren Abschnitt in ver- schiedener Weise um. Der vordere oder Geschlechtstheil der Ur- niere (wÄ), der sich in der schon früher beschriebenen Weise durch einzelne Canälchen mit den Samenröhrchen in Verbindung gesetzt und dadurch das Rete testis und die Tubuli recti geliefert hat, wandelt sich zu dem Kopf des Nebenhodens (der Epididymis) um. Er zeigt in der zehnten bis zwölften W^oche zehn bis zwanzig kurze, quer verlaufende Canälchen, welche jetzt als Vasa efferentia testis zu bezeichnen sind. Die Organe tles mittleren Keimblattes. 375 Die einzelnen Cauillchen vereinigen sich in dem gleichfalls noch gerade verlaufenden Urnierengang- (Fig. 262), der jetzt zum Samenleiter (sl) (Vas deferens) wird. Im vierten bis fünften Monat beginnen sie in die Länge zu wachsen und sich dabei aufzuknäueln ; die Vasa efferentia er- zeugen auf diese Weise die Coni vasculosi, das Anfangsstück des Samen- leiters aber liefert den Schwanz des Nebenhodens. nh sl pa J-^'vfs' ^Sr> «>^^ *^v_j-. ., -'"I.V.' 1 Fig-. 261. n Ivj nh h pa sl mg gh hl sbl sl' nh' h' gh Fig. 261. Die inneren Ge- schlechtstheile eines männ- lichen menschlichen Em- bryo von 9 cm Länge, nach Waldeyer. Vergrösserung 8. h Hoden, -nh Nebenhoden (Epididymis, Geschlechtstheil der Urniere\ pa Paradidjniis (Rest der Urniere). sl Samenleiter (Ur- nierengang). g getassführendes Bindegewebsbündel. Fig. 262. Schema zur Entwicklung der männ- lichen Geschlechtsorgane eines Säugethiers aus der indifferenten Anlage des Urogenitalsystems, welche in Fig. 250 schematisch dargestellt ist. Die bestehen bleibenden Theile der ursprünglichen Anlage sind durch schwarze Linien, die sich rückbildenden Theile durch Punkte angegeben. Die Lage, welche später nach vollzogenem Descensus die männlichen Geschlechtstheile einnehmen, ist mit punktirten Linien angedeutet. n Niere, h Hoden, nh Nebenhoden, pa Paradidymis. hy Hydatide des Neben- hodens, sl Samenleiter, mg rückgebildete MüLLER'sche Gänge, mn Uterus masculinus, Eest der MÜLLER'schen Gänge, gh HuNTER'sches Leitband, hl Harnleiter, hl' Ein- mündung desselben in die Blase, sbl Samenblasen, hbl Harnblase, hbl' oberer Zipfel der Harnblase , der in das Ligamentum vesico-umbilicale medium (Urachus) übergeht. hr Harnröhre, pr Piostata. dej Ausmündung der Ductus ejaculatorii. Die Buchstaben nh\ //, sV bezeichnen die Lage der einzelnen Organe nach erfolgtem Descensus. hr um Fig. 262. Nebenbei sei auch erwähnt, dass nahe der Ausmündung des Samen- leiters , während er an der hinteren Fläche der Blase vorbeizieht , im dritten Monat eine kleine Ausstülpung entsteht, welche zu der Samen- blase {sM) wird. Der hintere Abschnitt der Urniere {pa) Inldet sich bis auf ganz unbedeutende Reste zurück. Bei älteren Embryonen findet man noch 376 Fünfzehntes Capitel. zwischen Samenleiter und Hoden eine Zeit lang kleine, gewundene, meist beiderseits blind endende Canälchen, zwischen welchen auch ver- ödete MALPiGHi'sche Körperchen vorkommen. Das Ganze bildet einen kleinen, gelblich gefärbten Körper. Beim Erwachsenen sind diese Reste noch mehr verkümmert; sie liefern einerseits die Vasa aberrantia des Nebenhodens, andererseits das von Giraldes entdeckte Organ, die Paradidymis. Letztere besteht, wie Henle beschreibt, aus einer kleinen Anzahl platter, weisser, den Blutgefässen des Samenstrangs an- liegender Körper, deren jeder ein Knäuel eines an beiden Enden blinden Röhrchens ist ; jedes Röhrchen wird von einem fetthaltigen Epithel aus- gekleidet und ist an seinen blinden Enden zu unregelmässig gelappten Bläschen ausgeweitet. Die MüLLER'schen Gänge (Fig. 262 mg) gewinnen im männlichen Geschlecht keine Function und gehen daher als bedeutungslose Gebilde zu Grunde, und zwar verschwinden sie in ihrem mittleren Abschnitt meist spurlos, nachdem sie während des embryonalen Lebens eine Zeit lang als Epithelstränge nachweisbar gewesen sind; Gasser beobachtete sogar noch bei einem neugeborenen Knaben einen rudimentären Canal in grösserer Ausdehnung neben dem Samenleiter. Von den beiden End- abschnitten dagegen erhalten sich auch beim erwachsenen Menschen einige Rudimente, die in der descriptiven Anatomie als Uterus mas- culinus {um) und ungestielte Hydatide des Nebenhodens (liy) beschrieben werden. Zum Uterus masculinus {um) wandeln sich die hinteren End- stücke der beiden MüLLER'schen Gänge um, die, in den Genitalstrang eingeschlossen, dicht neben einander liegen. Durch Schwund der sie trennenden Scheidewand vereinigen sie sich zu einem unpaaren, kleinen Schlauch, welcher zwischen der Ausmündung der beiden Samenleiter an der Prostata gelegen ist und daher auch noch den Namen des Sinus prostaticus führt. Beim Menschen ausserordentlich unscheinbar, gewinnt er bei manchen Säugethieren, bei Carnivoren und Wiederkäuern (Weber), eine bedeutende Grösse und sondert sich in ähnlicher Weise, wie beim Weibe, in einen Scheiden- und einen Gebärmuttertheil. Beim Menschen entspricht er hauptsächlich der Scheide (Tourneux). Die ungestielte Hydatide {liy) entwickelt sich aus dem an- deren Ende des MüLLER'schen Ganges; sie ist ein kleines Bläschen, das dem Nebenhoden ansitzt, im Innern von flimmerndem Cylinderepithel ausgekleidet wird und sich in einen kleinen, gleichfalls flimmernden Canal fortsetzt. An einer Stelle besitzt sie eine trichterförmige Oeflfnung, welche von Waldeyer mit einem Tubenpavillon en miniature verglichen worden ist. Um das Bild der Entwicklung der Geschlechtsorgane zu vervoll- ständigen, ist jetzt noch der erheblichen Lage Veränderungen zu gedenken, welche der Hoden nebst den ihm angefügten Rudimenten eingeht. Von Alters her fasst man dieselben unter dem Namen des Descensus testiculorum zusammen. Ursprünglich liegen die Hoden (Fig. 262 h und 260 kd), wie oben schon gesagt, neben der Lendenwirbelsäule in der Bauchhöhle. Im dritten Monat finden wir sie schon im grossen Becken, im fünften und sechsten Monat an der Innenseite der vorderen Bauchwand , dicht am Leisten- ring (Fig. 263). In Folge dieser Lageveränderungen haben auch die er- nährenden Gefässe, die erst quer verliefen, ihre Richtung verändert und steigen nun, da ihr ursprünglicher Ansatz an der Bauch-Aorta und an Die Organe des mittleren Keimblattes. 377 nh md sl gh hl der unteren Hohlvene derselbe bleibt, in schräger Richtung von unten nach oben enijjor. Wie erklärt sich dieser Ortswechsel? Ich erwähnte bereits das Leistenband oder das Gubernaculum Hunteri (Fig. 262 und I^Z ijK)^ welches die Urniere oder, wenn diese gesciiwunden ist, den Hoden mit der Leistengegend in Verbindung setzt. Das Band ist mittlerweile zu einem kräftigen Bindegewebsstrang geworden, in welchem auch glatte Muskelzellen liegen. Mit seinem oberen Ende sitzt es am Kopf des Nebenhodens {nh) an, mit seinem unteren Ende durchbohrt es die -Bauchwand, um sich in der Lederhaut der Leisten- gegend zu befestigen. Offen- bar spielt nun dieses Band eine Rolle bei der Lagever- änderung der Geschlechts- organe. Früher glaubte man, dass es auf den Hoden einen Zug ausübe, wobei man auf die in ihm ent- haltenen , glatten Muskel- fasern hinwies oder eine Verkürzung des Binde- gewebsstranges durch all- mähliche Schrumpfung an- nahm. Auf diese Weise aber kann der sehr bedeu- tende Ortswechsel unmög- lich zu Stande gekommen sein. Mit Recht sucht man daher die Wirksamkeit des Bandes in einer anderen Weise, ohne Annahme einer activen Verkürzung oder eines durch Muskelkraft ausgeübten Zuges, zu erklären. Es handelt sich hierbei einfach um ungleiche Wachsthumsvorgänge. Wenn von mehreren in einer und derselben Körperregion ursprünglich neben ein- ander gelegenen Organen einige in späteren Monaten des embryonalen Lebens weniger an Grösse zunehmen, andere dagegen ausserordentlich in die Länge wachsen, so wird die natürliche Folge davon sein, dass die rascher wachsenden sich an den langsamer wachsenden Theilen vor- beischieben. Wenn nun in unserem Falle die in der Lenden- und Beckengegend gelegenen Skelettheile mit ihrer Musculatur sich strecken, während das HuNTER'sche Leitband nicht mitwächst und daher klein bleibt, so muss es, da sein eines Ende in der Haut der Leistengegend, das andere an dem Hoden festgeheftet ist, den Hoden als den ver- schiebbaren Theil nothwendiger Weise nach unten herabziehen; es zieht ihn zuerst allmählich in die Beckenhöhle und schliesslich, wenn die anderen Theile noch grösser geworden sind, wenn dabei auch die Bauch- wand um ein Vielfaches dicker geworden ist, in die Nähe des inneren Leistenringes (Fig. 263). Noch bedeutender wird der Ortswechsel des Hodens in Folge eines zweiten Vorganges, welcher schon im dritten Monat beginnt. Es bildet sich nämlich an der Stelle, wo das HuNTER'sche Band die Bauchwand durchsetzt, eine Ausstülpung des Bauchfells, der Scheide nforts atz oder Processus vaginalis peritonei (Fig. 264 ^). Dieser durch- bohrt allmählich die Bauchwand und dringt in eine Hautfalte hinein, welche sich in der Schamgegend entwickelt, wie in einem späteren Ab- Fig-. 263. Menschlicher Embryo aus dein fünften Monat. Natürl. Grösse. Nach Brämann. md Mastdarm, h Hoden, nh Nebenhoden, sl Samenleiter, gh HüNTKR'sches Leitband (Guberna- culum Hunteri) mit Processus vaginalis peritonei. hl Blase mit Lig. vesico-umbilicale medium. 378 P'ünfzehntes C'ai)itel. schnitt gezeigt werden wird (siehe Fig. 273 giv). Die OelTnung der bruchsackartigen Ausstülpung, welche in die Leibeshöhle führt, nennt man den inneren Leisten ring (7r), den die Bauchmusculatur durch- bohrenden Abschnitt den Leiste ncanal und das in der Hautfalte sich ausweitende, blinde Ende die Höhle des Hoden sack s. Bei seiner Wanderung senkt sich der Hoden (Fig. 264 B) auch noch in diese Bauchfelltasche hinein, wobei es dahingestellt sein mag, ob das HuNTEß'sche Band hierauf einen Einfluss ausübt oder nicht. Im achten Monat erfolgt gewöhnlich der Eintritt in den Leistencanal, im neunten Monat in den Hodensack, so dass am Ende des embryonalen Lebens der Descensus in der Regel vollendet is^ Es schliesst sich dann der Leistencanal durch Verwachsung seiner Wandungen; dadurch kommt der Hoden in einen von der Bauchhöhle abgeschnürten, allseitig geschlossenen Beutel zu liegen. Durch die eben gegebene Entwicklungsskizze werden auch die ver- schiedenen Hüllbildungen des Hodens verständlich. Da die Höhle, welche ihn birgt, nichts anderes ist als ein abgetrennter Theil der Leibes- höhle, so versteht es sich von selbst, dass sie vom Bauchfell ausgekleidet wird (Fig. 264 4'). Die dem Bauchfell entsprechende Membran heisst hier Tunica vaginalis propria; an ihr haben wir wie an allen B 4' 3' 2' i' i" sl h Ir 4' 2' i' Fig. 264. Zwei Schemata zui' Veranschaulichung des Descensus und der Bildung der Hüllen des Hodens. A Der Hoden liegt in der Nähe des inneren Leistenrings. B Der Hoden ist in den Hodensack eingetreten. 1 Banehhaut. 1' Scrotum mit Tunica dartos. 2 oberflächliche Bauchfascie. 2' CooPER'sche Fascie. 3 Muskelschicht und Fascia transversa abdominis. 3' Tunica vagi- nalis communis mit Cremaster. 4 Bauchfell. 4' parietales Blatt der Tunica vaginalis propria. 4" Bauchfellüberzug des Hodens oder viscerales Blatt der Tunica vaginalis propria. Ir Leistenring, h Hoden, sl Samenleiter. serösen Häuten ein die Wand des Säckchens bedeckendes parietales Blatt (4') und ein den Hoden überziehendes viscerales Blatt (4") zu unter- scheiden. Nach aussen davon folgt die gemeinsame Scheidenhaut, die Tunica vaginalis communis (3'); sie ist die ausgestülpte und dabei ausserordentlich verdünnte Muskel- und Fascienschicht (3) der Bauchwand. Sie enthält in Folge dessen auch einzelne Muskelfasern mit eingeschlossen, die von dem Musculus obliquus abdominis internus abstammen und den Aufhängemuskel des Hodens oder den Cremaster Itilden. In dem Descensus testiculorum , der sich normaler Weise beim Menschen bis zum Ende des embryonalen Lebens vollzogen haben soll,, können unter Umständen Störungen eintreten und eine abnorme La- gerung des Hodens hervorrufen, welche unter dem Namen des Krypt- Die Organe des mittleren Keimblattes. 379 orchismus Dann finden bekannt ist. Der Descensus bleibt ein unvollständiger, sich bei neugeborenen Kindern die Hoden entweder in der Leibeshölile gelagert oder sie stecken noch in der Bauchwand, im Leistencanal. In Folge dessen fühlt sich der Hodensack klein, welk und schlaff an. Man bezeichnet derartige Anomalien als Hemm ungsmissbil- dungen, da sie ihre Erklärung darin finden, dass Entwicklungsvor- nicht zu ihrem regelrechten Abschluss gelangt sind. gange B) Die Umwandlung im weiblichen Geschlecht. Descensus o v a r i o r u m. Die Umbildung der primitiven embryonalen Anlage beim weiblichen Geschlecht ist in vielen Beziehungen eine entgegengesetzte wie beim Manne, insofern Theile, die hier Verwendung finden, dort rudimentär werden, und umgekehrt (vergleiche Schema 259, 262 und 265 unter einander!). Während beim Manne der Urnierengang zum Samenleiter wird, übernimmt beim Weibe der MüLLEK'sche Gang (Fig. 265 /, ut, seh) die Function, die Eier nach aussen zu führen; der Urnierengang (ug) aber und die Urniere (ej), pa) verkümmern. Fig. 265. Schema zur Entwicklung der weib- lichen Geschlechts- organe eines Säuge- thiers aus der indiffe- renten Anlage des IJro- genitalsystems, welche in Fig. 259 schematiseh dargestellt ist. Die bestehen bleiben- den Theile der ursprüng- lichen Anlage sind durch schwarze Linien , die sich rückbildenden Tlieile durch Punkte angegeben. Die Lage , welche später nach vollendetem Descensus die weiblichenGeschlechtstheile einnehmen, ist mit punktir- ten Linien angedeutet. n Niere, ei Eierstock. ep Epoophoron, pa Par- oophoron. hy Hydatide. t Tube(Eileiter). «^Urnieren- gang. w^Uterus. scA Scheide. hl Harnleiter. hbl Harn- blase, hbl' oberer Zipfel derselben, der in das Ligamentum vesico-umbilicale medium übergeht, hr Harnröhre, vv Scheidenvorhof, rm rundes Mutterbaud (Leistenband der Urniere). lo' Ligamentum ovarii. Die Buchstaben t% ep', ei', lo' bezeichnen die Lage der Organe nach erfolgtem Descensus. hhl' IM hl hr Der Urnierengang ist bei älteren menschlichen Embryonen weiblichen Geschlechts noch als ein unscheinbares Gebilde im breiten Mutterbande und zur Seite der Gebärmutter nachzuweisen; beim Er- wachsenen ist er in der Regel ganz geschwunden bis auf den Endab- schnitt, der als ausserordentlich enges Canälchen am Hals der Gebär- mutter in ihre Substanz eingeschlossen und nur auf (vHierschnitten 380 Fünfzehntes Capitel. nachweisbar ist (Beigel, Dohrn). Bei manchen Säiigethieren, wie den Wiederkäuern und Schweinen, bleiben die Urnierenfjänge auch später noch in verkümmertem Zustande bestehen und sind hier unter dem Namen der Gärtner 'sehen C anale bekannt. An der verkümmernden U r n i e r e ist, wie 1) e i m Manne, ein vorderer und ein hinter erAbschnitt zu unterscheiden ("Walde yer). Der vordere Abschnitt (Fig. 265 ep, Geschlechtstheil der Urniere, der beim hoden wird, erhält sich auch beim Weibe als ein und wird hier zw. dem Nebeneierstock (ep), Beschreibung (Parovarium et 266 ep) oder der Manne zum Neben- Organ ohne Function der die erste genaue von Kübelt erfahren hat oder Epoophoron Wal- deyer's). Er liegt im breiten Mutter- bande (Fig. 266) zwischen Eierstock {ei) und dem MüLLER'schen Gang {t) und besteht aus einem Längscanal {ug)^ dem Rest vom oberen Ende des Ur- nierenganges, und aus 10 bis 15 quer verlaufenden Canälchen {ep). Diese sind Anfangs gerade gestreckt, knäueln sich später (Fig. 267 ep) in ähnlicher Weise auf, wie die Canäle beim Manne, welche sich zu den Coni vasculosi um- gestalten. Der Vergleich zwischen Nebeneierstock und Nebenhoden lässt sich noch weiter durchführen. Wie aus letzterem beim Manne Canälchen in die Hodenrinde gewuchert sind, die sich in das Rete testis und die Tubuli recti sondern, so finden sich auch im weib- lichen Geschlecht Canäle, die vom Par- ovarium ausgehen, in die Marksubstanz des Eierstocks selbst eintreten und hier die früher beschriebenen, bei manchen Säugethieren stark entwickelten Mark- stränge bilden. (Siehe Seite 369.) Der hintere Abschnitt der Urniere, der beim Manne (Fig. 261 u. 262 pa) die Paradidymis und die Vasa aberrantia liefert, verkümmert beim Weibe (Fig. 265 pa) in ganz ähnlicher W^eise zum Paroophoron und ist beim menschlichen Embryo längere Zeit noch als ein gelblicher Körper (Fig. 266 pa) zu erkennen ; er ist medianwärts vom Nebeneier- stock {ep) im breiten Mutterband gelegen und aus kleinen, gewundenen, flimmernden Canälchen {pa) und einzelnen, in Rückbildung begriffenen Gefässknäueln {mU) zusammengesetzt. Beim Erwachsenen sind auf ihn einzelne Canäle und cystenartige Bildungen zurückzuführen, die in den breiten Mutterbändern oft dicht an der Gebärmutter werden. Sehr einschneidende Umbildungen erfahren die beiden MüLLER'- schen Gänge (Fig. 259 mg), die von Anfang an im Rande der Bauch- fellfalte liegen, welche zur Aufnahme des p]ierstocks dient und dann später zu den breiten Mutterbändern wird. Schon früher wurde von Fig. 266. Innere Geschleehts- theile eines weiblichen mensch- lichen Embryo von 9 cm Länge, lOmal vergrössert. Nach Waldeykr. ei Eierstock. t MüLLER'scher Gang oder Eileiter (Tube), t' Ostium abdominale tubae. ep Epoophoron {= Nebenhoden des Mannes; Ge- schlechtstheil der Urniere). ug Ur- nierengang (Samenleiter des Mannes). pa Paroophoron (Paradidymis des Mannes ; Rudiment der Urniere). mk MALPiGHi'scher Körper. aufgefunden Die Organe des niittleien Keimblattes. 381 ihnen erwähnt, dass sie beim Eintritt in das kleine Becken sich der Medianebene nähern und zum Genitalstrang vereinigen. Wir können daher an ihnen zwei verschiedene Abschnitte unterscheiden, den im Genitalstrang eingeschlossenen und den im Rand der breiten Mutter- bänder gelegenen. Der letztere wird zum Eileiter mit dem Tuben- trichter (der Tuba Fallopiae) (Fig, 265 t, 266, 267 t, t'). Hierbei scheint das vordere Ende des MüLLER'schen Ganges, das beim Embryo weit nach vorn reicht und hier in das Zwerchfellsband der Urniere ein- geschlossen ist, rückgebildet zu werden, während die bleibende Oeffnung (Fig. 265 t u. Fig. 266 t') wahrscheinlich ganz neu entsteht. Auf den vorderen rückgebildeten Theil ist vielleicht — es handelt sich hier um noch nicht ganz klar gelegte Verhältnisse — die Morgagni 'sehe Hyda- tide zurückzuführen (Fig. 265 hy). Sie ist ein kleines Bläschen, das durch einen längeren oder kürzeren Stiel mit einer Franse vom Trichter des Eileiters verbunden ist. I ), der von dem vorderen nach dem hinteren Ende der Embryonalanlage hinzieht und in der Medianebene unmittelbar oberhalb der Chorda dorsalis {ch) liegt. In diesem Bereich wachsen die Zellen des äusseren Keimblattes zu längeren, cylindrischen oder spindelförmigen Geliilden aus, während die in der Umgebung befindlichen Elemente (ep) sich aljplatten und unter Umständen ganz schüppchenartig werden. So- mit ist das äussere Keimblatt in zwei Bezirke gesondert, in das ver- dünnte Hornblatt (ep) und in die dickere, median gelegene Nerven- oder Medullarplatte (mp). Beide Bezirke grenzen sich bald schärfer von einander ab, indem die Nervenplatte sich ein wenig einkrümmt (Fig. 56 B) und mit ihren Rändern über die Oberfläche des Keimes erhebt. So entstehen die beiden Medullär- oder Rücken Wülste (mf), welche die Anfangs breite und wenig tiefe Medullär- oder Rückenfurche zwischen sich fassen. 0. Hei-twig, Entwicklungsgeschiclite. 5. Aufl. 26 402 Sechzehntes Capitel. Die Wülste sind einfach Faltungen des äusseren Keimblattes, an der Stelle entstanden, wo die Nervenplatte in das Hornblatt übergeht. Sie setzen sich daher aus einem äusseren und einem inneren Faltenblatt zusammen, von denen das innere dem Randtheil der Nervenplatte, das äussere da- gegen dem angrenzenden Hornblatt angehört. Bei allen Wirbelthierclassen wandelt sich sehr frühzeitig die Medullarplatte zu einem Nerven röhr um. Der Hergang kann sich in dreifacher Weise vollziehen. Bei den meisten Wirbelthierclassen, zu denen auch die Reptilien, Vögel und Säugethiere gehören, bildet sich das Rohr durch einen typischen Faltungsprocess. Die Medullarwülste erheben sich über die Oberfläche des Keims noch weiter in die Höhe, schlagen sich dabei nach der Medianebene zu um, wachsen einander entgegen, bis sie sich mit ihren Firsten treffen, und beginnen dann längs derselben zu verschmelzen. Das so entstandene Nervenrohr hängt jetzt noch an der Nahtstelle mit dem es überziehenden Hornblatt zu- sammen, eine Verbindung, die bald verschwindet, indem die dazwischen- liegenden Zellen sich lockern und von einander trennen (Fig. 56 C). Die Schliessung beginnt bei allen Wirbelthieren an der Stelle, welche etwa dem späteren Mittelhirn entspricht — beim Hühnchen (Fig. 103 ]i¥) am zweiten, beim Kaninclien am neunten Tage der Entwicklung — und schreitet von da nach hinten sowohl als nach vorn langsam fort; nament- lich hinten erhält sich lange Zeit eine Stelle, wo das Nervenrohr nach aussen geöffnet ist. Auch besteht hier, wie schon früher (S. 130) bei Besprechung der Keimblätter erwähnt wurde, durch den Canalis neuren- tericus ein Zusammenhang mit dem Darmrohr, welcher erst später durch Verschluss des Urmunds gelöst wird. Dem zweiten Typus in der Entwicklung des Centralnerven- systems begegnet man bei den Cyclostomen und Knochenfischen. • An- statt zu einem hohlen Rohr wandelt sich bei ihnen die Nervenplatte in einen soliden Zellstrang um. Anstatt dass sich die Wülste über die Oberfläche des Keims erheben, wuchert die Nervenplatte in Form eines Keils nach abwärts. Hierbei kommt die linke und die rechte Hälfte der Platte unmittelbar auf einander zu liegen, so dass man auch nicht die geringste Spur eines Zwischenraums vorfindet; erst nachdem die Ab- schnürung des Zellstranges vom Hornblatt erfolgt ist, trennen sich die beiden Hälften und lassen eine kleine Höhle, den Centralcanal, zwischen sich hervortreten. Wahrscheinlich hängt diese Modification bei den Knochenfischen und Cyclostomen damit zusammen, dass das dotterreiche Ei von der Dotterhaut, der Membrana vitellina, sehr dicht umschlossen wird, in Folge dessen sieh die Medullarwülste nach der Obeiüäche nicht erheben können. Die dritte Modification kommt nur beim Amphioxus lanceo- latus vor. Sie ist schon an anderer Stelle (S. 116) kurz beschrieben worden. Als eine einheitliche Anlage erhält sicli das Nervenrohr nur beim Amphioxus lanceolatus, bei allen übrigen Wirbelthieren dagegen sondert es sich in Rückenmark und Gehirn. a) Die Entwicklung des Rückenmarks. Der sich zum Rückenmark umbildende Theil des Nervenrohres zeigt auf dem Querschnitt eine ovale Form (Fig. 239). Frühzeitig lässt er eine Sonderung in eine linke und eine rechte Hälfte erkennen Die Organe des äusseren Keimblattes. 403 (Fig. 274). Denn seine beiden Seitenwandungen sind stark verdickt und bestehen aus mehreren Lagen langer, cylindrischer Zellen, während obere und untere Wand dünn sind und als vordere und hintere Commissur (hc und vc), oder als Deck- und Schlussplatte unterschieden werden können. Die weitere Entwicklung, von der ich nur das Wichtigste hervor- heben will , erfolgt in der Weise , dass die beiden Seitenhälften sich immer mehr verdicken (Fig. 275). Die Zellen fahren fort, sich durch Theilung zu vermehren und sich dabei frühzeitig in zwei verschiedene nf hc spk VW — VC Fig. 274. Querschnitt von einem Eideehsenembryo mit vollkommen geschlossenem Darmcanal. Nach Sägemehl. hc hintere, vc vordere Commissur des Rückenmarks. vu> vordere Nervenwurzel. nf Nervenfibrillen, spk Spinalknoten, mp^ Muskelplatte, muskelbildende Schicht, mp^ äussere Schicht der Muskelplatte, mp^ Uebergang' der äusseren in die muskel bildende Schicht. histologische Gruppen zu diflferenziren, 1) in Elemente, welche das Stütz- gerüst liefern, das den Centralcanal umhüllende Epithel und die Spon- giosa (Spongioblasten von His), und 2) in Elemente, welche sich in Ganglienzellen und in Nervenfasern umwandeln (Neuroblasten, His). Ausser der Zell Vermehrung beruht die Verdickung der Seitenhälften vor- nehmlich darauf, dass sich der Zellmasse von aussen Nervenfasern auf- lagern und sich mit der Zeit in die vorderen, seitlichen und hinteren Rückenmarksstränge sondern (Fig. 275 2)cw, Icw, acw). Bei ihrem ersten Auftreten sind die Nervenfasern marklos (Fig. 274 nf) und um- geben sich erst theils früher, theils später mit einer Markhülle. Auf diese Weise werden die nun schon beträchtlich verdickten Rückenmarks- hälften in die central gelegene, die Ganglienzellen enthaltende, graue Substanz und in die oberflächlich wie ein Mantel ihr aufgelagerte, weisse Substanz gesondert. Da währenddem die Boden- und Deckplatte nur wenig wächst und sich nicht in Ganglienzellen differenzirt , so kommt sie immer mehr in 26* 404 Sechzehntes Capitel. fcw die Tiefe, an den Grund einer vorderen und einer hinteren Längsfurche (Fig. 275 c, af) zu liegen. Schliesslich setzt sich das ausgebildete Rückenmark aus zwei mächtigen Seitenhälften zusammen^ die durch eine vordere und eine hintere, tiefe Längsspalte von einander getrennt und nur in der Tiefe durch eine dünne Querbrücke verbunden werden. Letztere ist von der im Wachs- thum zurückgebliebenen Deck- und Schlussplatte abzuleiten und umschliesst in ihrer Mitte den ebenfalls klein gebliebenen Centralcanal. Anfangs nimmt das Rücken- mark die ganze Länge des Rum- pfes ein , beim Menschen bis zum 4. Monat der embryonalen Entwicklung. Es reicht daher zu der Zeit, wo sich das Achsen- skelet in einzelne Wirbel- abschnitte gegliedert hat, von dem ersten Hals- bis zum letzten Steisswirbel herab. Das Ende des Rückenmarks beginnt aber keine Ganglienzellen und Ner- venfasern zu bilden, sondern bleibt zeitlebens als ein dün- nes, epitheliales Rohr erhalten. Es setzt sich von dem grösseren, vorderen Abschnitt, der Nervenfasern und Ganglien- zellen entwickelt hat, durch eine konisch verjüngte Stelle 'l. Gehirn eines 16 mm langen Kaninchenembryo in der linken Seiten- ansicht. Die äussere Wand des linken Grosshirnmantels ist entfernt. Nach Mihal- KOVICS. SM Sehnerv. J/Z MuMu/sches Loch, a^/ Ader- geflechtsfalte, amf Ammonstalte. zh Zwischenhirn. mh Mittelhirn (Scheitelbeuge), kh Kleinhirn. Dp Deckplatte des vierten Ventrikels, bh Brücken- beuge, mo Medulla oblongata. Die Organe des äusseren Keimblattes. 409 tat nicht nach dem Rücken des Embryo, sondern nach der ventralen Seite zu gerichtet ist. Sie bildet sich zwischen dem Boden des Kleinhirn- und des Nachhirnbläschens aus und stellt einen ventralwärts weit her- vorragenden Wulst dar, an welchem sich später die queren Fasern der Varolsbrücke anlegen. Die Grösse der Krümmungen ist bei den verschiedenen Classen der Wirbelthiere eine sehr verschiedene. So ist die Kopfbeuge bei niederen Wirbelthieren (den Cyclostomen, Fischen, Amphibien) sehr gering aus- gesprochen, viel stärker dagegen bei den Reptilien, Vögeln und Säuge- thieren; namentlich aber sind beim Menschen, welcher das voluminöseste Gehirn besitzt, alle Krümmungen in sehr hohem Grade ausgeprägt. Die fünf Hirnblasen geben die Grundlage für eine naturgemässe Eintheilung des Gehirns ab; auf sie lassen sich seine verschiedenen Haui)Labschnitte zurückführen ; denn wie das Studium der weiteren Ent- wicklung lehrt, geht aus dem Nachhirnbläschen die MeduUa oblongata hervor, aus dem Kleinhirnbläschen der Wurm mit den beiden Kleinhirn- hemisphären und der Varolsbrücke; aus dem Mittelhirnbläschen ent- stehen die Hirnschenkel und Vierhügel , aus dem Zwischenhirnbläschen das Zwischenhirn mit dem Trichter, der Zirbel, den Sehhügeln, aus dem Grosshirnbläschen endlich die beiden Grosshirnhemisphären. Bei dieser Umgestaltung werden die Hohlräume des primären Hiru- rohres zu den sogenannten Ventrikeln des Gehirns: aus dem Hohlräume des vierten und fünften Bläschens leitet sich der vierte Ventrikel oder die Rautengrube ab, aus dem Hohlräume des Mittelhirnbläschens der Aquaeductus Sylvii, aus dem des Zwischenhirns der dritte Ventrikel und aus den Hohlräumen der beiden Hemisphären endlich die beiden Seiten- ventrikel, die auch als erster und zweiter Ventrikel bezeichnet werden. Eine kurze Skizze wird genügen, um zu zeigen, in welcher Weise sich die wichtigsten Hirntheile aus den fünf blasenförmigen Anlagen ent- wickeln und wie hierbei histologische und morphologische Sonderungen auf das mannigfaltigste in einander greifen. In histologischer Hinsicht bestehen ursprünglich die Wände der Bläschen in gleicher Weise, wie das Medullarrohr, überall aus dicht gedrängten, spindelförmigen Zellen. Diese erfahren hier und dort un- gleiche Veränderungen. An einigen Stellen behalten sie ihren epithelialen Charakter bei und liefern 1) an der Decke des Zwischen- und Nachhirns den epithelialen Ueberzug der Adergeflechte, 2) das die Ventrikel des Hirns auskleidende Ependym, 3) follikelartige Gebilde, wie die Zirbel (Fig. 289). Am grössten Theil der Wandung der fünf Hirnbläschen vermehren sich die Zellen in ausserordentlichem Maasse und wandeln sich zu kleineren und grösseren Lagern von Ganglienzellen und Nerven- fasern um. Die Vertheilung der so entstehenden grauen und weissen Substanz zeigt an den Hirnblasen nicht mehr das gleichförmige Ver- halten wie am Rückenmark. Eine Uebereinstimmung gibt sich nur darin kund, dass sich in jedem Hirntheil graue Kerne finden, die, wie die vorderen und die hinteren grauen Rückenmarkssäulen, von einem Mantel weisser Substanz umhüllt werden. Dazu gesellen sich aber an den zwei zur grössten Entfaltung gelangten Gehirntheilen graue, ganglienzellen- haltige Schichten, die einen oberflächlichen Ueberzug, die graue Rinde des Gross- und Kleinhirns, liefern. Hierdurch wird an einzelnen Hirn- partieen die weisse Substanz zum Kern (Nucleus medullaris), die graue zur Hülle, ein Verhältniss, in welchem sich dem Aufl)au des Rücken- marks gegenüber ein wichtiger Unterschied ausspricht. 410 Sechzehntes Capitel. Die morphologische Sonderung des Gehirns beruht auf dem sehr ungleichen Wachsthum sowohl der ein- zelnen fünf Blasen, als auch verschiedener Strecken ihrer Wandung. Hinter der übermächtigen Entfaltung des Gross- hirnbläschens zum Beispiel bleiben die vier übrigen weit zurück und machen im Vergleich zu jenem nur einen kleinen Bruchtheil der ge- sammten Hirnmasse aus (Fig. 282 u. 284). Sie werden von ihm von oben und von der Seite überwachsen und wie von einem Mantel um- hüllt, so dass sie nur an der Hirnbasis unbedeckt und sichtbar bleiben. Sie werden daher als Hirnstamm nebst einem kleinen, an der Basis gelegenen Theil des Grosshirns zusammengefasst und dem übrigen Haupt- theii des Grosshirns, welcher dann den Hirnmantel bildet, gegen- übergestellt. 1 scheid - hl kh br mob Fig-. 282. Seitliche Ansicht vom Gehirn eines menschlichen Embryo aus der ersten Hälfte des fünften Monats. Xatürl. Grösse. Nacli Mihalkovics. stl Stirnlappen, scheid Scheitellappen, hl Hinterhauptslappen. schLl Schläfenlappen. Sy.g Sylvische Grube, rn Riechnerv, kh Kleinhirn, br Brücke, mob Medulla oblongata. Das ungleiche Wachsthum der H i r n w a n d u n g e n äussert sich in dem Auftreten verdickter und verdünnter Stellen, in der Aus- bildung besonderer Nervenstränge (Pedunculi cerebri, cerebelli etc.), in der Ausbildung grösserer und kleinerer Lager von Ganglienzellen (Thalamus opticus. Corpus striatum). Hierbei zeigt sich auch das im vierten Capitel ausführlich besprochene Princip der Faltenbildung in eigenartiger Weise durchgeführt, und zwar an den Grosshirn- und Kleinhirnhemisphären mit Einschluss des Wurms, also an den lieiden Hirntheilen, die an ihrer Oberfläche mit grauer Rinde überzogen sind. Wie man aus einer grossen Reihe von Erscheinungen schliesst, hängt die Leistungsfähigkeit des Gross- und Kleinhirns mit der Ausdehnung der grauen Rinde und der in ihr regelmässig angeordneten Ganglien- zellen zusammen. Hieraus erklärt sich die sehr bedeutende Oberflächen- vergrösserung, welche am Gross- und Kleinhirn durch eine etwas ver- schiedenartige Faltenbildung herbeigeführt wird. Am Grosshirn erheben sich vom Marklager der Hemisphären (Centrum semiovale) breite Leisten (Gyri), welche, in mäandrischen Windungen verlaufend, das charakteristische Relief der Oberfläche erzeugen (Fig. 299). Am Kleinhirn sind die zahlreichen, vom Markkern ausgehenden Leisten schmal, parallel zu einander angeordnet und mit kleineren Nebenleisten zweiter und dritter Ordnung besetzt, so dass ihr Quer- schnitt baumförmige Figuren ergiebt (Arbor vitae). j Die Organe des äusseren Keimblattes. 411 Wenn wir nach diesen Vorbemerkungen die Um- bildungen der fünf Bläschen in das Auge fassen, so wollen wir an jedem, wie es Mihalkovics in seiner Monographie der Gehirnentwicklung durchgeführt hat, vier Abschnitte als Boden, Decke und Seiten- t heile, unterscheiden und mit dem fünften Bläschen beginnen, da es sich in seinem Bau am meisten an das Rückenmark anschliesst. His unterscheidet an den Seitentheilen der Hirn- bläschen und des Rückenmarkrohrs noch 2 Unterabthei- lungen, die nach dem Centralcanal zu durch eine längs- verlaufende „Grenz furche" von einander gesondert werden, wie das nebenstehende Schema (Fig. 283) zeigt. Er bezeichnet den dorsalen Theil der Seitenwand als Flügelplatte, den ventralen Theil als G r u n d p 1 a 1 1 e. Vorläufig ist aus den schon früher entwickelten Gründen (Seite 405) noch davon Abstand genommen worden, die detaillirtere Eintheilung von His der Beschreibung der einzelnen Hirnabschnitte zu Grunde zu legen, so empfehlenswerth sie auch in theoretischer Hinsicht ist. Fig. 28o. Sche- matiseher Quer- schnitt durch die Anlage des Ner- venrohrs zur Un- terscheidung ein- zelner Regionen. bp Bodenplatte, dp Deckplatte. gpGvuwdi- platte. fp Flügel- platte, gf Grenz- furche. Eintheilung nach His. Schema nach Froriep. 1) Umwandlung des fünften Hirnbläschens. Das fünfte Hirnbläschen zeigt in verschiedenen Wirbelthier- classen am Anfang der Entwicklung (beim Hühnchen am zweiten und dritten Tage) schwache, regelmässige Einfaltungen seiner Seitenwandungen, durch welche es in mehrere kleinere, hinter einander gelegene Abthei- lungen geschieden wird. Da diese später, ohne Spuren zu hinterlassen, verschwinden , wurde ihnen von älteren Forschern (Remak ) eine grössere Bedeutung nicht beigelegt, wie es in jüngster Zeit von mehreren Seiten geschehen ist. Rabl, Beraneck, Zimmermann u. A. erblicken in ihnen eine Segmentirung des Hirnrohrs, die zum Austritt gewisser Hirnnerven in Beziehung stehe und für die Frage nach der Segmentirung des ge- cmg bal spt ■frx, ML cma tr rn fo zw /<: vh Tih Fig. 284. Gehirn eines menschlichen Embryo aus der ersten Hälfte des fünften Monats in der Medianebene halbirt. Ansicht der rechten Innenhälfte. Natürl. Grösse. Nach Mihalkovics. rn Riechnerv, tr Trichter des Zwischenhirns, cma Commissura anterior. ML MoNRo'sclies Loch, frz Fornix, Gewölbe, spt Septum pellucidum, durchsichtige Scheide- wand, bal Balken (Corpus callosum), welcher nach abwärts am Balkenknie in die em- bryonale Schlussplatte übergeht, cmg Sulcus calloso-marginalis. fo Fissura occipitalis. zw Zwickel (Cuneus). fc Fissura calcarina. z Zirbel, vh Vierhügel. kh Kleinhirn. 412 Sechzehntes Capitel. sammten Kopfabschnittes wichtig sei. Der Umstand, dass die Faltungen so vergänglich sind, scheint mir mehr für die ältere Ansicht zu sprechen. In der weiteren Entwicklung des Nachhirnbläschens treten Boden und Seitenwandungen in einen Gegensatz zur Decke. Die beiden ersteren (Fig. 284 u. 285) verdicken sich beträchtlich durch Anbildung von Nerven - Substanz und sondern sich (beim Menschen im dritten bis sechsten Monat) jederseits in äusserlich erkennbare, weil durch Furchen geschiedene *"*^ Fig. 285. Gehirn eines menschlichen Embryo aus der zweiten Hälfte des dritten Monats, von hinten betrachtet. *'''' Natürl. Grösse. Nach Mihalkovks. j msp Mantelspalte, vh Vierhügel. vma Ve- 4 lum medulläre anterius. k/i Kleinhirnhemi- sphären. V* vierter Ventrikel (Rautengrube). mo ino Medulla oblongata. y [ .X^ 1 V '6' Stränge, welche mit gewissen Modificationen die Fortsetzungen der be- kannten drei Stränge des Rtickenmarks sind. Die Decke des Bläschens (Fig. 277 r/" u. 286 1)23) erzeugt dagegen keine Nervensubstanz, behält ihre epitheliale Structur bei, verdünnt sich noch mehr und stellt beim Erwachsenen eine einfache Lage platter Zellen dar. Diese bildet den einzigen Verschluss des von o1)en nach unten plattgedrückten Hohlraums des Nachhirnl)läschens , des vierten Ventrikels oder der Rautengrube. Sie legt sich an die untere Fläche der weichen Hirnhaut fest an und erzeugt mit ihr das hintere Adergeflecht (Tela choroidea inferior). Der Name Adergeflecht ist gewählt worden, weil die weiche Hirnhaut in dieser Gegend sehr l)lutgefässreich wird und mit zwei Reihen verästelter Zotten in den Hohlraum des Nachhirnbläschens hineinwucliert, immer die dünne Epitheldecke vor sich hertreiliend und einfaltend. Seitlich geht die Deckplatte oder das Epithel des Adergeflechts in die zu Nervenmassen umgewandelten Theile der Hirnbläschen über. Der Uebergang wird durch dünne Lamellen weisser Nervensubstanz ver- mittelt, welche den Rand der Rautengrube als Obex, Taenia, hinteres Marksegel und Flockenstiel umsäumen. Wenn man mit der weichen Hirnhaut auch das hintere Adergeflecht von dem verlängerten Mark abzieht, so wird natürlich die daran haftende Epitheldecke des vierten Ventrikels mit entfernt, und es entsteht der hintere Hirnschlitz älterer Autoren, durch welchen man in das Hohlraumsystem von Hirn und Rückenmark eindringen kann. 2) Umwandlung des vierten Hirnbläschens. Das vierte Hirnbläschen erfährt eine ganz ausserordentliche Ver- dickung in seinen Seiten Wandungen, während Boden und Deckplatte all- mählich schwinden, so dass die stark wachsenden seitlichen Nervenmassen dorsal und ventral dicht zusammenrücken und so einen dicken Substanz- ring bilden, welcher einen kleinen Hohlraum umschliesst, der zum vorderen Theil der Rautengrube wird (Fig. 286, 285, 284). Das Kleinhirn ent- wickelt sich demnach (Sciiaper) aus einer bilateral symmetrischen An- lage. Der Boden des Substanzringes liefert die Brücke {hh), deren Die Organe des äusseren Keimblattes. 413 Querfaserung- im vierten Monat deutlich wird. Namentlich aber wuchert die obere Hälfte des Ringes in ganz ausser- ordentlichem Maasse und verleiht dem Kleinhirn sein eigenartiges Gepräge. Zuerst stellt sie einen dicken, querge- lagerten Wulst dar (Fig. 285, 286 M), der nach hinten die verdünnte Decke des verlängerten Marks überragt. Im dritten Monat mh erhält der mittlere Theil des Wulstes durch Einsenkung der Gefässhaut vier tiefe Quer- furchen (Fig. 285) und setzt sich so als Wurm gegen die noch glatt erscheinenden Seiten- theile (kh) ab. Diese eilen von jetzt ab im Wachsthum dem Mitteltheil voraus, wölben sich als zwei Halbkugeln zu beiden Seiten hervor und werden, in- dem sie vom vierten Monat an Querfurchen erhalten, zu den voluminösen Kleinhirnhemi- sphären. Wo Wurm und Hemi- sphären in die Deckentheile des dritten und fünften Bläs- chens (Fig. 284) übergehen, wird nur wenig Nervensubstanz angebildet, und so entstehen dünne Markblättchen , welche einerseits zum hinteren Adergeflecht, andererseits zur Vierhügelplatte (vh) den Ueliergang ver- mitteln, das hintere und das vordere Marksegel. Fig. 286. Gehirn eines 5 cm langen Rindsembryo in seitlicher Ansieht. Die seitliehe Wand des Hemisphärenmanteis ist abgetragen. Vergrösserung ^,'4. Nach Mihal- KOVICS. est 8treifenhngel. ML MosRo'sches Loch. agf Adergeflechtsfalte (Plexus choroideus late- ralis), amf Ammonsfalte. kh Kleinhirn. Dp Deckplatte des vierten Ventrikels, bb Brücken- beuge, mo Medulla oblongata. mh Mittelhim (Scheitelbeuge). 3) Umwandlung des dritten oder Mittelhirnbläschens (Fig. 277, 286, 285, 284). Das Mittelhirnb laschen ist der conservativste Ab- schnitt des embryonalen Nerve nrohrs, der sich am wenigsten verändert; es lässt l)eim Menschen nur einen kleinen Hirntheil aus sich hervorgehen. Seine Wandungen verdicken sich ziemlich gleichmässig um den Hohlraum, der eng und zur Syl vischen Wasserleitung wird. Der Boden mit der unteren Hälfte der Seitenwandung (Grundplatte von His) liefert die Hirnstiele und die Substantia perforata posterior. Die Deckplatte nebst der oberen Hälfte der Seitenwandungen (Flügelplatte von His) (Fig. 285 vh) wird zu den Vierhügeln ; im dritten Monat er- scheint eine Medianfurche und im fünften eine sie rechtwinklig kreuzende Querfurche. Während am Beginn der Entwicklung das Mittelhirnbläschen (Fig. 277 u. 286 mh) in Folge der Krümmungen des Nervenrohrs die höchste Stelle einnimmt und am Kopf den Scheitelhöcker (Fig. 190 5) her- vorruft, wird es später von oben her von den anderen voluminöser werdenden Hirntheilen, wie Kleinhirn und Grosshirn, überwachsen und in die Tiefe an die Basis des Gehirns gedrängt. (Vergleiche Fig. 277 mh mit Fig. 284 vh). 41 4 Sechzehntes Capitel. 4) Umwandlung des zweiten oder Z w i s c h e n h i r n - b 1 ä s c h e n s. Das Zwischenhirnbläschen bleibt gleichfalls klein, gebt aber eine Reihe interessanter Veränderungen ein, da, abgesehen von den Augenblasen, die aus seinen Wandungen hervorwachsen, noch zwei An- hänge von räthselhafter Bedeutung, die Zirbeldrüse und die Hypophyse, an ihm zur Entwicklung kommen. Am Zwischenhirnbläschen wird ebenfalls eine beträchtliche Menge von Nervensubstanz nur an den Seitenwandungen gebildet, die sich dadurch zu den Sehhügeln mit ihren Ganglienlagern verdicken. Zwischen ihnen erhält sich der Hohlraum des Bläschens als enge, senkrechte Spalte, bekannt als dritter Ventrikel; er ist mit der Rautengrube durch die Sylvische Wasserleitung verbunden. Der Bodentheil bleibt dünn und wird frühzeitig nach unten ausgestülpt; er gewinnt so die Form eines kurzen Trichters (Infundibulum) (Fig. 277 u. 284 ^r), mit dessen Spitze sich die gleich näher zu beschreibende Hypophyse ver- bindet. Die Decke zeigt in ihrer Umbildung mit dem entsprechenden Theile des Nachhirnbläschens (Fig. 284) eine auffällige Uebereinstimmung. Sie erhält sich als eine einfache, dünne Epithelschicht, verbindet sich mit der gefässreichen, weichen Hirnhaut, die wieder zottenförmige Wucherungen mit Gefässschlingen in den dritten Ventrikel hineinsendet, und stellt mit ihr zusammen das vordere Adergeflecht (Tela choroidea anterior oder superior) dar. Wenn man beim Abziehen der weichen Hirnhaut auch das Adergeflecht entfernt, wird der dritte Ventrikel er- öffnet; es entsteht der vordere grosse Hirn schlitz, durch welchen man, wie durch die gleichnamige Bildung am verlängerten Mark, in die Hohlräume des Gehirns eindringen kann. Die Uebereinstimmung mit dem verlängerten Mark spricht sich noch in einem weiteren Punkte aus. Wie an diesem sich die Ränder der Deckplatte zu dünnen Markstreifen entwickeln, durch deren Ver- mittlung der Ansatz an der Seite der Rautengrube erfolgt, so befestigt sich auch hier das Epithel des Adergeflechts auf der Oberfläche der Sehhügel vermittelst dünner, aus markhaltigen Nervenfasern bestehender Streifen (Taeniae thalami optici). Aus dem hintersten Theil der Deckplatte des Zwischenhirnbläschens nimmt endlich ein eigenthümliches Gebilde, die Zirbeldrüse (Fig. 284 5;), sehr frühzeitig , beim Menschen im Laufe des zweiten Monats , ihren Ursprung. Da über dieselbe in den letzten Jahren mehrere interessante Arbeiten erschienen sind und sowohl bei den Haien, als auch nament- lich bei den Reptilien auffällige Befunde zu Tage gefördert haben, so will ich in der Darstellung etwas weiter ausholen. '» Die Entwicklung der Zirbeldrüse. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Zirbeldrüse (Glandula pinealis s. Conarium) bei keinem Wirbelthiere, den Amphioxus lanceolatus aus- genommen, vermisst wird. Ueberall legt sie sich in genau derselben Weise an. An der Decke des Zwischenhirns, und zwar am Uebergang in die Decke des Mittelhirns oder in die Lamina quadrigemina, entsteht eine Ausstülpung (Fig. 280 zf und 284 z), welche die Form eines Hand- schuhfingers besitzt, der Processus pinealis oder Zirbelfortsatz, Die Organe des äusseren Keimblattes. 415 dessen Spitze anfänglich nach vorn, später nach hinten gerichtet ist. In seinen weiteren Umbildungen zeigen sich, soweit unsere heutigen Kenntnisse reichen, nicht unerhebliche Verschiedenheiten. Bei den Selachiern erreicht der Zirbeliortsatz nach den Unter- suchungen von Ehlers beim erwachsenen Thiere eine ungewöhnliche Länge; er schwillt an seinem blind geschlossenen Ende zu einem Bläschen an, welches bis an die HautoberÜäche hervorragt, indem es die Schädelkapsel durchbohrt. Bei manchen Haien, wie Acanthias und Raja, ist das blasenförmige Ende in einen Canal der Schädel- kapsel selbst eingeschlossen, bei andern liegt es ausserhalb, zwischen der Schädelkapsel und der Lederhaut. Das Ende des Bläschens steht mit dem Zwischenhirn durch einen langen , dünnen Canal in Ver- bindung. Sehr mannigfachen Verhältnissen begegnet man bei den Reptilien, wie die Untersuchungen von Spencer gelehrt haben; auch bei ihnen ist die Zirbeldrüse ein Gebilde von bedeutender Länge, das mit seinem peripheren Ende weit ab vom Zwischenhirn unter der Epidermis liegt; an der Schädeldecke tritt sie durch eine Oeffnung nach aussen, welche, im Scheitelbein gelegen, als Foramen parietale bezeichnet wird. Die Lage des letzteren lässt sich am Kopf des lebenden Thieres in vielen Fällen leicht bestimmen, weil hier die Hornschuppen eine be- sondere Beschaffenheit und Form gewinnen und vor allen Dingen durch- sichtig sind. scJib p st bl X p ah grh Fig. 287. Schematischer Längsschnitt durch das Gehirn von Chamaeleo vulgaris mit der Zirbel, die in drei Abschnitte, einen blasenartigen, strang- artigen und schlauchartigen, gesondert ist. Nach Baldwin Spencer. achb Scheitelbein mit dem Foramen parietale, p Pigment der Haut, st strangartiger, mittlerer Abschnitt der Zirbel, bl blasenartiger Endabschnitt der Zirbel, x durchsichtige Stelle der Haut, grh Grosshirn, sh Sehhügel, v^ dritter Ventrikel, der sich nach oben in den schlauchartigen Anfangstheil {A) der Zirbel fortsetzt. 416 Sechzehntes Capitel. In der besonderen Gestaltung des Organs sind im Wesentlichen drei Typen zu unterscheiden. Bei manchen Reptilien, wie bei Platydactylus , ist die Zirbeldrüse wie bei den Haien beschaffen: ein peripheres, kleines Bläschen, das im Foramen parietale eingeschlossen und von flimmernden Cylinderzellen ausgekleidet ist, hängt durch einen laugen, hohlen Stiel mit der Decke des Zwischenhirns zusammen. Bei anderen Reptilien, wie beim Chamäleon, ist das Organ in 3 ver- schiedene Abschnitte differenzirt (Fig. 287): erstens in ein kleines, ge- schlossenes Bläschen (bl) , das unter einer durchsichtigen Schuppe \x) im Foramen parietale liegt und vom Flimmerepithel ausgekleidet ist; zweitens in einen soliden Strang (st), der aus Fasern und spindligen Zellen besteht und mit dem embryonalen Sehnerv eine gewisse Aehn- lichkeit besitzt, und drittens in einen hohlen, trichterförmigen Fortsatz (Ä) der Zwischenhirndecke, welcher noch hie und da buchtige Er- weiterungen zeigt. Bei einer dritten Alitheilung von Reptilien, bei Hatteria, Monitor, bei der Blindschleiche und Eidechse, geht der blasenartige Endtheil der Zirbel eine auffallende ,,'''•''' ' ' r Umbildung ein, durch '" ,. . welche er mit dem Auge mancher wirbelloser " Thiere eine gewisse Aehnlichkeit erhält. So ist bei Hatteria (Fig. 288) derjenige Abschnitt der Blasenwand, welcher der Körperoberfläche am nächsten liegt, zu einem linsenartigen Körper (T), der gegenüber befind- liche, in den faserigen Strang (st) übergehende Wandtheil dagegen zu einer retinaähnlichen Bildung (r) umgestaltet worden. Die Linse (l) ist dadurch entstanden, dass sicli an der vor- deren Wand der Blase die Epithelzellen zu Cy- linderzellen und ein- kernigen Fasern verlän- gert und dabei einen mit convexer Fläche in die Höhle der Blase vor- springenden Hügel her- vorgerufen haben. Am hinteren Absclmitt sind die Epithelzellen in ver- schiedene Schichten ge- sondert, von denen sich die innerste durch reich- — h M — X St Fig. 25!8. Längsschnitt durch die Binde- gewebskapsel mit dem Pinealauge von Hatteria punctata. Schwach vergrössert. Nacli IUldwin Spexcer. Der vordere Theil der Kap.sel füllt das Scheitelloch (Foramen parietale) aus. JST bindegewebige Kapsel, l Linse, h mit Flüssig- keit gefüllte Höhle des Auges, r retinaähnlicher Thei der Augenblase. M Molecularschicht der Retina, ff Blutgefässe. ;« Zellen im Stiel des Pinealauges. St dem Sehnei^v vergleichbarer Stiel des Pinealauges. Die Organe des äusseren Keimblattes. 417 liehen Gehalt an Pigment auszeichnet. Zwischen die pigmentirten Zellen sind andere eingebettet, die sich den Stäbchen der Sehzellen des paarigen Auges bei Wirbelthieren vergleichen lassen und nach abwärts mit Nerven- fasern in Zusammenhang zu stehen scheinen. Viele P'orscher, die sich mit der Zirbeldrüse beschäftigt haben, wie Rabl-Rückhardt , Ahlborx, Spencer, Beraneck u. a. , sind denn auch der Ansicht, dass wir die Zirbel als ein unpaares Parietal- auge bezeichnen müssen, welches sich in manchen Classen, wie z. B. bei den Reptilien, in einem leidlichen Grade erhalten zeigt, bei den meisten Wirbelthieren dagegen in Rückbildung begriffen ist. " Dass wir es bei den Reptilien mit einem Organ zu thun haben, das auf Licht reagirt, erscheint nicht unwahrscheinlich, wenn man in Betracht zieht, dass an der Stelle des Schädels, wo das Foramen pa- rietale liegt, in Folge der Durchsichtigkeit der Hornschüppchen Licht- strahlen durch die Haut hindurchzudringen vermögen. Auch spricht hierfür die Anwesenheit des linsenförmigen Körpers und des Pigments. Ob aber das Organ zum Sehen dient, oder nur dazu, Wärmeeindrücke zu vermitteln, ob es also mehr ein Wärnieorgan als ein Auge ist, muss augenblicklich wohl dahingestellt bleiben. Noch mehr aber ist es eine oifene Frage, ob das Wärmeorgan eine Bildung ist, die sich als eine besondere Einrichtung nur an dem Zirbelfortsatz der Reptilien, wie zum Beispiel das Hörbläschen am Schwanz von Mysis, einer Crustacee, entwickelt hat, oder ob es eine ursprünglich allen Wirbel- thieren gemeinsame Einrichtung darstellt. In diesem Falle raüssten weit verbreitete Rückbildungsprocesse angenommen werden. Denn bis jetzt ist in den höheren Wirbelthierclassen etwas Aehnliches, wie bei den Reptilien, nicht aufgefunden worden. Von der Blindschleiche und Eidechse theilt Beraneck mit, dass aus der Decke des embryonalen Zwischenhirns zwei dicht hinter einander gelegene Ausstülpungen entstehen. Die vordere von ihnen wird zu dem blasenförmigen Parietalauge, welches vorübergehend durch einen Nerv mit dem Ursprungsort verbunden ist. Die hintere Ausstülpung liefert die Zirbeldrüse. In diesem Fall wären demnach Parietalauge und Zirbeldrüse zwei unabhängig von einander aus dem Zwischen- hirn entstandene Gebilde. Gegen die Deutung, dass die Zirbel der Reptilien ein rückgebildetes Parietalauge sei, hat Leydig Bedenken erhoben. Bei den Vögeln und Säuge thi er en geht der Zirbelfortsatz Umwandlungen ein, welche ein Organ von drüsiger, follicu- lärer Structur entstehen lassen. Bei den Vögeln (Fig. 289) erreicht er nie eine so bedeutende Länge wie bei den Selachiern und Reptilien; an seiner Oberfläche treibt er in einem bestimmten Stadium in das umgebende, mit Blutgefässen reich versehene Bindegewebe Zellsprossen hinein, die sich weiter durch Sprossung vermehren und schliesslich in zahlreiche, kleine Follikel zer- fallen (Fig. 289 f). Diese bestehen aus mehreren Lagen von Zellen, zu äusserst aus kleinen, rundlichen, kugeligen Elementen, zu innerst aus cylindrischen , flinnnernden Zellen. Der Anfangstheil des Zirbel- fortsatzes wird von der folliculären Umbildung nicht mit betroffen und erhält sich als eine trichterförmige Aussackung an der Decke des 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 27 418 Sechzehntes Capitel. Zwischenhirns ; mit seinem oberen Ende sind die einzelnen, vom Mutter- boden abgeschnürten, folliculären Bläschen durch Bindegewebe ver- bunden. Bei Säugethieren findet die Entwicklung in ähnlicher Weise wie beim Hühnchen statt. Beim Kaninchen entstehen auch Follikel, die zuerst eine kleine Höhlung ein- schliessen, später aber solid werden. Sie sind dann ganz von kugeligen Zellen ausgefüllt, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit Lymphkörperchen besitzen. Daher ist von Manchen (Henle) auch die Vernmthung aus- / gesprochen worden, dass man es in der Zirbel mit einem lymphoideu Or- gan zu thun habe, eine Vermuthung, die indessen durch das Studium der Entwicklung widerlegt wird; denn Fig. 289. Schnitt durch die die Follikel sind genetisch rein epi- Zirbel des Truthahns. 180-fach ver- theliale Bildungen, grössei-t. Nach MiHALKovics. ße^j^^ Erwachsenen kommt es im / iolhkel der Zirbel mit ihren Hon- y , . , i^n-ii ai hingen, b Bindegewebe mit Bhitgefä.ssen. Indern der einzelnen Follikel zur Ab- scheidung von Concrementen , dem Hirnsand (Acervulus cerebri). Beim Menschen zeigt die Zirbel, die in der fünften Woche aufzu- treten beginnt (His), noch hinsichtlich ihrer Lage eine Eigenthümlichkeit. Während ursprünglich der Zirbelfortsatz mit seinem freien Ende nach vorn gerichtet ist und sich in dieser Stellung auch bei den übrigen Wirbelthieren erhält, gewinnt er beim Menschen eine entgegengesetzte Stellung, indem er sich nach rückwärts auf die Oberfläche der Vier- hügelplatte herül)erlegt. Wahrscheinlich hängt dies damit zusammen, dass durch die übermäclitige Entwicklung des Balkens die Drüse zurück- gedrängt wird. Wie die Bedeutung der Zirbel noch räthselhaft ist, so gilt das Gleiche von dem Hirnanhang oder der Hypophyse, welche, wie schon oben erwähnt wurde, mit dem Boden des Zwischenhirns, und zwar mit der Spitze des Trichterfortsatzes verbunden ist. Die Entwicklung des Hirnanhangs, der Hypophysis. Die Hypophyse ist ein Organ, welches einen dop])el- ten Ursprung hat. Dies spricht sich auch in ihrem ganzen Aufbau aus, da sie sich aus einem grösseren, vorderen, und aus einem kleineren, hinteren Lappen zusammensetzt, die beide in ihren histologischen Eigen- schaften grundverschieden sind. Um ihre erste Anlage zu beobachten, ist es nothwendig, auf ein sehr frühes Stadium (Fig. 279) zurückzugehen, in welchem die Mund- bucht eben erst entstanden und durch die Rachenhaut (rA) von der Kopfdarmhöhle noch getrennt ist. In dieser Zeit ist an den Hirnbläschen bereits die Kopfkrümmung eingetreten, die Chorda dorsalis {ch) endet mit ihrer vorderen Spitze unmittelbar an dem Ansatz der Rachenhaut. Vor ihm liegt nun die wichtige Stelle, an welcher sich, wie zuerst GöTTE und MiiiALKovics festgestellt haben, der Hirnanhang entwickelt. Derselbe ist daher ein Product des äusseren Keimblattes Die Organe des äusseren Keimblattes. 419 Hypophvse ge- 280 u. 290), von tr hy ch und nicht, wie früher iiunier angegeben wurde, ein Erzeugniss der Kopf- darnihöhle. Die ersten einleitenden Schritte zur Bildung der schehen l)ald nach dem Durchreissen der Rachenhaut (Fig. welcher noch einige unbedeutende Reste an der Schädelbasis als die sogenannten p r i m i t i v e n Gau- mensegel vorübergehend er- halten sind. Nach vorn von diesen entwickelt sich nun (beim Hühnchen am vierten Tage der Bebrütung , ])eim Menschen in der vierten Woche, His) eine kleine Ausstülpung, die der Basis des Zwischenhirns (tr) entgegen- wächst , die Rathke 's che Ta- sche oder die Hypophysen- tasche (hy). Sie vertieft sich darauf, beginnt sich von ihrem Mutterboden abzuschnüren und in ein Säckchen umzugestalten^ dessen Wand aus mehreren Lagen von Cylinderzellen zusammen- gesetzt "ist (Fig. 291). Das Hypophysensäck- chen (tiy) bleibt noch längere Zeit mit der ^Mundhölüe durch einen engen Gang Qnjg) in Ver- bindung. Auf späteren Stadien aber wird die Verbindung bei den höheren Wirbel thieren gelöst, indem das embryonale Bindegewebe, welches die Grundlage für die Ent- wicklung des Kopfskelets hergibt, sich verdickt und das Säckchen von der Mundhöhle weiter ab- drängt (Fig. 291 u. 292). Wenn dann in dem Binde- gewebe der Verknorpe- hy' lungsprocess erfolgt, durch welchen die knorpelige Schädelbasis {sclih) an- gelegt wird , kommt Hypophysensäckchen nach oben von ihr die untere Fläche Zwischenhirns {tr) Fig. 290. Medianer Sagittalschnitt durch die Hypophysis eines 12 mm langen Kaninehenembryos. 50-facli vei- grössert. Nach Mihalkovics. tr Coden des Zwischeuhirns mit Trichter. vh Boden des Nachhirns, ch Chorda, hy Hy- pophysentasche. das (%) an des zu liegen. Damit ist auch der Zeitpunkt gekommen, in welchem der Hypo- physengang {hyg) , der mittlerweile sein Lumen verloren hat, zu schrum- pfen und sich zurück- tr hy sl ch schb hyg schb Fig. 291. Sagittalschnitt durch die Hypo- physis eines 20 mm langen Kaninehenembryo. 55-fach vergrössert. Nach Mihalkovics. tr Boden des Zwischenhirns mit Trichter, hy Hypophysis. hy' Theil der Hypophysis, an welchem die Bildung der Drüsenschlänclie beginnt, hyg Hypo- physengang. schb Schädelbasis, ch Chorda, sl Sattel- lehne. 27* 420 Sechzehntes Capitel. zubilden beginnt (Fig. 292); bei vielen Wirbelthieren indessen, wie bei den Selachiern, erhält er sich zeitlebens und stellt einen hohlen Canal dar, der die knorpelige Schädelbasis durchbohrt und sich mit dem Epi- thel der Mundschleimhaut verbindet. In ausserordentlich seltenen Fällen findet sich auch beim Menschen ein Canal im Keilbeinkörper erhalten, der von der Sattelgrube zur Schädelbasis führt und eine Verlagerung der Hypophyse aufnimmt (Suchannek). Dem Hypophysensäckchen ist frühzeitig vom Zwischenhirn (Fig. 290 bis 292) her eine Ausstülpung, der Trichter (tr) genannt, entgegen- gewachsen und hat sich seiner hinteren Wand angelegt und sie nach der vorderen, entgegengesetzten Wand zu eingestülpt. An dieses erste Stadium schliesst sich dann das zweite an, in welchem sich das Säckchen und das anliegende Trichterende zu den beiden, oben erwähnten Lappen des fertigen Organes umbilden. Das Säckchen beginnt (beim Menschen in der zweiten Hälfte des zweiten Monats, His) von seiner Oberfläche in das umgebende, sehr blutgefässreiche Bindegewebe hohle Schläuche zu treiben (die Hypo- physenschläuche) (Fig. 291, 292 /ly'). Dieselben lösen sich dann von der Säckchenwandung ab, indem sie ringsum von blutgefässreichem schb em tr sl ch ■rrvrr--\ien oder Gyri, erhebt, in welche nur schmale Fortsätze weisser Substanz eindringen. Anfangs sind denn auch die Furchen ganz seicht und werden in demselben Maasse tiefer, als sich die Hemisphäre verdickt und die Rindenfalten mehr nach aussen hervorspringen. Von den zahlreichen Furchen, welche das ausgebildete Gehirn darbietet , erscheinen während der Entwicklung einige früher, andere später und gewinnen hier- durch einen verschiedenen Werth für die Architektur der Gehirn- oberfläche. Denn „je früher eine Furche auftritt, um so tiefer wird sie, je spä- ter, um so seichter er- scheint sie" (Pansch). Die e r s t e r e n sind daher die bedeutungsvolleren und constanteren und sind passender Weise als Haupt- oder Primär fur- chen von den später ent- wickelten und mehr vari- irenden, secundären und tertiären Furchen zu unterscheiden. Sie beginnen vom Anfang des sechsten Monats an aufzutreten. Unter ihnen er- scheint am frühesten und ist eine der wichtigsten die Centralfurche (Fig. 299 cf), da sie Stirn- und Scheitel- lappen von einander abgrenzt. „Im neunten Monat sind alle Haupt- furchen und Windungen ausgebildet, und da zu dieser Zeit die Neben- furchen noch fehlen, so gibt ein Gehirn aus dem neunten Monat ein typisches Bild der Furchen und Windungen." (Mihalkovics.) In der Ausbildung der Furchen des Grosshirns bestehen sehr grosse Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Abtheilungen der Säugethiere. Auf der einen Seite stehen Monotremen , Insectenfresser und viele Nage- thiere, deren auch sonst meist weniger entwickeltes Grosshirn eine glatte Oberfläche besitzt und so gleichsam auf einem foetalen Zustand des mensch- lichen Gehirns dauernd verharrt. Auf der anderen Seite nähern sich die Gehirne der Raubthiere und Primaten im Reichthum ihrer Windungen dem menschlichen Gehirn. Fig. 299. Gehirn eines menschlichen Embryo aus dem Anfang des achten Monats. Vergrösserimg '''4. Nach Mihal- kovics. cf Centralfurche. vcw, hcw vordere und hintere Centralwindung. fo Fissura occipitalis. Grosshirns ist zum Riechnerven, zu Schluss noch eines gedenken. Seiner Bei der Entwicklung des Anhangsorgans desselben , des ganzen Entstehung nach unterscheidet sich der Riechnerv ebenso wie der Sehnerv von den ficirter Abschnitt peripheren Nerven und muss als ein besonders modi- der Wand des Grosshirnbläschens aufgefasst werden. Die ältere Bezeichnung Nerv wird daher jetzt öfters auch durch den zutreffenderen Namen Riechlappen (Lobus olfactorius, Rhinencephalon) 428 Sechzehntes Capitel. ersetzt. Schon sehr der Bebrütuiig, beim sich am Boden und frühzeitig (beim Hühnchen am siebenten Tage Menschen in der fünften Woche [His]) bildet am Vorderende eines jeden Stirnlappens eine ZoT kleine, nacli vorn gerichtete Ausstülpung (Fig. 282, 284 rn). Sie nimmt allmählich die Form eines Kolbens an, dessen erweiterten, der Siebplatte des Siebbeins aufliegenden Theil man als Bulbus olfactorius, dagegen den Stiel als Tractus olfactorius bezeichnet. Der Kolben schliesst im Innern eine Höhle ein, die mit dem Seitenventrikel in Zusammenhang steht. In den ersten Monaten der Ent- wicklung ist der Riechlappen auch beim Menschen relativ gross und mit einer centralen Höhlung versehen. Später beginnt er, wie denn auch der Ge- ruchssinn beim Menschen nur wenig ent- wickelt ist, gewissermaassen zu verküm- mern; er bleibt im Wachsthum stehen, wobei auch seine Höhle verschwindet. Bei den meisten Säugethieren dagegen, deren Geruchssinn ja bekanntlich viel schärfer als beim Menschen ist, erreicht der Riechlappen beim erwachsenen Thier eine bedeutendere Grösse und lässt uns noch viel deutlicher die Charaktere eines Hirntheils erkennen, denn er schliesst dauernd im Bulbus eine Höhle ein, die öfters sogar (Pferd) durch einen engen Canal im Tractus olfactorius mit dem Yorderhorn in Verbindung steht. Eine ganz ausserordentliche Ent- faltung (Fig. 300) gewinnt der Riech- lappen (Lol-hTro) bei den Haien, bei denen er an Grösse das Zwischen- (ZH) und Mittelhirn (3IH) übertrifft. Hier gehen vom vorderen Ende des wenig entwickelten Grosshirns zwei lange, hohle Fortsätze aus (Tractus olfactorius Tro) und enden in ziemlicher Entfernung vom Vorderhirn in zwei grossen, zuweilen mit Furchen ver- sehenen, gleichfalls hohlen Lappen (Lol). - Crest Z.Trry Fig'. 300. Gehirn von Galeus canis in situ, Dorsalansieht. Nach RoHON. Lol Lohns olfactorius. Tro Trac- tus nervi olfactorii. VH Vorderhiru, bei fn mit einem Foramen nutritium (Gefässloch) versehen. ZH Zwischen- hirn. 3IE Mittelhirn. HE Hinter- hirn. A'J? Nachhirn. 22 Rückenmark. // N. opticus. II[ N. oculomotorius. JV N. trochlearis. V Trigemiims. L.Trig Lobus trigemini. C,rest Corpus restiforme. IX Glossopharyngeus. X Vagus. E,t Eminentiae teretes. B) Die Entwicklung des peripheren Nervensystems. So leicht die Entstehung von Gehirn und Rückenmark zu verfolgen ist, so gross sind die Schwierigkeiten, welche das periphere Nerven- system den auf seinen Ursprung gerichteten Untersuchungen entgegen- setzt. Handelt es sich doch um histologische Vorgänge feinster Art, um das erste Auftreten markloser Nervenfibrillen und ihre Endigungsweise in zarten , aus mehr oder minder undift'erenzirten Zellen zusammen- gesetzten Embryonen. Wer nun weiss, wie schwierig es schon ist, bei einem ausgewachsenen Thiere marklose Nervenfibrillen in Epithellagen oder im glatten Muskelgewebe zu verfolgen und ül)er ihre Endigungs- weise ins Reine zu kommen, wird es verständlich finden, dass hinsieht- Die Organe des äusseren Keimblattes. 429 lieh der Entwieklunii' der peripheren Nerven manche und gerade die interessantesten Fragen nicht spruchreif sind , weil die zu ihrer Beant- wortung nothwendigen Beobachtungen noch fehlen. Nur in einem Punkt herrscht Klarheit. Er betrifft die Entwicklung der Spinalknoten, welche zuerst His und Balfuur unabhängig von einander, der eine am Hühn- chen, der andere bei Selachiern, erkannt haben, und über welche seit- dem zahlreiche, auf die verschiedensten Wirbelthiere sich erstreckende Untersuchungen von Mensen, Milnes Marshall, Kölliker, Sagemehl, V. Wi JHE , Bedot , Onodi , Beraneck , Rabl , Beard , Kastschenko, Lenhossek u. A. veröffentlicht worden sind. a) Die Entwicklung der Spinal knoten. Bei vielen Wirbelthieren (Hühnchen, Mensch etc.) ist die Anlage der Spinalknoten schon zu einer Zeit zu erkennen, wo die MeduUar- platte sich eben zu einer Rinne einzufalten begonnen hat. Man kann dann an der Stelle, an welcher die Medullarplatte in das Hornblatt umbiegt, Gruppen von Zellen bemerken, die sich durch ihre mehr rund- liche Beschaffenheit auszeichnen und nach den Angaben von Beard von Anfang an segmental angeordnet sind. Wenn im weiteren Verlauf die Medullarfalten sich in der Median- ebene zum Verschluss zusammenlegen, kommen die beiden „Ganglien- streifen" an die Firsten der Falten zu liegen. Hier verschmelzen sie vorübergehend zu einem einheitlichen Strang (Lenhossek) und lösen sich mit dem Nervenrohr von dem Hornblatt ab. se.ec. in.cc. ga. / '''"^-'•^^-"-'■^ A^^^- " ^^^ħ^. ' ^-^^:^#i^ ms. .?i? Fig. 301. Durchschnitt durch einen Hühnerembryo nach 29 Stunden Bebrütung, nach Golowine. Der Schnitt liat die Gegend des dritten Ursegments getroffen, ffa Ganglienleiste. ms Eückenmark. in.ec verdünnter Theil, se.ec verdickter Theil des äusseren Keimblattes. In diesem Zustand zeigt uns Figur 301, ein Durchschnitt durch einen 29 Stunden bebrüteten Hühnerembryo, die Ganglienanlage. Sie schiebt sich wie ein Keil in die dorsale Verschlussstelle des Nervenrohrs hinein. „Allein diese Lage ist keine definitive; bald veranlasst ihre leb- hafte Vermehrung, unterstützt durch das Bestreben der sie einfassenden Medullarplatten nach gegenseitiger Vereinigung, ein successives Heraus- wandern ihrer Elemente, wodurch die ursprünglich bilaterale Anordnung wieder zum Vorschein kommt" (Lenhossek). Es wächst jetzt nämlich eine dünne, ein bis zwei Lagen dicke Zellenleiste, wie Qilerschnittsserien lehren, zu beiden Seiten der Ver- wachsungsnaht aus dem Nervenrohr heraus und schiebt sich zwischen ihm und dem dicht anliegenden Hornblatt nach abwärts (Fig. 302 A 430 Sechzehntes Capiteh und JB, spg, spg). Sie erreicht so die dorsale Kante der zu dieser Zeit gut ausgebildeten Ursegmente {iis). Wälirend des Herabwachsens sondert sich die Nerven leiste, wie sie Balfouk, oder die Ganglien- leiste, wie sie Sagemehl nennt, immer deutlicher in einzelne, hinter einander gelegene Abschnitte. Es bleiben nämlich immer die zwischen zwei Ursegmenten gelegenen Strecken im Wachsthum zurück, während die in der Mitte der Segmente gelegenen Theile stärker wuchern, sich verdicken und gleichzeitig noch weiter zwischen Ursegmenten und Nervenrohr ventralwärts vordringen. A B spg rm Fig. 302. A Querschnitt durch einen Embryo von Pristiurus, nach Raul. Die Ursegmente hängen noch mit dem übrigen Theil des mittleren Keimblattes zu- sammen. An der Uebergangsstelle sieht man eine Ausbuchtung sk, von welcher aus sich das' skeletogene Gewebe entwickelt, ch Chorda, spg Spinalknoten, ni}) Muskelplatte des Ursegments. seh subchordaler Strang. ao Aorta, ik inneres Keimblatt, pvib, vmb parietales, viscerales Mittelblatt. B Querschnitt durch einen Eidechsenembryo, nach Sagemkhl. rm Rückenmark, spg unterer verdickter Theil der Nervenleiste, spg' oberer ver- dünnter Theil, der mit der Decke des Rückenmarks zusammenhängt, us Ursegment. Sehr lehrreiche Bilder liefern auf diesem Stadium in frontaler Rich- tung angefertigte Längsschnitte. Einen solchen zeigt Fig. 303, welche der Arbeit von Sagemehl entnommen ist. Da der zum Schneiden ver- wandte Eidechsenembryo um seine Längsachse stark gekrümmt war, so sind die fünf auf dem Schnitt sichtbaren Segmente in verschiedener Höhe getroffen, und zwar das mittlere tiefer als die zwei vorausgehenden und die zwei folgenden. Im ersteren ist die Ganglienanlage (sph) für sich abgesondert und nach vorn und hinten durch Gefässe begrenzt, während in den mehr dorsal getroffenen Segmenten nahe am Ursprung aus dem Nervenrohr die Anlagen noch unter einander in Verbindung stehen. Die Verbindung scheint bei den Selachiern am auffälligsten entwickelt zu sein und sich am längsten zu erhalten und ist von Balfour als Längs- commissur bezeichnet worden. Nach aussen von den Ganglien finden sich die Ursegmente (mp, mp), die zu dieser Zeit noch einen engen Spaltraum in ihrem Innern erkennen lassen. Vofl den Spinalknoten unterscheiden sich die im Bereich des Kopfes gelegenen Ganglien in einigen Einzelheiten ihrer Entwicklung. Der wesentlichste Unterschied besteht darin, dass schon zur Zeit, wo sich die Hirnanlage noch nicht zum Rohr geschlossen hat, die Ganglien- anlagen am Ümsclilagsrand der Medullarfalten in eine stärkere Wuche- Die Organe des äusseren Keimblattes. 431 ruiig mp' mp eintreten, sich von ihrem Mutterboden abtrennen und zwischen Hirnwand und Hirnbhitt nach abwärts zu wachsen beginnen (Fig. 306 vg). Wahrscheinlich wird diese frühzeitigere Entwicklung durch die beträchtlichere Grösse einzelner Ganglienankigen im Bereich des Kopfes bedingt. Ueber die weiteren Veränderungen, welche an den Anlagen der Spinalganglien eintreten, bestehen verschiedene Ansichten: Nach His, Sac4emehl und Lenhossek sollen sich die einzelnen Ganglienanlagen vom Nerven- rohr vollständig ablösen und zu seiner Seite ohne jeglichen Zusammenhang mit ihm eine Zeit lang liegen bleiben. Eine Verbindung soll erst secundär wieder durch Entwicklung der hinteren Nervenwurzeln hergestellt werden in der Weise, dass Nervenfibrillen entweder vom Rückenmark in das Ganglion oder vom Ganglion in das Rückenmark hineinwachsen oder in beiden Richtungen entstehen. Mehr für die erstere Alternative spricht sich Sagemehl, für die letztere His und Lenhossek aus. Andere Forscher lassen die Ganglionanlage, während sie sich verdickt und spindelig wird, mit dem Rückenmark dauernd verbunden sein durch einen dünnen Zellenstrang, der sich zur hinteren Wurzel umlnldet. Wenn diese Ansicht richtig ist, dann muss die hintere Nervenwurzel mit der Zeit ihre Befestigung am Rückenmark 7-m spk spk spk spk Fig. 303. Frontal- schnitt von einem Ei- deehsenembryo. rm Rückenmark, spk Nervenleiste mit Verdickun- gen, welche sich zu den Spinalknoten gestalten, mp' Theil des Ursegments, der die Muskelplatte liefert, mp äussere Schicht des Ur- segments. verändern und von der Nahtstelle weiter zur Seite und nach abwärts rücken. Die Verschiedenheit in diesen Angaben hängt zusammen mit den verschiedenen Auffassungen, welche über die Entwicklung der peripheren Nerven überhaupt bestehen. b) Die Entwicklung der peripheren Nerven. Zwei Hauptgegensätze machen sich in der Literatur geltend, wenn man die verschiedenen Ansichten durchgeht, welche über die Entwick- lung der peripheren Nerven aufgestellt worden sind. Die Majorität der Forscher nimmt an, dass das periphere Nervensystem sich aus dem centralen entwickelt, dass die Nerven aus dem Gehirn und Rückenmark hervorwachsen und ununterbrochen bis in die Peripherie wuchern, wo sie erst mit ihren speci- fi sehen End Organen in Verbindung treten. Das Hervor- wachsen der Nerven aus dem Rückenmark ist zuerst von Bidder und KuPFFER für die vorderen Wurzeln behauptet und für die hinteren ver- muthet worden. Ihrer Lehre haben sich in der Folgezeit Kölliker, His, Balfour, Marshall, Sagemehl etc. angeschlossen. Doch gehen ihre Anschauungen in Betreff der Bildungsweise der Nervenfasern aus einander. Nach His, Kölliker, Sagemehl, Lenhossek etc. sind die her- vorsprossenden Nervenfasern nur die Ausläufer der im Centralorgan gelegenen Ganglienzellen, die zu colossaler 432 Sechzehntes Capitel. Länge auswachsen müssen, damit sie ihren Endapparat erreichen. Zwischen ihnen finden sich zunächst keine Kerne und keine Zellen vor. Diese sollen erst in zweiter Linie von dem umgebenden Bindegewebe geliefert werden. Aus dem Mesenchym treten nach der Darstellung von KuLLiKER und His zellige Elemente zu den Bündeln von Nervenfäserchen heran, umhüllen sie, dringen dann zuerst spärlich, später immer reich- licher in das Innere der Nervenstämme herein und bilden um die Achsen- cylinder die ScHWANN'schen Scheiden. Auf der anderen Seite vertrat Balfour mit grosser Entschiedenheit die Lehre, dass bei der Entwicklung der Nerven Zellen, die aus dem Rückenmark mit auswandern, betheiligt sind. In seinem Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte bemerkte er hierüber: „Der zellige Bau der embryonalen Nerven ist ein Punkt, in betreff dessen ich geglaubt hätte, annehmen zu können, dass eine Meinungsverschiedenheit unmöglich sei, wenn nicht His und Kolliker im Anschluss an Remak und andere ältere Embryologen die Thatsache gänzlich in Abrede stellten. Ich bin durchaus gewiss, dass Niemand, der die Entwicklung der Nerven der Selachier an gut erhaltenen Exemplaren untersucht, auch nur einen Augenblick hierüber in Zweifel sein kann." Von neueren Untersuchern stellen sich VAN WiJHE, DoHRN uud Beard auf die Seite von Balfour. Einen völlig entgegengesetzten Standpunkt, der sowohl von Kupffer, His und Kolliker, als auch von Balfour abweicht, hat Hensen in der Frage nach dem Ursprung des peripheren Nervensystems eingenommen, indem er hauptsächlich mit physiologischen Bedenken der Lehre vom Auswachsen der Nervenfasern entgegengetreten ist. Er vermag sich keine Einrichtung zu denken, welche die aus dem Rückenmark hervor- sprossenden Nerven an ihr richtiges Ende zu leiten vermöchte, welche es z. B. bewirken sollte, dass stets die vordere Wurzel an Muskeln, die hintere an nicht musculöse Organe gehe, dass keine Verwechslung eintrete zwischen den Nerven der Iris und denen der Augenmuskeln, zwischen den Aesten des Quintus und Acusticus oder Facialis u. s. w." Somit hält Hensen aus theoretischen Gründen die Annahme für noth- wendig, dass „die Nerven niemals ihrem Ende zuwachsen, sondern stets mit demselben verbunden sind". Nach seiner Ansicht, die er durch einige Beobachtungen zu unterstützen versucht, hängen die embryonalen Zellen zum grossen Theil durch feine Ver- bindungsfäden zusammen. Wenn sich eine Zelle theilt, soll sich auch der Verbindungsfaden spalten und auf diese Weise ein „unendliches Netzwerk von Fasern" entstehen. Aus diesem sollen sich die Nerven- bahnen entwickeln, während ein Rest verkümmert. Die von Hensen geäusserten Bedenken verdienen gewiss alle Be- achtung. Sie lassen sich bei weiterem Durchdenken des Gegenstandes noch leicht vermehren. Wenn die Nerven einmal zu ihren Endapparaten auswachsen, warum suchen sie nicht direct zu ihrem Ziel zu gelangen, wozu müssen sie oft viele Umwege machen, und wozu gehen sie die complicirten und verschiedenartigen Plexusbildungen ein, woher stannnen die Ganglienzellen, die sich auch im peripheren Nervensystem in nicht geringer Zahl in den verschiedensten Organen, besonders auch im Sym- pathicus, entwickelt finden? Um auf dem schwierigen Gebiete vorwärts zu kommen, wird man auch das periphere Nervensystem wirbel- loser Thiere mehr, als es zur Zeit geschehen ist, berücksichtigen und bei der Untersuchung von Embryonen nicht nur Schnittserien, sondern auch andere histologische Methoden (Flächenpräparate geeigneter Die Organe des äusseren Keimblattes. 433 Objecte mit Färbung der Nervenfibrillen , Isolirung der Elemente nach vorausgegangener Maeeration und Färbung) zu Rathe ziehen müssen. Trotz zahlreicher in den letzten Jahren erschienener Arbeiten iiber die Entwicklung des Nervensystems sind die brennenden Hauptfragen noch keineswegs aufgeklärt. Noch immer werden die entgegengesetzten Anschauungen über die Bildungsweise der Nervenfasern oft mit einer die Berechtigung einer anderen Auffassung leugnenden Entschieden- heit vertreten , während einige Forscher ihren Standpunkt gewechselt haben. Hierzu einige Belege: „Es muss befremdend erscheinen", bemerkt Lenhossek, .,wenn noch in allerletzter Zeit (siehe die beiden Arbeiten Beard's) unter vollkommener Ignorirung der neueren Leistungen der Neurohistologie die älteren Anschauungen über kettenartige Verbindungen von längsgeordneten Zellen zur Bildung von Achsencylindern aufgefrischt werden etc." KöLLiKER glaubt aus mehreren Thatsachen schliessen zu können, „dass die von Remak, Bidder, Kupffer und ihm selbst schon seit vielen Jahren für die motorischen Fasern vorgetragene und später von ihm und His auch für die sensiblen Elemente nachgewiesene Entstehung der Nervenfasern (also riesig lang verzweigte Ausläufer je einer einzigen Ganglienzelle) die einzig richtige ist." Diesen entschiedenen Aussprüchen gegeniiber verdient gewiss die Stimme Kupffer's (1891) Beachtung: „Keiner meiner Beobachtungen (am Ammocoetes) widerstreitet die Anschauung, alles deutet vielmehr darauf hin, dass die Fibrillen als Ausläufer von Zellen entstehen, aber nicht allein von Zellen der Ganglien und des Centralorgans, sondern auch derjenigen Zellen, die, in Ketten an einander ge- reiht, die ersten Anlagen peripherer Nerven bilden. Dieses angenommen, erscheint es mir weiter am wahrscheinlichsten, dass das Wachsthum der Fibrillen an den dorsalen Nerven in beiden Rich- tungen sich vollzieht, centripetal sowohl wie centrifugal. Denn wenn die Anlagen die Ausbildung erreicht haben, dass sie neben den Zellen auch Fibrillen aufweisen, erscheinen die Zellen aus einander gerückt und an beiden Enden, dem centralen wie dem peripheren, in feine Fäden aus- laufend etc. Eins glaube ich mit Bestimmtheit aussprechen zu dürfen, dass die Anlagen der dorsalen Nerven sowohl in der frühesten Phase der Zellenketten, wie auch später, wenn bereits Eil) rillen erschienen sind, stets den Zu- sammenhang mit dem Centralorgan bewahren." Hierzu bemerkt Strasser (1892), dass durch das Gewicht dieser Thatsachen die Anschauung, die ihre hauptsächlichsten Vertreter in Kölliker und His gefunden habe, von Grund aus erschüttert wor- den sei. Nachdem ich so den verschiedenartigen Standpunkt charakterisirt habe, welchen augenblicklich noch die Forscher in der Frage nach der Herkunft des peripheren Nervensystems einnehmen, theile ich eine An- zahl von Beobachtungen mit, welche man über die Entwicklung dieser und jener Nerven gewonnen hat. Dieselben betreffen: 1) die Entwick- lung der vorderen und hinteren Nervenwurzeln; 2) die Entwicklung einiger grösserer, peripherer Nervenstämme, wie des Nervus lateralis; 3) die Entwicklung der Nerven bei Petromyzon; 4) die Entwicklung der Kopfnerven und ihre Stellung zu den Spinalnerven. 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 28 434 Sechzehntes Capitel. 1) Die Entwicklung der Nerven wurzeln. Von den vorderen und hinteren Nervenwurzeln sind die ersteren am frühzeitigsten nachzuweisen. In ihrer Entwicklung kann man drei Stadien unterscheiden. Das erste Stadium haben Dohkn und van Wijhe bei Selachier- embryonen beobachtet. Zur Zeit, wo das Nervenrohr noch keinen Mantel von Nervensubstanz gebildet hat und ihm das Muskelsegment noch sehr dicht anliegt, entsteht zwischen beiden eine Verbindung in Form eines sehr kurzen protoplasmatischen Stranges. Die Nervenanlage ist also, wie VAN Wijhe bemerkt, ab origine bei ihrem Muskelcomplex, den sie nicht wieder verlässt. Sie wird bald darauf, indem das Muskelsegment sich weiter vom Nervenrohr entfernt, mehr in die Länge ausgezogen; sie nimmt an Dicke zu und schliesst jetzt zahlreiche Kerne ein, besitzt also ein zelliges Gefüge, einen Zustand, welchen ich als zweites Stadium bezeichnen will. Ueber die Herkunft der in der Nervenanlage auftretenden Zellen gehen die Meinungen aus einander. Während Kölliker, His, Sagemehl in ihnen eingewanderte, bindegewebige Elemente erblicken, welche nur die Nervenhüllen bilden sollen, lassen Balpour, Marshall, van Wijhe, DoHEN und Beard sie aus dem Rückenmark auswandern und an der Entwicklung der Nerven selbst mit betheiligt sein. Beard leitet auch die motorischen Endplatten von ihnen ab. Zu den vom Rückenmark abstammenden Nervenzellen sollen sich bald noch Bindegewebszellen aus dem umgebenden Mesenchym hinzugesellen und von ihnen für ge- wöhnlich nicht mehr zu unterscheiden sein. Auf dem dritten Stadium endlich gewinnt die zellige Anlage der motorischen Wurzel eine fibrilläre Beschaffenheit (Fig. 274 viv), und gelingt es jetzt, den Ursprung der Nervenfibrillen im Rückenmark aus Gruppen embryonaler Ganglienzellen oder Neuroblasten zu ver- folgen (His). Auch die Entstehung der Nervenfibrillen ist ein strittiger Gegenstand, wie schon früher hervorgehoben wurde und wie an diesem einzelnen Fall näher erörtert werden soll. Nach der Ansicht der meisten Forscher bilden sich die Nervenfibrillen, die späteren Achsencylinder, als Fortsätze von Ganglienzellen des Rückenmarks und wachsen aus der Oberfläche desselben mit freien Enden hervor, bis sie ihre Endorgane erreichen (Kölliker, His, Sagemehl, Lenhossek). Derartige Angaben werden namentlich für die Entwicklung der motorischen Wurzeln bei den höheren Wirbelthieren gemacht. Nach der Anschauung von Dohrn, Wijhe und Beard dagegen entstehen die Nervenfibrillen an Ort und Stelle als Differenzirungspro- ducte aus dem Protoplasma der Zellstränge, durch welche Muskel- segment und Rückenmark schon früher verbunden sind. Sie brauchen das Endorgan nicht erst aufzusuchen, da mit diesem eine protoplas- matische Verbindung schon besteht. Sie nehmen in ähnlicher Weise ihren Ursprung, wie die Muskelfibrillen aus dem Plasma ihrer Muskel- zellen. Auf die Beobachtungen von Dohen, Beaed und Wijhe möchte ich ein besonderes Gewicht legen, weil sie mit den theoretischen Anschauungen harmoniren , welche ich mir auf Grund der Untersuchung wirbelloser Thiere von der Entstehung des Nervensystems gebildet habe. Wie ich Die Organe des äusseren Keimblattes. 435 in verschiedenen Schriften zu begrün- den versucht habe, sind protoplasma- tische Verbindungen der Zellen die Grundlage , aus der sich die Nerven- fibrillen entwickeln. Der specifischen Ausbildung eines Nervensystems geht ein protoplasmatischer Zellenverband voraus, der sich zu einer Zeit aus- bildet, wo die nervösen Central- und Endorgane noch näher zusammenliegen. Etwas später als die ventrale Nervenwurzel wird die dorsale sicht- bar; es bilden sieh Fibrillen, welche das obere Ende des Spinalknotens mit der Seite des Rückenmarks ver- binden; alle Fibrillen werden zuerst in der Nähe des Spinalknotens an entgegengesetzten Seiten desselben sichtbar (Fig. 304 h u. e) ; sie er- scheinen als Ausläufer bipolarer Ganglienzellen, von denen ein Aus- läufer sich nach dem Rückenmark zu vergrössert und sich mit ihm ver- bindet, während der andere Aus- läufer allmählich in die Peripherie auswächst, um in einem peripheren Sinnesorgan zu enden. Fig. 304. Spinalganglion des siebentägigen Hühnchens (Golgi'- sche Methode). Nach Lenhossek. a Ganglion mit bipolaren Nerven- zellen, b hintere Wurzel, e Rückenmark. d vordere Wurzel, e ventraler, / dor- saler Ast des Spinalnerven. 2) Die Entwicklung peripherer Nervenstämme. Von einigen Nerven haben Götte, Semper, Wijhe, Hoffmann, Beard und neuerdings Kupffer die beachtenswerthe, von einigen Seiten (Balfour, Sagemehl) in Zweifel gezogene Angabe gemacht, dass an ihrer Bilclung das Hornblatt betheiligt ist. Bei Amphibienlarven und Selachierembryonen ist das in Entwicklung begrififene hintere Ende des Nervus lateralis vagi mit dem Hornblatt, das in der Seitenlinie verdickt ist, vollständig verschmolzen (Fig. 807 nl). Etwas weiter nach vorn ist der Nerv abgegliedert und liegt dem Hornblatt noch dicht an, während er in der Nähe des Kopfes weiter in die Tiefe gerückt und zwischen die Muskeln gerathen ist. An den Stellen, an denen sich der Nerv vom Hornblatt entfernt hat, bleibt er nur mittelst feiner Nebenzweige mit der Anlage der Seitenorgane in Verbindung. Aehnliche Befunde sind auch bei mehreren Aesten anderer Kopfnerven bei Selachierembryonen gemacht worden. Vom Facialis z. B. sieht Wijhe einen kurzen Ast nahe seinem Ursprung aus dem Ge- hirn mit einer verdickten, aus Cylinderzellen zusammengesetzten Stelle der Epidermis der Art verschmolzen, dass er nicht sagen kann, ob an der Uebergangsstelle die Zellenkerne zum Nerven oder zu seinem End- organ gehören. An einem vorgerückteren Stadium ist der ältere Theil des Nerven von der Anlage des Endorgans abgelöst, in die Tiefe ge- rückt, durch zwischendringendes Bindegewebe von der Haut getrennt 28* 436 Sechzehntes Capitel. und mit dem Endorgan nur durch feine Nebenzweige verbunden. Das fortwachsende, jüngere Ende des Nerven hängt aber noch mit dem Hornblatt zusammen. Auch bei den höheren Wirbelthieren halben Beard, Froriep, Kast- scHENKo Aehnliches beobachtet. Sie finden nämlich die Ganglienanlagen des Facialis, Glossopharyngeus und Vagus am dorsalen Rande der ihnen entsprechenden Schlundspalten in breiter Ausdehnung längere Zeit mit dem Epithel verschmolzen, das verdickt ist und sich als ein Grübchen in die Tiefe gesenkt hat. In den Verbindungen erblicken sie die Anlagen branchialer Sinnesorgane, welche nicht mehr zur völligen Entwicklung gelangen. Auch hält Froriep nach seinen Befunden die Deutung für zulässig, dass an den Stellen, wo die Verschmelzung vorliegt, Bildungs- material aus der Epidermis in die Tiefe trete, um sich an der Bil- dung der Nervenbahnen zu betheiligen. Noch bestimmter spricht sich Beard dahin aus, dass die sensiblen Nervenelemente des ganzen peri- pheren Nervensystems als Differenzirungen des äusseren Keimblattes unabhängig vom Centralnervensystem entstehen. Die hier mitgetheilten Angaben über einen in früher Entwicklung bestehenden Zusammenhang gewisser Nervenstämme mit dem äusseren Keim- blatt scheinen mir einen Fingerzeig zu geben zu Gunsten der von meinem Bruder und mir geäusserten Hypothese, dass die sensiblen Nerven der Wirbelthiere ursprünglich aus einem subepithelialen Nervenplexus entstanden sind, wie solcher in der Epidermis vieler wirbelloser Thiere besteht. 3) Die Entwicklung der Nerven bei Petromyzon. Junge Larven von Petromyzon sind für die Frage der Entstehung peripherer Nerven insofern ein wichtiges Object, weil bei ihnen das Mesenchymgewebe sich erst verhältniss- mässig spät anlegt, zu einer Zeit, wo schon die ersten Nervenbahnen entwickelt sind. Diese sind Anfangs, wie Kupffer ge- funden hat, Ketten an einander gereihter Zellen (Fig. 305 l, ns, nh), die theils vom Nervenrohr, theils von der Epidermis ab- stammen und mit verdickten Stellen der- selben (besonderen Ganglienanlagen) hie und da in Verbindung stehen. Solche Be- funde fallen schwer in's Gewicht zu Gunsten der Anschauung, nach welcher die Nerven- fasern Differenzirungsproducte zu Reihen verbundener Zellen sind, in ähnlicher Weise, wie die Muskelfilirillen vom Protoplasma vieler Muskelkörperchen und die Binde- gewebsfasern von vielen Bindegewebszellen gebildet werden. nd. FifT- 305. Querschnitt durch den Kopf einer Larve von Petromyzon Planeri in der Gegend des Hinterhirns. Nach KuPFFEK. h Hinterhirn, eh Chorda. d Darm, m Mesoblast. ns dor- saler Spinalnerv, nb branchialer Spinalnerv, gl Hinterende des Ganglion laterale Vagi. ^«Gang- lion epibranchiale. nd Neuro- dermis. Die Organe des äusseren Keimblattes. 437 4) Die Entwicklung der Kopf nerven. Die Untersuchungen der letzten Jahre, welche besonders von Bal- FOUR, Marshall, Kolliker, Wi.ihe, Froriep, Rabl , Kastschenko, KuPFPER ausgeführt woidon sind, haben über die Entwicklung der Kopf- nerven, über ihr Verhalten zu den Kopfsegmenten und über ihre Stellung zu den Spinalnerven bedeutsame Resultate gefördert. Auch am Gehirn entstehen, wie am Rückenmark, theils dorsale, theils ventrale Wurzeln. Schon zur Zeit, wo die Hirnplatte noch nicht ganz zum Rohr geschlossen ist (Fig. 30(3), bildet sich jederseits an der Unischlagsstelle in das Horn- blatt eine Nervenleiste (w/), welche ziemlich weit vorn beginnt und sich auf Schnittserien continuirlich nach rückwärts verfolgen lässt, wo sie ,A rr -h so '/ Fig-. H06. Querschnitt durch den Hinterkopf eines Hühnerembryo von 30 Stunden. Nach Balfuur. hb Hinterlnru. vg Vagus, ep Epiblast. ch Chorda, x Hypoblastverdickung- (mög- licherweise ein Kiidiment des subchordalen Stranges), al Schhind. /d Herz, pp Leibes- höhle, so somatisches Mesoblast (Darmseitenplatte). % Hypoblast. sich in die Nervenleiste des Rückenmarks fortsetzt. Wenn etwas später der Verschluss und die Ablösung der Hirnblasen vom Hornblatt erfolgt ist, liegt die Leiste dem Dach derselben auf und ist in der Medianebene mit ihm verschmolzen. Aus dieser Anlage sondern sich nun die meisten Hirnnerven in ähnlicher Weise wie die dorsalen Wurzeln der Spinal- nerven, nämlich der Trigeminus mit dem Ganglion Gasseri, der Acusticus und Facialis mit dem Ganglion acusticum und dem Ganglion geniculi, der Glossopharyngeus und Vagus mit dem dazu gehörigen Ganglion jugulare und nodosum. Die dorsal entspringenden Nerven rücken später mit ihren Ursprüngen an der Seitenwand der Hirublasen weiter nach der Basis herab. Alle übrigen nicht namhaft gemachten Hirnnerven, also: Oculomo- torius, Trochlearis, Abducens, Hypoglossus, Accessorius. entwickeln sich als einzelne Auswüchse der Hirnl)lasen näher ihrer Basis und ausser Zusammenhang mit der Nervenleiste, vergleichbar den vorderen Wurzeln des Rückenmarks. 438 Sechzehntes Capitel. Vom Hypoglossus der Säugethiere findet Froeiep, dass er ausser den ventralen auch noch dorsale Ursprungswurzeln mit kleinen Ganglienzellen besitzt. Dieselben bilden sich später zurück. Trotz dieser wichtigen Uebereinstimmung besteht aber auch ein erheblicher Unterschied in der Nervenvertheilung zwi- schen Kopf und Rumpf und zwar in doppelter Hinsicht. Erstens versorgen am Kopf die ventralen motorischen Wurzeln (Oculomotorius, Trochlearis, Abducens, Hypoglossus) nur einen Theil der Musculatur, nur die Augenmuskeln und einige Muskeln, die vom Schädel zum Schulter- giirtel ziehen, also Muskeln, die sich, wie früher gezeigt wurde, aus den Kopfsegmenten anlegen. Andere Muskelgmppen, die von den Kopfseiten- platten" abstammen, werden von dem dorsal entstehenden Trigeminus und Facialis innervirt. Danach würden sich die dorsalen Nervenwurzeln des Kopfes von denen des Kumpfes in dem wichtigen Punkte unter- scheiden, dass sie sowolil sensible, als auch motorische Fasern enthalten. Das BELL'sche Gesetz würde somit für den Kopfabschnitt der Wirbel- thiere eine Modification erfahren und würde das folgende, von Wijhe formulirte Gesetz, welchem auch Hatschek beistimmt, an seine Stelle zu treten haben: .,Am Kopfe sind die dorsalen Nervenwurzeln nicht nur sensitiv, sondern innerviren auch die aus den Seitenplatten, nicht aber die aus den Ursegmenten (Somiten) stammenden Muskeln." „Die ventralen Wurzeln sind motorisch, innerviren aber nur die ^Muskeln der Ursegmente (Somite), nicht diejenigen der Seitenplatten." Zweitens kommen im Bereich des Kopfes ausser dem „spinalen Nervensystem", das auch am Rumpf sich findet, noch Nervenzweige und Ganglien vor, welche Kupffer als branchiales System zusammenfasst und dem spinalen gegenüberstellt. Das branchiale System ist bei Petro- myzon, wo es Kupffer untersucht hat, gut ausgeprägt, scheint aber auch den übrigen Wirbelthieren nicht zu fehlen. Nach Kupffer sondert sich bei Petromyzon die Nervenanlage, die als Leiste aus der dorsalen Kante des Hirnrohrs hervorwächst, am Kopf frühzeitig in zwei getrennte Züge (Fig. 305), 1. in einen Zug ins), der zwischen Hirn und Mesoblast ventral herabsteigt, in einem Spinalganglion (^.s) endet und sich der dorsalen Wurzel eines Spinalnerven vergleichen lässt, und 2. in einen Zug, der nach aussen vom Mesoblast sich unter der Epidermis ausbreitet und den branchialen Ast (nb) darstellt, der einem typischen Spinalnerven fehlt. Mit ihm sind mehrere, nur dem Kopfbereich eigenthümliche Ganglienanlagen verbunden, die als Ganglion laterale (gl) und epibranchiale ige) bezeichnet werden. Seit "Gegenbaur's Untersuchung über das Kopfskelet der Selachier ist vielfach die Frage erörtert worden, ob die Nerven am Kopf sich auf einzelne Segmente in ähnlicher Weise wie am Rumpf vertheilen lassen. Da die Ansichten der einzelnen Forscher hinsichtlich der im Kopfbereich vorhandenen Mesodermsegmente , wie wir früher gesehen haben, noch weit aus einander gehen, kann es nicht Wunder nehmen, dass auch die Frage der Vertheilung der Nerven auf die einzelnen Seg- mente in verschiedener Weise beantwortet wird. Nach Wijhe sind am Kopfe der Selachier neun Segmeute zu unter- scheiden. Zum ersten gehören der Ramus ophthalmicus des Trigeminus und Die Organe des äusseren Keimblattes. 439 als motorische Wurzel der Oculomotorius, Das zweite Segment versorgt der übrige Theil des Trigeminus mit dem ventral entstehenden Trochlearis. Die dorsalen Wurzeln des dritten (und vierten?) Segmentes repräsentirt der Acustico-facialis, die ventralen der Abducens. Das fünfte Segment besitzt nur den rein sensiblen, aus der Nervenleiste entspringenden Glossopharyngeus. Das sechste bis neunte Segment werden vom Vagus und Hypoglossus innervirt, von denen der erstere einer Reihe dorsaler, der letztere einer Reihe ventraler Wurzeln entspricht. Eine Tabelle über die Metamerie des Ammocoetes giebt Hatschek im Anatomischen Anzeiger, 1893, Seite 91. "Wie aus dem kurzen Ueberblick hervorgeht, bestehen noch manche ungelöste Probleme auf dem schwierigen Gebiet der Entwicklung des peripheren Nervensystems. Ohne mich in eine weitere Erörterung der uns hier entgegengetretenen Gegensätze einzulassen, beschliesse ich diesen Abschnitt mit einer vergleichend anatomischen Betrachtung, welche mir geeignet erscheint, für den BsLL'schen Lehrsatz oder die That- sache des getrennten Ursprungs der sensiblen, dorsalen und der motorischen, ventralen Wur zel fasern die morpho- logische Erklärung zu liefern. Bei Amphioxus und bei den Cyclostomen sind motorische und sen- sible Nervenfasern nicht nur in ihrem Ursprung aus dem Rückenmark, sondern auch in ihrer ganzen peripheren Verbreitung vollständig von einander getrennt; erstere begeben sich von ihrem Rückenmarksursprung aus direct zu den Muskelsegmenten, letztere steigen an die Oberfläche empor, um sich überall in der Haut auszubreiten und zu den Sinnes- zellen und Sinnesorganen derselben zu treten. Die bei Amphioxus und den Cyclostomen noch scharf durchgeführte Son- derung des peripheren Nervensystems in einen sen- siblen und in einen motorischen Abschnitt erklärt sich aus der räumlich gesonderten Entstehung ihrer be- treffenden Endgebiete, da die Sinneszellen aus dem äusseren Keimblatt, die willkürlichen Muskel massen aus einem Bezirk des mitt- leren Keimblattes ihren Ursprung nehmen. Daher haben sich die sen- siblen Nervenfasern im Anschluss an das äussere Keim- blatt, die motorischen im Anschluss an die Muskelseg- mente aus dem Rückenmark entwickelt. Als die ursprüngliche Lage der sensiblen Nervenfasern betrachte ich die subepitheliale in der Weise, wie wir bei vielen wirbellosen Thieren das ganze periphere, sensible Nervensystem als einen in der untersten Schicht der Epidermis gelegenen Plexus ausgebildet finden. Darauf, dass ein solches Lageverhältniss auch für die WMrbelthiere das ursprüngliche gewesen ist, scheinen mir die oben referirten , wichtigen Befunde hin- zuweisen, nach denen viele Hautnerven (N. lateralis etc. Fig. 307 nJ) mit der Epidermis bei ihrer Entstehung verschmolzen sind und sich erst nachträglich von ihr ablösen, um in das unterliegende Mesenchym tiefer hinein zu rücken. Wenn mit Ausnahme des Amphioxus und der Cyclostomen bei allen übrigen Wirbelthieren sensible und motorische Nervenfasern bald nach ihrem getrennten Ursprung aus dem Rückenmark sich zu gemischten Stämmen verbinden, so sehe ich hierin einen abgeleiteten Zustand und halte ihn namentlich durch folgende, entwicklungsgeschichtliche Momente 440 Sechzehntes Capitel. vemrsacht, durch die Lageveränderung des Rückenmarks und der Muskel- massen und durch die bedeutende Zunahme der Stützsubstanzen. Da das Rückenmark von seinem Mutterboden weit ab in tiefere Schichten des Körpers zu liegen kommt, werden auch die Hautnerven ihm folgen müssen und an ilirem Ursprung sich dem entsprechend von ihrem Endgebiet entfernen. Indem auch andererseits die Muskelplatten XLTItC ^■ Fig. 307. Querschnitt durch den* Vorderrumpf eines Scylliumembryo. Nach Ualfolu. Zwischen der donsalen Rumpfwand und der Baucliwand, an welcher der Ansatz vom Stiel des Dottersacks getroffen ist, spannt sich ein breites, zellenreiches Mesen- terium aus und trennt die Leibeshöhle vollständig in eine linke und eine rechte Hälfte. Im Mesenterium ist zweimal das Duodenum {du) getroffen, welches nach oben die An- lage des Pancreas {pan), nach unten die Anlage der Leber hpd abgiebt. Ferner sieht man die Abgangsstelle des Dottergangs (umc) vom Duodenum, spc Rückenmark, spg Ganglien der hinteren Wurzel, ar vordere Wurzel, dn dorsalwärts verlaufender, von der hinteren Wurzel entspringender Ast. nip Muskelplatte, mp^ der bereits in Muskeln umgewandelte Theil derselben, mpl ein Theil der Muskelplatte, aus dem die Muskeln der Extremitäten hervorgehen, vi Nervus lateralis, ao Aorta, ch Chorda, si/g Syni- p;ithicusganglion. eav Cardinalvene. spn Spinalnerv, sd Segmentalgang (Urnieren- gang). st Segmentalrohr (Urnierencanälchen). Die Organe des äusseren Keimblattes. 441 um das Nervenrohr herum wachsen, werden einzelne motorische und sensible Nervenstränge auf dem We.ue zu ihren Endjiebicten einander nahe gebracht werden. Besonders aber wird dies überall da eintreten, wo die motorischen und sensiblen Endgebiete wie an den P^xtremitäten vom Ursprung der Nerven aus dem Rückenmark weit abliegen. Die so veranlasste, gegenseitige Annäherung sensibler und motoi-ischer Nerven- züge wird schliesslich zur Entstehung gemeinsamer Bahnen führen nach demselben Princip vereinfachter Organisation, nach welchem sich auch die Gefässe dem Verlauf der Nerven auf das Innigste anschliessen. 3) Die Entwicklung des Sympathicus. Die Entwicklung des sympathischen Nervensystems ist noch von wenigen Seiten untersucht worden. Balfour gab zuerst an, dass es im Zusammenhang mit den Hirn- und Rückenmarksnerven seinen Ursprung nimmt und daher, wie diese, in letzter Instanz vom äusseren Keimblatt abzuleiten ist. Bei Selachiern fand er die sympathischen Ganglien (Fig. 307 sy.g) als kleine Anschwellungen an den Hauptstämmen der Spinalnerven (sp.n) etwas unterhalb ihrer Ganglien (sp.g). An älteren Emliryonen entfernen sie sich nach Balfour's Angaben weiter von den Spinalknoten und treten dann nachträglich unter einander durch Ent- wicklung von Längscommissuren zu einem Grenzstrang zusammen. Am eingehendsten hat sich Onodi in einer auf mehrere Wirbel- thierclasseu sich erstreckenden Untersuchung mit der Entstehung des Sympathicus beschäftigt. Nach ihm stammen, wie es Balfour vermuthet hat und wie auch neuerdings Beard, His seu. und jun. bestätigen, die sympathischen Ganglien direct von den spinalen ab. Wie bei den Fischen am besten zu verfolgen ist, wuchern die Spinalganglien an ihrem ventralen Ende. Die gewucherte Partie löst sich ab und rückt als An- lage eines sympathischen Ganglions mehr ventralwärts. Die Anlagen der einzelnen Segmente sind Anfangs von einander isolirt. Der Grenz- strang ist ein secundäres Product, dadurch entstanden, dass die einzelnen Ganglien einander entgegenwachsen und sich verbinden. Von ihm leiten sich dann ferner die sympathischen Ganglien und Geflechte der Brust- und Leibeshöhle ab. So lässt His jun. von den Ganglien des Grenzstrangs Gruppen von Ganglienzellen in die Herzanlage activ einwandern und die dort gelegenen Herzganglien bilden. (His, Entwicklung des Herznerven- systems bei Wirbelthieren.) Zusammenfassung. Centralnervensystem. 1) Das Centralnervensystem entwickelt sich aus dem als Medullar- platte bezeichneten, verdickten Bezirk des äusseren Keimblattes. 2) Die Medullarplatte faltet sich zum Medullarrohr zusammen (Medullarwülste, Medullarrinne). 3) Die Bildung des Nervenrohrs zeigt im Besonderen drei Modifi- cationen: a) Amphioxus, b) Petromyzonten , Teleostier, c) die übrigen Wirbelthiere. 442 Sechzehntes Capitel. 4) Am Medullarrohr verdicken sich die Seitenwände, während ven- trale und dorsale Wand dünn bleiben, in die Tiefe der vorderen und hinteren Längsspalten rücken und zu den Commissuren der Rücken- markshälften werden. 5) Ursprünglich füllt das Rückenmark den ganzen Wirbelcanal aus, wächst aber langsamer als dieser und endet daher später am zweiten Lendenwirbel (Erklärung des schrägen Verlaufs der Lenden- und Sacral- nerven). 6) Der Theil des Nervenrohrs, welcher zum Gehirn wird, gliedert sich in die drei primären Hirnblasen (primäres Vorderhirnbläschen, Mittelhirnbläschen, Hinterhirnbläschen). 7) Am primären Vorderhirnbläschen stülpen sich die Seitenwandungen zu den Augenblasen, die vordere Wand zum Grosshirnbläschen aus. 8) Das Hinterhirnbläschen zerfällt durch Einschnürung in das Klein- hirn- und Nachhirnbläschen. 9) Somit werden aus den drei primären schliesslich fünf secun- däre, in einer Reihe hinter einander gelegene Hirnbläschen [a) Gross- hirnbläschen, b) Zwischenhirnldäschen mit den seitlich ansitzenden Augenblasen, c) Mittelhirnbläschen, d) Kleinhirnbläschen, e) Nachhirn- bläschen]. 10) Die die Hirnbläschen unter einander verbindende, ursprünglich gerade Achse erfährt später an einzelnen Stellen starke Krümmungen, in deren Folge die Bläschen sich gegen einander verschieben (Kopf beuge, Brückenbeuge, Nackenbeuge). Der Kopf- und Nackenbeuge entsprechen an der Oberfläche der Em]>ryonen der Kopf- oder Scheitelhöcker und der Nackenhöcker. 11) Von den fünf Hirnl)läschen sind die einzelnen Hirntheile ab- leitbar, worüber die nebenstehende Tabelle (Mihalkovics, Schwalbe) eine Uebersicht giebt. 12) Bei der Umwandlung der Bläschen finden folgende Processe statt: a) einzelne Stellen der Wandungen verdicken sich in mehr oder minder hohem Grade, während andere Stellen eine Verdünnung erfahren und keine Nervensubstanz entwickeln (Deckplatte des dritten und vierten Ventrikels); b) die Bläschenwandungen falten sich ein; c) einzelne Bläschen (erstes und viertes) übeiHügeln in hohem Grade in ihrem Wachsthum die übrigen (Zwischen-, Mittel-, Nachhirn). 13) Von den Hohlräumen der Bläschen leiten sich die vier Hirn- kammern und die SvLvi'sche Wasserleitung her. 14) Von den fünf Bläschen ist das Mittelhirnbläschen, welches die Vierhügel liefert, das conservativste und erfährt die geringfügigsten Um- wandlungen 15) Zwischen- und Nachhirnbläschen zeigen eine ähnliche Ver- änderung, indem ihre obere Wand oder die Deckplatte sich zu einer einfachen Lage von Epithelzellen verdünnt und in Verbindung mit der wuchernden, weichen Hirnhaut die Adergeflechte erzeugt (vorderes, seit- liches, hinteres Adergeflecht : vorderer und hinterer Hirnschlitz). 16) Das Grosshirnbläschen zerfällt unter Entwicklung der Mantel- spalte und der grossen Hirnsichel in zwei seitliche Hälften, die beiden Hemisphärenbläschen. 17) Die Hemisphärenbläschen übertreffen schliesslich beim Menschen an Masse alle übrigen Hirntheile und wachsen von oben und von der Seite als Hirnmantel über das zweite bis fünfte Hirnbläschen oder den Hirnstamm herüber. Die Organe des äusseren Keimblattes. 443 • • S S • 3 , CS . CS <1 to a "-^ N-H CR CO i 1 triculu artus. aeduct ylvii. triculu •rtius. ntricul erales. o o ä 3 C/2 3 ja ^ ^ a 03 O' < 03 > -o • ^ CS cö 2 , ; [ CS > 3 CO , 'S 03 03 03 ebelli em. erebelli rum. US. juncti iculat le. 3 Oh O hären terior r^ 03 3 G CS misp a an dum e •^ ^«■§ 3 o 03 "- CO 3 S O a 3 03 hJ 2 CO S CS 3 t ^ -Jl ä 3 'S Crura Process c O Oh es i; a s 3 , cß .^ ' CO ^ 3 — ■ 03 H rosshir Comm tum p • cS &^ ,il der G allosum ; nix ; Sep nö s o . cS .1-^ ^ .1-4 ■1^ medulläre äterius bellum, medulläre t erius. s 03 .SP 'S CO T" •— ^^ 03 o o 03 es 3 's 03 CO O Oh )ineal tecto terti alami o 03 c« 3 • 1— 1 CS 3 CS CS 3 3 -^ *; u >- J3 O ;- CO tu Q >-> s 03 o >fH ;-> .^ c 03 > >< 03 o Velum po Cere Velum an CS (-1 o Ä s- o O 3 CO CO s s ©■ Glandul Membra ventri( (taenia Mante Corpu es .rt' CS • .2 S 3 S 1 CS rA O S 3 3 ts bß C o o • r-4 O ;-! CS > i cerebr perforat erior. 3 CS O 3 CS ereum c iibulo. nervoru orum. Lamina perforat anterior. Lobus olfactoriu Insula (mit Nucle caudatus und lenti noch z gerech o CS 's 03 CO C I'eduncul Lamina post CS o o O Tuber ein infun Chiasma optic mis) wird Hirnstamm tß .^ — -, 1 s 03 CO ^— :^ c J2 • Ö g § S •^ , 03 :cS • — S 3 03 i 3 2 2 3 ^ -o 3 CS c Ä 03 A 43 T3 ^ F^ " c ^ 1^ T-( 3 2) Kl hir blase (secun Hinter C/3 :cS t- " — ^ ^ 'S :CS 5) G hir blase (secun 03 o 1 •s SS äres hirn hen. 03 CO 03 1 3 Lh , 03 o t-; :CS 03 3 j3 'S HH C 03 CO i K^ C 03 Pri Hint blä O -= rrS > 3 444 Sechzehntes Capitel. 18) Bei der Faltenbildung der Hemisphären unterscheidet man Fissuren und Sulci. 19) Die Fissuren (Fossa Sylvii, Fissura hippocampi, Fissura choro- idea, Fissura calcarina, Fissura occipitalis) sind totale Einfaltungen der Hirnwand , durch welche an der Oberfläche tiefe Einschnitte und nach den Seitenventrikeln zu entsprechende Vorspränge bedingt werden (Corpus striatura, Ammonswuist [Cornu ammonis], Adergeflechtsfalte, Calcar avis). 20) Die Sulci sind Einschnitte, welche auf die Hirnrinde beschränkt und je nach der Zeit ilu'er Entstehung tiefer oder seichter sind (primäre^ secundäre, tertiäre Sulci). 21) Die Fissuren treten im Allgemeinen früher als die Sulci auf. 22) Der Riechnerv ist nicht einem peripheren Nervenstamm gleich- werthig, sondern, wie die Augenblasen und der Sehnerv, ein besonderer, durch Ausstülpung aus dem Stirnlappen der Grosshirnhemisphären ent- standener Hirntheil (Riechlappen, Lobus olfactorius mit Bull)us und Tractus olfactorius). (Mächtige Entwicklung des Riechlappens bei niederen Wirbelthieren [Haien], Verkümmerung beim Menschen.) Peripheres Nervensystem. 23) Die Spinalknoten entwickeln sich aus einer Nervenleiste, welche aus der Verschlussstelle des Nervenrohrs jederseits zwischen ihm und dem Hornblatt nach abwärts wächst und sich in der Mitte jedes Ur- segments zu einem Ganglion verdickt. 24) Die Spinalknoten stammen daher, wie das Nervenrohr selbst, vom äusseren Keimblatt ab. 25) Die sympathischen Ganglien des Greuzstrangs sind wahrscheinlich abgeschnürte Theile der Spinalknoten. 26) lieber die Entwicklung, der peripheren Nervenfasern bestehen verschiedene Hypothesen : Erste Hypothese. Die peripheren Nervenfasern M'achsen aus dem Centralnervensystem hervor und vei'binden sich erst secundär mit ihrem peripheren Endapparat. Zweite Hypothese. Die Anlagen des peripheren Endapparats (Muskeln, Sinnesorgane) und das centrale Nervensystem hängen von frühen Stadien der Entwicklung an durch Verbindungsfäden und zu Ketten an einander gereihte Zellen zusammen, welche zu Nervenfasern werden (Hensen). 27) Vordere und hintere Nervenwurzeln entwickeln sich von An- fang an getrennt von einander, die einen ventral, die anderen dorsal am Rückenmark. 28) Die Hirnnerven entstehen zum Theil wie hintere, zum Theil wie vordere Wurzeln der Rückenmarksnerven. 29) Aus einer an der Verschlussstelle der Hirnblasen hervor- wachsenden Nervenleiste entwickeln sich folgende Hirnnerven mit ihren Ganglien, welche Spinalknoten vergleichbar sind: der Trigeminus mit dem Ganglion Gasseri, der Acusticus und Facialis mit dem Ganglion acusticum und G. geniculi , der Glossopharyngeus und Vagus mit dem Ganglion jugulare und nodosum. 30) Wie ventrale Wurzeln von Spinalnerven entwickeln sich der Oculomotorius, Trochlearis, Abducens, Hypoglossus und Accessorius. 31) Der Riech- und Sehnerv sind umgewandelte Hirntheile. Die Organe des äusseren Keimblattes. 445 II. Die Eiitwieklung £fra ab h ib gl aus Fig. 310. Plastische Darstellung des Augenbechers mit Linse und Glaskörpei'. ab äussere Wand des Bechers, ib innere Wand desselben, h Hohlraum zwischen beiden Wänden, welcher später ganz verschwindet. Sn Anlage des Sehnerven. (Augeublasenstiel mit Rinnenbildung an seiner unteren Fläche.) aus Angenspalte. ffl Glaskörper, l Linse. wird durch die Entwicklung des Glaskörpers (gl) bedingt und führt den Namen der fötalen Augen spalte. Anfänglich ist sie ziemlich weit, verengert sich dann aber immer mehr, indem die Spaltenränder zusammenrücken , und schliesst sich endlich vollständig. Zweitens ist der Augenbecher, ähnlich dem als Spielzeug gebräuchlichen Vexir- becher mit doppelten Wandungen versehen, die längs der vorderen Oeffnung- und der unteren Spalte in einander übergehen. Sie sollen im Folgenden als inneres (Fig. 309 B und 310 ih) und äusseres Blatt (ah) unterschieden werden; ersteres ist der eingestülpte^ letzteres der nicht eingestülpte Theil der primären Augenblase. Beim Beginn der Einstülpung sind beide Blätter noch durch einen weiten Zwischenraum (h) getrennt, der durch den Augeublasenstiel (Sn) in den dritten Ventrikel führt, in der Folgezeit aber in demselben Maasse enger wird, als sich im Innern der Glaskörper vergrössert. Schliesslich kommen äusseres und inneres Blatt dicht auf einander zu liegen. (Fig. 311 2)i u. r.) Den Inhalt des Bechers bilden die Anlagen der Linse (le u. If) und des Glaskörpers (g). Letzterer füllt den Grund des Bechers, die Linse seine Oeffnung aus. Bei dem Einstülpungsprocess hat auch der Augeublasenstiel seine Form verändert. Ursprünglich ist er ein enges Rohr mit epithelialer Wandung, geht dann aber in einen mit doppelter Epithel wand ver- sehenen Halbcanal über, indem seine untere Fläche durch die Binde- gewebswucherung , welche nach vorn den Glaskörper liefert, auch mit eingestülpt wird. Später legen sich die Ränder des Halbcanals zu- sammen und verwachsen unter einander. Hierdurch wird der Binde- gewebsstrang mit der in ihm verlaufenden Arteria centralis retinae in das Innere des Stiels, der nun eine ganz compacte Bildung darstellt, aufgenommen. An der Entwicklung des ganzen Auges nimmt endlich auch das Gewebe des Zwischenblattes, abgesehen davon, dass es den Glaskörper liefert, noch weiteren regen Antheil, indem seine an den Augenbecher angrenzende Schicht sich zur Blutgefässhaut (Fig. 311 ch) und zur Faserhaut des Auges differenzirt. 448 Sechzehntes Capitel. Nachdem ich so in kurzen Zügen die Herkunft der wichtigsten es im Folgenden meine Bestandtheile des Auges geschildert habe, wird Aufgabe sein, die Entwicklung jedes einzelnen Theiles im Besonderen genauer zu verfolgen; ich werde mit Linse und Glaskörper beginnen, dann zum Augenbecher übergehen und hier zugleich die Entstehung der Blutgefässe und der Faserhaut des Auges, sowie des Sehnerven an seh li essen ; in einem letzten Abschnitt werde ich die Entwicklungs- geschichte der zum Augenbecher hinzutretenden, accessorischen Organe, der Augenlider, der Thränendrüse und lassen. der Thränenausführgänge folgen pi ch pi rz tv h he le If V bk Fig. 311. Durchschnitt dui'ch die Augenanlage eines Mäuseembryo Nach Kessler. pi Pigmentepithel des Auges (äussere Lamelle des secundären Retina (innere Lamelle des secundären Augenbechers), rz Randzone die die Pars ciliaris et iridis retinae bildet, g Glaskörper mit Gefässen. losa lentis, hk Blutkörperchen, ch Aderhaut des Auges (Chorioidea). le Linsenepithel. V Zone der Linsenfaserkerne. h Hornhautanlage, hautepithel. Augenbechers), r des Augenbechers, tv Tunica vaseu- If Linsenfasern. he äusseres Horn- a) Die Entwicklung der Linse. Wenn sich das Linsensäckchen vom Hornblatt vollstcändig ab- geschnürt hat (Fig. 309 J?, ^s), besitzt es eine dicke Wandung, die von 2 — 3 Lagen von Epithelzellen zusammengesetzt wird, und schliesst einen Hohlraum ein, der bei den Vögeln von Flüssigkeit, bei den Säugethieren von einem Haufen kleiner Zellen theilweise ausgefüllt wird. Der Zellen- Die Organe des äusseren Keimblattes. 449 häufen rührt hier von einer Wucherung der oberflächlichsten, abge- platteten Schicht des Hornblattes her; er ist für die weitere Entwicklung ohne Bedeutung, eine vergängliche Masse, die bald zerfällt und aufge- saugt wird, wenn sich die Linsenfasern entwickeln (Arnold, Mihalkovics, Gottschau, Koranyi). Nach aussen wird die F^pithelblase durch eine dünne Membran, welche sich später zur Linsen kapsei (Capsula lentis) verdickt, schärfer abgegrenzt. Ueber ihre Entwicklung stehen sich zwei ver- schiedene Ansichten gegenüber. Nach der einen ist die Linsen- kapsel eine Cuticularbildung, das heisst eine Bildung, die von den Linsenzellen an ihrer Basis abgeschieden worden ist; nach der anderen Ansicht ist sie das Product einer das Linsensäckchen einhüllenden, binde- gewebigen Schicht, auf welche im Folgenden noch näher eingegangen werden wird. Auf späteren Stadien treten in der Ausbildung der vorderen und der hinteren Wand des Linsensäckchens erhebliche Differenzen auf (Fig. 311). Im Bereich der vorderen Wand flacht sich das Epithel (le) mehr und mehr ab; aus den Cylinderzellen gehen cubische Elemente pi r rz le tv k d h he Fig. 312. Theil eines Durchschnitts durch die Augenanlage eines Mäuseembryo. Etwas älteres Stadium als das in Figur 311 abgebildete. Nach Kessler. Man sieht einen Theil der Linse, den Rand des Augenbechers, die Hornhaut und Augenkammer, pi Pigmentepithel des Auges, r Retina, rz Randzone des Augenbechers. g Gefässe des Glaskörpers in der Gefasskapsel der Linse, tv Tunica vasculosa lentis. X Zusammenhang der Aderhaixt des Auges mit der Tunica vasculosa lentis. V Ueber- gang des Linsenepithels in die Linsenfasern, le Linsenepithel, k Augenkammer, d DESCEMET'sche Membran, h Hornhaut, he Hornhautepithei. 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 29 450 Sechzehntes Capitel. hervor, die sich zeitlebens in einfacher Schicht erhalten und in der Linse des Erwachsenen das sogenannte Linsen epithel bilden (Fig. 311 le). An der hinteren Wand dagegen nehmen die Zellen an Länge sehr be- deutend zu (Fig. 311 If) und wachsen zu langen Fasern aus, die einen hügelartigeu Vorsprung in die Höhle des Säckchens bedingen. Die Fasern stehen senkrecht auf der hinteren Wand, sind in der Mitte derselben am längsten, werden nach dem Linsen- Aequator (Fig. 311 u. 312 l'} zu kürzer und schliesslich zu gewöhnlichen Cylinderzellen, und diese gehen wieder, indem sie noch niedriger w^erden, in die cubischen Zellen des Linsenepithels über (Je). Auf diese Weise schiebt sich zwischen den aus Fasern gebildeten Theil und das Linsenepithel eine am Aequator gelegene Uebergangszone ein. Die nächsten Veränderungen bestehen darin, dass die Fasern au Länge zunehmen, bis sie mit ihrem vorderen Ende das Epithel getroffen haben (Fig. 312). Somit ist jetzt das Säckchen zu einem soliden Ge- bilde geworden, welches als Linsenkern die Grundlage für die Linse des Erwachsenen abgibt. Das weitere Linsenwachsthum ist ein appositionelles. Um den zuerst entstandenen Kern lagern sich neue Linsenfasern Jierum, die zur Obei-fläche des Organs parallel angeordnet und zu Blät- tern verbunden sind. Diese liegen in Schichten über einander und lassen sich an macerirten Linsen die Schalen einer Zwiebel ab- vst If" Iß hst If" Fig. 313. Schema zur Anordnung der Liinsenfasern. Man sieht die entgegengesetzte Lage des vorderen {vst) und des hinteren Linsen- sternes {hst). If' Verlauf der Linsenfasern an der vorderen Linsenfläche und Ende am vorderen Linsenstern. If" Fortsetzung der- selben Fasern zum hinteren Linsenstern an der hinteren Fläche. regelmässigen welche beim Neugeborenen wie lösen. Alle Fasern (Fig. 313 //', If") reichen von der vorderen bis zu der hinteren Fläche und treffen an ihnen mit ihren vorderen und hinteren Enden in Linien zusammen , Embryo und beim zwei dreistrahlige Figuren, die so- genannten Linsensterne (Fig. 313 vst u. hst) darstellen. Diese zeigen die Eigenthümlichkeit, dass ihre Strahlen an der vorderen und an der hinteren Linsenfläche alter- nirend gestellt sind, der Art, dass die drei Strahlen des einen Sterns die Zwischenräume der drei Strah- len des anderen Sterns halbiren. Beim p]rwachsenen wird die Figur eine complicirtere, indem an jedem der drei Hauptstrahlen noch seitliche Strahlen entstehen. Wie sind die neu aufgelagerten Fasern entstanden? In letzter Instanz ist ihr Ursprung auf das an der vorderen Fläche des Organs gelegene Linsenepithel zurückzuführen. In diesem kann man auch in späteren Zeiten nicht selten Kerntheilungsfiguren beobachten. Die aus der Theilung hervorgehenden Zellen dienen zum Ersatz der Zellen, welche zu Linsenfasern anwachsen und sich auf die schon gebildeten Schichten neu auflagern. Die Neubildung findet nur am Linsenäquator (Fig. 312) in der schon oben beschriebenen Uebergangszone (?') statt, in welcher beim Erwachsenen sowohl wie beim Neugeborenen die cubischen Die Organe des äusseren Keimblattes. 451 Epithelzelleii allmählich iii cyliudrische und faserige Elemente über- gehen, wovon man sich an jedem richtig geführten Durchschnitt über- zeugen kann. Beim Ersvachsenen bestehen bekanntlich keine besonderen Er- nährungsvorrichtungen für die Linse, welche sich nach er- langter Grösse nur wenig verändert und jedenfalls einen nur geringen Stoffwechsel besitzt. Anders liegt die Sache beim Embryo. Hier macht das lebhaftere Wachsthum auch einen besonderen Ernährungsapparat noth wendig. Derselbe ist bei den Säugethieren in der Gefässhaut der Linse (Tunica vasculosa lentis) gegeben (Fig. 311 u. Fig. 312 tv). Darunter versteht man eine mit ßlutgefässnetzen reichlich versehene Biudegewebsmembran, welche, nach aussen von der Linsenkapsel gelegen, sie allseitig einschliesst. Beim Menschen ist sie im zweiten Monat der Entwicklung bereits deutlich vorhanden. Ihre Gefässe stammen von den Glaskörpergefässen ab. Sie sind daher an der hinteren Wand stärkere Stämmchen. Diese biegen sich, in zahlreichere, feinere Zweige aufgelöst, um den Linsenäquator herum und verlaufen nach der Mitte der vorderen Fläche, wo sie mit Endschlingen umbiegen und auch Verbindungen mit Gefässen der mittleren Augenhaut eingehen (Fig. 312 x). Einzelne Theile der Ernährungshaut der Linse haben, weil sie zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Forschern entdeckt worden sind, besondere Namen erhalten, wie Membrana pupillaris, Membrana capsulo- pupillaris, Membrana capsularis. Am frühesten ist die Membrana pupillaris beobachtet worden, der Theil der Gefässhaut, welcher hinter dem Seh- loch auf der vorderen Fläche der Linse gelegen ist. Man hat ihn deshalb am leichtesten gefunden, weil er zuweilen auch noch beim Neugeborenen als eine feine, das Sehloch verschliessende Haut bestehen bleibt und die Atresia pupillae congenita hervorruft. Später fand man dann, dass die Membrana pupillaris sich noch seitwärts vom Sehloch auch auf die vordere Fläche der Linse fortsetzt, und nannte diesen Theil Mem- brana capsulo-pupillaris. Zuletzt hat man auch die Ausbreitung der Blutgefässe an der hinteren Wand der Linse entdeckt: die Membrana capsularis. Es ist überflüssig, alle diese Namen beizubehalten, und am zweckmässigsten , wenn man nur von einer Ernährungshaut der Linse oder einer Membrana vasculosa lentis spricht. Ihre grösste Ausbildung erreicht die Gefässhaut im siebenten Monat, von welcher Zeit an sie sich zurückzubilden beginnt. Gewöhnlich ist sie vor der Geburt vollständig verschwunden, nur in Ausnahmefällen bleiben einige Theile bestehen. Gegen Ende des embryonalen Lebens hat übrigens auch die Linse selbst ihr Hauptwachsthum beendet. Denn nach Wägungen, die vom Anatomen Huschke angestellt worden sind, hat sie beim Neugeborenen ein Gewicht von 123 mg, beim Erwachsenen von 190 rag, so dass die gesammte Zunahme, die das Organ während des Lebens erfährt, nur 67 mg beträgt. b) Die Entwicklung des Glaskörpers. Die Frage nach der Entwicklung der Blutgefässhaut der Linse führt uns zum Glaskörper über. Wie oben erwähnt wurde, wächst vom embryo- nalen Bindegewebe her ein Fortsatz mit einer Blutgefässschlinge von unten her in die primäre Augenblase und ihren Stiel hinein (Fig. 310). Die Blutgefässschlinge beginnt dann neue Seitenäste zu treiben, ebenso nimmt die anfänglich nur in geringer Menge vorhandene, bindegewebige 29* 452 Sechzehntes Capitel. GrundsubstaDZ bedeutend zu und zeichnet sich dabei durch ihre ausser- ordentlich geringe Consistenz und ihren grossen Wasserreichthum aus (Fig. 311 u. 312^). In ihr finden sich auch hier und da einzelne stern- förmige Bindegewebszellen; diese verschwinden aber später und lassen an ihre Stelle Wanderzellen (Leukocyten) treten, von denen man an- nimmt, dass sie eingewanderte, weisse Blutkörperchen sind. Ueber die Natur und Entwicklung des Glaskörpers stehen sich zwei verschiedene Ansichten gegenüber. Nach Kessler haben wir es nicht mit einer echten Bindesubstanz, sondern mit einem Transsudat, mit einer Fliissigkeit , die von den Blutgefässschlingen ausgeschieden worden ist, zu thun; die Zellen sind von Anfang an nichts Anderes als eingewanderte, weisse Blutkörperchen. Kölliker, Schv^albe und andere Forscher be- trachten dagegen den Glaskörper als eine echte Bindesubstanz. Nach der Definition von Schvtalbe, welcher ich mich anschliesse, besteht er aus einem ausserordentlich wasserreichen Bindegewebe, dessen fixe Zellen frühzeitig zu Grunde gegangen sind, dessen stark mit Wasser infiltrirte, inter- fibrilläre Substanz aber von Wanderzellen durchzogen wird. Nach aussen wird der Glaskörper später noch von einer structurlosen Haut, der Membrana hyaloidea umgeben, welche von einigen Forschern zur Netzhaut hinzugerechnet wird, was nach Untersuchungen von Schwalbe nicht statthaft ist. Der beim Erwachsenen ganz blutgefässleere Glaskörper ist beim Embryo mit Blutgefässen reichlich versehen. Dieselben stammen von der Arteria centralis retinae ab, dem in der Achse des Sehnerven verlaufenden Aste der Arteria ophthalmica. Die Arteria centralis retinae verlängert sich von der Papille des Sehnerven an in einen Ast, welcher als Arteria hyaloidea bezeichnet wird. Dieser verläuft, in mehrere Zweige aufgelöst, nach vorn durch den Glaskörper zu der hinteren Fläche der Linse, wo sich seine zahl- reichen Endäste in der Tunica vasculosa ausbreiten und am Aequator auf die vordere Linsenfläche übergehen. In dem letzten Monat des Embryonallebens bilden sich auch die Gefässe des Glaskörpers mit der Ernährungshaut der Linse zurück; sie schwinden vollständig bis auf ein Rudiment des Hauptstammes, welcher von der Eintrittsstelle des Seh- nerven nach vorn zur hinteren Fläche der Linse verläuft und bei der Rückbildung sich in einen mit Flüssigkeit erfüllten Hohlcanal , den Canalis hyaloideus, umwandelt, c) Die Entwicklung des secundären Augenbechers und der Augenhäute. Der Augenbecher bildet sich gleichzeitig mit der ihn umhüllenden Mesenchymschicht, welche die mittlere und die äussere Augenhaut liefert, weiter um, so dass eine gemeinsame Besprechung beider geboten erscheint. Ich gehe dabei von dem in Figur 311 und 314 dargestellten Stadium aus. Auf demselben besitzt der Augenbecher noch eine weite Oeffnung, mit welcher er die Linse (le) umfasst. Diese wird vom Hornblatt ent- weder nur durch eine ausserordentlich dünne Mesenchymschicht, wie bei den Säugethieren , getrennt (Fig. 311), oder sie grenzt wie beim Hühnchen mit ihrer vorderen Fläche unmittelbar an das Hornblatt an (Fig. 314), Es fehlt daher Anfangs zwischen Linse und Hornblatt eine besondere Anlage für die Hornhaut, es fehlt auch die Augenkammer und die Iris, Die Organe des äusseren Keimblattes. 453 während die stme- die Kittsubstauz theils sicli an der Wand in dünner erhält und unter Die Anlage der gebung ab, welches als hüllt. Beim Hühnchen (Fig. 314) wächst dünner Schicht (bi) zwischen Hornblatt und vordere Linsenfläche hinein. Zuerst erscheint eine structurlose Schicht, dann wandern vom Rande her zahlreiclie Mesenchymzellen in sie hinein und werden zu den Hornhautkörperchen. Diese scheiden die Hornhautfasern aus in derselben Weise wie die embryonalen Bindegewebszellen die Bindegewebsfasern, turlose Schicht theils zwischen ihnen liefert, vorderen und hinteren Lage frei von Zellen chemischer Metamorphose zur Membrana elastica anterior und zur DEscEMET'schen Membran wird. Das innere Endothel der Hornhaut kommt beim Hühnchen ausserordentlich früh zur Entwicklung. Denn sowie die oben erwähnte, structurlose Schicht (Fig. 814 h) eine gewisse Dicke erreicht hat, breiten sich an ihrer inneren Fläche vom Rand her Mesenchymzellen aus und ordnen sich zu einem einschichtigen, dünnen Zell- häutchen an. Hiermit ist auch die Ein- leitung zur Bildung der v o r d e r e n A u g e n k a m m e r gegeben. Denn es hebt sich jetzt die dünne Hornhautanlage, welche zuerst noch der vorderen Linsenfläche un- mittell)ar auflag, von dieser etwas ab und wird durch einen mit Flüssigkeit (Humor aqueus) gefüllten Spaltraum getrennt, der am frühzeitigsten am Rande des secundären Augenbechers bemerkbar wird und von hier sich nach dem vorderen Pol der Linse ausbreitet. Eine bedeutendere Grösse und ihre definitive Form gewinnt die Augenkammer aber erst durch die Ent- wicklung der Iris. Hornhaut stammt vom Mesenchym der Um- ein sehr zellenreiches Gewebe den Augapfel ein- es schon am vierten Tage in - he le bi ab ib Fig. 314. Durchschnitt durch den vorderen Abschnitt der Augenanlage eines Hüh- nerembryo am fünften Tage der Bebrütung. Nach Kessler. Äe Hornhautepithel, te Linsen- epithel, h structurlose 8chicht der Hornhautanlage. bi embryonale Bindesubstanz, welche den Augen- becher einhüllt und zwischen Lin- senepithel (Ic) und Hornhautepithel (he) eindringend, die Anlage der Hornhaut liefert, ab äusseres, ib inneres Blatt des secundären Augen- bechers. Ueber die Entstehung der structurlosen Schicht, die beim Hühnchen als erste Anlage der Hornhaut beschrieben wird, herrschen zwei entgegengesetzte Ansichten. Nach Kess- ler ist sie ein Abscheidungsproduct des Hornblatts, während die Hornhaut- körperclien vom Mesenchym einwandern. Nach ihm ist daher die Cornea aus zwei ganz verschiedenen Anlagen zusammengesetzt. Nach Kölliker da- gegen entwickelt sie sich in allen ihren Theilen aus dem Mesenchym und eilt nur die homogene Grundsubstanz in ihrem Wachsthum und ihrer Aus- breitung den Zellen voraus. 454 Sechzehntes Capitel. pi bi 5^ MK^^- 3 ■-" "'^ ' ck 1.2.S.lp8c/iI> h he Fig. 315. Durchschnitt durch den Randtheil des Augenbeehers von einem Embryo der Singdrossel (Turdus musieus). Nach Kessler. r Eetina. pi Pigmentepithel der Retina (äussere Lamelle des Augenbechers), bi bindege- webige Umhüllung des Augen- bechers (Chorioidea und Sclera). * Ora serrata (Grenze zwischen Randzone und Grund des Augenbechers ). ck Ciliarkörper. 1. 2. 3. Iris. 1. u. 2. äussere und innere Lamelle der Pars iridis retinae. 3. Bindege webs- platte der Iris. Ip Ligamentum pectinatum iridis, ach .Schlemm'- scher Canal. D Dksckmet'scIic Memliran. h Hornhaut, he Hornhautepithel. Bei den Säugethieren (Fig. 311) liegen die Verhältnisse ein wenig anders als beim Hühnchen; denn sowie sich bei ihnen das Linsensäckchen ganz abgeschnürt hat, wird es schon von einer dünnen Mesenchym- schicht (Ji) mit spärlichen Zellen umhüllt und vom Hornblatt getrennt. Die dünne Schicht verdickt sich rasch , indem Zellen aus der Umgebung in sie einwandern. Dann sondert sie sich (Fig. 312) in zwei Lagen, in die Pupillarhaut (tv) und in die Anlage der Hornhaut ili). Erstere ist eine dünne, der vorderen Linsenfläche aufliegende, mit Blut- gefässen reichlich versehene Membran, deren Gefässnetz einerseits nach hinten mit den Glaskörpergefässen zusammenhängt und mit ihnen zusammen die Tunica vasculosa lentis herstellt, andererseits am Rande des Augen- bechers mit dem Gefässnetz desselben anasto- mosirt. Von der Pupillarhaut grenzt sich die Anlage der Hornhaut erst von der Zeit an schärfer ab, wo sich zwischen beiden die Augenkammer (k) als ein schmaler Spalt- raum ausbildet, welcher mit dem Auftreten der Iris allmählich an Ausdehnung gewinnt. Während dieser Vorgänge hat auch der Augenbecher selbst seine Beschaffenheit ver- ändert. Seine äussere und seine innere La- melle werden immer verschiedenartiger von einander. Die erstere (Fig. 311 u. 312 pi) bleibt dünn und stellt eine einfache Lage cubischer Epithelzellen dar. In diesen lagern sich schwarze Pigmentkörnchen in immer reicherem Maasse ab, bis schliesslich die ganze Lamelle auf dem Durchschnitt als ein schwarzer Streifen erscheint. Die innere Schicht (r) dagegen bleibt mit Ausnahme eines Theils der Randzone ganz frei von Pigment; sie verdickt sich bedeutend, indem die Zellen, wie in der Wand der Hirnblasen, mehrfach über einander liegen, sich strecken und spindelige Form annehmen. Ferner treten Bechergrund und Becher rand in einen Gegensatz zu ein- ander und eilen verschiedenen Bestimnmngen entgegen, indem der eine sich zur Netz- haut umwandelt, der andere in hervor- ragendem Maasse an der Bildung des Ciliar- körpers und der Iris betheiligt ist. Der Becherrand (Fig. 312 rz, Fig. 315* u. Fig. 316) ventünnt sich stark, indem sich an seinem inneren Blatt die Zellen in einfacher Schicht anordnen, eine Zeit lang Die Organe des äusseren Keimblattes. 455 noch cylindrisch sind, dann eine cubische Form annehmen. Mit seiner Verdünnung geht aber gleichzeitig eine Ausdehnung in (U'r Fläche Hand in Hand. In Folge dessen wächst jetzt der Rand des Bechers in die Augenkammer zwischen Hornhaut und vordere Linsenfläche hinein, bis er nahezu die Mitte derselben erreicht hat. Er umgrenzt dann schliess- lich nur noch eine enge Oeftnung, die in die Höhle des Augenbechers hineinführt, das Seh loch oder die Pupille. Von dem Randbezirk des Bechers leitet sich, wie Kessler zuerst gezeigt hat, die Pigment- schicht der Iris her (Fig. 315 ^ u. ^). Wie in der äusseren Epithel- lamelle, lagern sich jetzt auch Pigmentkörnchen in der inneren Lamelle ab , so dass schliesslich beide nicht mehr als getrennte Lagen zu unter- scheiden sind. Mit der Flächenausbreitung der beiden Epithellamellen hält die ihnen von aussen anliegende Mesenchymschicht gleichen Schritt. Sie verdickt sich und liefert das mit glatten Muskelzellen und Gefässen reich versehene Stroma der Iris (Fig. 315 ^). Dieses geht bei Säuge- thieren (Fig. 312 x) eine Zeit lang in die Tunica vasculosa lentis (tv) über, in Folge dessen das Sehloch bei den Embryonen durch eine feine, bkitgefässführende Bindegewebshaut verschlossen ist, wie schon früher erwähnt wurde. Eine interessante Veränderung erfährt der an die Pigmentschicht der Iris angrenzende und den Aequator der Linse umgebende Theil des Augenbechers, der ebenfalls noch mit zur verdünnten Randzone hinzu- gehört (Fig. 315 ck). Er bildet sich gemeinsam mit der angrenzenden Fig. 316. Querschnitt durch den Ciliartheil des Auges von einem Kaninehenembryo von 10 cm Länge- Nach Kessler. Man sieht drei durch Eintaltung des Augenbechers entstandene Ciliarfortsätze (Processus ciliares). bi bindegewebiger ib Theil des Ciliarkörpers. ib inneres Blatt. ab äusseres pigmentirtes Blatt des Augen- bechers, bi' Bindegewebsblatt, das in die bi' Epithelfalte eingedrungen ist. Bindegewebsschicht zu dem Ciliarkörper des Auges um. Der Process beginnt beim Hühnchen am 9. oder 10. Tage der Bebrütung (Kessler), l)eim Menschen am Ende des 2. oder Anfang des 3. Monats (KoLLiKER). Die verdünnte, epitheliale Doppellamelle des Bechers legt sich in Folge eines besonders intensiven Flächenwachsthums in zahl- reiche kurze Falten, die, parallel zu einander gestellt, in radiärer Rich- tung den Linsenäquator umgeben. Am Wucherungsprocess bleibt die angrenzende jMesenchymschicht, wie an der Iris, so auch hier nicht unbetheiligt und dringt mit feinen Fortsätzen zwischen die Faltenblätter hinein. Ueber ihre ursprüngliche Form bei Säugethieren giebt ein Quer- schnitt durch den eingefalteten Theil des Augenbechers von einem 10 cm langen Katzenembryo (Fig. 316) Aufschluss. Er zeigt, dass die einzelnen Falten sehr schmal sind und in ihrem Innern nur eine sehr gering- fügige Menge embryonalen Bindegewebes (bi') mit feinen Capillaren ein- schliessen, dass von den beiden Epithellagen im Unterschied zum Pigmentepithel der Iris nur die äussere (ab) pigmentirt ist, während ab 456 Sechzehntes Capitel. sich die innere (ib) auch später unpigmentirt erhält und aus kurzen, cylindrischen Zellen zusammensetzt. Später nehmen die Ciliarfortsätze durch Vermehrung des an Blut- gefässen sehr reichen Bindegewebsgerüstes an Dicke bedeutend zu und gehen eine festere Verbindung mit der Linsenkapsel durch Ausbildung der Zonula Zinnii ein. Diese entsteht nach den Angaben Köl- liker's beim Menschen im vierten Monat durch einen Vorgang, der hier wie bei anderen Säugethieren noch wenig aufgeklärt ist, LiEBERKüHx bemerkt von der Zonula, dass sie bei Augen, welche die Hälfte ihrer definitiven Grösse erreicht haben, deutlich wahrnehmbar sei. Nehme man an einem Auge den Glaskörper nebst Linse heraus und entferne darauf die letztere, indem man ihre Kapsel an der Vorderseite eröffne, so erscheine der Rand der Kapsel rings umgeben von Gefässen, welche von der hinteren auf die vordere Fläche übertreten. An den Stellen, wo die Processuscibares vollständig entfernt sind, sehe man Büschel von feinen Fasern , welche den Thälern zwischen den Ciliar- fortsätzen entsprechen und diese ausfüllen, aber auch zwischen diesen Büscheln bemerke man in dünner Lage ebensolche feingestreifte Massen , welche auf den Höhen der Ciliarfortsätze gelegen haben müssen, l'erner gibt Liebek- KtjHN an, dass im Innern dieses gestreiften Gewebes zahlreiche Zellenkörper liegen von dem Aussehen, wie sie sonst im embryonalen Glaskörper späterer Zeit vorkommen. Angelucci lässt die Zonula aus dem vorderen Theil des Glaskörpers entstehen; er findet denselben zur Zeit, wo Iris und Ciliarfortsätze sich ent- wickeln, von feinen Fasern durchzogen, welche von der Ora serrata bis zum Rande der Linse verlaufen. Zwischen den Fasern beschreibt er spärliche Wanderzellen, welche jedoch an ihrer Bildung keinen Antheil haben sollen. Der Grund des Bechers (Fig. 311, 312, 315) liefert den wich- tigsten Theil des Auges, die Netzhaut. Seine innere Lamelle (r) ver- dickt sich in sehr hohem Grade und gewinnt, indem ihre Zellen zu langen Spindeln werden und sich in mehreren Lagen in einander schieben, ein ähnliches Aussehen, wie die embryonale Hirnwand. Gegen den an- grenzenden, verdünnten Theil des Augenbechers, welcher die Ciliarfalten bildet, setzt sie sich später mit einer gezackten Linie, der Ora serrata, ab (in Fig. 315 an der mit einem Kreuz bezeichneten Stelle). Früh- zeitig gewinnt sie auch an ihren beiden Flächen eine schärfere Be- grenzung durch Ausscheidung zw^eier feiner Häutchen : aegen die Anlage des Glaskörpers zu grenzt sie sich durch die Membrana limitans interna, gegen die äussere Lamelle, die zum Pignientepithel wird, durch die Membrana limitans externa ab. Im Fortgang der Entwicklung differenziren sich ihre gleichartigen Zellen in sehr verschiedener Weise, wodurch die bekannten, von Max ScHULTZE unterschiedenen Schichten zu Stande kommen. Auf die Ein- zelheiten dieses histologischen Differenzirungsprocesses sei hier nicht näher eingegangen, dagegen noch einiger Punkte von allgemeiner Be- deutung gedacht. "Wie Wilhelm Ml'ller in seiner Stammesentwickluug des Seh- organs der Wirbelthiere klar aus einander gesetzt hat, erfolgt die Ent- wicklung der ursi)rün^lich gleichartigen Epithelzellen der Netzhaut bei allen Wirbelthieren nach zwei Hauptrichtungen: ein Theil wird zu Sinnesepithelien und zu den specifischen Gebilden des centralen Die Orgaue des äusseren Keimblattes. 457 Nervensystems, zu Gaoglienzellen und Nervenfasern, ein anderer Theil wandelt sich zu stützenden und isolirenden Elementen um, zu den MüLLEK'schen Radialiasern und den uranulirten Schichten, welche man als epitheliales Stiitzo;ewebe (Fulcrum) zusanunenfassen kann. Zu den Abkömmlingen des Epithels gesellen sich endlich noch bindegewebige Elemente hinzu, die in gleiciier Weise, wie am centralen Nervensystem, aus dem Bindegewebe der Umgebung in die epitheliale Lage zum Zweck ihrer besseren Ernährung hineinwachsen. Es sind Aeste der Arteria centralis retinae mit ihren ausserordentlich dünnen, bindegewebigen Gefässscheiden. Eine Ausnahme machen nur die Petromyzonten, deren Retina frei von Gefässen bleibt. Bei allen übrigen Wirbelthieren breiten sich die Gefässe nur in den inneren Schichten der Netzhaut aus, lassen dagegen die Schichten der äusseren Körner und der Stäbchen und Zapfen frei; die zuletzt aufgeführten Schichten hat man auch als Sinnesepithel den übrigen mit Ganglienzellen und Nervenfasern versehenen Abschnitten, dem Gehirntheil der Netzhaut, entgegengestellt. Unter allen Theilen der Netzhaut entwickelt sich am spätesten die so bemerkenswerthe Stäbchen- und Zapfenschicht. Nach den Untersuchungen von Kölliker, Babuchix, Max Schultze und W. Mcllek entsteht sie als ein Bildungsproduct der äusseren Körner- schicht, welche man, wie gesagt, als das eigentliche, aus feinen, spin- deligen Elementen zusammengesetzte Siimesepithel des Auges auffasst. Beim Hühnchen macht sich die Entwicklung der Stäbchen und Zapfen am zehnten Tage der Bebrütung bemerkbar. Wie Max Schultze von blindgeborenen Jungen von Katze und Kaninchen angiebt, ist ihre An- lage erst in den ersten Tagen nach der Geburt nachzuweisen : bei anderen Säugethieren und beim Menschen erfolgt sie dagegen vor der Geburt. Solange Stäbchen und Zapfen noch nicht vorhanden sind, ist bei allen Wirbelthieren das innere Blatt des Augenbechers gegen das äussere durch einen vollkommen glatten Contour abgegrenzt, der von der Mem- brana limitans externa herrührt. Dann erscheinen auf dieser zahlreiche, kleine, glänzende Höcker, die von den peripheren Enden der äusseren Körner oder der Sehzellen ausgeschieden worden sind. Die Höcker, welche aus einer protoplasmatischen Substanz bestehen und sich in Carmin roth färben, strecken sich mehr in die Länge und erhalten die Form des Innengiiedes. Zuletzt setzen sie an ihrer Oberfläche noch das Aussenglied an, welches Max Schultze und W. Mijller wegen seiner lamellösen Structur einer Cuticularbildung vergleichen. Indem die Stäbchen und Zapfen der Sehzellen in dieser Weise über die Membrana limitans externa hervorwachsen, dringen sie in die dicht anliegende, äussere Lamelle des Augenbechers hinein, welche zum Pigmentepithel der Retina (Fig. 315 j^i) wird; sie kommen mit ihren Aussengliedern in kleine Nischen der grossen, hexagonalen Pigmentzellen zu liegen, so dass die einzelnen Elemente ringsum durch pigmentirte Scheidewände von einander isolirt werden. Noch einige Worte über die bindegewebige Umhüllung, die dem Grunde des Augenbechers zugetheilt ist. Dieselbe gewinnt hier ebenso wie am Ciliarkörper und an der Iris ein besonderes, für diesen Abschnitt charakteristisches Gepräge. Sie sondert sich in Gefäss- und Faserhaut, die beim Menschen in der sechsten Woche (Kölliker) unterscheidbar werden. Die erstere zeichnet sich früh durch ihren Gefässreichthum aus und entwickelt nach dem Augenbecher zu eine besondere, mit engen 458 Sechzehntes Capitel. Maschen capillarer Gefässe ausgestattete Schicht, die Choriocapillaris^ die zur Ernährung der Pigment-, Stäbchen- und Zapfenschicht des Auges dient, da diese eigener Blutgefässe entbehren. Eine weitere Verschieden- heit im Vergleich zum Ciliarkörper besteht noch darin, dass am Grunde des Augenbechers die Aderhaut von den angrenzenden Häuten des Auges leicht trennbar ist, während am Ciliarkörper zwischen allen ein fester Zusammenhang stattfindet. Wenn wir jetzt noch auf die zuletzt besprochenen Entwickiungs- processe einen Rückblick werfen, so wird uns aus der kurzen Skizze das Eine klar hervortreten, dass für die Entstehung der einzelnen Augenabschnitte die Formveränderungen des secundären Augenbechers von hervorragender Bedeutung sind. Durch verschiedenartige Wachs- thumsprocesse, die im vierten Capitel eine allgemeine Besprechung ge- funden haben, sondern sich an ihm drei verschiedene Abschnitte. Durch Wachsthum in die Dicke und verschiedenartige Differenzirung der mehr- fachen Zellenlagen wird die Netzhaut, dagegen durch Ausdehnung in die Fläche ein vorderer, verdünnter Theil gebildet, welcher das Sehloch umgrenzt und durch Faltenbildung in der Umgebung der Linse eine neue Sonderung in zwei Abschnitte eingeht. Aus dem eingefalteten, an der Ora serrata von der Netzhaut sich abgrenzenden Al)schnitt ent- wickelt sich der innere Epithelüberzug des Ciliarkörpers, aus dem glatt bleibenden, verdünnten, das Sehloch umgebenden Al>schnitt das Pigment- epithel (Uvea) der Iris. An dem secundären Augenbecher hat man mithin jetzt drei Bezirke als Retina-, Ciliar- und Iristheil zu unter- scheiden. Jedem Bezirk passt sich das angrenzende Bindegewebe und namentlich der Theil, der zur mittleren Augenhaut wird, in eigen- artiger Weise an und liefert hier die Bindegewebsplatte der Iris mit ihrer glatten Musculatur, dort das Bindegewebsgerüst des Ciliarkörpers mit dem Ciliarmuskel , dort die blutgefässreiche Chorioidea mit der Choriocapillaris und Lamina fusca. Am Augenbeclier war bei seiner Entwicklung eine Spalte an seiner unteren Wand entstanden (Fig. 310 aus). Sie bezeichnete die Stelle, an welcher die Anlage des Glaskörpers in das Innere hineingewachsen war. W^as ist das schliessliche Schicksal dieser Spalte, welche in der Literatur meist als Chorioi dealspalte aufgeführt wird? Die Spalte ist eine Zeit lang leicht kenntlich , wenn sich in der äusseren Lamelle des Augenbechers Pigment abgelagert hat. Dann nämlich erscheint sie an der unteren, inneren Seite des Augapfels als ein heller, unpigmentirter Streifen, welcher von der Eintrittsstelle des Sehnerven nach vorn bis zum Pupillarrande reicht. Aus dieser Erscheinung erklärt sich auch der Name Chorioidealspalte. Er stammt noch aus einer Zeit, wo man die Entstehung des Augenbechers nicht genau kannte und wo man das Pigmentepithel noch zur Chorioidea hin- zurechnete. In dem Mangel des Pigments längs eines hellen Streifens an der unteren Seite des Augapfels erblickte man daher einen Defect der Cho- rioidea, eine Chorioidealspalte. Später geht der helle Streifen verloren. Die Augenspalte schliesst sich, indem ihre Ränder verwachsen und in der Naht sich Pigment ab- lagert. Beim Hühnchen g(>schieht dies am neunten Tage, beim iMenschen in der sechsten bis siel)enten Woche. Noch in einer anderen Beziehung ist der Augenspalt bemerkenswerth. Die Organe des äusseren Keimblattes. 459 Bei vielen Wirbelthieren (Fischen, Reptilien, Vögeln) Wcächst durch den Spalt, ehe er sich scliliesst, ein mit Blutgefässen reich versehener Fortsatz der Aderhaut in den Glaskörper hinein und bildet hier eine vom Sehnerv zur Linse verlaufende, lamellenartige Hervorragung. Bei den Vögeln hat er den Kamen Kamm (Pecten) erhalten, da er sich in zahlreiche, parallel gestellte Leisten einfaltet. Er besteht fast nur aus Gefässwandungen , welche von einer geringen Menge eines schwarz pig- mentirten Bindegewebes zusammengehalten werden. Bei den Säugethieren fehlt eine derartige Einwucherung in den Glaskörper. Der Verschluss der Chorioidealspalte geschieht frühzeitig und vollständig. Zuweilen wird beim Menschen der normale Entwicklungsprocess gehemmt, so dass die Ränder dei- Augenspalte offen bleil)en. Dies hat dann meist auch eine mangelhafte Ausbildung der Gefässhaut des Auges an der entsprechenden Stelle zur Folge, ein Zeichen, wie sehr die Ent- wicklung der bindegewebigen Umhüllung — was schon früher betont wurde — von den Bildungsprocessen der beiden Epithelblätter abhängig ist. Es fehlt daher längs eines vom Sehnerven beginnenden Streifens sowohl das Retina-, als auch das Chorioidealpigment, so dass nach innen die weisse Faserhaut des Auges durchschimmert und bei der Unter- suchung mit dem Augenspiegel wahrgenommen werden kann. Wenn der Defect sich ganz bis nach vorn zum Rande der Pupille erstreckt, kommt es zu einer Spaltbildung in der Iris, welche bei äusserlicher Besichtigung des Auges leicht auffällt. Die beiden Hemmungsbildungen werden als Chorioideal- und Irisspalte (Coloboraa chorioideae und Coloboma iridis) von einander unterschieden. d) Die Entwicklung des Sehnerven. Dadurch, dass die primäre Augenblase durch die Anlage des Glas- körpers von unten her eingestülpt worden ist, steht der Augen- blasenstiel (Fig. 317), der die Verbindung mit dem Zwischenhirn vermittelt, mit beiden Blättern des Bechers in directem Zusammenhang. Fig. 317. Plastische Darstellung des Augenbechers mit Linse und Glaskörper. ab äussere Wand des Bechers, ib innere Wand desselben, h Hohlraum zwischen beiden Wänden, welcher später ganz verschwindet. Sn Anlage des Sehnerven. (Augenblasenstiel mit Rinnenbildung an seiner unteren Fläche.) aus Augenspalte, ffl Glaskörper, l Linse. Su ab h ib gl In das äussere Blatt oder das Pigmentepithel der Retina geht seine dorsale Wand über, in das innere Blatt, welches zur Netzhaut wird, verlängert sich seine ventrale Wand. So hat die Entwicklung einer unteren Augenspalte, abgesehen von der Anlage des Glaskörpers, auch noch eine Bedeutung dafür, dass Retina und Sehnerv in directer Verbindung bleiben. Denn wenn wir uns die Augenblase allein an ihrer vorderen Fläche durch die Linse eingestülpt denken, so würde die Wandung des Sehnerven 460 Sechzehntes Capitel. sich nur in das äussere, nicht eingestülpte Blatt fortsetzen, dagegen mit der Retina selbst oder dem eingestülpten Theil ohne directen Zusammen- hang sein. Ursprünglich stellt der Sehnerv eine Röhre mit enger Höhlung dar, welche den Hohlraum der Augenblase mit dem dritten Ventrikel ver- bindet (Fig. 309 A). Allmählich geht er in einen soliden Strang über. Bei den meisten Wirbelthieren geschieht dies einfach in der Weise, dass die Wandungen des Stiels durch W^ucherung der Zellen sich verdicken, bis der Hohlraum zum Schwund gebracht ist. Bei den Säugethieren wird in dieser Art nur der grössere, an das Gehirn grenzende Abschnitt umgeändert, der kleinere, an die Augenblase sich ansetzende Theil da- gegen wird eingestülpt, indem sich die Augenspalte noch eine Strecke weit nach rückwärts verlängert und die ventrale gegen die dorsale Wand eindrückt. Hier nimmt demnach der Sehnerv die Form einer Rinne an, in welche sich ein bindegewebiger Strang einbettet mit einem Blut- gefäss, das zur Arteria centralis retinae wird. Das Gefäss wird später durch Verwachsung der Rinnenränder ganz in das Innere aufgenommen. Eine Zeit lang besteht der Sehnerv einzig und allein aus spinde- ligen, geschichteten, radiär gestellten Zellen und gleicht in seinem feineren Aufbau der Wandung des Gehirns und der Augenblase, lieber seine weiteren Umwandlungen und vor allen Dingen über die Entstehung der Nervenfasern in ihm weichen die Ansichten auseinander: es machen sich hier ähnliche Verschiedenheiten wie über die Entstehung der peri- pheren Nervenfasern geltend. Drei verschiedene Theorieen sind hierüber aufgestellt worden. Nach der älteren Ansicht, die auch von Liebekkühn getheilt wird, entwickeln sich die Sehnervenfasern in loco durch Auswachsen der spiudeligen Zellen. Nach His, Kölliker und W. Müller dagegen wird von der Wand des Augenblasenstiels nur ein Stützgewebe geliefert, während die Nervenfasern von aussen hineinwachsen, sei es vom Gehirn nach der Netzhaut oder in umgekehrter Rich- tung (Müller, Keibel, Froriep). Der Stiel der Augenblase würde nach dieser Ansicht für die Nervenfasern gewissermaassen nur ein Leit- gebilde darstellen, würde ihnen nur den Weg für ihr Wachsthum vor- zeichnen. Wenn das Einwachsen erfolgt ist, sind die Stützzellen, wie Kölliker beschreibt, im Innern in radiärer Richtung angeordnet und so unter einander verbunden, dass sie ein zartes Fachwerk mit längs ver- laufenden Lücken bilden. In diesen stecken die kleinen Bündel feinster, kernloser Nervenfasern und zahlreiche, in Längsreihen angeordnete Zellen, die ebenfalls noch zum epithelialen Stützgewebe gehören und das Ge- rüstwerk vervollständigen helfen. Nach aussen wird der embryonale Sehnerv von einer Bindegewebs- hülle umgeben, die sich wie am Gehirn und secundären Augenbecher in eine innere, weichere, blutgefässreiche und in eine äussere, derbfaserige Schicht sondert. Die erstere oder die Piaischeide verbindet die weiche Hirnhaut und die Aderhaut des Auges, die letztere oder die Dural- scheide ist eine Fortsetzung der Dura mater und geht am Augapfel in die Sclera über. Später gewinnt der Sehnerv eine noch complicirtere Structur dadurcli, dass die Piaischeide mit gefässhaltigen Fortsätzen in das Innere hineinwächst und die Nervenbündel und die ihnen zuge- theilten, epithelialen Stützzellen mit bindegewebigen Umhüllungen ver- sorgt. Die Organe des äusseren Keimblattes. 461 Wie hervorgehoben wurde, war die Richtung, in welcher die Sehnerven- fasern in den Augenblasensliel hineinwachsen sollen, lange Zeit strittig. His, welchem sich Kölliker und Falchi anschlössen, Hess die Nerven aus Gang- lienzellen des Gehirns (Thalamus, Vierhügel) hervorwachsen und sich erst secundär in der Netzhaut ausbreiten : er stützte sich einerseits auf die Ueber- einstimmung, die hierin mit der Entwicklung der übrigen peripheren Nerven besteht, andererseits auf den Umstand, dass die Nervenfasern zuerst in der Nähe des Gehirns erkennbar werden. W. Müller dagegen Hess das Hervorwachsen in entgegengesetzter Rich- tung geschehen, er Hess die Sehnervenfasern als Ausläufer der in der Netz- haut gelegenen Ganglienzellen entstehen und mit dem centralen Endapparat erst secundär in Verbindung treten. In seiner Meinung wurde er durch Be- funde bei Petrorayzon bestärkt, welches er als eines der werthvollsten Ob- jecte bezeichnet, um die Streitfrage über die Entstehung des Sehnerven zu lösen. Neuerdings hat sich auch His der Ansicht von W. MtjLLKR ange- schlossen, desgleichen sprechen sich für dieselbe Keibel und Froriep aus, nach deren Untersuchungen sich die Sehnervenfasern von der Retina aus zu differenziren beginnen. e) Die Entw^ ick hing der Hill fsap parate des Auges. Mit dem Augapfel treten Hülfsapparate in Verbindung, die in ver- schiedener Weise zum Schutz der Hornhaut dienen: die Augenlider mit den MEiBOM'schen Drüsen und den Wimpern, die Thränendrüse und der Thränencanal. Frühzeitig entwickeln sich das obere und das untere Augenlid, indem die Haut in einiger Entfernung vom Hornhautrande zwei über die Oberfläche hervorragende Falten liildet. Die Falten wachsen von oben und unten über die Hornhaut herüber, bis sie sich mit ihren Rändern berühren, und erzeugen so vor dem Augapfel den durch die Lidspalte geöffneten Conjunctivalsack. Letzterer Name rührt daher, dass das innerste Blatt der Lidfalten, das sich am Fornix auf die vordere Fläche des Augapfels umschlägt, wie eine Schleimhaut beschaffen ist und als Conjunctiva oder Bindehaut des Auges besonders unterschieden wird. Bei manchen Säugethieren und ebenso beim Menschen kommt es während des embryonalen Lebens zu einem vorübergehenden Ver- schluss des Conjunctival Sackes. Die Lidränder vereinigen sich in ganzer Ausdehnung und verwachsen mit ihrem Epithelüberzug. Beim Menschen beginnt die Verwachsung im dritten Monat und bildet sich meist kurze Zeit vor der Geburt wieder zurück, welchen Vorgang man als die Lösung der Augenlider bezeichnet. Bei manchen Reptilien aber (Schlangen) wird der Verschluss ein bleibender. Dadurch entsteht bei ihnen noch vor der Hornhaut eine dünne, durchsichtige Haut Während der Verwachsung der Augenlider entwickeln sich an ihrem Rande beim Menschen die MEiBOM'schen Drüsen. Die Zellen des Rete Malpighii fangen an zu wuchern und in die mittlere, bindegewebige Platte der Augenlider solide Zapfen zu treiben, die sich etwas später mit seitlichen Knospen bedecken. Eine Höhlung erhalten die Anfangs vollständig soliden Drüsen dadurch, dass die central gelegenen Zellen verfetten und sich auflösen. Etwa zur Zeit, wo sich die MEiBOM'schen Drüsen bilden, erfolgt auch die Anlage der Augenwimpern, welche mit der Entwicklung der 462 Sechzehntes Capitel. gewöhnlichen Haare übereinstimmt und daher l)ei diesen in einem späteren Capitel besprochen werden wird. Bei den meisten Wirbelthieren gesellt sich zu dem oberen und dem unteren Augenlid noch ein drittes hinzu , die N i c k h a u t oder Mem- brana nictitans, welche sich an der inneren Seite des Auges als eine senkrechte Falte der Bindehaut (Conjunctiva) anlegt. Beim Menschen ist sie nur in verkinnmertem Zustand als Plica semilunaris vorhanden. Eine Anzahl kleiner Drüsen, die sich in ihr entwickeln, bedingt ein kleines, röthliches Knötchen (die Caruncula lacrimalis). Ein weiteres Hülfsorgan des Auges, welches dazu bestimmt ist, den Conjunctivalsack feucht und die vordere Fläche der Hornhaut rein zu erhalten, ist die Thränendrüse. Sie entwickelt sich beim Men- schen im dritten Monat durch Sprossenbildung des Epithels des Con- junctivalsacks an der Aiissenseite des Auges an der Stelle, wo die Bindehaut des oberen Augenlides in die Bindehaut des Augapfels über- geht. Die Sprossen verzweigen sich vielfach, sind zunächst, wie die MEiBOM'schen Drüsen, solid und höhlen sich nach und nach vom Haupt- ausführgang nach den feineren Zweigen zu aus. Um das im Conjunctivalsack sich ansammelnde Secret der ver- schiedenen Drüsen, vornehmlich aber die Thränenflüssigkeit, zu entfernen, hat sich ein besonderer Thränen-Aus- führap parat entwickelt, der von dem inneren Augenwinkel in die Nasenhöhle führt. Ein solcher ist von den Amphibien an in allen Wirbelthierclassen vorhanden und auf seine Entwicklungsgeschichte bes-onders von Born in einer Reihe von Arbeiten untersucht worden. Bei den Amphibien beginnt er sich erst zu der Zeit anzulegen, wo in der häutigen Nasenkapsel der Verknorpelungsprocess be- merkbar wird. Es geräth dann die Schleim- schicht der Epidermis längs einer Linie, die von der Innenseite des Auges direct zur Nasen- höhle führt, in Wucherung und senkt sich als eine s o 1 i d e L e i s t e in die unterliegende Bindegewebsschicht ein. Dann schnürt sich die Leiste von der Nase bis zum Auge hin ab, erhält nachträglich eine Höhle, wodurch sie zu einem von Epithel ausgekleideten Canal wird, und setzt sich durch eine Oeffnung mit der Nasenhöhle in Verbindung. Nach dem Auge zu theilt sich die Leiste in zwei Röhrchen, die mit dem Conjunctivalsack bei der Abschnürung in Verbindung bleiben und aus ihm die Thränen- flüssigkeit aufsaugen. Bei den Vögeln, den Säugethieren und dem Menschen (Fig. 318) ist die Stelle, an welcher sich der Thränencanal anlegt, schon äusser- lich frühzeitig gekennzeichnet durch eine Furche, welche vom inneren Augenwinkel zur Nasenhöhle führt. Durch sie werden zwei Wülste schärfer abgegrenzt, welche als Oberkieferfortsatz und äusserer Nasen- fortsatz bei der Bildung des Gesichts eine Rolle spielen, wo sie uns später noch weiter beschäftigen werden. Nach Coste und Külliker entsteht nun der Thränencanal in einfacher Weise dadurch, dass sich die Ränder der Thränon -Rinne zusammenlegen und verwachsen. Fig. 318. Kopf eines menschlichen Embryo, von welchem die Unter- kieferfortsätze entfernt sind, um die Decke des primitiven Mundraums überblicken zu können. Die Organe des äusseren Keimblattes. 463 Diesen älteren Angaben sind Bokn und Legal, von denen der eine die Reptilien und Vögel, der andere die Säugethiere untersucht hat, ent- gegengetreten; nach ihnen entsteht in einer ähnlichen Weise wie bei den Amphibien vom Grund der Thränenfurche aus durch Wucherung der Schleimschicht eine Epithelleiste, die sich ablöst und erst ziemlich spät zu einem Canal aushöhlt. Wenn wir uns die Frage vorlegen, wie der Thränencanal in der Stammesgescliiclite ursprünglich entstanden sein mag, so werden wir ihn wohl von einer Rinne ableiten müssen, durch welche zuerst Conjunctivalsack und Nasenhöhle in Verbindung getreten sind. Wenn wir daher, wie zum Beispiel bei den Amphibien, den Thränencanal von vorn herein allein als eine solide, von der Epidermis ausgehende Leiste angelegt sehen, so werden wir uns daran zu erinnern haben, wie auch in anderen Fällen ursprünglich rinnenförmige Anlagen, wie die Medullarfurche , unter besonderen Umständen als solide Leisten erscheinen. Was schliesslich noch die Entwicklung der Thränenröhrchen bei Vögeln und Säugethieren betrifft, so führen Böen und Legal das obere Thränen- röhrchen auf das Anfangsstück der Epithelleiste zurück und lassen das untere aus dem oberen hervorsprossen. Ewetsky dagegen lässt das Anfangsstück der Epithelleiste am inneren Augenwinkel sich verbreiten und, indem Binde- gewebe von unten her einwächst , sich theilen und in die beiden Röhrchen umwandeln, so dass beide von einer gemeinsamen Anlage abstammen. Z u s a m ra e n f a s s u n g c 1) Die seitlichen Wandungen der primären Vorderhirnblasen stülpen sich zu den Augenblasen aus. 2) Mit dem Theil der primären Vorderhirnblase, der zum Zwischen- hirn wird, bleiben die Augenblasen durch einen Stiel, den späteren Sehnerven, verbunden. 3) Die Augenblase wandelt sich in den Augenbecher um, indem ihre laterale und ihre untere Wand durch die Anlage der Linse und des Glaskörpers eingestülpt werden. 4) An der Stelle, wo die primäre Augenblase mit ihrer Seitenwand an das äussere Keimblatt anstösst, verdickt sich dieses, senkt sich zur Linsengrube ein und schnürt sich zum Linsensäckchen ab. 5) An der hinteren Wand des Linsensäckchens wachsen die Zellen zu Linsenfasern aus, an der vorderen Wand werden sie zum Linsen- epithel. 6) Die Linsenanlage wird in der Zeit ihres hauptsächlichen Wachs- thums von einer gefässhaltigen Kapsel (Tunica vasculosa lentis), die sich dann ganz rückbildet, eingehüllt, 7) Die Membrana capsulo-pupillaris ist der vordere, hinter der Pupille gelegene Theil der Tunica vasculosa lentis. 8) Die Entwicklung des Glaskörpers veranlasst die untere Augen- spalte. 9) Der Augenbecher hat doppelte Wandungen ; er besteht aus einem äusseren und einem inneren Epithelblatt, die an der Oeflfnung des 464 Sechzehntes Capitel. Bechers, welche die Linse umfasst, und an der unteren Augenspalte in einander übergehen. 10) Zwischen die Linse und das ziemlich dicht anliegende Horn- blatt wachsen Mesenchyrazellen aus der Umgebung hinein und bilden Hornhaut und DEscEMET'sche Membran, welche sich durch einen Spalt- raum, die vordere Augenkammer, gegen die Tunica vasculosa lentis absetzt. 11) Der Augenbecher sondert sich in einen hinteren Abschnitt, in dessen Bereich sich sein inneres Blatt verdickt und zur Netzhaut wird^ und in einen vorderen Abschnitt, der an der Ora serrata beginnt, sich stark verdünnt, sich über die vordere Linsenfläche schiebt und in die Augenkammer hineinwächst, bis sich die ursprünglich weite Becher- öffnung auf den Umfang der Pupille verengt hat. 12) Der vordere verdünnte Alischnitt des Bechers zerfällt nochmals in zwei Zonen, indem er sich in der Umgebung des Linsenäquators zu den Ciliarfortsätzen einfaltet, nach vorn davon aber glatt bleibt. Somit sind jetzt am gesammten Augenbecher drei Theile als Retina, als Pars ciliaris und als Pars iridis retinae zu unterscheiden. 13) Den drei Abschnitten des epithelialen Augenbechers entsprechend nimmt auch die angrenzende bindegewebige Hülle eine etwas verschieden- artige Beschaffenheit an als eigentliche Chorioidea, als bindegewebiges Gerüst des Ciliarkörpers und der Iris. 14) In der Umgebung der Hornhaut faltet sich die Haut zum oberen und zum unteren Augenlid und zur Xickhaut ein, welche letztere beim Menschen rudimentär ist und nur als Plica semilunaris fortbesteht. 15) Die Ränder der beiden Augenlider verwachsen in den letzten Monaten der Entwicklung mit ihren Epithelüberzügen, um sich vor der Geburt wieder zu lösen. 16) Vom inneren Augenwinkel führt bei den Säugethieren die Thränenrinne zwischen Oberkiefer- und äusserem Nasenfortsatz zur Nasenhöhle. 17) Indem eine Epithelleiste vom Grund der Thränenrinne in die Tiefe dringt, sich abschnürt und aushöhlt, entsteht der Thränencanal zur Ableitung der Thränenflüssigkeit. 18) Dadurch, dass am Augenwinkel die Epithelleiste sich theilt, entwickeln sich die beiden Thränenröhrchen. B) Die Entwicklung des Gehörorgans. In ähnlicher Weise wie beim Auge treten auch beim Gehörorgan zahlreiche Theile von sehr verschiedener Abkunft zu einem einheitlichen, sehr complicirten Apparat zusammen^ von ihnen ist wieder der Theil, an welchem sich der Hörnerv ausbreitet, das häutige Labyrinth mit seinem Hörepithel, der bei Weitem wichtigste, wie er denn auch in der Entwicklung allen übrigen Theilen vorauseilt und daher in erster Reihe untersuclit werden muss. a) Die Entwicklung des Hörbläschens zum Labyrinth. Das häutige Labyrinth ist vorzugsweise ein Product des äusseren Keimblattes. So gross beim Erwachsenen seine Complication ist, welche Die Organe des äusseren Keimblattes. 465 ihm den Manien Labyrinth eingetragen liat, so einfach verluilt sich seine früheste Anhige. Sie entstellt an der Rückenfläche des P^nibryo in der Gegend des Nachhirns (Fig. 308 gh) , oberhalb der ersten Schlundspalte und des Ansatzes des zweiten Sclilundbogens (Fig. 319 oberhalb der Zitier a). Hier verdickt sich das äussere Keimblatt in einem kreis- förmigen Bezirk und senkt sich als- bald zu einem Hörgrübcheu ein. Es lässt sich dieser Vorgang bei Hühnerembryonen vom Ende des zweiten Brüttages an und bei fünfzehn Tage alten Kaninchenembryonen auf das Leichteste verfolgen. Zu dem Grunde des Grübchens begiebt sich vom nahe gelegenen Gehirn der Hör- nerv, um daselbst mit einer ganglien- artigen Anschwellung zu endigen. Fig. 319. Kopf eines mensch- lichen Embryo (7,5 mm Nacken- länge), aus His, Menschliche Em- bryonen. Oberhalb der ersten Schlundspalte liegt das Ohrbläschen. In der Um- gebung der Schlundspalte sieht man sechs mit Ziffern bezeichnete Höcker, aus denen sich das äussere Ohr ent- wickelt. Eine Abweichung von dem eben dargestellten Befunde bieten nur die Knochenfische dar. Wie bei ihnen bereits das Centralnervensystem nicht als ein Rohr, sondern als solider Körper, und das Auge nicht als Blase, sondern als Epithelkugel angelegt wurde , so sehen wir bei ihnen auch, dass anstatt eines Hörgrübchens ein solider Epithelzapfen durch Wucherung des äusseren Keimblattes ge- bildet wird; derselbe empfängt erst später nach seiner Abschnürung ebenso wie das Hirnrohr und die Augenblase eine Höhlung in seinem Inneren. Das nächste Stadium zeigt das Grübchen zu einem Hörbläschen um- gewandelt. Beim Hühnchen geschieht dies im Laufe des dritten Tages. Die aus dem äusseren Keimblatt entstan- dene Einstülpung wird immer tiefer und nimmt, indem ihre Ränder sich an einander legen, eine birnförmige Gestalt an; hierauf wird der Zu- sammenhang mit dem äusseren Keim- blatt bald vollständig gelöst, wie der Durchschnitt durch den Kopf eines Schafembryo (Fig. 320 W) lehrt. In derselben Weise findet bei fast allen Wirbelthieren eine Ab- schnürung des Hörbläschens von seinem Mutterboden statt. Eine Ausnahme machen die Selachier : hier erhält sich die Verbindung des zum Labyrinth sich umwandelnden Hörbläschens mit der Körperoberfläche dauernd in Form eines langen, dünnen Rohres, welches das knorpelige Primordialcranium durchbohrt und dorsalwärts mit der nh rl Ib Oc De 0. Hei'twig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. Fig. 320. Senkrechter Durch- schnitt durch die Labyrinthblase eines Schaf embryo von 1,3 cm Länge. SOfach vergrössert. Nach Böttcher. nh Wand des Nachhirus. rl Eeces- sus labyrinthi. Ib Labyrinthbläschen. Gc Ganglion cochleare, welches einem Theil des Labyrinthbläschens (De) anliegt, der zum Schneckengang anwächst. 30 466 Sechzehntes Capitel. rl Epidermis der Körperoberfläche in Verbindung steht, wo es eine offene Ausmündung besitzt. In seiner ersten Anlage gleicht das Gehörorgan der Wirbelthiere im höchsten Grade den Einrichtungen, welche bei den meisten Wirbellosen als Gehörorgane gedeutet werden. Es sind dies unter der Haut gelegene, mit Endolymphe gefüllte Bläschen, welche ihre Entwicklung ebenfalls von der Epidermis nehmen. Entweder schnüren sie sich von dieser voll- ständig ab oder sie bleiben mit ihr, auch wenn sie vom Bindegewebe rings umschlossen werden, durch einen langen, flimmernden, epithelialen Canal in Verbindung, wie bei den Cephalopoden. In beiden Fällen sind die Bläschen im Innern von Epithel ausgekleidet, welches aus zwei ver- schiedenen Arten von Zellen besteht: erstens aus niedrigen, platten Elementen, die gewöhnlich flimmern und dadurch die Flüssigkeit im Innern des Bläschens in Bewegung setzen, und zweitens aus längeren, cylindrischen oder fadenförmigen Hörzellen mit steifen Haaren, die in die Endolymphe hineinragen. Die Hörzellen sind entweder an der Innenwand des Bläschens einzeln oder gruppenweise vertheilt, oder sie sind an einer bestimmten Stelle zu einem Hörepithel, dem Höiüeck (Macula acustica) oder der Hörleiste (Crista acustica), vereinigt. Die- selbe kann einfach oder doppelt sein. Zu allen Hörbläschen der Wirbel- losen tritt ferner ein Nerv heran, welcher an den Sinneszellen mit feinen Fäserchen endet. Endlich findet sich noch als eine charakteristische Bildung ein fester, crystallinischer Körper vor, der Hörstein oder Otolith, der mitten in der Endolymphe schwebt und durch den Schlag der Flimmerhaare gewöhnlich in eine vibrirende Bewegung versetzt wird. Er besteht aus Crystallen von phosphor- oder kohlensaurem Kalk. Bald findet sich nur ein einziger grösserer, gewöhnlich concentrisch geschichteter, kugeliger Körper oder eine grössere Anzahl von kleinen kalkcrystallen , die durch eine weiche, breiige Substanz zusammengehalten werden. Die Entstehung der Hör- steine im Innern der Bläs- chen ist schwer zu verfolgen. In einem Falle, den Fol be- obachten konnte, entwickel- ten sie sich aus einer Epi- thelzelle der Bläschenwand. Die Zelle scheidet kleine Kalk- concremente in ihrem Proto- plasma ab, vergi'össert sich in Folge dessen und springt (vb) am' vb' hb de Fig. 321. Häutiges Labyrinth der linken Seite eines Embryo, nach einem Wachsmodell von Dr. Krause. rl Recessus labyrinthi. de Ductus cochlearis (häutiger Schneckengang), hb Tasche, aus der sich der horizontale Bogengang entwickelt, am' Erwei- terung der Tasche, die zur Ampulle des horizon- talen Bogenganges wird, am (vb) vb' * gemein- same Tasche, aus der sich die beiden verticalen Bogengänge bilden, am (vb) Erweiterung der ge- meinsamen Tasche, aus der die Ampulle des vor- deren verticalen Bogengangs entsteht. In der Tasche ist die Oeft'nung (ö) entstanden, durch die man den Eeccssus labyrinthi hindurch erblickt. * Strecke der Tasche, die zum gemeinsamen Ein- münduugsschenkel (Sinus superior) wird, vb' Theil der gemeinsamen Tasche, der den hinteren verti- calen Bogengang liefert. Die Organe des äusseren Keimblattes. 467 als Höcker in die Hörflüssigkeit vor. Wenn sie sich noch reicher mit Kalksalzen beladen hat, hängt sie nur noch durch einen Stiel mit der Wand zusammen, löst sich schliesslich von ihr ganz ab und fällt in den Bläschenraum, in welchem sie schwebend und in rotirender Bewegung durch die Flinnnerzellen erlialten wird. Bei den Wirbelthieren wandelt sich das Hörbläschen, das in der ersten Anlage, wie wir gesehen haben, mit dem Gehörorgan der Wirbel- losen übereinstimmt, in ein sehr complicirtes Gebilde, das häutige Laby- rinth, um, dessen Entstehung ich für die Säugethiere näher beschreiben werde. p]s erleidet Metamorphosen, bei denen Faltenbildungen und Abschnürungen die Hauptrolle spielen (Fig. 321). Das von der Epidermis abgelöste Säckchen, welches zur Seite des Nachhirns liegt, zeigt gleich eine nach oben gerichtete, kleine Hervor- ragung , den Labyrinthanhang (Recessus labyrinthi oder Ductus endolymphaticus [Fig. 320 rl]). Wahrscheinlich haben wir es in ihm mit dem Rest jenes ursprünglichen Stieles zu thun, durch welchen das Hör- bläschen mit dem Hornblatt verbunden war. Nach anderen Forschern dagegen soll dieser Stiel ganz verschwinden und die Ausstülpung neu entstanden sein. Für die erstere Annahme spricht vor Allem der oben erwähnte Befund bei den Selachiern, das Vorkommen eines langen Rohres, welches Labyrinth und Epidermis in dauernder Verbindung erhält. Später wächst der Labyrinthanhang (Fig. 321, 322, 323, 324 rl) dorsalwärts zu bedeutender Länge heran, wobei sich seine Wände dicht aufeinanderlegen, mit Ausnahme des blinden Endes, das sich zu einer kleinen Blase (Fig. 324 rl*) erweitert. Währenddem beginnt sich das Hörbläschen selbst (Fig. 320, 321 u. 322) immer mehr zu strecken und sich nach abwärts in einen kegel- hn vb de nh - rl vb f de Fig. 322. Querschnitt durch den Kopf eines 1,6 cm langen Schafembryo in der Gegend der Labyrinthblase. Auf der rechten Seite ist ein mitten durch die Labjrinthblase geführter Schnitt gezeichnet, links ein etwas mehr nach vorn fal- lender. Nach Böttcher. hn Hörnerv, vb verticaler Bogengang, gc Ganglion cochleare (spirale). de Ductus cochlearis. / einspringende Falte, wodurch die Labyrinthblase in Ütriculus und Sac- culus zerlegt wird, rl Recessus labyrinthi. nh Nachhirn. 30* 468 Sechzehntes Capitel. förmigen Fortsatz (dx), die erste Anlage des Sclineckenganges (Ductus cochlearis), zu verlängern. Derselbe ist nach dem Gehirn (Fig. 322 nh) zu ein wenig eingekrümmt und liegt mit seiner concaven Seite der schon oben erwähnten, gangliösen Anschwellung (g.c) des Hör- nerven ihn) dicht an. Zur besseren Uebersicht der folgenden Darstellung wird es dienen, wenn wir jetzt eine obere und eine untere Abtheilung am Labyrinth unterscheiden. Zwar sind dieselben noch nicht deutlich von einander abgegrenzt, werden aber auf späteren Stadien durch eine nach innen vorspringende Falte (Fig. 322, 323, 324 /) immer schärfer gesondert. Die obere Abtheiliing (pars superior) liefert den Utriculus mit den halbkreisförmigen C analen. Von diesen entstehen am frühesten die beiden senkrecht gestellten Canäle, während der horizontal liegende eine etwas spätere Bildung ist. Ihre Entstehung ist schon von dem Zoologen Rathke bei der Natter ermittelt worden. Neuerdings haben Kkause und His durch Construction von Wachs- modellen bei Embryonen von Säugethieren und vom Menschen die inter- essanten Vorgänge noch weiter aufgeklärt. Wie an den verschiedenen Durchschnitten (Fig. 322 u. 323), noch besser aber an dem durch Construction gewonnenen Modell (Fig. 321) zu erkennen ist, entwickeln sich die halbkreisförmigen Canäle dadurch , dass von der Blasenwand mehrere Ausstülpungen hervorgetrie- ben werden, welche die Form von dünnen Taschen oder Scheiben {hb, vh) und einen halbkreisförmigen Umriss besitzen. An jeder derartigen Ausstülpung weitet sich nun der Randtheil in 'nedeuten- derem Maasse aus, während im übrigen Bezirke die lieiden Epithelblätter sich fest auf einander legen und zu ver- kleben beginnen. In Folge dieses einfachen Vorganges, der am Rande stattfindenden Ausweitung und der in der rl vb U f hb Ge De Fig. 323. Querschnitt durch eine Kopf- hälfte eines Sehaffötus von 2 cm Länge in der Gegend des Labyrinths. 30fach ver- grössert. Nach Böttcher. rl Kecessus labyrinthi. vb, hb verticaler, hori- zontaler Bogengang. U Utriculus. / einspringende Falte, dui'cli welche die Labyrinthblase in Utriculus und Sacculus zerlegt wird. De Ductus cochlearis. Gc Ganglion cochleare. frühzeitig zur A in j) u 1 1 e ausweitet (Fig. 321 aw und am). Bald verschwindet der mittlere Tlieil, in welchem die Verklebung stattgefunden hat, indem das Epithelhäutchen durch Wucherung des Bindegewebes durchbrochen wird (Fig. 321 ö). Mitte vor sich gehenden Verklebung der Wandungen, erhält man einen halbkreis- förmigen Canal, der an zwei Stellen mit dem ursprüng- lichen Hohlraum des Bläs- chens communicirt und sich an einer der Mündungen Die Organe des äusseren Keimblattes. 469 Zwischen der Entwicklung des horizontalen und der beiden verti- calen Bogengänge besteht eine interessante, von Krause entdeckte Ver- schiedenheit. Während nämlich der horizontale Bogengang für sich als eine kleine Tasche angelegt wird (Fig. 321 hh), nehmen die beiden verticalen Gänge aus einer einzigen grösseren, taschen- förmigen Anlage (Fig. 321 am (vb) * vb') gemeinsam ihren Ursprung. An dieser grossen Tasche legen sich an zwei verschiedenen Stellen die Wandungen auf einander und verschmelzen. An einer dieser Stellen hat sich au dem Präparat, nach welchem das Modell (Fig. 321) construirt worden ist, schon eine Oeflfnung (ö) in der Tasche durch Re- sorption der verlötheten Epithelstrecke gebildet, während an der zweiten Stelle {vb') die Epithelmeml)ran noch erhalten ist. Zwischen den ver- klebten Theilen der Tasche bleibt eine mittlere Strecke, die mit einem Stern im Modell bezeichnet ist, offen und wird zum gemeinsamen Aus- mündungsschenkel (Sinus superior) der beiden verticalen Bogengänge. So liefert auch für diese Eigenthümlichkeit die Entwicklungsgeschichte eine einfache, befriedigende Erklärung. kk - - De Fig. 324. Nach zwei Durchschnitten durch das Labyrinth eines 2,8 cm langen Schafembryo. Nach Böttcher. rl Recessus labyrinthi. rl* ampullenartige Erweiterung desselben, vb , /ib verti- caler, horizontaler Bogengang. U Utriculus. S Sacculus. / Falte, durch welche das Labyrinth in Sacculus und Utriculus zerlegt wird, er Canalis reuniens. De Ductus cochlearis. kk Knorpelkapsel der Schnecke. Was von der oberen Abtheilung des Hörbläschens übrig bleibt, nachdem aus seiner Wandung die drei halbkreisförmigen Canäle hervor- gewuchert sind, nennen wir den Utriculus (Fig. 323 — 325 U). Währenddem gehen nicht minder bedeutungsvolle und eingreifende Veränderungen auch an dem unteren Theile der Laby- 470 Sechzehntes Capitel. rinthblase vor sieh und führen zur Entstehung des Sacculus und der Schnecke. Die untere Abtheilung (Fig. 324 S) grenzt sich durch eine immer tiefer werdende Einschnürung (/) gegen den Utriculus (77) ab und bleibt schliesslich mit ihm nur noch durch ein sehr enges Eöhrchen (Canalis utriculo-saccularis) in Verbindung (Fig. 325 R und 3282). Da die Ein- schnürung gerade die Stelle des Labyrinth-Bläschens ti'ifft, von welcher der Labyrinthanhang entspringt, so kommt später die Einmündung des letzteren in den Bereich des Canalis utriculo-saccularis, etwa in seine Mitte, zu liegen (Fig. 325 R u. 3282). Es entsteht auf diese Weise ein Bild, als ob der Labyrinthanhang an seinem Anfange sich in zwei feine Röhrchen spaltet, von denen das eine in den Sacculus, das andere in den Utriculus führt. Durch eine zweite, tiefe Einschnürung (Fig. 324, 325, 327) sondert sich der Sacculus (S) von dem noch in Entwicklung begriffenen Schnecken- gang (D.c); und auch hier erhält sich noch ein Zusammenhang nur durch ein ganz ausserordentlich dünnes Verbindungscanälchen (er), das Hensen entdeckt und als Canalis reuniens beschrieben hat Der Schneckengang selbst wächst bedeutend in die Länge und beginnt sich dabei in dem weichen, einhüllenden, embryonalen Bindegewebe in Spiral- touren aufzurollen und zwar so, dass er beim Menschen zwei und eine halbe Windung besehreibt (Fig. 225 C u. 327 Con). Indem die erste Windung die grösste ist, und die nächsten immer enger werden, gewinnt er eine grosse Aehnlichkeit mit dem Gang eines Schneckengehäuses. c— '•—u ^--li Fig. 325. Schema zur Er- läuterung des häutigen ausge- bildeten Labyrinthes. U Utriculus. S Sacculus. Cr Canalis reuniens. li Recessus laby- rinthi, Labyrinthanhang. C Schnecke. K Kuppelblindsack. V Vorhofsblind- sack des Schneckencanals. Mit den äusseren Formveränderungen des Bläschens gehen auch Veränderungen in der Beschaffenheit seines Epithels einher. Das Epithel sondert sich in die indifferenten, nur als Ueberzug dienenden Epithel- zellen und in die eigentlichen Hörzellen. Die ersteren platten sich ab, werden cubiseh oder schüppchenartig und überziehen den grössten Theil der Oberfläche der halbkreisförmigen Canäle, des Sacculus, des Utri- culus, des Labyrinthanhangs und der Schnecke. Die Hörzellen dagegen verlängern sich, werden cylindrisch und spindelförmig und erhalten auf der freien Oberfläche Haare, die in die Endolymphe hineinragen. Da- durch, dass das Bläschen sieh in die verschiedenen Abtheilungen sondert, wird auch das Hörepithel in ebenso viele einzelne Flecke zerlegt, zu denen sich dann der Hörnerv begiebt. Das Hörepithel zerfällt mithin in je eine Macula acustica im Sacculus und Utriculus, in je eine Crista acustica in den Ampullen der drei halbkreisförmigen Canäle und in eine besonders complicirt gestaltete Endigung im Schneckengang. Hier wächst das Hörepithel zu einem langen, spiralen Bande aus, das unter dem Kamen des CoRxi'schen Organes bekannt ist. Die Organe des äusseren Keimblattes. 471 Der ursprünglich einfache Hörnerv, der zum Bläschen herangetreten war, wird mit der Sonderung des Hörepithels in Maculae, Cristae und CoRTi'sches Organ ebenfalls in einzelne Zweige aufgelöst. Wir unter- scheiden am Hörnerven den N. v e s t i b u 1 i , der wieder in verschiedenen Zweigen zu den Maculae und Cristae tritt, und den N. Cochleae. Auch das zum Hörnerv gehörige, ursprünglich einfache Ganglion acusticum wird in zwei von einander räumlich getrennte Abschnitte ge- sondert. Der dem N. vestibuli zugetheilte Abschnitt liegt bei Erwach- senen, vom Endgebiet weiter entfernt, im inneren Gehörgang und bildet hier die bekannte Intumescentia gangliiformis Scarpae; der zum N. Cochleae gehörige Theil dagegen scliliesst sich der Endausbreitung des Nerven an; beim Embryo ist er der Anlage des Schneckengangs eng verbunden (Fig. 322, 323 G-.c) und wächst dann in demselben Maasse, wie sich dieselbe vergrössert, zu einem dünnen Bande aus, welches bis zum blinden Ende des Ganges reicht und unter dem Namen des Ganglion spirale bekannt ist (Fig. 328 Gsp). b) Entwicklung der häutigen Ohrkapsel zum knöchernen Labyrinth und zu den perilymphatischen Räumen. Alle Veränderungen, von denen bis jetzt gesprochen wurde, sind einzig und allein von dem Epithelbläschen ausgegangen, welches sich vom äusseren Keimblatt abgeschnürt hat. Es wird jetzt meine Aufgabe sein, das Augenmerk auf eine Reihe von Vorgängen zu lenken, die sich in der Umgebung der epithelialen Hohlräume , in dem Mesenchym , in welches sie sich eingelagert haben, abspielen. Die Vorgänge führen zur Entstehung des knöchernen Labyrinthes, der perilymphatischen Räume und weicher, bindegewebiger Lagen, die sich den bisher betrachteten, rein epithelialen Bildungen innig verbinden und mit ihnen als häutiges Labyrinth in der descriptiven Anatomie zusammengefasst werden. Es findet hier Aehnliches statt, wie bei der Entwicklung des Nervenrohrs und des Auges, bei denen sich auch im Anschluss an die epithelialen Theile die bindegewebige Umgebung in besonderer Weise umgestaltet. Hier wie dort kommen vergleichbare Bildungen zu Stande, wie schon von verschiedenen Seiten, von Kölliker, Schwalbe und Anderen betont worden ist. Die Vergleichung lässt sich bis in Einzelheiten durchführen. Wie das Nervenrohr und der epitheliale Augenbecher, so werden auch die vom primitiven Hörbläschen herrührenden Abschnitte zunächst von einer weichen, blutsefässführenden Bindegewebsschicht umhüllt. Der Pia mater des Gehirns entspricht die Gefässhaut des Auges und die weiche Ohr- kapsel oder die bindegewebige Wand des häutigen Labyrinths. Um alle drei Organe hat sich dann eine feste Hülle nach aussen zum Schutze entwickelt: am GehirÄ die Dura mater mit der Schädelkapsel, am Auge die Faserhaut (Sclera), am Gehör das knöcherne Labyrinth mit seinem Periost. Dazu gesellt sich noch eine dritte beachtenswerthe Ueberein- stimmung. In allen drei Fällen sind die weichen und festen Um- hüllungen durch mehr oder minder weite Spalträume getrennt, welche zum Lymphsystem hinzu zu rechnen sind. Am Nervenrohr begegnen wir dem Subdural- und Subarachnoidealraum, am Auge dem Perichorioideal- spalt, am Gehörorgan den perilymphatischen Räumen, die an der Schnecke den besonderen Namen der Treppen (Scalae) (Fig. 328 ST u. SV) er- halten haben. 472 Sechzehntes Capitel. Im Einzelnen vollzieht sich die Bildimg der Hüllen um das epithe- liale Gehörbläschen in folgender Weise: Bald nach seiner Abschnürung vom Hornblatt ist das Hörbläschen ringsum in zellenreiches Mesenchym eingehüllt, dessen einzelne Zellen in einer äusserst geringen, weichen und homogenen Zwischensubstanz liegen und einen grossen Kern und eine spärliche Protoplasmahülle mit kurzen Ausläufern besitzen. Allmählich sondert sich die Umhüllung in zwei Lagen (Fig. 324 u. 326). In der Umgebung der epithelialen Canäle nimmt die weiche Zwischensubstanz zwischen den Zellen zu, die theils sternförmig, theils spindelig werden und im ersten Fall längere Ausläufer nach verschiedenen Richtungen entsenden. Es entsteht hier die als Schleim- oder Gallertgewebe (Fig. 326 u. 328 g) be- kannte Modification der Bindesubstanz, in der auch einzelne Blutgefässe ihren Weg nehmen. Nach aussen davon bleiben die Zellen kleiner und dichter zusammengedrängt und sind durch dünne Scheidewände einer festeren Zwischensubstanz von einander getrennt. Indem diese zmiimmt, gewinnt das Gewebe bald den Charakter des embryonalen Knorpels {Kk). De c De G Be Kk De r#^ De \ Kk X Gsp Nc Nc Gs Ns S Fig. 326. Durchschnitt durch die Schnecke eines 7 cm langen Schaf- embryo. 39 fach vergrössert. Nach Böttcher. Kk Knorpelkapsel der Schnecke. S Sacculus mit dem hinzutretenden Nei-ven (Ns). Gs das mit dem Schneckennerven (Ne) in Verbindung stehende Ganglion, aus welchem Nervenfasern Xs für den Sacculus entspringen. Gsp Ganglion spirale. De Ductus cochlearis. C CoRTi'sches Organ desselben, g Gallertgewebe in der Umgebung des Ductus cochlearis. x dichtere Bindegewebsschichten. Die weiteren Veränderungen sind für die Bogengänge, den Utri- eulus und Sacculus und den Schneckencaual gesondert zu verfolgen. Die drei halbkreisförmigen Canäle liegen nicht genau in der Mitte der von Gallertgewebe ausgefüllten Hohlräume des embryonalen Knorpels, sondern so , dass sie mit ihrem convexen Rande an den Knorpel fast unmittelbar anstossen, an der concaven Seite dagegen von ihm durch eine dickere Schicht von Gallertgew^ebe getrennt werden. Dieses sondert sich in drei Schichten: in eine mittlere Lage, in welcher die gallertige Zwischensubstanz erheblich zunimmt und dabei mehr und mehr flüssig wird, und in zwei dünne Grenzlageu, die sich in fibrilläres Bindegewebe umwandeln. Von diesen verbindet sich die eine innig mit dem Epithel- Die Orgauo des äusseren Keimblattes. 473 röhr, zu dessen Ernährung sie dient, indem sich in ihr ein dichtes Blutgefässnetz ausbreitet, die andere liegt der Innenfläche der knorpe- ligen Umhüllung an, zu deren Perichondrium sie wird. Das Gallertgewebe der mittleren Lage ist nur von kurzem Bestand. Bald zeigt es Merkmale einer beginnenden Rückbildung. Die stern- förmigen Zellen werden mit Fettkörnchen in der Umgebung ihrer Kerne und in iliren langen Ausläufern erfüllt; später zerfallen sie. In der gallertigen Grundsubstanz bilden sich durch eine immer mehr zuneh- mende Erweichung kleine, mit Flüssigkeit erfüllte Räume; dieselben vergrössern sich und verschmelzen darauf unter einander, bis schliesslich zwischen der bindegewebigen Hülle des halbkreisförmigen Canals und dem Perichondrium ein grosser, mit Perilymphe erfüllter Raum, der in dem Schema 327 schwarz bezeichnet ist, an Stelle des Gallertgewebes entstanden ist. Hier und da gehen binde- gewebige Stränge von einer Bindegewebsschicht zur anderen und dienen den Nerven und Blutgefässen, welche sich zum halbkreisförmigen Canal begeben, zur Brücke. ^T Eine letzte Veränderung tritt endlich noch an der knorpeligen Um- hüllung ein, indem sie durch endochondrale Verknöcherung in Knochen- Fig. 827. Schematiaehe Darstellung des gesammten Gehörorgans vom Mensehen. Aus Wiedersheim. Aeusseres Ohr: JOf Ohrmuschel. Mae Meatus auditorius extermis. 0 Wand desselben. 3ft Membrana tympani. Mittel ohr: Ct, Ct Cavum tympani. 0^ Wand desselben. SÄp schallleitender Apparat, welcher an Stelle der Ossicula auditiva nur als stabförmiger Körper eingezeichnet ist. Die Stelle f entspricht der Steigbügelplatte, welche das ovale Fenster verschliesst. Tb Tuba Eustachii. Tb^ ihre Einmündung in den Eachen. 0" ihre Wand. Inneres Ohr mit zum grössten Theil abgegrenztem, knöchernem Labyrinth [KL, KL'). S Sacculus. a, b die beiden verticalen Bogengänge des häutigen und knöchernen Labyrinths. «Se, De Saccus und Ductus endolymphaticus, wovon sich der letztere bei 2 in zwei Schenkel spaltet. Cp Cavum perilymphaticum. Cr Canalis reuniens. Con häutige Schnecke, die bei f den Vorhofblindsack erzeugt. Co«' knöcherne Schnecke. 8v und St Scala vestibuli und Scala tympani, welche bei * an der Cupula terminalis {Ct) in einander übergehen. I)p Ductus perilymphaticus, welcher bei d aus der Scala tympani entspringt und bei Bp^ ausmündet; der horizontale Bogengang ist mit keiner besonderen Bezeichnung versehen, doch ist er leicht zu erkennen. 474 Sechzehntes Capitel. Substanz übergeführt wird. Somit sind nun die häutigen in die knöchernen, halbkreisförmigen Canäle (Fig. 327 a u. h KL) eingeschlossen, welche das vergrösserte Abbild der ersteren sind. Entsprechende Veränderungen (Fig. 327) vollziehen sich in der Umgebung von Utriculus und Sacculus {S) und führen 1) zur Ent- stehung eines perilymphatischen Hohlraumes (CJp), der mit den perilym- phatischen Hohlräumen der halbkreisförmigen Canäle in Verbindung steht, und 2) zur Entstehung einer knöchernen Umhüllung {KL), welche den Vorraum oder das Vestibulum begrenzt und den mittleren Abschnitt des knöchernen Labyrinthes darstellt. In complicirterer Weise verändert sich die Umhüllung des epithe- lialen Schneckengangs, welche zur knöchernen Schnecke mit ihren Treppen wird. Sie ist zur Zeit , wo der Gang (Fig. 324 Bc) nur eine halbe Spiralwindung beschreibt, schon in eine innere, weiche und in eine äussere, festere Schicht, die zum Knorpel {Jih) wird, gesondert. Die Knorpelkapsel (Fig. 326 Kh), die mit der knorpeligen Masse der übrigen Theile des Labyrinths zusammenhängt und mit ihnen einen Theil der Anlage des Felsenbeins ausmacht, schliesst später eine linsen- förmige Höhle ein und besitzt eine weite Oeffnung, durch welche der Schneckennerv (Fig. 326 Nc) eintritt. Eine Aehnlichkeit mit einem Schneckengehäuse ist noch nicht zu erkennen. Sie tritt erst all- mählich ein und wird dui'ch zwei Momente hervorgerufen, durch Aus- wachsen des epithelialen Ganges und durch Sonderung des ihn um- hüllenden, weichen Gewebes in flüssige und in fester werdende Theile. Beim Auswachsen beschreibt der epitheliale Schneckengang in seiner Kapsel die schon früher beschriebenen, in Fig. 328 auf dem Querschnitt getroffenen Spiral Windungen {De), wobei er immer der Lmenfläche der Kapsel {Kli) ziemlich dicht angeschmiegt bleibt. In der Mitte seiner Windungen, mithin in der Achse der Kapsel, steigt der Schneckennerv {Nc) von der Eintrittsöffnung aus gerade in die Höhe, gibt zahlreiche seitliche Aeste ab zur concaven Seite des Schneckengangs (De), wo sie zum Ganglion (Gsp) anschwellen, welches jetzt gleichfalls zu einem Spiralen Bande mit ausgewachsen ist. Dem Verlauf der Nerven haben sich auch die ernährenden Blutgefässe angeschlossen. Wenn die Entwicklung so weit fortgeschritten ist, bedarf es nur noch einer histologischen Sonderung im weichen Mesenchym , welches die Knorpelkapsel ausfüllt, um die noch fehlenden Theile des ausge- bildeten Schneckengehäuses, die Schneckenachse (Modiolus), die Lamina spiralis ossea, den knöchernen Schneckengang, die Vorhofs- und die Paukentreppe, zum Vorschein zu bringen (Fig. 328). Wie in der Um- gebung der halbkreisförmigen Canäle, des Utriculus und des Sacculus, sondert sich das Mesenchym in festere, faserig werdende Bindesubstanz und in ein immer weicher werdendes Gallertgewebe {g). Faserige Binde- substanz entwickelt sich erstens in der Umgebung der in die Knorpel- kapsel eintretenden Nerven- (Nc) und Blutgefässstämme und liefert die Gnmdlage der späteren, knöchernen Schneckenachse {M)\ zweitens liefert sie eine Umhüllung der von der Achse zum epithelialen Schnecken- gang hinzielienden Nervenfasern (N), Ganglienzellen {Gsp) und Blut- gefässe und stellt eine Bindegewebsplatte dar, die später zur Lamina spiralis ossea verknöchert. Drittens ülierzieht sie in dünner Schicht den epithelialen Schneckengang, an welchem sie zur Ausbreitung der Blutgefässe dient, und wird mit ihm als häutiger Schneckengang zu- sammengefasst. Viertens kleidet sie die Innenfläche der Knorpelkapsel Die Organe des äusseren Keimblattes. 475 v-''i»,rc^^^;v,.> Fig. 328. Theil eines Durchschnitts durch die Schnecke eines 9 cm langen Katzenembryo. Nach Böttcher. Kk Knorpelkapsel, in welcher der Schneckengang sich in Spiraltouren aufgewunden hat. Bc Ductus cochlearis. C CoRTi'sches Organ. Iv Lamina vestibularis. x äussere Wand des häutigen Schneckenganges mit Ligamentum spirale. SV Scala vestibuli, Vor- hofstreppe. AT, «ST' Scala tympani, Paukentreppe, g Gallertgewebe, welches noch die letzte Windung der Scala vestibuli {sv) ausfüllt, g' Rest des noch nicht verflüssigten Gallertgewebes. M festeres Bindegewebe in der Umgebung des Schneckennerven (iVc). Gsp Ganglion spirale. N zum CouTi'schen Organ in der späteren Lamina spiralis ossea herantretender Nerv. Y dichtere Bindegewebsschicht, die verknöchert und den knö- chernen Schneckengang begrenzen hilft. F Perichondrium. 476 Sechzehntes Capital. als Perichondrium (P) aus, P'ünftens endlich bildet sich eine Binde- gewebsplatte (Y) zwischen der Spiralen Knorpelleiste, die, wie oben beschrieben, von der Kapsel nach innen vorspringt, und der binde- gewebigen Sehneckenachse (M). Sie spannt sich zwischen den einzelnen Windungen des häutigen Schneckenganges aus, so dass der letztere nunmehr in einen weiteren Canal , dessen Wandung theils knorpelig, theils häutig ist, zu liegen kommt. Der Canal ist die Grundlage des knöchernen Schneckengaugs. Der nicht in fibrilläres Bindegewebe umgewandelte Rest des Mesen- chyms wird Gallertgewebe (g u. g'). Es bildet zwischen den eben auf- gezählten Theilen zwei spirale Streifen, von denen der eine oberhalb des häutigen Schneckengangs und der häutigen Lamina spiralis, der andere unterhalb von ihnen gelegen ist. Die Streifen nehmen daher die Stelle der Vorhofstreppe (SV) und der Paukentreppe {ST) ein. Die Treppen entstehen, noch ehe der Verknöcherungsprocess beginnt, genau in derselben Weise, wie die perilymphatischen Räume in der Umgebung der halbkreisförmigen Canäle und des Vestibulum. Im Gallertgewebe wird die Grundsubstanz weicher, die Zellen beginnen unter Bildung von Fettkörnchen zu zerfallen. Es werden kleine, mit Flüssigkeit erfüllte Hohlräume sichtbar; diese verbinden sich unter einander; schliesslich ist der ganze von Gallertgewebe eingenommene Raum von Perilymphe erfüllt. Der Erweichungsprocess beginnt an der Basis der Schnecke im Gebiet der ersten Windung (ST u. SV) und schreitet nach der Kuppel langsam fort. Hier treten zuletzt Vorhofs- und Paukentreppe in Verbindung, nachdem der letzte Rest des Gallertgewebes aufgelöst ist. Die Figur 328 zeigt uns ein Stadium, in welchem an der Schnecken- basis die perilymphatischen Räume (SVu. ST) angelegt und nur noch geringe Reste Gallertgewebe (g) vorhanden sind, während an der Schneckenspitze der Verflüssigungsprocess des Gallertgewebes (g) noch nicht erfolgt ist. Mit der Entwicklung der Treppen verändert auch der häutige Schneckengaiig seine Form. Während früher der Querschnitt oval aussah, nimmt er jetzt die Gestalt eines Dreiecks an (De). Denn es flachen sich die Wandstrecken ab, welche an die Vorhofs- und die Paukentreppe angrenzen und nach ihnen benannt werden und spannen sich zwischen dem freien Rand der Lamina spiralis und der Innenfläche der Knorpel- kapsel glatt aus. Hierbei kommt die tympanale Wand (C) mit der Lamina spiralis in eine Ebene zu liegen, die vestibuläre Wand (Iv) bildet einen spitzen Winkel mit ihr und die dritte (x) liegt dem Perichondrium der Knorpelkapsel überall dicht an. Den drei Wandstrecken entsprechend nimmt die epitheliale Aus- kleidung des häutigen Schneckengangs eine sehr verschiedene Beschaffen- heit an. Während die Epithelzellen an der vestibulären und äusseren Wand theils cubisch, theils ganz abgeplattet werden, verlängern sie sich auf der tympanalen Wand , hängen hier mit den Endfäserchen des Schneckennerven zusammen und erzeugen das complicirt gebaute Corti- sche Organ (C), welches, wie die Hörleisten und Hörflecke der Ampullen, des Sacculus und des Utriculus, die letzten Endigungen des Hörnerven in sich birgt. Seiner Vollendung wird der verwickelte Aufbau der Schnecke schliesslich mit Eintritt des Verknöcherungsprocesses entgegen geführt. Dieser vollzieht sich in einer zweifachen Weise. Einmal verknöchert die Knorpelkapsel auf endochondralem Wege, wie das ganze knorpelige Die Organe des iiusseren Koimhiattos. 477 Felsenbein, von dem sie einen kleinen Theil ausmacht. Das so ent- stehende Knochengewebe ist längere Zeit spongiös und mit grösseren Markräumen versehen. Zweitens verknöchern auf directem Wege die oben autgeführten, faserigen Bindegewebslagen, die Scheidewände der Schneckencanäle, die bindegewebige Achse oder der Modiolus und die Lamina spiralis. Gleichzeitig lagern sich compacte Knochenlamellen von innen her auf das spongiöse, aus der Knorpelkapsel entstandene Gewebe ab; sie sind, wie Böttcher gezeigt hat, vom ursprünglichen Perichondrium , das zum Periost wird , abgeschieden worden. In Folge dessen lässt sich auch die knöcherne Schneckenkapsel in jüngeren Lebensjahren leicht aus dem lockeren Knochengewebe endochondralen Ursprungs herausschälen. c) Entwicklung der Hülf sapparate des Gehörorgans. (Mittleres und äusseres Ohr.) Zu dem häutigen und dem knöchernen Labyrinth, welche man auch als inneres Ohr zusammenfasst , gesellen sich einige Hülfsapparate in derselben Weise, wie die Augenmuskeln, die Lider, Thränendrüse und Thränenwege zum Augapfel hinzutreten. Es sind Bildungen, die den niederen Wirbelthieren (Fischen) fehlen und sich erst von den Am- phibien an in einer immer vollkommener werdenden Weise zu entwickeln beginnen. Sie haben die Aufgabe, die Ueberleitung der Schallwellen zum Labyrinth zu vermitteln, und werden daher als schallzuleitende Apparate zusammengefasst. Ihrer Lage nach werden sie auch als mittleres und als äusseres Ohr bezeichnet. Ersteres besteht bei den Säuge- thieren, wo es seine höchste Vollendung erreicht (Schema 329), aus der Paukenhöhle (Ct), der EusTAcni'schen Röhre {Th) und den drei Gehör- knöchelchen (SAp), letzteres aus dem Trommelfell {Mt), dem äusseren Gehörgang {Mae) und der Ohrmuschel {M). Wenn ich oben sagte, dass diese Theile den Fischen fehlen, so ist dies nur cum grano salis zu verstehen; sie fehlen nur als schallzuleitende Apparate, sind dagegen als andersartig functionirende Gebilde und in einfacherem Zustande auch bei ihnen schon vorhanden. Denn es entwickeln sich die verschiedenen Hülfsapparate des Gehörs aus der ersten Schlundspalte und aus einigen in ihrer Umgebung ge- lagerten Theilen. Es wird auch hier gut sein, uns mit dem ursprünglichen Zustand, der zum Ausgang gedient hat. bekannt zu machen, wozu die Selachier als Beispiel dienen mögen. Bei ihnen liildet sich die erste Schlundspalte, die zwischen Kiefer- und Zungenbeinbogen und zwischen Trigeminus und Acustico - facialis gelegen ist, zum grössten Theil zurück: sie schliesst sich zur Seite des Schlundes und bleibt nur am Ursprung der beiden Schlundbogen offen. Sie stellt dann einen kurzen Canal dar, der innen und aussen eine kleine, rundliche Oeffnung besitzt und an der Labyrinth region des Schädels, in welche das Gehörorgan eingebettet ist, ganz dicht vorbeizieht. Mit der Athmung hat der Canal, das sogenannte Spritzloch, nichts mehr zu schaffen, da sich die Kiemenblättchen an seiner Wandung zurückbilden. Durch seine Lage in unmittelbarer Nähe des Labyrinths erscheint er schon bei den Selachiern als der beste Weg für die Fortleitung der Schallwellen zum inneren Ohr. Hierin ist eine Hauptbedingung gegeben, dass er bei den übrigen Wirbelthieren ganz in den Dienst des Gehör-/ ^£1 ^^ 478 Sechzehntes Capitel. Organs tritt und sich für diese bestimmte Function in einer zweck- mässigeren Weise fortbildet. Dem Spritzloch der Selachier entsprechen bei den höheren Thieren (Fig. 329) die Paukenhöhle (Ct), die EusTACHi'sche Röhre (Tb) und der äussere Gehörgang {Mae). Sie entwickeln sich gleichfalls aus dem oberen Theil der ersten Schlundspalte. Wenn von ihnen einige Forscher, wie Urbantschitsch , neuerdings behauptet haben, dass sie mit der ersten Schlundspalte nichts zu schaffen hätten, sondern selbständig durch Ausstülpungen der Rachenhöhle angelegt würden, so stehen dieser Ansicht nicht nur vergleichend-anatomische Erwägungen, sondern auch die Angaben von Kolliker, Moldenhauer und Hoffmann entgegen, welche sich auf die Entwicklung der Reptilien, Vögel und Säugethiere beziehen. In den genannten Wirbelthierclassen schliesst sich die erste Schlund- spalte, abweichend von den Selachiern, auch in ihrem oberen Theil. Siehe die in einem früheren Capitel bereits besprochenen Angaben über die strittige Frage; ob die Schlundspalten durch eine epitheliale Membran verschlossen bleiben oder vorübergehend offen sind. (Seite 286.) Fig. 329. Schematisehe Darstellung des gesammten Gehörorgans vom Menschen. Aus Wiedeksheim. A äusseres Ohr: ÜOf Ohrmuschel, ü/ae Meatus auditorius externus. 0 Wand desselben, üfif Membrana tympani. Mittele hr: C/, ft Cavum tympani. ö^ Wand des- selben. SAp schallleitender Apparat, welcher an Stelle der Ossicula auditiva nur als stabförmiger Körper eingezeichnet ist. Die Stelle f entspricht der Steigbügelplatte, welche das ovale Fenster verschliesst. Tb Tuba Eustacliii. Tb^ ihre Einmündung in den Rachen. 0" ihre Wand. Inneres Ohr mit zum grössten Theil abgegrenztem, knö- chernem Labyrinth [KL., KL'). S Sacculus. a, h die beiden verticalen Bogengänge des häutigen und knitcbernen Labyrinths. /Se, De Saccus und Ductus endolymphaticus, wovon sich der letztere liei 2 in zwei Schenkel spaltet. Cp Caviun perilymphaticum. Cr Canalis reuniens. Con häutige Schnecke, die bei f den Vorhofsblindsack erzeugt. Cori> knöcherne Schnecke. Sv und dt Scala vestibuli und Scala tymj^ani, welche bei * an der Cupula terminalis {Ct) in einander übergehen. Bp Ductus perilymphaticus, welcher bei d aus der Scala tymi>ani entspringt und bei I)p^ ausmündet; der horizontale Bogengang ist mit keiner besonderen Bezeichnung versehen, doch ist er leicht zu erkennen. Die Organe des äusseren Keimblattes. 479 Der Verschluss wird noch dadurch ein festerer und vollkommenerer, dass auch eine Bindetiewebsschicht zwischen innere und äussere Epithel- platte hineinwächst. Zu beiden Seiten derselben erhalten sich Reste der ersten Scidundspalte als mehr oder minder tiefe Buchten, eine innere, nach der Rachenhöhle zu gelegene und eine äussere, die von Wülsten des ersten und zweiten Schlundbogens umfasst wird. Die innere Bucht, die als Canalis oder Sulcus tubo-tympanicus (pharyngo-tympanicus) bezeichnet wird, ist wie das Spritzloch zwischen Trigeminus und Acustico - facialis gelagert. Sie wird zum Mittelohr; sie vergrössert sich durch eine nach ol)en, aussen und hinten gerichtete Aussackung. Diese schiebt sich zwischen Labyrinth und Verschlussstelle der ersten Schlundspalte hinein und stellt einen seitlich plattgedrückten Hohlraum dar, welcher jetzt als Paukenhöhle von dem röhrenförmigen Rest des Sulcus tympanicus oder der EusTACHi'schen Ohrtrompete zu unterscheiden ist. Die Paukenhöhle ist, namentlich bei älteren Embryoneu von Mensch und Säugethieren , eine sehr enge; laterale und mediale Wand liegen daher fast unmittelbar an einander. Es rührt dies haupt- sächlich daher, dass unter der Epithelauskleidung des Mittelohrs sich ein reichlich entwickeltes Gallertgewebe vorfindet. Letzteres schliesst zu dieser Zeit auch noch Gebilde ein, welche später gleichsam frei innerhalb der Paukenhöhle liegen, die Gehörknöchelchen und die Chorda tympani. Auch das Trommelfell ist jetzt noch dem späteren Zustand sehr unähnlich. Seine Bildungsgeschichte ist keine so einfache, wie man früher glaubte. Denn es leitet sich nicht nur aus der schmalen Ver- schlussstelle der ersten Schlundspalte her, vielmehr betheiligen sich auch nocli angrenzende Theile des ersten und des zweiten häutigen Schlund- bogens. Das embryonale Trommelfell ist daher Anfangs eine dicke, bindegewebige Platte und schliesst an seinen Rändern die Gehör- knöchelchen, den Tensor tympani und die Chorda tympani in sich ein. Spät erst erfolgt die Verdünnung des Trommelfells, gleichzeitig mit einer zunehmenden Erweiterung der Paukenhöhle. Beides wird herbeigeführt durch Schrumpfung des Gallertgewebes und durch eine damit Hand in Hand gehende Wucherung der die Paukenhöhle auskleidenden Schleim- haut. Diese schiebt sich an den Stellen, wo das Gallertgewebe schwindet, zwischen die einzelnen Gehörknöchelchen und die Chorda hinein, welche so scheinbar frei in die Paukenhöhle zu liegen kommen. In Wirklichkeit aber liegen sie ausserhalb derselben. Denn sie werden noch allseitig von der gewucherten Schleimhaut überzogen und durch Schleimhautfalten (Hammer-, Ambossfalten etc.) mit der Wand der Paukenhöhle in Ver- bindung gesetzt in gleicher Weise, wie die in die Leibeshöhle hinein- gewachsenen Unterleibsorgane vom Bauchfell überzogen und durch Bauch- fellfalten an den Wandungen festgehalten werden. Mit der Verdünnung des Trommelfells geht eine Verdichtung seiner bindegewebigen Substanz einher, wodurch es zu seiner späteren Auf- gabe als schwingende Membran befähigt wird. Ueber die Entwicklung der Gehörknöchelchen wird erst in einem späteren Abschnitt, welcher die Entstehung des Skelets zum Gegenstand hat, ausführlicher gesprochen werden. Jetzt nur noch einige Worte über die Bildung des äusseren Ohrs, welches sich, wie schon oben bemerkt, von einer Bucht an der Aussenseite der Verschlussstelle der ersten Schlundspalte herleitet. Moldenhauer hat die Bucht beim Hühnchen, His bei menschlichen Embryonen genauer untersucht. Wie 480 Sechzehntes Capitel. die seitliche Ansicht eines sehr jungen menschlichen Embryo (Fig. 319) lehrt, wird die erste Schlundspalte von wulstigen Rändern umgeben, die dem ersten und dem zweiten Sehlundbogen angehören und sich frühzeitig in sechs mit Ziffern bezeichnete Höcker gliedern. Von ihnen leitet sich die Ohrmuschel ab, welche demnach ein ziemlich umfangreiches Gebiet des embryonalen Kopfes (die pars auricularis) für sich in Anspruch nimmt. Die Tasche zwischen den Wülsten, an deren Grund man auf die Trommelfellanlage stösst, wird zum äusseren Ge- hörgang. Sie wird dadurch immer tiefer, dass sich die umgebende Gesichtswand in hohem Maasse verdickt; schliesslich ist sie zu einem längeren Canal mit theils knöchernen, theils knorpeligen Wandungen ausgewachsen. Die sechs oben erwähnten Höcker, welche die Oeffnung des äusseren Gehörgangs umsäumen, bilden zusammen einen plumpen Ring. Ueber ihre Umwandlung zum äusseren Ohr giebt die folgende Abbildung (Fig. 330) genügenden Aufschluss. Sie zeigt, dass sich aus den mit Nr. 1 und 5 bezeichneten Höckern der Tragus und Antitragus, aus 2 und 3 der Helix und Anthelix entwickeln. Das Ohr- läppchen bleibt lange Zeit klein und wird erst im fünften Monat deutlicher. Es leitet sich von dem mit der Zahl 6 versehenen Hügel ab. Am Schluss des zweiten Monats sind alle wesentlichen Theile des Ohrs leicht erkennbar; vom dritten Monat an wächst der hintere und der obere Theil der Ohrmuschel mehr aus der Kopffläche heraus und gewinnt eine grössere Festigkeit mit der Difterenzirung des Ohrknorpels, die schon am Schluss des zweiten Monats begonnen hat. Fig. 330. Ohranlage von einem mensch- lichen Embryo. Nach His. Der mit 1. bezeichnete Höcker liefert den Tragus, 5. den Antitragus. Die Höcker 2. u. 3. liefern den Helix, Höcker 4. den Ant- helix. Aus dem Streifen 6. wird das Ohrläppchen; K Unterkiefer. Zusammenfassung. 1) Der wesentlichste Theil des Gehörorgans, das häutige Labyrinth, entwickelt sich zu beiden Seiten des Nachhirns oberhalb der ersten Schlundspalte aus einer grubenförmigen Vertiefung des äusseren Keim- blattes. 2) Das Hörgrübchen schliesst sich zum Hörbläschen ab, rückt mehr in die Tiefe und wird in embryonale Bindesubstauz eingebettet, aus welcher sich später die Schädelkapsel entwickelt. 3) Das Hörbläschen nimmt durch verschiedenartige Ausstülpungen seiner Wand die complicirte Gestalt des häutigen Labyrinthes an und sondert sich in den Utriculus mit den drei halbkreisförmigen Bogengängen, in den Sacculus mit dem Canalis reuniens und der Schnecke, sowie in den Labyrinthanhang (Recessus vestibuli), durch welchen Sacculus und Utriculus noch unter einander in Verbindung bleiben. 4) Der Hörnerv und das Hörepithel , welche ursprünglich einfach sind, zerfallen gleichfalls, sowie sich das Bläschen in mehrere Abschnitte Die Orgaiu- des äusseren Keimblattes. 481 sondert, in mehrere Nervenzweige (Nervus vestibuli, N. Cochleae) und in mehrere Nervenendstelleu (in die Cristae acusticae der drei Ampullen, in je eine Macula acustica des Utriculus und des Sacculus, und in das CoRTi'sche Organ). 5) Das embryonale Bindegewebe, in welches das epitheliale Hör- bläschen und seine Umwandlungsproducte eingeschlossen werden, sondert sich in drei verschiedene Theile: a) in eine dünne Bindegewebsschicht, welche sich den epithelialen Wandungen innig anschmiegt und mit ihnen zusammen das liäutige Labyrinth darstellt ; b) in ein Gallertgewebe, welches während des embryonalen Lebens verflüssigt wird und die perilymphatischen Räume liefert (an der Schnecke die Paukentreppe und die Vorhofstreppe); c) in eine Knorpelkapsel, aus welcher durch Verknöcherung das knöcherne Lal)yrinth entsteht. 6) Das mittlere und das äussere Ohr sind von dem oberen Theil der ersten Schlundspalte (dem Spritzloch der Selachier) und ihrer Um- randung abzuleiten. 7) Aus der Verschlussplatte der ersten Schlundspalte nebst an- grenzenden Theilen der Schlundbogen entwickelt sich das Trommelfell, welches ursprünglich ziemlich dick ist und sich erst allmählich zu einer straffen Membran verdünnt. 8) Aus einer Bucht an der Innenseite des Trommelfells, dem Sulcus tubotympanicus, und aus einer nach oben, aussen und hinten gerichteten Aussackung derselben entstehen die Paukenhöhle und die EusTACHi'sche Röhre. 9) Die Paukenhöhle ist ursprünglich ausserordentlich eng, indem in der sie einhüllenden Schleimhaut das Bindegewebe gallertig ist. 10) Die Gehörknöchelchen und die Chorda tympani liegen Anfangs ausserhalb der Paukenhöhle in dem Gallertgewebe ihrer Wand; erst durch Schrumpfung des Gallertgewebes kommen sie in Schleimhautfalten zu liegen, welche in die nunmehr geräumiger gewordene Paukenhöhle hineinspringen (Ambossfalte, Hammerfalte). 11) Der äussere Gehörgang entwickelt sich aus der Umrandung der nach aussen vom Trommelfell gelegenen Bucht; die Ohrmuschel entsteht aus sechs Höckern, die sich zum Tragus, Antitragus, Helix, Anthelix und zu dem Ohrläppchen umgestalten. C) Die Entwicklung des Geruchsorgans. Das Geruchsorgan ist ebenfalls wie Auge und Ohr eine Bildung des äusseren Keimblatts, aus welchem es sich ein wenig später als die beiden höheren Sinnesorgane entwickelt. — Es macht sich zuerst zu beiden Seiten des schon früher beschriebenen, l)reiten Stirnfortsatzes (Fig. 319) bemerkbar als eine Verdickung des äusseren Keimblattes, welche His bei menschlichen Embryonen als Nasenfeld bezeichnet hat. Die beiden Anlagen werden bald deutlicher, indem der Boden eines jeden Nasenfeldes muldenartig einsinkt und seine Ränder sich faltenartig nach aussen erheben (Fig. 331). Zum verdickten Epithel einer jeden Anlage tritt der Riechlappen heran, der durch Ausstülpung aus dem 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 31 482 Sechzehntes Capitel. Heiiiisphärenbläschen mittlerweile entstanden ist, und endet daseiest mit seinen Nervenfibrillen. Die beiden Geruchsgrübchen, die in ähnlicher Weise mit Aus- nahme der Cyclostoraen, bei denen nur eine unpaare Grube entsteht, bei allen Wirbelthieren angelegt werden, sind durch einen beträchtlichen Abstand von einander getrennt. Sie erscheinen daher jetzt auf das Deutlichste als i)aarige Bildungen, während sie bei den höheren Wirbel- thieren im fertigen Zustand zu einem anscheinend unpaaren Organ, der Nase, in der Medianebene zusammengerückt sind. Das Studium der Entwicklungsgeschichte des Geruchsorgans gewinnt an Interesse, wenn man auch auf vergleichend anatomische Verhältnisse Rücksicht nimmt. Man wird dann finden, dass die verschiedenartigen Stadien, welche das Geruchsorgan der Säugethiere zum Beispiel wäh- rend des embryonalen Lebens durchläuft, sich als bleibende Bildungen in niederen Wirbel- thierclassen erhalten haben. So erhält sich das Geruchsorgau gleichsam auf dem Anfangsstadium in Form paariger Grübchen in vielen Abtheilungen der Fische. Ein besonderes Interesse aber ge- winnt dieser Zustand noch bei genauerer histologischer Unter- suchung, weil sich uns hier An- knüpfungspunkte an ein- fachere, in der Haut ver- breitete Sinnesorgane dar- bieten. Wie nämlich Blaue in verdienstvollen Arbeit ge- hat, endet hier der Riech- nerv nicht in einem zusammen- Fig. 331. Prontalconstruction des Mundrachenraums eines mensch- lichen Embi-yo (Rg, His) von 11,5 mm Naekenlänge. Aus His, Menschliche Em- bryonen. Vergr. 12. Der Oberkiefer ist perspectivisch , der Unterkiefer im Durchschnitt zu sehen. Die letzten Schlundbogen sind äusserlich nicht mehr zu sehen, da sie in die Tiefe der Hals- bucht gerückt sind. einer zeigt hängenden Riechepithel, sondern in einzelnen, scharf gesonderten Organen (Fig. 332 rh), die von einander getrennt, wenn auch dicht zusammengedrängt, in einem indiff'erenten Epithel (/e) liegen. Die Organe {rh) bestehen aus vielen feinen , stäbchenförmigen Zellen, welche auf ihrer freien Obei-fläche feine Stiftchen tragen und zu einem von den gewöhnlichen Epidermiszellen sich deutlich absetzenden Bündel vereint sind. Sie gleichen zum Verwechseln sensiblen Nerven- endigungen, die in der Epidermis der Fische und niederer Wirbelthiere häufig und weit verbreitet vorkommen, den becherförmigen Or- ganen oder den Nervenendknospen. Blaue hat sie daher auch geradezu als Geruchsknospen bezeichnet. Er geht von der Ansicht aus, dass sie ebenso wie die ähnlich beschaffenen Geschmacksknospen der Mundhöhle von den in der ganzen Haut verbreiteten Sinnesorganen ableitbar seien. Das Geruchsorgan ist nichts Anderes als eine in die Tiefe gesenkte, mit Nervenendknospen reichlich versehene Hautstrecke, Die OrgcUie des äusseren Keimblattes. 483 welche eine bestiumite, specifisehe Siimesfunction entwickelt und einen Functionsweclisel erfahren hat. Aus den ursprünglich zerstreuten, ver- einzelten Gerucht^knospen (Fiti'. 332 rlc) ist das zusanunenhängende Kiech- epithel der höheren Wirbelthiere durch Verschmelzung entstanden in der Weise, dass die indifferente Epithelstrecke {fe) sich allmählich zurück- gebildet hat. Bei einzelnen Arten der Fische und Amjjhibien kann man die Uebergangsstadien nachweisen. Die weitere Entwicklung des Geruchsorgans wird vor allen Dingen dadurch charakterisirt , dass die Grübchen zur Mundhöhle in Beziehung treten. An einem jeden (Fig. 331) entwickelt sich eine Furche, welche nach abwärts zum oberen Mundrand verläuft und an ihrer äusseren Seite die vom Auge in schräger Richtung herkommende, schon früher besprochene Thränenfurche aufnimmt. Nasen grübe und Nasen- furche w^erden bei älteren Embryonen (Fig. 333) tiefer, indem ihre Ränder nach aussen wulstartig vorspringen und die sogenannten inne- ren und äusseren Nasen fortsätze darstellen. Die beiden inneren fe fe Fiff. 333. Fig. .332. Fig. 332. Längsschnitt durch drei Geruchsknospen aus der Regio ol- factoria von Belone. Stark vergrössert. Nach J3läue. rk Eiechknospe ; fe indifferentes, mehrschichtiges Flimmerepithel; n Riechnerven- zweie:. Fig. 333. Anlage der Nase und Decke der primitiven Mundhöhle, von unten nach Entfernung des Unterkiefers gesehen, von einem menschliehen Embryo (C. H. His). Aus His, Menschliche Embryonen. Vergr. 12. Nasenfortsätze werden durch eine seichte, von oben nach unten ver- laufende Furche von einander getrennt, stellen zusammen eine breite, später bei den höheren Wirbelthieren immer schmäler werdende Scheide- wand zwischen beiden Geruchsgruben her und begrenzen die Mitte der Mundhöhle von oben. Die äusseren Nasenfortsätze (von His auch die seitlichen Stirnfortsätze genannt) bilden jederseits einen vorspringenden Wulst zwischen Auge und Geruchsorgan und liefern das Bildungsmaterial für die seitliche Nasenwand und die Nasenflügel. Mit ihrem unteren Rand treffen sie auf die vorderen Enden der quergestellten Oberkiefer- fortsätze, von denen sie äusserlich durch die Thränenrinne abgegrenzt werden. An der medialen Wand der Nasengrube findet sich noch eine be- sondere kleine Vertiefung, welche von Dürsy zuerst bei Säugethier- embryonen aufgefunden worden ist und auch bei menschlichen Embryonen bereits auf sehr frühen Stadien (His) bemerkt wird. Es ist die Anlage 31* 484 Sechzehntes Capitel. des jAcoBsoN'schen Organs, welches später in die Nasenscheidewand hineinwächst. Vom Kiechnerven empfängt es einen besonderen Zweig, der bei Embryonen sogar von auffallender Stärke ist. Das Stadium mit der Nasenrinne findet sich bei vielen Selachiern als ein dauernder Zuztand vor. Bei ihnen liegen die tiefen, in Knorpelkapseln eingeschlossenen Nasengruben, deren Schleimhaut in viele parallel gestellte Falten erhoben ist, an der unteren Fläche der zu einem Rostrum verlänger- ten Schnauze. Tiefe Rinnen, die von Hautfalten mit Muskeln begrenzt werden und wie durch Klappen verschlossen werden können , führen zu der vorderen Begrenzung des Mundes in einiger Entfernung von den Mund- winkeln hin. Fig. 334. Mundhöhlendeeke eines menseh- lichen Embryo mit Anlage der Gaumen- fortsätze. 10 fach vergrössert. Nach His. Das nächste Stadium, welches bei menschlichen Embryonen in die zweite Hälfte des zweiten Monats fällt, zeigt uns das Geruchsorgan in zwei Canäle umgewandelt, welche durch Verwachsung der Ränder der beiden Rinnen , besonders des inneren Nasenfortsatzes mit dem medial sich vor- schiebenden Oberkieferfort- satz entstanden sind. Die Canäle besitzen nur zwei Oeffnungen , das äussere und das innere Nasen- loch (Fig. 334). Diebeiden äusseren Nasenlöcher liegen nur wenig oberhalb des Mundrandes, die inneren an der Decke der primitiven Mundhöhle, daher sie auch von DuKSY primitive Gaumen- spalten genannt worden sind. Sie finden sich weit nach vorn gelagert, nur wenig entfernt vom Mundrand, eine Lage, welche sie bei Dipneusten und Amphi- bien dauernd beibehalten. Anfangs rundlich, verlängern sie sich später und stellen einen von vorn nach hinten verlaufenden Spalt dar. Eine in manchen Einzelheiten etwas abweichende Darstellung von der Entwicklung des Geruchsorgans hat neuerdings Hochstetter auf Grund von Untersuchungen gegeben, die bei dem Kaninchen, der Katze und dem Men- schen angestellt wurden. Das Geruchsorgan hat durch die Umbildung zu einem in die Mund- höhle führenden Canal, welche sich bei allen durch Lungen athmenden Wirbelthieren vollzogen hat, noch eine zweite Function über- nonmien. Es ist jetzt nicht nur ein Sinnesorgan für Geruchswahr- nehmung, sondern dient gleichzeitig auch dazu, den Luftstrom in die Mund- und Rachonhöhle und in die Lungen aus- und einzuleiten. Es ist zu einer Art respiratorischer Vorkammer für den Ath- mungsapparat geworden. Die Uebernahme dieser Nebenleistung drückt den späteren Entwicklungsstadien des Geruchsorgans ein be- stimmtes Gepräge auf und ist bei einer richtigen Beurtheilung derselben Die Organe des äusseren Keimblattes. 485 mit in Anschlag zu bringen. Denn die Weiterentwicklung; wird vor allen Dingen durch die Tendenz beherrscht, die OberHäche der Geruchshöhlen bedeutenden Maasse zu vergrösscrn. Die 0 b er fläche n- in einem vergrösserung betrifft nun aber nicht die eigentliche Riechschleimhaut oder das Sinnesepithel , zu welchem der Riechnerv ausstrahlt , sondern die gewöhnliche, mit Flimmerzellen versehene Schleimliaut. Sie hängt daher auch mit einer Verbesserung des Geruchssinnes weniger zusammen als mit der Nebenleistung beim Athuumgsprocess. Durch Vergi'össerung der weichen, mit Blutgefässen reichlich versehenen Schleimhautflächen soll die an ihnen vorbeistreichende Luft erwärmt und von Staubtheilen, die an den feuchten Flächen hängen bleiben, gereinigt werden. Man hat daher von jetzt ab am Geruchsorgan eine Regio olfactoria und eine Regio respiratoria zu unterscheiden. Erstere, welche sich von dem Sinnesepithel des ursprünglichen Geruchsgrül)chens ableitet, bleibt verhältnissmässig klein, nimmt die Endausbreitung des Riechnerven auf und ist beim Menschen auf die Gegend der oberen Muschel und auf einen Theil der Nasenscheidewand beschränkt. Die Regio respiratoria bedingt die gewaltigen Dimensionen, welche das Geruchsorgan bei den höheren Wirbelthieren erlangt. Die Vergrösserung der Oberfläche der Nasenhöhle wird durch drei verschiedene Vorgänge herbeigeführt, 1) durch die Bildung des harten und des weichen Gaumens, 2) durch die Entwicklung der Muscheln, 3) durch das Auftreten der Nebenhöhlen der Nase. Der erste Process beginnt beim Menschen gegen das Ende des zweiten Monats. Es bildet sich dann an der Innenfläche der Oberkiefer- fortsätze (Fig. 334) eine Leiste, welche in die weite, primitive Mundhöhle vorspringt und in horizontaler Richtung zu einer Platte auswächst. Linke und rechte Gaumenplatte fassen Anfangs eine weite Spalte zwischen sich, durch welche man hindurch die ursprüngliche Decke der Mundhöhle und an dieser die mehr und mehr schlitzförmig w^erdenden, inneren Nasen- öffnungen erblickt, beide getrennt durch eine Substanzbrücke, welche aus dem mitt- leren Stirnfortsatz her- vorgegangen ist und nun als Nasenscheide- wand bezeichnet wer- den kann. Im dritten Monat verengt sich die embrvonale Gau- m e n s p a 1 1 e mehr und mehr. Die horizontalen Gaumenfortsätze der Oberkiefer vergrössern sich und treffen schliess- lich mit ihren freien Rändern in der Median- ebene auf den unteren Rand der noch innner breiten Nasenscheide- wand , w^elche noch weiter nach abwärts m K J J' zl gf of Fig. 335. Querschnitt durch den Kopf eines Schweineembryo von 3 cm Steissscheitellänge. Man sieht die Nasenliöhlen an der mit * bezeich- neten Stelle mit der Mundhölile in Zusammenhang; K Knorpel der Nasenscheidewand; m Knorpel der Nasen- muschel; ./ jACOBSON'sches Organ; /' Einmündungsstelle desselben in die Nasenhöhle; gf Gaumenfortsatz; q/" Ober- kieferfortsatz ; zl Zahnlei^te. 486 Sechzehntes Capitel. in die Mundhöhle hinein.uewachsen ist. Dann beginnen die genannten Theile von vorn nach hinten unter einander zu verschmelzen. Zwei Stadien dieses Vorgangs werden durch die nebenstehenden Figuren (Fig. 335 u. 336) veranschaulicht, in denen Querschnitte durch das vordere Ende zweier Schweineembryonen dargestellt sind. Figur 835 zeigt uns das Stadium , auf welchem vom Oberkieferfortsatz (of) die Gaumenplatten (gf) bis dicht an den unteren Rand der Nasen- scheidewand vorgedrungen sind. Mund- und Nasenhöhlen hängen noch durch die sehr engen, mit einem Stern bezeichneten Gaumenspalten zusammen. In Fieur 336 ist die Verschmelzung eingetreten. Auf diese Weise ist die primitive Mundhöhle in zwei über einander gelegene Etagen getrennt worden. Die ,. _,_ obere Abtheilung ge- sellt sich zum Ge- ruchsorgan hinzu , zu dessen Vergrösserung sie beiträgt; sie wird von dem Raum , der aus dem ursprünglichen Geruchsgrübchen ent- standen ist, von dem Geruchslabyrinth , als Nasenrachen gang unterschieden. Dieser mündet nach hinten durch die Choanen in die Rachenhöhle. Die untere Abtheilung wird zur secundären Mund- höhle. Die Scheide- wand, die sich von den Oberkieferfortsätzen aus gebildet hat, ist der Gaumen, der später, wenn die Entwicklung der Kopfknochen bemerkbar wird, sich in den harten und den weichen Gaumen scheidet. Von der Gaumenspalte, welche bei jungen Embryonen den Gaumen von vorn nach hinten durchsetzt und Mund- und Nasenhöhle verbindet (Fig. 335 *), erhält sich bei den meisten Säugethieren ein kleiner Theil offen und stellt den Nasengaumen gang oder den STENsox'schen Gang dar. Durch ihn kann man mit einer Sonde aus der Nasenhöhle in die Mundhöhle gelangen. Beim Menschen schliesst sich der Stenson'- sche Gang noch während des embryonalen Lebens, doch erhält sich im Gaumenfortsatz des knöchernen Oberkiefers an der entsprechenden Stelle eine von Bindegewebe, Gefässen und Nerven ausgefüllte Lücke, der C a n a 1 i s i n c i s i v u s. Wo SxENsoN'sche Gänge vorhanden sind, finden sich auch in ihrer Nähe die Jacobson' sehen Organe, von denen schon früher erwähnt wurde, dass sie sich sehr früh als besondere Vertiefungen der beiden Riechgrübchen anlegen. Beim Menschen liefern sie einen feinen Sehlauch, der etwas oberhalb des Canalis incisivus „dicht an der knorpeligen Nasenscheidewand in gerader Richtung nach hinten und ein wenig nach aufwärts zieht, um blind geschlossen zu enden" (Schwalbe). Bei Säuge- Fig. 336. Querschnitt durch den Kopf eines Schweineembryo von 5 cm Steissseheitellänge. k knoi'pelig-e Nasenscheidewand; m Nasenmuschel; / jACOBSON'sches Organ mit y^- jAcoBSON'schem Knorpel; zl Zahnleiste ; bl Belegknochen. iDie Organe des äusseren Keimblattes. 487 thieren ist das Organ viel besser entwickelt {Fig. 335 u. 33.6 J)\ es wird von einer besonderen Knorpelkapsel (JAcoBsoN'scher Knorpel jk) eingehüllt und empfängt einen besonderen Ast des Riechnerven, der in einem Sinnesepithel endet, welches mit dem der Regio olfactoria über- einstinnnt. Häutig mündet es (z. B. bei Wiederkäuern) in den Anfang des STEiNsoN'schen Canals ein, der sich hier als Verbindung von Nasen- iind Mundhöhle often erhält. Auch bei menschlichen Embryonen finden sich jAcoBsoxx'sche Knorpel entwickelt, liegen aber hier in einiger Ent- fernung von dem gleichnamigen rudimentären Organ (Rose). Reste von ihnen kommen sogar noch im knorpeligen Nasengerüst des Erwachsenen vor. (Sfurgat.) Als zweites Mittel, um die Innenfläche des Geruchsorgans zu ver- grössern, führte ich die Bildung von Falten auf. Die Falten entwickeln sich bei den Säugethieren (Fig. 335 u. 336 m) und beim Menschen an der Seitenwand der Nasenhöhlen, verlaufen parallel zu einander von vorn nach hinten, wachsen mit ihrem freien Rande nach abwärts und werden der Form wegen, welche sie annehmen, als die drei Nasen- muscheln, sowie die Hohlräume zwischen ihnen als oberer, mittlerer und unterer Nasengang bezeichnet. Von der knor- peligen Schädelkapsel erhalten sie beim Menschen schon im zweiten Monat eine Stütze, welche später verknöchert. Bei manchen Säuge- thieren gewinnen die Muscheln eine complicirte Gestalt, indem sieh auf der ersten Falte noch zahlreiche secundäre und tertiäre, kleinere Falten anlegen, welche sich in eigenthümlicher Weise zusammenkrümmen und einrollen. Wegen dieser complicirteren , durch die Muschelbildung her- vorgerufenen Gestaltung hat das Riechsäckchen denn auch den Namen des Geruchslabyrinths erhalten. Drittens endlich vergrössert sich die Nasenschleimhaut dadurch, dass sie Aussackungen bildet und vermittelst derselben theils in die Ethmoidalregion der Schädelkapsel , die auf frühen Entwicklungsstadien aus Knorpel besteht, theils in eine Anzahl von Belegknochen hineinwächst. Auf diese Weise entstehen die zahlreichen, kleinen Siebbein zellen im knorpelig vorgebildeten Siebbein. Etwas später (beim Menschen im sechsten Monat) entwickelt sich eine Ausstülpung im Oberkiefer zur High mors höhle. Nach der Geburt endlich dringen Aussackungen noch in den Keilbeinkörper und in das Stirnbein ein und erzeugen die Sinus sphenoidales und Sinus frontales, welche aber erst ihre volle Grösse zur Zeit der Geschlechtsreife erlangen. Bei manchen Säugethieren findet die Vergrösserung der Nasenhöhle sogar noch weiter nach rückwärts bis in den Körper des Hinterhauptbeines statt (Sinus occipitales). Dadurch, dass die Nebenhöhlen der Nase Knochen- substanz verdrängen, tragen sie natürlich auch zur Verringerung des Gewichts des Kopfskelets bei. Bei Besprechung der Geruchsorgane wäre jetzt auch noch der Ent- stehung der äusseren Nase mit wenigen Worten zu gedenken. Dieselbe entwickelt sich aus dem Stirnfortsatz und den als Nasenfort- sätzen unterschiedenen Theilen (Fig. 331, 333, 334) dadurch, dass diese sich aus dem Niveau ihrer Umgebung immer mehr erheben. Anfangs breit und plump, wird die Nase später dünner und länger und gewinnt charakteristische Formen. Die Nasenlöcher, die bei ihrer Anlage weit aus einander stehen, rücken in der Medianebene zusammen. Während ihr Abstand, wie His durch Messungen gezeigt hat, bei einem fünf Wochen alten Embryo 1,7 mm beträgt, verringert er sich bei einem 488 Sechzehntes Capitel. sieben Wochen alten Embryo auf 1,2 mm und bei einem noch etwas älteren auf 0,8 mm. Dementsprechend verdünnt sich der mittlere Stirn- fortsatz und liefert die Nasenscheidewand. Zusammenfassung. 1) Das Geruchsorgan entwickelt sich aus zwei gru1)enförmigen Ver- tiefungen des äusseren Keimblattes, welche sich in einem grösseren Ab- stand von einander auf dem Stirnfortsatz bilden. 2) Die beiden Geruchsgrübchen verbinden sich auf einem weiteren Stadium mit den Winkeln der Mundhöhle durch die Nasenrinnen. 3) Die inneren und die äusseren Ränder der Geruchsgrübchen und der Nasenrinnen treten als Wülste nach aussen hervor und stellen die inneren und die äusseren Nasenfortsätze dar. 4) Durch Verwachsung der Ränder der Nasenrinnen wird das Ge- ruchsorgan in zwei Nasengänge umgewandelt, die mit dem äusseren Nasenloch am Stirnfortsatz und mit dem inneren Nasenloch an der Decke der primitiven Mundhöhle etwas nach einwärts von der Ober- lippe ausmünden. 5) Die inneren Nasenlöcher w^erden später spaltförmig und rücken näher an einander, indem sich die Nasenscheidewand verdünnt und zu- gleich etwas nach abwärts in die primitive Mundhöhle hineinwächst. 6) Der obere Theil der primitiven Mundhöhle wird mit zum Ge- ruchsorgan hinzugezogen und dient zur Vergrösserung seiner Regio respiratoria, indem von den Oberkieferfortsätzen horizontale Leisten (die Gaumenfortsätze) nach innen dem unteren Rand der Nasenscheidewand entgegenwachsen, mit ihm verschmelzen und den harten und den weichen Gaumen erzeugen. 7) Das Geruchsorgan erfährt eine weitere Vergrösserung seiner für respiratorische Zwecke dienenden Binnenräume a) durch Faltenl)ildung seiner Schleimhaut, durch welche die Nasenmusclieln entstehen, b) durch Ausstülpungen seiner Schlei ndiaut in die angrenzenden Theile des knorpeligen und des knöchernen Kopfskelets (Bildung der Siebbeinzellen, der Stirn-, Keilbein- und Highmorshöhlen). 8) Am Geruchsgrübchen bildet sich frühzeitig bei menschlichen Embryonen eine besondere Vertiefung des äusseren Keimblattes als An- lage des jAcoBsoN'schen Organs und empfängt einen besonderen Ast des Riechnerven. 9) Das jAcoBsoN'sche Organ kommt entfeint von der Regio olfactoria an den Grund der Nasenscheidewand zu liegen. 10) Als Rest der sogenannten Gaumensi)alten , der ursprünglichen, spaltförmigen Verbindungen zwischen Nasenhöhlen und secundärer Mund- höhle, erhalten sich die STENSON'schen Gänge vieler Säugethiere, die Canales incisivi des Menschen. Die Organe des äusseren Keimblattes. 489 III. Die Entwicklung; der Haut und ihrer Nebenorgane. Nacbdeni wir mit den physiologisch wichtigeren Leistungen des äusseren Keimblattes, welche in der Hervorbringung des Nervensystems und der Sinnesorgane bestehen, bekannt geworden sind, gebe ich noch eine kurze Uebersicht über die Veränderungen, welche in dem übrigen Theil , den man jetzt auch als Hornblatt bezeichnet, vor sich gehen. Das Hornblatt liefert die ganze Oberhaut oder die Epidermis des Körpers und die zahlreichen und verschiedenartigen, aus ihr sich diflferenzirenden Organe, wie Nägel und Haare, wie Seh weiss-, Talg- und Milchdrüsen. a) Die Haut. Die Oberhaut des Menschen ist nach den Angaben Köluker's in den zwei ersten Monaten der Entwicklung sehr dünn und besteht nur aus zwei einfachen Lagen von Epithelzellen. Von diesen zeigt die oberflächliche Lage abgeplattete, durchsichtige, hexagonale Elemente, die tiefere Lage dagegen kleinere Zellen, so dass hierin schon eine Sonderung in eine Hörn- und eine Schleimschicht angedeutet ist. Auch beginnt sich jetzt schon eine Abstossung von Epidermiszellen bemerklich zu machen. Denn bald findet man die äussere Zellenschicht wie im Absterben begriften, mit verwischten Zellencontouren und undeutlichen Kernen, während unter ihr eine Ersatzschicht entsteht. Bei manchen Säugethieren löst sich die absterbende Schicht im Zusammenhang ab und stellt dann um den ganzen Embryo eine Zeit lang eine Art von Hülle dar, welcher Welcker den Namen Epitrichium gegeben hat, weil unter sie die hervorsprossenden Haare zu liegen kommen. Von der Mitte des embryonalen Lebens an werden beide Lagen der Oberhaut dicker, und enthält die äusserste von ihnen Hornschüppchen, deren Kerne sich rückgebildet haben. Eine Abschuppung findet von jetzt ab in reicherem Maasse an der Oberfläche statt, während der Ver- lust durch Theilungsprocesse in der Schleimschicht und Umwandlung der Theilproducte in verhornte Zellen wieder ersetzt wird. In Folge dessen bedeckt sich die Oberfläche des Embryo bis zur Geburt immer mehr mit einer weissgelblichen , schmierigen Masse, der Frucht- sehmiere (Smegma embryonum oder Vernix caseosa). Dieselbe besteht aus einem Gemenge von abgelösten Epidermisscliüppchen und von Haut- talg, der von den mittlerweile entstandenen Hautdrüsen abgeschieden worden ist. Sie bildet namentlich an der Beugeseite der Gelenke, an Fusssohle, Handteller und am Kopf einen dickeren Ueberzug. Abge-. löste Partieen desselben gerathen in das Fruchtwasser und trüben es. Endlich können sie vom Embryo ebenso wie einzelne abgelöste Woll- haare mit dem Fruchtwasser verschluckt und so zu einem Bestandtheil des im Darmcanal angehäuften Kindspechs werden. Die Epidermis macht nur einen Bestandtheil der Haut des Er- wachsenen oder des Integuments aus; den anderen an Masse über- wiegenden Theil, die Leder haut oder das Corium, liefert das Zwischen- blatt oder Mesenchym. Es findet hier die gleiche Erscheinung wie an anderen Häuten und Organen des Körpers statt. Die von den pri- mären Keimblättern abstammenden Epithellagen treten in n ä h e r e B e z i e h u n g e n zu dem Mesenchym, indem sie von ihm 490 Sechzehntes Capitel. eine zur Stütze und Ernährung dienende, bindegewebige Grundlage erhalten. Wie sich das innere Keimblatt mit dem Zwischenblatt zur Darmschleim- haut, das epitheliale Hörldäschen mit der angrenzenden Stützsubstanz zum häutigen Labyrinth, und die epitheliale Augenblase mit der Cho- rioidea und Sclera zum Augapfel vereint, so verbindet sich auch hier die Epidermis mit dem Corium zur äusseren Haut. In den ersten Monaten bildet das Corium beim Menschen eine Schicht dicht zusammenliegender, spindelförmiger Zellen und ist durch eine zarte, structurlose Grenzmembran (Basalmembran) mit glatter Fläche, wie es bei niederen Wirbeithieren dauernd der Fall ist, gegen die Oberhaut abgesetzt. Im dritten Monat sondert es sich in eigentliche Lederhaut und in das locker werdende ünterhautbindegewebe , in welchem sich bald auch einige Fettträubchen entwickeln. Letztere nehmen von der Mitte der Schwangerschaft an Zahl so zu, dass bald das Unterhautbindegewebe zu einer den ganzen Körper bedeckenden Fettschicht wird. Zu dieser Zeit geht auch die glatte Contour zwischen Ober- und Lederhaut verloren. Die Lederhaut entwickelt an ihrer Ober- fläche kleine Papillen, welche in die Schleimschicht hineinwachsen und den Papillarkörper der Haut (Corpus papilläre) erzeugen. Die Papillen dienen theils zur Aufnahme von capillaren Blutgefässschlingen und vermitteln so eine bessere Ernährung der Schleimschicht, theils nehmen sie die Endigungen von Tastnerven (Tastkörperchen) in sich auf und zerfallen demgemäss in Gefäss- und in Nerven-Papillen (oder Gefühlswärzchen). Eine höhere Ausbildung erlangt die Haut der Wirbelthiere in Folge ähnlicher Processe, wie sie vom Darmcanal beschriel)en worden sind. Die Epidermis vergrössert ihre Oberfläche nach aussen durch Faltenbildungen, nach innen durch Einstülpungen. Indem die aus- und eingestülpten Theile dabei auch ihre histologischen Eigenschaften in mannigfaltiger Weise verändern, entsteht eine grosse Anzahl verschiedenartiger Organe, welche in den einzelnen Wirbelthier- classen in ungleicher Weise entwickelt sind und so in erster Linie ihr äusseres Aussehen bestimmen. Als Fortsatzbildungen nach aussen entstehen die Hautzähne und Schuppen, die Federn, Haare und Nägel. Als Einstülpungen der Ober- haut nach innen entwickeln sich die Schweiss-, Talg- und Milchdrüsen. Wir wollen mit ersteren beginnen und, um uns nicht zu weit in Einzel- heiten zu verlieren, uns auf die Organe der Haut der Säugethiere be- schränken. b) Die Haare Die am meisten charakteristischen, epidermoidalen Bildungen der Säugethiere und des Menschen sind die Haare. Ihre gewöhnliche Entwicklungsweise ist die vom Menschen bekannte. Hier wuchert die Schleiiusc-hicht am Ende des dritten embryonalen Monats an einzelnen Stellen und bildet kleine, solide Zapfen, die Haar keime, welche sich in die unterliegende Lederhaut hineinsenken. (Fig. 337 B ///;.) Indem diese sich weiterhin noch verlängern und an ihrem blinden Ende ver- dicken, nehmen sie Flaschenform an. Jetzt erfolgt ein ähnlicher Vor- gang wie bei der Entstehung der Zähne. Am Grunde des Epithel- zapfens geräth die angrenzende Lederhaut in Wucherung und bildet ein zellenreiches Knötchen (pd), das in das Epithelgewebe hineinwächst Die Orcane des äusseren Keimblattes. 491 und die Anlage der bindegewebigen und sclion früh mit Blutgefäss- schlingen versehenen Haarpapille ist. Um den ganzen in die Tiefe gesenkten Ilaarkeim ordnen sich später die umgebenden Theik' der Lederhaut immer deutlicher zu besonderen, theils longitudinal , theils circulär verlaufenden Faserzügen an und stellen eine besondere, mit Blutgefässnetzen versehene, ernährende Hülle, den Haar balg, dar (Fig. 337 C, 2), hb). A D ho sckl pa ha' ho td hb aw iw ha hz pa K^^t^ *^'^ hk pa ho itchl td hb aw iw ha hz pa B C Fig. 337 A — D. Vier Schemata zur Entwicklung der Haare. A Ent- wicklung der Haarpapille auf der freien Hautoberfiäche , w^ie sie nach. Götte bei manchen Säugethieren erfolgt. B, C, D drei verschiedene Stadien der Entwicklung des Haares bei menschlichen Embryonen. ho Hornschicht der Epidermis ; schl Schleimschicht; pa Haarpapille; A^- Haarkeim; hz Haarzwiebel; ha junges Haar; ha' die aus der Haartasche heraiisragende Spitze; aw äussere, iw innere Wurzelscheide des Haares; hb Haarbalg; td Talgdrüse. Ein etwas abweichender Bildungsmodus der Haare ist von Reissner, Götte, Feiertag, Davies etc. bei einzelnen Säugethieren beobachtet worden. Bei diesen gibt den ersten Anstoss zur Bildung einer Haaranlage eine beschränkte Zellenwucherung der Lederhaut unmittelbar unter der Epidermis. Sie liefert einen kleinen, in letztere vorspringenden Höcker (Fig. 337 Ä), welcher nichts Anderes als die Haarpapille selber ist. Die Papille wird hierauf durch Wucherung der sie überziehenden Epidermiszellen mehr und mehr von der Oberfläche der Haut weg in die Tiefe gedrängt und findet sich schliesslich von ihrem ersten Ursprungsort weit entfernt am blinden, etwas verdickten Ende eines langen Epithelzapfens. Das Endresultat ist somit in beiden Fällen dasselbe, nur die Zeitfolge in der ersten Anlage der Papille und des Epithelzapfens ist eine verschie- dene. Hier entsteht die Papille an der Oberfläche der Haut und wird durch eine zapfenförmige Epithelwucherung in die Tiefe versenkt; dort senkt sich erst der Epithelzapfen in die Tiefe und lässt dann an seinem Grund durch 492 Sechzehntes Capitel. Wucherung der Lederhaut die Haarpapille entstehen. Maukek stellt die erstere Bildungsweise neuerdings wieder ganz in Abrede. Es drängt sich hier die Frage auf. welche von diesen beiden Entwick- lungsweisen für die ursprünglichere zu halten ist. Meiner Ansicht nach die Bildung der Haarpapille an der Oberfläche der Haut. Denn dies ist ohne Frage der einfachere und unvollkommenere Zustand, von wel- chem sich der andere ableiten und erklären lässt. In die Tiefe wurden die Haare eingesenkt zum Zweck besserer Ernährung und Befestigung. Ein Pendant liefert die Entwicklung der Zähne. Bei den Selachiern entstehen die Zähne (soweit sie sich als Schutzgebilde in der Haut entwickeln) aus Pa- pillen, die von der Oberfläche der Lederhaut in die Epidermis hineinwachsen; bei Knochenfischen und Amphibien dagegen legen sich die Zähne, welche sich in der Mundschleimhaut über weite Strecken verbreitet vorfinden, in der Tiefe derSchleimhaut an, indem sich vom Epithel aus Zapfen in das Binde- gewebe hineinsenken und hierauf erst am Grunde der Zapfen Zahnpapillen durch Wucherungsprocesse im Bindegewebe gebildet werden. Die weitere Entwicklung der Haare geht in folgender Weise weiter vor sich : Die Epithelzellen , welche die Papille überziehen . wuchern und sondern sich in zwei Theile (Fig. 337 C), erstens in Zellen, die von der Papille weiter entfernt sind, eine spindelige Gestalt annehmen, sich zu einem kleinen Kegel vereinen und durch Verhoi'nung das erste Haarspitzchen (ha) liefern, und zweitens in Zellen, welche die Papille unmittelbar überziehen, protoplasmatisch bleiben und das Muttergewebe, die Haarzwiebel {hz), darstellen, durch deren Vermittlung das Weiter- wachsen der Haare geschieht. Die Zellen der Haarzwiebel, die sich durch Theilung lebhaft vermehren, setzen sich von unten an den zuerst gebildeten Theil des Haares an und tragen, indem sie verhornen, zu seiner Vergrösserung bei. Das auf der Papille sich entwickelnde Haar liegt Anfangs ganz in der Haut verborgen und wird ringsum von den Epithelzellen des Zapfens umhiillt, an dessen Grund die erste Anlage vor sich gegangen ist. Aus dieser Umhüllung leiten sich die äussere und die innere Wurzel - scheide her (Fig. 337 C u. D, aw u. iw). Von ihnen besteht die äussere (aw) aus kleinen, protoplasmatischen Zellen und geht nach aussen in die Schleimschicht der Epidermis (scliJ) und am entgegenge- setzten Ende in die Haarzwiebel {hs) continuirlich über. In der inneren Wurzelscheide (iw) nehmen die Zellen eine abgeplattete Form an und verhornen. In Folge des von der Zwiebel ausgehenden Wachsthums werden die jungen Haare allmählich nach der Oberfläche der Epidermis zu empor- geschoben und beginnen beim Menschen am Ende des fünften Monats nach aussen hervorztibrechen (Fig. 337 D, ha). Sie treten schon beim Embryo immer mehr über die Hautobeilläche nach aussen hervor und rufen an manchen Stellen der Haut, wie namentlich am Kopf, einen ziemlich dichten Uel)erzug hervor. Wegen ihrer geringeren Grösse und ihrer Feinheit, und da sie nach der Geburt bald ausfallen, werden sie als W oll haar oder Lanugo bezeichnet. Cj Jedes Haar ist eine vergängliche Bildung von kurz zugemessener Lebensdauer. Es fällt nach einiger Zeit aus und wird durch ein neues ersetzt. Schon während des embryonalen Lebens beginnt dieser Process. Die ausfallenden Haare gerathen dann in das Amnionwasser, und indem sie mit diesem . vom Embrvo verschluckt Die (Organe des ausseien Keimblattes. 493 werden, machen sie einen Bestandtheil des im Darmcanal sich an- sammelnden Kindspechs aus. Ein stärkerer Wechsel ündet beim Menschen gleich nach der Geburt statt mit dem Ausfall der Wollhaare, die an manchen Stellen des Körpers durch eine kräftigere Behaarung ersetzt werden. Bei den Säugethieren zeigt das Ausfallen und die Neubildung der Haare eine gewisse Periodicität, welche von der wärmeren und der kälteren Jahreszeit abhängig ist. So entwickelt sich bei ihnen ein Sommer- und ein Winterpelz. Auch beim Menschen wird der Haar- wechsel, wenn auch in einer minder auffälligen Weise, von den Jahres- zeiten beeinflusst. Das Ausfallen eines Haares wird durch Veränderungen des auf der Papille aufsitzenden, als Zwiebel bezeichneten Theiles eingeleitet. Der Vermehrungsprocess der Zellen, durch welchen die Anl>ildung neuer Hornsubstanz geschieht, hört auf; das ausfallende Haar löst sich von seinem Mutterboden ab und sieht am unteren Ende wie zerfasert aus, wird aber noch durch die fest anschliessenden Wurzelscheiden im Haar- balg so lange zurückgehalten, bis es gewaltsam herausgerissen oder durch das an seine Stelle tretende Ersatz haar nach aussen heraus- gedrängt wird. Ueber die Entwicklungsweise der Ersatzhaare gehen die Ansichten der Forscher noch aus einander. Strittig ist namentlich der eine Punkt, ob das junge Haar sich auf einer ganz neuen Papille ( Stieda, Feiertag) oder wieder auf der alten anlegt (Langer, y. Ebner), oder ob sowohl das eine als das andere vorkommt (Kölliker, Unna). Mir scheint das Erstere der Fall zu sein und das Ausfallen der Haare durch eine Atrophie ihrer Papillen bedingt zu werden. Während der sich langsam vollziehenden Ptückbildungsprocesse , vielleicht schon vor Eintritt derselben, leitet sich der Ersatz ein, indem an einer Stelle der äusseren Wurzelscheide, die ja aus protoplasmareichen Zellen be- steht, lebhaftere Zellvermehrungen stattfinden und einen neuen Zapfen bilden, der vom Grund der alten Haaranlage aus tiefer in die Leder- haut eindringt. Am blinden Ende dieses secundären Haarkeims entwickelt sich dann von der Lederhaut her eine neue Papille, auf welcher sich das junge Haar mit seinen Scheiden neben und unter dem alten in der früher beschriel)enen Weise anlegt. Wenn es mehr in die Länge zu wachsen beginnt, drängt es gegen das über ihm gelegene, alte Haar an, schiebt es aus seinen Scheiden nach aussen hervor, bis es ausfällt, und nimmt schliesslich selbst seine Stelle ein. Nach dieser Darstellung würde zwischen Haar- und Zahnwechsel eine gewisse Aehnlichkeit herrschen, insofern in beiden Fällen von der primären Anlage aus secundäre Epithelfortsätze entstehen, an welchen sich die jungen Zahn- oder Haarpapillen anlegen, und insofern die jüngeren die älteren Bildungen durch ihr Wachsthum verdrängen. Neben der Haarentwicklung von alten Anlagen aus wird auch von manchen Seiten (Gotte, Kölliker) noch ein zweiter Bildungsmodus, den man als directen oder primären bezeichnen könnte, angenommen. Auch nach der Geburt sollen sich sowohl bei dem Menschen als bei den Säugethieren Haarkeime in derselben Weise wie beim Embryo direct von der Schleimschicht der Epidermis aus anlegen. Inwieweit, an welchen Orten und bis zu welchem Lebensjahre eine solche directe Haarbildung stattfindet, bedarf noch genauerer und eingehender Untersuchungen. 494 Sechzehntes CaiDitel. c) Die Nägel. Ein zweites, durch Verhornung der Oberhaut entstehendes Organ ist der Nagel, welcher in vergleichend - anatomischer Hinsicht den Krallen- und Hufbildungen anderer Säugethiere entspricht. Schon bei sieben Wochen alten menschlichen Embryonen treten Wucherungen der Epidermis an den Enden der Finger auf, die sich durch Kürze und Dicke auszeichnen, ebenso an den Enden der Zehen, die in ihrer Ent- wicklung immer hinter den Fingern etwas zurück sind. In Folge der Wucherungen entstehen aus lockeren Epidermiszellen zusammengesetzte, krallenartige Ansätze, die von Hensen als Vorläufer der Nägel oder als Urnägel beschrieben worden sind. An etwas älteren Embryonen der neunten bis zwölften Woche (Zander) ist die Epidermiswucherung durch eine ringförmige Einsenkung gegen ihre Umgebung abgegrenzt. Sie besteht nach der Lederhaut zu aus einer einfachen Lage grosskerniger Cylinderzellen, welche dem Rete Malpighii entspricht, aus einer zwei- bis dreifachen Lage polygonaler Stachelzellen und einer Hornschicht. Den so durch eine Einsenkung und durch eine veränderte Be- schaffenheit der Zellen markirten Bezirk nennt Zander den primären Na geig rund und lässt ihn am Endglied einen grösseren Theil des Rückens, aber auch eine kleinere, ventrale Fläche einnehmen. Er schliesst hieraus , dass die Nägel des Menschen ursprünglich , wie die Krallen niederer Wirbelthiere, eine endständige Lage an den Zehen und den Fingern besessen und erst secundär auf die dorsale Fläche über- gewandert seien. Hieraus erklärt er die Thatsache, dass die Nagel- gegend von den ventralen Fingernerven versorgt wird. Der von Zander ausgesprochenen Ansicht einer endständigen An- lage der Nägel pflichtet auch Gegenbaur bei, tritt aber seiner Annahme einer dorsal wärts vor sich gehenden Verlagerung der Nagelanlage, ge- stützt auf Untersuchungen von Boas, entgegen. Er unterscheidet an der Anlage der Nägel und Krallen zwei Theile (Fig. 338), die dorsal gelegene, feste Nagelplatte (np) und das sich ventral wärts daran mv sh 11 p np B b sh mv tip üh 3o8. 339. Fig. 338. Fig. Fig. 338. A Längsschnitt durch die Zehe eines Cercopithecus. B Längs- schnitt durch den zweiten Finger von Macacus ater. Nach Gegenbaur. np Nagelplatte, sh Sohlenhorn. nw Nagehvall. Fig. 339. Durchschnitt durch die Zehe eines Hundes. Nach Gegenbaur. np Nageljilatte. sh Sohlenhorn. b Ballen. Die Organe des äusseren Keimblattes. 495 anschliessende Solilenhorn (sh). Von ihnen nimmt das Sohlenlioin aus der kleineren, ventralen Fläche des primären Nagelgrundes seinen Ursprung. Bei krallen- und huftragenden Wirbelthieren findet es sich in grosser Ausdehnung entwickelt (Fig. 339 sh); beim Menschen ver- künnnert es und ist nur noch in ausserordentlich reduciertem Zustand als Nagel säum nachweisbar. Darunter versteht man den saumartigen, aus einer Verdickung der Epidermis entstandenen Uebergang des Nagel- bettes in die leistentragende Haut der Fingerbeere. Die Nagelplatte dagegen ist von Anfang an ausschliesslich ein Bildungsi)roduct der dor- salen Fläche des Nagelgrundes. Es findet daher beim Menschen eben- sowenig wie bei anderen Säugethieren ein Dorsalwärtswandern der end- ständigen Nagelanlage, sondern nur ein Verkümmern ihres ventralen Abschnittes statt, welcher das sonst besser ausgebildete Sohlenhorn liefert. Was nun die näheren Vorgänge der Entwicklung der Nagelplatte betrifft, so ist dieselbe bei vier Monate alten menschlichen Embryonen als eine dünne Lage platter, verhornter, fest zusammenhängender Zellen auf der dorsalen Fläche des primären Nagelgrundes oder auf dem Nagelbett nachweisbar. Hier ist sie von der Schleimschicht, welcher sie unmittelbar aufliegt, gebildet worden, wird aber eine Zeit lang noch von der dünnen Hornschicht, wie sie an der Oberhaut überall vorhanden ist, überzogen. Dieser Ueberzug, das Eponychium Unna's, geht erst am Ende des fünften Monats verloren. Doch sind schon einige "Wochen vorher die Nägel, trotz ihres Ueberzuges, an ihrer weissen Farbe gegenüber der röthlichen oder dunkelrothen Farbe der umgel)enden Haut leicht erkennbar. Dadurch, dass sich von der Schleimschicht des Nagelbettes neue Zellen von unten und vom hinteren Rande her an- setzen, wächst die Nagelplatte, verdickt sich und wird grösser. Sie wird jetzt von hinten nach vorn über das Nagelbett vorgeschoben und beginnt über dasselbe vom siebenten Monat an mit freiem Rande her- vorzuragen. Hiermit hat der Nagel im Wesentlichen Aussehen und Beschaffenheit wie beim Erwachsenen erhalten. Bei Neugeborenen besitzt er einen über die Fingerbeere weit vorspringenden Rand, welcher, weil embryonal früher angelegt, sowohl viel dünner als auch schmäler ist als der später gebildete, auf dem Nagelbett ruhende Theil. Der Randtheil wird daher nach der Geburt bald abgestossen. d) Die Drüsen der Haut. Die sich durch Einstülpung anlegenden, drüsigen Bildungen des Hornblattes sind dreifacher Art: Talgdrüsen, Scbweissdrüsen und Milch- drüsen. Sie alle entstehen durch Wucherungen der Schleimschicht, welche sich als solide Zapfen in die Lederhaut einsenken und dann sich entweder nach dem tubulösen oder dem alveolären Typus weiter entwickeln. Nach dem tubulösen Typus legen sich die Schweiss- und die Ohrenschmalz drüsen an. Sie beginnen vom fünften Monat an von der Schleimschicht aus in die Lederhaut einzudringen, im siebenten Monat erhalten sie eine kleine Höhlung im Innern, winden sich in Folge vermehrten Längen wachsthums und krümmen sich namentlich an ihrem Ende ein, womit die erste Anlage des Knäuels gegeben ist. 496 Sechzehntes Capitel. Die Talgdrüsen gehören dem alveolären Typus an. Sie entwickeln sich entweder direct von der Epidermis aus, wie z. B. am rothen Lippenrand, an der Vorhaut und an der Eichel des Penis^ oder sie stehen im engen Zusammenhang mit den Haaren, was das ge- wöhnliche Verhältniss ist. In diesem Fall legen sie sich als solide Verdickungen der äusseren Wurzelscheide nahe am Ausgang der Haar- tasche an, noch ehe die Haare vollständig ausgebildet sind (Fig. 337 C, D, id) ; zuerst besitzen sie eine Flaschenform, dann treiben sie ein- zelne seitliche Sprossen, die sich an ihren Enden kolbenartig erweitern. Eine Höhlung erhält die Drüse dadurch, dass die im Innern der Canäle gelegenen Zellen verfetten, zerfallen und als Secret nach aussen entleert werden. Von grösserem Interesse ist die Entwicklung der Milch- drüsen, welche umfangreichere und mit einer wichtigen Function be- traute , der Classe der Säugethiere eigenthümliche Organe darstellen. Von einigen Forschern werden sie den Talgdrüsen (Gegenbaue), von anderen den Schweissdrüsen (Heidenhain, Sedgv^ick Minot) angereiht. Von den zahlreichen Arbeiten, die über sie erschienen sind, haben be- df ff Fig. 340. Durchschnitt durch die Anlage der Milchdrüse eines weibliehen menschlichen Erabryo von 10 cm Länge. Nach Huss. df Anlage des Driisenfeldes. g kleine Grabe auf demselben. Entstanden ist dieselbe besonders sonders die vergleichend - anatomi- schen Untersuchungen Gegenbaur's zu werthvollen Ergebnissen geführt. An die Spitze der Betrachtung stelle ich gleich den für die weitere Beur- theilung der Befunde wichtigen Satz, dass jede Milchdrüse beim Menschen nicht ein einfaches Organ etwa wie eine Ohr- oder eine Unterkieferspeichel- drüse mit einem einfachen Ausführgang, sondern ein grösserer Drüsen compl ex ist. ihre erste Anlage ist beim mensch- lichen Embryo am Ende des zweiten Monats als eine auf der linken und der rechten Brustseite erscheinende, erhebliche Verdickung der Epider- mis (Fig. 340) beobachtet worden, durch eine Wucherung der Schleim- schicht, welche sich als halbkugeliger Höcker (df) in die Lederhaut ein- gesenkt hat. Al)er auch in der Hornschicht gehen später Veränderungen vor sich, indem sich dieselbe verdickt und als Hornpfropf in die Wuche- rung der Schleimschicht hineinragt. Gewöhnlich findet sich auf der Mitte der ganzen Epithelanlage eine kleine Grube (fj). Bei manchen Säugethieren, die jederseits mehrere in einer Reihe hinter- einander angeordnete Milchdrüsen besitzen (Schwein, Kaninchen, Katze), bil- det sich links und rechts an der Bauchfläche eine von vorn nach hinten verlaufende Epidermisleiste aus. Da sie die erste gemeinsame, epitheliale Anlage des gesammten Milchdrüsenapparates ist, aus welcher sich später die einzelnen Anlagen sondern , hat sie Oscar Schultze als M i 1 c h 1 i n i e be- zeichnet. Die Organe des äusseren Keimblattes. 497 Die beim Menschen zuerst auftretende Wucherung der Epidermis stellt nun nicht etwa, wie von Rein angenommen wird, die erste Anlage des Drüsenparenchyms selbst dar, sie entspricht also nicht den Epithel- zapfen, die sich bei der Entwicklung der Schweiss- und Talgdrüsen in die Lederhaut einsenken. Denn der weitere Verlauf der Entwicklung und namentlich das vergleichend - anatomische Studium lehrt, dass sich durch die Verdickung der Epidermis nur eine Hautstrecke frühzeitig abgrenzt, welche sich später zum Warzenhof und zur Pai)ille umgestaltet und aus deren Boden erst die einzelnen, Milch liefernden Drüsen hervor- sprossen. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergiebt sich aus folgenden Venände- rungen: Bei älteren Embryonen hat sich die als linsenförmige Ver- dickung erscheinende Wuclierung der Epidermis nach der Peripherie vergrössert und dabei abgeflacht (Fig. 341 df). Nach aussen wird sie zugleich schärfer abgegrenzt dadurch, dass am oberen Rand sich die db dg df dw ^' » ^^^; ^ ^a«.„ Fig. 341. Durchschnitt durch die Anlage der Milchdrüse von einem menschlichen w^eiblichen Embryo von 32 cm Länge. Nach Hoss. df Drüsenfeld, dw Drüsenwall, dg Drüsenausführgang. db Drüsenbläschen. Lederhaut verdickt und zu einem Wall (Cutiswall) {dw) nach aussen er- hoben hat. Die ganze Anlage stellt mithin jetzt eine flache Einsenkung {df) der Haut dar, für welche der Name Drüsenfeld ein sehr passender ist. Es wachsen nämlicli frühzeitig aus dem Rete Malpighii des Drüsen- feldes solide Sprossen {dg) in die Lederhaut hinein, in ähnlicher Weise wie an anderen Stellen aus der Epidermis die Talgdrüsen ent- stehen. Im siebenten Monat sind sie schon sehr deutlich entwickelt und strahlen von der grubenförmigen Vertiefung nach unten und seitlich aus. Bis zur Geburt nimmt ihre Zahl zu, und bedecken sich die grösseren von ihnen mit soliden, seitlichen Knospen {db). Jeder Spross ist die Anlage einer Milch bereitenden Drüse , die sieh mit einer besonderen Mündung auf dem Drüsenfeld {df) öffnet; jede ist in morphologischer Hinsicht, wenn auch ihre Function eine andere geworden ist, mit einer Talgdrüse, resp, Schweissdrüse (siehe Seite 496), zu vergleichen. Der Name Drüsenfeld ist auch darum ein recht passend gew^ählter, weil er an die ursprünglichen Verhältnisse der Monotremen eine An- knüpfung bietet. Bei diesen Thieren nämlich findet man nicht wie bei den höher entwickelten Säuge thieren einen schärfer gesonderten, einheit- 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 32 498 Sechzehntes Capitel. liehen Milchdrüsencomplex , sondern anstatt desselben eine etwas ver- tiefte, sogar mit kleinen Haaren versehene Hautstrecke, auf welcher einzelne kleine Drüsen vertheilt sind, deren Secret von den sehr unreif geborenen Jungen mit der Zunge aufgeleckt wird. Bei den übrigen Säugethieren werden die vereinzelt auf dem Drüsen- feld ausmündenden Drüsen zu einem einheitlichen Apparat verbunden, indem sich eine Einrichtung entwickelt, die zum besseren Säugen der Jungen dient, nämlich eine Papille oder Zitze, welche alle Drüsen- ausführgänge in sich einschliesst und vom Mund des gesäugt werdenden Thieres umfasst wird. Beim Menschen beginnt ihre Entwicklung nach der Geburt. Das vom Cutiswall umsäumte Drüsenfeld, welches vor der Geburt zu einer Grube vertieft war, flacht sich jetzt ab, bis es in einem Niveau mit der benachbarten Haut liegt. Von dieser ist es in Folge grösseren Blutgefässreichthums und wegen der dünneren Beschaffenheit seiner Epidermis durch eine mehr röthliche Färbung unterschieden. Dann erhebt sich während der ersten Lebensjahre die Mitte des Drüsen- feldes mit den daselbst dicht bei einander zur Ausmündung gelangenden Ausführgängen (Ductus lactiferi ) mehr in die Höhe und wird , indem sich noch glatte Muskelfasern in grösserer Menge in der Lederhaut an- legen, zur Saugwarze; der übrige Theil des Feldes bis zum Cutiswall wird zum Warzenhof (Areola mammae). Im weiblichen Geschlecht gehen diese Umbildungen etwas frühzeitiger als im männlichen vor sich. Bald nach der Geburt kommt es zu Veränderungen in dem noch spärlich ausgebildeten Drüsengewebe. Es tritt eine vorübergehende, mit grösserem Blutandrang verbundene Anschwellung der Brustdrüsen ein, und durch Druck auf dieselben lässt sich eine geringe Quantität milchartiger Flüssigkeit, die sogenannte Hexenmilch, auspressen. Nach KöLLiKER hängt ihre Bildung damit zusammen, dass die ursprünglich solid angelegten Drüsengänge um diese Zeit eine Höhlung gewinnen, indem die central gelegenen Zellen verfetten, sich auflösen und in einer Flüssigkeit suspendirt nach aussen entleert werden. Nach Untersuchungen von Barfurth dagegen wäre die sogenannte Hexenmilch Neugeborener das Product einer echten, vorübergehenden Secretion und nach ihren morphologischen wie chemischen Bestandtheilen der eigentlichen Frauen- milch gleichartig. Nach der Geburt bilden sich zwischen beiden Geschlechtern in der Beschaffenheit der Milchdrüse grosse Unterschiede aus. Während beim Mann das Drüsenparenchym in seiner Entwicklung stehen bleibt, beginnt es beim Weibe, besonders zur Zeit der Geschlechtsreife und mehr noch nach Eintritt einer Schwangerschaft, zu wuchern. Aus den zuerst an- gelegten Drüsenausführgängen sprossen zahlreiche, hohle Seitenzweige hervor, die sich mit hohen, von einem einschichtigen Cylinderepithel ausgekleideten Drüsenbläschen (Alveoli) bedecken. Gleichzeitig entwickeln sich in dem Bindegewebe zwischen den einzelnen Drüsenläppchen reich- liche Inseln von Fettzellen. In Folge dessen schwillt die Gegend, an welcher sich der Milchdrüsencomplex angelegt hat, zu einem mehr oder minder weit nach aussen hervortretenden Hügel (der Mamma) an. Z u s am m e n f a s s u n g. 1) Die Entwicklung der Haare wird bei menschlichen Embryonen dadurch eingeleitet, dass sich Fortsätze von der Schleimschicht der Oberhaut, die Haarkeime, in die Tiefe senken. Die Organe des äusseren Keimblattes. 499 2) Am Grund der Haarkeime legt sich durch Wucherung des Binde- gewebes die blutgefässführende Haarpapille an. 3) Der epitheliale Haarkeim sondert sich: a) durch Verhornung eines Theils der Zellen in ein junges Haar, b) in eine lebhaft wuchernde, zwischen dem Haarschaft und der Papille gelegene Zellschicht, in die Haarzwiebel, welche das Material zum Wachsthum des Haares liefert, c) in die äussere und die innere Wurzelscheide. 4) Um den epithelialen Theil der Haaranlage bildet sich der Haar- balg aus dem umgebenden Bindegewebe. 5) Die Nägel des Menschen und die Krallen anderer Säugethiere entwickeln sich aus einer dorsalen Anlage, der Nagelplatte, und einer ventralen Anlage, dem Sohlenhorn. 6) Das Sohlenhorn verkümmert beim Menschen bis auf den Nagelsaum. 7) Die zuerst gebildete, dünne Nagelplatte wird eine Zeit lang noch von einer Schicht verhornter Zellen, dem Eponychium, überzogen, das im fünften Monat beim Menschen abgestossen wird. 8) Die Milchdrüse ist ein Complex alveolärer Drüsen. 9) Zuerst entsteht eine Verdickung der Schleimschicht der Ober- haut und wandelt sich in das später durch einen W^all von der Um- gebung abgesetzte und etwas vertiefte Drüsenfeld um. 10) Vom Grund des Drüsenfeldes wachsen die Anlagen alveolärer Drüsen in grösserer Anzahl hervor. 11) Nach der Geburt erhebt sich das die Drüsenausführgänge ent- haltende Drüsenfeld über die Hautoberfläche hervor und wandelt sich in die Brustwarze nebst dem Warzenhof um. 12) Nach der Geburt wird vorübergehend eine geringe Menge milch- artiger Flüssigkeit, die Hexenmilch, abgesondert. 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Ueber die Beziehung der ersten Kiementasche zu der Anlage der Tuba Eustachii u. des Cavum tympani. ^Irch. f. mikrosk. Anat. Bd. XXIII. J884. Huschke. Ueber die erste Bildungsgeschichte des Auges u. Ohres beim bebrüteten Hühnchen. Isis, von Oken , J831 S. 950, und Leber die erste Entwicklung des Auges. MeekeVs Archiv. 1832. Rud. Krause. Entwicklungsgeschichte des häutigen Bogenganges. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. XXXV. 1890. Moldenhauer. Zur Entwicklung des mittleren und äusseren Ohres. Morphol. Jahrb. Bd. III. 1877. C. von Noorden. Die Entwicklung des Labyrinths bei Knochenfischen. Arch. f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1883. Rabl. Ueber das Gebiet des Nerv, facialis. Anat. Anzeiger. IL 1887. Reissner. De auris intern ae formatione. Inaug.-Diss. Dorpat 1851. E. Rosenberg. Untersuchungen über die Entwickl. des Canalis cochlearis der Säugethiere. Dorpat 1SG8. Inaug.-Diss. Rüdinger. Zur Entwicklung der häutigen Bogengänge des inneren Ohres. Sitzungsber. der mathem.-phys. Classe d. 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Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Jacobson' sehen Organs u. zur Anat. der Nase. Sitzungsber. d. Physical.-med. Societät zu Erlangen. 1877. Herzfeld. Ueber das Jacobson' sehe Organ des Mensehen und d. Säugethiere. Zool. Jahrb. Bd. in. F. Hoehstetter. Veber die Bildung der inneren Nasengänge oder primitiven Choanen. Verhandlungen der Anat. Gesellschaft. 1891. Derselbe. Ueber die Bildung der primitiven Choanen beim Mensc/ien. Ebenda 1892. Keibel. Zur Entwicklungsgeschichte und vergleichenden Anatomie der Nase und des oberen Mundrandes bei Vertebraten. Anatom. Anzeig. 1893. S. 473. A. Kölliker. Zur Entwicklung des Auges und Geruchsorgans menschlicher Embryonen. Festschrift der Schweizerischen Universität Zürich zur Feier ihres nOjähr. Jubiläums ge- ividmet . Würzburg 1883. Derselbe. Ueber die Jacobson' sehen Organe des Mensclien. Gratulationsschrift d. Würzb. medie. Faeultät für Rinecker. 1877. Th. Kölliker. Ueber das Os intermajillare des Menschen etc. Nova acta. Halle 1882. Legal. Die Nasenhöhle und der Thränennasengang der amnioten Wirbelthiere. Morphol. Jahrb. Bd. VIII. 1883. Derselbe. Zur Entwicklungsgeschichte des Thränennasenganges bei Säugethieren. Inaug.- Diss. Breslau. Milnes Marshall. The morphology of the Vertebrate olfactory organ. Quart. Journal of Microscopical Science. Vol. X7.Y. New Series. 1879. Rose. Uebir das rudimentäre Jacobson sehe Organ der Crocodile und des Mensehen. Anatom. Anzeiger. 1893. S. 458. 504 Sechzehntes Capitel. Spurgat. Die regelmässigen Formen der Nasenknorpel des Menschen in vollständig aus- gebildetem Zustande. Anatomischer Anzeiger. 1893. pag. 228. 5) Entwicklung der Häuf und ihrer Organe. Barfurth. Zur Entwicklung der Milchdrüse. Bonn (Habicht). 1882. J. E. V. Boas. Ein Seitrag zur Morphol. der Nägel, Krallen, Hufe und Klauen d. Säuge- thiere. Morphol. Jahrb. Bd. IX. 1884. Bonnet. Die Mammarorgane im Lichte der Ontogenie und Phylogenie. Ergebnisse der Anat. u. Entwicklung sgesch. Bd. II. 1892. C. Creighton. 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Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgesch . Jahrg. 1884. SIEBZEHNTES CAPITEL. Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. Schon im ersten Theil des Lehrbuchs sind die Gründe angegeben worden, welche es nothwendig erscheinen lassen, ausser den vier epi- thelialen Keimblättern noch ein besonderes Zwischenblatt oder Mesen- chym zu unterscheiden. Die Unterscheidung rechtfertigt sich auch durch den weiteren Fortgang der Entwicklung. Denn alle die verschiedenen Gewebe und Organe, welche sich von dem Zwischenblatt ableiten, lassen auch später noch in vielfacher Weise ihre enge Zusammengehörigkeit erkennen. In histologischer Hinsicht fasst man ja schon lange die ver- schiedenen Arten der Bindesubstanzen als eine Ge websf amilie auf. Es wird mein Bestreben sein, die Zusammengehörigkeit der Organe des Zwischenblatts und das für sie in morphologischer Hinsicht Charak- teristische mehr, als es bisher in Lehrbüchern geschehen ist, zum Aus- druck zu bringen , auch in formeller Hinsicht dadurch , dass ich sie in einem Hauptabschnitt zusammenfasse und von den Organen des inneren, mittleren und äusseren Keimblattes getrennt bespreche. Ursprünglich ist die Aufgabe des Zwischenblatts, was namentlich bei niederen Thierstämmen , wie bei den Coelenteraten , auf das Deutlichste hervortritt, eine Füll- und Stützmasse zwischen den Epithelblättern zu bilden. Daher steht es auch in seiner Ausbreitung zu diesen in enger Abhängigkeit. Wenn die Keimblätter sich nach aussen in Falten erheben, dringt es zwischen die Faltenblätter als Stützlamelle mit ein; wenn die Keimblätter nach innen sich einfalten, nimmt es die sich sondernden Theile auf, wie bei den Wirbelthieren das Nervenrohr, die quergestreiften Muskelmassen, das secretorische Drüsenparenchym, Augenbecher und Hör- bläschen, und liefert ihnen eine besondere, sich ihnen anpassende Um- hüllung (Hirnhäute, Perimysium, Bindesubstanz der Drüsen). In Folge dessen gestaltet sich auch das Zwischenblatt zu einem ausserordentlich complicirten Gerüste in demselben Maasse um, als die Keimblätter durch Aus- und Einfaltung und Abschnürung einzelner Theile in reicherer Weise gegliedert und in die verschiedensten Organe zerlegt werden. Die so erzeugte Form des Zwischenblattes ist secundärer Natur, denn sie ist abhängig von der Umbildung der Keimblätter , an welche sie sich auf das Engste anschliesst. Ausserdem aber gewinnt das Zwischen- blatt bei allen höheren Organismen, vornehndich bei den Wirbelthieren, 506 Siebzehntes Capitel. noch durch seine eigene grosse Umbildungsfähigkeit einen verwickelten BaU; nämlich auf dem Wege histologischer Souderung oder durch Gewebsmetamorphose. Auf diese Weise giebt es einer grossen Reihe verschiedener Organe, den knorpeligen und knöchernen Skelettheilen, den Fascien, Aponeurosen und Sehnen, den Blutgefässen und Lymphdrüsen etc. den Ursprung. Es wird daher hier am Platze sein, etwas näher auf das Princip der histologischen Differenzirung einzugehen und namentlich zu untersuchen, in welcher Weise es bei der Entstehung gesonderter Organe im Mesenchym betheiligt ist. Die ursprünglichste und einfachste Form des Mesenchyms ist das Gallertgewebe. Nicht nur herrscht dasselbe bei niederen Thierstämmen allein vor, sondern es entwickelt sich auch bei allen Wirbelthieren zu- erst aus den embryonalen Zellen des Zwischenblattes und ist hier der Vorläufer und die Grundlage für alle übrigen Formen der Stützsubstanz. In einer homogenen, weichen, ganz durchsichtigen Grundsubstanz, welche in chemischer Hinsicht Mucin oder Schleimstoff enthält, daher in warmem Wasser und in Essigsäure nicht quillt, liegen zahlreiche Zellen in kleinen, regelmässigen Abständen von einander, schicken nach allen Richtungen reich verzweigte Protoplasmafortsätze aus und treten hierdurch mit einander in netzförmige Verbindung. Das Gallertgewebe bleibt bei niederen Wirbelthieren, auch wenn sie ausgewachsen sind, an manchen Orten bestehen; bei den Säugethieren und dem Menschen schwindet es frühzeitig und wandelt sich in zwei höhere Formen der Stützsubstanz, entweder in fibrilläres Binde- gewebe oder in Knorpelgewebe um. Das erstgenannte Gewebe entsteht, indem in die gallertige Grundsubstanz von ihren bald weiter, bald dichter gelegenen Zellen Bindegewebsfasern, die aus Collagen be- stehen und beim Kochen Leim geben, ausgeschieden werden. Anfangs spärlich vorhanden, nehmen die leimgebenden Fasern an Masse bei älte- ren Thieren immer mehr zu. So führen vom Gallertgewebe allmählich Uebergangsformen , die als fötales oder unreifes Bindegewebe bezeichnet werden, zum reifen, fast ausschliesslich aus Fasern und ihren Bildungs- zellen bestehenden Bindegewebe hinüber. Dieses ist einer sehr mannig- faltigen Verwendung im Organismus fähig, je nachdem seine Fasern sich in verschiedenen Richtungen regellos durchflechten oder parallel zu ein- ander gelagert und zu besonderen Strängen und Zügen angeordnet sind. Dadurch lässt es in Verbindung mit anderen aus den Keimlilättern her- vorgegangenen Theilen selir verschiedenartige Organe zu Stande kommen. Hier bildet es eine Grundlage für flächenartig ausgebreitete Epithellagen und erzeugt mit ihnen das aus Epidermis, Lederhaut und subcutanem Bindegewebe zusammengesetzte Integument, die verschiedenen Schleimhäute und die serösen Häute. Dort verbindet es sich mit quergestreiften Mus- kelmassen, ordnet sich unter dem Zug derselben in parallel angeordnete, straff"e Faserbündel um und liefert Sehnen und Aponeurosen. Wieder an anderen Orten gestaltet es sich zu festen, bindegewebigen Blättern, die zur Trennung oder Umhüllung von Muskelmassen dienen, zu den Zwisehenmuskelbändern und Muskelbinden. Das zweite Umwandlungsproduct des primären Mesenchyms, der Knorpel, entwickelt sich in der Weise, dass an einzelnen Stellen das embryonale Gallertgewel>e durch Wucherung zellenreicher wird, und '/^ d vm hhg end die angrenzenden Zellen des mitt- leren Keimblattes verdickt; sie lie- fern das Material, aus welchem die Herzmusculatur (das Myocard) und die oberflächliche Herzhaut (Peri- cardiuin viscerale) entsteht. Oben und unten wird die Herzanlage einerseits an dem Schlunddarm (d), andererseits an der Rumpfwand durch den Rest des Gekröses be- festigt, der sich als ein dünnes Häutchen erhält. Wir l)ezeichnen diese beiden Partieen als die Auf- hängebänder des Herzens, als hin- teres und vorderes Herzgekröse (hhq , vhg) oder als Mesocardium posterius und anterius. Von einem Herzbeutel ist zu dieser Zeit noch nichts zu sehen, wenn wir nicht als solchen den vorderen Abschnitt der Leibeshöhle l^ezeichnen wollen, aus welchem sich, wie der weitere Ver- lauf lehren wird, hauptsächlich der Herzbeutel herleitet. Beim zweiten Typus nimmt das Herz aus 2 getrennten, weit von einander abstehenden Hälften seine Entstehung, wie die Befunde beim Hühnchen und Kaninchen aufs Deutlichste lehren. Fig. 343. selben Serie in Fig. 342 dargestellt Nach Rabl. d Darmepithel, vm , pm viscerales, parietales Mittelblatt, /thg , vhg hinteres, vorderes Herzgekröse, end Endocard. h Herzhöhle. Ih vorderer Theil der Leibes- höhle, ep Epidermis. Querschnitt aus der- von der ein Schnitt worden ist. vm , ^) Ueber den Ursprung vom Endothelschlauch des Herzens vergleiche man die auf Seite 193 mitgetheilten Beobachtungen. 510 Siebzehntes Capitel. Beim Hühnchen lassen sich die ersten Spuren der Anlage schon frühzeitig bei Embryonen mit 4—6 Ursegmenten nachweisen. Sie er- scheinen hier zu einer Zeit, wo die verschiedenen Keimblätter noch flächenartig ausgebreitet sind, zu einer Zeit, wo erst der vordere Theil der embryonalen Anlage sich als kleiner Kopfhöcker abzusetzen beginnt und die Kopfdarmhölile noch in der ersten Entwicklung begriff'en ist. Wie schon früher hervorgehoben, entwickelt sich die Darmhöhle beim Hühnchen dadurch, dass sich die Darmplatten zusammenlegen und ein- ander entgegenwachsen. Untersucht man nun die Firsten der eben in Bildung begriifenen Darmfalten näher (Fig. 344 A df), so bemerkt man, dass an ihnen das viscerale Mittelblatt etwas verdickt ist, sich aus grösseren Zellen zusammensetzt und von dem Darmdrüsenblatt durch einen wohl mit gallertiger Grundsubstanz gefüllten Zwischenraum getrennt wird. In letzterem, liegen einige isolirte Zellen, die später eine kleine Höhle, die primitive Herzhöhle (h), umgrenzen. Hierbei nehmen die Zellen eine mehr endotheliale Beschaffenheit an. Während die Darmfalten ein- ander entgegenwachsen, vergrössern sich die beiden Endothelschläuche und treiben den verdickten Theil des visceralen Mittelblattes vor sich her, so dass er einen flaclien, wulstartigen Vorsprung in die primitive Leibeshöhle bildet. Diese dehnt sich auch bei den Embryonen der höheren Wirbelthiere nach vorn in der embryonalen Anlage , gleichwie bei den Amphibien, bis zum letzten Schlundbogen aus und hat hier den beson- deren Namen der Halshöhle oder Parietalhöhle erhalten. Bei älteren Embryonen (Fig. 344 B) haben sich die beiden Darm- falten in der Medianebene mit ihren Firsten getroffen , wobei natürlich auch die beiden Herzschläuche nahe an einander gerückt sind. Es tritt dann ein Verschmelzungsprocess zwischen den entsprechenden Theilen der beiden Darmfalten ein. Zuerst verschmelzen die Darmdrüsenblätter unter einander. Auf diese Weise entsteht (Fig. 344 B) unter der Chorda dorsalis {ch) die Kopfdarmhöhle (J); sie löst sich darauf vom übrigen Theile des Darm- drüsenblattes (Fig. 344 C db) ab, welcher dem Dotter aufliegen bleibt und zum Dottersack wird. Unter der Kopfdarmhöhle sind die beiden Herzschläuche nahe zusammengerückt, so dass ihre beiden Hohlräume nur noch durch ihre eigene Endothelwand von einander getrennt werden. Durch Einreissen derselben geht bald aus ihnen ein einfacher Herz- schlauch [h) hervor. Er wird nach der Leibeshöhle zu vom vis- ceralen Mittelblatt {m¥) überzogen, dessen Zellen sich im Bereich der Herzanlage durch grössere Länge auszeichnen und das Material für die Herzmusculatur liefern, während das innere, endotheliale Häutchen nur zum Endocard wird. Die ganze Herzanlage liegt, wie bei den Amphibien, in einem ven- tralen Mesenterium, dessen oberer Theil, der vom Herzen zur Kopfdarm- höhle reicht (Fig. 344 C f), auch hier als dorsales Herzgekröse oder Mesocardium posterius, und dessen unterer ventraler Theil (*) als Meso- cardium anterius bezeichnet werden kann. Das letztere liildet sich bei den Hühnerembryonen, sowie sich der Herzschlauch zu verlängern und S-förmig zu krümmen beginnt, sehr frühzeitig zurück. Aehnliche Befunde liefern Durchschnitte durch acht und neun Tage alte Kaninchenembryonen. Bei diesen sind die paarigen Anlagen des Herzens sogar noch früher und deutlicher entwickelt als beim Hühnchen, schon zu einer Zeit, wo das flächenartig ausgebreitete Darm- drüsenblatt sich noch nicht einzufalten begonnen hat. Auf dem Durch- Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 511 schnitt (Fig. 346) sielit mau in einem kleinen Bezirk in einiger Ent- fernung von der Medianebeue die Darmplatte von der Rumpfplatte durch einen kleinen Spaltraum (ph), welcher das vordere Ende der mk^ ak d m ik Ih mk^ h df ch B Fig. 344. Drei Schemata, um die Bildung des Herzens beim Hühnchen zu erläutern. n Nervenrohr, m Mesenchym des Kopfes. d Dannhölile. df Falten der Darmplatte , in denen sich die Endotheisäckchen des Herzeus anlegen, h Endotheisäck- chen des Herzens, ch Chorda. Ih Leibeshöhle. ak, ik äusseres, inneres Keimblatt, mk^ parietales Mittelblatt, mk^ viscerales Mittel- blatt, aus dessen verdickter Stelle sich die Herzmusculatur entwickelt. dn Darmnaht, in welcher die bei- den Darmfalteii verschmolzen sind. db Theil des Darmdrüsenblattes, der sich vom Epithel der Kopf- darrahöhle in der Darmnaht ab- getrennt hat und dem Dotter auf- liegt, f dorsales Mesocardium oder Herzgekröse. * ventrales Herzgekröse. A Das jüngste Stadium zeigt die Einfaltung der Darmplatte, in Folge deren sich die Kopfdarm- höhle bildet. In den Firsten der Darmfalten haben sich zwischen innerem Keimblatt und visceralem Mittelblatt die beiden Endothei- säckchen des Herzens angelegt. JB Etwas älteres Stadium. Die beiden Darmfalten (A df) sind in der Darmnaht dn zusammen ge- troffen, so dass beide Endothei- säckchen des Herzens in der Me- dianebene unterhalb der Kopf- darmhöhle dicht zusammen liegen. C Aeltestes Stadium. Der die Kopfdarmhöhle (d) auskleidende Theil des Darmdrüsenblattes hat sich in der Darmnaht {B dn), vom übrigen Theil des Darm- drüsenblattes, der dem Dotter auf- liegt (dö), abgetrennt, so dass beide Endotheisäckchen des Herzens an einander stossen und etwas später verschmelzen. Sie liegen in einem von den visceralen Mittelblättern gebildeten Herzgekröse , Meso- cardium , an welchem man einen oberen und unteren Theil (Meso- cardium superius f und Mesocadium inferius *) unterscheiden kann. Durch das Herz- gekröse wird die primitive Leibeshöhle vorübergehend in zwei Abtheilungen getrennt. mk" h dn c hdbhmk'^lh primitiven Leibeshöhle ist, getrennt. An dieser Stelle ist das viscerale Mittelblatt {ahli) vom Darmdrüsenblatt {sw) etwas abgehoben, so dass es einen Vorsprung in die Leibeshöhle {ph) bedingt. Hier entwickelt sich zwischen beiden Blättern ein kleiner Hohlraum, der von einer 512 Siebzehntes Capitel. Fig. 345. 'mes h ili/v \fiJif'' Fig. 346. Fig. 345, 346. Querschnitt durch den Kopf eines Kaninchens von gleichem Alter wie Fig. 347. Aus Köllikkr. Fig. 346 ist ein Tlieil von Fig. 345 in stärkerer Vergrösserung. rf Rückenfiirche. mp Medullarplatte. rw Rückenwulst, h äusseres Keimblatt, dd inneres Keimblatt, dd' Chordaverdickung desselben, sp ungetheiltes Mittelblatt, hp parietales, dfp viscerales Mittelblatt, fh Pericardialtheil der Leibeshöhle, ahh Muskel- wand des Herzens, ihh Endothelschicht des Herzens, mes seitliches, ungetheiltes Mittel- blatt, üw Darmfalte, aus der sich die ventrale Schlundwand bildet. 'im' "iioi. * '•A ap- -st:^ Fig. 347. Kaninchenembryo des neunten Tages, von der Rüekenseite gesehen. Nach Kölliker. 21 fach ver- grössert. Man unterscheidet die Stammzone {stz] und die Parietalzone {pz). In der ersteren haben sich 8 Paar Ui'segmente zur Seite der Chorda und des Nervenrohrs angelegt. ap heller Fruchthof. rf Rückenfurche. vh Vorderhirn, ab Augenblasen, mh Mittel- hirn, lih llinterhirn. uw Ursegment. stz Stammzone, pz Parietalzone. h Herz, ph Pericardialtheil der Leibeshöhle, vd durch- schimmernder Kand der vorderen Darm- pforte, af Amuionfalte. vo Vena omphalo- mesenterica. Endotlielineinbran (?M) umgeben ist, das primitive Herzsäckchen. Bei ihrem ersten Auftreten liegen die beiden Herzhälften sehr weit aus einander. Sie sind sowohl auf dem bei sehr geringer Vergrösserung ge- zeichneten Querschnitt (Fig. 345), als auch auf dem Flächenbild eines KanincJienembryo (Fig. 347) an der mit li bezeichneten Stelle zu sehen. Später rücken sie in der- selben Weise wie beim Hühnchen Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 513 durch Einfaltung- der Daniiplatteu zusammen und konunen an die untere Seite der Koi)fdarniliülile zu lief:jen, wo sie veischmelzon und durch ein dorsales und ventrales Gekröse oben und unten vürübergehend be- festigt sind. Bei den eben skizzirten Entwicklungsprocessen lässt sich die Frage aufwerfen: in welchem Verhältniss die paarige und die unpaare Anlage des Herzens zu einander stehen. Hierauf ist zu erwidern, dass die unpaare Anlage des Herzens, welche sich bei den nie- deren Wirbelthieren vorfindet, auch als die ursprüng- liche zu betrachten ist. Auf sie lässt sich die doppelte Herzbildung, so abweichend sie auch auf den ersten Blick zu sein scheint, doch in ungezwungener Weise z u r ü c k f ü h r e n. Ein einfacher Herzschlauch kann sich bei den höheren Wirbelthieren deswegen nicht entwickeln, weil zur Zeit, wo seine Bildung erfolgt, ein Kopfdarm noch gar nicht existirt, sondern nur die Anlage da/u in dem flächenhaft ausgebreiteten Darmdrüsenblatt gegeben ist. Es sind die Theile, welche die ventrale Wand des Kopfdarmes später ausmachen und in welchen sich das Herz entwickelt, noch in zwei Bezirke getrennt; sie liegen noch links und rechts in einiger Entfernung von der Median- ebene. Wenn daher zu dieser Zeit schon die Herzbildung vor sich gehen soll, so muss sie in den getrennten Bezirken erfolgen, welche sich beim Einfaltungsprocess zum einfachen, ventralen Bezirk verbinden. Es müssen also zwei Gefässhälften entstehen, die gleich den beiden Darm- falten nachträglich verschmelzen. Mag das Herz in dieser oder jener Weise entstanden sein, in beiden Fällen stellt es eine Zeit lang einen geraden, ventral vom Kopfdarm gelegenen Schlauch dar und setzt sich aus zwei in einander gesteckten Röhren zusammen, welche durch einen grösseren, wohl mit gallertiger Gnmdsubstanz gefüllten Zwischenraum getrennt sind. Das innere Endo- thelrohr wird zum Endocard, das äussere Rohr, das sich vom visceralen Mittelblatt ableitet, liefert die Grundlage für das Myocard und das die Herzoberfläche überziehende Pericard. b) Die ersten Entwicklungszustände der grossen Gefässe. Dotterkreislauf, Allantois- und Placentarkreislauf. An beiden Enden setzt sich das Herz sowohl nach vorn als nach hinten in Blutgefässstäm.me fort, die sich gleichzeitig mit ihm angelegt haben. Das vordere oder arterielle Ende des Herzschlauchs verlängert sich in ein unpaares Gefäss, den Truncus arteriosus, der noch unterhalb der Kopfdarmhöhle nach vorn verläuft. Derselbe theilt sich in der Gegend des ersten Schlundbogens in zwei Schenkel, welche von links und rechts her die Kopfdarmhöhle umfassen und zur Rückenfläche des Embryo im Bogen emporsteigen. Hier biegen sie um und verlaufen dann in der Längsachse des embryonalen Körpers bis zum Schw^anzende nach rückwärts. Die beiden Gefässe sind die primitiven Aorten (Fig. 133 u. 142 ao)\ sie nehmen oberhalb des Darmdrüsenblattes, zu beiden Seiten der Chorda dorsalis, ihren Weg unter den Ursegmenten. Sie geben seitliche Aeste ab, unter denen sich bei den Amnioten die A r t e r i a e o m p h a 1 o - m e s e n t e r i c a e durch bedeutendere Grösse aus- zeichnen. Diese begeben sich zum Dottersack und führen zum grössten 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Anfl. 33 514 Siebzehntes Capitel. Theil das Blut aus den beiden primitiven Aorten in den Gefässhof hinein, wo es den Dotter kr eislauf durchmacht. Beim Hühnchen, dessen Verhältnisse ich der Darstellung zu Grunde legen will (Fig. 348), verlassen die beiden Dotterarterien B.Of.Ä, L.Of.A die Aorten in einiger Entfernung von ihrem Schwanzende und treten zwischen Darmdrüsenblatt und visceralem Mittelblatt seitwärts aus der Dotterhof Dotterhof AA S.CaV. 3".—; ROfiA Fig-. 348.| Schema des Gefässsystems des Dottersacks am Ende des dritten Brüttages. Nach Balfoor. Die ganze Keimhaut ist vom Ei abgelöst und in der Ansicht von unten dargestellt. Daher erscheint rechts, was eigentlich links ist, und umgekehrt. Der Theil des dunklen Fruchthofes, in welchem sich das dichte Gefässnetz gebildet hat, ist nach aussen durch den Sinus tei-minalis scharf abgegrenzt und stellt den Gefässhof her; nach aussen von ihm liegt der Dotterhof. Die Umgebung des Embryo ist frei von einem Getässnetz und wird nach wie vor als, heller Fruchthof unterschieden. S Herz. AA Aortenbogen. Ao Rückenaorta. L.of.A linke, M.O/.A rechte Dotter- arterie. iS.r Sinus terminalis. i.O/ linke, iJ.O/ rechte Dottervene. Ä. I^Sinus venosus. D.C Ductus Cuvieri. S.Ca.V obere, V.Ca untere Cardinalvene. Die Venen sind hell gelassen ; die Arterien schwarz schattirt. embryonalen Anlage in den hellen Fruchthof hinein, durchsetzen ihn und vertheilen sich im Gefässhof. Sie lösen sich hier in ein enges Netz von Gefässröhren auf, die, wie ein Durchschnitt (Fig. 142) zeigt, zwischen dem Darmdrüsenblatt und visceralen Mittelblatt im Mesenchym liegen und nach aussen gegen den Dotterhof durch ein grösseres Randgefäss (Fig. 348 ST)^ den Sinus terminalis, scharf abgegrenzt sind. Letzterer bildet einen überall geschlossenen Ring mit Ausnahme einer kleinen Stelle, die nach vorn und da gelegen ist, wo sich die vordere Amnion- scheide entwickelt hat. Die Organe des Zwischonblattes oder JMesenchyms. 515 Aus dem Getasshof sammelt sich das Blut in mehreren grösseren Venenstämmen, durch die es zum embryonalen Herzen zurückgeführt wird. Aus dem vorderen Theile des Randsinus strömt es in die beiden V e n a e v i t e 1 1 i n a e anteriores, die zu beiden Seiten der Embryonal- anlage in gerader Richtung von vorn nach hinten ziehen und aus dem Gefässnetz auch seitliche Aeste in sich aufzunehmen. Aus dem hinteren Theil des Randsinus nehmen das Blut die zwei Venae vitellinae posteriores auf, von denen die auf der rechten Seite gelegene stärker ist als die linke, welche sich später mehr und mehr zurückbildet. Von der Seite kommen ebenfalls noch stärkere Sannnelgefässe her, die V. vitellinae laterales. Alle diese Dottervenen vereinigen sich nun in der Mitte des embryonalen Körpers jederseits zu einem unpaaren, starken Stamm, der Vena omphalo-mesenterica (Rof u. Lof), die in das hintere Ende des Herzens (H) eintritt. In dem Gefässnetz beginnt beim Hühnchen bereits am zweiten Brüt- tage die Blutbewegung sichtbar zu werden. Zu dieser Zeit ist das Blut noch eine helle Flüssigkeit, die nur wenige geformte Bestandtheile besitzt. Denn die meisten Blutkörperchen liegen jetzt noch haufenweise an den Wandungen der Röhren, wo sie die schon früher erwähnten Blutinseln (Fig. 140) bilden, welche das roth gesprenkelte Aussehen des Gefässhofes veranlassen. Die Herzcontractionen, durch welche das Blut in Bewegung gesetzt wird, sind am Beginn erst langsam, werden dann rascher und i-ascher, Ihr Mittel beträgt dann nach Preyer 130—150 Schläge in der Minute. Auch ist die Frequenz von äusseren Einflüssen sehr abhängig; sie steigt bei Erhöhung der Bebrütungs- temperatur und sinkt bei jeder Al)kühlung, also auch, wenn das Ei zur Beobachtung geöffnet wird. Zur Zeit, wo das Herz zu pulsiren beginnt, sind in dem Myocard noch keine Muskelfibrillen nachzuweisen ; es ergiebt sich hieraus die interessante Thatsache, dass rein protoplasmatische, noch nicht differenzirte Zellen in regelmässigem Rhythmus wiederkehrende, kräftige Contractioneu auszuführen im Stande sind. Am Ende des dritten und vierten Tages ist der Dotterkreislauf beim Hühnchen in höchster Entwicklung ; er ist noch einige geringfügige Veränderungen eingegangen. Wir finden statt eines einfachen Gefäss- netzes ein doppeltes, ein arterielles und ein venöses. Das arterielle Netz, welches das Blut von den Dotterarterien empfängt, liegt tiefer, dem Dotter mehr genähert, während das venöse sich darüber ausbreitet und an das viscerale Mittelblatt angrenzt. Die rechte Vena vitellina posterior übertrifft an Grösse die linke. Das circulirende Blut zeichnet sich durch Reichthuni an Blutkörperchen aus, indem die Blutinseln voll- ständig geschwunden sind. Die Aufgabe des Dotterkreislaufes ist eine doppelte. Ein- mal dient er dazu, das Blut mit Sauerstoff zu versorgen, wozu Gelegen- heit geboten ist, da sich das ganze Gefässnetz oberflächlich ausbreitet. Zweitens dient er dazu, dem Embryo ernährende Substanzen zuzuführen. Unter dem Darmdrüsenblatt werden die Dotterelemente aufgelöst, ver- flüssigt und in die Blutgefässe aufgenommen; von diesen werden sie zum Embryo geführt, wo sie den in lebhafter Theilung begriffenen Zellen zur Nahrung dienen. Insofern vergrössert sich der embryonale Körper auf Kosten des Dottermateriales, welches im Dottersack verflüssigt und resorbirt wird. Mit dem Dottergefässsystem des Hühnchens stimmt das der Säuge- thiere im Allgemeinen überein und unterscheidet sich von ihm nur in 33* 516 Siebzehntes Capital. einigen nebensächlichen Punkten, welche nicht besprochen zu werden verdienen. Doch drängt sich wohl die Frage auf: Welche Bedeutung hat ein Dotterkreislauf bei den Säugethieren (Fig. 161 ds), bei denen das Ei nur mit wenig Dottermaterial ausgestattet ist? Hier ist zweierlei im Auge zu behalten, erstens, dass ursprünglich wohl die Eier der Säugethiere mit einem reicheren Dottermaterial gleich den Eiern der Reptilien ausgestattet waren (vergleiche Seite 226), und zweitens, dass die nach dem Furchungsprocess entstehende Keimblase sich sehr ausdehnt und dass sie in ihrem Innern mit einer sehr eiweiss- reichen Flüssigkeit erfüllt ist, die von den Wandungen der Gebärmutter geliefert wird. Aus ihr werden die Dottergefässe wohl ebenfalls Nah- rungsstoffe aufnehmen und dem Embryo zuführen , bis für eine andere ergiebigere Ernährung durch den Mutterkuchen oder die Placenta ge- sorgt ist. Ausser den Dottergefässen entsteht bei den höheren Wirbelthieren noch ein zweites Gefässsystem, welches sich ausserhalb des Embryo in den Eihäuten ausbreitet und eine Zeit lang die übrigen Gefässe des Körpers durch seine Mächtigkeit übertrifft. Es dient dem Allantoiskreislauf der Vögel und Reptilien, dem P 1 a c e n t a r k r e i s 1 a u f der Säugethiere. Wenn sich beim Hühnchen der Harnsack (Taf. I Fig. 5 al) an der vorderen Wandung der Beckendarmhöhle hervorstülpt und als eine immer grösser werdende Blase bald aus der Leibeshöhle heraus durch den Hautnabel in das Keimblasencoelom zwischen die seröse Hülle und den Dottersack hineinwächst, dann treten auch in seiner Wand zwei Blut- gefässe auf, die vom Ende der beiden primitiven Aorten hervorwachsen: die Nabel gefässe oder Arteriae umbilicales. Aus dem dichten Capillarnetz, in welches sie sich aufgelöst haben, sammelt sich das Blut wieder in den beiden Nabel venen (Venae umbilicales), die, am Nabel angelangt, sich zu den beiden CuviEK'schen Gängen (siehe Seite 537) begeben und ihr Blut in dieselben nahe an ihrer Einmündung in den Venensinus ergiessen. Bald verkümmert das Endstück der rechten Vene, während die linke ihre Seitenäste aufnimmt und sich in demselben Maasse zu einem ansehnlicheren Stamm entwickelt. Sie verliert jetzt auch ihre ursprüngliche Einmündung in den CuviER'schen Gang, da sie mit der linken Lebervene (Vena hepatica revehens) eine Ana- stomose eingeht, die immer stärker wird und schliesslich den ganzen Blutstrom aufnimmt. Mit der linken Lebervene zusammen mündet dann die linke Umbilicalvene am hinteren Leberrand direct in den Venen- sinus ein. (HOCHSTETTER.) Nabel- und Dottervene ändern während der Entwicklung ihren Durchmesser in entgegengesetzter Richtung: während der Dotterkreis- lauf gut ausgebildet ist, sind die Nabel venen unscheinbare Stämmchen: später aber vergrössern sie sich mit der Zunahme des Harnsackes, während die Venae omphalo - mesentericae sich in demselben Maasse zurückbilden, als der Dottersack durch Aufsaugung des Dotters kleiner wird und an Bedeutung verliert. W^as den Zweck des Umbilicalkreislaufes angeht, so dient er bei den Reptilien und den Vögeln dem Athmungsprocesse. Es schmiegt sich nämlich der Harnsack, wenn er grösser geworden ist, zum Beispiel beim Hühnchen, dicht der serösen Hülle an, lireitet sich in der Nähe der Luftkaiiimer und unter der Schale aus, so dass das in ihm circulirende Blut mit der atmosphärischen Luft in Gasaustausch Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 517 treten kann. Seine Bedeutung für die Atlunung im Ei verliert er erst von dem Augenblick, wo das Hühnchen mit dem Schna])el die umgebenden Eihüllen durchstösst und nun die in der Luftkammer ent- haltene Luft direct einathmet. Denn jetzt ändern sich die Circulations- verhältnisse im ganzen Körper, da mit dem Eintritt des Athnmngs- processes die Lunge ein grösseres Blutquantum aufzunehmen im Stande ist, was eine Verkümmerung der Nabelgefässe zur Folge hat. (Vergleiche auch Seite 223.) Eine noch wichtigere Rolle spielt der U m b i 1 i c a 1 - oder P 1 a - centarkreislauf (Fig. 166 AI) bei den Säuge thieren. Denn hier leiten die beiden Nabelarterien das Blut zu der Placenta oder dem Mutterkuchen. Nachdem sich in diesen Organen das Blut mit Sauerstoff und ernährenden Substanzen beladen hat, fliesst es Anfangs durch zwei, später durch eine Nabelvene zum Herzen wieder zurück (Seite 542). B. Die weitere Entwicklung des Gefässsystems bis zum ausgebildeten Zustand. a) Die Umwandlung desHerzschlauchs in ein kammertes Herz, ge' Wie in einem vorausgegangenen Ab- schnitt gezeigt wurde, stellt das Herz der Wirbelthiere ursprünglich eine kurze Zeit lang einen geraden Schlauch dar, der an seinem vorderen Ende die beiden primi- tiven Aortenbogen entsendet, während er am hinteren Ende die beiden Venae oni- phalo-mesentericae aufnimmt. Der Schlauch liegt weit vorn unmittelbar hinter dem Kopf an der ventralen Seite des Halses (Fig. 349 h) in einer Verlängerung der Leibeshöhle (der Parietal- oder Halshöhle). Er wird hier befestigt durch ein Gekröse, welches nur von kurzem Bestand ist, sich vom Darm zur vorderen Halswand aus- spannt und durch den Herzschlauch selbst in einen oberen und einen unteren Theil oder in ein Mesocardium anterius und posterius zerlegt wird. In der ersten Zeit der embryonalen Entwicklung zeichnet sich das Herz durch ein sehr bedeutendes, namentlich in der Längsrichtung vor sich gehendes Wachs- thum aus; es findet daher bald als ge- rader Schlauch in der Halshöhle keinen Platz mehr, sondern ist gezwungen, sich zu einer s-förmigen Schlinge zu- sammenzukrümmen ( Fig. 349). Es nimmt dann am Hals eine derartige Stellung ein, X pvh au mh kh nh h vo rtn US Fig. 349. Kopf eines 58 Stunden bebrüteten Hühn- chens von oben betrachtet. 40-fach vergrössert. Nach Mihal- KOVICS. Das Gehirn ist in 4 Blasen gegliedert, pvh primäres Vorder- hirnbläschen. mit Mittelhirnbläs- chen, kh Hinterbirnbläschen. nh Nachhirnbläschen. au Augenblase. h Herz (unter dem letzten Hirn- bläschen durchschimmernd). ro Vena omphalo-mesenterica. us Ur- segment. rm Rückeumai-k. x vor- dere Wand, die sich zum Gross- hirn ausstülpt. 518 Siebzehntes Capitel. dass die eine Krümmung des S, welche die Dottervenen empfängt, oder sagen wir kurz, der venöse Abschnitt nach hinten und links, die andere Krümmung oder der arterielle Abschnitt, welcher die Aortenbogen abgiebt, nach vorn und rechts zu liegen kommt (Fig. 350). Bald aber ändert sich diese Ausgangsstellung (Fig. 350 u. 358), in- dem die beiden Krümmungen des S eine andere Lage zu einander ein- nehmen. Der venöse Abschnitt bewegt sich kopfwärts, der arterielle dagegen mehr nach entgegengesetzter Richtung, bis beide nahezu in derselben Querschnittsebene liegen. Dabei drehen sie sich auch um die Längsachse des Embryo, und zwar rückt die venöse Schleife mehr dorsal- wärts, die arterielle dagegen ventralwärts. Von vorn gesehen decken sich beide, nur bei seitlicher Ansicht ist die s-förmige Krümmung des Herzschlauchs deutlich zu erkennen. Ta K r' "^^ vh %r\ \ ho Ta ok i- ' ,^^fc..-^ ^^^i^ k Fig. 350. Fig. 351. Fig. 350. Herz eines menschlichen Embryo von 2,15 mm Körperlänge (Embryo Lg). Nach His. E Kammer. Ta Truncus arteriosus. V venöses Ende des s- förmig gekrümmten Herzschlauchs. Fig. 351. Herz eines menschlichen Embryo von 4,3 mm Nl. (Embryo BF. Nach His. k Kammer. Ta Truncus arteriosus. ok Ohrkanal (Canalis auricularis). vh Vor- hof mit den Herzohren ho (Auriculae cordis). Durch den sich vergrössernden Herzschlauch wird der vorderste Ab- schnitt der Leibeshöhle schon jetzt und noch mehr auf späteren Stadien stark ausgedehnt und erzeugt einen weit nach aussen vorspringenden, sehr dünnwandigen Höcker (Fig. 189 h und 359). Da das Herz den Höcker vollständig ausfüllt, nur von der dünnen, durchscheinenden und eng anliegenden Rumpfhaut, der Membrana reuniens inferior von Rathke, überzogen, sieht es aus, als ob es zu dieser Zeit ganz ausserhalb des embryonalen Körpers gelegen sei. Nach Al)lauf der Drehungen vollzieht sich am s-förmig gekrümmten Schlauch auch eine Sonderung in mehrere hinter einander gelesene Abtheilungen (Fig. 351 u. 353). Es setzen sich der weiter gewordene venöse und der arterielle Theil durch eine tiefe Einschnürung {ok) gegen einander ali und können nun als Vorhof (Atrium) (vh) und Kammer (Ventriculus) , sowie die verengte Stelle zwischen beiden nach einer von Haller eingeführten Bezeichnung als Ohrcanal {oh) unterschieden werden. Der Vorhof gewinnt dabei eine auffällige Ge- Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 519 Iho rho Ta stalt, indem seine beiden Seiteuwände weite Aussackungen, die Herz- ohren {ho) (Auriculae cordis), entwickeln; letztere wenden sich mit ihrem freien Rande, der bald auch einige Einkerbungen eihält, nach vorn und legen sich später immer mehr um den arteriellen Theil des Herzens, um den Truncus arteriosus (Ta) und einen Theil der Kannner- oberfläche herum. Der Ohrcanal (Fig. 353) ist eine bei Embryonen gut unterschiedene, verjüngte Stelle des Ilerzschlauchs. Indem sich sein Endothelrohr in sagittaler Richtung stark abplattet, bis seine Wandschichten beinahe zur Berührung kommen, wird die Verbindung zwischen Vorhof und Kammer zu einer engen, queren Spalte. Hier entwickeln sich später die Atrio- V e n t r i c u 1 a r k 1 a p p e n. Die Kammeranlage stellt vorübergehend einen gekrümmten Schlauch dar (Fig. 350 u. 351 h), welcher aber bald seine Form verändert. Denn schon frühzeitig macht sich an seiner vorderen und hinteren Fläche eine seichte, von oben nach unten verlaufende Furche bemerkbar, der S u 1 c u s i n t e r - ventricularis (Fig. 352 si)y und lässt äusserlich eine linke und eine rechte Kammerhälfte unterscheiden. Die letztere ist die engere und setzt sich nach oben in den Truncus arteriosus {Ta) fort, dessen Anfang etwas erweitert ist und als Bulbus bezeichnet wird. Zwischen Bul- bus und Kammer liegt eine nur sehr wenig verengte Stelle, die das Fr et um Halleri heisst; sie wurde schon von älteren Anatomen unterschieden , blieb dann eine Zeit lang weniger beachtet und ist jetzt wieder von His als bemerkenswerth beschrieben worden. Denn sie bezeichnet den Ort, an welchem sicli später die Semilunarklappen anlegen. Während der äusserlich sichtbaren Formveränderungen gehen auch in der feineren Structur der Herzwände einige Veränderungen vor sich. Wie schon früher bemerkt, besteht die Herzanlage am Anfang aus zwei in einander gesteckten Schläuchen, einem inneren, von platten Zellen ausgekleideten Endothelrohr und einem äusseren, aus protoplasmareichen Zellen bestehenden und vom mittleren Keimblatt abstammenden Muskel- schlauch. Beide sind durch einen nicht unansehnlichen, wahrscheinlich mit gallertiger Zwischensubstanz gefüllten Raum vollständig von einander getrennt. Das rk Ik Fi^. 3-32. Herz eines menschlichen Embryo der fünften Woche. Nach His. rk, Ik rechte, linke Kammer, si Sulcus jnterventriciilaris. Ta Trmicus arteriosus. Iho, rho linkes, rechtes Herzohr. getreues engeren Endothelrohr stellt im Allgemeinen em ziemlich natur- Abbild des Muskelschlauches dar, doch so, dass an ihm die und die weiteren Abschnitte schärfer von einander abgesetzt sind ; „es verhält sich seiner Form nach zum Gesammtherzen, als ob es ein stark geschrumpfter, innerer Ausguss desselben wäre" (His). Am Muskel schlauch lassen sich schon zu der Zeit, wo die S-förmige Krümmung eingetreten ist, deutliche Züge von Muskelfibrillen. 520 Siebzehntes Capitel. erkennen. Auf späteren Stadien machen sich in der Entwicklung Unter- schiede zwischen Vorhof und Kammer bemerkbar. Am Vorhof verdickt sich die Muskelwand gleichmässig zu einer compacten Platte, welcher sich das Endothelrohr unmittelbar von innen anlegt. An der Kammer dagegen findet gleichsam eine Auflockerung der Muskelwand statt. Es bilden sich zahlreiche, kleine Balken von Muskelzellen, welche in den oben erwähnten Zwischenraum zwischen den beiden Schläuchen vor- springen und sich unter einander zu einem grossmaschigen Netzwerk vereinigen (Fig. 356 Ä). Bald legt sich das Endothelrohr des Herzens, indem es nach aussen Aussackungen treibt, den Muskelbalken innig an und umgiebt jeden einzelnen mit einer besonderen Hülle. (His.) So ent- stehen in der schwammförmig gewordenen Wand der Kammer zahlreiche, von Endothel ausgekleidete Spalträume, welche nach der Oberfläche des Herzens al^geschlossen sind , aber mit dem centralen Binnenraum com- municiren und wie dieser den Blutstrom in sich aufnehmen. Das embryonale Herz des Menschen und der Säugethiere gleicht in seiner ersten Beschaffenheit, wie sie bisher beschrieben worden ist, dem Herzen der niedersten Wirbelthiere , der Fische. Hier wie dort besteht es aus einer das Venenblut aus dem Körper aufnehmenden Ab- theilung, dem Vorhof, und aus einem das Blut in die arteriellen Gefässe hineintreibenden Abschnitt, der Kammer. Dem Zustand des Herzens entsprechend ist bei Embryonen dieses Stadiums und bei den Fischen der ganze Blutkreislauf noch ein einfacher, ein einheit- licher. Dies ändert sich im Thierreich wie im embryonalen Leben mit der Entwicklung der Lungen, mit deren Auftreten eine Verdoppelung des Herzens und des Blutkreislaufes angebahnt wird. Das Zustandekommen einer derartigen Veränderung erklärt sich aus dem Lageverhältniss der beiden Lungen zu dem Herzen. Die Lungen nämlich entstehen in nächster Nähe des Herzens durch Aus- stülpung aus dem Vorderdarm (Fig. 359 lg). Sie empfangen daher auch ihr Blut aus einem dem Herzen ganz nahe gelegenen Arterienstamm, aus dem letzten, vom Truncus arteriosus sich abzweigenden Aorten- bogen; desgleichen gelten sie das Lungenvenenblut direct wieder dem Herzen zurück, und zwar durch kurze Stämme, die Lungenvenen, welche links von den grossen Venenstämmen, ursprünglich zu einem einzigen Sammelgefäss vereint (Born, Böse), in den Vorhof einmünden. Somit gelangt das unmittelbar aus dem Herzen in die Lungen strömende Blut auch unmittelbar wieder zum Herzen zurück. Hierin ist die Vorbedingung für einen doppelten Kreislauf gegeben. Er wird in die Erscheinung treten, wenn sich der Lungen- und der Körperblutstrom auf der kurzen Strecke der Gefässbahn, welche beide gemein- sam durchlaufen (Vorhof, Kammer und Truncus arteriosus), durch Scheidewände von einander absetzen. Der Trennungsprocess beginnt im Wirbelthierstamm bei den Dip- neusten und Amphibien, bei welchen die Lungenathmung zum ersten Male eintritt und die Kiemenathmung verdrängt; bei den amnioten Wirbel- thieren vollzieht er sich während ihrer embryonalen Entwicklung. Wir haben daher jetzt weiter zu verfolgen, in welcher Weise sich bei den Säugethieren und speciell beim Mensclien nach den neueren Unter- suchungen von His, BoRx und Rose die Scheidewände bilden, wie Vor- hof und Kammer in getrennte linke und rechte Abtheilungen und der Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 521 '-fc'' gefühlt definitiven Gestalt entgegen- entstehen in jeder getrennt für sich, den Vorhof ins Auge der drei genannten Ab- der eine Zeit lanu' den Fig. 353. Truncus arteriosus in Arteria pulnionalis und Aorta zerlegt werden und wie auf diesem Wege das Herz seiner wird. Die Scheidewände theilungen des Herzens Fassen wir zuerst grössten und weitesten Abschnitt des Herzschlauchs darstellt (Fig. 353). An ihm macht sich schon in der vierten Woche beim Menschen eine Sonderung in eine linke und eine rechte Hälfte (/r u. rv) bemerkbar, indem an seiner hinteren und olieren Wand sich ein Vorsprung in senkrechter Richtung bildet, die erste An- deutung der Vorhofsscheidewand ivs) oder des Septum atriorum. Beide Hälften unterscheiden sich schon jetzt dadurch , dass sie verschiedene Venenstänmie aufnehmen. In die rechte Ab- theilung ergiessen die Dotter- iind Nabelvenen, sowie die erst später zu besprechenden CuviER'schen Gänge ihr Blut, aber nicht direct und durch einzelne besondere Oeftnungen, sondern nachdem sie sich zuvor in der Nähe des Herzens unter einander zu einem grossen ve- nösen Sinus (sr) (dem Sinus venosus oder Sinus reuniens) verbunden haben. Derselbe liegt dem Vorhof unmittelbar an und communicirt mit ilim durch eine in der hinteren Wand gelegene, weite Oeffnung, die links und rechts von je einer grossen Venenklappe (*) be- grenzt wird. In die linke Abtheilung mündet nahe der Vorhofsscheide- wand nur ein kleines Gefäss, das in schräger Richtung die Herzmusculatur durchsetzt; es ist die oben erwähnte unpaare Lungenvene, die gleich ausserhalb des Vorhofs aus vier Aesten entsteht, von denen je zwei von einem, der in Anlage begriffenen Lungenflügel herkommen. Im weiteren Verlauf der Entwicklung wächst nun die Vorhofs- scheidewand allmählich von oben nach unten herab, bis sie die Mitte des Ohrcanals trifft (Fig. 354 si). Auf diese W^eise würden schon früh 2;wei völlig abgetrennte Vorhöfe zu Stande kommen, wenn sich nicht im oberen Theil der Scheidewand, noch während sie nach unten herab- wächst, eine Oeß'nung gebildet hätte, das spätere Foramen ovale, welches bis zur Zeit der Geburt zwischen beiden Abtheilungen eine Verbindung herstellt (Fig. 354). Die Oeftnung ist entweder dadurch entstanden, dass sich das Septum atriorum in einem Bezirk verdünnt hat und ein- gerissen ist , oder dadurch , dass es an dieser Stelle von Anfang an überhaupt unvollständig gewesen ist, wie es denn beim Hühnchen z. B. von mehreren, kleinen Löchern durchbohrt ist. Später weitet sich Herz eines menschlichen Embryo von 10 mm Nl, hintere Hälfte des geöffneten Herzens. Nach His. ks Kammenscheidewand. Ik, rk linke, rechte Kammer, ok Ohrcanal. Iv, rv linker, rechter Vorhot', sr Einmündung des Sinus reuniens. vs Yorhofsscheidewand f^Vorhofssicliel (His), Septum primum (Born)]. * Eustachische Klappe. Fs Septum spurium. 522 Siebzehntes Capitel. dann das Foramen ovale noch mehr aus, indem es sich den jeweiligen Circulationsbediniiunp,en anpasst. Das Herabwachsen der Vorhofsscheidewand hat noch zur unmittel- baren Folge die Trennung des Ohrcanals in die linke und die rechte Atrio- ventricularöffnung (vergleiche Fig. 353 oh mit 354). Der Ohrcanal er- fährt nämlich auch bald nach seiner Entstehung sowohl von aussen als von innen eingreifende Veränderungen. Anfangs von aussen sichtbar (Fig. 353 0Ä-), entzieht er sich später der Wahrnehmung (Fig. 354), indem er von der Kammer, welche sich nach oben stärker ausweitet und in Fs vs sr rv Iv rk ks Ik Fig. 354. Hintere Hälfte eines geöffneten Herzens eines menschlichen Embryo der fünften Woche. Nach His. ks Kammerscheidewand. Ik, rk linke, rechte Kammer, si un- terer Theil der Vorhofsscheidewaiid (Septum intermedium His). Iv, rv linker, rechter Vorhof. sr Ein- mündung des Sinus reuniens. vs Yorhofsscheidewand [Yorhofs- sichel (His), Septum secundum (Born)]. Ps Septum spurium. * Eustachische Klappe. Folge einer mächtigen Wucherung ihrer Musculatur erheblich dickere Wandungen erhält, gewissermaassen rings umwachsen und dadurch in ihre Wand mit aufgenommen wird. Die Oeffnung des Ohrcanals in die Kammer oder das Foramen atrioventriculare commune (Fig. 355 Ä, F.av.c) stellt jetzt einen von links nach rechts verlaufenden Spalt dar, der beiderseits von zwei wulstigen Lippen {o.ek u. u.ek) (den Atrioventri- cularlippen Linde's oder den Endothelkissen Schmidt's) begrenzt wird. Die Wülste sind aus einer Wucherung des Endocards hervorgegangen und bestehen aus einer gallertigen Bindesubstanz und einem Endothel- überzug. Mit ihnen verschmilzt alsbald die Vorhofsscheidewand, wenn sie bis zum Ohrcanal herabgewachsen ist, längs ihres freien, unteren Bandes (Fig. 354 si) ; dadurch wird der Ohrcanal in eine linke und rechte Atrioventricularöffnung (Ostium atrioventriculare sinistrum und dextrum) (Fig. 355 B, F. nv.d w. F.av.s) zerlegt, und gleichzeitig wird der die Oeifinung ursprünglich begrenzende, dorsale und ventrale Endocardwulst ein jeder in seiner Mitte halbirt (o.eJc u. u.ek). Die dorsalen Theilstücke verschmelzen alsdann mit den entsprechenden Stücken der entgegen- gesetzten Seite und erzeugen so an dem unteren Rand der Vorhofs- scheidewand (Fig. 354 si) zwei neue Wülste , von denen der eine in die linke, der andere in die rechte Atrioventricularöffnung vorspringt und die Grundlage für je eine mediale Zipfelklapjie abgiebt. Die Entwicklung der Vorhofsscheidewand und die Trennung des Ohrcanals in die beiden Atrioventricularöffnungen sind zwei eng zusammen- gehörige Processe; der erstere ist die Ursache des letzteren. Das be- weisen namentlich in klarer Weise pathologisch-anatomische Befunde von Ilemmungsbildungen am Herzen. In allen Fällen, in denen die Aus- bildung der Vorhofsscheidewand aus irgend einem Grunde gehemmt worden Die Organe des Zwischenblattes oder Mesencliyms. 523 war und ilir unterer Theil canz felilte, war auch stets nur eine Atrioventricularüttiiüng (ein Ostiuni venosum commune) vorhanden. (Arnold.) Ehe wir in der Entwicklungsgeschichte des Vorhofs weiter fortfahren, haben wir die mittlerweile eingetretenen Umwandlungen im Bereich der Kammer und des Truncus arteriosus nachzutragen. Nicht viel später als der Vorhof beginnt auch die Kanmier ihre Scheidewand zu erhalten. Am Ende des ersten Monats hat sich ihre Musculatur erheblich verdickt (Fig. 354 A). Muskel balken sind ent- B Pu s Jo Oi o.ek F.av.s u.ek Oi F.av.c F.av.d Ik rk ks Fig. 355. Zw^ei Schemata (nach Uorn), um die Lagever Schiebungen des Ostiumi atrioventrieulare zum Ostium interventriculare, sowie die Tren- nung der Ventrikel und grossen Arterien zu verdeutlichen. Die Ventrikel sind halbirt gedacht; man sieht in die hintere Hälfte, in welcher übrigens zur Ver- einfachung des Bildes die Herzbalken etc. weggelassen sind. A Herz von Kaninchenembryonen von 3,5—5,8 mm Kopfl. Die Kammer ist durch die Kamnierscheidewand [ks] bis auf das Ostium interventriculare {Oi) in eine linke und rechte Hälfte zerlegt. Das Foramen atrioventrieulare commune (F.av.c) reicht mit seinem rechten Ende in den rechten Ventrikel hinein, die Endocardkissen sind ausgebildet. ß Herz von Kaninehenembryonen von 7,5 mm Kopfl. Die Endocard- kissen des Foramen atrioventrieulare commune sind versclunolzen, und dadurch ist das F. atrioventr. com. jetzt getrennt in ein For. atrioventr. dextrum {F.av.d) und sinistrum {F.av.s). Die Kammerscheidewand {ks) ist mit den Endocardkissen ebenfalls verschmolzen und noch bis zur Scheidewand (s) des Truncus arteriosus hinaufgewachsen. Der Rest des Ostium interventriculare {Oi) bildet durch seinen Verschluss das Septum mem- branaceum. rk, Ik rechte und linke Kammer, ks Kammerscheidewand. Pu Art. pulmonalis. Ao Aorta. * Scheidewand des Truncus arteriosus. Oi Ostium interventriculare. F.av.c Foramen atrioventrieulare commune. F.av.d u. F.av.s Foramen atrioventrieulare dextrum und sinistrum. o.ek, u.ek oberes und unteres Endothel- oder Endocardkissen. standen, die in das Innere der Kammer weit vorspringen und sich unter einander zu einem schwammigen Gewebe verbinden, dessen zahl- reiche Spalten mit der eng gewordenen Herzhöhle zusammenhängen und gleichfalls den Blutstrom hindurchpassiren lassen. An einer Stelle ist die Musculatur besonders verdickt und bildet eine nach innen vor- springende, halbmondförmige Falte, die Anlage der Kammerscheide- wand {lis) (Septum ventriculorum) (Fig. 353, 354, 355 Is). Die Falte nimmt von der unteren und hinteren Wand der Kammer ihren Ursprung in der Gegend, welche durch den schon früher erwähnten Sulcus in- 524 Siebzehntes Capitel. terventricularis (Fig. 352 si) äusseiiich gekennzeichnet ist Ihren freien Rand hat sie nach oben gerichtet und wächst mit demselben dem Arterienbulbus und der Atrioventricularöffnung entgegen. Letztere liegt ursprünglich mehr in der linken Hälfte der Kammer (Fig. 355 A, F.av.c), erst allmählich rückt sie mehr nach rechts herüber und nimmt schliesslich eine solche Stellung ein, dass die Ivammerscheidewand bei ihrem Emporwachsen sie gerade in der Mitte trifft und der Ansatz- stelle der Vorhofsscheidewand gegenüber mit ihr verschmilzt (Fig. 354 u. 355 JB). Die Trennung der Kanuner ist beim Menschen schon in der siebenten Woche eine vollständige. Aus dem Vorhof, dessen beide Abtheilungen durch das ovale Fenster verbunden sind, wird jetzt das Blut durch ein linkes und ein rechtes Ostium atrioventriculare in eine linke und in eine rechte vollständig getrennte Kammer übergeleitet. Die beiden Atrioventricularöffnungen sind bei ihrer Entstehung eng; sie werden tlieils von den oben erwähnten, an der Scheidewand vorspringenden Endocardwülsten umsäumt, theils von entsprechenden Wucherungen des Endocards an ihrer lateralen Circumferenz. Die membranösen Vorsprünge lassen sich primitiven Taschenklappen, wie sie auch im Arterienbulbus zur Anlage kommen , vergleichen (Gegen- bauk); sie bilden den Ausgangspunkt für die Entwicklung der mäch- tigen Atrioventricularklappen, liefern aber nur, wie Gegenbaur und Bernays gezeigt haben, einen später fast ganz verschwindenden Theil derselben, den membranösen Randsaum (mJc'^), während der compacte Haupttheil der Klappen aus der die Atrioventricularöffnung umgebenden Strecke der verdickten, nuisculösen Kammerwand selbst hervorgeht (Fig. 356 B, mh). Fig. 356. Schematisehe Darstellung der Entstehung der Atrioventri- cularklappen. A früherer, J5 späterer Zustand. Nach Gkgenbaur. mk membranüse Klappe, mk^ ursprünglicher Theil dersellien. cht Chordae teu- dineae. v Kammerhöhle. b Balkennetz der Herzmusculatur. pm Papillarmuskeln. tc Herzbalken, Trabeculae carneae. Wie schon oben bemerkt wurde, wird die Kammei'wand in den ersten Monaten beim Menschen aus einem dichten, schwammigen Netz- w^erk von Muskelbalken gebildet, die vom Endocard überzogen sind und deren Zwischenräume mit der kleinen Binnenhöhle zusammenhängen (Fig. 356 A). Eine derartig schwammige Beschaffenheit der Herzwand erhält sich dauernd bei Fischen und Amphibien: dagegen treten bei den höheren Wirbelthieren und beim Menschen Umwandlungen ein. Nach der äusseren Oberfläche zu wird die Muskelwand compacter, indem die Muskelbalken sich verdicken und die Hohlräume zwischen ihnen enger werden und zum Theil ganz schwinden (Fig. 356 By tc). Der Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchynis. 525 entgegengesetzte Process erfolgt nach innen. In der Umgebung der Atrioventricularötfnung werden die Balken dünner, die Zwischenräume weiter. Auf diese Weise wird ein Theil dei- dicken Kannnerwand, welcher nach dem Vorhof sieht und die Oeti'nung umschliesst, vom Blut- strom gleichsam untermiuirt. An diesem Theil verkünnnern später die Muskelfasern ganz; es bilden sich aus dem bindegewebigen Zwischen- gewebe sehnige Platten und werden mit den an ihren Rändern an- sitzenden Endocardkissen zu den bleibenden Atrioventricularklappeu (Fig. 356 B, mk). Diese gehen somit aus einem Theile der spongiös ge- bauten Kammerwand selbst hervor. Die an die Klappen sich von unten her ansetzenden Reste der ge- schrumpften Muskelbalken (Fig. 356 B, cht) verkümmern in der Nähe der Ansatzstellen noch mehr, die Muskelfasern schwinden auch hier zum Theil ganz, das Bindegewebe dagegen bleibt erhalten und wandelt sich zu den Sehnenfäden um, die, unter dem Namen der Chordae ten- dineae bekannt, zur Befestigung der Klappen dienen. In einiger Entfernung von letzteren bewahren die in den Kammerraum vorsprin- genden Balken ihre fleischige Beschaffenheit und werden zu den Pa- pillarmuskeln {pm), von deren Spitze die Chordae tendineae ausgehen. „Was sonst noch von dem primitiven Balkennetze an der Innenfläche der Kammer bestehen bleibt, bildet ein mehr oder minder starkes mus- culöses Maschenwerk, die Fleischbalken des Herzens {tc) oder Trabeculae carneae. " In Folge aller dieser Umwandlungen hat sich auch die ursprünglich enge Höhle der Kammer auf Kosten eines Theils der spongiösen Wand nicht unerheblich vergrössert. Denn der ganze in der Fig. 356 B unter den Klappen gelegene Raum ist erst dadlirch, dass die Fleischbalken zu den feinen Sehnenfäden verkümmert sind, aus dem Anfangs engen Lückenwerk (Fig. 356 Ä) hervorgegangen und zur Aushöhlung der Binnenhöhle verwandt worden. Es bleibt uns jetzt noch die Zweitheilung des Truncus arteriosus und die definitive Umgestaltung des Vorhofs zu untersuchen übrig. Etwa zur Zeit, wo die Scheidewandbildung in der Kammer er- folgt, plattet sich der aus ihr entspringende Truncus arteriosus etwas ab und erhält eine spaltförmige Höhle. An den platten Seiten treten zwei leistenförmige Verdickungen auf (Fig. 355 A u. B, s), wachsen einander entgegen und zerlegen die Höhlung, indem sie verschmelzen, in zwei auf dem Querschnitt dreieckig erscheinende Gänge. Jetzt markirt sich auch äusserlich der Eintritt der im Innern geschehenen Trennung durch zwei Längsfurchen in ähnlicher Weise, wie an der Kammer die Scheidewandbildung durch den Sulcus interventricularis angedeutet wird. Die beiden durch Theilung entstandenen Canäle sind die Aorta und die Pulmonalis {Ao u. Pu). Eine Zeitlang sind sie noch mit einer gemeinsamen Adventitia umgeben, dann weichen sie weiter aus einander und werden auch äusserlich getrennt. Der ganze Trennungsprocess im Truncus arteriosus verläuft unabhängig von der Entwicklung einer Scheidewand in der Kammer, wie er denn oben zuerst beginnt und von da aus nach abwärts fortschreitet. Ganz zuletzt tritt das Aorten- septum auch in den Kammerraum selbst ein (Fig. 355 B, s u. hs), setzt sich mit der dort selbständig entwickelten Kammerscheidewand in Verbindung, liefert den als Pars membranacea bekannten Theil (Oi) und vollendet so die Sonderung der Abflussbahnen aus dem Herzen ; die Aorta wird der linken, die Pulmonalis der rechten Kammer zugetheilt. 526 Siebzehntes Capitel. Die Pars membranacea bezeichnet also am ausgebildeten Herzen die Stelle, an welcher die Trennung zwischen linkem und rechtem Herzen zuletzt zu Stande gekommen ist (Fig. 355 B, Oi). „Sie ist gleichsam der Schlussstein in der definitiven Scheidung des primitiven einfachen Herzschlauches in die vier secundären Herzräume, wie wir sie bei den Vögeln und Säugethieren finden" (Rose). In vergleichend-anatomischer Beziehung bietet diese Stelle noch dadurch . ein besonderes Interesse dar, dass bei den Reptilien an ihr eine Oeffnung zwischen beiden Kammern, das Foramen Panizzae, dauernd bestehen bleibt. Schon vor der Trennung des Truncus arteriosus haben sich auch die Semilunar klappen als vier Wülste, die aus Gallertgewebe mit einem Ueberzug von Endothel bestehen, an der als Fr e tum Hal- leri bezeichneten, verengten Stelle angelegt. Zwei von ihnen werden bei der Scheidung des Truncus in Aorta und Pulmonalis halbirt. Auf jedes Gefäss kommen daher jetzt drei Wülste, die durch Schrumpfung des Gallertgewebes die Form von Taschen annelimen. Ihre Anordnung wird, worauf Gegenbaur aufmerksam macht, aus der Entwicklung ver- ständlich, wie das unten stehende Schema (Fig. 357) zeigt. „Indem der ursprünglich einheitliche Bulbus arteriosus (ÄJ sich in zwei Canäle (B) scheidet, vertheilen sich die knötchenförmigen Anlagen von ursprünglich vier Klappen der Art, dass eine vordere und die vorderen Hälften der beiden seitlichen auf den vorderen Arterienstamm (die Pulmonalis), eine hintere und die hinteren Hälften der beiden seitlichen auf den hinteren Arterienstamm (Aorta) treff'en." B Fig. .357. Schema zur Anordnung der Arterien- klappen. Aus Gegenbaur. A Ungetheilter Truncus arteriosus mit 4 Klappeiianlagen. B Tlieilung in Pulmonalis (p) und Aorta (a), deren jede drei Klappen besitzt. Was schliesslich noch den Vorhof betrifft, so erfahren hier der schon auf Seite 521 erwähnte Venensinus, die Flinmündung der Lungenvene und das ovale Loch wichtige Veränderungen. Der Venensinus geht als selbständige Bildung zu Grunde, indem er allmählich in die Wand des Vorhofs mit aufgenommen wird. Die grossen Venenstämme, die ursprünglich in ihn ihr Blut ergossen haben und die sich mittlerweile in die obere und die untere Hohlvene und in den Sinus coronarius umgebildet haben, wovon der Abschnitt d) das Nähere bringt, münden in Folge dessen direct in die rechte Hälfte des Vorhofs ein und rücken hier nach und nach weiter aus einander. Von den beiden Klappen, welche, wie früher erwähnt wurde, den Eingang des Venensinus umsäumten, verkümmert die linke (5'ig. 353 u. 354), die rechte (*) dagegen erhält sich an der Einmündung der unteren Hohl- vene und des Sinus coronarius und sondert sich diesen entsprechend in einen grösseren und kleineren Abschnitt; der erstere wird zur Valvula Eustachii, der letztere zur Valvula Thebesii. Die vier Lungenvenen vereinigen sich eine Zeit lang zu einem ge- meinsamen, kurzen Stamm, der in die linke Hälfte des Vorhofs einmündet. Später weitet sich das gemeinsame Endstück beträchtlich aus und wird in ähnlicher Weise wie der Venensinus in die Herzwand mit aufge- Die Organe des Zwischeublattes oder Mesenchyms. 527 nomiiieu. In Folge dessen öffnen sich dann die vier Lungenvenen ge- trennt und direct in den Vorhof. Das ovale Loch, dessen Entstehung früher geschildert wurde, unter- hält während des ganzen embryonalen Lebens eine weite Verbindung zwischen den beiderseitigen Vorhöfen. Es wird von hinten und unten begrenzt durch die Vorliofsscheidewand , eine bindegewebige Menil)ran, die später den Namen der Valvula foraminis ovalis erhält (Fig. 354). Auch von oben und vorn bildet sich eine schärfere Umgrenzung aus, indem eine Muskelleiste von der Vorhofswand nach innen vorspringt, die vordere Vorhofssichel oder der Limbus Vieussenii (vs). Im dritten Monat sind alle diese Theile schon sehr deutlich entwickelt; es reicht die Valvula foraminis ovalis schon nahe zum verdickten Rand der vor- deren miisculösen Sichel heran, weicht aber mehr schräg in den linken Vorhofstheil hinein, so dass ein weiter Spalt offen bleibt und dem Blute der unteren Hohlvene den Eintritt in den linken Vorhofstheil gestattet. Nach der Geburt legen sich vordere und hintere Falte mit ihren Rän- dern an einander und verschmelzen mit nicht seltenen Ausnahmen voll- ständig. Die hintere Falte liefert den häutigen Verschluss des Foramen ovale. Die vordere erzeugt mit ihrem verdickten, musculösen Rand oben und vorn den Limbus Vieussenii. Hiermit hat das Herz seine bleibende Ausbildung erlangt. Während der Herzschlauch die complicirten Sonderungen erfährt, verändert er seine Lage im emliryonalen Körper und erhält frühzeitig eine besondere Umhüllung durcii den Herzbeutel. In Zusammenhang mit letzterem bildet sich das Zwerchfell als Scheidewand zwischen Brust- und Bauchhöhle aus. Es wird also hier der geeigneteste Ort sein, uns mit diesen wichtigen und zum Theil schwerer zu verstehenden Vorgängen genauer bekannt zu machen. Den Untersuchungen von Cadiat, His, Balfoük, Uskow etc. verdanken wir hierüber den meisten Auföchluss. b) Die Entwicklung des Herzbeutels und Zwerchfells. Die Sonderung der primären Leibeshöhle in Herzbeutel-, Brust- und Bauchhöhle. Ursprünglich besitzt die Leibeshöhle eine sehr weite Ausdehnung im embryonalen Körper, denn sie lässt sich bei den niederen Wirbel- thieren bis in die Kopfanlage hinein verfolgen, wo sie die Schkmdbogen- höhlen liefert. Nachdem diese sich geschlossen haben, wobei aus den Zellen ihrer Wandungen Muskeln den Ursprung nehmen, reicht die Leibeshöhle nach vorn bis an den letzten Schlundbogen heran und stellt einen weiten Raum (Fig. 358) dar, in welchem sich das Herz am unteren Darmgekröse (Mesocardium anterius und posterius) entwickelt. Remak und KöLLiKER nannten den Raum Halshöhle, His führte den Namen Parietalhöhle ein. Am zweckmässigsten aber wird es wohl sein, wenn man ihn gleich nach den bleibenden Organen, die sich von ihm herleiten, als Herzbeutelbrusthöhle bezeichnet. Die Höhle wird um so mehr ausgedehnt, je mehr sich der Herzschlauch in Windungen legt und bald eine verhältnissmässig ausserordentliche Grösse erreicht. Hierbei wird ihre vordere Wand zwischen Kopf und Nabel des Embryo ventralwärts bruchsackartig nach aussen hervorcetrieben (Fig. 359 und 189 h). 528 Siebzehntes Capitel. Die Herzbeutelbrusthöhle beginnt sich schon früh gegen die spätere Bauchhöhle schärfer abzugrenzen durch eine Quer falte (Fig. 358 und 359 s -\- l), welche von der vorderen und seitlichen Runipfwand ihren Ausgang nimmt und dorsal- und medianwärts (Fig. 359 z -{- l) mit freiem Rand in die primitive Leibeshöhle vorspringt. Sie bezeichnet den Weg, welchen das Endstück der Vena omphalo-mesenterica nimmt, um zum Herzen zu gelangen. Später finden sich in der Falte sämmt- liche Venenstämme eingebettet,, welche in den Vorhofs- sinus des Herzens einmünden (Fig. 358 u. 359), die Dotter- und die Nabelvenen und die CuviER'schen Gänge (de), welche das Blut aus den Rumpfwandungen sammeln. Mit der Entwicklung derVenen steht also die Ausbildung der Querfalte in engstem Zusam- menhang. Sie führt den Namen des S e p t u m t r a n s V e r s u m (Massa trans- versa, UsKow^) und stellt eine quere, die beiden Seitenwandungen des Rum- pfes verbindende Substanzbrücke (Fig. 358) dar, die sich zwischen den Venen- sinus des Herzens und den Magen ein- schiebt und mit beiden, sowie mit dem ventralen Mesenterium zusammenhängt. Das Septum enthält (Fig. 359 z + l) caudalwärts reichliches, embryonales Bindegewebe und Blutgefässe und bildet eine als V o r 1 e b e r beschriebene Masse, da vom Duodenum her die beiden Leber- schläuche (Fig. 358 Ib -{- Ibg) in sie hineinwachsen und das Netzwerk der Lebercylinder erzeugen. In demselben Maasse, als das geschieht und sich die Lebercylinder vom ventralen Mesen- terium aus auch seitlich in das Septum transversum ausbreiten, wird dieses immer dicker und schliesst jetzt zwei verschiedene Anlagen ein, kopfwärts eine Substanzplatte, in welcher die CuviER'schen Gänge und andere Venen zum Herzen verlaufen , d a s p r i m ä r e Zwerchfell, caudalwärts die beiden Leberlappen, welche in die Leibes- höhle vorspringende Wülste bedingen. Durch das Septum transversum wird allmählich die Herzbeutel- brusthöhle von der Bauchhöhle fast vollständig geschieden bis auf zwei enge Canäle (Fig. 359 hrh) (Brustfortsätze der Rumpf höhle [His]), welche zu beiden Seiten des an der Wirbelsäule befestigten Darmrohrs eine Verbindung nach hinten herstellen. Die beiden Canäle {brh) nehmen die beiden Lungenanlagen {lg) auf, wenn sie aus der vorderen Wand des Darmrohrs hervorwachsen. Sie werden später zu den beiden Brust- oder Pleurahöhlen (brh), während der nnt ihnen communicirende, grössere Raum (hh), in welchem sich das Herz entwickelt hat, zur Herzbeutel- höhle wird. Letztere nimmt die ganze Bauchseite des Embryo ein, die Brusthöhlen dagegen liegen ganz dorsalwärts an der hinteren Rumpf- wand. Fig. 358. MenseMicher Em- bryo (Zg, His) von 2,15 mm Naekenlänge. Constructionsbild nach His (Menschliche Embryonen). Vergr. 40. Mb Mundbucht. -<46 Aortenbulbus. Vm Ventrikelmitteltheil. Fe Vena cava superior oder Ductus Cuvieri. Sr Sinus reuniens. J'u Vena umbilicalis. VI linker Theil des Ventrikels. So Herzohr. D Diaphragma. T'.om Vena omphalomesenterica. Lb solide Leber- anlage. Lbg Lebergang. Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 529 Wie erfolgt nun der Verschluss dieser drei ursprünglich zusammen- hängenden Räume, und wie gewinnen sie ihre selir veränderte, definitive Lage zu einander? Am frühzeitigsten trennt sich der Herzbeutel ab. Den Anstoss dazu geben die CuviEK'schen Gänge (Fig. 359 de). Ein Stück von ihnen verläuft vom Rücken her, wo es aus dem Zusammenfluss der Jugular- und Cardinalvenen entsteht, an der Seitenwand des Rumpfes nach ab- wärts zum Septum transversum (Fig. 359 de); es drängt dabei das Brustfell in die Herzbeutelbrusthöhle hinein und erzeugt auf diese Weise die Pleuropericardial- oder Herzbeutelfalte. Indem die Falte immer Fig. 359. Sagittaleonstruetion eines mensehliclien Embryo von 5 mm Naekenlänge (Embryo Ji His), um die Entwieklungsgeschiehte der Herz- beutelbrusthöhle und des Zwerchfells zu erläutern. Nach His. ab Aortenbulbus. brh Brusthöhle (Eecessus parietalis His). /;/« Herzbftutelhöhle. de Ductus Cuvieri. dv Dottervene, nv Nabelvene, vca Cardinalvene. vj Jugularvene. Iff Lunge. z-\-l Anlage des Zwerchfells und der Leber, uk Unterkiefer. weiter nach innen vorgeschoben wird, verengt sie mehr und mehr die Communication zwischen Herzbeutelhöhle (hh) und den beiden Brust- höhlen (hrh), schliesslich hebt sie dieselbe auf, wenn sie mit ihrem freien Rand bis zu dem Mediastinum posterius, in welchem die Speise- röhre liegt, vorgewachsen ist und mit ihm verschmilzt. Durch diese Wanderung der CuviER'schen Gänge erklärt sich auch die Lage der später von oben in den Herzvorhof mündenden, oberen Hohlvene, die sich vom CuviER'schen Gange herleitet. Ursprünglich in der Seiten- wand des Rumpfes gelegen, ist sie mit ihrem Endabsehnitt später in das Mediastinum eingeschlossen. Nach Abschluss des Herzbeutels hängen die engen, röhrenförmigen Brusthöhlen (Fig. 359 hrh) noch eine Zeit lang nach hinten mit der Bauchhöhle zusammen. Die Lungenanlagen (Ig) wachsen währenddem weiter in sie hinein und treffen schliesslich mit ihren Spitzen auf die obere Fläche der grösser gewordenen Leber. An diesen Stellen kommt es dann auch zum Verschluss. Von der seitlichen und hinteren Rurapf- wand springen Falten vor (die Pfeiler Uskow's), verschmelzen mit dem 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 34 530 Siebzehntes Capitel. Septum traiisversiim und bilden so den Dorsaltheil des Zwerch- fells. Am Zwerchfell kann man daher einen ventralen, älteren und einen dorsalen, jüngeren Abschnitt unter- scheiden. Wie Gegenbaub hervorhebt, erklärt sich hieraus die Bahn des Nervus phrenicus, welcher vor Herz und Lungen verläuft und von vorn her zum Zwerchfell herantritt. S/i. c Zuweilen unterbleibt die Verschmelzung der dorsalen und ventralen Anlage auf einer Seite. Die Folge einer derartigen Hemmungsbildung ist eine Zwerchfellshernie, d. h. eine dauernde Verbindung der Bauch- und Brusthöhle vermittelst einer Bruch- pforte, durch welche Darm- schlingen in die Brust- höhle eintreten können. Wenn sich der Ab- schluss der vier grossen, serösen Höhlen des Kör- pers gegen einander voll- zogen hat, müssen die einzelnen Organe noch weitgehende Lagevereän- derungen erfahren, damit der fertige Zustand er- reicht wird. Nimmt doch der Herzbeutel Anfangs die ganze ventrale Seite der Brust ein und hängt in grosser Ausdehnung mit der vorderen Brust- wand und mit der oberen Fläche des Zwerchfelles zusammen. Ferner ist das Zwerchfell an seiner ganzen unteren Fläche mit der Leber verbunden. Die Lungen liegen ver- steckt in engen Röhren am Rücken des Embryo. Bei den Lageveränderungen kommen zwei Factoren in Betracht (Fig. 360). Mit der Ausdehnung der Lungen {lg) breiten sich die Brust- höhlen {jil.'p) immer mehr ventralwärts aus und spalten dabei die Wand des Herzbeutels (i?c), oder das Pericard einerseits von der seitlichen und vorderen Brustwand , andererseits auch von der Oberfläche des Zwerchfelles ab. So wird das Herz {M) mit seinem Beutel Schritt für Schritt nach der Medianebene verdrängt, wo es zusammen mit den grossen Gefässen («o), mit der Speiseröhre {al) und der Luftröhre eine Scheidewand, das Mediastinum, zwischen der stark vergrösserten linken und rechten Brusthöhle bilden hilft. Der Herzbeutel grenzt dann nur noch in einem kleinen Bezirk nach vorn an die Brustwand (s^, nach unten an das Zwerchfell an. Fig. 360. Querschnitt durch einen älteren Kaninchenembryo , um die Umwaehsung der Perieardialhöhle durch die Pleurahöhlen zu zeigen. Aus Balfodr. ht Herz, pc Herzbeutel oder Perieardialhöhle. pl.p Brust- oder Pleurahöhle, lg Lunge, al Darra- rohr. ao Eückenaorta. ch Chorda, rp Rippe, st Brustbein, sp.c Rückenmark. Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 531 Der zweite Factor ist die Isolirung der Leber vom primären Zwerchfell, mit welchem sie zum Septum traiisv ersinn vereint war. Sie geschieht dadurch, dass am Rand der Leber das Bauchfell, welches Anfangs nur ihre untere Fläche über- zieht, auch auf die obere Fläche sich schlägt und sie vom primären Zwerchfell ablöst. Ein Zusammenhang erhält sich nur nahe der Rumpf- wand. So erklärt sich die Entwicklung des Kranz band es (Lig. coronarium hepatis) , welches in dem Abschnitt, der über rien Band- apparat der Leber gehandelt hat (Seite 319), unberücksichtigt bleiben musste. Das Zwerchfell erhält schliesslich noch seine bleibende Beschaffen- heit, indem von der Rumpfwand Muskeln in die Bindegewebslamelle hineinwachsen. Cl ce c) Die Umwandlungen im Bereiche des Arteriensystems. Die Entwicklung der grossen, in der Nähe des Herzens gelegenen Arterienstämme bietet in vergleichend - anatomischer Hinsicht grosses Interesse dar. Wie bei allen Wirbelthieren Schlundbogen zu beiden Seiten des Schlunddarms angelegt werden (dauernd bei den kiemenathmenden Fischen, Dipneusten und einem Theil der Amphibien, vorübergehend bei den höheren Wirbel- thieren), so entstehen auch an den ent- sprechenden Stellen von Seiten des Gefäss- systems Gefässbogen, deren Zahl sich nach neueren Untersuchungen auf sechs belauft (Fig. 361, 1—5). Ihren Ursprung nehmen sie von dem unterhalb des Schlunddarms ver- laufenden Truncus arteriosus (Fig. 361 u. 362), ziehen dann den Schlundbogen entlang zur Rückenfläche des Embryo empor und ver- binden sich hier auf beiden Seiten der Wirbel- säule zu Längsgefässen , den beiden primi- tiven Aorten (Fig. 362 ad). Sie werden daher auch als die Aortenbogen, besser aber wohl als die Schlundbogengefässe bezeichnet. p s ad Fig. 361. Schema der Anordnung der Schlund- bogengefässe von einem Embryo eines amnioten Wirbelthieres. 1 — 5 erster bis fünfter Aortenbogen. ad Aorta dor- salis. Cl Carotis interna, ce Carotis externa, v Vertebi'alis. s Subclavia, p Pulmonalis. Nach Untersuchungen von Boas und Zim- mermann, die HocHSTETTBR bestätigt, wird bei den Amnioten zwischen dem vierten und fünften Bogen des in Figur 361 dargestellten RAXHKE'schen Schemas noch ein Gefäss- bogen angelegt, der aber unscheinbar bleibt und sich sehr rascli wieder zurück- bildet. Demnach beläuft sich die Gesammtzahl der Schlund- bogengefässe bei den Amnioten ebenso wie bei den Amphi- bien auf sechs. Das Schema (Fig. 361) hätte eine dementsprechende, geringfügige Abänderung zu erfahren. Bei den durch Kiemen athmenden Wirbelthieren gewinnen die Schlundbogengefässe eine Bedeutung für den Athmungsprocess und verlieren frühzeitig ihre einfache Beschaffenheit. Aus ihrem ventralen nehmen zahlreiche Seitenästchen ihren Ursprung und be- 34* Anfangsstück 532 Siebzehntes Capitel. geben sieh zu den Kiemenblättchen, welche aus dem Schleimhautüberzug des Schlundbogens in grosser Anzahl entstanden sind; hier lösen sie sich in dichte Capillarnetze auf. Aus diesen sammelt sich das Blut wieder in Venenstämmchen , die in das obere Ende des Schliindbogen- gefässes einmünden. Je stärker die ventralen und dorsalen Seitenäste werden, um so mehr wird das Schlundbogengefäss in seinem mittleren Theil unscheinbar. Dann hat es sich aufgelöst in ein Anfangsstück, die Kiemenarterie, die sich in zahlreichen Aesten zu den Kiemen- blättchen begiebt, und in ein oberes Stück, die Kiemenvene, welche das Blut wieder aufnimmt. Beide hängen unter einander nur durch dichte Capillarnetze zusammen, welche bei ihrer oberflächlichen Lage in der Schleimhaut für die Entgasung des Blutes die geeigneten Bedingungen bieten. Da sich nun bei den Amnioten keine Kiemenblättchen entwickeln, kommt es bei ihnen auch nicht zur Bildung von Kiemenarterien und Venen, sondern es behalten die Schlundbogengefässe ihre ursprünglich einfache Beschaffenheit. Sie sind aber zum Theil nur von kurzem Be- stand; bald erleiden sie dadurch, dass grössere Strecken vollständig zurückgebildet werden, tiefgreifende Metamorphosen, die sich bei den Reptilien, Vögeln und Säugethieren in etwas verschiedener Weise voll- ziehen. Hier soll nur eine Darstellung vom Menschen gegeben werden. Fig. 362. Entwicklung der grossen Arterienstämme, dargestellt an Embryonen A einer Eidechse, B des Hühnchens, C des Sehweines. Nach Rathke. Bei allen sind die beiden ersten Arterienbogen verschwunden. In A und B be- stehen der dritte, vierte und fünfte noch vollständig, in C sind nur die beiden letzten noch vollständig. p Lungenarterie, aus dem fünften Bogen entspringend, aber durch einen Ductus Botalli noch mit der Rückeuaorta verbunden, c, c' äussere, innere Carotis, ad Rücken- aorta, a Vorhof. v Ventrikel, n Naseugrube. m Anlage der Vordergliedmaasse. Schon bei menschlichen Embryonen, die wenige Millimeter lang sind, theilt sich der aus dem einfachen Herzschlauch hervorgehende Truncus arteriosus in der Nähe des ersten Visceralbogens in einen linken und einen rechten Ast, welche den Schlunddarm umfassen und oben in die beiden primitiven Aorten übergehen. Es ist das erste Paar der Schlund- bogengefässe. An nur wenig älteren Embryonen nimmt ihre Anzahl rasch zu dadurch, dass neue Verbindungen zwischen dem ventralen Truncus arteriosus und den dorsalen primitiven Aorten entstehen. Bald kommt noch ein zweites, ein drittes, ein viertes und schliesslich ein fünftes und Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 533 sechstes Paar zum Vorschein in derselben Reihenfolge, in der auch beim Menschen wie bei den übrigen Vertebraten die Schlundbogen hinter einander angelegt werden. Die fünf (resp. sechs) Paar Gefässbogen geben schon frühzeitig an die benachbarten Organe Seitenäste ab , unter welchen mehrere eine grössere Bedeutung gewinnen und zur Carotis externa und interna, zur Vertebralis und Subclavia, sowie zur Pulmonalis werden. Die Carotis externa (Fig. 361 c.e u. 362 c.) entspringt aus dem Anfang des ersten Schlundbogeugefässes und wendet sich zur Ober- und Unterkiefergegend. Die Carotis interna (Fig. 361 du. Fig. 362 c) entsteht ebenfalls aus ihm, aber weiter dorsalwärts dort, wo die Umbiegung in die Aortenwurzelu erfolgt; sie leitet das Blut zum embryonalen Gehirn und dem sich ent- wickelnden Augapfel (Arteria ophthalmica). Von der dorsalen Strecke des vierten Gefässbogens (Fig. 361 4) wird ein Ast abgegeben, der sich bald in zwei Zweige spaltet, von denen sich einer kopfwärts zum verlängerten Mark und zum Gehirn begiebt, die Arteria vertebralis (v), der andere (s) die obere Extremität versorgt (Arteria subclavia). Beide Arterien ver- ändern im Laufe der Entwicklung ihr Caliberverhältniss. Bei jungen Embryonen ist die Vertebralis die weitaus bedeutendere, während die Subclavia nur einen kleinen unscheinbaren Seitenzweig darstellt. Je mehr aber die obere Extremität an Grösse zunimmt, um so mehr bildet sich die Subclavia zum Hauptstamm aus, und sinkt die Vertebralis zum Rang eines Nebenastes herab. Vom letzten Bogen endlich sprossen kleine Zweige zu den sich entwickelnden Lungen hervor (Fig. 361 und 362 p). Wie die kurze Skizze zeigt, ist die Anlage der aus dem Herzen entspringenden Arterienstämme ursprünglich eine streng sym- metrische. Frühzeitig aber treten Verkümmerungen einzelner Gefäss- strecken bis zum vollständigen Schwund ein; dabei wird auch die sym- metrische allmählich in eine asym- metrische Anordnung umgewandelt. Zur Veranschaulichung dieser Umwandlung diene das nebenstehende Schema (Fig. 363), auf welchem die sich rückbildenden Strecken der Gefässbahn hell gelassen, die weiter func- tionirenden aber durch eine schwarze Linie markirt sind. Zuerst verschwindet, schon mit dem Ein- tritt der Nackenbeuge, der erste und zweite Gefässbogen, die Verbindungsstrecke aus- genommen, durch welche das Blut zur Carotis externa [h) strömt. Der dritte Bogen (c) bleibt erhalten, ver- liert aber seinen Zusammenhang mit dem dor- salen Ende des vierten und leitet daher jetzt alles Blut nur nach dem Kopf in die Carotis interna (a) hinein, zu deren Anfangsstück er nunmehr geworden ist. Die Hauptrollen bei der Metamorphose übernehmen der vierte und der letzte (ur- sprünglich sechste) Bogen (Fig. 362 C). Sie übertreffen bald alle anderen Gefässe an Grösse, und da sie dem Herzen am nächsten liegen, Fig. 363. Schemati- sch e Darstellung der Um- wandlung der Sehlund- bogengefässe beim Säu- gethier. Nacli Rathke. a Carotis interna, b C^a- rotis externa, c Carptis com- munis, d Körperaorta, e vier- ter Bogen der linken Seite. / Rückenaorta, g linke, k rechte Vertebralarterie. h linke, i rechte Subclavia (vierter Bo- gen der rechten Seite), l Fortsetzung der rechten Sub- clavia, m Lungenarterie, n Ductus Botalli derselben. 534 Siebzehntes Capitel. werden sie zu seinen beiden Hauptarterien, zum Aortenbogen und zur Pulmonalis. Eine wichtige Veränderung vollzieht sich an ihrem Ursprung aus dem Truncus arteriosus, wenn er durch die schon früher erwähnte Entwicklung einer Scheidewand seiner Länge nach getheilt wird. Dann bleibt der vierte Bogen (Fig. ^63 e) mit dem aus der linken Kammer entspringenden Stamm (d) in Verbindung und erhält nur von der linken Kammer das Blut zugeführt. Der letzte Bogen (n) dagegen bildet die Fortsetzung der aus der rechten Kammer hervor- gehenden Hälfte (w) des Truncus arteriosus. Somit hat sich die im Herzen angebahnte Scheidung in zwei getrennte Blutströme auch noch auf die nächst gelegenen Gefässe fortgesetzt, doch nur eine kleine Strecke weit ; denn das vierte und letzte Paar der Gefässbogen (Fig. 362) ergiessen ihr Blut noch gemeinsam in die Aorta communis (ad) , mit Ausnahme eines gewissen Quantums, das durch Nebenäste theils zum Kopf (c, c) und zur Oberextremität, theils zu den noch kleinen Lungen strömt. Später indessen setzt sich der schon angebahnte Sonderungsprocess im peripheren Gefässgebiet noch weiter fort und führt schliesslich zur Entstehung eines vollständig getrennten, grossen und kleinen Blutkreis- laufes. Das Ziel wird erreicht durch Verkümmerung einzelner Gefässst recken und Zunahme anderer. Bald macht sich ein Uebergewicht der linksseitigen über die rechts- seitigen Gefässbogen bemerkbar (Fig. 363). Erstere werden immer weiter und grösser, während die der rechten Seite immer unscheinbarer werden und schliesslich streckenweise vollständig verkümmern. Sie er- halten sich bloss insoweit, als sie das Blut in die aus ihnen entspringen- den und zum Kopf, den oberen Extremitäten und den Lungen gehenden Seitenäste führen. Vom rechten Aortenbogen bleibt mithin bloss die Strecke erhalten, welche die rechte Carotis communis (c) und die rechte Subclavia (i -h /) abgiebt. Wir bezeichnen sein Anfangsstück als die Arteria anonyma brachiocephalica. Somit wäre jetzt das bleibende Ver- hältniss hergestellt. Der Rest des rechten vierten Gefässbogens erscheint nur noch als ein Seitenast der Aorta (e), die auf der linken Körper- hälfte einen Bogen bildet und hier als weitere Seitenäste die Carotis communis sin. (c) und Subclavia sin. (h) entsendet. Vom letzten (sechsten) Gefässbogen bildet sich der rechte Theil ebenfalls zurück bis auf die Strecke, welche das Blut zum rechten Lungenflügel leitet. Auf der linken Körperseite dagegen erhält sich der Pulmonalbogen noch längere Zeit und lässt hier einerseits das Blut zum linken Lungenflügel, andererseits durch den Ductus arteriosus Botalli (n) in die Aorta strömen. Nach der Geburt bildet sich der BoTALLi'sche Gang gleichfalls zurück in Zusammenhang mit der Lungen- athmung. Denn wenn sich die Lungen mit den ersten Athemzügen ausweiten, sind sie im Stande, eine grössere Quantität Blut in sich aufzunehmen. Die Folge ist, dass in den Ductus Botalli kein Blut mehr einströmt, und dass er sich in einen Bindegewebsstrang um- wandelt, welcher eine Verbindung zwischen der Aorta und Pulmonalis herstellt. Ausser den namhaft gemachten Rücklnldungen vollziehen sich währenddessen noch Lageveränderungen an den grossen, vom Herzen entspringenden Gefässstämmen. Sie rücken zugleich mit dem Herzen aus der Halsgegend in die Brusthöhle herab. Hieraus erklärt sich der eigenthümliche Verlauf des Nervus laryngeus inf. oder recurrens. Zur Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 535 Zeit, wo der vierte Gefässhogen noch vorn in seinem Bildungsfrobiet am vierten Visceralbogen geleiien ist, giebt der Vagus an den Kehlkopf ein kleines Aestchen ab, welches, um zu seinem Eudbezirk zu gelangen, von unten her den Gefässbogen umfasst. Wenn nun dieser nach ab- wärts wandert, so muss durch ihn der Nervus laryngeus bis in die Brusthöhle mit herabgezogen werden und eine Schlinge bilden, deren einer Schenkel sich in der Brusthöhle vom Stamm des Vagus abtrennt, auf der linken Seite um den Aortenbogen, auf der rechten Seite um die Subclavia sich herumschlägt und in den zweiten Schenkel übergeht, welcher eine rückläufige Bewegung nach oben bis zu seinem Innervations- gebiet durchmacht. Die abgehandelten Entwicklungsprocesse werfen auch ein Licht auf eine Summe von Abnormitäten, die ziemlich häufig bei den grossen Gefässstämmen beobachtet werden. Ich werde von denselben wenigstens zwei der wichtigsten Fälle anführen und erklären. Zuweilen erhält sich im Bereich der vierten Sehlundbogengefässe das ursprünglich symmetrische Verhältniss. Die Aorta theilt sich beim Erwachsenen in einen linken und einen rechten Gefässbogen, welche das Blut in die unpaare Aorta hineinleiten. Aus jedem derselben ent- springt wie beim Embryo für sich eine Carotis communis und eine Subclavia. Eine andere Abnormität konmit dadurch zu Stande, dass sich der Aortenbogen, statt auf der linken Seite des Körpers, auf der rechten entwickelt, ein Verhältniss, welches in der Classe der Vögel (Fig. 364) als normaler Befund angetroifen wird. Es hängt diese Missbildung immer mit einer veränderten Lage der Brustorgane, einem Situs inversus viscerum, zusammen. — Von anderen Veränderungen im Bereiche des Arteriensystems ist vor allen Dingen noch die Umbildung der primitiven Aorten hervorzuheben. Wie bei den übrigen Wirbelthieren (Fig. 142 ao) werden auch beim Menschen eine linke und eine rechte Aorta angelegt. Sie rücken aber später dicht zu- sammen und verschmelzen unter einander. Hier- aus erklärt sich wieder eine Abnormität, die allerdings sehr selten beim Menschen zur Be- obachtung gekommen ist. Die Aorta ist in eine linke und eine rechte Hälfte durch eine Längsscheidewand zerlegt: es ist also der Verschmelzungsprocess nicht bis zu Ende vollständig durchgeführt worden. Als Seitenäste giebt die Aorta frühzeitig ab die unpaare A. mesen- terica sup. und mesenterica inferior zum Darmcanal, ferner nahe ihrem hinteren Ende die beiden ansehnlichen Nabelgefässe (Arteriae umbili- cales) (Fig. 166 AT). Diese verlaufen von der hinteren Wand des Rumpfes an der Seite der Beckenhöhle nach vorn zur Allantois, die sich später in Harnblase und Urachus sondert, biegen hier um und ziehen zu beiden Seiten der Allantois in der Bauchwand zum Nabel, treten in die Nabelschnur ein und lösen sich in der Placenta in ein Capillarnetz auf, aus welchem sich das Blut wieder in der Nabelvene (Vena umbili- Fig. 364. Sehemati- sehe Darstellung der Me- tamorphose der Arterien- bogen bei den Vögeln. Nach Eathke. a innere, b äussere Ca- rotis, c Carotis communis, d Körperaorta, e vierter Bogen der rechten Seite (Aorten- wurzel). / rechte Subclavia. g Eückenaorta. h linke Sub- clavia (vierter Bogen der lin- ken Seite), t Lungenarterie. k und l rechter und linker Ductus Botalli der Lungen- arterien. 536 Siebzehntes Capitel. calis) sammelt. Während ihres Verlaufes in der Beckenhöhle geben die Nabelarterien Anfangs unscheinbare Seitenäste ab, die Iliacae in- ternae zu den Beckeneingeweiden, die Iliacae externae zu den als kleine Höcker am Rumpfe hervorsprossenden Extremitäten. Je mehr diese bei älteren Embryonen an Grösse zunehmen, um so ansehnlichere Ge- fässe werden die Iliacae externae und die ihre Fortsetzung bildenden Femorales. Nach Abgabe der beiden Nabelarterien ist die Aorta schwächer ge- worden und erstreckt sich nun noch als ein unscheinbares Gefäss, als Aorta caudalis oder Sacralis media bis zum Ende der Wirbelsäule. Mit der Geburt tritt auch in diesem Abschnitt des Arteriensystems noch eine wichtige Veränderung ein. Mit der Ablösung der Nabelschnur können die Nabelarterien kein Blut mehr in sich aufnehmen, sie veröden daher mit Ausnahme ihres Anfangsstückes, welches die Arteria iliaca in- terna und externa als Seitenzweige abgegeben hat und nun als A. iliaca communis bezeichnet wird. Aus den sich rückbildenden Gefässbahnen aber gehen zwei Bindegewebsstränge hervor, die seitlichen Blasennabel- bänder (Ligamenta vesico-umbilicalia lateralia), welche links und rechts von der Blase zum Nabel ziehen. d) Umwandlungen im Bereiche des Venensystems. Auf dem schwierigen Gebiete, mit welchem wir uns in diesem Ab- schnitte zu beschäftigen haben, bilden die älteren, vortrefflichen Arbeiten von Rathke und die neueren, verdienstlichen Untersuchungen von His und HocHSTETTER die Grundlage unseres Wissens. Sie zeigen uns, dass ursprünglich alle Hauptstämme des Venensystems, .-ISfaU Fig. 365. Sagittaleonstruetion eines menschlichen Embryo von 5 mm Nackenlänge (Embryo E His), um die Entwicklungsgeschichte der Herz- beutelbrusthöhle und des Zwerchfells zu erläutern. Nach His. ab Aortenbulbus. brh Drusthühle (Kocessus i)arietalis His). hh Herzbeutelhöhle. de Ductus Cuvieri. dv Dottervene, nv Nabelvene, vca Cardinalvene. vj Jugularvene. lg Lunge, s + ^ Anlage des Zwerchfells und der Leber, uk Unterkiefer. Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 537 mit A u s n a h 111 0 der unteren H o h 1 v e n e , p a a r i o; und sym- metrisch angelegt werden. Dies gilt sowohl für die Stämme, welche das Blut aus den Rumi)fwandungen und vom Kopfe aufnehmen, als auch für die Venen des Darmrohrs und der aus ihm entstandenen embryonalen Anhänge. Was zunächst die Rumpf venen betrifft, so sammelt sich das venöse Blut am Kopfe in den beiden Jugular venen (Fig. 3(35 vj und Fig. 366 Ä, je, ji), welche dorsal von den Schlundspalten nach abwärts ziehen und sich in der Gegend des Herzens mit den Cardinal venen verbinden (Fig. 365 v.ca und Fig. 366 Ä, ca). Diese steigen in ent- gegengesetzter Richtung von unten nach oben in der hinteren Rumpf- wand empor und nehmen das Blut besonders aus den Urnieren in sich auf. Aus dem Zusammenfluss beider Venen entstehen die CuviEß'schen Gänge (Fig. 365, 366 A, de), aus denen sich später die beiden oberen Hohlvenen entwickeln. Eine derartige symmetrische Anordnung zeigt das Rumpfvenensystem zeitlebens bei den Fischen. A B C ücd ile ile -/] P\— ili Fig. 366. Schema zur Entwicklung des Körpervenensystems. de Ductus Cuvieri. je, ji Vena jugularis externa, interna, s V. subclavia, vh V. hepatica revehens. U V. umbilicalis, ci (ci^) V. cava inferior. ca ^ca^, ca^, ca^) V. cardinalis. ilcd, ilcs V. iliaca communis dextra u. sinistra. ad, an V. anonyma brachio- cephalica dextra und sinistra. es V. cava superior. ess verkümmertes Stück der V. cava superior sinistra. cc V. coronaria cordis. az V. azygo?,. hz (kz^) V. hemiazygos. ile y. iliaca externa, ili V. iliaca interna, r V. renalis. Die CuviER'schen Gänge liegen auf den frühesten Stadien eine Strecke weit in der Seitenw^and der Herzbeutelbrusthöhle, wo sie vom Rücken zur Vorderwand des Rumpfes herabziehen (Fig. 365); hier an- gelangt, treten sie, um zum Vorhof des Herzens zu gelangen, in das Septum transversum ein (Mesocardium laterale Köllikek's). Dieses wichtige embryonale Gebilde stellt einen Sammelpunkt für alle in das Herz einmündenden Venenstämme dar. In ihm gesellen sich zu den CuviER'schen Gängen auch noch die Eingeweidevenen hinzu (Fig. 358 ]^om u. Vu und Fig. 365 dv u. nv), die paarigen Dotter- und Nabel- 538 Siebzehntes Capitel. venen, und verbinden sich unter einander zu dem gemeinsamen Venen- sinus, der schon bei der Entwicklung des Herzens (S. 521) erwähnt wurde und unmittelbar zwischen Vorhof und Septum transversum ge- legen ist. Die beiden Dottervenen (Venae omphalomesentericae) führen das Blut aus dem Dottersack zurück, sie sind die beiden ältesten und stärksten Venenstämme des Körpers, werden aber in demselben Maasse unschein- barer, als der Dottersack zum Nabelbläschen einschrumpft. Sie laufen nahe bei einander am Darmrohr entlang und kommen seitlich von Duo- denum und Magen zu liegen, wo sie schon frühzeitig durch quere Ana- stomosen verbunden werden. Auch die Nabelvenen (Venae umbilicales) sind ursprünglich doppelt. Anfangs sehr klein, werden sie später im Gegensatz zu den Dottervenen immer ansehnlicher, je bedeutender sich die Placenta entwickelt, aus welcher sie das Blut zum Embryo zurückleiten. Im embryonalen Körper finden sich die Nabelvenen am Beginn ihres Auftretens in die seitliche Bauchwand (Fig. 358 Vu) eingebettet, in welcher sie ebenfalls zu dem Septum transversum und dem Venensinus (sr) hinziehen. Später als alle diese paarigen Stämme wird die untere Hohlvene angelest (Fig. 366 Ä, ci). Sie tritt von Anfang an als ein unschein- bares, unpaares Gefäss (beim Kaninchen am zwölften Tage) (Hoch- stetter) rechterseits von der Aorta im Gewebe zwischen beiden Urnieren auf und verbindet sich caudalwärts mit den Cardinalvenen durch seitliche Anastomosen. Am Herzen mündet sie in den Venensinus. Von dieser Urform des Venensystems (Fig. 366 A) sind die blei- benden Verhältnisse beim Menschen abzuleiten. Hierbei treten besonders drei Umwandlungen in den Vordergrund: 1) Die Venen münden statt in einen Venensinus direct in den Herzvorhof ein. 2) Die symme- trische Anordnung im Gebiet der CuviER'schen Gänge, der Jugular- und Cardinalvenen macht einer asymmetrischen Anordnung Platz unter Rückbildung oder Verkümmerung einiger Hauptstämme. 3) Mit der Entwicklung der Leber bildet sich ein besonderer Pfortaderkreislauf aus. Die erstgenannte Umwandlung vollzieht sich in der Weise, dass der Venensinus selbst in den Vorhof mit aufgenommen wird. Zuerst in dem Septum transversum eingeschlossen , hebt er sich über das obere Niveau desselben hervor, löst sich von ihm ab und kommt als Anhang des Vorhofs in die vordere Rumpfhöhle zu liegen. Schliesslich ver- schmilzt er vollständig mit dem Herzen und liefert den glatten Bezirk der Vorhofswand, welcher der Kammmuskeln entbehrt (His). In ihm finden sich die getrennten Mündungen der CuviER'schen Gänge, der späteren oberen Hohlvenen und eine besondere Mündung für die von unten kommenden Eingeweidevenen (für die spätere V. cava inferior). Die Umwandlungen im Gebiet der CuviER'schen Gänge beginnen mit einer Veränderung ihrer Lage. Ihr Verlauf von oben nach unten wird ein steilerer. Dabei treten sie ebenso, wie der Venensinus, aus dem Niveau des Septum transversum und der seitlichen Rumpfwand nach innen hervor und heben die sie überziehende, seröse Membran als eine sichelförmige Falte empor, die zur Bildung des Herzl)eutels beiträgt und schon früher als PI europericardial falte beschrieben wurde. Indem diese mit dem Mediastinum verwächst, gerathen die CuviER'schen Gänge aus der Rumi)fwand in das Mediastinum hinein und kommen in der Medianebene näher an einander zu liegen. Unter ihren Zufluss- bahnen gewinnen die Jugularvenen innner mehr die Oberhand über Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 539 die Cardinalvenen aus einer dreifachen Ursache (Fig. 367 B). Einmal eilt der obere Körperabschnitt und namentlich (las Gehirn im Wachs- thum dem liinteren Körperabschnitt weit voraus, und zweitens erwächst in diesem den Cardinalvenen eine Concurrenz in der unteren Hohl- vene, welche an ihrer Stelle die Ableitung des Blutes übernimmt. Drittens münden, wenn sich die vorderen Gliedmaassen anlegen, noch die Venae subdaviae (s) in die V. jugulares ein. In Folge dessen er- scheint jetzt ihr unterer Abschnitt von der Einmündung der V. sub- clavia an als die unmittelbare Fortsetzung des CuviER'schen Ganges und wird mit ihm zusammen als obere Hohlvene bezeichnet (Fig. 367 B, csd). A B C [ jt je s as ad csd CS cc az ca vli Cl U hz^ ci ca ilcs ili ci- ilcd ile Fig. 367. Scheraa zur Entwicklung des Körpervenensystems. de Ductus Cuvieri. je, ji Vena jugularis externa, interna, s V. subclavia, vli V. hepatica revehens. IT V. umbilicalis, ci (ci^) V. cava inferior, ca (ca^, ca^, ca^) V. cardinalis. ücd, ües V. iliaca communis dextra u. sinistra. ad, as V. anonyma brachio- cephalica dextra und sinistra. es V. cava superior. css verkümmertes Stück der V. cava superior sinistra. cc V. coronaria cordis. az V. azygos. hz ihz^) V. hemiazygos. ile V. iliaca externa, ili V. iliaca interna, r V. renalis. Zwischen linker und rechter Seite besteht in der Verlaufsrichtung der oberen Hohlvenen ein Unterschied , welcher , wie Gegenbaur her- vorhebt, für die sich beim Menschen ausbildende Asymmetrie die Ver- anlassung wird. Während die rechte, obere Hohlvene (Fig. 367 B, csd) mehr gerade von oben nach unten zum Herzen herabsteigt, muss die linke (css) einen etwas längeren Weg beschreiben. Mit ihrfsm Endab- schnitt krümmt sie sich von links nach rechts um die hintere Wand des Vorhofs, wo sie in die Kranzfurche eingebettet wird und noch das Blut aus den Kranzvenen (cc) des Herzens aufnimmt. Bei den Reptilien, Vögeln und vielen Säugethieren erhält sich ein derartiges Stadium mit zwei oberen Hohlvenen dauernd ; beim Menschen besteht es nur in den ersten Monaten. Dann kommt es zu einer theil- weisen Rückbildung der linken oberen Hohlvene. Eingeleitet wird die Rückbildung dadurch, dass sich zwisclien dem linken und rechten Stamme 540 Siebzehntes Capitel. eine quere Anastomose (Fig. 367 JB, as) ausbildet. Diese führt das Blut von der linken auf die rechte Seite herüber, wo die Bedingungen für den Rückfluss des Blutes zum Herzen günstigere sind. In Folge dessen wird der Endabschnitt der rechten Hohlvene bedeutend stärker, der Endabschnitt der linken dagegen in demselben Grade schwächer. Schliess- lich tritt hier eine vollständige Verödung der Blutbahn ein (Fig. 367 C, css) bis auf den in der Kranzfurche eingeschlossenen Theil (cc). Letz- terer erhält sich otfen, da ihm die Herzvenen Blut zuführen, und wird jetzt als Sinus coronarius unterschieden. Ein in mancher Beziehung ähnlicher Vorgang wiederholt sich bei den Cardinalvenen (Fig. 367 A, ca). Dieselben sammeln das Blut aus den ürnieren und der hinteren Rumpfwand, aus der Beckenhöhle und aus den hinteren Extremitäten. Aus der Beckenhöhle nehmen sie die Venae hypogastricae {il.i) und von den Extremitäten die V. iliacae externae {il.e) und ihre Fortsetzung, die V. crurales, auf. Auf diese Weise sind die Cardinalvenen ursprünglich, wie bei den Fischen, die Hauptsamnielstärame der unteren Rumpfhälfte. In der Folgezeit aber verlieren sie an Bedeutunu', indem au ihrer Stelle die untere Hohlvene zum Hauptsammeistamm wird. Die Entwicklung der unteren Hohlvene ist erst in den letzten Jahren durch HocHSTETTER aufgeklärt worden. Nach seinen Untersuchungen hat man an ihr zwei Strecken zu unterscheiden, welche ihrem Ursprung nach verschieden sind, eine kürzere, vordere, und eine längere, hintere Strecke. Erstere tritt, wie schon erwähnt, als ein unscheinbares Gefäss rechterseits von der Aorta im Gewebe zwischen beiden Ürnieren auf (Fig. 367 A u. B, ci), letztere dagegen entwickelt sich später aus dem hinteren Abschnitt der rechten Cardinalvene (Fig. 367 B, ci'-). Es ver- bindet sich nämlich der vorn selbständig entstandene Theil der unteren Hohlvene bald nach seiner Anlage in der Gegend der Vena renalis (r) durch Queräste mit den beiden Cardinalvenen. In Folge dieses ver- grösserten Zufiussgebietes nimmt er bald an Weite bedeutend zu, und da er günstigere Bedingungen für die Ableitung des Blutes aus der unteren Körperhälfte als der obere Abschnitt der Cardinalvenen dar- bietet, wird er endlich die Hauptbahn. Wenn das bis jetzt beschrieliene Stadium zum bleibenden Zustand würde (Fig. 367 B), so würden wir eine untere Hohlvene erhalten, die in der Gegend der Nierenvenen {r) sich in zwei Parallelstänune gabelt, die zu beiden Seiten der Aorten zum Becken herabsteigen. Wie bekannt, finden sich solche Fälle unter den Varietäten des Venensystems; sie lassen sich von dem eben beschriebenen Entwicklungsstadium als Hem- mungsbildungen herleiten. Sie kommen aber nur selten zur Beobachtung, denn beim normalen Verlauf der Entwicklung bildet sich frühzeitig eine Asymmetrie zwischen den unteren Abschnitten der beiden Cardinalvenen aus, von dem Augenblick, wo diese sicli mit der Anfangsbahn der un- teren Hohlvene durch Anastomosen verbunden haben. Der rechte Ab- schnitt erhält nämlich das Uebergewicht , erweitert sich und bleibt schliesslich allein bestehen (Fig. 367 B u. C) , während der linke im Wachsthum zurückbleibt und eingeht. Es erklärt sich dies aus zwei Verhältnissen. Einmal liegt die rechte Cardinalvene {ci^) mehr in der directen Verlängemng der unteren Hohlvene, als es bei der linken der Fall ist und findet sich auf diese Weise unter günstigeren Bedingungen; zweitens ])ildet sich in der Beckengegend zwischen beiden Cardinalvenen eine Anastomose aus {il.c.s), welche das Blut der linken V. hypogastrica Die Organe des Zwisclienblattes oder Mesenchynis. 541 und der linken V. iliaca externa und cruralis auf die rechte Seite über- leitet. Durch diese Anastomose, welche zur Vena iliaca communis sinistra wird, wird das zwischen Nierenvene und Becken gelegene IStück der linken Cardinalvene (Fig. 1367 0, c.a^) ausser Function gesetzt und verfällt mit der Rückbildung der Urniere gleichfalls dem Untergang. Die rechte Cardinalvene ist nun eine Strecke weit zur directen Fort- setzung der unteren Hohlvene geworden, und zwar liefert sie den Ab- schnitt derselben, welcher zwischen der Nierenvene und der Theilung in die Venae iliacae comnumes gelegen ist (Fig. 367 B u. C, cP). Während der Bauch theil der linken Cardinalvene (Fig. 367 C, ca^) eingeht und der entsprechende Abschnitt von der rechten Cardinalvene das untere Stück der unteren Hohlvene {ci^) liefert, bleiben ihre Brust- theile in reducirter Form bestehen; denn sie nehmen aus den Inter- costalräumen das Blut auf (Fig. 367 B, ca). Hier ist jetzt noch eine letzte Metamorphose nachzutragen, durch welche ebenfalls eine Asym- metrie zwischen beiden Körperhälften herbeigeführt wird. Im Brusttheil des Körpers werden die ursprünglichen Circulationsverhältnisse durch die Rückbildung der linken, oberen Hohlvene verändert (Fig. 367 C, css). Der directe Abfluss der linken Cardinalvene zum Vorhof wird erschwert und hört schliesslich unter Rückbildung der als ca^ bezeichneten Weg- strecke ganz auf. Währenddem nimmt eine Anastomose (ä^^), die sich in querer Richtung vor der Wirbelsäule und hinter der Aorta zwischen den entsprechenden, beiderseitigen Gefässen gebildet hat, das Blut der linken Körperhälfte auf und leitet es auf die rechte über. Auf diese Weise wird der Brusttheil der linken Cardinalvene und ihre Anastomose zur linken Vena hemiazygos {hz u. hz'^), die rechte an Stärke über- wiegende Cardinalvene wird zur Azygos {az). Somit ist nach vielen Umwegen der bleibende Zustand im Bereich des Rumpfvenensystems mit seiner Asymmetrie und seinem Uebergewicht der Venenstämme in der rechten Körperhälfte erreicht. Eine dritte Reihe von Umwandlungen, die wir jetzt noch in das Auge zu fassen haben, betrifft die Entwicklung eines Leberkreis- laufs. Derselbe erhält sein Blut auf verschiedenen Stadien der Embryonal- entwicklung aus wechselnden (Quellen, eine Zeit lang aus den Dotter- venen, während einer zweiten Periode aus der Nabelvene und nach der Geburt endlich wieder aus den Darmvenen, aus der Pfortader. Dieser dreifache Wechsel findet seine Erklärung in den Wachs- thumsverhältnissen der Leber, des Dottersacks und der Placenta. Solange die Leber klein ist, geniigt das vom Dottersack kommende Blut zu ihrer Ernährung. Wenn sie sich dann aber in sehr beträchtlicher Weise vergrössert, während der Dottersack im Gegentheil verkümmert, müssen andere Blutbahnen, jetzt die Nabelvenen, Ersatz schaffen. Wenn schliesslich der Placentarkreislauf mit der Geburt auf- hört, können die Venenstämme des Darmcanals, die mittlerweile sehr ansehnlich geworden sind, den Bedarf decken. Diese Gesichtspunkte sind im Auge zu behalten, um die wechselnden Circulationsverhältnisse in der Leber und die tiefgreifenden Verände- rungen zu verstehen, denen die zur Leber in Beziehung tretenden Venen- stämme, die Dotter- und Nabelvenen und die Pfortader, bei der wech- selnden Blutzufuhr naturgemäss unterworfen sind. Wenn die Lebergänge aus dem Duodenum in das ventrale Darm- gekröse und Septum transversum hineinwachsen und Sprossen treiben, 542 Siebzehntes Capitel. umfassen sie die beiden am Darm verlaufenden Dottervenen , die an dieser Stelle durch ringförmige, das Duodenum umgebende Querana- stomosen (Sinus annularis, His) zusammenhängen (Fig. 365 dv). Sie werden von ihnen durch Abgabe von Seitenzweigen mit Blut versorgt. Je mehr sich die Leber vergrössert, um so ansehnlicher werden die Seitenzweige (Venae hepaticae advehentes) und lösen sich (Fig. 216) zwischen dem Netzwerk der Lebercylinder (Ic) in ein Capillarnetz (g) auf, aus welchem sich am dorsalen Rande der Leber wieder stärkere, ableitende Gefässe (Venae hepaticae revehentes) sammeln und das Blut in das am Vorhof einmündende Endstück der Dottervenen zurückführen. In Folge dessen wird die zwischen den Venae hepaticae advehentes und revehentes gelegene Bahn der Dottervene immer unscheinbarer und ver- ödet schliesslich ganz, indem alles Blut vom Dottersack für den Leber- kreislauf verwendet wird. Es vollzieht sich hier im Grossen derselbe Process wie bei den kiemenathmenden Wirbelthieren an den Gefässen der Schlundbogen, die auch mit der Entstehung der Kiemenblättchen in Kiemenarterien, Kiemenvenen und ein dazwischen geschaltetes Capillar- netz aufgelöst werden. Schon frühzeitig nehmen die zwei Nabelvenen am Leberkreislauf Theil. Sie verlaufen ursprünglich von der Nabelschnur an in der vor- deren Bauchwand (Fig. 358 Vu). aus welcher sie Seitenzweige be- ziehen, und treten dann über der Leberanlage in den Venensinus (Sr). Sie schlagen somit einen ganz anderen Weg ein als später, wo sich das Endstück der Nabel vene unter der Leber vorfindet. Nach His findet die Verlegung ihrer Bahn in folgender Weise statt: Die rechte Nabelvene verkümmert theilweise (wie auch beim Hühnchen, Seite 516) und wird , soweit sie erhalten bleibt, zu einer Bauchdecken- vene. Die linke Nabelvene dagegen giebt am Septum transversum Ana- stomosen zu benachbarten Venen ab, von welchen eine sich unter der Leber zum Ringsinus der Dottervenen begiebt und dadurch einen Theil des Placentarblutes in den Leberkreislauf überleitet. Da bei ihrem raschen Wachsthum die Leber einer grossen Blutzufuhr bedarf, wird bald die Anastomose zur Hauptbahn und nimmt schliesslich unter Ver- kümmerung der ursprünglichen Strecke alles Nabelvenenblut auf. Dieses circulirt, mit dem Blut des Dottersacks gemischt, in den von den Dottervenen aus entwickelten Bahnen, in den Venae hepaticae advehentes und revehentes durch die Leber; es fliesst darauf in den Vorhof durch das Endstück der Dottervene. Letzteres nimmt auch die untere Hohl- vene, welche zu dieser Zeit noch unscheinl)ar ist, in sich auf und kann daher schon jetzt, im Hinblick auf die fertigen Zustände, als Herzende der unteren Hohlvene bezeichnet werden. Während einer kurzen Periode muss alles Placentar- blut, um zum Herz zu gelangen, erst den Leberkreis- lauf durchmachen. Ein directer Abfluss zur unteren Hohl vene durch den Ductus venös us Arantii existirt noch nicht. Ein solcher aber wird von dem Moment an noth wendig werden, wo durch das Wachsthum des Embryo und der Placenta das Nabelvenenblut an Menge so zugenommen hat, dass der Leberkreislauf es nicht zu fassen vermag. Dann entwickelt sich aus Anastomosen eine directere Zweigliahn, der Ductus venosus Arantii (Fig. 368 d. Ä) zwischen Nabel- (n.v) und unterer Hohlvene (c.i") an der unteren Fläche der Leber. Es tritt so das Verhältniss ein, welches bis zur Geburt bestehen bleibt: an der Leberpforte theilt sich das Placentarblut (nv) in zwei Die Organe des Zwiscbenblattes oder Mesenchyms. 543 Ströme. Der eine Strom geht direct durch den Ductus venosus Arantii (d.Ä) in die untere Ilohlvene {c.i"), der andere Strom macht den Umweg durch die Venae hepaticae advehentes (ha.s u. ha.d) in die Leber; er vermischt sich hier mit dem der Leber durch die Dottervene (pf'.a) zu- geführten Blut des Dottersacks und des inzwischen vergrösserten Darm- canals und gelangt schliesslich durch die Venae hepaticae revehentes (hr) gleichfalls in die untere Hohlvene {c.i"). Ueber die nachzutragen. Entwicklung der Pfortader ist jetzt noch Einiges Figur 368 als em rechte zuführende et" h.r Ue unpaares Gefäss (j)f- et) Lebervene ein, bezieht ha.s e.t' d.A ha.d pf.a r.le n.v Fig. 368. Leber eines achtmonatlichen menschlichen Embryo von der unteren Fläche gesehen. Aus Gegenbaur. l.le linker Leberlappen, r.le rechter Leber- lappen, n.v Nabelvene. d.A Ductus venosus Arantii. pf.a Pfortader, ha.s, ha.d Vena hepatica advehens sinistra und dextra. h.r Vena hepatica revehens. c.i' Cava inferior, c.i" Endstück der Cava inferior, welches di« Venae hepaticae revehentes {h.r) auf- nimmt. Sie ist in der zu sehen. Sie mündet in die ihre Ursprungswurzeln aus dem Gebiet des Darmcanals und führt von ihm das Venenblut in den rechten Leberlappen hinein. Ihre Entstehung leitet sich von den beiden primitiven Dotter- venen her. Nach der Darstellung von Hjs verschmelzen die beiden Dottervenen auf der Strecke, wo sie dicht neben einander am Darmcanal hin- laufen; auf der Strecke da- gegen, wo sie zur Leber treten und durch 2 ring- förmige, das Duodenum um- greifende Anastomosen zu- sammenhängen, entsteht ein unpaarer Stamm dadurch, dass vom unteren Ring die rechte, vom oberen die linke Hälfte ver- kümmert. Die so entstandene Pfortader läuft daher erst links um das Duodenum nach hinten herum und kommt dann an seiner rechten Seite hervor; sie bezieht ihr Blut theils von dem Dottersack, theils von dem Darmcanal durch die Vena mesenterica. Die erste Quelle versiegt später mit der Rückbildung des Dottersacks, die andere aber wird immer er- giebiger mit der Vergrösserung des Darms, des Pancreas und der Milz und führt in den letzten Monaten der Schwangerschaft einen starken Strom der Leber zu. Die Veränderungen, welche zur Zeit der Geburt noch eintreten, sind leicht zu verstehen (Fig. 368). Mit der Ablösung der Nachgeburt hört der Placentarkreislauf auf. Die Nabelvene {nv) führt kein Blut mehr der Leber zu. Ihre Strecke vom Nabel bis zur Leberpforte verödet und geht in ein faseriges Band (das Ligamentum hepato-umbilicale, oder L. teres hepatis) über. Desgleichen liefert der Ductus Arantii (d.A) das bekannte, in der linken Sagittalfurche eingeschlossene Band (Ligamentum venosum). Die linke und rechte Vena hepatica advehens {ha.s und ha.d) erhalten nun wieder ihr Blut, wie es am ersten Anfang der Entwicklung der Fall war, vom Darmcanal durch die Pfortader {pf. a). Nachdem wir mit den morphologischen Vorgängen im Einzelnen be- kannt geworden sind, schliesse ich den Abschnitt über das Gefässsystem mit einer kurzen Skizze des embryonalen Blutkreislaufes vor der Geburt. Für ihn ist charakteristisch, dass noch keine 544 Siebzehntes Capitel. Scheidung in zwei gesonderte Kreisläufe, in den grossen oder Körper- kreislauf und in den kleinen oder Lungenkreislauf, erfolgt ist, dass ferner in den meisten Gefässen weder rein arterielles noch rein venöses, sondern gemischtes Blut circulirt. Rein arterielles Blut enthält nur die von der Placenta herkommende Nabelvene, von der aus wir den Kreislauf verfolgen wollen. An der Leber angelangt, theilt sich der Strom der Nabelvene in zwei Arme. Ein Strom geht direct durch den Ductus Arantii in die untere Hohlvene und mischt sich hier mit dem venösen Blut, welches von den hinteren Extremitäten und den Nieren zum Herzen zuriickfliesst. Der andere Strom geht durch die Leber, wo sich ihm das venöse vom Darm herrührende Blut der Pfortader zugesellt, und gelangt auf diesem Umweg durch die Venae hepaticae revehentes gleichfalls in die untere Hohlvene. Aus ihr fliesst das gemischte Blut in den rechten Vorhof, wird aber in Folge der Stellung der Eustachischen Klappe und da das ovale Loch noch offen ist, durch dieses in den linken Vorhof zum grössten Theil übergeleitet. Der andere, kleinere Theil vermischt sich wieder mit dem venösen Blut, welches die obere Hohlvene vom Kopf, von den oberen Extremitäten und durch die V. azygos von den Runipf- wandungen gesammelt hat, und wird in die rechte Kammer, von hier in die Pulmonalis getrieben. Diese giebt einen Theil ihres stark venösen Blutes an die Lungen, den anderen Theil durch den Ductus Botalli an die Aorta ab, wo er sich dem arterielleren, aus der linken Kanmier kommenden Strom hinzugesellt Das Blut der linken Kammer rührt besonders aus der unteren Hohl- vene her, zum kleineren Theil aus den Lungen, welche ihr Blut, das zu dieser Zeit venös ist, in den linken Vorhof ergiessen. Es wird in den Aortenbogen getrieben und theils durch seine Seitenäste an den Kopf und die oberen Gliedmaassen (Carotis communis. Subclavia) abge- geben, theils nach abwärts in die Aorta descendens weitergeleitet, wo sich mit ihm der venösere Blutstrom aus dem BoTALLi'schen Gang von der rechten Herzkammer vereinigt. Das gemischte Blut wird an den Darmcanal und die unteren Gliedmaassen vertheilt, hauptsächlich aber gelangt es durch die beiden Nabelarterien in die Placenta, wo es wieder arteriell gemacht wird. In der Vertheilung des Blutes in dem vorderen und dem hinteren Kör- perabschnitt ist ein beachtenswerther Unterschied leicht zu erkennen. Der erstere erhält durch die Carotis und Subclavia ein arterielleres Blut zuge- führt als der letztere, da sich dem Strom in der Aorta descendens noch das venösere Blut der rechten Kammer durch den BoTALLi'schen Gang hinzuge- sellt. Namentlich in der Mitte der Schwangerschaft ist dieser Unterschied bedeutend. Man hat hierauf das laschere Wachsthum des oberen Körpertheils im Vergleich zum unteren zurückzuführen versucht. Wie die Skizze gezeigt hat. findet überall eine Vermischung ver- schiedener Blutarten statt; sie ist freilich in den einzelnen Monaten des embryonalen Lebens keine gleichmässige, da ja die einzelnen Organe ihre Grösse in ungleicher Weise verändern, und da namentlich die Lun- gen später mehr Blut aufzunehmen im Stande sind, da ferner das ovale Loch und der BoiALLi'sche Gang in den letzten Monaten enger werden. Li Folge dieser Momente gelangt schon vor der Geburt weniger Blut aus der unteren Hohlvene in den linken Vorhof und ebenso weniger Die Organe des Zwischenbluttes oder Mesenchyms. 545 Blut aus der Pulinoualarterie in die absteigende Aorta, als es in frühe- ren Monaten der Fall war. So wird allmählich gegen das Ende der Schwangerschaft eine Scheidung in ein linkes und ein rechtes Ilerz mit ihren getrennten Blutbahnen eingeleitet (Hasse). Vollständig aber wird sie fast mit einem Schlag erst in Folge der Geburt. Grosse Veränderungen werden jetzt herbeigeführt durch den Eintritt der Lungenathmung und durch den Wegfall des Placentarkreislaufs. Beide Momente wirken zusannnen dahin, dass der Blutdruck im linken Herzen erhöht, im rechten Herzen heraligesetzt wird. Herabgesetzt wird der Blutdruck, da aus der Nabelvene kein Blut mehr in den rechten Vorhof einströmt und da die rechte Kammer an die sich ausweitende Lunge mehr Blut abgeben nmss. In Folge dessen schliesst sich der BoTALLi'sche Gang (Fig. 363 n) und wird dann zum gleichnamigen Band (Ligamentum Botalli) umgewandelt. Da ferner aus der Lunge mehr Blut jetzt in den linken Vorhof strömt, steigt in diesem der Druck, und da er im rechten Vorhof gleichzeitig sinkt, kommt es in Folge der besonde- ren Klappen Vorrichtungen zum Verschluss des ovalen Loches. Es legt sich nämlich die Vavulva foraminis ovalis mit ihren Rändern an den Limbus Vieussenii fest an und verwächst mit ihm. Durch den Verschluss des ovalen Lochs und des BoTALLi'schen Ganges ist die vor der Geburt schon angebahnte Scheidung in einen gi'ossen Körperkreislauf und einen kleinen Lungenkreislauf vollendet. Am Schluss des Abschnittes über die Entwicklung des Blutgefäss- systems sei noch mit wenigen Worten eines Organs gedacht, welches in der descriptiven Anatomie meist bei den Organen des Kreislaufs be- sprochen zu werden pflegt — der Milz. Entwicklungsgeschichtlich ist über dieselbe nur wenig zu berichten. Bei menschlichen Embryonen von 7 mm Länge wurde ihre erste Anlage schon im Mesogastrium , in der Nähe des Magens, von His aufgefunden. Ueber die Abstammung des die Milzanlage bildenden Zellmaterials sind Maurer und Laguesse zu verschiedenen Ergebnissen gelangt. Nach Maurer stammt die Milzanlage vom Darmepithel ab. Bei Amphi- bienlarven, die seine Untersuchungsobjecte gewesen sind, wandern aus dem Epithel des Magens einzelne Zellen aus, dringen als Wanderzellen in das Mesogastrium hinein, wobei sie die Scheiden der Darmarterien als Weg benutzen, und sammeln sich hier zu einem kleinen Häufchen in der Nähe des Magens an. Nach Laguesse dagegen, der Fischembryonen untersucht hat, entsteht die Milz durch Wuchenmg von Mesenchymzellen in unmittelbarer Beziehung zu den Aesten der späteren Pfortader. Beim Menschen werden die MALPiGHi'schen Körperchen der Milz erst kurze Zeit vor der Geburt deutlich erkennbar. Zusammenfassung. Entwicklung des Herzens. 1) In der ersten Anlage des Herzens lassen sich zwei verschiedene Typen bei den Wirbelthieren unterscheiden. Erster Typus. Bei Cyclostomen, Selachiern, Ganoiden, Amphibien entwickelt sich das Herz von Anfang an unpaar an der 0. Hertwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. 35 546 Siebzehntes Capitel. unteren Fläche der Kopfdarmhöhle im ventralen Darmgekröse, welches dadurch in ein Mesocardium anterius und posterius zerlegt wird. Zweiter Typus. Bei Vögeln und Säugethieren entwickelt sich das Herz aus zwei getrennten Hälften, welche nachträglich unter einander zu einem einfachen und dann wie beim ersten Typus gelagerten Schlauch verschmelzen. 2) Der zweite Typus ist von dem ersten abzuleiten und aus einer Anpassung an den grossen Dottergehalt des Eies zu erklären, indem sich das Herz schon zu einer Zeit anlegt, wo die Darmplatte noch auf dem Dotter flächenartig ausgebreitet und noch nicht zur Kopfdarmhöhle zusammengefaltet ist. 3) Die Zellen, welche sich zum Herzendothel vereinigen, spalten sieh von einer in Wucherung begriffenen, verdickten Stelle des Darm- drüsenblattes ab. 4) Das Herz legt sich bei allen Wirbelthieren zuerst in der Kopf- halsgegend hinter dem letzten Schlundbogen an. 5) Das hintere oder venöse Ende des einfachen Herzschlauchs nimmt das Blut aus dem Körper durch die Venae omphalo-mesentericae auf, das vordere oder arterielle Ende giebt durch den Truncus arteriosus das Blut an den Körper ab. 6) Der einfache Herzschlauch geht bei den amnioten Wirbelthieren durch eine Reihe von Metamorphosen, 1) durch Krümmungen, Ein- schnürungen und Lageveränderungen und 2) durch Bildung von Scheide- wänden in seinem Innern in das aus zwei Kammern und zwei Vorhöfen zusammengesetzte Herz über. 7) Der gerade Schlauch nimmt die Form eines S an. 8) Der venöse Abschnitt des S kommt mehr dorsal, der arterielle mehr ventral zu liegen; beide setzen sich durch eine verengte Stelle, den Ohrcanal, gegen einander ab und sind jetzt als Vorhof und Kammer zu unterscheiden. 9) Der venöse Abschnitt oder der Vorhof treibt seitliche Ausstül- pungen, die Herzohren, welche sich von hinten um den Truncus arte- riosus herumlegen. 10) Die Scheidewandbildung, durch welche Vorhof, Kammer und Truncus arteriosus in eine linke und eine rechte Hälfte abgetheilt wer- den, beginnt von drei verschiedenen Stellen aus. a) Zuerst zerfällt der Vorhof durch die Vorhofsscheidewand in eine linke und eine rechte Hälfte; die Trennung wird aber wieder eine unvollständige dadurch, dass in der Scheidewand eine Durch- brechung entsteht, das ovale Loch (Foramen ovale), welches sich bis zur Geburt oflfen erhält. b) Indem die Vorhofsscheidewand nach abwärts wächst (Septum inter- medium von His), trifft sie den Ohrcanal und zerlegt seine Oeffnung in ein linkes und ein rechtes Ostium atrioven- triculare. c) Die Kammer zerfällt durch eine von der Herzspitze aus ent- stehende Scheidewand (Septum ventriculi) in eine durch den Sulcus interventricularis auch äusserlich bezeichnete linke und rechte Hälfte. d) Der Truncus arteriosus theilt sich in Pulmonalarterie und Aorta durch Entwicklung einer besonderen Scheidewand, welche zuerst oben beginnt, nach abwärts wächst und sich mit der Kammer- scheidewand vereinigt. Die Organe des Zwischeublattes oder Mesenchyms. 547 e) Die vollständige Trennung im Vorhof erfolgt erst nach der Ge- burt durch dauernden Verschluss des Foranien ovale. 11) Am Ostium atrioventriculare und am Ostium arteriosum bilden sich die ersten Anlagen der Klappen als nach innen vorspringende Ver- dickungen des Endocards (Endothelkissen). Entwicklung der Hauptarterienstämme des Menschen und der Säugethiere. 12) Aus dem Truncus arteriosus entspringen sechs Paar Schlund- bogengefässe (Aortenbogen), welche den Schlundbogen entlang verlaufen, die Kopfdarmhöhle seitlich umfassen und sich dorsal zu den beiden pri- mitiven Aorten vereinigen. 13) Die beiden primitiven Aorten verschmelzen frühzeitig zu der unpaaren, unter der Wirbelsäule gelegenen Aorta. 14) Von den sechs Paar Schlundbogengefässen bildet sich bei den Säugethieren das erste, zweite und fünfte Paar zurück, das dritte liefert das Anfangsstück der Carotis interna, der vierte Bogen wird auf der linken Seite zum Aortenbogen, auf der rechten Seite zur Arteria ano- nyma brachiocephalica und dem Anfangsstück der Subclavia; der letzte Bogen giei)t Aeste zur Lunge ab und wird zur Pulmonalarterie , bleibt aber auf der linken Seite bis zur Geburt durch den Ductus Botalli mit dem Aortenbogen in offener Verbindung, während das entsprechende Stück der rechten Seite verkümmert. 15) Nach der Geburt schliesst sich der Ductus Botalli und liefert das gleichnamige Band. 16) Von der Aorta gehen zwei Paar grössere Arterienstämme zu den embryonalen Anhangsorganen, die Dotterarteiien (Arteriae omphalo- mesentericae) zu dem Dottersack, die Nabelarterien zum Harnsack und zum Mutterkuchen. 17) Die Dotterarterien dienen dem Dotterkreislauf und verkümmern später mit der Rückbildung des Nabelbläschens. 18) Die Nabelarterien, weiche mit der zunehmenden Entwicklung des Mutterkuchens immer ansehnlicher werden, entspringen vom Lenden- theil der Aorta, ziehen in der seitlichen Beckenwand nach vorn, dann zur Seite der Blase an der Innenfläche des Bauches zum Nabel und Nabelstrang. 19) Die Nabelarterien geben die A. iliaca interna zur Beckenhöhle, die A. iliaca externa zur unteren Extremität ab. 20) Nach der Geburt verkümmern die Nabelarterien zum seitlichen Blasennabelband (Ligamentum vesico-umbilicale laterale), bis auf ihr An- fangsstück, das als.A. iliaca communis bestehen bleibt. Entwicklung der Hauptvenenstämme. 21) Mit Ausnahme der unteren Hohlvene werden alle Venenstämme paarig und symmetrisch angelegt. 22) Die beiden Venae jugulares sammeln das Blut vom Kopf, die beiden Cardinalvenen vom Rumpf, besonders aber von den Urnieren. 23) Jugular- und Cardinalvenen verbinden sich jederseits. zu den CuviER'schen Gängen, die in querer Richtung von der seitlichen Rumpf- wand zum hinteren Ende des Herzens ziehen, in eine Querfalte der vor- deren Rumpfwand, das Septum transversum, eingebettet. 35* 548 Siebzehntes Capitel. 24) Die beiden Dottervenen sammeln das Blut aus dem Dottersack und verlaufen vom Nabel an in dem ventralen Darmgekröse gleichfalls zum Septum transversum. 25) Die beiden Nabelvenen sammeln das Blut aus dem Mutter- kuchen und verlaufen von der Insertion der Nabelschnur Anfangs in der Bauch wand zum Septum transversum. 26) Im Septum transversum vereinigen sich CuviEß'sche Gänge, Dotter- und Nabelvenen zum Sinus reuniens, welcher später als selb- ständiges Gebilde schwindet und mit in den Herzvorhof eingezogen wird. 27) Die Cardinal venen verlieren an Bedeutung 1) in Folge der Rück- bildung der Urniere, und 2) dadurch, dass die untere Hohlvene das Blut aus der unteren Körperhälfte zum Herzen zurückleitet. 28) Die untere Hohlvene entsteht mit ihrem oberen Theil als ein unpaares, selbständiges Gefäss zwischen beiden Cardinalvenen und ver- bindet sich darauf an der Einmündungssteile der Nierenvene mit der rechten Cardinalvene. Letztere bildet sich auf diese "Weise zum unteren Abschnitt der unteren Hohlvene um. 29) Die CuviER'schen Gänge mit dem Anfang der Jugularvenen werden als obere Hohlvenen bezeichnet. 30) Eine Asymmetrie der paarig angelegten embryonalen Venen- stämme wird dadurch hervorgerufen, dass sich sowohl die beiden oberen Hohlvenen, als auch die Reste der beiden Cardinalvenen in ihrer Mitte durch Querstämme verbinden. 31) Da durch die Queranastomosen das Blut aus den Stämmen der linken Körperhälfte in diejenigen der rechten Hälfte mehr und mehr und schliesslich ganz übergeleitet wird, bildet sich das Endstück der oberen linken Hohlvene zurück bis auf einen kleinen, in der Kranzfurche des Herzens gelegenen Theil, der die Herzvenen aufnimmt und zum Sinus coronarius cordis wird. Ebenso schwindet das Herzende der linken Car- dinalvene. 32) Aus der paarigen Anlage der Venenstämme gehen so die un- paare obere Hohlvene, der Sinus coronarius cordis, die Vena azygos und hemiazygos hervor. 33) Die Dottervenen, die später unpaar werden, erzeugen, wenn sich die Leber entwickelt, den Pfortaderkreislauf (Venae hepaticae ad- vehentes und revehentes). 34) Die Nabelvenen, von welchen die rechte frühzeitig verkümmert, verlaufen ursprünglich in der Bauchwand über der Leber zum Sinus reuniens, dann geht die linke eine Anastomose mit der Dottervene unter der Leber ein, wodurch ihr Blutstrom sich am Pfortaderkreislauf betheiligt. 35) Aus einer Anastomose zwischen der Nabelvene und dem Herz- ende der unteren Hohlvene entsteht an der unteren Fläche der Leber der Ductus venosus Arantii, was eine Theilung des Nabelvenenblutes in zwei Strombahnen zur Folge hat. 36) Nach der Geburt verkümmert die Nabelvene zum Ligamentum teres hepatis, der Ductus venosus Arantii obliterirt; die Venae hepaticae advehentes erhalten ihr Blut nur noch vom Endstück der ursprüng- lichen Dottervene oder der Pfortader, welche das Blut vom Darmcanal sammelt. 37) Das Septum transversum, in welchem die zum Herzen treten- den Venenstämme verlaufen, bildet den Ausgang für die Entwicklung des Zwerchfells und des Herzbeutels und stellt zuerst eine unvoll- Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 549 ständige Scheidewand zwischen Bauchhöhle und Herzbeutelbrusthöhle dar, welche jederseits von der Wirbelsäule noch unter einander zusammen- hängen. 38) Zuerst sondert sich der Herzbeutel von der Brusthöhle 1 ) da- durch , dass die CuviEK'schen Gänge oder die späteren oberen Hohl- venen, anstatt quer, immer mehr schräg von oben nach unten verlaufen, sich vom Septum trausversum loslösen und das Brustfell zu der von oben nach unten verlaufenden, nach innen vorspringenden Herzbeutel- falte erheben, und 2) dadurch, dass der Rand der Herzbeutelfalte mit dem Mediastinum posterius verschmilzt, in welchem Speiseröhre und Aorta eingeschlossen sind, wobei die oberen Hohlvenen in das Mediasti- num mit überwandern. 39) Die Brusthöhlen stellen eine Zeit lang dorsal vom Herzbeutel links und rechts von der Wirbelsäule gelegene, röhrenförmige Hohlräume dar, welche die sich entwickelnden Lungen aufnehmen und caudalwärts noch mit der Bauchhöhle zusammenhängen. 40) Die beiden Brusthöhlen trennen sich von der Bauchhöhle, indem der dorsale Rand des Septum transversum mit Bauchfellfalten der hin- teren Rumpfwand (den Pfeilern Uskov^^'s) verschmilzt. 41) Das Zwerchfell setzt sich aus einem ventralen Theil, dem Sep- tum transversum, und einem dorsalen Theil, den Pfeilern, zusammen. 42) In das Septum transversum wächst die Leber bei ihrer ersten Anlage hinein, löst sich aber später von ihm ab und bleibt nur noch durch ihren Bauchfellüberzug, das Kreuzband, mit dem Zwerchfell ver- bunden. Zweiter Abschnitt. Die Entwicklung- des Skelets. Mit Ausnahme der Chorda dorsalis, welche ihren Ursprung vom inneren Keimblatt herleitet, ist das Skelet der Wirbelthiere ein Product des Zwischenblatts, entstandeu aus einer Reihe geweblicher Metamor- phosen, über welche schon oben (S. 506) im Allgemeinen ein Ueber- blick gegeben worden ist. Ueber den bei höheren Wirbelthieren sehr complicirten Apparat sind viele Schriften erschienen, sowohl in entwicklungsgeschichtlicher, als auch namentlich in vergleichend-ana- tomischer Hinsicht. Bei einer erschöpfenden Behandlung des Gegen- standes würde dieser Abschnitt einen sehr beträchtlichen Umfang ge- winnen, mehr als es im Plan des Lehrbuchs liegt. Ich werde mich daher nur auf die wichtigeren Organisationsverhältnisse beschränken und verweise in Betreff des Uebrigen auf die Lehrbücher der ver- gleichenden Anatomie. Am Skelet der Wirbelthiere unterscheidet man zwei Haupttheile, 1) das Achsenskelet , welches wieder in dasjenige des Rumpfes und des Kopfes zerfällt, und 2) das Extremitätenskelet. Das erstere ist das ältere und ursprünglichere, wie es denn allen Wirbelthieren zukommt; das letztere ist erst später entwickelt und wird in den niederen Ab- theilungen noch ganz vermisst (Amphioxus, Cyclostomen), 550 Siebzehntes Capitel. A) Die Entwicklung des Achsenskelets. Die ursprüngliche Grundlage für das Achsenskelet aller Wirbel- thiere ist die Rückensaite oder Chorda dorsalis. Darunter versteht man ein biegsames, stabförmiges Gebilde, das in der Achse des Körpers unter dem Nervenrohr und oberhalb des Darmes und der Aorta gelegen ist. Es erstreckt sich vom Vorderende der Mittelhirnbasis bis zum Ende des Schwanzes. Das vordere Ende der Chorda bleibt von seiner ersten Anlage her eine Zeit lang mit dem Epithel der Kopfdarmhöhle an einer kleinen Stelle in Verbindung. Die Stelle liegt unmittelbar hinter dem oberen Ansatz der primi- tiven Rachenhaut. Auch findet sich hier ein wenig nach hinten von der Hypophysentasche eine kleine Grube im Epithelüberzug der Kopfdarmhöhle, die ÖEEssEL'sche Tasche oder die Gaumentasche Selenka's. Erst einige Zeit nach dem Durchreissen der Rachenhaut löst sich die Chorda vom Darm- epithel ab und endet frei im Mesenchym, oft mit hakenförmig umgekrümm- tera Ende (Keibel, Kann, Caeius). Beim Amphioxus ist die Chorda der einzige Skelettheil , der im weichen Körper vorhanden ist; bei niederen Wirbelthieren (Cyclostomen, Fischen und Amphibien) stellt sie auch beim erwachsenen Thiere noch ein mehr oder minder ansehnliches Organ dar, bei den Amnioten dagegen ist sie später fast vollständig rückgebildet und spielt nur in frühesten Entwick- lungsstadien eine Rolle gleichsam als Vorläufer für höhere Formen des Achsenskelets, die an ihre Stelle treten. Indem hinsichtlich der ersten Ent- wicklung der Chorda auf frühere Abschnitte des Lehrbuchs verwiesen wird, sei hier auf ihre weitere Umbildung noch näher eingegangen. Hierbei zeigen sich Verschiedenheiten, je nachdem die Chorda zu einem wirklich functionirenden Organ wird oder sich bald rückzubilden beginnt. Im ersteren Falle grenzt sich der Streifen embryonaler Chordazellen, wenn er sich vom Darm- drüsenblatt abgeschnürt hat, nach aussen durch Absonderung einer festen, homogenen Hülle, der Chordascheide, schärfer ab (Fig. 369 es). Die Zellen vergrössern sich hierauf, indem sie Flüssig- keit in ihr Protoplasma aufnehmen, welches schliesslich nur noch eine dünne Wandschicht her- stellt; sie umhüllen sich mit derben Membranen und gewinnen so ganz das Aussehen von Pflanzen- zellen. Nur unter der Chordascheide selbst (Fig. 369) bleil)en die Zellen klein imd protoplasmatisch und bilden eine besondere Schicht, das Chorda- epithel , welches durch Vermehrung und Umwandlung seiner Elemente eine Zunahme der Chordasubstanz herbeifülirt. Die erste Zeit nach ihrer Entstehung urenzt die Chorda oben an das Nervenrohr, unten an das Darmdrüsenblatt, seitlich an die Ur- segmente unmittelbar an. Dies ändert sich, sowie das Zwischenblatt Fig. 369. Quer- schnitt durch die Wirbelsäule eines jungen Lachses. Nach Gegen BAUK. CS Chordascheifle. k Neuralbogen. A;' Hä- malbog-en. m Rücken- mark, a Rückenaorta. V Cardinalvenen. Die Organe des; Zwischeiiblattes oder Mesenchyms. 551 zwischen den ersten enibryonalen Anlagen auftritt. Es wächst (hinn eine Zellenschicht um die Chorda herum (Fig. 307), breitet sich von hier nach oben um das Nervenrohr aus und giebt die Grundlage ab, aus welcher sich die gegliederte Wirbelsäule und nach vorn zu im Be- reiche der fünf Hirnblasen die Schädelkajjsel entwickelt; sie hat daher den Namen der häutigen Wirbelsäule und der häutigen Schädel- kapsel (häutiges Prim ordialcranium) erhalten; sie wird auch in einer passenden Weise als skeletbildeude Schicht und besonders die Hiille, welche die Chorda einschliesst , als skeletogene Chordascheide bezeichnet. (Ueber die erste Anlage derselben vergleiche S. 182.) Auch seitlich dehnt sich bei den Embryonen das Mesenchym aus, dringt in die Lücken zwischen die einzelnen Ursegmente hinein und wandelt sich in dünne Bindegewebsplatten, die Zwischenmuskelbänder (li) (Ligamenta intermuscularia), um, durch welche die Rumpfmusculatur in einzelne Muskelsegmente (ms) (Myomeren) zerlegt wird. An der vor- deren und der hinteren Fläche dieser Platten finden die Muskelfasern einen Ansatz und Stützpunkt. (Vergleiche Fig. 234 und den Text auf Seite 340.) Ein derartiger Zustand erhält sich dauernd beim Amphioxus lanceo- latus. Die Chorda mit ihrer Scheide ist der einzige feste Skelettheil. Faseriges Bindegewebe (häutige Wirbelsäule) hüllt sie und das Nerven- rohr ein und entsendet in die Rumpfmusculatur die Zwischenmuskel- bänder. Wenn man bei den Embryonen der höheren Wirbelthiere die Ent- wicklung des ursprünglich häutigen Gewebes in der Umgebung der Chorda und des Nervenrohrs weiter verfolgt, so sieht man, dass das- selbe nach einander zwei Metamorphosen erfährt, dass es zunächst theilweise verknorpelt , und dass später die knorpeligen Stücke in Knochengewebe umgewandelt werden. Oder mit anderen Worten: die zuerst angelegte, häutige Wirbelsäule geht bald in eine knorpelige über, und diese wird wieder durch eine knöcherne ersetzt, und ebenso wandelt sich das häutige P r i m 0 r d i a 1 c r a n i u m in ein knorpeliges und dieses wieder in die knöcherne Schädelkapsel um. Die in der Entwicklung der höheren Wirbelthiere einander folgen- den drei Stadien treten uns auch bei einer vergleichend- anatomischen Untersuchung des Achsenskelets in der Reihe der Wir])elthiere entgegen in der Weise, dass der Zustand, w^elcher in vielen Classen nur embryonal als ein vorübergehender erscheint, in niederen Thierclassen sich als bleibender erhält. Wie Amphioxus ein häutiges Achsenskelet besitzt, so sind uns die Selachier und einige Ganoiden Repräsentanten für das Stadium der knorpeligen Wirbelsäule. Von den höheren Wirbelthieren wird in mehr oder minder vollständiger W^eise der dritte Ausbildungs- grad des Achsenskelets erreicht. Es ist dies wieder ein sehr lehrreiches Beispiel, deren die Ent- wicklungsgeschichte des Skelets noch viele darbietet, für den Parallelis- mus, der zwischen der Entwicklungsgeschichte des Individuums und der Thierstämme besteht; es lehrt, wie entwicklungsgeschichtliche und ver- gleichend-anatomische Forschungen sich gegenseitig ergänzen. Bei der genaueren Darstellung der Verhältnisse, die l)ei der Ent- stehung des knorpeligen und des knöchernen Achsenskeletes zur Beob- achtung kommen, will ich mich auf den Menschen und die Säugethiere 552 Siebzehntes Capitel. beschränken , und da zwischen dem hinteren , das Rückenmark ein- schliessenden Abschnitt und dem vorderen, die Hirnblasen um- hüllenden grosse Verschiedenheiten herrschen, werde ich sie getrennt besprechen. a) Entw^icklung der Wirbelsäule. Beim Menschen beginnt der Verknorpelungsprocess am Anfang des zweiten Monats. An einzelnen Stellen der die Chorda umhüllenden Ge- websmasse scheiden die Zellen eine knorpelige Grundsubstanz zwischen sich aus und rücken weiter aus einander, während auf anderen dazwischen gelegenen, kleineren Strecken das Gewebe seinen Charakter nicht ver- ändert. (Fig. 370.) Auf diese Weise sondert sich die skeletbildende Schicht in zahlreiche, auf dem Längsdurehschnitt heller aussehende Wirbelkörper {v) und in die sie trennenden Zwischenwirbelscheiben (Ligamenta intervertebralia) (li). Im Einzelnen verläuft der Verknorpelungsprocess, wie Frokiep bei Rinds- embryonen verfolgt hat , in der Weise, dass beiderseits von der Chorda Knorpelherde entstehen , die ventral von ihr durch eine dünnere Lage ver- bunden sind. Etwas später schliesst sich die knorpelige Halbröhre auch dorsal wärts. Mit dem Auftreten einer gegliederten Wirbelsäule hat die Chorda ihre Rolle eines stützenden Skeletstabes eingebüsst. Sie ist daher auch von jetzt ab einem allmählichen Untergang verfallen. Die in den Wirbel- körper eingeschlossenen Theile werden in ihrem Wachsthum gehemmt, während die kleineren, in den weichen Zwischenwirbelscheiben gelegeneu Strecken zu wuchern fortfahren (Fig. 370 ch). Dadurch gewinnt jetzt die Chorda, wie man zu sagen pflegt, ein perlschnurartiges Aussehen; verdickte , kugelige Abschnitte hängen durch dünne Verbindungsfädeu unter einander zusammen. Später schwindet die Chorda in den AVirbel- körpern ganz, zumal wenn diese zu verknöchern beginnen (Fig. 371), nur intervertebral (?/) erhält sie sich, wenn auch von ihrer Umgebung undeutlich abgegrenzt, und liefert durch Wucherung ihrer Zellen die Gallertkerne der Zwischenwirbelscheiben. Kurz nach dem Erscheinen der Wirbelkörper sind auch die Anlagen der dazu gehörigen Bogen zu bemerken. Nach der Darstellung von Froriep entstehen kleine, selbständige Knorpelstückchen in der das Rückenmark umhüllenden Membran, in nächster Nähe der Wirbelkörper, mit denen sie bald verschmelzen. Ihr Wachsthum ist ein ziemlich lang- sames. In der achten Woche erscheinen sie beim Menschen noch als kurze Fortsätze der Wirbelkörper, so dass das Rückenmark dorsalwärts noch von der häutigen Membran bedeckt wird. Im dritten Monat wachsen sie einander am Rücken entgegen, doch kommt es erst im folgenden Monat zu einer vollständigen Verschmelzung und zur Entstehung knor- peliger Wirbeldorne. Der zwischen den knorpeligen Bogen gelegene Theil der Membran liefert den Banrlapparat. Beim Verknorpelungsprocess nehmen die entstehenden Wirbelkörper eine bestinunte, gesetzmässige Stellung zu den Ur- oder Muskelsegmenten ein, in der Weise, dass sie jederseits an zwei derselben angrenzen, zur Hälfte an ein vorhergehendes, zur Hälfte an ein nachfolgendes. Oder in anderen Worten: Wirbel kör per und Muskelsegmente Die Organe des Zwischenblattes oder Mesenchyms. 553 decken sich nicht, sondern alterniren in ihrer Stellung mit einander. Die Nothwendijikeit einer derartigen Einrichtung ergiebt sich von selbst aus der Aufgabe, welche Wirbelsäule und Musculatur zusammen zu erfüllen haben. Die Skeletachse nmss zwei entgegengesetzte Eigen- schaften vereint zeigen, sie muss fest, aber auch l)iegsam sein, fest, um als Stütze des Rumpfes zu dienen, biegsam, um seinen Bewegungen nicht hinderlich zu sein. Da ein einheitlicher Knorpelstab nicht genug Biegsamkeit besitzen würde, kann der Verknorpelungsprocess nicht in ganzer Ausdehnung der skeletliildenden Schicht erfolgen, sondern *e C Fig. 371. Fig. 370. Längsschnitt durch die Wirbelsäule eines 8 Wochen alten menschlichen Embryo in der Brustgegend. Nach Kölliker. V knorpeliger Wirbelkörper. li Intervertebralligameut. ch Chorda. Fig. 371. Längsschnitt durch das Intervertebralligament und die an- grenzenden Theile zweier Wirbel aus der Brustgegend eines älteren Sehafembryo. Nach Kölliker. la Lig. longitudinale anteriiis. Ip Lig. long, posterius. li Lig. intervertebrale. ^, k' Endknorpei (Epiphyse) der Wirbel, w und w' vorderer, hinterer Wirbel, c inter- vertebrale, icklungsgeschichte des Venen- systems der Amphibien und Fische. Morphol. Jahrbuch. Bd. XIII. 1888. Derselbe. Ueber das Gekröse der hinteren Hohlvene. Anat. Anzeiger. 1888. Bd. III. Derselbe. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Venensystems der Amnioten. Morpholog. Jahrbuch. Bd. XIII und XIX. Derselbe. Entwicklungsgeschichte des Gefässsystems. Ergebnisse der Anatomie u. Ent- wicklungsgeschichte von Merkel u. Bonnet. 1892. 1893. Bd. III. HofTmann. Zur Entwicklungsgeschichte des Venensystems bei den Selachiern. Morpholog. Jahrbuch. Bd. 20. Houssay. Developpement et morphologie du parablasta et de tappareil circulatoire. Arch. de zool. exp. et gen. S. 3. T. 1. Laguesse. Recherehes sur le developpement de la rate chez les poissons. Journal de Vana- tomie et de la Physiologie. 1890. Lindes. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Herzens. 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Derselbe. lieber ein Ganglion des Hypoghssus und Wirbelanlagen in der Occipitalregion. Archiv f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth 1882. Gadow. On the modißcations of the first and second visceral arches with especial reference to the homologies of the auditory ossicles. Philosoph. Transactions of the Royal Society of London. 1888. Vot. CLXXIX. 1889. S. 451— 487. Gegenbaur. Ueber die Entwicklung der Clavicula. Jenaische Zeitschrift. Bd. I. Derselbe. Zur Morphologie der Gliedmaassen der Wirbelthiere. Morphol. Jahrb. Bd. IL 1876. Derselbe. 1) Zfeber die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältniss zur Wirbeltheorie des Schädels. Jenaische Zeitschrift. Bd. VI. 2) Das Kopfskelet der Selachier , ein Beitrag zur Erkennt niss der Genese des Kopf- skelets der Wirbelthiere. Leipzig 1872. 3) Ucber das Archipterygium. Jenaische Zeitschrift. Bd. VII. 4) Die Metamerie des Kopfes und die Wirbeltheorie des Kopfskelets. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XIII. 1887. A. Götte. Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skeletsystems der Wirbelthiere (Brust- bein und Schult er gürtet) . Archiv f. mikrosk. Anatomie. Vol. XIV. 1877. G. Gradenigo. Die embryonale Anlage des Mittelohrea, die morphologische Bedeutung der Gehörknöchelchen. Mittheilungen aus dem embryologischen Institute der Universität Wien. 887. A. Hannover. Primordialbrusken og dens Forbenin g i det menneskelige Kraniumfor fod- selen. Danske Videnskabernes Selskabs Skrifter. Kopenhagen 1880. Derselbe. Primordialbrusken og dens Eorbening i Truncus og Extremiteter hos Mennesket för Födsclen. {Table des matteres et extrait en frangais.) Kjobenhavn 1887. C. Hasse. Die Entwicklung des Atlas und Epistrophcus des Menschen und der Säugethiere. Anatomische Studiert. Bd. I. Henke und Reyher. Studien über die Entivicklung der Extremitäten des 3Ienschen, ins- besondere der Gelenkßächen. Sitzungsberichte der^ Kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Bd. LXX. 1875. Oscar Hertwig. Ueber das Zahnsystem der Amphibien und seine Bedeutung für die Genese des Skeleis der Mundhöhle. Eine vergleichend- anatomische , entwicklungsgeschichtliche Untersuchung. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. XL Supplementheft. 1874. C. K. Hoffmann. Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Niederländisches Archiv f. Zool. Vol. V. 1879. Huxley. Lectwes on the elements of comparative anatomy. Jacobson. Archiv f. Anat. u. Physiologie. 1844. Referat im Jahresbericht von Hannover. Jaeoby. Ein Beitrag zur Kenntniss des menschlichen Primordialcraniums. Arch. f. mikrosk. Ai.at. Bd. 44. Charles Julin. Eecherches sur V ossification du maxillaire inferieur chez le foetus de la balaenoptera. Archives de biologie. l ol. L. 1880. Kann. Das vordere Chordaende. Inaug.-Diss. Erlangen 1888. Keibel. Zur Entwicklungsgeschichte der Chorda bei Säugern. Archiv f. Anat. u. Physio- logie. Anat. Abth. 1889. Theodor KÖlliker. L'eber das Os intermaxillare des Menschen u. die Anatomie der Hasen- scharfe und des Wolfsrachens. Xova Acta Acad. Leop.-Carol. Bd. XLLII. 1882. A. KÖlliker. Allgemeine Betrachtungen über die Entstehung des knöchernen Schädels der Wirbelthiere. Berichte von der Königl. zootom. Anstalt zu Würzburg. Leipzig 1849. Kollmann. Entwicklung der Chorda dorsalis bei dem Menschen. Anatom, ^inzeiger. 1890. von Kupffer. Studien zur vergleichenden Entwicklungsgesch . des Kopfes der Kranioten. 1892. H. Leboucq. Eecherches sur le mode de disparition de la corde dorsale chez Ics vertebres supi'rieurs. Archives de biologie. Vol. I. 1880. Magitot et Robin. Memoire sur un organe transitoire de la vie foetale designe sous le nom de cartilage de Meckel. Annales des sciences nat. T. XVIIl. 1862. Masquelin. Eecherches sur le developpement du maxillaire inferieur de Chomme. Bulletin de l' Acad. royale de Belgique. 1878. Serie 2. T. XLV. S. Mollier. Zur Entwicklung der Selachierextremitäten. Anatom. 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Untersuchungen über Entwicklungsvorgänge am Brustbein und an der Sternoclavicular- verbinduvg des Menschen. Morphol. Jahrb. Bd. VI. 1880. "W". Salensky. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der knorpeligen Gehörknöchelchen bei Säugethieren. Morphol. Jahrb. Bd. VI. Sch.'wegel. Die Entwicklungsgeschichte der Knochen des Sfainmes und der Extremitäten, mit Rücksicht auf Chirurgie, Geburtskunde und gerichtliche Medicin Sitzungsberichte der Kaiserl. Akad. d. Wisscnsch. zu Wien. Mathem .- naturw . Classe. 1858. H. Spöndli. Ueber den Primordialschädel der Säugethiere und des Menschen. Inaug.-Diss. Zürich 1846. Stöhr. Zur Entwicklungsgeschichte des Kopfskelets der Teleostier. Festschrift d. medicin. FacuUät Würzburg. Leipzig 1882. Der selbe. Zur Entwicklungsgeschichte des Urodelenschädels. Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. XXXIII. 1879. Derselbe. Zur Entwicklungsgeschichte des Anurenschädels. Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. XXXVL 1881. Derselbe. Ueber Wirbellheorie des Schädels. Sitzwigsberichte d. Physik.-med. Gesellschaft zu Würzburg. 1881. Wiedersheim. Ueber die Entwicklung des Schulter- und Beckengürtels. Anatomischer Anz. Jahrg. IV, 1889, und Jahrg. V, 1890. Derselbe. Das Gliedmatssenskelet der JVirbelthiere. 1892. Zondek. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gehörknöchelchetu Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 44. 1895. 602 Literaturübersicht. Ausser den die Entwicklung einzelner Organsysteme behandelnden Schriften sind noch folgende grössere, monographische Werke anzuführen : Entwicklungsg eschichte des Menschen. Coste. Histoire generale et particuliere du developpement des eorps organises. 1S47 — 1859' Erdl. Die Entwicklung des Menschen und Sühnchens im Eie. Leipzig 1845. Ecker. Icones physiologicae. Leipzig 1851 — 1859. His. Anatomie menschlicher Embryonen. Seft I. Embryonen des ersten Monats. Leipzig 1880. Heft II. Gestalt und Grössenentwieklung bis zum Schluss des zweiten Monats. Leipzig 1882. Heft III. Zur Geschichte der Organe. Leipzig 1885. Entwicklung sgeschiehte der Wirbelthiere. Balfour. A monograph on the development of Elasmobranch fishes. London 1878. C. E. von Baer. TJeber Entwicklungsgeschichte der Thiere. Beobachtung und Reflexion. Königsberg 1828 u. 1837. Bisehoff. Entwicklungsgeschichte des Kaninchens. Braunsehweig 1842. Derselbe. Entwicklungsgeschichte des Hundeeies. 1845. Derselbe. Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens. 1852. Der s elbe. Entwicklungsgeschichte des Rehes. 1854. Bonnet. Beiträge zur Embryologie der Wiederkäuer, gewonnen am Schaf ci. Archiv f. Anat. u. Physiol. Anat. Abth. 1884 u. 1889. Cattaneo. Embriologia e morfologia generale. Milano 1894. Duval. Atlas d embryologie. Paris 1889. Götte, Entwicklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. Derselbe. Entwicklungsgeschichte des Flussneunauges. 1890. B. Hatsehek. Studien über Entwicklung des Amphioxus. .Arbeiten aus dem Zool. Inst, der Universität Wien. 1882. Hensen. Beobachtungen über die Befrucldung und Entwicklung des Kaninchens und Meer- schweinchens. Zeitschrift f. Anatomie und Entwicklungsgeschichte von His und Braune. Bd. I. 1876. W. His. Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes. Die erste Entwicklung des Hühnchens im Ei. Leipzig 1868. Hubreeht. Studies in mammalian embryology. Quart. Joum. of Microsc. Science. X. S. Vol. XXX. A. Milnes Marshall. Vertebrata Embryologie. A text-book for Students. London Smith, Eider u. Co. 1893. Fr. Merkel. Menschliche Embryonen verschiedenen Alters, auf Mediansefmitten untersucht. Ein Beitrag zur Mechanik der Entwicklung. Rathke. Entwicklungsgeschichte der Natter. Königsberg 1839. Remak. Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelthiere. Berlin 1855. L. Roule. L'embryologie generale. Paris 1892. Selenka. Studien über Entwicklungsgeschichte der Thiere, Wiesbaden 1886 etc. M. Schultze. Die Entwicklungsgeschichte von Petromyzon Planeri. 1856. Rieh. Semon. Zur Entwicklungsgeschichte der Monotremen. Denkschr. d. med. Gesellsch. zu Jena. Bd. V. Als ausführliches Literaturverzeichniss embryologischer Arbeiten ist zu erwähnen: Ch. Sedgwrick Minot. ./ bibliography of vertebrata embryology. Boston 1893. Register. Abortiveier 39. 41 Acervulus cerebri 418 Achsenskelet 183. 550 Acroblast 188 Adergeflecht (hinteres) 412 — (vorderes) 414 — (seitliches) 424 Adergeflechtsfalte 424 Adergeflechtsfurche 424 Afteranlage 277. 281. 387 Aftergrube 280 Aftermembran 280. 282 Albumen des Hühnereies 17 Alecithale Eier 12 Allantois der Reptilien und Vögel 220 der Saugethiere, des Menschen 230. 233. 245. 246. 268. 384. 385 Allantoiskreislauf 516 Ambos 565. 574 Ammonsfalte 424 Ammonsfurche 424 Ammonshorn 422 Amnion der Reptilien u. Vögel 213. 222 — der Saugethiere 230 — des Menschen 245. 249 Amnionfalte 213 — vordere 213 — hintere 214 — seitliche 214 Amnionscheide der Nabelschnur 250. 268 Amnionthiere (Amnioten) 239. 240 Amnionwasser des Menschen 249 Ampulle der halbkreisförmigen Canäle 468 Anamnia (Amnioniose) 239. 240 Animalculisten 22. 24 Animaler Eipol 11 Animale Zellen des Keims 66 Aorta caudalis 536 Aorta, doppelte 535 Aorta, primitive 290. 513 — bleibende 525. 535 Aortenbogen 531. 533 — — rechtsseitiger 5'j5 Aquaeductus Sylvii 409 Ai'beitstheilung 93 Archiblast 197 Archiblastische Gewebe 196 Area embryonalis 109 — opaca 106. 186 Area pellucida 106 — vasculosa 192 — vitellina 192 Arteria carotis 533 — centralis retinae 4-52. 457. 460 — hyaloidea 452 — iliaca 536 — omphalo-mesenterica 268. 513 — perforans stapedis 567 — pulmonalis 521. 525. 534 — sacralis media 536 — spermatica 373. 376 — subclavia 533 — umbilicalis 267. 516. 535 — vertebralis 533 Arteriensystem 531 Articulare 576 Ascensus meduUae spinalis 404 Atlas 557 Atresia pupillae congenita 451 Atrioventricularklappe 519. 522. 524 Atrium bursae omcntalis 294. 320 Attractionssphäre 30 Auge 445 Augenbecher 447. 452 Augenblase 406. 445 Augenblasenstiel 445. 459 AugenhiUite 452 Augenlid 461 Augenkammer 453 Augenmuskeln 342 Augenspalte 447. 458 Auriculae cordis 519 Aeussere Geschieclitstheile 383. 387 Aeusseres Keimblatt 95 Organe desselben 401 Balgdrüsen der Zunge 298 Balken 426 Basalplatte der Placenta uterina 260 Bauchspeicheldrüse 321 Bauchstiel menschlicher Einbryonen 245 Beckendarmhöhle 209 604 Register. Beckengürtel 587 Befruchtungsprocess 41 Geschichte desselben 52 Befruchtungstheorie 50 Belegknochen 568 Aufzählung derselhen 570 Bell'sches Gesetz 438. 439 Bildungsdotter 11 Bindegewebe, fibriiiäres 506 Bindesubstanz 180. 182 Blättertheorie 158 Blastosphaera 73 Blastula 73 Blinddarm 295 Blutbildung 180. 185 Blutgefässsystem 508 Blutinseln 190. 515 Blutpunkte 190 Blutkörperchen, embryonale 194 Blutkreislauf, einfacher 520 — doppelter 520. 545 Bowman'sche Kapsel der Harncanälchen 354 Branchiomeren 341 Branchiomerie 582 Brücke 412 Brückenbeuge 407. 408 Brustbein 5.55 Brustbeinleisten 555 Brusthöhle 527. 528 Bursa omentalis 294 Calcar avis 422. 426 Canalis auricularis 518 — hyaloideus 452 — incisivus 486 — neurentericus des Amphioxus 116 — — der Amphibien 125 — — der Vögel, Keptilien etc. 130. 138 — — derSäugethierel40.278 — reuniens 470 — utriculo-saccularis 470 Cardinalvenen 537 Caruncula lacrimalis 462 Cauda equina 405 Cavum tympani 477. 479 Centralcanal des Rückenmarks 404 Centralfurche des Grosshirns 427 Centralkörperchen 29. 44. 45. Centrolecithale Eier 12 Centrosoma 29. 45 Chalazen 17 Chorda 116. 550 Chordaanlage 117 Chordacanal 140 Chordarinne des Amphioxus 117 — der Amphibien 123 — der Vögel , Selachier , Säugethiere 133 Chordascheide 550 — skeletogene 551 Chordae tendineae des Herzens 525 Chorda tympani 479. 567. 572 Choriocapillaris 4-58 Chorioidea 458 Chorion (Eihülle) 10 Chorion der Säugethiere 232 — des Menschen 244. 247 Chorionepithel 248. 258. 266 Chorion fi'ondosum 248. 257 — laeve 248 Chorionzotten 235. 244. 247 Chorioidealspalte 458 Chromatin des Kems 9. 18. 25. 28 Chromosomen 28 Cicatricula 15 Ciliarfortsätze 455 Ciliarkörper 454. 455. 457 Clitoris 388 Cloake 383 Cloakenmembran 383. 387 Coelenteron 95 Coelomtheorie 113. 161. 197 Coloboma chorioideae 459 — iridis 459 Conarium 414 Concrescenztheorie 154 Conjunctivalsack 461 Conus medullaris 404 Corona radiata des Eies 14 Corpus luteum 368 Corium 489 Corpus papilläre 490 Corpus striatum 422. 423 Corti'sches Organ 470. 476 Cotyledonen der Eihäute der Wiederkäuer 235 — der menschlichen Placenta 260. 261 Crista acustica 466. 470 Cutisplatte 184. 335 Cuvier'sche Gänge 516. 529. 537 Damm 387 Darmbein 587 Darmdottersack 210 Darmdrüsenblatt 115 Darmfalte 209. 510 Darmlarve 94 Darmleibeshöhle 95. 114 Darmnabel 211 Darmpforte 209 — vordere 209 — hintere 209 Darmrinne 209 Darmrohr 277 Darmschleife des menschlichen Embryo 292 (Drehung derselben 294) Darmstiel 211 Decidua 237 — des Menschen 244. 250 — Vera 244. 251 — reflexa 244. 2-54 — serotina 244. 255 Deciduazellen 253 Deckknochen 568. 570 Dentale 576 Descemet'sche Membran 453 Descensus testiculorum 374. 376 — ovariorum 379. 382 Desmohaemoblast 188 Deutoplasma 8 Diaphyse (Diaphysenkem) 589 Register. 605 Differenzirung, histologische 93. 168. 506 Diphyodont 301 Discus proligerus 14 Diverticulum Nuckii 383 Doppelbildungen 52. 80 Dotter (Dotterplattchen) 8. 11. 14. 15 — mittelstiindiger 12 — polständiger 12 Dotterarterien 250 Dottergang 194. 216. 249. 268 Dotterhaut 7. 10 Dotterhof 192 Dotterkerne 68. 187. Dotterkreislauf 513. 515 Dotterpfropf 98. 123 Dottersack 204. 223 Dottersack des Menschen 249 Dotterstock 17 Dottervenen 515. 538 Dotterwall 106. 187 Drüsenfeld der Milchdrüsen 497 — der Monotremen 497 Ductus Botalli 534. 545 — cochlearis 468. 470 — Cuvieri 529. 537 — endolymphaticus 467 — lingualis 311 — Santorini 321 — thyreoglossus 311 — th\Teoideus 311 — venosus Arantii 542 — vitello-intestinalis 211 — Wirsungianus 321 Duralscheide des Sehnerven 460 Durchbruch der Zahne 304. 305 Ei der Amphibien 9. 14. 33. 64 Ei der Echinodermen 7. 11. 30. 42 Ei des Menschen 13 Ei von Ascaris 36. 47 Ei der Sängethiere 12 Ei der Vögel 14. 67 Ei, zusammengesetztes 17 Eidotter 7 Eierstock 363 Eihäute 212. 225 — hinfällige 237. 244. 250 Eihügel 368 Eihüüen 10 — der Reptilien nnd Vögel 212 — der Säugethiere 225 — des Menschen 242 Eikern 32 Eileiter des Huhns 16 — des Menschen 381 Einester \ q^r Eischläuche J '^^'^ Einschachtelungslehre 22 Eiweiss 17. 222 Eiweisssack heim Hühnerei 222 Eizelle 7 — holoblastische 64 — meroblastische 64. 67 — alecithale 12 — centrolecithale 12. 71 — telolecithale 12 Ektoblast 95 Kktoderm 95 Knibryonalbozirk 205 Enibryonaltleck 109 Empfängnisshügel 43 Kndocard 509 Endolymphe des (Sehnrorgana 466 Entwicklungsprincipien 87 Entoblast 96 Entoderm 96 Enterocoel 114. 164 Enterocoelier 165 Epicoel 164 Epidermis 489 Epididymis 374 Epigenese 22 Epiphyse (Epiphysenkern) 589 Epistropheus 557 Epithelmuskelzellen 331 Epitrichium 489 Eponychium 495 Epoophoron 380 Ersatzhaar 493 Ersatzzähne 301 — des Menschen 304 Ethmoidalregion des Schadeis 562 Eustachische Röhre 477. 479 Evolutionstheorie 21 Extremitäten, Skelet 583. 588 — Muskeln 584 — Nerven 585 Faltenbildung [ gg ^gg t altungsprocess J Femur 589. 591 Fenestra ovalis des Felsenbeins 566 Fibrin, canalisirtes der Placenta 259 Fibula 591 Fissuren des Gehirns 422 Fissura cerebri transversa 425 — calcarina 422. 426 — choroidea 422. 424 — hippocampi 422. 424 — Glaseri 572 — petrotympanica 572 — parieto-occipitalis 422. 426 — Storni 555 Filum terminale 405 Flimmerkugel 73 Flügelfortsatz des Keilbeins 571 Flügelbein 570. 572. 573 Follikelbildung des Eierstocks 365. 367 Follikelzellen 13. 365 F'oramen ovale 521. 544 — parietale 415. — incisivum 573 — l'anizzae 526 — Monroi 421 Fornix 422. 426 Fossa Sylvii 422 Fretum Halleri 519. 526 Fruchthof, dunkler ( ^^r, -i^ß — heller / Fruchtschmiere 489 Fruchtwasser des Menschen 249 Funiculus umbilicalis 250. 266 606 Register. Furchungshöhle 72 Furchungskern 44 Furchungsprocess 59 — äqualer 64. — inäqualer 64 — partieller, discoidaler 64. 67 — partieller, superficialer 64. 71 Geschichte 80 Furchungsschema 84 Fusswurzelknochen 588 Oallengang \ oi« Gallenblase / "^^^ Gallertgewebe der häutigen Ohrkapsel 472 Gallertkern der Echinodermenlarren 181 — der Zwischenwirbelscheiben 552 Ganglion spirale 471 — acusticum 471 Gartner'scbe Canäle 380 Gastraeatheorie 94. 162 Gastrula 94. 162 — der Amphibien 96 — des Amphioxus 95 — der Selachier 99 — des Hühnchens 100 — der meroblastischen Eier 99 — der Reptilien 103 — der Säugetbiero 106 Gaumen 486. 564 Gaumenbein 573 Gaumenplatte 486. 564 Gaumensegel, primitive 283. 419 Gaumenspalte 486. 574 Gebärmutter 381 Gefässbildung 185. 194 Gefässblatt 188 Gefässendothel 185 Gefässhaut der Linse 451 Gefässhof 192 Gefässknäuel der Vomiere 346 — der Urniere 354 Gehirn 405 Gehörknöchelchen 479. 573 Gehörorgan 464 Gekröse 290 Gelber Dotter 15 Gelber Körper des Eierstoclcs 368 Gelenkbildung 591 Gelenkknorpel 590 Genitalstrang 374 Geruchsgrübchen 482 Geruchsknospen 482 Geruchslabyrinth 487 Geruchsorgan 481 Geschlechtsfalten 387 Gescblechtshöcker 387 Geschlechtsorgane 863 Geschlechtsrinne 387 Geschlechtsstränge der Urniere 369. 871. 390 Geschlechtstheile, äussere .383 GeschlechtStheil der urniere 374. 880 Geschlechtswulst '.^^1 Gesichtsschädel 562 Glandula pinealis 414 praehyoidea 311 — suprabyoidea 811 Glandulae utriculares 251 Glaskörper 447. 451 Gliedmaassen 583 Glomerulus der ümiere 354 — der Vorniere 346 Graafsche Bläschen der Säugethiere 12. 367 Grenzrinne 205 Griffelfortsatz 565 Grosshirnbläschen 407. 421 Gubernaculum Hunteri 373. 377 Gyri 410. 427 Haarbalg 491 Haare 490 Haarkeim 490 Haarpaptlle 491 Haarwechsel 493 Haarzwiebel 492 Haftwurzeln des Chorion 257 Hagelschnüre 17 Hahnentritt 15 Halbkreisförmige Canäle, häutige 468 — — knöcherne 473. 474 Halsbucht 289 Halsfisteln 289 Halshöhle 510. 527 Halsrippe 556 Halswirbel 556 Hammer 565. 573. 574 Handwurzelknochen 588 Hantelfigur des Eies 60 Harnblase 385 Harnleiter 356 Harnorgane 343 Harnröhre 388 Harnsack dtr Reptilien und Vögel 212. 220 — der Säugetliiere 230. 384 Hasenscharte 574 Hassall'sche Körperchen der Thymus 307 Hauptkeim 197 Haut 489 Hautdottersack 210 Häutige Ohrkapsel 471 Hautnabel 211 Hautskelet 568 Hautstiel 211 Hemisphärenbläschen 407. 421 Hemisphärenspalte 425 Hemmungsmissbildungen 378. 389. 4-59. 522 530. 535. 555. 574 Hensen'scher Knoten 112. 132. 141 Hermaphroditismus 389 Herz 508. 517 Herzbeutel 527 Herzbeutelbrusthöhle 527 Hcrzcontractionen 515 Herzendothel (Abstammung) 193. 509 Herzgekröse 315. 509 Herzohren 519 Hexenmilch 498 Ilighmorshöhle 487 Hinterhauptsbein 571 Hinterhauptslappen 423 Ilirnanhang 418 Hirnblasen 405 — erste 421 Register. 607 Hirnblasen, zweite 414 — dritte 413 — vierte 412 — fünfte 411 Hirnmantel 410 Hirnsand 418 Hirnschlitz 412. 414 Hirnstamm 410 Hörbläschen der Wirbellosen 466 — der Wirbelthiere 464 Hörfleck, Hörleiste 466 Hörgriibchen 465 Hörner des Seitenventrik-els 424 Hörstein 466 Hoden 370 Hodensack 378. 388 Hohlvene, untere 538. 540 — obere 539 Holoblastische Eier 64 Hornblatt 91. 116. 401 Hornhaut 453 Howship'sche Grübchen 305 HüUbildlingen des Hodens 378 Humerus 589. 590 Hunter'sches Leitband 373 Hydatide des Nebenhodens 376 — des Eileiters 381 Hydranmion 249 Hyoid 563 Hyomandibulare 563 Hypobranchialrinne der Tunicaten 309 Hypophysis 418 Hypophysentasche 418. 550. 560 Hypophysensäckchen 419 Hypospadie 389 JTacobson'sches Organ 484. 486 Jacobson'scher Knorpel 487 Idioplasma 51 Infundibulum 414 Insel (Insula Reilii) 423 Insertio centralis, marginalis, velamentosa der menschliehen Nabelschnur 267 Intermaxillare 573 Interparietale 571 Intervillöse Räume der Placenta \ ^gi 26,5 Intraplacentare Räume / Intumescentia cervicalis und lumbalis 405 Intumescentia gangliiformis Scarpae 471 Jochbein 570 Iris 454. 457 Irisspalte 459 Jugularvenen 537 Kammerscheidewand 523 Karvokinese 29 Kehlkopf 311 Keilbein 571 Keimbläschen 7 — Rückbildung desselben 30 . Keimblase 73. 94. 99. 227 Keimblasencoelom 210 Keimblätter 94 — primäre 94 — des Amphiosus 95 — der Amphibien 98 Keimblätter der Vogel 102. 105 — der Selachier 99 — der Säugethiere 108 — mittlere 113 — mittlere der Chätognathen 114 Keimblätter Geschichtliches 159 Eintheilung der Organe nach den K. 196 Keimepithel 363 Keimtleck 7. 8 Keimhaut 71 Keimkern 44 Keimscheibe 11 Keimstock 17 Kernkörper 8 Kernnetz 8 Kernsaft 8 Kernsegment 28 Kernschleifen, Spaltung derselben 29 Kernspindel 29 Kerntheilung 28 Kieferbogen 284. 562 Kiefergelenk — primäres 576 — secundlires 576. 592 Kiefermuskeln 341 Kieferspalte 574 Kiemenblättchen 1 Kiemenarterien > 286. 532 Kiemenvenen j Kiemenbogen 286. 563 Kiemenfurchen 285 KiemendeckelfortsatZ des menschlichen Embryo 289 Kiemenspalten 285 Kindspech 320. 489 Kleinhirn 412 Kleinhirnbläschen 406. 412 Kniescheibe 591 Knochengewebe 507 Knochenkern 5.54 Knöchernes Labyrinth 471 Knorpelgewebe 506 Kopfbeuge 407. 408 Kopfdarmhöhle 209. 282 Kopffalte 207 Kopffortsatz des Primitivstreifens 128. 134 Kopf höhlen 341 Kopfkrümmung 284 Kopfmusculatur 341 Kopfnerven 437 Kopfscheide 214 Kopfskelet 558 Kopfsegmente 179. 340 Körperform 202 — des Amphioxus und der Amphibien 203 — der Fische, Reptilien u. Vögel 204 Kranzband der Leber -531 Kreuzbein 557 Kryptorchismus 378 liabia maiora 388 — minora 388 Labyrinth, häutiges 464 — knöchernes 471 608 Register. Labyrinthauhang 467 Labyrinthregion des Schädels 562 Lamina spiralis ossea 474 — fusca 458 Lamina terminalis 421 Lanugo 492 Lappen des Grosshims 423 Latebra des Hühnereies 15 Leber 314 Lebercylinder 318 Leberkreislauf 541 Leberwulst 316 Lederhaut 489 Leibeshöhle 113 — ausserembryonale 210 Leistenband der Umiere 373. 377. 382 Leistencanal 378 Lendenwirbel 557 Ligamentum Arantii 543 — Botalli 545 — coronarium hepatis 531 — hepato-gastricum \ ooq — — -duodenale / — — -umbilicale 543 — intermusculare 340. 551. 555 — intervertebrale 552 — laterale internum maxillae inf. 577 — ovarii 382 — phrenico-lienale 297 — Suspensorium 319 — teres hepatis 319. 543 — stylo-hyoideum 565 teres uteri 373. 382 — vesico-umbilicale medium 385 — — — laterale 536 Limbus Vieussenii 527 Linin 8 Linse \ .^q ^^g Linsensäckchen J Linsensterne 450 Linsenwachsthum 450 Lippenspalte 574 Liquor amnii 216. 249 — folliculi 367 Lohus olfactorius 427 Luftkammer des Hühnereies 17. 222 Luftröhre 311 Lunge 311 Lungenanlage 312 Lungenalveolen ( q,^ Luftzellen ] ^^^ Lungenbläschen 312. 313 Macula acustica 466. 470 — germinativa 7. 8 Magen 291 — Drehung 292. Mamma 498 Mammalia deciduata \ — indeciduata ) -- achoiia 232 — choriata 232 Mandibulare 563. 575 Mantelspalte 421 Marksegel 413 237 Markstränge des Eierstocks 369. 380 Maulbeerkugel des Eies 62. 72 Meckel' scher Knorpel 565. 573. 574 Meconium 320 Mediastinum 530 MeduUa oblongata 411 MeduUarfalten der Amphibien 89 — des* Hühnchens 129 Medullarplatte 89. 116. 401 Mehrfachbilduugen 52. 80 Meibom'sche Drüsen 461 Membrana adamantina 302 — capsularis ^451 — capsulo-pupillaris J — chorii 257 — eboris 299 — granulosa 368 — hyaloidea 452 — limitans 456 — reuniens superior 183 — — inferior 518 — nictitans 462 — pupillaris 451 — tvmpani 479 — vitellina 7. 10 — vasculosa lentis 451 Meroblastische Eier 64 Merocyten 68. 187 Mesenchj^m 166. 181 — der Selachipr 182 — der Vögel, Eeptilien, Säugethiere 183 — Organe desselben 505 Mesenchymkeim 165. 181. 197 Mesenchymtheorie 180. 196 Mesenterium 115. 290 — commune 295 — ventrale 314 Mesoblast 115 Mesocardium anterius \ gj- ^Qg — posterius j Mesocolon 295 Mesogastrium 291. 293 — anterius 316 Mesorchium \ ono Mesovarium | Metrocyten 194 Mikropyle 46 Milchdrüsen 496 ^il^J^ä^"^ . . I 301. 304 Milchzahngebiss j Mitose 29 Milz 545 Mittelhirnbläschen 413 Mittelohr 477 Mittelplatte 345. 352 Mittelständiges Dottermaterial 12 Mittleres Keimblatt 113 — — der Chätognathen 114 — — des Amphioxus 115 — — der Amphibien 119 — — des Hühnchens 125. 134 — — der Sängethiere 130. 134 Organe desselben 330 Modiolus 474 Monro'sches Loch 421 Morgagni'sche Hydatide 381 Register. 609 Morula des Eies 62. 72 Mosaiktheorie 76 MüUer'scher Gang 358. 376. 380 Mund, Eiitwiclilnng des bleibenden Mundes Mundbucht 283 Musculatur, ivillkiirlicbe 330 Musculatur des Kopfes 340 — der Extremitäten 340 Musculus creniaster \ o-jg — obliquus abdom. int. j Muskelblätter l — des Ampbioxus und der J- Cyclostoraen I Muskelkästchen 332. 336 Muskelplatte 183. 338 Mutterbänder 373. .380. 382 Mutterkuchen 234. 256 Myocoel 338 Myomeren 335. 340 Myonierie 581 Myotom 338 IlTabelbläSChen des Menschen 249 Nabelgefässe 222. 257. 267. 536 Nabelstrang 250. 266 Nabelschnur 266 Nabelvene 267. 319. 528. 538 Nachfurchung 69 Nachgeburt 268 Nachhirnbläschen 406. 411 Nackenbeuge 407. 408 Nackenhöcker 408 Nagel 494 Nagelplatte 494 Nahrungsdotter 11. 202 Nase 487 Nasenbein 570. 572 Nasenfeld 481 Nasenfortsätze, innere und äussere 483. Nasenfurche 483. 563 Nasengaumengang 486 Nasenloch, inneres 484 — äusseres 484 Nasenmuscheln 485. 487 Nasenrachengang 486 Nebeneierstock 380 Nebenhoden 374 Nebenkeim 197 Nebenknochenkerne 555. 590 Nebenniere 389 Nebenschilddrüse 311 Nephrostom 354 Nephrotom 353 Nerven 431. 435 Nervenleiste 430 Nervenplatte 401 Nervenrohr 91. 402 Nervensystem 401. 428 Nervenwurzeln 434 Nervus acusticus 437. 471 — Cochleae 471 — laryngeus inf. l^ t^.^ — (recurrens) j — lateralis vagi 435 — hypoglossus etc. 437 opticus 459 282 334 563 0. Hartwig, Entwicklungsgeschichte. 5. Aufl. Nervus phrenicus 530 — vagus 293. 437 — vestibuli 471 Netzbeutel, grosser 293. 296 _ Meiner 294. 320 Netzhaut 456 Nickhaut 462 Niere 356 Nierentrichter 344. 354. Nuclein 9. 18. 24 Oberarmbein 590 Oberhaut 489 Oberkiefer 573 Oberkieferfortsatz 284. 462. 484. 563 Oberschenkel 591 Occipitalregion des Schädels 562 Odontoblasten 299 Ohr, äusseres 479 — inneres 464 — mittleres 477 Ohrcanal 518 Ohrenschmalzdrüsen 495 Ohrmuschel 480 Omentum malus 293. 296 — minus 294. 320 Ooscop von Preyer 216 Orbitalregion des Schädels 562 Os acetabuli 587 — angulare 573. 576 — articulare 576 — coracoideum 586 — dentale 576 — entoglossum 563 — intermaxillare 573 — interparietale 571 — maxillare 573 — petrosum 572 — praemaxillare 573 — pterygoideum 570. 572 — squamosum 572 — tympanicum 572 Ostium abdominale tubae 381 Osteoklasten 305 Otolith 466 Ovisten 22 Ovocentrum 44 Palatoquadratum 563. 575 Pancreas 316. 321 Pander'scher Kern 15 Papille der Milchdrüse 498 Papillarkörper der Haut 490 Parablast 188. 197 Parablasttheorie 196 Parachordalknorpel 559 Paradidymis 376 Paranuclein 24 Parietalauge 417 Parietalhöhle 510. 527 Paroophoron 380 Parovarium 380 Pars niembranacea des Herzens 5^-^ Parthenogenetische Eier 34. 36. 51 Paukenhöhle 477. 479. 546 39 610 Register. Paukentreppe 474. 476. Pecten des Vogelauges 4-59 Penis 388 Pericard 527 Perilymphatische Räume 471 Pflugscharbein 573 Pfliiger'sche Schläuche 365 Pfortader 543 Pfortaderkreislauf 542. 544 Piaischeide des Sehnerven 460 Placenta des Menschen 256 — praevia 256 — der Säugethiere 234 — foetalis I 235. 256. 257 — uterina J — zonaria \ 2Q7 — discoidea / Placentarkreislauf 516. 517 Placentarraum 262 Piastiden 195 Pleuropericardialfalte 529. 538 Plexus chorioideus ant. 414 — — lateralis 424 — — post. 412 Plica semilunaris 462 Pol des Eies 11 — animaler 11 — vegetativer 12 Polare Difierenzirung des Eies 11. 34 Polständiges Dottermaterial 12 Polyphyodont 301 Polyspermie 51 Polzellen 31. 39 Postanaler Darm 279 Präformationstheorie 21 Primitivorgane 96. 195 Primitivstreifen ( ^gg ^g^ ^.^^ ^^g Prmiitivrinne J Primordialcranium — vertebrales — evertebrales ' 562 — Chordales — in'ächordales Primordialcranium 551 — häutiges 551. 559 — knorpeliges 551. 559. 561 Primordiale Knochen 568 Aufzählung derselben 570 Princip der organbildenden Keimbezirke 74 Proamnion 216 Processus ciliares 455 — vaginalis peritonei 377. 382 — stjdoideus 565 Prochorion 227. 2.30 Pronucleus 32 Prostata 388 Pseudocoelier 165 Pulmonalarterie 525 Pupille 455 Rabenschnabelfortsatz 586 Rachenhaut 283. 550 Radius 590 Randbogen 424. 426 Randsinus der Placenta 261 Randzone des Keim-, 97 Randvene 192 Randwulst 101 Rathke'sche Schädelbalken 559 Rathke'sche Tasche 285. 419 Rauber'sche Schicht 109 ßautengrube 409. 412 Recessus labyrinthi 467 Reductionstheilung 39 Regio olfactoria ( -o- — respiratoria J "^ Reichert'scher Knorpel 565 Reifeerscheinungen des Eies 28. 37. 39 — des Samens 37 Reservestoffe des Eies 8 Rete testis 372 Retina 456 Richtungskörper 31 Riechnerv U27. 481 Riechlappen J Riesenzellen der Placenta 260 Rindenfurchen 426 Rippen 555 Rückenmark 402 Rumpfsegmente 179. 334 Rundes Mutterbaud 373. 382 Rusconi'sche Nahrungshöhle ( q- Rusconi'scher After J Sacculus 470 Sacralrippen 557 ' Samenampullen 371 Samenbildung 36 Samenfaden 18 Samenkörper der Nematoden 47 Samenzellen 18 Samencanälchen 371 Samenkern 43 Samenleiter .375 Samenmutterzellen 37 Scalae (Scala tympani, vestibuli) 474. 476 Scapula 586 Schädel 558 Schädelbalken 559 Schafbäutchen 212. 213. 230. 245 Schale \ , „.., . 17 011 1 , > des Hühnereies 1 i Schalenhaut J Schambein 587 Schamlippen 388 Scheide 381 Scheideufo rtsatz des Bauchfells 377 Scheidenvorhof 388 Scheitelbein 572 Scheitelhöcker 284. 408. 413 Scheitellappen 423 Schilddrüse 309 Schildknorpel 312 Schizocoel 115. 164 Schläfenbein 572 Schläfenlappen 423 Schlüsselbein 586 Schlundbogen 286. 562 Schlundbogengefässe 531 Schlundfurchen \ 005 Schlundspalten / Schlussplatte der Placenta 260 Schmelzkeim 301 Register. 611 Schmelzmembran 299. 302 Schmelzoi'gan 302 Schmelzpulpa 303 Schnecke 470. 474 Schneckengang, häutiger 468. 470 — kmJchenier 474 Schulterblatt 586 Schultergiirtel 586 Schwanzdarm 279. 281 Schwanzfalte 207 Schwanzknospe 278. 281 Schwanzscheide 214 Schweissdrüsen 495 Seessel'sche Tasche 550 Segelklappen 519. 522. -524 Segmenttheorie des Schädels 579 Sehnerv 459 Seitenfalten des Rumpfe.s 207 Seitenfortsatz der Wirbel 556 Seitenplatten 176 Seitenventrikel 409. 421 Semilunarklappen 526 Septa placentae 260 Septum atriorura 521 — transversum 528. 537 — ventriculorum 523 Seröse Hülle 196. 199 Sichelrinne der Keimscbeibe 101. 103. 126 Siebbein 572 Siebbeinzellen 487 Sinus cervicalis (praecervicalis) 289 — coronarius 526. 540 — ethmoidales 1 — frontales \ .^n — occipitales / — sphenoidales ; — genitalis 381 — prostaticus 376. 388 — reuniens 521 — Superior der verticalen Bogeugänge 469 — terminalis 192. 514 ■ — urogenitalis 385 Sitzbein 587 Skelet 549 Skeletogenes Gewebe 183. 338 Skierotom 182. 338. 352 Smegma embrj'onum 489 Sohlenhorn 495 Somatopleura 207 Speicheldrüsen 298 Spermacentrum 44 Spermakern 43 Spermatide 19 Spermatozoen 18 Spina bifida 155 Spinalknoten 429 Spritzloch der Selachier 478. 563 Stammtheil der Grosshimliemispliären 423 Steissbein 557 Steigbügel 566 Stenson'scher Gang 486 Stirnbein 572 Stirnfortsatz 283. 563 Stirnlappen 423 Strahlenfigur 30 Streifenhügel 422. 423 Substanzinseln 190 Sulcus centralis 427 — interventricularis 519. 523 — tubo-tynipanicus 479 Suprapericardialköi-per der Haie 287. 310 Sutura incisiva 573 Sylvi'sche Wasserleitung 409. 413 Sympathicus 441 Talgdrüsen 496 Tela chorioidea inf. 412 — — sup. 414 Telolecithale Eier 12 Tensor tympani 567. 479 Testa 17 Theca folliculi 365 Theilungsebenen des Eies 63 Thränenausführapparat 462 Thränenbein 572 Thränendrüse 462 Thränenrinne 462 Thränenröhrchen 462 Thymus 306 Tibia 591 Tochtersegmente des Kerns 29 Tonsille 298 Totalfurchen dos Gehirns 422. 426 Trichter der Tube 381 Trommelfell 479 Truncus arteriosus 513. 525 Tuba Eustachii 477. 479 Tuba Fallopiae 381 Tubuli recti des Hodens 372 Tubuli seminiferi 372 Tunica vaginalis communis 1 or^o — — propria testis j — vasculosa lentis 451 Ueberfruchtung 51 Ulna 590 Umgliederung der Wirbelsäule 553 Umwachsungsrand der Keimscheibe 127. 148 Unterkiefer 563. 574 Unterkieferfortsatz 284. 563 Unterkiefergelenk 576. 592 Urachus 221. 385 Urdarm 95. 102 Ureier 36. 363. 364 Ureter 356 Urmund 95. 114. 146. 277 Urmundtheorie 145 Urnägel 494 Urniere 350 Urnierenblastem 352. 354 Urnierengang 347. 350. 379 Urnierencanälchen I o^^ o-g Urnierenstränge j Urogenitalsystem 343 Ursamenzeilen 36. 363. 370 Ursegmente 118. 173 — des Amphioxus , der Amphibien, Vögel, Reptilien, Säugethiere 118. 17-3 Ursegmente des Kopfes 340. 580 — des Rumpfes 334 Ursegmentplatten 176 Urwirbel 173. 554 39* 612 Register. Uterindrüsen 237. 251. 552 Uterinmilch der Wiederkäuer 237 — beim Menschen 262 Uterus 381 Uterus masculinus 376. 388 Utriculus des Labyrinths 468. 469 Uvea der Iris 458 Vagina 381 Valvula Eustachii 526 — foraminis ovalis 527. 545 — Thebesii 526 Varolsbrücke 412 Vas deferens 375 Vegetativer Eipol 12 Vegetative Zellen 66 Velum medulläre ant. 413 — — post. 412. 413 Vena azygos 541 — cardinalis 537 — Cava sup. 539 — — int. 538. 540 — coronaria 540 — hemiazygos 541 — hepatica 542 — jugularis 537 — omphalomesent. 268. 515. 538 — termiualis 192. 514 — umbilicalis 267. 516. 538 — vitellina 515 Venensystem 536 Ventrales Mesenterium 314 Ventriculus septi pellucidi 426 Ventrikel des Hims 409 Vererbungstheorie 51. 53 Verknöcherung, enchondrale 568 — perichondrale 568 Vernix caseosa 489 Vesicula germinativa 7 — blastodermica 107 — umbilicalis 249 Vestibulum des Gehörorgans 474 — vaginae 388 Vierergruppe des Kerns 37. 40 Vierhügel 413 Visceralbogen 286. 562 Visceralbogenhöhle 341. 527 Visceralskelet 562. 573 Vitellus 7 — fonnativus 11 — nutritivus 11 Vogelklaue 422. 426 Vorhof des Herzens 518 Vorhofsscheidewand 521 Vorhofstreppe 474. 476 Vorkern 32 Vorleber 316. 319. 528 Vorniere .343. 361 Vornierengang 343. 347 Vornierentrichter 344 Vornierenkammer 347 Vornierenglomerulus 346 Vorsteherdrüse 388 Wachsthum, Princip des ungleichen 87 Warzenhof 498 Weisser Dotter 15 Wharton'sche Sülze 267 Winslow'sches Loch 320 Wirbelanlage 552 Wirbelkörper 552 Wirbel verknöcherung 554 Wirbelsäule, häutige 551 — knorpelige 551. 552 Wirbeltheorie des Schädels 577. 58l — von Goethe-Oken 578 — von Gegenbaur 579 Wolff'scher Gang 347. 350 Wolff'scher Körper 350 Wolfsrachen 574 Wollhaar 492 Wurmfortsatz 295 Wurzelscheide des Haars 492 Zahnanlage 298 — der Selachier 299 — des Menschen .301 Zahnfurche 301 Zahnleiste 300 Zahnpapille 299 Zahnsäckchen 303 Zahnwechsel der Haie 301 — der Säiigethiere 301 — des Menschen 305 Zellknospung 31 Zirbeldrüse 414 Zirbelfortsatz 414 Zona pellucida 12. 227 Zonula Zinnii 456 Zottenepithel 258. 266 Zottenhaut 232 Zungenanlage 297 Zungenbein 565. 573 Zungenbeinbogen 562. 563 Zwerchfell 527. 528 Zwerchfellsband der Urniere 373 Zwerchfellshernie 530 Zwischenhirnbläschen 407. 414 Zwischenblatt 181. 505 Zwischenkiefer 573 Zwischenknorpel der Gelenke 592 Zwischenmuskelbänder 340. 551 Zwitterbildung 389. Pierer'sche Hof buchdruckerei. Stephau Oeibel & Co. in Altenburg. Verlag Ton 0ns tar Flschev in Jena. TTn/^llOT* ^^' "^^'^ Professor der Chirurgischen Klinik an der Universität Bern. Ä.UOUtJlj Chirurgische Operationslehre. Zweite sehr Yermelirte und verbesserte Auilage. 1694. Mit 1ö5 AOüUüuugeu, grösslemheils Ungiualbolzbcnuitle. Frei» : broacuieit lu Mark, gebunden 11 Mark. K-OrSCÜGltj E., und riGiClGr^ K., Professoren in Marburg i. H. und Berlin. Lehrbuch der yerglcichendcn Entwiclvlnngsgeschiehtc der wirbellosen Tliiere, öpetieiler llieil. Mit öSiSJ Aobiluuiigeii im l'exi. lb9U — 93. Preis: 34 Mark. Inhalt: Poriferen, Cnidarier, Ctenophoren, Chaetognathen, Crustaceen, Palaeo- straken, Inseeten, Allgemeines über die Arthropoden, Phorouidea, Bryozoa ectoprocta, Brachiopoda, Entoprocta, Tunicateu, Cephalochorda (Amphioxu»), bearbeitet von K. Heider. Platheluaintben, Orthonectiden und Dicyemiden, Nemertinen, Nemathelmintheu, Acantho- cephalen, Kotatorien, Anneliden, Sipunculiden, Enteropneusten, Echinoderuien, Arach- noiden, Pentastonaiden, Pantopoden, Tardigraden, Onycbuphoren, (Peripatus), Myriopoden, Amphineuren. Lamellibranchiaten, Solenoconchen, Gastropoden, Cephalopoden, Allge- meines über die Mollusken, bearbeitet von £. Korscheit. T .popr« Dr. EdDUmd, Professor der Chirurgie an der Universität Halle, DiC SpCCielle ' Chirurgie in 50 Torlesungen. Ein kurzgefasstes Lehrbuch für Aerzte und »tudierende. Zweite weseutlich Termehrte und verbesserte Auflage. Mit 259 Abbildungen im Text. Ib9a. Preis: bioächieri. lä Mark, eiegaui liaibiranu gebunden 20 Mark. Münchener med. Wochenschrift. 13. August 1895. Das günstige Urthcil, welches wir bei Besprechung der ersten Auflage des LESER'schen Lehrbuches gefällt haben , können wir diesmal nur wiederholen. Ein kurzgefasstes Lehr- buch der speciellen Chirurgie war ein schon lange, besonders von den Studirenden gefühltes Bedürfniss; diesem ist Verfasser in seinem Werke voll und ganz gerecht geworden. Den Werth des Werkes hat Lesep. in der zweiten Auflage durch Berücksichtigung der neuesten Fortschritte in der Gehirnchirurgie, sowie in den Operationen am Magen- und Darmtrakt erhöht; durch die Verbesserung der Abbildung hat Verfasser seinem Werk nur genützt. . . . ... Im Uebrigeu können T>ir dem sonst ausgezeichneten Werke nm- den Wnnsch mit auf den Weg geben, dass es überall der gebührenden Anerkennung nnd Verbreitung theilliaftig werden möge. Uofa. IVTjniTü-prpV ^'■''^- ^'■- ^ I- Ausist! l>d;UWeiCK, Sektionstechiiik teut am Pathologischen Institut zu Königsberg i. Pr. für studierende und Aerzte. Zweite vermehrte Auflage. Mit 51 Abbildungen. 1«94. Preis: brosch. 3 Mark, gebunden 3,00 Mark. Der ärztliche Prahtiher^ Hamburg. Ein sehr klar und erschöpfend geschriebenes Buch, dessen Benutzung durch eine Reihe wohlgelun}jener Abbilduugeu, welche die öcliuiitlülirunj^ zeigen, wesentlich erleiotitert wird. Es iehnt sich im allgemeinen an das preussische Regulativ an , berücksiclitigt aber , was seinen Wert erhöht auch die Regulative anderer Staaten, Bayern, Würtemberg und Sachsen- Weimar, sowie die wissenschaftlichen, zu bestimmten Zwecken empfohlenen Sektionsmethoden einzelner Organe. Eine rasche , wenig Zeit raubende Repetition, wie sie der Medizinal- beamte braucht, ermöglicht das Buch nicht, da es hierzu an der nötigen Uebersichtlichkeit des Druckes mangelt. Wer dagegen sich in das Studium der Obduktionstechnik vertiefen will, der wird in dem Buche alles finden, was er zu seiner Belehrung braucht, und als Nachschlagewerk wird auch der Geübtere dasselbe mit Nutzen verwenden können. Es darf daher allen Studierenden , sowie allen Kandidaten des Physikatsexamens aufs wärmste emptohlen werden. v. K. ^r^Vin/^lrtk Dr Leonhard, ord. Prof. d. Physik a. d. technischen Hochschule zu München OUllllOKüj G^emeinyerständliche Vorträge aus dem Gebiete d. Physik. Mit 27 Abbildungen im Text. 1892. Preis: 4 Mark. Inhalt: 1. Was dann? 2. Ueber den Zustand und die Ziele der heutigen Physik. 3. Über Wellenbewegung. 4. Die Umwälzung unserer Anschauungen vom Wesen der elektrischen Wirkungen. 5. Aus der Molekularwelt. 6. Einige optische Erscheinungen der Atmosphäre. 7. Ueber das Gewitter. 8. Neuere Theorien der Lnft- und Gewitter-Elektricität. 9. Wandernde Berge. Q.^^^U«, Dr. Philipp, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor der Anatomischen KJlUtJUlj Anstalt in Zürich, Lchrbuch der Histologie und der miliro- sliopischen Anatomie des Menschen mit Eiiiscüluss der mikro- skopischen Technilt. Sechste vermehi-te und verbesserte Auflage. Mit 260 Abbildungen. 1894. Preis: brosch. 7 Mark, geb. 8 Mark, Verlas: Ton OustaT Fischer in Jena. "RnWlfz ^'"- Beruh., Privatdocent an der Universität Berlin, Lielttaden lÜr ^ histologische Untersnchnngen. Zweite umgeaibeitete und reriuehrte Auflage, löaö. Fi eis: a Mark. Wiener Medizinücht, BLiMer Nr. 41, 10. Oktober 1895. Schon die erste Auflage dieses Büchleins habe ich überall gerne empfohlen. Mit noch grösserer beiriediguu»; habe ich die vurliejllimnC>*V I^*"- ■^- ^- W-> 8- o. Professor »1,1» 1. der Universität Bonn kJL-lllLLipt?!^ an der Universität Bonn, JLeürbTlCII der Botanik fÜrHochschulen. Zweite umgearbeitete Auflage. Mit 594 zum Ineil larbigeu Abbildungen. Preis: broschiert 7,öU Mark, elegant gebunden 8,50 Mark. AToriArnrn ^^^ ^•' ^^- ""^^ ®' P*^''*' Pj'ofßssor der Physiologie an der medizinischen VtJlWOlU, F^j^^ität der Universität Jena, Allgemeine Physlologle. Ein Grundriss der Lehre vom Leben. Mit 270 Abbildungen, löyö. Preis: brosch. 15 Mark, in halbfranz gebunden 16,50 Mark. TT-i-X Benjamin, Dr, phil , Prof. a. d. Kgl. sächs. technischen Hochschule zu Dresden, Y e 11(31, -j- 2. Jan. 1893, Dlc modemc Weltanschauung und der Mensch. Sechs öffentliche Vorträge. Mit einem Vorworte von Prülessor Dr. Ernst Haeckel in Jena. Zweite Auflage. 1896. Preis: steif broschiert 2,50 Mark, elegant gebunden 3 Mark. VlArnrrlf ^^* H®f°i*°^) Professor der Medicin an der Universität Tübingen. V lülUlUl, Anatomische, physiologische und physikalische DatCU UUd Tabellen zum Gebrauche für Medianer. Zweite TollstSiudig umgearbeitete Auflage. 1»93. Preis broschiert: 11 Mark, elegant gebunden 12 Mark. WTiprl prall Ol TYl ^^- Robert, o. Ö. Professor der Anatomie und Direktor des TT lt5U.vJlbUülIJij anatom. und vergl. anatom. Instituts der Universität Freiburg i. B., Orundriss der yergl eichenden Anatomie der Wirbelthiere. Für Studierende bearbeitet. Dritte gäuzlich Umgearbeitete imd stark Termelirte Auflage. Mit 4 lithographischen Talelu und 387 Textabbildungen 735 Eiuzelabtheiluugen. preis: broschiert 16 Mark, in Halbfranzband gebunden 18 Mark. . fy ^ ^ Dr. Ernst, Professor der Pathologischen Anatomie unil der Allgemeinen Ziiegieij Pathologie an der Universität Freiburg i. Br., LchrbUCh dcr all- gemeinen Pathologie und der Pathologisoun Anatomie tür Aeizte und Miiaireiiüe. Erster Band. Allgemeine ralliologic odcr die Lelu-e von den Ursachen , dem Wesen und dem Verlauf der krankhaften LebensYorgänge. A<'htc, neu bearbeitete Auflage. 1894. Mit 458 theiis schwarzen, theils farbigen AbbildungLU und einer iaiel ui Chromolithographie. Preis : broschiert 11,50 Mk , halbfranz gebunden 13 Mark. Zweiter Band. Spccielle Pathologische Anatomie. Achte verhesserte und thcilweise neu bearbeitete Auflage. Mit 562 theils schwarzen, theils larbigen Abbildungen. 1895. Preis: broschiert 16 Mark, halbfranz gebunden 18 Mark. Frommanniche buchdruckerei (Hermann Fohle) in Jena. — 6Ö71